Der TEACCH Ansatz zur Förderung von Menschen mit Autismus: Einführung in Theorie und Praxis 9783938187050

Über die Autorin: Anne Häußler, Dr. phil. (USA), Diplompädagogin, Diplompsychologin (USA), zweijährige Ausbildung als Th

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Der TEACCH Ansatz zur Förderung von Menschen mit Autismus: Einführung in Theorie und Praxis
 9783938187050

Table of contents :
Geleitwort von P r o f e s s o r Gary B. Mesibov, Direktor des TEACCH P r o g r a m m s 7
Vorwort der Autorin 9
Kapitel 1
TEACCH - was hinter dem Namen steckt: Grundlagen, die man kennen sollte 11
• Division TEACCH - wie alles begann. Ein kurzer Ausflug in die Geschichte 12
• Division TEACCH - wie es heute ist. Eine aktuelle Skizze des Modellprogi-amms
in North Carolina 13
• TEACCH - der pädagogisch-therapeutische Ansatz. Ein umfassendes Konzept
zur Förderung von Menschen mit Autismus 15
• Effektivität des TEACCH Ansatzes 20
• Auf den Punkt gebracht 23
• Zum Schluss: Einige Antworten auf häufig gestellte Fragen zum TEACCH Programm 23
Kapitel 2
Wenn das Gehirn anders arbeitet: Kognitive Besonderheiten bei Menschen
mit Autismus 27
• Besonderheiten der Wahrnehmung bei Menschen mit Autismus 28
• Der „kognitive Stil": Besonderheiten in der Art, Informationen zu sammeln,
zu verarbeiten und diese für das Denken und Handeln zu nutzen 30
Kapitel 3
Auswirkungen auf das Lernen: Warum „normale" Pädagogik bei Menschen
mit Autismus an ihre Grenzen stößt 35
• Erschwernisse beim Lernen 35
• Zusammenfassung 38
• Konsequenzen für die pädagogische Förderung 39
• Zusammenfassung 41
Kapitel 4
Die „TEACCH-Methode": Strukturierung und Visualisierung in der
Förderung von Menschen mit Autismus 43
• Grundlegendes zu „Strukturierung" im Rahmen des TEACCH Ansatzes 43
• Der Aspekt der visuellen Informationsvermittlung im TEACCH Ansatz 46
• Einsatzbereiche und Grenzen der Strukturierung 47
• Allgemeine Hinweise für die praktische Umsetzung 48
Kapitel 5
Konkrete Hilfen zum Verstehen und Handeln: Die Praxis des Structured Teaching 51
• Strukturierung des Raumes 53
• Strukturierung von Zeit und Tagesablauf 55
• Arbeitsorganisation, Arbeitspläne und Systeme zur selbstständigen Beschäftigung 57
• Gestaltung von Material und visuell strukturierten Aufgaben 59
• Routinen als Hilfe zur Strukturierung 62
Kapitel 6
„Und wie fange ich an???" - Hilfen und Anregungen für die Entwicklung von
Strukturierungshilfen 65
• Strukturierung des Raumes 68
• Arbeit mit Zeitplänen 81
• Strukturierung selbstständiger Beschäftigung mit Hilfe von Arbeitssystemen 102
• Anregungen zur Aufgabengestaltung 112
5Kapitel 7
Strukturierung sozialer Situationen: Die Brücke zum Anderen 123
Kapitel 8
Dennis - Skizze einer Förderung nach dem TEACCH Ansatz 139
• Überblick über den Ablauf der individuellen Fördermaßnahme 140
• Berichte und Protokolle 142
Kapitel 9
Die Übertragbarkeit von TEACCH - Eine Herausforderung 179
Anhang 184
• Mit einem Kompass prüfen, ob die Richtung stimmt:
Eine Checkliste zur Arbeit nach TEACCH 185
• Kontaktadressen /.um TEACCH Programm 188
• Informationen zu Besuchen und Ausbildungsmöglichkeiten im TEACCH Programm 188
Literatur 189
Stichwortverzeichnis 19

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Anne Häußler

Der TEACCH Ansatz zur Förderung von Menschen mit Autismus Einführung in Theorie und Praxis

Über die Autorin: Anne Häußler, Dr. phil. (USA), Diplompädagogin, Diplompsychologin (USA), zweijährige Ausbildung als Therapeutin in einem TEACCH Zentrum in North Carolina; Studium der Psychologie und Promotion an der Universität von North Carolina in Chapel Hill in Zusammenarbeit mit Division TEACCH. Freiberuflich tätig in Einrichtungen der Behindertenhilfe (Wohnheim, Förderstätte, Schule); Leitung von Gruppen zur Förderung sozialer Fähigkeiten bei Menschen mit Autismus und Asperger Syndrom; Beratung und Begleitung von Familien und Fachpersonal; internationale Referententätigkeit zu den Themen Autismus und TEACCH Ansatz. Über dieses Buch: Der TEACCH Ansatz umfasst ein seit fast 40 Jahren weltweit in der Praxis bewährtes Konzept zur Förderung von Menschen mit Autismus. Auch in Deutschland ist TEACCH inzwischen ein Begriff und stößt auf große Nachfrage. Doch fehlt bisher ein zusammenfassender Überblick, der das amerikanische TEACCH Konzept mit den Erfahrungen und Erfordernissen im deutschsprachigen Raum verbindet. Mit ihrem neuen Buch schließt Anne Häußler diese Lücke. Sie geht der Frage auf den Grund, was „TEACCH" bedeutet und wie dessen Praxis aussieht. Dabei wird klar: Dahinter steckt mehr als nur eine (weitere) Methode der Entwicklungsförderung! Das Buch bietet Hintergrundwissen zu TEACCH und systematisiert dessen Bausteine zu einem Gesamtentwurf. Es liefert die theoretischen Grundlagen seiner pädagogisch-therapeutischen Strategien. Damit entsteht ein besseres Verständnis für die weit reichenden Möglichkeiten des TEACCH Ansatzes und seiner Anwendung. Diese werden anhand vieler konkreter Anregungen und Beispiele deutlich. Der Praxisteil enthält Kopiervorlagen für Leitfäden, Checklisten, Dokumentations- und Arbeitsblätter. Sie erleichtern den Einstieg in die praktische Umsetzung. Ihre besondere Aktualität gewinnt diese Veröffentlichung durch die Auseinandersetzung der Autorin mit vielen Fragen, die ihr in Seminaren und Beratungsgesprächen begegnen. Dieses Buch spricht Fachleute und betroffene Familien gleichermaßen an. Wer sich theoretisch mit dem TEACCH Ansatz auseinander setzen möchte, wird hier ebenso wertvolle Informationen finden wie Praktiker, die nach effektiven Strategien und (neuen) Wegen der Förderung von Menschen mit Autismus suchen.

Bestell-Nr. 9358

Anne Häußler

Der TEACCH Ansatz zur Förderung von Menschen mit Autismus Einführung in Theorie und Praxis

Anne Häußler

Der TEACCH Ansatz zur Förderung von Menschen mit Autismus

Einführung in Theorie und Praxis

© verlag modernes lernen - Dortmund

© 2005 by SolArgent Media AG, Basel 2. Auflage 2008 Veröffentlicht in der Edition: BORGMANN MEDIA • Schleefstraße 14 • D-44287 Dortmund Titelfoto: Anna Zawadzki, Rüsselsheim Gesamtherstellung: Löer Druck GmbH, Dortmund Bestell-Nr. 9358

ISBN 978-3-938187-05-0

Urheberrecht beachten! Alle Rechte der Wiedergabe dieses Fachbuches zur beruflichen Weiterbildung, auch auszugsweise und in jeder Form, liegen beim Verlag. Mit der Zahlung des Kaufpreises verpflichtet sich der Eigentümer des Werkes, unter Ausschluss der § 52a und § 53 UrhG., keine Vervielfältigungen, Fotokopien. Übersetzungen, Mikroverfilmungen und keine elektronische, optische Speicherung und Verarbeitung (z.B. Intranet), auch für den privaten Gebrauch oder Zwecke der Unterrichtsgestaltung, ohne schriftliche Genehmigung durch den Verlag anzufertigen. Er hat auch dafür Sorge zu tragen, dass dies nicht durch Dritte geschieht. Der gewerbliche Handel mit gebrauchten Büchern ist verboten. Zuwiderhandlungen werden strafrechtlich verfolgt und berechtigen den Verlag zu Schadenersatzforderungen. (Die Kopiervorlagen auf den Seiten 66, 67, 69-71, 76-78, 87-89, 98, 104, 108, 113, 119, 121, 125, 133-138, 185-187 stehen dem Käufer dieses Buches für den nichtgewerblichen Gebrauch zur Verfügung.)

Inhalt Geleitwort v o n P r o f e s s o r Gary B. Mesibov, D i r e k t o r d e s TEACCH P r o g r a m m s

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Vorwort d e r A u t o r i n

9

Kapitel 1 TEACCH - w a s hinter dem N a m e n steckt: Grundlagen, die man k e n n e n sollte • Division TEACCH - wie alles begann. Ein kurzer Ausflug in die Geschichte • Division TEACCH - wie es heute ist. Eine aktuelle Skizze des Modellprogi-amms in North Carolina • TEACCH - der pädagogisch-therapeutische Ansatz. Ein umfassendes Konzept zur Förderung von Menschen mit Autismus • Effektivität des TEACCH Ansatzes • Auf den Punkt gebracht • Zum Schluss: Einige Antworten auf häufig gestellte Fragen zum TEACCH Programm Kapitel 2 Wenn das Gehirn anders arbeitet: Kognitive B e s o n d e r h e i t e n bei M e n s c h e n mit A u t i s m u s • Besonderheiten der Wahrnehmung bei Menschen mit Autismus • Der „kognitive Stil": Besonderheiten in der Art, Informationen zu sammeln, zu verarbeiten und diese für das Denken und Handeln zu nutzen

11 12 13 15 20 23 23

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Kapitel 3 A u s w i r k u n g e n auf das Lernen: Warum „normale" P ä d a g o g i k bei M e n s c h e n mit A u t i s m u s an ihre Grenzen stößt • Erschwernisse beim Lernen • Zusammenfassung • Konsequenzen für die pädagogische Förderung • Zusammenfassung

35 35 38 39 41

Kapitel 4 Die „TEACCH-Methode": S t r u k t u r i e r u n g und Visualisierung in der F ö r d e r u n g von M e n s c h e n mit Autismus • Grundlegendes zu „Strukturierung" im Rahmen des TEACCH Ansatzes • Der Aspekt der visuellen Informationsvermittlung im TEACCH Ansatz • Einsatzbereiche und Grenzen der Strukturierung • Allgemeine Hinweise für die praktische Umsetzung

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Kapitel 5 Konkrete Hilfen zum Verstehen und Handeln: Die Praxis des Structured Teaching • Strukturierung des Raumes • Strukturierung von Zeit und Tagesablauf • Arbeitsorganisation, Arbeitspläne und Systeme zur selbstständigen Beschäftigung • Gestaltung von Material und visuell strukturierten Aufgaben • Routinen als Hilfe zur Strukturierung

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Kapitel 6 „Und w i e fange ich an???" - Hilfen und A n r e g u n g e n für die E n t w i c k l u n g von Strukturierungshilfen • Strukturierung des Raumes • Arbeit mit Zeitplänen • Strukturierung selbstständiger Beschäftigung mit Hilfe von Arbeitssystemen • Anregungen zur Aufgabengestaltung

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Kapitel 7 S t r u k t u r i e r u n g sozialer Situationen: Die B r ü c k e zum Anderen Kapitel 8 D e n n i s - Skizze e i n e r F ö r d e r u n g n a c h dem TEACCH Ansatz • Überblick über den Ablauf der individuellen Fördermaßnahme • Berichte und Protokolle Kapitel 9 D i e Übertragbarkeit von TEACCH - Eine H e r a u s f o r d e r u n g

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Anhang • Mit einem Kompass prüfen, ob die Richtung stimmt: Eine Checkliste zur Arbeit nach TEACCH • Kontaktadressen /.um TEACCH Programm • Informationen zu Besuchen und Ausbildungsmöglichkeiten im TEACCH Programm

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Literatur

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Stichwortverzeichnis

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Geleitwort Es freut mich sehr, dieses bemerkenswerte Buch von Anne Häußler vorzustellen. Ich habe Anne vor vielen J a h r e n kennen gelernt, als sie zur Ausbildung in unser TEACCH Zentrum nach Asheville, North Carolina, kam. Von Anfang an ragte Anne durch Engagement, Motivation und Tüchtigkeit heraus. Sie verbrachte mehrere Jahre in den USA, um unseren TEACCH Ansatz und Entwicklungspsychologie zu studieren. Jeden Aspekt ihres Wirkens kennzeichneten Ausdauer und der feste Wille, die Ausbildungsinhalte in aller Tiefe zu erfassen und zu meistern.

cher und Materialien sind sehr hilfreich und nützlich. Trotzdem ist es besonders spannend, wenn es jemand wie Anne schafft, die Ideen und Materialien des TEACCH Ansatzes in ihre Muttersprache und kulturelle Perspektive zu übertragen. Anne ist dafür genau die richtige Person. Das vorliegende Buch spiegelt ihre deutschen Wurzeln ebenso wie ihr tiefes Verständnis unseres TEACCH Ansatzes und der Bandbreite unserer Arbeit. Dieses Buch ist eine wertvolle Ergänzung der bestehenden Literatur, und ich bin sehr glücklich es hier vorstellen zu können. Ich hoffe, Sie erhalten durch den Kontakt mit Anne über dieses Buch ebenso viele Anregungen, Denkanstöße und ein tieferes Verständnis, wie es in meiner langjährigen Zusammenarbeit mit ihr auch für mich der Fall war.

Dieses Buch ist das Ergebnis ihrer langjährigen Arbeit. Ich bin sehr erfreut und sehe dessen Veröffentlichung mit Spannung. TEACCH hat durch seine eigenen Veröffentlichungen und deren Übersetzungen weltweit Angebote und Hilfen für Menschen mit Autismus beeinflusst. Diese Bü-

Gary B. Mesibov, Ph.D. Division TEACCH, Professor und Direktor

7

Vorwort Schon lange hatte ich vor, dieses Buch zu schreiben. Eigentlich seit 1994, als ich voller Begeisterung für den TEACCH Ansatz aus den USA zurückkehrte. Vier J a h r e habe ich in North Carolina verbracht: zwei J a h r e mit einem umfassenden Training in einem TEACCH Zentrum und zwei weitere mit Studium und Forschung an der Universität von North Carolina in Chapel Hill. Auch diese universitäre Ausbildung erfolgte in Zusammenarbeit mit dem TEACCH Programm. Später habe ich das Studium dort weitergeführt und (natürlich) auch meine Doktorarbeit zum Thema „TEACCH" geschrieben.

darauf an, wie man sie anwendet und wofür\ Und auch dafür bietet der TEACCH Ansatz wichtige Richtlinien an. Nur wer das gesamte Konzept berücksichtigt und wirklich versteht, kann die einzelnen Techniken sinnvoll im Rahmen einer ganzheitlichen Entwicklungsforderung einsetzen, wie dies im TEACCH Programm geschieht. Ich hoffe, dass das erste Kapitel zu einem umf a s s e n d e r e n V e r s t ä n d n i s des TEACCH Programms und seines pädagogisch-therapeutischen Ansatzes beiträgt und somit eine angemessenere Beurteilung seiner Praxis ermöglicht. Der Rest des Buches ist den speziellen Methoden und Strategien gewidmet, die im TEACCH Programm entwickelt wurden und sich bei der Förderung von Menschen mit Autismus bewährt haben: dem Structured Teaching (strukturierte Förderung). Damit beschränke ich mich auf einen Aspekt des TEACCH Ansatzes - es ist jedoch der, der am greifbarsten ist und sich auch am leichtesten in die eigene Arbeit integrieren lässt. Auch wer nicht die Möglichkeit hat, das TEACCH Konzept mit all seinen Aspekten umzusetzen, wird hoffentlich Anregungen für die eigene Praxis finden und anhand der Beispiele weitere Ideen entwikkeln können.

Wie gesagt, ich kehrte begeistert zurück und wollte weitergeben, was ich gesehen, erlebt und gelernt hatte. Zunächst traf ich in Deutschland jedoch eher auf Zurückhaltung. Ich entdeckte, dass TEACCH auch in Fachkreisen nicht sehr b e k a n n t war bzw. dass oft fälsche Vorstellungen d a m i t verbunden wurden. H e u t e ist der Begriff „TEACCH" in einschlägigen Kreisen gel ä u f i g e r - allerdings kursieren noch immer zum Teil sehr seltsame Auffassungen davon, was und wie „TEACCH" eigentlich ist. Ein Grund hierfür war und ist sicherlich der Mangel an aktueller, deutschsprachiger Literatur zum TEACCH Modell. Ich bin mir bewusst, dass bei weitem nicht alles, was es zu diesem T h e m a zu sagen gäbe, in einem Buch Platz finden kann und sich auch nicht alles so in Worte fassen lässt, dass keine Fragen offen bleiben. Dennoch möchte ich mit diesem Buch einen Anfang machen und die große Informationslücke zu TEACCH zumindest ein wenig verkleinern.

Da es — wie immer wieder in meinen Seminaren bedauert wird - keine Patentrezepte gibt, kann der praktische Teil dieses Buches nicht in einer Auflistung von fertigen Lösungen bestehen. Vielmehr geht es darum zu verstehen, welche Funktion bestimmte Strategien und Hilfestellungen in der Förderung haben und warum sie wirksam sind. Daher beginnt der „praktische" Teil mit Theorie: Grundlagen und allgemeine Prinzipien des Structured Teaching. Im darauffolgenden Kapitel liegt der Schwerpunkt dann (endlich!) darauf, wie diese Strategien konkret in der Praxis umgesetzt werden können. Eine Fülle von Beispielen soll die zugrunde liegenden Prinzipien anschaulich machen und zum eigenen Weiterdenken anregen. Die sich anschließenden Hinweise und Arbeitsblätter wollen bei den ersten Schritten zur praktischen Umsetzung begleiten und Hilfestellung bieten.

Immer wieder höre oder lese ich: „TEACCH ist die neue Therapiemethode für Autismus." Dieser Satz hat es in sich, denn TEACCH ist erstens keine Therapieform, zweitens viel mehr als eine Methode und drittens keineswegs neu! Wen dies überrascht und wer mehr dazu wissen will, findet im ersten Kapitel dieses Buches Informationen dazu, was sich wirklich hinter dem Namen „TEACCH" verbirgt. Dass dieses Grundwissen wichtig ist, habe ich in meinen Seminaren immer wieder festgestellt. Denn auch wenn alle stets wissen wollen, „wie man es denn nun macht" - und damit konkrete Tipps und Techniken meinen - müssen solche praktischen Hinweise im Zusammenhang des gesamten Konzepts gesehen werden. Wie bei allen Strategien und methodischen „Tricks" kommt es doch ganz wesentlich

Auch wenn so manche der praktischen Ideen ganz s i m p e l s i n d , ist die P r a x i s des Structured Teaching im Grunde sehr anspruchsvoll. Sie erfordert ein Training und regelmäßige Praxisbegleitung, damit aus Struktur nicht Starrheit und aus Strukturierung kein Selbstzweck wird. Die9

Keineswegs alle Menschen mit Autismus sind Kinder, und auch die Angebote und Hilfen, die im TEACCH Programm entwickelt wurden, beziehen sich auf Betroffene jeden Alters. Im Text jedoch jedesmal ausdrücklich deutlich zu machen, dass sich eine Aussage sowohl auf Kinder, als auch auf Erwachsene bezieht, erschien mir zu umständlich und eine Zumutung für die Leser. An vielen Stellen spreche ich daher von „Kindern", ohne die Aussage notwendigerweise auf Personen im Kindesalter zu begrenzen. Wenn sich etwas nur auf eine bestimmte Altersgruppe bezieht, geht das aus dem Text eindeutig hervor. Und schließlich noch ein dritter formaler Aspekt, der erwähnt werden muss (und manchen Lesern bis hierher vielleicht bereits aufgefallen ist): Bei Vertretern von Personengruppen, Berufsbezeichnungen und dergleichen benutze ich in der Regel die männliche Form. Auch dies geschieht, um das Lesen zu erleichtern. Damit vermeide ich komplizierte Sätze (z.B. „... wie eine Lehrerin oder ein Lehrer ihre bzw. seine Schüler und Schülerinnen dazu anregen kann, Kontakt zu ihren Klassenkameradinnen und Klassenkameraden aufzunehmen ...") oder künstliche Schreibweisen („Lehrerinnen"). Wenn ich als allgemeine Form die männliche wähle, geschieht dies rein aus grammatikalischen Gründen - stets sind damit beide Geschlechter gemeint. Dies bitte ich Sie, liebe Leserin und lieber Leser, während der Lektüre zu berücksichtigen!

ses Buch ist kein „Do-it-yourself TEACCH Trainingshandbuch. Es kann und will nicht mehr als eine Einführung sein. Wenn es als solche dazu beiträgt, den TEACCH Ansatz besser zu verstehen und erste Schritte zu probieren, hat es seinen Zweck erfüllt. Als ich vor 15 J a h r e n meine ersten Schritte mit TEACCH gemacht habe, hatte ich mir nie träumen lassen, wie sehr dieser Ansatz zur Grundlage meiner beruflichen Praxis werden würde. Ich finde es bis heute spannend, mich immer weiter mit ihm auseinanderzusetzen und dabei auch stets wieder Neues zu entdecken. Auf diesem Weg war und ist der regelmäßige Kontakt zum TEACCH Programm für mich eine große Bereicherung und wichtige Unterstützung. Ich möchte an dieser Stelle daher die Gelegenheit ergreifen und meinen Mentoren bei Division TEACCH danken. Besonders bedanken möchte ich mich bei Professor Gary Mesibov, der nicht nur meine Doktorarbeit begleitet, sondern auch ein Geleitwort für dieses Buch geschrieben hat. Zum Schluss nocli ein paar Bemerkungen zum Stil: Beim Schreiben habe ich mich stets bemüht, die Form zu wählen, welche die Person in den Mittelpunkt rückt und nicht ihre Behinderung. Auch wenn es oft einfacher wäre, von „autistischen Kindern" oder gar „Autisten" zu reden, gebe ich der Formulierung „Kindern mit Autismus" oder „Menschen mit Autismus" den Vorzug.

Iliissels/ieim

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Anne Häußler im August 2005

Kapitel 1 TEACCH - was hinter dem Namen steckt: Grundlagen, die man kennen sollte Im Zusammenhang mit Behandlungsansätzen für Autismus ist seit den 90er J a h r e n auch in Deutschland immer häufiger von „TEACCH" die Rede. Sobald jedoch nicht nur davon gesprochen, sondern auch darübergeschrieben wird, kommen einige schon mal ins Stolpern. Denn man schreibt es tatsächlich so: alles in Großbuchstaben und mit zwei „C". Ausgesprochen wird es wie das englische Wort,.teach" (unterrichten). Das hat auch seinen guten Grund, denn der Name ist Programm - und zwar in zweierlei Hinsicht: Zum einen bezeichnet er das staatliche Programm zur Förderung und Begleitung von Menschen mit Autismus im U.S. Bundesstaat North Carolina: TEACCH steht für Treatment and Education of Autistic and related Communication handicapped CHildren (Behandlung und pädagogische Förderung autistischer und in ähnlicher Weise kommunikationsbehinderter Kinder). Dahinter verbirgt sich eine Institution: ein Netzwerk von Einrichtungen, das wiederum in Kooperation mit anderen Trägern der Behindertenhilfe ein umfassendes und lebenslanges Angebot zur Unterstützung und Begleitung von Menschen mit A u t i s m u s und deren Familien a n s t r e b t . „Programm" ist auch die Wahl des N a m e n s „TEACCH" mit der Aussprache „teach" (=englisch für „unterrichten"). Er wurde bewusst so gewählt, damit bereits im Namen deutlich wird, dass der Schwerpunkt der Hilfen im pädagogischen Bereich liegt. Die angebotene Förderung stellt das gegenseitige Lernen und Verstehen in den Vordergrund. Unter Berücksichtigung besonderer Lernstile von Menschen mit Autismus wird die Lern- und Lebensumwelt so gestaltet, dass der Betreffende sich zurechtfinden und seine Kompetenzen einbringen bzw. erweitern kann.

den ist. Dieses Konzept beinhaltet Leitlinien für eine umfassende und ganzheitliche entwicklungstherapeutische Förderung mit dem Ziel der sozialen Integration. Es hat weltweit Anerkennung und Verbreitung gefunden. Um die Begriffe etwas klarer zu fassen, bezeichnet im Folgenden der Begriff „TEACCH Programm" die Einrichtung in den USA und „TEACCH Ansatz" das pädagogische Konzept. Die in North Carolina entwickelten speziellen Strategien und Methoden in der pädagogischen Förderung von Menschen mit Autismus - insbesondere Formen der Strukturierung und Visualisierung in der praktischen Arbeit - werden in Deutschland am häufigsten mit dem Begriff TEACCH in Verbindung gebracht. Obwohl diese einen wichtigen Aspekt des TEACCH Konzeptes darstellen und daher oft als „TEACCH-Methode" bezeichnet werden, ist es eine irreführende Verkürzung, „TEACCH" einfach mit „Strukturierung' gleichzusetzen. Eine solch eingeschränkte Darstellung wird dem TEACCH Ansatz nicht gerecht. Missverständnisse darüber, was Strukturierung bedeutet und wie sie einsetzbar ist, führen zudem häufig dazu, dass die Strategien wie Rezepte verstanden und starr angewendet werden. Ein solches Vorgehen widerspricht jedoch völlig dem ganz individuellen Ansatz von TEACCH. Dass viel mehr als nur der Einsatz von Strukturierungshilfen den TEACCH Ansatz charakterisieren, wird auch in einem Überblicksartikel von Eric Schopler, dem Gründer von Division TEACCH, und Gary Mesibov, dem derzeitigen Direktor, deutlich. Sie haben klar aufgegliedert, welche Komponenten zum TEACCH Modell dazugehören (Schopler & Mesibov, 2000). Die Autoren nennen acht Kernaspekte des TEACCH Programms in North Carolina. Diese beziehen sich auf wichtige institutionelle und konzeptionelle Aspekte. Einer davon ist die so genannte „TEACCH Philosophie", welche die Grundprinzipien der pädagogischen Arbeit umfasst. Strukturierung in der Förderung - das „Structured Teaching" - wird innerhalb der „TEACCH Philosophie" als eines von insgesamt neun Prinzipien genannt.

Das TEACCH Programm selbst ist also eine Einrichtung (und kein Lern- oder Übungsprogramm, wie es manchmal fälschlich dargestellt wird)! Division TEACCH, eine Abteilung des psychiatrischen Zweiges der Universitätsklinik in Chapel Hill, North Carolina, hat die Aufgabe der Betreuung von Menschen mit Autismus in North Carolina. Die Bezeichnung „TEACCH" wird aber auch oft auf das p ä d a g o g i s c h e Konzept bezogen, das im Rahmen dieser Institution in den USA entstan-

Der Einsatz visueller und strukturierender Hilfen ist nicht nur für die Praxis unmittelbar rele11

1966 war Schopler in Chapel Hill an einem Pilotprojekt und ab 1967 am Child Research Project aktiv beteiligt, einem f ü n f j ä h r i g e n Forschungsprojekt, bei dem es darum ging, ein Förderkonzept für Kinder mit Autismus zu entwikkeln. Ausgehend von organischen Ursachen, war die funktionelle Entwicklung Gegenstand der therapeutischen Bemühungen und nicht die Bearbeitung eines als ursächlich angenommenen emotionalen T r a u m a s . In Bezug auf die Gestalt u n g der Lernsituation wies die Forschungsg r u p p e erfolgreich nach, dass die „psychotischen" Kinder, wie sie damals oft noch g e n a n n t wurden, von einer klaren S t r u k t u r i e r u n g in der Förderung profitierten (Schopler, Brehm, Kinsbourne & Reichler, 1971). Damit war der Grunds t e i n f ü r die E n t w i c k l u n g des Structured Teaching gelegt.

vant und wirkungsvoll; die Strategien des Structured Teaching sind auch relativ einfach zu vermitteln und umzusetzen. Daher verwundert es nicht, wenn dieser Aspekt am schnellsten aufgegriffen wird und weltweit bei allen Einrichtungen oder Programmen für Menschen mit Autismus, die sich am TEACCH Modell orientieren, eine wesentliche Rolle spielt (Schopler & Mesibov, 2000). Nicht zuletzt aus diesem Grund wird auch im vorliegenden Buch der Schwerpunkt auf dem methodischen Aspekt der S t r u k t u r i e r u n g liegen. Um jedoch den Eindruck zu vermeiden, dass,Arbeiten nach dem TEACCH Modell" (nur) darin besteht, die Umwelt f ü r Menschen mit Autismus klar zu strukturieren und mit visuellen Hinweisen auszustatten, werden in den folgenden Abschnitten neben Hintergrundinformationen besonders die a n d e r e n , nicht weniger wichtigen K o m p o n e n t e n des TEACCH Programms ausführlicher dargestellt. Eine umfassende Beschreibung des TEACCH Programms, seiner Geschichte und Vorgehensweisen, den inhaltlichen Schwerpunkten und deren theoretischen Grundlagen kann man auch in der aktuellen Veröffentlichung von Mesibov, Shea und Schopler (2005) nachlesen.

Ein zweiter wesentlicher Bereich der Forschung erstreckte sich auf die Eltern und deren mögliche Rolle in der Behandlung ihrer Kinder. In den 60er J a h r e n galten die betroffenen Eltern und hier besonders die Mütter - als „schizophrenogen". Das heißt, man glaubte, sie h ä t t e n selbst psychotische Merkmale und würden diese durch ihr gestörtes Verhalten auf ihre Kinder übertragen. Schopler und seine Kollegen führten hierzu Studien durch und konnten aufzeigen, dass die häufig beobachteten „Denkstör u n g e n " bei den E l t e r n d u r c h die U n t e r s u chungsbedingungen hervorgerufen wurden (Schopler & Loftin, 1969a,b). Eltern, die in psychoanalytischer Behandlung waren und sich die Schuld für den Zustand ihres Kindes gaben, verhielten sich bei den T e s t s in der klinischen Umgebung vielfach so, dass man aus ihrem Verhalten auf eine Denkstörung schließen könnte. Eine zweite Versuchsgruppe bestand aus Eltern, die nicht in Behandlung waren. Diese nahmen als bezahlte Versuchspersonen an einer Studie teil, bei der es um die Frage ging, wie sie es schaffen, neben dem Kind mit Autismus ihre gesunden Kinder erfolgreich zu erziehen. Die Interviews, in denen Eltern zu ihren Erfolgen befragt wurden, fanden in deren häuslicher Umgebung statt. Unter diesen Bedingungen waren Hinweise auf Denkstörungen nicht häufiger als bei Eltern, die n u r Kinder ohne Behinderungen hatten. Die häufiger beobachteten Auffälligkeiten bei den Eltern von Kindern mit Autismus waren also nicht die Ursache der autistischen Störung, sondern eher eine Folge von Verunsicherung, Testangst und negativem Selbstbild. Im Forschungsprojekt und später im TEACCH Programm ging man daher davon aus, dass die

Division TEACCH - w i e alles begann. Ein kurzer Ausflug in die Geschichte TEACCH ist keineswegs neu: Die Anfänge des TEACCH Programms gehen bis in die Mitte der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts zurück - also etwa 40 J a h r e . An der Universität von North Carolina in Chapel Hill legte Eric Schopler 1964 seine Doktorarbeit zur Wahrnehmungsverarbeitung von Iündern mit Autismus vor. Anders als sein ehemaliger Professor, Bruno Bettelheim in Chicago, der als führender Autismusexperte galt, war Schopler der Überzeugung, dass Autismus nicht auf die Ablehnung des Kindes durch die Mutter zurückzuführen sei. Er ging von organischen Ursachen für Autismus aus und konnte eine andersartige Verarbeitung von Sinneseindrücken bei Kindern mit Autismus nachweisen (Schopler, 1965, 1966). Weitere U n t e r s u c h u n g e n legten nahe, dass die bei den Kindern beobachteten Beeinträchtigungen im zwischenmenschlichen Verhalten auf Störungen in der Wahrnehmung zurückzuführen sind (Schopler & Reichler, 1971a). Die Sichtweise von Autismus als eine kognitiven Störung mit biologischen Ursachen prägt bis heute die Arbeit im TEACCH Programm.

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Eltern selbst weder krank sind, noch ihre Kinder krank machen. Im Gegenteil, sie wurden aktiv in die Behandlung der Kinder einbezogen. Eine Studie belegte, dass die Eltern, die als CoTherapeuten angeleitet wurden, wirksame Strategien für die Förderung ihrer Kinder lernen und sinnvoll einsetzen konnten (Schopler & Reichler, 1971b). Auch die Fähigkeit der Eltern, den Entwicklungsstand ihrer Kinder mit Autismus recht zuverlässig einzuschätzen, konnte untermauert werden (Schopler & Reichler, 1972). Beurteilungen und Sichtweisen der Eltern haben daher im TEACCH Programm seit je her einen entsprechend hohen Stellenwert.

te Erfolg: 1971 erging das Mandat des Staates North Carolina an die Universität von Chapel Hill, ein umfassendes Autismusprogramm aufzubauen, das Forschung und Praxis vereinigt. Es sollte alle Kinder mit Autismus und ähnlichen Kommunikationsbehinderungen im Staat erfassen und ihnen Hilfe anbieten. Das Child Research Project wurde ausgeweitet, und im Juli 1972 entstand unter dem Namen Division TEACCH das e r s t e staatlich finanzierte Autismusprogramm in den USA. Es bestand aus drei regionalen TEACCH Zentren und neun über den Staat verteilten Schulklassen.

Im Rahmen des Child Research Projects kamen etwa 130 Kinder zur Vorstellung, von denen die Hälfte langfristig in das Programm aufgenommen wurden. Da es sich um ein Forschungsprojekt handelte, galten für die Teilnahme bestimmte Voraussetzungen: Die Kinder mussten auf einer objektiven Autismusskala als autistisch eingestuft werden und einen Entwicklungsstand von unter fünf J a h r e n haben. Außerdem musste eine Bezugsperson bereit sein, zweimal in der Woche zum Zentrum zu kommen und zu Hause ein tägliches Förderprogramm von etwa 15 Minuten durchzuführen. Nach Möglichkeit wurden beide Eltern einbezogen. Der Andrang war groß, und viele Familien mussten abgewiesen werden; die Plätze wurden hauptsächlich an Kinder mit den schwerwiegendsten Problemen vergeben. Die Sitzungen mit den Therapeuten im Zentrum dienten dazu, die Eltern anzuleiten, bei Problemen und Fragen zu beraten und mit ihnen zusammen das Förderprogramm weiterzuentwikkeln. Die eigentliche Förderung erfolgte durch die Eltern zu Hause. Inhaltlich bezog sich die entwicklungstherapeutische Förderung auf vier wesentliche Bereiche: 1. Kontaktaufnahme und Beziehungsgestaltung, 2. kognitive und sprachliche Fähigkeiten, 3. Wahrnehmung und Körperkoordination und 4. Spiel und Interesse an Material. Wenn möglich wurden die Kinder zudem in Spezialklassen des öffentlichen Schulsystems untergebracht, in denen die Eltern ebenfalls aktiv mitarbeiteten.

Division TEACCH - wie es heute ist. Eine aktuelle Skizze des Modellprogramms in North Carolina In den über 30 J a h r e n seit seiner Gründung hat sich der Wirkungsbereich von Division TEACCH immer mehr ausgeweitet und differenziert. Der Auftrag und das Ziel des staatlichen Programms, wie sie heute im „Mission Statement" auf der Internetseite von TEACCH zu lesen sind, bestehen darin, 1. Personen mit Autismus zu befähigen, in der Gesellschaft und in ihrer Lebenswelt vor Ort ein möglichst sinnerfülltes und selbstständiges Leben zu führen; 2. allen Personen mit Autismus in North Carolina, deren Familien und allen, die diese unterstützen und betreuen, ein Hilfesystem anzubieten, das beispielhaft ist; 3. als Teil der Universität dazu beizutragen, das Wissen über Autismus zu vermehren, Forschung und klinisch-praktische Arbeit miteinander zu verbinden und Erkenntnisse aus der wissenschaftlichen und praktischen Tätigkeit durch Trainings und Veröffentlichungen auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene zu verbreiten. Dies ist ein großer Auftrag. Er setzt nicht nur die Entwicklung und Anwendung eines umfassenden pädagogisch-therapeutischen Konzepts voraus. Auch organisatorische und institutionelle Bedingungen mussten geschaffen bzw. Formen der Zusammenarbeit mit anderen Beteiligten entwickelt werden. Diese sind zu wesentlichen Bestandteilen des heutigen TEACCH Programms geworden und werden im Folgenden kurz dargestellt. Eine ausführlichere Beschreibung des Auf-

Das Programm erwies sich als sehr erfolgreich, doch war seine Finanzierung als Forschungsprojekt nur bis 1973 gesichert. Dies und die Erkenntnis, dass eine weitaus größere Zahl an Kindern von den entwickelten Angeboten profitieren könnten, bewegten die Eltern dazu, sich bei ihrem Staat für die Fortführung der begonnenen Arbeit einzusetzen. Der Einsatz der Eltern hat13

se waren von dem Programm überzeugt, dessen Markenzeichen es von Beginn an war, den Eltern eine aktive Rolle bei der Behandlung und Förderung ihrer Kinder zu übertragen. Aus der anfänglichen Rolle der „Co-Therapeuten" im traditionellen Sinne entwickelte sich ein differenziertes Modell der partnerschaftlichen Zusammenarbeit von Eltern und Fachleuten, das in seiner radikalen Umsetzung seinesgleichen sucht (vgl. Schopler, 1988). Das Ziel, Eltern (und andere Bezugspersonen) im Umgang mit den Kindern anzuleiten und allen Beteiligten zu einer befriedigenderen Form des Zusammenlebens zu verhelfen, besteht weiterhin. Das heißt, im Rahmen eines individuell auf die Bedingungen in der jeweiligen Familie abgestimmten Trainings erhalten Mütter und Väter die Möglichkeit, von den Fachleuten zu lernen. Zu anderer Zeit sind es dagegen die Fachleute, die von den Eltern lernen. Denn Eltern werden als Experten für ihr Kind anerkannt, respektiert und von den professionellen Helfern auch als solche genutzt. Wirkliche Partnerschaftlichkeit und gegenseitige Offenheit führen dann dazu, dass sich beide Seiten auch emotional stützen können, da sie um die jeweiligen Ziele und Hoffnungen sowie Frustrationen und Schwierigkeiten des anderen wissen. Auf einer vierten Ebene arbeiten beide zusammen als Anwälte für die Rechte der von ihnen betreuten Kinder in der Öffentlichkeit.

baus und der Arbeitsweise des TEACCH Programms findet sich in einem Überblicksartikel von Schopler (1997). Ortsnahe Betreuung und das Ziel, möglichst alle Betroffene 7.11 erreichen, setzt eine dezentrale Organisation voraus. Von Anfang an lag daher der Schwerpunkt auf der Einrichtung von TEACCH Zentren in verschiedenen Regionen North Carolinas. Heute gibt es neun solcher Zentren, über den ganzen Staat verteilt und stets in der Nähe eines Universitätscampus. Im Einzugsbereich eines jeden TEACCH Zentrums wiederum befinden sich Schulklassen und andere pädagogische Einrichtungen für Kinder und Erwachsene, die von den Therapeuten des TEACCH Zentrums begleitet und vor Ort beraKomponenten des TEACCH ten w e r d e n . Modells Auch wenn eine F a m i l i e • dezentrale Organisation eine zweistün• Forschung und Praxis dige Autofahrt • Kooperation mit den Eltern in Kauf neh• TEACCH Zentren men muss, um • TEACCH Klassen f ü r eine Dia• lebenslange Begleitung gnostik in das • Training von Fachleuten Z e n t r u m zu • TEACCH Philosophie k o m m e n , ist das nach amerikanischem Maßstab durchaus noch als „ortsnah" zu bezeichnen ... Die Anbindung der klinischen und pädagogischen Einrichtungen an die Universität von North Carolina erleichtert den Austausch und die gegenseitige Befruchtung von Forschung und Praxis. Die in der praktischen Arbeit gewonnenen Ideen und Erkenntnisse können schneller überprüft werden, da über die Universität personelle und finanzielle Mittel für entsprechende Studien leichter zugänglich sind. Somit finden aktuelle und für die Praxis relevante Fragestellungen Eingang in die Forschung. Andersherum haben Wissenschaftler einen großen Datenpool, aus dem sie schöpfen können, und Zugang zu Praxisfeldern, in denen sie ihre Theorien und Instrumente testen können. Ein großer Vorteil liegt auch darin, dass es Studierenden unterschiedlicher Fachrichtungen bereits im Rahmen ihres Studiums möglich ist, sich gezielt mit dem Thema Autismus auseinanderzusetzen und praktische Erfahrungen in den angegliederten Einrichtungen zu sammeln.

Ausdruck findet diese Form der Partnerschaft u.a. darin, dass die Eltern ihre Kinder bei Tests und förderdiagnostischen Sitzungen jederzeit durch Einwegspiegel beobachten können und ihre Einschätzung des Kindes gleichermaßen Aufnahme in die Akte findet. Eltern können nicht nur Einsicht in die Akte nehmen; sie erhalten selbst Kopien aller Berichte und werden regelmäßig über die Entwicklung ihres Kindes informiert. Bei der Förderplanung und Festlegung von Zielen haben sie eine gewichtige Stimme, und je nach Wunsch lernen sie, selbst gezielte Aktivitäten oder kleine Übungsprogramme durchzuführen. Ihre Anwesenheit ist sowohl bei der Einzelförderung, als auch in den Schulklassen immer willkommen. Die Zusammenarbeit geht jedoch mittlerweile weit über die Belange des einzelnen Kindes hinaus und erstreckt sich auf Mitsprache bei der Einstellung von neuen Mitarbeitern, auf Lobbyarbeit und die Initiierung neuer Einrichtungen.

Neben der engen Zusammenarbeit mit der Universität ist aber auch die Kooperation mit den Eltern ein unverzichtbarer Eckpfeiler des TEACCH Programms, das ja seine Existenz überhaupt erst der Initiative betroffener Familien verdankt. Die-

Konkrete Hilfen erfahren Menschen mit Autismus und deren Familien in North Carolina durch unterschiedliche Einrichtungen, die entweder 14

direkt zum TEACCH Programm gehören oder ihm durch Kooperationsverträge angeschlossen sind. Von zentraler Bedeutung sind dabei die neun TEACCH Zentren. Zu deren Aufgaben gehören klinische und pädagogische Diagnostik, Entwicklung von Empfehlungen für eine individuelle Förderung, Familienberatung und Elternt r a i n i n g , P r a x i s a n l e i t u n g und B e r a t u n g von Fachleuten und Bezugspersonen in unterschiedlichsten Umfeldern von Menschen mit Autismus aller Altersstufen. J e nach Bedarf ergänzen Eltern- oder Geschwistergruppen, individuelle Hilfen (Counseling) und Gruppen für Betroffene (z.B. „Social Groups" zur Förderung der sozialen Kompetenz) die Angebote. Die TEACCH Zentren bieten nur in geringem Umfang direkte Therapie an. Ihr Schwerpunkt liegt vielmehr auf der Begleitung von Personen mit Autismus und der klientenbezogenen, fachlichen Unterstützung der Bezugspersonen dort, wo die Kinder leben.

gene Angebote entwickelt und in anderen die Kooperation mit entsprechenden Einrichtungen anderer Träger gesucht, um eine k o n t i n u i e r l i c h e Hilfe und B e g l e i t u n g ü b e r die Lebensspanne gewähren zu können. So unterhält Division TEACCH eine Farm, welche derzeit 15 Erwachsenen mit Autismus ein Zuhause bietet, wo sie leben und arbeiten können. Verschiedene Tagesprogramme und Wohngruppen für Erwachsene orientieren sich am TEACCH Konzept und knüpfen an dem an, was in der Schule vermittelt wurde. Division TEACCH setzt sich zudem für die Integration seiner Klienten in den Arbeitsmarkt ein und h a t verschiedene Modelle entwickelt, die vielen Betroffenen eine sinnvolle Beschäftigung auch außerhalb beschützter Werkstätten ermöglicht (vgl. Häußler, 1999). Damit ein solch umfassendes Hilfesystem funktionieren kann, bedarf es engagierter und qualifizierter Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in den unterschiedlichen Bereichen. Schon allein deswegen gehört das Angebot von Trainingsmöglichk e i t e n zu den wesentlichen E l e m e n t e n des TEACCH Programms. Doch werden nicht nur Fach- und Hilfskräfte für die praktische Arbeit in den eigenen oder angegliederten Einrichtungen ausgebildet. Mittlerweile bietet Division TEACCH eine Vielzahl von Kursen und Trainings zu Themenbereichen der Diagnostik und Förderung an, die weltweit von Teilnehmern aus unterschiedlichsten Fachrichtungen genutzt werden.

Da der TEACCH Ansatz pädagogisch ausgerichtet ist, liegt die Betonung auf der Gestaltung eines geeigneten Lernumfeldes. Daher arbeitet TEACCH intensiv mit den örtlichen Schulsystemen zusammen, die bereits für Kinder im Alter von drei J a h r e n angemessene pädagogische Förderung und therapeutische Hilfen bereitstellen müssen. In vielen Regionen sind strukturierte TEACCH Klassen entstanden. Mittlerweile gibt es fast 300 davon, verteilt über North Carolina. In diesen Klassen erhalten Kinder und Jugendliche mit Autismus ganztägig eine individuell auf ihre Bedürfnisse und Fähigkeiten abgestimmte Förderung. Das Curriculum ist auf ganzheitliche Entwicklung ausgerichtet und betont neben schulischen Inhalten und lebenspraktischen Fähigkeiten die Förderung kommunikativer und sozialer Kompetenzen.

TEACCH - der pädagogischtherapeutische Ansatz. Ein umfassendes Konzept zur Förderung von Menschen mit Autismus

Während es autismusspezifische Klassen für alle Altersstufen gibt, werden jedoch nicht alle Schüler mit Autismus in TEACCH Klassen unterrichtet. Im TEACCH Modell werden auch unterschiedliche Formen des integrativen Unterrichts praktiziert. Welches der beste Ort und die beste Art der Beschulung ist, wird stets individuell entschieden. Unabhängig davon, wo der Schüler mit Autismus unterrichtet wird, bleibt jedoch die Notwendigkeit, die Lernbedingungen individuell zu gestalten.

Neben den soeben beschriebenen sieben Komponenten des TEACCH Programms, die sich auf dessen Einrichtungen, Angebote und Organisation beziehen, nennen Schopler und Mesibov (2000) ein a c h t e s wesentliches E l e m e n t : die „TEACCH Philosophie". Damit meinen sie die Konzepte und Grundhaltungen, welche die praktische Arbeit bestimmen. Es ist die Orientierung an diesen Leitlinien, welche die P r a x i s des TEACCH Ansatzes charakterisiert - nicht die bloße Anwendung einer oder mehrerer bestimmter Techniken und methodischer Vorgehensweisen.

Autismus ist eine lebenslange Behinderung und macht in den meisten Fällen Unterstützung auch über die Schulzeit hinaus erforderlich. Daher hat Division TEACCH - häufig in enger Zusammenarbeit mit den Eltern - in einigen Bereichen ei-

Die „TEACCH Philosophie" oder „TEACCH Prinzipien" finden sich mit etwas unterschiedlicher Schwerpunktsetzung in allen Beschreibungen des 15

ellen Wissensstandes bezüglich seiner Ursachen. Für eine effektive Arbeit muss man die im Zusammenhang mit Autismus typischen Verhaltensweisen ebenso kennen, wie die ihnen zugrundeliegenden Ursachen. Denn - um ein für TEACCH sehr beliebtes Bild zu gebrauchen - das beobachtbare Verhalten ist nur die Spitze des Eisbergs. Unterhalb der Wasseroberfläche, nicht sichtbar aber nachweislich vorhanden, liegt der Grund für das Verhalten: ein Gehirn, das anders arbeitet als „normal". Charakteristische Besonderheiten in der Wahrnehmung und Verarbeitung von Reizen sind bei Menschen mit A u t i s m u s durch viele wissenschaftliche Untersuchungen sowie durch Berichte von Betroffenen belegt (vgl. Häußier, 2005 in Druck). Ähnlichkeiten in der Art und Weise, wie sie die Welt wahrnehmen und sich in ihr erleben, führen dazu, dass Menschen mit Autismus häufig auf bestimmte Situationen ähnlich reagieren. Das ganz konkrete Verhalten mag unterschiedlich aussehen (z.B. Singen oder Kopfschlagen oder Schreien) und kann doch auf seine Weise dasselbe ausdrücken (z.B. Ängstlichkeit in einer neuen Situation). Aber nur, wer weiß, dass Menschen mit Autismus oft Schwierigkeiten haben, flexibel auf neue Situationen zu reagieren und neue Informationen mit bekannten in einen Zusammenhang zu bringen, wird das beobachtbare Verhalten verstehen können. Und nur, wer es versteht, kann selbst wiederum angemessen reagieren.

TEACCH Programms (z.B. Mesibov, 1996; Schopler, 1988, 1997; Schopler & Mesibov, 2000). Nicht immer sind die einzelnen Punkte in Zahl und Inhalt identisch, was etwas verwirren kann. Andererseits zeigt es, dass der TEACCH Ansatz nichts Fertiges ist, sondern immer weiTEACCH Prinzipien t e r entwickelt • Autismus erkennen und wird. Er berückverstehen sichtigt neue Er• Partnerschaft mit den kenntnisse über Eltern A u t i s m u s , geht • Streben nach dem Optiauf die sich vermum, nicht der Heilung • Individuelle Diagnostik als ä n d e r n d e n Bed ü r f n i s s e und Basis für individuelle LebenssituatioFörderung nen seiner Klien• Ganzheitlichkeit ten ein und be• Strukturierung der Förderzieht Stellung zu situation aktuellen Fragen • Kognitive Psychologie und im AutismusbeLerntheorie reich. E n t s p r e • Orientierung an den chend verändert Stärken sich a u c h , wie • Langfristig angelegte das TEACCH Hilfen P r o g r a m m von den eigenen Leuten g e s e h e n , b e u r t e i l t und d a r g e s t e l l t wird. Dennoch ist es so, dass die TEACCH Prinzipien grundlegende Elemente des pädagogisch-therapeutischen Konzepts umfassen, die sich über die Zeit hinweg als sinnvoll bewährt haben. Die folgende Darstellung der „TEACCH Philosophie" orientiert sich in den Überschriften an der aktuellen Fassung von Schopler und Mesibov (2000). Bei der Erläuterung der einzelnen Punkte fließen Inhalte aus anderen Versionen mit ein.

So gibt es - bei aller Individualität - Gemeinsamkeiten in den Verhaltensmustern, die Personen mit Autismus kennzeichnen. Wie gesagt: Das bedeutet nicht, dass sich alle identisch verhalten. Aber als Gruppe sind sie eben doch erkennbar. (Sonst hätten sie auch nicht dieselbe Diagnose!) Und da sie sich als Gruppe aufgrund ihrer Art, wie sie die Welt wahrnehmen, in bestimmter Weise verhalten, wurde im TEACCH Modell der Begriff „Kultur des Autismus" geprägt. Damit ist weder gemeint, dass Menschen mit Autismus eigentlich gar nicht zu unserer Kultur gehören, noch, dass sie eine eigene, in sich abgeschlossene Gesellschaft bilden sollen. Vielmehr geht es darum anzuerkennen, dass Personen mit Autismus „unsere" Welt anders erleben und die Verhaltensweisen ihrer nicht-autistischen Mitmenschen daher oft nicht verstehen können. Wenn wir aufgrund unseres Wissens über Autismus versuchen, die Welt a u s dem Blickwinkel eines Betroffenen zu sehen, können wir Missverständnisse eher aufdecken und wirksamere Hilfen zur Orientierung geben. In diesem

• Autismus erkennen und verstehen Die Arbeit nach dem TEACCH Ansatz setzt Fachkompetenz und Orientierung an wissenschaftlich fundierten Erkenntnissen voraus. Personen, die Menschen mit Autismus betreuen und begleiten, sollten wissen, dass Autismus biologische Ursachen hat und keine psychologische Reaktion auf ein emotionales Trauma darstellt. Gerade auf dem Hintergrund seiner Entstehungsgeschichte - schließlich war das TEACCH Konzept ein Kontrastprogramm zu Bettelheims psychoanalytischem Ansatz - kommt der Abgrenzung zu psychodynamischen Autismustheorien besondere Bedeutung zu. Ein umfassendes Verständnis von Autismus beinhaltet jedoch nicht nur die Kenntnis des aktu16

Sinne ist es die Aufgabe der Eltern und Fachleute, als „Dolmetscher" tätig zu sein und die Brükken zu schlagen, die Menschen mit Autismus brauchen, um sich in unserer Welt und Kultur zurechtzufinden.

form, die für sich beanspruchen könnte, Autismus zu heilen. Doch auch wenn sich die Grundstörung nicht „wegmachen" lässt, ist es doch möglich, deren Auswirkungen zu beeinflussen. Statt auf eine „Befreiung vom Autismus", zielt die pädagogisch-therapeutische Arbeit auf bestmögliche Anpassung im konkreten Lebensumfeld und Eingliederung der Betroffenen in die Gesellschaft ab. Hierbei bezieht sich das Wort „Anpassung" (adaptation) auf einen gegenseitigen Vorgang zwischen Person und Umwelt mit dem Ziel, dass der Betroffene in seiner Umwelt so gut als möglich zurechtkommt (und sie mit ihm!!). Es geht nicht um das oft negativ besetzte Verständnis von Anpassung als „Gleichmachen" oder „Einpassen in bestehende Strukturen". Der Respekt vor der individuellen Persönlichkeit h a t im TEACCH Programm einen hohen Stellenwert; die Besonderheiten der einzelnen Menschen (ob mit oder ohne Autismus) werden als solche respektiert und wertgeschätzt. Um in der Welt zurechtzukommen, benötigt man bestimmte Fähigkeiten. Und je mehr solcher Fähigkeiten man hat, desto besser kommt man zurecht. Eine banale Feststellung! Dennoch: Genau dies ist der Grund, warum im TEACCH Ansatz der Schwerpunkt auf der pädagogischen Förderung - auf dem Lernen - liegt. Die direkte Entwicklungsförderung zur Vermittlung neuer Kompetenzen stellt einen Weg dar, wie die Anpassung des Einzelnen verbessert werden kann. Jedoch nicht immer ist es den Betreffenden (zum gegebenen Zeitpunkt) möglich, die zur Bewältigung ihrer jeweiligen Situationen notwendigen Fähigkeiten zu entwickeln oder anzuwenden. Wo dies der Fall ist, muss ein zweiter Weg beschritten werden: die Anpassung der Umwelt an das Kind oder den Erwachsenen mit seinen derzeitigen Möglichkeiten und Grenzen. Wenn beide Wege aufeinander abgestimmt und miteinander verbunden werden, kann für jeden das Beste erreicht werden.

• Partnerschaft mit den Eltern Weil sie so wichtig ist, taucht partnerschaftliche"Zusammenarbeit mit den Eltern gleich zweimal auf: Zum einen als Grundbestandteil des TEACCH Programms als Einrichtung, zum zweiten als Kernprinzip bei der praktischen Arbeit. Es wäre eine künstliche Trennung, wollte man die beiden Punkte inhaltlich voneinander abgrenzen. Zusammenarbeit mit den Eltern ist unverzichtbar, soll das Ziel der pädagogisch-therapeutischen Bemühungen erreicht werden: dem Kind (oder Erwachsenen) diejenigen Fähigkeiten zu vermitteln, die es für die möglichst selbstständige Bewältigung seines Alltags jetzt und später benötigt. Die Therapiestunde ist aber nicht Alltag, und auch im Klassenraum halten sich Schüler zeitlich weniger auf als zu Hause. Sowohl für eine umfassende Diagnostik, als auch für eine sinnvolle Zielplanung sind Informationen und Beobachtungen der Eltern daher unentbehrlich. Dies gilt auch dann, wenn die Eltern selbst nicht direkt an der Durchführung der Förderung beteiligt sind. An dieser Stelle scheint es sinnvoll, nochmals zu betonen, welche Grundhaltung von Therapeuten und Pädagogen erwartet wird: Sie müssen sich bemühen, Fachleute f ü r Autismus zu werden, während die Eltern Experten für ihr Kind bleiben. Professionelle Helfer können beraten und Vorschläge machen, doch die letzte Entscheidung in allen Fragen, die ihr Kind betrifft, liegt bei den Eltern. Dafür ist es notwendig, dass den Eltern alle verfügbaren Informationen zugänglich gemacht werden. Egal, wie aktiv sie sich in die Förderung ihrer Kinder einbringen, die Eltern haben ein Recht darauf, stets zu wissen, was mit dem Kind getan wird und warum. Entsprechend werden die professionellen Helfer immer wieder darauf hingewiesen, dass sie keine über den Eltern stehende Experten, sondern deren Begleiter sind.

• Individuelle Diagnostik als Basis für individuelle Förderung Fertige Förderprogramme, vorgeschriebene Unterrichtspläne und feststehende Übungsaktivitäten sind für Menschen mit Autismus ebenso wenig geeignet wie allgemein verbindliche Vorgaben bezüglich der Methoden und Techniken, die in der Förderung eingesetzt werden. Das heißt: Sowohl die Inhalte, als auch die Form der Förderung müssen individuell auf den Einzelnen und seine Situation abgestimmt werden. Auch die

• Streben nach dem Optimum, nicht nach Heilung TEACCH ist kein Ansatz, der eine Heilung von Autismus verspricht. Bis heute gibt es keine medizinische oder anderweitige Behandlungs17

Während das PEP-R und das AAPEP eine Bandbreite von Entwicklungs- und Funktionsbereichen abdecken, stellt das Kommunikations-Curriculum sozusagen eine Lupe für die genaue Untersuchung eines ganz speziellen Bereichs dar: die Erfassung der spontanen Kommunikation. Damit sind die kommunikativen Fähigkeiten gemeint, die jemand besitzt, um sich ohne Hilfe einer anderen Person auszudrücken. Es geht hierbei keineswegs nur um sprachliche Fähigkeiten. Im TEACCH Programm werden sehr individuelle Wege zur Kommunikation gesucht und alle alternativen Kommunikationsmittel berücksichtigt. Das TEACCH Kommunikations-Curriculum gibt es leider nicht in einer deutschen Übersetzung, aber eine kurze Beschreibung findet sich in Iläußler (2002a). Die Diagnostik besteht aus einer systematischen Beobachtung und einem Interview mit einer Bezugsperson. Das Handbuch enthält darüber hinaus Anleitungen, wie aus den so gewonnen Informationen ein individueller Förderplan für den Bereich der spontanen Kommunikation entwickelt werden kann. Das PEP-R und das AAPEP werden zurzeit überarbeitet. Das PEP-3 (Schopler, Lansing & Marcus, in Druck) beinhaltet neben dem direkten Test auch ein strukturiertes El tern interview. Mit der Revision des AAPEP entsteht ein neues Instrument, das TEACCH Transitional Assessment Profile (TTAP) (Mesibov, Schopler, Thomas, Chapman & Denzler, in Druck). Dieses wird die größere Bandbreite des Erscheinungsbildes von Autismus ebenso berücksichtigen wie die wachsenden Möglichkeiten beruflicher Integration für Personen mit einer Behinderung aus dem Autismus-Spektrum.

Frage, wann eine direkte Vermittlung einer Fertigkeit angezeigt und wann eine Anpassung der Umwelt sinnvoll ist, kann nicht allgemeingültig beantwortet werden. Eine individuelle, auf die Feststellung von Entwicklungsansätzen ausgerichtete Förderdiagnostik bildet die Basis, um in jedem Einzelfall die Entscheidung über Form und Inhalt der Förderung zu fällen. Sind beim Kind Ansätze zur Bewältigung einer Situation oder Aufgabe erkennbar, so nimmt man diese zum Ausgangspunkt, um gezielte Übungsangebote zur Entwicklung und Entfaltung der Fähigkeit zu gestalten. Wenn dagegen die Voraussetzungen zum Erlernen oder Einsetzen einer Fertigkeit zurzeit nicht gegeben sind, ist es zunächst einmal sinnvoll, die Anforderung - also die Umwelt - so zu verändern, dass der Betreffende die Situation mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln bewältigen kann. Sowohl informelle Diagnostik (Beobachtung im Alltag und in bewusst gestalteten Situationen), als auch formelle Diagnostik (Testverfahren und strukturierte Interviews) geben wichtige Hinweise f ü r die Förderplanung. Im Rahmen des TEACCH Programms finden unter Anderem drei förderdiagnostische Verfahren Anwendung, die dort speziell für die Untersuchung von Kindern und Erwachsenen mit Autismus entwickelt wurden. Es handelt sich um das Entwicklungs- und Verhaltensprofil für Kinder (PEP-R) und das für Jugendliche und Erwachsene (AAPEP). Drittens gibt es das Kommunikations-Curriculum für Personen aller Altersstufen, die nicht oder nur wenig sprechen (Watson, Lord, Schaffer & Schopler, 1989). Das PEP-R und das AAPEP gibt es auch in der d e u t s c h e n Ü b e r s e t z u n g (Schopler, Reichler, Bashford, Lansing & Marcus, 2000 und Mesibov Schopler, Schaffer & Landrus, 2000). Bei diesen Verfahren handelt es sich um Tests, die weitgehend ohne Sprache auskommen. Da ihre Durchführung sehr flexibel gehandhabt werden kann, lassen sich auch in den Fällen sinnvolle Informationen sammeln, in denen übliche Testverfahren nicht anwendbar sind. Dabei geht es nicht in erster Linie um die Feststellung, ob bestimmte Aufgaben „gekonnt" oder „nicht gekonnt" sind. Viel wichtiger sind Hinweise auf Entwicklungsansätze, auf den individuellen Lernstil sowie darauf, wie der Betreffende Aufgaben am besten versteht und welche Unterrichtstechniken für ihn geeignet sind. Beim AAPEP wird der Test zudem durch strukturierte Interviews zu Hause und in der Schule oder am Arbeitsplatz ergänzt, so dass ein möglichst umfassendes Bild entsteht.

• Ganzheitlichkeit Das Prinzip der Ganzheitlichkeit bezieht sich auf die Inhalte der Förderung. Es müssen dabei alle Bereiche der Persönlichkeit und der Entwicklung berücksichtigt werden. Bei der Erstellung eines Förderkonzepts geht es darum, das Kind als ganze Person im Blick zu behalten, in seinem konkreten Lebensumfeld und mit all seinen Stärken und Schwierigkeiten. Denn so wird das Kind auch von den Eltern und Pädagogen gesehen und erlebt. Um wirklich helfen zu können, dürfen Therapeuten sich daher nicht nur auf ihr Fachgebiet (Psychologie, Sprachheilkunde, Ergotherapie oder dergleichen) zurückziehen und n u r die Aspekte der Person betrachten, für die sie sich „zuständig" fühlen. Statt Empfehlungen mehrerer Spezialisten unverbunden aneinanderzurei18

• Kognitive Psychologie und Lerntheorie

hen, sollte der Förderplan von einem umfassend ausgebildeten Therapeuten erstellt werden, der alle verfügbaren Informationen zusammenführt und auf den individuellen Fall zugeschnittene Maßnahmen vorschlägt. Dies setzt voraus, dass Therapeuten auch Konzepte und Methoden der Nachbardisziplinen kennen und in die Förderung einbeziehen können. Wenn das Hinzuziehen eines Spezialisten erforderlich ist, sollten sie in der Lage sein, dies zu erkennen und entsprechende Schritte einleiten. Die Offenheit des TEACCH Ansatzes für verschiedene - wissenschaftlich fundierte - Methoden ist eine notwendige Folge des Prinzips der Ganzheitlichkeit. Es gibt keine einzelne Methode, die alle Aspekte der Entwicklung berücksichtigt oder die als „Allheilmittel" generell Anwendung finden sollte. Wohl aber gibt es viele wirksame und spezielle Hilfen für spezielle Probleme. Sorgfältige Auswahl der im jeweiligen Fall angemessenen Maßnahmen gehört daher ganz wesentlich zur Praxis des TEACCH Ansatzes dazu.

Der TEACCH Ansatz ist von seinen Wurzeln her ein verhaltenstherapeutischer Ansatz. Er nutzt gezielt die Prinzipien, nach denen jeder Mensch lernt und die auch für Menschen mit Autismus gelten - insbesondere die Tatsache, dass die Aussicht auf Belohnung die Bereitschaft erhöhen kann, etwas Bestimmtes zu tun. (Dabei ist natürlich zu beachten, dass für Personen mit Autismus oft ganz andere Dinge belohnend sind als das, was „üblicherweise" als angenehm gilt!!) Das Vorgehen in kleinen, aufeinander aufbauenden Schritten, eine genaue Beschreibung von dem, was erreicht werden soll, und die Dokumentation in der Umsetzung, um zu überprüfen, ob die Ziele erreicht wurden - dies alles sind Aspekte der Verhaltenstherapie, die auch heute noch im TEACCH Ansatz eine wichtige Rolle spielen. Die Verhaltenstherapie hat sich jedoch in den letzten 30 J a h r e n weiterentwickelt, und auch der TEACCH Ansatz ist nicht bei dem stehengeblieben, was in den 70er J a h r e n der aktuelle Stand in Wissenschaft und Praxis war. Zum einen unterschied sich der TEACCH Ansatz von anderen verhaltenstherapeutischen Programmen schon damals in seiner Betonung der entwicklungsorientierten Förderung. Die Erkenntnisse der Entwicklungspsychologie bildeten für die Förderplanung stets eine wichtige Grundlage. Anstatt eine bestimmte Fertigkeit oder ein „erwünschtes Verhalten" einfach durch konsequente Verstärkung anzutrainieren, wurde zunächst überprüft, ob das Kind überhaupt die Voraussetzungen mitbrachte, um das Verhalten zu erlernen. War dies nicht der Fall, musste an einer anderen Stelle angesetzt und dem Kind Gelegenheit gegeben werden, erst einmal diese Voraussetzungen zu entwikkeln. Ein solches Vorgehen machte eine auf die Entwicklung des Kindes ausgerichtete Förderdiagnostik e r f o r d e r l i c h , d u r c h welche sich das TEACCH Programm ebenfalls von anderen Programmen unterschied.

• Strukturierung der Fördersituation: Structured Teaching Beim Structured Teaching geht es um die Form der Förderung. Diese Art der Vermittlung von I n f o r m a t i o n e n und F ä h i g k e i t e n u m f a s s t bestimmte methodische Vorgehensweisen, die im Rahmen des TEACCH Programms entwickelt wurden und sich in der Praxis bewährt haben. Strukturierung bildet dabei den Rahmen, der mit ganz unterschiedlichen Inhalten gefüllt werden kann. Und auch der Rahmen ist nicht f ü r alle gleich - wie gesagt: Individualisiei'ung in der Förderung nach dem TEACCH Ansatz gilt sowohl im Hinblick auf die Inhalte, als auch auf die Form! Das Ziel des Structured Teaching besteht darin, eine (Lern-)Situation zu schaffen, die der Art und Weise entgegenkommt, wie Menschen mit Autismus am besten lernen und verstehen. Dabei leitet die Erkenntnis, dass Menschen mit Autismus von klar strukturierten Situationen und unterstützenden sichtbaren Hinweisen profitieren, die pädagogische Arbeit. Auf diesem Hintergrund wurden im TEACCH Programm bestimmte Strategien der Strukturierung und visuellen Unterstützung entwickelt, deren konkrete Anwendung im Einzelfall dann in sehr individuellen (und oft kreativen) Lösungen besteht. Wer hierzu mehr wissen will, wird im Verlauf dieses Buches Genaueres erfahren.

Anders als die „klassische" Verhaltenstherapie, für die nur das beobachtbare Verhalten zählt, legt der TEACCH Ansatz großen Wert auf die Erkenntnisse der kognitiven Psychologie und der Neuropsychologic. Das heißt, er berücksichtigt das, was im Gehirn vor sich geht und somit das nach außen sichtbare Verhalten beeinflusst. Die Erkenntnis, dass Verhalten nicht nur durch die Reaktionen der Umwelt gesteuert wird, sondern dass Denken, Vorstellungen und Einstellungen

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schenkt. Indem es seine S t ä r k e n einbringen kann, fühlt es sich sicherer, da sein Handeln Erfolg hat. Dies wiederum fördert die Motivation, sich mit den Anforderungen auseinanderzusetzen. N a t ü r l i c h m ü s s e n auch die Schwächen und Schwierigkeiten als solche erkannt und berücksichtigt werden. Nicht alle kann man durch noch so gute Förderung beheben. Manchmal muss man einfach anerkennen und akzeptieren, dass ein Kind mit bestimmten Dingen Schwierigkeiten hat. Dann gilt es, Lösungen zu finden, bei denen das Kind seine bestehenden Fähigkeiten nutzen kann, um mit dem Problem umzugehen. Dies ist viel sinnvoller, als wertvolle Zeit und Energie auf Übungseinheiten zu verwenden, die beide Seiten - Kind und Pädagogen - aufreiben und frustrieren. Das Prinzip der Orientierung an den Stärken gilt keineswegs nur für die Arbeit mit den Betroffenen. Es ist genauso wegweisend für die Gestaltung von individuellen Elterntrainings wie für die Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter im TEACCH Programm.

eines Menschen ganz wesentlich mitbestimmen, wie er sich verhält, ist für den TEACCH Ansatz prägend: Ziel der pädagogischen Bemühungen ist das Verstehen, nicht das bloße Antrainieren von Verhaltensweisen. Es geht darum, Zusammenhänge verständlich und Erwartungen in Bezug auf bestimmte Verhaltensweisen einsichtig zu machen. Anhand von Hinweisen, wann welches Verhalten angemessen ist, können oft im Vorfeld viele sonst kritische Situationen entspannt werden. Dieses Vorgehen fördert die Fähigkeit zum eigenständigen Handeln, da es auf Einsicht und Verständnis beruht. Durch die Bemühungen, bereits vorbeugend aktiv zu werden, muss viel seltener darauf zurückgegriffen werden, das Auftreten bestimmter Verhaltensweisen zu beeinflussen, indem man es im Nachhinein durch entsprechende Konsequenzen verstärkt. Anstatt einzelne Fertigkeiten isoliert zu trainieren, wird im TEACCH Ansatz großer Wert darauf gelegt, möglichst viele „natürliche" Situationen für die Förderung zu nutzen und Handlungen in einen sinnvollen Zusammenhang einzubetten. Auch sind sogenannte „problematische" Verhaltensweisen oft nicht direkt Gegenstand einer Maßnahme. Vielmehr versucht man, die tiefer liegende Ursache für das beobachtbare „Problemverhalten" zu finden, die meist darin besteht, dass dem Betreffenden andere Strategien fehlen, um mit der schwierigen Situation umzugehen. Anstatt dann am Problemverhalten anzusetzen und zu versuchen, es zu unterbinden, ist in der Regel eine systematische Entwicklungsförderung (z.B. im Bereich der Kommunikation oder der selbstständigen Beschäftigung) sinnvoll. Aufgrund der Forschungsergebnisse aus den Bereichen der kognitiven Psychologie und Neuropsychologic lassen sich gezielt Strategien ableiten, die - im Zusammenhang mit lerntheoretischen Erkenntnissen - für eine effektive Förderung von Menschen mit Autismus geeignet sind. Sie bilden die theoretische Grundlage f ü r das Structured Teaching.

• Langfristig angelegte Hilfen Die meisten Menschen mit Autismus brauchen in der Regel ihr Leben lang auf die eine oder andere Art Betreuung und Begleitung. Das TEACCH Konzept bietet Kontinuität, indem es allgemeine Richtlinien und Strategien zur Verfügung stellt, die sich in ganz unterschiedlichen Lebensund Lernsituationen umsetzen lassen. Damit ist seine Anwendbarkeit nicht auf einen bestimmten Bereich oder L e b e n s a b s c h n i t t begrenzt. Durch eine Vernetzung von Einrichtungen für verschiedene Altersstufen kann eine einheitlich ausgerichtete pädagogisch-therapeutische Arbeit über die gesamte Lebensspanne erreicht werden. Dies ermöglicht eine gezielte und weitsichtige Planung, welche neben den aktuellen Interessen auch zukünftige Bedürfnisse und Anforderungen besser berücksichtigen kann. Wenn begonnene Bemühungen auch in einer anderen Einrichtung weitergeführt werden und nicht der Druck besteht, in einem bestimmten Zeitraum „fertig" werden zu müssen, können auch langfristige Ziele sinnvoll verfolgt werden.

• Orientierung an den Stärken Wie bereits dargestellt, richtet die Diagnostik das Augenmerk auf beginnende und ausgebildete Fähigkeiten und nicht in erster Linie auf das, was der Betreffende noch nicht kann. In der Förderung werden die vorhandenen Interessen und Stärken des Einzelnen dann gezielt genutzt und ausgebaut. Das Aufgreifen der individuellen Interessen ist wichtig, da dies die Inhalte sind, denen das Kind bereits seine A u f m e r k s a m k e i t

Effektivität des TEACCH Ansatzes Es ist nicht leicht, die Wirksamkeit und den in der Praxis offensichtlichen Erfolg des TEACCH Ansatzes wissenschaftlich zu untersuchen und zu 20

messen. TEACCH ist nun einmal keine einzelne, eng umschriebene Methode, die man in einem klar definierten Rahmen anwenden und so mit anderen Methoden der Entwicklungsförderung vergleichen kann. Wie wir gesehen haben, handelt es sich bei TEACCH um einen komplexen pädagogischen Ansatz mit vielen organisatorischen und inhaltlichen Komponenten. Zeitlich und räumlich begrenzte individuelle Fördereinheiten sind, ebenso wie der Einsatz von Strukt u r i e r u n g s h i l f e n - also die A n w e n d u n g der „TEACCH-Methode" nur ein Teil der Intervention. Da die ganzheitlich orientierte Förderung durch die jeweiligen Bezugspersonen in den unterschiedlichen Lebensbereichen im Alltag umgesetzt wird, lassen sich die Bedingungen der Förderung kaum so standardisieren und kontrollieren, wie es für eine wissenschaftliche Studie notwendig wäre. Somit wird es schwierig, einzelne „therapeutisch wirksame" Faktoren zu isolieren.

ihre Klienten bereits aus der Schulzeit vertraut sind. Der Erfolg spricht für sich: Neunzig Prozent der vom TEACCH Programm b e t r e u t e n Klienten können ihren Arbeitsplatz halten. Neben diesen Befragungen und Statistiken gibt es jedoch auch einige Evaluationsstudien, die sich auf die W i r k s a m k e i t e i n z e l n e r Aspekte des TEACCH Ansatzes beziehen. Bereits in der Anfangszeit des TEACCH Programms untersuchten Schopler et al. (1971) den Effekt von strukturierenden Vorgaben bei der Auswahl und Durchführ u n g von Aktivitäten im Rahmen von Unterrichtseinheiten. Sie verglichen solche Förderstunden mit Situationen, in denen die Entscheidungen dem Kind überlassen blieben. In der strukturierten Unterrichtssituation zeigten die Kinder bessere Aufmerksamkeit, waren mehr auf den Erwachsenen bezogen, zeigten einen positivere Affekt und ein generell angemesseneres Verhalten. Dieses Ergebnis deckt sich mit anderen f r ü h e n Studien zur Strukturierung in der Förderung von Kindern mit Autismus (Lockyer & Rutter, 1969; Rutter, Greenfield & Lockeyer, 1967). Aber auch neuere Studien zu einzelnen Strategien der Strukturierung zeigen, dass diese Maßnahmen eine effektive Hilfe für Menschen mit Autismus sein können. Besonders der Einsatz von Plänen ist hier zu nennen. So konnte zum Beispiel in mehreren Fällen nachgewiesen werden, dass insbesondere Aufgabenpläne die Initiierung von Aktivitäten und die Ausführung von Handlungsabfolgen bis zu einem gewünschten Ziel unterstützen (Bryan & Gast, 2000; MacDuff, K r a n t z & McClanahan,1993; Pierce & Schreibman, 1994). Da die angebotenen visuellen Pläne variabel sind und lediglich einen allgemeinen Rahmen bieten, in dem Instruktionen an unterschiedliche Situationen angepasst werden können, erweitern solche Hilfen zudem den Handlungsspielraum und fördern die Flexibilität im Verhalten (Bryan & Gast, 2000; MacDuff, Krantz & McClanahan,1993). Im Zusammenhang mit dem Einsatz visueller Methoden wurde auch ein Rückgang problematischer Verhaltensweisen beobachtet (Mesibov, Browder & Kirkland, 2002). Peterson, Bondy, Vincent und Finnegan (1995) ersetzten verbale Hinweise durch Gesten oder Bilder und erreichten dadurch eine eindeutige Verringerung störender Verhaltensweisen bei zwei Schulkindern. Bei einem Kind im Vorschulalter wirkte sich der Einsatz eines Bilderplans positiv auf die Kooperationsbereitschaft des Kindes aus und führte zu einer deutlichen Abnahme aggressiven Verhaltens (Dooley, Wilczenski & Torem, 2001).

Ein Weg, die Wirksamkeit des TEACCH Ansatzes zu untersuchen, besteht in der Befragung von Eltern und Fachleuten, die an Maßnahmen beteiligt waren, bei denen nach dem TEACCH Modell gearbeitet wurde. Solche Umfragen wurden sowohl im Rahmen des TEACCH Programms selbst durchgeführt (Häußler, 1998; Schopler, Mesibov, DeVellis & Short, 1981), als auch in anderen Ländern, in denen es entsprechende Angebote für Menschen mit Autismus gibt (z.B. Häußler, 1998; Sines, 1995-6). In diesen Umfragen berichten die Bezugspersonen von positiven Effekten. Die Befragten beobachteten bei den Personen mit Autismus unter anderem einen Zuwachs an Fähigkeiten, eine Reduzierung von problematischem Verhalten und die Entwicklung größerer Selbstständigkeit. Laut Einschätzung der Bezugspersonen ermöglicht TEACCH eine höhere Lebensq u a l i t ä t f ü r Menschen mit A u t i s m u s (Sines, 1995-6). Nach Mesibov (1997) lässt sich die Effektivität der Maßnahmen des TEACCH Programms auch an der hohen Rate der erfolgreichen Eingliederung von erwachsenen Klienten in den Arbeitsprozess messen. Dies ist der Punkt, an dem sich zeigen muss, ob die bis dahin erfolgte Förderung eine sinnvolle und tragfähige Vorbereitung auf das Erwachsenenleben darstellt. Abhängig von den individuellen Bedürfnissen und Fähigkeiten der Betreffenden, werden Arbeitsplätze mit unterschiedlich intensiver Begleitung angeboten. Die in der Begleitung tätigen Arbeitsassistenten können dann bei der Erfüllung ihrer Aufgabe auf Strategien und Hilfen zurückgreifen, mit denen 21

fikante Verbesserungen ihrer Fähigkeiten im Hinblick auf Imitation, Feinmotorik und nonverbale kognitive Konzepte. Damit konnte wiederum nachgewiesen werden, dass ein am TEACCH Konzept orientiertes Förderprogramm f ü r zu H a u s e die Entwicklung einzelner Fähigkeiten u n t e r s t ü t z t . Eine Aussage über dessen Wirks a m k e i t in Vergleich mit anderen Methoden lässt sich jedoch auch auf der Basis dieser Untersuchung nicht machen.

Den in der Anfangszeit maßgeblichen Aspekt des TEACCH Ansatzes, Eltern als Co-Therapeuten in die Förderung einzubeziehen, untersuchten Schopler und Reichler (1971b). Sie fanden, dass die an der Studie beteiligten Eltern ihre Kinder nicht nur effektiv fördern konnten. Vielmehr erzielten die Eltern zum Teil sogar bessere Ergebnisse als die Therapeuten, mit denen die Kinder weniger vertraut waren. Entsprechend wurde die Anleitung der Eltern zu einem Schwerpunkt der Arbeit. Untersuchungen belegen die Effektivität des individuellen Elterntrainings in den TEACCH Zentren (Marcus, Lansing, Andrews & Schopler, 1978; Short, 1984). Als Folge des Trainings ließen sich sowohl effektivere Strategien der Eltern im Umgang mit ihren Kindern, als auch Lernzuwachs und positive Verhaltensänderungen bei den Kindern feststellen. Auch eine positivere Interaktion zwischen Müttern und Kindern wurde beobachtet.

Van Bourgondien, Reichle und Schopler (2003) befassten sich mit den Auswirkungen einer nach dem TEACCH Ansatz spezialisierten Wohneinrichtung für Erwachsene mit Autismus. Sie verglichen die spezialisierte Wohneinrichtung mit anderen Wohngruppen für Menschen mit Behinderungen, Großeinrichtungen oder auch dem Elternhaus. Die TEACCH Einrichtung zeichnete sich unter anderem durch eine besser an die Bewohner angepasste Kommunikation, den stärkeren Einsatz visueller Strukturierung, eine in den Alltag integrierte soziale Förderung und präventives Verhaltensmanagement aus. Ein signifikanter Zusammenhang zwischen der Abnahme von negativen Verhaltensweisen und der zunehmenden Anwendung von visueller Strukturierung, besser angepasster Kommunikation und vorbeugenden Verhaltensmaßnahmen ließ sich nachweisen.

Der Erfolg eines E l t e r n t r a i n i n g s nach dem TEACCH Modell bildet auch den Gegenstand einer aktuellen U n t e r s u c h u n g von Mukaddes, Kaynak, Kinali, Besikci und Issever (2004). Diese Autoren implementierten in der Türkei ein entsprechendes Elterntraining und untersuchten den Effekt der strukturierten Förderung durch die Eltern bei Kindern mit Autismus im Vergleich zu Kindern mit reaktiver Bindungsstörung. Die Kinder in beiden Gruppen verbesserten sich signifikant im Hinblick auf ihre kognitiv-sprachlichen Fähigkeiten, Grob- und Feinmotorik sowie ihre sozialen und lebenspraktischen Fähigkeiten. Der Entwicklungszuwachs bei den Kindern mit reaktiver Bindungsstürung war größer als bei den Kindern mit Autismus. Dies war zu erwarten gewesen, da es sich bei Autismus um eine organisch bedingte tiefgreifende Entwicklungsstörung handelt, während eine reaktive Bindungsstörung auf negative Umweltbedingungen zurückzuführen ist, welche sich leichter beeinflussen lassen. Auch die Studie von Ozonoff & Cathcart (1998) bezieht sich auf den Effekt eines von den Eltern zu Hause durchgeführten Förderprogramms auf der Basis des TEACCH Ansatzes. Die teilnehmenden Kinder hatten die Diagnose Autismus und besuchten alle ein S c h u l p r o g r a m m , das streng verhaltenstherapeutisch orientiert war (also keine TEACCH Klasse). Das Förderprogramm für zu Hause, bei dem nach TEACCH gearbeitet wurde, bezog sich (nur) auf kognitive, schulische und berufsvorbereitende Fähigkeiten. Im Vergleich mit einer Kontrollgruppe, die nur eine vergleichbare schulische Förderung erhielt, zeigten die Kinder in der Versuchsgruppe signi-

Das TEACCH Programm zielt jedoch nicht nur auf Entwicklung und Verhaltensänderung der Personen mit autistischen Verhaltensweisen ab. Gegenstand von Untersuchungen war daher auch die Frage, welche Auswirkungen die Hilfen auf die Bezugspersonen der Betroffenen haben und ob das Ziel erreicht wird, den Familien bei der Bewältigung ihrer besonderen Situation zu helfen. Als Folge der Teilnahme an den Angeboten des TEACCH Programms wurde eine Abnahme der familiären Belastungen (Bristol & Schopler, 1983) und ein deutlicher Rückgang depressiver Symptome bei Müttern von Kindern mit Autismus festgestellt (Bristol, Gallagher & Holt, 1993). Nach eigenen Aussagen fühlen sich die Eltern durch die Hilfen des TEACCH Programms kompetenter im Umgang mit ihren Kindern. Sie können sie besser verstehen und fördern und haben insgesamt mehr Freude an ihrem Kind, was sich positiv auf das gesamte Familienklima auswirkt (Schopler et al., 1981; Preece, Lovett, Lovett & Burke, 2000). Die Zufriedenheit der Eltern bezieht sich jedoch nicht nur darauf, dass sie effektive Hilfen erhalten. Häußler (1998) konnte auch zeigen, dass die 22

Eltern die Art positiv bewerten, wie mit ihnen umgegangen wird. In Bezug auf die Zusammenarbeit mit den Eltern betont das TEACCH Prog r a m m die P a r t n e r s c h a f t l i c h k e i t . Nach der TEACCH Philosophie müssen Eltern nicht nur offen und umfassend über alles informiert werden. Als Co-Therapeuten können sie sich aktiv an der Förderung ihres Kindes beteiligen. Weiterhin gestaltet sich die Zusammenarbeit zwischen Eltern und Therapeuten derart, dass beide Seiten voneinander lernen. Diese Form der Zus a m m e n a r b e i t wird von Eltern nicht n u r gewünscht, sondern im TEACCH Programm in North Carolina auch in hohem Maße praktiziert (Häußler, 1998).

ist anders als zum Beispiel bei Musiktherapie, deren Praxis eine Ausbildung als Musiktherapeut v o r a u s s e t z t . Zwar gibt es die B e z e i c h n u n g „TEACCH Therapeut", doch verweist diese auf keine berufliche Qualifikation, sondern auf den Arbeitgeber: Sie bezeichnet eine Person, die als Therapeut in einem TEACCH Zentrum in North Carolina arbeitet. Von der Ausbildung her sind es Fachkräfte aus unterschiedlichen Berufsfeldern (z.B. Sozialarbeit, Psychologie, Pädagogik, Ergotherapie). Wie man „TEACCH Therapeut" werden kann? Man muss sich von Division TEACCH als Therapeut in einem seiner Zentren in North Carolina anstellen lassen!

Auf den Punkt gebracht

• Kann man eine Ausbildung in „TEACCH" machen und einen offiziellen Abschluss erwerben?

Hinter der „Arbeit nach dem TEACCH Konzept" steckt mehr, als die Anwendung b e s t i m m t e r Techniken. Zum TEACCH Ansatz gehören:

Division TEACCH bietet in North Carolina und weltweit verschiedenste Fortbildungs- und Trainingsmöglichkeiten an (Informationen dazu finden sich im Anhang). Einen festen Ausbildungsplan, der in ein berufsqualifizierendes „TEACCHDiplom" mündet, gibt es jedoch nicht. Zur Zeit der Drucklegung dieses Buches entwikkelt das TEACCH Programm aber einen Zertifizierungsprozess für Einzelpersonen und Einrichtungen, die nicht der Administration von Division TEACCH unterstehen. Voraussichtlich wird es für Einzelpersonen folgende Formen der Lizenzierung oder Anerkennung geben:

> eine wissenschaftliche Grundlage, > eine spezielle Diagnostik, > individuelle Förderpläne für eine ganzheitliche Entwicklung, > Integration verschiedener Methoden zur Entwicklungsförderung und > Structured Teaching. Respekt und Wertschätzung für Menschen mit Autismus sowie Offenheit für partnerschaftliche Zusammenarbeit mit allen Beteiligten prägen die praktische Arbeit. Der TEACCH Ansatz schreibt keine bestimmten Vorgehensweisen vor und gibt keine Patentrezepte. Er beansprucht für sich ebenso wenig, das „Allheilmittel" für Autismus gefunden zu haben, wie er einer einzelnen Methode aus Prinzip den Vorzug geben würde. Statt vorgefertigter Antworten, bietet das TEACCH Konzept Anregungen und Leitlinien zur Entwicklung ganz individueller Lösungen. Dieses Vorgehen h a t sich als äußerst effektiv in der Förderung von Menschen mit Autismus gezeigt.

1. Den Titel „TEACCH Practitioner" vergibt Division TEACCH an Personen, die nachweislich und effektiv die Methoden von TEACCH in ihrem Praxisfeld anwenden und sich von der TEACCH Philosophie leiten lassen. Dieser Weg steht Fachkräften aus allen relevanten Berufsfeldern offen. Hierzu zählen zum Beispiel Lehrer, Sprachtherapeuten, Psychologen, Sozialarbeiter/Sozialpädagogen, Ergotherapeuten und Krankengymnasten/Motopäden. Mit der Zertifizierung erhalten diese Personen eine offizielle Anerkennung ihrer Fähigkeiten und ihrer Verbundenheit mit den Grundsätzen des TEACCH Programms.

Zum Schluss: Einige A n t w o r t e n auf häufig gestellte Fragen zum TEACCH Programm

2. Eine Lizenz als „TEACCH Trainer IReferent" kann an Personen vergeben werden, die bereits als TEACCH Practitioner zertifiziert sind und die selbst Fortbildungen oder Trainings zum TEACCH Ansatz durchführen wollen. Bewerber für diese Lizenz müssen ein Prülungsverfahren durchlaufen, bei dem sie ihre Eignung als Trai-

• Gibt es das Berufsbild „TEACCH Therapeut"? TEACCH ist keine eigene Therapieform, die nur von Spezialisten durchgeführt werden kann. Dies 23

ner nachweisen. Neben der Fähigkeit, Strategien des TEACCH Ansatzes umzusetzen und zu demonstrieren, wird auch erwartet, dass sie Kompetenzen in den Bereichen Präsentation, Gruppendiskussion und Teambildung zeigen.

ren Personen fördern, machen sie zwischenmenschliche Beziehungen keinesfalls überflüssig! Im Gegenteil: sie ermöglichen eine reifere und gleichberechtigtere Form des Umgangs miteinander.

Beide Formen der Zertifizierung werden jeweils für einen begrenzten Zeitraum (ca. zwei bis drei Jahre) vergeben. Nach Ablauf dieser Zeit kann dann eine Erneuerung der Lizenz beantragt werden. Interessenten für eine Lizenzierung wenden sich bitte an Professor Roger Cox, den Direktor des Trainingsprogramms von Division TEACCH ([email protected]).

Dass eine tragfähige Beziehung mit dem Kind die Grundlage jeder pädagogischen oder therapeutischen Bemühung sein muss, steht außer Frage. Im TEACCH Programm wird das als so selbstverständlich vorausgesetzt, dass es oft nicht ausdrücklich erwähnt wird. Einen Zugang zum Kind zu finden und eine Beziehung zu ihm aufzubauen, war seit jeher ein Hauptziel in der pädagogischen Arbeit: Förderung von Kontaktfähigkeit und Beziehungsgestaltung zählte bereits im Child Research Project, dem Vorläufer des TEACCH Programms, zu den Kernbereichen der Entwicklungstherapie. Doch dadurch, dass es von Anfang an weniger die Therapeuten waren, welche die „Behandlung" durchführten, sondern die Förderung in die Hände der Eltern (und später auch der Lehrer, Erzieher, Arbeitsassistenten usw.) gelegt wurde, stand auch nicht die Beziehung zwischen Kind und Therapeut im Vordergrund. Viel wichtiger ist die Beziehung zwischen dem Kind und seinen Eltern bzw. den Bezugspersonen, mit denen es lebt und die es in seiner Entwicklung unterstützen. Vielleicht liegt auch in diesem anderen Therapieverständnis einer der Gründe für die Verwirrung, ob und in welchem Maße im TEACCH Ansatz die Beziehung zum Kind eine Rolle spielt.

• Können Einrichtungen ein Zertifikat von Division TEACCH erwerben? Ähnlich wie die Lizenzierung von Einzelpersonen, wird es voraussichtlich auch eine Anerkennung auf institutioneller Ebene geben. Einrichtungen, die sich am TEACCH Programm orientieren und aufgrund ihrer konzeptionellen oder inhaltlichen Ausrichtung eine Anerkennung durch Division TEACCH wünschen, müssen Mitarbeiter beschäftigen, die ein TEACCH Zertifikat beisitzen. Geplant ist, den Status „TEACCH affiliierte (angegliederte) Einrichtung" zu vergeben. Voraussetzung f ü r diese offizielle A n e r k e n n u n g ist die Besetzung von Schlüsselpositionen mit Mitarbeitern, die eine offizielle TEACCH Qualifikation in Form des TEACCH Practitioners oder TEACCH Trainers mitbringen.

• Lohnt es sich, nur in einem Lebensbereich nach TEACCH zu arbeiten, wenn keine Umsetzung in den anderen Umfeldern erfolgt?

• Wo bleibt im TEACCH Ansatz die Beziehung zum Kind? In Deutschland ist die Frage: „Welchen Stellenwert hat denn bei TEACCH die Beziehung zum Kind?" häufig zu hören. So kann aber nur fragen, wer die methodischen Aspekte isoliert betrachtet und „TEACCH" mit der Anwendung einzelner Techniken des Structured Teaching gleichsetzt. Strukturierung ist jedoch nur ein Hilfsmittel, mit dem ein geeigneter Rahmen geschaffen wird: f ü r das Lernen und Handeln, für neue Erfahrungen und auch für soziale Begegnungen.

Natürlich ist dem Kind immer am besten gedient, wenn alle an seiner Erziehung und Förderung beteiligten Personen am selben Strang ziehen und dasselbe Konzept verfolgen. Neue Fähigkeiten lassen sich leichter auf andere Bereiche übertragen, wenn dort dieselben Strategien eingesetzt und ähnliche Hilfen gegeben werden. Doch dies zu verwirklichen, ist nicht immer einfach und manchmal schlicht unmöglich. Das sollte jedoch kein Grund sein, dort, wo es machbar wäre, auf das Angebot einer optimalen Lernsituation zu verzichten! Auch Kinder mit Autismus können sich an vielfältige Situationen anpassen - häufig verhalten sie sich in verschiedenen Umfeldern völlig unterschiedlich. Wenn sie Einzeltherapie erhalten,

Es ist schon so, dass im TEACCH Ansatz die Selbstständigkeit eine große Rolle spielt und es mehr darum geht zu lernen, auf Hinweise in der Umgebung zu achten als auf Hinweise einer bestimmten Person (= des Therapeuten). Doch dadurch, dass strukturierende Hilfen Selbstständigkeit und größere Unabhängigkeit von ande24

wissen sie zum Beispiel, welche Regeln im Therapieraum gelten. Dass dies nicht dieselben Regeln sind wie zu Hause oder in der Schule, verwirrt sie in dieser Situation nicht. Ähnliche Erfahrungen liegen in vielen Fällen vor, in denen zu Hause, in der Schule, in der Werkstatt oder im Wohnheim nach TEACCH gearbeitet wird, eine Vernetzung und Abstimmung der Konzepte und Strategien mit allen Beteiligten jedoch nicht verwirklicht werden konnte. Die individuell entwickelten Hilfen sind in den jeweiligen Umfeldern deshalb nicht weniger effektiv und die dadurch ermöglichte Erfahrung von Selbstständigkeit, Kompetenz und Sicherheit nicht weniger bedeutsam.

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Kapitel 2 Wenn das Gehirn anders arbeitet: Kognitive Besonderheiten bei Menschen mit Autismus Bis heute ist nicht bekannt, was genau Autismus verursacht. Eine ganze Reihe von Faktoren können dabei eine Rolle spielen - Umstände, welche die spätere Entwicklung des zentralen Nervensystems vor oder auch nach der Geburt beeinträchtigen. Sie können von Fall zu Fall ganz unterschiedlich sein, so dass man nicht von einer einheitlichen Ursache sprechen kann. Allerdings scheint es so, dass Autismus in über 90% aller Fälle eine genetische Grundlage hat. Aufgrund bestimmter Veränderungen in den Erbanlagen kommt es während der Gehirnentwicklung bereits im Mutterleib zu Schädigungen der Feins t r u k t u r des Gehirns und folglich der Gehirnfunktionen. Diese an sich führen jedoch nicht zu Autismus. Vielmehr müssen noch auslösende Faktoren hinzu kommen, wie zum Beispiel Ereignisse, welche zu bestimmten Zeitpunkten in der Entwicklung das Gehirn in einer Weise beanspruchen, auf die es dann nicht vorbereitet ist. Dies können die neuen körperlichen Anforderungen durch die Geburt sein oder auch psychische Anforderungen in der Entwicklung während der ersten zwei Lebensjahre. Wird das geschädigte Gehirn mit solchen Anforderungen konfrontiert, k a n n es nicht so reagieren wie „üblich" - es kommt s t a t t dessen zur Ausprägung „autistischen Verhaltens".

hirns reagiert, während jemand bestimmte Aufgaben löst. Im Hinblick auf das Erkennen von Gesichtern fand man auf diese Weise zum Beispiel heraus, dass bei Personen mit Autismus oder Asperger Syndrom der Hirnbereich, der für die Verarbeitung von Gesichtern zuständig ist, nicht aktiviert wird. Stattdessen beobachtete man in Reaktion auf Gesichter eine erhöhte Gehirntätigkeit in dem Bereich, in welchem Informationen über Gegenstände verarbeitet werden (Schulz et al., 2000). Ob dies nun eine Ursache oder eine Folge der autistischen Störung ist, bleibt noch zu klären. Bedeutsam ist auf jeden Fall, dass eine andersartige Informationsverarbeitung vorliegt, die es zu berücksichtigen gilt. Wenn im Folgenden von den typischen Besonderheiten der Informationsverarbeitung bei Menschen mit Autismus die Rede ist, so beziehen sich die Aussagen auf Ergebnisse wissenschaftlicher Untersuchungen, bei denen sich die untersuchten Personen mit Autismus deutlich von denen ohne Autismus unterschieden haben. Das bedeutet aber nicht, dass alle genannten Auffälligkeiten auch bei allen Personen mit Autismus beobachtet wurden. Zudem ist es nicht so, dass solche Besonderheiten ausschließlich im Zusammenhang mit Autismus auftreten - im Gegenteil, einzelne Merkmale können wir auch bei Menschen mit anderen Behinderungen oder uns selbst wiedererkennen. Doch auch wenn sie nicht autismusspezifisch sind, so sind sie dennoch typisch. Bedeutsam ist in jedem Fall, dass Menschen mit Autismus gehäuft und oft ausgeprägter als andere bestimmte Auffälligkeiten in der I n f o r m a t i o n s v e r a r b e i t u n g aufweisen, so dass man von einem besonderen „kognitiven Stil" spricht. Dieser bezieht sich darauf, wie eine Person Informationen sammelt, diese zusammenfügt und daraus eine Vorstellung von dem entwickelt, was und wie „die Welt" ist und funktioniert.

Weder treten also in allen Fällen dieselben Störfaktoren in der Entwicklung auf, noch ereignet sich die Störung stets zum selben Zeitpunkt in der Hirnentwicklung. Viele verschiedene Hirnbereiche scheinen im Zusammenhang mit Autismus betroffen zu sein, aber nicht immer sind dieselben Bereiche in derselben Weise beeinträchtigt. Dies führt zu den unterschiedlichen Erscheinungsformen des Autismus. Nicht alle Betroffenen haben dieselben Symptome. Dennoch: in ihrem Verhalten ähneln sie sich genug, um eine eigene diagnostische Gruppe zu bilden. Das lässt darauf schließen, dass es trotz der individuellen Unterschiede auch viele Ähnlichkeiten darin gibt, wie das Gehirn bei Menschen mit Autismus funktioniert. Die Tatsache, dass ihr Gehirn anders arbeitet, ist durch viele Studien belegt. So gibt es heute bildgebende Verfahren (funktionelle MRI), mit denen man erfassen kann, welcher Teil des Ge-

Der Ausgangspunkt für die Informationsverarbeitung sind die ganz konkreten Reize, die wir über die Sinne wahrnehmen. Diese sensorischen Informationen bilden das Rohmaterial für alles, was wir über die Welt wissen und denken. Da viele Menschen mit Autismus bereits in der sinn-

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den. Es gibt Hinweise darauf, dass Kinder mit Autismus die Reizmenge schlechter kontrollieren und auf ein erträgliches Maß begrenzen können. Eine übermäßige Stimulation kann in manchen Fällen dazu führen, dass das Nervensystem überlastet wird und die Wahrnehmung daraufhin völlig z u s a m m e n b r i c h t (Williams, 1992, 1994). Es gibt keine genauen Angaben darüber, wie viele Menschen mit A u t i s m u s in i h r e r W a h r n e h mungstätigkeit beeinträchtigt sind. Die Zahlen reichen von ca. 407* (Attwood, 1998) bis etwa 90% (Delacato, 1985). Festzuhalten bleibt, dass diese Besonderheiten bei Autismus zwar häufig sind, dass sie aber nicht nur auf Menschen mit Autismus zutreffen und auch keineswegs von allen Personen mit Autismus in derselben Weise erfahren werden.

liehen Wahrnehmung Besonderheiten aufweisen, sollen diese kurz dargestellt werden, bevor ich auf den kognitiven Stil näher eingehe.

Besonderheiten der Wahrnehmung bei Menschen mit Autismus Obwohl es keine autismusspezifische Wahrnehmungsstörung gibt, treten Besonderheiten in der sinnlichen Wahrnehmung häufig in Zusammenh a n g mit A u t i s m u s auf. Im a m e r i k a n i s c h e n Handbuch zur Diagnostik psychischer Störungen (DSM-IV) werden „sonderbare Reaktionen auf sensorische Reize" als mögliche Begleitmerkmale der Autistischen Störung genannt. Bereits vor 30 Jahren machte Delacato (1975) auf ungewöhnliche Wahrnehmungsempfindungen bei Kindern mit Autismus aufmerksam. Darunter fallen sowohl extreme Überempfindlichkeit, als auch ausgeprägte Unterempfindlichkeit gegenüber bestimmten Reizen aus der Umwelt oder dem eigenen Körper. Diese W a h r n e h m u n g s s t ö r u n g e n können einen oder auch mehrere Sinneskanäle betreffen, wobei die Art der Beeinträchtigung unterschiedlich sein kann. So ist es möglich, dass jemand einerseits auf bestimmte Geräusche überreagiert und andererseits auf Schmerz keine Reaktion zeigt. Oft verändern sich die Empfindlichkeiten auch im Verlauf der Entwicklung. So sind sensorische Uberempfindlichkeiten im Kindesalter meist stärker und werden mit zunehmendem Alter weniger. Dies ist allerdings nicht immer der Fall.

• Auffälligkeiten beim Hören Zum Bereich der akustischen Wahrnehmung liegen Berichte über eine ganze Reihe von Besonderheiten vor, die bei Menschen mit Autismus beobachtet wurden (vgl. die Übersicht von Schirmer, 2001). Die Überempfindlichkeit des Gehörs kann dazu führen, dass Geräusche und Töne in manchen Fällen gesprochene Worte in einer bestimmten Stimmlage - als unangenehm laut oder gar schmerzhaft wahrgenommen werden. Auch kann es sein, dass der Betreffende Umweltgeräusche hört, die für andere nicht mehr wahrnehmbar sind, und er somit einer viel größeren Fülle von akustischen Reizen ausgesetzt ist. Die Überempfindlichkeit kann sich jedoch auch auf körpereigene Geräusche beziehen, so dass jemand ständig den eigenen Herzschlag oder den Blutkreislauf hört. Dies beeinträchtigt nicht nur die Wahrnehmung von Außengeräuschen, sondern stellt zudem eine psychische Dauerbelastung dar. Eine mögliche Reaktion auf das Zuviel an akustischen Reizen ist das Abschalten der Wahrnehmung. In dem Fall verhält sich der Betreffende Geräuschen gegenüber wie taub, obwohl sein Ohr selbst intakt ist. Auch beeinträchtigtes Richtungshören wurde bei Menschen mit Autismus beobachtet. Dies äußert sich so, dass es dem Betreffenden schwer fällt, die Geräuschquelle zu finden und zu erkennen, ob sie weit weg ist oder ganz in der Nähe. Erschwert werden kann die akustische Wahrnehm u n g zudem durch Schwierigkeiten, a u s der Menge der Reize die wichtigsten herauszufiltern. Das kann dazu führen, dass man zum Beispiel einem Gespräch nicht folgen kann, weil Nebengeräusche die Worte der anderen übertönen.

Selbst in Bezug auf ein und denselben Sinneskanal kann zu unterschiedlichen Zeiten eine andere Form der Beeinträchtigung vorkommen. So berichtet ein Betroffener: „Das fängt damit an, daß ich manchmal in bestimmten Körperregionen fast nichts spüre. Man könnte mich ruhig schlagen, ohne daß ich es als Schmerz registrieren würde. Dann aber wieder bin ich außerordentlich empfindlich und habe das Gefühl, daß jede B e r ü h r u n g elektrische Impulse in Gang setzt. Dann kann ich es kaum in meiner H a u t aushalten." (Zöller, 1995, S. 9). Viele Personen mit Autismus, die sich äußern können, berichten davon, wie ihre Sinne anders arbeiten und wie sie infolgedessen die Welt und sich selbst in ihr erleben (z.B. Grandin, 1995a,b). Dabei funktionieren die betreffenden Sinnesorgane in der Regel einwandfrei; die Probleme scheinen vielmehr damit zusammen zu hängen, wie die Sinnesreize im Gehirn verarbeitet wer28

• Auffälligkeiten beim Riechen, Schmecken und Tasten

Schließlich gibt es auch Hinweise auf Verzerrung der Wahrnehmung, was sich ebenfalls besonders auf die Fähigkeit auswirkt, Sprache zu verstehen. Gerade in Bezug auf akustische Reize - Geräusche und Sprache - benötigen viele eine längere Verarbeitungszeit und haben daher Probleme, die Bedeutung des Gehörten zu erfassen.

Viele Personen mit Autismus bevorzugen die Nahsinne und zeigen ein ungewöhnlich starkes Interesse daran, Gegenstände oder Körperteile von sich selbst oder anderen Personen zu betasten, an ihnen zu schnuppern oder sie zu belekken. Es kommen aber auch hier Überempfindlichkeiten in Bezug auf bestimmte Reize vor, die individuell ganz verschieden sein können und die oft zu Vermeidungsverhalten führen. Zum Beispiel kann es sein, dass ein Kind nur glatte und feste Oberflächen berühren mag und sich weigert, rauhe oder weiche Materialien anzufassen. Häufig wird berichtet, dass ein Kind nur eine sehr begrenzte Auswahl an Speisen isst. Die Abneigung gegen bestimmte Nahrungsmittel kann sich sowohl auf deren Geruch und Geschmack, als auch auf deren Festigkeit beziehen. Andererseits wurden auch Unterempfindlichkeiten beobachtet, die sich darin äußern können, dass die betreffende Person in dem jeweiligen Sinnesbereich extreme Reize sucht. In manchen Fällen ist dies die Ursache für gesundheitsschädigendes Verhalten (z.B. Seife essen, sich schlagen, an Farben und Lacken riechen). Häufig empfinden Menschen mit Autismus leichte Berührung als unangenehm, nicht aber stärkere Reize mit Druck auf die tieferen Regionen unter der Haut. Die Wahrnehmung von Temperatur und Schmerz ist oft gedämpft, was dazu führen kann, dass der Betreffende nicht lernt, Gefahren zu erkennen und sie zu meiden. Vielen fällt es zum Beispiel schwer, die Temperatur von Bade- oder Spülwasser angemessen einzustellen oder sich so anzuziehen, wie es dem Wetter entspricht. Manchmal werden auch Verletzungen und Anzeichen für Krankheiten erst spät entdeckt, wenn die Schmerzreaktion verzögert erfolgt oder gar ausbleibt.

Neuste Untersuchungen weisen d a r a u f h i n , dass ein Problem auch darin besteht, worauf die Kinder ihre Aufmerksamkeit lenken: So konnten die an einer Studie beteiligten Kinder mit Autismus zwar sowohl unterschiedliche Geräusche, als auch Sprache wahrnehmen; sie reagierten jedoch nicht auf die sprachlichen Laute (Ceponiene et al„ 2003).

• Auffälligkeiten beim Sehen Faszination von bestimmten visuellen Reizen (z.B. Lichtreflexe, sich drehende Gegenstände, Glitzern, schnelle wiederkehrende Bewegungen) gehört zu den Besonderheiten in der Wahrnehmung, die häufig im Zusammenhang mit Autismus berichtet werden. Aber auch Uberempfindlichkeiten in Bezug auf helles Licht und grelle Farben wurden bei Menschen mit Autismus beobachtet. Das Vermeiden bestimmter Reize - zum Teil auch des Blickkontaktes - kann ein Hinweis darauf sein, dass diese Reize für den Betreffenden eine Überforderung darstellen (weil sie schmerzhaft sind oder zu komplex). Auffällig ist, dass viele Menschen mit Autismus nur kurz auf etwas schauen und eine Bewegung oft nicht mit den Augen verfolgen. Vielfach beobachten sie auch eher aus dem Augenwinkel, als direkt auf etwas zu schauen. Diese Bevorzugung des peripheren Sehens könnte darauf zurückzuführen sein, dass die Koordination zwischen dem linken und rechten Auge nicht richtig funktioniert. Während sie komplizierte Muster oft gut erkennen und häufig winzige Veränderungen wahrnehmen, scheinen viele Betroffene Schwierigkeiten mit der räumlichen W a h r n e h m u n g zu haben. Insbesondere die Fähigkeit, sich in der Umwelt zu orientieren und Informationen über Bewegungen und Entfernungen zu verarbeiten, scheint vielfach beeinträchtigt. Dies hat Auswirkungen auf die Körperhaltung und die Art, sich in der Umwelt zu bewegen und mit beweglichen Gegenständen umzugehen (z.B. einen Ball zu fangen). Etliche Kinder haben Schwierigkeiten damit, Hindernisse rechtzeitig zu erkennen und ihnen entsprechend auszuweichen.

• Auffälligkeiten des Gleichgewichtssinnes Informationen über Bewegung und Haltung des eigenen Körpers liefert das vestibuläre System, das eng mit dem Innenohr verbunden ist. Wird der Gleichgewichtssinn angeregt - z.B. durch Schaukeln - , wirkt dies in der Regel beruhigend auf den Organismus, was sich somit auf die gesamte Wahrnehmungsverarbeitung auswirken kann. Bei hoher Erregung oder in Überforderungssituationen kann es daher eine für den Körper sinnvolle Reaktion sein, das Erregungsniveau 29

durch Schaukelbewegungen zu senken. Ein solches Verhalten wird oft bei Menschen mit Autismus beobachtet. Das Schaukeln mit dem Körper kann aber auch darauf zurückzuführen sein, dass der Gleichgewichtssinn zu wenig Reize erhält und der Organismus versucht, diesen Mangel durch entsprechende Bewegungen auszugleichen. Viele mögen starke vestibuläre Stimulation und suchen diese zum Beispiel bei Achterbahnfahrten oder den Attraktionen zum „Freien Fall" in Vergnügungsparks. Andere dagegen sind eher überempfindlich, was schnelle Bewegungen und Lageveränderungen betrifft, und meiden diese nach Möglichkeit.

c) Gedächtnisleistungen und d) Problemlösungsverhalten. Im Grunde ist eine solche Trennung künstlich, da die Leistungen in den einzelnen Bereichen eng miteinander verbunden sind und sich gegenseitig bedingen. Für die folgende Darstellung der kognitiven Besonderheiten bei Menschen mit Autismus erschien es jedoch sinnvoll, diese vier Aspekte einzeln zu behandeln, da sie eine übersichtliche Gliederung ermöglichen. Inwiefern die aufgeführten Besonderheiten als Ursache oder als Folge der autistischen Störung anzusehen sind, muss noch weitgehend offen bleiben. Wichtig sind diese Beobachtungen zur Informationsverarbeitung für die Praxis in jedem Fall, da sie uns helfen, Informationen so zu vermitteln, dass sie von Menschen mit Autismus am ehesten verstanden werden.

Der „kognitive Stil": Besonderheiten in der Art, Informationen zu sammeln, zu verarbeiten und diese für das Denken und Handeln zu nutzen

• Aufmerksamkeit W ä h r e n d man f r ü h e r davon ausgegangen ist, dass Kinder mit A u t i s m u s generell eine verk ü r z t e A u f m e r k s a m k e i t s s p a n n e haben, lässt sich diese Aussage heute so nicht mehr halten. Untersuchungen haben gezeigt, dass Kinder mit Autismus durchaus in der Lage sind, ihre Aufm e r k s a m k e i t lange und a u s d a u e r n d auf etwas zu r i c h t e n . Und wer K i n d e r m i t A u t i s m u s kennt, weiß, dass sie sich zum Teil stundenlang mit einer bestimmten - oftmals gleichförmigen - Tätigkeit beschäftigen können. Die Dauer der Aufmerksamkeit lässt sich jedoch auch für diejenigen Reize erhöhen, die für das Kind nicht direkt bedeutsam oder interessant sind. Dies kann gelingen, indem man die Beschäftigung mit dem Material durch direkte Belohnungen fordert. Die Aufmerksamkeitsspanne h ä n g t also sehr von der Motivation des Kindes ab, sich mit einer Reizquelle auseinanderzusetzen.

Es gibt viele U n t e r s u c h u n g e n zu einzelnen Aspekten der Informationsverarbeitung bei Menschen mit Autismus. Ausführliche Darstellungen der Forschungsergebnisse finden sich zum Beispiel bei Green, Fein, Joy und Waterhouse (1995), Klicpera und Innerhofer (1999), Klinger und Dawson (1995), Kusch und P e t e r m a n n (1991, 2001) sowie bei Lincoln, Allen und Kilman (1995). Einen aktuellen Überblick über die Ergebnisse wissenschaftlicher Studien zur Informationsverarbeitung und deren Bezug zum TEACCH Ansatz findet man bei Häußler (2005, i. .Druck). An dieser Stelle sollen daher nur die wichtigsten Punkte zusammengefasst werden. Der Prozess der Informationsverarbeitung ist sehr kompliziert. Die Informationen, die das Gehirn erreichen, werden auf unterschiedlichen Ebenen analysiert und miteinander sowie mit dem, was der betreffende Mensch bereits weiß und kennt, in Beziehung gesetzt. Es ist dann die höchste Leistung des Gehirns, unter Berücksichtigung aller für eine bestimmte Situation wichtigen Informationen eine passende Handlungsstrategie auszuwählen oder auch neu zu entwikkeln und diese bis zur Erreichung eines Ziels durchzuhalten.

Im Z u s a m m e n h a n g mit Aufmerksamkeitsstörungen ist ein zentraler P u n k t , welchen Reizen die Kinder ihre Aufmerksamkeit zuwenden. So schauen sie zum Beispiel häufiger auf den Hintergrund, wenn sie Bilder oder Gegenstände betrachten. Auf manche Reize reagieren sie extrem, während sie sich anderen n u r kurz zuwenden oder sie gar nicht beachten. Besonders schwierig scheint es f ü r Kinder mit Autismus zu sein, sich auf neue, schwer vorhersagbare Reize einzustellen. Die Ursache f ü r eine zu starke oder zu geringe Reaktion auf bestimmte Reize k a n n darin lie-

Untersuchungen zur kognitiven Informationsverarbeitung haben sich vornehmlich mit folgenden Bereichen befasst: a) Aufmerksamkeitsverhalten, b) Integration und Analyse von Informationen,

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• Reizverarbeitung: Integration und Analyse von Informationen

gen, dass Kinder mit Autismus häufig eine andere Bewertung dessen vornehmen, welche Informationen wichtig bzw. unwichtig sind. Oft achten sie auf ungewöhnliche Reize, d.h. auf solche, die normalerweise nicht als h e r a u s r a gend und bedeutungsvoll wahrgenommen werden. Besonders soziale Reize werden seltener beachtet.

Wenn es darum geht, die wahrgenommenen Reize weiter zu verarbeiten, neigen Kinder mit Autismus dazu, Informationen aus den Nahsinnen (besonders Tast- und Bewegungsempfinden) denen aus den Fernsinnen (Sehen und Hören) zu bevorzugen. Zudem scheint es, dass sie viele Informationen nur in demjenigen Sinnesbereich verarbeiten, in dem die Informationen empfangen wurden. Es kommt seltener zu Verknüpfungen. Normalerweise erfolgt eine Umformung zu Informationen, die mit denen aus anderen Sinneskanälen verglichen werden können (Interrtiocialer Transfer). Indem wir Informationen aus unterschiedlichen Sinnesbereichen miteinander in Beziehung setzen können, wird es uns zum Beispiel ermöglicht, über etwas Gesehenes zu berichten, etwas Gehörtes aufzumalen oder etwas Beobachtetes nachzuahmen, also in Handlung und Bewegung umzusetzen. Wenn aber keine oder nur eine sehr eingeschränkte weitere Verarbeitung im Sinne des Intermodalen Transfers erfolgt, bleibt die Abbildung der Realität eindimensional und begrenzt.

Eine weitere Auffälligkeit beim Aufmerksamkeitsverhalten von Kindern mit Autismus ist deren Neigung, n u r ein oder wenige Merkmale eines gesamten Reizmusters zu beachten („Überselektivität"). Oft richten sie ihre Aufmerksamkeit auf Details und vernachlässigen andere Informationen im selben Zusammenhang. Es ist für sie schwierig, m e h r e r e Aspekte gleichzeitig zu berücksichtigen. Dies bezieht sich besonders auf Reize, die m e h r e r e Sinne ansprechen, so dass die Aufmerksamkeit auf unterschiedliche Sinneskanäle gerichtet werden muss, um das Ganze zu erfassen. Aber auch bei komplexeren Reizen, die n u r einen Sinnesbereich betreffen, werden oft n u r einzelne Merkmale herausgegriffen und beachtet. Wenn zum Beispiel ein (globales) Reizmuster a u s (lokalen) Einzelreizen besteht - z.B. eine „1", die a u s ganz vielen kleinen Zweien zusammengesetzt i s t - , neigen Menschen mit Autismus dazu, ihre Aufmerksamkeit auf die „lokalen" Informationen zu richten. In unserem Beispiel würden sie also eher die Zweien wahrnehmen als die Eins. Diesen Drang, die Einzelreize zu beachten, können sie n u r schwer unterdrücken. Viele Untersuchungen belegen zudem, dass Personen mit Autismus Probleme mit dem Aufmerksamkeitswechsel haben. Wenn ein Reiz ihre Aufmerksamkeit erregt hat, können sie sich n u r schwer davon lösen und sie auf einen anderen Reiz richten. Das betrifft sowohl den Wechsel der A u f m e r k s a m k e i t von einem S i n n e s k a n a l auf den a n d e r e n , als auch den Wechsel der Aufmerksamkeit vom Detail zum Ganzen. Die Schwierigkeit, Einzelheiten in den H i n t e r g r u n d treten zu lassen und sich auf das gesamte Bild zu konzentrieren, sehen Rinehart et al. (2001) als vornehmliche E r k l ä r u n g für die typischen Probleme von Menschen mit Autismus, Bezüge herzustellen und somit Bedeutungen aufzubauen (Störung der Zentralen Kohärenz). Das bedeutet, dass Personen mit Autismus in der Regel größere Probleme haben, wenn sie die globale Gestalt beachten und den Ges a m t z u s a m m e n h a n g im Blick behalten sollen. Dagegen zeigen sie hervorragende Leistungen, wenn es darum geht, einzelne Kleinigkeiten zu entdecken und exakt zu arbeiten.

Aus den Fernsinnen werden räumlich-visuelle Informationen von Menschen mit Autismus besser verarbeitet als auditive: Die Verarbeitung von zeitlich geordneten Informationen, die in einer Reihenfolge dargeboten werden (z. B. Sprache), stellt oft eine relative Schwäche bei Menschen mit Autismus dar. Besser ausgebildet ist dagegen die Fähigkeit, mit Informationen umzugehen, die in einem räumlichen Bezug zueinander stehen und zusammen auftreten (z.B. Bilder). Nach Lincoln et al. (1995) ist die Leistung von Kindern mit Autismus am besten, wenn sie visuell-räumliche Aufgaben lösen, bei denen die Verarbeitung von nicht-sprachlichen Informationen gefordert wird, die weder soziale Bedeutung haben, noch in einen Zusammenhang eingebettet sind. Wichtig sei dabei, dass die Aufgaben eine ganzheitliche Verarbeitung ermöglicht, eine sofortige visuelle Rückmeldung über Lösungsansätze gibt und nur mäßige Anforderungen an das visuelle Kurzzeitgedächtnis stellt. Personen mit Autismus neigen dazu, Informationen eher in ein räumliches als in ein zeitliches Bezugssystem einzuordnen. Verarbeitete Informationen - e g a l , ob räumlicher oder zeitlicher Art - scheinen sie auch eher als Bilder zu speichern, also als Gesamteindruck, der nicht weiter zergliedert und analysiert wird. Die fehlende oder 31

Relativ unbeeinträchtigt sind das akustische Gedächtnis für Töne, das Echogedächtnis für die unmittelbare Wiedergabe eines Sinneseindrukkes, das assoziative Gedächtnis, mit dem zeitgleich auftretende Reize verbunden werden, sowie das Kurzzeitgedächtnis für visuelle und auditive Reize. Uneinigkeit besteht darüber, ob Menschen mit Autismus besondere Schwierigkeiten mit dem Arbeitsspeicher haben, der notwendig ist, um mehrere Informationen gleichzeitig zu bearbeiten. Vielen Kindern mit Autismus fallt es schwer, sich zeitlich geordnete Informationen wie eine Reihenfolge von Bildern oder Wörtern zu merken, die über die unmittelbare Gedächtnisspanne hinausgehen. F ü r viele ist es auch schwierig, sprachlichen Anweisungen oder der Demonstration eines Handlungsablaufes zu folgen und die Handlung dann auszuführen. All dies erfordert die Fähigkeit, sich einerseits etwas zu merken und gleichzeitig andere Informationen aufzunehmen oder zu bearbeiten. Eine Beeinträchtigung des Arbeitsspeichers könnte diese Probleme erklären. Tatsächlich scheint es für Menschen mit Autismus schwerer zu sein, sich nach kurzer Zeit an etwas zu erinnern, wenn sie in der Zwischenzeit mit etwas anderem beschäftigt waren. Auch fällt es ihnen schwer, sich an das zu erinnern, was sie gerade getan haben, wenn man sie bei ihrer Aktivität unterbrochen hat. Neuere Studien zeigen jedoch, dass Autismus zumindest nicht grundsätzlich mit einer Störung des Arbeitsspeichers einher geht (vgl. Ozonoff & Strayer, 2001).

eingeschränkte analytische Verarbeitung f ü h r t also dazu, dass zwar detaillierte, aber unzusamm e n h ä n g e n d e Einzelerfahrungen gespeichert werden. Es fehlt eine Ableitung von Regeln, die d a n n f ü r Verallgemeinerungen herangezogen werden können. Das wiederum hat zur Folge, dass neue Erfahrungen viel schwieriger mit bekannten in Verbindung gebracht werden können, da für den Vergleich nur sehr konkrete Vorerfahrungen zur Verfügung stehen. Aufgrund der vielen gespeicherten Einzelheiten früherer Erfahrungen muss für ein erfolgreiches Wiedererkennen schon eine starke Ähnlichkeit zwischen den beiden Ereignissen bestehen. Dies erschwert das Erkennen eines größeren Zusammenhangs, in dem die Einzelereignisse stehen. Daraus entstehen Probleme, Beziehungen von Gegenständen und Ereignissen zueinander zu erkennen und Bedeutungen von Handlungen und Sachverhalten zu verstehen. Die Schwierigkeit von Kindern mit Autismus, einzelne Reize zu einem Gesamtbild zusammenzufügen und aus Einzelerfahrungen ein übergeordnetes Schema zu bilden, bezeichnet Frith (1989) als Störung der Zentralen Kohärenz.

• Gedächtnis Gedächtnisleistungen von Kindern mit Autismus sind oft und aus unterschiedlichsten Blickwinkeln untersucht worden, wobei die Ergebnisse dieser Studien nicht immer eindeutig sind. Im Z u s a m m e n h a n g mit Autismus werden häufig besondere Fähigkeiten beobachtet, die auf ungewöhnlichen Gedächtnisleistungen beruhen. Berichtet wurde zum Beispiel von einem ungewöhnlich ausgeprägtem musikalischen Gedächtnis, von zeichnerischer Begabung für detailgetreue Wiedergaben oder der Fähigkeit, für lange Zeiträume bestimmten Daten die Wochentage zuzuordnen. Auch eine mechanische Lesefähigkeit, die größer ist als das Leseverständnis, scheint nicht ungewöhnlich zu sein. Viele Menschen mit Autismus können sich gehörte Texte gut merken und häufig wortgetreu wiedergeben. Besonders das Zahlengedächtnis scheint gut ausgeprägt zu sein. Solche Einzelleistungen lassen jedoch nicht auf das allgemeine Fähigkeitsniveau schließen. Fest steht jedenfalls, dass das Erinnerungsvermögen nicht generell beeinträchtigt ist. Vielmehr scheinen es ganz bestimmte Aspekte des Gedächtnisses zu sein, die für Menschen mit Autismus schwierig sind.

Das Langzeitgedächtnis ist intakt, soweit es sich auf Zahlen, Fakten und auswendig gelernte Informationen bezieht. Viele Kinder mit Autismus haben aber Probleme damit, die einzelnen Informationen in einen sinnvollen Bedeutungszus a m m e n h a n g zu bringen und sie in Kategorien einzuordnen (semantisches Gedächtnis). Bereits bei der Informationsaufnahme scheinen sie sich weniger daran zu orientieren, was inhaltlich zusammengehört, sondern merken sich eher den akustischen oder visuellen Eindruck und sind somit viel m e h r auf das unmittelbare Behalten angewiesen. Probleme haben Menschen mit Autismus häufig auch, wenn sie sich an Gesichter oder an zurückliegende Ereignisse erinnern sollen. Interessanterweise scheint aber nicht das episodische Gedächtnis - also das Gedächtnis f ü r Ereignisse — an sich beeinträchtigt zu sein. Vielmehr sind es Handlungen oder Ereignisse, bei denen

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das Kind selbst eine aktive Rolle gespielt hat, an die es sich weniger gut erinnern kann! Millward et al. (2000) haben dieses Phänomen untersucht und festgestellt, dass die Kinder mit Autismus in ihrer Studie sich besser d a r a n erinnern konnten, was andere Kinder getan haben, als an das, was sie selbst erlebt haben. Das heißt, sie profitierten nicht davon, selbst eine Handlung auszuführen.

anzupassen. Dies setzt Flexibilität im Denken und Handeln voraus. In Bezug auf Menschen mit Autismus lässt sich feststellen, dass es deutliche Ähnlichkeiten in ihrem Verhalten gibt, wenn man sie mit Patienten vergleicht, die eine Verletzung des Frontalhirns erlitten haben: Sie verhalten sich eher starr und unfiexibel, können sich nur schwer auf verä n d e r t e Situationen einstellen und halten an Routinen fest. Oft beharren sie auf einem einmal gefundenen Lösungsweg, zeigen stereotypes Verhalten und wiederholen Reaktionen immer wieder, auch wenn sie nicht mehr zu der Situation passen. Manche sind impulsiv und können Reaktionen auf die unmittelbaren Reize nicht u n t e r d r ü c k e n oder aufschieben. Andererseits fehlt es häufig an Eigeninitiative. Die Handlungsp l a n u n g k a n n besonders durch die b e k a n n t e Schwierigkeit beeinträchtigt sein, Informationen in einem Zeitschema zu ordnen.

Wenn es darum geht, gespeicherte Informationen aus dem Gedächtnis abzurufen, haben Personen mit Autismus oft Schwierigkeiten, die Suche nach Informationen in Gang zu setzen oder das gespeicherte Material wiederzuerkennen. Sind sie ganz auf sich allein gestellt, fällt es ihnen schwerer, an ihr Wissen heranzukommen, das doch offensichtlich gespeichert ist. Gibt man ihnen dagegen gezielte Hinweise oder Erinnerungshilfen, können sie bei Gedächtnisaufgaben dieselben Leistungen bringen wie Vergleichsgruppen mit ähnlichem Entwicklungsstand.

Trotz dieser Ähnlichkeiten lassen sich die Verhaltensweisen bei Menschen mit Autismus nicht allein durch eine Störung des Frontalhirns erklären. Es scheint auch nicht so zu sein, dass sie in allen Bereichen der exekutiven Funktionen beeinträchtigt sind. Ihre Leistungen sind oft davon abhängig, wie auffallig oder bekannt die Umweltreize sind und ob ein einfaches oder komplexes Vorstellungsvermögen erforderlich ist, um die Aufgabe zu bewältigen. Auch die Anzahl der möglichen Lösungswege oder Reaktionsweisen hat Einfluss auf die Fähigkeit, ein Problem zu lösen. So kann man nicht sagen, dass Menschen mit Autismus grundsätzlich unfähig sind, innere Vorstellungen zu bilden und ihr Verhalten an diesen zu orientieren. Dennoch sind sie viel abhängiger von äußeren Umweltreizen. Das scheint besonders dann der Fall zu sein, wenn es erforderlich ist, neue oder sehr abstrakte Vorstellungen zu entwickeln und sich diese zu merken.

• Problemlösungsverhalten Die Fähigkeit, planvoll und zielgerichtet zu handeln, hängt wesentlich von den Funktionen ab, die vom Frontalhirn gesteuert werden: von den sogenannten „exekutiven Funktionen". Diese sind d a f ü r verantwortlich, dass angemessene Strategien ergriffen werden, um ein zukünftiges Ziel zu erreichen. Eine Reihe von Fähigkeiten sind hierfür notwendig: Der Betreffende muss planen können, zeitliche Abfolgen überblicken und komplexe Handlungsschritte koordinieren. Er muss in der Lage sein, sich von der aktuellen, konkreten Situation und ihren Reizen zu lösen, eine innere Vorstellung zu entwickeln und sich von dieser leiten zu lassen. Dazu ist es wichtig, dass er seine Impulse kontrolliert und sich nicht dazu hinreißen lässt, unmittelbar auf die Reizgegebenheiten zu reagieren und somit vielleicht naheliegende (aber falsche) Reaktionen ausführt. Eine systematische Suche nach angemessenen Lösungsstrategien ist ebenso wichtig wie das Durchhalten einer Strategie bis zum gewünschten Erfolg. Andererseits muss zugleich die Wirksamkeit der Strategie überprüft werden. Gegebenenfalls gilt es, diese durch eine bessere zu ersetzen unci die Strategie an die jeweiligen Gegebenheiten und Veränderungen der Situation

Es besteht noch ein großer Forschungsbedarf in Bezug auf Autismus und die exekutiven Funktionen. Das Ziel ist es, die einzelnen Fähigkeiten, die für eine angemessene Verhaltensorganisation und Problemlösung notwendig sind, zu erfassen. Dann muss man überprüfen, ob im Zusammenhang mit Autismus ein ganz spezielles Muster von Schwierigkeiten auftritt. Noch lässt sich diese Frage nicht beantworten.

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Kapitel 3 Auswirkungen auf das Lernen: Warum „normale" Pädagogik bei Menschen mit Autismus an ihre Grenzen stößt Im vorhergehenden Kapitel wurde deutlich: Menschen mit Autismus scheinen die Welt um sich herum in vieler Hinsicht anders wahrzunehmen und zu erleben als die meisten Menschen. Entsprechend „anders" - und f ü r viele Nichtbetroffene erst einmal unverständlich - sind dann auch ihre Reaktionen. Für den jedoch, der um die typischen Besonderheiten in der Aufnahme und Verarbeitung von Informationen weiß, werden viele Verhaltensweisen nachvollziehbar. Und wer die zugrunde liegenden Probleme erkennt, kann das Verhalten von Menschen mit Autismus nicht nur besser einordnen, sondern ihnen auch gezielter und wirksamer helfen.

einmal!" als Aufforderung verstanden wird, das eben gezeigte Verhalten zu wiederholen. Wenn das Kind sich dann so verhält, wie es denkt, dass man es von ihm erwartet, wird es um so verwirrter sein über den Ärger, der daraufhin folgt... Donna Williams, eine junge Frau mit Autismus, schreibt in einem Brief an ihren Therapeuten: „Ich nehme an, dass Sie - wie viele andere Leute auch - glauben, nur weil ich gut sprechen kann, könne ich auch gut über die Sprache lernen" (Williams, 1994, S. 59, eigene Übersetzung). Es hat sich zudem gezeigt, dass Kinder mit Autismus rein s p r a c h l i c h e H i n w e i s e viel leichter vergessen. Entsprechend kann man öfter beobachten, dass ein Kind auf eine sprachliche Aufforderung nicht reagiert, wohl aber auf einen schriftlichen oder bildlichen Hinweis. Dies könnte auch darauf zurückzuführen sein, dass es die Bedeutung der visuellen Information leichter erkennt als die der gesprochenen Worte.

Auch und gerade für die pädagogische Förderung ist die Kenntnis der Besonderheiten in der Informationsverarbeitung von großer Bedeutung. Die Art und Weise, wie ein Mensch seine Welt wahrnimmt und die erhaltenen Informationen verarbeitet, bestimmt seinen Lernstil. Wenn wir also Informationen vermitteln - und damit Lernen ermöglichen - wollen, sollten wir beachten, in welcher Art und unter welchen Bedingungen Informationen am besten ankommen und am leichtesten verarbeitet werden. Entsprechend gilt es zu berücksichtigen, in wie weit der kognitive Stil das L e r n v e r h a l t e n beeinträchtigt, beziehungsweise das Lernen erschwert.

Typisch für Personen mit Autismus ist zudem eine e i n g e s c h r ä n k t e F ä h i g k e i t zur Imitation. Obwohl manche durchaus zur Nachahmung in der Lage sind, beschränkt sich dies oft auf direkte Wiederholung des Gesehenen oder Gehörten, ohne es in einen Zusammenhang einzubetten oder ihm einen sinnvollen Bezug zu geben. Das spontane sogenannte sozial imitative Spiel, bei dem das Kind Verhaltensweisen und Handlungen, die es bei anderen Personen beobachtet hat, selbst erprobt und übt, erfolgt selten.

Erschwernisse beim Lernen Auf der konkreten Verhaltensebene finden wir viele charakteristische Schwierigkeiten oder typische Reaktionen, die Kindern mit Autismus das Lernen erschweren. Zum einen scheint die Vera r b e i t u n g s p r a c h l i c h e r I n f o r m a t i o n e n oft s c h w i e r i g zu sein. Das heißt, rein verbale Erklärungen und Wissensvermittlung im Frontalunterricht sind oft ungeeignet. Selbst bei Kindern, die Sprache recht gut verstehen können, kommt es oft zu Missverständnissen, da sie Aussagen häufig wortwörtlich nehmen und sprachbegleitende Hinweise (Körperhaltung, Mimik, Tonfall usw.) nicht beachten. So kann es leicht passieren, dass die mit drohendem Zeigefinger ausgesprochene Verwarnung: „Mach das noch

Auch mit verzögerten Reaktionen ist zu rechnen. Wenn die Menge der Informationen, die gleichzeitig bearbeitet werden kann, vergleichsweise begrenzt ist, muss die Verarbeitungszeit notwendigerweise länger sein. Zudem können Probleme bei der Planung und Ausführung einer Handlung hinzukommen und die Reaktionszeit ausdehnen. Situationen und Aufgaben, bei denen schnell entschieden und reagiert werden muss, sind daher in der Regel sehr schwierig für Menschen mit Autismus. So manche Verhaltensweisen, die „aus heiterem Himmel" und ohne offensichtlichen Zusammenhang zur aktuellen Situation gezeigt werden, lassen sich bei näherer Betrachtung als Re35

aktionen auf vorhergehende Ereignisse erkennen. Dies kann zu großen Missverständnissen führen, wenn zum Beispiel Fragen und Antworten einander nicht richtig zugeordnet werden. Daher sind auch Abstimmungen über Handzeichen oft ungeeignet, weil man nicht sicher sein kann, dass die gehobene Hand als Reaktion auf die zuletzt gestellte Frage zu werten ist.

als s e l b s t v e r s t ä n d l i c h v o r a u s s e t z e n , d a s s e i n Kind mit Autismus a u s E r f a h r u n g lernt. Dazu müsste es in der Lage sein, konkrete Erfahrungen zu verallgemeinern und trotz aller Verschiedenheit der einzelnen Situationen das Gemeinsame an ihnen zu erkennen. Das heißt, es müsste eine neue Situation mit bekannten Erfahrungen vergleichen, den Grad der Ähnlichkeit einschätzen und sein Verhalten entsprechend gestalten. Aufgrund der Beeinträchtigungen in der Analyse von Informationen und Ableitung von Regeln ist jedoch gerade diese Fähigkeit begrenzt. Dies bedeutet, dass Regeln oft nur in einem bestimmten Zusammenhang gelernt und angewendet werden. Warnungen oder Verbote, die in einer Situation ausgesprochen werden, werden oft nicht auf ähnliche Situationen bezogen. So kann es zum Beispiel sein, dass ein Kind auf einem Sessel hüpft und nach dem Hinweis: „Du sollst nicht auf dem Sessel hüpfen!" auf einem anderen herumspringt, ohne sich bewusst zu sein, dass es auch dies nicht tun soll.

P r o b l e m e mit d e r G e n e r a l i s i e r u n g stellen eine weitere typische Schwierigkeit für Menschen mit Autismus dar. Das bedeutet, dass sie das, was sie in einem Zusammenhang lernen, häufig nicht ohne weiteres auf einen anderen Zusammenhang übertragen. Da sie in einer Situation oft nicht das Wesentliche vom Unwesentlichen trennen und erkennen können, worauf es „wirklich" ankommt, bemerken sie die Ähnlichkeit zu anderen Situationen nicht, in denen es im Grunde um dasselbe geht. So orientieren sie sich zu sehr an den Einzelheiten der ursprünglichen Lernsituation und rufen das Gelernte nur ab, wenn die für sie bedeutsamen Rahmenbedingungen stimmen.

Aufgrund der Schwierigkeiten mit dem Verallgemeinern sind Menschen mit Autismus auch häufig damit überfordert, w e n n sie Entscheid u n g e n t r e f f e n s o l l e n , d i e auf e i n e r Eins c h ä t z u n g b e r u h e n . Während es ihnen leicht fällt, sich an konkreten Regeln zu orientieren, scheitern sie meist an Aufgaben, für deren Lösung es notwendig ist, sich auf der Grundlage vorheriger Erfahrungen für einen Weg zu entscheiden. Solche Anforderungen begegnen uns im Alltag jedoch ständig, denkt man nur an die Notwendigkeit einzuschätzen, wann man was anziehen soll, wann etwas schon schmutzig (oder noch sauber) ist, wann ein zusätzliches Duschbad angezeigt ist, wie viel Trinkgeld man gibt, wie lange man einen Teig rühren soll usw.

Welche Umstände und Reize für den einzelnen wiederum bedeutsam sind und den Zusammenhang definieren, kann sehr verschieden sein. Finden einen können es bestimmte Merkmale am Material sein, wie zum Beispiel Farbe oder Größe. Wenn jemand zum Beispiel gelernt hat, sich mit einer blauen Zahnbürste die Zähne zu putzen, könnte es sein, dass er dennoch mit einer roten Zahnbürste nichts anzufangen weiß. Für diese Person ist „Zähne putzen mit einer blauen Bürste" etwas ganz anderes als „Zähne putzen mit einer roten Bürste". Letzteres müßte dann als eigene Handlung neu gelernt werden. Neben dem verwendeten Material können aber auch Aspekte des Raumes, in dem die Aktivität stattfindet, ebenso eine Rolle spielen wie die beteiligten Personen oder deren Merkmale (Geschlecht, Haarfarbe, Geruch, Kleidung,...). Denkbar ist auch, dass bestimmte Dinge mit bestimmten Zeiten in Verbindung gebracht werden. So lässt sich erklären, dass manche Kinder zwar viele Fähigkeiten haben, diese aber nur sehr begrenzt einsetzen. Es ist keineswegs immer eine Sache von Nicht-Wollen, wenn ein Kind etwas in der Schule kann und dort diese Fähigkeit auch zeigt, zu Hause aber nicht (oder umgekehrt). An der Ü b e r t r a g u n g der Fähigkeiten auf neue Situationen und Zusammenhänge muss daher gezielt gearbeitet werden.

Typisch sind auch Probleme mit zeitlicher Organisation. Dies bezieht sich nicht nur auf das zeitliche Ordnen von Ereignissen oder Handlungsschritten, also das Planen von Reihenfolgen und Abläufen aller Art. Die im vorhergehenden Kapitel beschriebenen Probleme mit dem Arbeitsspeicher können zudem dazu führen, dass die Betroffenen auch bei der Ausführung durcheinander kommen: Sie vergessen, welche Fragen sie bereits gestellt haben oder welche Schritte schon fertig sind. Kurz: sie verlieren schnell den Überblick, was zeitliche Abfolgen betrifft. Es fällt ihnen daher schwer, einen größeren Zeitraum zu überschauen („Was kommt auf mich zu?") oder auch mehrere Handlungsschritte so zu organisieren, dass sie zu einem gewünschten Ergebnis

Entsprechend der im vorhergehenden Abschnitt beschriebenen Problematik darf man auch nicht 36

führen („Was mache ich wann?"). So kann es sein, dass ein Kind zwar alle einzelnen Teile einer Handlung ausführen, diese aber nicht so zusammensetzen k a n n , d a s s es sein Ziel erreicht. Erschwerend kommt hinzu, dass viele Menschen mit Autismus zudem kein oder nur ein gering entwickeltes Zeitgefühl haben. Sie können oft nicht einschätzen, wie lange etwas dauert. Ein junger Mann mit Asperger Syndrom war zum Beispiel der Ansicht, drei Stunden würden nicht ausreichen, um im Laden um die Ecke noch Zutaten für ein Nudelgericht zu kaufen, bevor sein Besuch kommt. Andererseits war er der Ansicht, wenn er seinen Bus v e r p a s s t h ä t t e , wäre er schneller bei seiner acht Kilometer entfernten Arbeitsstelle, wenn er sofort los liefe, als zehn Minuten auf den nächsten Bus zu warten.

bestehen daher darauf, immer denselben Weg zu gehen - und wehren sich verzweifelt gegen die kleinste Abweichung. Da sie keinen größeren Überblick haben, können sie sich nicht vorstellen, dass man ihr Ziel auch auf einem anderen Wege erreichen kann. Ihre Unflexibilität wiederum schränkt ihren Erfahrungsraum und damit ihre Lernmöglichkeiten deutlich ein. In Bezug auf räumliche Orientierung und das sich Bewegen im Raum ist auch häufiger zu beobachten, dass ein Kind zwar losläuft, aber nicht am Ziel ankommt, auch wenn es den gewohnten Weg kennt. Die Überforderung kann in diesem Fall darin liegen, sich etwas zu merken (das Ziel) und zugleich auf dem Weg verschiedene Probleme lösen zu müssen (z.B. Welche Tür nehme ich? Gehe ich rechts oder links herum um den Tisch? Was sage ich zu der mir entgegenkommenden Person?). Im Alltag sind solche Personen darin beeinträchtigt, selbstständig die Räume zu wechseln (z.B. vom Klassenzimmer zum Musikraum oder vom Arbeitsplatz zur Cafeteria) oder einen Auftrag auszuführen, der eine Veränderung der räumlichen Position beinhaltet (z.B. jemandem etwas zu bringen).

Die Schwierigkeiten, Einzelheiten zu einem Gesamtbild zusammenzufügen und größere Zusammenhänge zu erfassen, führen auch zu Problem e n mit r ä u m l i c h e r O r g a n i s a t i o n . Vielen Menschen mit Autismus fällt es schwer, Beziehungen von Gegenständen im Raum zueinander zu erkennen. Da sie oft auf andere Details achten als üblich, ordnen sie Dinge einander nach ganz anderen Kriterien zu und entwickeln Ordnungsschemata, die für Außenstehende nicht immer nachvollziehbar sind. Während individuelle Ordnungsvorstellungen an sich nicht negativ sind, kann diese andere Wahrnehmung jedoch die Entwicklung des Situationsverständnisses stark beeinträchtigen. Dadurch wird erschwert, dass der Betreffende ein Wissen über seine Umwelt erwirbt, das für die Bewältigung des Alltags notwendig ist. Ganz praktisch können sich Probleme mit der räumlichen Organisation zum Beispiel darin äußern, dass der Betreffende Schwierigkeiten damit hat, sein Arbeitsmaterial so zu ordnen, dass es für die Erledigung der Aufgabe zweckmäßig ist und er den Überblick behält. Schwer fällt es vielen auch, Dinge im Raum nach den üblichen Maßstäben sinnvoll anzuordnen und Zusammengehöriges entsprechend zusammenzustellen. Deutlich wird dies oft, wenn ein Stuhlkreis gebildet oder ein Tisch gedeckt werden soll.

Sehr typisch ist für Menschen mit Autismus auch eine hohe Ablenkbarkeit, welche sie oft daran hindert, sich auf eine Aufgabe zu konzentrieren. Welche Sinneskanäle beim Einzelnen besonders empfindlich sind oder bevorzugt beachtet werden, ist unterschiedlich. Visuelle und auditive Reize können ebenso ablenken wie Eigenschaften des Materials oder anderer Gegenstände oder Personen im Raum (Geruch, Geschmack, Oberflächenbeschaffenheit). Ebenso ist es denkbar, dass jemand durch Körperempfindungen abgelenkt ist, wie zum Beispiel durch Geräusche aus dem Körperinnern, Juckreiz oder Schmerz. Auch Gedanken, die um Lieblingsthemen kreisen, können die Aufmerksamkeit von der aktuellen Aufgabe abbringen. Die höhere Anfälligkeit für Ablenkungen in Verbindung mit der Schwierigkeit, die Aufmerksamkeit wieder auf die Aufgabe zurück zu lenken, erschwert die Aufnahme wichtiger Informationen und ein kontinuierliches Arbeiten.

Die Besonderheiten in der Informationsverarbeitung können auch zu räumlicher Desorientierung führen. Häufig wird dies nicht erkannt, da viele Betroffene sehr gut in der Lage sind, sich einen einmal gegangenen Weg zu merken. Das scheint auf gute Orientierungsfahigkeit hinzudeuten. Oft ist es jedoch so, dass sie nur auf bestimmte Merkmale am Weg achten und sich nicht mehr zurechtfinden, sobald nur eines davon fehlt. Viele

Des weiteren sind Menschen mit Autismus oft mit der D u r c h f ü h r u n g k o m p l e x e r Handlung e n überfordert. Sie sind n u r schwer in der Lage, mehrere Aspekte zugleich zu beachten. Hinzu kommt, dass sie leicht vergessen, was sie gerade getan haben, wenn sie ihre Aktivität kurz unterbrechen und sich zwischenzeitlich mit etwas anderem beschäftigen. Dies schränkt ihre 37

Fähigkeit ein, mehrere Dinge zugleich zu tun, wie zum Beispiel eine Aufgabe auszuführen und sich „nebenbei" etwas anderes zu merken und später darauf zurück zu kommen. Solche Probleme wirken sich unter anderem auf die Fähigkeit aus, mehrere Handlungsstränge parallel auszuführen beziehungsweise miteinander zu kombinieren.

aussagekräftig - in der Regel errechnet man dabei unzutreffende Mittelwerte aus deutlich unterschiedlichen Einzelwerten. Selbst innerhalb eines Fähigkeitsbereichs ist mit weit auseinander klaffenden Kompetenzen zu rechnen. Dies betrifft unerwartete Defizite ebenso wie überraschende Fähigkeiten. Schließlich gilt es noch zu berücksichtigen, dass aufgrund der Beeinträchtigung in der Wahrnehmung, Interpretation und Bewertung sozialer Reize eine ansonsten wesentliche Quelle der Motivation fehlt: Lob u n d soziale A n e r k e n n u n g bedeuten oftmals keinen Leistungsanreiz f ü r Menschen mit Autismus. Vielfach fehlt der Wunsch, anderen zu gefallen - und oft bereits das dafür grundlegende Wissen darüber, was einer anderen Person eine Freude machen könnte.

Die Ausführung einer Handlung ist zudem davon abhängig, ob die betreffende Person die Voraussetzungen mitbringt, um die unterschiedlichen Anforderungen an die Wahrnehmung, Motorik, Kognition usw. zu erfüllen. Aufgrund der zum Teil sehr speziellen Stärken in der Reizvera r b e i t u n g einerseits und der an b e s t i m m t e n Punkten deutlichen Schwächen andererseits entsteht ein oft ausgesprochen u n e b e n e s Entwicklungs- und Fähigkeitsprofil. Obwohl es bei jedem Menschen so ist, dass er bestimmte Dinge besser kann als andere, liegen die Spitzen und Täler im Leistungsprofil einer Person mit Autismus meist viel weiter auseinander als üblich. Man kann in der Regel nicht vom Entwicklungsniveau in einem Bereich auf das in einem anderen Bereich schließen. Daher sind Angaben zum „durchschnittlichen Entwicklungsalter" wenig

Aber auch das Interesse für die Umwelt und die Offenheit für neue Anregungen und Erfahrungen scheinen oft eingeschränkt. F e h l e n d e Neugierde und m a n g e l n d e E i g e n i n i t i a t i v e führen dazu, dass Kinder mit Autismus ohne gezielte Anleitung viel weniger Lernerfahrungen machen und sich weniger gut selbst beschäftigen können.

Zusammenfassung: Die F o l g e n e i n e r a n d e r s a r t i g e n I n f o r m a t i o n s v e r a r b e i t u n g bei M e n s c h e n mit A u t i s m u s - T y p i s c h e E r s c h w e r n i s s e beim Lernen > sprachliche Informationen werden schlechter verarbeitet > sprachliche Hinweise werden schneller vergessen > lernt nicht gut durch Nachahmung > Reaktionen erfolgen verzögert > Gelerntes wird nicht auf neue Situationen und Zusammenhänge übertragen > konkrete Regeln und Erfahrungen werden nicht verallgemeinert > Entscheidungen, die auf einer Einschätzung beruhen, können nicht gefällt werden > Reihenfolgen können schlecht gebildet und überschaut werden > die Planung und Ausführung von Handlungsabläufen ist erschwert > zeitliche Orientierung und Zeitgefühl sind beeinträchtigt > räumliche Orientierung und die Fähigkeit zur räumlichen Organisation sind beeinträchtigt > die Aufmerksamkeit wird sehr leicht abgelenkt > komplexere Anforderungen können nicht koordiniert werden > Fähigkeiten sind sehr ungleich entwickelt > Lob und soziale Anerkennung stellen oft keinen Arbeitsanreiz dar > erkundet weniger von sich aus und probiert weniger Neues aus

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Konsequenzen für die pädagogische Förderung

Konzepts oder dem Üben einer neuen Fertigkeit darauf achten sollte, unterschiedliche Materialien zu verwenden. Wenn es zum Beispiel um das Abzählen von Gegenständen geht, wäre es sinnvoll, im Rahmen der Förderung ganz verschiedene Dinge zählen zu lassen: außer Bauklötzen auch Stühle, Personen, Luftballons usw. Dies kann dabei helfen zu erkennen, dass es um das Bestimmen einer Menge an sich geht und nicht um das Zählen von Bauklötzen. Die Bauklötze dagegen sollten nicht nur zum Abzählen verwendet werden, sondern auch zum Stapeln und Legen von Mustern. Außer einem flexiblem Umgang mit Material sollte aber auch auf die Förderung der Flexibilität in Bezug auf Abläufe geachtet werden. Daher gilt es, beim Umgang mit Plänen die Konfrontation mit unterschiedlichen Abläufen und Planänderungen gezielt als Unterrichtsinhalt zu berücksichtigen. Dieser P u n k t wird später noch ausführlicher behandelt. Ein vierter Aspekt in Bezug auf die Inhalte der Förderung betrifft die gezielte Anbahnung und Entwicklung selbstständiger Beschäftigung. Die Schwierigkeiten, Initiative zu ergreifen und Aktivitäten zu organisieren erweisen sich besonders dann als problematisch, wenn es um die eigenständige Gestaltung von Freizeit geht. Freie, unstrukturierte Zeiten — also Pausen! - sind für Menschen mit Autismus häufig um vieles anstrengender als die Teilnahme an für sie geplanten Aktivitäten oder das Ausführen vorgegebener Arbeiten. Da Pausen und Freizeit zum Leben dazu gehören, ist es um so wichtiger, den Betreffenden Strategien und Fähigkeiten zu vermitteln, wie sie mit freier Zeit umgehen können. Kompetenzen zur Pausenbewältigung und Freizeitgestaltung sollten daher grundsätzlich zu den Inhalten einer Förderung zählen.

Die im vorherigen Abschnitt dargestellten Besonderheiten des Lernverhaltens erklären, warum die üblichen pädagogischen Konzepte und Methoden bei Kindern mit Autismus häufig an ihre Grenzen stoßen. Für eine effektive Förderung gilt es daher, die Inhalte, die Art der Anforderungen, die Art der eingesetzten Verstärker (Belohnungen), die Form der Instruktion sowie die Gestaltung der (Lern-)Umwelt neu zu überdenken. Im Hinblick auf den G e g e n s t a n d d e r F ö r d e r u n g bedeutet dies nicht, dass Kinder mit Autismus grundsätzlich andere Inhalte in ihrem Förderplan benötigen. Vielmehr geht es darum, ein paar zusätzliche Aspekte zu beachten. Ein Punkt betrifft die Auswahl dessen, womit man sich in der Förderung beschäftigt. Mehr noch als bei anderen Kindern, die ihre Aufmerksamkeit leichter von etwas lösen und auf einen neuen (Unterrichts-)Gegenstand lichten können, gilt es bei Kindern mit Autismus, deren - oft sehr spezielle Interessen aufzugreifen und zum Thema zu machen. Das Prinzip besteht also darin, dort anzusetzen, worauf die Aufmerksamkeit des Betreffenden bereits gerichtet ist. Dies erleichtert den Zugang, da man die Förderung dann nicht mit schwierigen Anforderungen an die beeinträchtigte Aufmerksamkeitslenkung beginnt. Ein zweiter Punkt bei der inhaltlichen Förderplanung betrifft die Berücksichtigung der Generalisierungsschwierigkeiten. Allzu häufig entstehen Überforderungssituationen, weil die Übertragung von Fähigkeiten auf neue Situationen als selbstverständlich vorausgesetzt wird. Da Menschen mit Autismus ihre Fähigkeiten nicht ohne weiteres in neuen Situationen anwenden, muss dieser Schritt für sich genommen als Lernleistung erkannt und als solcher gezielt angebahnt werden. Daher muss das Anwenden einer Strategie in einem neuen Zusammenhang als eigenständiges Lernziel formuliert werden. Es bedeutet weiterhin, dass unterschiedliche - von der üblichen Routine abweichende - Situationen angeboten werden müssen, damit der Betreffenden seine Kompetenzen auch tatsächlich unter verschiedenen B e d i n g u n g e n sinnvoll einsetzen kann.

Welche A n f o r d e r u n g e n eine Aufgabe an den Betreffenden stellen darf, hängt selbstverständlich von den vorhandenen Fähigkeiten desjenigen ab, der die Tätigkeit durchführen soll. Dabei ist es oft eine Herausforderung, das Anforderungsprofil auf das meist sehr unausgeglichene Fähigkeitsprofil abzustimmen. Fertige Materialien und Spiele für bestimmte Altersgruppen können in der Regel nicht ohne weiteres eingesetzt werden, da diese ein relativ einheitliches Entwicklungsprofil voraussetzen (z.B. die typischen Fähigkeiten eines Vierjährigen). Um den jeweiligen Stärken und Schwächen des Kindes Rechnung zu tragen, muss man stattdessen sehr individuelle Aufgaben und Materialien gestalten. Auf jeden Fall sollte bedacht werden, welche

Neben der Generalisierung sollte auch der flexible Einsatz von Fähigkeiten bzw. der flexible Umgang mit Material stets ein fester Bestandteil der Förderung sein. Das heißt unter anderem, dass man bei der Einführung eines neuen

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das Verständnis durch visuelle Informationen zu u n t e r s t ü t z e n . Nach einer Aufforderung sollte dem Betreffenden dann auch genügend Zeit gelassen werden um zu reagieren. Während dieser Zeit sollten nach Möglichkeit nicht gleich weitere (verbale) Hilfen angeboten werden, da dies die Menge der zu verarbeitenden Informationen nur noch erhöht. Stattdessen können visuelle Erinnerungshilfen sowie Handlungs- und Orientierungspläne dazu beitragen, die Anforderungen der Situation zu erkennen und zu bewältigen. Die meist ausgeprägte Stärke in der visuellen Verarbeitung sollte unbedingt genutzt werden, um die Schwierigkeiten in der Verarbeitung sprachlicher Informationen zu überbrücken.

Anforderungen eine Aufgabe an das Gedächtnis und die Aufmerksamkeit stellt. Auch wenn ein Kind Muster, Bilder oder Karten nach gleichen Kriterien zuordnen kann, könnte ein Dominospiel dennoch schwierig sein, weil dabei immer zwei Anlegestellen zu berücksichtigen sind. Andererseits könnte beim Uno-Spiel eine Hürde darin liegen, dass man auf zwei Merkmale (Farbe und Zahl) zugleich achten muss. Der Grad der Komplexität einer Aufgabenstellung und/oder Handlung sollte ebenso berücksichtigt werden wie die Frage, ob zur Lösung eine subjektive Einschätzung oder die flexible Handhabung allgemeiner Richtlinien erforderlich ist. Meist ist es sinnvoll, erst eine Handlung abschließen zu lassen, bevor man einen weiteren Auftrag erteilt. Bei der Ausführung helfen oft genaue und für die jeweilige Situation konkret formulierte Regeln. Anstatt es zum Beispiel in das Ermessen des Betreffende zu stellen, wann eine Hose gewechselt oder wie viel Spülmittel ins Wasser getan werden muss, sollten klare Regeln und Vorgaben die Entscheidungssituation erleichtern.

Das Situations- und Aufgabenverständnis kann wirksam unterstützt werden, indem man klare S t r u k t u r e n und ü b e r s c h a u b a r e S i t u a t i o n e n schafft. Neben dem Einsatz vielfältiger visueller Strukturierungshilfen, wie sie später noch ausführlich dargestellt werden, ist es in diesem Zusammenhang jedoch ebenso wichtig, die Sprache klar, konkret und eindeutig zu halten und das Wesentliche zu betonen. Doppeldeutige Aussagen und ironische Bemerkungen führen nur zu Verwirrung. Besser ist es, genau zu benennen, was man von der Person erwartet. Die Aufforderung sollte dann auch konkret und positiv formuliert sein. Das heißt, man beschreibt das gewünschte Verhalten („Leg die Hände in den Schoß!") anstatt ein Verbot auszusprechen („Lass das Haare Ziehen!"). Bei der positiv formulierten Aufforderung liegt die Betonung auf dem, was man will („Schoß"); beim Verbot auf dem, was man nicht will („Haare Ziehen"). Zudem bleibt bei einem Verbot offen, was man anstelle des unerwünschten Verhaltens tun soll - so kann es leicht dazu kommen, dass ein u n e r w ü n s c h t e s Verhalten durch ein anderes ersetzt wird, a n s t a t t dass die gewünschte Reaktion erfolgt. Auch ungenaue Zeitbegriffe, die für ihr Verständnis ein Zeitgefühl voraussetzen, bieten meist keine Orientierung und sollten vermieden werden. Allzu häufig versuchen wir vergeblich, Zeiträume mit unklaren Begriffen zu definieren und erwarten, dass der andere etwas mit Angaben wie „gleich", „nicht mehr lange", „einen Augenblick", „nur ein paar Minuten" usw. anfangen kann und entsprechend reagiert. Außersprachlich exakten Angaben ist es auch hier sinnvoll visuelle Hilfen einzusetzen, um Zeitpunkte zu verdeutlichen, Wartezeiten in für den Betreffenden verständlicher Weise darzustellen und das Vergehen von Zeit konkret erfährbar zu machen.

Menschen mit Autismus haben oft ganz andere - a u s der Sicht ihrer Mitmenschen zum Teil schwer nachvollziehbare - Interessen. Was ihnen Spaß macht, mag für uns Außenstehende wenig anregend oder „sinnvoll" erscheinen. Dennoch sollten wir die Interessen von Menschen mit Autismus nicht abqualifizieren und den Fehler machen zu verlangen, dass sie an „normalen" Dingen Freude haben sollen. Wer h a t schon das Recht festzulegen, dass Musik hören ein „angemessenes" Hobby ist und das Lauschen auf Geräusche in der Heizung nicht?! Diese Erkenntnis hat Auswirkungen in Bezug auf die Verstärker, die als Arbeitsanreize eingesetzt werden, um die Motivation zu erhöhen, sich mit etwas Bestimmtem zu beschäftigen. Anstatt darauf zu setzen, dass Lob, Geld, Freizeit, soziales Prestige oder übliche Formen der Beschäftigung mit Material motivierende Wirkung haben, sollte man berücksichtigen, was dem Einzelnen wirklich etwas bedeutet und angenehm für ihn ist. Dabei gilt es, sich eine Offenheit auch für „bizarre" Interessen zu bewahren und diese zu respektieren. Auch hinsichtlich der Form der Instruktionen lassen sich Konsequenzen für eine effektive Förderung von Menschen mit Autismus ableiten. Zunächst einmal kann es sinnvoll sein, sich nicht auf sprachliche Vermittlung allein zu verlassen. Hilfreich ist es zudem oft, weniger zu reden und

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Eine klare Sprache kann auch die räumliche Orientierung unterstützen. Es ist daher wichtig, auf unmissverständliche Ortsangaben zu achten und räumliche Zusammenhänge eindeutig zu definieren. Aufforderungen, „da" zu warten, „in die Pause" zu gehen oder „bei mir" zu bleiben, haben oftmals nicht den gewünschten Erfolg, da sie nicht konkret sind und zum Teil eine eigene Einschätzung und Interpretation dessen erfordern, was der andere damit wohl meint.

sche Arbeit ableiten, dass auch hier eine klare Strukturierung forderlich ist. Es geht dabei im Wesentlichen um zwei Aspekte: Einerseits sollen beeinträchtigende und ablenkende Reize reduziert werden. Andererseits gilt es die Aspekte hervorzuheben, auf die es ankommt. Die Strukturierung von Raum und Material zählt zu den Methoden und S t r a t e g i e n des Structured Teaching, die im fünften Kapitel eingehend behandelt werden.

In Bezug auf die Gestaltung des Materials und der (Lern-)Umwelt lässt sich für die pädagogi-

Zusammenfassung: K o n s e q u e n z e n f ü r d i e p ä d a g o g i s c h e F ö r d e r u n g v o n M e n s c h e n mit A u t i s m u s > dort ansetzen, worauf die Aufmerksamkeit bereits gerichtet ist: die Spezialinteressen zum Ausgangspunkt der Förderung machen > gezielt an der Generalisierung von Fähigkeiten arbeiten > Flexibilitätstraining > Freizeitgestaltung und selbstständige Beschäftigung als „Unterrichtsfach" > individuelle Aufgabengestaltung unter Berücksichtigung des unebenen Fähigkeitsprofils > eine Aufgabe nach der anderen stellen > die Komplexität der geforderten Handlungen begrenzen > klare Regeln anwenden lassen anstatt Einschätzungen zu verlangen > auch ungewöhnliche Motivationshilfen einsetzen > konkrete und eindeutige Sprache benutzen > längere Reaktionszeiten berücksichtigen > Verständnis durch visuelle Informationen unterstützen > visuelle Erinnerungshilfen anbieten > klare Strukturierung der Lernsituation und des Alltags (Zeit, Raum, Material, Abläufe)

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Kapitel 4 Die „TEACCH-Methode": Strukturierung und Visualisierung in der Förderung von Menschen mit Autismus selt. In einer Fortbildung wurde ich einmal gefragt, ob man, wenn man nach TEACCH arbeite, denn mit den Kindern auch kreativ malen könne oder ob diese dann nur auf vorgegebene Weise mit Farben umgehen dürften. In einem anderen Seminar äußerte ein Teilnehmer die Befürchtung, dass eine stärkere S t r u k t u r i e r u n g seiner Arbeit bedeuten würde, dass er nur noch nach Plan funktionieren müsse und er in einer akuten Situation nichts mehr „aus dem Bauch heraus" entscheiden dürfe. Außerdem kommt oft der Einwand, dass man nicht alles vorhersehen könne. So käme es zu Enttäuschungen, wenn man zuvor den Plan bekannt gegeben hätte und dann doch umdisponieren müsse. Auf meine Frage, was die Folge wäre, wenn es überhaupt keine Strukturen gäbe, kommt (unter anderem) oft die Antwort: „Totale Freiheit!" - Aus solchen Bemerkungen wird deutlich, wie die Begriffe „Struktur" und „Strukturierung" häufig missverstanden und daher negativ besetzt werden. Aus ihnen spricht das Vorurteil, Struktur sei gleichbedeutend mit Starrheit und Strukturierung bedeute Einengung. Dabei ist es, wenn man es genau betrachtet, gerade das Gegenteil: Erst Strukt u r ermöglicht zielgerichtetes Handeln - und Strukturierung dient der Weiterentwicklung und fördert die Flexibilität!

Der TEACCH Ansatz ist pädagogisch orientiert - im Vordergrund der Intervention steht nicht die Behandlung einer Störung, sondern die Unterstützung des Menschen mit Autismus beim Lernen. Entsprechend geht es beim Structured Teaching" (strukturierten Unterrichten) um das Erschließen von Bedeutungen, das Eröffnen von Zusammenhängen und die Vermittlung von Fähigkeiten, um in der Welt zurecht zu kommen. Die „TEACCH-Methode" bezieht sich daher auf Strategien und Techniken, die es dem Betreffenden ermöglichen, mit seinen Fähigkeiten und Möglichkeiten Informationen aufzunehmen, zu verarbeiten und für die Bewältigung der jeweiligen Situation nutzbar zu machen. Die räumliche und zeitliche Strukturierung der Lernsituation, die Gestaltung des angebotenen Materials sowie die Entwicklung visueller Hinweise und Verstehenshilfen stellen neben inhaltlichen Überlegungen einen wesentlichen Aspekt bei der Förderung dar. Dabei beschränkt sich die Förderung nicht auf isolierte „Förderstunden", sondern es wird möglichst der gesamte Alltag so gestaltet, dass die Betreffenden Orientierung und Hilfen zum (Situations-(Verständnis erhalten. Im TEACCH Programm wurden viele Ideen entwickelt, wie man die Prinzipien der Strukturierung und Visualisierung in der pädagogisch-therapeutischen Praxis und auch im Alltag der Betroffenen sinnvoll und effektiv anwenden kann. Bevor es jedoch um konkrete Strategien und Beispiele geht, sollten einige grundlegende Dinge in Bezug auf die „TEACCH-Methode" zur Sprache kommen.

Jeder Mensch ist verunsichert, wenn er in eine Situation kommt, in der er nicht weiß, nach welchen Regeln gespielt wird. Auch wer Überraschungen mag und sich gern mal auf eine F a h r t ins Blaue einlässt, ist überfordert, wenn das Leben völlig unvorhersehbar und unberechenbar wäre. So ähnlich muss es jedoch vielen Menschen mit Autismus vorkommen, wenn man ihnen Informationen über zukünftige Ereignisse vorenthält, sei es, um ihnen mögliche Enttäuschungen zu ersparen oder auch, um sich als Betreuer selbst die Freiheit für ganz spontane Aktionen zu erhalten. Spontaneität ist aber oftmals das Bedürfnis des Betreuers - nicht der ihm anvertrauten Personen! Dies soll nicht heißen, dass im Rahmen des TEACCH Ansatzes keine spontanen Aktivitäten möglich wären und alles bis ins Kleinste vorausgeplant sein müsste. Worauf es

Grundlegendes zu „Strukturierung" im Rahmen des TEACCH Ansatzes Immer wieder geschieht es, dass Pädagogen und Mitarbeiter in Einrichtungen der Forderung nach Strukturierung mit großer Skepsis begegnen, da sie befürchten, dass sie Phantasie einengt, Spontaneität beschneidet, Kreativität tötet. Strukturierung wird oft mit Reglementierung verwech43

von Sicherheit und KomStrukturierung petenz. Sie dient auch fördert Sicherheit dazu, den betreffenden und Kompetenz Menschen selbstständiger, flexibler und in seinem V e r h a l t e n a n p a s sungsfähiger und somit offener für neue Erfahrungen zu machen. Denn je besser jemand versteht, was passiert, desto eher wird er bereit sein, Strukturierung sich auf Neues einzulasfördert sen und desto besser Flexibilität kann er seine Reaktionen auf die Situation abstimmen.

ankommt, ist vielmehr, eine grundlegende Orientierung und Sicherheit zu bieten - Planänderungen und überraschend eintretende Ereignisse kann man dann bei Bedarf immer noch entsprechend kenntlich machen und erklären. Was also ist Struktur? Ganz allgemein bezeichnet. dieser Begriff ein Bezugssystem oder Ordnungsschema, das einem Gebilde zugrunde liegt. Struktur kennzeichnet, wie etwas aufgebaut ist. Sie definiert, was aufgrund von räumlichen, zeitlichen oder inhaltlichen Aspekten in welcher Weise zusammengehört. Indem sie feste Bezugspunkte und einen verlässlichen Rahmen bietet, ermöglicht sie Orientierung. Aufgrund der Regeln, die sie vorgibt, werden Zuordnungen, Gesetzmäßigkeiten und die Beziehungen einzelner Teile zum Ganzen erkennbar. Damit erst schafft Struktur die Voraussetzung dafür, Zusammenhänge zu verstehen, Erwartungen zu entwickeln und daraufhin gezielt und planvoll zu handeln.

Strukturierung in der pädagogischen Arbeit ist keineswegs nur für Menschen mit Autismus sinnvoll oder speziell für diese Personengruppe erfunden worden. Da Menschen mit Autismus jedoch besondere Schwierigkeiten in der Informationsverarbeitung und der Organisationsfähigkeit haben, sind sie darauf angewiesen, dass man ihnen in größerem Maß Hilfen zur Strukturierung anbietet. Dietmar Zöller, ein junger Mann mit Autismus, formulierte diesen Sachverhalt so: „Es war bis etwa zum dritten Lebensjahr schwer, mit den Augen etwas differenziert wahrzunehmen, weil es nicht gelang, eine Ordnung herzustellen. Ich habe das als chaotische Eindrücke bezeichnet, in die dann allmählich durch eine strukturierte Förderung Ordnung kam. Es war ein Prozeß, der gar nicht einmal so lange gedauert hat. Ich konnte bald viel lernen und auch behalten." (Zöller, 1995, S. 11).

S t r u k t u r i e r u n g bedeutet, ein bestehendes Bezugssystem oder Ordnungsschema anzuwenden oder ein neues, für die Situation geeignetes System zu entwickeln. Dabei kommt es darauf an, die Regeln und Zusammenhänge möglichst klar und eindeutig zu definieren. Strukturierung ist ein ganz normaler Prozess. Bereits um das Überleben und die Handlungsfähigkeit eines Organismus zu sichern, muss das Gehirn die Informationen, die es erhält, strukturieren. Es muss nicht nur Wichtiges und Unwichtiges unterscheiden oder Neues und Bekanntes. Um sich weiter zu entwickeln, neue Erkenntnisse zu gewinnen und neue Handlungsmöglichkeiten zu erwerben, müssen die Informationen miteinander verknüpft und mit bereits gespeicherten in Verbindung gesetzt werden. J e d e r Mensch braucht Struktur und profitiert somit von Strukturierung, da sie die Verarbeitung von Informationen erleichtert.

Unter diesem Gesichtspunkt besteht das Vorgehen nach dem TEACCH Ansatz in einer speziellen, an die Besonderheiten des Autismus angepassten Pädagogik. Degner (2003) prägte hierfür den Begriff der „Bedeutungsvollmachung", mit dem er das praktische Vorgehen charakterisiert. Auch wenn diese Wortschöpfung vielleicht erst einmal gewöhnungsbedürftig ist, so trifft sie doch wesentliche Merkmale des pädagogischen Handelns: Degners Begriff verweist sowohl auf die anschaulich machende Vorgehensweise (etwas wird deutlich gemacht), als auch auf das Ziel (etwas soll eine Bedeutung bekommen).

In der p ä d a g o g i s c h e n Arbeit ist es Ziel der Strukturierung, das Verstehen zu fördern und Missverständnisse zu vermeiden. Strukturierung ist eine Technik zum VerStrukturierung ist mitteln von Bedeutung. eine Technik zum Durch sie wird die AufVermitteln von m e r k s a m k e i t auf d a s Bedeutung Wesentliche gerichtet. Zeitliche und räumliche Zusammenhänge werden begreiflich, komplexe Situationen durchschaubar, Erwartungen verständlichgemacht. Indem Strukturierung Orientierung ermöglicht und die Bewältigung von Anforderungen erleichtert, fördert sie das Gefühl

Der Grad der Strukturierung einer Situation oder eines Sachverhalts kann sehr unterschiedlich sein. Es gibt für die Gestaltung von pädagogischen oder auch Alltagssituationen keine feste Regeln, denn nicht jeder braucht dasselbe Ausmaß an Struktur. Dieses sollte sich jeweils nach den Fähigkeiten des Einzelnen richten, sich 44

selbst zu organisieren: J e größer die eigenen Schwierigkeiten sind, etwas zu strukturieren, desto mehr Hilfe und Struktur muss von außen kommen. Dabei ist es wichtig, wirklich von den Bedürfnissen des Betreffenden auszugehen und Grad der Strukturiedie Angemessenheit in rung individuell Bezug auf die Stärke der anpassen Strukturierung nicht am eigenen Empfinden zu messen. Allzu häufig werden den Betroffenen hilfreiche strukturierende Maßnahmen verweigert, weil sie den Betreuenden zu einengend erscheinen!

im Alltag zu verankern und sie nicht nur auf einzelne Förderstunden zu beschränken. Das letztendliche Ziel besteht schließlich darin, den Betreffenden in die Lage zu versetzen, seinen Alltag möglichst selbstständig zu bewältigen. Strukturierung spielt dabei eine wichtige Rolle, denn mit ihrer Hilfe kann die Abhängigkeit von Betreuungspersonen verringert und die Eigenständigkeit erhöht werden. Dieses Ziel gilt es im Auge zu behalten. Stets muss man sich fragen, warum Strukturierung ist und wozu bestimmte Hilniemals fen eingesetzt werden. Selbstzweck S t r u k t u r i e r u n g ist niemals Selbstzweck, sondern beabsichtigt immer eine Vermittlung von Informationen, die für die Situationsbewältigung relevant sind.

Wie solche strukturierenden Maßnahmen oder „Strukturierungshilfen" aussehen können, ist ungemein vielfältig. Grundsätzlich handelt es sich dabei um Systeme zur Unterstützung bei der Organisation der Wahrnehmung und des HanJeder verwendet delns. StrukturierungsStrukturierungshilfen an sich sind auch hilfen nichts Außergewöhnliches oder gar Therapeutisches. Im Gegenteil: sie sind ganz alltäglich! Wir alle verwenden solche Hilfen - denken wir nur an Dienstpläne, T e r m i n k a l e n d e r und Uhren, Straßenmarkierungen und Hinweisschilder, Aufgabenlisten und Merkzettel, Bauanleitungen oder auch Routinen. Der Nutzen solcher Strukturierungshilfen ist vielfältig: Unter anderem dienen sie als Gedächtnisstützen, helfen bei Entscheidungen, geben Orientierung, fördern effizientes und erfolgreiches Handeln, vereinfachen komplexe Sachverhalte, verhindern Uberforderung und begünstigen den Aufbau von Motivation.

Allein mit der Entwicklung von Strukturen ist es jedoch nicht getan. Denn Struktur ist nicht immer offensichtlich. Es gibt heimliche Strukturen, unausgesprochene Regeln, Zusammenhänge, die nicht allen Beteiligten bekannt sind. Es kommt daher ganz wesentlich darauf an, die Regeln und Strukturen auch denen zu vermitteln, für die sie gelten! So wurde zum Beispiel ein Bewohner in einer Wohngruppe von der neuen ReStruktur muss gelung überrascht, dass nachvollziehbar er nicht m e h r als drei sein T a s s e n Kaffee bekommen sollte. Als ihm die vierte verweigert wurde, warf er vor Wut den Tisch um. Das Problem war deutlich: Alle im Team hatten sich geeinigt und wussten von der neuen Regel - nur die Person, die es betraf, hatte keine Ahnung! Mit Hilfe eines visuellen Systems konnte ihm die Begrenzung der Trinkmenge vermittelt werden, so dass er vorhersehen konnte, wann er eine Absage erhalten würde: An seinem Platz befand sich ein Plan mit drei Bildern von Tassen. Mit jeder Tasse Kaffee, die er bekam, wurde ein Bild vom Plan entfernt. Nach der dritten Tasse konnte er keine Bilder mehr gegen Kaffee eintauschen - und bekam auch nichts mehr.

Die Strukturierungshilfen, die in der Förderung von Menschen mit Autismus eingesetzt werden, sind oft sehr ähnlicher Art und erfüllen dieselben Funktionen. Nur sehen sie zum Teil ganz anders aus, denn die Form muss individuell gestaltet und auf den Einzelnen und seine jeweilige Situation angepasst werden. Das heißt, es gilt solche Strukturierungshilfen zu entwickeln, die der Betreffende versteht und die er für seine Verhaltensorganisation dann auch sinnvoll nutzen kann.

An diesem Beispiel wird deutlich, wie Strukturierung funktionieren sollte: Es gilt, die Situation durchschaubar und die Regeln nachvollziehbar zu machen, so dass Missverständnisse möglichst ausgeräumt werden. Das Verständnis dessen, was einen erwartet bzw. welche Erwartungen an einen gestellt werden, kann präventiv wirken und Verhaltensprobleme im Vorfeld umschiffen. Auch wenn der Betreffende nicht die

Strukturierung unterstützt das Lernen und Verstehen und ermöglicht somit oftmals erst die Entwicklung neuer Fähigkeiten. Aber auch der Einsatz bereits vorhandener Kompetenzen kann durch entsprechend gestaltete Bedingungen gefördert werden. Daher gilt es, die Maßnahmen 45

Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass visuelle Informationen weniger „soziales Know-How" erfordern. Das bedeutet, dass zu ihrem Verständnis keine weiteren Hinweise aus der (sozialen) Situation entnommen werden müssen und keine Interpretation von Tonfall, Mimik und Körperhaltung notwendig ist. Visuelle Hinweise sind konkret und direkt. Schließlich kann man sich anhand von visuellen Hinweisen unabhängig von anderen Personen informieren. Mit Hilfe eines Kochrezeptes ist es zum Beispiel (in der Regel) möglich, ein annehmbares Gericht zuzubereiten, auch wenn kein Koch in der Nähe ist, der einem die entsprechenden Anweisungen gibt. Die Fähigkeit, visuelle Informationen zu beachten und zu nutzen, bildet daher einen wichtigen Aspekt für die Entwicklung und Förderung der Eigenständigkeit. Dies gilt unabhängig davon, ob die betreffende Person grundsätzlich in der Lage ist, auch sprachliche Hinweise zu verstehen und umzusetzen. Schließlich geht es nicht in erster Linie darum, dass der Betreffende auf die Aufforderungen der Betreuungspersonen reagiert, sondern darum, dass er sein Handeln möglichst selbstständig organisieren kann.

Begründung für die Regel nachvollziehen kann, so ist ihm dennoch damit geholfen, dass er sie überhaupt kennt. Denn nur, wenn man die Regeln transparent macht, kann man vom Anderen überhaupt verlangen, dass dieser sich daran orientiert und danach richtet!

Der Aspekt der visuellen Informationsvermittlung im TEACCH Ansatz Ob es sich um allgemeine, bereits bestehende Strukturen handelt oder um spezielle Regeln und Orientierungspunkte - es gilt individuell geeignete Wege zu finden, diese den Personen zu vermitteln, für die sie relevant sind. Aufgrund der Art, wie Menschen mit Autismus Informationen verarbeiten, bietet sich der Einsatz visueller Hilfen und Hinweise an. Im Rahmen des TEACCH Ansatzes werden daher Methoden der Visualisierung intensiv genutzt. Die Vermittlung von Informationen über den visuellen Kanal ist in vieler Hinsicht von Vorteil. So handelt es sich um Reize, die Menschen mit Autismus in der Regel leichter und effektiver verarbeiten. In der Regel können sie visuelle Eindrücke besser speichern und auch wieder abrufen. Da visuelle Informationen beständig sind, kann man sich auch mehr Zeit für deren Verarbeitung lassen und zudem bei Bedarf immer wieder auf sie zurückkommen. Somit bieten sie eine Gedächtnisstütze und Sicherheit, welche sich positiv auf die Handlungsfähigkeit auswirken. In Studien hat sich gezeigt, dass Personen mit Autismus visuelle Signale effektiv für ihre Verhaltensorganisation nutzen können. Im Kapitel über die Besonderheiten der Wahrnehmungsverarbeitung wurde bereits daraufhingewiesen, dass manche Betroffene auf auditive Reize nicht reagieren, obwohl sie diese hören und das Ohr an sich intakt ist. Insbesondere bei der Reaktion auf sprachliche Signale scheinen Probleme aufzutreten. Wenn jedoch die Vermittlung von Informationen nicht über das Gehör erfolgen kann, muss eine Alternative gefunden werden: In diesem Fall bietet sich der visuelle Kanal an. Dass dabei nach Möglichkeit alle wichtigen Informationen auch in derselben Modalität - nämlich visuell — vermittelt werden, kommt auch den Personen zugute, die Schwierigkeiten mit dem Aufmerksamkeitswechsel haben und Reize aus unterschiedlichen Sinnesbereichen n u r unzureichend parallel verarbeiten und koordinieren können.

Vorteile visueller Informationen > können von Menschen mit Autismus in der Regel besser verarbeitet werden > können oft leichter in Handlung umgesetzt werden > Beständigkeit erlaubt eine längere Verarbeitungszeit •'»- Beständigkeit gibt Sicherheit > Beständigkeit überbrückt Gedächtnisprobleme > A l t e r n a t i v e , wenn Sprache nicht ankommt > Konzentration auf einen Sinneskanal umgeht Aufmerksamkeitswechsel > Verständnis auch ohne Interpretation (begleitender) sozialer Signale möglich > Zugänglichkeit unabhängig von anderen Personen fördert die Selbstständigkeit Eine Frage, die im Zusammenhang mit dem Einsatz visueller Hinweise oft gestellt wird, bezieht sich darauf, inwieweit bei TEACCH auch die 46

spiel eine Unterstützung zur zeitlichen Orientierung für jemanden mit einer geistigen Behinderung anders aus als für jemanden ohne intellektuelle Beeinträchtigung. Hier darf nicht vergessen werden, dass das Prinzip der Individualisierung die Arbeit prägt! Unabhängig von der Form der S t r u k t u r i e r u n g s h i l f e n bleibt aber deren Funktion, nämlich die Vermittlung von Informationen, dieselbe. In welchem U m f a n g d a s V e r s t ä n d n i s durch Strukturierung gefördert werden kann, hängt natürlich auch von den kognitiven Fähigkeiten des Einzelnen ab. Theoretisch lassen sich sehr viele Zusammenhänge verdeutlichen und man kann vieles strukturieren - deshalb ist das aber noch lange nicht in jedem Fall sinnvoll. Die Frage ist immer, welche Informationen eine Person tatsächlich braucht und auch erfassen kann. Die vielfältigen Möglichkeiten, die der TEACCH Ansatz zu bieten hat, werden sich nicht in jedem Fall ausschöpfen lassen. J e geringer die kognitiven Fähigkeiten des Betreffenden, desto weniger Elemente kann man aus einem kognitiven Ansatz in die Förderung einbringen. Schließlich geht es beim TEACCH Ansatz auch ganz wesentlich darum, durch Strukturierungshilfen nicht nur ein besseres Verständnis, sondern in Folge zudem ein selbstständigeres Handeln zu ermöglichen. Dies setzt eine generelle Fähigkeit zu gezieltem und selbstständigem Handeln voraus. Es versteht sich daher von selbst, dass dieser Aspekt des TEACCH Ansatzes nur für Personen Anwendung finden kann, die entsprechende motorische Grundfähigkeiten besitzen.

Sprache eine Rolle spielt. Eine Seminarteilnehmern! brachte das auf den Punkt: „Sind .verbal' und ;TEACCH' zwei Gegensätze?" Natürlich wird die Kommunikation nicht völlig auf den visuellen Kanal verlagert und Sprache ganz ausgeblendet. Verbale Kommunikation ist in unserer Gesellschaft die üblichste Kommunikationsform. Die Förderung der Sprachproduktion wie des Sprachverständnisses bildet daher einen zentralen Aspekt auch im TEACCH Ansatz. Allerdings werden in beiden Bereichen zudem alternative und unterstützende Strategien angeboten, um auch dort die Mitteilungsfähigkeit und das Verständnis zu fördern, wo der Betreffende auf rein sprachlicher Ebene an Grenzen stößt. Im Abschnitt über die pädagogischen Konsequenzen der Besonderheiten im Lernen und Verhalten wurde bereits darauf hingewiesen, dass es oft hilfreich ist, im täglichen Umgang eine konkrete und eindeutige Sprache zu benutzen. Zusätzliche visuelle Verständnishilfen können nach Bedarf eingesetzt werden. Manchmal ist es allerdings auch sinnvoll, sich auf einen Sinneskanal zu beschränken und auszuprobieren, wie der andere reagiert, wenn man z.B. nur verbale Anweisungen gibt oder wenn man schweigend nur visuelle Hinweise bereitstellt. Gerade in Erregungssituationen dringen visuelle Hinweise oft auch dann noch durch, wenn Sprache den Betreffenden nicht mehr erreicht. Dies hat sich in der Praxis auch für sprachlich sehr fähige Personen erwiesen.

Einsatzbereiche und Grenzen der Strukturierung

Auf dem Hintergrund dieser Überlegungen können wir festhalten dass sich einzelne Strategien und Elemente des TEACCH Ansatzes auch für Menschen mit einer sehr schweren Behinderung nutzen lassen. Seine Anwendbarkeit in der Förderung von schwerstmehrfachbehinderten Personen ist jedoch begrenzt.

Oft taucht die Frage auf, ob und inwieweit die „TEACCH-Methode" (Strukturierung und Visualisierung) für alle Menschen mit Autismus sinnvoll sei. Es sollte mittlerweile deutlich geworden sein, dass Strukturierung und Orientierung für jeden Menschen hilfreich und notwendig ist. In der Praxis hat sich gezeigt, dass die im TEACCH Ansatz entwickelten Strategien auch für Personen mit a n d e r e n B e h i n d e r u n g e n und ä h n l i c h e n Schwierigkeiten in der Kommunikation und kognitiven Verarbeitung effektiv einsetzbar sind. Es kann also jeder von diesen Hilfen profitieren - insbesondere aber Menschen mit Autismus! Während Strukturierung also generelle Anwendung findet, bestehen immer individuelle Unterschiede in Bezug auf die Form und Stärke der Struktur sowie bei der Gestaltung der Strukturierungshilfen. Selbstverständlich sieht zum Bei-

Eine Zielgruppe, für die es nicht einfach ist, den TEACCH Ansatz fruchtbar zu machen, sind blinde oder visuell beeinträchtigte Personen mit Autismus. Oft ist die Möglichkeit, die Fülle visueller Informationen in auditive oder taktile Reize zu übersetzen, sehr eingeschränkt. Auch lässt sich die Gestalt von großen Gegenständen n u r schwer durch Tasten erfassen. Zudem bieten sprachliche Informationen und Ertasten nur vorübergehende Sinneseindrücke, so dass höhere Anforderungen an das Gedächtnis gestellt werden. Dennoch gibt es Erfahrungen mit dem Einsatz von Structured Teaching bei visuell beein47

trächtigten Schülern und Ideen zur Umsetzung der Strategien auch bei diesem Personenkreis (z.B. Pawletko, 2001).

satzes eine Methodenvielfalt, so dass neben der Strukturierung auch andere Strategien zum Einsatz kommen. Nur in Kombination mit anderen Methoden kann eine umfassende und ganzheitliche Entwicklungsförderung gewährleistet werden.

Keineswegs alle Strategien zur Strukturierung, wie sie im TEACCH Ansatz entwickelt wurden, sind auf alle Personen anwendbar. Der TEACCH Ansatz bietet eine Fülle von Ideen, die jedoch nicht zwangsläufig zum Einsatz kommen müssen. Aufkeinen Fall sollten zusätzliche Strukturierungshilfen eingesetzt werden, wenn der Betreffende bereits die Fähigkeit besitzt, sein Verhalten selbst zu organisieren und die Situation ohne weitere Hilfen zu bewältigen. So gesehen wäre es ein Rückschritt, wenn man einem Schüler, der sich im Rahmen der Freiarbeit sein Arbeitspensum selbst einteilen kann, einen Aufgabenplan vorlegt, der ihm genau vorgibt, wann er was zu tun hat. - Soll cler Schüler jedoch lernen, sich an einen Aufgabenplan mit vorgegebener Reihenfolge zu halten, weil diese Fähigkeit z.B. am späteren Arbeitsplatz erforderlich ist, so kann das auf diesem Hintergrund dagegen dennoch ein inhaltlich begründetes und sinnvolles Förderziel sein.

Allgemeine Hinweise für die praktische Umsetzung Die konkreten Ideen zur Strukturierung, wie sie im folgenden Kapitel beschrieben werden, erscheinen oft simpel und einfach umzusetzen. Dennoch ist die Praxis des Structured Teaching sehr anspruchsvoll. Denn es gibt, wie gesagt, Es gibt keine keine Rezepte und auch Rezepte und fertigen keine Formeln, nach deLösungen! nen man Strukturierungshilfen entwickeln könnte. Grundlage der Arbeit ist immer eine umfassende Diagnostik und V e r h a l t e n s a n a l y s e , denn die Hilfen sind Antworten auf Probleme, die es erst einmal zu erkennen gilt. Weiterhin ist den jeweiligen Besonderheiten der Person und der Situation Rechnung zu tragen, was zu sehr individuellen Lösungen führt. Oft ist die erste Idee nicht die Richtige, was keineswegs bedeutet, dass der ganze Ansatz nichts taugt. Vielleicht hat man das Problem nicht korrekt erkannt oder aber die entwickelte Hilfestellung ist nicht passend. Vielleicht wurde ungeeignetes Material gewählt, es nicht übersichtlich genug gestaltet oder man h a t keinen Anreiz eingebaut, der den Betreffenden dazu motiviert, sich auf die Hilfe einzulassen. Häufig muss man mehrere Lösungen ausprobieren, andererseits aber lange genug bei einer Variante bleiben um einschätzen zu können, ob die Richtung stimmt bzw. wo die Schwierigkeiten liegen. Wie lange man etwas ausprobieren und wann man das Format wechseln sollte, dafür gibt es ebenfalls keine Regeln oder Richtlinien - auch wenn oft danach verlangt wird. Es kommt immer ganz auf die Situation und das Lerntempo des Betreffenden an. Bei diesen Einschätzungen ist die Kompetenz des jeweiligen Pädagogen gefragt.

Das Prinzip der Strukturierung und visuellen Unterstützung lässt sich in jedem Lebens- und Lernbereich anwenden. Die inhaltliche Ausgestaltung wird sich natürlich unterscheiden, je nachdem, ob es sich um die Gestaltung von Einzel- oder Gruppensituationen handelt, um Unterricht, Freizeit, Arbeit oder Therapie. Strukturierungshilfen können drinnen oder auch draußen eingesetzt werden und sind auf keine Altersgruppe beschränkt. Doch auch wenn Erwachsene d u r c h a u s in der Lage sind, den U m g a n g mit strukturierenden Hilfen zu erlernen, so ist es natürlich auf der Basis ihres langjährigen Lernund Erfahrungshintergrundes und ihrer bereits gefestigten Verhaltensmuster oftmals schwerer als bei Kindern, ihnen diesen Zugang zu ermöglichen. In vielen Fällen lässt sich dennoch auch im Erwachsenenalter eine positive Veränderung durch den Einsatz strukturierender Maßnahmen feststellen. Abschließend gilt es nochmals deutlich zu sagen, dass S t r u k t u r i e r u n g nicht die Lösung für alle Probleme darstellt (und auch gar nicht diesen Anspruch erhebt)! Sie ist ein gutes Instrument, das aber auch nur für bestimmte Problemstellungen geeignet ist. Durch Strukturierung lassen sich zum Beispiel Ängste abbauen, die auf Verunsicherung und Desorientierung beruhen, nicht aber A n g s t s t ö r u n g e n behandeln. Nicht umsonst besteht im Rahmen des TEACCH An-

Gar nicht so einfach ist es auch, das richtige Maß an Strukturierung zu finden - nicht zuviel und nicht zu wenig. Die einmal entwickelten Hilfen müssen zudem regelmäßig auf ihre Angemessenheit überprüft und gegebenenfalls verändert werden. Oft beginnt man mit starker Strukturierung in einem pädagogischen Lernumfeld und b a u t 48

gilt weiterhin als oberstes Kriterium, ob die betreffende Person die Bedeutung der Hilfe nachvollziehen und möglichst selbstständig mit ihr umgehen kann. Die wenigsten s t r u k t u r i e r e n d e n M a ß n a h m e n werden gänzlich wegfallen können, da sie schließlich die Orientierung bieten, die sich der Betreffende von selbst nicht oder n u r unter größten Mühen verschaffen kann. Das gilt keineswegs nur für Menschen mit Autismus! Beispielsweise wäre es denkbar, dass ich mit Hilfe eines intensiven Gedächtnistrainings erlernen könnte, meine Termine im Kopf zu behalten. Der dafür nötige Aufwand an Energie und Zeit wäre mir jedoch viel zu groß - lieber behalte ich meine Strukturierungshilfe und bleibe „abhängig" vom Terminkalender. (Ich stehe auch zu meiner Abhängigkeit von Telefonbüchern, Busfahrplänen, Nachschlagewerken, Merkzetteln und dergleichen...)

diese nach Möglichkeit später immer weiter ab bzw. gestaltet die Hilfen so, dass sie in die „echte" Welt mitgenommen werden können. Hierzu ist es wichtig, dass man bereits zu Beginn eine Vorstellung davon hat, wie die weitere Entwicklung der Hilfen aussehen könnte, wenn sie sich als erfolgreich erweisen. Zusätzlich gilt es zu üben, in der (natürlichen) Umwelt auf Hinweise zu achten und diese richtig zu interpretieren. Ob und wann eine Strukturierungshilfe reduziert werden kann, hängt wiederum vom Einzelfall ab. Keineswegs immer ist es möglich oder sinnvoll, die Hilfen wieder völlig abzubauen. Solange der Betreffende mit der Hilfe besser zurecht kommt als ohne sie, erfüllt sie ihren Sinn. Voraussetzung bleibt in diesem Zusammenhang, dass die Form der Hilfen für den Betreffenden verständlich und handhabbar ist: Während das ultimative Ziel in der Entwicklung von möglichst mobilen und „normal" aussehenden Strukturierungshilfen liegt,

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Kapitel 5 Konkrete Hilfen zum Verstehen und Handeln: Die Praxis des Structured Teaching durchzuführen ist (z.B. Hinweise zum Möhren schneiden). Die erste Art der Information bezieht sich auf den Zeitplan. Zeitpläne geben Auskunft darüber, wann etwas passieren wird. Die zweite Art der Information bezieht sich auf eine Reihenfolge von Aufgaben oder Arbeitsaufträgen. Aufg a b e n p l ä n e sagen einem, was zu tun ist. Die dritte Art der Information schließlich betrifft die Instruktionen zur Durchführung einer Tätigkeit. Solche Instruktionspläne bieten Informationen darüber, wie man etwas tun soll. Die den unterschiedlichen Ebenen entsprechenden Pläne und Hinweise sollten nach Möglichkeit räumlich voneinander getrennt sein, um Verwirrung zu vermeiden und um jeweils dort die Informationen bereitzuhalten, wo sie benötigt werden.

Structured Teaching beinhaltet ein Vorgehen, bei dem individuell geeignete Maßnahmen ergriffen werden, damit eine Person eine Situation verstehen und angemessen darauf reagieren kann. Die dazu erforderliche S t r u k t u r i e r u n g erfolgt auf verschiedenen Ebenen und kann die unterschiedlichsten Formen annehmen - dennoch erfüllt sie immer dieselbe Funktion: sie u n t e r s t ü t z t das Verständnis und bietet Orientierung für das eigene Handeln. Der Einsatz strukturierender Hilfen ist d a n n sinnvoll, Strukturierung wenn bestimmte Aspekunterstützt das te einer Situation unverVerständnis und ständlich, Erwai'tungen bietet Orientierung nicht eindeutig, Regeln für das eigene unklar oder AnforderunHandeln gen zu hoch sind.

Grundsätzlich dienen alle Pläne dazu, zeitliche Abfolgen von E r e i g n i s s e n , A k t i v i t ä t e n oder Handlungsschritten anschaulich darzustellen und zu verdeutlichen. Durch sie werden Aktivitäten oder Ereignisse vorhersehbar und zeitliche Z u s a m m e n h ä n g e d u r c h s c h a u b a r . Dabei erfüllen sie mehrere Funktionen und können deshalb a u s verschiedenen G r ü n d e n sinnvoll eingesetzt werden (siehe Übersicht „Funktionen eines Plans", S. 52).

Maßnahmen der Strukturierung lassen sich auf zwei Grundbereiche anwenden: zum einen auf die Gestaltung der Umwelt und zum anderen auf die Gestaltung von Abläufen aller Art. S t r u k t u r i e r u n g d e r U m w e l t u m f a s s t alle Aspekte der räumlichen Anordnung und Zuordnung von Gegenständen und Personen sowie Hilfen zur Orientierung im materiellen Umfeld. Auch die Beschaffenheit des Materials spielt hierbei eine Rolle. Dies bezieht sich auf die Einrichtung und Ausgestaltung des Lebens- und Lernraumes ebenso wie auf die Strukturierung der in einzelnen Tätigkeiten zu verwendenden Materialien und Gegenstände. Abläufe beziehen sich auf zeitliche Aspekte, sowohl in der Koordination und Abfolge von Ereignissen, als auch in der Abfolge einzelner Handlungsschritte. Bei der Entwicklung von Strukturierungshilfen zur zeitlichen Organisation sollte man unbedingt darauf achten, die verschiedenen Ebenen zu unterscheiden und auch klar voneinander zu trennen. Ansonsten werden die Pläne schnell zu komplex und zu unübersichtlich. Es ist ein Unterschied, ob jemand darüber informiert wird, welche Aktivität als nächstes kommt (z.B. „Kochen"), welche konkrete Aufgaben er übernehmen soll (z.B. Möhren schneiden und Gurken schälen) oder in welchen Schritten eine Aufgabe

Die Strukturierung der Umwelt und die Strukturierung von Abläufen sind stets aufeinander bezogen und lassen sich nur gedanklich voneinander trennen. So wird die räumliche Gestaltung davon abhängen, wann welche Aktivitäten in den Räumen stattfinden. Und bei der Gestaltung von Plänen geht es auch um die Fragen, wo sich der Plan befinden soll und aus welchem Material er h e r g e s t e l l t wird. Schließlich b e i n h a l t e t die Durchführung einer Tätigkeit auch immer den Umgang mit Gegenständen ebenso wie eine Abfolge von Handlungsschritten. Für die praktische Arbeit benennt der TEACCH Ansatz daher fünf Bereiche, die bei der Strukturierung einer Situation berücksichtigt werden: (a) Raum, (b) Zeit/ Abfolge von Ereignissen, (c) Arbeitsorganisation/ Arbeitssystem, (d) Aufgaben und Tätigkeiten (Instruktionen und Material) und (e) Routinen. In der Praxis gilt es, strukturierende Maßnahmen

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Funktionen eines Plans • Pläne geben zeitliche Orientierung Pläne helfen zu erkennen, wo man sich innerhalb eines Zeitabschnitts oder Arbeitsablaufs gerade befindet. Man kann auch ablesen, wie lange es dauert, bis ein bestimmtes Ereignis eintritt oder ein bestimmter Handlungsschritt erfolgen muss. • Pläne bieten Sicherheit Durch einen Plan werden Ereignisse vorhersehbar. Auch wenn sich ein Plan mal ändern kann und somit keine absolute Gewissheit bietet, hilft er, sich auf zukünftige Ereignisse einzustellen. Die Zukunft besteht nicht mehr aus lauter Überraschungen, über die man keinerlei Kontrolle besitzt und mit denen man plötzlich konfrontiert wird. • P l ä n e m a c h e n flexibel Pläne lassen sich je nach Bedarf an unterschiedliche Situationen und Anforderungen anpassen. Da Pläne veränderbar sind, kann man auf Abweichungen vom üblichen Ablauf hinweisen und so auf neue Situationen vorbereiten. Wer gelernt hat, mit Plänen umzugehen, kann sich mit ihrer Hilfe auf verschiedene Situationen einstellen. • Pläne sind Gedächtnisstützen Personen, denen es schwer fällt, sich eine Abfolge von Aktivitäten oder Handlungsschritten zu merken, dienen Pläne als Erinnerungshilfe. Man kann immer wieder auf die Informationen zurückgreifen, wenn man nicht weiter weiß. • P l ä n e helfen, die A u f m e r k s a m k e i t zu b ü n d e l n Personen, die schnell abgelenkt sind, können durch den Umgang mit Plänen leichter einem Ablauf folgen. Dabei ist es wichtig den Plan so zu gestalten, dass man bei seiner Benutzung etwas aktiv mit dem Plan tun muss (z.B. nach Erledigung eines Schrittes ein Kästchen ankreuzen, eine Karte abnehmen oder eine Seite umschlagen). Durch die Handlung am Plan wird die Aufmerksamkeit nach jedem Schritt wieder auf den Plan gelenkt und damit auf den nächsten Schritt, der folgen soll. • P l ä n e u n t e r s t ü t z e n das Sprach- u n d S i t u a t i o n s v e r s t ä n d n i s Pläne geben visuelle Informationen. Personen, die rein sprachliche Erklärungen und Anleitungen nicht so gut verstehen, können mit Hilfe von Plänen oftmals dennoch erfolgreich handeln. • P l ä n e fördern die S e l b s t s t ä n d i g k e i t Indem Pläne die für die jeweilige Situation wichtigen Informationen enthalten, machen sie in wachsendem Maße von Anleitungen und Hinweisen anderer Personen unabhängig. Anhand von Plänen kann man sein eigenes Verhalten sinnvoll organisieren, indem man erkennt, wann die richtige Zeit ist, um bestimmte Dinge zu tun. • P l ä n e l a d e n zur M i t b e s t i m m u n g u n d K o m m u n i k a t i o n e i n Pläne können mit dem Betreffenden zusammen gestaltet werden und sollten nach Möglichkeit seine Wünsche und Vorlieben berücksichtigen. Da die Informationen auf dem Plan visuell dargestellt sind, können über diesen Weg der Kommunikation gerade auch nicht-sprechende Personen aktiv in die Planung einbezogen werden.

aus allen fünf Bereichen aufeinander abzustimmen und so miteinander zu verbinden, dass die

Fähigkeiten des Einzelnen optimal gefördert und gefordert werden. 52

Strukturierung des Raumes

Bereichs. Vorhänge bieten sich ebenfalls an - sie sind zwar nicht so massiv wie zum Beispiel Stellwände, dafür sind sie jedoch flexibler und können leichter nach Bedarf eingesetzt werden. Ebenfalls spürbar, jedoch eher mit symbolischem Charakter versehen ist eine Schnur, die entlang einer Grenzlinie gespannt ist oder - vor einer Tür befestigt - darauf hinweist, dass der Bereich hinter der Tür zur Zeit nicht betreten werden soll.

Die räumliche Strukturierung bezieht sich auf Maßnahmen, welche Zusammenhänge von Gegenständen, Personen und Aktivitäten mit den zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten bzw. mit bestimmten Plätzen verdeutlichen. Sie erleichtern die Orientierung in der physischen Umwelt. Informationen, die durch räumliche Strukturierung vermittelt werden, beantworten Fragen, die mit „Wo?" oder „Wohin?" beginnen. Sie geben Antworten auf folgende Grundfragen:

Neben den spürbaren Grenzen lassen sich auch viele rein visuelle Hinweise einsetzen, um räumliche Abtrennungen zu verdeutlichen. So kann ein Strich oder Klebestreifen auf dem Boden als Grenzlinie dienen, unterschiedliche Bereiche können durch verschiedene Bodenbeläge definiert werden, und auch die farbliche Ausgestaltung lässt sich für räumliche S t r u k t u r i e r u n g nutzbar machen. Voraussetzung für die Verwendung rein visueller Hinweise ist jedoch, dass die Personen, denen sie als Orientierungshilfen dienen, die Markierungen nicht nur wahrnehmen, sondern auch deren Bedeutung verstehen und sich in ihrem Handeln von ihnen leiten lassen.

Grundfragen der räumlichen Strukturierung a) in Bezug auf Personen (insbesondere die eigene): > Wo ist wer? / Wo bin ich? > Wo ist wessen Platz? / Wo soll ich mich aufhalten? > Wohin soll ich gehen? b) > > >

in Bezug auf Aktivitäten: Wo passiert was? Wo erwartet mich was? Wo wird was von mir erwartet? / Wo soll ich was tun?

c) in Bezug auf Gegenstände: > Wo befindet sich was? > Wo gehört was hin?

Um die Orientierung zu erleichtern, ist es zunächst einmal sinnvoll, den zur Verfügung stehenden Raum — ob es sich nun um ein Zimmer oder um eine ganze Etage handelt - in übersichtliche B e r e i c h e einzuteilen. Diese sollten klar voneinander abgegrenzt sein. Damit jemand zum Beispiel „in die Pause" gehen kann, muss er nicht nur wissen, wo der Pausenbereich sich befindet, sondern er muss auch erkennen können, wo dieser beginnt und wo er endet. Nur durch klare Begrenzungen erhalten viele Ortsangaben erst eine eindeutige Definition und erlauben es so festzustellen, ob und wann man sich am richtigen Ort aufhält. Die Möglichkeiten, solche Abgrenzungen zu gestalten, sind vielfältig. Regale und Raumteiler, Stellwände und Möbel lassen sich nutzen, um Nischen zu bilden und einzelne Bereiche abzuteilen. Solche offensichtlichen und körperlich s p ü r b a r e n Trennungslinien geben eine klare Rückmeldung hinsichtlich der Grenzen eines 53

Welche Bereiche konkret eingerichtet werden, hängt ganz davon ab, welche Inhalte und Ziele mit der pädagogischen Arbeit verfolgt werden und welche Bedürfnisse diejenigen haben, die den Raum nutzen. So kann ein Wartebereich oder „Wartestuhl" an der Tür für manche eine ausgesprochene Hilfe sein, während dies in anderen Gruppen unnötig ist. Es gibt jedoch einige Grundbereiche, die in einer am TEACCH Ansatz ausgerichteten Einrichtung zu finden sein sollten:

Typische Bereiche einer am TEACCH Ansatz orientierten Einrichtung •

Essbereich



Bereich für Gruppenaktivitäten (z.T. identisch mit dem Essbereich)



Bereich für Einzelförderung



Individuelle Arbeitsplätze/Plätze für individuelle strukturierte Beschäftigung



Pausenbereich



„Info-Center" (Platz für Pläne und allgemeine Hinweise)



Funktionsbereiche (für spezielle Aktivitäten, z.B. Malecke, Küche, Turnhalle, Computertisch)

ten Orten zu verdeutlichen: Schilder und Bilder markieren, wo sich welche Dinge im Schrank befinden; bunte Flächen im Regal zeigen an, wo die unterschiedlich farbigen Körbe ins Regal gestellt werden sollen; Umrisse an der Wand weisen darauf hin, an welcher Stelle welcher Abfalleimer steht; Klebepunkte auf dem Boden können helfen, Stühle in einem Stuhlkreis anzuordnen.

Die K e n n z e i c h n u n g der einzelnen Bereiche („Wo findet was statt?") kann auf ganz konkreter Ebene dadurch erfolgen, dass dort entsprechendes Material bereitgehalten wird. Somit erhalt der Betreffende durch die Ausstattung Hinweise auf die jeweilige Nutzung des Bereichs. Darüber hinaus können Schilder mit Schrift, Symbolen oder Bildern darüber informieren, um welchen Ort es sich handelt beziehungsweise welche Art von Aktivitäten dort s t a t t f i n d e n . Wie viele inhaltlich verschiedene Bereiche man einrichten kann, hängt ganz von den örtlichen Gegebenheiten ab. Oftmals muss ein Bereich für verschiedene Arten von Aktivitäten genutzt werden (z.B. derselbe Tisch für Gruppenunterricht und für das gemeinsame Essen). Um dennoch möglichst eindeutig zu vermitteln, um was es zum gegebenen Zeitpunkt an dem betreffenden Ort geht, kann es sinnvoll sein, an der räumlichen Ausstattung etwas so zu verändern, dass es Signalwirkung besitzt. Zum Beispiel könnten unterschiedlich farbige Tischdecken aufgelegt werden, je nachdem, um welche Aktivität es sich handelt.

Neben festgelegten Plätzen und Bereichen gibt es jedoch auch eine Reihe von Ortsbezeichnungen, die sich weniger leicht definieren lassen, da sich deren Bedeutung aus der jeweiligen Situation ergibt. Zu diesen gehört insbesondere der verbale Hinweis: „Da!". Aufforderungen wie: „Leg das da hin!" oder „Bleib da stehen!" sind keineswegs so eindeutig, wie wir das oft meinen. Auch hier bietet es sich an, den mit „da" bezeichneten Platz visuell zu markieren. Denkbar sind zum Beispiel eine Gummimatte auf der Küchenablage um deutlich zu machen, wo die Teller abgestellt werden sollen, oder ein Stück Papier auf dem Boden als Hinweis, wo der Betreffende stehen soll. Die Kennzeichnung von „Standpunkten" hat sich besonders bewährt, wenn es darum geht, mehrere Personen in einer bestimmten Weise anzuordnen - zum Beispiel bei der Aufstellung von Mitspielern in einem Team oder bei der Gruppierung f ü r ein Foto. Werden zusätzlich Fußabdrücke eingesetzt, lässt sich sogar die Standrichtung anzeigen!

Vielfach sind die Orte nicht nur durch einfache Schilder gekennzeichnet, sondern durch Markierungen oder Bezeichnungen auf Umschlägen oder Taschen. Denn recht häufig vergisst ein Kind, wohin es unterwegs ist; es läuft zielstrebig los und geht unterwegs dann doch „verloren". Zur Unterstützung bei der Überbrückung von Entfernungen und als Möglichkeit zur Selbstkontrolle, ob man das richtige Ziel erreicht hat, wird daher im TEACCH Ansatz oft die Strategie des „Eincheckens" genutzt. Dabei erhält das Kind als Erinnerungshilfe einen Hinweis auf den Zielort, den es mitnimmt und am Bestimmungsort in einem d a f ü r vorgesehenen passenden Behälter ablegt. Häufig besteht dieser Hinweis aus einer Karte, auf der dieselbe Abbildung oder dasselbe Symbol zu sehen ist, wie auf dem Umschlag am Zielort. Doch auch, wer nicht in der Lage ist, Farben, Symbole, Bilder oder Worte zuzuordnen, kann das Prinzip des Eincheckens nutzen: So trägt ein Kind sein Sitzkissen zum Stuhlkreis und checkt sich auf seinem Platz ein, indem es das Kissen auf den Stuhl legt und sich darauf setzt. Ein anderer findet den Weg zum Esstisch, indem er eine Tasse zum Tisch bringt und sie an seinem Platz auf die passende Untertasse stellt. Oder eine Rassel, die für Musiktherapie steht, kann zum Therapieraum mitgenommen und an der Tür in eine Schachtel gelegt werden.

Zu den Aspekten der räumlichen Strukturierung gehört auch die Berücksichtigung der sensorischen Anforderungen, die ein Raum oder Bereich stellt. Das heißt, man sollte die Lichtverhältnisse beachten, das Summen von elektronischen Geräten, den Geruch von Bödenbelägen oder Reflexionen auf glatten Oberflächen, um nur einige Beispiele zu nennen. Gegebenenfalls müssen bei der Raumgestaltung entsprechende Vorkehrungen getroffen werden, um den individuellen Bedürfnissen der sich dort aufhaltenden Personen gerecht zu werden (z.B. Platz am Fenster, Reizabschirmung, Abdunkeln einer grellen Lampe). Schließlich gilt es daraufhinzuweisen, dass sich räumliche Strukturierung keineswegs nur auf die Gestaltung von Innenräumen bezieht. Auch draußen - im Garten oder unterwegs - lassen sich Maßnahmen ergreifen, um die Orientierung zu fördern und räumliche Zusammenhänge zu verdeutlichen. Zum Beispiel können Beete mit Holzbalken eingefasst und durch Schilder (mit Taschen zum Einchecken) markiert werden. Durch Gymnastikringe lassen sich die Bereiche kenn-

Visuelle Hinweise werden auch eingesetzt, um die Zuordnung von Gegenständen zu bestimm54

zeichnen, in denen Unkraut gejätet werden soll. Weiterhin sind Standpunkte natürlich auch draußen einsetzbar. Und durch die Markierung von Orientierungspunkten lässt sich selbst auf einem größeren Gelände ein Spaziergang vorstrukturieren: So orientierte sich ein Mann während seines Spaziergangs auf einem größeren Gelände an bestimmten markierten Stellen (einem Baum, einer Parkbank, einem Lampenpfosten etc.) - er war mit einem Plan unterwegs und hakte der Reihe nach ab, wenn er an einem Orientierungspunkt vorbeikam.

bietet in diesem Sinne wesentlich mehr Orientierung als die bloße Aufforderung: „Komm mal mit!" Solche Pläne zur Orientierung über den Tagesablauf werden ganz individuell gestaltet. Dabei geht es nicht nur um die Frage, welches Material sich am besten eignet und ob der Plan stationär - also an einem bestimmten Ort befestigt oder als mobile Hilfe zum Mitnehmen gestaltet ist. Ganz entscheidend ist auch, wie umfangreich der Plan sein darf, d.h. wie viele Informationen auf einmal gegeben werden. Manche Personen können nur eine Information zu einer Zeit verarbeiten und haben das Konzept von „Erst Dann" noch nicht entwickelt. Andere sind in der Lage, eine Abfolge von zwei Ereignissen zu überblicken, und wieder andere können sich anhand von Plänen über die Reihenfolge mehrerer Ereignisse informieren. So hängt es ganz von der jeweiligen Person ab, ob immer nur ein Hinweis auf die unmittelbar folgende Aktivität sichtbar ist oder ob es sich um längere und komplexere Pläne handelt, die einen Überblick über den Ablauf des Vormittags oder gar des gesamten Tages bieten.

Strukturierung von Zeit und Tagesablauf Mangelnde zeitliche Orientierung f ü h r t zu Unsicherheiten sowohl hinsichtlich der Abfolge, als auch bezüglich der Dauer von Ereignissen und Aktivitäten. Viele Menschen mit Autismus haben ein starkes Bedürfnis danach zu erfahren, was passieren und wann etwas eintreten wird. Oftmals sind die Antworten, die sie erhalten, nicht befriedigend, denn Personen, die kein Zeitgefühl entwickelt haben, können mit Begriffen wie „gleich", „später" oder „noch ein bisschen länger" wenig anfangen. Selbst wenn jemand in der Lage ist, auf b e s t i m m t e F r a g e n (z.B. „Wann fährst du nach Hause?") mit bestimmten Zeitbegriffen („Freitag!") zu antworten, heißt das noch lange nicht, dass er auch wirklich ein Verständnis von Zeit entwickelt hat. Maßnahmen zur zeitlichen Strukturierung beantworten daher folgende Grundfragen in oft sehr konkreter Form:

Zu den Zeitplänen zählen auch Pläne, die sich nicht direkt auf den Tagesablauf beziehen, sondern zum Beispiel auf besondere Ereignisse innerhalb einer Woche oder eines Monats hinweisen. So gibt es die Möglichkeit, jemanden darüber zu informieren, wann ein Arztbesuch oder Frisörtermin ansteht, wann ein Besuch bei den Eltern geplant ist, an welchem Tag es Taschengeld gibt oder wann es wieder zum Reiten geht. Solche Ereignispläne werden in der Regel vom direkten Tagesplan getrennt, um Übersichtlichkeit zu wahren. Sie sind natürlich nur für Personen geeignet, die ein zeitliches Konzept von Tagen haben (was nicht bedeutet, dass sie die Wochentage kennen müssen!).

Grundfragen der zeitlichen Strukturierung a) in Bezug auf die Abfolge von Ereignissen: > Wann passiert was? > Wann soll ich was tun?

Ein weiterer Aspekt bei Zeitplänen bezieht sich auf das Abstraktionsniveau, also auf die Art, wie die Informationen dargestellt werden. Die aller konkreteste Ebene, die man hierfür wählen kann, ist das „funktionale Objekt". Das bedeutet, man benutzt einen Gegenstand, der direkt in der nächsten Aktivität verwendet wird, um auf eben diese Aktivität hinzuweisen. So erhält jemand zum Beispiel eine Toilettenrolle als Hinweis darauf, dass er zur Toilette gehen soll; ein Teller verweist auf das Mittagessen und ein Becher auf die Trinkpause. Wesentlich ist hierbei, dass der Gegenstand tatsächlich benutzt wird - also von dem Teller wii*d gegessen und aus dem Becher wird

b) in Bezug auf die Zeitdauer: > Wie lange dauert das?

Das wesentliche Instrument zur Vermittlung von Informationen über eine Abfolge von Ereignissen oder Aktivitäten sind Pläne. Anhand von individuellen Tages- oder Zeitplänen erhalten die Betreffenden konkrete visuelle Hinweise darauf, was im Verlaufeines bestimmten Zeitabschnitts auf sie zu kommt. Bereits ein Gegenstand, der auf die unmittelbar folgende Aktivität hinweist, 55

getrunken. Eine ganz andere Ebene sind „stellvertretende Objekte": Hierbei handelt es sich um Gegenstände, die von ihrer Art her zwar zu der kommenden Aktivität passen, darin jedoch nicht direkt Verwendung finden. Ein Beispiel hierfür wäre ein auffällig gemusterter Becher, der grundsätzlich für „Trinken" steht - unabhängig davon, ob der Betreffende aus einem Glas, einer Tasse oder einem anderen Becher trinkt. In immer abstrakterer Weise lassen sich Hinweise schließlich in Form von Miniaturen, Fotos, Zeichnungen, Symbolen und Schrift darstellen. Auch Teile eines Gegenstandes (z.B. das Etikett einer Saftflasche oder ein Stück Seil, das dem Seil an der Schaukel gleicht) können als visuelle Hinweise bei der Gestaltung von Tagesplänen genutzt werden. Wichtig ist in jedem Fall, sich an dem zu orientieren, was der Benutzer des Plans versteht und am leichtesten mit der betreffenden Aktivität in Verbindung bringt.

um sich dort einzuchecken. 1st dies nicht der Fall, muss die Gestaltung des Plans eine Möglichkeit bieten, beendete Aktivitäten zu markieren (z.B. Bilder werden in einen „Fertig-Umschlag" gesteckt oder einfach umgedreht wieder am Plan befestigt; was fertig ist, wird abgehakt; neben eine beendete Aktivität wird ein Sticker geklebt). Auf diese Weise eingesetzt, dienen Pläne als Hilfe zur Orientierung über Abfolgen von Ereignissen. Für das zweite zentrale Anliegen der zeitlichen Strukturierung, die Vermittlung von Informationen bezüglich der Zeitdauer einzelner Aktivitäten, braucht man jedoch noch zusätzliche Hinweise: Zeitmesser. Die konkreteste Weise, die Länge einer Aktivität darzustellen besteht darin, einen entsprechend begrenzten Vorrat an Material bereitzustellen. Hier wird deutlich: Die Aktivität dauert so lange, bis man das Material verarbeitet hat, und wenn alles verbraucht ist, ist man fertig! Da es jedoch nicht immer möglich ist, eine Zeitdauer auf diese Weise zu definieren, bietet sich natürlich auch der Einsatz von Uhren verschiedenster Art an. Häufig mangelt es den Betreffenden jedoch an der Fähigkeit, Uhren zu lesen. Dabeisind oft solche Zeitmesser geeignet, die zu einem bestimmten Zeitpunkt akustische Signale abgeben (z. B. Eieruhr, Wecker) oder bei denen man das Vergehen von Zeit visuell beobachten kann (z.B. Sanduhr). Dann dauert etwas so lange, „bis es klingelt" oder „bis der Sand durchgelaufen ist".

Nur weil jemand in der Lage ist, schriftliche Hinweise zu verstehen, bedeutet das noch keineswegs, dass er auch lange und komplexe Pläne benutzen kann. Die Menge der Informationen, die eine Person verarbeiten kann, ist unabhängig von deren Abstraktionsniveau. So gibt es Menschen, die lesen können und doch davon überfordert sind, wenn auf einem Blatt zu viele Informationen stehen. Manche brauchen ein Format, auf dem pro Seite nur ein Hinweis zu lesen ist. Andererseits gibt es viele, die zwar „nur" konkrete Objekte versehen können, die jedoch durchaus in der Lage sind, einen ganzen Tagesablauf anhand dieser Objekte nachzuvollziehen. Für so jemanden könnte ein Tagesplan aus einem Regal bestehen, in dessen Fächern sich, von oben nach unten angeordnet, die einzelnen Gegenstände befinden. Der Betreffende greift den Hinweis aus dem obersten Fach und nimmt den Gegenstand mit zu der bezeichneten Aktivität; nach deren Beendigung geht er wieder zum Regal und holt den Gegenstand aus dem nächsten Fach.

Für die praktische Arbeit wurden Uhren entwikkelt, bei denen man auch visuell eine Zeitspanne einstellen und man dann beobachten kann, wie diese immer geringer wird. Bei einem Gerät geht zum Beispiel für jede eingestellte Minute eine kleine Lampe an, und wie bei einem fallenden Barometer verlischt pro Minute eine Leuchte, so dass am Ende der Zeitspanne alle Lampen aus sind. Eine speziell für den pädagogischen Bereich hergestellte Uhr ist der TimeTimer® 1 , mit dem man einen Zeitverlauf von bis zu 60 Minuten visuell deutlich machen kann: Ähnlich wie bei einer Eieruhr stellt man einen bestimmten Zeitraum ein, wobei allerdings beim TimeTimer® eine rote Fläche auf dem Zifferblatt erscheint, welche der eingestellten Zeitspanne entspricht. Diese rote Fläche wird im Verlauf der Zeit immer kleiner, bis sie am Ende verschwunden ist.

Wesentlich im Umgang mit Plänen ist immer, dass auch das Verstreichen von Zeit konkret nachvollziehbar wird. Das heißt, es muss deutlich werden, wo innerhalb des Ablaufes man sich gerade befindet, was schon fertig ist und was noch kommt. Dies kann geschehen, indem man den jeweiligen Hinweis vom Plan h e r u n t e r n i m m t , wenn man mit einer Aktivität beginnt, oder ihn in irgendeiner Weise markiert oder durchstreicht, wenn man die Aktivität beendet hat (Prinzip des Adventskalenders!). Oftmals werden die Hinweise zum Ort der nächsten Tätigkeit mitgenommen,

' Der TitneTimer® ist zu beziehen Uber Spielwelle Kindergartenbedarf (www.spielwelle.de).

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Es gibt aber auch viele Situationen, in denen kein fester Zeitpunkt vorhersehbar ist, zu dem eine Aktivität (oder das Warten darauf) beendet sein wird. In dem Fall sind Uhren mit ihrem festgelegten Zeittakt nicht hilfreich. Dennoch lassen sich auch hier mit etwas Kreativität visuelle Orientierungshilfen gestalten: Eine Mutter definierte zum Beispiel die Wartezeit auf den Schulbus mit einer bestimmten Anzahl von Wäscheklammern. Diese heftete sie ihrem Sohn an den Jakkenärmel. Nach und nach entfernte sie immer mal wieder eine Klammer- die letzte erst dann, als der Schulbus in Sicht kam. Für den Jungen war klar: Wenn ich keine Klammern mehr an der Jacke habe, ist das Warten vorbei und ich kann zum Bus gehen! In einem anderen Beispiel half eine Mutter ihrem erwachsenen Sohn im Restaurant auf das Essen zu warten, indem sie auf ein Stück Papier einen Zahlenstrahl malte. Der Zahlenstrahl sollte anzeigen, wie lange man noch warten muss. Mit dem Finger fuhr sie ganz langsam von einer Zahl zur nächsten um deutlich zu machen, dass die Zeit verging. Erst als der Kellner sich mit dem Essen näherte, f u h r sie bis zum Ende der Skala und zeigte dadurch an, dass die Wartezeit vorbei war.

mehrere Arbeiten oder Beschäftigungen aufzunehmen, durchzuführen und zu Ende zu bringen. Diese Fähigkeit ist sowohl später für den Arbeitsbereich, als auch für die Beschäftigung in freien (unstrukturierten) Zeiten von großer Bedeutung. Daher werden bereits für kleine Kinder immer auch Situationen gestaltet, in denen sie lernen, sich auf vorgegebene Materialien und Aufgaben einzulassen und diese in bestimmter Weise zu verwenden. Sie lernen eine Systematik, mit der sie in die Lage versetzt werden, sich Anforderungen von außen zu öffnen und schließlich ein Aufgaben- oder Lernpensum zu erfüllen. Um dies zu unterstützen, bietet es sich in der Regel an, entsprechende individuelle Arbeitsplätze einzurichten (vgl. Bereiche der räumlichen Strukturierung). Ein solcher Arbeitsplatz sollte so gestaltet sein, dass er für denjenigen, der ihn nutzt, leicht erkennbar und zugänglich ist. Zudem muss der Betreffende wissen, wo er das zu verwendende Material findet, wo dieses bearbeitet werden soll und wo erledigte Aufgaben abgelegt werden. Auch ist eine Reduzierung von ablenkenden Reizen am Arbeitsplatz oft sinnvoll, um es dem Betreffenden zu ermöglichen, sich auf seine Tätigkeit zu konzentrieren. Die Einrichtung eines solchen individuellen Arbeitsplatzes bietet den Vorteil, dass man ganz klar einen Ort definiert, mit dem die Erwartung verknüpft ist, dass der Betreffende dort etwas nach bestimmten Regeln tut (,Arbeit") und dass er es möglichst ohne Hilfe macht („selbstständig"). Dies unterscheidet den individuellen Arbeitsplatz zum Beispiel vom Freizeitbereich, wo andere Regeln gelten: Im Pausenbereich kann man das Material nach Belieben verwenden; man muss keine „Produkte" abliefern und darf jederzeit eine Beschäftigung abbrechen, wenn man dies möchte.

Manchmal kann es schließlich noch hilfreich sein, zusätzliche Orientierungspunkte innerhalb des Verlaufs einer Aktivität zu geben, um verständlich zu machen, in welcher Phase man sich gerade befindet. Dies ist besonders dann sinnvoll, wenn unterschiedliche Erwartungen und Regeln für die einzelnen Phasen gelten. So kann zum Beispiel während des Essens eine Ampel anzeigen, wann man sich bedienen und Nachschlag nehmen darf (grünes Licht), wann man aufessen und austrinken soll (gelbes Licht) und wann die Mahlzeit beendet ist und die Teller weggestellt werden (rotes Licht). In ähnlicher Weise können visuelle Signale eingesetzt werden um darauf hinzuweisen, wann es Zeit für welche Verhaltensweisen ist (z.B. bei Rot dürfen bestimmte Fragen nicht gestellt werden, bei Grün sind sie erlaubt).

Neben der räumlichen Gestaltung von Arbeitsplätzen geht es jedoch auch um die Vermittlung von Informationen bezüglich der Aufgaben, die zu erledigen sind. Da gerade Menschen mit Autismus oft Schwierigkeiten haben, von sich aus Initiative zu ergreifen und sich eine Reihe von Arbeitsaufträgen zu merken, werden vielfach individuell gestaltete Aufgabenpläne oder „Arbei tssysteme" eingesetzt. Der Begriff „Arbeitssystem" bezeichnet in diesem Zusammenhang die Art und Weise, wie die Informationen dargeboten werden, die f ü r eine möglichst selbstständige Erledigung eines Arbeitspensums notwendig sind. Dies kann anhand eines Plans erfolgen, so dass in diesem Fall das Arbeitssystem die Form eines individuell gestalteten Aufgabenplans hat. Auf sehr konkreter

Arbeitsorganisation, Arbeitspläne und Systeme zur selbstständigen Beschäftigung Die Entwicklung der Fähigkeit zur selbstständigen Beschäftigung stellt im TEACCH Konzept einen zentralen P u n k t in der Förderung dar. Dabei geht es darum, möglichst ohne ständige Begleitung durch eine andere Person eine oder 57

kommt, kann es hilfreich sein, die einzelnen Arbeitsaufträge auf separate Karten zu schreib e n und diese in der entsprechenden Reihenfolge an einem Plan zu befestigen. Ebenso können P l ä n e mit b i l d l i c h e n H i n w e i s e n genutzt werden, bei denen zum Beispiel durch Fotos auf die zu verrichtenden Tätigkeiten hingewiesen wird.

Ebene besteht ein Arbeitssystem dagegen in der Art und Weise, wie die Gegenstände am Arbeitsplatz angeordnet sind. Das Kind wird mit dieser Anordnung vertraut gemacht und lernt eine systematische Herangehensweise an das bereitstehende Material („Arbeitsroutine"). Im Vergleich zu Tages- und Zeitplänen kommt den Arbeitssystemen eine ganz besondere Bedeutung zu. Zeitpläne informieren über kommende Ereignisse, aber Arbeitssysteme helfen dem Betreffenden, in einer Situation selbst a k t i v zu werden. Sie werden dort eingesetzt, wo eine Aktivität stattfindet und unterstützen deren Durchführung. Speziell beantworten alle Arbeitssysteme folgende Grundfragen:

Daneben gibt es aber auch die Möglichkeit, die besagten Informationen in gegenständlicher oder symbolischer Form darzustellen. Bei einem geg e n s t ä n d l i c h e n Arbeitssystem werden die Arbeitsmaterialien in bestimmter Weise am Arbeitsplatz angeordnet. Der Handlungsablauf beinhaltet dann die Routinen, sich am vereinbarten Platz die Aufgaben zu holen und fertige Din-

Grundfragen der Strukturierung von Aufgabenplänen / Arbeitssystemen: 1. 2. 3. 4.

Was soll ich tun? Wie viele Aufgaben sind zu erledigen? Wann bin ich fertig? Was kommt nach der Arbeit?

-

Inhalt der Arbeit Menge der Arbeit Ende der Arbeit Motivation für die Arbeit

5. In welcher Reihenfolge soll ich die Aufgaben erledigen? (Diese Information wird nicht immer gegeben.)

Ähnlich wie die Zeitpläne, können auch Aufgabenpläne oder Arbeitssysteme auf ganz unterschiedlichem Abstraktionsniveau gestaltet werden. Geläufig ist uns aus dem Alltag die „To-DoListe", in der wir Art, Menge und Reihenfolge der zu verrichtenden Aufträge vermerken. Oftmals haken wir auch ab oder streichen durch, was wir erledigt haben, und können so erkennen, wann wir es geschafft haben und fertig sind. N u r den Hinweis darauf, was wir nach einem bestimmten Arbeitspensum tun werden (z.B. Pause, Spaziergang, einen Freund anrufen) - das merken wir uns und schreiben es nicht extra auf. Ansonsten entsprechen die Informationen, die wir zur Organisation unserer Arbeit benötigen, genau denen, die auch durch die Arbeitssysteme im TEACCH Ansatz vermittelt werden!

ge rechts vom Arbeitstisch an einem festgelegten Ort abzulegen. So befinden sich links der Arbeitsfläche auf einem Tisch oder in einem Regal zum Beispiel zwei Körbe, die jeweils mit dem nötigen Material für eine Aufgabe gefüllt sind. Damit weiß der Betreffende, was zu tun ist (die Aufgaben, die links von ihm bereit stehen), und er kann auch die Menge der Arbeit überblicken (zwei Aufgaben). In Sichtweite aber nicht in direkter Reichweite steht eine leere Kaffeetasse als Hinweis darauf, dass es nach der Arbeit einen Kaffee gibt. Entsprechend der eingeübten Routine holt sich der Betreffende einen der Aufgabenkörbe von links, f ü h r t die Aufgabe aus und stellt den Korb mit dem fertigen Produkt rechts von sich ab - zum Beispiel in einem „Fertigkorb". Fertig ist die ganze Arbeit, wenn links keine Aufgabenkörbe mehr stehen und beide Körbe mit den entstandenen Produkten rechts im Fertigkorb liegen. Dann steht er auf, nimmt die Tasse und fordert seinen Kaffee ein.

Werden solche „To-Do-Listen" oder andere Formen schriftlicher Arbeitsaufträge eingesetzt, sollte man auf eine klare optische Gestaltung und eindeutige Formulierungen achten. Oft ist es hilfreich, die Abfolge der Aufgaben durch Zahlen kenntlich zu machen, einen größeren Zeilenabstand zu wählen und auch zu markieren, wo erledigte Aufgaben abgehakt werden sollen. Wenn jemand mit schriftlichen Listen nicht zurecht

S y m b o l i s c h e A r b e i t s s y s t e m e dagegen setzen die Fähigkeit der visuellen Zuordnung gleicher Darstellungen oder Farben voraus. Bei dieser Form wird ein Aufgabenplan eingesetzt, von dem man alle wichtigen Informationen aus den Kar58

ten am Plan ablesen kann, wobei jedoch nicht wie bei einem Fotoplan - die genauen Inhalte der Tätigkeiten bezeichnet sind. Vielmehr sind die Karten, welche auf die Aufgaben hinweisen, mit Zahlen, Buchstaben, Bildern, Farben oder dergleichen versehen. (Hier bietet es sich besonders an. das Interesse des Benutzers aufzugreifen und zum Beispiel für einen Fußballfan die Embleme der berühmtesten Fußballvereine zu verwenden!) Die einzelnen Aufgabenkörbe mit den Materialien werden dann mit denselben Symbolen gekennzeichnet, so dass durch die Zuordnung von Karte zu Korb die entsprechende Aufgabe identifiziert werden kann. Meist wird die Karte zunächst vom Plan genommen und am betreffenden Korb befestigt, so dass ein direkter Zusammenhang hergestellt wird. Dabei müssen die Aufgabenkörbe keineswegs mehr direkt am Arbeitsplatz zu finden sein, sondern können zum Beispiel aus einem umfangreicheren Materialregal geholt werden. Später kann man auch auf den Schritt verzichten, die Karte am Materialkorb zu befestigen. Der Betreffende schaut sich dann die Karte nur an und holt sich die entsprechende Aufgabe. Nach Beendigung der Aufgabe nimmt er die Karte vom Plan und steckt sie z.B. in einen Fertigumschlag, oder er dreht die Karte um und befestigt sie mit der Rückseite nach oben wieder am Plan um kenntlich zu machen, dass dies erledigt ist.

treffende sucht sich vor Beginn der Arbeit aus, was er danach tun möchte und befestigt selbst das entsprechende Bild. Ist es gelungen, für ein Kind, einen Schüler oder auch Erwachsenen ein individuelles Arbeitssystem zu entwickeln, mit dem der Betreffende selbstständig umgehen kann, so hat man damit ein Instrument geschaffen, das sich in den unterschiedlichsten Lebensbereichen sinnvoll einsetzen lässt. Der Gebrauch schriftlicher Aufträge in unterschiedlichen Situationen erscheint nur logisch. Aber auch gegenständliche oder symbolische Arbeitssysteme können Verwendung finden, um zum Beispiel im Bad bei der Körperhygiene auf die „Aufgaben" hinzuweisen, die zu erledigen sind: Waschen, Kämmen, Zähne putzen. Ob es sich um Arbeiten aus dem Produktionsbereich, um Haushaltstätigkeiten, um therapeutische Übungen, um schulische Aufgaben oder einfach um geleitete Beschäftigung handelt - das Arbeitssystem bietet einen bekannten Rahmen für die verschiedensten Tätigkeiten.

Gestaltung von Material und visuell strukturierten Aufgaben Auch die Auswahl und Gestaltung des bei einer Aktivität zu verwendenden Materials sollte mit Sorgfalt erfolgen. Um eine möglichst selbstständige Durchführung der Aktivitäten zu fördern, ist es zunächst einmal wichtig, die Motivation zur Beschäftigung m i t dem Material zu wecken. Wenn es irgend möglich ist, sollte man an die I n t e r e s s e n des B e t r e f f e n d e n anknüpfen und Materialien anbieten, die inhaltlich mit dem Interessensgebiet zusammenhängen oder bei deren Umgang Effekte erzielt werden, die motivierend für den Beschäftigten sind. So kann der Einsatz eines bestimmten Werkzeugs, die Beschäftigung mit einem speziellen Thema oder ein besonderer sensorischer Effekt beim Ausführen der Aktivität Anreiz für eine Auseinandersetzung mit der Aufgabe sein. Damit die Anforderung bewältigt und das eigene Handeln als erfolgreich erlebt werden kann, gilt es zudem, an den Stärken anzuknüpfen und die Aufgabenstruktur an das oft unausgeglichene individuelle Fähigkeitsprofil a n z u p a s s e n (vgl. Kapitel 3). Dies setzt eine gründliche Aufgabenanalyse und Förderdiagnostik voraus.

Ein solches symbolisches Arbeitssystem ist erheblich flexibler als ein konkreter Bilderplan, da der Inhalt der Körbe nach Bedarf ausgetauscht und die Aufgaben im Lauf der Zeit verändert werden können, ohne dass die Aufmachung des Arbeitssystems verändert werden müsste. Zudem ist es nicht notwendig, von jedem neuen Material ein Bild zu erstellen. Beim symbolischen Arbeitssystem geben die Karten auf dem Plan an, was der Betreffende tun, also welche Aufgaben er sich holen soll. Anhand der Anzahl der Karten kann er auch ersehen, wie viele Aufgaben auf dem Programm stehen. Die Reihenfolge, in der die Karten sich am Plan befinden, verweist - von oben nach unten oder von links nach rechts gelesen - auf die Reihenfolge, in der die Aufgaben getan werden sollen. Durch das Abnehmen der Karten vom Plan wird deutlich, wie man sich dem Ende nähert und wann man fertig ist, also keine weiteren Aufgaben mehr hat. Ein konkreter bildlicher Hinweis am Ende des Plans weist d a r a u f h i n , was nach der Arbeit kommt. J e nachdem, wie das System genutzt wird, kann der Hinweis auf die folgende Aktivität bereits am Plan angebracht sein, oder der Be-

Darüber hinaus wird die selbstständige Durchführung einer Aufgabe oder Tätigkeit aber auch durch eine klare v i s u e l l e S t r u k t u r i e r u n g des 59

beginnen kann. Auch hierbei können wiederum visuelle Hilfen eine sinnvolle Unterstützung bieten. Wesentlich weniger Anforderungen an die organisatorischen Fähigkeiten stellen dagegen Tablett-Aufgaben: Hierbei handelt es sich um Aufgaben, bei denen die einzelnen Behälter mit den Materialien sowie das Gefäß für die fertigen Produkte fest auf einer Unterlage montiert sind. Damit ist die Arbeitsfläche in sich bereits strukturiert; man muss lediglich das Tablett greifen und richtig herum vor sich auf den Tisch stellen. Ähnlich verhält es sich mit Schuhkarton-Aufgaben. Im Gegensatz zu Tablett-Aufgaben sind die Behälter jedoch in einen Karton eingelassen, so dass sie stabilisiert werden. Die Oberseite der Kiste oder des Kartons bildet zugleich die Arbeitsfläche; anstelle von hoch stehenden Behältern sieht man eher Mulden, in denen sich die Materialien befinden. Schließlich gibt es noch die A u f g a b e n m a p p e n . Diese sind nur für Aufgaben geeignet, bei denen man mit zweidimensionalem Material umgeht (Bilder, Wortkarten oder dergleichen). Außen auf der Vorderseite der Mappe befindet sich ein Umschlag, in welchem sich die zu verwendenden Karten oder Bilder befinden. Schlägt man die Mappe auf, findet man die Aufgabenstellung. In der Regel handelt es sich um Zuordnungen irgendeiner Art (z.B. Gleiches zu Gleichem, Wort zu Bild, Menge zu Zahl, Antwort zu Frage). Wie die Ergebnisse der Zuordnungen festgehalten werden, ist verschieden: zum Beispiel können die Karten in entsprechende Umschläge gesteckt oder mit Büroklammern befestigt werden; oder sie werden mit Hilfe von Klettband an ihrem Platz befestigt. Die meisten Aufgabenmappen bestehen nur aus einem Aktendeckel, dessen Inneres die Arbeitsfläche bildet. Mappen mit mehreren Seiten stellen höhere Anforderungen an die organisatorischen Fähigkeiten.

Materials in Verbindung mit eindeutigen Hinweisen für den Materialgebrauch unterstützt. Diese organisatorischen Hilfen sind oft selbst bei bekannter Aufgabenstellung notwendig. Es ist sinnvoll, dasselbe Material in verschiedenen Aufgaben unterschiedlich einzusetzen, so dass der Betreffende sich an den visuellen Hinweisen orientieren muss und nicht auf einen routinemäßigen Umgang mit dem Material zurückgreifen kann. Visuelle Strukturierung bietet Orientierung in Bezug auf die folgenden beiden Grundfragen:

Grundfragen der Strukturierung von Aufgaben 1. Welches Material soll ich verwenden? 2. Wie soll ich mit diesem Material umgehen? Bei der Klärung dieser Fragen finden drei Aspekte der visuellen Strukturierung ihre Anwendung: a) visuelle Organisation, b) visuelle Instruktionen und c) visuelle Deutlichkeit. Der erste bezieht sich auf die Übersichtlichkeit und räumliche Anordnung der Materialien innerhalb der Aufgabe sowie auf der Arbeitsfläche; der zweite bezieht sich auf Hinweise zum Umgang mit dem Material und der dritte auf Maßnahmen, mit denen das Wesentliche am Material oder an einer Instruktion hervorgehoben wird. Bezüglich ihrer visuellen Organisation können Aufgaben sehr unterschiedliche Formate aufweisen. Ein recht offenes Format hat eine Aufgabe, bei welcher der Betreffende sein Material selbst zusammen suchen muss. Dennoch entfällt der Aspekt der visuellen Organisation nicht völlig, denn man kann auch hier die Materialien in Schränken oder Regalen so anordnen, dass deren Auffinden erleichtert wird. Ebenso kann die Arbeitsfläche in Felder aufgeteilt oder durch Schablonen s t r u k t u r i e r t werden, so dass eine sinnvolle Anordnung der zu verwendenden Gegenstände unterstützt wird. Einfacher ist es natürlich, wenn das Material schon bereitsteht. Ein häufig verwendetes Format sind Korb-Aufgaben, bei denen alles, was für deren Durchführung benötigt wird, in einem Korb zusammengestellt ist. Damit hat man mit einem Griff alles, was man braucht. Um die Übersichtlichkeit zu erhalten, werden die unterschiedlichen Bestandteile einer Aufgabe in separaten Behältern aufbewahrt. Bei dieser Aufgabenart muss der Betreffende die einzelnen Behälter aus dem Korb ausräumen und auf der Arbeitsfläche anordnen, bevor er mit der eigentlichen Arbeit

Zu den visuellen Instruktionen zählen alle sichtbaren Informationen, die auf die Verwendung des Materials hinweisen. Dabei handelt es sich keineswegs nur um schriftliche Anleitungen oder bildliche Darstellungen der Handlungsabfolge. Manchmal wird nur das Endprodukt abgebildet oder als Modell vorgegeben. Auch Schablonen finden vielfach Verwendung — mit Abbildungen in Originalgröße zum Auflegen der Teile, als kleinere Darstellung zum Ablesen der Informationen oder auch mit Vertiefungen im Umriss der Teile zum Einpassen des zu verwendenden Materials. In manchen Aufgaben wird durchgängig dieselbe Schablone benutzt; in anderen muss sich der 60

Betreflende auf immer wechselnde Vorgaben einstellen. Eine weitere Form der visuellen Instruktion stellt das Bilder-Lexikon dar. In diesem werden schriftliche Hinweise in Zusammenhang mit einem erklärenden Bild aufgeführt. Müssen im Verlauf der Aufgabe schriftliche Hinweise befolgt werden, kann der Betreffende bei Bedarf nachschlagen, was sie bedeuten. In ähnlicher Weise werden auch Legenden eingesetzt. Die einfachste Form der visuellen Instruktion besteht jedoch darin, bei der Gestaltung der Aufgabe auffällige Merkmale des Materials direkt zu nutzen, um auf seine Verwendung hinzuweisen. So kann ein offener Behälter den Aufforderungscharakter besitzen etwas einzufüllen; oder eine eckige Öffnung lädt dazu ein, einen Würfel durchzustecken, während die Kugel durch die runde Öffnung passt. Gibt es ein Teil mit einem Stecker und ein Teil mit einem Loch, so liegt die Annahme nahe, dass beide zusammengesteckt werden sollen. Auf diese Weise kann man oft an Form, Farbe, Größe und Oberflächenstruktur der Teile ablesen, was man mit ihnen tun soll.

matischen und zielorientierten Handelns unterstützen. Zum einen geht es darum, ein Konzept von „fertig" zu entwickeln und das Gefühl zu fördern, etwas geschafft zu haben. Zum anderen ist es auch im Hinblick auf eine berufliche Tätigkeit wichtig zu lernen, dass, was man gearbeitet hat, am Ende nicht wieder kaputtgemacht wird! (Das wieder Auseinandernehmen und Wegräumen von benutzten Materialien sollte daher lieber im Rahmen der Freizeitbeschäftigung geübt werden als im Rahmen der „Arbeit".)

Der letzte Aspekt der visuellen Strukturierung betrifft die visuelle Deutlichkeit. Hiermit sind alle Maßnahmen gemeint, durch welche die Aufmerksamkeit auf das Wesentliche gelenkt wird. Ganz konkret kann dies geschehen, indem man alles Unwesentliche weglässt — kein überflüssiges Material, keine ablenkenden Schnörkel und keine unnötigen Informationen. Darüber hinaus bietet es sich an, etwas Wichtiges durch Markierungen hervorzuheben oder durch Pfeile d a r a u f h i n zuweisen. Der gezielte Einsatz von Farben, Rahmen oder Unterstreichungen kann einen Sachverhalt verdeutlichen; durch F e t t d r u c k oder Schriftgröße springen relevante Informationen schneller ins Auge; der Abstand zwischen einzelnen Elementen hilft diese zu unterscheiden. Neben der visuellen Strukturierung des Materials kommt es aber auch darauf an, alle Aufgaben im Rahmen der selbstständigen Arbeit so zu gestalten, dass sie am Ende auf ein sichtbares Ergebnis hinführen. Das heißt, sie beinhalten die Möglichkeit, das Ergebnis in irgendeiner Weise festzuhalten. Oft entsteht ein Produkt - durch Montage, Verpacken, Zusammenheften, Zerlegen und Sortieren. Abfüllen oder dergleichen. Bei anderen Aufgaben kann man die Lösung markieren, auf einem Arbeitsblatt eine Antwort eintragen oder einzelne Teile an dem für sie vorgesehenen Ort feststecken. Diese Form der strukturierten Aktivitäten soll die Entwicklung syste61

Natürlich besteht die pädagogische Arbeit nach dem TEACCH Ansatz nicht darin, den Kindern oder Erwachsenen den ganzen Tag über strukturierte Aufgaben zur Selbstbeschäftigung anzubieten. Es gibt immer auch „freie" Zeiten - Pausen, in denen der Betreffende sich erholen, zurückziehen und auch seinen Stereotypien nachgehen kann. Daneben haben auch Einzelforderung sowie vielfältige Aktivitäten in der Gruppe ihren festen Platz im Förderprogramm. Strukturierung ist auch in solchen Einzel- und Gruppensituationen von großer Bedeutung, um den Beteiligten eine optimale Chance zu bieten sich einzubringen (vgl. auch Kapitel 7).

Funktionen strukturierter Aufgaben • • • • • •

Fertigkeiten üben Aufbau einer Arbeitshaltung Zielorientiertes Handeln Erfolgreiches Handeln Beschäftigung Üben, visuelle Informationen zu nutzen

Strukturierte Aufgaben zur selbstständigen Beschäftigung stellen jedoch einen wesentlichen Aspekt im TEACCH Ansatz dar. Etliche Gründe d a f ü r wurden bereits genannt. Soweit es sich nicht bereits um direkte Arbeit im Rahmen eines Produktionsprozesses oder einer Haushaltstätigkeit handelt, können sie als Übungen für bestimmte Fertigkeiten eingesetzt werden, um diese zu erhalten oder deren Entwicklung zu fordern. Sie können auch der Vorbereitung auf „echte" Arbeit dienen, indem sie Konzentration, Ausdauer und ergebnisorientiertes Handeln ausbilden und den Aufbau einer Arbeitshaltung unterstützen. Doch auch Menschen, die aufgrund der Schwere ihrer Behinderung nicht in einen Produktionsprozess eingegliedert werden können, profitieren von solchen Aufgaben, die aufgrund ihrer Klarheit subjektiv Sinn machen. Das heißt,

der Betreffende versteht, wie es geht; er weiß, was er mit dem Material tun soll. Er kann ein Ergebnis erreichen; sein Handeln ist zielgerichtet und er kann stolz sein auf das, was er geschafft hat. Insofern sind solche strukturierten Beschäftigungsangebote sehr sinnvoll - ähnlich wie ein Kreuzworträtsel, das wir lösen, nur um uns zu beschäftigen. Nicht zuletzt aber werden strukturierte Aufgaben angeboten, um die Fähigkeit zu schulen, die Aufmerksamkeit auf visuelle Hinweise zu richten und sich von ihnen leiten zu lassen. Zunächst lernt der Betreffende, im Rahmen solcher in sich klaren und überschaubaren Aktivitäten auf die Anordnung des Materials zu achten, auf Hervorhebungen und Pfeile, auf Markierungen und Symbole. Dann wird es ihm später wesentlich leichter fallen, solche Hinweise auch in der alltäglichen Umgebung zu entdecken, so dass Maßnahmen zur Strukturierung von Alltagshandlungen und der Umwelt effektiver eingesetzt werden können.

Wenn die Rahmenbedingungen nicht mehr stimmen, funktioniert oft auch die eingeübte Strategie nicht mehr - anstatt sich flexibel anzupassen, versucht der Betreffende dann eher mit aller Macht, sich seine Umgebung wieder passend zu machen. Hierin unterscheiden sich Routinen ganz wesentlich von visuellen Plänen: Routinen legen auf bestimmte Umweltbedingungen fest und ihr Ablauf kann von außen nur schwer beeinflusst werden. Auf Pläne dagegen kann man sichtbar Einfluss nehmen; man kann sie verändern und somit auch neuen Situationen anpassen. Wer sich auf Routinen verlässt, ist wenig flexibel; wer sich an visuellen Plänen und Instruktionen orientieren kann, hat es erheblich leichter, sich auf unterschiedliche und sich verändernde Situationen einzustellen. Routinen sind also eine gute Hilfe zur Bewältigung von Standardsituationen. Im TEACCH Ansatz werden kleine Routinen und wiederkehrende Aktivitäten in den Tagesablauf eingebaut, um Sicherheit zu geben und Orientierungspunkte zu bieten. Beispiele hierfür sind ein bestimmtes Lied zur Begrüßung oder auch ein kurzes Ritual zu Beginn des gemeinsamen Essens. Der Schwerpunkt liegt jedoch auf der Einübung sogenannter funktionaler Routinen, welche grundlegende Strategien für ein effektives Handeln bereitstellen. Im Wesentlichen werden diese dazu genutzt, den U m g a n g mit den angebotenen visuellen Strukturierungshilfen zu fördern.

Routinen als Hilfe zur Strukturierung Neben der visuellen S t r u k t u r i e r u n g von Zeit, Raum, Arbeit und Aufgaben spielt auch die Entwicklung von Routinen eine wichtige Rolle. Hier bleibt die visuelle Unterstützung außen vor, da es sich bei Routinen um eingeübte, fast automatische Handlungsabläufe handelt. Auch sie können die Bewältigung von Situationen erleichtern und O r i e n t i e r u n g ermöglichen. Es ist jedoch wichtig, ihre Vor- und Nachteile sowie ihre Grenzen zu kennen.

Eine solche f u n k t i o n a l e R o u t i n e besteht zum Beispiel darin, etwas systematisch von oben nach unten oder von links nach rechts anzugehen. Diese Arbeitsrichtungen sind wichtig, um die Reihenfolge der Informationen an einem Plan zu erkennen. Auch im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Arbeitssystem spielt die Routine „von links nach rechts" eine bedeutende Rolle. Recht universell anwendbar ist auch das Prinzip, Fertiges in den „Fertigkorb" bzw. in einen dafür bestimmten Behälter zu legen. Dies findet sich zum Beispiel beim Umgang mit dem Tagesplan wieder (Karten von beendeten Aktivitäten in einen Umschlag stecken), im Zusammenhang mit individuellen Arbeitsplätzen (erledigte Aufgaben in den Fertigkorb) oder auch bei der Materialgestaltung, wenn bei bestimmten Aufgaben fertige Produkte in einen d a f ü r vorgesehenen Behälter gelegt werden.

Grundsätzlich kommt Menschen mit Autismus die Entwicklung von Routinen entgegen. Viele Betroffene entwickeln Routinen, um mit unübersichtlichen und für sie problematischen Situationen klar zu kommen. Indem sie Routinen und Rituale ausbilden, behalten sie die Kontrolle über die Situation, denn sie selbst bestimmen dann, wie etwas abzulaufen hat. Veränderungen akzeptieren die meisten allerdings nur schwer, weil eine veränderte Situation nicht mehr mit dem üblichen Handlungsmuster zu bewältigen ist. So besitzen Routinen zwar den Vorteil, dass sie unabhängig von jeder Hilfestellung durch andere Personen oder Materialien ausgeführt werden können. Ihr entscheidender Nachteil besteht jedoch darin, dass sie nur dann wirklich hilfreich sind, wenn die Situationen, in denen sie eingesetzt werden, sich nicht wesentlich verändern.

Wichtig ist auch die Routine, auf den Plan zu schauen, wenn man mit etwas fertig ist oder nicht mehr weiter weiß. Nur wer gelernt hat, sich re62

gelmäßig an einem Plan zu orientieren, kann diesen wirklich nutzen. Sobald jemand die Abfolge auswendig kennt und daher keine Notwendigkeit mehr besteht, auf den Plan zu schauen, verlässt er sich auf die Routine und wird nicht mitbekommen, wenn es eine Planänderung gibt! Schließlich können auch regelmäßige Abfolgen wie „Erst Arbeit, dann Pause" Bestandteil der (zeitlichen) Struktur werden. Die Sicherheit, dass nach der Anstrengung eine Entspannungsphase kommen wird, trägt zur Motivation bei und erhöht die Bereitschaft, sich überhaupt auf eine Arbeit oder anstrengende Tätigkeit einzulassen.

einüben, um problematische Situationen zu verhindern, die wiederholt auftreten und immer denselben Grund haben. So war es für einen jungen Mann wichtig, wenn er in einer neuen Umgebung essen sollte, dass man ihm zunächst zeigte, wo er Essensreste entsorgen und das benutzte Geschirr abstellen konnte. Da er es nicht ertragen konnte, schmutziges Geschirr vor sich auf dem Tisch stehen zu haben, sobald er nichts mehr essen wollte, hatte er früher die Situation auf seine Weise gelöst und mit dem schmutzigen Geschirr geworfen. Nun hat er als Routine gelernt, dieses wegzuräumen - vorausgesetzt, er wusste, wohin!

Neben solchen allgemeinen funktionalen Routinen kann man auch ganz individuelle Routinen

63

Kapitel 6 „Und wie fange ich an???" - Hilfen und Anregungen für die Entwicklung von Strukturierungshilfen Bei der Fülle von Möglichkeiten Strategien der Strukturierung und Visualisierung einzusetzen, stellt sich natürlich immer die Frage, welche der Strategien f ü r die eigene Praxis sinnvoll sind. Einzelne Ideen lassen sich vielleicht recht schnell - in der Regel leicht abgeändert - übernehmen. Viel schwieriger ist es, wenn man versuchen will, sich grundsätzlich an dem Konzept zu orientieren und seine Arbeit am TEACCH Ansatz auszurichten. Aber unabhängig davon, ob man sich auf einzelne Strategien beschränken oder das Konzept des Structured Teaching zu einem Kernaspekt der pädagogischen Arbeit machen will, besteht in jedem Fall die Notwenigkeit, nach individuellen Lösungen zu suchen. Die Basis aller Bemühungen zur Entwicklung individueller Hilfen besteht natürlich in einer guten Diagnostik. Neben der Erfassung von organisatorischen Fähigkeiten ist es auch wichtig zu wissen, welche Kompetenzen in den verschiedenen Entwicklungsbereichen vorliegen, die der Betreffende f ü r den U m g a n g mit S t r u k t u r i e rungshilfen nutzen kann. Außer gezielten Beobachtungen im Alltag bietet auch die Auswertung des PEP-R und des AAPEP viele Anregungen zu diesem Bereich der Förderung. Die aus diesen Tests gewonnenen Informationen beziehen sich neben inhaltlichen Aspekten auch auf Hinweise zur Gestaltung der Lern- und Lebenssituation des Betreffenden. Anders gesagt, können daraus bereits erste Schlüsse gezogen werden, welche Formen der Strukturierung im Einzelfall angebracht sind.

tisches Verhalten auftritt. Es kann sich aber auch einfach um Situationen handeln, welche die betreffende Person nicht selbstständig bewältigen kann und in denen sie somit auf eine Betreuungsperson angewiesen ist. Beobachten Sie die Situation genau. Beantworten Sie dann die Fragen in der Checkliste. Tragen Sie unter „Bemerkungen" ein, wie die derzeitige Gestaltung aussieht bzw. auf welche Weise der Betreffende in der Situation die jeweiligen Informationen erhält. Im Anschluss an die Bestandsaufnahme können Sie überprüfen, an welchen Stellen Informationen und Orientierung fehlen. Vielleicht setzen Sie j a auch bereits Hinweise und Hilfen ein, die aber vom Betreffenden nicht genutzt werden (können). Überdenken Sie daher auch die derzeitigen Formen der Hilfen und überprüfen Sie, ob diese angemessen sind. Gegebenenfalls müssen die bereits bestehenden Strukturierungshilfen verändert werden. Ohne einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben, können die Fragen der Checkliste dabei helfen, eine Situation auf ihre Durchschaubarkeit hin zu überprüfen. Wenn eine oder mehrere der Fragen mit „Nein" beantwortet werden, sollte genauer beleuchtet werden, ob mangelndes Verständnis oder fehlende Sicherheit bezüglich des jeweiligen Aspekts zum beobachteten (problematischen) Verhalten führen. Wenn dies der Fall ist, können an diesen Stellen entsprechende Strukturierungshilfen zur Klärung der Situation bzw. als Hilfe zur Verhaltensorganisation eingesetzt werden. Nicht selten helfen strukturierende M a ß n a h m e n problematische Verhaltensweisen zu umgehen oder abzuschwächen. Es muss sich jedoch keineswegs nur um Problemverhalten handeln. Auch Abhängigkeit kann als Problem definiert werden. Jedes in der Checkliste angekreuzte „Nein" gibt Hinweise darauf, an welchen Stellen die Voraussetzungen für eine Selbstständigkeit des Betreffenden fehlen. Somit werden grundsätzliche Anhaltspunkte für den Einsatz von Strukturierungshilfen identifiziert, sofern man neben der Vermeidung von Problemverhalten auch die Unterstützung der größtmöglichen Eigenständigkeit anstrebt.

Wenn es um die Entscheidung geht, an welchen Punkten strukturierende Hilfen eingesetzt werden sollen, kann es auch hilfreich sein, für bestimmte (problematische) Situationen einmal die Fragen der Checkliste auf Seite 66-67 durchzugehen. Anhand dieser Checkliste zur Aufdeckung von Unklarheiten lassen sich mögliche Ursachen von Missverständnissen, Desorientierung oder Abhängigkeit aufspüren (vgl. Häußler, 2005): Vorgehen: Benennen Sie eine Situation, in der Sie überlegen mit Strukturierungshilfen zu arbeiten. Oft sind dies Situationen, in denen problema65

Checkliste

zur Aufdeckung

Aspekt der Situation a)

Ol cn

Räumliche

Ja

Ist der Raum oder Bereich übersichtlich?

>

Weiß der Betreffende, wo er sich befindet?

> >

Versteht er, wo er sich aufhalten soll? Weiß er, wie er zu seinem nächsten Bestimmungsort kommt (oder dahin, wo er gern sein möchte)? Kennt und erkennt er seinen Platz?

> > >

> > >

Bemerkungen

Weiß er, wo welche Aktivitäten stattfinden und welches Verhalten an welchem Ort von ihm erwartet werden? Findet er die Dinge, die er braucht oder mit denen er umgehen soll? Weiß er, wo welche Gegenstände hingehören?

b) Zeitliche >

Nein

Unklarheiten

Orientierung:

>

>

von

Orientierung:

Weiß der Betreffende, welche Aktivitäten oder Ereignisse auf ihn zu kommen? Weiß er, wann was passieren wird? Kann er erkennen, wie lange eine Aktivität (oder das Warten darauf) dauert? Kann er selbst erkennen, wann etwas zu Ende ist?

2005 BORGMANN

MEDIA

- Dortmund

• Häußler,

Bestell-Nr.

9358 • Nachdruck

verboten

I I I 1 I I I I 1 I I I I I I I I 1 I 1 I I

(Checkliste „Unklarheiten",

Aspekt der Situation c) Arbeitsorganisation > > > > > > >

> " ^

Beschäftigung:

Ist dem Betreffenden klar, was er tun soll? Kann er die Menge der Aufgaben oder Tätigkeiten überblicken, die er im Rahmen der Beschäftigung durchführen soll? Ist das Arbeitspensum angemessen? Erkennt er, wann er seine Aufgaben erledigt hat? Weiß er, was er im Anschluss an die Arbeit/ Beschäftigung tun kann? Ist er in der Lage, selbst eine sinnvolle Reihenfolge der Tätigkeiten festzulegen? Wenn er eine vorgegebene Reihenfolge einhalten muss: Weiß er, in welcher Reihenfolge die Aufgaben zu erledigen sind?

d) Instruktionen >

/ Selbstständige

und

Material

Besteht Klarheit darüber, wie das Material verwendet und wie die Aufgabe ausgeführt werden soll? Sind die Regeln für die Ausübung einer Tätigkeit oder die Kriterien für das erwartete Verhalten bekannt? Ist das Material übersichtlich gestaltet? Kann der Betreffende das Material ohne Hilfe verwenden? Weiß er, wie er nach Hilfe fragen kann, wenn er diese braucht?

e) >

Routinen Wenn es sich um eine Situation handelt, die häufig in ähnlicher Form auftritt und für den Betreffenden schwierig ist (z.B. Beginnen oder Beenden einer Aktivität, Überbrücken von Wartezeiten, Raumwechsel): Bestehen geeignete Bewältigungsstrategien?

Ja

Nein

Bemerkungen

Seite 2)

Wenn man sich entschieden hat, welche Bereiche man einrichten und mit welchen Aktivitäten belegen möchte, geht es darum zu überlegen, wie man diese Bereiche deutlich macht und voneinander abgrenzt.

Das Anliegen dieses Kapitels ist es, in Bezug auf die einzelnen Ebenen der Strukturierung Denkanstöße zu geben, die bei der konkreten Gestaltung von strukturierenden Hilfen unterstützen sollen. Auch hier sei noch einmal betont, dass es sich nicht um Handlungsanleitungen oder Rezepte handelt, die man nur Schritt für Schritt abzuarbeiten braucht, um zum richtigen Ergebnis zu kommen. So etwas gibt es leider nicht! Dennoch hoffe ich, dass die folgenden Hinweise und Arbeitshilfen den Einstieg in die praktische Umsetzung erleichtern.

Am klarsten ist eine Unterteilung durch Möbel und Stellwände. Solche Begrenzungen sind nicht nur sichtbar, sondern direkt spürbar. Durch die Schaffung von Nischen ergeben sich abgeschlossene und überschaubare Bereiche. Der Ort, an dem man sich aufhält, ist klar definiert und ablenkende Reize aus anderen Bereichen werden relativ gering gehalten. Im Allgemeinen ist diese Form der S t r u k t u r i e r u n g für junge Kinder geeignet und für Personen, die (noch) nicht gelernt haben, auf visuelle Hinweise und Markierungen zu achten bzw. diese zu respektieren.

Strukturierung des Raumes a) Inhaltliche Aspekte der räumlichen Strukturierung: Welche Bereiche sollten eingerichtet werden?

Neben feststehenden Begrenzungen gibt es, wie im vorherigen Kapitel beschrieben, noch eine Vielfalt von weiteren Möglichkeiten, räumliche Bereiche zu markieren. Im Hinblick darauf, welche davon zum Einsatz kommen, sollten zwei wesentliche Fragen geklärt sein:

Im Unterschied zur zeitlichen S t r u k t u r i e r u n g und der G e s t a l t u n g von Aufgaben m u s s sich eine individuelle Gestaltung des Raumes meist auf bestimmte Bereiche beschränken, da Räume in der Regel von mehreren Personen genutzt werden. So lässt sich das Prinzip der Individualisierung bei der räumlichen S t r u k t u r i e r u n g am ehesten in Bezug auf das eigene Zimmer oder den speziellen Einzelarbeitsplatz verwirklichen. Bei der S t r u k t u r i e r u n g von gemeinschaftlichen Räumlichkeiten sollte m a n sich jedoch nach Möglichkeit a m s c h w ä c h s t e n M i t g l i e d d e r G r u p p e o r i e n t i e r e n . Eine gute r ä u m l i c h e S t r u k t u r i e r u n g mit klaren Unterteilungen in einzelne Bereiche und eindeutigen Definitionen von Ortsangaben schadet auch dem nicht, der sich im Chaos noch zurechtfindet- sie ist jedoch unentbehrlich für denjenigen, der sich n u r unter großen Schwierigkeiten räumlich orientieren kann!

1. Sind die Personen, die den Raum nutzen, in der Lage, die Grenzen bzw. Markierungen zu erkennen und deren Bedeutung zu erfassen? 2. Orientieren sie sich tatsächlich an den Markierungen und nutzen sie diese für ihre eigene Verhaltensorganisation? Anders ausgedrückt geht es einerseits darum, ob die Hinweise bemerkt und verstanden werden. Andererseits geht es darum, ob sich die Betreffenden auch nach ihnen richten, also entsprechend handeln. Das Arbeitsblatt „Formen räumlicher Strukturierung: Bedarfserhebung" (S. 76-78) kann dazu eingesetzt werden, sich einen Überblick darüber zu verschaffen, welche Gruppenmitglieder welche Formen der räumlichen Strukturierung nutzen. Erfasst werden visuelle Hinweise und Formen der Strukturierung, welche das Verständnis von drei wesentlichen Aspekten der räumlichen Zuordnung erleichtern. Speziell betrifft dies die Klärung der Fragen: A. Wo soll ich mich aufhalten?, B. Wo passiert was? und C. Wo gehört was hin? Im Arbeitsblatt sind in der linken Spalte für jede dieser Fragen unterschiedliche Möglichkeiten der Visualisierung und Strukturierung aufgelistet. In die rechte Spalte werden dann die Namen der Gruppenmitglieder eingetragen, welche die jeweiligen Formen der Strukturierung verstehen und auch tatsächlich nutzen bzw. brauchen. Hierbei

Wie bereits im vorherigen Kapitel ausgeführt, hängt die Entscheidung bezüglich der konkreten Einrichtung bestimmter (funktioneller) Bereiche von den jeweiligen Inhalten der pädagogischen Arbeit ab. Daneben spielt natürlich auch noch eine Rolle, wie viel Raum man überhaupt zur Verfügung hat. Der folgende Leitfaden zur Raumaufteilung kann helfen, eine Entscheidung über die Einrichtung unterschiedlicher Bereiche zu fällen (s. S. 69ff.). b) Gestaltung räumlicher Strukturierung: Wie werden räumliche Zuordnungen deutlich? 68

Leitfaden 1.

Welche

AKTIVITÄTEN

zur

Raumaufteilung

beinhaltet meine pädagogische Arbeit?

(Kreuzen Sie alles an, was zutrifft.)



Einzelförderung / Einzelunterricht im Gruppenraum (am Tisch)



Einzelförderung im Gruppenraum (nicht am Tisch). W o ?



Gruppenaktivitäten im Gruppenraum. Welche? a m T i s c h (z.B. Basteln, Gruppenunterricht): i m S t u h l k r e i s (z.B. Morgenkreis, Rhythmik)

in einem Bereich ohne Möbel (z.B. Ballspiel): •

Gemeinsame Mahlzeiten im Gruppenraum



Pause / unstrukturierte freie Zeit



S e l b s t s t ä n d i g e B e s c h ä f t i g u n g (Arbeit; vorgegebene Aufgaben) - am Tisch



S e l b s t s t ä n d i g e B e s c h ä f t i g u n g (Arbeit; vorgegebene Aufgaben) - nicht am Tisch. W O ? (z.B. Wäsche sortieren in der Waschküche, Flur wischen)







Fest installierte thematische Angebote i m R a u m . Welche?

(z.B. Puzzles, Büroarbeiten, gemeinsames Spiel, Bücher, Computer):

Spezielle Aktivitäten an besonderen Orten außerhalb des Gruppenbereichs

(z.B. Kochen in der Küche, Sport in der Turnhalle , Essen in der Kantine; Körperhygiene im Bad):

Umgang mit visuellen Informationen und Tagesplänen 69

Welche

2.

BEREICHE

gibt es schon?

Welche Bereiche haben Sie bereits eingerichtet? Wie sehen die jeweiligen äußeren Rahmenbedingungen aus (z.B. Art und Stellung der Möbel; Ausmaß des Platzes; Art und Menge der zugänglichen Reize)? Bedenken Sie sowohl Orte, an denen sich mehrere Gruppenmitglieder aufhalten oder treffen, als auch Bereiche für einzelne (z.B. spezieller Sessel, Ruheraum). Überprüfen Sie:

Füllen



Welche Aktivitäten, die im selben Bereich stattfinden, sind mit ähnlichen Erwartungen an das Verhalten der Personen mit Autismus verbunden? (z.B. sitzen bleiben; Anweisungen folgen; vorgegebener Umgang mit Material; freier Umgang mit Material; Einhalten zeitlicher Vorgaben)



Welche Aktivitäten, die im selben Bereich stattfinden, sind mit gegensätzlichen Erwartungen an das Verhalten der Gruppenmitglieder verbunden? (z.B. Freispiel vs. Arbeit; selbstständige Beschäftigung vs. interaktive Angebote)

Sie nun die Tabelle

Organisatorischer Rahmen

aus:

Aktivitäten

(Beschreibung des Bereichs)

Ähnliche ErWartungen? NEIN

JA

X

Aktivitäten, die einen ähnlichen organisatorischen Rahmen benötigen und ähnliche Erwartungen an das Verhalten der Beteiligten stellen, können am ehesten am selben Ort durchgeführt werden, ohne dass dadurch Verwirrung entsteht.

70

in o o CM

3.

Welche

BEREICHE

sollte es geben?

Bedenken Sie die Flexibilität und räumliche Orientierungsfähigkeit Ihrer Gruppenmitglieder. Die Einrichtung welcher inhaltlich getrennter Bereiche erscheint sinnvoll, damit auch das schwächste Gruppenmitglied sich möglichst selbstständig im Raum zurechtfinden kann?

1. 2. 3. 4. 5.

6. 7.

8. 9.

Äco •P

10.

Je 0

1 -8 §

i

Wenn der Platz nicht ausreicht, zusammenfassen: •

0o3> 0 Q) 5a

Schauen Sie in der Tabelle nach, welche Aktivitäten in Bereichen mit ähnlicher Ausstattung dennoch unterschiedliche Erwartungen an die Teilnehmer stellen.



Überlegen Sie, welche markante Veränderung Sie schnell und flexibel an der räumlichen Gestaltung des Bereichs vornehmen können, um auf eine klare Unterscheidung der dort stattfindenden Aktivitäten hinzuweisen (z.B. anderes Stuhlkissen, andere Tischdecke, Vorhang vorziehen).

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Bereich

um alle Bereiche

Aktivität

71

einzurichten,

müssen

Sie

weiter

„ n e u e " Gestaltung

Leitfaden 1.

Welche

AKTIVITÄTEN

zur

Raumaufteilung

beinhaltet meine pädagogische Arbeit?

(Kreuzen Sie alles an, was zutrifft.)

^

Einzelförderung / Einzelunterricht im Gruppenraum (am Tisch) Einzelförderung im Gruppenraum (nicht am Tisch). Wo? E n t s p o n n u n g ^ n a t t e /

^ ^ Gruppenaktivitäten im Gruppenraum. Welche? am Tisch (z.B. Basteln, Gruppenunterricht): kreativ.

Unterricht,

Spiele/

i m S t u h l k r e i s (z.B. Morgenkreis, Rhythmik) M o r g e n - f S c h l u M j c r e i y . U n t w i c h t , hAu&üo

in einem Bereich ohne Möbel (z.B. Ballspiel):

Gemeinsame Mahlzeiten im Gruppenraum Pause / unstrukturierte freie Zeit

^ ^

S e l b s t s t ä n d i g e B e s c h ä f t i g u n g (Arbeit; vorgegebene Aufgaben) - am Tisch

S e l b s t s t ä n d i g e B e s c h ä f t i g u n g (Arbeit; vorgegebene Aufgaben) - nicht a m Tisch. W O ? (z.B. Wäsche sortieren in der Waschküche, Flur wischen)

Alnvatchen

(SpCde)

Fest installierte thematische Angebote im Raum. Welche?

(z.B. Puzzle-Ecke, Übungsbüro, Spielecke für gemeinsames Spiel, Bücherecke, Computer):

Computer,

Werken'.

Kreativem

Ge^taltew.

Kuheraimv.

^Jxf Spezielle Aktivitäten an besonderen Orten außerhalb des Gruppenbereichs (z.B. Kochen in der Küche, Sport in der Turnhalle, Essen in der Kantine; Körperhygiene im Bad):

Kochen Snon^eletv

(Küche/),

Spoilt (Turnhalle)

Tcriletterufönge/.

(Snoezelrcuurv)

^ ^ Umgang mit visuellen Informationen und Tagesplänen 72

ScnAxxl-Chdr

(Aula/)

2. Welche

BEREICHE

gibt es schon?

Welche Bereiche haben Sie bereits eingerichtet? Wie sehen die jeweiligen äußeren Rahmenbedingungen aus (z.B. Art und Stellung der Möbel; Ausmaß des Platzes; Art und Menge der zugänglichen Reize)? Bedenken Sie sowohl Orte, an denen sich mehrere Gruppenmitglieder aufhalten oder treffen, als auch Bereiche für einzelne (z.B. spezieller Sessel, Ruheraum). Überprüfen Sie:

Füllen



Welche Aktivitäten, die im selben Bereich stattfinden, sind mit ähnlichen Erwartungen an das Verhalten der Personen mit Autismus verbunden? (z.B. sitzen bleiben; Anweisungen folgen; vorgegebener Umgang mit Material; freier Umgang mit Material; Einhalten zeitlicher Vorgaben)



Welche Aktivitäten, die im selben Bereich stattfinden, sind mit gegensätzlichen Erwartungen an das Verhalten der Gruppenmitqlieder verbunden? (z.B. Freispiel vs. Arbeit; selbstständige Beschäftigung vs. interaktive Angebote)

Sie nun die Tabelle

aus:

Aktivitäten, die einen ähnlichen organisatorischen Rahmen benötigen und ähnliche Erwartungen an das Verhalten der Beteiligten stellen, können am ehesten am selben Ort durchgeführt werden, ohne dass dadurch Verwirrung entsteht.

73

3.

Welche

BEREICHE

sollte es geben?

Bedenken Sie die Flexibilität und räumliche Orientierungsfähigkeit Ihrer Gruppenmitglieder. Die Einrichtung welcher inhaltlich getrennter Bereiche erscheint sinnvoll, damit auch das schwächste Gruppenmitglied sich möglichst selbstständig im Raum zurechtfinden kann?

Wenn der Platz nicht ausreicht, zusammenfassen:

um alle Bereiche

einzurichten,

müssen

Sie

weiter



Schauen Sie in der Tabelle nach, welche Aktivitäten in Bereichen mit ähnlicher Ausstattung dennoch unterschiedliche Erwartungen an die Teilnehmer stellen.



Überlegen Sie, welche markante Veränderung Sie schnell und flexibel an der räumlichen Gestaltung des Bereichs vornehmen können, um auf eine klare Unterscheidung der dort stattfindenden Aktivitäten hinzuweisen (z.B. anderes Stuhlkissen, andere Tischdecke, Vorhang vorziehen).

74

kann es durchaus vorkommen, dass manche Personen unterschiedliche Formen der Strukturierung benötigen. Oftmals hängt es ganz von der Situation ab, welche konkreten Hilfen eingesetzt werden. Daher muss keineswegs jedes Gruppenmitglied nur einer Form der Strukturierung zugeordnet werden. Wichtig ist jedoch darauf zu achten, dass man jede Person nur den Strukturierungshilfen zuordnet, die für den Betreffenden notwendig sind, um möglichst selbstständig zu handeln. Das heißt, es geht darum, den Bedarf einer Person zu erfassen und nicht, alle für diese Person denkbaren Hilfen aufzulisten.

sein, dass ein Kind das Malen stets mit einem Pinsel in Verbindung bringt, während für ein anderes die Malschürze relevant ist. In ähnlicher Weise kann für den Einen das Piktogramm einer Schaukel den Spielplatz bedeuten, wohingegen ein Anderer die schematische Abbildung einer Rutsche mit dem Spielplatz verbindet und ihm die Schaukel nichts sagt. c) Umgang mit räumlichen Strukturierungshilfen: Das Prinzip des „Eincheckens" Durch die Einteilung in übersichtliche Bereiche und das Kennzeichnen der jeweiligen Orte können räumliche Zusammenhänge leichter visuell erfasst werden. Diese Wirkung wird durch die Klarheit in der Gestaltung selbst erzielt. Man muss nur hinschauen und auf die relevanten Merkmale achten, dann kann man die Zusammenhänge erkennen. Darüber hinaus besteht jedoch auch noch die Möglichkeit, die Zuordnungen handelnd herzustellen, indem man zusammen gehörende Dinge zueinander bringt und konkret miteinander verbindet. Dies ist das Prinzip, das hinter dem „Einchecken" steckt: Von einem Ort (Startpunkt) wird ein Hinweis auf den Zielort mitgenommen. Dieser Hinweis ist so gestaltet, dass er dem Zielort nach einem bestimmten Aspekt zugeordnet und dort befestigt oder abgelegt werden kann. Einige Beispiele dazu wurden im vorherigen Kapitel bereits genannt. So bekommt ein Kind ein Foto der Küche mit auf den Weg zur Küche, wo es dieses in einen Umschlag mit derselben Abbildung steckt, oder es nimmt den Ball vom Tagesplan mit in die Turnhalle, wo es damit spielt.

Nachdem man einen Überblick darüber gewonnen hat, welche Formen der räumlichen Strukturierung für die Mitglieder einer Gruppe sinnvoll und notwendig sind, kann man entscheiden, wie die Bereiche voneinander abgegrenzt und welche visuellen Hinweise und Ortsbezeichnungen verwendet werden sollen. Dabei kann es übrigens in manchen Fällen sinnvoll sein, mehrere Hinweise an einem Ort anzubringen - für jeden die Art, die er versteht. Es hat sich gezeigt, dass in der Regel jeder auf das achtet, was für ihn wichtig und informativ ist, so dass die anderen Hinweise nicht unbedingt verwirren. Aber das ist - wie im Grunde alles - im Einzelfall auszuprobieren! Häufig besteht in einer Einrichtung der Wunsch, gruppenübergreifend im ganzen Haus einheitliche Bezeichnungen anzubringen. Dadurch soll es den Nutzern der Einrichtung ermöglicht werden, sich in einem größeren Umfeld zurecht zu finden. Während dies ein berechtigtes Anliegen ist, scheitert die Umsetzung jedoch oft an den individuellen Grenzen der Personen, welche die Einrichtung nutzen. Das Abstraktionsvermögen der Einrichtungsbesucher ist in der Regel recht unterschiedlich ausgebildet, so dass keineswegs alle etwas mit Fotos oder Piktogrammen anfangen können. Der Weg im TEACCH Ansatz ist der, dort anzusetzen, wo die Person bereits steht und jeweils diejenige Form der S t r u k t u r i e r u n g zu wählen, die für den Einzelnen bedeutsam und verständlich ist. Dieser individuelle Zugang lässt sich selten mit einer für alle in einer Einrichtung vorgegebenen Form vereinbaren. Ein Mittelweg könnte darin bestehen, Signale und Hinweise auf unterschiedlichen Abstraktionsstufen zu entwikkeln und diese einrichtungsweit nebeneinander zu verwenden. Olfen bleibt dabei jedoch, ob diese allgemein gültigen Bezeichnungsformen - unabhängig vom Abstraktionsniveau - für jeden tatsächlich bedeutungsvoll werden. So kann es

Das Einchecken ist eine Strategie, die sinnvoll angewendet werden kann, wenn die selbstständige Bewältigung eines Weges nicht gelingt, weil der Betreffende sich leicht ablenken lässt oder vergisst, wohin er unterwegs ist. Der Gegenstand (Objekt oder Karte), den er mit auf den Weg nimmt, um sich damit einzuchecken, dient als Gedächtnisstütze. Er hilft auch die Aufmerksamkeit zu bündeln oder sie wieder auf das eigentliche Handlungsziel zurückzuführen, wenn sich das Kind unterwegs doch hat ablenken lassen. Durch den Vergleich des mitgebrachten Gegenstandes mit den Hinweisen am Ziel k a n n das Kind zudem selbst überprüfen, ob es am richtigen Ort angekommen ist. Da viele Menschen mit Autismus einen starken Ordnungssinn besitzen und oft Dinge aufräumen oder in bestimmter Weise arrangieren, kommt 75

Formen räumlicher Strukturierung: Bedarfserhebung A. Erkennt: Wo soll ich m i c h aufhalten?

Namen der Gruppenmitglieder

1. Kann sich in einem bestimmten Bereich aufhalten, wenn dieser durch Wände oder feststehende Möbel klar eingegrenzt ist: (a) wenn der Bereich rundum begrenzt ist (verschließbarer Eingang) (b) wenn der Bereich nicht rundum abgeschlossen ist (offener Eingang) (c) wenn der Bereich an drei Seiten begrenzt ist

(b) (c)

2. Kann sich in einem bestimmten Bereich aufhalten, wenn dieser durch spürbare, aber weniger stabile Grenzen definiert ist:

(a) (b)

(a) wenn der Bereich durch bewegliche Stellwände abgetrennt ist (b) wenn der Bereich durch einen Vorhang abgetrennt ist (c) wenn der Bereich durch eine gespannte Schnur begrenzt ist

CTi

(a)

(c)

3. Kann sich in einem bestimmten Bereich aufhalten, wenn dieser durch visuelle Hinweise definiert ist:

(a)

(a) durch einen anderen Bodenbelag, der sich vom Nachbarbereich absetzt (b) durch eine besondere farbliche Gestaltung (Wände, Boden, Möbel,...) (c) durch Markierungen/Striche auf dem Boden 4. Kann sich in einem bestimmten, aber offenen Bereich aufhalten, wenn dieser durch die funktionale Zusammenstellung der dort vorhandenen Gegenstände definiert ist:

(b) (c)

(a)

(a) durch aufeinander ausgerichtete Möbel (z.B. Sitzgruppe) (b) durch das für eine bestimmte Aktivität notwendige Material (z.B. Farben am Maltisch) 5. Kann sich in einem Bereich auf einem bestimmten Platz aufhalten (Sitzplatz oder Stehplatz): (a) auf einem durch einen Gegenstand markierten Platz (z.B. „Standpunkt", spezielles Sitzkissen) (b) an einem Platz, der mit einem Foto des Betreffenden gekennzeichnet ist (c) an einem Platz, der durch ein Namensschild gekennzeichnet ist (d) auf einem verbal bezeichneten Platz (z.B. „an der Tür")

(b) (c)

(a) (b) (c) (d)

I I I I 1 I I I I I I I I I 1 I I I I 1 1I © 2005 BORGMANN

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- Dortmund

• Häußler.

Bestell-Nr.

9358 • Nachdruck

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Formen räumlicher Strukturierung: Bedarfserhebung (Forts.) B. Erkennt: W o passiert w a s ? 1. Erkennt die Funktion eines Bereiches, wenn diese durch dessen Ausstattung ersichtlich wird: (a) durch einen bestimmten, stets dort befindlichen Gegenstand, der auch immer genutzt wird (z.B. Schürze) (b) durch einen bestimmten, stets dort befindlichen Gegenstand, der jedoch nicht immer zum Einsatz kommt (z.B. Pinsel) (c) durch die Art der Materialien (z.B. Malutensilien unterschiedlicher Art, die je nach Bedarf wechseln) (d) durch eine bestimmte räumliche Gestaltung (z.B. farbige Tischdecke, welche den Maltisch kennzeichnet) 2. Erkennt die Funktion eines Bereiches, wenn diese durch Bilder angezeigt wird: (a) durch Fotos (Abbildung der Person bei der Durchführung der Aktivität) (b) durch Fotos (konkret: Abbildung von dort befindlichen Materialien) (c) durch Fotos (allgemein: Abbildung von für die Aktivität typischer Materialien, z.B. Pinsel für „Malen", auch wenn es dort Stifte gibt) (d) durch Zeichnungen oder Piktogramme

Namen der Gruppenmitglieder (a) (b) (c) (d)

(a) (b) (c) (d)

3. Erkennt die Funktion eines Bereiches, wenn diese durch schriftliche Hinweise bezeichnet wird: (a) durch Bezeichnung des Ortes (z.B. Ruheraum) (b) durch Bezeichnung der Aktivität (z.B. Schlafen) (c) durch eine Kombination von Wörtern (z.B. Musik hören)

(a) (b) (c)

Formen räumlicher Strukturierung: Bedarfserhebung (Forts.) C. Erkennt: Wo gehört was hin?

Namen der Gruppenmitglieder

1. Erkennt die Zuordnung von Gegenständen zu bestimmten Orten, wenn diese durch konkretes Material deutlich gemacht wird:

(a)

(a) durch ein identisches Objekt am Zielort (z.B. ein Teller im Schrank, wo die anderen Teller gestapelt werden) (b) durch ein nicht identisches Objekt derselben Kategorie am Zielort (z.B. ein Stift in der Stiftschachtel) (c) durch ein zum Gegenstand passendes Objekt am Zielort (z.B. eine Untertasse steht dort, wo eine Tasse aufgestellt werden soll) (d) der Zielort wird durch eine Miniatur gekennzeichnet (e) der Zielort wird durch einen Teil eines entsprechenden Gegenstandes gekennzeichnet (z.B. Etikett der Flasche)

(b)

2. Erkennt die Zuordnung von Gegenständen zu bestimmten Orten, wenn diese durch Schablonen deutlich gemacht wird:

(c) (d) (e) (a)

(a) durch eine Abbildung in Originalgröße mit erhöhtem Umriss, so dass das Objekt eingepasst werden kann (Schablone zum Einsetzen) (b) durch ein Bild in Originalgröße, auf welches das Objekt aufgelegt werden kann (Schablone zum Auflegen) (c) durch eine Schattenriss-Schablone in Originalgröße (zum Auflegen) (d) durch eine Umriss-Schablone in Originalgröße (zum Auflegen) 3. Erkennt die Zuordnung von Gegenständen zu bestimmten Orten, wenn der Ort durch Bilder gekennzeichnet wird:

(b) (c) (d) (a)

(a) durch ein Foto des konkreten Gegenstandes (b) durch ein Foto eines nicht identischen Gegenstandes derselben Kategorie (c) durch eine Zeichnung oder ein Piktogramm

(b) (c)

4. Erkennt die Zuordnung von Gegenständen zu bestimmten Orten, wenn der Ort durch gleiche Farbgebung bezeichnet ist. 5. Erkennt die Zuordnung von Gegenständen zu bestimmten Orten, wenn der Ort durch einen schriftlichen Hinweis gekennzeichnet wird.

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1 I I I I I I I 1 I I I I I I I I I I I I I

des Kindes orientieren. In der Regel ist es am einfachsten, wenn man auf Objekte oder Bilder zurückgreifen kann, die für den Betreffenden bereits eine Bedeutung haben und die er mit dem Ort oder der dort stattfindenden Aktivität verbindet. Ansonsten sollte man geeignete Hinweise auswählen und deren Bedeutung durch konsequenten Einsatz im Zusammenhang mit dem Weg zu dem betreffenden Ort einüben. Das heißt, je nach Zuordnungsfähigkeit des Kindes werden Gegenstände, Teile von Objekten, Bilder oder Symbole ausgewählt und dem Kind jedes Mal in die Hand gegeben, bevor man es zu dem betreffenden Ort bringt. Beim Einchecken handelt es sich um das Zuordnen eines Gegenstandes (Objekt, Foto, Bildkarte, Wortkarte) zu einem bestimmten Ort. Daher kann man sich bei der Auswahl des Zuordnungsprinzips an den Informationen orientieren, die man in der Bedarfserhebung zu Formen räumlicher Strukturierung (Teil 3. Wogehört was hin?) gesammelt hat. So lässt sich leichter einschätzen, welche Form des Eincheckens für eine Person sinnvoll ist. Die Übersicht auf Seite 80 gibt einige Anhaltspunkte dafür, wie das Prinzip des Eincheckens umgesetzt werden kann.

ihnen das Einchecken häufig entgegen. Dass der Gegenstand zum Einchecken am Zielort einen klar definierten Platz hat - manchmal ist dieser auch so gestaltet, dass der Gegenstand sich ganz genau einpassen lässt - steigert die Motivation, ihn an den richtigen, für ihn bestimmten Ort zu bringen (also zum Beispiel die Karte durch einen Schlitz in den passenden Umschlag zu stekken). Es muss jedoch betont werden, dass die Strategie des Eincheckens nicht in jedem Fall sinnvoll oder notwendig ist! Hat man sich entschieden, das Einchecken als Strategie zu nutzen, sind noch einige praktische Fragen zu klären. Zum Einen muss entschieden werden, wie der Platz für den Gegenstand zum Einchecken am Zielort gestaltet sein soll: Kann es ein offener Behälter sein oder sollte der Gegenstand in einem verschlossenen Behälter verschwinden? Reicht es, den Gegenstand abzulegen oder sollte er fixiert werden? Ist es wichtig, dass der Gegenstand in eine Mulde oder Schablone eingepasst werden kann? Eine zweite Frage betrifft die Entscheidung, was nach Beendigung der Aktivität mit dem Gegenstand geschehen soll, mit dem man sich eingecheckt hat. Es besteht die Möglichkeit, ihn am Ende „aufzuräumen" und sozusagen als letzten Akt der Aktivität in eine „Fertig-Kiste" zu legen oder zu einen Sammelpunkt zu bringen. (Dies setzt voraus, dass er auch nach dem Einchecken noch zugänglich ist, er also nicht in einem verschlossenen Behälter landet). Nicht selten wird das System aber auch so gestaltet, dass der Gegenstand nach dem Einchekken an seinem Platz bleibt. Am Ende der Aktivität erhält der Betreffende dann einen Hinweis auf den nächsten Zielort, oder er weiß aus Routine, dass er zu seinem Tagesplan gehen muss um sich darüber zu informieren, was als nächstes kommt. Die erste Lösung bedeutet für die Betreuungspersonen etwas weniger Arbeit, da sie nicht alle Gegenstände selbst wieder von den verschiedenen Orten einsammeln müssen. Andererseits könnte es für das Kind verwirrend sein, dass derselbe Hinweis es einmal zum Zielort führt und ein anderes Mal zu einem Sammelpunkt. - Wie bei allem gibt es auch hier kein „richtiges" oder „falsches" Vorgehen, sondern man muss durch Ausprobieren das System finden, mit dem der Betreffende am besten zurecht kommt!

d) Entwicklungsrichtungen bei der Gestaltung räumlicher Strukturierungshilfen Das Streben nach „normaler aussehenden" Strukturierungshilfen bei der Organisation des Raumes führt dazu, dass die Begrenzungen der einzelnen Bereiche nach Möglichkeit immer weniger massiv und auffällig gestaltet werden. Ohne dass notwendigerweise jede Stufe durchlaufen werden müsste, kann man sich an den folgenden Abstufungen orientieren (siehe Seite 81). Auch die Entwicklung und der Einsatz mobiler Strukturierungshilfen, die flexibel in unterschiedlichsten Situationen Anwendung finden können, ist sinnvoll. Hierzu zählen kleine Matten, die nach Bedarf'hingelegt werden und einen bestimmten Platz markieren („Standpunkte"). Denkbar sind zum Beispiel auch Kärtchen mit einem großen X darauf, die auf eine Fläche gelegt werden können, um „da" anzuzeigen. Was die Hinweise auf die Funktion eines Bereiches betrifft, so geht die Entwicklung hin zu immer abstrakteren Formen der Kennzeichnung. In der normalen Umwelt finden wir neben schriftlichen Hinweisen auch oft Symbole oder Piktogramme, welche die Toilette, den Ausgang oder den Fernsehraum bezeichnen. Daher sollte man versuchen, bei der Verwendung von Piktogrammen auch die Abbildungen einzusetzen, die im Umfeld des Betref-

Eine dritte, wesentliche Frage bezieht sich schließlich darauf, wie der Zusammenhang des Gegenstandes mit dem Zielort deutlich gemacht wird. Welche Form der Zuordnung genutzt wird, kann von Fall zu Fall sehr unterschiedlich sein und sollte sich an den individuellen Fähigkeiten und Interessen 79

Formen des Eincheckens Form des Eincheckens Einchecken mit funktionalen Gegenständen

Einchecken mit identischen Gegenständen

Einchecken mit repräsentativen Gegenständen

00

o

Einchecken mit identischen Abbildungen

Einchecken mit ähnlichen Abbildungen

Einchecken mit symbolischen Hinweisen

Einchecken mit schriftlichen Hinweisen

Definition Ein Gegenstand, der am Zielort in der Aktivität verwendet wird und dort einen festen Platz hat, wird zum Zielort mitgenommen. Ein Gegenstand wird zum Zielort mitgenommen, an dem sich ein entsprechendes Gegenstück befindet. Der Gegenstand wird zu dem anderen gestellt oder an ihm befestigt. Ein Gegenstand, der von seiner Art her oder aufgrund der individuellen Bedeutung für das Kind mit einer bestimmten Aktivität in Verbindung steht, wird zum Ort der Aktivität mitgenommen und dort an einem festgelegten Ort abgelegt. Eine Karte mit einer Abbildung (Foto, Zeichnung, Piktogramm) wird zum Zielort mitgenommen, wo sich eine identische Abbildung befindet. Die Abbildungen werden einander zugeordnet und miteinander verbunden. Eine Karte mit einer Abbildung (Foto, Zeichnung, Piktogramm) wird zum Zielort mitgenommen, wo sich eine ähnliche Abbildung befindet. Die Abbildungen werden einander zugeordnet und miteinander verbunden. Eine Karte mit einem bestimmten Kennzeichen (geometrische Form, Farbe, Bild) wird zum Zielort mitgenommen, der mit demselben Kennzeichen markiert ist. Eine Karte mit der schriftlichen Bezeichnung des Zielortes oder der Aktivität wird mitgenommen und dem identischen Wort zugeordnet.

• • • • • • • • • • • • • • • •

Beispiele Ein Teller wird zum Tisch gebracht und am eigenen Essplatz abgestellt (ggf. auf einer Schablone). Eine Windel wird ins Bad zum Windelwechseln mitgenommen. Ein Kissen wird zum Stuhl gebracht, um sich dort darauf zu setzen. Ein Turnschuh wird zum Turnraum mitgenommen und dort neben dem Zweiten des Paares an einen Haken gehängt. Ein Kochlöffel wird in der Küche in eine Röhre gestellt, an der außen ein Kochlöffel befestigt ist. Eine Wäscheklammer wird am Eingang der Waschküche neben einer anderen auf ein kleines Stück Wäscheleine befestigt. Ein Legostein steht für „Spielen" und wird am Eingang der Spielecke in einen Kasten geworfen. Eine leere Brötchentüte steht für den Gang zum Bäcker und wird an der Haustür ein eine Schachtel gelegt. Dafür nimmt sich das Kind die dort stehende Einkaufstasche. Ein Foto vom Kind am Arbeitsplatz wird am Arbeitsplatz in einen Umschlag gesteckt, auf dem dasselbe Foto abgebildet ist. Das Piktogramm einer Toilette wird an der Tür zur Toilette auf eine Magnettafel geheftet, die dasselbe Piktogramm aufweist. Ein Bild vom Sandkasten wird mit Klettband unter dem identischen Bild angeheftet, das sich am Sandkasten befindet. Ein kleines Bild einer Puppe wird in der Puppenecke durch einen Schlitz in einen Kasten geworfen, auf dem ein großes Bild einer Puppe zu sehen ist. Ein Piktogramm eines Buches wird in der Leseecke in einen Umschlag gesteckt, auf dem mehrere Bücher zu sehen sind. Die Stationen eines Parcours in der Turnhalle sind numeriert. Das Puzzleteil mit der entsprechenden Zahl wird zum jeweiligen Gerät mitgenommen und dort in das Puzzle eingepasst. Der eigene Garderobenhaken ist mit einem Drachen gekennzeichnet. Die Karte mit dem Drachen wird am Zielort mit Klett befestigt. Uber dem Spielbereich hängt ein Schild mit der Aufschrift „Pause". Die Karte mit der Aufschrift „Pause" wird am Eingang zur Spielecke in einen Umschlag getan. Ggf. steht auf dem Umschlag dasselbe Wort.

I I I I I 1 I 1 I I I 1 I 1 1 I 1 1i

Gestaltungsformen räumlicher Begrenzungen 1. Massive, spürbare Grenzen

z.B. Wände, Regale, Raumteiler

2. Flexible spürbare Grenzen

z.B. Stellwände, Vorhänge

3. Symbolische spürbare Grenzen

z.B. Stuhl vor der Tür, Schnur vor dem Eingang

4. Markierungen und farbliche Gestaltung

z.B. Strich auf dem Boden, anderer Bodenbelag, farbige Wände

5. Organisation der Möbel nach funktionalen Aspekten

z.B. Gruppierung von Stühlen um einen Tisch

fenden sowieso vorkommen. Da die Verwendung standardisierter Piktogramme und Symbole jedoch nicht immer sinnvoll ist, gilt es - wie immer - im Einzelfall zu prüfen, ob dieser Weg eingeschlagen werden sollte.

standteilen der Arbeit nach dem TEACCH Ansatz. Darüber hinaus werden Zeitpläne je nach Bedarf eingesetzt, um über den Ablauf von Ereignissen innerhalb bestimmter Zeitabschnitte oder über den Zeitpunkt des Eintreffens festgelegter Ereignisse zu informieren.

Arbeit mit Zeitplänen

Bevor man überhaupt mit der Gestaltung eines Plans beginnt, gilt es daher abzuklären, um welche Art von Plan es sich handelt. Sowohl die Funktion des Plans, als auch der Kontext, in dem er Anwendung findet, sollten eindeutig festgelegt sein. Ein Plan, der zu viele Fragen auf einmal beantworten soll, wird schnell zu vielschichtig. Das erschwert es, die jeweils relevanten Informationen zu entnehmen, und der Plan wird dann nutzlos. Aber auch der Ort, wo sich der Plan befindet, sowie der Zeitpunkt, zu dem auf die Information am Plan zugegriffen wird, müssen so gewählt sein, dass sie der Funktion des Plans entsprechen. Zunächst sollten deshalb folgende Fragen geklärt werden:

a) Inhaltliche Aspekte der zeitlichen Strukturierung durch Pläne: Welche Art von Plan soll gestaltet werden? Wie im vorherigen Kapitel dargestellt, können Zeitpläne für ganz unterschiedliche Zeiträume und Fragestellungen erstellt werden. Es muss sich keineswegs immer um einen Tagesplan handeln, auch wenn Informationen über den Tagesablauf zu denjenigen Inhalten zählen, die immer und in jedem Fall vermittelt werden. Insofern gehört die Erstellung eines individuellen Tagesplans - in welcher Form auch immer - zu den grundsätzlichen Be-

1. Funktion des Plans

Für wen ist der Plan gedacht? Wer soll sich daran informieren? (z.B. ein bestimmtes Kind? Alle in der Gruppe? Personal?) Welche Informationen soll der Plan übermitteln? Welche Frage soll er beantworten? (z.B. Zeitpunkt für den Eintritt eines bestimmten Ereignisses? Ablaufeines Tages? Ablauf einer bestimmten Aktivität? Hinweise zur Verhaltensorganisation?)

2. Kontext der Nutzung

Wo und wann soll auf den Plan zugegriffen werden? An welchem Ort und zu welchem Zeitpunkt wird die Information entnommen'? (z.B. Tagesplan im Flur; Zugriff beim Übergang von einer Aktivität zur nächsten im Tagesverlauf. Oder: Instruktionsplan in der Küche; Zugriff vor jedem nächsten Handlungsschritt. Oder: Ereignisplan im eigenen Zimmer; Aktualisierung abends vor dem Schlafengehen.)

81

Erst wenn Sinn und Zweck des Plans bestimmt sind und der Rahmen für seinen Einsatz festgelegt wurde, können Entscheidungen bezüglich der konkreten Umsetzung getroffen werden. Diese betreffen neben der Gestaltung auch die Handhabung des Plans.

drückt, auf die Länge des Plans. Der kürzeste Plan besteht nur aus einer Information. In diesem Fall erhält der Betreffende einen visuellen Hinweis auf die unmittelbar folgende Aktivität. Wie dieser Hinweis aussieht und wie der Betreffende an die Information kommt, kann dabei sehr unterschiedlich sein. Das betrifft die anderen Aspekte der Plangestaltung. In Zusammenhang mit der Komplexität geht es vielmehr um die Tatsache, dass bereits ein einzelner Hinweis zeitliche Orientierung bieten kann, indem er die Frage: „Was kommt jetzt?" individuell verständlich beantwortet. Da solche Hinweise dazu dienen, den Übergang zur nächsten Aktivität einzuleiten und zu erleichtern, wird im Amerikanischen von „transition object" oder „transition card" gesprochen. Übersetzt heißt das soviel wie „Übergangs-Objekt" (wenn es sich um einen gegenständlichen Hinweis handelt) oder „Übergangs-Karte" (wenn es sich um eine Bild- oder Wortkarte handelt). Um Missverständnisse zu vermeiden und Verwechslungen mit dem tiefenpsychologischen Konzept des „Übergangsobjektes" vorzubeugen und um

b) Gestaltung von individuellen Zeitplänen: Wie soll der Plan aussehen? Das Prinzip der Individualisierung kann in Bezug auf die Gestaltung von Plänen einfacher und u m f a s s e n d e r angewendet werden als bei der Strukturierung eines Raumes, der von mehreren Personen zugleich genutzt wird. Soll ein Plan eingesetzt werden, wird er speziell auf die Person zugeschnitten, f ü r die er gedacht ist. D a h e r kommt es nur sehr selten vor, dass Pläne für verschiedene Personen einander gleichen. Es gibt auch keinen „richtigen" oder „falschen" Plan. Die Frage ist immer nur, ob er für den Betreffenden sinnvoll ist - der Plan also seine Funktion erfüllt - und ob die Gestaltung des Plans einen möglichst selbstständigen Umgang erlaubt. Die Individualisierung bezieht sich hierbei auf die folgenden fünf Aspekte: •

Komplexität

->

Wie viele Informationen werden gegeben?



Abstraktionsniveau

->

Wie werden die Informationen dargestellt?



Inhalt der Darstellungen



Welche Informationen werden vermittelt?



Material

->

Woraus wird der Plan gestaltet?



Format und Organisation

Wie werden die Informationen angeordnet und der Plan als Ganzes gestaltet? auch nicht auf ein bestimmtes Abstraktionsniveau festzulegen, spreche ich in diesem Zusammenhang lieber von „Übergangshinweisen". Der Einsatz solcher einzelnen Hinweise bietet sich an, wenn der Betreffende nur eine Information zu einer Zeit verarbeiten kann und eher durcheinander kommt, wenn man ihm einen ausführlicheren Ausblick zu geben versucht. Die Aneinanderreihung von zwei Informationen als Hinweis auf die nächste und übernächste Aktivität setzt voraus, dass das Kind ein Konzept von „Erst - Dann" entwickelt hat. Sobald dies der Fall ist, wird es möglich visuelle Hinweise einzusetzen, um die Motivation zu steigern. Kann das Kind anhand des Plans erkennen, was es nach Beendigung der ersten Aktivität erwartet, kann dies seine Bereitschaft fördern, sich auf die erste Aktivität einzulassen - vorausgesetzt natürlich, dass das folgende Angebot einen belohnenden Charakter hat!

In Bezug auf jeden dieser Aspekte sind unterschiedlichste Formen der Umsetzung denkbar. Welche Form jeweils die geeignete ist, lässt sich im Allgemeinen nur durch Ausprobieren feststellen. Leider gibt es keinen Test, dessen Ergebnis einem am Ende sagt, wie ein bestimmter Plan auszusehen hat. So bleibt es die Aufgabe des Pädagogen, auf der Basis der ihm bekannten Informationen nach bestem Wissen eine Strukturierungshilfe zu gestalten. Selten wird gleich der erste Versuch die optimale Lösung bringen. In der Regel muss man einfach irgendwo anfangen und sich nach und nach durch Versuch und Irrtum an die am besten geeignete Gestaltungsform herantasten. • Komplexität Der Aspekt der Komplexität bezieht sich auf die Menge der Informationen oder, anders ausge-

82

Ein Ausblick, der über die aktuelle Aktivität hinausgeht, hilft auch Wartezeiten besser zu bewältigen. So kann zum Beispiel jemand, der jetzt gern spazieren gehen möchte, eher nachvollziehen, dass er so lange warten muss, bis alle in der Gruppe die Schuhe angezogen haben, wenn er am Plan sieht: „Erst Schuhe anziehen, dann Spaziergang". Dabei ist es wichtig, die Dauer der Wartezeit verständlich darzustellen. Oft ist es in so einem Fall schwierig zu vermitteln, dass es darum geht, dass alle anderen die Schuhe anziehen müssen. Dann könnte es sinnvoll sein einen Timer zu stellen und zu erklären: „Erst warten (bis zum vereinbarten Signal), dann spazieren gehen!" Durch die verbindliche Zusage der gewünschten Aktivität wird es oft leichter, die Verzögerung bis zu deren Eintreffen auszuhalten. J e nach Funktion des Plans können sich die Informationen natürlich auch auf andere Inhalte beziehen als die unmittelbar anstehenden Aktivitäten, wie dies bei einem Tagesplan der Fall ist. Ein Instruktionsplan kann zum Beispiel anzeigen, wer bei einer gemeinsamen Beschäftigung an der Reihe ist: „Erst ich, dann du!" Oder ein Plan für besondere Ereignisse kann deutlich machen: „Erst Nikolausfest, dann Weihnachten!"

fe, um ihm das Warten auf die anderen zu erleichtern. In diesem Fall ist es sinnvoller, die Information „Erst warten, dann Spazierengehen" bei Bedarf an der Tür zu geben, als einen Hinweis auf das mögliche Warten in den Tagesplan zu integrieren. • Art der Darstellung / Abstraktionsniveau— Die visuellen Hinweise auf Aktivitäten oder Ereignisse müssen keineswegs in Form von Bildern an einem Plan erscheinen - auch wenn dies oft eine passende Lösung darstellt und daher in vielen Fällen mit Bildern gearbeitet wird. Ebenso müssen die Informationen an den Plänen nicht unbedingt als Karten gestaltet sein, obwohl sich auch das sehr häufig als sinnvoll erweist. Im Gegensatz zu einem weit verbreiteten Vorurteil beschränkt sich der TEACCH Ansatz in keiner Weise auf den Einsatz von Bildkarten. Vielmehr werden alle denkbare Darstellungsformen genutzt, die sehr unterschiedliche Anforderungen an das Abstraktionsvermögen stellen. In der unten stehenden Übersicht ,Abstraktionsniveaus für visuelle Hinweise" (S. 84-85) finden sich die gängigen Formen zur Abbildung von Informationen, zusammen mit erläuternden Beispielen und den jeweiligen kognitiven Anforderungen. Ohne einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben, bietet sie einen Überblick über die Vielfalt der Darstellungsformen. Diese reichen von sehr konkret bis sehr abstrakt, wobei auch immer noch weitere Zwischenstufen denkbar sind (z.B. die Verbindung eines Fotos mit dem konkreten Gegenstand oder das Befestigen eines Gegenstandes auf einer Karte). Für die Übersicht war es sinnvoll, die einzelnen Formen der Darstellung so zu ordnen, dass sie zunehmend a b s t r a k t e r werden. Das heißt jedoch nicht, dass notwendigerweise alle Stufen der Reihe nach eingeführt und gelernt werden müssen. Vielmehr geht es in der Übersicht darum, die Vielfältigkeit deutlich zu machen und Anhaltspunkte für die Auswahl von Darstellungsformen zu geben.

Pläne mit drei oder mehr Informationen bieten Orientierung darüber, dass etwas stattfinden und an welcher Stelle im Ablauf es eintreffen wird. Die Dauer bis zum Eintritt des Ereignisses lässt sich insofern am Plan ablesen, als der Betreffende nachschauen kann, was zuvor noch alles passieren wird. Ein selbstständiger Umgang mit solchen Plänen erfordert, dass das Kind in der Anordnung der Hinweise eine Reihenfolge erkennt und diese einhält. In der Praxis kann man übrigens durchaus Pläne unterschiedlicher Komplexität miteinander kombinieren. So kommt es oft vor, dass ein Kind zwar einen längeren Tagesplan nutzt, aber am Ende einer jeden Aktivität immer wieder einen einzelnen Hinweis braucht, der es zum Plan zurückführt. Dies ist der Fall, wenn es (noch) nicht zur Routine geworden ist, sich am Plan über die nächste Aktivität zu informieren, wenn man etwas beendet hat. In ähnlicher Weise kann auch ein „Erst-Dann"-Plan immer wieder zwischendurch eingesetzt werden, um in einer akuten Situation Klärung zu schaffen. Greifen wir das Beispiel von vorhin auf: Ein Kind hat sich entsprechend seines Tagesplans auf den Spaziergang vorbereitet und die Schuhe angezogen. Jetzt braucht es an der Wohnungstür eine kleine Hil-

Bei der Entscheidung, wie eine Information am Plan dargestellt werden soll, spielen unterschiedliche Aspekte eine Rolle. Ganz wichtig ist natürlich, welche kognitiven Voraussetzungen derjenige mitbringt, für den der Plan gemacht wird. Hier geht es im Wesentlichen um die Zuordnungsfähigkeit und das Abstraktionsvermög e n in Bezug auf visuelles Material. Anhand von Aufgaben zum Zuordnen, Sortieren und Kategorisieren lassen sich entsprechende Informationen sammeln. Die Checkliste zur Überprüfung der 83

Abstraktionsniveaus für visuelle Hinweise Form der Darstellung

Voraussetzungen

Beispiele

Funktionales Objekt

Die Tasse, aus der das Kind tatsächlich trinkt, verweist auf die Trinkpause. (Signalwirkung wird erhöht durch auffällig gestaltete Tasse.)

• •

Erkennen des Gegenstandes Erkennen der Funktion des Gegenstandes

Repräsentatives Objekt (identisch / ganz)

Eine Toilettenrolle verweist auf den Toilettengang. Beim Handlungsvollzug wird das Toilettenpapier von einer anderen Rolle genommen, die genauso aussieht.

• •

Erkennen des Gegenstandes Erkennen der Funktion des Gegenstandes Zuordnung identischer Objekte

Ein Stück Stoff, das dem Kissenbezug des Kissens gleicht, das immer auf dem Wasserbett liegt, steht für „Wasserbett".



Repräsentatives Objekt (identisch / Teil)



• •

Repräsentatives Objekt (Kategorie)

Repräsentatives Objekt (Kategorie / Teil)

Eine Musikkassette verweist auf „Musik hören". In den Recorder wird eine andere Kassette eingelegt. (Höherer Schwierigkeitsgrad: Es wird eine CD eingelegt.)

• •

Ein Stück einer Müsliverpackung steht für „Frühstück". Beim Frühstück selbst gibt es Müsli aus einer anderen Packung oder auch gar kein Müsli.





• •

Miniatur (identisch)

Miniatur (Kategorie)

Eine verkleinerte Ausgabe des in der Aktivität zu verwendenden Originalgegenstandes verweist auf die Aktivität (z.B. kleiner Holzkochlöffel steht für Kochen).

• •

Eine Toilette aus der Puppenstube verweist auf den Toilettengang. Das Puppenmöbel sieht anders aus als die reale Toilette.

• •



• Foto (konkret)

Ein Foto von der betreffenden Person auf einem Pferd in der üblichen Reithalle steht für Reiten.



Ein Foto vom Reithelm der betreffenden Person steht für Reiten.



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Erkennen des Gegenstandes als Bestandteil eines größeren Ganzen Wissen um die Funktion des (ganzen) Gegenstandes Zuordnung identischer Objektteile Erkennen des Gegenstandes Erkennen der Funktion des Gegenstandes Zuordnung (ähnlicher) Objekte mit derselben Funktion Erkennen des Gegenstandes als Bestandteil eines größeren Ganzen Wissen um die Funktion des (ganzen) Gegenstandes Zuordnung (ähnlicher) Objekte mit derselben Funktion Erkennen der Miniatur Zuordnung der Miniatur zum Originalgegenstand auf der Basis des gleichen Erscheinungsbildes Kenntnis der Funktion des Originalgegenstandes Erkennen der Miniatur Zuordnung der Miniatur zum Originalgegenstand auf der Basis äußerlicher Ähnlichkeit und/oder derselben Funktion Kenntnis der Funktion des Originalgegenstandes Verständnis von Bildern (Fotos): Zuordnung von Gegenständen zu ihren (verkleinerten) identischen Abbildungen Kenntnis der speziellen Funktion des abgebildeten Gegenstandes Ggf. Erkennen der eigenen Person auf einem Foto in Verbindung mit der ausgeführten Aktivität

Abstraktionsniveaus

Form der Darstellung Foto (Kategorie)

Beispiele Das Foto eines Sessels aus einem Möbelkatalog steht für „Pause". Der Sessel sieht anders aus als der in der Pausenecke. Ggf. steht in der Pausenecke auch gar kein Sessel (nur ein Sofa).

Ein gemalter Bus steht für „Nach Hause fahren". Ein rennendes Strichmännchen steht für „Joggen". (Durch den Einsatz entsprechender Farben und/oder die Abbildung spezifischer Einzelheiten des Originalgegenstandes kann das Erkennen erleichtert werden.)

Piktogramm

Die schematische Darstellung eines Flugzeugs verweist auf eine Flugreise. Die schematische Darstellung einer Person auf einem Stuhl weist darauf hin, dass man im Wartebereich Platz nehmen soll.



















Symbol

(Forts.)

Voraussetzungen

Das Foto irgend einer Person, die Ball spielt, steht für „Ball spielen".

Zeichnung

für visuelle Hinweise

Ein Fragezeichen weist darauf hin, dass jetzt die „Rätselstunde" folgt.

Verständnis von Bildern (Fotos): Zuordnung von Gegenständen zu (verkleinerten) realistischen Abbildungen ähnlicher Objekte auf der Basis ihrer Funktion Kenntnis der generellen Funktion des abgebildeten Gegenstandes und Übertragung der Bedeutung auf die reale Situation Ggf. Erkennen der durch die abgebildete Person ausgeführten Handlung als genereller Hinweis auf eine bestimmte Tätigkeit Verständnis von Zeichnungen: Zuordnung von Gegenständen oder Körperhaltungen zu (verkleinerten) Abbildungen aufgrund ähnlicher Merkmale Kenntnis der generellen Funktion des abgebildeten Gegenstandes und Übertragung der Bedeutung auf die reale Situation Erkennen der dargestellten Handlung als genereller Hinweis auf eine bestimmte Tätigkeit Verständnis von Piktogrammen: Zuordnung von Gegenständen oder Körperhaltungen zu (verkleinerten) Abbildungen aufgrund gemeinsamer allgemeiner Merkmale Kenntnis der generellen Funktion des abgebildeten Gegenstandes und Übertragung der Bedeutung auf die reale Situation Erkennen der dargestellten Handlung als genereller Hinweis auf eine bestimmte Tätigkeit



Symbolverständnis: Kenntnis der spezifischen Bedeutung willkürlich definierter visueller Signale

• •

Lesefähigkeit (Ganzwortlesen) Leseverständnis: Verbindung des Begriffs mit dem gemeinten Inhalt

Ein grüner Punkt verweist auf Freispiel, ein rotes Viereck auf ..Arbeit". Schrift

Die aneinandergereihten Buchstaben PAUSE bilden ein Wort und verweisen auf die Pause.

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Einsatz von Bildmaterial. J e mehr Details zwischen Abbildung und Gegenstand übereinstimmen - je realistischer also die Abbildung ist - , desto leichter fällt das Erkennen. Dies ist der Vorteil von Fotos. Dennoch ist es keineswegs immer sinnvoll, Fotos einzusetzen. Denn die Fülle der abgebildeten Details kann auch zu sehr auf einen bestimmten Gegenstand oder eine spezielle Situation festlegen! Wer ein Foto „wortwörtlich" nimmt, wird sich nur in einen grün-gelb gestreiften Sessel setzen, wenn ein solcher abgebildet ist ... In diesem Fall wäre der Einsatz eines Piktogramms sinnvoller, welches als schematische Abbildung auf das Wesentliche reduziert ist und daher auf verschiedenste Situationen angewendet werden kann.

Zuordnungsfähigkeit (S. 87-89) bietet Anhaltspunkte zur Erfassung von Zuordnungen auf ganz unterschiedlichen Abstraktionsniveaus. Insbesondere in Zusammenhang mit der Verwendung von zweidimensionalem Material - also von Abbildungen - werden mehrere Variationsmöglichkeiten berücksichtigt. Diese betreffen die Ähnlichkeit des Bildes mit dem dargestellten Objekt (Form, Farbe, Größe, Menge der Details). Die Tatsache, dass diese Variationen aufgeführt sind, bedeutet jedoch nicht, dass man notwendigerweise alle denkbaren Varianten einer Zuordnung von Objekt und Bild überprüfen müsste. Wenn bekannt ist, dass das Kind mit einer bestimmten Art von Bildmaterial gut umgehen kann, reicht das völlig aus. Kommt das Kind aber mit der Art von Abbildung, wie man sie zunächst angeboten hat, nicht sehr gut zurecht, dann kann man die Art der Abbildung nach unterschiedlichen Aspekten verändern und ausprobieren, ob das Erkennen des Bildmaterials dadurch erleichtert wird. Hierbei will die Checkliste Anregungen geben, indem sie das Augenmerk auf verschiedene Variationsmöglichkeiten lenkt. Für die Praxis ist es aber nicht nur wichtig zu wissen, ob jemand ein Objekt, Bild oder Wort erkennen kann. Es kommt bei der Verwendung von visuellen Hinweisen in Zusammenhang mit Plänen ganz wesentlich darauf an, welche Bedeut u n g der Betreffende mit dem Bild verbindet. Es reicht nicht aus, dass ein Kind das Bild einer Toilette benennen oder es auf Nachfrage zeigen kann. Wenn ein Bild am Plan als Aufforderung gedacht ist, muss es mit dem Gang zu einem bestimmten Ort und/oder der A u s f ü h r u n g einer bestimmten H a n d l u n g in Z u s a m m e n h a n g gebracht werden. Dies kann nur geschehen, indem man konsequent vor dem Gang zu dem betreffenden Ort oder der Durchführung einer Handlung diesen visuellen Hinweis — in Verbindung mit der sprachlichen Aufforderung - einsetzt. Das heißt, dass das Kind zum Beispiel die Abbildung einer Toilette in die Hand bekommt oder dabei begleitet wird, sich diese vom Plan zu holen. Es bekommt gesagt: „Zeit f ü r Toilette!" (oder einen ähnlichen Hinweis) und wird dann zur Toilette gebracht. Nach und nach werden die Hilfen (verbale Aufforderung und direkte Begleitung) zurückgenommen um zu überprüfen, ob der Hinweis am Plan richtig verstanden und selbstständig in Handlung umgesetzt wird. Im Z u s a m m e n h a n g mit dem Verständnis der Bedeutung eines visuellen Hinweises spielt es unter Umständen eine wichtige Rolle, wie konkret dieser gestaltet ist. Dies gilt insbesondere für den 86

Schließlich wird die Entscheidung f ü r eine Darstellungsform auch noch davon abhängen, was praktikabel ist. Nicht immer hat man das entsprechende Bildmaterial pai-at. Fotos sind oft teuer und - auch im Zeitalter der Digitalkamera - nicht ohne größeren technischen Aufwand zu erstellen. Piktogramme muss man aus Dateien suchen und ausdrucken oder von Vorlagen kopieren. Da bietet es sich oftmals an, spontan gezeichnete Bilder einzusetzen (auch wenn diese nicht immer den eigenen ästhetischen Kriterien genügen ...) oder auf Objekte aus der aktuellen Situation zurückzugreifen. Unter Berücksichtigung dieser drei Aspekte Abstraktionsvermögen, Bedeutsamkeit der Hinweise und Praktikabilität - erfolgt die Entscheidung, wie die Informationen an einem Plan dargestellt werden sollen. Dabei ist es k e i n e s w e g s n o t w e n d i g , alle I n f o r m a t i o n e n auf demselb e n A b s t r a k t i o n s n i v e a u a b z u b i l d e n . Es kommt nicht auf Einheitlichkeit an, sondern darauf, welche Hinweise der Betreffende am ehesten mit einer Aktivität verbindet. Somit ist es durchaus denkbar, dass bei einem Plan sowohl Gegenstände, als auch Bild- und Wortkarten verwendet werden. Hierbei sollte zudem beachtet werden, dass man nicht unbedingt das höchste Abstraktionsniveau wählt. Wenn ein Kind gerade das Lesen lernt, wäre es sehr unangebracht, ihm zur Übung einen schriftlichen Plan anzubieten. Denn der Plan soll ja so etwas wie ein Sicherheitsnetz sein. Er soll insbesondere bei Überforderung und Unsicherheit Orientierung und Halt bieten. Dies kann nicht geschehen, wenn die Informationen erst mühevoll entziffert werden müssen. Vielmehr sollten die Hinweise so gestaltet sein, dass sie auch in Stresssituationen schnell erfasst und

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© 2005 BORGMANN

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Überprüfung der Zuordnungsfähigkeit nach unterschiedlich abstrakten Kriterien Name:

Datum: Prinzip der Zuordnung

Beurteiler: Beispiele

Bewertung: (+) o d e r ( - )

Objekt und Funktion •

Objektgebrauch demonstrieren

Funktionsgerechter Einsatz des Gegenstandes bei der Aktivität oder pantomimische Darstellung des Gebrauchs.

Identische Objekte •

Objekte gleicher Form, Farbe und Größe

Zuordnung verschiedener Gegenstände zu ihren identischen Gegenstücken.

Miniatur zu Objekt •

Miniatur hat gleiche Form und Farbe

Zuordnung eines kleinen blauen quadratischen Kissens zu einem großen blauen quadratischen Kissen.



Miniatur hat gleiche Form

Zuordnung eines winzigen roten Balls zu einem großen blauen Ball.



Miniatur in Form und Farbe anders (Funktion gleich)

Sortieren verschiedener Puppenlöffel zu einem großen Löffel und verschiedenartiger kleiner Bauklötze zu einem großen Bauklotz.

Objektteil zu ganzem Objekt •

Teil eines Objektes und vollständiges Objekt mit identischem Teil

Gleiche Arten von Objekten (Kategorie)

Zuordnung von verschiedenen Schnürsenkeln zu Schuhen mit entsprechenden Schnürsenkeln.



Gleiche Objekte unterschiedlicher Farbe (Form und Größe gleich)

Zusammenstellung von roten, blauen, grünen und gelben Würfeln einerseits und roten, blauen, grünen und gelben Kämmen andererseits.



Gleichartige Objekte unterschiedlicher Form (Funktion, Farbe und Größe gleich)

Sortieren von schwarzen Kämmen verschiedener Form und schwarzen Stiften verschiedener Art (alle etwa gleich lang).



Gleichartige Objekte unterschiedlicher Form und Farbe (Funktion und Größe gleich)

Sortieren etwa gleich großer Spielzeugautos und Bürsten der unterschiedlichsten Farben nach Autos bzw. Bürsten.



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• LI Prinzip der Zuordnung

Bewertung: (+) oder ( - )

Beispiele

Objekt zu Foto (konkret) •

Abbildung in Originalgröße, Form und Farbe wie der Gegenstand

Zuordnung von Gegenständen zu Farbfotos, die sie in Originalgröße abbilden.*

Umriss:

Rahmen:



Abbildung in Originalgröße, Form wie der Gegenstand; schwarz-weiß Foto

Zuordnung von Gegenständen zu schwarz-weiß Fotos, die sie in Originalgröße abbilden.*

Umriss:

Rahmen:



Abbildung verkleinert, Form und Farbe wie der Gegenstand

Zuordnung von Gegenständen zu Farbfotos, die sie verkleinert abbilden.*

Umriss:

Rahmen:



Abbildung verkleinert, Form wie der Gegenstand; schwarz-weiß Foto

Zuordnung von Gegenständen zu schwarz-weiß Fotos, die sie verkleinert abbilden.*

Umriss:

Rahmen:

Objekt zu Foto (Kategorie) •

Abbildung in Originalgröße, anders farbig als der Gegenstand (gleiche Form)

Zuordnung eines roten Autos zu einem Foto, das ein blaues Auto derselben Art in Originalgröße abbildet.*

Umriss:

Rahmen:



Abbildung verkleinert, anders farbig als der Gegenstand (gleiche Form)

Zuordnung eines gelben Bechers zu einem Foto, das einen grünen Becher derselben Art verkleinert abbildet.*

Umriss:

Rahmen:



Abbildung verkleinert, andere Form als der Gegenstand (gleiche Farbe)

Zuordnung eines blauen Fingerhandschuhs zu einem Foto, das einen blauen Fausthandschuh verkleinert abbildet.*

Umriss:

Rahmen:



Abbildung verkleinert, andere Form und Farbe als der Gegenstand (gleiche Funktion)

Zuordnung unterschiedlicher Perlen zu einem Foto, das eine Perle verkleinert abbildet, die nicht unter den Perlen zu finden ist.*

Umriss:

Rahmen:

Objekt zu Zeichnung •

Abbildung in Originalgröße, Form und Farbe wie der Gegenstand

Zuordnung einer Zange mit blauem Griff zu dem gemalten Bild einer gleichartigen Zange in Originalgröße.



Abbildung in Originalgröße, schwarz-weiße Strichzeichnung

Zuordnung eines roten Bechers zu der Zeichnung eines Bechers (Umriss und Größe entsprechen dem Becher).



Abbildung in Originalgröße; Schattenriss

Zuordnung eines Löffels zum Schattenbild des Löffels (Umriss und Größe entsprechen dem Löffel).

* Umriss =

Die Abbildung

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ist entsprechend

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der Form

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des Gegenstandes

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1 I © 2005 BORGMANN

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Beispiele

Abbildung verkleinert, Form und Farbe wie der Gegenstand

Zuordnung eines rot-weißen Schuhs zu der Zeichnung eines rotweißen Schuhs. Der Schuh ist in kleinerem Maßstab gezeichnet.



Abbildung verkleinert, Form wie der Gegenstand; schwarzweiße Strichzeichnung

Zuordnung eines Pinsels zu dessen Abbildung als Strichzeichnung. Die Form entspricht dem Original; der Pinsel ist in kleinerem Maßstab gezeichnet.



Abbildung verkleinert, andere Form als der Gegenstand (gleiche Farbe und Funktion)

Zuordnung eines grünen Spielzeugautos zu der Abbildung eines anderen grünen Spielzeugautos.



Abbildung verkleinert, andere Form und Farbe als der Gegenstand (gleiche Funktion)

Zuordnung einer gelben Tasse zu der Abbildung einer anders geformten roten Tasse.



Abbildung verkleinert, andere Form als der Gegenstand (gleiche Funktion); schwarz-weiße Strichzeichnung

Zuordnung eines Pinsels mit zu einer Spitze geformten Borsten zur Strichzeichnung eines Malerpinsels mit breiten Borsten.



Piktogramm gleiche Farbe



Piktogramm andere Farbe



Piktogramm schwarz/weiß

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Bewertung: (+) oder ( - )

Zuordnung von roten Tellern zu einem roten Piktogramm eines Tellers. Zuordnung von grünen Äpfeln zu einem roten Piktogramm eines Apfels. Zuordnung von bunten Bechern zu einem schwarz-weißen Piktogramm eines Bechers oder einer Tasse.

Objekt zu Schrift



Schriftliche Bezeichnung des Gegenstandes

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verboten



Objekt zu Piktogramm

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Zuordnung von Gegenständen zu Wortkarten, auf denen deren Bezeichnungen geschrieben stehen.

Blockbuchstaben: Druckbuchstaben: Schreibschrift:

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verarbeitet werden können. (Nicht umsonst sind auch Fluchtwege für Gefahrensituationen durch einfache visuelle Hinweise markiert!) In den meisten Fällen ist es aber sinnvoll, andere Darstellungsformen mit Schrift zu kombinieren. Das heißt, dass zum Beispiel unter einem Piktogramm oder Foto auch die Aktivität bezeichnet ist, auf die das Bild hinweist. Auch (repräsentative) Gegenstände und Miniaturen lassen sich auf Karten montieren, die man wiederum mit einer Unterschrift versehen kann. Es kann ja durchaus sein, dass der Betreffende lernt, die Wörter zu lesen (auch wenn es hier nicht um das Lesen geht). Darüber hinaus ist der schriftliche Hinweis aber wichtig, um für alle Beteiligten die Bedeutung der - oft sehr individuellen - visuellen Signale eindeutig festzulegen. So können zum Beispiel auch fremde Betreuungspersonen oder Aushilfen sofort erkennen, dass jetzt Snoezeln an der Reihe ist, wenn am Plan die Karte mit dem Stück Stoff hängt. In Fällen, wo das geschriebene Wort jedoch eher ablenkt (weil das Kind vielleicht überall nur die Buchstaben zählt und dafür nicht mehr auf das Bild schaut), bietet es sich dagegen an, jeweils auf die Rückseite einer Plankarte zu schreiben, was sie bedeutet. •

nem anderen vielleicht der Hinweis auf „Aquarium gucken" nicht fehlen. Sinnvoll ist es immer auch, solche Dinge mit in den Plan aufnehmen, die mit dem besonderen Interesse des Kindes z u s a m m e n h ä n g e n und die möglicherweise sogar zu Verhaltensproblemen führen. F ä h r t ein Kind zum Beispiel besonders gern F a h r s t u h l , k a n n es sein, dass es immer wieder fortläuft, um mit dem Aufzug zu fähren. A n s t a t t zu versuchen, das Kind mit aller Macht am Fortlaufen zu hindern und es im Raum zu halten, könnte es hilfreich sein, regelmäßige F a h r s t u h l f a h r ten in den Plan aufzunehmen. Denn wenn diese Bestandteil des Tagesablaufes werden, muss das Kind sich die F a h r t e n nicht erschleichen und ständig nach Gelegenheiten suchen, dieses Bedürfnis zu erfüllen. Ein weiterer Punkt betrifft die Spezifität der Informationen oder die Frage, wie konkret die Inhalte bezeichnet werden sollten. Muss es „Singen" heißen (im Unterschied zu „Trommeln"), genügt „Musik" oder vielleicht gar „Gruppe"? Auch hier muss nach individuellem Bedarf entschieden werden, und zwar entsprechend dem Grundsatz: So konkret wie nötig, so allgemein wie möglich! Denn je allgemeiner die Bezeichnungen gehalten sind, desto flexibler lassen sie sich inhaltlich füllen. Wenn nur „Spielen" angekündigt ist, dann kann bis zum Schluss offen bleiben, welche Spiele angeboten werden. Benennt man die einzelnen Spiele dagegen bereits im Plan, so legt man sich im Voraus fest. Daher ist es immer ratsam Oberbegriffe zu wählen, soweit das Kind nicht auf ganz spezielle Informationen angewiesen ist. Dies kann für verschiedene Situationen unterschiedlich sein.

Inhalt der Darstellungen

Als Nächstes muss man sich bei der Plangestaltung Gedanken d a r ü b e r machen, welche Inhalte man abbilden will. Bei einem Tagesplan sollten dies die H a u p t p u n k t e im Tagesablauf sein. Diese schließen feststehende und wiederkehrende A k t i v i t ä t e n (z.B. K ö r p e r h y g i e n e , E s s e n ) ebenso ein wie wechselnde Angebote oder Tätigkeiten (Krankengymnastik, Küchendienst). Die wiederkehrenden P r o g r a m m p u n k t e bilden einen festen Rahmen, an dem man sich orientieren kann. Die Zwischenzeiten werden nach Möglichkeit mit wechselnden Angeboten gefüllt. Denn nur, wenn sich ein Plan immer mal wieder ändert, lohnt es sich, ihn zu benutzen. Bes t e h t der Tagesablauf stets a u s denselben Angeboten und Abläufen, so h a t ein Plan keinen Informationsgehalt m e h r und wird überflüssig, sobald man die Routine auswendig gelernt bat. Wenn sich dann einmal etwas am Ablauf ändert, kann der Plan nicht m e h r helfen, sich auf die neue Situation einzustellen. Es ist individuell sehr unterschiedlich, welche Informationen f ü r eine Person bedeutsam sind und d a h e r in den Plan aufgenommen werden sollten. Während es für ein Kind wichtig ist, auf T o i l e t t e n g ä n g e u n d das jeweilige H ä n d e w a schen vor dem Essen hinzuweisen, darf bei ei-

Durch den Einsatz von Platzhaltern kann man große Flexibilität in den Plan einbauen und sozusagen im Voraus Zeiten für Unwägbarkeiten frei halten. Platzhalter sind sehr unspezifische Hinweise, die lediglich anzeigen, dass zu dieser Zeit etwas passieren wird, ohne konkret zu benennen, was das sein wird. Diese lassen sich gut nutzen, wenn es im Wesentlichen darum geht, zeitliche Orientierung zu geben, ohne über den Inhalt der Aktivitäten zu informieren (z.B. noch drei Aktivitäten, dann ist Pause). Auf Objektebene können solche Platzhalter in Form von verschlossenen Überraschungskisten gestaltet sein, deren I n h a l t die B e t r e u u n g s p e r s o n bis zum Schluss nach Bedarf verändern kann (z.B. Schuhe für Spaziergang werden ausgetauscht gegen Malblock und Stifte, da es regnet oder die Zeit für einen Spaziergang doch nicht mehr reicht). Auf der Symbolebene könnte ein Fragezeichen im 90

Plan auf eine noch unbestimmte Aktivität hinweisen.

um sich kurz darauf zu setzen, bevor man sich auf den Weg macht.

Eine häufig a u f t a u c h e n d e Frage bezieht sich auch darauf, welchen inhaltlichen Aspekt man h e r a u s greift, um auf einen T a g e s o r d n u n g s punkt hinzuweisen. Soll bei einem Tagesplan zum Beispiel der Ort bezeichnet oder die Aktivität b e n a n n t werden? Heißt es besser „Küche" oder „Kochen?" - Wie bei allem, gibt es auch hierauf keine allgemein gültige Antwort. Die Entscheidung hängt davon ab, welche Art von Informationen der Betreffende braucht. Manchmal ist der Hinweis auf den Ort sehr wichtig, da dieselbe Aktivität an unterschiedlichen Orten durchgeführt werden kann (z.B. Essen im G r u p p e n r a u m oder in der Cafeteria). Finden a n d e r e r s e i t s an ein und demselben Ort (z.B. Stuhlkreis) viele verschiedene Aktivitäten s t a t t (z.B. Morgenkreis, Musik, Gruppenspiel, Aufgabeneinteilung, Abschlussrunde), dann bieten Hinweise auf die konkreten Aktivitäten mehr Orientierung als die bloße Bezeichnung des Ortes, wo man sich einfinden soll.

Auch bei der Verwendung von Bildern sind verschiedene Aspekte zu bedenken, wenn es um die inhaltliche Gestaltung geht. Man muss überlegen, was genau abgebildet werden soll. Will man zum Beispiel den Ort „Küche" darstellen, gilt es zu entscheiden, ob man die Küchentür fotografiert, den Arbeitsplatz am Küchentisch oder den gesamte Raum im Weitwinkel. Einen Gegenstand kann man in seinem „natürlichen Umfeld" fotografieren oder vor einem neutralen Hintergrund. Eine Aktivität lässt sich am ehesten darstellen, indem man eine Person bei der Ausübung der Handlung abbildet. Hier stellt sich dann weiterhin die Frage, ob es sinnvoll ist, den Betreffenden selbst dabei zu fotografieren oder ob man eine andere Person zeigt oder auch nur den Ausschnitt der Hände, die etwas tun... Welche der Möglichkeiten im Einzelfall am sinnvollsten ist, k a n n man nur ausprobieren. Es hängt davon ab, welche Merkmale für das Kind bedeutungsvoll sind. So kann die Abbildung der eigenen Person für das eine Kind den Bezug der Aktivität zur eigenen Handlung verdeutlichen, während ein anderes von seinem Foto abgelenkt wird und nur noch d a r a u f s c h a u t , wo es überall zu sehen ist. Rezepte gibt es also nicht. Generell gilt aber, bei der Gestaltung von Fotos das Wesentliche möglichst groß im Vordergrund abzubilden. Je weniger zusätzliche Dinge auf dem Bild zu sehen sind, desto größer ist die Chance, dass die Aufmerksamkeit auf das gerichtet wird, worauf es in dem Bild ankommt: den Inhalt, der vermittelt werden soll.

Es ist auch nicht immer einfach, gute visuelle Repräsentationen f ü r bestimmte Inhalte zu finden. Besonders wenn man mit funktionalen Objekten arbeitet, stößt man oft auf die Schwierigkeit, dass die in der Aktivität verwendeten Gegenstände nicht gerade handlich sind. So kann man kaum ein Wasserbett oder eine Korbschaukel ins Regal legen. In diesen Fällen bietet es sich an, ein kleineres Objekt einzuführen, das man regelmäßig in Zusammenhang mit der Aktivität verwendet. Zum Beispiel kann ein kleines Kissen fester Bestandteil der Aktivität auf dem Wasserbett werden und somit die Funktion eines hinweisenden funktionalen Gegenstandes erhalten. Eine weitere Schwierigkeit besteht häufig darin, einen funktionalen Gegenstand zu finden, der immer in der jeweiligen Aktivität verwendet wird. Nicht selten hängt der Materialeinsatz von wechselnden Bedingungen ab. Die Art des Geschirrs und Bestecks wird davon bestimmt, was es zu essen gibt. Schuhwerk und Kleidung für einen Spaziergang orientieren sich an Wetter und Jahreszeit. Daher eignet sich als Hinweis auf „Essen" eher ein Tischset als eine Gabel. Und a n s t a t t den Spaziergang durch ein Kleidungsstück darzustellen, bietet es sich auch hier an, einen Gegenstand mit dem Spazierengehen zu verbinden, der unabhängig vom Wetter, der Jahreszeit und der gewählten Route ist. Das könnte zum Bespiel ein kleines Sitzkissen sein, das man immer auf die Holzbank vor der Eingangstür legt,



Material

Bei der Wahl des Materials, aus dem ein Plan hergestellt wird, spielen die folgenden vier Aspekte eine wichtige Rolle: 1. Welche motorischen Anforderungen beinhaltet der Umgang mit dem Material? 2. Inwiefern müssen die sensorischen Qualitäten des Materials berücksichtigt werden? 3. Lassen sich bei der Materialwahl individuelle Interessen des Kindes aufgreifen und der Plan so gestalten, dass der Umgang mit ihm Spaß macht? 4. Welchen äußeren Bedingungen muss der Plan standhalten?

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Der erste Punkt hat wesentliche Bedeutung, da der selbstständige Umgang mit dem Plan ein zentrales Anliegen darstellt. Daher ist unbedingt darauf zu achten, dass das Material keine zu hohen Anforderungen an die motorischen Fähigkeiten dessen stellt, der den Plan nutzt. Wenn die Hinweise nach der Beendigung jeder einzelnen Aktivität vom Plan entfernt werden, sollten diese so gestaltet sein, dass der Betreffende sie leicht greifen und abnehmen kann. Entsprechend können zum Beispiel statt dünnen Pappkarten dikkere Holzplättchen oder gar Holzklötze verwendet und gegebenenfalls mit Griffen versehen werden. Sollen erledigte Punkte dagegen abgehakt werden, muss ein Stift bereit liegen, der für den Betreffenden gut zu handhaben ist. Eventuell sollte der Plan dann auch mit einer festen Unterlage versehen sein.

Abdruck eines Dinosaurier-Stempels kennzeichnen. Nicht zuletzt muss aber auch Material ausgesucht werden, das den Anforderungen der Situation genügt, u n t e r denen der Plan eingesetzt wird. Hier geht es insbesondere um Haltbarkeit. Darf es sich um lose Teile handeln, oder müssen alle Bestandteile irgendwie befestigt sein (weil sie sonst geworfen werden oder in der Toilette verschwinden)? Muss das Material wasserfest sein? Beißfest? Reißfest? Usw. Und da man bei aller Mühe, den Plan haltbar zu gestalten, oftmals doch Teile erneuern oder ganze Pläne noch einmal herstellen muss, ist es sinnvoll Material zu verwenden, das man sich bei Bedarf wieder beschaffen kann ...

Auch die Reizqualitäten des verwendeten Materials können den selbstständigen Umgang mit dem Plan beeinflussen. Überempfindlichkeit gegenüber bestimmten Reizen kann zu einer Verweigerung führen, mit dem Plan umzugehen. Andere sensorische Merkmale können die Aufmerksamkeit dagegen auf sich ziehen und vom Wesentlichen ablenken. Es ist daher sinnvoll, sich über die unterschiedlichen Sinnesbereiche Gedanken zu machen und die Eignung des Materials jeweils zu überprüfen. Taktile Qualitäten: Sollte das Material eher glatt sein oder rauh, hart oder weich? Visuelle Qualitäten: Sind bestimmte Farben vorteilhaft? Darf die Laminierfolie glänzen oder verwendet man besser matte Oberflächen? Auditive Qualitäten: Entstehen beim Abnehmen oder Befestigen der Hinweise für das Kind ablenkende oder unangenehme Geräusche (z.B. bei Verwendung von Klettband)? Geruch und Geschmack: Dürfen Materialien verwendet werden, die einen intensiven Geruch haben (Gummi, Folie, Farben, Klebstoffe)? Entsprechend kann man aber auch das Interesse für bestimmte Reize in die Plangestaltung integrieren, vorausgesetzt, dass das Kind dadurch nicht abgelenkt wird. Vielmehr soll die Motivation gesteigert werden, mit dem Plan umzugehen. Das kann natürlich nicht nur über sensorische Qualitäten erreicht werden. Auch die Einbeziehung von Material, mit dem das Kind grundsätzlich gern umgeht, ist in diesem Zusammenhang wichtig. Wenn ein Kind zum Beispiel gern CDs mag, könnte dies aufgegriffen werden, indem man die Bilder an einem Plan nicht auf Pappkarten, sondern auf CDs klebt. Oder ein Kind, dessen Interesse Dinosauriern gilt, darf am Ende jeder erledigten Aktivität diese mit dem

Sobald der Plan aus mehr als aus einer einzelnen Information besteht, muss durch die Anordnung der Hinweise eine Reihenfolge ersichtlich sein. Die Organisation der Informationen am Plan entspricht der Leserichtung unserer Kultur: Die Hinweise werden in Zeilen von links nach rechts oder in Spalten von oben nach unten auf dem Plan angeordnet. Wenn mehrere Informationen in einer bestimmten Reihenfolge bereit gehalten werden, aber immer nur ein Hinweis auf einmal sichtbar sein soll, kann man diese aufeinander legen oder hintereinander anordnen. Der jeweils oberste bzw. vorderste Hinweis zeigt dann an, was als nächstes folgt. Ausschlaggebend f ü r die Wahl eines Organisationsprinzips ist zum einen die Fähigkeit des Kindes, die Reihenfolge a n h a n d der Anordnung der Hinweise zu erkennen und ihr zu folgen. H ä u f i g k ö n n e n K i n d e r S e q u e n z e n von oben nach unten eher bewältigen als von links nach rechts. (Dies ist jedoch n u r eine allgemeine Entwicklungstendenz und sollte im Einzelfall überprüft werden!) Macht die Menge der Informationen es notwendig, mehrere Zeilen untereinander oder Spalten nebeneinander anzuordnen, sollte unbedingt sichergestellt sein, dass das Kind den Zeilenumsprung bzw. Spaltenwechsel beherrscht. Ist dies nicht der Fall, muss das bei der Plangestaltung berücksichtigt werden, indem zum Beispiel doch nur eine ganz lange Zeile erstellt wird (so e n t s t a n d ein „WäscheleinenPlan"). Oder man s p a n n t eine Schnur, die über den Zeilen entlang läuft u n d der man am Ende der einen Zeile folgen kann zum Anfang der nächsten.



Format und Organisation

Neben den Fähigkeiten des Kindes spielen aber auch immer praktische Erwägungen eine Rolle 92

H

Nutzers bestimmt. Nicht jeder kann einen mobilen Plan handhaben. Auch setzt ein mobiler Plan voraus, dass der Betreffende in der Lage ist, mit kleinformatigen Hinweisen umzugehen. Sobald es sich um einen Plan aus Objekten handelt, ist daher bereits durch die Art und Größe der Hinweise die Möglichkeit der Mobilität sehr eingeschränkt. Während man aus Bildern leicht einen Taschenplan erstellen kann, bleibt man bei der Verwendung von Gegenständen in der Regel auf Fächer und Regale angewiesen. In Zusammenhang mit dem Format ist schließlich noch zu klären, auf welche Weise das, was erledigt ist, kenntlich gemacht werden soll. Dies kann auf unterschiedlichste Art geschehen, und es ist unmöglich, alle denkbaren Methoden darzustellen (es werden ständig neue erfunden!). In der folgenden Übersicht Formate zur Markierung dessen, was erledigt ist sind jedoch einige gängige Methoden aufgelistet.

bei der Auswahl des Organisationsprinzips. So nehmen Pläne, die von oben nach unten zu lesen sind, weniger Platz in Anspruch, so dass man, wenn es sich um Wandpläne handelt, leichter mehrere nebeneinander aufhängen kann. Bei der Gestaltung des Plans gilt es dann auch noch zu entscheiden, welche Größe er haben und ob es sich um einen mobilen oder einen stationären Plan handeln soll. Dabei spielt die Funktion des Plans eine Rolle: Soll er durch den Tag begleiten, ist es am besten, wenn man ihn stets mitnehmen kann, um ihn jederzeit zur Hand zu haben. Ist er dagegen dazu gedacht, Hinweise für eine Aktivität an einem bestimmten Ort zu geben, hat er sinnvollerweise einen festen Platz an dem Ort und steht dort bereit, wo man ihn braucht. Doch das Format des Plans wird auch durch die individuellen Fähigkeiten und Grenzen seines

Hilfen zur Plangestaltung: Formate zur Markierung dessen, was erledigt ist Methode

Beispiel

Abnehmen

Der Gegenstand wird aus dem Regal genommen. Die Bildkarte wird vom Plan entfernt.

Abdecken

Vor das Regalfach, in dem der Hinweis liegt, wird ein Vorhang gezogen. Die Bildkarte wird mit einer Klappe zugedeckt.

Umklappen

Die einzelnen Informationen sind auf Karten wie Seiten eines Buches hintereinander angeordnet und an einer Seite zusammengebunden. Die Karte, mit der man fertig ist, wird umgeschlagen.

Umdrehen

Die Informationen sind auf Karten montiert. Wenn ein Punkt erledigt ist, wird die entsprechende Karte vom Plan abgenommen und mit der Rückseite nach oben wieder angebracht.

Abstempeln

Neben den Hinweis wird (in einer definierten Fläche) mit einem Stempel eine Markierung gesetzt.

Markierung anbringen

Neben den Hinweis wird (in einer definierten Fläche) ein Sticker geklebt.

Durchstreichen

Der Hinweis auf den Arbeitsschritt, den man erledigt hat, wird mit einem Stift durchgestrichen.

Abhaken

Neben dem Hinweis auf den Arbeitsschritt, den man erledigt hat, wird mit einem Stift ein Haken in ein Kästchen gesetzt.

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Abbildung 3: Plan mit Fotos (Karten zum Abnehmen). Die Karten werden nach Beendigung der Aktivität in einen „Fertig-Umschlag" gesteckt.

Abbildung 1: Tagesplan mit Gegenständen (in Körben untereinander angeordnet). Die Gegenstände werden bei den Aktivitäten verwendet und am Ende jeweils dort weggeräumt, wo die Aktivität stattfindet.

Abbildung 4: Plan mit Bildkarten. Am Ende einer Aktivität wird die Karte umgedreht und wieder an ihrer Klammer befestigt.

Abbildung 5: Plan mit Zeichnungen. Die Reihenfolge von oben nach unten ist eindeutig vorgegeben (oberste Karte muss abgenommen werden, bevor man an die untere herankommt).

Abbildung 2: Tagesplan mit Gegenständen (in Fächern untereinander angeordnet). Die Gegenstände werden bei den Aktivitäten verwendet und am Ende in den Fertigkorb unter dem Tagesplan gelegt.

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Abbildung 6: Mobiler Plan mit Zeichnungen und Schrift (zum Umblättern)

Abbildung 7: Mobiler schriftlicher Plan zum Abhaken.

c) Handhabung von individuellen Zeitplänen: Wie sieht der Umgang mit dem Plan aus?

aber auch zu bedenken, wie man gegebenenfalls mit Planänderungen umgehen oder auch eine Auswahl anbieten will. Insbesondere die Konfrontation mit Planänderungen sollte rechtzeitig geübt werden, soweit sich der Plan auf veränderliche Abläufe bezieht. Das Flexibilitätstraining stellt dann eine wichtige Komponente bei der Einübung des Umgangs mit dem Plan dar. Dies kann geschehen, indem man zum Beispiel vor den Augen des Kindes zunächst nur eine Kleinigkeit an der üblichen Reihenfolge verändert und alle Inhalte im Plan beibehält. Wird die grundsätzliche Veränderbarkeit von Plänen akzeptiert, kann man den Hinweis auf eine weniger geliebte Aktivität entfernen und diesen durch einen Hinweis auf eine Lieblingsaktivität ersetzen. Grundsätzlich ist es wichtig sich eine Strategie zu überlegen, wie eine Veränderung verdeutlicht werden kann. Wird ein Hinweis zum Beispiel durchgestrichen, zugeklebt oder vom Plan entfernt? Wie wird er durch einen anderen ersetzt? Gibt es vielleicht eine „So'n-Mist-Kiste" für den Hinweis auf die ausgefallene Aktivität? Darf sich der Betreffende aus vorbereiteten Alternativen einen Ersatz aussuchen? Inwieweit wird das Kind an der konkreten Handlung bei der Änderung am Plan beteiligt?

Ein Plan hat nur dann einen Sinn, wenn er auch genutzt wird. In der Regel umfasst das mehr als ein bloßes Auf-den-Plan-Schauen, um sich zu informieren. Vielmehr geht es um einen aktiven, handelnden Umgang mit dem Plan. Dies betrifft zum einen das Holen oder Abrufen der Information. Zum anderen beinhaltet die Handhabung auch konkrete Aktionen zur Markierung der jeweils aktuellen Stelle im Ablauf. Aus dem Format des Plans ergibt sich, wie er benutzt wird. Die folgenden Leitfragen zum Umgang mit dem Plan (S. 96) sollen helfen, die einzelnen Schritte im konkreten Ablauf beim Einsatz des Plans zu reflektieren. Die jeweils aufgeführten Möglichkeiten der Handhabung bieten Anhaltspunkte für die Beschreibung des Vorgangs. Dabei werden auch Formen berücksichtigt, die im Einzelfall aufgrund der speziellen Umstände vielleicht angebracht sind, obwohl sie dem Anspruch des aktiven und möglichst selbstständigen Umgangs mit dem Plan nicht gerecht werden (z.B. dass der Betreffende den Hinweis von der Betreuungsperson lediglich gezeigt bekommt). Welche Form des Umgangs bei welchem Plan im Endeffekt sinnvoll ist, muss sich jeweils in der Praxis zeigen.

Je nach Art des Plans und Fähigkeit des Kindes können Pläne auch von vornherein inhaltlich vom Kind mitgestaltet werden. Hierbei sind verschie-

Neben den grundlegenden Punkten, die beim Einsatz eines Plans immer eine Rolle spielen, ist

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Leitfragen zum Umgang mit dem Plan

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Wer erstellt den Plan?

• • • •

Die Betreuungsperson macht den Plan und stellt ihn bereit. Der Plan wird mit dem Betreffenden zusammen erstellt. Der Betreffende kopiert den Plan von einer Vorlage. Der Betreffende erstellt sich seinen Plan selbst, bevor er den Ablauf beginnt. Wann benutzt der Betreffende den Plan?

• • • •

r

Selbstständig zu gegebener Zeit. Wenn er einen visuellen Hinweis erhält, zum Plan zu gehen. Wenn er verbal dazu aufgefordert wird. Wenn eine Betreuungsperson den Plan (oder den Hinweis) zu ihm bringt. Woher holt sich der Betreffende die Information?

• • • • •

Entnimmt die Information einem Plan, den er bei sich trägt. Entnimmt die Information einem Plan, den er selbst am Ort deponiert. (WO?) Geht zu einem bestimmten Platz, wo der Hinweis/Plan zu finden ist. (WOHIN?) Bekommt den visuellen Hinweis von einer Betreuungsperson ausgehändigt. Bekommt den visuellen Hinweis von einer Betreuungsperson gezeigt. Was macht der Betreffende mit dem Hinweis, wenn er sich informiert hat?

• • • • •

Belässt den Hinweis am Plan, so wie er ist. Nimmt den Hinweis mit und checkt sich damit ein; lässt ihn am Zielort. Nimmt den Hinweis mit und checkt sich damit ein; bringt ihn dann zum Plan zurück. Markiert den Hinweis, bevor er den Schritt ausführt. (WIE?) Markiert den Hinweis, nachdem er den Schritt erledigt hat. (WIE?)

dene Formen denkbar, wie der Betreffende Einfluss auf die Inhalte des geplanten Ablaufs nehmen kann. Nicht immer ist es sinnvoll oder machbar, das Kind bereits bei der Erstellung des Plans Wünsche äußern oder Inhalte auswählen zu lassen. Oft lässt es sich jedoch einrichten, an bestimmten Stellen im Ablauf Wahlmöglichkeiten anzubieten. Dies kann so aussehen, dass zwei Alternativen dargestellt werden und der Betreffende sich für eine entscheiden muss. Hier gilt es sich dann wieder Gedanken darüber zu machen, wie sich der konkrete Umgang mit dem

Plan gestalten soll: Wie macht das Kind seine Wahl deutlich? Entfernt es zum Beispiel den Hinweis auf die Aktivität, die es nicht machen möchte (und wo tut es diesen hin?)? Oder ergreift es den Hinweis, den es umsetzen möchte, und nimmt diesen mit zu der betreffenden Aktivität (während die Betreuungsperson den anderen vom Plan entfernt)? Kreuzt es an, was es gewählt hat, oder streicht es durch, was es ablehnt? Usw. Eine andere Form, Wahlmöglichkeiten in den Plan zu integrieren, besteht darin, die Alternativen nicht direkt auf dem Plan darzustellen, son-

96

r

dern lediglich den Hinweis für .Auswahl" zu geben. Ein Foto vom,Auswahlbrett" kann das Kind zum Beispiel dazu auffordern, zu einer Tafel zu gehen, auf der verschiedene Angebote abgebildet sind, von denen es sich eines auswählen darf. Oder ein „Wahlkästchen", gefüllt mit verschiedenen Materialien, kann als konkreter Hinweis auf eine Auswahlmöglichkeit eingesetzt werden. Meistens erfolgt auf den entsprechenden Hinweis am Plan einfach die Auswahl - das Kind nimmt sich das gewünschte Material und spielt damit. Es kann aber auch sein, dass die ausgewählte Aktivität am Plan dokumentiert werden soll. Dann ist zu überlegen, in welcher Form das Kind seine Entscheidimg auch am Plan kenntlich machen soll (z.B. indem es ein Bild der ausgewählten Aktivität in eine Lücke am Plan klebt).

Mit wachsender Erfahrung im Umgang mit Plänen und sich weiter entwickelnden Fähigkeiten kommt jedoch meist der Punkt, an dem sich die Frage stellt, ob eine andere Gestaltung des Plans nicht passender wäre. So könnte man versuchen, den Plan länger zu machen und Reihenfolgen einzuführen oder auszubauen Komplexität). Man könnte das Darstellungsniveau ändern und abstraktere Formen der Repräsentation einfuhren Abstraktionsniveau). Vielleicht kann man auch Details aus dem Plan streichen und nur noch gröbere Schritte anzeigen oder allgemeinere Bezeichnungen für die einzelnen Punkte wählen Inhalt). Sinnvoll ist auch die Hinführung zu einem mobilen Plan, soweit es für die Art des Plans angebracht ist (•• Format). Dazu ist es wichtig, dass der Betreffende zunächst einmal lernt, die Hinweise an einem festgelegten Ort abzuholen und sie nicht mehr direkt von der Betreuungsperson ausgehändigt bekommt. Im nächsten Schritt könnte er lernen - wenn es die Größe des Plans erlaubt - , den Plan von einem Ort zu einem anderen mitzunehmen und dort an einer bestimmten Stelle zu deponieren. Optimal ist ein Plan, den man immer bei sich tragen kann. Gerade in diesem Zusammenhang sollte man sich dann auch Gedanken darüber machen, wie sich der Plan möglichst „normal" gestalten lässt Material). Ein schönes Beispiel hierfür ist der Nachmittagsplan einer Bewohnerin in einem Wohnheim, der aus kleinen Piktogrammen bestand, die in einen Terminkalender geheftet waren.

d) Entwicklungsrichtungen bei der Gestaltung von individuellen Zeitplänen In Bezug auf jeden der angesprochenen Aspekte der Gestaltung eines Plans lassen sich Entwicklungsrichtungen aufzeigen. Wie weit die Entwicklung in den einzelnen Bereichen geht, kann sich sehr unterscheiden. Nicht selten ist es der Fall, dass man den Plan in der einen Richtung immer weiter entwickeln kann, während man auf einer anderen Ebene nicht mehr weiter kommt. So kann es zum Beispiel sein, dass man auf dem Darstellungsniveau zu sehr abstrakten Formen der Abbildung kommt - vielleicht sogar mit einem schriftlichen Plan arbeiten kann - während der Grad der Komplexität sehr gering gehalten werden muss - man vielleicht immer nur eine Information auf einmal geben kann. Die einzelnen Aspekte sind weitgehend unabhängig voneinander und sollten daher stets getrennt betrachtet und auf ihre Eignung hin überprüft werden.

Das Arbeitsblatt zur Analyse eines Plans (Seite 98) bietet ein Raster, anhand dessen sich ein Plan in all seinen Aspekten detailliert beschreiben lässt. In einem weiteren Schritt kann man die einzelnen Punkte überprüfen und entscheiden, ob die derzeitige Umsetzung für einen selbstständigen Umgang geeignet ist oder nicht. Stellt man fest, dass die aktuelle Form des Plans in einem oder mehreren Bereichen nicht den individuellen Voraussetzungen gerecht wird, sollte man nach Veränderungsmöglichkeiten suchen. Die individuelle Anpassung kann daher durchaus mehrere Punkte auf einmal betreffen. Ist der Plan jedoch funktional und es ist an der Zeit ihn weiterzuentwickeln, so sollte man nicht zu viele Veränderungen auf einmal vornehmen. In manchen Fällen ist es unproblematisch, sofort eine ganz neue Form von Plan anzubieten. Meistens aber erfolgt die Weiterentwicklung Schritt für Schritt. Als Faustregel gilt, nach Möglichkeit nur eine Neuerung einzuführen und den

Veränderungen an einem Plan sind immer dann angezeigt, wenn ihn das Kind aufgrund einzelner Aspekte der Gestaltung nicht ohne Hilfe benutzen kann. Das oberste Ziel besteht stets darin, einen Plan zu entwickeln, der einen möglichst selbstständigen Umgang erlaubt. Dies ist die wichtigste Entwicklungsrichtung bei der Erstellung von Strukturierungshilfen. Hat man eine Form gefunden, bei der dies der Fall ist, sollte man sie nicht gleich wieder verändern. Wie eine Prothese, die optimal angepasst wurde, soll auch der Plan erst einmal über einen längeren Zeitraum zum Einsatz kommen und seine Funktion erfüllen. Ein Plan ist schließlich als Hilfe zur Bewältigung des Alltags gedacht und stellt keinen Übungsinhalt an sich dar.

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JO | Analyse des folgenden PLANS:

Datum:

Aspekt des Plans

derzeitige Umsetzung

Anpassung I Erweiterung

Gut so? (Ja / Nein)

o© o© ©©

Funktion Welche Frage wird für wen beantwortet?

Kontext der Nutzung Wo befindet sich der Plan? ^

Zu welchem Zeitpunkt zugegriffen?

wird auf den Plan

Länge / Komplexität 4 Wie viele Informationen?

©© ©® ©® ©©

Art der Repräsentationen / Abstraktionsniveau ^

In welcher Form abgebildet?

Inhalt der Darstellungen Was wird abgebildet bzw. bezeichnet?

Material Woraus ist der Plan gestaltet?

Format und Organisation Wie sind die Darstellungen angeordnet? Größe des Plans / Mobilität

Handhabung



Wer geht mit dem Plan um? VWe w/ref mit dem Plan umgegangen? © 2005 BORGMANN

1

1

I

I

I

MEDIA - Dortmund

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• Häußler, Bestell-Nr.

1

1

9358 • Nachdruck

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verboten

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1

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1

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1

Rest beim Alten zu belassen. So sollte man sich zum Beispiel entscheiden, ob man erst von Objekten auf Bilder umstellt und dann von einer „Erst-Dann-Sequenz" auf einen Halbtagesplan erweitert, oder ob man den Plan erst verlängert und anschließend eine neue Darstellungsform einübt.

e) Zeitplanung für die Arbeit in Gruppen: Der Gesamtplan Die Erstellung eines individuellen Tagesplans zählt zu den wesentlichen Strategien im TEACCH Ansatz. Wenn man mit Gruppen arbeitet, setzt dies die Aufstellung eines Gruppenplans voraus. Dieser zeigt im Überblick, wer wann was mit wem macht. Ein solcher Plan ist die Voraussetzung für die optimale Nutzung der zur Verfugung stehenden Zeit, Räume und personellen Ressourcen. Ein solcher Plan wird dann besonders wichtig, wenn es darum geht, den Einsatz mehrerer Mitarbeiter in der Betreuung einer (größeren) Gruppe zu koordinieren. Denn dann kann man die Arbeit aufteilen, muss nicht alles selbst machen und nicht an alles selbst denken. Eine gute Gesamtplanung ermöglicht es, Räume und Zeiten für gezielte Angebote zu entdecken und „frei zu räumen". Über den Tag verteilt kann man zum Beispiel auch gruppenübergreifende Kleingruppen bilden (z.B. Kursangebote mit einer Parallelklasse) und die Teilnehmer je nach Interessen und Fähigkeiten in AGs zusammenstellen. Wie fange ich an, einen Gesamtplan zu erstellen ? Der erste Schritt besteht darin, sich einen Überblick über die an einem Tag anfallende routinemäßige Arbeit und festgelegten Aktivitäten zu verschaffen: Dabei geht es sowohl um den Inhalt der Aufgaben (was muss getan werden?), als auch um den Zeitpunkt (wann muss es getan werden?) und die Dauer (wie lange dauert die Verrichtung?). Bei der Protokollierung der Tätigkeiten während eines ganzen Tages geht es nicht nur um Verrichtungen, die mit den Gruppenmitgliedern durchgeführt werden, sondern auch um Aufgaben wie Telefondienst, Tee kochen, Dokumentation usw. Wenn man weiß, welche festen Arbeiten oder Aktivitäten im Tagesablauf anstehen, kann man im Team überlegen, wie diese mit dem zur Verfügung stehenden Personal am besten aufgeteilt werden können. Welche Aufgaben fasst man sinnvollerweise zusammen? Welche lassen sich miteinander verbinden? Wo muss eine 1:1 Betreuung gewährleistet sein? ...

Mit diesen Informationen lässt sich dann ein Gesamtplan erstellen. Dieser sollte als Orientierung dienen, nicht als in Stein gehauene Vorschrift. Natürlich lässt sich die Zukunft nicht bis ins Einzelne planen. Wenn zum Beispiel eine AG angeboten wird und ein Teilnehmer nicht mitmachen möchte, muss man ihn nicht dazu zwingen, nur weil es auf dem Plan steht. Auch kann es immer vorkommen, dass ein Angebot doch nicht stattfinden kann. Dennoch ist es besser, einen Plan zu haben, als alles dem Zufall und spontanen Momententscheidungen zu überlassen. Wie sieht ein solcher Plan aus? •

In einer Tabelle werden in die linke Spalte die Zeiten in kleinen Abschnitten eingetragen, so wie sie sich aus der Arbeit sinnvoll ergeben. Das heißt, bei kurzen Aktivitäten wird auch nur ein kurzer Zeitraum angegeben (z.B. zehn Minuten). Dies ist besonders dann angebracht, wenn viele unterschiedliche Dinge hintereinander passieren - ob nun mit der ganzen Gruppe oder mit einzelnen Gruppenmitgliedern.

• In der obersten Zeile jeder weiteren Spalte werden die Namen der Gruppenmitglieder aufgeführt. Die ganz rechte Spalte erhält die Überschrift „Zusätzliche Aufgaben". • Nun wird der Plan ausgefüllt: Für jedes Gruppenmitglied wird notiert, was er oder sie in den angegebenen Zeiträumen tut. Eine Aktivität kann auch mehrere Zeiteinheiten umfassen. • In die ganz rechte Spalte werden Aufgaben des Personals eingetragen, die nicht direkt die pädagogische Arbeit betreffen. Dies beinhaltet zum Beispiel Telefondienst oder Dokumentation, aber auch die Pausen der Mitarbeiter. • Schließlich überlegt man sich, wie die anfallende Arbeit mit dem zur Verfügung stehendem Personal am sinnvollsten aufgeteilt werden kann. Dabei ist es wichtig, dass jeder im Team über den Tag hinweg mit unterschiedlich schwierigen Personen arbeitet, um die Belastungen zu verteilen. Für den ganzen Tag wird festgelegt, wer zu welchen Zeiten für wessen Begleitung^ Förderung verantwortlich ist. Auch die Begleitung der einzelnen Gruppenmitglieder bei Gruppenaktivitäten sollte geregelt sein. Diese Zuordnung der Verantwortlichkeiten wird durch die Farbgestaltung im Plan deut-

lieh gemacht: Jedem im Team ist eine Farbe zugeordnet, durch die seine Aufgaben kenntlich gemacht werden. Somit erhält auch jeder Mitarbeiter einen individuellen Tagesplan. (Ähnlich wie die Tagespläne für die Gruppenmitglieder sind natürlich auch diese Verabredungen nicht unumstößlich. Vielmehr geht es darum, dass jeder weiß, wofür er verantwortlich ist. Kann er aus dem einen oder anderen Grund etwas nicht selbst erledigen, ist er dafür zuständig, die Aufgabe zu delegieren und damit sicher zu stellen, dass sie nicht vergessen wird.)

se berücksichtigen, wie lange das betreffende Kind sich auf eine Aufgabe konzentrieren kann und wie viele Pausen es braucht. Auch die einzelnen Kleingruppen werden für bestimmte Unterrichtsinhalte oder thematische Schwerpunkte individuell zusammengestellt. Während des gesamten Tages ist genau festgelegt, wer sich vom Personal wann um welches Kind kümmert und die Verantwortung für dessen Aufsicht übernimmt. Damit ist klar geregelt, wer z.B. welchen Schüler morgens im Empfang nimmt und darauf achtet, dass die im Förderplan aufgeführten Aktivitäten (z.B. Jacke ausziehen, Tasche aufhängen) wie geplant durchgeführt werden. Auch der Umgang mit dem individuellen Tagesplan wird entsprechend begleitet.

Zur Veranschaulichung ist im Folgenden ein Gesamtplan als Beispiel für die zeitliche Strukturierung eines Schultages abgebildet (S. 101). Auch wenn es sich bei dem Beispiel um eine Schulklasse handelt, lässt sich das Prinzip auf jede andere Gruppensituation übertragen. Der gesamte Schultag ist in kleine Zeiteinheiten unterteilt, die sich aus den jeweiligen Inhalten der Angebote und auch aus der Ausdauer der Schüler ergeben. Es sind hauptsächlich die Schüler, welche die Dauer einer Unterrichtseinheit bestimmen: So hätte es wenig Sinn, eine Einzelförderung für 30 Minuten anzusetzen, wenn das Kind nur 15 Minuten aktiv mitarbeiten kann und die restliche Zeit lediglich Pause hat. Die Beaufsichtigung während dieser Pause muss nicht durch die Lehrkraft erfolgen, die sich für diese Viertelstunde einem anderen Kind intensiv zuwenden kann. Natürlich spielen daneben auch die Vorgaben durch die allgemeine Zeitstruktur in der Schule eine Rolle. In der Regel bietet es sich an den Blockunterricht aufzuheben, um individuellere Angebote machen zu können. Wie weit die Zeit unterteilt werden kann oder muss, hängt daher ganz von den Gegebenheiten in der Klasse ab. Durch die zeitweise Aufteilung der Gruppe auf unterschiedliche Aktivitäten entstehen individuelle Stundenpläne für die einzelnen Schüler. Die-

Die Verteilung der Verantwortlichkeiten erstreckt sich auch auf Gruppensituationen. So weiß jeder Erwachsene, welches Kind er zur Teilnahme ermuntert und ihm bei Bedarf hilft. Klare Absprachen sind notwendig um zu gewährleisten, dass kein verwirrender Leerlauf entsteht. Die Arbeitseinheiten (selbstständiges Arbeiten) dienen der Übung und Festigung bereits gelernter Inhalte. Jeder Schüler arbeitet dann an Aufgaben, die seinem Entwicklungsniveau entsprechen und so gestaltet sind, dass er sie möglichst selbstständig bewältigen kann. Da die Schüler hier weniger direkte Hilfestellung brauchen, kann eine Betreuungsperson die Supervision mehrerer Schüler auf einmal übernehmen. In dieser Zeit ist die Lehrkraft frei für Einzel- oder Kleingruppenunterricht. Eine derartige Strukturierung gewährleistet, dass jeder Schüler und jede Schülerin angemessene Pausen (und Beschäftigungen) erhält, ohne dass längere Leerlaufzeiten auftreten. In unserem Beispiel erhalten die Schüler an diesem Tag neben den Aktivitäten im Klassenverband folgende Förderung im Rahmen der individuellen Angebote:

Tom

Klaus

Karin

Susanne

Markus

Einzelunterricht

25 min

15 min

20 min

15 min

15 min

Kleingruppen

25 min

15 min

50 min

65 min

40 min

Kursangebot

45 min

45 min

Arbeitseinheiten

2 (35 min) 2 (40 min)

2 (45 min)

2 (35 min)

2 (45 min) 3 (45 min)

Computer

15 min

15 min

35 min

25 min

25 min

40 min

25 min

Spielecke

(Pause)

100

Christian

55 min

40 min

Beispiel für die zeitliche Strukturierung eines Schultages Planung

Gruppenplan

Tom

Klaus

für Kinder

und Lehrkräfte

Karin

8:15

Ankunft

Spielecke

8:30

Ankunft

Computer

Spielecke

Puzzle

Morgenkreis

Morgenkreis

Morgenkreis

8:45

Morgenkreis

9:00 Individuelle

Angebote

9:15 9:30 9:45 9:55 Hände 10:00 10:30 11:00

waschen

Frühstück Hof Toilette

11:10 Individ.

Angebote

Kurs (Parallelklasse)

Susanne

(Gesamtplan) Markus

Toilette

Arbeit 1

Christian

Zusätzliche Aufgaben

Spielecke

Tee kochen

Spielecke

Malecke

Toilette

Morgenkreis

Morgenkreis

Morgenkreis

Einzelunterricht

Spielecke

Arbeit 1

Arbeit 1

Einzelunterricht

Malecke

Computer

Kleingruppe (Spiel) Spielecke

Computer

Arbeit 1 Spielecke

Spielecke

Kleingruppe (Spiel) Spielecke

Tisch decken

Tisch decken

Hände waschen

Hände waschen

Hände waschen

Hände waschen

Hände waschen

Hände waschen

Frühstück

Frühstück

Frühstück

Frühstück

Frühstück

Frühstück

Hof

Hof

Hof

Hof

Hof

Hof

Toilette

Toilette

Toilette

Toilette

Toilette

Toilette

Arbeit 1

Kurs (Parallelklasse)

Einzelunterricht

Arbeit 2

Arbeit 1

Arbeit 2

Kleingruppe (Wahrnehmung) Hände waschen

Kleingruppe (Wahrnehmung) Hände waschen

Kleingruppe (Wahrnehmung) Hönde waschen

Spielecke

Kleingruppe (Malen) Hände waschen

Hände waschen

Kleingruppe (Malen) Hände waschen

Mittagessen

Mittagessen

Mittagessen

Mittagessen

Mittagessen

Mittagessen

Hof

Hof

Hof

Hof

Hof

Hof

Musikkreis

Musikkreis

Musikkreis

Musikkreis

Musikkreis

Musikkreis

Einzelunterricht

Arbeit 2

Arbeit 2

Einzelunterricht

14:00

Spielecke

Malecke/Buch

Spielecke

Kleingruppe (Sprache) Kleingruppe (Gestalten) Toilette

Arbeit 2

13:45

Kleingruppe (Sprache) Arbeit 2

Kleingruppe (Gestalten) Spielecke

Arbeit 3 / Spielecke Kleingruppe (Gestalten) Toilette

Schlusskreis

Schlusskreis

Schlusskreis

Schlusskreis

Schlusskreis

Schlusskreis

Anziehen

Anziehen

Anziehen

Anziehen

Anziehen

Anziehen

Abfahrt

Abfahrt

Abfahrt

Abfahrt

Abfahrt

Abfahrt

11:30 11:55 12:00 12:30 13:00

Hände

Hof Musikkreis

13:20 Indiv.

14:10 14:25 14:30

waschen

Mittagessen

Angebote

Schlusskreis Anziehen Abfahrt

= Lehrkraft / Klassenleitung

= Zivi / Hilfsperson

Essensliste

MA Pause Tagebücher

2. Lehrkraft /Therapeutin (stundenweise in der Klasse)

Strukturierung selbstständiger Beschäftigung mit Hilfe von Arbeitssystemen

Bei der Aufgabenverteilung im Team k a n n es sinnvoll sein, sich Einteilungen f ü r verschiedene Fälle zu überlegen: wenn n u r zwei Mitarbeiter im Dienst sind, wenn drei vor Ort sind, wenn ein zusätzlicher P r a k t i k a n t mit hilft. Die Tagesabläufe und Angebote hängen in der Regel von der personellen Besetzung ab, die j a oft sehr variiert. Auf diese V e r ä n d e r u n g e n lässt sich schneller reagieren, wenn man sich vorab schon G e d a n k e n zur Aufgabenverteilung gem a c h t hat. Vorteile eines

a) Inhaltliche Überlegungen zur Einrichtung von Arbeitssystemen: Wo werden Arbeitssysteme eingesetzt? Der Begriff „Arbeitssystem" ist vielleicht irreführend, da es sich keineswegs um eine Form der Strukturierung handelt, die sich nur zur Erledigung von „Arbeit" im engeren Sinne eignet. Arbeitssysteme finden überall dort Anwendung, wo jemand im Rahmen einer grob definierten Tätigkeit an einem bestimmten Ort möglichst selbstständig eine oder mehrere vorgegebene Aufgaben oder Verrichtungen durchführen soll. Dies trifft in der Regel auf die Arbeit zu: Man kommt zu seinem Arbeitsplatz, wo - je nach Auftragslage und Dringlichkeit - bestimmte Dinge in einer sinnvollen Reihenfolge zu erledigen sind. Das Arbeitssystem oder der Aufgabenplan hilft einem zu erkennen, was zu tun ist, und bietet als Organisationshilfe ein Format, mit Hilfe dessen man ein A r b e i t s p e n s u m s y s t e m a t i s c h a b a r b e i t e n kann. Das Arbeitssystem wird zunächst einmal im Rahmen der selbstständigen Beschäftigung an einem Arbeitstisch eingeführt. Inhalt der Beschäftigung können produktive Tätigkeiten oder auch Übungen sein. Hat man ein System zur Arbeitsorganisation gefunden, mit dem der Betreffende gut umgehen kann, lässt sich dieses auf unterschiedliche Situationen übertragen. Denn neben der Arbeit an einem festen Arbeitsplatz gibt es viele andere Situationen, in denen die Erledigung bestimmter Tätigkeiten gefordert ist. So ist es zum Beispiel denkbar, dass jemand auf seinem Tagesplan den Hinweis „Zimmer putzen" stehen hat. Im Zimmer selbst findet er dann ein Arbeitssystem vor, das ihm sagt, was er an dem Tag im Einzelnen zu tun hat: 1. Bett machen, 2. Mülleimer leeren, 3. Staubsaugen. Im Badezimmer kann ein Arbeitssystem auf die notwendigen Verrichtungen zur Körperhygiene hinweisen (z.B. Baden, Nägel schneiden, Fönen) und im Garten auf die dort anfallenden Arbeiten (z.B. Laub harken und Unkraut jäten). Handelt es sich um eine Person, die mit unstrukturierter, freier Zeit überfordert ist, sollte man möglichst viel strukturierte Beschäftigung anbieten. In diesem Fall kann das „Arbeitspensum" aus einer Reihe von Freizeitaktivitäten bestehen und das Arbeitssystem dazu genutzt werden, eine geleitete selbstständige Beschäftigung zu ermöglichen.

Gesamtplans

Die E r s t e l l u n g e i n e s solchen G e s a m t p l a n s macht ohne Frage zunächst einmal viel Arbeit. Zumal sich die Tage von ihrer inhaltlichen Ges t a l t u n g j a auch unterscheiden und man d a h e r f ü r jeden Wochentag einen eigenen Plan entwerfen muss. Der Aufwand zahlt sich jedoch aus, da er die tägliche Arbeit erheblich erleichtert. Im Folgenden möchte ich noch einmal zusammenfassen, welche Vorteile ein solcher Plan mit sich bringt: •

Er stellt sicher, dass stets alle Kinder/Klienten gezielt betreut und begleitet werden.



Die klare Zuordnung von Verantwortlichkeiten gewährleistet, dass notwendigen Aufgaben erledigt und verabredete M a ß n a h m e n d u r c h g e f ü h r t werden.



Im Krisenfall ist klar festgelegt, wer f ü r die Regelung der Situation verantwortlich ist. E s müssen nicht alle Mitarbeiter zum Krisenherd laufen, sondern können sich d a r a u f verlassen, dass sich der Verantwortliche darum k ü m m e r t . Die übrige Arbeit kann mit m e h r Ruhe weiter laufen.



Aushilfskräfte können sich leichter in das, was zu tun ist, einfinden. Sie erhalten klare Arbeitsaufträge und können sich somit sinnvoll einbringen.



Wenn ein M i t a r b e i t e r plötzlich e r k r a n k t oder anderweitig v e r h i n d e r t ist, s t e h t ein Notfallplan bereit, mit dem man sich schnell auf die veränderte Situation einstellen kann.



F ü r die einzelnen Gruppenmitglieder entstehen individuelle Tagespläne, die mit den zur Verfügung stehenden Mitteln auch umsetzb a r sind.

102

Arbeitssysteme bieten Informationen und Hilfen zur Handlungsorganisation in spezifischen Situationen. Daher müssen sie an den Orten bereit stehen, an denen eine Aktivität stattfindet. Steht „Arbeiten" auf dem Tagesplan, so sollte das Arbeitssystem am Arbeitsplatz zugänglich sein; steht „Kochen" auf dem Plan, so gehört es in die Küche usw. Das Arbeitssystem bildet einen Rahmen, der mit ganz unterschiedlichen Inhalten gefüllt werden kann. Es bietet dem Kind ein Format, das es ihm erleichtert, sich auf wechselnde Anforderungen einzulassen und ohne die ständige Begleitung einer Betreuungsperson aktiv zu werden. Sobald ein geeignetes System gefunden ist, sollte es deshalb in möglichst vielen Situationen Anwendung finden.

b) Gestaltung von Arbeitsplatz und Arbeitssystem 1

I

Bei der Strukturierung selbstständiger Beschäftigung müssen sowohl räumliche, als auch zeitliche Aspekte berücksichtigt werden. Zum einen geht es um die Gestaltung des Arbeitsplatzes. Dies betrifft die räumliche Anordnung der Möbel und Materialien ebenso wie Maßnahmen zur Reizabschirmung. Die zeitliche Dimension bezieht sich auf den Arbeitsablauf, also die Frage, was wann zu tun ist. Hier kommen die bereits erwähnten Arbeitssysteme und Arbeitspläne zum Einsatz.

Zeiten, in denen sie sich auf eine Aufgabe konzentrieren müssen, die Bedingungen geboten werden, die sie dafür brauchen. Wir ziehen uns ja auch an einen ruhigen Ort zurück und schließen die Tür, wenn wir zum Beispiel ein wichtiges Telefonat führen wollen! Bei der selbstständigen Beschäftigung steht die Interaktion des Betreffenden mit dem Material im Vordergrund. Dies spiegelt sich in der Anordnung der Möbel wieder und besonders auch in der Position, welche die begleitende Betreuungsperson am Arbeitsplatz einnimmt: Die Rolle der Betreuungsperson bei der Arbeit besteht mehr darin, Aufsicht zu führen und bei Bedarf helfend einzugreifen. Ganz anders als bei der Einzelförderung, bei der die Interaktion zwischen Kind und Erwachsenem - vermittelt über das Material - im Vordergrund steht, bietet sich die Betreuungsperson bei der selbstständigen Beschäftigung nicht als ständiger Interaktionspartner an. Während man im Rahmen der Einzelförderung gemeinsam an einem Gegenstand arbeitet und somit als Person zum Bestandteil der Aktivität wird, nimmt man sich in der Begleitung selbstständiger Beschäftigung möglichst weit zurück. Entsprechend erfolgt die Aufsicht und Begleitung eher von hinten (vgl. Abb. 8 und 9). Aufeicht und Hilfe

Arbeitsplatz Der (selbstständige) Arbeitsplatz ist ein Ort, an dem die Erwartung an das Kind gestellt wird, dass es vorgegebene Anforderungen mit möglichst wenig Hilfe erfüllt. Die räumliche Gestaltung dieses speziellen Bereichs soll es darin unterstützen. Wenn nötig, sollten ablenkende Reize möglichst ausgeblendet werden. Manchmal ist es sinnvoll, den Arbeitsplatz etwas abseits von den anderen einzurichten und gegebenenfalls durch Raumteiler abzugrenzen. Oft kann man dem Kind helfen sich auf die Arbeit zu konzentrieren, indem man den Tisch gegen die Wand stellt, so dass das Kind nicht in den Raum hinein schaut und vom Treiben der anderen Personen im Raum abgelenkt ist. An dieser Stelle ist es wichtig, sich hier nochmals ins Gedächtnis zu rufen, dass selbstständige Arbeit/Beschäftigung ein Bestandteil der täglichen Aktivitäten darstellt, der durch vielfaltige soziale Situationen und Angebote ergänzt wird. Es geht nicht darum, Menschen mit Autismus den Tag über in kleinen reizarmen Nischen zu isolieren und dort arbeiten zu lassen. Vielmehr sollen ihnen für die

Abbildung 8: Position der Betreuungsperson bei der selbstständigen Arbeit.

Abbildung 9: Position der Betreuungsperson bei der Einzelförderung.

103

n

Organisation des Arbeitsplatzes Datum:

Name:

Ausgefüllt von:

Woran erkennt der/die Betreffende den Arbeitsplatz?

r

Q Eincheck-Aufgabe steht bereit. (Gegenstand zum Einchecken ist Teil der 1. Aufgabe) • Behälter / Befestigungsmöglichkeit für Karte oder Gegenstand zum Einchecken befindet sich am Arbeitsplatz. • Der Arbeitsplatz ist durch ein Bild gekennzeichnet. Art und Inhalt des Bildes: • Der Arbeitsplatz ist durch Schrift gekennzeichnet. Art und Inhalt des Hinweises: • Sonstiges/Bemerkungen:

Wo befindet sich der Arbeitsplan? Q Das Arbeitspensum wird aus der Gestaltung des Arbeitsplatzes und der Anordnung der dort befindlichen Materialien deutlich. • Stationärer Arbeitsplan: Ein Plan befindet sich auf dem Arbeitstisch. (

befestigt /

lose)

Q Stationärer Arbeitsplan: Ein Plan befindet sich über dem Arbeitstisch an der Wand. U Mobiler Arbeitsplan: Ein Plan befindet sich an einem bestimmten Ort und wird von dort geholt. • Sonstiges/Bemerkungen:

Wo befindet sich das Material? • Die Aufgaben stehen in direkter Reichweite auf der linken Seite am Arbeitsplatz.

c

• Die Aufgaben stehen links der Arbeitsfläche. Man muss sich strecken, aber nicht aufstehen, um sie zu holen. • Die Aufgaben stehen im Arbeitsbereich in kurzer Entfernung von der Arbeitsfläche. Entfernung:

Meter.

• Das Material steht in einem anderen Bereich des Raumes, ist aber bereits für jede Aufgabe zusammengestellt. D Das Material für jede Aufgabe muss aus unterschiedlichen Bereichen des Raumes zusammengesucht werden.

a •B

I i53Ol

• Sonstiges/Bemerkungen:

Wie viel Material ist zugänglich? Q Es stehen nur die Aufgaben bereit, die bearbeitet werden sollen. • Die zu bearbeitenden Aufgaben stehen zusammen mit weiteren

•SS

a

Aufgaben an einem eigenen Platz.

• Die Aufgaben stehen in einem Materiallager, wo sich auch Aufgaben von anderen Personen befinden. • Sonstiges/Bemerkungen:

S$

CO 3

f•i c

Wo kommen fertige Produkte hin? • Ein Platz für erledigte Aufgaben befindet sich in direkter Reichweite auf der rechten Seite am Arbeitsplatz. • „Fertig-Bereich" rechts der Arbeitsfläche. Man muss sich zum Abstellen strecken, aber nicht aufstehen. • Ein Platz für erledigte Aufgaben befindet sich im Arbeitsbereich, aber in kurzer Entfernung von der Arbeitsfläche. Entfernung: Meter. • Ein Platz für erledigte Aufgaben befindet sich in einem anderen Bereich des Raumes. • Nach der Erledigung müssen die Arbeiten an verschiedene Orte gebracht werden (je nach Aufgabe). • Sonstiges/Bemerkungen:

104

I S

1 i I

1 GQ

1 CM

Neben diesen generellen Aspekten der räumlichen Strukturierung des Arbeitsbereichs sind in Bezug auf die Organisation des Arbeitsplatzes aber auch fünf wesentliche Fragen zu klären, um ein selbstständiges Arbeiten überhaupt zu ermöglichen: Als erstes muss der Arbeitsplatz an sich klar definiert und fur den Betreffenden erkennbar sein. Sonst kann er sich ja nicht dort einfinden, wo er arbeiten soll. Eine zweite Frage bezieht sich darauf, wo der Arbeitsplan bzw. die Hinweise auf die Aufgabenstellung zu finden sind. Stehen die Informationen zum Beispiel am Arbeitsplatz bereit oder müssen sie an einem bestimmten Ort geholt werden? Drittens muss der Betreffende wissen, wo er das Material findet, das er verwenden soll. Je nachdem, wie weit das Material von der Arbeitsfläche entfernt ist, müssen Wege bewältigt werden. In Zusammenhang mit der Bereitstellung des Materials gilt es auch zu entscheiden, wie viel Material zugänglich ist. Es ist ein Unterschied, ob nur die zu bearbeitenden Aufgaben bereit stehen oder ob sich der Betreffende aus einer Fülle von Material das Richtige heraussuchen muss. Schließlich ist festzulegen, wo die erledigten Aufgaben hin kommen. Auch hier können die Anforderungen gestaffelt werden, je nachdem, ob Wege zurückgelegt werden müssen oder nicht. Auf all diese Fragen gibt es sehr unterschiedliche Antworten. Keine ist grundsätzlich richtig oder falsch. Wie immer gilt es, die passende Form für die spezielle Person zu finden, der wir den Arbeitsplatz gestalten. Wichtig ist jedoch immer, dass derjenige, der die Arbeit erledigen soll, die Antworten auf diese Fragen kennt. Ist das nicht der Fall, kann er den Arbeitsablauf nicht selbstständig ausführen. Das Arbeitsblatt „Organisation des Arbeitsplatzes" (S. 104) will dabei helfen, sich systematisch mit den wesentlichen Aspekten der Organisation des Arbeitsplatzes auseinander zu setzen. Es kann dazu dienen, eine bestehende Form zu beschreiben und somit einen Ist-Zustand zu dokumentieren. Genauso gut kann man es aber auch als Leitfaden nutzen, wenn man einen Arbeitsplatz neu einrichten möchte. In Bezug auf jede der fünf Fragen zur räumlichen Organisation sind einige wesentliche Gestaltungsmöglichkeiten aufgeführt. Diese können als Anregung dienen. Die Rubrik „Sonstiges/Bemerkungen" sollte dazu genutzt werden, nicht aufgelistete For-

men der Gestaltung zu beschreiben oder auch ergänzende Hinweise zu notieren.

Arbeitssystem Als Arbeitssystem bezeichnet man ein System, mit dessen Hilfe man die zu erledigenden Aufgaben identifizieren und gezielt ein Pensum abarbeiten kann. Nicht immer muss es sich um einen Plan im engeren Sinne handeln; ein gegenständliches Arbeitssystem besteht aus der Kombination entsprechend angeordneter Materialien und einer bestimmten Arbeitsroutine (vgl. Kapitel 5). Dennoch spielen bei der Gestaltung individueller Arbeitssysteme dieselben Aspekte eine Rolle wie bei der Gestaltung anderer Zeitpläne. So variieren Arbeitssysteme hinsichtlich der Art und Weise, wie auf die zu bearbeitenden Aufgaben hingewiesen wird (Abstraktionsniveau und Inhalt der Darstellung), wie viele Informationen auf einmal zugänglich sind (Komplexität), wie die Informationen angeordnet werden und welches Format das Arbeitssystem als Ganzes hat. Auch das Material, das bei der Gestaltung eines Arbeitssystems Verwendung findet, sollte an die jeweiligen Gegebenheiten angepasst sein. Schließlich beinhaltet auch jedes Arbeitssystem einen aktiven Umgang mit den visuellen Hinweisen, so dass der Arbeitsfortschritt nachhaltig erkennbar wird. Entsprechend gelten die allgemeinen Hinweise zur Gestaltung von Zeitplänen, wie sie oben ausführlich dargestellt wurden, auch für die spezielle Form der Arbeitssysteme. Arbeitssysteme sind jedoch nicht einfach nur eine besondere Art von Zeitplan. Im TEACCH Ansatz bilden sie einen zentralen Aspekt des Structured Teaching, da sie die Organisationshilfen bereit stellen, die jemand benötigt, um sich selbstständig mit vorgegebenen Anforderungen oder Aufgaben auseinander zu setzen. Dies ist eine Grundfähigkeit, die in den unterschiedlichsten Lebens-, Lern- und Arbeitssituationen effektiv eingesetzt werden kann und einen enormen Zuwachs an Handlungskompetenz und Unabhängigkeit mit sich bringt. Um seine Funktion zu erfüllen, muss ein Arbeitssystem ganz bestimmte Informationen vermitteln. Dies ist die Messlatte, an der jedes Arbeitssystem überprüft werden kann: Gibt es durch seine visuelle Gestaltung Auskunft bezüglich der vier wesentlichen Fragen, die ausnahmslos jedes Arbeitssystem beantwortet?

105

Die vier Fragen, die jedes Arbeitssystem beantwortet: > WAS ist zu tun?

••Bezeichnung der Aufgaben

> WIE VIEL ist zu tun?

••Menge und ggf. Reihenfolge der Aufgaben

> WANN ist die Arbeit FERTIG?

••Markierung des Fortschritts als Hilfe, das Ende der Arbeitszeit zu erkennen

> WAS kommt NACH DER ARBEIT?

••Verstärker oder Hinweis auf folgende Aktivität Zwar lässt sich die Dauer der Arbeitszeit auch durch eine Zeitvorgabe definieren und mit Hilfe einer Uhr feststellen, doch sind diese Maßnahmen der zeitlichen Strukturierung oftmals zu abstrakt. Häufig muss man daher auf ganz konkrete Maße zurückgehen und die Dauer einer Aktivität durch die Menge des zu verbrauchenden Materials definieren. Für das Arbeitssystem bedeutet dies: Die Menge der Arbeit ergibt sich aus der Zahl der visuell dargestellten Arbeitsaufträge. Bei einem gegenständlichen Arbeitssystem ist das die Anzahl der bereitgestellten Aufgaben, bei einem Plan mit Karten die Zahl der Aufgabenkarten und bei einer Liste eben die Anzahl der schriftlichen Arbeitsaufträge. Da die visuellen Arbeitsaufträge in irgendeiner Weise angeordnet sein müssen, ergibt sich in fast allen Fällen eine vorgegebene Reihenfolge der Arbeiten. Lediglich bei der einfachsten Form des gegenständlichen Arbeitssystems wird auf diese Vorgabe verzichtet und nur die Anforderung gestellt, dass am Ende alle hingestellten Aufgaben erledigt sein müssen. Durch eine entsprechende Plazierung der Aufgaben in einem Regal oder Stapelsystem lässt sich aber auch bei gegenständlichen Arbeitssystemen die Reihenfolge der Aufgaben vorherbestimmen. Dann wird von dem Betreffenden verlangt, dass er sich die Aufgaben nach einem festgelegten System holt, also zum Beispiel der Reihe nach von oben nach unten oder von links nach rechts.

Bei der Entwicklung eines individuellen Arbeitssystems gilt es also als erstes zu überlegen, wie man dem Betreffenden verständlich machen kann, welche Aufgaben zu tun sind. Dies kann auf ganz unterschiedliche Weise geschehen. In Kapitel 5 wurden bereits die verschiedenen Typen von Arbeitssystemen beschrieben, die unterschiedlich hohe Anforderungen an die Abstraktions- und Zuordnungsfahigkeit des Nutzers stellen: Diese umfassen das gegenständliche Arbeitssystem, den Bilderplan, das symbolische Arbeitssystem, den Plan mit Schriftkarten und die schriftliche Liste. In der Regel wird man sich für einen dieser Typen entscheiden, wobei es aber auch denkbar ist, in einem Plan Bild- und Schriftkarten zu mischen, wenn man die einzelnen Aufgaben konkret bezeichnen möchte und Hinweise auf beiden Abstraktionsniveaus verstanden werden. Bei der Entscheidung darüber, welcher Typ von Arbeitssystem angebracht ist, sollte bedacht werden, um welche Art von Aufgaben es sich handelt. So eignen sich bildliche Arbeitsaufträge also zum Beispiel Fotos, aus denen die Aufgabenstellung ersichtlich wird - eher für Routinearbeiten, für die sich der Betreifende dann das entsprechende Material holt. Bei wechselnden Übungen oder Arbeiten am Tisch sind Bilderpläne dagegen recht ungeeignet, da man dann für jedes neue Material und jede umgestaltete oder erweiterte Aufgabe eine neue Abbildung erstellen müsste. Die ständige Produktion aktueller Abbildungen wäre nicht nur zeitraubend und kostspielig, sondern würde auch bedeuten, dass das Kind immer neu lernen müsste, welche Aufgabe mit dem jeweiligen Bild gemeint ist. Hier eignet sich viel besser ein symbolisches Arbeitssystem.

Drittens sollte jedes Arbeitssystem eine Möglichkeit bieten, den Fortschritt der Arbeit zu markieren, um daran zu erkennen, wann man fertig ist. Auf gegenständlicher Ebene kann dies geschehen, indem die Materialien vom „Aufgabentisch" genommen und nach deren Bearbeitung in ein „Fertigregal" oder einen „Fertigkorb" gelegt werden. Wenn der Aufgabentisch (und die Arbeitsfläche) leer sind und alle Produkte und benutzten Materialien am „Fertig-Ort" liegen, ist die Arbeitszeit beendet. Im Zusammenhang mit Kartenplänen werden Arbeitssysteme häufig so gestaltet, dass die Aufgabenkarten nacheinander vom Plan genommen

Als zweites sollte jedes Arbeitssystem einen Überblick über die Menge der Arbeit geben. Dadurch bietet es einen Anhaltspunkt dafür, wie lange die Arbeit dauern wird. Erfahrungsgemäß ist die Motivation viel höher, sich an die Arbeit zu machen, wenn man erkennen kann, dass das Pensum zu bewältigen ist und damit auch wieder ein Ende absehbar wird.

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und an dem zur Aufgabe gehörigen und entsprechend gekennzeichneten Materialkorb angebracht werden (z.B. in einen Umschlag gesteckt, angeklammert, mit Klettband befestigt). Die Verbindung zwischen Aufgabenkarte und Aufgabenkorb wird handelnd vollzogen; das Material für die vorgegebene Aufgabe wird „ausgecheckt". Auf diese Weise hat man ein System geschaffen, mit dem sich der Betreffende gezielt das Material holen kann, das er braucht. Zudem verschwinden die Aufgabenkarten nach und nach vom Plan, da sie ja an den Materialkörben haften bleiben und mit ihnen zusammen an den Ort für erledigte Arbeiten geräumt werden. So wird deutlich, dass die Arbeit beendet ist, wenn keine Aufgabenkarte mehr am Plan hängt und alle Arbeitsergebnisse abgeliefert worden sind. Nicht immer ist das Auschecken der Materialien mit Hilfe der Aufgabenkarten notwendig (so, wie es nicht immer nötig ist, dass sich jemand bei einem Raumwechsel eincheckt!). Es kann sein, dass sich der Betreffende auf den visuellen Hinweis hin gut merken kann, welches Material er sich holen muss. Dann reicht es natürlich aus, dass er auf den Plan schaut und sich daraufhin holt, was er braucht. Dennoch sollte auch in diesem Fall der Arbeitsplan ein Format bereithalten, mit dem der Arbeitsfortschritt markiert werden kann. (In diesem Zusammenhang sei nochmals auf die Übersicht Jiilfen zur Plangestaltung: Formate zur Markierung dessen, was erledigt ist" auf Seite 93 hingewiesen.) Die vierte Information, die jedes Arbeitssystem geben muss, ist der Hinweis auf das, was auf die Arbeit folgt. Oftmals ist es sinnvoll, Verstärker einzusetzen, um die Motivation für fremdgeleitete Anforderungen zu erhöhen. Das bedeutet, dass es nach getaner Arbeit eine Belohnung gibt! Wie diese aussieht, richtet sich natürlich nach den individuellen Interessen. Es muss keineswegs immer etwas Essbares sein. Bevorzugte Aktivitäten (Kreiseln, Aufzug fahren, Musik hören) können ebenso als Belohnimg eingesetzt werden wie der erneute Zugang zu Lieblingsobjekten, die für die Dauer der Arbeit aus der Hand gelegt werden mussten. Manchmal genügt auch einfach der Hinweis, nach der Arbeit auf dem Tagesplan nachzuschauen, wie es weitergeht. Wenn möglich, sollte der Betreffende die Gelegenheit erhalten, sich selbst auszusuchen, was er nach der Arbeit tun möchte. So kann die Arbeitsroutine beinhalten, dass er vor Arbeitsbeginn auswählt, wofür er arbeiten möchte, und er den entsprechenden Hinweis am Arbeitsplan befestigt. Bei einem anderen System befindet sich

vielleicht im Anschluss an die Aufgabenkarten ein Hinweis auf eine Auswahlmöglichkeit, so dass die Auswahl erst nach der Erledigung der Arbeit erfolgt. Auch auf gegenständlichem Niveau kann zum Beispiel durch eine „Schatzkiste" mit verschiedenen interessanten Objekten auf das Angebot einer Auswahlaktivität hingewiesen werden. Sollte aufgrund mangelnder Entscheidungsfähigkeit keine Wahl möglich sein, so ist es Aufgabe der Begleitperson, einen geeigneten Arbeitsanreiz in Aussicht zu stellen. Abgesehen von der Entscheidung, was nach der Arbeit angeboten wird, gilt es sich zu überlegen, wie man dieses Angebot darstellen soll. Dies betrifft Fragen der Form und des Inhalts der Darstellung, wie sie in Bezug auf Zeitpläne bereits ausfuhrlich erörtert worden sind. Da es sich bei dem Hinweis auf den Arbeitsanreiz jedoch in der Regel um etwas handelt, was für den Betreffenden einen sehr starken Aufforderungscharakter besitzt, eignet sich nicht jede Darstellungsform. Manchmal ist es einfach zu ablenkend, wenn ein Bild vom Lieblingsobjekt oder gar der Gegenstand selbst ständig vor Augen steht. Dann könnte es hilfreich sein, den Gegenstand zu verpakken - zum Beispiel in eine „Belohnungskiste" und lediglich die Verpackung abzubilden. Ist es in einem anderen Fall wichtig, dass der konkrete Gegenstand sichtbar ist, sollte er dann aber außer Reichweite bleiben und der Zugang erst nach getaner Arbeit ermöglicht werden. Denkbar ist in diesem Zusammenhang, den Gegenstand in einem durchsichtigen Gefäß aufzubewahren, das der Betreffende aber nicht selbst öffnen kann. Hierdurch - oder auch durch den Einsatz eines repräsentativen Hinweises - wird gewährleistet, dass sich der Betreffende nicht Zugang zu seiner Belohnung verschafft, ohne zuvor die Aufgaben erledigt zu haben. Zudem erhält das Arbeitssystem auf diese Weise eine kommunikative Komponente, da die Arbeitsroutine dann beinhaltet, dass man am Ende der Arbeit mit dem Hinweis auf die Belohnung zu einer Betreuungsperson geht und die Belohnung einfordert. Damit ist zugleich erreicht, dass der Betreffende „meldet", wenn seine Arbeit fertig ist. Mit Hilfe des Arbeitsblattes „Gestaltung des Arbeitssystems" (Seite 108) kann ein bestehendes Arbeitssystem in den wichtigsten Punkten beschrieben und somit eine aktuelle Bestandsaufnahme dokumentiert werden. Ebenso wie das vorhergehende Arbeitsblatt zur Gestaltung des Arbeitsplatzes eignet sich aber auch dieses Formular als Planungshilfe bei der Einrichtung eines neuen Arbeitssystems.

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Gestaltung des Arbeitssystems Ausgefüllt von:

Datum:

Name:

Typ des Arbeitssystems

(Art, wie die Aufgaben bezeichnet werden)

WAS?

• gegenständlich (separate Aufgabenkörbe oder andere Formate der Materialzusammenstellung) • Bilderplan (konkrete Abbildung der Aufgaben) • Symbolsystem (Zuordnung von Aufgabenkarten zu Materialkörben). Symbole: • schriftliche Aufgabenstellung (einzelne Aufträge auf separaten Karten an einem Plan) • schriftliche Aufgabenstellung (Aufgabenliste)

Anordnung der Informationen zu den Arbeitsaufträgen Q Das Arbeitspensum steht bereit und kann in beliebiger Reihenfolge abgearbeitet werden. • Die zu bearbeitenden Aufgaben sind in einer Reihenfolge angeordnet: von oben nach unten. • Die zu bearbeitenden Aufgaben sind in einer Reihenfolge angeordnet: von links nach rechts. • Die Aufgabenkarten sind aufeinander gestapelt oder hängen hinter einander. • Die Aufgabenkarten an sind in einer Reihenfolge einem Plan angeordnet: von oben nach unten. • Die Aufgabenkarten sind in einer Reihenfolge an einem Plan angeordnet: von links nach rechts, ü Die Arbeitsaufträge stehen untereinander geschrieben auf einer Liste.

Handhabung des Arbeitsplans

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WANN FERTIG?

• Das bereit stehende Material wird abgearbeitet. Nach Beendigung jeder einzelnen Aufgabe wird das Produkt an einen festgelegten Ort für erledigte Aufgaben geräumt. Der Platz, wo die Aufgaben stehen, wird leerer; der Ort für die Ergebnisse oder benutzten Materialien füllt sich. • Die Aufgabenkarten werden der Reihe nach vom Plan genommen und vor Beginn der jeweiligen Aufgabe am entsprechenden Materialkorb befestigt. Mit fortschreitender Arbeit verschwinden die Karten vom Plan.

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• Die Aufgabenkarten werden jeweils nach Beendigung einer Aufgabe in einen .Fertigumschlag" gesteckt. Mit fortschreitender Arbeit verschwinden die Karten vom Plan. U Die Aufgabenkarten verbleiben nach Beendigung einer Aufgabe am Plan und werden markiert (z.B. abgemacht und umgedreht wieder befestigt, abgedeckt, mit einem Sticker versehen o.a.). • Die Arbeitsaufträge auf einer Liste werden abgehakt oder durchgestrichen, wenn sie erledigt sind.

Form des Verstärkers

(Darstellung dessen, was nach der Arbeit kommt) • Ein Gegenstand, der nach der Arbeit benutzt werden darf, liegt in Sichtweite: • Ein Gegenstand, der auf eine bestimmte Aktivität nach der Arbeit hinweist, liegt in Sichtweite: • Der Teil eines Gegenstandes, der auf die folgende Aktivität hinweist, liegt in Sichtweite:

(Art & Inhalt der Abbildung:

• schriftlicher Hinweis

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Abbildung 10: Gegenständliches Arbeitssystem (von links nach rechts mit Fertigkorb)

Abbildung 13: Arbeitsplatz mit schriftlichem Aufgabenplan (rechts auf dem Tisch).

Kalender

Uhr

Abbildung 11: Gegenständliches Arbeitssystem

> > >

Dennis verbringt Zeiten mit selbstständiger funktionaler Beschäftigung. Dennis übt Fähigkeiten und Fertigkeiten. Dennis übt sich in Arbeitshaltung und Arbeitsorganisation (wichtig für die Schule!). Wenn Dennis in der Gruppensituation überfordert ist (und er durch sein Verhalten die anderen nur stört), kann man ihn an seinen überschaubaren Arbeitsplatz schicken. Dort findet er einen bekannten Rahmen vor, der es ihm ermöglicht, sein Verhalten zu organisieren. (Dies ist eine gute Alternative zum „Vor-die-Tür-Schicken", wenn er zu sehr stört!)

Gestaltung von Aufgaben und Fördermaterial Im Rahmen der Arbeit an seinem Arbeitsplatz erhält Dennis speziell auf ihn zugeschnittene Aufgaben. Diese sind so gestaltet, dass die Materialbehälter fest auf einer Unterlage montiert sind, da Dennis sonst leicht durcheinander kommt. Am Ende entsteht auch immer ein Ergebnis, das festgehalten wird. Das heißt, er legt das „Produkt" in die Fertig-Kiste. Es bleibt dann die Aufgabe der Erwachsenen, die Materialien später aufzuräumen und wieder so herzurichten, dass Dennis sie bearbeiten kann.

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Bei unserem Gespräch haben Sie einige Aufgabenbeispiele gesehen. Um Ihren Aufwand möglichst gering zu halten, wird Frau Schäfer dem Kindergarten Aufgaben zur Verfügung stellen, von denen wir wissen, dass Dennis gern und recht selbstständig damit umgeht. Sie wird Ihnen auch zeigen, wie das Material verwendet wird. Bei Interesse erhalten Sie gern mehr Informationen zur Aufgabengestaltung und Beratung auch zu diesem Aspekt.

Unser nächstes Gespräch findet am 6. November 04 um 9.00 Uhr statt. Da haben wir Gelegenheit, die ersten Erfahrungen mit der Umsetzung der besprochenen Ideen zu reflektieren. Außerdem möchte ich Ihnen, wie vereinbart, einige strukturierte und visuell gestaltete Gruppenspiele vorstellen, die für Dennis vielleicht einen leichteren Einstieg in das interaktive Spiel bieten können.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Anne Häußler

Diplom-Pädagogin, Diplom-Psychologin (USA)

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Protokoll der zweiten Beratung im Kindergarten

Beratung von: Beratung durch: Beratungstermin:

Frau S. Konrad, Frau F. Jäger Dr. Anne Häußler 6.11.04

Betrifft:

Dennis Schäfer

Themen:

- Reflexion der ersten Erfahrungen mit der Umsetzung der Empfehlungen - strukturierte Gruppenspiele - Umgang mit Gefühlen

Sehr geehrte Frau Konrad und Frau Jäger, es war schön, dass Sie heute beide an dem Gespräch teilnehmen konnten. Ich weiß, dass das keineswegs eine Selbstverständlichkeit ist und freue mich umso mehr über Ihr Engagement. Ich war beeindruckt davon, was Sie in der kurzen Zeit seit unserem letzten Gespräch schon ausprobiert und umgesetzt haben - obwohl Sie wegen Urlaub und Fortbildungen gar nicht so häufig in der Gruppe sein konnten! Wir sind die Empfehlungen vom letzten Mal nochmals durchgegangen und Sie haben berichtet, was Sie davon schon versucht und welche Erfahrungen Sie gemacht haben. Selbstständiges Arbeiten am Arbeitsplatz Sie haben einen Arbeitsplatz eingerichtet, der etwas abseits von der Gruppe gelegen ist (neben dem Gruppenraum) und daher eine ruhigere Umgebung bietet. Dennis geht gern dort hin. Er weiß, was ihn dort erwartet: drei Aufgaben, die zu erledigen sind, bevor er wieder aufsteht und etwas anderes tut. Die Aufgaben sind ihm bekannt, und mittlerweile viel zu leicht: Er macht sie gern und selbstständig, ist aber auch sehr schnell fertig. Ihre Befürchtung, dass Dennis zwischendurch immer wieder aufsteht und zu Ihnen in den Gruppenraum kommt, hat sich nicht bestätigt. Er ruft Ihnen zu, wenn er eine Aufgabe fertig hat, bleibt aber sitzen und räumt sie allein in den Fertigkorb. Er meldet sich auch, wenn er alle Arbeiten geschafft hat. Das heißt, Dennis hat eine Arbeitsroutine gelernt, mit der er selbstständig eine Reihe von Beschäftigungen aufnehmen und durchführen kann. In dieser Situation arbeitet er zielgerichtet und ausdauernd. Sie haben berichtet, dass Dennis sich bei dieser Art von Arbeit viel besser konzentriert und Leistungen erbringt, die er sonst nicht zeigt. Diese positiven Erfahrungen sollten uns darin bestärken, das Angebot der selbstständigen Arbeit zu einem festen Bestandteil seines Kindergarten-Tages zu machen. Neben regelmäßigen „Arbeitszeiten" kann man Dennis aber auch zum Arbeitsplatz schicken, wenn er in der Gruppensituation offensichtlich überfordert ist und er einen vertrauten und übersichtlichen Rahmen braucht. Der ruhigere Platz und die Routine am Arbeitsplatz können ihm helfen sich zu stabilisieren, wenn ihm sonst alles zuviel wird und er in - zum Teil störende - Stereotypien verfällt. Um die Arbeit für Dennis weiterhin interessant zu gestalten und um die Zeiten auszudehnen, in denen er sich selbst beschäftigen kann, wollen wir die Anforderungen durch die Aufgaben erhöhen. Wo es geht, können wir die Zahl der zu verarbeitenden Teile aufstocken. Ansonsten wird Frau Schäfer Aufgaben bringen, die für Dennis schon etwas schwieriger sind.

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Tagesplan Sie haben einen Tagesplan für Dennis gestaltet und ihn im Gruppenraum aufgehängt. Im Moment hängt der Plan ziemlich hoch, damit die anderen Kinder nicht so leicht daran kommen und Bilder wegnehmen. Wenn Dennis den Plan benutzen will, schiebt er den darunter stehenden Sessel weg und holt einen Stuhl, auf den er steigt, um den Plan zu erreichen. Zurzeit wird Dennis noch dabei begleitet, wenn er mit dem Plan umgeht (die Bilder nimmt er aber selbst ab und steckt sie in den Fertig-Umschlag). Ihre Entscheidung, den Plan im Gruppenraum aufzuhängen, war gut, da er so am ehesten beachtet wird. Sie haben berichtet, dass die anderen Kinder es schnell akzeptiert haben, dass Dennis einen Plan braucht, um zu wissen, wann etwas passiert. Mittlerweile haben sie sich daran gewöhnt. Die Frage ist, ob es nicht einen Versuch wert wäre, den Plan jetzt etwas tiefer zu hängen, so dass Dennis leichter an ihn heran kommt und er den Plan auch mehr im Blick hat. Damit die Routine, auf den Plan zu schauen, zur selbstverständlichen Handlung wird, sollte der Plan möglichst schnell und ohne Aufwand zugänglich sein. Schließlich sollte Dennis nach jeder Aktivität oder jedem Angebot den Plan benutzen - das ist recht häufig! Damit es für Sie und Dennis einfacher ist, den Umgang mit dem Plan einzuüben, würde ich auf jeden Fall empfehlen, es darauf ankommen zu lassen und den Plan weiter unten anzubringen. Ich könnte mir vorstellen, dass die anderen Kinder lernen können den Plan in Ruhe zu lassen, so wie sie auch gegenseitig die privaten Fächer im Regal respektieren. Leider hatten wir noch keine Gelegenheit, die Gestaltung des Plans zu besprechen. Ich habe ihn mir angeschaut und möchte ein paar Anregungen für seine weitere Entwicklung geben: Aus der Anordnung der Bilder (je zwei nebeneinander) wird keine eindeutige Reihenfolge ersichtlich (->liest man in Zeilen oder in Spalten?). Meine Empfehlung ist, alle Bilder untereinander anzuordnen, da Dennis mit Abfolgen von links nach rechts noch Schwierigkeiten hat. Das erfordert natürlich einen längeren Plan, bringt aber den Vorteil, dass Dennis bald selbstständig mit ihm umgehen kann. Wenn Sie nicht einzelne Klettpunkte auf dem Plan befestigen, sondern einen durchgehenden Streifen, sind Sie flexibler und können bei Bedarf mehr Bilder anheften. (Gut ist auch ein Streifen Teppich, auf dem man die Karten mit rauem Klettband befestigen kann dann spart man sich den flauschigen Klett!) Ich weiß, dass Sie noch dabei sind, Bilder für verschiedene Aktivitäten zu suchen. Ich möchte an dieser Stelle nur noch einmal darauf hinweisen, dass es wichtig ist, den tatsächlichen Ablauf abzubilden, da der Plan sonst keine Orientierung bieten kann. Daher gehören nicht nur die Hinweise auf das, was nicht vergessen werden darf oder was besonders wichtig ist, an den Plan. Auch routinemäßige Aktivitäten wie Stuhlkreis, Freispiel etc. sollten abgebildet werden. (Dafür braucht man manchmal mehrere Bilder von einer Aktivität, wenn zum Beispiel das Freispiel durch Arbeit unterbrochen und später nochmals angeboten wird.) Es ist immer sinnvoll, die Bilder auch zu beschriften. Dann wissen auch nicht eingeweihte Personen, die zum Beispiel in der Gruppe aushelfen, was welches Bild bedeutet. Visuelle Hilfen im Stuhlkreis Der Stuhlkreis zählt zurzeit zu den schwierigsten Situationen für Dennis. Außer eines visuellen Hinweises für „Leise!" hatten Sie jedoch noch keine Gelegenheit, die besprochenen Ideen umzusetzen. Leider reagiert Dennis nicht auf das Leise-Schild (dafür aber die anderen Kinder, was ja auch schon hilfreich ist!). Wir haben überlegt, ob es nicht sinnvoll sein kann, die Zeit für Dennis im Stuhlkreis zu

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begrenzen. So könnte man die ersten 10 Minuten des Stuhlkreises so gestalten, dass er für Dennis interessant und nachvollziehbar ist (Einsatz von visuellen Hilfen, Stuhlkreis-Plan etc.). Danach könnte man Dennis zur selbstständigen Beschäftigung an den Arbeitsplatz schicken. Strukturierte Gruppenspiele Als Anregung für die Gestaltung interaktiver Angebote, bei denen Dennis mit anderen Kindern in Kontakt kommt und spielt, habe ich Ihnen verschiedene Gruppenspiele vorgestellt. Diese Spiele beinhalten einen visuell klar nachvollziehbaren Umgang mit Material, gekoppelt mit interaktiven und kommunikativen Anforderungen. Sie bieten einen Rahmen, in dem die Form der Kontaktaufnahme und der Umgang miteinander klar geregelt ist. Die meisten von ihnen können Sie im Buch „SOKO Autismus" nachlesen, das ich Ihnen leihweise bis zum nächsten Termin überlassen habe. Umgang mit Gefühlen Sie haben beobachtet, dass Dennis manchmal Dinge tut, die andere ärgern (z.B. wiederholte Fragen, deren Antwort er kennt). Wenn der Andere dann schließlich unwillig reagiert, lacht Dennis und sagt: „Ich habe Susanne geärgert!" (oder „Ich will Susanne ärgern!"). Die Frage ist, ob er tatsächlich diese Einsicht in sein Handeln hat und er absichtsvoll handelt. Dennis ist sehr interessiert an Gefühlen. Dieses Thema beschäftigt ihn, ist für ihn aber auch schwierig. Er liebt die Zuordnung von Gesichtern nach „weint" und „lacht", ist sich aber nicht immer sicher, ob er es richtig erkennt. Auch über sich selbst will er oft wissen: „Habe ich geweint?" So, wie ich Dennis bisher kennen gelernt habe, ist er zur Zeit in einer Phase, in der er Bezeichnungen für Gefühle lernt, wobei er sich allerdings mehr an der aktiven Handlung orientiert (lachen, weinen, kichern) als am emotionalen Zustand (glücklich, traurig). Es ist wahrscheinlich, dass Dennis mit seiner Äußerung „Ich habe Susanne geärgert!" die Situation zu beschreiben versucht - und sich dabei freut, dass er einen Begriff dafür hat. Nach Aussagen von Frau Schäfer verwendet Dennis häufiger die Floskel „Ich will", ohne dass dies eine Absichtserklärung ist. Meine Interpretation der Situation ist daher, dass Dennis nicht absichtsvoll und bewusst mit seinem Verhalten provozieren und andere ärgern möchte. Nächster Termin Unser nächstes Treffen findet am Mittwoch, dem 19. Januar 2005 statt. Wenn Sie ein bestimmtes Anliegen oder Fragen haben, die Sie besprechen möchten, lassen Sie es mich bitte möglichst vorher wissen. Mit freundlichen Grüßen

Dr. Anne Häußler

Diplom-Pädagogin, Diplom-Psychologin (USA)

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Aktualisierung des Förderplans für Ihren Sohn Dennis, geb. 21.2.99 15.12.04

Sehr geehrte Frau Schäfer,

wie wir in unserem Gespräch am 1.12.04 festgestellt haben, hat Dennis in den letzten 4 V2 Monaten viele Entwicklungsfortschritte gemacht. Ausgehend von den Ergebnissen der Untersuchung mit dem PEP-R am 15.7.04, haben wir Strategien und Übungen zur Förderung von Dennis entwickelt, die Sie mit großem Elan umgesetzt haben. In unseren begleitenden Gesprächen konnten wir die Ideen seitdem weiter entwickeln und die Übungen immer wieder an Dennis' aktuellen Stand anpassen. Jetzt ist es an der Zeit, das Ganze einmal schriftlich zu fassen und den aktuellen Förderplan aufzuschreiben. Damit wir einen Überblick behalten und sicher gehen können, dass wir alle Aspekte berückrichtigen und Dennis nicht einseitig fördern, haben wir die Ideen und Übungen bestimmten Entwicklungsbereichen zugeordnet. Wir haben zehn Entwicklungsbereiche benannt und darüber gesprochen, was für Dennis jeweils wichtig wäre. Dabei wurde deutlich, dass Dennis in einigen Bereichen im Moment dringender Hilfe nötig hat als in anderen. Er bekommt ja auch schon Ergotherapie, so dass die Förderung der Wahrnehmung und des Körpergebrauchs bereits weitgehend abgedeckt ist. Meine Vorschläge zur Förderung von Dennis konzentrieren sich daher auf die Bereiche, in denen ein aktueller weitergehender Bedarf besteht. Der Förderplan enthält eine Zusammenstellung dessen, was für Dennis zur Zeit sinnvolle Aufgaben und Anforderungen sind. Das soll jedoch nicht bedeuten, dass Sie jeden Tag alle vorgeschlage-

nen Aufgaben mit Dennis durchführen müssen! Es ist völlig in Ordnung, wenn Sie sich auf be-

stimmte Übungen und Ziele konzentrieren. Einige der Empfehlungen betreffen grundsätzliche Vorgehensweisen {z.B. der Umgang mit dem Tagesplan) - diese Strategien sollten jeden Tag Anwendung finden. Andere Vorschläge dagegen beinhalten Anregungen für Aktivitäten und Übungen. Diese können Sie je nach Situation auswählen, so, wie es unter den gegebenen Umständen für Sie und Dennis am besten ist. Lassen Sie sich davon leiten, was Dennis gerade interessiert und wozu er Lust hat. Der Förderplan soll ihnen helfen, in Ihrer Beschäftigung mit Dennis entwicklungsfördernde Angebote zu machen - er ist kein Übungsprogramm, das abzuarbeiten ist! Im Folgenden finden Sie zunächst eine Übersicht über die Entwicklungsbereiche. Diese soll Ihnen helfen, die Zuordnung der Aufgaben und Hinweise zu den einzelnen Bereichen leichter nachzuvollziehen. Oftmals beinhaltet eine Aufgabe aber mehrere Fähigkeiten; so dass man die Aufgabe in verschiedene Bereiche einordnen kann. (So kann man ein Puzzle zum Beispiel unter dem kognitiven Aspekt der Formenzuordnung betrachten, aber auch als Anforderung in der Auge-Hand-Koordination.) Wir haben die Übungen dem Bereich zugeordnet, der bei der Förderung jeweils im Vordergrund steht. Die Auflistung der aktuellen Empfehlungen zur Förderung von Dennis finden Sie im Anschluss an die Übersicht über die Entwicklungsbereiche. Bei den aufgeführten Zielen handelt es sich um die nächsten Etappen, die wir in Bezug auf jedes Thema erreichen wollen. Die meisten Aufgaben haben wir ja bereits besprochen. Sollte dennoch etwas unklar sein, fragen Sie bitte nach. Wenn Sie noch Ergänzungen oder Anregungen haben, können wir diese jederzeit einarbeiten. Ein Förderplan ist ja nie fertig, sondern muss immer flexibel weiter entwickelt werden. Ich freue mich über unsere gute Zusammenarbeit und bin überzeugt davon, dass Dennis sehr von Ihrem Engagement profitiert!

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Übersicht über die Entwicklungsbereiche Entwicklungsbereiche Kognitive Fähigkeiten

Inhalte (Beispiele) Entwicklung von Konzepten und Vorstellungen; Vergleichen, Zuordnen und Klassifizieren; Gedächtnis; Problemlösung; Zusammenhänge erkennen und bilden; Regeln ableiten; (vor)schulische Fähigkeiten (Lesen, Schreiben, Rechnen).

Handmotorik & Auge-Hand-Koordination

Differenzierter und gezielter Gebrauch der Hände und Finger; Greifen und Loslassen; Geschick im Umgang mit kleinen Gegenständen; das Tun der Hände mit den Augen verfolgen und steuern.

Wahrnehmung

Einsatz der Sinne (Hören, Sehen, Schmecken, Riechen, Tasten, Gleichgewichtssinn, Druckempfindung). Koordination der Sinne. Reaktion auf Sinnesreize.

Grobmotorik & Körpergebrauch

Entwicklung und Koordination von Bewegungsmustem. Bewegungen ohne Gegenstände (z.B. Stehen, Gehen, Laufen, Hüpfen, Bücken) und Einsatz des Körpers im Umgang mit Objekten (z.B. Balancieren, Ball werfen, Rad fahren, Klettern).

Selbstversorgung

Durchführung von Handlungen zur Versorgung der eigenen Person (Anziehen, Essen, Toilettengang, Körperhygiene).

Kommunikation

Sprachverständnis; Verstehen nonverbaler Signale (Körperhaltung, Gesten, Mimik, Tonfall). Einsatz von Sprache oder anderen Mitteln, um sich anderen Personen mitzuteilen (z.B. Kommunikation über Handführung, Bilder oder Objekte).

Soziale & emotionale Fähigkeiten

Soziales Interesse; Kontaktaufnahme und Kontaktgestaltung; Reaktion auf Kontaktangebote; Freude an Kontakt und Interaktion; Verstehen von sozialen Regeln; Einhalten von Regeln im Umgang miteinander; gemeinsames Spiel. Gefühle bei sich und anderen verstehen, erkennen und benennen; Gefühle angemessen ausdrücken.

Arbeitsverhalten

Sich auf Anforderungen einlassen; Arbeitsmaterial in vorgegebener Weise bearbeiten; Konzentration; Ausdauer; angemessenes Arbeitstempo; Kritikfähigkeit.

Organisatorische Fähigkeiten

Alle Aspekte der Handlungsorganisation: Planen; systematisches Vorgehen; Entwicklung und Anwendung von geeigneten Strategien; geeignete zeitliche und räumliche Einteilung.

Selbstkontrolle & Verhaltensmanagement

Selbstgefährdendes, fremdgefährdendes oder störendes Verhalten unterbinden; beeinträchtigende Verhaltensweisen in Bahnen lenken, so dass man damit umgehen kann; das Verhalten der jeweiligen Situation anpassen.

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Förderplan: Dennis Schäfer 15.12.04 Seite 1 von 9

Kognitive Fähigkelten Thema

Aktueller Stand

Buchstaben zuordnen

Dennis liebt Buchstaben. Er ordnet große Druckbuchstaben einander zu. Manchmal verdreht er das M oder legt Buchstaben spiegelverkehrt hin. Dies ist für ein Kind in seinem Alter normal.

Dennis ordnet alle Buchstaben des Alphabets einander zu (Großbuchstaben).

Dennis benennt alle Buchstaben seines Namens und folgende: U, M, Y, A, J, B.

Dennis benennt alle Buchstaben des Alphabets (Großbuchstaben).

Buchstaben benennen

Ziel

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Zahlen zuordnen

Zahlen benennen

Dennis ordnet die Zahlen 1,2 und 3 sowie 4,5 und 6 einander zu (jeweils nur drei verschiedene Zahlen zum Sortieren). Manchmal verdreht er die Zahlen.

Dennis ordnet die Zahlen 0-10 einander zu.

Dennis benennt die meisten Zahlen; hat noch Probleme mit 4,6,7 & 9.

Dennis benennt die Zahlen von 1-10.

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Übungen/Vorschläge

Buchstaben-Puzzle (Moosgummi) Hefter-Aufgaben (wechselnde Buchstaben) Tablett-Aufgaben mit Sortierkästen (Karten mit Buchstaben seines Namens und auch andere) Klammer-Karten (gleichen Buchstaben markieren) Beim Zusammensetzen des Buchstaben-Puzzles die Buchstaben benennen Im Alltag auf einzelne Buchstaben hinweisen und diese benennen. „Buchstaben-Such-Spiel": In einem Kinderbuch, auf einem Werbezettel o. dergl. einen Buchstaben benennen und Dennis diesen suchen lassen („Ich sehe ein El") Zahlen-Puzzle (Holz) Hefter-Aufgaben (wechselnde Zahlen) Tablett-Aufgaben mit Sortierkästen (Karten mit wechselnden Zahlen) Klammer-Karten (gleiche Zahlen markieren) Zahlen-Lotto Bei Zusammensetzen des ZahlenPuzzles die Zahlen benennen Im Alltag auf einzelne Zahlen hinweisen und diese benennen

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Förderplan: Dennis Schäfer 15.12.04 Seite 2 von 9

Thema

Ziel

Aktueller Stand

Mengen zuordnen

Zuordnung Menge - Zahl

Dennis ordnet Punktmengen 1 und 2 einander zu, wenn die Abbildungen identisch sind (Anordnung und Form der abgebildeten Punkte). Bei unterschiedlichen Abbildungen und größeren Mengen ist er sehr unsicher.

Dennis ordnet die Mengen 1-4 einander zu, auch wenn sich die Abbildungen voneinander unterscheiden.

Dennis kann einzelne Zahlen benennen und mit Hilfe vier Objekte zählen. Er erfasst und benennt die Menge 2. Die Verbindung von Menge und Zahlenbild stellt er noch nicht her.

Anbahnung der Zuordnung von Menge und Zahl: Dennis verwendet Material, auf dem eine Zahl abgebildet ist und befestigt die entsprechende Anzahl von Gegenständen daran, indem er sich an Markierungen orientiert.

-oj Reihenfolgen erkennen und einhalten: einer Vorlage folgen

Reihenfolgen erkennen und einhalten: einem Prinzip folgen

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Dennis arbeitet mit Schablonen und kann auf oder auch unterhalb einer Vorlage das abgebildete Muster nachlegen. Er geht bei längeren Sequenzen jedoch nicht der Reihenfolge nach vor (links -> rechts). Bei einer Schablone mit vier Farbpunkten kann er eine Kette aus Perlen mit den vorgegebenen Farben in der richtigen Reihenfolge auffädeln.

Dennis orientiert sich an einer Vortage und „liest" diese von links nach rechts. Im Verlauf der Aufgabe führt er die einzelnen Schritte nacheinander in der richtigen Reihenfolge aus.

Für Dennis ist diese Anforderung neu. Die Fähigkeit zur Unterscheidung von Formen, Farben und Größen ist gegeben.

Dennis erkennt ein einfaches sich wiederholendes Muster und führt entsprechend der Regel das Muster fort.

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Übungen/Vorschläge

Hefter-Aufgaben (Zuordnung von jeweils nur zwei verschiedenen Punktmengen, z.B. ein und drei oder zwei und vier Punkte; Abbildungen allmählich variieren; später Sortieren von mehr als zwei Punktmengen) Tablett-Aufgaben mit Sortierkästen Holz-Steckspiel (Holzplättchen mit 1-5 Löchern auf entsprechend angeordnete Stäbe stecken) An Pappkarten, auf denen eine Zahl abgebildet ist, die jeweilige Anzahl Wäscheklammern befestigen (auf Markierungen setzen) Puzzle, bei dem in einen Rahmen die Zahl und daneben die entsprechende Anzahl Formen eingesetzt wird Mit Dennis die Gegenstände zählen und auf die abgebildete Zahl hinweisen Vier Perlen in einen durchsichtigen Schlauch einfüllen (Modell als Vorlage) Vier Supermarkt-Logos in richtiger Reihenfolge auf eine Schiene schieben (Schablone folgen) Fädelraupe: 4 Perlen auffädeln (Schablone mit vier Farbpunkten) Bei länaeren Seauenzen: statt einer Schablone einen Plan mit einzelnen Hinweisen zum Abnehmen gestalten (z.B. Karten, die man abnehmen und in einen „Fertig-Umschlag" stecken kann) Jeweils 4 Stück einer Reihe vorgeben und Muster fortführen lassen: z.B. abwechselnd große und kleine Perlen (Kreise und Vierecke, rote und blaue Legos, Fotos von Mama und Dennis)

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Förderplan: Dennis Schäfer 15.12.04 Seite 3 von 9

Thema Umgang mit dem Stift: Ausmalen

Umgang mit dem Stift: Linien nachfahren

Umgang mit der Schere: Schneiden

Aktueller Stand

Ziel

Dennis malt in bezeichneten eingegrenzten Bereichen, wobei er den Stift im Faustgriff hält. Er malt nicht die ganze Fläche aus und malt über die Ränder hinaus, wenn diese nicht erhöht sind.

Dennis malt kleinere bezeichnete Flächen ganz aus und beachtet dabei die Linien als Grenze.

Ohne Schablone malt Dennis Kreise bzw. aus Kreisen bestehende Autos. Gerade Striche malt er nicht spontan; innerhalb einer Schablone kann er eine gerade Linie nachfahren. Bei gebogenen Linien malt er z.T. über den Rand der Schablone.

Dennis fährt mit einem Stift innerhalb einer Schablone unterschiedlich geschwungene Linien und Formen nach. Seine Stiftführung passt sich der Vorlage an.

Dennis schneidet gern mit der Schere, allerdings nicht entlang einer Linie (auch wenn es ein sehr dicker Strich ist).

Dennis benutzt die Schere gezielt, um entlang einer Markierung zu schneiden.



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Fädeln: Auffädeln von Gegenständen

Dennis fädelt gern Perlen auf. Zur Zeit arbeitet er mit großen Holzperlen.

Dennis fädelt verschiedene - auch kleinere - Gegenstände auf Schnüre, wobei er die Einstichstellen suchen muss.

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Übungen/Vorschläge

Ausmalbilder mit einfachen Formen, deren Ränder erhöht sind (z.B. Wolle aufkleben oder Wikki-Stix). Die Farbe der Ränder gibt an, mit welcher Farbe ausgemalt werden soll. Rücksprache mit der Ergotherapeutin bzgl. eines speziellen Griffes zur Förderung der Stifthaltung Schablonen aus Pappe mit ausgeschnittenen Linien (Wellenlinien, Spiralen, Zickzack-Linien usw.), darunter ein Papier mit Büroklammern befestigen Mit Wikki-Stix die Umrisse von Formen nachbilden (doppelter Rand, so dass Dennis zwischen den beiden Fäden den Strich ziehen kann) Schmale Papierstreifen mit dicken Linien versehen (der Papierstreifen sollte mit einem Schnipp durchzuschneiden sein). Rechts und links der Linie dicke Pappe aufkleben, so dass es am einfachsten ist, auf der Linie zu schneiden. Nach und nach die Linie, auf der geschnitten werden soll, enger machen Später breitere Papierstreifen anbieten, so dass mehrere Schnitte notwendig sind Kleinere Perlen auffädeln Zerschnittene Strohalmstücke auffädeln „Unförmige" Perlen auffädeln (Teddyform)

Förderplan: Dennis Schäfer 15.12.04 Seite 4 von 9

Thema

Aktueller Stand

Fädeln: Faden durch Löcher führen

Dennis führt einen Faden durch Löcher an einem Gegenstand, wobei er einem vorgegebenen Weg folgt (nebeneinander liegende Löcher oder Folgen einer Markierung).

Dennis setzt Puzzles mit 25 Teilen zusammen, wenn diese ausgeprägte Formen haben (Puzzlenasen) und ein Rahmen vorgegeben ist. Ohne Rahmen setzt er Puzzles aus 12 Teilen zusammen. Seine Geduld beim Puzzlen ist begrenzt.

Dennis setzt Puzzles zusammen und achtet dabei auch auf den Bildinhalt.

Gezieltes Greifen und Plazieren kleiner Gegenstände

Dennis liebt es, Münzen durch einen Schlitz in eine Dose zu werfen. Er greift kleine Gegenstände mit dem Pinzettgriff.

Dennis greift kleine Gegenstände aus einer Schale und steckt sie in passende Öffnungen.

Klammem: Markierungen beachten

Dennis kann Haarklammem (zum Aufdrücken) und Wäscheklammern an Pappstücke anbringen und gezielt auf Markierungen setzen. Manchmal übersieht er aber Markierungen.

Dennis benutzt verschiedene Klammerarten (auch Büroklammern) und befestigt diese an markierten Stellen.

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Übungen/Vorschläge

Dennis hat noch keine Erfahrung mit dieser Art von Aufgabe. Da er aber gern auffädelt, könnte dies eine interessante Beschäftigung für ihn sein.

Puzzles

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Ziel

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• Fädelbilder „sticken": Dicken Wollfaden am vorderen Ende durch ein Stück eines Strohhalmes verstärken. Mit dieser „Nadel" die Umrisse von Formen und Figuren nachsticken (entlang einer Linie, die mit Löchern durchsetzt ist). • Fädelbilder „umnähen": Am Außenrand eines Bildes aus fester Pappe sind Löcher. Durch Umnähen des Bildrandes entsteht ein Rahmen. • Mit dicker Wolle einen Weg durch große Ösen fädeln, die in ein Holzbrett geschraubt sind • Puzzles ohne Rahmen ggf. mit einem Rahmen versehen • Zwei kleine Puzzles mit identischem Schnitt aber unterschiedlichem Bildinhalt anbieten; dazu zwei Rahmen (für jedes Puzzle einen eigenen) • Bilder, mit geraden Schnitten in 2-3 Teile zerschnitten, zusammensetzen • Steckspiele (kleine Plastikstecker) • Verschieden farbige Plättchen aus dem Flohspiel durch Schlitze in eine Dose werfen (Schlitze farblich kennzeichnen, unterschiedlich ausrichten und auch an der Seite der Dose anbringen) • Motive aus fester Pappe mit Markierungen für Wäscheklammern, die das Bild ergänzen (z.B. Igel Stacheln, Sonne Sonnenstrahlen) • Motive aus fester Pappe mit Markierungen für große Büroklammern, die das Bild ergänzen (z.B. Tiger -> Käfig, Garten Zaun)

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Thema

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Währnehmürig;

Aktueller Stand

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Ziel

Sensorische integration Auditive Aufmerksamkeit und Orientierung

Dennis Reaktion auf Geräusche variiert. Es fällt ihm oft schwer, länger hinzuhören.

Dennis horcht auf ein anhaltendes Geräusch und sucht die (versteckte) Geräuschquelle.

Ertasten von Gegenständen

Dennis mag Tastspiele; es fällt ihm jedoch schwer, Objekte durch Tasten zu erkennen.

Dennis erkennt unterschiedliche Gegenstände durch Ertasten, wenn man ihm ein Gegenstück zeigt.

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Übungen/Vorschläge

Weiterführung der sensorischen integrationstherapie im Rahmen der Ergotherapie Eine aufgezogene Spieluhr verstecken; Dennis muss sie finden, bevor sie abgelaufen ist (Variationen: z.B. Diktiergerät mit aufgesprochenem Text). Das Zweite zu einem Paar finden: Aus einem Beutel oder einer Kiste (mit Löchern für die Hände) vorgegebene Objekte herausholen lassen. Zunächst nur drei in Form und Beschaffenheit verschiedene Gegenstände anbieten. Anfangs ggf. das Gegenstück nicht nur zeigen, sondern auch befühlen lassen.

Gröibn^ Thema Überkreuzen der Körpermitte

Aktueller Stand Wenn Dennis etwas greifen möchte, was auf der anderen Seite liegt als die Hand, mit der er greifen will, so dreht er seinen Rumpf und bringt die Hand dadurch in die Nähe des Objekts.

Ziel Dennis übergreift flexibel mit beiden Händen die Körpermitte.

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Übungen/Vorschläge

Sich selbst umarmen Rechte Hand auf das linke Knie legen und zugleich die linke Hand auf das rechte Knie (Hilfe: einen roten und einen blauen Handschuh anziehen; das jeweils gegenüberliegende Knie mit einer roten bzw. blauen Schleife markieren) • Hinter Dennis auf dem Boden sitzen (Beine gegrätscht) und seine Hände führen (rechte Hand ans linke Ohr, linke Hand an das rechte Knie usw.) • Mit der rechten Hand Wäscheklammem vom linken Ärmel abziehen und umgekehrt

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Thema

Aktueller Stand

Beidbeiniges Hüpfen

Dennis trippelt, kann aber nicht beide Füße zugleich vom Boden lösen.

Dennis hüpft, indem er mit beiden Füßen zugleich hochspringt.

Dennis wirft einen Ball, allerdings nicht zielgerichtet.

Dennis wirft einer Person einen Ball zu.

Ball werfen

Ziel



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Körperkontrolle & Gleichgewicht

Übungen/Vorschläge

Auf einem Trampolin (Matratze) zunächst mit beiden Beinen parallel wippen; später hochspringen (Dennis dabei an den Händen halten) Beidhändiges Werfen (von unten) aus geringer Entfernung in eine große Kiste (ggf. Standpunkt markieren!). Unterschiedlich schwere Gegenstände in die Kiste werfen (Sandsäckchen, Bälle). Ball in eine Kiste werfen, die eine Person festhält Ball zu einer Person werfen Weitere Übungen mit der Ergotherapeutin absprechen

Selbstversorgung

Zur Zeit kein aktueller Bedarf

Thema

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Kommunikation Ziel

Aktueller Stand Es fällt Dennis schwer, in sinnvollen Zusammenhängen von Dingen zu berichten.

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Dennis kann den Toilettengang jetzt allein bewältigen. Beim Ausziehen und Zähneputzen bekommt er die Hilfe, die er benötigt.

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Erzählen von Erlebtem

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Übungen/Vorschläge

Ziel

Aktueller Stand

Thema

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Dennis berichtet über Dinge, die er getan hat.

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Übungen/Vorschläge

Im Anschluss an eine Aktivität das Erlebte anhand von Bildern reflektieren (z.B. Einkauf eines bestimmten Gegenstandes). Diese Begebenheit jemandem erzählen (z.B. Oma anrufen und berichten).

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Thema

Aktueller Stand

Erweiterung des Wortschatzes: Präpositionen

Dennis versteht und gebraucht die Präposition „in". Andere Ortsangaben verwirren ihn häufig.

Ziel Dennis versteht und gebraucht die Präpositionen „auf, „unter", „hinter" und „neben".



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Bezeichnung von Gefühlen

Kontakt mit Gleichaltrigen

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-Soziäleunfdem^ Aktueller Stand

Fähigkeiten "'; Ziel

Dennis interessiert sich sehr für Gesichtsausdrücke und Gefühle. Er sortiert schematische Darstellungen und Fotos, macht manchmal aber Fehler.

Dennis sortiert Bilder mit fröhlichen und traurigen Gesichtern, unabhängig von anderen Merkmalen (z.B. Kopfbedeckung, Frisur).

Dennis bezeichnet die Gesichtsausdrücke mit „das lacht" bzw. „das weint".

Dennis benutzt die Bezeichnungen „fröhlich" und „traurig" (und später „wütend"/ „ärgerlich").

Dennis hat Interesse an anderen (bekannten) Kindern, weiß aber nicht, wie er Kontakt aufnehmen und mit ihnen spielen soll.

Dennis spielt mit anderen Kindern im Rahmen eines von einem Erwachsenen geleiteten strukturierten Spiels.

'Spielbeschreibungen in Häußler et al. (2003)

Übungen/Vorschläge

Vormachen - Nachmachen mit identischen Gegenständen: „Ich lege den Schuh auf den Tisch!" / „Ich legen die Uhr unter den Stuhl!" usw. Wie oben, nur mit Sichtblende (dieselbe Handlung ausführen, wenn man nur die Beschreibung hört) - Rollentausch Gegenstände suchen lassen: beliebte Objekte verstecken und deren Ort beschreiben (Rollen auch tauschen)

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Weiterführung der bisherigen Aufgaben (Fotos zu schematischen Darstellungen) Erweiterung um den Ausdruck „wütend"

Die Beschreibung der Tätigkeit („Das Kind lacht/weint/tobt") ergänzen mit dem Ausdruck für die Befindlichkeit („Es ist fröhlich/traurig/wütend") Auf Gefühle bei sich und anderen aufmerksam machen und diese bezeichnen Spiele gestalten, in denen die Art der Interaktion klar geregelt ist und der Kontakt über das Material vermittelt wird. Der Umgang mit dem Material sollte visuell eindeutig nachvollziehbar sein. Emßfohlene SDiele: WatteDicken* (mit Zangen als Greifer), Wett-Klammern*, „Pass auf!"*, Teller Wandern und Mr. X.

Förderplan: Dennis Schäfer 15.12.04 Seite 8 von 9

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Organisatorische Nhigkeiten Thema

Aktueller Stand

Zeitliche Orientiemng: Tagesplan

Dennis benutzt zu Hause einen Tagesplan, ist aber flexibel, wenn es Änderungen gibt oder Aktivitäten eingeschoben werden. Er muss zum Teil daran erinnert werden, die Karten vom Plan zu nehmen. Für unterwegs hat Dennis einen mobilen Plan.

Dennis benutzt seinen Tagesplan ohne Hilfe.

Selbstständige Beschäftigung mit Hilfe eines Arbeitssystems

Dennis arbeitet gem und kommt mit einem Arbeitssystem auf Objektniveau gut zurecht (holt sich Aufgaben von einem bestimmten Platz, auch außerhalb seiner Reichweite) und legt fertige Aufgaben in einen Fertigkorb. In einer Übungsstunde hat Dennis einen symbolischen Arbeitsplan benutzt.

Dennis benutzt zu Hause ein symbolisches Arbeitssystem (Zuordnung von Farben zu Aufgabentabletts oder Körben) und arbeitet selbstständig damit.

Ziel

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Aktueller Stand

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Vgl. die Hinweise aus dem Untersuchungsbericht vom 15.7.04



Feste „Arbeitszeiten" einplanen, in denen Dennis lernt, mit dem neuen System umzugehen. Zu anderen Zeiten, wenn Dennis Beschäftigung sucht, kann er „Kistenaufgaben" machen, die er sich aussuchen darf. (Unterschied auch im Tagesplan deutlich machen!) • Im Kindergarten das konkrete Arbeitssystem erst einmal beibehalten.

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Ziel

Dennis ist sehr motiviert zu arbeiten; er arbeitet aber auch schnell und z.T. flüchtig. Das Ergebnis interessiert ihn oft weniger als die Beschäftigung an sich.

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Da Dennis Schwierigkeiten hat, eine Reihenfolge von links nach rechts zu erkennen und einzuhalten, wäre es gut, die Hinweise von oben nach unten anzuordnen.

Arbeitsverhaltön

Thema Konzentration auf die Aufgabe

Übungen/Vorschläge



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Aspekte an der Aufgabengestaltung verändern, so dass die Aufmerksamkeit auf das Wesentliche gerichtet wird • Die Zielvorgabe sichtbar vor Augen stellen und/oder Hilfen zur Ergebniskontrolle einbauen • Bemühen um das richtige Ergebnis besonders hervorheben und belohnen

Dennis konzentriert sich auf eine Aufgabe und bemüht sich um das richtige Ergebnis.

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Thema Ausdauer erhöhen

Aktueller Stand Dennis arbeitet viele verschiedene Aufgaben, von denen jede aber sehr kurz ist.

Ziel Dennis arbeitet Aufgaben, die bis zu 5 Minuten dauern.

Übungen/Vorschläge



Wo es passt: Anzahl der zu verarbeitenden Teile innerhalb der Aufgaben erhöhen



Visuelles Signal einsetzen (Zeichen für „Mama redet jetzt!"), um die Situation eindeutig zu definieren. Die (Warte-)Zeit begrenzen (TimeTimer ™ einsetzen). Telefonate und Gespräche - wenn möglich - vorher ankündigen Erst-Dann-Tafel: Erst „Mama redet", dann „wir spielen" Evtl. eine bestimmte „Warte-Aktivität" anbieten, die speziell dazu gedacht ist, die Gesprächszeit zu überbrücken Wenn der Impuls kommt, eine Handlung ausführen, die beide Hände beansprucht (Hände in die Hosentasche stecken, eine Pfeffermühle drehen, in die Hände klatschen o. dergl.) Handschuhe anziehen (vorsorglich oder wenn der Impuls kommt) Verhaltenshinweise positiv formulieren (sagen, was Dennis tun kann, anstatt aufzufordern, etwas nicht zu tun) Um geeignete Maßnahmen zu ergreifen, müssen wir zunächst verstehen, wann und warum Dennis andere Kinder schlägt. Eine Beobachtung und Verhaltensanalyse im Kindergarten sollte möglichst bald erfolgen.

Selbstkontrolle und Verhaltensfiiaiia||!emiBjft Thema Dennis möchte nicht, dass Erwachsene sich miteinander unterhalten

Aktueller Stand Dennis sucht die Aufmerksamkeit der Erwachsenen (besonders der Mutter) und möchte auf seinem Niveau angesprochen werden. Geschieht dies nicht, sagt er: „Du sollst nicht reden!" oder er schreit.

Ziel Dennis akzeptiert, dass es Zeiten gibt, in denen Erwachsene miteinander reden (persönlich oder am Telefon).

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Finger in den Hals stecken und Würgen

Fremdaggression (Schlagen, Treten) gegenüber anderen Kindern

Nachdem Dennis den Finger einmal in den Hals gesteckt hatte, wiederholte er das mehrmals. Je heftiger die Reaktion der anderen, desto häufiger tat er es. Nach eigenen Aussagen will er das aber nicht tun.

Dennis kann den Impuls, den Finger in den Hals zu stecken, kontrollieren bzw. umlenken.

Dennis schlägt unvermittelt andere Kinder, sobald diese in Reichweite sind; es trifft Kinder, die an einer Situation beteiligt sind, aber auch unbeteiligte Kinder.

Dennis hält sich in der Nähe anderer Kinder auf, ohne diese zu schlagen oder zu treten (oder anderweitig anzugreifen).



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Ü bungen/Vorsch läge

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Die Übertragbarkeit von TEACCH - Eine Herausforderung Doch nicht jeder Mensch mit Autismus braucht ein so spezialisiertes Umfeld. Oder manche brauchen es vielleicht zu Beginn, später aber nicht mehr. Das Angebot der Hilfen muss daher verschiedene Möglichkeiten umfassen. Der individuelle Bedarf sollte Ausschlag gebend sein und neben der Förderung in Spezialeinrichtungen sollten auch unterschiedliche Formen der Integration zum Maßnahmenkatalog gehören. Dies ist in North Carolina der Fall. Wo es nötig ist, wird die Integration durch das TEACCH Programm begleitet. Vor Ort werden die notwendigen Hilfen und Strategien entwickelt, die unter den jeweils gegebenen Umständen erforderlich sind, und die Bezugspersonen in deren Anwendung angeleitet. Die Praxis des TEACCH Ansatzes ist somit nicht an bestimmte Einrichtungen gebunden, sondern sie begleitet den Einzelnen dort, wo er lebt - sei es nun eine Spezialeinrichtung oder ein „normales" Umfeld.

Die letzten Kapitel waren der praktischen Umsetzung gewidmet - still schweigend davon ausgehend, dass es Eltern und pädagogische Fachkräfte gibt, die in ihrem Arbeitsfeld Strategien des TEACCH Ansatzes anwenden möchten. Das Anliegen dieses Buches besteht schließlich nicht nur darin, über TEACCH zu informieren, sondern (natürlich) auch, einige Hilfen für die konkrete Praxis zu geben. Mit der Frage, ob und wie weit TEACCH sich auch auf unsere Verhältnisse übertragen lässt und in welchem Rahmen es hier bei uns Anwendung finden kann, sollte man sich jedoch etwas näher befassen. Mit Division TEACCH unterhält der U.S. Bundesstaat North Carolina eine Institution, die über ein Netzwerk verschiedener Einrichtungen Menschen mit Autismus und deren Familien betreut, begleitet und fördert. Diagnostik, Förderung und langfristige Beratung sowie die Koordination der einzelnen Maßnahmen liegen in einer Hand. Das pädagogische Konzept, das in der Arbeit mit Menschen mit Autismus entwickelt wurde und sich seit Jahrzehnten bewährt, findet - mit jeweils anderen Schwerpunkten - in allen Lebensbereichen Anwendimg. Einrichtungen und Angebote für Betroffene jeder Altersstufe orientieren sich am selben Konzept, so dass bewährte Hilfen und Maßnahmen nicht plötzlich abgebrochen oder weggelassen werden, wenn eine Person die Einrichtung wechselt oder in einen neuen Lebensabschnitt eintritt. Die Kontinuität im Konzept bedeutet jedoch nicht, dass es im Rahmen des TEACCH Programms nur Spezialeinrichtungen fur Menschen mit Autismus gibt. Diese existieren (natürlich) auch. Denn es hat sich gezeigt, dass es manchmal sinnvoll und hilfreich ist, das gesamte Umfeld so zu gestalten, dass es die Besonderheiten von Menschen mit Autismus berücksichtigt. In spezialisierten Gruppen oder Klassen kann man dem am leichtesten gerecht werden, weil dann das gesamte pädagogische Konzept auf diese Eigenheiten abgestellt werden kann. Wiederholt ließ sich nachweisen, dass ein entsprechend gestaltetes - im Sinne des TEACCH Ansatzes gut strukturiertes - Umfeld bei Menschen mit Autismus die Entwicklung von Fähigkeiten sowie das selbstständige Handeln fördert und darüber hinaus zur Abnahme von Verhaltensproblemen fuhrt.

Soweit so gut. Nun stellt sich aber die Frage nach der Übertragbarkeit. Lässt sich TEACCH auch in Deutschland umsetzen? Eines ist klar: Das TEACCH Programm mit seiner umfassenden Organisationsstruktur können wir nicht importieren! Unser Sozialsystem ist ganz anders aufgebaut; die Zuständigkeiten und Gelder sind anders verteilt. In Deutschland liegen die Suche nach geeigneten Therapien und Einrichtungen sowie die Koordination der Maßnahmen in der Regel in den Händen der Eltern. Ob sie dabei fachliche Beratung und Unterstützung erhalten, ist - leider - oftmals Glückssache. Ebenso kommt es immer auf den Einzelfall an, ob und welche Maßnahmen finanziert werden. Ohne Frage, der Bedarf für eine gezielte und flächendeckende Versorgung und Unterstützung von Menschen mit Autismus und deren Familien lässt sich nicht leugnen. Doch auch wenn es noch so wünschenswert ist: Ein staatlich getragenes, einheitliches und zentral organisiertes Betreuungs- und Förderangebot für Menschen mit Autismus wie das TEACCH Programm wird sich unter den gegebenen Umständen kaum realisieren lassen. Anders sieht es allerdings aus, wenn man nicht die allgemeine Organisationsform der Hilfen in den Blick nimmt, sondern das Konzept, das im TEACCH Programm für die Förderimg von Menschen mit Autismus entwickelt wurde. Einzelne

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Einrichtungen können durchaus diejenigen Aspekte des TEACCH Ansatzes für sich nutzbar machen, die für ihre Klientel und ihren speziellen pädagogischen Auftrag relevant sind. Dies erfordert keine großen sozialpolitischen Umstrukturierungen, sondern betrifft einrichtungsinterne Entscheidungen. Welche Aspekte von TEACCH dann tatsächlich verwirklicht werden (können), hängt davon ab, welche Rahmenbedingungen geschaffen werden. Ausschlaggebend für Art und Umfang der bereitgestellten Ressourcen ist dabei in der Regel das, was die verantwortlichen Entscheidungsträger in der Einrichtung unter „TEACCH" verstehen. Da TEACCH häufig nur als eine (weitere) Methode gesehen und auf einzelne Aspekte der Strukturierung reduziert wird, kommt es jedoch selten zu einer umfassenden Anwendung des TEACCH Ansatzes.

nen mit so genanntem „high-functioning" Autismus oder Asperger Syndrom. Entsprechend werden auch andere Methoden der Entwicklungsforderung in das individuelle Förderprogramm aufgenommen. Der TEACCH Ansatz ist schließlich nicht auf den Einsatz bestimmter Methoden festgelegt, sondern fordert die Anwendung von jeweils geeigneten Maßnahmen für eine ganzheitliche Förderung. Somit lassen sich zum Beispiel je nach Bedarf sowohl Aspekte der basalen Stimulation in das Förderkonzept integrieren, als auch das Angebot einer Gesprächstherapie. Das TEACCH Programm in North Carolina betreut Betroffene aus dem gesamten Spektrum, so dass das TEACCH Konzept für eine ganze Bandbreite von Einrichtungen in Deutschland interessant sein dürfte. Eine umfassende Umsetzung des TEACCH Ansatzes innerhalb einer Einrichtung setzt allerdings voraus, dass auch die entsprechenden Rahmenbedingungen bereitgestellt werden: Neben der Ausbildung und Qualifizierung der Mitarbeiter an der Basis sollte die Möglichkeit einer regelmäßigen Praxisberatung durch eine Fachkraft vor Ort bestehen. Darüber hinaus sollte sichergestellt werden, dass in angemessenen Abständen eine formelle Entwicklungsdiagnostik durchgeführt werden kann und die Ergebnisse fachgerecht dokumentiert und ausgewertet werden. Nicht zuletzt entscheiden auch die räumlichen und personellen Bedingungen darüber, in wie weit eine wirklich individuelle Förderung, wie der TEACCH Ansatz sie vorsieht, unter den gegebenen Umständen zu realisieren ist.

Ein Beispiel: Eine große Einrichtung in Deutschland wollte sich spezialisieren und für Menschen mit Autismus ein gezieltes Angebot entwickeln. TEACCH werde man natürlich auch anbieten. Doch welche weiteren Methoden und Therapien in das Konzept aufgenommen werden sollten, wurde ich gefragt, da TEACCH ja nun mal nicht für alle geeignet sei. Schließlich gebe es viele Bewohner, die keine Piktogramme verstehen könnten, und andere seien durchaus in der Lage, sich selbst zu waschen und bräuchten daher keinen bebilderten Instruktionsplan für jede Handlung im Alltag. An dieser Anfrage zeigte sich deutlich, dass sich die Vorstellungen meines Gesprächspartners in Bezug auf TEACCH nur auf den Einsatz bestimmter Strategien - und hier wiederum auf ganz spezielle Formen in deren Umsetzung beschränkte. Aus meiner Sicht kann ich aber nur sagen: Wenn ich nach TEACCH arbeite, brauche ich weiter nichts! Denn TEACCH stellt bereits ein gesamtes Konzept zur Verfügung, nach dem ich meine Arbeit ausrichten kann. Es bietet Instrumente für eine individuelle Förderdiagnostik und Dokumentation, Maßstäbe für die Entwicklung von Förderzielen und Handlungshilfen für die Förderplanung. Neben einem Rahmen für die Organisation der Aufgaben und anfallenden Arbeiten für die Mitarbeiter in einem Bereich bietet der TEACCH Ansatz zudem ein Format für die Förderung selbst sowie konkrete Strategien zur Förderung und zur Unterstützung im Alltag. Anders als vielfach vermutet, beschränkt sich der TEACCH Ansatz dabei nicht auf Personen mit ganz bestimmten kognitiven Fähigkeiten. Für Menschen mit stärkerer intellektueller Beeinträchtigung sehen die entwickelten Hilfen natürlich völlig anders aus als zum Beispiel für Perso-

Doch auch in Situationen, wo die Rahmenbedingungen alles andere als optimal sind, ist es durchaus möglich, zumindest einzelne Elemente aus dem TEACCH Ansatz umzusetzen. Vielleicht muss man auf die formelle Diagnostik verzichten. Vielleicht lässt sich die Einzelförderung nicht so gestalten, wie man es sich wünschen würde. Vielleicht erlauben es die räumlichen Gegebenheiten nicht, individuelle Arbeitsplätze einzurichten. Möglicherweise ist es aber machbar, einem Bewohner Informationen über seinen Tagesablauf zu geben und einem anderen ein Beschäftigungsangebot zu machen, das ihn in die Lage versetzt, selbstständig tätig zu sein. Die Unterstützung der Entwicklung von kommunikativen Fähigkeiten sollte - unabhängig vom pädagogischen Konzept - immer ein zentraler Bestandteil in der Förderung von Menschen mit Autismus sein. Hier könnte ohne großen zusätzlichen Aufwand das TEACCH Communication Curriculum Anwendung finden.

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ken (vgl. Kapitel 2). Die Auseinandersetzung mit dem Behinderungsbild des Autismus hilft, die speziellen Schwierigkeiten beim Lernen zu erkennen, zu verstehen und daraufhin die entsprechenden Maßnahmen zu ergreifen (vgl. Kapitel 3). Die Notwendigkeit, bestimmte Bedingungen zu schaffen und spezielle - oft auch von den üblichen Maßnahmen abweichende - Strategien einzusetzen, ergibt sich als logische Konsequenz. Dieser Argumentation kann jedoch nur folgen, wer die Sichtweise des Autismus teilt. Der kognitive Ansatz, der TEACCH zugrunde liegt, ist aber nicht unumstritten. Obwohl bei Personen mit Autismus die andersartige Verarbeitung von Informationen im Gehirn wiederholt nachgewiesen wurde, gibt es Fachleute, die diese Erkenntnisse infrage stellen. So vertritt zum Beispiel Eichel (2001) in Zusammenhang mit der Gestützten Kommunikation eine völlig gegensätzliche Theorie des Autismus. Eichel geht von einer intakten Informationsaufnahme aus und sieht Autismus als eine Handlungsstörung. Wer eine solche Auffassung von Autismus hat, wird sich schwer tun, den Sinn und Nutzen der Strategien aus dem TEACCH Ansatz zu erkennen und deren Anwendung zu unterstützen. Im Gegenteil: die Maßnahmen müssen aus dieser Sicht eher als überflüssig oder gänzlich unangebracht erscheinen. Wozu schließlich Hilfen zum Verstehen anbieten, wenn man davon ausgeht, dass der Andere doch sowieso alles versteht? Auf mangelnde Akzeptanz wird der TEACCH Ansatz auch bei Personen treffen, welche die Ansicht vertreten, dass Autismus durch das richtige Training heilbar ist. Wer nach Wegen sucht, den Autismus wegzutherapieren, wird sich kaum auf einen Ansatz einlassen können, bei dem es darum geht, den Betreffenden zu helfen, mit dem Autismus zu leben. TEACCH geht davon aus, dass Autismus eine Entwicklungsbehinderung ist, welche sich ein Leben lang auswirkt. Das Ziel der Förderung ist daher nicht die Heilung von Autismus sondern die Befähigung zu einem möglichst eigenständigen und sinnerfüllten Leben. Dass dies eine lebenslange Begleitung und Bereitstellung von Hilfen erfordern kann und in den meisten Fällen auch tatsächlich erfordert, ist Teil der TEACCH Philosophie. Nur, wer diese Ansicht teilt, wird in den Maßnahmen zur Strukturierung notwendige Hilfen erkennen, die man - i n unterschiedlichen Formen - in allen Situationen des Lebens wird anbieten müssen. Eine dem TEACCH Ansatz völlig entgegen gesetzte Auffassung von Autismus liegt auch den

Egal, in welchem Umfang sich die praktische Arbeit an TEACCH orientiert, Voraussetzung für den effektiven Einsatz der Strategien aus dem TEACCH Ansatz ist es, dass alle Bezugspersonen aus einem Lebensbereich geschlossen hinter dem Konzept stehen. Ob es sich nun um eine Gruppe in einem Wohnheim oder einer TagesfÖrderstätte handelt, um eine Schulklasse, Abteilung einer Werkstatt oder das Elternhaus - zumindest die im selben Umfeld tätigen Betreuungspersonen müssen sich über die Anwendung bestimmter Maßnahmen einig sein. Im Alleingang kann man nicht nach TEACCH arbeiten! Denn TEACCH ist eben keine Therapieform, in der man einen Mitarbeiter ausbilden kann, der dann einmal wöchentlich eine Stunde „TEACCH" anbietet, so wie seine Kollegin das heilpädagogische Reiten oder die Rhythmikgruppe. TEACCH wirkt sich auf den Alltag aus, auf die Gestaltung des Umfeldes ebenso wie auf die Form des Umgangs mit der betreffenden Person. Grundlegende Hilfen zur Unterstützung der Selbstständigkeit und zur aktiven, möglichst selbst bestimmten Teilnahme an allen Lebensvollzügen nur punktuell einzusetzen, wäre widersinnig und inhuman. Es kann nicht sein, dass ein Bewohner einer Wohngruppe nur dann über den bevorstehenden Tagesablauf informiert wird, wenn Mitarbeiter Klaus im Dienst ist, oder dass eine Schülerin nur dann beim Essen auswählen darf, wenn ihre Klassenlehrerin neben ihr sitzt! Nicht selten scheitert die Umsetzung von TEACCH aber gerade daran, dass es nicht gelingt, ein gesamtes Team von dem Konzept zu überzeugen. Dieser Fall begegnet mir am häufigsten: Einzelne Eltern, Pädagogen oder Therapeuten, die nach (neuen) Wegen suchen, die ihnen anvertrauten Menschen mit Autismus zu fordern und zu begleiten. Sie stehen vor einer besonders großen Herausforderung, denn oft treffen sie mit ihren Ideen und Vorgehens weisen auf den Widerstand oder die mangelnde Kooperation ihrer Teamkollegen. Warum? - Immer wieder läuft es darauf hinaus, dass TEACCH viel mehr eine bestimmte Denk- und Handlungsweise ist, als eine spezielle Technik. Genau das macht es vielen Mitarbeitern aber so schwer, sich darauf einzulassen. „Nach TEACCH" zu arbeiten, erfordert oftmals ein Umdenken! Und das fällt nicht immer leicht... Ausgangspunkt für die Arbeit nach dem TEACCH Ansatz ist ein fundiertes Wissen über Autismus und die damit einher gehenden Besonderheiten, die sich auf das Lernen und Verhalten auswir-

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psychodynamischen Autismustheorien zugrunde. Diese Auseinandersetzung ist so alt wie das TEACCH Programm selbst! Personen, die Autismus primär als eine Beziehungsstörung sehen, die auf ein emotionales Trauma zurückzuführen ist, interpretieren die beobachtbaren Verhaltensweisen auf einem ganz anderen Hintergrund. Entsprechend leiten sie andere Konsequenzen für den Umgang mit Menschen mit Autismus ab. Vertreter dieser Richtung werden sich schwer tun, die pädagogisch orientierten Methoden des TEACCH Ansatzes mit zu tragen.

Anleitung bieten. In diesem Zusammenhang wäre es wünschenswert, dass nicht nur Einzeltherapien finanziert, sondern vermehrt auch Gelder für diese nachweislich effektive Form der Hilfe zur Verfügung gestellt werden. Sobald es um die Übertragbarkeit von TEACCH auf der institutionellen Ebene geht, wird - zumindest in Deutschland - auch immer die Frage nach der Integration aufgeworfen. Wie gesagt, im TEACCH Programm gibt es neben integrativen Betreuungsformen auch Sonderklassen und spezielle Wohn- und Fördergruppen für Menschen mit Autismus. Solche Beschulungs- und Betreuungsformen haben sich in North Carolina und anderen Ländern bewährt (z.B. Schweden und England, vgl. Durnik et al., 2000; Preece et al., 2000). Das bedeutet aber nicht, dass eine Einrichtung, die sich dazu entscheidet nach dem TEACCH Ansatz zu arbeiten, zwangsläufig Spezialgruppen fur die von ihnen betreuten Personen mit Autismus einrichten muss. Es ist jedoch oft leichter, die Ressourcen zu bündeln und mit einem speziellen Umfeld den Rahmen zu schaffen, der auf die inhaltlichen Aspekte des TEACCH Ansatzes abgestimmt ist. Mit der Einrichtung spezieller Gruppen oder Klassen kann man oft besser auf die besonderen Bedürfnisse der Einzelnen eingehen und ihnen somit die Basis bieten, auf der sie die Fähigkeiten erwerben können, die ihnen eine Eingliederung in das gesellschaftliche Leben ermöglichen.

Je mehr Personen in einem Team tätig sind, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass ihrem pädagogischen Handeln unterschiedliche Auffassungen über Autismus zugrunde liegen. Solange es auf den Schultern einzelner Mitarbeiter liegt, den Kollegenkreis von TEACCH zu überzeugen, wird es schwierig sein, diesen Ansatz in einem institutionellen Rahmen umzusetzen. Da es sich um eine grundlegende konzeptionelle Frage handelt, ist vielmehr eine Leitungsentscheidung auf der jeweiligen Ebene gefragt. Mit dieser sollte eine allgemeine Verpflichtung aller Beteiligten verbunden werden, die Herangehensweise von TEACCH zur eigenen Handlungsgrundlage zu machen und beschlossene Strategien auch konsequent durchzuführen. Da man eine Überzeugung nicht verordnen kann, sollte die Voraussetzung für die Aufnahme ins Team daher die persönliche Entscheidung der einzelnen Mitarbeiter sein, dass sie „nach TEACCH" arbeiten wollen. Meine Erfahrung in der Beratung von Einrichtungen hat wiederholt gezeigt, dass ein bloßer Beschluss der Leitung nicht dazu führt, das notwendige Engagement im Mitarbeiterkreis hervorzubringen.

Wenn wir wirklich das Individuum als Ausgangspunkt nehmen, wie das bei TEACCH der Fall ist, so darf die Entscheidung für oder gegen integrative Gruppen keine Frage des Prinzips sein. Vielmehr muss in jedem einzelnen Fall gewährleistet sein, dass die integrative Gruppe tatsächlich das optimale Umfeld bietet. Das ist leider keineswegs immer der Fall. So manche Integration scheitert daran, dass es nicht gelingt, unter den gegebenen Umständen diejenigen Bedingungen herzustellen, die der Betreffende tatsächlich zum Lernen und Handeln braucht. Dies bedeutet nicht, dass Integration grundsätzlich ungeeignet wäre. Im Gegenteil: Sobald es möglich ist, eine angemessene Förderimg im weniger spezialisierten Rahmen zu bieten, sollte dem auf jeden Fall der Vorzug gegeben werden! Voraussetzung für eine gelungene Integration ist, dass auch in diesem Umfeld die Bezugspersonen Kenntnisse über Autismus haben und die besonderen Bedingungen (an)erkennen und bereitstellen, die der Betreffende daher braucht. Im Fall einer offensichtlichen Behinderung ist das oft

Im Gegensatz zu Mitarbeitern in Einrichtungen haben Eltern hier einen Vorteil: Ihr „Team" besteht - j e nach Familienkonstellation - aus nur ein bis zwei Personen, und die Entscheidungsgewalt darüber, wie zu Hause mit ihrem Kind umgegangen wird, liegt bei ihnen selbst. Wenn sie sich dafür entscheiden, können sie daher zumindest im häuslichen Rahmen TEACCH anwenden - wie es auch in den Anfangen des TEACCH Programms der Fall war, als es noch keine Tagesund Wohneinrichtungen gab, die sich auf die Förderung von Menschen mit Autismus spezialisierten. Wie das aussehen kann, zeigt das Beispiel von Dennis im vorhergehenden Kapitel. Um eine vermehrte Anwendung von TEACCH im häuslichen Bereich zu ermöglichen, bedarf es allerdings entsprechender Stellen, die eine Beratung und

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aller Bemühungen im TEACCH Programm ist die weitestgehende Eingliederung der Betroffenen in die Gesellschaft. Dass die Entwicklung sozialer Fähigkeiten dabei eine wesentliche Rolle spielt, ist unbestritten. Ebenso unbestritten sind die Chancen, die eine integrative Situation für das soziale Lernen bietet. Daher werden im TEACCH Ansatz auch verschiedene Formen der Integration durchgeführt. Dazu zählt die Eingliederung einzelner Personen in ein „ganz normales" Umfeld ebenso wie zeitlich oder auf bestimmte Inhalte begrenzte gemeinsame Aktivitäten. Den ersten Schritt bildet oft die gezielte Anbahnung sozialer Kontakte zwischen Schülern einer Autismusklasse und den Mitschülern der Regelklasse in einem geschützten Rahmen. Grundlage für eine erfolgreiche Integration ist in jedem Fall die Erkenntnis, dass gerade auch für das soziale Lernen besondere Bedingungen erforderlich sind und entsprechende Hilfen gegeben werden müssen. Dies ist es, was TEACCH fordert: das Bemühen, für Menschen mit Autismus jeweils die individuell am besten geeigneten Lebens- und Lernbedingungen zu schaffen. Diese Herausforderung sollten wir annehmen!

leichter: Wer wollte leugnen, dass es notwendig ist, für eine blinde Schülerin taktile Markierungen im Klassenraum anzubringen, damit sie sich leichter zurechtfinden kann? Dass jemand, der nicht sehen kann, von einem Tafelbild nicht profitiert und daher vielleicht Unterlagen in Brailleschrift benötigt, wird niemand bestreiten. Viel schwieriger aber ist es nachzuvollziehen, dass der im Morgenkreis besprochene Stundenplan für einen Schüler mit Autismus nicht ausreicht, um sich während des Schultages zeitlich zu orientieren. Oder dass eine lange Freispielphase für ihn eher Stress bedeutet als Erholung. Daher trifft es seltener auf Verständnis, dass man deshalb anders mit diesem Schüler umgehen muss. Aufgrund begrenzter Ressourcen werden individuelle Maßnahmen oftmals auch als nicht leistbare Zusatzbelastung empfunden. Mangelndes Wissen über Autismus führt zudem dazu, dass spezielle Angebote oder Hilfen häufig als „Sonderbehandlung" abgelehnt werden - aus einem falsch verstandenen Gleichheitsgedanken für Personen, die eben nicht die gleichen Voraussetzungen mitbringen! Wir dürfen nicht vergessen: Das letztendliche Ziel

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Anhang Mit einem Kompass prüfen, ob die Richtung stimmt: Eine Checkliste zur Arbeit nach TEACCH Zum Schluss eine Hilfe für diejenigen, die jetzt anfangen wollen, „nach TEACCH" zu arbeiten und sich fragen, was das denn nun konkret für sie heißen kann. Oder auch für diejenigen, die bereits losgelegt haben, einiges schon umsetzen - und jetzt einmal innehalten wollen, um den weiteren Weg zu planen. Die folgende Checkliste soll einen Überblick über verschiedene Aspekte geben, die aus meiner Sicht zur Praxis des TEACCH Ansatzes gehören. Die Liste wurde nicht von Division TEACCH herausgegeben und stellt daher auch keinen Maßstab dar, aus dem man einen Anspruch auf ein Gütesiegel ableiten könnte. Die Zusammenstellung der Kriterien basiert auf meinen Erfahrungen und dem, was ich von TEACCH gelernt habe. Es sind Aspekte, die ich versuche, in meinen Seminaren denjenigen zu vermitteln, die ihre Arbeit am TEACCH Modell ausrichten wollen. Ich bin mir bewusst, dass eine solche Checkliste nicht allumfassend sein kann. Vielleicht kann sie aber Anhaltspunkte geben, helfen den Standort zu bestimmen, das nächste Ziel festzulegen und einen Schritt in eine neue Richtung zu tun. Wenn sie in dieser Weise als Kompass nützlich ist, dann hat sie ihren Sinn erfüllt. Es war gar nicht so leicht, die Liste zusammenzustellen. Vieles, was die Praxis des TEACCH Ansatzes auszeichnet, lässt sich nicht in beobachtbare, objektive Kriterien fassen. Woran sollte man festmachen, ob den Menschen mit Autismus mit Respekt begegnet wird? Oder wie ließe sich messen, ob die Bezugspersonen immer weiter nach Wegen suchen, dass eine Person mit Autismus ihr Potential ausschöpfen kann? Dass diese Einstellungen neben anderen zu den grundsätzlichen Handlungsprinzipien gehören, dürfte jedoch mittlerweile klar sein. Natürlich beschränkt sich die Liste auch nicht darauf, das Vorhandensein und den Einsatz von Strukturierungsmitteln festzustellen. Die Reduzierung auf den Aspekt der Strukturierung hat bereits zu vielen Missverständnissen geführt. Selbst in Fachkreisen herrschen fragwürdige Vorstellungen von TEACCH. Mal heißt es das „1000-Karten-System", mal wird es als „rotierendes Stationssystem" bezeichnet, mal als „strukturierter Tagesablauf". Inhaltliche Schwerpunkte

sowie bestimmte Verfahrensweisen in der Diagnostik, Förderplanung und Dokumentation gehören neben der Strukturierung untrennbar zur Praxis von TEACCH, und das wird in der Checkliste auch deutlich. Die einzelnen Punkte bezeichnen, fur sich genommen, nichts, was ausschließlich zum TEACCH Ansatz gehören würde. Vielmehr ist es die Summe der Merkmale, die den TEACCH Ansatz als solchen beschreiben. Das heißt, dass sich ohne Frage in vielen Fällen Parallelen zu anderen Konzepten entdecken lassen. So werden in den meisten Einrichtungen bereits individuelle Förderpläne erstellt oder die Durchführung von Förderprogrammen dokumentiert. Es mag bereits einen Gesamtplan für jede Gruppe geben und es wird vielleicht schon längst auf das Angebot alternativer Kommunikationsmittel Wert gelegt. Hier bieten sich Anknüpfungspunkte, die eine Übernahme des TEACCH Konzeptes erleichtern können. In diesem Zusammenhang ist aber auch darauf hinzuweisen, dass ein bloßes Vorhandensein einzelner Merkmale nicht bedeutet, dass man - ohne es zu wissen - Ja schon nach TEACCH arbeitet". Nur weil es zum Beispiel einen Tagesplan in einer Gruppe gibt oder Bildsymbole zur Kennzeichnung von Räumen verwendet werden, heißt das nicht, dass dort TEACCH praktiziert wird (was den Wert eines Tagesplans oder der Bildsymbole allerdings in keiner Weise mindert!). Mit der Checkliste lässt sich eine Bestandsaufnahme dessen machen, was man bereits im Sinne des TEACCH Ansatzes praktiziert. Vielleicht kann sie auch bei der Planung helfen und Anregungen dafür bieten, welcher Aspekt als nächster in Angriff genommen werden soll. Nicht in jedem Fall werden alle Punkte relevant sein. So ist die Checkliste eher für Einrichtungen ausgelegt und weniger für Eltern, die zu Hause nach TEACCH arbeiten wollen. Je nach Arbeitsfeld und den gegebenen Umständen werden manche Elemente auch schlichtweg nicht zu realisieren sein. Doch das sollte nicht entmutigen! Stattdessen will die Liste dann helfen, sich über die eigenen Vorstellungen klarer zu werden und sich auf das zu konzentrieren, was machbar ist.

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Checkliste zur Arbeit nach TEACCH Ausbildung der Mitarbeiter Alle Mitarbeiter haben Kenntnisse über Autismus und die Besonderheiten beim Lernen. Alle Mitarbeiter haben Fortbildungen zur Arbeit nach dem TEACCH Ansatz besucht. Das Team erhält regelmäßige Praxisberatung auf der Basis des TEACCH Ansatzes.

Praxis des Structured Teaching Gesamtplanung Es gibt für jeden Tag einen Gesamtplan, der allen Mitarbeitern zugänglich ist und eingehalten wird (-> Plan: Wer macht wann wo was mit wem?). Die Verantwortlichkeiten der Mitarbeiter über den Tag hinweg sind eindeutig zugeteilt. Der Tagesablauf ist nicht von Tag zu Tag derselbe.

Zeit iche Strukturierung Ausgewogenes Verhältnis von Beschäftigung und Freizeit; keine langen Leerlaufzeiten. Jede Person mit Autismus hat einen eigenen, individuell gestalteten Tagesplan. Die Tagespläne werden konsequent eingesetzt und von den Betreffenden selbst genutzt. Es gibt Orientierungshilfen für die Dauer von Aktivitäten, Wartezeiten, Planänderungen usw.

Räumliche Strukturierung Der Raum ist deutlich in unterschiedliche Bereiche (für verschiedene Aktivitäten) aufgeteilt. Die Bereiche für bestimmte Aktivitäten sind entsprechend gekennzeichnet. Die Anordnung von Möbeln und Material (auch Plänen und Kommunikationshilfen) ermöglicht maximale Selbstständigkeit. Plätze für Gegenstände sind nach Bedarf gekennzeichnet.

Hilfen zur selbstständigen Beschäftigung Jede Person mit Autismus hat einen geeigneten Arbeitsplatz. Jede Person mit Autismus benutzt ein individuell gestaltetes Arbeitssystem.

Strukturierung von Tätigkeiten Aktivitäten sind so gestaltet, dass sie mit möglichst wenig Hilfe erledigt werden können. Die Inhalte und Materialien orientieren sich am Interesse und Alter der Betreffenden. Für jeden gibt es verschiedene Aktivitäten und Aufgaben; Abwechslung ist gewährleistet.

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Anwendungsbereich von Strukturierungshilfen

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Strukturierungshilfen werden im Rahmen strukturierter Arbeitszeiten eingesetzt. Strukturierungshilfen werden innerhalb der Gruppe bei allen Aktivitäten eingesetzt. Strukturierungshilfen werden außerhalb der Gruppe, im ganzen Gebäude, eingesetzt. Strukturierungshilfen werden auch außerhalb der Einrichtung, unterwegs, eingesetzt.

Schwerpunkte der Förderung Kommunikation Angebot und Einüben alternativer Kommunikationsformen für nicht-sprechende Personen. Förderung der Fähigkeit,

spontan

und selbstständig

im Alltag zu kommunizieren.

Einbettung der Kommunikationsförderung in den Alltag (täglich).

Soz ales Verhalten Die Arbeit an bestimmten Aspekten des sozialen Verhaltens gehört zum täglichen Programm. Es gibt gezielte Gruppen- oder Partneraktivitäten zur Förderung der sozialen Kompetenz. Es besteht die Möglichkeit zur Teilnahme an integrativen Angeboten.

Beschäftigung Strategien zum Umgang mit freier Zeit werden gezielt entwickelt und eingeübt. Selbstständige Beschäftigung/Arbeit gehört zum täglichen Programm. Die Beteiligung an allen Verrichtungen des Alltags ist selbstverständlich. Es wird ausdrücklich und gezielt auch an der Generalisierung von Fähigkeiten gearbeitet.

Verhaltensmanagement Ausgangspunkt für den Umgang mit (schwierigem) Verhalten ist das Bemühen, das Verhalten und seine Funktion zu verstehen (Funktionale Verhaltensanalyse). Der Schwerpunkt liegt mehr auf vorbeugenden Maßnahmen, als auf Konsequenzen: Erinnerungshilfen, um auf erwünschtes Verhalten hinzuweisen. Klare Regeln, die vorher vermittelt werden. Strukturierung und visuelle Hilfen, um bekannte Schwierigkeiten zu umgehen. Einsatz positiver Verstärkermethoden (Belohnungssysteme). Einsatz vorsorglicher Maßnahmen (z.B. Entspannungstechniken, Erklärende Geschichten). In Krisensituationen: Mehr Einsatz visueller Hinweise statt sprachlicher Aufforderungen.

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Diagnostik Regelmäßige formelle Entwicklungs- und Förderdiagnostik (PEP-R, AAPEP und/oder andere geeignete Verfahren). Einsatz spezieller Verfahren zur genaueren Erfassung bestimmter Fähigkeiten (z.B. TEACCH Communication Curriculum, Erhebungsbogen für soziale Kompetenzen). Kontinuierliche informelle Förderdiagnostik im Alltag. Besonderes Augenmerk wird auf Fähigkeitsansätze gelegt.

Förderplanung Es gibt für jeden einen individuellen schriftlichen Förderplan, mit Angabe eines zeitlichen Rahmens und eindeutig definierten Kriterien, wann ein Ziel als erreicht gilt. Oer Förderplan berücksichtigt alle Aspekte einer ganzheitlichen Förderung. Fähigkeitsansätze werden ausgebaut; bestehende Fähigkeiten genutzt und gefestigt. Oer Förderplan berücksichtigt frühzeitig auch solche Bereiche, die erst später wichtig werden. Der Förderplan wird regelmäßig (mindestens einmal im Jahr) überarbeitet. Die Förderziele sind realistisch,

erreichbar

und

funktional.

Dokumentation Beg eitende Dokumentation der Förderung Es wird dokumentiert, welche Maßnahmen wann und ggf. wie umgesetzt wurden. Es wird dokumentiert, mit welchem Erfolg Angebote und Maßnahmen durchgeführt wurden.

Dokumentation des Entwicklungsverlaufs Ergebnisse von Tests und Untersuchungen werden schriftlich festgehalten.

Zusammenarbeit mit den Eltern Eltern haben ein Mitspracherecht bei der Festlegung der Förderziele und Maßnahmen. Eltern werden regelmäßig über Inhalt und Verlauf der Förderung informiert. Eltern können sich, wenn sie es wünschen, aktiv an der Förderung beteiligen. Eltern erhalten Zugang zu Testberichten und sonstigen Unterlagen, die ihr Kind betreffen.

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Kontaktadressen zum TEACCH Programm Division TEACCH Division TEACCH Administration CB# 7180, Renee Lynne Court University of North Carolina at Chapel Hill Chapel Hill, NC 27599-7180 USA

Tel.: 001-919-966-2174 Fax: 001-919-966-4127 Internetseite: www.teacch.com

Auskunft zu Fortbildungsmöglichkeiten und Organisation von Besuchen Jill Cagle, Visitor Coordinator Division TEACCH Administration CB# 7180 University of North Carolina at Chapel Hill Chapel Hill, NC 27599-7180 USA

[email protected] Tel.: 001-919-966-8180

Informationen zu Besuchen und Ausbildungsmöglichkeiten im TEACCH Programm Besuche & Hospitationen Es besteht die Möglichkeit, Einrichtungen des TEACCH Programms zu besuchen und dort zu hospitieren. Nach Absprache lassen sich individuelle Besucherprogramme arrangieren. Die Kosten sind jeweils zu erfragen. Praktika und Individuelles Training Das TEACCH Programm bietet individuelle Trainingsmöglichkeiten für Fachleute aus unterschiedlichen Bereichen, Studierende und Eltern. Das Training ist nicht auf einzelne Fachrichtungen ausgerichtet. Ausgehend von einer ganzheitlichen Sichtweise beziehen sich die Themen und Inhalte auf alle Aspekte und Probleme im Zusammenhang mit Autismus. Durch Mitarbeit in TEACCH Zentren, Schulklassen und anderen Einsatzorten können praktische Erfahrungen gesammelt werden.

Tage-Training, das sich auf die praktische Arbeit mit einer bestimmten Altersgruppe (von Kindergarten bis Erwachsenenalter) spezialisiert. Dazu gibt es ein 4-5 tägiges Aufbauseminar und als dritte Stufe ein Training für Personen, die selbst andere ausbilden möchten. Außerdem bietet Division TEACCH verschiedene Workshops zu unterschiedlichen Themen an. Inhaltliche Schwerpunkte umfassen u. a. Kommunikation, Unterstützte Beschäftigung, Förderdiagnostik, Autismus und die Herausforderungen des Jugendalters, Asperger Syndrom und High-functioning Autismus, Förderung von Menschen mit starker intellektueller Beeinträchtigung, Strukturierung und Förderung zu Hause (Workshop für Eltern). Das jeweils aktuelle Fortbildungsangebot kann im Internet unter www.teacch.com abgerufen werden. TEACCH Konferenz Seit über 25 Jahren organisiert Division TEACCH im Mai jeden Jahres eine internationale Konferenz zu aktuellen Themen in Bezug auf Autismus. Diese Konferenz bietet eine Plattform für Informationsaustausch und Diskussion der Entwicklungen aus Forschung und Praxis.

Seminare, Workshops und Trainings Das Fortbildungsprogramm von Division TEACCH umfasst ein weites Spektrum von Themen und Kursformaten. Grundlegend ist ein intensives 5-

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Stichwortverzeichnis AAPEP 18, 188 Abstraktionsniveau 55f., 75,82,83fT, 106 alternative Kommunikationsmittel 18, 185, 187 Anpassung 17 Arbeitshaltung Ulf., 162 Arbeitsorganisation 57ff, 67, 112, 162 Arbeitsplan 57, 107fi", 112 Arbeitsplatz 57, 102ff., 111, 113, 151,162,164 Arbeitsroutine 105, 107, 111, 112, 164 Arbeitssystem 57ff„ 102f.,105ff., 112,113,51 Arbeitsverhalten 168,176f. Aufgabenformate 60f. Aufgabengestaltung 59ff., 114ff., 152, 160,162f. Aufgabenkorb 59,152 Aufgabenmappen 60, 115,153 Aufgabenplan 57ff. (s. auch Arbeitsplan) Aufmerksamkeit 30f., 40,52,92 Bedeutungsvollmachung 44 Bettelheim, Bruno 12,16 Beziehungsgestaltung 13, 24 Child Research Project 12(T. Communication Curriculum 18 Co-Therapeuten 14, 23 Curriculum 15 Diagnostik 17ff., 48, 65,185, 188 Division TEACCH 13