Der Staat: De re publica
 3538035210, 9783538035218

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S A M M L U N G

T U S C U L U M

In Tusculum, vor den Toren Roms, hatte Cicero sein Landhaus. In Zeiten der Muße, aber auch der politischen Isolation zog er sich dorthin zurück. Tusculum wurde zum Inbegriff für Refugium, fur Muße, fur wertvolle Fluchten aus einem fordernden Alltag. In der ersten Phase des Rückzugs aus der Politik schrieb Cicero in Tusculum die so genannten Tuskulanen, eine lateinische Einfuhrung in die Welt der (griechischen) Philosophie.

Wissenschaftliche Beratung Niklas Holzberg, Rainer Nickel, Karl-Wilhelm Weeber, Bernhard Zimmermann

CICERO I DE RE PUBLICA

Marcus Tullius Cicero

Der Staat De re publica Lateinisch-deutsch Herausgegeben und übersetzt von Rainer Nickel

SAMMLUNG TUSCULUM

ARTEMIS & WINKLER

Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http:/ / dnb.d-nb.de abrufbar. © Bibliographisches Institut GmbH, Mannheim 2010 Artemis & Winkler Verlag, Mannheim 2010 Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany ISBN: 978-3-538-03521-8 www.artemisundwinkler.de

INHALT Einleitung 7 Entstehung des Werkes 9 Textgrundlage 12 Powells Text 1 4 Uberlieferungsgeschichte 16 Inhalt und Gedankengang 17 Erstes Buch 20 Zweites Buch 33 Drittes Buch 34 Viertes Buch 38 Fünftes Buch 39 Sechstes Buch 39 Scipios Traum 41 Cicero und Piaton 43 Ciceros Umgang mit den Quellen 47 Worin liegt die Bedeutung von Ciceros Werk über den Staat für die Gegenwart? 51

Text und Übersetzung 55 Erstes Buch 56 Zweites Buch 148 Drittes Buch 218 Viertes Buch 260 Fünftes Buch 272 Sechstes Buch 280 Fragmente / Testimonien, die sich nicht zuverlässig zuordnen lassen 304 Zweifelhafte Fragmente 308 Anhang 313 Anmerkungen 315 Erklärendes Namensverzeichnis 343 Literaturhinweise 355

EINLEITUNG

E N T S T E H U N G DES WERKES Im Frühjahr des Jahres 54 v. Chr. schreibt Cicero an seinen Bruder Quintus (Ad Quintum fratrem 2,13,1), er arbeite an einem staatswissenschaftlichen Werk - er nennt es Πολιτικά - , das er als vielschichtig und arbeitsintensiv charakterisiert. Aber wenn es ihm wie geplant gelinge, dann habe sich die Arbeit gelohnt. Andernfalls werde er es einfach ins Meer werfen, in dessen Nähe er schreibe, und ein anderes Thema anfassen; er könne ja nicht einfach still dasitzen. Im Mai 54 bittet Cicero seinen Freund Atticus (4,16 [14], 1), auch in dessen Abwesenheit die Bibliothek benutzen und dort vor allem Varros Bücher einsehen zu dürfen, aus denen er fiiir das Werk, an dem er gerade arbeite, einige Informationen benötige. Etwas später, im Juni oder Juli 54, schreibt Cicero an Atticus (4,17 [16], 2), er habe den Dialog über den Staat auf Africanus, Philus, Laelius und Manilius konzentriert. Da er nun den einzelnen Büchern jeweils eine Vorrede vorausschicke, wie es auch Aristoteles in seinen fiiir die Öffentlichkeit bestimmten Schriften getan habe, könne er dort auch Varrò, den Freund des Atticus, irgendwo erwähnen. Ansonsten aber habe er sich an eine große, schwierige und zeitaufwendige Aufgabe herangewagt, obwohl es ihm gerade an Zeit fehle. Im Herbst 54 antwortet Cicero (Ad Quintum fratrem 3, 5,1) auf die Frage seines Bruders Quintus, wie weit er mit seiner staatswissenschaftlichen Schrift sei, er arbeite nach wie vor daran, habe aber schon mehrfach die Konzeption geändert. Zwei Bücher seien bereits fertig, in denen er ein Gespräch während

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EINLEITUNG

des neuntägigen Sühnefestes im Jahr der Konsuln Tuditanus und Aquilius spielen lasse. Die Gesprächsteilnehmer seien Publius Scipio Aemilianus Africanus minor Numantinus kurz vor seinem Tod (129 v. Chr.), Laelius, Philus, Manius Manilius, P. Rutilius Rufus, Quintus Tubero, die beiden Schwiegersöhne des Laelius, Fannius und Scaevola, und Spurius Mummius, den Laelius besonders schätzte. Cicero schreibt außerdem, er habe das Gespräch auf neun Tage und ebenso viele Bücher verteilt; thematisch gehe es u m die beste Verfassung des Gemeinwesens und u m den besten Bürger (de optimo statu civitatis et de optimo cive). Er komme mit der Arbeit gut voran, und der Rang der Gesprächspartner verleihe den Ausfuhrungen ein beträchtliches Gewicht. Er habe sich die beiden fertigen Bücher auf seinem Landgut in Tusculum vorlesen lassen, w o auch ein gewisser Sallustius zugegen gewesen sei, der ihn daraufhingewiesen habe, dass er seine Ausfuhrungen gewichtiger machen könne, wenn er den Rahmen des fiktiven Gesprächs verlasse und in eigenem N a m e n über den Staat (de república) spreche; schließlich sei er als ehemaliger Konsul selbst mit den bedeutendsten Aufgaben im Staat befasst gewesen. Wenn er seine Gedanken nur Männern der römischen Vergangenheit in den M u n d lege und nicht selbst das Wort ergreife, merke man doch gleich, dass es sich um fiktionale Literatur handele. Auch Aristoteles führe in seiner Politik selbst das Wort und spreche im eigenen Namen. Cicero schreibt, er habe sich v o m Hinweis des Sallustius überzeugen lassen. Weil die größten politischen Erschütterungen erst in seiner eigenen Zeit spürbar geworden seien, hätten die Leute um Scipio noch nicht darauf eingehen können.

E N T S T E H U N G DES WERKES

Allerdings sei fur ihn auch der Gedanke maßgebend gewesen, dass er niemanden vor den Kopf habe stoßen wollen, wenn er zu stark auf die Gegenwart eingehe. So schicke er dem Bruder nun die beiden bereits vorliegenden Bücher, die er nicht ganz ohne Unbehagen erst einmal ruhen lasse. Die in den Briefen an Atticus und Quin tus genannten Persönlichkeiten des Scipionenkreises ragten nicht nur durch ihre politisch-militärischen Leistungen hervor, weil sie entsprechende Führungspositionen innehatten; einige von ihnen waren auch als wissenschaftliche und philosophische Persönlichkeiten bemerkenswert. So war zum Beispiel Quintus Aelius Tubero ein stoisch geprägter Philosoph und Freund des Panaitios. Laelius Sapiens war nicht nur Politiker, sondern auch ein Kenner von Dichtung und Philosophie. Der Historiker Gaius Fannius hatte die römischen Kriegsschauplätze von Karthago und Spanien als tüchtiger Soldat kennengelernt. Der Rechtswissenschaftler Quintus Mucius Scaevola Augur war später Ciceros Lehrer. Manius Manilius fungierte nicht nur als Konsul des Jahres 149, sondern war auch ein anerkannter Jurist. Lucius Furius Philus, Konsul des Jahres 136, einer der fähigsten Politiker seiner Zeit, war auch ein hochgebildeter Rhetoriker und Kenner der Astronomie, Spurius Mummius ein Anhänger der stoischen Philosophie. Sein Bruder Lucius Mummius ließ 146 v. Chr. Korinth plündern und zerstören. Publius Rutilius Rufus schließlich, von dem Cicero in Smyrna den Inhalt des geschilderten Gesprächs erfahren hatte, war Militär, Politiker und Wissenschaftler. Nach der Fertigstellung seiner Staatsschrift erwähnte Cicero diese an verschiedenen Stellen seines Werkes, nicht nur in sei-

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EINLEITUNG

nen Briefen und Reden. In den 45 v. Chr. verfassten Tuskulanischen Gesprächen (Tusculanae disputationes 4 , 1 ) schrieb er, vor allem in seinen sechs Büchern über den Staat (De re publica) habe er die Wertvorstellungen und Institutionen der Vorfahren und die Ordnung und Führung der Bürgerschaft hinreichend genau behandelt. Auch in seiner Abhandlung über die Kunst der Prognose (De divinatione 2, 3) verwies er auf seine Schrift über den Staat, die er verfasst habe, als er noch selbst politische Verantwortung trug. Er fugte hinzu, dass dies ein sehr wichtiges und auch philosophisch relevantes Thema sei, das schon Piaton, Aristoteles, Theophrast und die gesamte Schule der Peripatetiker sehr ausgiebig behandelt hätten.

TEXTGRUNDLAGE Für die Rekonstruktion des lange verloren geglaubten Textes standen ursprünglich nur die Referate vor allem der christlichen Kirchenväter sowie Zitate der antiken Grammatiker zur Verfugung. Dabei ist bezüglich des Wortlauts eine gesunde Skepsis angebracht, denn die Kirchenväter verfolgten eigene theologische Absichten, die mit einer authentischen Wiedergabe von Ciceros Text nicht ohne weiteres in Einklang standen. Erst Angelo Mai, der Präfekt der Vatikanischen Bibliothek, entdeckte im Jahr 1820 einen Palimpsest, der große Teile des ersten und des zweiten Buches und einige Fragmente aus dem dritten und ganz wenige aus dem vierten und fünften Buch enthielt. Über den ausradierten oder abgewaschenen und wiederentdeckten Cicero-Text - der Kodex trägt die Bezeichnung Vaticanus Latinus 5757 - hatte ein Schreiber den Text eines Psal-

TEXTGRUNDLAGE

menkommentars des Augustinus geschrieben, um das wertvolle Schreibmaterial weiter zu nutzen. Dieser Codex rescriptus oder Palimpsestos besteht also aus Pergamentblättern, die ein zweites Mal beschrieben wurden. Das sechste, im Palimpsest nicht enthaltene Buch von De re publica kennen wir nur aus einer weiter reichenden handschriftlichen Tradition, wobei das Kernstück dieses Buches, der »Traum des Scipio« (Somnium Scipionis), im diesbezüglichen Kommentar des Macrobius (um 400 n. Chr.) separat erhalten ist. Angelo Mai gab Ciceros Text zusammen mit einem Kommentar 1822 heraus und fügte alle schon vorher bekannten Fragmente und Testimonien in diese Edition ein. Der aus dem 5. oder schon Ende des 4. Jahrhunderts stammende Cicero-Text des Palimpsests wurde von zwei Kopisten geschrieben: Von Schreiber A stammen das erste und das zweite Buch und das erste Blatt des dritten Buches, von Schreiber Β der Rest des dritten Buches. Teile des vierten und des fünften Buches wurden wieder vom Kopisten A geschrieben. Ein bisher dem fünften Buch zugeordnetes Blatt, das J. G. F. Powell (Oxford Classical Texts) in das dritte Buch einordnet (s.u.), stammt wiederum von Schreiber B. Da der von Angelo Mai aufgefundene Text durch moderne chemische und fotomechanische Verfahren in einem gewissen Umfang wieder sichtbar gemacht werden konnte, wurde etwa ein Viertel des ursprünglichen Werkes gerettet.

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EINLEITUNG

POWELLS TEXT Die maßgebende Textausgabe ist Konrat Ziegler (Leipzig: Teubner, 1915, 7 1969) zu verdanken, nach der Ciceros Werk bisher zitiert wurde. Die vorliegende Übersetzung basiert jedoch auf der Ausgabe von J. G. F. Powell, die 2006 in der Reihe Oxford Classical Texts erschien, und berücksichtigt vor allem die sinnvolle Neuordnung des lateinischen Textes. Powells OxfordAusgabe unterscheidet sich von Zieglers Teubner-Ausgabe vor allem in folgenden Punkten: Erstens stuft Powell zahlreiche Fragmente, die Ziegler in seinen fortlaufenden Text eingefugt hatte, als Testimonien oder Fragmente ein, denen kein bestimmter Platz zugewiesen werden kann oder deren Authentizität zweifelhaft ist. In seinem kritischen Apparat werden die Testimonien zitiert. Die einem bestimmten Buch zuzuordnenden Fragmente lässt Powell dem Haupttext des jeweiligen Buches folgen, und die nicht zuzuordnenden oder zweifelhaften Fragmente (Fragmenta dubia) werden am Ende der Textausgabe zusammengestellt (S. 148-150 und 151-154). Zweitens hat Powell an einigen Stellen die Reihenfolge der Blätter des Palimpsests verändert, diese in einigen Fällen auch anderen Büchern zugewiesen als Angelo Mai und Ziegler. Seine Gründe legt er im Vorwort der Ausgabe dar (S. VII—VIII). So hat er zum Beispiel ein Blatt, das Angelo Mai dem fünften Buch zugeordnet hatte, dem dritten Buch zugewiesen, weil er feststellen konnte, dass das von ihm aus dem fünften in das dritte Buch gestellte Blatt von derselben Hand geschrieben worden war (Schreiber B), die nur im dritten Buch erkennbar ist. Aus 5, 6 - 7 (Ziegler) wird so bei Powell 3, 3. Darüber hinaus bringt

POWELLS T E X T

Powell fiir diese Umstellung auch inhaltliche Argumente vor: In 3, 3 (Powell) gehe es um die Entstehung der menschlichen Gesellschaft und die Darstellungsweise passe besser in ein Proömium als in ein laufendes Gespräch. In der Oxford-Ausgabe verzeichnet eine Konkordanz diese und weitere Änderungen Powells gegenüber Ziegler. Powell geht also mit guten Gründen davon aus, dass die Reihenfolge der Blätter des Palimpsests durcheinandergeraten ist, eine plausible Ordnung aber wiederhergestellt und auch die zahlreichen Textlücken identifiziert werden können, wenn man den Kontext und die noch teilweise erhaltene Zählung der Blätter des Palimpsests berücksichtigt: A m oberen Rand einiger Seiten ist die Zählung der Quaternionen und am unteren Rand die jedes achten Blattes vermerkt. Es ist davon auszugehen, dass jede einzelne Quaternio aus einer Lage von vier Doppelblättern, also aus acht Einzelblättern besteht, die wiederum sechzehn Seiten umfassen. Die heutige Zählung gibt mit römischen Zahlen die Nummerierung der Quaternionen wieder. In der vorliegenden zweisprachigen Ausgabe finden sich daher im ersten und zweiten Buch zwei Zahlenangaben nebeneinander: Die arabische Zahl bezeichnet die heute übliche Kapiteleinteilung, die römische Zahl in eckigen Klammern steht fur die jeweilige Quaternio. Vom dritten Buch an wird aufgrund häufiger Umstellungen durch Powell in eckigen Klammern Zieglers Kapitelzählung hinzugefügt. So bedeutet z.B. im dritten Buch [14] (9) [IX]: Kap. 14 (Ziegler) = Kap. 9 (Powell) am Anfang der Quaternio IX.

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EINLEITUNG

ÜBERLIEFERUNGSGESCHICHTE Dass Ciceros Werk noch bis ins 5. Jahrhundert gelesen wurde, zeigt sich darin, dass es vor allem von den chrisdichen Theologen Laktanz (um 300 n.Chr.) und Augustinus (354-430 n.Chr.), aber auch von heidnisch-römischen Schriftstellern benutzt wurde. Der Unterhaltungsschriftsteller Aulus Gellius (2. Jahrhundert n.Chr.) berücksichtigt in seinen Nodes Atticae unter zahlreichen Auszügen und Zitaten aus antiken Schriftstellern auch Ciceros De república; der Philologe und Grammatiker Nonius Marcellus (4. Jahrhundert n. Chr.) stützt sich als Verfasser eines lexikalischen Werkes zur sprachlichen und sachlichen Erklärung der alten Schriftsteller vielfach auf Ciceros Werk. Auch der Kirchenschriftsteller und dogmatische Theologe Tertullian aus Karthago hat das Werk im 2./3. Jahrhundert n. Chr. nachweislich benutzt. Von großem Wert für die Kenntnis des Werkes ist auch die Inhaltsangabe in Augustins Schrift De civitate Dei 2,21, das so genannte Argumentum Augustini, das Ziegler teilweise auch vor die Fragmente des dritten Buches gestellt hatte. Ohne den Kommentar des Macrobius wäre der »Traum des Scipio« nicht erhalten. Es ist, aber eine nach wie vor offene Frage, inwieweit diese und andere antiken Schriftsteller in einem modernen Sinne wörtlich zitieren oder paraphrasieren, d.h. inwieweit die Textstellen wirklich als Fragmente aus Ciceros Werk oder eben nur als Zeugnisse (Testimonien) zu gelten haben. Leider wurde Ciceros De república seit dem späteren 5. Jahrhundert in seiner originalen Fassung nicht mehr gelesen. Vielleicht hat ja Augustins Werk »Über den Gottesstaat« (De civi-

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tate Dei), das sich intensiv mit Ciceros Schrift auseinandersetzt, das gelehrte Publikum so stark fur sich eingenommen, dass das Interesse an dem Werk des Römers schließlich ganz verlorenging· INHALT UND G E D A N K E N G A N G Die Schrift De re publica gibt ein Gespräch wieder, das an drei Tagen während des Latinerfestes (firiae Latinae)1 des Jahres 129 v. Chr. auf dem Landgut des jüngeren Scipio gehalten wurde. Je zwei der insgesamt sechs Bücher enthalten die Gesprächsinhalte eines Tages. Da der Text vor allem im dritten bis fünften Buch und am Anfang des sechsten Buches äußerst lückenhaft erhalten ist, lässt sich ein zusammenhängender Gedanke aus den erhaltenen Fragmenten, Zeugnissen und Referaten nur mit großen Vorbehalten rekonstruieren. Dennoch sind drei Themenschwerpunkte zu unterscheiden: • A m ersten Tag befasst sich die Gesprächsrunde mit der besten Staatsverfassung und definiert den Staatsdienst als die vornehmste Aufgabe des Menschen. Am zweiten Tag konzentriert sich das Gespräch auf die Bedeutung der Gerechtigkeit für den Staat. •· A m dritten Tag schließlich ist der große Staatsmann das Thema. Nach der Einleitung entwickelt Cicero seine Gedanken im Rahmen eines Gespräches im Scipionenkreis. Scipio der Jüngere, mit 1 Dieferiae Latinae fanden gewöhnlich jedes Jahr zwischen Januar und März statt.

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vollem Namen Publius Cornelius Scipio Aemilianus Africanus minor Numantinus, war der leibliche Sohn des Lucius Aemilius Paullus, der durch seinen Sieg über König Perseus von Makedonien bei Pydna im Jahr 168 v. Chr. die Unterwerfung Griechenlands ermöglichte. Dieser Vorgang war nicht nur militärisch von höchster Bedeutung; seit dem Sieg des Paullus bei Pydna wurde Griechenland fur Rom auch kulturell maßgebend. Unter diesem Aspekt symbolisiert Scipios Wahl zum Hauptgesprächsfuhrer Ciceros Bekenntnis zur griechischen Kultur. In Scipio bilden die griechische und die römische Welt eine unauflösliche Einheit. In Ciceros Darstellung berichtet über das Gespräch im Jahre 129 v. Chr. Rutilius Rufus, den Cicero kurz vor dessen Tod 78 v. Chr. in Smyrna 2 besucht hatte, wo der frühere Konsul seit sechszehn Jahren, teils im Exil, lebte. In Rom hatte Rutilius noch den Stoiker Panaitios gehört und war mit Scipio bekannt, unter dem er als Militärtribun in Spanien gedient hatte (134-132 v. Chr.). So konnte er als Bindeglied zwischen der Generation des Scipio und Ciceros eigener Zeit fungieren. Wenn auch das geschilderte Gespräch nur eine Fiktion war, so dürfte es doch die Atmosphäre des Scipionenkreises, einer Gruppe von Intellektuellen der römischen Nobilität, eingefangen haben. Das Gespräch findet in den Gärten des Scipio statt. Die Gesprächspartner genießen die Feiertagsruhe der jeriae latinae. Die Stimmung ist von heiterer Gelassenheit und Freundlichkeit geprägt. Manche Einzelheiten des Gesprächsrahmens erinnern an Piatons Protagoras. Wie im platonischen

2 Diese Stadt in Kleinasien galt übrigens auch als Geburtsstadt Homers.

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Dialog geht dem eigentlichen Thema eine Unterhaltung über astronomische Fragen voraus: Das Phänomen der »Doppelsonne« 3 beschäftigte nicht nur den Senat, sondern war fur Cicero auch ein Bild fur die Zwietracht und den Machtkampf, der das politische Gremium entzweite. Das physikalische Phänomen galt Cicero nicht nur als Symbol fur den Zustand des Staates, sondern diente ihm auch dazu, irdisches und kosmisches Geschehen zu parallelisieren und dem Gespräch auf diese Weise eine besonders große Bedeutung zu geben. Nicht nur der Aufbau der Eingangsszene mit der Hinfiihrung zum Gespräch und der Gruppierung der Teilnehmer, sondern auch der Mythos am Ende der Schrift erinnern an Piaton: In den »Traum des Scipio« (ó, 31-32 Powell = 27-28 Ziegler) hat Cicero eine Textpassage aus Piatons Phaidros (245c-246a) eingearbeitet. Es handelt sich um den Beweis fur die Unsterblichkeit der Seele. Dieser Teil enthält auch eine Offenbarung aus dem Jenseits, die mit dem Schlussmythos von Piatons Politeia übereinstimmt. Allerdings liegt der Unterschied darin, dass es sich bei Piaton um den Bericht eines Scheintoten handelt, dessen Seele die jenseitigen Dinge schaut und dann in den Körper zurückkehrt. Bei Cicero indes erscheint der ältere Scipio dem jüngeren im Traum, offenbart ihm die Zukunft und erklärt ihm die Welt.

3 Karl Büchner weist in seinem Kommentar (Heidelberg 1984,96) daraufhin, dass die »Doppelsonne« eine Haloerscheinung ist: Die Strahlen der Sonne bilden beim Auftreffen auf Eiskristalle einen Hof (halo). Trifft dieser mit den Sonnenstrahlen zusammen, die von den senkrecht fallenden Eisnadeln einer Wolke reflektiert werden, kommt es an der Aufjirallstelle zu einer Aufhellung, die wie eine zweite Sonne aussieht.

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Erstes Buch Die historische Größe Roms ist der spezifisch römischen Exzellenz (virtus) zu verdanken und es gibt keine ernst zu nehmenden Argumente gegen die Teilnahme am politischen Leben. Diese selbstbewusste Begründung des Autors fur die Abfassung der Schrift De re publica ist plausibel, weil sie sich aus seiner politischen Biographie ergibt ( 1 , 1 2 - 1 3 ) : Es sei ihm vergönnt gewesen, schreibt er, »in der praktischen Politik etwas Erwähnenswertes erreicht wie auch in der Erklärung und Erläuterung politischer Zusammenhänge eine gewisse Kompetenz erworben« zu haben. Darum habe er in diesen Dingen nicht nur mit seiner Erfahrung, sondern auch mit seiner Aufgeschlossenheit für die zentralen politischen Themen Autorität beanspruchen können. Selbstbewusst erklärt Cicero, er sei wie kaum ein anderer in der Lage gewesen, Theorie und Praxis miteinander zu verknüpfen. Außerdem habe er es verstanden, praktisches Handeln und eine tiefgreifende Erfahrung durch eine stilistisch anspruchsvolle schriftstellerische Darstellung zur Geltung zu bringen. Der Ausgangspunkt der Vorrede ist die Gegenüberstellung des epikureischen Traums von einem beschaulich-zurückgezogenen Leben mit dem politischen Einsatz eines Cato. In diesem Zusammenhang könnte Cicero über den Gegensatz von virtus und otium gesprochen haben. Dass der virtus der höhere Wert zukommt, dürfte er mit beeindruckenden Beispielen aus der römischen Geschichte veranschaulicht haben: Hätte man der virtus nicht den Vorrang eingeräumt, wäre R o m längst untergegangen. Marcus Porcius Cato (1,1) hätte sich in Tusculum

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an einem ungestörten Leben erfreuen können, aber er habe es vorgezogen, sich bis in sein hohes Alter den Stürmen des politischen Kampfes auszusetzen. Catos Verhalten entspreche jedoch der Menschennatur: Der spezifisch menschliche Drang zur Verwirklichung von virtus durch die Tat und das natürliche Verlangen, sich fur das allgemeine Wohl einzusetzen, seien so groß, dass sie alle Verlockungen eines Lebens im Verborgenen besiegten (1,2). 4 Das zweite Kapitel des ersten Buches ist von grundlegender Bedeutung fur Ciceros ethisch-politisches Selbstverständnis. Die Gegenüberstellung von

»Handeln/Anwenden/Vollen-

d e n « (uti/usus) und » H a b e n / K ö n n e n « (habere) hebt das Tätigkeitsprofil des idealen römischen Staatsbürgers von der Existenzweise des zwar sprachgewandten, aber keinesfalls handlungsorientierten Philosophen ab. Mit dieser Kontrastierung erhält auch der Begriff der virtus ein schärferes Profil: Unter virtus versteht Cicero die Tätigkeit des politisch aktiven Bürgers, der die überkommenen Wertvorstellungen und die geltenden Gesetze in praktisches Handeln umsetzt. 5 Die Gegenüberstellung von Politik und Philosophie soll dem Leser die Einsicht vermitteln, dass der Politik der Vorrang gebühre, weil

4 Cicero rühmt z.B. auch an Demetrios von Phaleron (vgl. De re publica i, 2; De legibus 3,14), dass es ihm gelang, wissenschaftliche Bildung und politische Praxis miteinander zu verbinden. 5 » F ü r den aller Spekulation abgeneigten R ö m e r existieren Tugenden nicht an sich, sondern nur in dem Augenblick, in dem man sie übt ... Für den R ö m e r liegt das Eigendiche in der Realisation« (Michael von Albrecht: Geschichte der römischen Literatur. Bd. 1, München '1994,21).

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diese seit jeher ungleich produktiver und nützlicher gewesen sei als philosophische Weisheit. Diese Bewertung wird dadurch verstärkt, dass die philosophische Theorie nicht einmal als Voraussetzung fur die praktische Politik anzusehen ist. Es besteht kein Verhältnis der Abhängigkeit zwischen Politik und Philosophie. Ein römischer Politiker ist grundsätzlich nicht auf die Hilfe eines (griechischen) Philosophen angewiesen. A u f den im griechischen Denken weit verbreiteten popularphilosophischen Topos vom Vorrang des Gebrauchens und Anwendens vor dem Besitzen und Haben, oder des Handelns vor dem Können, brauchte Cicero in diesem Zusammenhang nicht zurückzugreifen, weil sein Verständnis von virtus mit den traditionellen römischen Wertvorstellungen übereinstimmte. A m Anfang des dritten Buches (3, 5 Powell) erklärt Cicero, dass aus der »politischen Vernunft und der inneren Ordnung der Bevölkerung« (ratio civilis et disciplina populorum) in Form der römischen Republik eine ebenso unglaubliche wie göttliche Leistung hervorgegangen sei. Aber bei allem Stolz auf die Erfolge römischer Praxis übersieht Cicero nicht, dass die Verwirklichung großer Leistungen (rerum magnarum tractatio atque usus) sich mit einer entsprechenden Theorie verbinden lässt: »Wenn man beides vereinigen kann, ist das die perfekte Menschenform.« 6 Beispiele fur dieses Ideal sind Scipio, Laelius und Lucius Philus, die die von Sokrates begründete Philosophie auf die römischen Lebensverhältnisse, d.h. auf den mos maiorum, angewandt hätten (3,5).

6 Vgl. Büchner 1984,174.

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Vor dem einleitenden Gespräch ( 1 , 1 4 - 3 7 ) werden zunächst einmal die nach und nach eintreffenden Gesprächsteilnehmer vorgestellt. Die Gäste sprechen über die gerade zu beobachtende Naturerscheinung der »Doppelsonne«, u m daran zu veranschaulichen, dass naturwissenschaftliche Erkenntnisse einen großen Nutzen für das Leben der Menschen haben können. Cicero bringt hiermit zum Ausdruck, dass eine Praxis, die auf wissenschaftliche Theorie zurückgreift, viele Probleme lösen hilft. In 1, 33 wird der Gedanke wieder aufgegriffen, dass die Tätigkeit fiir den Staat der Zweck des Menschen sei. So erklärt Laelius, es sei die hervorragendste Aufgabe der Weisheit und der größte Beweis von virtus, dem Staat nützlich zu sein. 7 Offensichtlich versteht Cicero auch an dieser Stelle unter Weisheit keine handlungsferne Theorie, sondern die handlungsorientierte Reflexion über das Verhältnis von Ethik und Politik, Individuum und Staat, wie er sie selbst in dem vorliegenden Werk begann und in seinen späteren philosophischen Schriften fortsetzte. Wenn der Staat nicht nur Gegenstand philosophischer Weisheit, sondern auch und vor allem Betätigungsfeld der virtus ist, dann bedeutet dies also keinen Verzicht auf den Einsatz fur den Staat, sondern nur eine »Fortsetzung des Tätigseins fur die res publica mit anderen Mitteln«. 8 Deshalb wird auch der Wert

7 Schon in 1,12 heißt es, durch nichts reiche menschliche virtus näher an göttliches Walten heran als durch die Gründung neuer oder die Erhaltung schon existierender Staaten. 8 Herbert Meyerhöfer: Piatons Politela - Ciceros De re publica. Versuch eines Vergleichs, in: Anregung 33,1987,218-231, zit. 224.

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philosophischer Erörterungen immer an dem Kriterium ihrer Praktikabilität gemessen. Scipio wird nun von allen gebeten (1,34-37), seine Gedanken über die res publica darzulegen. Er sei auf diese Erörterung besser als jeder andere vorbereitet. » D u würdest uns«, sagt Laelius, »einen Gefallen tun (um auch für die Anwesenden zu sprechen), wenn du uns darlegtest, was du über die Republik denkst.« Seine Ausfuhrungen würden sich gewiss als viel gehaltvoller erweisen als alles andere, was von den Griechen geschrieben wurde. Denn Scipio werde - so Cicero - aufgrund seines politischen Sachverstandes und seiner engen Vertrautheit mit den römischen Verhältnissen selbst einen Sokrates übertreffen. Zunächst aber müsse der Gesprächsgegenstand definiert werden (1,38): »Da wir ja eine Untersuchung über Politik anstellen, wollen wir also zuerst betrachten, was eigendich der Gegenstand unserer Untersuchung ist.« Darauf formuliert Scipio seine Definition: »Es ist also die Republik eine Sache des Volkes, das Volk aber nicht jede beliebige Verbindung von Menschen, die auf eine nicht näher bestimmbare Weise zustande kam, sondern eine aus einer Vielzahl von Menschen bestehende Verbindung, die sich auf der Grundlage eines allgemein anerkannten gleichen Rechts und des gemeinsamen Nutzens gebildet hat.9

9 Dass die Dehnition des Staates bei Cicero, De re publica 1, 39 »stoischen Charakter« habe, begründet Max Pohlenz in: Die Stoa. Geschichte einer geistigen Bewegung, 2 Bde. Göttingen 4 i970, II 102, u.a. mit dem Hinweis auf Stoicorum Veterum Fragmenta, Hg. H. v. Arnim, Bd. III 329 (= Dio Chrysost. Or. 36, 20): »Die Stoiker sagen, der Staat (pòlis) sei eine von einem Gesetz regierte Vielzahl von Menschen, die auf demselben Territorium zusammenleben.« Dies sei die

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Der erste Anlass fur ihre Vereinigung ist aber weniger die Erfahrung der Schwäche als vielmehr eine Art natürliches Bedürfnis der Menschen nach Gesellschaft; denn der Mensch ist von Natur aus kein Einzelgänger; er ist vielmehr so veranlagt, dass er nicht einmal dann, wenn er alles im Überfluss besitzt, ( in Einsamkeit sein Leben verbringen will, sondern nach Gemeinschaft und Gesellschaft strebt ... ).« Schon Karl Büchner 10 hat daraufhingewiesen, dass res hier nicht weiter definiert wird. Es handle sich offensichtlich um die »Dinge«, die das Volk angingen. Dazu gehöre sicher der Besitz, aber ebenso der sittliche Zustand. Res publica sei aber schon in der Wortbildung bezogen auf eine andere res: die res privata, die alle Belange umfasse, die den Einzelnen betreffen, soweit der Staat noch etwas Privates übrig lasse. Ein Volk ist also nach Cicero nicht jede Versammlung von Menschen, sondern eine Vereinigung, die sich in der Anerkennung des Rechts und der Gemeinsamkeit des Nutzens gebildet hat. Ihre Zweckursache ist nicht eine Kompensation von Schwäche, sondern eine Wesenseigenschaft des Menschen, der nur in Gemeinschaft leben kann. Ware es nicht so, gäbe es keine Gerechtigkeit und keine anderen Tugenden, auch keinen Staat, der nach Cicero seinen Sinn (seiner Ursache entsprechend) erstens aus der Verwirklichung des Rechts und zweitens aus dem gemeinsamen Nutzen (συμφέρον) bezieht. »allgemeinstoische Definition der Polis« (Pohlenz, Stoa und Stoiker, Zürich 2

19Ó4,376).

io Karl Büchner: Marcus Tullius Cicero. De re publica - Der Staat. Lateinisch und deutsch, Zürich 'i960,20-22.

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Indem Cicero daraufhinweist, dass eine derartige Gemeinschaft auf Führungskompetenz (consilium) angewiesen ist, damit sie Bestand hat, wendet sich laut Büchner »der Gedanke vom Sinn des Staates zum Leben des Staates. Diese Trennung wird sich als äußerst wichtig und fruchtbar erweisen. ... Von größter Tragweite ist es auch, dass hier das, was den Staat dauernd macht, in den römischen Lebensbegriff consilium gefasst wird. Es ist dies die Herrscherweisheit, die sich jeweils in Entschluss, Plan und Rat offenbart; die Lösung, die das Scheitern in kritischer Situation verhindert.« Büchner hebt die hervorragende Bedeutung, die Cicero dem consilium fur die kontinuierliche Verwirklichung der Staatsidee einräumt, mit Recht besonders stark hervor. Angesichts der von Cicero getroffenen Unterscheidung zwischen dem »Sinn« und dem »Leben« des Staates darf man allerdings auch nicht übersehen, dass Cicero die kompetente Führung nicht von dem Anlass des Staates (causa coeundi) getrennt sehen will; das praktische »Leben« müsse »immer« (semper) auf seinen ursprünglichen »Sinn« bezogen bleiben. Das consilium des oder der jeweils Verantwordichen darf also die Ursache des Zusammenschlusses der Menschen niemals aus den Augen verlieren. Der aus dem Anlass seiner Gründung herzuleitende Zweck des Staates ist fur jedes verantwortungsbewusste politische Planen und Handeln maßgebend. Dass Cicero auf dieser Forderung nach einer permanenten Vergegenwärtigung des Anlasses insistiert (dreimal verwendet er in dem zitierten Text das Wort causa), ist damit zu erklären, dass er die Kluft oder den Widerspruch zwischen dem »Sinn«

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oder dem Grundsätzlichen, d.h. der Zweckursache des Staates, und dem wirklichen »Leben«, d.h. der Realpolitik, fur schädlich hält.11 Nur die Übereinstimmung zwischen Staatszweck und Realpolitik dient der Stabilität (ut diuturna sit). Die Divergenz zwischen der politischen Idee und ihren vielfältigen historischen und soziokulturellen Manifestationen erweist sich dagegen als hochgradig destabilisierend. Cicero weist zwar die in der Antike verbreitete Auffassung nicht zurück, dass sich Menschen zu staatlichen Gemeinschaften zusammenschlössen, weil sie fur sich allein zu schwach seien. Er hält das Motiv der imbecillitas jedoch fur nachrangig. Die stärkere Kraft sei das Grundbedürfnis nach Geselligkeit. 12 In dieser Hinsicht kann Cicero auf Aristoteles zurückgreifen, der den Menschen als »ein von Natur aus Staaten bildendes Wesen« definiert hatte/3 das einen natürlichen Trieb zur Gemeinschaft besitze, 14 deren Wesen die Verwirklichung von Recht und Gerechtigkeit sei.15 u

Vgl. auch Rezzo Schlauch, der in einer Auseinandersetzung mit dem AfghanistanProblem dazu rät, bei der Diskussion über die weltpolitischen Fragen von heute die Ursprünge unserer Demokratie nicht auszublenden (Die Zeit Nr. 48 vom 22. November 2001: »Vier Lehren fur Afghanistan. 1914,1945,1973 und 1989: Ein Blick zurück zeigt, was alles falsch laufen kann«),

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Vgl. auch Ciceros entsprechende Hinweise in Definibili 3,65 und De legibus 1,28.

13 Aristoteles, Politik A 1253a 2-3: ό άνθρωπος schlau < und wurde von Ennius62 so genannt, nicht weil er nach dem suchte, was er niemals finden konnte, sondern weil er Antworten zu geben versuchte, die die Fragenden von Sorge und Unruhe befreiten; und wenn er etwas gegen die Studien des Galus einzuwenden hatte, zitierte er immer den Achilles aus der Iphigenie\6}

>Was starren die Sternkundigen auf die Bilder am Himmel, wenn die Ziege oder der Skorpion aufsteigen oder ein anderer Name eines der Untiere, niemand aber schaut auf das, was vor seinen Füßen liegt, alle ergründen nur die Zonen des Himmels !
StadtKönigsherrschaftdie Sache des Volkes < (dies ist nämlich, wie schon eben gesagt habe, der Staat) in jener Form nicht besonders erstrebenswert gewesen zu sein, da sie durch den Wink und den Willen eines Einzigen regiert wurde. Wenn ebenso die Massilier, unsere Schutzbefohlenen, durch auserwählte fuhrende Bürger in größter Gerechtigkeit regiert werden, dann ist genau

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Phalaris: Cuius in similitudinem dominatus unius proclivi cursu et facile delabitur. Uli autem Massiliensium paucorum et principum administrationi civitatis finitimus est qui fuit quodam tempore apud Athenienses triginta consensus et factio. Iam Atheniensium populi potestatem omnium rerum, ipsi (ne alios requiramus) ad furorem multitudinis licentiamque conv e r s a m p e s t i ( ... ) «

(45) [ X X I X ] (Scipio) » ( ... > taeterrimus, et ex hac vel optimatium vel factiosa tyrannica ilia vel regia vel etiam persaepe popularis, itemque ex ea genus aliquod ecflorescere ex illis

ERSTES BUCH

diese Situation des Volkes annähernd vergleichbar mit Knechtschaft; wenn die Athener zu bestimmten Zeiten, nachdem der Areopag aufgelöst worden war, nur mit Hilfe von Beschlüssen und Entscheidungen des Volkes handelten, konnte die Bürgerschaft ihre Ordnung nicht aufrecht erhalten, da die Athener ja zudem noch keine Abstufungen in der Rangordnung kannten. (44) [XXVIII] Und das ist es, was ich über diese drei Staatsformen sagen kann, solange sie nicht aufgewühlt und durcheinandergewürfelt sind, sondern ihren ursprünglichen Zustand beibehalten; diese Staatsformen sind fur sich betrachtet zunächst einmal mit den Fehlern behaftet, die ich vorher schon nannte. Dann haben sie außerdem noch andere schädliche Eigenschaften, die mit diesen verwandt sind. Denn unter jenen Staatsformen gibt es keine, die sich nicht auf einem gefährlichen und abschüssigen Weg zu ihrer in nächster Nähe drohenden Entartung befände. Denn in jenem erträglichen oder, wenn ihr so wollt, liebenswerten König Kyros,80 um ihn besonders hervorzuheben, steckt im Falle einer möglichen Veränderung des Charakters der ausgesprochen grausame Phalaris;8' ohne weiteres und in erstaunlicher Geschwindigkeit kann die Herrschaft eines Alleinherrschers in die Nähe der Tyrannis des Phalaris abgleiten. Aber auch jene Regierung der Bürgerschaft in den Händen weniger führender Massilier ist von der verschworenen Parteiherrschaft der Dreißig, die zu einer bestimmten Zeit in Athen wirksam war, nicht besonders weit entfernt.82 Dass sich dann die absolute Macht des Volkes der Athener eben dort (um nicht noch nach anderen Beispielen zu suchen) in Wahnsinn und Willkür der Masse verwandelte, ( hat ins ) Verderben { gefuhrt ... ) « (45) [XXIX] (Scipio) » ( A u s dem totalen Zusammenbruch jeder Ordnung erhebt sich ein Tyrann, der ) besonders abstoßend ist, und aus seiner ( Herrschaft entsteht ) entweder die Herrschaft der Aristo-

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LIBER PRIMVS

quae ante dixi solet, mirique sunt orbes et quasi circuitus in rebus publicis commutationum et vicissitudinum. Quos cum cognosse sapientis est, tum vero prospicere inpendentis, in gubernanda re publica moderantem cursum atque in sua potestate retinentem, magni cuiusdam civis et divini paene est viri. Itaque quartum quoddam genus rei publicae maxime probandum esse sentio, quod est ex his quae prima dixi moderatum et permixtum tribus.«

(46) [ X X X ] Hie Laelius: »scio tibi ita piacere Africane: saepe enim ex te audivi; sed tarnen, nisi molestum est, ex tribus istis modis rerum publicarum velim scire quod optimum iudices. nam vel profuerit aliquid ad c o g ( ... ) «

(47) [ X X X I ] (Scipio) » ( ... ) et talis est quaeque res publica, qualis eius aut natura aut voluntas qui illam regit. Itaque nulla alia in civitate, nisi in qua populi potestas summa est, ullum domicilium libertas habet; qua quidem certe nihil potest esse dulcius, et quae si aequa non est ne libertas quidem est. Qui autem aequa potest esse, omitto dicere in regno, ubi ne obscura quidem est aut dubia servitus, sed in istis civitatibus in quibus verbo sunt liberi omnes? Ferunt enim suffragia, mandant inperia magistrata, ambiuntur, rogantur; sed ea dant, quae etiamsi nolint, danda sint, et quae ipsi non habent unde

ERSTES BUCH

kraten oder jene tyrannische Parteiherrschaft (wie in Athen) oder die Königsherrschaft oder sehr oft auch die Herrschaft des Volkes, und ebenso pflegt aus dieser irgendeine der Staatsformen aufzublühen, die ich zuvor genannt habe; erstaunlich sind die Perioden und die Kreisläufe, in denen sich die Staatsformen gewissermaßen verändern und abwechseln. Diese zu erkennen ist Sache des Weisen, sie aber vorauszusehen, wenn sie drohen, und bei der Lenkung des Staates die Entwicklung zu beherrschen und in seiner Gewalt zu behalten, das zeichnet einen großen Bürger und fast göttlichen Mann aus. Und so meine ich, dass sozusagen eine vierte Art des Gemeinwesens besonders gutzuheißen ist, die aus den drei Erstgenannten ausgewogen gemischt ist.«83 (46) [ X X X ] Hier sagte Laelius: »Ich weiß, dass es dir so recht ist, Africanus, denn ich habe es oft von dir gehört; aber trotzdem möchte ich wissen, wenn es dir nicht lästig ist, welche von diesen drei Staatsformen du fiir die beste hältst; denn es dürfte sowohl etwas nützen ( ... ) «

Demokratie (47) [XXXI] (Scipio) » ( ... ) und jeder Staat ist so wie das Wesen und der Wille dessen, der ihn regiert.84 Deshalb hat die Freiheit in keinem anderen Gemeinwesen als in dem, wo die Macht des Volkes am größten ist, einen Platz; nichts kann tatsächlich angenehmer sein als diese, und wenn sie nicht gleich ist, ist sie gewiss auch keine Freiheit. Wie aber kann sie gleich sein - ich will nicht sagen in der Königsherrschaft, wo die Knechtschaft nicht einmal versteckt oder in Zweifel zu ziehen ist, sondern in den Staaten, in denen alle dem Wort nach frei sind? Denn sie stimmen ab, übertragen militärische Posten und Beamtenstellen, lassen sich umwerben und bitten; aber sie geben, was sie geben müssen, auch

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L I B E R PRIMVS

alii petunt. Sunt enim expertes imperii, consilii publici, iudicii delectorum iudicum, quae familiarum vetustatibus aut pecuniis ponderantur. In libero autem populo, ut Rhodi, ut Athenis, nemo est civium qui ( ... ) «

(48) [ X X X I I ] (Scipio) » ( ... po)pulo aliquis unus pluresve divitiores opulentioresque extitissent, turn ex eorum fastidio et superbia ( regna ) nata esse commémorant, cedentibus ignavis et inbecillis et adrogantiae divitum succumbentibus. Si vero ius suum populi teneant, negant quicquam esse praestantius, liberius, beatius, quippe qui domini sint legum, iudiciorum, belli, pacis, foederum, capitis unius cuiusque, pecuniae. Hanc unam rite rem publicam, id est rem populi, appellari putant; itaque et a regum et a patrum dominatione solere in libertatem rem populi vindicari, non ex liberis populis reges requiri aut potestatem atque opes optimatium. (49) Et vero negant oportere indomiti populi vitio genus hoc totum liberi populi repudian: Concordi populo et omnia referente ad incolumitatem et ad libertatem suam nihil esse inmutabilius, nihil firmius; facillimam autem in ea re publica esse concordiam, in qua idem conducat omnibus,· exutilitatis varietatibus, cum aliis aliud expediat, nasci discordias; itaque cum patres rerum potirentur, numquam constitisse civitatis statum; multo iam id in regnis minus, quorum, ut ait Ennius, >nulla sancta societas nec fides estkeine unantastbare Gemeinschaft und keine Verlässlichkeit gibt«. Da deshalb das Gesetz ein Band der bürgerlichen Gemeinschaft und das im Gesetz verkörperte Recht fur alle gleich ist - auf welches Recht kann sich dann die Gemeinschaft der Bürger gründen, wenn die Rechtsstellung der Bürger nicht gleich ist? Wenn es nämlich nicht durchzusetzen ist, dass die Vermögensverhältnisse bei allen gleich sind, und wenn nicht alle die gleichen Fähigkeiten haben können, dann müssen wenigstens die Rechte der Menschen gleich sein, die Bürger in ein und demselben Staat sind. Denn was ist eine Bürgerschaft, wenn nicht eine Rechtsgemeinschaft? ( ... ) «

Monarchie (50) [XXXIII] (Scipio) » ( ... ) Sie meinen,88 die übrigen Staaten dürften nicht einmal mit den Namen bezeichnet werden, mit denen sie sich bezeichnet sehen wollten. Warum sollte ich denn mit dem Namen des Iuppiter optimus einen Menschen bezeichnen, der versessen ist auf Gewaltherrschaft oder eine einzigartige Machtstellung und über ein unterdrücktes Volk herrscht, statt ihn einen Tyrannen zu nennen? Genauso nämlich wie ein König unerträglich sein kann, so kann auch ein Tyrann rücksichtsvoll sein - so dass der Unterschied für die Menschen darin besteht, ob sie einem gütigen oder einem harten Herrn dienen: Dass sie allerdings nicht dienen, ist ausgeschlossen. Wie aber konnte jenes Sparta damals erreichen, als es angeblich durch die feste Ordnung seines Staatswesens so überlegen war, dass es gute und gerechte Könige hatte, obwohl doch jeder als König anerkannt werden musste, der aus einer Königsfamilie stammte? Wer könnte denn auch die Aristokraten,

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LIBER PRIMVS

(51) [ X X X I V ] (Scipio) » < · . . ) Si fortuito id faciet, tam cito evertetur quam navis, si e vectoribus sorte ductus ad gubernacula accesserit. Quodsi liber populus deliget quibus se committat, deligetque (si m o d o salvus esse vult) optimum quemque, certe in optimorum consiliis posita est civitatium salus, praesertim cum hoc natura tulerit, non solum ut summi virtute et animo praeesse inbecillioribus, sed ut hi etiam parere summis velint. Verum hunc optimum statum pravis hominum opinionibus eversum esse dicunt, qui ignoratione virtutis (quae cum in paucis est tum a paucis iudicatur et cernitur) ( t u m ) opulentos homines et copiosos, tum genere nobili natos esse ορtimos putant. H o c errore vulgi cum rem publicam opes paucorum, non virtutes tenere coeperunt, nomen illi principes optimatium mordicus tenent; re autem carent, nam divitiae, nomen, opes vacuae Consilio et vivendi atque aliis imperandi m o d o dedecoris plenae sunt et insolentis superbiae, nec ulla deformior species est civitatis quam illa in qua opulentissimi optimi putantur. (52) Virtute vero gubernante rem publicam quid potest esse praeclarius, cum is, qui imperat aliis, servit ipse nulli cupiditati, cum quas ad res cives instituit et vocat, eas omnes conplexus est ipse, nec leges inponit populo quibus

ERSTES BUCH

die Optimaten, die >BestenBesteVäter< bezeichnete, und das Volk in seinem eigenen Namen, im Namen des Tatius und im Namen des Lucumon, der als Freund des Romulus im Kampf gegen die Sabiner gefallen war, in drei Tribus 124 und dreißig Kurien 125 eingeteilt hatte, denen er die Namen der Frauen gab, die als junge Mädchen den Sabinern geraubt worden waren und sich später fur den Frieden und das Bündnis einsetzten - und obwohl diese Maßnahmen noch zu Lebzeiten des Tatius getroffen worden waren, regierte Romulus nach der Ermordung des Tatius noch viel entschiedener mit der Unterstützung, die das große Gewicht und die Führungskompetenz der Väter bot. (is) [IX] Bei dieser Vorgehensweise hatte Romulus erstens dasselbe vor Augen und schätzte die Lage genauso ein, wie es Lykurg kurz zuvor in Sparta gesehen hatte, dass nämlich die Bürgerschaften dann durch Alleinherrschaft und königliche Macht besser gesteuert und regiert werden könnten, wenn das Gewicht gerade der Besten mit jener starken Herrschaft verbunden war. Deshalb hat er, gestützt und geschützt durch diese Führungskompetenz, immer dann, wenn er seine vielen Kriege mit den Nachbarn sehr erfolgreich beendete und persönlich kein Stück aus der Kriegsbeute zu sich nach Hause mitnahm, die Bürger stetig wohlhabender werden lassen. (16) Zweitens richtete sich Romulus vor allem nach den Auspizien,126 woran wir heute noch zum großen Vorteil fur den Staat festhalten; denn er selbst gründete, was den Ursprung des Staates bedeutete, die Stadt nach einer Vogelschau, und fur die Durchfuhrung aller öffentlichen Aufgaben zog er sich aus jeder einzelnen Tribus je einen Augur hinzu, der ihm bei den Auspizien helfen sollte. Und er hatte die Masse der Plebejer in Schutzgemeinschaften127 eingeteilt und den Patriziern zugewiesen; wie nützlich dies fur den Staat war, werde ich später betrachten. Mit der Verhängung

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LIBER SECVNDVS

nibus, ex quo pecuniosi et locupletes vocabantur), non vi et suppliciis coercebat.

(17) [ Χ ] A c Romulus cum Septem et triginta regnavisset annos, et haec egregia duo firmamenta rei publicae peperisset, auspicia et senatum, tantum est consecutus, ut cum subito sole obscurato non conparuisset, deorum in numero conlocatus putaretur; quam opinionem nemo umquam mortalis adsequi potuit sine eximia virtutis gloria. (18) Atque hoc eo magis est in Romulo admirandum, quod ceteri qui dii ex hominibus facti esse dicuntur, minus eruditis hominum saeculis fuerunt, ut fingendi proclivis esset ratio, cum imperiti facile ad credendum inpellerentur; Romuli autem aetatem minus his sescentis annis iam inveteratis litteris atque doctrinis omnique ilio antiquo ex inculta hominum vita errore sublato fuisse cernimus. N a m si, id quod Graecorum investigatur annalibus, R o m a condita est secundo anno Olympiadis septumae, in id saeculum Romuli cecidit aetas, cum iam piena Graecia poetarum et musicorum esset, minorque fabulis nisi de veteribus rebus haberetur fides. N a m centum et octo annis postquam Lycurgus leges scribere instituit, prima posita est Olympias, quam quidam nominis errore ab eodem Lycurgo constitutam putant; H o m e r u m autem qui minimum dicunt Lycurgi aetati triginta annis anteponunt fere. (19) E x quo intellegi potest permultis annis ante H o m e r u m fuisse quam Romulum; ut iam doctis hominibus ac temporibus ipsis eruditis ad fingendum vix quicquam esset loci. Antiquitas enim recepit fabulas

ZWEITES BUCH

einer Buße in Form von Schafen und Rindern (weil das Vermögen damals in Vieh und im Besitz von Landgütern bestand, wonach die Menschen als >viehreich< und >begütert< bezeichnet wurden) und nicht mit Gewalt und mit Körperstrafen erhielt er die Ordnung aufrecht.128 (17) [X] Und als Romulus 37 Jahre lang geherrscht und diese beiden vorzüglichen Grundlagen des Staates geschaffen hatte, die Auspizien und den Senat, hat er so viel erreicht, dass man glaubte, er sei, als die Sonne sich plötzlich verfinstert hatte und er verschwunden war, zu den Göttern aufgestiegen; kein Mensch konnte jemals ohne den außerordentlichen Ruhm höchster Leistung erreichen, dass man dies von ihm glaubte. (18) Und das ist bei Romulus um so mehr zu bewundern, weil die anderen, die aus Menschen zu Göttern wurden, in weniger aufgeklärten Zeitaltern gelebt haben, sodass die Möglichkeit, einfach etwas zu erfinden, nahe lag, weil sich die Menschen in ihrer Naivität leicht dazu bringen ließen, etwas zu glauben; wir sehen aber, dass die Zeit des Romulus weniger als sechshundert Jahre zurückliegt, als Wissenschaften und Gelehrsamkeit schon voll entwickelt waren und jeder überkommene Irrglaube, der aus der primitiven Lebensweise der Menschen erwuchs, schon längst verschwunden war. Denn wenn Rom, was aus den historischen Aufzeichnungen der Griechen zu erschließen ist, im zweiten Jahr der siebten Olympiade129 gegründet wurde, dann fiel die Lebenszeit des Romulus in das Zeitalter, als Griechenland schon reich an Dichtern und Musikern war und den mythischen Erzählungen, außer den Geschichten über die ganz alten Zeiten, weniger Glauben geschenkt wurde. Denn 108 Jahre nachdem Lykurg seine Gesetze zu schreiben begonnen hatte, wurde die erste Olympiade datiert, von der manche Leute meinen, sie sei aufgrund einer irrtümlichen Deutung des Namens von demselben Lykurg130 festgesetzt worden; aber

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LIBER SECVNDVS

fictas etiam non numquam incondite, haec aetas autem, iam exculta praesertim, eludens omne quod fieri non potest respuit. ( . . . )

(20) ( ... Stesichor)us, nepos eius, ut dixerunt quidam, ex filia. Quo autem ille mortuus, eodem est anno natus Simonides, Olympiade sexta et quinquagesima. Quo facilius intellegi possit, tum de Romuli immortalitate creditum, cum iam inveterata vita hominum ac tractata esset et cognita. Sed prefecto tanta fuit in eo vis ingenii atque virtutis, ut id de Romulo Proculo Iulio homini agresti crederetur, quod multis iam ante saeclis nullo alio de mortali homines credidissent; qui inpulsu patrum, quo illi a se invidiam interitus Romuli pellerent, in contione dixisse fertur, a se visam esse in eo colle Romulum, qui nunc Quirinalis vocatur: eum sibi mandasse ut populum rogaret, ut sibi eo in colle delubrum fieret; se deum esse et Quirinum vocari.

(21) [XI] Videtisne igitur unius viri Consilio non solum ortum novum populum, neque ut in cunabulis vagientem relictum, sed adultum iam et paene puberem?«

ZWEITES BUCH

Lykurg) annehmen, datieren Homer etwa dreißigjahre früher als Lykurg. (19) Daraus kann man entnehmen, dass Homer auch sehr viele Jahre früher als Romulus gelebt hat; das bedeutet, dass es fur Erfindungen und Entdeckungen kaum Raum gab, da die Menschen schon gebildet und die Zeiten schon aufgeklärt waren Denn die Menschen der Vorzeit glaubten an die Mythen, auch wenn sie manchmal ziemlich abwegig waren, diese Zeit aber (als Romulus lebte) machte sich, hoch entwickelt, wie sie nun einmal war, über alles lustig, was nicht geschehen kann, und lehnte es ab' 3 '( ... ) « (20) (Scipio) » ( ... Stesichor)us,'3i sein Enkel, wie einige Leute sagten, von einer Tochter. In demselben Jahr aber, als jener starb, wurde Simonides geboren, und zwar in der 56. Olympiade. Umso leichter lässt sich dadurch erkennen, dass man damals, als das Leben der Menschen schon fortgeschritten, reflektiert und aufgeklärt war, noch an die Unsterblichkeit des Romulus glaubte. Aber in diesem steckte tatsächlich eine so große Wirkung des Geistes und der Leistung, dass man Proculus Iulius,133 einem ganz einfachen Mann, die Vergöttlichung des Romulus glaubte, was man schon viele Generationen früher von keinen anderen Menschen geglaubt hatte; er soll auf Veranlassung der Väter, die sich auf diese Weise gegen die auf sie gerichtete Verleumdung wegen des plötzlichen Verschwindens des Romulus wehren wollten, in der Volksversammlung gesagt haben, er habe Romulus auf dem Hügel gesehen, den man heute Quirinal nennt: Romulus habe ihm den Auftrag gegeben, das Volk zu bitten, ihm auf dem Hügel ein Heiligtum zu errichten; er sei ein Gott und heiße Qiiirinus. (21) [XI] Seht ihr also, dass durch die Führungskompetenz eines einzigen Mannes ein neues Volk nicht einfach nur zur Welt gebracht und dann sozusagen noch in seiner Wiege wimmernd, sondern schon herangewachsen und fast erwachsen hinterlassen wurde?«

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iBesten< bestand (denen der König selbst so viel Verantwortung überlassen hatte, dass sie seinem Wunsch gemäß >VäterSöhne der Vater «

(33) [XVIII] (Laelius?) » ( ... ñ e q u e ) enim serpit, sed volat in o p t i m u m statum instituto tuo sermone res publica.«

ZWEITES BUCH

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gewissermaßen natürlichen Weg und Kurs zu seiner Höchstform gelangt Ja, gerade deshalb, so wirst du feststellen, muss man die Weisheit der Vorfahren loben, weil du erkennen wirst, dass vieles, auch wenn wir es anderswoher bezogen haben, bei uns viel besser geworden ist, als es dort gewesen war, von wo es hierher gebracht worden war und wo es seinen Ursprung hatte; du wirst zudem erkennen, dass das römische Volk nicht durch Zufall, sondern durch ein vernünftiges Nachdenken und durch eine feste Ordnung seine Stärke gewann, doch dies geschah nicht gegen das Schicksal. (31) [XVII] Als König Pompilius gestorben war, wählte das Volk Tullus Hostilius zum König, weil der Übergangskönig in der Versammlung der Kurien 142 einen entsprechenden Antrag gestellt hatte, und dieser hat dann nach dem Vorbild des Pompilius das Volk Kurie fur Kurie über seine Regierungsgewalt befragt. Sein Ruhm im Kriegswesen und seine Taten im Krieg waren bedeutend, und ebenso ließ er den Versammlungsplatz und die Kurie aus den Mitteln der Kriegsbeute umzäunen und schuf die rechtliche Grundlage, auf der die Kriege erklärt werden sollten; diese an sich schon in höchster Gerechtigkeit erfundene Einrichtung sicherte er durch den Fetialkult,143 sodass jeder Krieg, der nicht angekündigt und erklärt worden war, als ungerecht und verflucht galt. Und damit ihr feststellen könnt, mit wie viel Weisheit schon unsere Könige gesehen haben, dass man dem Volk bestimmte Dinge zugestehen muss - wir müssen nämlich noch vieles über dieses Thema sagen - , hat Tullus es nicht einmal gewagt, die äußeren Zeichen der königlichen Würde ohne Erlaubnis des Volkes zu tragen. Denn dass es ihm erlaubt war, dass ihm zwölf Liktoren mit Rutenbündeln vorausgingen, ( ... (32) ... ) « ' 4 4 (33) [XVIII] (Laelius?) » < . . . ) denn die Republik kriecht (nicht), sondern fliegt in ihre beste Verfassung, seit du deine Rede begonnen hast.«

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L I B E R SECVNDVS

(Scipio) »Post eum N u m a e Pompili nepos ex filia rex a populo est Ancus Marcius constitutum itemque de imperio suo legem curiatam tulit. Qui cum Latinos bello devicisset, adscivit eos in civitatem, atque idem Aventinum et Caelium montem adiunxit urbi; quosque agros ceperat divisit, et silvas marítimas omnis publicavit quas ceperat, et ad ostium Tiberis urbem condidit colonisque firmavit. Atque ita cum tres et viginti regnavisset annos, est mortuus.«

T u m Laelius: »Laudandus etiam iste rex; sed obscura est historia Romana, siquidem istius regis matrem habemus, ignoramus patrem.« (Scipio) »Ita est« inquit »sed temporum illorum tantum fere regum inlustrata sunt nomina. (34) [ X I X ] Sed hoc loco primum videtur insitiva quadam disciplina doctior facta esse civitas. Influxit enim non tenuis quidam e Graecia rivulus in hanc urbem, sed abundantissimus amnis illarum disciplinarum et artium. Fuisse enim quendam ferunt Demaratum Corinthium, et honore et auctoritate et fortunis facile civitatis suae principem, qui cum Corinthiorum tyrannum Cypselum ferre non potuisset, fugisse cum magna pecunia dicitur ac se contulisse Tarquinios, in urbem Etruriae florentissimam; cumque audiret dominationem Cypseli confirmari, defugit patriam vir liber ac fortis, et adscitus est civis a Tarquiniensibus atque in ea civitate domicilium et sedes collocavi! Ubi cum de matre familias Tarquiniensi duo filios

ZWEITES BUCH

(Scipio) »Nach diesem wurde Ancus Marcius, der Enkel des Numa Pompilius (Sohn von dessen Tochter) vom Volk als König eingesetzt, und er beantragte ebenfalls in der Versammlung der Kurien eine gesetzliche Regelung seiner Herrschaft. Als dieser die Latiner in einem Krieg besiegt hatte, nahm er sie in die römische Bürgerschaft auf, und ebenso gliederte er den Aventin und den Möns Caelius in das Stadtgebiet ein; und er teilte die Gebiete auf, die er erobert hatte, und erklärte dazu noch alle Walder am Meer, die er eingenommen hatte, zu öffentlichem Eigentum, dann gründete er eine Stadt an der Tibermündung und sicherte sie durch Neusiedler; schließlich starb er, nachdem er dreiundzwanzig Jahre lang König gewesen war.« Da sagte Laelius: »Auch dieser König ist lobenswert; aber die römische Geschichte bleibt in Dunkel gehüllt, wenn wir wirklich nur von der Mutter des Königs wissen, den Vater aber nicht kennen.« »So ist es«, erwiderte er, »aber bekannt sind fast nur die Namen der Könige jener Zeiten. (34) [XIX] Doch an dieser Stelle ist die Republik anscheinend zum ersten Mal durch einen gewissermaßen aufgepfropften (d.h. von auswärts eingeführten) wissenschaftlichen Geist gebildeter geworden. Denn es rann kein sozusagen kleines Bächlein aus Griechenland in diese Stadt, sondern ein gewaltiger Strom jener (griechischen) Wissenschaften und Künste; denn es heißt, es habe einen gewissen Demaratos aus Korinth gegeben, eine an Ehre, Gewicht und Vermögen ohne weiteres fuhrende Persönlichkeit seiner Bürgerschaft; weil er Kypselos, den Tyrannen von Korinth, nicht habe ertragen können, soll er mit viel Geld geflohen sein und sich nach Tarquinii, in die mächtigste etruskische Stadt, begeben haben; und als er hörte, dass sich die Herrschaft des Kypselos weiter festigte, verließ der freie und mutige Mann seine Heimat endgültig, wurde von den Tarquiniern als Bürger

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LIBER SECVNDVS

procreavisset, omnibus eos artibus ad Graecorum disciplinam eru< ... >

(35) [ X X ] (Scipio) ( ... cum ... ) facile in civitatem receptus esset, propter humanitatem atque doctrinam, A n c o regi familiaris est factus usque eo, ut consiliorum omnium particeps et socius paene regni putaretur. Erat in eo praeterea summa comitas, summa in omnis civis opis, auxilii, defensionis, largiendi etiam benignitas. Itaque mortuo Marcio cunctis populi suffragiis rex est creatus L. Tarquinius - sic enim suum nomen ex Graeco nomine inflexerat, ut in omni genere huius populi consuetudinem videretur imitatus - isque ut de suo imperio legem tulit, principio duplicavit illum pristinum patrum numerum, et antiquos patres maiorum gentium appellavit, quos priores sententiam rogabat, a se adscitos minorum. (36) Deinde equitatum ad hunc morem constituit, qui usque adhuc est retentus, nec potuit Titiensium et Rhamnensium et Lucerum mutare, cum cuperet, nomina, quod auctor ei summa augur gloria Attus Navius non erat; [ [atque etiam Corinthios video publicis equis adsignandis et alendis orborum et viduarum tributis fuisse quondam diligentis] ] sed tarnen prioribus equitum partibus secundis additis mille ac ducentos fecit équités numerumque duplicavit, [[postquam bello subegit Aequorum magnam gentem et ferocem et rebus populi Romani imminentem]] idemque Sabinos cum a moenibus urbis reppulisset, equitatu fudit belloque devicit, atque eundem primum ludos máximos, qui Romani dicti sunt, fecisse

ZWEITES BUCH

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aufgenommen und begründete in dieser Bürgerschaft seinen festen und dauerhaften Wohnsitz. Als er mit seiner tarquinischen Ehefrau zwei Söhne bekommen hatte, erzog er diese im wissenschaftlichen Geist der Griechen ( . . . ) (35) [XX] (Scipio)

als er ... ) ohne weiteres aufgrund seiner

Menschlichkeit und Bildung in die Bürgerschaft aufgenommen worden war, wurde er zu einem so engen Freund des Königs Ancus, dass er an allen Entscheidungen beteiligt wurde und fast schon als Mitregent galt. Außerdem war er ein äußerst freundlicher Mensch und auch völlig uneigennützig, wenn er allen Menschen seine Unterstützung und Hilfe, seinen Schutz und seine Freigebigkeit zuteil werden ließ. Deshalb wurde er nach dem Tod des Marcius mit allen Stimmen des Volkes unter dem Namen Lucius Tarquinius zum König gewählt - diesen Namen hatte er nämlich gegen seinen griechischen Namen eingetauscht, um offensichtlich in jeder Hinsicht dem Brauch unseres Volkes zu entsprechen - und sobald er das Gesetz über seine Herrschaft eingebracht hatte, verdoppelte er zunächst jene seit alters übliche Zahl der Väter und bezeichnete die bereits vorhandenen Vater als Väter der älteren Generation, die er immer wieder zuerst um ihre Stellungnahme bat, und die von ihm selbst hinzugewählten Väter als Väter der jüngeren Generation. (36) Dann organisierte er den Ritterstand auf die Weise, an der bis heute festgehalten wird. Er konnte aber die Namen Titienses, Rhamnenses und LuceresHS nicht ändern, obwohl er es wollte, weil ihn der hochberühmte Augur Attus Navius darin nicht unterstützte; [[und ich sehe, dass einst auch die Korinther sehr darauf bedacht waren, aus den Steuern der kinderlosen Junggesellen und der unverheirateten Frauen staatseigene Pferde (geeigneten Personen) zuzuweisen und aufziehen zu lassen]] 146 aber dadurch, dass er dem ursprünglichen Kontingent an

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LIBER SECVNDVS

accepimus, aedemque in Capitolio Iovi optimo máximo bello Sabino in ipsa pugna vovisse faciendam, mortuumque esse, cum duodequadraginta regnavisset annos.«

(37) [XXI] Tum Laelius: »Nunc fit illud Catonis certius, nec temporis unius nec hominis esse constitutionem ( nostrae ) rei publicae; perspicuum est enim, quanta in singulos reges rerum bonarum et utilium fiat accessio. Sed sequitur is, qui mihi videtur ex omnibus in re publica vidisse plurimum.« »Ita est« inquit Scipio. »Nam post eum Servius Tullius primus iniussu populi regnavisse traditur, quem ferunt ex serva Tarquiniensi natum, cum esset ex quodam regis cliente conceptus. Qui cum famulorum ( in ) numero educatus ad epulas regis adsisteret, non latuit scintilla ingenii, quae iam tum elucebat in puero; sic erat in omni vel officio vel sermone sollers. Itaque Tarquinius, qui admodum parvos tum haberet liberos, sic Servium diligebat, ut is eius vulgo haberetur filius, atque eum summo studio omnibus iis artibus, quas ipse didicerat, ad exquisitissimam consuetudinem Graecorum erudivit. (38) Sed cum Tarquinius insidiis A n d filiorum interisset, Ser-

ZWEITES BUCH

Rittern ein zweites hinzufugte, erhöhte er die Anzahl der Ritter auf 1200 und verdoppelte sie [ [nachdem er im Krieg den mächtigen, wilden und fur die Macht des römischen Volkes bedrohlichen Stamm der Äquer unterworfen hatte]], und als er ebenfalls die Sabiner von den Mauern der Stadt abgewehrt hatte, vertrieb er sie mit der Reiterei und besiegte sie im Krieg endgültig. Und wir haben gehört, dass derselbe König als Erster die Ludi maximi, die als die >römischen< Spiele bezeichnet wurden,147 stattfinden ließ und dass er schon in der Schlacht während des Sabinerkrieges das Gelübde abgab, auf dem Kapital dem Jupiter Optimus Maximus einen Tempel zu errichten; er starb dann, als er 38 Jahre lang regiert hatte.« (37) [XXI] Darauf Laelius: »Jetzt wird jenes berühmte Wort des Cato klarer, dass die Verfassung der Republik nicht das Werk eines einzigen Zeitpunktes und auch nicht eines einzigen Menschen ist; denn es ist deutlich, wie sehr das Gute und Nützliche von König zu König zunimmt. Aber dann folgt derjenige, der mir von allen den größten Weitblick in unserer Republik gehabt zu haben scheint.« »So ist es«, sagte Scipio. »Denn nach diesem, so wird überliefert, hat Servius Tullius als Erster ohne Weisung des Volkes regiert; es heißt, er sei der Sohn einer tarquinischen Sklavin gewesen, nachdem er von einem Gefolgsmann des Königs gezeugt worden sei. Als er dann unter den Dienern aufgezogen wurde und bei den Mahlzeiten des Königs servierte, blieb der Funke seiner Begabung nicht verborgen, der schon damals in dem Jungen hervorleuchtete; so bewies er bei jeder Aufgabe und in jedem Gespräch seine Gewandtheit. Deshalb war Tarquinius, der damals noch ganz kleine Kinder hatte, Servius so zugetan, dass man ihn gewöhnlich fur seinen Sohn hielt, und er ließ ihn mit höchstem Eifer in all den Künsten und Wissenschaften ausbilden, die er selbst gelernt

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viusque ut ante dixi regnare coepisset, non iussu, sed volúntate atque concessu civium, quod cum Tarquinius ex vulnere aeger fuisse et vivere falso diceretur, ille regio ornatu ius dixisset obaeratosque pecunia sua liberavisset, multaque comitate usus iussu Tarquinii se ius dicere probavisset, non commisit se patribus, sed Tarquinio sepulto populum de se ipse consuluit, iussusque regnare legem de imperio suo curiatam tulit. Et primum Etruscorum iniurias bello est ultus; ex quo cum m a ( ... ) «

(39) [ X X I I ] (Scipio) » ( ... ) duodeviginti censu máximo. Deinde equitum magno numero ex omni populi summa separato, reliquum populum distribuit in quinqué classis, senioresque a iunioribus divisit, easque ita disparavit, ut suffragia non in multitudinis, sed in locupletium potestate essent, curavitque, quod semper in re publica tenendum est, ne plurimum valeant plurimi. Quae discriptio si esset ignota vobis, explicaretur a me. N u n c rationem videtis esse talem, ut equitum centuriae cum sex suffragiis et prima classis, addita centuria quae ad summum usum urbis fabris tignariis est data, octoginta novem centurias habeat; quibus e centum quattuor centuriis (tot enim reliquae sunt) octo solae si accesserunt, confecta est vis populi universa, ( . . . ) reliquaque multo maior multitudo sex et nonaginta centuriarum neque excluderetur suffragiis, ne

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hatte, nach feinstem Brauch der Griechen. (38) Aber nachdem Tarquinius dem Verrat der Söhne des Ancus zum Opfer gefallen war und Servius, wie ich schon sagte, ohne den Auftrag, aber mit Billigung und Zustimmung der Bürger zu regieren begonnen hatte, weil er, als man die falsche Meldung verbreitete, Tarquinius sei zwar schwer verletzt worden, aber am Leben, in königlichem Ornat Recht gesprochen hatte und verschuldete Mitbürger mit seinem eigenen Geld losgekauft und mit seiner großen Liebenswürdigkeit glaubhaft gemacht hatte, er spreche Recht auf Weisung des Tarquinius, vertraute er die Entscheidung nicht den Vätern an, sondern ließ nach der Bestattung des Tarquinius das Volk direkt über sich abstimmen, wurde dann mit der Königsherrschaft beauftragt und brachte in der Kurienversammlung ein Gesetz über seine Führungsposition ein. Und zuerst hat er an den Etruskern für ihre Untaten mit einem Krieg Rache genommen; als er daraufhin ( ... ) « (39) [XXII] (Scipio) » ( E r bildete) achtzehn {Zenturien)' 4 8 mit dem größten Vermögen. Als er dann die große Zahl der Ritter von der Hauptmasse des Volkes getrennt hatte, teilte er das übrige Volk in fünf Vermögensklassen149 ein, grenzte die Alteren von den Jüngeren ab und verteilte diese so, dass die Abstimmungen nicht in der Macht der Masse, sondern der Vermögenden lagen, und sorgte dafür, dass die Mehrheit nicht den größten Einfluss hatte,'50 woran man stets in der Republik festhalten muss. Wenn euch diese Einteilung unbekannt wäre, würde ich sie erläutern. Nun seht ihr, dass die Berechnung so ist, dass die Zenturien der Ritter zusammen mit den sechs Stimmen' sl und die Zenturien der ersten Klasse und zusätzlich noch die Zenturie, die zum größten Nutzen der Stadt den Zimmerleuten gegeben wurde, 89 Zenturien betragen; wenn von den 104 Zenturien (so viele sind nämlich noch übrig) nur acht dazu kommen, ist die ausschlaggebende Mehrheit des Volkes

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superbum esset, nec valeret nimis, ne esset periculosum. ( 4 0 ) In quo etiam verbis ac nominibus ipsis fuit diligens, qui cum locupletis assiduos appellasset ab asse dando, eos qui aut non plus mille quingentos aeris aut omnino nihil in suum censum praeter caput attulissent, proletarios nominavit, ut ex iis quasi proles, id est quasi progenies civitatis, expectari videretur. In una centuria tum quidem plures censebantur quam paene in prima classe tota; ita nec prohibebatur quisquam iure suffragii, et is valebat in suffragio plurimum, cuius plurimum intererat esse in optimo statu civitatem. Quin etiam accensis velatis, liticinibus comicinibus proletariis ( ... } « (41) ( . . . )

(42) (Scipio) » ( ... ) sexaginta annis antiquior, quod erat triginta novem ante primam Olympiadem condita, et antiquissimus ille Lycurgus eadem vidit fere. Itaque ista aequabilitas atque hoc triplex rerum publicarum genus videtur mihi commune nobis cum illis populis fuisse; sed quod proprium sit in nostra re publica, quo nihil possit esse praeclarius, id persequar si potero subtilius; quod erit eius modi, nihil ut tale ulla in re publica reperiatur. Haec enim, quae adhuc exposui, ita mixta fuerunt et in hac civitate et in Lacedaemoniorum et in Carthaginiensium, ut temperata nullo fuerint modo.

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erreicht, ( . . . ) und die übrige viel größere Zahl der Personen in den 96 Zenturien würde zwar nicht vom Stimmrecht ausgeschlossen, damit keine Überheblichkeit spürbar wäre, aber sie hätte nicht zu viel Gewicht, damit kein Risiko entstünde. (40) Bei dieser Einteilung des Volkes war er auch bei den Begriffen und Bezeichnungen vorsichtig: Während er die Besitzenden mit assidui bezeichnet hatte, d.h. mit einem Begriff, der >vom Geben des As< herzuleiten ist/ 51 hat er dagegen diejenigen, die nicht mehr als 1500 Asse oder bei ihrer Steuerschätzung überhaupt nichts weiter als ihre Person vorweisen konnten, »Erzeuger von Nachk o m m e n (proletari!) genannt, sodass man von diesen sozusagen die proles, das heißt, die Nachkommen der Bürgerschaft, zu erwarten schien. In einer einzigen Zenturie wurden damals zwar mehr Personen steuerlich veranlagt als fast in der ganzen ersten Klasse; aber auf diese Weise wurde niemand an der Abstimmung gehindert, und derjenige hatte bei der Abstimmung das größte Gewicht, der am meisten am besten Zustand der Bürgerschaft interessiert war. Ja, sogar den Ersatzleuten, den Leichtbewaffneten, den Holzbläsern, den Blechbläsern, den Erzeugern der Nachkommenschaft' 53 ( ... (41) 1 5 4 ... ) « (42) [XXIII] (Scipio) » ( ... ) Karthago war ( f ü n f u n d ) sechzig Jahre älter (als R o m ) , weil es neununddreißig Jahre vor der ersten Olympiade gegründet worden war; und jener Lykurg hat in ältesten Zeiten beinahe dasselbe gesehen. Daher, so scheint es mir, hatten wir dieses Gleichgewicht und diese drei Staatsformen mit den genannten Volkern gemeinsam; was aber das Besondere an unserer Republik ist, das durch nichts übertroffen werden kann, das werde ich, wenn ich es kann, noch genauer ausfuhren; das wird so sein, dass man nichts Derartiges in irgendeinem anderen Staat findet. Denn alles, was ich bisher dargelegt habe, war sowohl in unserer Bürgerschaft als auch bei den Lakedämo-

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(43) N a m in qua re publica est unus aliquis perpetua potestate, praesertim regia - quamvis in ea sit et senatus, ut tum fuit Romae cum erant reges, ut Spartae Lycurgi legibus, et ut sit aliquod etiam populi ius, ut fuit apud nostras reges - tarnen illud excellit regium nomen, neque potest eius modi res publica non regnum et esse et vocari. Ea autem forma civitatis mutabilis maxime est hanc ob causam, quod unius vitio praecipitata in perniciosissimam partem facillime decidit. N a m ipsum regale genus civitatis non m o d o non est reprehendendum, sed haud scio an reliquis simplicibus longe anteponendum (si ullum probarem simplex rei publicae genus), sed ita quoad statum suum retineat. Is est autem status, ut unius perpetua potestate et iustitia uniusque sapientia regatur salus et aequabilitas et otium civium. Desunt omnino ei populo multa, qui sub rege est, in primisque libertas, quae non in eo est, ut iusto utamur domino, sed ut nul (lo ... } «

( 4 4 ) [ X X I V ] (Scipio) » ( ... ) ferebant; etenim illi iniusto domino atque acerbo aliquamdiu in rebus gerundis prospere fortuna comitata est. N a m et omne Latium bello devicit, et Suessam Pometiam urbem opulentam refertamque cepit, et maxima auri argentique praeda locupletata votum patris Capitolii aedificatione persolvit, et colonias deduxit, et institutis

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niern und den Karthagern erst in der Weise gemischt, dass es nicht im Geringsten schon ausgewogen war. (43) Denn in diesem Staat, in dem irgendein einzelner Mann dauernd an der Macht ist, besonders an der königlichen Macht - auch wenn es in diesem Staat einen Senat gibt, wie es damals in Rom der Fall war, als die Könige herrschten, oder in Sparta, als die Gesetze des Lykurg galten, und wenn auch das Volk ein Stück weit ein Recht besitzt, wie es unter unseren Königen verwirklicht wurde - , steht gleichwohl der Begriff >König< im Vordergrund, und ein Staat dieser Art muss folgerichtig eine Königsherrschaft sein und auch so genannt werden. Diese Staatsform ist deswegen in höchstem Maße der Veränderung ausgesetzt, weil sie durch das Fehlverhalten eines Einzelnen155 sehr leicht in das größte Verderben abstürzt. Denn die königliche Staatsform der Bürgerschaft ist als solche nicht nur nicht zu tadeln, sondern vielleicht auch den übrigen einfachen Formen entschieden vorzuziehen (wenn ich überhaupt eine einfache Staatsform akzeptieren würde), aber nur so lange, wie sie ihren ursprünglichen Zustand bewahrt; das bedeutet aber, dass das Wohl, die Ausgewogenheit und die Ruhe der Bürger durch die dauernde Machtstellung, durch Gerechtigkeit und umfassende Weisheit gewährleistet sind. Auf jeden Fall aber fehlt diesem Volk, das unter einem König lebt, vieles, und ganz besonders die Freiheit; diese besteht nicht darin, dass wir einen gerechten Herrn haben, sondern gar keinen ( ... ) « (44) [XXIV] (Scipio) » ( ... ) berichteten; denn jenem ungerechten und brutalen Herrscher156 stand bei seinen Taten ziemlich lange ein günstiges Schicksal zur Seite. Er besiegte nämlich ganz Latium im Krieg, eroberte Suessa Pometia, eine mächtige und besonders reiche Stadt, und durch die überaus große Beute an Gold und Silber bereichert, löste er ein Gelübde seines Vaters mit der Bebauung des Kapitals ein, ließ Ko-

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eorum, a quibus ortus erat, dona magnifica quasi libamenta praedarum Delphos ad Apollinem misit. (45) [ X X V ] Hie ille iam vertetur orbis. Cuius naturalem motum atque circuitum a primo discite agnoscere; id enim est caput civilis prudentiae, in qua omnis haec nostra versatur oratio, videre itinera flexusque rerum publicarum, ut, cum sciatis, quo quaeque res inclinet, retiñere aut ante possitis occurrere. N a m rex ille, de quo loquor, primum optimi regis caede raaculatus integra mente non erat, et cum metueret ipse poenam sceleris sui summam, metui se volebat; deinde victoriis divitiisque subnixus exultabat insolentia, neque suos mores regere poterat neque suorum libídines. (46) Itaque cum maior eius filius Lucretiae Tricipitini filiae Conlatini uxori vim attulisset mulierque pudens et nobilis ob illam iniuriam sese ipsa morte multavisset, tum vir ingenio et virtute praestans L. Brutus depulit a civibus suis iniustum illud durae servitutis iugum. Qui cum privatus esset, totam rem publicam sustinuit, primusque in hac civitate doeuit in conservanda civium libertate esse privatum neminem. Q u o auetore et principe concitata civitas, et hac recenti querella Lucretiae patris ac propinquorum, et recordatione superbiae Tarquinii multarumque iniuriarum et ipsius et filiorum, exulem et regem ipsum et liberos eius et gentem Tarquiniorum esse iussit. (47) [ X X V I ] Videtisne igitur, ut de rege dominus extiterit, uniusque vitio genus rei publicae ex bono in deterrimum conversum sit? Hic est enim dominus populi, quem Graeci tyrannum vocant. N a m regem illum volunt esse, qui consulit ut parens populo, conservatque eos, qui-

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Ionien anlegen, und den Gewohnheiten der Leute entsprechend, von denen er abstammte, schickte er prächtige Geschenke gewissermaßen als Opfergaben von der Beute zu Apollo nach Delphi. (45) [XXV] Hier wird sich nun also jener Kreislauf umdrehen.157 Dessen natürliche Bewegung und Bahn sollt ihr von Anfang an kennen lernen; denn das ist der Höhepunkt der politischen Einsicht, womit sich diese unsere ganze Rede beschäftigt, die Wege und Wandlungen der öffentlichen Angelegenheiten zu sehen, damit ihr, wenn ihr wisst, wohin sich eine jede Sache neigt, sie zurückhalten oder ihr vorher entgegentreten könnt. Denn jener König, über den ich spreche, hatte kein ruhiges Gewissen mehr, nachdem er sich zuerst mit der Ermordung des besten Königs eine Blutschuld aufgeladen hatte. Und weil er selbst die schlimmste Strafe fiir sein Verbrechen fürchtete, wollte er gefurchtet werden; darauf steigerte er sich zur Maßlosigkeit, weil er sich auf seine Siege und seinen Reichtum verließ, und konnte seinen eigenen Charakter und die Leidenschaften seiner Angehörigen nicht mehr beherrschen. (46) Als daraufhin sein ältester Sohn Lucretia, der Tochter des Tricipitinus und Gemahlin des Collatinus, Gewalt angetan hatte und die keusche, vornehme Frau sich wegen dieser Untat selbst den Tod gegeben hatte, da befreite Lucius Brutus, ein Mann, der sich durch Geist und Tatkraft besonders auszeichnete, seine Mitbürger von jenem ungerechten Joch grausamer Knechtschaft. Obwohl er keine öffentliche Verantwortung hatte, nahm er doch die ganze Republik auf seine Schultern und veranschaulichte als Erster in dieser Bürgerschaft, dass niemand im Kampf um die Erhaltung der Freiheit ohne öffentliche Verantwortung ist. Auf seine Veranlassung und unter seiner Führung erhob sich die Bürgerschaft, und auch aufgrund dieser noch nicht verklungenen Klage des Vaters der Lucretia und ihrer Verwandten und

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bus est praepositus quam optima in condicione vivendi: sane bonum ut dixi rei publicae genus, sed tarnen inclinatum et quasi pronum ad perniciosissimum statum. (48) Simul atque enim se inflexit hie rex in dominatum iniustiorem, fit continuo tyrannus, quo ñeque taetrius neque foedius nec dis hominibusque invisius animal ullum cogitad potest. Qui quamquam figura est hominis, morum tarnen inmanitate vastissimas vincit beluas. Quis enim hunc hominem rite dixerit, qui sibi cum suis civibus, qui denique cum omni hominum genere nullam iuris communionem, nullam humanitatis societatem velit? Sed erit hoc de genere nobis alius aptior dicendi locus, cum res ipsa admonuerit, ut in eos dicamus, qui etiam liberata iam civitate dominationes adpetiverunt.

(49) [ X X V I I ] Habetis igitur primum ortum tyranni; nam hoc nomen Graeci regis iniusti esse voluerunt; nostri quidem

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in Erinnerung an die Überheblichkeit des Tarquinius und an die vielen Verbrechen, die er selbst und seine Söhne begangen hatten, ließ sie den König selbst, seine Kinder und die ganze Familie der Tarquinier in die Verbannung gehen. (47) [XXVI] Seht ihr also nicht, wie aus dem König ein Gewaltherrscher wurde und wie sich durch das Fehlverhalten eines Einzigen die Staatsform aus einer guten in eine sehr schlechte veränderte? Das ist nämlich bei einem Herrscher über das Volk, den die Griechen als Tyrannen bezeichnen, der Fall. Denn eigentlich wollen die Menschen, dass derjenige König sei, der wie ein Vater für das Volk sorgt und die Menschen, die er fuhrt, unter möglichst guten Lebensbedingungen vor Unglück bewahrt: Das ist, wie ich sagte, eine durchaus gute Staatsform, die aber doch der ständigen Gefahr ausgesetzt ist, in den schlimmsten Zustand gewissermaßen abzustürzen. (48) Denn sobald sich dieser König einer ungerechteren Herrschaft zugewandt hat, wird er sofort zum Tyrannen; im Vergleich zu diesem kann man sich kein grässlicheres, schlimmeres und den Göttern und Menschen stärker verhasstes Lebewesen vorstellen. Obwohl dieser eine menschliche Gestalt hat, übertrifft er doch in der Gewalttätigkeit seines Charakters die wildesten Tiere. Wer könnte diesen mit Recht einen Menschen nennen, der fur sich selbst mit seinen Mitbürgern und schließlich mit dem gesamten Menschengeschlecht keine Rechtsgemeinschaft, keine Mitmenschlichkeit pflegen will? Aber es wird eine andere, besser geeignete Gelegenheit geben, über diese Gattung Mensch zu sprechen, wenn die Sache selbst dazu auffordert, gegen diejenigen zu reden, die sogar da noch die Gewaltherrschaft haben wollten, als die Bürgerschaft schon längst befreit war.'s8 (49) [XXVII] Ihr habt also den Ursprung des Tyrannen vor Augen; denn die Griechen wollten, dass dies der Begriff fur den ungerechten

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omnes reges vocitaverunt, qui soli in populos perpetuarci potestatem haberent. Itaque et Spurius Cassius et M . Manlius et Spurius Maelius regnum occupare voluisse dicti sunt, et m o d o ( ... ) « (50) [ X X V I I I ] (Scipio) » ( La)cedaemone appellavit, nimis is quidem paucos, viginti octo, quos penes summam consilii voluit esse, cum imperii summam rex teneret; ex quo nostri idem illud secuti atque interpretati, quos senes ille appellavit, nominaverunt senatum, ut iam Romulum patribus lectis fecisse diximus; tamen excellit atque eminet vis potestas nomenque regium. Impertí etiam populo potestatis aliquid, ut et Lycurgus et Romulus; non satiaris eum libertate, sed incenderis cupiditate libertatis, cum tantummodo potestatem gustandi feceris; ille quidem semper inpendebit timor, ne rex (quod plerumque evenit) exsistat iniustus. Est igitur fragilis ea fortuna populi, quae posita est in unius, ut dixi antea, volúntate vel moribus.

(51) [ X X I X ] Quare prima sit haec forma et species et origo tyranni inventa nobis in ea re publica, quam auspicato Romulus condiderit, non in illa quam sibi ipse Socrates perpolito ilio in sermone, ut perscripsit Plato, depinxerit, ut quemadmodum Tarquinius, non novam potestatem nactus, sed ( ea ) quam habebat usus iniuste, totum genus hoc regiae civitatis everterit. Sit huic oppositus alter, bonus et sapiens et peritus utilitatis dignitatisque civilis, quasi tutor et procurator rei publicae: Sic

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Königs ist, unsere Mitbürger jedoch bezeichneten alle als Könige, die als Alleinherrscher eine dauernde Macht über die Volker hatten. Deshalb hieß es, dass Spurius Cassius, Marcus Manlius und Spurius Maelius die Königsherrschaft in Besitz nehmen wollten, und gerade eben ( ... ) « ($0) [XXVIII] (Scipio) » ( ... ) in Sparta ernannte, allerdings zu wenige, achtundzwanzig, bei denen nach seinem Willen die Entscheidungsgewalt des Rates liegen sollte, während der König den Oberbefehl behielt; danach haben unsere Leute genau dieselbe Einrichtung übernommen und auf unsere Verhältnisse übertragen. Die von jenem >dieAlten< Genannten 159 bezeichneten sie als »Rat der Alten< (senatus), wie es - so sagten wir - auch schon Romulus tat, nachdem er bestimmte >Vater< ausgewählt hatte; dennoch haben Gewalt, Macht und Name des Königs eine hervorragende und herausragende Bedeutung. Gib auch wie Lykurg und Romulus dem Volk einen kleinen Anteil an der Macht; du sättigst es nicht mit Freiheit, sondern weckst in ihm das Verlangen nach Freiheit, wenn du es nur auf den Geschmack gebracht hast. Jene Furcht wird freilich immer bestehen bleiben, dass der König (was meistens geschieht) ungerecht wird. Zerbrechlich ist also das Glück des Volkes, das vom Willen und Charakter eines einzigen Menschen abhängt, wie ich schon vorher sagte. (51) [ X X I X ] Deshalb soll dies die Grundform, die erste Gestalt und Entstehung der Tyrannenherrschaft sein, die wir in dem Gemeinwesen entdeckt haben, das Romulus auf der Grundlage einer Vogelschau gründete, und nicht in dem Staat, den Sokrates sich selbst, wie Piaton es beschrieb, in dem gleichnamigen Dialog entwarf, damit ihr (seht), wie Tarquinius, ohne eine neue Macht erworben zu haben, sondern allein durch ungerechte Ausübung der Macht, die er schon besaß, diese Form einer von einem König regierten Bürgerschaft vollständig pervertierte.

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enim appelletur, quicumque erit rector et gubernator civitatis. Quem virum facite ut agnoscatis: Est enim, qui Consilio et opera civitatem tueri potest, quod quoniam nomen minus est adhuc tritum sermone nostro, saepiusque genus eius hominis erit in reliqua nobis oratione trac(tandum ... ) «

(52) [XXX] (Scipio) » ( ... Plato ... eau)sas requisivit, civitatemque optandam magis quam sperandam, quam minimam potuit, non quae posset esse, sed in qua ratio rerum civilium perspici posset, effecit. Ego autem, si modo consequi potuero, rationibus eisdem, quas ille vidit non in umbra et imagine civitatis, sed in amplissima re publica enitar, ut cuiusque et boni publici et mali causam tamquam virgula videar attingere. Iis enim regiis quadraginta annis et ducentis paulo, cum interregnis fere amplius, praeteritis pulsoque Tarquinio, tantum odium populum Romanum regalis nominis tenuit, quantum tenuerat post obitum vel potius excessum Romuli desiderium. Itaque ut tum carere rege, sic pulso Tarquinio nomen regis audire non poterat. Hic facultatem cum ( ... ) «

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Diesem Herrscher sei der andere, der gute und weise, gegenübergestellt, der sich auf den Nutzen und die Würde der Bürger versteht und sozusagen ein Beschützer und fürsorglicher Verwalter der Republik ist: So soll nämlich jeder bezeichnet werden, der ein Lenker und Steuermann der Bürgerschaft ist. Passt auf dass ihr diesen Mann erkennt: Es ist nämlich jemand, der die Bürgerschaft mit Führungskompetenz und Einsatzbereitschaft schützen kann; da ja diese Begrifflichkeit in unserer Sprache bisher weniger geläufig ist und wir auf die Besonderheit dieses Menschen noch häufiger in unserer weiteren Argumentation eingehen müssen ( ... ) « (52) [ X X X ] (Scipio)

·•· Platon ... ) untersuchte die Ursachen

und konstruierte eine Bürgerschaft, die man eher nur wünschen als erwarten durfte und die so klein war, wie es ging, und nicht wirklich hätte existieren können, aber eine, an der man das Wesen der Politik durchschauen konnte. Ich werde mich aber, wenn ich es tatsächlich erreichen kann, mit denselben Methoden, die jener vor Augen hatte,'60 nicht an einem nur schattenhaften Umriss und Modell einer Bürgerschaft, sondern an der bedeutendsten Republik der Welt zu zeigen bemühen, dass ich wie mit einer Wünschelrute den Grund fur eine jede gute und schlechte politische Entwicklung aufspüren kann. Denn nachdem diese zweihundertvierzig Jahre der Königsherrschaft und noch ein paar mehr, wenn man die Zwischenkönige mitrechnet, vorüber waren und man Tarquinius vertrieben hatte, ließ sich das römische Volk von einem Hass gegen die Königsherrschaft bestimmen, der ebenso groß war wie nach dem Ende oder vielmehr Abschied des Romulus die Sehnsucht danach. Und so konnte das Volk, wie es damals nicht ohne König zu leben imstande war, nun nach der Vertreibung des Tarquinius nicht einmal das Wort >König< hören. Als dieser die Möglichkeit ( ... ) «

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(53) [ X X X I ] (Scipio) » < . . . ) lex illa tota sublata est. Hac mente tum nostri maiores et Conlatinum innocentem suspicione cognationis expulerunt, et reliquos Tarquinios offensione nominis; eademque mente P. Valerius et fasces primus demitti iussit, cum dicere in contione coepisset, et aedis suas detulit sub Veliam, posteaquam, quod in excelsiore loco Veliae coepisset aedificare, eo ipso ubi ac rex Tullus habitaverat, suspicionem populi sensit moveri; idemque - in quo fuit >publicola< maxime - legem ad populum tulit earn, quae centuriatis comitiis prima lata est, ne quis magistrato civem R o m a n u m adversus provocationem necaret neve verberaret. (54) Provocationem autem etiam a regibus fuisse declarant pontificii libri, significant nostri etiam augurales, itemque ab omni iudicio poenaque provocad licere indicant X I I Tabulae conpluribus legibus; et quod proditum memoriae est X viros qui leges scripserint sine provocatione creatos, satis ostendit reliquos sine provocatione magistratus non fuisse. Lucique Valeri Potiti et M . Horati Barbati, hominum concordiae causa sapienter popularium, consularis lex sanxit, ne qui magistratus sine provocatione crearetur, neque vero leges Porciae, quae tres sunt trium Porciorum, ut scitis, quicquam praeter sanctionem attulerunt novi. (55) Itaque Publicóla lege illa de provocatione periata statim securis de fascibus demi iussit, postridieque sibi collegam Sp. Lucretium subrogavit suosque ad eum, quod erat maior natu, lictores transiré iussit, instituitque primus, ut singulis consulibus alternis mensibus lictores praeirent, ne plura insignia essent imperii in libero populo quam in regno

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b) Republik (53-63) (53) [XXXI] (Scipio) » ( ... ) 1 6 1 Jenes Gesetz wurde vollständig aufgehoben. Aufgrund dieser Auffassung vertrieben unsere Vorfahren damals den Collatinus,'61 obwohl er unschuldig war, weil sie Argwohn gegenüber seiner Verwandtschaft empfanden, und sie verjagten auch die übrigen Tarquinier, allein weil ihnen der Name verhasst war; mit derselben Einstellung ließ Publius Valerius'63 als erster die Fasces 104 senken, als er in der Volksversammlung zu sprechen begann, und verlegte sein Haus an den Fuß der Velia,105 nachdem er gemerkt hatte, dass sich der Argwohn des Volkes regte, weil er an einer höheren Stelle der Velia zu bauen begonnen hatte, und zwar genau dort, wo König Tullus gewohnt hatte; er beantragte ebenso vor der Volksversammlung ein Gesetz - wodurch er sich in besonderem Maße als >Volksfreund< erwies - , welches als Erstes in den Zenturiatskomitien166 eingebracht worden war, dass kein Magistrat einen römischen Bürger ohne Berufungsmöglichkeit an das Volk töten oder schlagen durfte. (54) Dass es diese Berufungsmöglichkeit jedoch schon seit der Königszeit gab, bestätigen die von den Priestern geführten öffentlichen Jahrbücher 107 und unsere Auguralbücher. Dass es erlaubt war, gegen jedes Urteil und jede Strafe Berufung einzulegen, zeigen auch die Zwölf Tafeln in mehreren Gesetzen; und wenn überliefert ist, dass die zehn Männer, die die Gesetze aufschrieben, ohne ein Recht auf Berufung gewählt wurden, dann veranschaulicht schon das hinreichend, dass bei den übrigen Beamten die Wahrnehmung des Berufungsrechts grundsätzlich möglich war. Das Gesetz der Konsuln Lucius Valerius Potitus und Marcus Horatius Barbatus, die um der Eintracht willen in kluger Mäßigung die Interessen des Volkes vertraten, ordnete an, dass kein Magistrat gewählt werde durfte, ohne die Möglichkeit einer Berufung gegen seine Entscheidungen zuzulassen; die Porcischen

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fuissent. Haud mediocris hie, ut ego quidem intellego, vir fuit, qui modica liberiate populo data facilius genuit auctoritatem principum. N e q u e ego haec nunc sine causa tam vetera vobis et tam obsoleta decanto, sed inlustribus in personis temporibusque exempla hominum rerumque definió, ad quae reliqua oratio dirigatur mea.

(56) [ X X X I I ] Tenuit igitur hoc in statu senatus rem publicam temporibus illis, ut in populo libero pauca per populum, pleraque senatus auctoritate et instituto ac more gererentur, atque uti cónsules potestatem haberent tempore dumtaxat annuam, genere ipso ac iure regiam; quodque erat ad obtinendam potentiam nobilium vel maximum, vehementer id retinebatur, populi comitia ne essent rata nisi ea patrum adprobavisset auctoritas. Atque his ipsis temporibus dictator etiam est institutes decern fere annis post primos cónsules, T. Larcius: N o vumque id genus imperii visum est et proximum similitudini regiae; sed tarnen omnia summa cum auctoritate a principibus cedente populo tenebantur, magnaeque res temporibus illis a fortissimis viris summo imperio praeditis, dictatoribus

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Gesetze aber - es sind die drei der drei Porcier, wie ihr wisst - brachten nichts Neues außer der Strafbestimmung. (55) Deshalb ließ Publicóla sofort, nachdem jenes Berufungsgesetz verabschiedet worden war, die Beile aus den Rutenbündeln herausnehmen und Spurius Lucretius als seinen Amtskollegen nachwählen; dann ließ er, weil dieser älter war als er, seine Liktoren zu ihm gehen und ordnete als Erster an, dass sie jeweils einem der beiden Konsuln im monatlichen Wechsel vorausgehen sollten, damit es in einem freien Volk nicht mehr Machtsymbole gäbe als unter einer Königsherrschaft. Es war kein unbedeutender Mann, soweit ich jedenfalls sehen kann, der an dem Gewicht der fuhrenden Persönlichkeiten leichter festhielt, weil er dem Volk eine gemäßigte Freiheit zugesprochen hatte. Aber ich bete euch diese uralten, unmodernen Dinge nicht ohne Grund vor, sondern zeige euch an berühmten Personen und Situationen Beispiele von Menschen und Umständen, auf die sich meine übrige Rede beziehen kann. (56) [XXXII] Zu jenen Zeiten also bewahrte der Senat diesen Zustand der Republik so, dass in einem grundsätzlich freien Volk wenig durch das Volk und das meiste durch das Gewicht des Senats und im Sinne der bewährten Tradition vollzogen wurde und dass die Konsuln der zeitlichen Dauer nach nur ein Jahr lang an der Macht waren, dem Wesen und dem Recht nach aber königliche Befugnisse hatten; und an allem, was für die Machterhaltung der Adligen besonders wichtig war, wurde mit Entschlossenheit festgehalten, damit die Beschlüsse des Volkes nur dann gültig waren, wenn das Gewicht der Väter sie anerkannte. Und genau in dieser Zeit, ungefähr zehn Jahre nach den ersten Konsuln, ernannte man auch Titus Larcius zum Diktator;'68 das schien dann auch eine neue und der Königsherrschaft sehr ähnliche Regierungsform zu sein; und doch behielten die fuhrenden Männer mit ihrem sehr großen

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atque consulibus, belli gerebantur. (57) [ X X X I I I ] Sed id quod fieri natura rerum ipsa cogebat, ut plusculum sibi iuris populus adscisceret liberatus a regibus, non longo intervallo, sexto decimo fere anno, Postumo Cominio Sp. Cassio consulibus consecutus est. In quo defuit fortasse ratio, sed tarnen vincit ipsa rerum publicarum natura saepe rationem. Id enim tenetote, quod initio dixi, nisi aequabilis haec in civitate conpensatio sit et iuris et officii et muneris, ut et potestatis satis in magistratibus et auctoritatis in principum Consilio et libertatis in populo sit, non posse hunc incommutabilem rei publicae conservad statum. (58) N a m cum esset ex aere alieno commota civitas, plebs montem sacrum prius, deinde Aventinum occupavit. [[Ac ne Lycurgi quidem disciplina genuit illos in hominibus Graecis frenos; nam etiam Spartae regnante Theopompo sunt item quinqué illi quos ephoros appellant, in Creta autem decern, qui cosmoe vocantur, ut contra consulare imperium tribuni plebis, sic illi contra vim regiam constituti.]]

(59) [ X X X I V ] Fuerat fortasse aliqua ratio maioribus nostris in ilio aere alieno medendi, quae ñeque Solonem Atheniensem non longis temporibus ante fugerat, ñeque post aliquanto nostrum senatum, cum sunt propter unius libidinem omnia nexa civium liberata nectierque postea desitum; semperque

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Gewicht alles unter ihrer Kontrolle, ohne dass das Volk sich dagegen wehrte; bedeutende Leistungen wurden in jenen Zeiten von den stärksten Männern mit höchster Befehlsgewalt, den Diktatoren und Konsuln, im Krieg erbracht (57) [XXXIII] Aber alles, was die natürliche Entwicklung als solche zwangsläufig zuließ, nämlich dass sich das Volk nach seiner Befreiung von der Königsherrschaft einige wenige Rechte erwarb, erreichte es nach kurzer Zeit (nach etwa 16 Jahren unter dem Konsulat des Postumus Cominius und des Spurius Cassius).109 Das war vielleicht nicht vernünftig; aber das Wesen der politischen Entwicklung siegt eben oft über die Vernunft. Denn merkt euch, was ich am Anfang sagte: Wenn das Verhältnis zwischen Recht, Pflichterfüllung und Amt in einem Staatswesen nicht so ausgewogen ist, dass bei den Amtsträgern genug Macht liegt, dem Rat der fuhrenden Persönlichkeiten genügend Autorität zugebilligt wird und das Volk genug Freiheit besitzt, kann dieser ausgeglichene Zustand des Staatswesens nicht unverändert erhalten bleiben. (58) Denn als die Bürgerschaft über die Schuldenlast aufgebracht war, besetzte sie zuerst den Möns Sacer und darauf noch den Aventin.170 [ [Und die politische Disziplin nicht einmal eines Lykurg reichte aus, um bei den Griechen die Zügel in der Hand zu behalten; denn auch in Sparta gab es unter der Herrschaft des "Dieopompos ebenfalls fünf so genannte Aufseher, in Kreta sogar zehn Ordner, wie man sie nannte; wie bei uns die Volkstribunen zur Kontrolle des Konsulats, so wurden diese zur Kontrolle der königlichen Gewalt eingesetzt.] ] 171 (59) [XXXIV] Es hätte bei unseren Vorfahren vielleicht noch irgendeine andere Möglichkeit fur die Lösung dieses Schuldenproblems gegeben, die nicht lange zuvor weder dem Athener Solon noch beträchtlich später unserem Senat entgangen war, als wegen der Willkür eines Einzigen172 alle Schuldverpflichtungen der Bürger aufgehoben wurden

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2041 LIBER SECVNDVS

huic oneri, cum plebes publica calamitate inpendiis debilitata deficeret, salutis omnium causa aliqua sublevatio et medicina quaesita est. Q u o tum Consilio praetermisso causa populo nata est, duobus tribunis plebis per seditionem creatis, ut potentia senatus atque auctoritas minueretur; quae tamen gravis et magna remanebat, sapientissimis et fortissimis et armis et Consilio civitatem tuentibus; quorum auctoritas maxime florebat, quod cum honore longe antecellerent ceteris, voluptatibus erant inferiores nec pecuniis ferme superiores; eoque erat cuiusque gratior in re publica virtus, quod in rebus privatis diligentissime singulos cives opera Consilio re tuebantur.

(óo) [XXXV] Q u o in statu rei publicae Sp. Cassium de occupando regno molientem, summa apud populum gratia florentem, quaestor accusavit, eumque, ut audistis, cum pater in ea culpa esse conperisse se dixisset, cedente populo morte mactavit; gratamque etiam illam rem < ... ) quarto circiter et quinquagesimo anno post primos cónsules de multa et sacramento Sp. Tarpeius et A. Aternius cónsules comitiis centuriatis tulerunt; annis postea viginti, ex eo quod L. Papirius P. Pinarius censores multis dicendis vim armentorum a privatis in publicum averterant, levis aestumatio pecudum in multa lege C. Iuli P. Papiri consulum constituía est.

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und man auch später auf diese verzichtete; und stets wurde, wenn das Volk in einer Notlage der öffentlichen Hand durch erhöhte Steuerlast geschwächt und zahlungsunfähig wurde, um des öffentlichen Wohles willen fur diese Belastung irgendeine Erleichterung und Lösung gesucht. Weil damals aber keine Abhilfe geschaffen wurde, ergab sich für das Volk der Anlass, durch die im Zuge des Aufstandes erfolgte Wahl zweier Volkstribunen Macht und Ansehen des Senats zu schwächen; dennoch blieb die Autorität des Senats gewichtig und groß genug, weil die Klügsten und Tapfersten mit ihren Waffen und ihrer Kompetenz die Bürgerschaft schützten; ihre Autorität war deshalb besonders wirksam, weil sie die übrigen Bürger an Ansehen weit übertrafen, an Bedürfnissen aber hinter ihnen zurückblieben und an Reichtümern ihnen etwa gleichkamen; und die Höchstleistung jedes politisch Verantwortlichen war umso mehr willkommen, je mehr er die einzelnen Bürger in ihren privaten Angelegenheiten mit seiner Tatkraft, seiner Kompetenz und seinem Vermögen unterstützte. (60) [ X X X V ] In dieser politischen Situation hat der Quästor gegen Spurius Cassius, der fur die Errichtung der Königsherrschaft alle Hebel in Bewegung setzte und beim Volk in höchstem Ansehen stand, Anklage erhoben und ihn, wie ihr gehört habt, ohne Widerstand des Volkes hinrichten lassen, nachdem auch sein Vater gegen ihn ausgesagt hatte, er habe erfahren, dass er diese Schuld auf sich geladen habe. Begrüßt wurde auch jene Angelegenheit, (dass) ( . . . ) ungefähr 54 Jahre nach den ersten Konsuln die Konsuln Spurius Tarpeius und Aulus Aternius in den Zenturiatskomitien (ein Gesetz) über die Strafe und über das zu hinterlegende Geld 173 einbrachten; zwanzig Jahre später wurde deshalb, weil die Zensoren Lucius Papirius und Publius Pinarius durch Auferlegung von Bußzahlungen die Masse des Großviehs von den Privatleuten

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LIBER

SECVNDVS

(ói) [ X X X V I ] Sed aliquot ante annis, cum summa esset auctoritas in senatu populo patiente atque parente, inita ratio est, ut et cónsules et tribuni plebis magistratu se abdicarent, atque ut decemviri maxima potestate sine provocatione crearentur, qui et summum imperium haberent et leges scriberent. Qui cum decern tabulas legum summa aequitate prudentiaque conscripsissent, in annum posterum decemviros alios subrogaverunt, quorum non similiter fides nec iustitia laudata. Quo tamen e collegio laus est illa eximia C. Iuli, qui hominem nobilem L. Sestium, cuius in cubiculo ecfossum esse se praesente corpus mortuum diceret, cum ipse potestatem summam haberet, quod decemvirum unus sine provocatione esset, vades tamen poposcit, quod se legem illam praedaram neglecturum negaret, quae de capite civis Romani nisi comitiis centuriatis statui vetaret.

(62) [ X X X V I I ] Tertius est annus decemviralis consecutus, cum idem essent nec alios subrogare voluissent. In hoc statu rei publicae, quem dixi iam saepe non posse esse diuturnum, quod non esset in omnis ordines civitatis aequabilis, erat penes principes tota res publica, praepositis decemviris nobilissimis, non oppositis tribunis plebis, nullis aliis adiunctis magistratibus, non provocatione ad populum contra necem et

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in öffentlichen Besitz überfuhrt hatten, eine niedrige Bewertung des Viehs im Falle einer Strafe durch ein Gesetz des Gaius Iulius und des Publius Papirius durchgesetzt.'74 (61) [XXXVI] Aber mehrere Jahre zuvor, als der Senat höchste Autorität besaß, während das Volk dies hinnahm und gehorchte, fasste man den Plan, dass sowohl die Konsuln als auch die Volkstribunen ihre Amter niederlegen und die »Zehnmänner« (Dezemvirn) mit höchster Befugnis ohne Einspruchsrecht gewählt werden sollten; diese sollten höchste Befehlsgewalt haben und Gesetze erlassen. Als diese Leute zehn Tafeln mit Gesetzen erstellt hatten, die von höchster Gerechtigkeit und Klugheit geprägt waren, wählten sie für das folgende Jahr andere Zehnmänner, deren Verlässlichkeit und Gerechtigkeit man allerdings nicht genauso loben konnte. Dennoch ragt aus diesem Kreis der außerordentliche Ruhm des Gaius Iulius hervor, der von dem vornehmen Lucius Sestius, als in dessen Schlafzimmer in seiner Gegenwart, wie er sagte, ein Toter ausgegraben worden war, trotzdem Bürgen verlangte, obwohl er als einer der Zehnmänner selbst die höchste Amtsgewalt innehatte, gegenüber denen es kein Recht auf Berufung gab; er begründete das damit, dass er jenes berühmte Gesetz nicht missachten wolle, welches vorschrieb, dass über Leben und Tod eines römischen Bürgers nur in den Zenturiatskomitien entschieden werden dürfe. (62) [XXXVII] Das dritte Jahr der Zehnmänner folgte, als dieselben im Amt blieben und keine Nachfolger hatten wählen wollen. In diesem Zustand des Staates, von dem ich schon oft gesagt habe, dass er nicht ewig bestehen bleiben könne, weil keine Ausgewogenheit zwischen allen Ständen der Bürgerschaft herrsche, befand sich der Staat vollständig in den Händen der fuhrenden Männer, wobei die Zehnmänner aus dem höchsten Adel die Führung innehatten, ihnen keine Volkstribunen

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verbera relicta. (63) Ergo h o r u m ex iniustitia subito exorta est m a x i m a perturbatio et totius c o m m u t a t i o rei publicae; qui duabus tabulis iniquarum l e g u m additis, quibus etiam quae diiunctis populis tribuí soient conubia, haec illi ut ne plebei c u m patribus essent, inhumanissima lege sanxerunt (quae postea plebiscito C a n u l e i o abrogata est), libidinose o m n i imperio et acerbe et avare p o p u l o praefuerunt. N o t a scilicet illa res et celebrata m o n u m e n t i s plurimis litterarum, c u m D e c i m u s quid a m Verginius virginem filiam propter unius ex illis decemviris intemperiem in foro sua m a n u interemisset, ac maerens ad exercitum qui t u m erat in A l g i d o confugisset, milites bellum illud q u o d erat in manibus reliquisse et p r i m u m m o n t e m sacrum, sicut erat in simili causa antea factum, deinde A v e n t i n u m a r < ... > «

(Scipio) » ( ... maio)res nostras et probavisse m a x i m e et retinuisse sapientissime iudico.«

( 6 4 ) [ X X X V I I I ] C u m ea Scipio dixisset silentioque o m n i u m reliqua eius expectaretur oratio, t u m Tubero: » Q u o n i a m nihil ex te Africane hi maiores natu requirunt, ex m e audies, quid in oratione tua desiderem.«

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gegenüberstanden, keine weiteren Amtsträger auf sie Einfluss nehmen konnten und gegen die Todes- und Prügelstrafe kein Berufungsrecht vor der Volksversammlung mehr bestand. (63) Folglich entstanden aus deren Ungerechtigkeit unversehens der größte Umsturz und eine Veränderung des ganzen Staates. Nachdem sie noch zwei Tafeln mit ungerechten Gesetzen hinzugefügt hatten, durch die sie sogar Ehen, die man immerhin zwischen Angehörigen fremder Völkern zu erlauben pflegt, zwischen Plebejern und Patriziern mit einem äußerst unmenschlichen Gesetz für ungültig erklärten (das später allerdings durch einen Volksentscheid des Canuleius175 wieder aufgehoben wurde), führten sie das Volk aufgrund ihrer unumschränkten Macht mit Willkür, Grausamkeit und Habsucht. Der folgende Vorgang ist natürlich bekannt und in vielen literarischen Zeugnissen gefeiert: Als ein gewisser Decimus Verginius eigenhändig seine jungfräuliche Tochter aufgrund der Unbeherrschtheit eines Angehörigen der Zehnmänner auf dem Forum getötet hatte176 und voller Trauer zum Heer geflohen war, das damals auf dem Algidus stand/77 ließen die Soldaten den Krieg, in dem sie sich gerade befanden, sein und {besetzten) zuerst den Heiligen Berg, wie es aus einem ähnlichen Grund schon früher geschehen war, und dann denAventin ( ... ) « (Scipio) » ( . . . ) ich meine, dass unsere Vorfahren (dies) ganz besonders anerkannt und sich sehr weise daran gehalten haben.«178 Abschluss der Rede Scipios: Aufgaben des fahrenden Staatsmannes (64) [XXXVIII] Als Scipio dies gesagt hatte und alle schweigend auf den Rest seiner Ausfuhrungen warteten, fragte Tubero: »Da dich, Africanus, die Alteren hier nichts fragen, willst du dann von mir hören, was ich in deiner Rede vermisst habe?«

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» S a n e « inquit Scipio »et libenter quidem.« T u m ille (Tubero): »Laudavisse mihi videris nostram rem publicam, cum ex te non de nostra, sed de omni re publica quaesisset Laelius; nec tarnen didici ex oratione tua, istam ipsam rem publicam, quam laudas, qua disciplina quibus moribus aut legibus constituere vel conservare possimus.« (65) [ X X X I X ] Hic Africanus: »Puto nobis mox de instituendis et conservandis civitatibus aptiorem Tubero fore disserundi locum. D e optimo autem statu equidem arbitrabar me satis respondisse ad id, quod quaesierat Laelius; primum enim numero definieram genera civitatum tria probabilia, perniciosa autem tribus illis totidem contraria; nullumque ex eis unum esse optimum, sed id praestare singulis, quod e tribus primis esset modice temperatum. (66) Q u o d autem exemplo nostrae civitatis usus sum, non ad definiendum optimum statum valuit (nam id fieri potuit sine exemplo), sed ut < in ) civitate maxima reapse cerneretur, quale esset id, quod ratio oratioque describeret. Sin autem sine ullius populi exemplo genus ipsum exquiris optimi status, naturae imagine utendum est nobis, quoniam tu hanc imaginem urbis et populi ni ( ... ) «

(67) (Scipio) [XL] » ( ... q u e m ) iamdudum quaero et ad quem cupio pervenire.« (Laelius) »Prudentem fortasse quaeris?«

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»Ja«, erwiderte Scipio, »und zwar sehr gern.« Darauf Tubero: »Du scheinst mir unseren Staat gelobt zu haben, obwohl dich Laelius nicht nach unserem eigenen Staat, sondern nach dem Staat an sich gefragt hatte; doch ich habe deiner Rede nicht entnehmen können, mit welcher Ordnung und mit welchen geschriebenen oder ungeschriebenen Gesetzen wir eben diesen Staat, den du lobst, einrichten oder erhalten können.« [XXXIX] (65) Hier sagte Africanus: »Ich glaube, dass wir bald eine bessere Gelegenheit haben werden, Tubero, über die Gründung neuer oder die Erhaltung bereits gegründeter Staaten zu diskutieren; was aber die beste Staatsform betrifft, so meine ich jedenfalls, auf die von Laelius gestellte Frage hinreichend geantwortet zu haben; denn zuerst hatte ich drei akzeptable Staatsformen aufgezählt und voneinander abgegrenzt, dann aber ebenso viele, die im Gegensatz zu diesen stehen und nur Unheil bringen. Und ich hatte festgestellt, dass keine von diesen fur sich genommen die beste Staatsform ist, sondern dass gegenüber jeder einzelnen diejenige den Vorzug verdient, die eine ausgewogene Kombination der drei Erstgenannten darstellt (66) Wenn ich nun aber als Beispiel unseren Staat gebraucht habe,'79 so hatte das keine Bedeutung fur die Definition des besten Staates (denn die wäre auch ohne ein konkretes Beispiel möglich), sondern damit an dem größten Staat in seiner praktischen Verwirklichung wahrgenommen wird, wie das aussieht, was die theoretische Überlegung umreißt' 80 Wenn du aber ohne das Beispiel irgendeines Volkes nach den Merkmalen des besten Staates forschst, müssen wir ein Bild der Natur18' beschwören, da du ja dieses Bild der Stadt und des Volkes ( . . . ) « (67) [XL] (Scipio) » ( ... das von einem hervorragenden Staatsmann gefuhrt werden muss, ) den ich schon lange suche und zu dem ich hingelangen möchte.«

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LIBER SECVNDVS

Tumille (Scipio): »Istumipsum.« (Laelius) »Est tibi ex eis ipsis qui adsunt bella copia, velut a te ipso ordiare.« Tum Scipio: »Atque utinam ex omni senatu pro rata parte esset ! Sed tarnen est ille prudens, qui, ut saepe in Africa vidimus, immani et vastae insidens beluae coercet et regit ( et ), quocumque volt, levi admonitu aut tactu inflectit illam feram.« (Laelius) »Novi, et tibi cum essem legatus, saepe vidi.« (Scipio) »Ergo ille Indus aut Poenus unam coercet beluam, et earn docilem et humanis moribus adsuetam; at vero ea, quae latet in animis hominum, quaeque pars animi mens vocatur, non unam aut facilem ad subigendum firenat et domat (beluam), si quando id efficit, quod perraro potest, namque et illa tenenda est ferox ( . . . ) « ( (68) ... )

(69) [XLII] » < · . . ) dicipossit.« Tum Laelius: »Video iam ilium quem expectabam virum, cui praeficias officio et muneri.« »Huic scilicet« Africanus »uni paene - nam in hoc fere uno sunt cetera - , ut numquam a se ipso instituendo contemplandoque discedat, ut ad imitationem sui vocet alios, ut sese splendore animi et vitae suae sicut speculum praebeat civibus.

ZWEITES BUCH

(Laelius) »Suchst du vielleicht den »vollkommenen Staatsmann^«' 82 Daraufjener: »Genau den.« »Du hast doch schon an den Männern, die hier sind, eine ganze Menge kluger Politiker; fang doch einfach bei dir selbst an.« Dann Scipio: »Gäbe es doch im ganzen Senat wenigstens einen kleinen Teil davon! Aber wie dem auch sei, derjenige ist doch klug, der, wie wir es oft in Afrika gesehen haben, auf einem gewaltigen Koloss sitzt, ihn beherrscht und lenkt und das wilde Tier mit kaum hörbarem Anruf oder kaum spürbarer Berührung dorthin gehen lässt, wohin auch immer er will.« »Ich kenne es und habe es oft gesehen, als ich unter dir als Legat diente.« »Demnach beherrscht jener Inder oder Punier ein einziges bestimmtes Tier, das dazu noch gelehrig ist und sich an menschliches Verhalten gewöhnt hat; im Gegensatz dazu aber hat der Teil der Seele, der in den Herzen der Menschen steckt und den man als Geist der Seele bezeichnet, nicht nur ein einziges oder umgängliches Tier zu zügeln und zu zähmen, um es gefügig zu machen, falls er dies überhaupt jemals erreicht, was er sehr selten schafft. Denn dazu muss es auch dann im Zaum gehalten werden, wenn es wild (wird) ( ... ) «

(69) [XLII] (Scipio) » ( ... ) könnte gesagt werden.« Darauf Laelius: »Ich sehe nun, welche Aufgaben und Pflichten du jenem Mann auferlegst, auf den ich schon lange gewartet habe.« »Natürlich fast nur fur diese eine Aufgabe«, entgegnete Africanus, »dass er - weil in dieser einen alle übrigen Aufgaben enthalten sind - niemals damit aufhöre, sich selbst zu bilden und über sich nachzudenken, dass er die anderen dazu veranlasse, ihm nachzueifern, und dass er seinen Mit-

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Ut enim in fidibus aut tibiis atque ut in cantu ipso ac vocibus concentus est quidam tenendus ex distinctis sonis, quem inmutatum aut discrepantem aures eruditae ferre non possunt, isque concentus ex dissimillimarum vocum moderatione concors tarnen efficitur et congruens, sic ex summis et infimis et mediis interiectis ordinibus, ut sonis, moderata ratione civitas consensu dissimillimorum concinit, et quae harmonía a musicis dicitur in cantu, ea est in civitate concordia, artissimum atque optimum omni in re publica vinculum incolumitatis, eaque sine iustitia nullo pacto potest esse.« ( . . . )

( 7 0 ) [ X L I V ] » ( ... ) plenamesseiustitiae.« T u m Scipio: »Adsentior vero renuntioque vobis nihil esse, quod adhuc de re publica dictum putemus aut quo possimus longius progredì, nisi erit confirmatum, non m o d o falsum illud esse, sine iniuria non posse, sed hoc verissimum esse, sine summa iustitia rem publicam geri nullo m o d o posse. Sed, si placet, in hunc diem hactenus: reliqua - satis enim multa restant - differamus in crastinum.«

C u m ita placuisset, finis disputandi in eum diem factus est.

ZWEITES BUCH

bürgern mit dem Glanz seiner Seele und seines Lebens gewissermaßen einen Spiegel vorhalte. Wie man nämlich bei den Saiteninstrumenten oder den Flöten und beim Gesang selbst und den Stimmen darauf achten muss, dass aus verschiedenartigen Tonen ein gewisser Einklang entsteht, wobei musikalische Ohren es nicht ertragen können, wenn dieser gestört wird oder Misstöne zu hören sind, und dieser Einklang durch die Regulierung unterschiedlichster Stimmen dennoch als harmonische Einheit empfunden wird, so ist auch der Staat aufgrund der Übereinstimmung unterschiedlichster Elemente ein von der Vernunft regulierter Einklang der höchsten, der untersten und der in der Mitte befindlichen Stände, genauso wie es bei den Tonen der Fall ist; und was die Musiker bei einem Musikstück als Harmonie bezeichnen, das ist im Staat die Eintracht, die in jedem Gemeinwesen das engste und beste Band ist, das es unangreifbar macht; aber diese Eintracht ist auf keinen Fall ohne (soziale) Gerechtigkeit möglich.184 ( ... ) « (70) [XLIV] » ( ... ) erfüllt von Gerechtigkeit ist.« Darauf sagte Scipio: »Ich stimme voll und ganz zu und erkläre euch feierlich: Alles, was unserer Meinung nach bisher über den Staat gesagt wurde oder worauf wir noch kommen können, ist bedeutungslos, wenn nicht zuvor bestätigt wird, dass nicht nur die Aussage, ein Staat ohne Ungerechtigkeit sei unmöglich, falsch ist, sondern dass die unbedingte Wahrheit lautet: Ohne ein Höchstmaß an Gerechtigkeit kann ein Staat keinesfalls gefuhrt werden. Doch wenn ihr einverstanden seid, wollen wir es für heute genug sein lassen; die übrigen Fragen wollen wir auf morgen verschieben.« Als dieser Vorschlag Zustimmung gefunden hatte, beendete man fur diesen Tag das Gespräch.

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LIBER S E C V N D V S

Fragmenta libri II ι. quartaque anxitudo prona ad luctum et maerens, semperque ipsa se sollicitans 2. esse autem angores si miseria adflictas aut abiectas timiditate et ignavia 3. ut auriga indoctus e curru trahitur, obteritur laniatur eliditur 4. quae sanguine alitur, quae in omni crudelitate sic exultât, ut vix hominum acerbis funeribus satietur 5. statu esse optimo constitutam rem publicam quae ex tribus generibus illis, regali et optimati et populari, confusa modice nec puniendo irritet animum immanem ac ferum

6. cupido autem et expetenti et libidinoso et volutabundo in voluptatibus 7. itaque ita praeclara constitutio Romuli cum ducentos annos et X X fere firma mansisset 8. iustitia foras spectat et proiecta tota est atque eminet 9. quae virtus praeter ceteras totam se ad alienas utilitates porrigit atque explicat 10. ut Cameadi respondeatis, qui saepe óptimas causas ingenii calumnia ludificari solet

ZWEITES BUCH

Fragmente aus dem zweiten Buch [68 Ziegler] 1. Viertens die Beklemmung, die sich in Trauer gefällt, depressiv macht und immer wieder sich selbst anregt... [68 Z.] 2. Es gebe aber Ängste, wenn sie durch Unglück verschlimmert oder durch Furchtsamkeit und Feigheit verstärkt werden... [68 Z.] 3. Wie ein ungeübter Wagenlenker vom Wagen herunter gezogen, verletzt, zerfleischt, zermalmt wird... [68 Z.] 4. ... die sich von Blut ernährt und sich bei jeder nur denkbaren Grausamkeit so aufpeitscht, dass sie sich kaum an dem bitteren Tod der Menschen sättigt.'85 [41 Z.] 5. (Ich stelle fest,) dass der Staat am besten organisiert ist, der aus jenen drei Staatsformen, der königlichen, der optimatischen (aristokratischen) und der demokratischen, maßvoll gemischt ist und die Neigung zu Gewalttätigkeit und Wildheit nicht noch durch Bestrafung reizt.'86 [68 Z.] 6. Aber einem leidenschaftlichen, verlangenden, lustbetonten und in Begierden sich wälzenden... [S3 Z.] 7. Als deshalb jene vorzügliche Einrichtung des Romulus etwa 220 Jahre lang fest und sicher bestanden hatte, ... 1 8 7 [3,11 Z.] 8. Gerechtigkeit ist nach außen gerichtet und tritt ganz und gar heraus und ragt hervor.'88 [3,11 Z.] 9. Diese Tugend ist mehr als die anderen auf fremden Nutzen ausgerichtet und entfaltet sich dabei. [3,9 Z.] 10. Dass ihr Karneades antwortet, der oft die besten Begründungen durch die Boshaftigkeit seiner Schlauheit zu verspotten pflegt... 1 8 9

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LIBER TERTIVS Prooemium [ι] (1) Hominem non a matre, sed a noverca natura editum ad vitam, corpore nudo fragili et infirmo, animo autem anxio ad molestias, humili ad timorés, molli ad labores, prono ad libídines, in quo tarnen inesset tamquam obrutus quidam divinus ignis ingeni et mentis.

[3] (2) [il] < ... ) et vehiculis tarditati, eademque, cum accepisset homines inconditis vocibus inchoatum quiddam et confusum sonantes, incidit has et distinxit in partis, et ut signa quaedam, sic verba rebus inpressit, hominesque antea dissociates iucundissimo inter se sermonis vinculo conligavit. A simili etiam mente, vocis qui videbantur infiniti soni, paucis notis inventis sunt omnes signati et expressi, quibus et conloquia cum absentibus et indicia voluntatum et monumenta rerum praeteritarum tenerentur. Accessit eo numerus, res cum ad vitam necessaria, tum una inmutabilis et aeterna, quae prima inpulit etiam ut suspiceremus in caelum, nec frustra siderum motus intueremur, dinumerationibusque noctium ac die ( r u m ... )

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DRITTES BUCH Proömium

(i~s)

[ι] (1) 190 Der Mensch sei von der Natur nicht wie von einer Mutter, sondern wie von einer Stiefmutter in die Welt gesetzt worden mit einem nackten, zerbrechlichen und schwachen Körper, aber mit einer Seele, die zwar Angst vor Schwierigkeiten habe, furchtsam und verzagt, schwach gegenüber Anstrengungen und immer geneigt sei, Begierden nachzugeben, in der aber dennoch das göttliche Feuer einer besonderen geistigen Veranlagung und Begabung gewissermaßen unter der Asche glimme.'9' ( Der Mensch war in der Lage, die Mängel seiner Natur durch seine Vernunft auszugleichen. ) 1 9 2 [3] ( 2 ) [H] ( •·· )

un

d (der Mensch konnte) mit Fahrzeugen seine

Langsamkeit ( ausgleichen ) , und als ebendiese ( Vernunft ) 1 9 3 die Menschen als Wesen vorgefunden hatte, die etwas Unvollkommenes und Ungeregeltes mit ungeordneten Lauten von sich gaben, hat sie in diese Laute Einschnitte gemacht, die Laute dann in bestimmte Lautfolgen gegliedert und den Dingen die Wörter als eine Art Zeichen eingedrückt, und sie hat die Menschen, die vorher getrennt voneinander lebten, mit dem äußerst erfreulichen Band der Sprache zusammengeführt. Von einem ähnlichen Geist wurden auch die anscheinend zahllosen Laute der Stimme allesamt mit wenigen erfundenen Zeichen markiert und ausgedrückt, mit denen Gespräche mit Abwesenden, Willensbekundungen und Erinnerungen an Vergangenes festgehalten werden konntea Hinzu kam auch noch die Zahl, eine Errungenschaft, die einerseits zum Leben notwendig und andererseits unveränderlich und unvergänglich ist und die uns ursprünglich dazu brachte, zum Himmel hinaufzublicken, nicht vergeblich die Bewegungen der Gestirne zu beobachten und durch das Zählen von Nächten und Tagen ( . . . )

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LIBER T E R T I V S

[5,ó] (3) < ... civi)tatibus, in quibus expetunt laudem optumi et decus, ignominiam fugiunt ac dedecus; nec vero tarn metu poenaque terrentur, quae est constituía legibus, quam verecundia, quam natura homini dedit quasi quendam vituperationis non iniustae timorem. Hanc ille rector rerum publicarum auxit opinionibus, perfecitque institutis et disciplines, ut pudor civis non minus a delictis arceret quam metus. Atque haec quidem ad laudem pertinent, quae dici latius uberiusque potuerunt. [5, 7] A d vitam autem usumque vivendi ea discripta ratio est iustis nuptiis, legitimis liberis, sanctis Penatium deorum Larumque familiarium sedibus, ut omnes et communibus commodis et suis uterentur; nec bene vivi sine bona re publica posset, nec esse quicquam civitate bene constituta beatius. Quocirca permirum mihi videri solet, quae sit tanta doc < ... )

[7] ( 4 ) [rV] ( · · · ) fuisse sapientiam, tarnen hoc in ratione utriusque generis interfuit, quod illi verbis et artibus aluerunt naturae principia, hi autem institutis et legibus. Plures vero haec tulit una civitas, si minus sapientes (quoniam id nomen illi tam restricte tenent), at certe summa laude dignos, quoniam sapientium praecepta et inventa coluerunt. Atque etiam, quot et sunt laudandae civitates et fuerunt - quoniam id est in rerum natura longe maximi consili, constituere earn rem

DRITTES BUCH

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(3) ( ••· ) in den Bürgerschaften, in denen die Besten nach Lob

und öffentlicher Anerkennung streben, vermeiden sie Schmach und Schande; sie werden aber nicht so sehr durch Furcht und gesetzlich festgelegte Strafe abgeschreckt wie durch Zurückhaltung, die die Natur dem Menschen als eine gewisse Angst vor einem nicht unberechtigten Tadel gegeben hat. Diese hat der Staatenlenker durch eine entsprechende Meinungsbildung verstärkt und durch Grundsätze und Vorschriften vervollkommnet, sodass das Schamgefühl die Bürger von falschem Tun nicht weniger abhielt als die Furcht vor Strafe. Dies bezieht sich freilich nur auf das Lob (des Lenkers), das noch breiter und ausfuhrlicher hätte behandelt werden können. [5,7] Für das Leben aber und den täglichen Ablauf des Lebens ist durch ordnungsgemäße Eheschließungen, legitime Kinder, durch geheiligte Plätze fur die Hausgötter (Penaten) und Schutzgötter (Laren) eine derartige Ordnung geschaffen worden, dass alle Menschen allgemeine und persönliche Vorteile genießen konnten, dass man ohne einen guten Staat nicht gut leben und dass nichts glücklicher sein konnte als ein wohlgeordnetes Gemeinwesen. Deshalb erscheint es mir gewöhnlich recht merkwürdig ( zu fragen ) , welche Wissenschaft (?) so bedeutend sein könnte, (dass sie dasselbe hätte erreichen können ). [7] (4) [IV] ( . . . ) Weisheit gewesen sei, so war doch dies der Unterschied in der Denkweise beider Erscheinungsformen,194 dass jene durch Worte und künstlerische Fähigkeiten, diese dagegen durch Ordnungen und Gesetze die natürlichen Gegebenheiten stärkten. Dieser eine Staat brachte in größerer Zahl wenn nicht weise (weil jene diesen Begriff so eng fassen), so doch wenigstens höchst lobenswerte Männer hervor, da sie ja die Vorschriften und Erfindungen der Weisen besonders geachtet haben. Und selbst wenn wir - da einen Staat zu entwerfen, der

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LIBER TERTIVS

publicam quae possit esse diuturna - , si singulos numeremus in singulas, quanta iam reperiatur virorum excellentium multitudo! Quodsi aut Italiae Latium aut eiusdem Sabinam aut Volscam gentem, si Samnium, si Etruriam, si magnam illam Graeciam conlustrare animo voluerimus, si deinde Assyrios, si Persas, si Poenos, si haec < ... )

[4] (5) [III] ( ... > quorum animi altius se extulerunt et aliquid dignum dono, ut ante dixi, deorum aut efficere aut excogitare potuerunt. Quare sint nobis isti, qui de ratione vivendi disserunt magni homines, ut sunt; sint eruditi, sint veritatis et virtutis magistri; dummodo sit haec quaedam, sive a viris in rerum publicarum varietate versatis inventa, sive etiam in istorum otio ac litteris tractata res, sicut est, minime quidem contemnenda, ratio civilis et disciplina populorum, quae perfidi in bonis ingeniis id, quod iam persaepe perfecit, ut incredibilis quaedam et divina virtus exsisteret. [5] Quodsi quis ad ea instrumenta animi, quae natura quaeque civilibus institutis habuit, adiungendam sibi etiam doctrinam et uberiorem rerum cognitionem putavit, ut ii ipsi, qui in horum librorum disputatione versantur, nemo est, quin eos anteferre omnibus debeat. Quid enim potest esse praeclarius, quam cum rerum magnarum tractatio atque usus cum illarum artium studiis et cognitione coniungitur? Aut quid P. Scipione, quid C. Laelio, quid L. Philo perfectius cogitari potest, qui, ne quid praetermitterent, quod ad summam laudem clarorum virorum pertineret, ad domesticum maiorumque morem etiam hanc a

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von Dauer sein kann, in der ganzen Welt die bei weitem vernünftigste Überlegung ist - in allen lobenswerten Staaten, die es gibt und gegeben hat, nur je einen einzigen ausgezeichneten Mann pro Staat annehmen, welche Menge an ausgezeichneten Männern würde man so schon finden! Wenn wir nun in Italien Latium oder in demselben Land den sabinischen oder volskischen Stamm, wenn wir Samnium, Etrurien, das berühmte Großgriechenland im Geiste durchforschen wollen, wenn wir dann die Assyrer, die Perser, die Punier, wenn wir diese ( . . . ) [4] (s) [Hl]

••• ) deren Seelen sich höher erhoben und in der Lage

waren, etwas zu verwirklichen oder zu ersinnen, das dem Geschenk der Götter, wie ich vorhin gesagt habe, entsprach. Daher mögen in unseren Augen jene, die über die richtige Lebensform Erörterungen anstellen, große Männer sein, was sie ja auch sind; sie mögen hoch gebildet und Lehrmeister der Wahrheit und der höchsten menschlichen Leistung sein; nur muss eben noch diese Besonderheit hinzukommen, die auf jeden Fall größte Achtung verdient, die ihr ja auch zuteil wird. Wurde dieser Lebensentwurf dochvondenin vielfältigen Erscheinungsformen der Politik bewährten Männern entdeckt oder nach deren Rückzug aus der Politik auch literarisch reflektiert195 - jene Verbindung von politischer Theorie und innerer Ordnung der Bevölkerung, die in großen Talenten auslöst, was sie schon immer ausgelöst hat: eine geradezu unglaubliche, göttliche Höchstleistung. [5] Wenn aber nun jemand meinte, er müsse zu den Hilfsmitteln des Geistes, über die er von Natur aus und mit Hilfe öffentlicher Einrichtungen verfugte, auch noch wissenschaftliche Bildung erwerben und eine tiefere Durchdringung der einschlägigen Fragen verwirklichen, so wie jene, die an der Erörterung in diesen Büchern beteiligt sind, dann gibt es niemanden, der diesen nicht den VorTang vor allen anderen einräumen müsste. Denn

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Socrate adventiciam doctrinam adhibuerunt. [6] Quare qui utrumque voluit et potuit, id est ut cum maiorum institutis tum doctrina se instrueret, ad laudem hunc omnia consecutum puto; sin altera sit utra via prudentiae deligenda, tarnen, etiamsi cui videbitur ilia in optimis studiis et artibus quieta vitae ratio beatior, haec civilis laudabilior est certe et inlustrior, ex qua vita sic summi viri ornantur, ut vel M'. Curius, >Quem nemo ferro potuit superare nec auroden niemand mit dem Schwert oder mit Gold besiegen konnte«1®6 oder ( ... ) 1 9 7

Das Referat des Philus über die Vorteile der Ungerechtigkeit [Fr. inc. 7] (ó)

(6-20)

... ) da wir ja direkt von der >Kalklinie< durch seinen

Einspruch zurückgerufen wurden.« 1 ® 8 [8] (7) [IV] Und Philus: »Ihr übertragt mir wirklich eine schöne Aufgabe, wenn ihr wollt, dass ich die Verteidigung der Schändlichkeit übernehme.« 199 »Und doch brauchst du wohl kaum zu furchten«, sagte Laelius, »wenn du vorträgst, was man gewöhnlich gegen die Gerechtigkeit sagt, dass du den Anschein erweckst, dies auch wirklich zu denken; denn du

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probitatis et fidei, nec sit ignota consuetudo tua contrarias in partis disserendi, quod ita facillume verum inveniri pûtes.«

Et Philus: »Heia vero« inquit »geram morem vobis, et me oblinam sciens; quod quoniam qui aurum quaerunt non putant sibi recusandum, nos cum iustitiam quaeramus, rem multo omni auro cariorem, nullam profecto molestiam fugere debemus. Atque utinam, quem ad m o d u m oratione sum usuras aliena, sic mihi ore uti liceret alieno! N u n c ea dicenda sunt L. Furio Philo, quae Carneades, Graecos h o m o et c o n s u e t a quod c o m m o d u m esset verbis ( ... ) «

[12] (8) [VIII] (Philus) » < ... alter ... ) et reperirei et tueretur, alter autem de ipsa iustitia quattuor implevit sane grandis libros, nam ab Chrysippo nihil magnum nec magnificum desideravi, qui suo quodam more loquitur, ut omnia verborum momentis, non rerum ponderibus examinet. illorum fuit heroum, earn virtutem, quae est una, si m o d o est, maxime munifica et liberalis, et quae omnis magis quam sepse diligit, aliis nata potius quam siti, excitare iacentem et in ilio divino solio non longe a sapientia conlocare; [13] nec vero illis aut voluntas defuit (quae enim iis scribendi alia causa aut quod omnino consilium fuit?) aut ingenium, quo omnibus praestiterunt; sed eorum et voluntatem et copiam causa vicit. lus enim, de quo quaerimus, civile est aliquod, naturale nullum; nam si

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selbst bist ja auch ein gewissermaßen einzigartiges Beispiel der alten Redlichkeit und Verlässlichkeit, und dein übliches Verfahren ist nicht unbekannt, in einer Diskussion zwei gegensätzliche Positionen zu vertreten, meinst du doch, man könne auf diese Weise am leichtesten die Wahrheit finden.« Darauf Philus: »Na ja, ich will euch nachgeben und mich wissentlich mit Schmutz besudeln; schließlich meinen ja auch die Goldsucher, dies nicht verweigern zu dürfen, da dürfen auch wir, die wir nach Gerechtigkeit suchen, einer Sache, die viel wertvoller ist als alles Gold, keiner Schwierigkeit aus dem Weg gehen. Ach, wenn es mir doch möglich wäre, genauso wie ich fremde Worte gebrauchen werde, dafiir auch einen fremden Mund zu haben! Jetzt muss also Lucius Furius Philus alles wiedergeben, was Karneades,*00 der Grieche, der daran gewöhnt war, in Worte zu fassen, was ihm gerade passte, ( gegen die Gerechtigkeit vorgebracht hat. ) [12] (8) [VIII] (Philus) < ... der eine ... ) fand und schützte, (während) der andere 101 aber vier wirklich umfangreiche Bücher über die Gerechtigkeit füllte. Denn ich habe nichts Bedeutendes oder Großartiges von Chrysipp erwartet, der auf seine spezifische Weise spricht, sodass er alles an der Wirkung der Worte, nicht am Gewicht der Gegenstände misst. Es wäre die Aufgabe jener Geistesgrößen (Piaton und Aristoteles) gewesen, diese Tugend, die als einzige, wenn sie überhaupt existiert, besonders freigiebig und großzügig ist und alle anderen mehr liebt als sich selbst und eher fur andere als für sich selbst geschaffen ist, aufzuwecken, als sie am Boden lag, und auf ihren göttlichen Thron zu setzen, nicht weit entfernt von der Weisheit. [13] Es fehlte ihnen keinesfalls der Wille (was hatten sie denn fur einen anderen Anlass zu schreiben oder was war überhaupt ihre Absicht?) oder das Talent, mit dem

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esset, ut calida et frigida et amara et dulcía, sic essent iusta et iniusta eadem omnibus.

[14] (9) [IX] N u n c autem, si quis ilio Pacuviano >invehens alitum anguium curru< multas et varias gentis et urbes despicere et oculis conlustrare possit, videat primum in illa incorrupta maxume gente Aegyptiorum, quae plurimorum saeculorum et eventorum memoriam litteris continet, bovem quendam putari deum, quem A p i m Aegyptii nominant, multaque alia portenta apud eosdem et cuiusque generis beluas numero consecratas deorum; deinde Graeciae, sicut apud nos, delubra magnifica humanis consecrata simulacris, quae Persae nefaria putaverunt; eamque unam ob causam Xerxes inflammari Atheniensium fana iussisse dicitur, quod deos, quorum domus esset omnis hic mundus, inclusos parietibus contineri nefas esse duceret. [15] Post autem cum Persis et Philippus, qui cogitavit, et Alexander, qui gessit, hanc bellandi causam inferebat, quod vellet Graeciae fana poenire; quae ne reficienda quidem Grai putaverunt, ut esset posteris ante oculos documentum Persarum sceleris sempiternum. Q u a m multi, ut Tauri in Axino, ut rex Aegypti Busiris, ut Galli, ut Poeni, homines immolare et pium et dis immortalibus gratissumum esse duxerunt! Vitae vero instituta sic distant, ut Cretes et Aetoli latrocinan honestum putent, Lacedaemonii suos omnis agros esse dictitarint, quos spiculo possent attingere. Athenienses iurare etiam publice solebant omnem suam esse terram, quae oleam

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sie alle überragten; aber der Gegenstand überstieg ihren Willen und ihren gedanklichen Reichtum. Denn das Recht, das wir untersuchen, ist gewissermaßen das positive Recht, 101 nicht das Naturrecht: Wenn es nämlich so wäre, dann wäre ebenso, wie es bei warm und kalt, bitter und süß der Fall ist, gerecht und ungerecht für alle dasselbe. [14] (9) [IX] Würde jetzt aber jemand auf dem berühmten >Schlangenwagen< des Pacuvius 103 fahren, auf viele unterschiedliche Volker und Städte hinabsehen und sie mit seinen Augen mustern, so würde er zuerst beim Volk der Ägypter, das sich mit anderen Volkern am wenigsten vermischt hat und so die Erinnerung an die meisten Jahrhunderte und Ereignisse in seinen Schriften bewahrt, sehen, dass man eine Art Stier fur einen Gott hält, den die Ägypter Apis nennen, und dass es noch viele andere Fabelwesen und Tiere jeder Art bei ihnen gibt, die zu Göttern erhoben wurden. Dann würde er in Griechenland sehen, dass wie bei uns herrliche Heiligtümer Götterbildern in Menschengestalt geweiht sind, die die Perser wiederum fur frevelhaft hielten; aus diesem Grund allein soll Xerxes befohlen haben, die Tempel der Athener in Brand zu setzen, weil er glaubte, es sei ein Frevel, die Götter, deren Haus unsere ganze Welt ist, zwischen Mauern einzuschließen. [15] Später aber nannte Philipp als Grund fur den von ihm geplanten Krieg mit den Persern und dasselbe tat Alexander, der ihn dann tatsächlich führte - , dass er Rache nehmen wollte für die Heiligtümer in Griechenland; die Griechen glaubten, diese Tempel dürften auf keinen Fall wiederhergestellt werden, damit die Nachwelt einen ewigen Beweis für das Verbrechen der Perser vor Augen habe. Wie viele Menschen, zum Beispiel die Taurer am Schwarzen Meer, Busiris, der König von Ägypten, die Gallier 204 oder die Punier, meinten doch, es sei fromm und den Göttern hochwillkommen, Menschen zu opfern! Die Einrichtungen des Lebens aber un-

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frugesve ferret; Galli turpe esse ducunt frumentum manu quaerere, itaque armati alíenos agros demetunt. [16] Nos vero iustissimi homines, qui Transalpinas gentis oleam et vitem serere non sinimus, quo pluris sint nostra oliveta nostraeque vineae! Quod cum faciamus, prudenter facere dicimur, iuste non dicimur, ut intellegatis discrepare ab aequitate sapientiam. Lycurgus autem, ille legum optumarum et aequissumi iuris inventor, agros locupletium plebi ut servitio colendos dedit.

[17] (10) [X] Genera vero si velim iuris, institutorum, morum consuetudinumque describere, non modo in tot gentibus varia, sed in una urbe, vel in hac ipsa, milliens mutata demonstrem, ut hic iuris noster interpres alia nunc Manilius iura dicat esse de mulierum legatis et hereditatibus, alia solitus sit adulescens dicere nondum Voconia lege lata; quae quidem ipsa lex, utilitatis virorum gratia rogata, in mulieres piena est iniuriae. Cur enim pecuniam non habeat mulier? Cur virgini Vestali sit heres, non sit matri suae? Cur autem, si pecuniae modus statuendus fuit feminis, P. Crassi filia posset habere, si unica patri esset, aeris milliens salva lege, mea triciens non posset? ( . . . )

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terscheiden sich so stark, dass Kreter und Ätoler es für ehrenvoll halten, Raubzüge zu unternehmen, während die Lakedämonier alle Ländereien zu ihrem Eigentum erklärten, die sie mit ihrem Speer erreichen konnten. Die Athener pflegten sogar offiziell zu schwören, dass jedes Stück Land, das Oliven oder Korn hervorbringe, ihnen gehöre; die Gallier halten es fur schändlich, Ackerbau zu treiben und Getreide anzubauen, weshalb sie bewaffnet fremde Äcker abmähen. [16] Wir aber, die gerechtesten Menschen der Welt, lassen es nicht zu, dass die Völker jenseits der Alpen Ölbäume und Weinstöcke pflanzen, damit unsere Ölbaumplantagen und Weinberge umso mehr wert sind! Wenn wir so handeln, sagt man uns nach, wir handelten klug, aber nicht, wir handelten gerecht nur damit ihr einseht, dass zwischen Weisheit und Gerechtigkeit eine Diskrepanz besteht Lykurg aber, jener Erfinder der besten Gesetze und des gerechtesten Rechtssystems, gab die Äcker der Reichen dem Volk, damit es sie sozusagen in Sklavenarbeit bestellte. [17] (10) [X] Wenn ich aber die Arten des Rechts, der Institutionen, der Wertvorstellungen und Gewohnheiten beschreiben wollte, dann könnte ich veranschaulichen, dass sie nicht nur bei so vielen Volkern verschieden sind, sondern sich sogar innerhalb einer einzigen Stadt, ja sogar in unserer eigenen hier, tausendmal geändert haben, sodass unser Rechtsexperte hier, Manilius, sagen kann, heute herrschten andere Rechte über die Legate und Erbschaften der Frauen, andere habe er noch in seiner Jugend gewöhnlich verkündet, als das Gesetz des Voconius 105 noch nicht erlassen war; dieses Gesetz, das zum Vorteil der Männer beantragt worden war, erweist sich allerdings gegenüber den Frauen als äußerst ungerecht. Warum soll denn eine Frau kein Geld besitzen dürfen? Warum soll denn eine Vestalin einen Erben haben können, nicht aber ihre Mutter? Und wenn schon eine Vermögensgrenze für Frauen festgelegt

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[18] (11) [XI] (Philus) ( ... si natura) sanxisset iura nobis, et omnes isdem et idem non alias aliis uterentur. Quaero autem, si iusti hominis et si boni est viri parere legibus, quibus? A n quaecumque erunt? A t nec inconstantiam virtus recipit, nec varietatem natura patitur; legesque poena, non iustitia nostra comprobantur. Nihil habet igitur naturale ius; ex quo illud efficitur, ne iustos quidem esse natura. A n vero in legibus varietatem esse dicunt, natura autem viros bonos eam iustitiam sequi, quae sit, non eam, quae putetur? Esse enim hoc boni viri et iusti, tribuere id cuique, quod sit quoque dignum. [19] Ecquid ergo primum mutis tribuemus beluis? non enim mediocres viri sed maxumi et docti, Pythagoras et Empedocles, unam omnium animantium condicionem iuris esse denuntiant, clamantque inexpiabilis poenas impendere iis, a quibus violatimi sit animal; scelus est igitur nocere bestiae, quod scelus qui velit ( . . . )

[25] (12) [ X V ] (Philus) ( . . . ) praeter Arcadas et Athenienses, qui, credo, timentes hoc interdictum iustitiae ne quando

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werden musste, warum hätte dann die Tochter des Crassus als seine einzige Tochter nach der Gesetzeslage hundert Millionen Sesterzen haben dürfen, meine eigene aber keine drei Millionen? ( . . . ) [18] (11) [XI] (Philus) ( ... wenn die Natur selbst ) uns das Recht verordnet hätte, dann hätten wir alle dasselbe Recht und dieselben Menschen hätten nicht zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten unterschiedlichen Vorstellungen vom Recht. Ich frage aber, wenn es die Pflicht eines gerechten und anständigen Mannes ist, den Gesetzen zu gehorchen: welchen Gesetzen denn? Etwa allen, die es jemals geben wird? Höchstleistung erlaubt jedoch keinen Mangel an Konsequenz und die Natur duldet keine Unterschiedlichkeit; und die Gesetze gewinnen ihre Geltung durch eine Strafandrohung, nicht durch unser Gerechtigkeitsgefühl. Das Recht hat also nichts Naturgegebenes; daraus folgt, dass es nicht einmal von Natur aus gerechte Menschen gibt. Oder kann man etwa behaupten, dass bei den Gesetzen zwar Unterschiedlichkeit herrsche, anständige Menschen aber von Natur aus einer Gerechtigkeit folgten, die es tatsächlich gebe, nicht einer, die man dafür halte? Denn dies sei die Aufgabe eines anständigen Mannes, jedem Einzelnen das zukommen zu lassen, was er verdiene.206 [19] Werden wir dann etwa zuerst den stummen Tieren etwas zukommen lassen? Denn keine unbedeutenden, sondern höchst wichtige und gelehrte Männer, Pythagoras und Empedokles, erklären, dass fur alle Lebewesen das gleiche Recht gelte, und sie verkünden, dass denjenigen erbarmungslose Strafen drohten, die ein Lebewesen verletzten; es ist also ein Verbrechen, einem Tier Schaden zuzufügen. Wer dieses Verbrechen ( . . . ) will ( . . . ) [25] (12) [XV] (Philus) ( . . . ) außer den Arkadern und den Athenern, die, wie ich glaube, aus Angst, dass dieser Einspruch der Gerechtigkeit 107

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existeret, commenti sunt se de terra tamquam hos ex arvis musculos extitisse. [26] [ X V I ] A d haec ilia dici soient primum ab iis, qui minime sunt in disserendo mali, qui in hac causa eo plus auctoritatis habent, quia cum de viro bono quaeritur, quem apertum et simplicem volumus esse, non sunt in disputando vafri, non veteratores, non malitiosi: Negant enim sapientem idcirco virum bonum esse, quod eum sua sponte ac per se bonitas et iustitia delectet, sed quod vacua metu, cura, sollicitudine, periculo vita bonorum virorum sit, contra autem improbis semper aliqui scrupus in animis haereat, semper iis ante oculos iudicia et supplicia versentur; nullum autem emolumentum esse, nullum iniustitia partum praemium tantum, semper ut timeas, semper ut adesse, semper ut impendere aliquam poenam putes. Damna ( . . . )

[27] (13) [XVII] (Philus) Quaero, si duo sint, quorum alter optimus vir aequissimus, summa iustitia, singulari fide, alter insigni scelere et audacia, et si in eo sit errore civitas, ut bonum ilium virum sceleratum, facinerosum, nefarium putet, contra autem ( eum ), qui sit inprobissimus, existimet esse summa probitate ac fide, proque hac opinione omnium civium bonus ille vir vexetur, rapiatur, manus ei denique auferantur, effodiantur oculi, damnetur, vinciatur, uratur, exterminetur, egeat, postremo iure etiam optimo omnibus miserrimus esse videatur, contra autem ille improbus laudetur, colatur, ab omnibus diligatur, omnes ad eum honores, omnia imperia, omnes opes omnes undique copiae conferantur, vir denique optimus

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einmal wirksam werden könne, sich ausgedacht haben, dass sie einmal einfach aus der Erde gekrochen seien wie die Mäuse aus den Äckern. [26] [XVI] Dazu wird meistens erst einmal Folgendes von denen gesagt, die in einer Diskussion überhaupt nicht böswillig sind und darum in dieser Sache die größte Autorität besitzen, weil sie, wenn man sich ein Bild von einem anständigen Mann macht, den wir uns als offen und aufrichtig vorstellen, in der Auseinandersetzung ebenfalls nicht pfiffig, verschlagen und bösartig sind: Sie sagen also, ein Weiser sei nicht schon deshalb ein anständiger Mann, weil seine Gutartigkeit und Gerechtigkeit ihm an und fur sich schon Freude bereiteten, sondern weil das Leben anständiger Menschen frei sei von Furcht, Sorge, Aufregung und Gefahr, während die Unredlichen immer von irgendeiner inneren Unruhe befallen seien und ihnen ständig Verurteilung und Bestrafung vor Augen stünden; kein Vorteil, keine zu Unrecht erworbene Belohnung sei aber so groß, dass es lohne, immer in Angst zu sein und zu denken, dass irgendeine Strafe bevorstehe oder zu erwarten sei. Nachteile ( . . . ) [27] (13) [XVII] (Philus) Ich frage: Wenn es zwei Leute gibt, von denen der eine ein sehr guter Mann ist, besonders ausgleichend, von höchster Gerechtigkeit und einzigartiger Verlässlichkeit, der andere von auffallender krimineller Energie und Unverschämtheit, und wenn dann die Bürgerschaft den Fehler macht, jenen anständigen Mann fur verbrecherisch, kriminell und schändlich zu halten, auf der anderen Seite aber von dem größten Verbrecher annimmt, dass er besonders rechtschaffen und verlässlich sei, und wenn in Übereinstimmung mit der Meinung aller Bürger jener anständige Mann gequält und geschleift würde, wenn ihm schließlich sogar die Hände abgeschlagen und die Augen ausgestochen würden, wenn er verurteilt, ins Gefängnis geworfen, gefoltert, versengt, verbannt würde und in größte Not geriete und schließlich allen mit vol-

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omnium existìmatione et dignissimus fortuna optima iudicetur - quis tandem erit tam demens, qui dubitet, utrum se esse malit?

[28] (14) [XVIII] Q u o d in singulis, idem est in populis; nulla est tam stulta civitas, quae non iniuste imperare malit quam servire iuste. N e c vero longius abibo: Consul ego quaesivi, cum vos mihi essetis in Consilio, de Numantino foedere. Quis ignorabat Q_ Pompeium fecisse foedus, eadem in causa esse Mancinum? Alter, vir optimus, etiam suasit rogationem, me ex senatus consulto ferente, alter acerrime se defendit. Si pudor quaeritur, si probitas, si fides, Mancinus haec attulit; si ratio, consilium, prudentia, Pompeius antistat. Utrum ( ... )

[29] (15) [ X I X ] (Philus) Bonus vir si habeat servum fugitivum vel d o m u m insalubrem ac pestilentem, quae vitia solus sciat, et ideo proscribat, ut vendat, utrumne profitebitur fugitivum se servum vel pestilentem d o m u m vendere, an celabit emptorem? Si profitebitur, bonus quidem, quia non fallit, sed tarnen stultus iudicabitur, quia vel parvo vendet vel omnino non vendei; si celabit, erit quidem sapiens, quia rei consulet, sed idem malus, quia fallet. Rursus si reperiat aliquem, qui orichalcum

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lem Recht als der erbarmungswürdigste Mensch erschiene, wenn der Verbrecher dagegen aber gelobt, verehrt, von allen geliebt würde, wenn er mit allen Ehren, allen leitenden Positionen, allen Mitteln von allen Seiten überhäuft würde, und der Mann schließlich nach Auffassung aller anderen als der Beste gälte und man annähme, er habe das glücklichste Schicksal besonders verdient - wer wird dann am Ende so töricht sein, nicht zu wissen, wer von den beiden er lieber sein möchte? [28] (14) [XVIII] Und was auf Einzelpersonen zutrifft, gilt auch fur ganze Völker: Keine Bürgerschaft ist so dumm, dass sie nicht lieber ungerecht herrschen als gerecht in Sklaverei leben wollte. Aber ich will nicht zu weit ausholen: Als Konsul 1 " 8 habe ich, als ihr fur mich als Berater tätig wart, wegen des Vertrags mit Numantia 209 nachgefragt. Wer wusste nicht, dass Qu in tus Pompeius 110 den Vertrag geschlossen hatte und Mancinus sich in derselben Situation befand? Der eine, ein sehr tüchtiger Mann, befürwortete sogar die Annahme des Antrags, als ich ihn aufgrund eines Senatsbeschlusses stellte, der andere rechtfertigte sich besonders leidenschaftlich. Wenn man Anständigkeit, Redlichkeit und Vertragstreue sucht, dann bewies Mancinus diese Eigenschaften; wenn es aber um Vernunft, Umsicht und Klugheit geht, dann nimmt Pompeius die Gegenposition ein. Welchen von beiden ( . . . ) [29] (15) [XIX] (Philus) Wenn ein anständiger Mann 2 " einen zum Ausreißen neigenden Sklaven oder ein ungesundes und verseuchtes Haus besäße, Mängel, die nur ihm allein bekannt wären, und er das Haus und den Sklaven deshalb zum Verkauf anböte, würde er dann erklären, dass er einen zum Ausreißen neigenden Sklaven oder ein verseuchtes Haus verkaufen wolle, oder würde er diese Mängel vor dem Käufer verschweigen ? Gibt er sie an, dann wird er zwar als braver Mann gelten, weil er ehrlich ist, aber zugleich als dumm, weil er billig oder überhaupt nicht

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se putet vendere, cum sit illud aurum, aut plumbum, cum sit argentum, tacebitne, ut id parvo emat, an iudicabit, ut magno? Stultum plane videtur malle magno.

[30] (16) [ X X ] (Philus) Nempe iustitia est hominem non occidere, alienum prorsus non attingere. Quid ergo iustus faciet, si forte naufragium fecerit, et aliquis imbecillior viribus tabulam ceperit? Nonne ilium tabula deturbabit, ut ipse conscendat, eaque innixus evadat, maxime cum sit nullus medio mari testis? Si sapiens est, faciet; ipsi enim pereundum est, nisi fecerit; si autem mori maluerit quam manus inferre alteri, iam iustus ille, sed stultus est, qui vitae suae non parcat, dum parcit alienae. Item si acie suorum fusa hostes insequi coeperint et iustus ille nactus fuerit aliquem saucium equo insidentem, eine parcet, ut ipse occidatur, an deiciet ex equo, ut ipse hostem possit effugere? Quod si fecerit, sapiens, sed idem malus; si non fecerit, iustus, sed idem stultus sit necesse est.

[23] (17) [XIII] (Philus) < ... ) Sunt enim omnes, qui in populum vitae necisque potestatem habent, tyranni, sed se Iovis optimi nomine malunt reges vocari. Cum autem certi propter divitias aut genus aut aliquas opes rem publicam tenent, est

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verkauft; wenn er die Mängel verschwiege, wäre er zwar klug, weil er seinen Vorteil verfolgt, aber zugleich schlecht, weil er betrügen will. Wenn er dann wiederum jemanden fände, der Messing zu verkaufen glaubte, obwohl es sich um Gold handelte, oder Blei, obwohl es Silber ist, wird er dann etwa schweigen, um es billig zu kaufen, oder wird er dies mitteilen, um das Metall teuer zu kaufen? Es erscheint doch eindeutig als dumm, den höheren Preis zu bevorzugen. [30] (16) [ X X ] Natürlich ist es Gerechtigkeit, einen Menschen nicht zu töten und fremdes Eigentum keinesfalls anzurühren. Was also wird der Gerechte tun, wenn er einmal Schiffbruch erlitten hat und ein körperlich Schwächerer eine Planke ergriffen hat? Wird er jenen nicht von der Planke stoßen, um sich selbst darauf zu legen und sich mit ihrer Hilfe in Sicherheit bringen, zumal es ja mitten auf dem Meer keinen Zeugen gibt? Wenn er klug ist, wird er es tun. Denn er muss ertrinken, wenn er es nicht tut; wenn er aber lieber sterben will, statt einem anderen Gewalt anzutun, dann ist er schon gerecht, aber dumm, weil er sein eigenes Leben nicht schont, während er ein fremdes Leben rettet. Dasselbe gilt fur den Fall, dass die eigene Schlachtreihe ins Wanken geraten ist, die Feinde schon im Anmarsch sind und jener Gerechte auf irgendeinen Verwundeten mit einem Pferd trifft - wird er diesen dann schonen, um selbst erschlagen zu werden, oder wird er ihn vom Pferd werfen, um selbst dem Feind entkommen zu können? Wenn er so handelte, wäre er zwar klug, aber zugleich schlecht; wenn er nicht so handelte, wäre er zwar gerecht, aber unbestreitbar dumm. [23] (17) [XIII] (Philus) ( ... ) Es sind nämlich alle, die einem Volk gegenüber Gewalt über Leben und Tod haben, Tyrannen, auch wenn sie lieber mit dem Namen des Jupiter Optimus >Könige< heißen wollen. Wenn aber bestimmte Leute aufgrund ihres Reichtums, aufgrund ihrer

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factio, sed vocantur illi optimates. Si vero populus plurimum potest omniaque eius arbitrio geruntur, dicitur illa libertas, est vero licentia. Sed cum alius alium timet et h o m o hominem et ordo ordinem, tum quia sibi nemo confidit, quasi pactio fit inter populum et potentis; ex quo existit id, quod Scipio laudabat, coniunctum civitatis genus. Etenim iustitiae non natura nec voluntas, sed inbecillitas mater est. N a m cum de tribus unum est optandum, aut facere iniuriam nec accipere, aut et facere et accipere, aut neutrum, optumum est facere, impune si possis, secundum nec facere nec pati, miserrimum digladiari semper tum faciendis tum accipiendis iniuriis. Ita qui primum illud adsequi ( . . . )

[24] (18) [ X V ] (Philus) ( . . . ) omni ... tote. Sapientia iubet augere opes, amplificare divitias, proferre fines - unde enim esset illa laus in summorum imperatorum incisa monumentis >fines imperii propagavitFührungseliteverbundene< (gemischte) Staatsform, die Scipio zu loben pflegte.212 Die Mutter der Gerechtigkeit ist nämlich nicht die Natur oder der freie Wille, sondern die Schwäche. Denn wenn von drei Möglichkeiten eine wünschenswert ist, entweder Unrecht zu tun und dieses nicht zu erleiden oder sowohl Unrecht zu tun als auch es zu erleiden oder keines von beiden, dann ist es das Beste, Unrecht zu tun, wenn man es straflos kann, das Zweitbeste, weder Unrecht zu tun noch zu erleiden, das Schlechteste aber, wenn man sich ständig damit herumschlagen muss, einmal Unrecht zu tun und dann wieder Unrecht zu erleiden. So (entscheiden sich) diejenigen, die jene erste Möglichkeit ( n i c h t ) erreichen ( . . . ) [24] (18) [XV] (Philus) ( . . . ) Die Klugheit verlangt, die Macht zu vergrößern, den Reichtum zu erweitern, das Herrschaftsgebiet auszudehnen - woher käme sonst jenes Lob, das in die Grabmale der bedeutendsten Feldherrn eingemeißelt ist: >Er hat das Gebiet des Reiches vergrößert Asia Ti. Gracchus, persev e r a v i in civibus, sociorum nominisque Latini iura neclexit ac foedera. Quae si consuetudo ac licentia manare coeperit latius, imperiumque nostrum ad vim a iure traduxerit, ut, qui adhuc volúntate nobis oboediunt, terrore teneantur, etsi nobis, qui id aetatis sumus, evigilatum fere est, tarnen de posteris nostris et de illa immortalitate rei publicae solliciter, quae poterat esse perpetua, si patriis viveretur institutis et moribus.«

[42] [ X X X ] Quae cum dixisset Laelius, etsi omnes, qui aderant, signifìcabant ab eo se esse admodum delectatos, tarnen praeter ceteros Scipio quasi quodam gaudio elatus: »Multas tu quidem« inquit »Laeli saepe causas ita defendisti, ut ego non m o d o tecum Servium Galbam collegam nostrum, quem tu, quoad vixit, omnibus anteponebas, verum ne Atticorum quidem oratorum quemquam aut sua (vitate ... )

[43] (35) [ X X X I ] (Scipio) < ... ) reportare. Ergo illam rem populi, id est rem publicam, quis diceret tum, dum crudelitate unius oppressi essent universi, neque esset unum vinculum iuris nec consensus ac societas coetus, quod est populus? Atque hoc idem Syracusis: Urbs illa praeclara, quam ait Timaeus Graecarum maximam, omnium autem esse pulcherrimam, arx visenda, portus usque in sinus oppidi et ad urbis

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Schluss der Rede des Laelius [41] (34) [XXIX]

(34-36)

... ) in Asien, daran hielt Tiberius Gracchus unter

seinen Mitbürgern fest: die Rechte und Verträge der Bundesgenossen und der Latiner vernachlässigte er. Wenn diese Gewohnheit und diese Willkür weiter um sich zu greifen beginnen und unsere Herrschaft vom Recht zur Gewalt übergeht, sodass diejenigen, die uns bisher freiwillig gehorchen, durch Abschreckung beherrscht werden, so bin ich, auch wenn wir, die wir heute leben, dagegen grundsätzlich Vorsorge getroffen haben, doch beunruhigt wegen unserer Nachkommen und wegen der oft beschworenen Unsterblichkeit unseres Staatswesens, das eigentlich ewig Bestand haben könnte, wenn man im Sinne der traditionellen Einrichtungen und Lebensformen leben würde.« 219 [42] [ X X X ] Als Laelius dies gesagt hatte, war Scipio, auch wenn alle Anwesenden schon erkennen ließen, dass sie sich über seine Rede sehr gefreut hatten, noch mehr als die übrigen vor lauter Freude ausgesprochen aufgeräumt und sagte: »Du, Laelius, hast zwar schon oft deine Rechtsfälle so verteidigt, dass du unter dem Aspekt der rhetorischen Brillanz {oder der Überzeugungskraft ... ) meines Erachtens nicht nur den Servius Galba übertriffst, unseren Kollegen, den du, solange er lebte, allen anderen vorgezogen hast, sondern sogar jeden beliebigen attischen Redner.« [43] (îs) [XXXI] (Scipio) » ( . · · ) zurückzubringen. Wer also hätte jenen Staat220 damals eine Sache des Volkes, also ein Gemeinwesen nennen können, als alle zusammen durch die Grausamkeit eines einzigen Mannes unterdrückt wurden und es weder das einigende Band des Rechts noch die innere Übereinstimmung noch den Zusammenhalt der Gemeinschaft gab, was ja erst ein Volk ausmacht? Und dasselbe gilt fur Syrakus, jene berühmte Stadt, von der Timaios 12 ' sagt, sie sei die größte

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LIBER TERTIVS

crepidines infusi, viae latae, porticus, tempia, muri nihilo magis eíEciebant, Dionysio tenente ut esset illa res publica; nihil enim populi, et unius erat populus ipse. Ergo ubi tyrannus est, ibi non vitiosam, ut heri dicebam, sed, ut nunc ratio cogit, dicendum est plane nullam esse rem publicam.«

[44] [XXXII] »Praeclare quidem dicis«, Laelius; »etenim video iam, quo pergat oratio.« (Scipio) »Vides igitur ne illam quidem, quae tota sit in factionis potestate, posse vere dici rem publicam.« (Laelius) »Sic plane iudico.« (Scipio) »Et rectissime quidem iudicas. Quae enim fuit tum Atheniensium res, cum post magnum illud Peloponnesiacum bellum triginta viri illi urbi iniustissime praefiierunt? N u m aut vetus gloria civitatis aut species praeclara oppidi aut theatrum, gymnasia, porticus aut Propylaea nobilia aut arx aut admiranda opera Phidiae aut Piraeus ille magnificus rem publicam efficiebat?« »Minime vero« Laelius, »quoniam quidem populi res non erat.« (Scipio) »Quid, cum decemviri Romae sine provocatione fuerunt tertio ilio anno, dum vindicias amisisset ipsa libertas?«

DRITTES BUCH

der griechischen Städte und von allen die schönste: Die sehenswerte Burg, die Häfen, die bis ins Stadtinnere und bis zu den gemauerten Ufern der Stadt reichen, die breiten Straßen, die Säulengänge, Tempel und Mauern, sie alle trugen, als Dionysios herrschte, keinen Deut mehr dazu bei, dass Syrakus ein echtes Gemeinwesen war; denn nichts gehörte dem Volk, und das Volk selbst gehörte einem einzigen Mann. Wo also ein Tyrann herrscht, dort ist das Gemeinwesen nicht mit Mängeln behaftet, wie ich gestern sagte, sondern dort existiert, wie es sich aus unserem Gedankengang zwingend ergibt, überhaupt kein Gemeinwesen.« [44] [XXXII] »Das sind klare Worte«, sagte Laelius: »Denn ich sehe jetzt, wohin das Gespräch fuhrt.« »Du siehst also, dass man sogar ein Gemeinwesen, das sich vollständig in den Händen einer politischen Partei (/actio) befindet, nicht wirklich als Gemeinwesen bezeichnen kann.« »Ja, genauso sehe ich es.« »Und dein Urteil trifft zweifellos zu. Was war denn damals der Staat der Athener, als die berühmten Dreißig nach dem großen Peloponnesischen Krieg in der Stadt ein Unrechtsregime errichteten? Haben etwa der alte Ruhm der Bürgerschaft oder das herrliche Stadtbild oder das Theater, die Gymnasien, die Säulenhallen, die berühmten Propyläen, die Burg, die bewundernswerten Werke eines Phidias oder jener großartige Piräus Athen zu einem Gemeinwesen gemacht?« »Auf keinen Fall«, erwiderte Laelius, »da es ja nicht die Sache des Volkes war.« (Scipio) »Und was war, als die Zehnmänner in Rom in jenem dritten Jahr herrschten, in dem keine Möglichkeit bestand, Berufung einzulegen; 2 " als sogar die Freiheit des Einzelnen ihren Rechtsanspruch verloren hatte?«

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LIBER TERTIVS

(Laelius) »Populi nulla res erat, i m m o vero id populus egit, ut rem suam recuperaret.« [45] [ X X X ] (Scipio) »Venio nunc ad tertium genus illud, in quo esse videbuntur fortasse angustiae. C u m per populum agi dicuntur et esse in populi potestate omnia, cum, de quocumque volt, supplicium sumit multitudo, cum agunt, rapiunt, tenent, dissipant, quae volunt, potesne tum, Laeli, negare rem esse illam publicam, cum populi sint omnia - quoniam quidem populi esse rem volumus rem publicam?« T u m Laelius: » A c nullam quidem citius negaverim esse rem publicam, quam istam, quae tota plane sit in multitudinis potestate. N a m si nobis non placebat Syracusis fuisse rem publicam, ñeque Agrigenti neque Athenis, cum essent tyranni, neque hie, cum decemviri, non video, qui magis in multitudinis dominatu rei publicae nomen appareat, quia primum mihi populus non est, ut tu optime definisti, Scipio, nisi qui consensu iuris continetur, sed est tam tyrannus iste conventus, quam si esset unus, hoc etiam taetrior, quia nihil ista, quae populi speciem et nomen imitatur, immanius belua est. N e c vero convenit, cum furiosorum bona legibus in agnatorum potestate sint, quod eorum iam ( ... ).«

DRITTES BUCH

(Laelius) »Dawar die Sache des Volkes nicht mehr vorhanden; aber das Volk tat alles, um seine Sache zurückzubekommen.« [45] [XXXIII] (Scipio) »Ich komme nun zu jener dritten Staatsform, bei der es offensichtlich besondere Schwierigkeiten gibt. Wenn es heißt, dass die ganze Macht vom Volk ausgeht und in den Händen des Volkes liegt, wenn die Menge über jeden Beliebigen das Todesurteil verhängen kann, wenn die Leute machen, was sie wollen, wenn sie rauben, behalten, verschleudern, was sie wollen, kannst du dann bestreiten, dass es sich um ein Gemeinwesen handelt, lieber Laelius? Denn in diesem Falle gehört alle Macht dem Volk, und wir behaupten doch, ein Gemeinwesen sei eine Sache des Volkes?« Darauf Laelius: »Aber ich würde bei keinem Staat schneller bestreiten, dass es sich um ein Gemeinwesen handelt, als bei dem, der sich vollständig in der Gewalt der Masse befindet. Denn wenn wir nicht der Meinung waren, dass in Syrakus ein Gemeinwesen existierte, und auch nicht in Agrigent und in Athen, als dort Tyrannen herrschten, noch hier bei uns, als die Zehnmänner an der Macht waren, dann sehe ich nicht, warum auf die unbeschränkte Herrschaft der Masse der Begriff des Gemeinwesens eher zutreffen sollte. Denn erstens existiert fur mich im Sinne deiner völlig richtigen Definition kein Volk, wenn es nicht durch die einhellige Anerkennung des Rechts zusammengehalten wird, sondern diese Versammlung genauso tyrannisch ist wie ein einzelner Tyrann; es ist sogar noch abscheulicher, weil nichts unmenschlicher ist als dieses Untier, das nur den Namen und das Aussehen eines Volkes imitiert. Es wäre aber auf keinen Fall plausibel, wenn nach dem Gesetz zwar die Besitztümer von Wahnsinnigen der Verfügungsgewalt der Verwandten unterstellt werden, weil schon ihr < . . . ) «

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LIBER TERTIVS

[46] (36) [ X X X I V ] (Scipio) » ( ... uteadem)dicipossint,anilla sit res publica resque populi, quae sunt dicta de regno.«

»Et multo etiam magis« inquit Mummius. »Nam in regem potius cadit domini similitudo, quod est unus; plures vero boni in qua re publica rerum potientur, nihil poterit esse ilia beatius. Sed tamen vel regnum malo quam liberum populum; id enim tibi restât genus vitiosissumae rei publicae tertium.«

[47] [ X X X V ] Hie Scipio: »Agnosco« inquit »tuum morem istum, Spuri, aversum a ratione populari; et quamquam potest id lenius ferri, quam tu soles ferre, tamen adsentior nullum esse de tribus his generibus, quod sit probandum minus. Illud tamen non adsentior iusto praestare regi optimates. Si enim sapientia est, quae gubernet rem publicam, quid tandem interest, haec in unone sit an in pluribus? Sed errore quodam fallimur ita disputando. Cum enim optumates appellante, nihil potest videri praestabilius; quid enim optumo melius cogitari potest? Cum autem regis est facta mentio, occurrit animis rex etiam iniustus; nos autem de iniusto rege nihil loquimur nunc, cum de ipsa regali re publica quaerimus. Quare cogitato Romulum aut Pompilium aut Tullium regem: fortasse non tam illius te rei publicae paenitebit.«

DRITTES BUCH

[46] (36) [XXXIV] (Scipio) » ( ... sodass dasselbe) gesagt werden kann, warum jene {Aristokratie) ein Gemeinwesen und eine Sache des Volkes ist, was schon über die Königsherrschaft gesagt wurde.« »Und sogar noch viel mehr«, entgegnete Mummius. »Denn ein König ist einem Tyrannen (dominus) noch viel verwandter, weil er ein Einzelner ist; wenn aber mehrere tadellose Leute in einem Staat die Macht ergreifen, wird es nichts Glücklicheres geben können als diesen. Und doch will ich lieber sogar eine Königsherrschaft haben als eine freie Volksherrschaft; denn diese bleibt dir ja als die dritte Erscheinungsform eines sehr mangelhaften Staates noch übrig.«223 [47] [ X X X V ] Darauf erwiderte Scipio: »Ich weiß, dass dies deine Einstellung ist, Spurius 224 und ich kenne deine Abneigung gegen einen demokratischen Zug in der Politik; und obwohl man dies leichter ertragen kann, als du es zu ertragen pflegst, stimme ich dir doch zu, dass keine der drei Staatsformen weniger zu akzeptieren ist. Aber darin stimme ich dir nicht zu, dass eine Führungselite gegenüber einem gerechten König zu bevorzugen sei. Denn wenn es Weisheit ist, die den Staat lenkt, was wäre es dann flir ein Unterschied, ob sie bei einem Einzelnen oder bei mehreren vorhanden ist? Aber wir unterliegen fraglos einem Irrtum, wenn wir so argumentieren. Wenn nämlich diese Führungselite den Namen >Optimaten< erhält, dann scheint es so, als könnte es gar nichts Besseres geben;22S denn was können wir uns Besseres vorstellen als das Beste? Wenn man aber den König ins Gespräch bringt, fällt einem auch gleich der ungerechte König ein. Wir sprechen aber jetzt nicht von einem ungerechten König, wenn wir die königliche Staatsverfassung als solche erörtern. Denk daher an Romulus, Pompilius oder König Tullius: Vielleicht wirst du

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258 I L I B E R T E R T I V S

(48) (Mummius) » Q u a m igitur relinquis populari rei publicae laudem?« T u m ille (Scipio): » Q u i d tibi tandem, Spuri, Rhodiorum, apud quos nuper fuimus una, nullane videtur esse res publica?« (Mummius) » M i h i vero videtur, et minime quidem vituperanda.« (Scipio) »Recte dicis. Sed si meministi, omnes erant idem tum de plebe tum senatores, vicissitudinesque habebant, quibus mensibus populari muñere fungerentur, quibus senatorio; utrubique autem conventicium accipiebant; et in theatro et in curia res capitales et reliquas omnes iudicabant idem; tantum poterat tantique erat quanti multitudo ( senatus ... ) «

Fragmenta incertae sedis libro III attributa 1. [24 Z.] N a m cum quaereretur ex eo, quo scelere impulsus mare haberet infestum uno myoparone: » E o d e m « inquit » q u o tu orbem terrae.« 2. [42 Z.] Duas sibi res, quominus in vulgus et in foro diceret: confidentiam et vocem, defuisse. 3. [40 Z.] N u m q u a m viri fortissimi fortitudinis, impigritatis, patientiae ... 4. [fr. 2 Z. = 3,38 Büchner] < ... ) Sed ut ipsi seu animum periclitentur, cum vident, quid se putent esse facturas

DRITTES BUCH

dann gegenüber dieser Staatsverfassung keine so negative Einstellung haben.« [48] »Was lässt du denn Gutes an der Volksherrschaft?« Darauf erwiderte er (Scipio): »Wie? Spurius, hältst du den Staat der Rhodier, bei denen wir neulich gemeinsam waren, denn nicht fur ein Gemeinwesen?« »Selbstverständlich, und es gibt an ihm wirklich nichts auszusetzen.« »Du hast recht. Doch wenn du dich erinnerst, waren alle gleichzeitig Angehörige des Volkes und des Senates und wechselten sich gegenseitig darin ab, wann sie ein Amt als Volksvertreter, wann als Senator ausübten; aber fur beide Funktionen wurden sie bezahlt. Im Theater wie in der Kurie hatten dieselben Leute über Kapitalverbrechen zu urteilen wie in den übrigen Fällen; ( der Senat ) hatte dieselben Kompetenzen wie die Volksversammlung ( ... ).«

Fragmente des dritten Buches, die nicht weiter einzuordnen sind (1) [24 Z.] Denn als er gefragt wurde, mit welcher verbrecherischen Absicht er auf seinem Piratenschiff das Meer unsicher mache, antwortete er: »Mit derselben wie du die ganze Welt.« (2) [42 Z.] Zwei Dinge hätten ihm gefehlt, um vor dem Volk und auf dem Forum zu sprechen: Selbstvertrauen und Stimme. (3) [40 Z.] Niemals ( w e r d e n ) die tapfersten Männer ihre Tapferkeit, ihre Tatkraft, ihre Leidensfähigkeit ( vergessen ) ... (4) [Fr. 2 Z. = 38 Büchner] ( . . . ) Ab er dass sie selbst entweder ihre Einstellung auf die Probe stellen, wenn sie ( das ) sehen, wovon sie annehmen, dass sie es tun wollen ...

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26ο I L I B E R Q V A R T V S

5. [fr. 3 Ζ. = 32 Bü.] Poeni primi mercaturis et mercibus suis avaritiam et magnificentiam et enexplebiles cupiditates omnium rerum importaverunt in Graeciam. 6a. [fr. 4 Z. = 32 Bü.] Sardanapallus ille vitiis multo quam nomine ipso deformior. 6b. Ea incidi iussit in busto. 7. [fr. 5 = 40 Bü.] Quid ergo illa sibi vult absurda exceptio? Nisi si quis Athonem pro monumento vult funditus efficere? Quis enim est Athos aut Olympus tantus ...

LIBER QVARTVS [2] (1) [II] (Scipio) » ( ... ) gratiam. 0 μ 3 ΐ η commode ordines discripti aetates classes equitatus, in quo suffragia sunt etiam senatus, nimis multis iam stulte hanc utilitatem tolli cupientibus, qui novam largitionem quaerunt aliquo plebiscito reddendorum equorum! [3] [III] Considerate nunc, cetera quam sint provisa sapienter ad illam civium beate et honeste vivendi societatem; ea est enim prima causa coeundi, et id hominibus effici ex re publica debet partim institutis, alia legibus. Principio disciplinam puerilem ingenuis - de qua Graeci multum frustra laborarunt, et in qua una Polybius noster hospes nostrorum institutorum neglegentiam accusai - nullam certam aut destinatam legibus aut publice expositam aut unam omnium esse voluerunt. N a m ( ... ) «

VIERTES BUCH

(5) [Fr. 3 Z. = 32 Bü.] Die Punier haben als Erste durch ihren Handel und ihre Waren Habsucht, Prunksucht und maßloses Verlangen nach allen Dingen in Griechenland eingeführt. (6a) [Fr. 4 Z. = 32 Bü.] J ener berüchtigte Sardanapal war von seinen Lastern viel mehr verunstaltet als nur von seinem Namen, (öb) Er befahl, dies auf dem Grabmal einzumeißeln.126 (7) [Fr. 5 = 40 Bü.] Was also will jene unglaubliche Ausnahme fur sich erreichen: »nur wenn jemand den Athos als Denkmal von Grund auf neu aufbauen will«? Denn welcher Athos oder Olymp ist so groß ,.. 2 2 7

VIERTES BUCH Fragmente zur inneren Ordnung des Staates [2] (1) [II] (Scipio)

... Die innere Ordnung des römischen Staates

dient dem Zweck), dem Charisma ( einzelner Persönlichkeiten weniger Gewicht zu geben )

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Denn wie zweckmäßig sind doch die Stände

eingeteilt, die Jahrgänge,229 die Vermögensklassen, die Ritterschaft, in der auch Abstimmungen des Senats stattfinden,230 obwohl neuerdings allzu viele Leute törichterweise diese nützliche Organisation wieder beseitigen wollen, die mit Hilfe eines Volksbeschlusses eine neue >Schenkung « [4] (2a) [IV] (Scipio] » ( ... Sie wollten nicht, ) dass ein Jugendlicher sich in der Öffentlichkeit auszieht: So weit reichen bestimmte Grundlagen des Anstands wie feste Fundamente zurück. Wie abartig sind aber auch die Leibesübungen der jungen Leute in den Gymnasien! Wie leicht ist der berühmte Kriegsdienst der Jünglinge! Wie ungezwungen und frei sind die Berührungen und die Liebesbeziehungen! Ich meine nicht die Eleer und Thebaner, bei denen in der Liebe unter Freigeborenen die Lust sogar erlaubt und frei ist. Die Lakedämonier selbst trennen, indem sie in der Liebe zu den jungen Männern alles erlauben außer sexuellen Handlungen, tatsächlich alles, was sie nicht gestatten, durch eine ganz dünne Barriere ab: Sie erlauben nämlich Umarmungen und gemeinsames Schlafen, wenn Kleidungsstücke dazwischen gelegt werden.« Da sagte Laelius: »Ich verstehe sehr gut, Scipio, dass du im Blick auf die griechischen Gepflogenheiten, die du tadelst, lieber mit den angesehensten Leuten als mit deinem Piaton streiten willst, den du nicht einmal antastest, zumal ( ... ) . « (2b) Es sei eine Schande für junge Männer gewesen, keine Liebhaber zu haben.»1

Fragmente zur Jugenderziehung, zur Mädchenerziehung und zur politischen Bildung [3] (3) [III] Nicht nur wie in Sparta, wo die Jungen Rauben und Stehlen lernen.

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L I B E R QVARTVS

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( 4 ) [VI] Ita magnam habet vim disciplina verecundiae:

Carent temeto omnes mulleres. (5) Atque etiam si qua erat famosa, ei cognati osculum non ferebant. (ó) N e c vero mulieribus praefectus praeponatur, qui apud Graecos creari soient; sed sit censor, qui viros doceat moderari uxoribus. ( 7 ) H o r u m severitatem dicitur inhorruisse primum civitas. Etymologiae ad disciplinarti pertinentes (8) Itaque a petendo >petulantiaprocacitas< nominata est. (9) Censoris iudicium nihil fere damnato offert nisi ruborem. Itaque ut omnis ea iudicatio versatur tantummodo in nomine, animadversio illa >ignominia< dicta est. [7] (10) [VII] >Fides< enim nomen ipsum mihi videtur habere, cum fit, quod dicitur. [8] (11) [VIII] Admirar nec rerum solum, sed verborum etiam diligentiam: »Si iurgant« inquit. Benevolorum concertatio, non lis inimicorum, iurgium dicitur ... Iurgare igitur lex putat inter se vicinos, non litigare.

V I E R T E S BUCH |KSS

M (4) [VI] Die Übung der scheuen Zurückhaltung hat eine so große Wirkung: Alle Frauen verzichten aufWein. (5) Und auch dann, wenn eine Frau in einem schlechten Ruf stand, verzichteten ihre Verwandten darauf, sie zu küssen, (ó) Es soll aber den Frauen auch kein Vormund gegeben werden, wie er bei den Griechen gewählt zu werden pflegt; aber es soll ein Zensor234 da sein, der die Männer lehrt, ihre Ehefrauen zu lenken. (7) Vor deren Strenge soll der Staat vor allem erschaudert sein. Etymologische Erläuterungen, die im Zusammenhang mit dem Begriff der Ordnung stehen (8) Deshalb kommt >Unverschämtheit< (petulantia) von >verlangen< (petere), »Zudringlichkeit< (procacitas) von >betteln< (precari), d.h. von >fordern< (poscere). (9) Das Urteil des Zensors bringt dem Verurteilten fast keinen Nachteil außer Scham und Schande. Wie demnach diese Verurteilung im Ganzen eben nur den Namen betrifft, so heißt jene Ächtung »Namenlosigkeit< (ignominia).235 [7] (10) [Vil] »Zuverlässigkeit« ( f i d e s ) scheint mir nämlich ihren Namen davon zu haben, dass geschieht ( f i t ) , was gesagt wird. [8] (11) [VIII] Ich bewundere seine »sorgfältige Beachtung< (diligentia) nicht nur der Sachen, sondern auch der Wörter: »Wenn sie streiten«, hat er gesagt. Es handelt sich also um eine Auseinandersetzung zwischen Freunden, nicht um einen ernsthaften Konflikt zwischen Feinden, um einen Streit (iurgium) eben ... Nach Auffassung des Gesetzes kann es unter Nachbarn zwar einen Streit, aber keinen ernsthaften Konflikt geben.

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L I B E R QVARTVS

De minuendis sumptibus et largitionibus [7] ( 1 2 ) [VU] N o l o enim eundem populum imperatorem et portitorem esse terrarum. Optimum autem et in privatis familiis et in re publica vectigal duco esse parsimoniam. (13) In cive excelso atque homine nobili blanditiam ostentationem ambitionem notam esse levitatis.

De suß-agiis [8] (14) [ V i l i ] N o n enim facile valenti populo resistitur, si aut nihil iuris impertías aut parum. (15) N e c in hac dissensione suscepi populi causam, sed bonorum. De sepultura mortuorum (1 ó) Eosdem términos hominum curae atque vitae: sic pontificio iure sanctitudo sepulturae. (17) Q u o d insepultos reliquissent eos, quos e mari propter vim tempestatis excipere non potuissent, innocentes necaverint.

De Piatone [5] (18) [V] Et noster Plato magis quam Lycurgus, omnia qui prorsus iubet esse communia, ne quis civis propriam aut suam rem ullam queat dicere.

VIERTES BUCH

Über die Verringerung von Aufwand und Ausgaben [7] (12) [VII] Ich will nämlich nicht, dass dasselbe Volk Herrscher und Zolleinnehmer der Welt ist. Sparsamkeit halte ich für die beste Einnahmequelle im privaten wie im öffentlichen Leben. (13) Bei einem hochrangigen Bürger und einem vornehmen Menschen seien Schmeichelei, Prahlerei und Geltungsbewusstsein ein Zeichen mangelnder Seriosität.136

Über die politische Willensbildung [8] (14) [VIII] Einem starken Volk kann man nicht ohne weiteres Widerstand leisten, wenn man ihm zu wenige oder gar keine Rechte zugesteht. (15) In dieser Meinungsverschiedenheit habe ich nicht die Partei des Volkes, sondern die der Aristokraten vertreten.

Über die Bestattung der Toten (16) Sorgen und Leben der Menschen hätten dasselbe Ende: Darauf beruhe nach dem Pontifikalrecht auch die Unantastbarkeit der Bestattung.237 (17) Weil sie diejenigen unbestattet ließen, die sie wegen der Gewalt des Unwetters nicht aus dem Meer hatten bergen können, wurden sie unschuldig zum Tode verurteilt.138

Über Platon [5]

[V] Auch unser Piaton (tritt) mehr noch als Lykurg (dafür

ein ) , der einfach befiehlt, dass alles Gemeingut sei, damit nicht irgendein Bürger behaupten könne, irgendeine Sache sei Eigentum oder gar sein Eigentum.

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268 I LIBER QVARTVS

(19) Ego vero eodem quo ille H o m e r u m redimitum coronis et delibutum unguentis ex ea urbe quam sibi ipse fingit.

Depoetis

[11] (20a) [ X ] N u m q u a m comoediae, nisi consuetudo vitae pateretur, probare sua theatris flagitia potuissent. (20b) Q u e m illa non attigit vel potius quern non vexavit, cui pepercit? Esto, populares homines improbos, in re publica seditiosos, Cleonem Cleophontem Hyperbolum laesit; patiamur, etsi eiusmodi cives a censore melius est quam a poeta notari; sed Periclem, cum iam suae civitati maxima auctoritate plurimos annos domi et belli praefuisset, violari versibus et eos agi in scaena non plus decuit, quam si Plautus noster voluisset aut Naevius Publio et Gnaeo Scipioni aut Caecilius Marco Catoni maledicere.

[12] (20c) Nostrae contra X I I Tabulae, cum perpaucas res capite sanxissent, in eis hanc quoque sanciendam putaverunt, si quis occentavisset sive carmen condidisset, quod infamiam faceret flagitiumve alteri. Praeclare: Iudiciis enim magistratuum, disceptationibus legitimis propositam vitam, non poetarum ingeniis habere debemus, nec probrum audire nisi ea lege, ut respondere liceat et iudicio defendere.

VIERTES BUCH

(19) Ich aber ( werde ) dorthin ( kommen ) , wo jener den Homer, mit Kränzen geschmückt und mit Öl gesalbt, aus dieser Stadt weist, die er sich selbst entwirft.139

Über die Dichter [11] (20a) [X] Niemals hätten die Komödien, wenn es die Lebensgewohnheiten nicht geduldet hätten, mit ihren unanständigen Szenen in den Theatern Beifall bekommen können. (20b) Wen hat sie (die Komödie) nicht berührt oder vielmehr, wen hat sie nicht gequält, wen hat sie geschont? Nun gut, Demagogen, Lumpen, Revolutionäre, Kleon, 140 Kleophon, 141 Hyperbolos 142 hat sie verletzt; wir wollen das hinnehmen, auch wenn es besser wäre, wenn derartige Zeitgenossen eher von einem Zensor statt von einem Dichter getadelt würden; aber dass Perikles, obwohl er höchstes Ansehen genoss und schon sehr viele Jahre seine Stadt geführt hatte, in Versen verunglimpft wurde und diese auch noch auf der Bühne vorgetragen wurden, hätte sich genauso wenig gehört, wie wenn unser Plautus oder Naevius den Publius und den Gnaeus Scipio oder Caecilius den Marcus Cato hätte beleidigen wollen. [12] (20c) Unsere Zwölf Tafeln haben dagegen, obwohl sie nur sehr wenige Delikte mit der Todesstrafe bedroht hatten, die Auffassung zum Ausdruck gebracht, dass dies jedenfalls schwer bestraft werden müsse, wenn jemand ein Spottlied gesungen oder komponiert habe, das einem anderen Schimpf und Schande einbrächte. Sehr gut: Denn den Gerichten der Amtsträger und den gesetzmäßigen Verhandlungen und nicht den Talenten der Dichter müssen wir unser Leben aussetzen und dürfen nur unter der Bedingung einen Vorwurf hören, dass es erlaubt ist, zu antworten und sich in einem Prozess zu verteidigen.

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2701 LIBER QVARTVS

[13] (21) [XI] Aeschines Atheniensis, vir eloquentissimus, cum adulescens tragoedias actitavit, rem publicam capessivit, et Aristodemum tragicum item actorem maximis de rebus pad s et belli legatum ad Philippum saepe miserunt. [10] (22) [X] C u m autem ludicram scaenamque totam in probro ducerent, genus id hominum non m o d o honore civium reliquorum carere, sed etiam tribu moveri notatione censoria voluerunt. [9] ( 2 3 ) [IX] A d quos cum accessit clamor et approbatio populi quasi cuiusdam magni et sapientis magistri, quas illi obducunt tenebras, quos invehunt metus, quas inflammant cupiditates! De ratione temporum [1] (24) [I] Ea denique obiectu mutuo aeque umbram noctemque efficiat cum ad numerum dierum aptam, tum ad laborum quietem. (25) ... cumque autumno terra se ad concipiendas fruges patefecerit, hieme ad conficiendas relaxarit, aestiva maturitate alia mitigaverit, alia torruerit.

De natura hominis (2ó) Atque ipsa mens, quae futura videt, praeterita meminit ...

VIERTES BUCH

[13] (21) [XI] Der Athener Aischines,243 ein sehr redegewandter Mensch, ging in die Politik, nachdem er als junger Mann Tragödien aufgeführt hatte, und den Aristodemos, 144 ebenfalls einen Schauspieler der Tragödie, haben die Athener oft in den wichtigsten Angelegenheiten in Krieg und Frieden als Gesandten zu Philipp geschickt. [10] (22) [X] Da sie die Schauspielkunst und die Bühne fur völlig unschicklich hielten, wollten sie, dass Menschen dieser Art nicht nur nicht dieselben Ehrenrechte hätten wie die übrigen Bürger, sondern auch durch die Ächtung des Zensors aus ihrem Wohnbezirk entfernt würden. [9] (23) [IX] Wenn ihnen der lautstarke Beifall und die Anerkennung des Volkes als eines gewissermaßen großen und weisen Lehrers zuteil wurde, welche Finsternis verbreiten sie dann, welche Ängste erzeugen sie, welche Begierden rufen sie wach!

Über das Wesen der Tages- und Jahreszeiten [1] (24) [i] Diese verursacht schließlich durch abwechselnde Gegenüberstellung gleichermaßen Schatten und Nacht 24S einerseits der Zahl der Tage entsprechend, andererseits zum Ausruhen von den Mühen. (25) ... Und wenn sich im Herbst die Erde öffnet, um die Früchte aufzunehmen, im Winter sich lockert, um sie weiter zu entwickeln,146 in der sommerliche Reifezeit einiges weich werden lässt, einiges ausdörrt.

Über das Wesen des Menschen (26) Und der Verstand selbst, der Zukünftiges sieht, sich an Vergangenes erinnert ...

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LIBER QVINTVS

Fragmenta alia ad librum IVattributa (27) C u m adhibent in pecuda pastores ... [8] (28) [ V i l i ] Cui quidem utinam vere fideliter abundanterque auguraverim! [14] (29) [XII] armillae

LIBER QVINTVS Fragmentum exprooemio Μ ( 0 M >Moribus antiquis res stat Romana virisque.< Quern quidem ille versum vel brevitate vel veritate tamquam ex oraculo quodam mihi esse effatus videtur; nam neque viri, nisi ita morata civitas fuisset, neque mores, nisi hi viri praefuissent, aut fundare aut tarn diu tenere potuissent tantam et tam fuse lateque imperantem rem publicam. Itaque ante nostram memoriam et mos ipse patrius praestantes viros adhibebat, et veterem morem ac maiorum instituta retinebant excellentes viri. [2] Nostra vero aetas, cum rem publicam sicut picturam accepisset egregiam, sed iam evanescentem vetustate, non m o d o coloribus eisdem, quibus fuerat, renovare neglexit, sed ne id quidem curavit, ut formam saltern eius et extrema tamquam lineamenta servaret. Quid enim manet ex antiquis moribus, quibus ille dixit rem stare Romanam? Quos ita oblivione obsoletos videmus, ut non m o d o non colantur, sed iam ignorentur. N a m de viris quid dicam? Mores enim ipsi interierunt virorum penuria. Cuius tanti mali non m o d o reddenda ratio nobis, sed etiam tamquam reis capitis quodam m o d o dicenda causa est; nostris enim vitiis, non casu ali-

FÜNFTES BUCH

Sonstige Fragmente des vierten Buches (27) Wenn die Hirten (es) auf das Vieh anwenden ... [8] (28) [VIII] Wenn ich ihm doch noch die Zukunft zuverlässig und reichlich247 vorausgesagt hätte! [14] (29) [XII] Armbänder 148

FÜNFTES BUCH 2 4 9 Ein Fragment aus dem Proömium (1) [I] »Auf altbewährten Wertvorstellungen250 und Persönlichkeiten beruht das Römertum.« Diesen Vers scheint mir jener25' jedenfalls in seiner Kürze und Richtigkeit wie eine Art Orakelspruch verkündet zu haben; denn weder hätten die Männer, hätten nicht solche Wertvorstellungen in der Bürgerschaft geherrscht, noch die Wertvorstellungen, hätten nicht diese Männer an seiner Spitze gestanden, diesen Staat von solcher Größe, solchen Ausmaßen, solcher Ausdehnung und solcher Macht begründen und erhalten können. Deshalb hat das von den Vätern ererbte Wertbewusstsein vor unserer Zeit immer wieder hervorragende Männer angezogen, und andererseits haben ausgezeichnete Männer an dem altbewährten Wertbewusstsein und den Einrichtungen der Vorfahren festgehalten. [2] Nachdem unsere Zeit aber die Republik wie ein kostbares, aufgrund seines Alters schon etwas verblasstes Gemälde in Empfang genommen hatte, versäumte sie es nicht nur, dieses in seinen ursprünglichen Farben zu erneuern, sondern sie kümmerte sich nicht einmal darum, wenigstens seine Form und gewissermaßen seine äußeren Umrisse zu erhalten. Was bleibt denn von den alten Wertvorstellungen, auf denen das Römertum, wie jener sagte, beruht? Wir sehen, dass diese so sehr in Vergessenheit geraten sind, dass sie nicht nur nicht

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quo, rem publicam verbo retinemus, re ipsa vero iam pridem amisimus.

De rectore reipublicae [8] (2) [Vi] Ut enim gubernatori cursus secundus, medico salus, imperatori victoria, sic huic moderatori rei publicae beata civium vita proposita est, ut opibus firma, copiis locuples, gloria ampia, virtute honesta sit. Huius enim operis maximi inter homines atque optimi ilium esse perfectorem volo.

[3] (3) [IH] (Manilius?) ( ... nihil ... t a m ) regale quam explanationem aequitatis, in qua iuris erat interpretatio, quod ius privati petere solebant a regibus, ob easque causas agri arvi et arbusti et pascui lati atque uberes definiebantur, qui essent regii colerenturque sine regum opera et labore, ut eos nulla privati negotii cura a populorum rebus abduceret. N e c vero quisquam privatus erat disceptator aut arbiter litis, sed omnia conficiebantur iudiciis regiis. Et mihi quidem videtur N u m a noster maxime tenuisse hunc morem veterem Graeciae regum. N a m ceteri, etsi hoc quoque muñere fungebantur, magnani tamen partem bella gesserunt et eorum iura coluerunt;

FÜNFTES BUCH

mehr gepflegt, sondern sogar schon ignoriert werden. Was soll ich denn noch über die Männer sagen? Denn die Wertvorstellungen als solche sind aus Mangel an Männern zugrunde gegangen. Über dieses so große Übel müssen wir nicht nur Rechenschaft ablegen, sondern uns auch wie Angeklagte in einem Prozess, in dem es um Leben und Tod geht, verteidigen; denn durch unsere Fehler, nicht durch irgendein Unglück sind wir nur noch formal im Besitz der Republik, in Wirklichkeit aber haben wir sie schon längst verloren.

Über denfahrendenStaatsmann [8] (2) [VI] Wie nämlich der Steuermann eine gute Fahrt, der Arzt die Gesundheit, der Feldherr den Sieg, so hat dieser führende Staatsmann, dieser Lenker des Staates, das glückliche Leben der Bürger zum Ziel, damit dieser durch die Macht sicher, durch Vermögenswerte reich, durch Ruhm weithin bekannt ist und durch höchste Fähigkeiten in Ehren steht. Ich habe den Wunsch, dass jener Lenker des Staates der Vollender dieser unter den Menschen größten und besten Aufgabe ist.*5* [3] (3) [III] (Manilius?)

... nichts ... (war) s o ) königlich wie die

Auslegung der Gerechtigkeit, in der auch die Erklärung des Rechts bestand, das die Privatleute von den Königen zu erbitten pflegten; und aus diesen Gründen wurden die Felder, Walder und großen Wiesen begrenzt, die dem König gehören sollten und die ohne Mühe und Arbeit der Könige bebaut werden konnten, sodass sie nicht aus Eigeninteresse von ihrem Einsatz fur die Bevölkerung abgelenkt werden konnten. Es gab aber keinen Schiedsrichter oder Schlichter eines Streites, sondern alles wurde durch die Urteile des Königs entschieden. Mir allerdings scheint, dass unser Numa besonders an dieser Sitte der alten Könige Griechenlands festgehalten hat. Denn auch wenn die übrigen dieses

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LIBER Q y i N T V S

ilia autem diuturna pax Numae mater huic urbi iuris et religionis fuit. Ομί legum etiam scriptor fuit, quas scitis extare, quod quidem huius civis proprium de quo agimus ( ... )

[5] ( 4 ) [Hi] (Scipio) » ( ... ra)dicum seminumque cognoscere num te offendei ?« (Manilius ?) »Nihil, si m o d o opus exstabit.« (Scipio) » N u m id Studium censes esse vilici ?« (Manilius) »Minime. Quippe eum agri culturam saepissime opera deficiat.« (Scipio) »Ergo ut vilicus naturam agri novit, dispensator litteras seit, uterque autem se a scientiae delectatione ad efEciendi utilitatem refert, sic noster hie rector studuerit sane iuri et legibus cognoscendis, fontis quidem earum utique perspexerit, sed se responsitando et lectitando et scriptitando ne impediat, ut quasi dispensare rem publicam et in ea quodam m o d o vilicare possit, is summi iuris peritissimus, sine quo iustus esse nemo potest, civilis non inperitus, sed ita ut astrorum gubernator, physicorum medicus; uterque enim illis ad artem suam utitur, sed se a suo muñere non impedit. Illud autem videbit h i c v i r { ... ) «

FÜNFTES BUCH

Amt verwalteten, haben sie doch lange Zeit Kriege geführt und das Kriegsrecht ausgeübt; aber jener lang dauernde Frieden des Numa war fur unsere Stadt der Nährboden des Rechts und der religiösen Pflichten. Dieser ließ auch die Gesetze schriftlich festhalten, von denen ihr wisst, dass sie noch gelten, was übrigens eine besondere Aufgabe des Bürgers ist, von dem wir handeln ( ... ) « [5] (4) [III] (Scipio) » ( ... ) wird es dich etwa stören, die Beschaffenheit der Wurzeln und Samen kennen zu lernen?« »Nein, wenn nur ein Ergebnis erkennbar sein wird.« »Meinst du etwa, dass dies die Aufgabe eines Verwalters ist?« »Keinesfalls, da der Pflege des Ackers sehr oft der tatkräftige Einsatz fehlen dürfte.« »Wie also der Verwalter die Natur des Ackers kennt, der Buchhalter die Buchstaben beherrscht, beide sich aber nicht nur fur die Freude an dem Wissen, sondern auch fur seinen praktischen Nutzen interessieren, so dürfte sich unserer Staatenlenker hier zwar durchaus auch um die Kenntnis des Rechts und der Gesetze bemühen und natürlich besonders deren Quellen durchschauen wollen, aber sich durch die ständige Erteilung von Rechtsgutachten, durch dauerndes Lesen und Schreiben nicht daran hindern lassen, den Staat gewissermaßen finanziell organisieren und in diesem die Verwaltung ausüben zu können, und zwar als der beste Kenner der Grundlage des Rechts (ohne die niemand gerecht sein kann) und als jemand, der auch des Zivilrechts nicht unkundig ist, aber nur so weit wie auch der Steuermann die Sterne kennt und der Arzt die Naturwissenschaften; beide nämlich benutzen diese theoretischen Kenntnisse zur Ausübung ihrer Kunst, aber lassen sich dadurch an ihrer eigentlichen Arbeit nicht hindern. Das aber wird dieser Mann im Auge behalten ( ... ) «

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278 I L I B E R Q V I N T V S

[4] (s) [M] »Sed tarnen ut bono patri familias colendi aedificandi ratiocinandi quidam usus opus est ... «

De arte rhetorica [11] (ó) [IX] Quae cum Scipio dixisset, admodum probans Mummius - erat enim odio quodam rhetorum imbutus -

De virtutefortitudinis [9] (7) [VU] Quae virtus fortitudo vocatur, in qua est magnitudo animi, mortis dolorisque magna contemptio. Fragmenta alia libri V [10] (8) [Vili] Marcellus ut acer et pugnax, Maximus ut consideratus et lentus. [9] (9) [VII] Tum virtute labore industria ( quaereremus ) summi viri indolem, nisi nimis animose forte natura illum nescioquo ( ... ) [10] (10) [Vili] Quod molestiis senectutis suae vestras familias impertire posset ( ... ) [11] ( . . . ) orbi terrarum comprehensos ( . . . ) [11] (12) [IX] ( ... )tuminoptimamsegetempraeclareessent sparsa semina ( . . . )

FÜNFTES BUCH

[4] (5) [H'] »Aber trotzdem benötigt er wie ein guter Familienvater eine gewisse Erfahrung in der Landwirtschaft, im Hausbau und im Rechnen ( ... ) «

Über die Rhetorik [11] (ó) [IX] Als Scipio dies gesagt hatte, stimmte ihm Mummius voll zu - er war nämlich von einer gewissen Abneigung gegen die Rhetoren e r f ü l l t - < ... >

Über die Tugend der Tapferkeit [9] (7) [VII] Diese Tugend heißt Tapferkeit; in ihr steckt Mut und eine starke Geringschätzung gegenüber Tod und Schmerz.

Weitere Fragmente aus demfünften Buch [10] (8) [VIH] So leidenschaftlich und kampfeslustig Marcellus war, so überlegt und bedächtig war Maximus. 253 [9] (9) [VII] Dann (würden w i r ) aufgrund seiner Tapferkeit, Belastbarkeit und Einsatzbereitschaft nach der Anlage eines sehr bedeutenden Mannes ( s u c h e n 1 5 4 ) , wenn nicht seine allzu leidenschaftlich-wilde Natur ihn irgendwie ( . . . ) [10] (10) [VIII] Dass er eure Familien mit den Beschwerden seines Alters bekannt machen könnte ( ... ) [11] ( ... ) für die ganze Erde zusammengefasst ( ... ) [11] (12) [IX] ( . . . ) dann wären auf das beste Saatfeld hochwertige Samen ausgesät worden ( ... )

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28οI

LIBER S E X T V S

LIBER SEXTVS Deprudentia rectoris reipublicae M 0 ) [I] Totam igitur exspectas prudentiam huius rectoris, quae ipsum nomen nacta est ex providencio.

De seditione cohibenda (2) Quamobrem se comparet hic civis ita necesse est, ut sit contra haec, quae statum civitatis permovent, semper armaturus. (3) Eaque dissensio civium, quod seorsum eunt alii ad alios, seditio dicitur. ( 4 ) Et vero in dissensione civili, cum boni plus quam multi valent, expendendos cives, non numerandos puto.

De libidinibus, ferocia, luxuria (5) Graves enim dominae cogitationum libídines infinita quaedam cogunt atqe imperant; quae quia nec expleri nec satiari ullo m o d o possunt, ad omne facinus impellunt eos, quos illecebris suis incenderunt. (ó) Qui contuderit eius vim et ecfrenatam illam ferociam ( . . . ) [2] (7) [II] Ut quemadmodum scribit ille, cotidiano in forum mille hominum cum palliis conchylio tinctis descenderent

SECHSTES BUCH

SECHSTES BUCH Über die Klugheit des leitenden Staatsmannes (1) (1) [19] Du erwartest also die >Voraussicht< (prudentia) dieses leitenden Staatsmannes in jeder Hinsicht, die ihren Namen als solchen vom >Voraussehen< (providere) bekommen hat.

Über die Niederschlagung eines Aufitandes (2) Deswegen muss sich dieser Bürger so vorbereiten, dass er gegen alles, was den Zustand des Staates in Bewegung bringt, stets gerüstet ist. (3) Und diese Meinungsverschiedenheit der Bürger heißt >AufstandaufstehenGrates< inquit >tibi ago, summe Sol, vobisque, reliqui Caelites, quod antequam ex hac vita migro, conspicio in meo regno et his tectis P. Cornelium Scipionem, cuius ego nomine ipso recreor: Ita numquam ex animo meo discedit illius optimi atque invictissimi viri memoria.« Deinde ego ilium de suo regno, ille me de nostra re publica percontatus est, multisque verbis ultra citroque habitis ille nobis consumptus est dies, [io] (14) [X] Post autem apparatu regio accepti sermonem in multam noctem produximus, cum senex nihil nisi de Africano loqueretur omniaque eius non facta solum, sed etiam dicta meminisset. Deinde, ut cubitum discessimus, me et de via fessum, et qui ad multam noctem vigilassem, artior, quam solebat, somnus complexus est. Hic mihi (credo equidem ex hoc, quod eramus locuti; fit enim fere, ut cogitationes sermonesque nostri pariant aliquid in somno tale, quale de Homero scribit Ennius, de quo videlicet saepissime vigilans solebat cogitare et loqui) Africanus se ostendit ea forma, quae mihi ex imagine eius quam ex ipso erat notior; quem ubi agnovi, equidem cohorrui, sed ille: >Ades< inquit >animo et omitte timorem, Scipio, et, quae dicam, trade memoriae.

[11] (15) [Xl] Videsne illam urbem, quae parere populo Romano coacta per me rénovât pristina bella nec potest

SECHSTES BUCH

mentreffen, dem König, der aus guten Gründen mit unserer Familie sehr befreundet war. Als ich bei ihm angekommen war, umarmte mich der alte Mann und brach in Tränen aus, und einige Zeit später blickte er zum Himmel und sagte: >Ich danke dir, du höchster Gott der Sonne, und euch, ihr anderen himmlischen Götter, weil ich, bevor ich aus diesem Leben gehe, in meinem Reich und unter diesen Dächern Publius Cornelius Scipio sehen darf, bei dessen bloßem Namen ich mich schon erhole: Niemals ist die Erinnerung an jenen ausgezeichneten und unbesiegbaren Mann aus meinem Bewusstsein gewichen.< Darauf fragte ich ihn nach seinem Reich und er mich nach unserer Republik, und als wir außerdem noch über viele andere Dinge gesprochen hatten, ging fur uns jener Tag seinem Ende entgegen [10] (14) [X] Nachdem wir darauf aber mit königlichem Prunk aufgenommen worden waren, setzten wir unser Gespräch bis tief in die Nacht hinein fort. Da sprach der alte Mann über nichts anderes als über Africanus und erinnerte nicht nur an alle seine Taten, sondern auch an alles, was er einst gesagt hatte. Sobald wir darauf zu Bett gegangen waren, fiel ich in einen tieferen Schlaf als gewöhnlich, weil ich von der Reise erschöpft und bis tief in die Nacht wach geblieben war. Da erschien mir - ich glaube, weil wir über diese Dinge gesprochen hatten; es geschieht nämlich fast immer, dass unsere Gedanken und Gespräche etwas Ahnliches im Schlaf hervorrufen wie das, was Ennius über Homer schreibt,261 über den er natürlich, wenn er nicht schlief, sehr oft nachdachte und sprach - da erschien mir also Africanus in der Gestalt, die mir mehr durch sein Bild als durch ihn persönlich vertraut war; als ich ihn erkannte, erschrak ich.162 Er aber sagte: >Hab keine Angst und furchte dich nicht, Scipio, und behalte im Kopf was ich dir sagen werde. t 1 1 ] ( ΰ ) [XI] Siehst du, wie jene Stadt, die durch meinen Einsatz gezwungen wurde, dem römischen Volk zu gehorchen, die früheren

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LIBER SEXTVS

quiescere?< (ostendebat autem Carthaginem de excelso et pleno stellarum, illustri et claro quodam loco) >ad quam tu oppugnandam nunc venis paene miles. Hanc hoc biennio consul evertes, eritque cognomen id tibi per te partum, quod habes adhuc a nobis hereditarium. C u m autem Carthaginem deleveris, triumphum egeris censorque fueris et obieris legatus Aegyptum, Syriam, Asiam, Graeciam, deligere iterum consul absens bellumque maximum confides, Numantiam exscindes. Sed cum eris curru in Capitolium invectus, offendes rem publicam consiliis perturbatam nepotis mei:

[12] (16) [XIl] Hic tu, Africane, ostendas oportebit patriae lumen animi, ingenii consiliique tui. Sed eius temporis ancipitem video quasi fatorum viam. N a m cum aetas tua septenos octiens solis anfractus reditusque converterit duoque hi numeri, quorum uterque plenus alter altera de causa habetur, circuitu naturali summam tibi fatalem confecerint, in te unum atque in tuum nomen se tota convertet civitas: Te senatus, te omnes boni, te socii, te Latini intuebuntur; tu eris unus, in quo nitatur civitatis salus, ac, ne multa, dictator rem publicam constituas oportet, si impías propinquorum manus effugeris.< «

Hic cum exclamasset Laelius ingemuissentque vehementius

SECHSTES BUCH

Kriege wieder aufflammen lässt und keine Ruhe geben kann< (er zeigte dabei aus einem hohen und mit Sternen übersäten, ganz strahlend hellen Raum auf Karthago), >die Stadt, die anzugreifen du jetzt als ein fast noch ganz einfacher Soldat vorhast? Als Konsul wirst du diese Stadt innerhalb von zwei Jahren zerstören und so durch deine eigenen Verdienste den Beinamen erworben haben, den du bisher nur von uns vererbt bekommen hast. Wenn du aber Karthago zerstört und einen Triumph gefeiert hast, wenn du Zensor gewesen bist und als Gesandter nach Ägypten, Syrien, Kleinasien und Griechenland gegangen bist, wirst du ein zweites Mal in Abwesenheit zum Konsul gewählt werden und den größten Krieg beenden: Du wirst Numantia zerstören. Aber wenn du in deinem Triumphwagen zum Kapitol hinaufgefahren bist, wirst du eine Republik antreffen, die durch die Pläne meines Enkels263 in Unruhe versetzt wurde:*64 [12] (16) [XII] Hier wirst du, Africanus, dem Vaterland das Licht deines Geistes, deiner Begabung und deiner Führungsstärke zeigen müssen. Aber ich sehe fur diese Zeit einen gewissermaßen zwiefachen Schicksalsweg. Denn wenn deine Lebenszeit achtmal sieben Umläufe und Umkehrungen der Sonne erreicht hat 165 und dir diese zwei Zahlen, von denen beide aus einem jeweils anderen Grund als erfüllt gelten, in ihrem natürlichen Ablauf dein vom Schicksal bestimmtes Leben vollendet haben, wird sich der ganze Staat dir allein und deinem Namen zuwenden: Auf dich werden der Senat, alle Aristokraten, die Verbündeten, die Latiner 166 ihre Hoffnung setzen; du wirst der Einzige sein, auf dem das Wohl des Gemeinwesens beruht, und du musst, um gleich zur Sache zu kommen, als Diktator267 die Republik stabilisieren, wenn du den verantwortungslosen Händen deiner Verwandten entgangen bist.< « Als Laelius bei diesen Worten einen Schrei ausgestoßen und die Übri-

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L I B E R SEXTVS

ceteri: »St! Q u a e s o « inquit »ne me ex somno excitetis et parumper audite cetera! [13] (17) [XIII] >Sed quo sis, Africane, alacrior ad tutandam rem publicam, sic habeto: Omnibus, qui patriam conservaverint, adiuverint, auxerint, certum esse in caelo definitum locum, ubi beati aevo sempiterno fruantur. Nihil est enim illi principi deo, qui omnem mundum regit, quod quidem in terris fiat, acceptais quam concilia coetusque hominum iure sociati, quae civitates appellante; harum rectores et conservatores hinc profecti hue revertuntur.< [14] (18) [XIV] Hic ego, etsi eram perterritus non tam mortis metu quam insidiarum a meis, quaesivi tarnen, viveretne ipse et Paulus pater et alii, quos nos exstinctos arbitraremur.

>Immo vero< inquit >hi vivunt, qui e corporum vinculis tamquam e carcere evolaverunt, vestra vero, quae dicitur, vita mors est. Quin tu aspicis ad te venientem Paulum patrem?< Quem ut vidi, equidem vim lacrimarum profudi, ille autem me complexus atque osculans Aere prohibebat. [15] (19) [ X V ] Atque ut ego primum fletu represso loqui posse coepi: >Quaeso< inquam >pater sanctissime atque optime, quoniam haec est vita, ut Africanum audio dicere, quid moror in terris? Quin hue ad vos venire propero ?
Aber damit du dich, Africanus, noch entschlossener um den Schutz der Republik bemühst, führe dir Folgendes vor Augen: Für alle, die das Vaterland bewahrt, ihm geholfen und es vergrößert haben, gibt es zuverlässig einen bestimmten Platz im Himmel, wo sie ein ewiges Leben in Seligkeit genießen. Denn nichts, was auf Erden geschieht, ist jenem obersten Gott, der die ganze Welt regiert, von allem willkommener als die Zusammenschlüsse und die durch das Recht verknüpften Vereinigungen von Menschen, die man als Staaten bezeichnet: Deren Lenker und Bewahrer kommen von hier und kehren hierher zurück.< [14] (18) [XIV] Wenn ich mich in diesem Augenblick auch sehr erschrocken habe, nicht so sehr aus Angst vor dem Tod als vor den Gefahren, die mir von meinen Angehörigen drohten, fragte ich trotzdem, ob er selbst und mein Vater Paullus und die anderen, von denen wir annahmen, dass sie schon tot seien, noch lebten. >Ja, in Wirklichkeit leben alle, die aus den Verbindungen mit ihrem Körper wie aus einem Gefängnis entkommen sind. Dagegen ist euer Leben, wie es heißt, der Tod. Warum siehst du deinen Vater Paullus nicht an, der gerade zu dir kommt ?< Als ich ihn erblickt hatte, vergoss ich einen Strom von Tränen; er aber umarmte und küsste mich und hinderte mich auf diese Weise an meinen Tränen, [15] (19) [ X V ] und sobald ich angefangen hatte zu sprechen und mein Weinen unterdrückt hatte, sagte ich: >Bitte, ehrwürdigster und bester Vater, da dies das Leben ist, wie ich Africanus sagen höre, aus welchem Grund bleibe ich dann noch auf der Erde? Warum beeile ich mich nicht, zu euch zu kommen ?
Non est ita< inquit ille. >Nisi enim deus is, cuius hoc templum est omne, quod conspicis, istis te corporis custodiis liberaverit, hue tibi aditus patere non potest. Homines enim sunt hac lege generati, qui tuerentur ilium globum, quem in hoc templo medium vides, quae terra dicitur, iisque animus datus est ex illis sempiternis ignibus, quae sidera et stellas vocatis, quae globosae et rotundae, divinis animatae mentibus, circuios suos orbesque conficiunt celeritate mirabili. Quare et tibi, Publi, et piis omnibus retinendus animus est in custodia corporis nec iniussu eius, a quo ille est vobis datus, ex hominum vita migrandum est, ne munus humanum assignatum a deo defugisse videamini. [16] (20) [ X V I ] Sed sic, Scipio, ut avus hic tuus, ut ego, qui te genui, iustitiam cole et pietatem, quae cum magna in parentibus et propinquis tum in patria maxima est: Ea vita via est in caelum et in hunc coetum eorum, qui iam vixerunt, et corpore laxati ilium incolunt locum, quem vides - < (erat autem is splendidissimo candore inter flammas circus elucens) > - quem vos, ut a Graiis accepistis, orbem lacteum nuncupatis.
Quaeso< inquit Africanus >quousque humi defixa tua mens erit? N o n n e aspicis, quae in templa veneris? N o v e m tibi orbibus vel potius globis conexa sunt omnia, quorum unus est caelestis, extimus, qui reliquos omnes complectitur, summus ipse deus arcens et continens ceteros; in quo sunt infixi illi, qui volvuntur, stellarum cursus sempitemi. Cui subiecti sunt septem, qui versan tur retro contrario motu atque caelum. E x quibus summum globum possidet illa, quam in terris Saturniam nominant. Deinde est hominum generi prosperus et salutaris ille fulgor, qui dicitur Iovis; tum rutilus horribilisque terris, quem Martium dicitis; deinde subter mediam fere regionem Sol obtinet, dux et princeps et moderator luminum reliquorum, mens mundi et temperatio, tanta magnitudine, ut cuncta sua luce lustret et compleat. Hunc ut comités consequuntur Veneris alter, alter Mercurii cursus, in infimoque orbe Luna radiis solis accensa convertitur. Infra autem iam nihil est nisi mortale et caducum praeter ánimos muñere deorum hominum generi datos; supra Lunam sunt aeterna omnia. N a m ea, quae est media et nona, Tellus, neque movetur et infima est, et in eam feruntur omnia nutu suo p o n d e r a i

[18] (22) [XVIII] Quae cum intuerer stupens, ut me recepì:

SECHSTES BUCH

schien mir die Erde selbst so klein zu sein, dass ich mich fiir unser Reich, mit dem wir gewissermaßen nur einen Punkt der Erde berühren, schämte. [17] (21) [XVIl] Als ich sie noch weiter anschaute, sagte Afncanus: >Ich bitte dich, wie lange wird dein Geist denn noch auf den Boden fixiert bleiben? Siehst du nicht, in welch heiligen Bezirk du gelangt bist? In neun Kreisen oder vielmehr Sphären ist dir alles miteinander verbunden: eine von diesen ist die himmlische Sphäre, die äußerste, die alle übrigen umgreift, der höchste Gott selbst, der die übrigen Sphären im richtigen Abstand zueinander hält; an diese sind jene auf ihren Bahnen ewig kreisenden Sterne angeheftet. Unter ihm befinden sich sieben, die sich rückwärts in die dem Himmel entgegengesetzte Richtung drehen. Eine dieser Sphären hat jener Stern in Besitz, den man auf Erden Saturn nennt. Daran schließt sich jener Glück und Gesundheit verheißende Glanz an, der Jupiter gehören soll; dann kommt die rötliche und der Erde Schrecken bringende Sphäre, die dem Mars zu Eigen ist, wie es heißt; darauf beherrscht den Bereich etwa in der Mitte der sieben Sphären die Sonne, die Herrin, die fuhrende Macht und Lenkerin aller übrigen Lichtquellen, der Geist und die ordnende Kraft der Welt, und zwar mit solcher Stärke, dass sie alles mit ihrem Licht erleuchtet und erfüllt. Daran schließen sich wie Begleiter die Sphären einerseits der Venus und andererseits des Merkur an, und ganz unten dreht sich der Mond, der von den Strahlen der Sonne erleuchtet ist. Weiter unten aber gibt es nur Sterbliches und Hinfälliges, außer den Seelen, die dem Menschengeschlecht als göttliche Gabe überlassen wurden; oberhalb des Mondes ist alles ewig. Denn die Erde, die sich in der Mitte befindet und die neunte Sphäre besitzt, bewegt sich nicht und bildet den tiefsten Punkt. Und zu ihr streben alle Massen hin aufgrund ihrer eigenen Schwerkräfte [18] (22) [XVIII] Als ich das alles nun staunend betrachtete, fragte ich,

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LIBER SEXTVS

>Quid hic, inquam, quis est, qui complet aures, tantus et tam dulcís sonus ?< >Hic est< inquit >ille, qui intervallis disiunctus imparibus, sed tarnen pro rata parte distinctis, impulsu et motu ipsorum orbium efficitur et acuta cum gravibus temperans varios aequabiliter concentus efficit. N e c enim silentio tanti motus incitan possunt, et natura fert, ut extrema ex altera parte graviter, ex altera autem acute sonent. Q u a m ob causam summus ille caeli stellifer cursus, cuius conversio est concitatior, acuto et excitato movetur sono, gravissimo autem hic lunaris atque infimus; nam terra nona immobilis manens una sede semper haeret complexa medium mundi locum. Illi autem octo cursus, in quibus eadem vis est duorum, septem efficiunt distinctos intervallis sonos, qui numerus rerum omnium fere nodus est; quod docti homines nervis imitati atque cantibus aperuerunt sibi reditum in hunc locum, sicut alii, qui praestantibus ingeniis in vita humana divina studia coluerunt. [19] (23) H o c sonitu oppletae aures hominum obsurduerunt; nec est ullus hebetior sensus in vobis, sicut, ubi Nilus ad ilia, quae Catadupa nominantur, praecipitat ex altissimis montibus, ea gens, quae ilium locum accolit, propter magnitudinem sonitus sensu audiendi caret. Hic vero tantus est totius mundi incitatissima conversione sonitus, ut eum aures hominum capere non possint, sicut intueri solem adversum nequitis, eiusque radiis acies vestra sensusque vincitur.
Was ist das fur ein starker und angenehmer Ton, der meine Ohren erfüllt ?< >Das ist jener Tonder durch ungleiche, aber in einem bestimmten Verhältnis sinnvoll abgestimmte Intervalle als Folge von Schwung und Bewegung der Sphären entsteht und, hohe mit tiefen Tonen ins rechte Verhältnis bringend, verschiedene Harmonien bewirkt Denn so große Bewegungen können nicht in Stille erfolgen, und es ist natürlich, dass das Äußere auf der einen Seite tief auf der anderen Seite aber hoch klingt Aus diesem Grund dreht sich jene höchste sterntragende Sphäre, deren Umdrehung schneller ist, mit einem hohen, durchdringenden Ton, aber die unterste Mondsphäre hier mit einem sehr tiefen Ton; denn die Erde bleibt als neunte unbewegliche Sphäre immer an ein und derselben Stelle, indem sie den Mittelpunkt der Welt bildet Jene acht Bahnen aber, von denen zwei dieselbe Kraft haben, rufen sieben unterschiedliche Tone hervor, die sich durch Intervalle voneinander abhebea Diese Zahl der sieben Tone bildet die Verbindung fast aller Dinge; das haben Fachleute mit Saiteninstrumenten und Gesangsstimmen nachgeahmt und sich selbst die Rückkehr an diesen Ort eröffnet wie auch die anderen Menschen, die mit ihren überragenden Fähigkeiten im menschlichen Leben erhabene philosophische Studien betrieben haben. [19] (23) Von diesen Klängen erfüllt, sind die Ohren der Menschen taub geworden, und kein Sinnesorgan ist bei euch stärker abgestumpft Genauso hat auch das Volk, das dort lebt, wo der Nil von den höchsten Beigen zu den so genannten Katarakten hinabstürzt, aufgrund des mächtigen Getöses keinen Gehörsinn mehr. Dieser Ton der gesamten Welt ist aber aufgrund der sehr schnellen Umdrehung so hoch, dass ihn die Ohren der Menschen nicht erfassen können, wie ihr auch nicht in die Sonne sehen könnt und eure Sehkraft und Wahrnehmungsfähigkeit von ihren Strahlen außer Kraft gesetzt wird.
Sentio< inquit >te sedem etiam nunc hominum ac d o m u m contemplari; quae si tibi parva, ut est, ita videtur, haec caelestia semper spectato, illa humana contemnito. Tu enim quam celebritatem sermonis hominum aut quam expetendam consequi gloriam potes? Vides habitari in terra raris et angustis in locis et in ipsis quasi maculis, ubi habitatur, vastas solitudines interiectas eosque, qui incolunt terram, non m o d o interruptos ita esse, ut nihil inter ipsos ab aliis ad alios manare possit, sed partim obliquos, partim transversos, partim etiam adversos stare vobis: A quibus exspectare gloriam certe nullam potestis. [21] (25) [ X X ] Cernís autem eandem terram quasi quibusdam redimitam et circumdatam cingulis, e quibus duos maxime inter se diversos et caeli verticibus ipsis ex utraque parte subnixos obriguisse pruina vides, medium autem illum et maximum solis ardore torreri. D u o sunt habitabiles, quorum australis ille, in quo, qui insistunt, adversa vobis urgent vestigia, nihil ad vestrum genus; hic autem alter subiectus aquiloni, quem incolitis, cerne quam tenui vos parte contingat! Omnis enim terra, quae colitur a vobis, angustata verticibus, lateribus latior, parva quaedam insula est circumfusa ilio mari, quod >AtlanticummagnumOceanum< appellatis in terris; qui tamen tanto nomine quam sit parvus, vides. [22] (26) E x his ipsis cultis notisque terris num aut tuum aut cuiusquam nostrum nomen vel Caucasum hunc, quem cernís, transcendere potuit vel illum Gangem tranatare? Quis in reliquis orientis aut obeuntis solis ultimis aut aquilonis austrive partibus tuum nomen

SECHSTES BUCH

[20] (24) [XIX] Voller Staunen darüber richtete ich dennoch immer wieder meine Augen auf die Erde. Da sagte Africanus: >Ich merke, dass du auch jetzt noch den Wohnsitz und die Heimat der Menschen betrachtest; wenn sie dir so klein erscheint, wie sie ist, dann schau doch immer diese himmlischen Phänomene an und lass jene menschlichen Verhältnisse unberücksichtigt. Denn wie groß ist deine Berühmtheit im Munde der Menschen und wie erstrebenswert die Anerkennung, die du erreichen kannst? Du siehst, dass man auf der Erde nur an wenigen, eng begrenzten Plätzen wohnt und dass ausgerechnet an diesen schmalen Streifen gewissermaßen, wo man lebt, sich ungeheure Wüsten ausdehnen und die Menschen, die dort die Erde bewohnen, so voneinander getrennt sind, dass jeglicher Verkehr zwischen ihnen ausgeschlossen ist und sie vielmehr einerseits »Gegenbewohner«, 168 andererseits >Nebenbewohner< 209 oder gar >Antipoden< 17 ° zu euch sind: Von diesen könnt ihr nun wirklich keine Anerkennung erwarten. [21] (25) [XX] Merkst du aber, dass sich dieselbe Erde sozusagen in bestimmte Zonen gliedert, und siehst du, dass zwei von ihnen, die am meisten voneinander entfernt sind und sich aufbeiden Seiten auf die Pole des Himmels stützen, von ewigem Eis bedeckt sind und jene größte Zone in der Mitte aber von der Sonnenhitze ausgedörrt wird? Zwei Zonen (der Erdkugel) sind bewohnbar, von denen jene südliche, in der die dortigen Menschen mit ihren Füßen euch entgegengesetzt stehen, nichts mit eurem Teil der Menschheit zu tun hat; aber sieh doch, wie schmal der Streifen der entsprechenden nördliche Zone hier ist, die ihr bewohnt: Denn das ganze von euch bewohnte Land, das sich nach oben und nach unten verengt und an den Seiten breiter wird, ist wie eine kleine Insel, die von dem Ozean umspült wird, den ihr auf eurer Erde als den Atlantischen, den großen bezeichnet; doch du siehst, wie klein er trotz seines so großartigen Namens ist. [22]

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audiet? Quibus amputatis cernís profecto, quantis in angustiis vestra se gloria dilatari velit. Ipsi autem, qui de nobis loquuntur, quam loquentur diu? [23] (27) [XXI] Quin etiam si cupiat proles ilia futurorum hominum deinceps laudes unius cuiusque nostrum a patribus acceptas posteris prodere, tarnen propter eluviones exustionesque terrarum, quas accidere tempore certo necesse est, non modo non aetemam, sed ne diutumam quidem gloriam assequi possumus. Quid autem interest ab iis, qui postea nascentur, sermonem fore de te, cum ab iis nullus fuerit, qui ante nati sunt, qui nec pauciores et certe meliores fueruntviri? [24] (28) [XXII] Praesertim cum apud eos ipsos, a quibus audiri nomen nostrum potest, nemo unius anni me· moriam consequi possit. Homines enim populariter annum tantummodo solis, id est unius astri, reditu metiuntur; reapse autem cum ad idem, unde semel profecta sunt, cuncta astra redierint eandemque totius caeli discriptionem longis intervallis rettulerint, tum ille vere vertens annus appellari potest; in quo vix dicere audeo, quam multa hominum saecula teneantur. Namque ut olim deficere sol hominibus exstinguique visus est, cum Romuli animus haec ipsa in tempia penetravit, quandoque ab eadem parte sol eodemque tempore iterum defecerit, tum signis omnibus ad principium stellisque revocatis expletum annum habeto; cuius quidem anni nondum vicesimam partem scito esse conversam. [25] (29) [XXIII] Quocirca si reditum in hunc locum desperaveris, in quo omnia sunt magnis et praestantibus viris, quanti tandem est ista hominum gloria, quae pertinere vix ad unius anni partem exiguam potest? Igitur, alte spectare si voles atque hanc sedem et

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(26) Hat etwa dein Name oder der irgendeines anderen von uns, von diesen bewohnten und bekannten Ländern ausgehend den Kaukasus, den du hier siehst, überschreiten oder jenen Ganges überqueren können? Wer wird denn in den übrigen, am weitesten entfernten Gegenden des Ostens, des Westens, des Nordens oder Südens deinen Namen hören? Wenn du dir diese Regionen abgetrennt vorstellst, erkennst du wirklich, wie schmal der Streifen ist, auf dem sich euer Ruhm verbreiten will. Wie lange werden aber jene, die über uns sprechen, überhaupt noch sprechen? [23] (27) [XXI] Und selbst wenn jene künftigen Generationen der Reihe nach die von den Vorfahren überlieferten Ruhmestaten eines jeden von uns ihren Nachkommen weitergäben, könnten wir trotzdem wegen der Überschwemmungen und Zerstörungen der Erde, die zwangsläufig periodisch vorkommen, nicht nur keinen unsterblichen, sondern nicht einmal einen lange währenden Ruhm erwerben. Was aber hat es für eine Bedeutung, dass die Nachgeborenen über dich reden, während von denen, die vor dir geboren wurden, die in nicht geringerer Zahl existierten und die bestimmt bessere Männer waren, auch nicht über dich geredet wird? [24] (28) [XXII] Hinzu kommt, dass bei eben diesen Leuten, von denen unser Name gehört werden kann, keiner die Erinnerung eines einzigen Weltjahres271 erreichen könnte. Denn gewöhnlich rechnen die Menschen ein Jahr eben nur nach der Umlaufzeit der Sonne, das heißt eines einzigen Gestirns; in Wahrheit aber kann man erst dann ein Jahr als wirklich abgelaufen bezeichnen, wenn alle Sternbilder die Stelle wieder eingenommen haben, wo sie sich einmal befanden, und so dieselbe Konstellation am gesamten Himmel nach langen Zeiträumen wieder hergestellt haben. Wie viele Jahrhunderte der Menschen in einem solchen Jahr enthalten sind, wage ich kaum zu sagen. Denn erst wenn die Sonne, wie sie einst den Menschen sich zu verfinstern und zu verlöschen schien, als

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aeternam d o m u m contueri, ñeque te sermonibus vulgi dederis nec in praemiis humanis spem posueris rerum tuarum. Suis te oportet illecebris ipsa virtus trahat ad verum decus. Quid de te alii loquantur, ipsi videant! Sed loquentur tarnen; sermo autem omnis ille et angustiis cingitur iis regionum, quas vides, nec umquam de ullo perennis fuit et obruitur hominum interitu et oblivione posteritatis exstinguitur.
Ego vero< inquam >Africane, si quidem bene meritis de patria quasi limes ad caeli aditus patet, quamquam a pueritia vestigiis ingressus patris et tuis decori vestro non defui, nunc tarnen tanto praemio exposito enitar multo vigilantius.
Tu vero enitere et sic habeto, non esse te mortalem,

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die Seele des Romulus in eben diese heiligen Hallen eindrang, sich an derselben Stelle und zu demselben Zeitpunkt ein zweites Mal verfinstert und wenn dann alle Sternbilder und Sterne an ihre Ausgangspositionen zurückgekehrt sind, sollst du ein Jahr als vollendet betrachten; doch sollst du wissen, dass noch nicht der zwanzigste Teil dieses Jahres 272 abgelaufen ist. [25] (29) [XXIII] Wenn du deshalb an der Rückkehr zu diesem Ort verzweifelst, worin sich alles erfüllt, was für große und hervorragende Männer von Bedeutung ist, wie wenig ist dann wohl noch dieser Ruhm der Menschen wert, der kaum einen winzigen Teil eines einzigen (Welt-) Jahres überdauern kann? Wenn du also nach oben schauen und diese Wohnstätte und dieses ewige Haus betrachten willst, darfst du dich nicht dem Gerede des gewöhnlichen Volkes hingeben und dir keine Hoffnung auf menschlichen Lohn fur deine Leistungen machen. Es ist notwendig, dass dich schon deine Fähigkeiten und Leistungen als solche durch ihre eigenen Anreize273 zu wahrem Ruhm bringen. Was andere über dich reden, sollen sie selbst sehen! Aber reden werden sie trotzdem; jenes Gerede aber wird einerseits durch diese Enge der räumlichen Ausdehnung, wie du sie hier wahrnimmst, beschränkt und dauerte zudem noch nie bei jemandem über lange Zeit an; außerdem wird es durch den Tod der Menschen überschattet und fällt dem Vergessen der Nachwelt anheim.< [26] (30) [XXIV] Als er dies gesagt hatte, entgegnete ich: >Wenn wirklich jenen, die sich um das Vaterland verdient gemacht haben, Africanus, gewissermaßen ein Weg zum Tor des Himmels offen steht, dann will ich mich jetzt, obwohl ich von Kindheit an in meines Vaters und in deine Spuren getreten bin und eurem Ruhm keine Schande bereitet habe, dennoch viel aufmerksamer darum bemühen, wo doch eine so hohe Belohnung in Aussicht gestellt ist.< Darauf erwiderte er: >Ja, bemüh dich darum und sei dir darüber im Kla-

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sed corpus hoc; nec enim tu is es, quem forma ista declarat, sed mens cuiusque is est quisque, non ea figura, quae digito demonstran potest. D e u m te igitur scito esse, si quidem est deus, qui viget, qui sentit, qui meminit, qui providet, qui tam regit et m o d e r a t o et movet id corpus, cui praepositus est, quam hunc mundum ille princeps deus, et ut mundum ex quadam parte mortalem ipse deus aeternus, sic fragile corpus animus sempiternus movet. [27] (31) [ X X V ] N a m quod semper movetur, aeternum est; quod autem motum affert alicui, quodque ipsum agitatur aliunde, quando finem habet motus, vivendi finem habeat necesse est. Solum igitur, quod se movet, quia numquam deseritur a se, numquam ne moveri quidem desinit. Qiiin etiam ceteris, quae moventur, hic fons, hoc principium est movendi. Principii autem nulla est origo; nam ex principio oriuntur omnia, ipsum autem nulla ex re alia nasci potest; nec enim esset id principium, quod gigneretur aliunde. Quodsi numquam oritur, ne occidit quidem umquam. N a m principium exstinctum nec ipsum ab alio renascetur nec ex se aliud creabit, si quidem necesse est a principio oriri omnia. Ita fit, ut motus principium ex eo sit, quod ipsum a se movetur. Id autem nec nasci potest nec mori; vel concidat omne caelum omnisque natura et consistât necesse est nec vim ullam nanciscatur, qua a primo impulsa moveatur. [28] (32) [ X X V I ] C u m pateat igitur aeternum id esse, quod a se ipso moveatur, quis est, qui hanc naturam animis esse tributam neget? Inanimum est enim omne, quod pulsu agitatur externo; quod autem est animal, id motu cietur interno et suo; nam haec est propria natura animi atque vis. Quae si est una ex omnibus,

SECHSTES BUCH

ren, dass du selbst nicht sterblich bist, sondern nur dein Körper hier; denn du bist nicht der, der diese äußere Form hat, sondern wie bei jedem ist es der Geist, der einen ausmacht, nicht die Gestalt, auf die man mit dem Finger zeigen kann. Du musst also wissen, dass du ein Gott bist - 2 7 4 jedenfalls wenn ein Gott ein Wesen ist, das Lebenskraft besitzt, Empfindungen hat, sich erinnern kann, in die Zukunft blickt und den Körper, dem es gebietet, so beherrscht, lenkt und bewegt wie jener oberste Gott diese Welt hier. Und so wie jener die Welt bewegt, die teilweise sterblich ist, so bewegt die unsterbliche Seele den sterblichen Körper. [27] (31) [XXV] Denn was sich ununterbrochen bewegt, ist ewig;*75 was aber jemandem Bewegung bringt, selbst jedoch von anderswoher bewegt wird, muss aufhören zu leben, wenn die Bewegung ein Ende hat. Allein das also, was sich selbst bewegt, hört ohne Zweifel niemals aufj sich selbst zu bewegen, weil es sich selbst niemals verlässt. Ja, auch fur alles andere, das sich bewegt, ist dies die Quelle und der Anfang der Bewegung. Ein Anfang hat aber keinen Ursprung; denn aus dem Anfang entsteht alles, er selbst aber kann aus nichts anderem hervorgehen; denn was von anderswoher entstünde, wäre kein Anfang. Wenn es nun niemals entsteht, kann es auch niemals vergehen. Denn ein vernichteter Anfang wird selbst weder durch einen Anstoß von außen wieder in Gang gebracht noch etwas anderes aus sich heraus hervorbringen, wenigstens wenn es unausweichlich ist, dass alles aus einem Anfang entsteht. So geschieht es, dass der Anfang der Bewegung aus dem hervorgeht, was von sich selbst bewegt wird. Dies aber kann weder entstehen noch vergehen, es sei denn, der ganze Himmel und die ganze Welt würden zusammenstürzen und zum Stillstand kommen und keine Kraft mehr erhalten, von der sie erneut angestoßen wurden und in Bewegung kämen. [28] (32) [XXVI] Da also offenkundig ist, dass ewig ist, was sich von selbst bewegt, wer könnte da kommen und ver-

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F R A G M E N T A INCERTAE SEDIS

quae sese moveat, neque nata certe est et aeterna est. [29] (33) Hanc tu exerce optimis in rebus! Sunt autem optimae curae de salute patriae; quibus agitatus et exercitatus animus velocius in hanc sedem et domum suam pervolabit; idque ocius faciet, si iam tum, cum erit inclusus in corpore, eminebit foras et ea, quae extra erunt, contemplans quam maxime se a corpore abstrahet. Namque eorum animi, qui se corporis voluptatibus dediderunt earumque se quasi ministros praebuerunt impulsuque libidinum voluptatibus oboedientium deorum et hominum iura violaverunt, corporibus elapsi circum terram ipsam volutantur nec hunc in locum nisi multis exagitati saeculis revertuntur.< Ille discessit; ego somno solutus sum.«

F R A G M E N T A INCERTAE SEDIS 1. Deinde Ennianos colligit versus et in primis illos de Africano scriptos: ... cui nemo civis neque hostis quibit prof actis reddere opispretium.

FRAGMENTE / TESTIMONIEN

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neinen, dass dies das Wesen der Seelen ist? Denn seelenlos ist alles, was durch einen Anstoß von außen in Bewegung gesetzt wird; was aber ein beseeltes Wesen ist, das wird durch seine eigene innere Bewegung angetrieben, denn dies ist die ureigene Natur und die spezifische Eigenschaft der Seele. Wenn sie die einzige Kraft ist, die sich selbst bewegt, dann ist sie sicher nicht entstanden und vielmehr unsterblich. [29] (33) Übe du diese Kraft durch wertvollste Leistungen! Am wertvollsten aber ist der Einsatz fur das Wohl des Vaterlandes, durch den die Seele angespornt und geübt schneller zu diesem Wohnsitz und in ihr Haus gelangen wird; und dies wird sie eher erreichen, wenn sie schon in der Zeit, da sie im Körper eingeschlossen ist, nach draußen strebt, und sich, indem sie alles, was außerhalb ist, gedanklich verarbeitet, möglichst weit von ihrer körperlichen Hülle entfernt Denn die Seelen jener Menschen, die sich körperlichen Genüssen hingegeben und sich gewissermaßen in deren Dienst gestellt haben und die, von Trieben im Banne der Genüsse veranlasst, die Rechte der Götter und Menschen verletzt haben, schwirren nach dem Verlassen ihrer Körper dicht über der Oberfläche der Erde und kehren erst dann an diesen Ort zurück, wenn sie viele Jahrhunderte umhergeirrt sind.< Er verschwand; ich erwachte aus dem Schlaf«

FRAGMENTE / TESTIMONIEN, DIE SICH NICHT ZUVERLÄSSIG ZUORDNEN LASSEN 1. Dann stellt er (Cicero) Verse des Ennius zusammen und vor allem solche, die von Scipio Africanus handeln:176 Diesem konnte weder ein Bürger noch ein Fremder fir seine Taten den Lohn seiner Leistung geben.

3061 F R A G M E N T A I N C E R T A E SEDIS

Ex hoc se ait intellegere Diktator< bezeichnet worden war ... 7. Dabei stimme ich zu, dass eine beunruhigte und gefahrliche Gerechtigkeit nicht Sache eines Weisen ist.182 8. Es gibt etwas Beunruhigendes in einzelnen Menschen, das sowohl durch Lust maßlos wird als auch durch Mühsal vergeht.283 9. ... ( willkommen ist uns) die Rede des Laelius, die wir alle in den Händen haben, wie die Opferschalen der Priester den unsterblichen Göttern willkommen sind und ebenso auch die samischen Henkelschalen, wie er schreibt.284 10a. Wie der Spartaner Menelaos eine gewisse Anziehungskraft verbunden mit einer angenehm klingenden Stimme besaß ... 285 10b. Eine knappe Ausdrucksweise soll er kultivieren ... i 8 6 11. Er soll sich anstrengen ... 1 8 7

308 [ F R A G M E N T A DVBIA

12. Excellunt ... 13.

... de instituendo principe civitatis, quem dicit alendum esse

gloria ... FRAGMENTA DVBIA 1. Praeterea est quaedam publica etiam eruditorum reiectio. Utitur illa et M. Tullius extra omnem ingenii aleam positus, et quod miremur, per advocatum defenditur: >nec doctissimis [...].

Manium

Persium haec legere nolo, Iunium Congum volo.< Quodsi hoc Lucilius, qui primus condidit stili nasum, dicendum sibiputavit, Cicero mutuandum,praesertim cum de república scriberet, quanto nos causatius ab aliquo iudice defendimur?

2. Profecto, inquit, omnis istorum disputatici, quamquam ubérrimos fontes virtutis et scientiae continet, tamen collata cum eorum actis perfectisque rebus vereor, ne non tamen videatur utilitatis attulisse negotiis hominum quantam oblectationem otii. 3. Odo genera poenarum in legibus esse scribit Cicero: damnum vincla verbera talionem ignominiam exsilium mortem servitutem. 4. Etenim si nemo est, quin emori malit quam converti in aliquam figuram bestiae, quamvis hominis mentem sit habiturus, quanto est miserius in hominis figura animo esse efferato? Mihi quidem tanto videtur, quanto praestabilius est animus corpore.

ZWEIFELHAFTE FRAGMENTE

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12. Sie ragen hervor ... 2 8 8 13. ... über die Einsetzung desfahrendenStaatsmannes, der mit der Aussicht auf Ruhm motiviert werden müsse ...l89

ZWEIFELHAFTE FRAGMENTE 1. Außerdem gibt es auch ein gewisses öffentliches Interesse daran, Fachleute (als Kritiker) abzulehnen. Auch M. Tullius, der über jeden Zweifel an seinem Talent erhaben ist, bedient sich dieser Ablehnungund lässtsich, worüber wir uns wundern, durch einen Anwalt verteidigen: >Ich schreibe nichtfardie besonders gelehrten Leute. Ich will nicht, dass Manius Persius dies liest, aber doch Iunius Congus.< Wenn Lucilius, der als Erster die Grundlagen der Satire schuf, dies sagen und Cicero es übernehmen zu müssen glaubte, besonders als er sein Werk De re publica schrieb, mit wie viel größerem Recht können wir uns dann gegen einen (kritischen) Richter zur Wehrsetzeni090 2. Wirklich, sagte er, furchte ich, dass die Darstellung dieser Leute insgesamt, obwohl sie sehr reichhaltige Voraussetzungen der Tüchtigkeit und der Wissenschaft enthält, dennoch unter Berücksichtigung ihrer Taten und erbrachten Leistungen den Geschäften der Menschen nicht so viel Nutzen verschafft haben wie Vergnügen in einem Dasein der Muße. 29 ' 3. Tullius schreibt, acht Arten von Strafen seien gesetzlich vorgesehen: Geldbuße, Gefängnis, Prügel, Wiedergutmachung, Ehrlosigkeit, Verbannung, Tod, Knechtschaft.292 4. Wenn es nämlich niemanden gibt, der nicht lieber sterben wollte, als sich in die Gestalt irgendeines Tieres zu verwandeln, obwohl er den Geist eines Menschen behalten würde, wie viel elender ist es, in der Gestalt eines Menschen eine tierische Seele zu haben? Mir scheint dies um so viel elender zu sein, wie die Seele den Körper überragt.293

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F R A G M E N T A DVBIA

5. Se non putare idem esse arietis et Publi Africani bonum. 6. Ad militiam euntibus dari solitos esse custodes, a quibus primo anno regantur. 7. Comoediam

esse imitationem vitae, speculum consuetudinis,

imaginem veritatis. 8. C u m q u e nihil tam incorruptum esse debeat in re publica quam suffragium, quam sententia, non intellego, cur, qui ea pecunia corruperit, poena dignus sit, qui eloquentia, laudem etiam ferat. Mihi quidem hoc plus mali facere videtur, qui oratione quam qui pretio iudicem corrumpit, quod pecunia corrumpere prudentem n e m o potest, dicendo potest. 9. Asíanos oratores ditrochaeo clausulas terminare. 10. Causa difficilis laudare puerum; non enim res laudanda, sed spes est. 11. Quod nullus sit patriae consulendi modus autfinis bonis. 12. Quicumque epulis et conviviis et sumptibus existimationem hominum sibi conciliant, palam ostenduntsibi verum decus, quod ex virtute ac dignitate nascitur, deficere. 13. Leniter atque placide fides, non vi et Ímpetu concuti debere.

ZWEIFELHAFTE FRAGMENTE

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5. Er nehme nicht an, dass das, was far einen Widder gut sei, auchfarPublius Aßicanus gelte.194 6. Denen, dieden Kriegsdienst anträten, würden gewöhnlich Bäreuer mitgegeben, von denen sie im ersten Jahr angeleitet werden sollten.19S 7. Eine Komödie sei eine Nachahmung des Lebens, ein Spiegel der Gewohnheit, ein Abbild der Wahrheit296 8. Und da nichts im Staat so unanfechtbar sein muss wie die Abstimmung oder die Meinungsäußerung, sehe ich nicht ein, warum derjenige, der diese mit Geld korrumpiert, Strafe verdient, wer es aber mit seiner Beredsamkeit tut, sogar Anerkennung erhält. Mir scheint allerdings derjenige größeren Schaden anzurichten, der mit seiner Rede, als derjenige, der mit Geld den Richter besticht, weil niemand einen klugen Menschen mit Geld bestechen kann, aber wohl mit Reden.297 9. Die asianischen Redner298 bildeten Klauseln mit einem Ditrochaeus. 10. Es ist eine schwierige Sache, ein Kind zu loben; denn es gibt keine lobenswerte Sache, nur eine Hoffnung. 299 u. Weil esfar die Tüchtigen kein Maß und keine Grenze gibt, dem Vaterland zu helfen ...3°° 12. Jeder, der far sich durch Gelage, Gastmähler und sonstigen Aufwand die hohe Wertschätzung der Menschen gewinnt, zeigt öffentlich, dass ihm wahrer Ruhm, der aus Tüchtigkeit und Würde erwächst, fehlt. 23. Sanft und vorsichtig, nicht gewaltsam und stürmisch müsse die Laute geschlagen werden}01

ANHANG

ANMERKUNGEN ι

Die folgende Übersetzung basiert auf der neuen Textausgabe von J. G. F. Powell, Oxford 2006 (Oxford Classical Texts). Abweichungen von Powells Text, die über Änderungen der Interpunktion und die Beseitigung einiger Druckfehler hinausgehen, werden in den Anmerkungen angegeben. Powells Abweichungen von Konrat Zieglers Teubner-Ausgabe (Leipzig 1915,7. Auflage 1969) sind in einer Konkordanz der Oxford-Ausgabe verzeichnet ( L X X I I - L X X V I ) . - In spitze Klammem gestellte Zusätze zu der deutschen Übersetzung sollen die Lesbarkeit erhöhen, erheben aber nicht den Anspruch, den überlieferten lateinischen Text zu rekonstruieren oder zu korrigieren. Bei der Anfertigung der Übersetzung war auch die auf Zieglers Text basierende zweisprachige Ausgabe von Karl Büchner hilfreich: Marcus Tullius Cicero. De re publica - Der Staat. Lateinisch und deutsch, Zürich '1960 (Bibliothek der Alten Welt, später Sammlung Tusculum; seit 1979 auch in Reclams Universal-Bibliothek u.d.T. Vom Gemeinwesen).

2 Mit »diesen Leuten« meint Cicero wahrscheinlich die Epikureer. 3 In runden Klammern stehen die Zahlen der Kapitel, in die die einzelnen Bücher traditionell unterteilt sind; in eckigen Klammern werden die Nummern der verschiedenen Quatemionen des Palimpsests mit einer römischen Zahl bezeichnet. Mit spitzen Klammem werden plausible Ergänzungen des Textes gekennzeichnet, die z.T. auch schon auf Angelo Mai zurückgehen und die die Lesbarkeit des lateinischen Textes erhöhen sollen. Auch die in spitze Klammem gesetzten Ergänzungen des deutschen Textes sollen die Lesbarkeit des Textes unterstützen. 4

Die fur Rom gefährlichsten Bedrohungen gingen in der Zeit vor den Punischen Kriegen von den Galliern und von Pyrrhus von Epirus aus. Aus Ciceros Sicht gäbe es Rom nicht mehr, wenn es sich nicht auf die genannten Männer hätte verlassen können. Büchner weist in seinem Kommentar (1984,77) auf das »ungeheure Bedingungsgefuge« hin, dessen Protasis nicht erhalten ist

5 C. Duilius, Konsul 260 v. Chr., Diktator 231, besiegte im Ersten Punischen Krieg 261 die karthagische Flotte; mit den erbeuteten Schilfsschnäbeln (rostra), wurde eine zu Ehren des Duilius auf dem Forum in Rom errichtete Säule geschmückt (Quintilian 1, 7,12). - Atilius, Konsul 258 und 254 v. Chr., Diktator 249, war ebenfalls ein erfolgreicher Heerführer im Ersten Punischen Krieg. - Metellus, Konsul 251 und 237 v. Chr., Diktator 224, errang militärische Erfolge gegen den

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ANHANG

Karthager Hasdrubal auf Sizilien. Die beiden Scipionen waren Publius Cornelius Scipio, Konsul 218 v. Chr., und Gnaeus Cornelius Scipio, Konsul 222. Beide fielen im Kampf gegen die Karthager 211 v. Chr.. 6 Quintus Fabius Maximus, mehrfach Konsul seit 233 v. Chr., Diktator 217, rettete Rom nach der verlorenen Schlacht am Trasimenischen See 217 durch seine Verzögerungstaktik; M. Claudius Marcellus, mehrfach Konsul seit 222 v. Chr., stärkte nach der verlorenen Schlacht bei Cannae 216 den Widerstandswillen der Römer; Publius Cornelius Scipio Africanus maior besiegte Hannibal 202 ν. Chr. bei Zama. 7 Marcus Porcius Cato (234-149 ν. Chr.) aus Tusculum war insofern ein »Neuling«, als er nicht von Geburt an zu den nobiles gehörte, sondern sich erst durch eigene Leistung zu den hohen Staatsämtern emporarbeitete. Auch Cicero selbst war stolz darauf, ein homo novus zu sein. 8 Das sind wiederum die Anhänger des Epikur. 9 Hier wird das Bild vom »Staatsschiff« beschworen. Vgl. auch De re publica 1,7 und 1,19. Dieses verbreitete Bild wird auch von Plutarch in Praecepta gerendae rei publicae 798D ausgeführt. 10 Mit dem Begriff »Ruhe« (tranquilinas) wird auf das epikureische Ideal der γαλήνη, der »Meeresstille«, angespielt, die die »Seelenruhe« verbildlicht. 11 Damit spielt Cicero auf den Grundsatz Epikurs an: »Lebe im Verborgenen!« Die epikureische Empfehlung, in beschaulicher Zurückgezogenheit sein Leben zu genießen, hat Cato eben nicht befolgt. 12 Mit necessitai virtutis wird der naturgemäße Drang (die natürliche Motivation) des Menschen bezeichnet, höchste Leistung zu erbringen: Dieser Zwang ist unausweichlich. 13 Max Pohlenz: Stoa und Stoiker, Zürich ^964, 250-253, geht davon aus, dass Cicero diese Gedanken am Anfang von De re publica im Anschluss an eine politische Schrift des Panaitios entwickelt hat. Vgl. auch M. Pohlenz: Die Stoa. Geschichte einer geistigen Bewegung, 2 Bde. Göttingen 4 i970, II 102. 14 In De oßäis 1,19 sagt Cicero: » . . . der ganze Wert der Tugend besteht im Tätigsein (in actione).« 15 Dieser Forderung wird Cicero auch dann gerecht, wenn er aufgrund der politischen Verhältnisse an einer praktisch-politischen Tätigkeit gehindert wird. Er versteht seine philosophische Schriftstellerei nicht als einen Rückzug in die bloße Theorie, sondern als Einsatz für den Staat mit anderen Mitteln. Das gilt auch für sein Werk De república. 16 Vgl. Laktanz, Inst. 3,16,3. Mit den »Winkeln« spielt Cicero wahrscheinlich auf

ANMERKUNGEN

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die »Gärtchen« der Epikureer an, und mit den »Leuten« sind wieder die Epikureergemeint. Vgl. auch Cicero, De oratore 1,57. 17 Hier spielt Cicero auf den Gegensatz zwischen einer vita contemplativa und einer vita activa an, wobei er diese mit der Betätigung der virtus, jene mit einem Leben der voluptas gleichsetzt 18 In De imentione 2, 161 definiert Cicero einige römische Wertbegriffe, darunter auch religio und pietas: »Verpflichtung gegenüber den Göttern (religio) ist das, was Rücksichtnahme (cura) und kultische Verehrung (caerimoma) in Hinsicht auf ein höheres Wesen bedeutet, das wir göttlich nennen; Achtung vor den Mitmenschen (pietas) ist das, womit unseren Blutsverwandten und unserem Vaterland eine ehrlich gemeinte Pflichterfüllung und eine gewisssenhafte Verehrung erwiesen werden« In De inventione 2,66 hatte Cicero schon eine ähnliche Definition vorgelegt: »Als Verpflichtung gegenüber den Göttern bezeichnet man die Einstellung, die in der Ehrfurcht vor den Göttern und in ihrer kultischen Verehrung zum Ausdruck kommt; als Achtung vor den Mitmenschen das Gefiihl, das uns dazu drängt, unsere Pflicht gegenüber dem Vaterland oder den Eltern oder anderen Blutsverwandten zu erfüllen« 19 Cicero stellt in De oficiis 3, 69 fest: » . . . es gibt eine menschliche Gemeinschaft - auch wenn das schon oft gesagt wurde, muss es doch immer wieder erneut gesagt werden - , die sehr weit reicht, eine Gemeinschaft aller Menschen untereinander, eine innere Gemeinschaft der Angehörigen desselben Volkes, und eine noch engere zwischen den Bürgern derselben Bürgerschaft Deshalb unterschieden unsere Vorfahren das fur alle Volker geltende Recht (tusgentium) ausdrücklich vom Recht einer einzelnen Bürgerschaft (ius civile)·, das Recht einer einzelnen Bürgerschaft muss aber nicht ohne weiteres identisch sein mit dem für alle Völker geltenden Recht, während das für alle Volker geltende Recht mit dem Recht einer einzelnen Bürgerschaft identisch sein muss.« 20 Xenokrates war Schüler Piatons und sein zweiter Nachfolger in der Leitung der Akademie (ca. 339-315 v. Chr.). 21 Ennius, 239-169 v. Chr., galt Cicero als der größte römische Dichter. Er schuf mit seinen Annalen das römische Epos, das seinen Ruhm begründete. 22 Die Athener verdankten Miltiades den Sieg über die Perser bei Marathon im Jahr 490 v. Chr. 23 Miltiades wurde nicht in der Schlacht bei Marathon verwundet, sondern während der Belagerung von Paros. 24 Die hier vorliegende Gegenüberstellung von athenischer (griechischer) levitas (UnZuverlässigkeit) und römischer gravitas (Verantwortungsbewusstsein)

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beschwört Cicero z.B. auch in der Rede Pro Sestio 141, wo die unangemessene Behandlung des Miltiades und des Themistokles durch die Athener ebenfalls erwähnt wird. 25 Es handelt sich um die Ermordung vieler Optimaten unter Marius und Cinna. 26 Cicero spielt auf Sullas Schreckensherrschaft an. 27 Marcus Furius Camiilus war der Eroberer von Veji im Krieg gegen die Etrusker; er wurde wegen angeblicher Unterschlagung von Kriegsbeute verbannt, später zurückberufen und erwies sich 390 v. Chr. im Krieg gegen die Gallier als Retter Roms. - Gaius Servilius Ahala war Reiteroberst 439 v. Chr. unter dem Diktator Lucius Quinctius Cincinnatus; er tötete auf Befehl des Cincinnatus den Spurius Maelius, der nach der Tyrannis in Rom strebte, wurde verbannt und dann ehrenvoll aus der Verbannung zurückgerufen. - Publius Cornelius Scipio Nasica war Konsul des Jahres 138 v.Chr. und Führer der Senatoren im Kampf gegen Tiberius Sempronius Gracchus, der in den blutigen Auseinandersetzungen umkam. Nasica machte sich dadurch beim Volk so verhasst, dass er Rom verlassen musste. - Publius Popilius Laenas stellte als Konsul des Jahres 132 v. Chr. eine Untersuchung gegen die Anhänger des Tiberius Gracchus an; deshalb wurde er später von Gaius Gracchus angeklagt und ging ins Exil. - Lucius Opimius, Konsul des Jahres 121 v. Chr., unterdrückte den Aufstand des Gaius Gracchus, wurde angeklagt, aber freigesprochen. - Quintus Caecilius Metellus Numidicus, Konsul des Jahres 109 v. Chr., galt der Nobilität als der eigentliche Sieger über den Numiderfursten Jugurtha. Das Oberkommando des Heeres wurde ihm trotz siegreicher Kriegsfiihrung durch Volksbeschluss zugunsten des Marius entzogen, der 107 zum Konsul gewählt worden war. Er geriet in Konflikt mit den Popularen und musste in die Verbannung gehen, wurde später aber zurückgerufen. - Gaius Marius war mehrfach Konsul, Sieger über die Kimbern und Teutonen 102/101 v. Chr., wurde 88 zum Oberbefehlshaber im Krieg gegen Mithridates ernannt und von Sulla zum Staatsfeind erklärt. 28 Cicero spielt hier auf seine Verbannung im Jahre 58 v. Chr. an. 29 Der Text wurde in Anlehnung an Tusc. disp. 5,107 nach Büchner i960, 91 ergänzt. 30 Die Stelle wurde nach In Pisonem 3,6 ergänzt (vgl. Büchner i960,91). 31 Die Obersetzung des Begriffs res publica mit »Republik« beruht auf Ciceros eigener Definition (1,39) : »Es ist also ... die Republik eine Sache des Volkes.« Für Cicero ist eben der »Staat« (res publica) eine res populi, d.h. eine Leistung des (römischen) Volkes; demnach enthält der Begriff »Republik« (anders als heute) noch keine Aussage über die Staatsform. »Republik« ist einfach nur die

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»öffentliche Angelegenheit, die alle (römischen Büiger) etwas angeht«. Der Begriff civitas richtet den Blick stärker auf die Gemeinschaft der cwes, der Bürger, die »Bürgerschaft«. Vgl. die Definitionen in 1,41. 32 Der Satz cum ipsi...

queant wurde gegenüber Ziegler in Anlehnung an Powell

umgestellt 33 Vielleicht denkt Cicero hier an Piaton, der mit seinem Staat (Politeia) fur Cicero maßgebend war. 34 Cicero hält es für erstrebenswert, dass praktisches Handeln und stilistisch anspruchsvoll gestaltete Reflexion einander entsprechen. 35 Der Angeredete könnte Ciceros jüngerer Bruder Quintus sein, dem dann wohl die Schrift De república gewidmet war. Vgl. den Hinweis im Apparat der Textausgabe von Powell zu dieser Stelle. 36 »Lucius Aemilius Paullus« ist die historisch korrekte Namensform, auch wenn in den lateinischen Handschriften von De república »Paulus« zu lesen ist. 37 Das dreitägige Fest der Latiner wurde zu Ehren des Jupiter seit dem letzten römischen König Tarquinius Superbus gefeiert 38 Es handelt sich um das Jahr 129 v. Chr. 39 Die Zeiten sind geprägt von der Auseinandersetzung zwischen Popularen und Optimaten um die Ackeigesetze des Tiberius Gracchus. 40 Ahnlich Cicero, Tuse disp. t, 81: »Ich wünschte mir, Panaitios könnte da sein (er lebte mit Africanus zusammen). Ich würde ihn fragen« (Testimonium 21 Alesse = Fr. 11 Str.). 41 Vgl. Cicero, Tuse disp. 5,10 und Acad. 1,15. 42 Pythagoras, etwa 588-500 v. Chr., war Mathematiker und Philosoph. Er gründete in Unteritalien eine Philosophenschule, deren Angehörige eine enge Gemeinschaft bildeten. Schwerpunkte ihres Denkens waren Mathematik, Seelenwanderungslehre und Spekulationen über Zahlensymbolik. 43 Archytas genoss als Pythagoreer und Gelehrter im 4 Jahrhundert v. Chr. in Tarent hohes Ansehen; Timaios war ebenfalls Pythagoreer; nach ihm hat Piaton einen Dialog benannt; der Pythagoreer Philolaos war der Lehrer von Simmias und Kebes, die im platonischen Phaidon Gesprächspartner des Sokrates sind. 44 Lucius Furius Philus war ein Freund des Scipio und des Laelius. Er war Konsul des Jahres 136 v. Chr. und legte großen Wert auf griechische Bildung. 45 Zur Niederschlagung des spanischen Aufstandes gegen Rom wurde Numantia von Scipio belagert und 133 v. Chr. erobert. 46 Vgl. auch De re publica 3,47 Powell. 47 Die Schwiegersöhne des Laelius waren also mindestens 27 Jahre alt.

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48 Über den natürlichen Wissens- und Erkenntnistrieb des Menschen spricht Cicero z.B. auch in Definibus 4,12: Aus der (theoretischen) Erkenntnis der Dinge erwachse dem Menschen eine unersättliche Freude (insatiabilis quaeäam e cognoscendis rebus voluptas). 49 Die Feriae Latinae dauerten drei Tage, an denen die drei Gespräche in den sechs Büchern De república stattfinden. 50 Laelius spielt auf die juristische Kompetenz des Manilius an. Das Problem der beiden Sonnen wird scherzhaft als Rechtsfall gesehen, bei dem es um das Besitzrecht geht: Niemand darf seinen Besitz so erweitern, dass er den Besitz eines anderen berührt. 51 Der Akzent liegt also auf »beide« : Wenn jemand einen Besitzanspruch erhebt, darf dieser nicht auf Kosten eines anderen gehen. Im Falle der beiden Sonnen ist das Problem rechtlich unlösbar. Denn die zweite Sonne schmälert auf jeden Fall den Besitzanspruch der ersten Sonne. 52 Gaius Sulpicius Galus (nicht: Gallus), Konsul des Jahres 166 v. Chr., besaß große astronomische Kenntnisse. Er verfasste auch ein astronomisches Werk (Cicero, De ojficiis 1,19) und diente als Legat im Heer des Lucius Aemilius Paullus, Scipios leiblichem Vater. Für die Nacht vor der Schlacht bei Pydna (168 v. Chr.) sagte er eine Mondfinsternis voraus. 53 Archimedes, der berühmte griechische Mathematiker und Physiker, wurde 212 v. Chr. bei der Eroberung von Syrakus von einem römischen Soldaten (versehendich) getötet. 54 Aratos, 315-239 v. Chr., hatte ein griechisches Lehrgedicht über die Sternbilder verfasst, das Cicero als junger Mann ins Lateinische übersetzte. 55 Die Erfindung des Archimedes war also ein Globus, bei dem durch eine Drehung die Bewegung der Gestirne sichtbar gemacht werden konnte. Es handelte sich dabei wohl um ein mechanisch zu bewegendes Ringmodell, das Archimedes zu einem Planetarium ausbaute. Wenn man den Äquatorring um seine Pole drehte, liefen Sonne, Mond und Planeten auf ihren vorgezeichneten Bahnen. Die Erde bildete den Mittelpunkt der Ringe. 56 Der Peloponnesische Krieg (431-404 v.Chr.) endete mit der Niederlage Athens. 57 Anaxagoras lebte von 500 bis 428 v. Chr. Weil er die Welt naturwissenschaftlich zu beschreiben versuchte, wurde er in Athen wegen Gottlosigkeit angeklagt, konnte sich aber mit Hilfe des Perikles der Vollstreckung des Urteils durch Flucht aus Athen entziehen. Piaton überliefert in der Apologie (2ód), Anaxagoras habe die Sonne fur einen glühenden Stein gehalten.

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58 In den »Großen Annalen« haben die Pontífices (Priester) ursprünglich alle wichtigen Ereignisse des staatlichen Lebens niedergeschrieben und archiviert. Später wurden diese Annalen dann in 80 Büchern veröffentlicht. 59 Dionysios herrschte 367-344 v. Chr. als Tyrann auf Sizilien. 60 Die »spezifisch menschlichen Fähigkeiten« (propnae artes) sind die Fähigkeiten, in denen die »Menschlichkeit« (humanitas) verwirklicht wird. Bei Cicero umfasst »Menschlichkeit« u.a. nicht nur Liebenswürdigkeit und Höflichkeit, Takt und Rücksichtnahme gegenüber den Mitmenschen, sondern auch Bildung und Wissen, Freude an wertvollen menschlichen Leistungen, Charakter und moralisches Handeln. 61 Aelius Sextus Catus war Konsul des Jahres 198 v. Chr. und ein berühmter Rechtsgelehrter. 62 Das Zitat stammt aus den Annalen des Ennius (331 Vahlen 1 ). 63 Die folgenden Verse sind bei Vahlen2 als 242-244 aufgeführt. 64 Die Beschäftigung mit der Philosophie dient also einer »formalen Bildung«. 65 Der Enkel des Lucius PauUus ist Tubero. 66 Der Onkel ist Scipio. 67 Tiberius Gracchus wurde als Volkstribun und Verfechter der von der Nobilität abgelehnten Agrarreform 133 v. Chr. ermordet. 68 Publius Licinius Crassus, Konsul des Jahres 131 v. Chr., war Anhänger des Tiberius Gracchus; in Ciceros Brutus wird er als bedeutender Rechtsgelehrter gelobt Appius Claudius Pulcher, Konsul des Jahres 143 v. Chr., war Schwiegervater des Tiberius Gracchus und ein Gegner Scipios. 69 Die geplanten Agrarreformen der Gracchen gefährdeten auch den Besitz der Bundesgenossen und des Latinerstammes. Deren Interessen werden von Scipio vertreten (vgl. auch 6,16 = 12 Ziegler). 70 Das »Bündnis der drei Männer«, die zur Durchfuhrung der Agrarreformen eingesetzt worden waren. Sie hatten den Auftrag, das Staatsland zu ermitteln und ihren Besitzern zu entziehen. Zu den katastrophalen Auswirkungen einer derartigen Umverteilung vgl. Cicero, De officiti 2,78. 71 Bei Thukydides 2,69 ist Perikles der »erste Mann« des Staates. 72 Polybios, den Cicero in De re publica außer an dieser Stelle noch in 2,27 und 4,3 namentlich erwähnt, vertritt die auf Aristoteles und die Peripatetiker zurückgehende Lehre von der »Mischverfassung«, die Scipio auf die römischen Verhältnisse überträgt 73 Zu diesen gehören vor allem Piaton und Aristoteles. 74 Ein »richtiger Römer« (unus de togatis) unterscheidet sich nach außen hin durch

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das Tragen der Toga von den Unfreien und Nichtrömern. Wenn jemand als togatus erzogen wird, dann heißt dies, dass er die überkommenen Traditionen des Römertums kennen lernt. 75 Die Wendung non tliiberaliter bedeutet auch, dass der junge Mensch in den Arfes liberales unterwiesen wurde, d. h. auch eine theoretische Bildung erhielt. 76 Es entsprach Ciceros Selbstverständnis, dass Bildung sowohl auf theoretischen Kenntnissen als auch auf praktischer Erfahrung beruhte. Hinzu kam die Übernahme von Traditionen und herkömmlichen Regeln. 77 Dass die Definition des Staates bei Cicero, De república ι, 39 »stoischen Charakter« habe, begründet Max Pohlenz in Die Stoa. Geschichte einer geistigen Bewegung, 2 Bde. Göttingen 4 i970, II 102, u.a. mit dem Hinweis auf Stoicorum Veterum Fragmenta, Hg. H. v. Arnim, Bd. III 329 (= Dio Chrysost. Or. 36,20): »Die Stoiker sagen, der Staat (pòlis) sei eine von einem Gesetz regierte Vielzahl von Menschen, die auf demselben Territorium zusammenleben.« Dies sei die »allgemeinstoische Definition der Polis« (Pohlenz, Stoa und Stoiker, Zürich ^964,376). 78 Der Text lässt sich nach ne in ... aßuentia in Anlehnung an Cicero, Deßnibus 3,65 oder Laktanz, Inst. Div. 6,10,18 etwa folgendermaßen ergänzen: ...in solitudine vitam agere velit, sed communionis acsoàetatis appetens sit. 79 Die Ergänzung »Gerechtigkeit« lässt sich aus Cicero, De oßciis 1,155 herleiten: »Daraus ist ersichtlich, dass die Pflichten der Gerechtigkeit, die auf den Nutzen der Menschen zielen, gegenüber den pflichtgemäßen Bemühungen um wissenschaftliche Erkenntnis Vorrang haben müssen ... « In De oßciis 3,28 bezeichnet Cicero die Gerechtigkeit als »die Herrin und Königin aller Tugenden«. 80 Kyros regierte 550-529 v. Chr. als König der Perser. Xenophon stellt ihn in seiner Kyrupädie als vorbildlichen Herrscher dar. Scipio schätzte Xenophons Buch sehr (Cicero, Tusc. disp. 2,62). 81 Phalaris war das Musterbild eines grausamen Tyrannen. Vgl. Cicero, De oßciis 2, 26. 82 Massilia (Marseille) wurde traditionell von einer Aristokratie regiert. Die Dreißig Tyrannen hatten nach dem Ende des Peloponnesischen Krieges 404 v. Chr. mit spartanischer Unterstützung fur kurze Zeit in Athen die Macht ergriffen. 83 Schon Chrysipp empfahl eine Kombination aus Demokratie, Königtum und Aristokratie: SVF III 700 = Diog. Laërt. 7,131: »Die beste Staatsform ist eine Kombination aus Demokratie, Königtum und Aristokratie.« Polybios 6, 3, 7 vertritt dieselbe Auffassung; Rom habe seinen Aufstieg zur Weltmacht seiner »gemischten« Verfassung zu verdanken.

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84 In De legibus 3,3if drückt Cicero diesen Gedanken so aus: »Man kann nämlich sehen, wenn du die Vergangenheit wieder aufrollen willst, dass die Bürgerschaft so war wie die fuhrenden Männer der Bürgerschaft, und dass dieselbe moralische Veränderung, die die Führungsschicht durchmachte, auch beim Volk stattfand ... Ich aber meine (anders als Piaton), dass sich die moralische Beschaffenheit der Bürgerschaften mit der Veränderung der Lebensweise und des Lebensstils der fuhrenden Persönlichkeiten ändert.« 85 Hiermit sind die Verfechter der Demokratie gemeint (47-49). 86

De republican 39.

87 In De officiti 3,16 sagt Cicero: »Demnach muss fur alle dieser eine Grundsatz gelten, dass der Nutzen jedes Einzelnen und der Gesamtheit der Menschen identisch ist; wenn jeder Einzelne nur seinen eigenen Nutzen durchsetzen wird, dann wird sich die menschliche Gemeinschaft als ganze auflösen.« 88 Die folgenden Ausfuhrungen stellen Argumente für eine Monarchie zusammen (50). Vgl. die ausfuhrliche Argumentation bei Karl Büchner: Cicero, Wiesbaden 1962,25-115. 89 Dieser »Beste« ist wohl jedes einzelne Mitglied der Aristokratie, der als Einzelner den genannten Kriterien entsprechen müsste. Nicht die Gruppenzugehörigkeit qualifiziert den Einzelnen zum »Optimaten«. Der hiergegen die Aristokratie erhobene Einwand ist das ungelöste Problem ihrer Legitimation. 90 Hier geht es also um Argumente fur eine qualifizierte Aristokratie, deren Angehörige sich (allein) mit ihrer Führungskompetenz legitimieren. 91 Aratos (315-239 v. Chr.) aus Soloi in Kilikien verfässte ein Lehrgedicht über Sternbilder mit dem Titel Phainomena. Das Gedicht beginnt mit den Worten: »Lasst uns mit Zeus beginnen ... « Cicero hatte das Weik ins Lateinische übersetzt 92 Den Text 57 fr. ordnet Powell an dieser Stelle ein, während ihn Angelo Mai Buch 1,34 zugewiesen hat; dem ist auch Karl Büchner gefolgt Der Quellenautor ist hier wie an anderen Stellen Nonius Marcellus (4. Jahrhundert n. Chr.). 93 Tarquinius Superbus, der letzte römische König, dankte im Jahr 510 v. Chr. ab; das Gespräch in De re publica findet 129 v. Chr. statt; demnach sind zum Zeitpunkt des Gesprächs 381 Jahre seit dem letzten König veigangen. 94 Archytas (um 350 v. Chr.) war ein bedeutender Politiker in Tarent und Anhänger der Philosophie des Pythagoras. Er machte Piaton mit dem Pythagoreismus bekannt 95 Cicero orientiert sich an Piatons Aufbau der Seele in drei Schichten: Die unterste Schicht umfasst das Triebleben (τό έπιθυμητικόν), die mittlere Schicht die emotionalen Kräfte (τό θυμοειδές) und die oberste Schicht die Vernunft (tè

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ANHANG

λογιστικόν). Platon sieht (Politela 4,441c) einen analogen Aufbau im Organismus des Staates: » . . . Es steht uns hinreichend fest, dass dieselben Schichten im Staat wie in der Seele jedes Einzelnen vorhanden sind, und der Zahl nach sind sie gleich.« 96 Da die Seele aus drei Teilen / Schichten besteht, sind der Vernunft nur noch zwei Schichten untergeordnet: das Triebleben und die emotionalen Kräfte. 97 D. h. das monarchische Prinzip. 98 Der erste Konsul Valerius Publicóla ließ im Jahre 510 v. Chr. die fasces, das Zeichen seiner Amtsgewalt, vor der Volksversammlung senken, um das Volk zu ehren (Cicero, De república 2,53; Livius 2,7). 99 Die »Auszüge« (secessiones) fanden als Demonstrationen statt, wenn das Volk etwas durchsetzen wollte. Den berühmtesten »Auszug« unternahm das Volk im Jahr 494 v. Chr. auf den »Heiligen Berg« (morts sacer), um sich gegen drückende Schulden zu wehren. 100 Mit »unseren Büchern« sind die Bücher des Auguralkollegiums gemeint, dem L.aelius und Scipio (wie auch später Cicero) angehörten. Die Auguren hatten u.a. die Funktion, Jupiter zu befragen, ob eine von den Magistraten geplante Handlung wirklich durchgeführt werden sollte, und entsprechende Zeichen zu identifizieren und zu deuten (z. B. den Flug der Vögel). 101 Ennius, Annalen 110-114 Vahlen2. 102 Die Platonstelle, auf die sich Cicero hier bezieht, findet sich in der Politeia 8, 562c ff Cicero spielt auf die Schwierigkeit des Übersetzens an, das er selbst aber meisterlich beherrschte. Er hat den Römern die griechische Literatur durch Übersetzungen zugänglich gemacht: außer Piaton übersetzte er z.B. auch Xenophon, Demosthenes, Aratos, Panaitios. Berühmt ist Ciceros Übersetzung einer Textpassage aus dem platonischenPhaidros (245c-246a) in De república 6, 27f (s.u.). Die Übersetzung hat Cicero in überarbeiteter Fassung auch in die Tusculanae disputationes übernommen (1,53Q. Zum Ganzen vgl. Astrid Seele: Römische Übersetzer. Nöte, Freiheiten, Absichten. Verfahren literarischen Übersetzens in der griechisch-römischen Antike, Darmstadt 1995. 103 Das Volk berauscht sich im Sinne der Platon-Stelle an der Freiheit wie an reinem = ungemischtem Wein. 104 Cicero schildert den platonischen Gedankengang nicht durchgehend in indirekter Rede, sondern geht mitunter in direkte Rede über. 105 Cicero spielt hier auf die in 1,43 erwähnte Herrschaft der »Dreißig Tyrannen« an, die nach der athenischen Kapitulation am Ende des Peloponnesischen Krieges auf Druck des spartanischen Siegers in Athen an die Macht kamen.

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106 Dass der Staat auch in der jüngsten Vergangenheit der römischen Bürgerkriege ein »Spielball« unterschiedlicher Machtinteressen war, musste Cicero selbst erleben. Daran hatte Caesar einen erheblichen Anteil, den Cicero späterz. B. in einem Brief an Atticus vom Februar 49 v. Chr. (7,20) als tyrannus bezeichnet, bei dem es nur noch unklar sei, ob er Phalaris (= einen bösen Tyrannen) oder Peisistratos (= einen guten Tyrannen) nachahme. 107 Laelius meint mit der Beseitigung der »beiden Gefahren« die römischen Siege über Karthago in Nordafrika (146 v. Chr.) und Numantia in Spanien (133 v. Chr.). 108 Büchner ordnet dieses Fragment zwischen 1,44 und 45 ein. Bei Ziegler steht es in der Vorrede. 109 Bei Büchner steht das Fragment zwischen 1,46 und 47. 110 Marcus Porcius Cato Censorius, 234-149 v. Chr., aus Tusculum wurde auch von Cicero selbst hoch verehrt. m

DiebeidenVáterdesWortfíihrersPubliusCorneliusScipioAemilianusAfricanus minorNumantinussindseinIeibiicherVater,derStaatsmannundFeldherr Lucius Aemilius Paullus, der den Makedonenkönig Perseus 168 v.Chr. bei Pydna besiegte, und sein Adoptivvater, der Verfasser eines Geschichtswerkes in griechischer Sprache (Cicero, Brutus 77) und älteste Sohn des Publius Cornelius Scipio Africanus maior, des Siegers über Hannibal bei Zama 202 v. Chr..

112 So lernte Cato noch im hohen Alter die griechische Sprache: Cicero, Cato maior de senectute 26. 113 Cato konnte sich als Verfasser zahlreicher Schriften, z.B. über die Landwirtschaft, als Lehrer verstehen. 114 Die Obereinstimmung zwischen Wort und Tat wurde z.B. von Sokrates und den Stoikern gefordert. 115 In De legibus 3,14 hebt Cicero hervor, dass Demetrios von Phaleron (geb. etwa 350 v. Chr.) in seinem politischen Wirken wissenschaftliche Bildung und praktische Erfahrung verband: »Wer ließe sich aber so ohne weiteres außer unserem Demetrios finden, der sich tatsächlich aufbeiden Gebieten so auszeichnete, dass er sowohl in seiner wissenschaftlichen Arbeit als auch in der Leitung einer Bürgerschaft überragende Erfolge erzielte?« 116 Cicero spielt mit dem Begriff origo (»Ureprung« ) auf Catos Geschichtswerk Origines an, das den »Ursprüngen« der römischen Größe nachging. Das in nur wenigen Fragmenten erhaltene Werk enthielt eine Darstellung der frühen Geschichte der italischen Stämme und Städte und einen Überblick über die römische Geschichte vom ersten Punischen Krieg bis in die Gegenwart Vgl. das Motiv des »Rückgangs in den Grund« (Hegel), in die prima causa, in De re publica 1,39-42.

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117 Cicero lässt also Scipio feststellen, dass er sich von Piaton und seiner Staatsutopie in der Politeia distanziert. Vgl. auch 2,22, wo Laelius diesen Gedanken wiederholt. 118 Obwohl Rom in der Zeit seiner Gründung wohl noch nicht als »Staat« zu verstehen ist, verwendet Cicero hier den Begriff res publica, weil er dem Leser vermitteln will, dass Romulus die Voraussetzungen fur den späteren römischen Staat geschaffen hat. 119 Manches spricht dafür, dass Cicero diese Theorie von den negativen Auswirkungen des Meeres auf die Zuverlässigkeit und Stabilität der Städte am Meer und auf den Inseln Dikaiarchos, einem Schüler des Aristoteles, verdankt. Vgl. Ciceros Brief an Atticus 6,2,3. 120 Die Phliasier sind die Einwohner der Stadt Phlius im Nordwesten der Peloponnes. 121 Der Angriff der Gallier auf die Burg erfolgte im Jahre 387 v. Chr. 122 Den Raub der Sabinerinnen erzählt der Historiker Livius in 2,9-13. 123 Die Consualia wurden zu Ehren der altrömischen Gottheit Consus am 21.8. und am 15.12. gefeiert. Die dabei vollzogenen Riten dienten dem Zweck, das Einbringen und Speichern (condere) des Getreides zu sichern. 124 Tribus (von tribuere): Ursprüngliche Einteilung der römischen Bevölkerung nach ihrer Abstammung. Anfangs gab es drei Tribus, die sich in je zehn Kurien gliederten. Die Tribus hießen: Lucerei, Rhamnenses, Tüiensts. 12s Die Curia war eine Unterabteilung einer Tribus. Curia hieß aber auch das Versammlungsgebäude einer Kurie. 126 Romulus hatte die Stadt schon unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Vogelschau (auspicato, 2, 5) gegründet. Cicero, der selbst das Amt eines Auguren verwaltete, war von der politischen Bedeutung der Auspizien überzeugt. 127 Die »Schutzgemeinschaften« (clientelae), die ursprünglich zwischen den Plebejern und den Patriziern gebildet wurden, dienten den beiderseitigen Interessen. Auf diese Weise entstand ein Verhältnis gegenseitiger Unterstützung: Die »Schutzherren·« vertraten die rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen ihrer »Klienten«; diese wiederum unterstützten ihre »Patrone«, z. B. bei Wahlen und der Verfolgung politischer Ziele, und stärkten das öffentliche Ansehen der Patrone. Klient und Patron waren zu gegenseitiger Treue und Loyalität verpflichtet. 128 Romulus begründete demnach eine restaurative (wiedergutmachende) statt einer retributiven (vergeltenden, bestrafenden) Gerechtigkeit. 129 Cicero nimmt an, dass die Gründung Roms im zweiten Jahr der 7. Olympiade,

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im Jahr 751 v. Chr., stattfand (so auch Polybios und Cato). Seit Atticus und Vatro wird jedoch das Jahr 753 v. Chr. als Gründungsjahr angenommen. Das erste Jahr der ersten Olympiade ist 776 v. Chr. Für die Griechen war diese Jahreszahl eine wichtige Grundlage ihrer Chronologie (wie fur die Römer das Jahr der Gründung Roms). 130 Es gab zwei Männer des Namens Lykurg: a) den sagenhaften Gesetzgeber der Spartaner, der vielleicht im 9. Jahrhundert v. Chr. lebte, und b) den Begründer der Olympischen Spiele im Jahre 776 v. Chr. Schon Aristoteles hatte die Personenverwechselt. 131 Der Text von Kap. 19 (quo intellegipotest... respuit) stammt (als Cicero-Zitat?) aus Augustinus, De cintate Dei 22,6,10-16. 132 Die auf Mommsen zurückgehende Ergänzung der ausgefallenen Zeilen lautet bei Ziegler und Büchner: ( Hesiodum deinde, quamquam multis saeculis post Homerum fuit, tarnen et ipsum constat vixisse ante Romulum Non multis annis post conditam urbem natus est Stesichor)us ... : »Dann hat Hesiod - das steht fest - , obwohl er viele Generationen nach Homer lebte, doch noch viele Jahre vor Romulus gelebt. Nicht lange nach der Gründung der Stadt wurde Stesichorusgeboren . . . « 133 Dem Iulius Proculus erschien nach der römischen Sage Romulus als Gott. 134 Hier weist Cicero auf den grundlegenden Unterschied zwischen Piatons (utopischem) Staatsbegriff und seinem eigenen Verständnis eines (historisch) gelingenden Staates hin. Piaton hat zwar auch versucht, seinen Staat zu verwirklichen, ist aber aufgrund der realen Bedingungen (in Sizilien) gescheitert (vgl. Piatons 7. Brief). 135 Hiermit spielt Cicero auf Philosophen wie Aristoteles, Theophrast, Dikaiarchos und einige Stoiker an, die aber auch konstruktive und praktikable Modelle entwickelt haben, wie z. B. Aristoteles in seiner Politik. 136 Cicero/Scipio tut »beides« (utrumque): Wenn er semen Staat konstruiert, beschränkt er sich nicht auf eigene Vorstellungen und Ideen wie Piaton, sondern entnimmt wesentliche Elemente seiner Konstruktion der historischen Wirklichkeit, indem er die Leistungen des Romulus und seiner Nachfolger einbezieht 137 Ein Kuriatsgesetz wurde von der Versammlung der 30 (patrizischen) Kurien beschlossen, in die die drei Tribus eingeteilt waren (vgl. De re publica 1,14). 138 Über eine Entwicklung der Römer »aus einem primitiven und ungesitteten Leben zur Menschlichkeit« spricht Cicero in De legibus 2,36. 139 Welche Riten (caerimoniae) Cicero hier meint, ist unbekannt Vielleicht handelt es sich u.a. um die Handlungen, die zu vollziehen waren, damit ein Krieg als

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»gerecht« gelten konnte: Er musste ζ. B. klar definierte Gründe haben (u. a. Verletzung von Verträgen, territoriale Übergriffe, Schändung heiliger Stätten) und unter Einhaltung religiöser Vorschriften erklärt werden. 140 Es ist nicht sicher, dass es sich bei den Tafeln um die ursprünglichen Aufzeichnungen wichtiger historischer Ereignisse handelt, die später als die »Annalen der Priester« wichtige Quellen der Geschichtsschreibung wurden. 141 Die »Sonderpriester« (ßamines) waren bestimmten Gottheiten zugeordnet; sie hatten ihren Namen durch ihre Funktion, ζ. B. als »Anbiäser« des Opferfeuers. Die »Salier« hatten ihre Bezeichnung vom »Waffentanz« (salire) zu Ehren des Gottes Mars. - Die »Vestalinnen« bewachten das im Herd der Hauptstadt ewig brennende Feuer (vgl. Cicero, De legibus 2,29). 142 Zur »Versammlung der Kurien« vgl. schon 2,25. 143 Der Fetialkult (fetialis cultus) wurde von einem aus 20 Priestern bestehenden Gremium vollzogen, das die Aufgabe hatte, den Konflikten zwischen den Völkern einen religiös-rituellen Rahmen zu geben (z. B. durch eine feierliche Kriegserklärung und einen Friedensvertrag). 144 In der Textausgabe von Ziegler und Büchner bildet ein Textausschnitt aus Augustinus, De civitate Dei 3,15 das Kapitel 2,32: »Über Tullus Hostilius jedenfalls, der der zweite König nach Romulus (= der dritte König in Rom) war und der selbst auch vom Blitz erschlagen wurde, sagt derselbe Cicero in denselben Büchern, man habe nicht geglaubt, dass dieser nach einem solchen Tod unter die Götter aufgenommen wurde, weil die Römer den Vorgang, der im Falle von Romulus gebilligt wurde, d. h. der ihnen eingeredet wurde, vielleicht nicht auf weitere Personen ausdehnen und dadurch werdos machen wollten, wenn das auch einem anderen (Tullus Hostilius) leicht zugestanden würde.« 145 Die Titienses, Rkamnenses und Luceres waren die Namen der drei ursprünglichen Tribus aus der Zeit des Romulus. 146 Der mit [ [ ... ] ] eingeklammerte Satz passt nicht in den Zusammenhang; er ist entweder interpoliert oder gehört nicht an die uns überlieferte Stelle (Powell). 147 Die Ludi Romani wurden jeweils im September zu Ehren der Götter-Dreiheit Jupiter, Juno und Minerva gefeiert. 148 In Anlehnung an die Gliederung des römischen Heeres - wo die centuria eine Einheit einer Legion war, die normalerweise aus 60 Zenturien bestand - wurde die Volksversammlung in Zenturien (timokratisch) gegliedert. 149 Diese funfVermögensklassen bildeten die Volksversammlung (die comitia centuriata)·, sie hatten das Recht z. B. der Wahl der (kurulischen) Magistrate (Konsuln, Prätoren, Zensoren), der Gesetzgebung, der Entscheidung über Krieg und

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Frieden. Die Abstimmung erfolgte nach Zenturien, deren Anzahl 193 betrug. Von diesen fielen 80 Zenturien + 18 Zenturien der Ritter auf die erste Vermögensklasse, 20 + 2 centunaefabrum auf die zweite Klasse, 20 auf die dritte, 20 mit je einer centuria cornicinum und einer centuria liticinum auf die vierte und 30 auf die fünfte Klasse. - Die erste Vermögensklasse wurde also von 98 Zenturien vertreten, die zweite bis fünfte Vermögensklasse wurde von 94 Zenturien vertreten; dazu kam noch 1 Zenturie, die aufgrund nicht vorhandenen Vermögens keiner Vermögensklasse zugehörte; so konnte die erste Klasse stets die übrigen Klassen überstimmen (98 gegen 95 Stimmen = suffragia). Diese Einteilung galt auch für das Heer. Außer den vier Handwerkerzenturien wurden die übrigen in die centuriae iuniorum (von 17-45 Jahren) und die centuriae seniorum (von 46-6oJahren) eingeteilt. 150 Richard Heinze (Ciceros »Staat« als politische Tendenzschrift, in R. H.: Vom Geist des Römertums, Darmstadt 3 i96o, 152) wies schon daraufhin, dass es für Cicero der Grundsatz aller Staatskunst war, sicherzustellen, dass gleiches Recht fur alle nicht zum Unrecht werde (vgl. 1,43; 53). 151 Die Ritter waren in 18 Zenturien eingeteilt; sechs davon waren frühere Zenturien der Patrizier und zwölf neue der Plebejer. 152 Das As war die älteste römische Münzeinheit; ein Λ* war ursprünglich eine Gewichtseinheit und entsprach 500 g Kupfer. Der Begriff assidui ist wahrscheinlich nicht auf das As zurückzuführen bzw. vom As abgeleitet, wie Cicero meint; die assidui sind wohl eher die »Ansässigen«, d.h. die Steuerpflichtigen. Auf jeden Fall aber sind die assidui Menschen mit Vermögen. 153 Die aufgezahlten Gruppen sind Angehörige der fünften Vermögensklasse, die nicht in einer Legion dienten, sondern nur als Leichtbewaffnete oder andere Hilfekräfte im Notfall eingesetzt wurden. 154 Der hier ausgelassene, aber bei Ziegler abgedruckte Text des Kapitels 2, 41 stammt aus Nonius p. 342, 39: »Ich stelle fest, dass der Staat am besten organisiert ist, der aus jenen drei Staatsformen, der königlichen, der optimatischen (aristokratischen) und der demokratischen, maßvoll gemischt ist und die Neigung zu Gewalttätigkeit und Wildheit nicht noch durch Bestrafung reizt ... « Dieser Text wird von Powell als Nr. 5 unter die Fragmente aus Buch 2 aufgenommen. 155 Vgl. 1,62 und 64. 156 Gemeint ist Lucius Tarquinius Superbus, der letzte römische König, der 510 v. Chr. vertrieben wurde. 157 Davon war schon 1,45.65.69 die Rede.

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ANHANG

158 Gemeint ist wohl die Zeit nach der Vertreibung der Tarquinier. 159 Gemeint ist Lykuig, der in Sparta 28 >Geronten< (»Greise«) in den »Altestenrat« (>GerusiaStartlinie< bezeichnen, nannten unsere Vorfahren >Kalklinie< «, erklärt Seneca, dem dieses Cicero-Fragment zu verdanken ist (Epist 108,32). 199 Augustinus, De civitate Dei (2, 21, 35-42) bemerkt dazu: »Man verschob die Auseinandersetzung mit dieser Frage (am Ende des zweiten Buches) auf den folgenden Tag, und im dritten Buch wurde die Sache dann in einem heftigen Wortwechsel verhandelt. Philus selbst übernahm nämlich die Argumentation der Leute, die meinten, ein Staat könne nicht ohne Ungerechtigkeit verwaltet werden, wehrte sich aber heftig dagegen, dass man von ihm selbst annahm, er vertrete diese Meinung. Dennoch argumentierte er sehr entschlossen gegen die Gerechtigkeit und fur die Ungerechtigkeit, sodass er mit Scheinargumenten und scheinbar treffenden Beispielen zu zeigen versuchte, dass diese fïir den Staat nützlich, jene aber wirklich nutzlos sei.« 200 Laktanz (Institutiones 5,14, 3-5): »Wer nicht weiß, welche Kraft beim Diskutieren und welchen Scharfsinn Kameades, ein Philosoph der akademischen Schule, hatte, wird dies aus dem hymnischen Lob des Cicero oder des Lucilius [1,31 Marx] entnehmen können ... Als dieser von den Athenern als Gesandter nach Rom geschickt worden war, sprach er gedankenreich über die Gerechtigkeit, wobei Galba und Cato Censorius, die größten Redner der damaligen Zeit, Zuhörer waren; aber derselbe Mann stellte am folgenden Tag seine Argumentation mit einer entgegengesetzten Argumentation aufden Kopf und vernichtete die Gerechtigkeit, die er tags zuvor gepriesen hatte - allerdings nicht mit der Würde eines Philosophen, dessen Überzeugung fest und beständig sein muss, sondern in der Art einer rhetorischen Aigumentationsübung; dies pflegte er zu tun, um andere, die irgendetwas behaupteten, widerlegen zu können. An diese Erörterung, in der die Gerechtigkeit vernichtet wird, erinnert Lucius Philus bei Cicero, um diese, wie ich glaube (da er ja über den Staat sprach), zu verteidigen und zu rühmen, ohne die seiner Ansicht nach ein Staat nicht verwaltet werden kann. Aber um Aristoteles

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und Platon, die Schutzherren der Gerechtigkeit, zu widerlegen, sammelte Kameades in jener ersten Erörterung alle Argumente, die fur die Gerechtigkeit angeführt wurden, um sie, was er auch erreichte, zu vernichten.« 201 »Dereine ... derandere«: Gemeint sind Piaton und Aristoteles. 202 Philus schränkt die Untersuchung auf das positive, d.h. das in Gesetzen formulierte Recht ein. 203 Der römische Tragödiendichter Pacuvius (220-130 v. Chr.) hatte Medea auf einem Schlangenwagen durch die Luft fliegen lassen. 204 Dass die Gallier den Göttern Menschenopfer darbrachten, berichtet Caesar in De bello Gallico 6,16. 20J Quintas Vöconius Saxa, Volkstribun 169 v. Chr., war der Urheber der Lex Voconia. Dieses Gesetz verbot den Angehörigen der ersten Vermögensklasse, zu der Leute mit einem Vermögen von über einhunderttausend Sesterzen gehörten, Frauen als Erben einzusetzen. Mit diesem Gesetz sollte der Luxus der Frauen beschränkt werden. 206 Schon Piaton entwickelt in Nomoi 6, 757a f£ das Konzept einer doppelten Gleichheit: einmal die durch das Los verwirklichte Gleichheit, dann die fur Platon viel wichtigere, die sich dadurch verwirklicht, dass man Ungleichen das ihnen jeweils Entsprechende zukommen lässt. Diese Gleichheit teile dem Größeren mehr, dem Kleineren weniger zu und schenke so jedem das, was seiner Natur angemessen sei; und so messe sie auch denjenigen, die über mehr Qualitäten und Fähigkeiten verfugten, stets größere Ehren zu als denjenigen, die über geringere Qualitäten und Fähigkeiten verfugten; sie gebe also jedem das, was ihm zustehe und zu ihm passe (τό πρέπον). Das gilt nach Piaton vor allem im Rahmen der staatlichen Ordnung. Im vierten Buch der Politeia erläutert Piaton den Begriff der Gerechtigkeit mit dem Hinweis darauf dass Gerechtigkeit darin bestehe, dass jeder das Seine tue, d. h. wozu er von Natur aus am besten geeignet sei (433a). - Aristoteles skizziert im fünften Buch seiner Nikomachischen Ethik den Begriff einer proportionalen Gerechtigkeit (bes. Buch 5, 6): »Denn wenn Menschen nicht gleich sind, dürfen sie auch nichts Gleiches erhalten, aber das ist sehr umstritten, wenn entweder Gleiche Ungleiches oder Ungleiche Gleiches erhalten und zugeteilt bekommen. Femer eigibt sich das aus dem Begriff der >Angemessenheit< (τόκατ' άξίαν). Denn das Gerechte muss ... unter Berücksichtigung einer jeweils zu bestimmenden Angemessenheit verwirklicht werden. ... Das Gerechte ist also etwas Proportionales. ... Das Ungerechte ist die mangelnde Berücksichtigung der Proportionalität.« Vgl. auch Cicero, De oßiciis 1,15; De legibus 1,19.

ANMERKUNGEN

207 Die Gerechtigkeit könnte gegen die Auffassung Einspruch erheben, dass es ein Zeichen von Klugheit sei, gegebenenfalls ungerecht zu sein. Würde sich die Gerechtigkeit durchsetzen, dann müsste vieles aufgegeben werden, was auf ungerechte Weise erworben wurde. - Powell bringt diese Stelle mit einer Bemerkung des Laktanz (Inst. 5,14,4) in Verbindung: Alle mächtigen Völker und natürlich auch die Römer, die die ganze Welt erobert hätten, müssten, wenn sie gerecht sein wollten, auf ihren unrechtmäßig erworbenen Besitz verzichten, in ihre primitiven Hütten zurückkehren und in elenden Verhältnissen leben. 208 Philus war 136 v. Chr. Konsul. 209 Numantia war die Hauptstadt der Keltiberer im spanischen Kastilien und von 143-133 v. Chr. das Zentrum eines Aufstandes gegen Rom. Die Stadt wurde schließlich von Scipio belagert und eingenommen. Im Jahre 137 hatte C. Hostilius Mancinus als Konsul einen für Rom schmählichen Waffenstillstand geschlossen, um sein Heer zu retten; er erreichte damals den freien Abzug des römischen Heeres gegen die Zusicherung der Unabhängigkeit Numantias. Der römische Senat erklärte den Vertrag fur ungültig. 210 Quintus Pompeius, Konsul 141 v. Chr., kämpfte erfolglos gegen Numantia. Das mit Numantia geschlossene Abkommen betrachtete er später als ungültig. 211 »Auch in der speziellen Ethik sind die Anregungen, die diese Stoiker von Karneades empfingen, unverkennbar. Um den Widerstreit zwischen der idealen Gerechtigkeit und der praktischen Klugheit aufzuzeigen, hatte dieser fingierte Fälle angeführt

(M. Pohlenz, Die Stoa. Geschichte einer geistigen Bewe-

gung, 2 Bde. Göttingen 4 i970,1190). 212 Vgl. De república 1,45 und 1,69. 213 Ziegler zitiert unter De re publica 3,36 einen größeren Zusammenhang aus Augustinus, De civitate Dei 19,21: »In ebendiesen Büchern über das Gemeinwesen wird bestimmt sehr scharf und sehr heftig gegen die Ungerechtigkeit und fur die Gerechtigkeit gestritten. Und da ja, als zuerst fur die Seite der Ungerechtigkeit gegen die Gerechtigkeit aigumentiert und gesagt wurde, nur durch Ungerechtigkeit könne ein Gemeinwesen Bestand haben und veigrößert werden, dies gleichsam als absolute Wahrheit galt, dass es ungerecht sei, wenn Menschen anderen Menschen, die herrschten, als Sklaven dienten - wenn allerdings eine machtbewusste Bürgerschalt, deren Gemeinwesen groß sei, diese Ungerechtigkeit nicht begehe, könne sie nicht über Provinzen herrschen - , so wurde nun von Seiten der Gerechtigkeit erwidert, das sei deshalb gerecht, weil die Knechtschaft fur solche Menschen von Nutzen sei, und es geschehe zum Nutzen dieser Menschen, falls es in der rechten Weise geschehe, das heißt, wenn

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den Bösen die Möglichkeit genommen werde, Ungerechtigkeiten zu begehen, und die Beherrschten sich besser stünden, weil sie sich schlechter standen, als sie noch nicht beherrscht wurden; dann gab man, um dieses Argument noch zu verstärken, ein bemerkenswertes Beispiel, das gewissermaßen der Natur entn o m m e n war, und sagte: O d e r sehen wir etwa nicht, dass gerade den Besten die Herrschaft, verbunden mit dem höchsten Nutzen fur die Schwächsten, von der Natur selbst verliehen wurde? Warum herrscht denn Gott über den Menschen und die Seele über den Körper, die Vernunft über die Lust, die Leidenschaft und die anderen mangelhaften Seiten derselben Seele?« 214

Testimonium aus Augustinus, De civitate Dei 22,6,75.

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Cicero äußert sich später auch in De oßciis 1,35ff! ausfuhrlich über den »gerechten Krieg«: (35) »Deshalb darf man nur zu dem Z w e c k Kriege fuhren, u m unbehelligt in Frieden leben zu können; aber nach dem Sieg muss man diejenigen schonen, die im Krieg nicht grausam und nicht unmenschlich w a r e n . . . . Meiner Meinung nach muss man immer für einen Frieden sorgen, der keine heimlichen Absichten erwarten lässt. Wenn man mir darin gefolgt wäre, dann hätten wir zwar nicht die beste, aber doch wenigstens eine Art von Republik behalten, die es jetzt nicht mehr gibt. U n d man muss einerseits für alle sorgen, die man mit Gewalt besiegt hat, und andererseits besonders diejenigen aufnehmen, die sich nach Einstellung der Kampfhandlungen dem Schutz der siegreichen Feldherren unterstellt haben, auch wenn der Mauerbrecher schon zum Einsatz gekommen ist. In diesem Zusammenhang haben unsere Vorfahren so sehr auf Gerechtigkeit geachtet, dass alle, die Staaten oder Völker im Krieg besiegt und unter ihren Schutz genommen hatten, nach der Sitte unserer Vorfahren ihre Schutzherren blieben. (36) Das Kriegsrecht wurde übrigens höchst gewissenhaft im Fetialrecht des römischen Volkes beschrieben. Daraus ist zu entnehmen, dass kein Krieg gerecht ist, wenn er nicht gefuhrt wird, nachdem man zuvor Genugtuung gefordert hat, oder wenn er nicht vorher angekündigt oder erklärt wurde. ... Ich stelle allerdings auch fest, dass man die Ernsthaftigkeit der Angelegenheit durch die Wortwahl abmilderte, indem man den als >Gegner< bezeichnete, der eigentlich ein >Kriegsfeind< war. Als >Gegner< wurde nämlich bei unseren Vorfahren derjenige bezeichnet, den wir jetzt einen >Fremden< nennen. ... (38) Wenn aber um die Herrschaft gekämpft und im Krieg R u h m gesucht wird, müssen dennoch ganz dieselben G r ü n d e vorliegen, die ich gerade als gerechte Kriegsgründe erwähnt habe. D i e Kriege aber, die dem R u h m des Reiches dienen, müssen weniger erbittert geführt werden ... «

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Sextus Aelius, Konsul 198 v. Chr., war ein berühmter Rechtsgelehrter.

ANMERKUNGEN

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117 Curius, seit 290 v. Chr. mehrmals Konsul, siegte über die Samniten, die Sabiner und Pyrrhus von Epirus. 118 Testimonium aus Augustinus, De civitate Dei 22,4,1-9. 219 Ciceros >Vermächtnis< kommt in diesen Worten des Laelius zum Ausdruck. 220 Das negative Beispiel für eine Alleinherrschaft lieferte an dieser Stelle Phalaris, der Tyrann von Agrigent, der wegen seiner Foltermethoden berüchtigt war. 221 Timaios von Taormina, etwa 346-250 v. Chr., schrieb eine (nur fragmentarisch erhaltene) Geschichte Siziliens in 38 Büchern, die die damalige Geschichtsschreibung stark beeinflusste. 222 Ein römischer Bürger hatte normalerweise das Recht, gegen das richterliche Urteil eines Konsuls Berufung (provocatio) bei der Volksversammlung einzulegen, die dann endgültig über das Urteil zu befinden hatte. 223 Die negative Einschätzung der Herrschaft eines »freien Volkes« sollte nicht mit unserem heutigen Demokratieverständnis in Verbindung gebracht werden. Wir haben heute keine Demokratie im antiken Sinne, sondern eher eine »Mischverfassung«, wie sie ja auch Scipio fur erstrebenswert hielt (vgl. De re publica 1,69; 2,42 und Fr. 5 aus dem zweiten Buch). - Scipio sagt in i, 42: »Und jede dieser drei Staatsformen ist ... zwar nicht vollkommen und meiner Meinung nach auch nicht die beste, aber doch erträglich und zwar so, dass die eine besser sein kann als die andere; denn sowohl ein gerechter und weiser König als auch ausgewählte und fuhrende Männer als auch das Volk als solches, obwohl diese Staatsform am wenigsten hinzunehmen ist, können offensichtlich eine gewisse Stabilität haben, wenn keine Ungerechtigkeiten oder Begehrlichkeiten als Störfaktoren hinzukommen.« Diese Bemerkung bezieht sich auf einen »vormodernen« Demokratiebegriff und ist keine angemessene Kritik an einer modernen Demokratie. 224 Spurius Mummius war 146 v. Chr. als Legat an der Eroberung von Korinth beteiligt und nicht nur mit Scipio und Laelius befreundet, sondern auch ein Anhänger des Stoikers Panaitios. 22s »Optimates« war in Rom die Bezeichnung für die Mitglieder einer aristokratisch-oligarchischen Partei. Aber das Wort (von optimus) vermittelt auch ein Werturteil: optimates = die Besten. 226 Vgl. Buch 3, [24] 18. Zu Fragment 6b vgl. Cicero, Tusc. disp. 5,101. Danach sollen diese von dem Grammatiker Arusianus Messias (zweite Hälfte des 4. Jahrhunderts n. Chr.) überlieferten Worte auf den Grabstein des Sardanapal gemeißelt worden sein.

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ANHANG

227 Es geht um eine rhetorische Übertreibung, die eine Unmöglichkeit verdeutlichen soll. 228 Vgl. zu dieser Ergänzung auch Büchner 1984,355 £ 229 Die Ämterlaufbahn richtete sich nach dem Lebensalter der Bewerber. So musste fur die öffentlichen Ämter jeweils ein Mindestalter erreicht sein. 230 Die Ritterschaft war auch an den Senatsabstimmungen beteiligt. 231 Mit »Schenkung« ist die verbilligte oder gar kostenlose Abgabe von Grundnahrungsmitteln gemeint. 232 Vielleicht bezieht sich diese Bemerkung darauf dass man Schulden auch mit Nutztieren begleichen konnte, was aber dazu führte, dass diese Tiere zum Schaden deren, die auf sie angewiesen waren, nicht mehr zur Verfügung standen. Schuldentilgung würde zur Rückgabe auch der Tiere führen. Die Lexfrumentaria des C. Gracchus (123 v. Chr.) regelte die largitio (Schenkung). 233 Testimonium aus Servius, Aen. 10,32s. 234 Der römische Zensor hatte die Aufgabe, das Vermögen der Bürger zu schätzen und die Bürger nach Vermögensklassen einzuteilen. Darüber hinaus hatte er auch die Einhaltung einer anständigen Lebensführung (Lebenswandel, Familienleben) zu überwachen; Verstöße gegen die Sittlichkeit wurden mit einer öffentlichen Rüge geahndet. Die Zensoren beaufsichtigten auch das öffendiche Eigentum, das Bauwesen und sonstige finanzielle Maßnahmen des Staates. 235 »Namenlos« ist der Geächtete dadurch, dass er aus der Liste eines höheren Standes (z. B. des Senats) in einen niederen versetzt wird. 236 Mit Junius lese ich hier notam esse levitato (vgl. krit. Apparat zu dieser Stelle bei Ziegler oder Powell). 237 Das römische Bestattungswesen wurde von der Priesterschaft (pontífices) beaufsichtigt. Die Bestattung galt als eine religiöse Pflicht. 238 Es handelt sich um die athenischen Befehlshaber, die im Jahr 406 v. Chr. nach der Seeschlacht bei den Arginusen die Gefallenen und Ertrunkenen angeblich nicht bergen und bestatten ließen und deshalb in Athen zum Tode verurteilt wurden. Dass es sich um ein unrechtmäßiges Urteil handelte, erklärt Sokrates in Piatons Apologie (32b). Sokrates hatte damals als Einziger gegen diesen Rechtsbruch protestiert, obwohl er dadurch sein Leben riskierte. 239 In Piatons Idealstaat hat Homer keinen Platz; dasselbe gilt für die Dichter der Tragödie und der Komödie. 240 Kleon war ein Demagoge zur Zeit des Peloponnesischen Krieges (431-404 v. Chr.); er wurde von Aristophanes verspottet.

ANMERKUNGEN

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241 Über den athenische Politiker Kleophon macht sich Aristophanes in den Fröschen lustig. 242 Hyperbolos ist u.a. in den Wolken des Aristophanes eine Zielscheibe des Spottes. 243 Der Politiker Aischines (geb. um 390 v. Chr.) war ein Gegner des Demosthenes. Er sympathisierte im Gegensatz zu diesem mit Philipp von Makedonien. 244 Aristodemos: Vgl. Plutarch, Vita X rhetorum VI. 245 Dieser Übersetzung liegt die Lesart von Ziegler und Büchner zugrunde (nicht: Powell). 246 Hier lese ich mit Patricius conficiendas. 247 Hier lese ich in Anlehnung an Hoppe abundanterque. 248 Das hier überraschend auftauchende Wort hat der Grammatiker Priscian (um 500 n. Chr.) fur De re publica 4 überliefert: armillae, quae nunc brachialia vocant: sie Cicero in quarto de re publica. »Armbänder, die jetzt >Armreifen< heißen: So Cicero im vierten Buch >Über den Staat statt: 2,49. s7.60 Cato Censorius, Marcus Porcius, aus Tusculum, 234-149 v. Chr., bekleidete zahlreiche römische Staatsämter, von Cicero als vorbildlicher römischer Feldherr und Staatsmann verehrt: 1,1; 2,1.3.37; 3,30b; 4,20b Chrysippus / Chrysipp, 280-205 v · Chr., bedeutender stoischer Philosoph: 3,8 Cincinnatus -*• Quinctius Claudius Marcellus, Marcus, mehrfach Konsul seit 222 v. Chr., stärkte nach der gegen die Karthager verlorenen Schlacht bei Cannae im Jahre 216 den Widerstandswillen der Römer: 1,1.21; 5,8 Claudius Pulcher, Appius, Konsul 143 v. Chr., Gegner des Scipio Africanus minor: 1,31 Claudius Pulcher, Gaius, Konsul 177 v. Chr., Zensor, wegen seiner Strenge von der Volksversammlung gerügt, aber von Tiberius Gracchus vor der Verbannung bewahrt: 6,8 Cleo / Kleon, athenischer Politiker zur Zeit des Peloponnesischen Krieges: 4,20b Cleophon / Kleophon, athenischer Politiker, von Aristophanes in den Fröschen verspottet: 4,20b Clisthenes / Kleisthenes, athenischer Politiker, gilt nach Solon als der Begründer der athenischen Demokratie: 2,2 Cornelius Scipio, Gnaeus, Konsul 222 v. Chr., Onkel des Publius Cornelius Scipio Africanus maior, fiel 211 im Krieg gegen die Karthager in Spanien: 1,1; 4,20b Cornelius Scipio, Publius, Konsul 218 v. Chr., Vater des Publius Cornelius Scipio Africanus maior, fiel 211 im Krieg gegen die Karthager in Spanien: 1,1; 4,20b Cornelius Scipio Aemilianus Africanus minor Numantinus, Publius, leiblicher Sohn des Lucius Aemilius Paullus, ermöglichte 168 v. Chr. durch seinen Sieg über König Perseus von Makedonien bei Pydna die Unterwerfung Griechenlands, Hauptgesprächsführer in Ciceros Schrift über den Staat: 1,14 et passim Cornelius Scipio Africanus maior, Publius, Großvater des Scipio Africanus minor, besiegte Hannibal 202 ν. Chr. bei Zama (Nordafrika), befreundet mit König Masinissa von Numidien: 1,1.27; 6,14-33

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ANHANG

Cornelius Scipio Nasica, Publius, Konsul 138 ν. Chr. und Führer der Senatoren im Kampf gegen Tiberius

Sempronius Gracchus, der in den blutigen Ausein-

andersetzungen umkam. Nasica machte sich dadurch beim Volk so verhasst, dass er Rom verlassen musste: 1,6 Consualia, Festspiele zu Ehren des Gottes Consus, gefeiert am 21. August und am 15. Dezember, der Sage nach von Romulus eingeführt und zum Raub der Sabinerinnen missbraucht: 2,12 Corinthus / Korinth, griechische Handelsstadt: 2,7.8.34.36 Croto / Kroton, Stadt auf Sizilien: 2,58 Cures, sabinische Stadt an der Grenze zu Latium: 2,25 Curius Dentatus, Manius, mehrmals Konsul von 290-274 v. Chr., Sieger über Samniten, Sabiner und Pyrrhus, Vorbild der Unbestechlichkeit und Bedürfnislosigkeit: 3.5.3oa Cypselus / Kypselos, Tyrann von Korinth, Ende des 7. Jahrhunderts v.Chr.: 1,34 Cyrus / Kyros II, Perserkönig, Begründer des persischen Reiches, besiegte 541 v. Chr. den lydischen König Croesus / Kroisos: 1,43.44 Delphi, Orakelstätte des Apollo: 2,44 Demaratus, Vater des -*• Tarquinius Priscus, des fünften römischen Königs, der Korinth wegen des Tyrannen Kypselos verließ und nach Tarquinii auswanderte: 2, 34 Demetrios von Phaleron, geb. um 350 v.Chr., Schüler des Theophrast, athenischer Staatsmann, Philosoph und Schriftsteller: 2,2 Dionysius / Dionysios, misstrauischer und grausamer Tyrann von Syrakus, reg. 367-344 v.Chr.: 1,28; 3,35 Dolopes / Doloper, Volk in Thessalien: 2,8 Dores / Dorier, Bewohner der Landschaft Doris am Öta, ohne Berührung mit dem Meer: 2,8 Draco / Drakon, athenischer Gesetzgeber (um 620 ν. Chr.): 2,2 Duilius (Duelius), Gaius, Konsul 260 v. Chr., Diktator 231, besiegte im Ersten Punischen Krieg 261 die karthagische Flotte; mit den erbeuteten Schiffsschnäbeln (rostra), wurde eine zu seinen Ehren auf dem Forum in Rom errichtete Säule geschmückt (Quintilian 1,7,12): 1,1 Duodecim tabulae, die zwölf Tafeln, das Zwölftafelgesetz: 2,54; 4,20c Elei / Eleer, Bewohner der Stadt Elis an der Westküste der Peloponnes: 4,2a Empedocles / Empedokles, um 494-434 v. Chr., griechischer Philosoph aus Agrigent (Sizilien): 3,11

ERKLÄRENDES N A M E N S V E R Z E I C H N I S

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Ennius, 139-169 v. Chr., der Cicero als der größte römische Dichter galt, begründete seinen Ruhm mit dem Epos Annales, aus dem Cicero mehrfach zitiert: 1,3.25.30. 49.64; 6,14 Epikureer, Vertreter und Anhänger der Lehre Epikurs, 341-270 v. Chr. Cicero hebt mehrfach hervor, dass die Epikureer nicht als staatstragende Kräfte zu verstehen seien und sich der politischen Verantwortung entzögen: Einf Esquilinus, einer der Sieben Hügel Roms: 2,11 Etruria / Etrurien, Landschaft nördlich von Rom: 2,9.34; 3,4 Etrusci / Etrusker, Bewohner von Etrurien: 2,9.38. Eudoxus, um 408-355 v. Chr., Mitglied der Älteren Akademie, Mathematiker und Astronom: 1,20 Fabius Maximus Cunctator, Quintus, mehrfacher Konsul seit 233 v. Chr., Diktator 217, rettete Rom nach der verlorenen Schlacht am Trasimenischen See 217 durch seine Verzögerungstaktik: 1,1.5.8 Fannius, Gaius, römischer Historiker, Teilnehmer am Gespräch über den Staat: 1,18 Feriae Latinae / Latinerfest: Einf; 1,14 Formianum, Landgut des Laelius ill Formiae: 1,61 Furius Camillus, Marcus, war der Eroberer von Veji im Krieg gegen die Etrusker; er wurde wegen angeblicher Unterschlagung von Kriegsbeute verbannt, später zurückberufen und erwies sich 390 v. Chr. im Krieg gegen die Gallier als Retter Roms: 1,6 Furius Philus, Lucius, römischer Politiker, Teilnehmer am Gespräch über den Staat: 1, 17.19· 10.30.34.37; 3,5.7-18 Galli / Gallier, Bewohner Galliens, bedrohten Rom mehrfach und wurden erst von Caesar endgültig unterworfen: 2,11; 3,9 Galus, Gaius Sulpicius, Konsul 166 v. Chr., Astronom: 1,21-22.30 Ganges, indischer Fluss: 6,26 Gellius, Aulus, 2. Jahrhundert n. Chr., Verfasser der Nodes Attiene, aus denen Fragmente von De república zu gewinnen sind: Einf Gracchus

Sempronius

Graecia / Griechenland: i, 5.36.58; 2,8.9.34; 3,4.9; 4,2a; 5,3; 6,15 Graus / Grieche: 1,58; 2,9; 3,9; 6,10 Hercules / Herakles, Sohn des Zeus und der Alkmene, berühmt durch seine zwölf »Arbeiten« im Dienst seines Vetters Eurystheus; nach seiner Selbstverbrennung in den Olymp aufgestiegen: 2,24; 3,32; Fr. inc. 3 Homerus / Homer, Dichter der Hias und der Odyssee: 2,18-19; 4,19; 6,14

3481 A N H A N G

Horatius Barbatus, Marcus, Konsul 449 v. Chr., setzte sich für die Interessen der Plebejer ein: 2,54 Hostilius Mancinus, Gaius, Konsul 137 v. Chr., schloss mit den Numantinem einen Vertrag, um sein Heer vor dem sicheren Untergang zu retten. Der Vertrag wurde vom Senat in Rom nicht anerkannt, Mancinus den Numantinem ausgeliefert: 3,14 Hyperbolus, reicher, athenischer Lampenhändler, von Aristophanes in einigen Komödien verspottet: 4 , 1 0 b Indus / Inder: 2,67 Iphigenia, Titel eines Bühnenstückes des Ennius: 1,30 Italia / Italien: i, r6; 2,9.28; 3,4 Iulius, Gaius, einer der Decemviri / Zehnmänner: 2,61 Iulius, Gaius, Konsul 430 v. Chr.: 2,60 Iulius Proculus, dem der vergöttlichte Romulus erschien (diese Legende wird von Augustinus in De civitate Dei 3,15 verspottet) : 2,20 Iuppiter / Jupiter, der höchste römische Gott: r, 50.56; 2,36; 3,17 Lacedaemo / Sparta: 1,50; 2, so Lacedaemonius / spartanisch / Spartaner: r, 25; 2,2.42; 3,9; 4,3 Laelius Sapiens, römischer Politiker, Teilnehmer am Gespräch über den Staat: 1,18 et passim Laenas

Popil(l)ius

Lar, römischer Schutzgott: 3,3 Larcius, Tiberius, erster römischer Diktator, 501 v. Chr.: 2,56 Latinus, Einwohner von - • Latium: 2,33; 6,16 Latium, Landschaft in Mittelitalien: 2,44; 3,4 Licinius Crassus Mucianus, Publius, Konsul 131 v. Chr., berühmter Jurist und erfolgreicher Politiker: 1,31; 3,10 Luceres, einer der drei ursprünglichen römischen Bezirke (Tribus) : 2,36 Lucretia, Frau des

Tarquinius Collatinus, von Sextus Tarquinius, dem Sohn des

Tarquinius Superbus, vergewaltigt, was zur Vertreibung des letzten römischen Königs und zur Gründung der Republik führte (erzählt bei Livius r, 57,6-59,6) : 2,46 Lucretius, Spurius, Konsul 509 v. Chr.: 2,55 (Lucretius) Tricipitinus, Vater der —*• Lucretia: 2,46 Lucumo, ein Helfer des Romulus im Kampf gegen die Sabiner: 2,14 Lycurgus / Lykurg, Gesetzgeber der Spartaner: 2,2.15.18.24.42.43.50.58; 3,9; 4,18 Lycurgus, Begründer der Olympischen Spiele: 2,18 Macedonia / Makedonien: r, 23

ERKLÄRENDES N A M E N S V E R Z E I C H N I S

Macrobius, Verfasser eines Kommentars zum Somnium Scipionis, um 4 0 0 n. Chr.: Einf Maelius, Spurius, reicher Plebejer, gewann in einer Hungersnot 4 4 0 v. Chr. durch kostenlose Verteilung von Getreide zahlreiche Anhänger, geriet in Verdacht, nach Alleinherrschaft zu streben, und wurde von Ahala, dem Magister equitum des Cincinnatus, getötet: 2,49 Magnesia, Stadt in Karien (Kleinasien): 2,9 Manilius, Manius, bedeutender römischer Jurist, Teilnehmer am Gespräch über den Staat: 1,18.20.30.34; 2,28.29; 3,10; 6,13 Manlius Capitolinus, Marcus, Konsul 392 v. Chr., rettete R o m vor einem Überfall der Gallier, gewarnt von den Gänsen auf dem Kapitol (vgl. Livius 5, 7, u f f ) . Später wurde ihm vorgeworfen, die Königsherrschaft wiederherstellen zu wollen, weshalb er vom Tarpejischen Felsen gestürzt wurde: 2,49 Marcellus

Claudius

Marius, Gaius, seit 107 v. Chr. mehrfach Konsul, Sieger über die Kimbern und Teutonen 102/101 v. Chr., wurde 88 zum Oberbefehlshaber im Krieg gegen Mithridates ernannt und von Sulla zum Staatsfeind erklärt : 1,6 Mars, römischer Gott des Krieges und als Vater von Romulus und Remus der eigentliche Gründer der Stadt Rom: 2,4; 6,21 Masinissa, Numiderfurst, 239-148 v. Chr., unterstützte die Römer im Zweiten Punischen Krieg: 6,13 Massiliensis, Einwohner der Stadt Massilia (Marseille): 1 , 4 3 . 4 4 Menelaus / Menelaos, Bruder des Agamemnon und Ehemann der Helena, tritt in Homers Ilias (3,313) als guter Redner auf: Fr. inc. 10a (= s, 11 Ziegler) Mercurius, römischer Gott der Kaufleute und Name eines Planeten: 6,21 Metellus

Caecilius

Milesius —• Thaies Miltiades: Die Athener verdankten Miltiades den Sieg über die Perser bei Marathon im Jahr 490 v. Chr.: 1,5 Minos, sagenhafter Gesetzgeber und König von Kreta, Sohn des Zeus und der Europa: 2,2 Möns sacer

Sacer mons

Mucius Scaevola, Publius, Konsul 133 v. Chr.: 1,20.31 Mucius Scaevola, Quintus, Augur und Rechtswissenschaftler, später Ciceros Lehrer, Teilnehmer am Gespräch über den Staat: 1,18.33 Mummius, Spurius, Anhänger der stoischen Philosophie, Teilnehmer am Gespräch über den Staat: 1,18.34; 3,36; 5,6

|349

3501 A N H A N G

Naevius, Gnaeus, 3. Jahrhundert v. Chr., frührömischer Dichter: 4,20b Neoptolemus, Sohn des Achilles: 1,30 Nilus / Nil: 6,23 Nonius Marcellus, Philologe und Grammatiker, 4. Jahrhundert n. Chr., Verfasser des lexikalischen Werkes De compendiosa doctrina, aus dem Fragmente der Schrift über den Staat zu gewinnen sind : Ein£ Numa Pompilius, zweiter König von Rom: 2,25-31.33; 3,36; 5,3 Numantia, Hauptstadt der Keltiberer, Mittelpunkt des spanischen Aufstands 143-133 v. Chr. gegen Rom: 1,17; 3,14; 6,15 Olympus, Gebirge (bis zu 3000 m hoch) an der Grenze zwischen Thessalien und Makedonien: 1,56; 3 Fr. 7 Opimius, Lucius, Konsul des Jahres 121 v. Chr., unterdrückte den Aufstand des Gaius Gracchus, wurde angeklagt, aber freigesprochen: 1,6 Pacuvius, Marcus, römischer Tragödiendichter, 220-130 v. Chr.: 1,30; 3,9 Panaetius / Panaitios, stoischer Philosoph aus Rhodos, um 185-98 v. Chr., von Cicero hoch geachtet, Freund des - • Cornelius Scipio Africanus minor, Angehöriger des Scipionenkreises: 1,15.34 Papirius, Lucius, Zensor 433 v. Chr.: 2,60 Papirius, Publius, Konsul 430 v. Chr.: 2,60 Peloponnesus / Peloponnes: 2,8 Pericles / Perikles, um 500-429 v. Chr., bedeutendster athenischer Feldherr und Staatsmann: 1,25; 4,20b Phidias, hervorragender athenischer Künstler, leitete von 447 bis 438 v. Chr. die Ausschmückung des Parthenon mit Plastiken: 3,35 Philippus / Philipp II., König von Makedonien (359-336 v. Chr.), Vater Alexanders des Großen: 3,9; 4,21 Philolaus, Pythagoreer, um 400 v. Chr.: 1,16 Philus

Furius

Phliasii / Phliasier, Einwohner der Stadt Phlius im Nordwesten der Peloponnes: 2,8 Pinarius, Publius, Zensor 433 v. Chr.: 2,60 Piraeus / Piräus, Hafen von Athen: 3,35 Pisistratus / Peisistratos, wurde 560 v. Chr. in Athen durch einen Putsch zum Tyrannen, doch war sein Wirken für Athen erfolgreich: 1,68 Plato / Platon, griechischer Philosoph, 427-374 v. Chr., mit seiner Schrift Politeia ein Vorbild Ciceros fur die Abfassung von De república: 1,16.22.29.65. (Zitat 66-67); 2,3.22.51; 4,2.18 Plautus, Titus Maccius, um 254-184 v. Chr., römischer Komödiendichter: 4,20b

ERKLÄRENDES NAMENS VERZEICHNIS

Poenus / Punier, Karthager: 2, 9.67·, 3,4.9. Fr. s Polybius / Polybios, um 200 v. Chr. in Megalopolis geboren, 168 v. Chr. nach dem endgültigen Sieg der Römer über Makedonien zusammen mit 1000 Geiseln nach Rom gekommen, griechischer Historiker und Verfasser einer Weltgeschichte in 40 Büchern: 1,34; 2,27; 4,1 Pompeius, Quintus, Konsul 141 v. Chr.: 3,14 Pompilius —* Numa Popil(l)ius Laenas, Publius, stellte als Konsul 132 v. Chr. eine Untersuchung gegen die Anhänger des Tiberius Gracchus an; wurde deshalb später von Gaius Gracchus angeklagt und ging ins Exil : 1,6 Porcii tres / die drei Porcier, Angehörige der plebejischen gens Porcia, als Volkstribunen Urheber der Porcischen Gesetze, die es Magistraten untersagten, römische Bürgen schlagen oder hinrichten zu lassen: 2,54 Poraus —» Cito Punicum bellum / Punischer Krieg, d. h. der Zweite Punische Krieg: 1,1 Pyrrhus, 319-272 ν. Chr., König der Molosser in Epirus, besiegte die Römer zweimal, ohne sie - wegen seines für ihn sehr verlustreichen »Pyrrhussieges« - endgültig zu schlagen: 3,30a Pythagoras, um 588-500 v. Chr., Mathematiker und Philosoph, gründete in Unteritalien eine Philosophenschule mit enger Gemeinschaft. Schwerpunkte ihres Denkens waren Mathematik, Seelenwanderungslehre und Spekulationen über Zahlensymbolik: 1,16; 2,28-29; 3»11 Quinctius Cincinnatus, Lucius, Konsul 460 v. Chr., 458 zum Diktator ernannt, galt als Vorbild einfacher und disziplinierter Lebensführung: Fr. ine 6 Qiiirinalis mons, einer der Sieben Hügel Roms: 2,11.20 Quirinus, Name des Romulus nach seinem Aufstieg in den Himmel: 1, 20 Quirites, Name der Römer: 1,27 Remus, Zwillingsbruder des Romulus: 2,4 Rhamnenses, einer der drei ursprünglichen römischen Bezirke (Tribus) : 2,36 Rhodus / Rhodos, griechische Insel mit bedeutender Handelsstadt: 1,47; 3,36 Roma / Rom: 1,58; 2,12.18.25; 3,27.35 Romulus, nach der Sage 753 v. Chr. Gründer Roms: 1,25.58.64; 2,4.10-20. 22. 23.25. 16. so. 51.52. Fr. 7; 3,32.36; 6,28 Rutilius Ruius, Publius, um 158-78 v. Chr., Militär, Politiker und Wissenschaftler, Teilnehmer am Gespräch über den Staat, von dem Cicero in Smyrna den Inhalt des geschilderten Gesprächs erfuhr: 1,13.17.101 Rutuli / Rutuler, Volksstamm in Latium: 2,5

13S1

352.1

ANHANG

Sabinus / Sabiner, sabinisch, altitalisches Volk: 2,12.13. Η· 25.36; 3,4 Sacer mons / Heiliger Berg, Hügel im Norden der Stadt Rom: 2,58.63 Salii / Salier, »Springer«, römische Kultgenossenschaft im Dienst des Gottes Mars: 2,26 Samnites / Samniten, Einwohner von Samnium: 3,3oa-b Samnium, Gebirgsland im Apennin oberhalb des Golfs von Neapel : 3,4 Sardanapallus / Sardanapal, letzter König von Assyrien, gest. 883 v. Chr.: 3 Fr. 6a Scaevola

Mucius

Scipio -*• Cornelius Sempronius Gracchus, Tiberius, Konsul 177 und 163 v. Chr., Vater des Tiberius und des Gaius: 6,8 Sempronius Gracchus, Tiberius, Enkel des älteren Scipio, Schwager des Scipio Africanus minor, Sozialreformer, Volkstribun 133 v. Chr., im Zuge politischer Unruhen, als er sich ungesetzlich zum zweiten Mal zum Volkstribun wählen lassen wollte, von seinem Vetter Publius Cornelius Scipio Nasica Serapio erschlagen: ι, 31 Sempronius Tuditanus, Gaius, Konsul 129 v. Chr.; unter seinem Konsulat fand das Gespräch über den Staat statt: 1,14 Servilius Ahala, Gaius, 439 v. Chr. Reiteroberst unter dem Diktator Lucius Quinctius Cincinnatus, tötete auf dessen Befehl Spurius Maelius, der nach der Tyrannis in Rom strebte. Er wurde verbannt und dann ehrenvoll aus der Verbannung zurückgerufen: 1,6 Servius Tullius, sechster König von Rom: 2,37.38; 3,36 Sestius, Lucius, von Decemvir Gaius

lulius vor Gericht zitiert: 2,61

Sicilia / Sizilien: 1,16; 2,9 Simonides, 556-468 v. Chr., griechischer Dichter: 2,20 Smyrna, griechische Stadt an der kleinasiatischen Küste: 1,13 Socrates / Sokrates, 469-399 v. Chr., griechischer Philosoph: 1,15.16; 2,3.22.51; 3,5 Solo / Solon, 6. Jahrhundert v. Chr., Schöpfer der ersten athenischen Verfassung, Wegbereiter der Demokratie: 2,2.59 Sparta, Hauptstadt der peloponnesischen Landschaft Lakonien und des Staates der Lakedaimonier; vgl. Lacedaemo und Lacedaemonius: 2,15.43.58; 4,3 Stesichorus / Stesichoros, um 650-555 v. Chr. griechischer Dichter aus Sizilien: 2,20 Suessa Pometia, Stadt der Volsker in Latium: 2,44 Sybaris: griechische Handelsstadt an der italienischen Adriaküste: 2,28 Syracusae / Syrakus, Hauptstadt von Sizilien: 1,21; 3,35 Syria / Syrien, seit 63 v. Chr. römische Provinz: 6,15 Tarpeius, Spurius, Konsul 454 V. Chr.: 2,60 Tarquinii, Stadt in Etrurien: 2,34.37

ERKLÄRENDES NAMENSVERZEICHNIS

Tarquiniorum gens / Familie der Tarquinier, der Angehörigen des letzten römischen Königs: 2,46.53 Tarquinius Collatinus, Lucius, Konsul 509 v. Chr., Ehemann der Lucretia: 2,46.53 Tarquinius Priscus, Lucius, fünfter römischer König: 2,35.38 Tarquinius Superbus, Lucius, letzter (siebter) römischer König, 510 v.Chr. aus Rom vertrieben: 1,6v, 2,28.46.51.52 Tatius, Titus, König der Sabiner, kämpfte wegen der geraubten Frauen und Tochter gegen Rom: 2,13-14 Tauri / Taurer, Volk am Schwarzen Meer: 3,9 Tellus / Erde, römische Vegetationsgöttin: 6,21 Terentius Varrò, Marcus, römischer Schriftsteller, 116-27 v. Chr.: Einf Tertullianus, Quintus Septimius Florens / Tertullian, Jurist und christlicher Kirchenschriftsteller, um 150-230 n. Chr., aus dessen Werken Fragmente der Schrift über den Staat zu gewinnen sind: Einf Thaies, erster griechischer Philosoph aus Milet (Kleinasien), um 600 v. Chr.: 1,22.25 Thebani / Thebaner, Bewohner von Theben in Böotien: 4,2 Themistocles / Themistokles, um 524-459 v. Chr., athenischer Staatsmann und Feldherr, besiegte die Perser in der Seeschlacht bei Salamis 480, später verbannt, zum Tode verurteilt und nach Persien geflohen: 1,5 Theophrast, Schüler des Aristoteles, um 370-287 v. Chr.: Ein£ Theopompus, spartanischer König, um 740 v. Chr.: 2,58 Theseus, sagenhafter König von Athen, berühmt durch den Ariadnefaden und seinen Kampf gegen den Minotauros: 2,2 Thraca (Thracia) / Thrakien, raues, unkultiviertes Land nordöstlich von Griechenland bis zum Schwarzen Meer: 2,9 Tiberis / Tiber, Fluss, der bei Rom ins Meer mündet: 2,4.5.33 Timaeus / Timaios, griechischer Historiker aus Unteritalien, um 400 v. Chr.: 1,16 Titienses, einer der drei ursprünglichen römischen Bezirke (Tribus): 2,36 Tullius

Servius

Tullus Hostilius, dritter König von Rom: 2,31.53 Tusculum, Catos Heimatstadt in der Nähe von Rom: 1,1 Valerius Potitus, Lucius, Konsul 449 v. Chr.: 2,54 Valerius Publicóla, Publius, mehrmals Konsul ab 509 v. Chr., Mitbegründer der römischen Republik: 2,53.55 Varrò

Terentius

Velia, Anhöhe in der Nähe des Palatin, Ausgangspunkt der Via Sacra, die auf das Forum führte: 2,53

1353

3541

ANHANG

Verginius, Decimus, römischer Zenturio, erstach seine von dem Decemvir Appius Claudius verfolgte Tochter Virginia: ι, 63 Vestales virgines / Vestalische Jungfrauen, Priesterinnen der Vesta, die in ihrem Tempel in Rom das ewig brennende Feuer hüteten: 2,16; 3,10 Voconia lex, Gesetz gegen den Luxus der Frauen: 3,10 Volsca gens / Volsker, altitalischer Volksstamm in Latium: 3,4 Xenocrates / Xenokrates, 339-351 v. Chr., Piatons Schüler und sein zweiter Nachfolger in der Leitung der Akademie: 1,3 Xerxes, persischer König (485-465 v. Chr.), versuchte erfolglos, Griechenland zu erobern, wurde bei Salamis 480 v. Chr. und bei Plataiai 479 v. Chr. besiegt : 3,9 Zethus, Figur in einer Tragödie des -» Pacuvius: 1,30

LITERATURHINWEISE Textausgaben und Übersetzungen M. Tullius Cicero: De re publica, Hg. Konrat Ziegler, Leipzig 1915, '1969 (Teubner). Cicero: De re publica. Vollständige Textausgabe. Erläuterungen von Herbert Schwamborn. 2 Bände, Paderborn 1953/1958 (Schöningh). Cicero: Über den Staat, Obers. Walther Sontheimer, Stuttgart 1956 (Reclam). Cicero: De re publica - Der Staat. Lateinisch und deutsch, eingeleitet und neu übertragen von Karl Büchner, Zürich '1960 (Bibliothek der Alten Welt). Cicero: Der Staat - De re publica. Lateinisch-deutsch, übersetzt von Karl Büchner, neu herausgegeben von Harald Merklin, Düsseldorf / Zürich 1999 (Tusculum Studienausgabe). M. Tulli Ciceronis De re publica. De legibus. Cato maior de senectute. Laelius de amicitia, Hg. J. G. F. Powell, Oxford 2006 (Oxford Classical Texts).

Weiterführende Literatur Büchner, Karl: Studien zur römischen Literatur II: Cicero, Wiesbaden 1962,25-115. Büchner, Karl: Die römische Republik im römischen Staatsdenken, in: Hans Oppermann (Hg.): Römertum, Darmstadt 1976,66-86. Büchner, Karl: Cicero, De re publica. Kommentar, Heidelberg 1984. Fuhrmann, Manfred: Cicero und die römische Republik. Eine Biographie, Düsseldorf 4 i997,2006. Fuhrmann, Manfred: Scipios Traum. Philosophische Verheißung in drängender politischer Lage, in: J. Kneissl / V Losemann (Hg.): Imperium Romanum. Studien zur Geschichte und Rezeption. Festschrift fur Karl Christ zum 75. Geburtstag, Stuttgart 1998,252-266. Gigon, Olof: Studien zu Ciceros De re publica, in: O. G.: Die antike Philosophie als Maßstab und Realität, Zürich 1977,208-355. Heinze, Richard: Ciceros »Staat« als politische Tendenzschrift (1924), in: R. H.: Vom Geist des Römertums, Darmstadt i960,141-159. Meyeihöfer, Herbert: Piatons Politela - Ciceros De re publica. Versuch eines Vergleichs, in: Anregung 33,1987,218-231. Pöschl, Viktor: Römischer Staat und griechisches Staatsdenken bei Cicero. Untersuchungen zu Ciceros Schrift De re publica, Darmstadt 1 i902. Powell, J. G. F. (Hg.): Cicero the Philosopher: A Collection ofPapers, Oxford / New York 1995.