Der Jakobusbrief in der Alten Kirche: Eine Spurensuche vom Neuen Testament bis zu Origenes
 9783161565113, 9783161565120, 3161565118

Table of contents :
Cover
Titel
Vorwort
Inhalt
1. Einleitung
1.1 Forschungsstand
1.2 Ziele der Untersuchung
1.3 Methode
2. Spuren der Rezeption im Neuen Testament?
2.1 1. Petrusbrief
2.1.1 Verhältnisbestimmung
2.1.2 Ergebnis 1. Petrusbrief
2.2 Judasbrief
3. 1. Clemensbrief
4. Hirt des Hermas
4.1 Werk und Überlieferungssituation
4.2 Verhältnisbestimmung anhand Jak 1, 5–8 und mand. 9
4.2.1 Struktur und Inhalt
4.2.2 Textanalyse Jak 1, 5–8 und mand. 9
4.2.3 Ergebnis Jak 1, 5–8 und mand. 9
4.3 Ergebnis Hirt des Hermas
5. Irenäus von Lyon
5.1 Werk und Überlieferungssituation
5.2 Verhältnisbestimmung
5.2.1 Abraham, Freund Gottes, in Jak 2, 23
5.2.2 Überschneidungen im schöpfungstheologioschen Kontext?
5.2.3 Vergleich des Heilungsverständnisses
5.2.4 Das Motiv vom Mord des Gerechten
5.2.5 Das Gesetz der Freiheit
5.3 Schweigen um Jak bei Irenäus
6. Tertullian
6.1 Abraham, Freund Gottes als Parallele?
6.2 Keine Abhängigkeiten des Jak bei Tertullian
7. Clemens von Alexandrien
7.1 Werk und Überlieferungssituation
7.2 Verhältnisbestimmung
7.2.1 Ein verlorener Kommentar?
7.2.2 Jak 2, 23 bei Clemens?
7.3 Jak 2, 25 und str. 4, 105, 4
7.4 Das Motiv von den schaudernden Dämonen
7.5 Barmherzigkeit als Referenz?
7.6 Äbhängigkeiten im Verständnis von Vollkommenheit?
7.7 Verbindungen im Bereich der Nächstenliebe?
7.8 Gnosis und die Vollendung des Glaubens
7.9 Widerstand gegenüber dem Überheblichen
7.10 Konvergenzen im Schwurverbot des Jak?
7.11 Das Verhüllen von Sünden
7.12 Eine mögliche Kenntnis des Jak bei Clemens
8. Origenes
8.1 Werk und Überlieferungssituation
8.2 Verfasser und Ansehen des Jak bei Origenes
8.2.1 Jakobus als Autor des Jak
8.2.2 Jak als Brief oder Schrift des Jakobus?
8.2.3 Apostolische Verfasserschaft?
8.2.4 Ergebnis Verfasserfrage und Ansehen
8.3 Weitere Rezeptionen, Echos, Anklänge
8.3.1 Gaudium im Fokus
8.3.2 Das Motiv der Versuchung
8.3.3 Die Unversuchbarkeit Gottes
8.3.4 Tod als Resultat der Sünde?
8.3.5 Weitere Verbindungen im Motiv der Sünde?
8.3.6 Jak 1, 17 bei Origenes
8.3.7 Das Motiv vom Erstling seiner Geschöpfe
8.3.8 Täter des Wortes als Parallele?
8.3.9 Die Armen im Geiste
8.3.10 Der Glaube ohne die Werke
8.3.11 Schaudernde Dämonen
8.3.12 Die Gottesfreundschaft Abrahams
8.3.13 Die Unterwerfung unter Gott
8.3.14 Ein direktes Zitat von Jak 4, 17?
8.3.15 Autenthizität von hom. in Lev. 2, 4
8.4 Weitere mögliche Spuren
8.5 Ergebnis Origenes
9. Eusebius von Caesarea
10. Kanonlisten
11. Ergebnisse und Impulse
12. Appendix
12.1 Synopse zum 1. Clemensbrief
12.2 Synopse zu Tertullian
12.3 Synopse zu Origenes
13. Der Jakobusbrief Griechisch–Deutsch (eigene Neuübersetzung)
Quellen- und Literaturverzeichnis
Quellen und Übersetzungen
Biblische Quellen
Frühjüdische Literatur
Antike christliche Autoren und Schriften
Hilfsmittel
Sekundärliteratur
Register

Citation preview

Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament ∙ 2. Reihe Herausgeber/Editor Jörg Frey (Zürich)

Mitherausgeber/Associate Editors Markus Bockmuehl (Oxford) ∙ James A. Kelhoffer (Uppsala) Tobias Nicklas (Regensburg) ∙ Janet Spittler (Charlottesville, VA) J. Ross Wagner (Durham, NC)

588

Christian Bemmerl

Der Jakobusbrief in der Alten Kirche Eine Spurensuche vom Neuen Testament bis zu Origenes

Mohr Siebeck

Christian Bemmerl, geboren 1986; 2006–12 Studium der Theologie; 2012–18 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Regensburg; 2018 Promotion; seit 2018 Berater für digitale Transformation.

ISBN 978-3-16-156511-3 / eISBN 978-3-16-156512-0 DOI 10.1628/978-3-16-156512-0 ISSN 0340-9570 / eISSN 2568-7484 (Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament, 2. Reihe) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2023 Mohr Siebeck Tübingen, Germany.

www.mohrsiebeck.com

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für die Verbreitung, Vervielfältigung, Übersetzung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von SatzWeise in Bad Wünnenberg aus der Minion gesetzt, von Gulde-Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Nädele in Nehren gebunden. Printed in Germany.

Für Susann

Vorwort In dem vorliegenden Band konnte ich mir den Wunsch erfüllen, mich intensiv mit einer wissenschaftlichen Fragestellung der Theologie auseinanderzusetzen. Bei dem Buch handelt es sich um eine überarbeitete Version meiner Doktorarbeit, die ich an der Fakultät für Katholische Theologie der Universität Regensburg eingereicht habe. Für die Begleitung und die vielen kreativen Impulse während der Entstehung dieser Arbeit möchte ich mich bei meinem Doktorvater Prof. Dr. Tobias Nicklas, meinem Wegbegleiter Prof. Dr. Harald Buchinger und meinem Freund Prof. Dr. Michael Sommer bedanken. Für die Aufnahme in die Reihe WUNT II danke ich besonders Prof. Dr. Jörg Frey. Ebenfalls danke ich der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für die Finanzierung des Projektes. Mein ausdrücklicher Dank gilt auch all denjenigen, die mir in dieser Zeit zur Seite standen und mir Mut machten. Besonders dankbar bin ich vor allem meiner Verlobten Susann für Ihre Geduld und Ihre Unterstützung auf der Zielgeraden. Für die Beratung bei den Übersetzungen möchte ich mich in aller Form bei meinem Freund Prof. Dr. Jens Holzhausen bedanken. Ihm ist es gelungen, die Freude an antiken Sprachen in mir wieder aufflammen zu lassen. Zudem möchte ich auch meinem Freund Matthias Waldmann herzlich danken, der mich ganz besonders beim Korrekturlesen unterstützt hat. Der Abschluss dieser Arbeit stellt für mich auch das Ziel meiner Reise durch die Theologie dar, auf der ich viel über mich selbst lernen durfte und meinen persönlichen Weg gefunden habe. Auch in meinem heutigen Beruf als IT-Berater profitiere ich täglich von den Skills, die mir diese Arbeit und die Theologie mitgegeben haben. Allen Leserinnen und Lesern dieses Bandes danke ich für die Zeit, die sie investieren, sich mit meiner Arbeit auseinanderzusetzen. Dies ist für mich der größte Wert dieser Arbeit. Nürnberg, im Frühling 2023

Christian Bemmerl

Inhalt 1.

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

1.1 Forschungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

1.2 Ziele der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3

1.3 Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

5

2.

Einleitung

Spuren der Rezeption im Neuen Testament?

. . . . . . . . . . . .

12

2.1 1. Petrusbrief . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1 Verhältnisbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2 Ergebnis 1. Petrusbrief . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

12 15 29

2.2 Judasbrief . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

30

3.

1. Clemensbrief . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

34

4.

Hirt des Hermas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

36

4.1 Werk und Überlieferungssituation . . . . . . . . . . . . . . . . . .

41

4.2 Verhältnisbestimmung anhand Jak 1, 5–8 und mand. 9 4.2.1 Struktur und Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2 Textanalyse Jak 1, 5–8 und mand. 9 . . . . . . . 4.2.3 Ergebnis Jak 1, 5–8 und mand. 9 . . . . . . . .

. . . .

42 47 50 56

4.3 Ergebnis Hirt des Hermas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

57

5.

Irenäus von Lyon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

62

5.1 Werk und Überlieferungssituation . . . . . . . . . . . . . . . . . .

66

5.2 Verhältnisbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1 Abraham, Freund Gottes, in Jak 2, 23 . . . . . . . . . . . . 5.2.2 Überschneidungen im schöpfungstheologioschen Kontext? 5.2.3 Vergleich des Heilungsverständnisses . . . . . . . . . . . . 5.2.4 Das Motiv vom Mord des Gerechten . . . . . . . . . . . . 5.2.5 Das Gesetz der Freiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . .

66 67 79 82 85 86

5.3 Schweigen um Jak bei Irenäus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

88

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

X 6.

Inhalt

Tertullian . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

89

6.1 Abraham, Freund Gottes als Parallele? . . . . . . . . . . . . . . . .

90

6.2 Keine Abhängigkeiten des Jak bei Tertullian . . . . . . . . . . . . .

91

7.

Clemens von Alexandrien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

93

7.1 Werk und Überlieferungssituation . . . . . . . . . . . . . . . . . .

96

7.2 Verhältnisbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.1 Ein verlorener Kommentar? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.2 Jak 2, 23 bei Clemens? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

97 97 99

7.3 Jak 2, 25 und str. 4, 105, 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

106

7.4 Das Motiv von den schaudernden Dämonen . . . . . . . . . . . .

107

7.5 Barmherzigkeit als Referenz?

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

109

7.6 Äbhängigkeiten im Verständnis von Vollkommenheit? . . . . . . .

111

7.7 Verbindungen im Bereich der Nächstenliebe? . . . . . . . . . . . .

113

7.8 Gnosis und die Vollendung des Glaubens . . . . . . . . . . . . . .

116

7.9 Widerstand gegenüber dem Überheblichen . . . . . . . . . . . . .

118

7.10 Konvergenzen im Schwurverbot des Jak? . . . . . . . . . . . . . .

120

7.11 Das Verhüllen von Sünden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

123

7.12 Eine mögliche Kenntnis des Jak bei Clemens . . . . . . . . . . . .

127

8.

Origenes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

129

8.1 Werk und Überlieferungssituation . . . . . . . . . . . . . . . . . .

130

8.2 Verfasser und Ansehen des Jak bei Origenes . . . 8.2.1 Jakobus als Autor des Jak . . . . . . . . . . 8.2.2 Jak als Brief oder Schrift des Jakobus? . . . 8.2.3 Apostolische Verfasserschaft? . . . . . . . . 8.2.4 Ergebnis Verfasserfrage und Ansehen . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

132 133 135 148 155

8.3 Weitere Rezeptionen, Echos, Anklänge . . . . . . 8.3.1 Gaudium im Fokus . . . . . . . . . . . . . 8.3.2 Das Motiv der Versuchung . . . . . . . . . 8.3.3 Die Unversuchbarkeit Gottes . . . . . . . . 8.3.4 Tod als Resultat der Sünde? . . . . . . . . . 8.3.5 Weitere Verbindungen im Motiv der Sünde?

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

157 157 158 159 160 161

XI

Inhalt

8.3.6 8.3.7 8.3.8 8.3.9 8.3.10 8.3.11 8.3.12 8.3.13 8.3.14 8.3.15

Jak 1, 17 bei Origenes . . . . . . . . . . . Das Motiv vom Erstling seiner Geschöpfe Täter des Wortes als Parallele? . . . . . . Die Armen im Geiste . . . . . . . . . . . Der Glaube ohne die Werke . . . . . . . Schaudernde Dämonen . . . . . . . . . Die Gottesfreundschaft Abrahams . . . . Die Unterwerfung unter Gott . . . . . . Ein direktes Zitat von Jak 4, 17? . . . . . Autenthizität von hom. in Lev. 2, 4 . . . .

. . . . . . . . . .

161 166 167 171 171 176 176 178 180 182

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

183

8.5 Ergebnis Origenes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

184

9.

189

8.4 Weitere mögliche Spuren

. . . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

Eusebius von Caesarea . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

10. Kanonlisten

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

192

11. Ergebnisse und Impulse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

196

12. Appendix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

203

12.1 Synopse zum 1. Clemensbrief . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

203

12.2 Synopse zu Tertullian

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

205

12.3 Synopse zu Origenes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

209

13. Der Jakobusbrief Griechisch–Deutsch (eigene Neuübersetzung) . .

223

Quellen- und Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

239

Quellen und Übersetzungen

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

239

Biblische Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

239

Frühjüdische Literatur

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

239

Antike christliche Autoren und Schriften . . . . . . . . . . . . . . . . .

240

Hilfsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

243

Sekundärliteratur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

244

Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

259

1. Einleitung 1.1 Forschungsstand Der Jakobusbrief, welcher in der heute kanonischen Abfolge des Neuen Testaments die Katholischen Briefe einleitet, gehörte lange Zeit zu den wenig beachteten Schriften des Neuen Testaments. Vor allem in den Kirchen der Reformation spielte er auch aufgrund von Luthers berühmtem Diktum aus dem Jahre 1522, es handle sich um eine „stroherne Epistel“, 1 über mehrere Generationen eine untergeordnete Rolle. 2 In den vergangenen Jahrzehnten jedoch hat sich konfessionsübergreifend ein neues Interesse am Jakobusbrief gezeigt; es entstanden wichtige Kommentare, Monographien und Forschungsbeiträge. 3 Im Anklang an die von Autoren wie E. P. Sanders und J. D. G. Dunn initiierte New Perspective on Paul 4 wurden in neuerer Zeit selbst Stimmen laut, die gar eine New Perspective on James fordern. 5 Im Zentrum der Diskussion stehen vor allem Fragen der historischen und theologischen Einordnung des Briefes. Immer wieder werden die folgenden Probleme diskutiert: Handelt es sich beim Jakobusbrief um ein echtes, auf den Herrenbruder Jakobus zurückgehendes, eine frühe Phase „jüdischen Christentums“ spiegelndes Schreiben 6 oder um eine pseudepigraphische Schrift wohl vom Ende des ersten Jahrhunderts? 7 In welchem Verhältnis steht der Jak zu Vgl. Luther, Vorrede, 215. Die Position Luthers zum Jak ist dargestellt bei Mußner, Jakobusbrief, 42–47; zur Rezeption des Textes in den Kirchen der Reformation vgl. zudem knapp Hartin, James, 9–10. 3 So ist gerade in jüngerer Zeit eine Vielzahl von Kommentierungen des Jak erschienen – zu nennen sind etwa die Arbeiten McKnight, Letter; Hartin, James; Burchard, Jakobusbrief; Moo, Letter, und Johnson, Letter, besonders aber der knapp 800 Seiten umfassende Kommentar von Allison, James, in der Reihe ICC aus dem Jahr 2013. Weitere wichtige Werke sind in Vorbereitung. Auch ein internationales Symposium zum Jak an der Radboud Universität in Olmütz 2016 hat das große Interesse am Jak widergespiegelt. Der Tagungsband hierzu beinhaltet einen Artikel, der sich dem Thema dieser Studie aus einer anderen Perspektive widmet und auf welchen hier immer wieder zurückgegriffen werden kann: Bemmerl, Rezeption, 517–539. Dies ist jedoch – betrachtet man die Zahl an weiteren wichtigen Arbeiten – nur die Spitze des Eisbergs. 4 Hierzu besonders wichtig: Sanders, Paul, sowie Dunn, New Perspective. 5 Vgl. Niebuhr, New Perspective, aber auch Webb, Reading James. 6 Wer den Text für authentisch halten will, muss ihn vor das Jahr 62 n. Chr. datieren, das als Todesjahr des Herrenbruders Jakobus, mit welchem der Autor des Jak meist identifiziert wird, anerkannt ist. So in der neueren Literatur etwa McKnight, Letter, 3, oder Hartin, James, 24, und zuvor auch Mußner, Jakobusbrief, 8. 7 Diese Sicht wird heute zunehmend vertreten. Vgl. hierzu schon Dibelius, Brief des Jako1 2

2

Einleitung

Paulus und seinen Briefen? 8 Ist die Kontraststellung, die der Jak bereits aufgrund seiner überlieferten Position im Kanon gegenüber dem Corpus Paulinum einnimmt, tatsächlich der Tatsache geschuldet, dass der Autor des Textes auf bestimmte Interpretationen paulinischer Briefe bzw. Lebensformen in paulinischen Gemeinden reagierte? Oder wurde der Jak erst später bereits im Prozess der Formierung des Kanons als Kontrast zu einem bereits bestehenden Corpus Paulinum eingefügt oder gar konzipiert? 9 Wenig beachtet wurde dagegen ein anderes Problem: So bedeutend die Rolle des Jak im heutigen Gefüge eines neutestamentlichen Kanons sein mag, so sehr er als Gegengewicht zum Corpus Paulinum gelesen werden kann und für viele Autoren als Zeugnis eines frühen jüdisch geprägten Christentums gelten mag, 10 so sehr erstaunt gleichzeitig, dass sich die ältesten sicheren Zeugnisse einer Rezeption des Jak erst bei Origenes finden. 11 In der wichtigen, auf das Jahr 2007 zurückgehenden Arbeit „Not by Paul Alone: The Formation of the Catholic Epistle Collection and the Christian Canon“ kommt D. R. Nienhuis zu einem weitgehend negativen Ergebnis: Bis zum dritten Jahrhundert fänden sich kaum sichere Spuren einer Rezeption des Textes, der Jak gewinne jedoch in der Phase eines sich mehr und mehr schließenden Kanons im vierten Jahrhundert an der Spitze der „Katholischen Briefe“ eine überraschende Sonderrolle. 12 Nienhuis’ Untersuchung früher Hinweise auf eine Rezeption des Jak 13 bleibt jedoch an der Oberfläche. 14 Nur einige wenige Beispiele werden diskutiert und mögliche bus, 35, sowie aus den neueren Arbeiten z. B. Frankemölle, Jakobus, 45; Feldmeier, Jakobusbrief, 340. Für einen umfassenden Forschungsüberblick hierzu siehe Niebuhr, New Perspective, 1022–1032; Allison, James, 3–32; Konradt, Jakobus der Gerechte, 575–597; Metzner, Lehrer, 238–276, der in einem Lehrer namens Jakobus den Verfasser des Jak sieht. 8 Hier setzt Niebuhr, New Perspective, 1019–1020, an, der konstatiert, dass der Jak zu sehr aus einer paulinischen Perspektive gelesen wird. Niebuhr fordert deswegen, die „paulinische Brille“ abzulegen und den Jak an sich in den Blick zu nehmen. 9 Noch detailliertere Zusammenfassungen des Forschungsstands bieten etwa Allison, Polemic, 123–149, und Mitchell, James, 77–79. 10 Hierzu z. B. Niebuhr, Exegese, 570–581. 11 Vgl. Nienhuis, Paul, 102. 12 Der Jak belegte jedoch nicht immer und überall den ersten Rang unter den Katholischen Briefen. Seine Spitzenstellung, die er dem 1. Petr ablief, gilt für das hl. Land spätestens ab Cyrill von Jerusalem und für Ägypten ab Athanasius als gesichert. Siehe hierzu Merkt, 1. Petrus, 16– 23, und ebenfalls Wall, Priority, 153–160, der versucht, die Vorrangstellung des Jak aus hermeneutischer Sicht zu erklären, womit er jedoch nicht immer überzeugen kann, da er seine Beobachtungen ausschließlich an Irenäus von Lyon festmacht und generell historische Entwicklungen, wie sie Merkt beschreibt, außer Acht lässt. 13 Eines der wohl bekanntesten und gleichzeitig am meisten diskutierten Beispiele ist der Hirt des Hermas. Vgl. die Aussagen bei Metzger, Canon, 66, oder Laws, James, 23. Autoren wie Mußner, Jakobusbrief, 39, oder Nienhuis, Paul, 119, erlauben sich jedoch kein abschließendes Urteil über das Verhältnis der beiden Texte zueinander. 14 Vgl. Nienhuis, Paul, 190: „We do not have the space here to review the candidate texts in detail […]“. Hierauf verweist auch Davids, James, 362, in seiner Rezension zur Studie von Nienhuis.

Ziele der Untersuchung

3

Bezüge zum Teil allzu schnell traditionsgeschichtlich erklärt. 15 Blickt man jedoch in die Biblia Patristica, so zeigt sich sehr schnell ein anderes Bild: In den Bänden 1–3, welche die Rezeption biblischer Texte bis hin zu Origenes dokumentieren, sind insgesamt 251 Stellen aufgelistet, in denen – angeblich – der Jak rezipiert wird. Ein Schwerpunkt findet sich dabei natürlich bei Origenes selbst, aber auch bei Clemens von Alexandrien. Seit Jahren kontrovers diskutiert werden zudem die möglichen sehr frühen Bezüge zum Hirt des Hermas. Nun ist die Biblia Patristica sicherlich kein vollkommen zuverlässiges Hilfsmittel. Sie verlangt vielmehr einerseits die kritische Durchsicht und Beurteilung aller dort angegebenen Belege, zudem zeigt sich andererseits, dass immer wieder auch über die Biblia Patristica hinaus mit zusätzlichen Hilfsmitteln, wie etwa den Suchfunktionen des Thesaurus Linguae Graecae (TLG) oder der für den Jak vorliegenden Editio Critica Maior (ECM) weitere mögliche Rezeptionen zu entdecken sind. 16 So bleibt auch nach Nienhuis’ Arbeit eine detaillierte Untersuchung der Rezeptionsgeschichte des Jak ein Desiderat, an dem hier angesetzt werden soll.

1.2 Ziele der Untersuchung Die vorliegende Studie zielt zunächst auf eine möglichst vollständige Darstellung und Diskussion der Spuren einer Rezeptionsgeschichte des Jak in der Zeit bis einschließlich Origenes. Dazu werden aufgrund grundsätzlicher Erwägungen neben der sogenannten Väterliteratur auch Schriften des Neuen Testaments, die Spuren einer Rezeption des Jak vermuten lassen, berücksichtigt. Entscheidendes Ziel ist eine vollständige kritische Sichtung derjenigen Texte, in denen bisher Rezeptionen des Jak vermutet wurden, sowie möglicher weiterer Funde. Diese Sichtung soll in eine Dokumentation des Materials münden, in welchem Rezeptionen des Jak wahrscheinlich gemacht werden können. Die dabei erfassten Daten sollen zunächst helfen, die früheste Rezeptionsgeschichte des Jak nachzuzeichnen. 17 Deren konkrete Darstellung wiederum soll sich an den folgenden Fragestellungen orientieren: 15 Vgl. Nienhuis, Paul, 48. Immer wieder sind Nienhuis’ Ergebnisse nur auf den ersten Blick schlüssig: So zitiere Clemens etwa in str. 6, 16, 2 nicht Jak 2, 8, sondern Lev 19, 18; ein genauer Vergleich der beiden Texte, in dem sprachliche wie kontextuelle Elemente untersucht werden, bietet Nienhuis jedoch nicht. 16 Eine umfassende Darstellung einer Vorgehensweise bei der Suche von Referenzstellen bietet Merkt, Novum Testamentum, 33–34. Dabei wird auch deutlich, dass es nicht um eine numerische Vollständigkeit geht, sondern um ein Portfolio der ganzen Breite und Vielfalt von Rezeptionen. Über die Biblia Patristica hinausgehende mögliche Referenztexte sind in den jeweiligen Übersichten farblich hervorgehoben. 17 Wichtig ist, nicht einfach eine Kollektion von Material zu bieten, sondern tatsächlich Rezeptionsgeschichte darzustellen. Hierzu weiterführend u. a. Nicklas, Blackwell Bible, 523–

4

Einleitung

1. In welchen Verbindungen mit anderen Texten wurde der Jak verwendet? 2. In welchen historischen wie auch theologischen Diskursen wurde der Jak auf welche Weise verwendet? 3. Inwiefern lassen sich bestimmte Schwerpunkte der Rezeption des Jak mit verschiedenen Orten (Alexandrien, Caesarea etc.) und bekannten Gruppierungen innerhalb des antiken Christentums verbinden? Möglicherweise ergeben sich auch Hinweise und Argumente für die Diskussion weiterführender Fragen: 1. Inwiefern bieten die gesammelten Daten neue Hinweise und Argumente für die Diskussion der Frage, wann und wo der Jak abgefasst wurde? 2. Inwiefern bieten die gesammelten Daten neue Hinweise und Argumente für die Diskussion der Frage, ab wann, von welchen Gruppen und in welchen Kontexten der Jak als „autoritative“ bzw. „kanonische“ Schrift angesehen wurde? Damit kann das geplante Vorhaben im weiteren Sinne auch einen Beitrag zum Forschungsprojekt Novum Testamentum Patristicum (NTP) leisten. Dieses zielt darauf ab, die altkirchliche Auslegung des Neuen Testaments in ihrer historischen Bedingtheit zu dokumentieren und ein möglichst differenziertes Bild der Rezeptionen neutestamentlicher Texte im antiken Christentum zu liefern. Die Gliederung dieser Studie soll weitgehend und soweit möglich chronologisch erfolgen. Dabei sollen Autoren, die ein gewisses Spannungsgefüge erwarten lassen, wie etwa Clemens von Alexandrien (* um 140/150, † vor 215/ 216), 18 dessen Schüler Origenes (* um 185, † um 253) 19 und Eusebius von Caesarea (* vor 264/65, † 339/340) 20 eine Reihe bilden. Der syrische Osten, der einen Sonderfall darstellt, 21 wird nicht Teil dieser Untersuchung sein.

532, und Merkt, Novum Testamentum, 573–595. Weiterführend in diesem Zusammenhang auch Niebuhr, Gestalt, 95–109. 18 Méhat, Clemens, 101–113, und Wyrwa, Clemens, 128–132, bieten prägnante Einführungen in Leben und Werk des Clemens. Außerdem ist in diesem Zusammenhang Grünstäudl, Petrus Alexandrinus, 236–237, anzuführen, der dieses Thema aus einer ähnlichen Fragestellung heraus betrachtet. 19 Einführend in Leben und Werk des Origenes: Vogt, Origenes, 528–536. 20 Einführend zu Eusebius vgl. Ulrich, Eusebius, 240–245. 21 Damit beschäftige ich mich bereits in dem Artikel Bemmerl, Rezeption, 536–537. Der Grund für das späte Auftreten des Jak in der syrischen Kirche muss nicht zwingend darin liegen, dass es ihn nicht schon früher dort gegeben hätte, sondern ist wohl eher in der langen Ablehnung Katholischer Briefe zu sehen, worüber Merkt, 1. Petrus, 23–24, eingehend berichtet. Siehe hierzu auch allgemein Metzger, Canon, 218–223.

Methode

5

1.3 Methode Methodischer Motor dieser rezeptionsgeschichtlichen Spurensuche22 wird das analytische Repertoire historisch-kritischer Exegese sein, das sich der im Projekt Novum Testamentum Patristicum spezifischen instrumenta studiorum bedienen kann. 23 In einem ersten Schritt werden mittels der Biblia Patristica all jene christlichen Schriften der ersten Jahrhunderte gesammelt, die in Verbindung mit dem Jak gebracht werden können. 24 Das Spektrum relevanter Texte kann mit Hilfe einer Recherche im TLG 25 mit geeigneten Suchbegriffen aus dem Jak vervollständigt werden. Die Editio Critica Maior zum Jak, die in ihrer zweiten und erstmals vollständigen Auflage noch in keiner wissenschaftlichen Untersuchung Berücksichtigung finden konnte, kann hier zusätzlich, wie sich gezeigt hat, äußerst hilfreich sein und neue Blickwinkel eröffnen. Nach der Erfassung des zu bearbeitenden Quellenmaterials bietet sich für die Textanalyse die dem Projekt Novum Testamentum Patristicum eigene Heuristik an: Zunächst werden für jede Referenzstelle die Kontexte verglichen, um im Weiteren eine Gewichtung und Systematisierung des Materials vorzunehmen und etwaige Raster und Cluster von Rezeptionen zu bilden. 26 Der zweite Schritt forciert die linguistische Untersuchung der konkreten angezeigten Referenzstellen. Mögliche intertextuelle Zusammenhänge werden sprachlich präzise analysiert. Eine Untersuchung rezeptionsgeschichtlicher Spuren des Jak erfordert jedoch eine Anpassung der vom Novum Testamentum Patristicum angewandten Heuristik und auch bisheriger Theorien zur Untersuchung literarischer Abhängigkeit von Texten. Dazu sind neue Kategorien und die Restrukturierung bisher geltender Vorstellungen notwendig. 27 Außerdem muss der besonderen Form 22 Die Grundlagen der wirkungsgeschichtlichen Analyse biblischer Texte sind ausführlich und richtungsweisend erläutert bei Gnilka, Wirkungsgeschichte, 51–62. Gnilka zeigt in seiner Studie hierzu neben den Möglichkeiten, welche sich hiermit eröffnen, sehr eindrücklich auch den Nutzen dieser Methode für die Exegese, aber ebenso deren Grenzen. Einen ähnlichen Einblick hierzu liefert Dohmen, Rezeptionsforschung, 123–134, der hierbei besonders auf das für diese zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Beitrags (1987) relativ neuen Methode maßgebliche Zueinander literaturwissenschaftlicher und theologischer Forschung eingeht. 23 Mit Blick auf die Unterschiedlichkeit der in Betracht kommenden Texte erscheint es nicht sinnvoll, die Methodenvielfalt durch bestimmte Analyseraster bereits im Vorfeld einzuengen. In ähnlicher Weise ist W. Grünstäudl in seiner Regensburger Dissertation vorgegangen. Vgl. hierzu Grünstäudl, Petrus Alexandrinus, 7–9. 24 So sehr die Biblia Patristica unentbehrliches Hilfsmittel bleibt, so sehr ist sie nicht ohne Lücken und Fehler. So Merkt, Novum Testamentum, 586–587; Maraval, Bible, 451. 25 Weitere Suchmöglichkeiten werden nur ergänzend und prüfend hinzugezogen, weil die Suche mit Hilfe der Biblia Patristica und dem TLG rund 90 % des für ein klares Bild notwendigen Areals abdeckt. Für eine ausführliche Beschreibung der zusätzlichen Hilfsmittel vgl. Merkt, Novum Testamentum Patristicum, 586–590. 26 Eine nähere Erläuterung dieser Leitlinien bietet Merkt, Novum Testamentum, 580–583. 27 Häufiger Kritikpunkt an Untersuchungen, die sich mit Intertextualität früher christ-

6

Einleitung

und Gestalt von „Zitaten“ neutestamentlicher und frühchristlicher Texte aus dem zweiten Jahrhundert Rechnung getragen werden. 28 Bezüglich der verwendeten Textausgaben des Jak ist noch folgende Vorbemerkung zu machen: Griechische Texte stammen aus NA 28. Basis für textkritische Fragen bildet die Editio Critica Maior zum Jak, die besonders für den Vergleich von Textvarianten hinzugezogen wird. Vergleiche von lateinischen Texten mit dem Jak werden je nach zeitlicher Einordnung des jeweiligen Textes entweder mit der Vulgata-Version des Jak oder der Vetus Latina-Version vorgenommen. Grundlage für die eigene deutsche Übersetzung des Jak war das Münchener Neue Testament. Den in dieser Untersuchung enthaltenen deutschen Übersetzungen sind die jeweils genannten Editionen zugrunde gelegt. Diese wurden aktualisiert und den Zwecken dieser Studie angepasst. Vorrangiges Ziel war es, Übersetzungen so nah wie möglich am Originaltext zu halten, um Textvergleiche zu erleichtern, dabei aber gleichzeitig eine gute Verständlichkeit in deutscher Sprache zu liefern. Bei sämtlichen Textvergleichen wurden Hervorhebungen vorgenommen, um Übereinstimmungen, aber auch wichtige Unterschiede anschaulich darzustellen. Zur Frage, ob sich handschriftliche Zeugnisse finden lassen, die als frühe Spuren des Jak gewertet werden können, ist zunächst zu bemerken, dass besonders die Datierung von Papyri ein schwieriges Unterfangen darstellt und die einzelnen Datierungsversuche meist stark voneinander abweichen. Dabei sehen P. Orsini und W. Clarysse zu Recht die Tendenz, Papyri neutestamentlicher Texte eher zu früh anzusetzen. 29 Nichtsdestotrotz setzt die handschriftliche Belicher Schriften beschäftigen, ist deren fehlende methodologische Ausarbeitung bzw. eine inkonsequente Handhabung des angekündigten Denkens in gestaffelten Kategorien. Jedoch hat der Versuch, bisherige Methoden der Untersuchung auf literarische Abhängigkeit für diese Studie brauchbar zu machen, zu der Einsicht geführt, dass aufgrund der großen Vielfalt des auszuwertenden Materials und dessen großer Unterschiede in Genre, Stil, Einarbeitung anderer Texte und theologischem Gehalt herkömmliche Kategorien nicht zielführend sein werden. Je starrer die Kategorien sind, desto schwieriger wird eine Anwendung auf das gesamte Corpus der mit dem Jak zu vergleichenden Texte. Aus denselben Gründen hat auch Hays, Echoes of Scripture (für die theoretischen und forschungsgeschichtlichen Grundlagen hierzu siehe besonders 14–21), einen ähnlichen Versuch gestartet. Das Hauptanliegen von Hays ist es dabei, den Schriftgebrauch bei Paulus zu analysieren. Dabei geht auch Hays sehr umsichtig vor, indem er mehr mit Echos, einer Untersuchung der Kontexte, theologischen Leitlinien und großen Gesamtzusammenhängen operiert als mit einer Vielzahl verwirrender und sich überschneidender Kategorien. 28 Gerade der Blick auf Schriften des zweiten Jahrhunderts und die in dieser Zeit zur Verfügung stehenden Mittel der Kommunikation und Verbreitung von Ideengut, die bis zur Erfindung des Buchdrucks im Wesentlichen auf mündlicher Überlieferung und einigen wenigen Abschriften beruhen musste, macht klar, dass der Frage nach literarischen Abhängigkeiten in diesem Zeitraum mit wesentlich mehr Fingerspitzengefühl und unter geänderten Rastern entgegengetreten werden muss als Texten unseres Jahrhunderts. 29 Dies ist ausführlich darglegt bei Orsini/Clarysse, Manuscripts, 443–474, besonders 444–447. Dabei wird deutlich, dass die Begründungen einer Frühdatierung häufig auf sehr wenig verlässlichen Argumenten beruhen.

Methode

7

zeugung des Jak mit P20 (= POxy 1171) 30 und P23 (= POxy 1229) 31 ein. Wie die unterschiedlichen Datierungsversuche zeigen, lässt sich in beiden Fällen keine genauere Eingrenzung als auf einen Zeitraum zwischen 200 und 300 vertreten. 32 Das heißt, dieser handschriftliche Befund kann zumindest als frühes physisches Zeugnis des Jak in Oberägypten im dritten Jahrhundert gewertet werden. Im römischen Westen hingegen tritt der Jak zu dieser Zeit noch in keiner erhaltenen Handschrift in Erscheinung. 33 Weitere Papyri sind: P100 (= POxy 4449) aus dem vierten Jahrhundert, P54 aus der Wende vom fünften zum sechsten Jahrhundert und P74 aus dem sechsten bzw. siebten Jahrhundert. Als weitere wichtige handschriftliche Zeugnisse gelten Codex Sinaiticus (viertes Jahrhundert), Vaticanus (viertes Jahrhundert), Alexandrinus (fünftes Jahrhundert) und Ephraemi rescriptus (fünftes Jahrhundert). 34 Eine eingehende Auswertung des mit dem Jak zu vergleichenden Materials legt folgendes Raster mit vier Kategorien nahe: Wahrscheinlichkeit der Abhängigkeit

Definition

sicher: Kategorie A

– keine andere Erklärungsmöglichkeit für die festgestellte Übereinstimmung – Texte explizit verwendet, ggf. inklusive Nennung von Autor oder Werk – hohes Maß an wörtlicher Übereinstimmung → Text aus dem Jak rezipiert

wahrscheinlich: Kategorie B

andere Erklärungsmöglichkeit, aber komplizierter, unwahrscheinlicher, da Zusatzhypothesen notwendig wie Zufall oder unbekannte Quelle

30 Orsini/Clarysse, Testament, 446–447; 469, lassen eine Datierung von POxy 1171 Ende des dritten Jahrhunderts sinnvoll erscheinen. Eine klare Einordnung bleibt aber auch hier offen. 31 Während dieser Papyrus zunächst auf das vierte Jahrhundert datiert wurde, wird heute eine Entstehung im frühen dritten Jahrhundert angenommen. Dies zeigt Barker, Reuse, 136– 137, der den Papyrus selbst auf das frühe dritte Jahrhundert datiert und als Hauptgründe hierfür handschriftliche Charakteristika nennt, die eher dem dritten als dem vierten Jahrhundert zuzurechnen seien. Zudem zeigt er, dass der Papyrus ursprünglich Teil eines Codex war. Eine Datierung in das frühe dritte Jahrhundert wählt auch schon Mußner, Jakobusbrief, 53. Völlig überzeugen kann diese Theorie allerdings nicht, was auch Orsini/Clarysse, Testament, 469, ähnlich beurteilen und eher von einer Abfassung im Zeitraum von 250–300 ausgehen. 32 Siehe hierzu Orsini/Clarysse, Testament, 469; Allison, James, 13; Burchard, Jakobusbrief, 20–26; Popkes, Brief des Jakobus, 7–8; Johnson, Letter, 4; Aland/Aland, Text, 107; Mußner, Brief des Jakobus, 53–55; Davids, Epistle, 59–61; Elliott, Early Text, 204–224. 33 Dies unterstreicht auch nochmals Mußner, Jakobusbrief, 56. 34 Siehe hierzu weiterführend Burchard, Jakobusbrief, 20–26; Popkes, Brief des Jakobus, 7–8; Mußner, Jakobusbrief, 53–55.

8 Wahrscheinlichkeit der Abhängigkeit

Einleitung

Definition → Rezeption des Jak am wahrscheinlichsten und schlüssigsten

möglich: Kategorie C

auch gute andere Erklärungsmöglichkeiten → Rezeption des Jak dennoch möglich, weder auszuschließen noch zu bestätigen

unwahrscheinlich: Kategorie D

literarische Abhängigkeit vom Jak unwahrscheinlich, da andere Erklärungen deutlich plausibler und keine handfesten Indizien vorhanden → Übereinstimmung nicht Resultat einer Rezeption des Jak

Hilfreich bei der Einordnung in eine Kategorie sind dabei die von Annewies van den Hoek angewandten drei Formen möglicher Arten von Rezeption: Zitat, Paraphrase und Reminiszenz. 35 Zu diesem Kreis lassen sich aber auch die allgemein üblichen Raster markiertes Zitat (quotation), Anspielung (allusion) und Echo/Reminiszenz (echo) zählen. 36 Weil man Grenzen hier nur schwer ziehen kann, sind diese Gruppierungen als komplementär zu den oben aufgestellten Kategorien zu betrachten und besitzen auch eine ausreichende Trennschärfe. Anders gesagt: Es kann zwischen zwei Texten eine sichere literarische Abhängigkeit vorliegen, die jedoch in der Gestalt einer Anspielung auftritt und nicht in Form eines markierten Zitates. Der große Vorteil dieser vier Kategorien ist es, dass sie in ihren Merkmalen deutlich voneinander zu unterscheiden sind und eine klare Differenzierung möglich machen, womit das Problem vieler bisheriger Versuche, nämlich die fehlende Trennschärfe und somit die äußerst schwierige eindeutige Zuschreibung einer bestimmten Kategorie, behoben wäre. 37 Einstieg in eine Untersuchung auf mögliche literarische Abhängigkeiten können folgende Fragen sein: 35 So dargelegt bei Van den Hoek, Clement, 1, die in ihrer richtungsweisenden Studie versucht, der möglichen Verwendung des Philo in den strom. des Clemens von Alexandrien näherzukommen. Eine Anlehnung an van den Hoek ist gerade auch deshalb als sehr sinnvoll zu erachten, weil sie ähnliches Textmaterial in den Blick nimmt und gerade auch Clemens von Alexandrien einen wichtigen Teil dieser Untersuchung einnehmen wird. Somit wäre die Basis für nachfolgende Vergleiche gegeben. Grundlegend hierzu auch Van den Hoek, Techniques of Quotation, 223–243. 36 So z. B. in Verwendung bei Nienhuis, Paul. Theoretische und methodische Erläuterungen bietet Allison, Allusions, 1–8. 37 Mit den mit Kategorisierungen und Typisierungen in der Literatur verbundenen Schwierigkeiten im Allgemeinen beschäftigt sich Genette, Architext, besonders 88–97. So legt Genette nahe, hier mit besonders viel Fingerspitzengefühl vorzugehen, was auch ein Anliegen dieser Studie sein soll.

Methode

9

1. Lassen sich die möglichen Übereinstimmungen einfacher erklären, ohne von literarischer Abhängigkeit sprechen zu müssen? 2. Ist es grundsätzlich möglich, dass der betreffende Autor den Text des Jak kennt? Der jeweiligen Einstufung in eine der Kategorien liegt eine weitere Anpassung zugrunde: Gerade in den ersten beiden Jahrhunderten ist die Art und Weise, wie frühchristliche Schriften rezipiert werden, viel komplexer als vielfach angenommen. Namen von Schriften werden nur selten direkt genannt, Zitate sind ungenau und vielfach wird bewusst versucht, die Herkunft eines Zitates zu verschleiern, um größere theologische Debatten zu vermeiden oder Inkonsequenzen vorzubeugen. Es müssen folgende Fragen gestellt werden: 1. Kann es sein, dass der Name des Jak bewusst nicht erwähnt und auch dessen Zuordnung absichtlich erschwert wird, um eine Kollision von in Konkurrenz stehenden theologischen Systemen zu vermeiden? 2. Welches Ziel verfolgt ein christlicher Autor, wenn er den Jak rezipiert? Was zitiert der Autor aus dem Jak? Handelt es sich bei dem möglichen literarischen Bezugspunkt aus dem Jak um ein klar zu definierendes theologisches Proprium des Jak bzw., sofern von einer entgegengesetzen Rezeptionsrichtung auszugehen ist, auch des anderen zu vergleichenden Textes oder ist Traditionsgut zitiert? 38 Gerade die letzte Frage kann im Hinblick auf eine finale Einordnung in eine der Kategorien möglicher literarischer Abhängigkeiten die Weichen stellen. Werden Gedanken übernommen, welche nicht der dem Jak spezifischen Argumentation angehören und handelt es sich nicht um ein markiertes Zitat aus dem Jak, sondern eher um ein Echo, sagt dies auch etwas über den Gebrauch des Jak bei frühen christlichen Autoren aus. In jedem Fall lassen sich hieraus qualifizierte Aussagen über das theologische Ansehen des Jak in den ersten Jahrhunderten treffen. Womöglich lässt sich sogar ein Zeitpunkt des Übergangs von einem Schweigen über den Jak bis hin zu seiner aktiven, autoritativen Verwendung skizzieren. 39 38 Wichtig hierbei wird auch das Einschlagen von geographischen Pflöcken in der Rezeption des Jak sein. 39 Aus den daraus gewonnen Erkenntnissen ließen sich weiterführende Daten ableiten, die Aufschluss darüber geben, wie der Jak in unterschiedlichen geographischen Räumen rezipiert wurde. Dies ist besonders interessant vor dem Hintergrund der allgemein anerkannten Beobachtung (siehe z. B. Allison, James, 13–24; Nienhuis, Paul, 55, oder auch Lips, Kanon, 101), dass der Jak im griechischen Osten, beginnend bei Origenes, früher rezipiert wurde als im lateinischen Westen. Dies kann auch Aufschluss geben über die bis heute ungeklärte kanongeschichtliche Frage, wie es der Jak nahezu aus dem Nichts an die Spitze der Katholischen Briefe geschafft hat. Siehe hierzu ebenfalls den Beitrag von Nienhuis, James, 183–200, der den Jak mehr oder weniger überzeugend als „canon-conscious pseudpigraph“ darstellt, indem er versucht, Bezugnahmen zum Corpus Paulinum nachzuweisen.

10

Einleitung

Vielleicht war der Jak für viele frühchristliche Schriftsteller weniger wichtig als große theologische Strömungen und fristete er gerade deshalb mehrere Jahrzehnte lang ein Schattendasein in der Welt früher christlicher Literatur. Dies würde auch erklären, warum häufig nur einzelne Fragmente aus dem Jak zitiert werden und diese wiederum nicht zu dessen theologischen Charakteristika zu zählen sind. Man könnte von einem oberflächlichen Interesse am Jak sprechen. Damit wird deutlich, dass es bei der Frage nach literarischer Abhängigkeit in erster Linie nicht darum geht, penibel allein eine Übereinstimmung einer bestimmten Anzahl an Wörtern zu finden, sondern dass ein wesentlicher Bestandteil dieser Frage auch ein tieferer Blick in die Motivik und in die theologischen Standpunkte der jeweiligen Autoren sein muss. 40 So hat bei alledem immer die Frage im Vordergrund zu stehen, was einen Autor dazu veranlasst haben könnte, auf den Jak zurückzugreifen. Ebenfalls muss bewusst sein, dass sich die mögliche Verwendung des Jak auf verschiedenen Ebenen bewegt, auf einer Skala zwischen Gebrauch und Missbrauch, Interpretation und Kommentar. Obwohl auch diese Studie nicht alle möglichen literarischen Bezugspunkte en Detail aufgreifen kann und in manchen Fällen eine Auswahl getroffen werden musste, 41 bringt die Fülle des ausgewerteten Materials dennoch einen entscheidenden Vorteil mit sich: Die Frage nach literarischen Abhängigkeiten muss hier nicht anhand einzelner Beispiele geklärt werden, sondern kann für jeden Autor in einer Zusammenschau mehrerer aussagekräftiger Passagen erfolgen. Gerade die Eingruppierung in die einzelnen aufgestellten Kategorien erlaubt am Schluss eine solide Entscheidung, was literarische Abhängigkeiten angeht. Während einzelne Textvergleiche für sich betrachtet häufig wenig aufschlussreich sind, kann die Summe zahlreicher Vergleiche oft ein Muster zeichnen, das wiederum die Entscheidung für Einzelvergleiche erleichtert. Gibt es beispielsweise bei einem frühchristlichen Autor mehrere Textstellen, die auf der Kippe zu einer wahrscheinlichen literarischen Abhängigkeit stehen, ist insgesamt eine literarische Abhängigkeit anzunehmen, da es als unwahrscheinlich gelten muss, dass vermeintliche Anspielungen mehrere Male zufällig sind. Ein Vorteil dieser Untersuchung mit Hilfe dieser speziellen Raster ist auch, dass die Kategorien miteinander korrespondieren. Da das Werk der ausge40 Weitgehend kann durch eine derartige Umkehr der Grauzonen der Schluss folgen, dass die Theologie des Jak für die Zeit der ersten beiden Jahrhunderte für Autoren auch regional übergreifend uninteressant war. Den genauen Beweis dafür wird die eingehende Untersuchung einer Auswahl repräsentativer Texte erbringen. 41 Abstriche wurden nur dann gemacht, wenn wirklich keine Parallelität zwischen den zu vergleichenden Texten zu erkennen war, die Diskussion aufgrund undurchschaubarer Sachverhalte keine Aussicht auf Lösung bot oder aufgrund der Masse an bereits untersuchten Texten keine Änderung der Grundthese zu erwarten war. Dennoch sei hier betont, dass wirklich jeder infrage kommende Text begutachtet wurde, bevor eine Auswahl getroffen wurde und dass diese Studie deshalb weit über bisherige Untersuchungen hinausgeht.

Methode

11

wählten Autoren umfassend betrachtet wird, ist es möglich, die einzelnen Passagen miteinander in Bezug zu setzen. Dadurch werden die Entscheidungen hinsichtlich literarischer Abhängigkeit für den jeweiligen Autor wesentlich präziser und aussagekräftiger als bisher. Innerhalb dieser Art Indizienbeweis können beispielsweise mehrere Passagen, die mit einer wahrscheinlichen Abhängigkeit bewertet werden, insgesamt zu einem Ergebnis von sicherer Abhängigkeit führen. 42

42 Gerade die Verflechtung einzelner möglicher Referenzstellen fand in bisherigen Untersuchungen nur wenig Beachtung. Besonders durch eine umfassende und konvergente Begutachtung einer Vielzahl von Texten einzelner Autoren erscheint es möglich, die Spuren des Jak in frühchristlicher Literatur deutlicher zu erkennen und so ein klareres Bild der Rolle des Jak für das frühe Christentum zu präsentieren.

2. Spuren der Rezeption im Neuen Testament?

Die Suche nach frühen Spuren des Jak rückt zunächst die Texte des Neuen Testaments in das Blickfeld. Die Kontroverse hierzu könnte kaum größer sein. Das wohl aussichtsreichste und zugleich umstrittenste Beispiel ist 1 Petr. 1 Nicht weniger brisant ist die Diskussion um die möglichen Verbindungen zum Jud. 2 Trotz der immer wieder dargestellten Verbindungen zu Jesustraditonen 3 ist nicht davon auszugehen, dass die Evangelien aus dem Jak schöpfen, weshalb diese hier ausgeschlossen werden können. Ähnliches gilt für die Frage, ob Paulus Jak gelesen hat oder nicht. 4

2.1 1. Petrusbrief Während als unbestritten gilt, dass zwischen Jak und 1 Petr 5 Ähnlichkeiten bestehen, herrscht Unklarheit in der Frage, welcher Art diese sind: Liegt die Erklärung in literarischen Abhängigkeiten 6 oder in gemeinsamen paräneti1 So auch Konradt, Jakobusbrief als Brief des Jakobus, 16–53, der bedauert, dass den möglichen Verbindungen zwischen Jak und 1 Petr bisweilen wenig Aufmerksamkeit zuteilwurde. Er spricht sich dafür aus, dass gerade 1 Petr besonders dazu geeignet sei, um den Jak traditionsgeschichtlich auf der frühchristlichen Landkarte zu verorten. 2 Diese wurde bereits ausführlich geführt bei Bemmerl/Grünstäudl, Wahlverwandtschaften, 5–22, und soll hier nochmals in Kürze aktualisiert werden. 3 Dass in diesem Zusammenhang sogar von einem Konsens zu sprechen ist, bekräftigt Konradt, Jakobusbrief im frühchristlichen Kontext, 191–192. Dabei liefert er auch eine Darstellung sämtlicher hierzu relevanter Forschungen. Außerdem verweist Konradt auf die Problematik der einzelnen Darstellungen, bei denen Vergleiche häufig isoliert geschehen und andere frühchristliche oder frühjüdische Texte, die ebenfalls eine Nähe aufweisen, a priori ausgeblendet werden. Eine sehr breite, wenn auch nicht ganz aktuelle Diskussion des Forschungsstandes mit weiterführenden Hinweisen bietet Popkes, Brief des Jakobus, 32–36, der daraus folgert, dass aus den möglichen Berührungen letztendlich keine Aussagen über den Verfasser des Jak getroffen werden können. Er selbst fügt auch keine weiteren Thesen an. 4 Siehe zu dieser Debatte ausführlich und grundlegend Konradt, Jakobusbrief im frühchristlichen Kontext, 171–212, der zu einem negativen Endergebnis in dieser Frage kommt. 5 Einleitungsfragen zu 1 Petr sind aktuell beantwortet bei Vahrenhorst, Brief des Petrus, 9–59; Frankenmölle, 1. Petrusbrief, 9–28, und Merkt, 1. Petrus, 15–31, der wichtige Hinweise auf dessen kanongeschichtliche Entwicklung, auch aus Sicht der Rezeptionsgeschichte, gibt. 6 Zu den Befürwortern literarischer Beziehungen zwischen Jak und 1 Petr zählen Allison, James, 17; 67–70; 623–624; Nienhuis, Paul, 187; 204–211; 225–226; Mayor, James, cii; Meyer, Rätsel, 72–85; Spitta, Geschichte, 201; Popkes, Brief des Jakobus, 39–40, der für

13

1. Petrusbrief

schen Strömungen bzw. Traditionen? 7 Konkret werden folgende Textstellen diskutiert: Nr.

Jak

1 Petr

Kategorie

1.

1, 1

1, 1

C

2.

1, 3

1, 7

C

3.

1, 10–11

1, 24

D

4.

1, 18.21

1, 22–2, 2

C

5.

4, 6

5, 5

C

6.

4, 10

5, 6

C

7.

5, 20

5, 6

C

Ergibt die Untersuchung dieser Texte literarische Abhängigkeiten, ist die Frage der Rezeptionsrichtung ein wichtiges Kriterium für eine weitere historische und theologische Einordnung der beiden Schriften. Doch auch diese wird kontrovers diskutiert. 8 Die einfachste Möglichkeit, diese über das Alter der Schriften zu bestimmen, muss in diesem Fall ausscheiden, denn weder Jak noch 1 Petr lassen sich klar datieren. So ist bei 1 Petr ein Zeitfenster von rund 70 Jahren möglich und lässt sich trotz sorgfältiger Abwägung keine weitere Eingrenzung als auf die Jahre 80–120 plausibilisieren. 9 Anders gesagt: Für die Bestimmung möglich hält, dass 1 Petr den Jak zumindest teilweise exzerpierte. Auch Nicolaci, Giacomo e Prima Petri, 111–157, votiert aktuell für eine literarische Abhängigkeit zwischen den beiden Schriften. 7 Dieser These folgen Mußner, Jakobusbrief, 34–35; Dibelius, Brief des Jakobus, 269– 270; Johnson, Letter, 54–55, und mit Vorsicht Popkes, Brief des Jakobus, 39–40; Konradt, Jakobusbrief als Brief, 16–53; hier (19–30) versucht Konradt besonders Jak und 1 Petr als zwei unterschiedliche Zeugen eines Traditionszweiges darzustellen; ähnlich: Konradt, Jakobusbrief im frühchristlichen Kontext, 207–211, jedoch mit anderen Akzentsetzungen; Elliott, 1 Peter, 23–24; Achtemeier, 1 Peter, 20, der in seiner knappen Darstellung literarische Abhängigkeiten zwar nicht ausschließt, aber dennoch die bessere Erklärung in der unabhängigen Verwendung bekannter Traditionen sieht; demgegenüber sieht Johnson, James, 54–55, nur lexikalische Übereinstimmungen, die er mit ähnlichen Thematiken erklärt; Vahrenhorst, Brief des Petrus, 50, glaubt hingegen, dass 1 Petr von keiner einzigen Schrift des Neuen Testamens abhängig ist, sich alle möglichen Berührpunkte mit gemeinsamen Traditionen erklären lassen, und Burchard, Jakobusbrief, 16–17 legt sein Augenmerk auf die Dichte der Berührungen und eine ähnliche Reihenfolge. 8 Während ältere Untersuchungen tendenziell eher davon ausgehen, dass 1 Petr den Jak rezipiere, wie etwa Spitta, Geschichte, 201, der im Jak sogar das Modell für den 1 Petr sieht, Meyer, Rätsel, 75, und vorsichtig Popkes, Brief des Jakobus, 39–40, scheint sich heute die Mehrzahl für eine entgegengesetzte Rezeptionsrichtung von 1 Petr zu Jak auszusprechen. Dies vertritt Nienhuis, Paul, 225–226, der fest davon überzeugt ist, „that the first letter of Peter is the authoritative model to which our author [Jak] sought most vigorously to bind his own“ und dies auch an anderen Stellen zu belegen versucht (187). Vgl. ferner Allison, James, 17, mit Verweis auf weitere, jedoch nicht genannte Autoren, die ebenfalls diese Richtung einschlagen, oder jüngst, mit Zurückhaltung, Grünstäudl, Was lange währt, 72–77. 9 Sämtliche Datierungsversuche des 1 Petr sind mit zahlreichen Schwierigkeiten konfrontiert: Grundsätzlich ist zu klären, ob es sich beim 1 Petr um ein pseudepigraphes oder ein

14

Spuren der Rezeption im Neuen Testament?

der Rezeptionsrichtung zwischen Jak und 1 Petr sind zunächst nur die Texte selbst heranzuziehen. Auch über den Abfassungsort des 1 Petr, der als ungewiss gelten muss, 10 lassen sich keine weiteren Rückschlüsse in Bezug auf mögliche Beziehungen zwischen beiden Schriften erwarten. Vielleicht liefert die Untersuchung des möglichen literarischen Zueinanders von Jak und 1 Petr auch Aufschluss über die Frage nach dessen Rolle bei der Formierung des neutestamentlichen Kanons und speziell der Sammlung der Katholischen Briefe, da deren Bedeutung auch hier unklar ist und Auffälligkeiten zeigt. 1 Petr bildet zusammen mit 1 Joh den am frühesten bezeugten und um 300 allgemein anerkannten Kern der Katholischen Briefe, während der Jak erst bei der Etablierung einer Siebenergruppe, die noch nicht einmal mit Eusebius abgeschlossen war und sich bis zum vierten Jahrhundert hinzog, auftrat, dann aber meist an deren Spitze stand. 11 Zudem konnte der Jak seine Spitzenstellung innerhalb der Katholischen Briefe dem 1 Petr frühestens bei Eusebius von Cäsarea (* vor 264/265, † 349/340) und spätestens bei Cyrill von authentisches Schreiben des Apostels Petrus handelt. Seit dem neunzehnten Jahrhundert geht man in diesem Fall mehrheitlich davon aus, dass es sich um ein pseudepigraphes Schreiben handelt, wie Vahrenhorst, Brief des Petrus, 9–10, deutlich macht. So fällt zumindest eine Abfassung in den frühen 60er Jahren des ersten Jahrhunderts weg. Doch reichen Hinweise auf Leserschaft und die Korrespondenz zwischen Plinius und Trajan nicht für eine weitere zeitliche Eingrenzung aus. Ebenso verhält es sich mit den möglichen Beziehungen zu 2 Petr, dessen historischer Ort, wie Grünstäudl, Petrus Alexandrinus, eindrücklich gezeigt hat, nicht als so gefestigt gelten kann, wie bisher angenommen, aber auch zum Philipperbrief des Polykarp, was einst Brox, Petrusbrief, 38–41, zu einer Datierung vor dem ausgehenden ersten Jahrhundert veranlasst hat. Für die Vielfalt der einzelnen Datierungsversuche zu 1 Petr sprechen auch aktuell und ausführlich Vahrenhorst, Brief des Petrus, 37–51; Feldmeier, Brief, 26–27; Allison, James, 17; Elliott, 1 Peter, 134–138, und sehr umfangreich Meyer, Rätsel, 72–75, der versucht, Ort und Zeit der Abfassung besonders von innertextlichen Markern mit historischen Ereignissen zu bestimmen und so den ganzen Brief vor die neronische Verfolgung stellen zu können scheint. Demgegenüber geht Zahn, Einleitung, 17–19, von einer authentischen Abfassung im Verlauf des Jahres 64 n. Chr. aus, was jedoch heute als sehr unwahrscheinlich gilt. 10 Selbst die lange geltende Annahme von Rom als Abfassungsort, wie bei Brox, Petrusbrief, 41–43; Feldmeier, Brief, 27–28, und Meyer, Rätsel, 72, vertreten, die auf 1 Petr 5, 13, in dem Gruß aus der Gemeinde Babylon, die als Kryptogramm für das gottesfeindliche Rom gesehen wurde, fußt, ist heute nicht mehr haltbar. 11 Dies beschreibt Merkt, 1. Petrus, 15–25, anhand der Zeugnisse des Papias, Clemens, Origenes und Eusebius. Hieraus geht weiter hervor, dass es gerade beim Jak immer wieder Probleme bei dessen Anerkennung als autoritative und dann auch kanonische Schrift gab, ein Problem, das bei 1 Petr nicht vorzuliegen schien. Auch Grünstäudl, Was lange währt, 71–94, befasst sich grundsätzlich mit der Geschichte der Entstehung der Katholischen Briefe. Dabei wird klar, dass trotz aller gebotenen Vorsicht „spätestens ab Irenäus von Lyon eine Reihe früchchristlicher Autoren sowohl den 1. Petrus- als auch den 1. Johannesbrief explizit verwenden und damit eine Verbindung zwischen verschiedenen Katholischen Briefen bezeugen“ (79). Demnach spielt der Jak in diesem Kontext noch keine Rolle, was wiederum für eine sukzessive und nicht synchrone Entwicklung der Sammlung der Katholischen Briefe spricht, die im Laufe der zweiten Hälfte des dritten Jahrhunderts als hinreichend abgeschlossen betrachtet werden kann (94).

1. Petrusbrief

15

Jerusalem († 444) ablaufen. 12 Anders gesagt: Bis zu diesem Zeitpunkt führte 1 Petr in westlichen Kanonlisten die Sammlung der Katholischen Briefe an. In der östlichen Tradition hingegen ist die Reihenfolge nie ein Problem gewesen und scheint der Jak schon immer die Spitzenposition innegehabt zu haben. Über die Gründe hierfür muss spekuliert werden. Sehr einleuchtend klingt jedoch die Argumentation bei Merkt, der den Grund hierfür in der Scheu des Westens sieht, dass Jakobus dem Apostelfürsten Petrus vorangehe. 13 Welche Aussagen hierzu und generell zum Verhältnis zwischen Jak und 1 Petr zu treffen sind, wird nachfolgende Detailuntersuchung zeigen.

2.1.1 Verhältnisbestimmung Überblickt man die einzelnen in Frage kommenden Texte, zeigen sich im Vergleich zu anderen Beispielen innerhalb dieser Untersuchung sehr schnell an mehreren Stellen Ähnlichkeiten, die genauer untersucht werden müssen. In diesem Zusammenhang sind aber auch Jak 1, 21/1 Petr 2, 1; Jak 4, 7/1 Petr 5, 8 f. und Jak 4, 10/1 Petr 5, 6 auszusortieren, da die Übereinstimmungen als sehr gering und deshalb für eine Diskussion nicht lohnend erscheinen. So lässt sich eine Konzentration von Ähnlichkeiten zwischen beiden Briefen im Bereich von 1 Petr 5, 5–9 und Jak 4, 6–10 14 feststellen. Der Vergleich beginnt dennoch am besten am Anfang beider Schriften: Eine erste Überlappung ist im Adressatenkreis zu sehen: Formell gesehen richten sich beide Schriften an die διασπορά. 15 Schon alleine aufgrund dieses Befundes eine literarische Abhängigkeit zu folgern, hilft für das literarkritische Argument nicht weiter. Dem müsste die literarische Beobachtung vorausgehen, dass beide Autoren in gleicher Weise formulieren. 16 Ferner kann, wie moderne

12 So war 1 Petr an erster Stelle der Katholischen Briefe bei Augustinus, Rufin, im Decretum Gelasianum, im Codex Claromontanus (Näheres hierzu bei Lietzmann, Bücher, 89–91; Markschies, Haupteinleitung, 124; Röwekamp, Decretum, 188; Metzger, Text, 51; Zahn, Grundriß, 81, inklusive eines Abdrucks) und zunächst auch noch bei Hieronymus in de vir. ill., der jedoch letzten Endes den Jak doch noch an die erste Stelle setzt, wie Merkt, 1. Petrus, 20– 22, aufzeigt. 13 Hierzu Merkt, 1. Petrus, 22–23; 31. Seine Darstellung stützt Merkt auch auf Beda, in ep. cat., prol. (CCL 121, 181), der den Grund für die Vorrangstellung des Jakobus in seiner kirchlichen Leitungsfunktion sieht, und Anonymus, in ep. cath., prol. (CCL 108B, 3), der in der Reihenfolge auch eine innere pädagogisch–didaktische Logik erkannt haben will. 14 Eine Häufung von Ähnlichkeiten in diesen Versen sieht auch Brox, Petrusbrief, 236– 237. 15 Ausgeführt für 1 Petr bei Brox, Petrusbrief, 55, der besonders darauf hinweist, wie stark das Begrüßungsformular in Parallelität zu Paulusbriefen steht; Doering, First Peter, 215–236, und Feldmeier, Brief, 33–34. Analoges zu Jak bietet ausführlich Allison, James, 119–134. 16 Dies gilt auch für die Beobachtung bei Konradt, Jakobusbrief als Brief des Jakobus, 29– 30, dass nur diese beiden Briefe an die Diaspora adressiert seien und dies somit ein Indiz für traditionsgeschichtliche Verbindungen zwischen Jak und 1 Petr sei. Allerdings setzt Konradt

16

Spuren der Rezeption im Neuen Testament?

Untersuchungen der Adressatenkreise zeigen, 17 nicht pauschal davon ausgegangen werden, dass beide Briefe tatsächlich an ein universales Publikum gerichtet sind. Dabei ist auch die These, schon in der Superscriptio sei erkennbar, dass der Jak im 1 Petr verständlicher gemacht wird, wie Meyer 18 sie verfolgt, nicht haltbar, da die Präzisierung des Adressatenkreises in 1 Petr nicht per se als Agrument dafür dienen kann. Allgemein gesprochen gilt nicht als gesichert, dass es sich bei beiden Briefen tatsächlich um ein Rundschreiben handelt, das an konkrete Gemeinden adressiert war. Gerade im Fall des Jak finden sich keine weiteren Hinweise darauf, welchen konkreten Adressatenkreis der Autor im Blick hat, was anders gesagt bedeutet, dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass die detaillierte Erläuterung in 1 Petr 1, 1 als kongruent mit den Adressaten des Jak zu betrachten ist. 19 Obwohl „Diaspora“, wie dargestellt, womöglich verschiedene Kreise meint, ist daraus nicht zu folgern, dass dieser Begriff unabhängig voneinander verwendet wurde. Im Gegenteil: Wenngleich 1 Petr sich eventuell an andere Kreise richtet als Jak, schreibt er wie sonst niemand als eine Diasporaschrift und etabliert damit Petrus neben Jakobus als Diasporaautor. Das heißt, hier besteht letzten Endes doch eine starke Verbindung zwischen beiden Schriften, die, sofern andere Beispiele in eine ähnliche Richtung gehen, für eine literarische Abhängigkeit

diese Beobachtung kumulativ in Zusammenhang mit mehreren kleineren Berührungen zwischen den beiden Briefen ein und kann so seinem Argument doch noch Schlagkraft verleihen. 17 Für den 1 Petr macht Merkt, Blümlein, 183–188, dies sehr eindrücklich klar, indem er die Frage des Adressatenkreises aus verschiedenen patristischen Blickwinkeln betrachtet und dabei aufzeigt, wie ein universaler Adressatenkreis variieren kann, wenn man der Frage nachgeht, wen der Brief tatsächlich erreicht hat. Zu verweisen ist hierbei mit Merkt auch auf Bruce, Men, 23; Hemer, Adress, 239–243; Gielen, Der erste Petrusbrief, 523. Die Frage nach den Adressaten des Jak versucht Allison, James, 127–133, zu beantworten, der in der Brieferöffnung zunächst einen Semitismus sieht und dazu Vergleiche mit Briefen an exilierte Juden herstellt und davon ausgeht, dass der Jak an ein Publikum aus Christen und nichtchristlichen Juden gerichtet ist. Er weist dabei auch darauf hin, dass Jak, im Gegensatz zu 1 Petr, im weiteren Verlauf des Briefes keine Terminologien verwendet, die auf ein Exil schließen lassen, was erneut auf eine unterschiedliche Ausrichtung der beiden Schreiben hindeutet. Weiter kann Allison den Adressatenkreis jedoch auch nicht einschränken. 18 Vgl. Meyer, Rätsel, 75–76. 19 Vertiefend hierzu Feldmeier, Brief, 34, und Allison, James, 127–130, der besonders auf die Ähnlichkeiten der Formulierung ταῖς δώδεκα φθλαῖς ταῖς ἐν τῇ διασπορᾷ zu der Eröffnung von Briefen, die an Juden im Exil geschrieben worden sind, z. B. Jer 29, 1 oder 2 Makk 1, 1, hinweist. Darunter fällt natürlich auch 1 Petr 1, 1. Weiter zeigt auch Allison, dass gerade in frühchristlicher Literatur mit δώδεκα φθλαῖς immer alle Juden angesprochen wurden und nicht eine spezifische Gruppe. In diesem Fall geht er aber auch davon aus, dass der Adressatenkreis des Jak aus einer gemischten Gruppe von Juden- und Heidenchristen bestand. Anders als 1 Petr benutze der Jak bis auf die Adresse keine weiteren Terminologien, die dem Wortfeld einer Verfolgungssituation entsprechen. Auf dieser Basis geht Popkes, Jakobus, 62, von einer „transreal[en]“ Adresse in Jak 1, 1 aus, was durchaus möglich erscheint und eine direkte geographische Identifizierung der Adressaten des Jak unmöglich macht.

1. Petrusbrief

17

spricht. Für sich gesehen erscheint eine literarische Abhängigkeit zwischen den Superscriptionen möglich, aber nicht wahrscheinlich (Kategorie C). Jak 1, 3

1 Petr 1, 7

γινώσκοντες, ὅτι τὸ δοκίμιον ὑμῶν τῆς πίστεως κατεργάζεται ὑπομονήν. NA 28

7 […]

3 […]

3 […]

weil ihr erkennt, dass die Erprobung eures Glaubens Geduld bewirkt.

ἵνα τὸ δοκίμιον ὑμῶν τῆς πίστεως πολυτιμότερον χρυσίου τοῦ ἀπολλυμένου, διὰ πυρὸς δὲ δοκιμαζομένου, εὑρεθῇ εἰς ἔπαινον καὶ δόξαν καὶ τιμὴν ἐν ἀποκαλύψει Ἰησοῦ Χριστοῦ. NA 28

7 […]

damit eure Bewährung im Glauben sich zeigt als wertvoller als Gold, das zugrundegeht und durch Feuer (auf seine Echtheit) geprüft wird, zum Lob, zur Herrlichkeit und zur Ehre in der Apokalypse Jesu Christi.

Übereinstimmung zwischen Jak 1, 3 und 1 Petr 1, 7 20 besteht in der Formulierung τὸ δοκίμιον ὑμῶν τῆς πίστεως, der „Bewährung im Glauben“, einer Formulierung, die so innerhalb des Neuen Testaments kein weiteres Mal begegnet, in frühchristlicher Literatur der ersten drei Jahrhunderte auch nur zweimal: 21 Bei Clemens von Alexandrien (str. 4, 20, 129) und bei Origenes (Ex. ad. Mart. 39, 10). 22 Interessant und wohl auch richtungsweisend an diesen beiden Beispielen ist, dass es sich zweifelsfrei um Rezeptionen von 1 Petr 1, 7 handelt und nicht von Jak 1, 3, was sich an den jeweiligen Einleitungen durch den expliziten Verweis auf 1 Petr belegen lässt. Anders gesagt: Neben 1 Petr und Jak taucht die Phrase nur dort auf, wo Texte bzw. Autoren 1 Petr explizit zitieren. Hiervon lassen sich zwei Erkenntnisse ableiten: Die Formulierung τὸ δοκίμιον 20 Konradt, Jakobusbrief als Brief des Jakobus, 19–20, vergleicht Jak 1, 2 f. und 1 Petr 1, 6 f. noch mit Röm 5, 3–5 und kann hierüber nachvollziehbar darstellen, dass zum einen der JakText näher am Röm-Text ist als der 1 Petr-Text, dass zum anderen aber auch zwischen Jak 1, 2 f. und Röm 5, 3–5 keine sicheren literarischen Abhängigkeiten festzustellen sind, sondern davon ausgegangen werden kann, dass die Autoren beider Schriften hier auf eine gemeinsame Tradition zurückgreifen. 21 Ähnlich bei Konradt, Jakobusbrief im frühchristlichen Kontext, 180, der jedoch diese beiden frühchristlichen Zeugnisse übergeht. 22 Str. 4, 20, 129: ὁ Πέτρος ἐν τῇ ἐπιστολῇ φησι· „ὀλίγον ἄρτι εἰ δέον λυπηθέντες ἐν ποικίλοις πειρασμοῖς, ἵνα τὸ δοκίμιον τῆς πίστεως ὑμῶν πολὺ τιμιώτερον χρυσίου τοῦ ἀπολλυμένου καὶ διὰ πυρὸς δεδοκιμασμένον εὑρεθῇ εἰς ἔπαινον καὶ δόξαν ἐν ἀποκαλύψει Ἰησοῦ Χριστοῦ“ (GCS 415, 305); Ex. ad. Mart. 39, 10: ἴστε ὅτι κατὰ τὸν Πέτρον ἀγαλλιάσεσθε „ὀλίγον ἄρτι εἰ δέον ἐστὶ λυπηθέντες ἐν ποικίλοις πειρασμοῖς, ἵνα τὸ δοκίμιον ὑμῶν τῆς πίστεως πολυτιμότερον χρυσίου τοῦ ἀπολλυμένου καὶ διὰ πυρὸς δεδοκιμασμένου εὑρεθῇ εἰς ἔπαινον καὶ δόξαν καὶ τιμὴν ἐν ἀποκαλύψει Ἰησοῦ Χριστοῦ“ (GCS 217, 37). Erstaunlich an diesen beiden Texten ist auch, mit welcher Präzision 1 Petr 4, 7 wiedergegeben wird. Dies spricht dafür, dass beiden Autoren eine ziemlich finale Version des 1 Petr vorgelegen haben muss.

18

Spuren der Rezeption im Neuen Testament?

ὑμῶν τῆς πίστεως ist selten. 23 Wenn diese Formulierung in frühchristlicher Literatur aufgegriffen wird, dann als Rezeption von 1 Petr 1, 7 und nicht von Jak 1, 3. Bereits das zentrale Nomen δοκίμιον 24 für sich muss als selten gelten: Es begegnet innerhalb des Neuen Testaments nur hier, in der LXX bei Ps 11, 7, Spr 27, 21 und außerbiblisch auffallend oft bei Clemens von Alexandrien und Origenes und ansonsten bis Eusebius selten. Auch wenn, wie Konradt bemerkt, 25 der Verfasser des 1 Petr freier mit diesem Motiv umgegangen ist als der des Jak, ist hieraus nicht zu folgern, dass es sich um ein gemeinsames Traditonsstück handelt, das beide Texte unabhängig voneinander redigieren, wie Konradt dies tut. 26 Vielmehr sind beide Texte in einem seltenen Motiv miteinander verknüpft. Dennoch kann eine literarische Abhängigkeit hier nur als möglich und nicht wahrscheinlich beurteilt werden (Kategorie C). Jak 1, 10–11

1 Petr 1, 24

10 ὁ

24 διότι πᾶσα σάρξ ὡς χόρτος καὶ πᾶσα δόξα αὐτῆς ὡς ἄνθος χόρτου· ἐξηράνθη ὁ χόρτος καὶ τὸ ἄνθος ἐξέπεσεν· NA 28

δὲ πλούσιος ἐν τῇ ταπεινώσει αὐτοῦ, ὅτι ὡς ἄνθος χόρτου παρελεύσεται. 11 ἀνέτειλεν γὰρ ὁ ἥλιος σὺν τῷ καύσωνι καὶ ἐξήρανεν τὸν χόρτον καὶ τὸ ἄνθος αὐτοῦ ἐξέπεσεν καὶ ἡ εὐπρέπεια τοῦ προσώπου αὐτοῦ ἀπώλετο. οὕτως καὶ ὁ πλούσιος ἐν ταῖς πορείαις αὐτοῦ μαρανθήσεται. NA 28

24

Denn alles Fleisch (ist) wie Gras und alle seine Herrlichkeit wie eine Blüte (des) Grases; (es) vertrocknete das Gras und fiel ab die Blume;

10 der

Reiche aber in seiner Niedrigkeit, weil er wie eine Blüte des Grases vergehen wird.

23 Dies bestätigt das Elaborat von Konradt, Jakobusbrief als Brief des Jakobus, 20, der daraufhin einen engeren Zusammenhang der beiden Verse nicht mehr für zu verneinen hält und in diesem Fall klar macht, dass sich die Gemeinsamkeiten hier nicht suffizient mit einem Verweis auf die Traditionalität erklären lassen. Siehe hierzu auch Konradt, Existenz, 102–105. 24 Vgl. hierzu auch die ausführliche Exegese von Allison, James, 150–151, der sehr stark die Besonderheit dieser Wortkombination betont. 25 Dies legt Konradt, Jakobusbrief als Brief des Jakobus, 20, ausführlich dar, indem er u. a. auf die unterschiedlichen Kontexte hinweist und dabei aufzeigt, dass 1 Petr 1, 6 unter einer der großen Leitlinien des 1 Petr, der Leidensthematik, zu betrachten ist. Im Jak spiele die Leidensthematik zwar am Ende eine Rolle, währenddessen πειρασμοὶ ποικίλοι bei Jak auf das Problem der Gefährdung der ethischen Integrität der Christen durch die Begierde zu beziehen und der Abschnitt unter dem zentralen Problemfeld der Reichtumsthematik zu sehen sei. Ähnlich hierzu auch knapp Achtemeier, 1 Peter, 20. 26 Konradt, Jakobusbrief als Brief des Jakoubus, 21, glaubt die Wurzeln hierfür sogar in Taufunterweisung zu sehen, die seiner Meinung nach mit den unterschiedlichen Gesamtanliegen der beiden Schriften übereinstimmen würde, was möglich erscheint, aber letztendlich nicht verifizierbar ist.

19

1. Petrusbrief 11 Denn

aufging die Sonne mit ihrer Glut und trocknete das Gras aus, und seine Blüte fiel, ab und die Schönheit seines Aussehens ging zugrunde. So wird auch der Reiche auf seinen Lebenswegen dahinwelken.

Übereinstimmung zwischen Jak 1, 10 und 1 Petr 1, 24 besteht im seltenen Motiv der ἄνθος χόρτου, 27 der Blume des Grases bzw. die Blüte im Gras, 28 das im Neuen Testament kein weiteres Mal begegnet, in der LXX nur in Jes 40, 6 und ansonsten in früher christlicher Literatur einzig und allein bei Clemens von Alexandrien, wie folgende Übersicht zeigt: Jes 40, 6

Jak 1, 10–11

1 Petr 1, 24

str. 3, 103, 2

str. 4, 163, 5

6 Πᾶσα

10 ὁ

24 διότι

τὸ εὐαγγελίον, δι᾽ ἥν ἡ γνῶσις τοῦ θεοῦ· καὶ „πᾶσα σὰρξ χόρτος, καὶ πᾶσα δόξα ἀνθρώπου ὡς ἄνθος χόρτου· καὶ ὁ μὲν χόρτος ξηραίνεται, τὸ δὲ ἄνθος καταπαπίπτει GCS 52, 243

δι᾽ αὐτῆς τὴν γένεσιν φάσκοι παραθεὶς Ἡσαΰαν λέγοντα „πᾶσα σὰρξ χόρτος καὶ πᾶσα δόξα ἀνθρώπου ὡς ἄνθος χόρτου· ἐξηράνθη ὁ χόρτος καὶ τὸ ἄνθος ἐξέπεσεν· τὸ δὲ ῥῆμα κυρίου μένει εἰς τὸν αἰῶνα“ GCS 52, 321

σὰρξ χόρτος, καὶ πᾶσα δόξα ἀνθρώπου ὡς ἄνθος χόρτου· 7 ἐξηράθη ὁ χόρτος, καὶ τὸ ἄνθος ἐξέπεσεν, 8 τὸ δὲ ῥῆμα τοῦ θεοῦ ἡμῶν μένει εἰς τὸν αἰῶνα. LXX

δὲ πλούσιος ἐν τῇ ταπεινώσει αὐτοῦ ὅτι ὡς ἄνθος χόρτου παρελεύσεται. 11 ἀνέτειλεν γὰρ ὁ ἥλιος σὺν τῷ καύσωνι καὶ ἐξήρανεν τὸν χόρτον καὶ τὸ ἄνθος αὐτοῦ ἐξέπεσεν καὶ ἡ εὐπρέπεια τοῦ προσώπου αὐτοῦ ἀπώλετο. οὕτως καὶ ὁ πλούσιος ἐν ταῖς πορείαις αὐτοῦ μαρανθήσεται. NA 28

πᾶσα σὰρξ ὡς χόρτος καὶ δόξα αὐτῆς ὡς ἄνθος χόρτου· ἐξηράνθη ὁ χόρτος καὶ τὸ ἄνθος ἐξέπεσεν· 25 τὸ δὲ ῥῆμα κυρίου μένει εἰς τὸν αἰῶνα. τοῦτο δέ ἐστιν τὸ ῥῆμα τὸ εὐαγγελισθὲν εἰς ὑμᾶς. NA 28

Die Zusammenschau dieser fünf Texte ergibt ein interessantes Bild: Während Jak 1, 10 nur in dem Motiv der ἄνθος χόρτου mit Jes 40, 6 LXX übereinstimmt und keine weiteren Überschneidungen bietet, ist bei den übrigen Texten die wörtliche Übereinstimmung sehr hoch, sodass bei 1 Petr 1, 24, str. 3, 103, 2 und str. 4, 163, 5 29 von einer sicheren Rezeption von Jes 40, 6 LXX gesprochen wer27 Innerhalb des Neuen Testaments begegnen selbst die Wörter ἄνθος und χόρτος für sich genommen nicht besonders häufig. So liefert ἄνθος drei Treffer und χόρτος fünfzehn. 28 Diese Übersetzung bevorzugt auch Merkt, 1. Petrus, 126. 29 Hier ragt str. 4, 163, 5 besonders hervor, da Clemens in der Einleitung sogar explizit auf ein Zitat aus Jes verweist. Klar ist auch, dass 1 Petr 1, 24 das Motiv aus Deuterojesaja neu

20

Spuren der Rezeption im Neuen Testament?

den kann. 30 So ist anzunehmen, dass Jes 40, 6 LXX der Ursprung für die Gemeinsamkeiten zwischen Jak 1, 10 und 1 Petr 1, 23 und auch allen weiteren Texten ist. 31 Eine literarische Abhängigkeit zwischen Jak und 1 Petr ist in diesem Fall also unwahrscheinlich (Kategorie D). Jak 1, 18.21

1 Petr 1, 22–2, 2

18 βουληθεὶς

22 Τὰς ψυχὰς ὑμῶν ἡγνικότες ἐν τῇ ὑπακοῇ τῆς ἀληθείας εἰς φιλαδελφίαν ἀνυπόκριτον ἐκ [καθαρᾶς] καρδίας ἀλλήλους ἀγαπήσατε ἐκτενῶς 23 ἀναγεγεννημένοι οὐκ ἐκ σπορᾶς φθαρτῆς ἀλλὰ ἀφθάρτου διὰ λόγου ζῶντος θεοῦ καὶ μένοντος. 24 διότι πᾶσα σάρξ ὡς χόρτος καὶ πᾶσα δόξα αὐτῆς ὡς ἄνθος χόρτου· ἐξηράνθη ὁ χόρτος καὶ τὸ ἄνθος ἐξέπεσεν· 25 τὸ δὲ ῥῆμα κυρίου μένει εἰς τὸν αἰῶνα. τοῦτο δέ ἐστιν τὸ ῥῆμα τὸ εὐαγγελλισθὲν εἰς ὑμᾶς. 21 Ἀποθέμενοι οὖν πᾶσαν κακίαν καὶ πάντα δόλον καὶ ὑποκίσεις καὶ φθόνους καὶ πάσας καταλαλιάς, 2 ὡς ἀρτιγέννητα βρέφη τὸ λογικὸν ἄδολον γάλα ἐπιποθήσατε, ἵνα ἐν αὐτῷ αὐξηθῆτε εἰς σωτηρίαν […] NA 28

ἀπεκύησεν ἡμᾶς λόγῳ ἀληθείας εἰς τὸ εἶναι ἡμᾶς ἀπαρχήν τινα τῶν αὐτοῦ κτισμάτων. 21 διὸ ἀποθέμενοι πᾶσαν ῥυπαρίαν καὶ περισσείαν κακίας ἐν πραΰτητι δέξασθε τὸν ἔμφυτον λόγον τὸν δυνάμενον σῶσαι τὰς ψυχὰς ὑμῶν. NA 28 18 Nach

seinem Willen gebar er uns durch (das) Wort (der) Wahrheit, auf dass wir eine Art Erstling seiner Geschöpfe sind. 21 Deshalb legt jede Unreinheit und Überfülle von Schlechtigkeit ab, und nehmt in Sanftmut an das eingepflanzte Wort, das fähig ist, eure Seelen zu retten!

22 Nachdem

ihr eure Seelen gereinigt habt im Gehorsam gegenüber der Wahrheit zu ungeheuchelter Bruderliebe, liebt euch einander aus [reinem] Herzen beharrlich, 23 wiedergeboren nicht aus einem vergänglichen Samen, sondern einem unvergänglichen durch Gottes lebendes und bleibendes Wort.

interpretiert und das verdorrende Gras und die welkende Blume dem bleibenden Wort Gottes gegenübergestellt wird. Vgl. hierzu auch Feldmeier, Brief, 82. 30 Auch wenn Merkt, 1. Petrus, 134–135, es nicht für gesichert hält, dass 1 Petr hier auf Jes 40, 6 LXX zurückgreift, zeigt er dennoch auf, dass für die Erklärung und Deutung von 1 Petr 1, 24–25 immer wieder auf Jes zurückgegriffen wurde, wie etwa bei Cyprian und Theodoret von Cyrus, der die Jesajaverse antijüdisch verwendet. Außerdem erscheint, so Merkt, bei Theodoret die Aufnahme des Jesajazitates in die 1 Petr-Katene als Konkretisierung der früheren Aussage, dass die Prophetien Israels nicht der eigenen Zeit, sondern der christlichen Ära galten. 31 Dies nimmt Vahrenhorst, Brief des Petrus, 96, für 1 Petr, 1, 24 an und weist dabei auch darauf hin, dass hier eine Rezension gespiegelt sein könnte, die sich dem masoretischen Text angenähert hat. Weiterführend hierzu auch Vahrenhorst, Text, 263–265.

1. Petrusbrief

21

24 Denn

alles Fleisch (ist) wie Gras, und all seine Herrlichkeit wie eine Blüte (des) Grases; (es) vertrocknete das Gras und die Blüte fiel ab;

Was Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen den beiden Textsequenzen Jak 1, 18.21 und 1 Petr 1, 22–2, 2 anbelangt, ist auf die hinreichenden Untersuchungen von Matthias Konradt zu verweisen, der sich auch in diesem Fall deutlich gegen eine direkte literarische Verwandtschaft ausspricht und für traditionsgeschichtliche Verbindungen. 32 Dennoch seien die wichtigsten Beobachtungen noch einmal aufgegriffen: Inhaltlich sind beide Abschnitte als Interpretation der Konversion als (Wieder-)Geburt zu verstehen. 33 Während beide Passagen die Tatsache verbindet, dass nur hier das Wort als „Wirkmittel“ eingeführt wird, 34 ist die weitere Ausgestaltung von Unterschieden geprägt: Besonders deutlich wird dies am Beispiel von λόγος ἀληθείας in Jak 1, 18. Hier erfährt das Wort im Vergleich zu 1 Petr 1, 22 eine nähere Definition. Zudem begegnet die Terminologie wiederholt im Alten Testament und im Corpus Paulinum. 35 Was sich hier schon abzeichnet, bestätigen weitere Berührungen zwischen Jak 1, 21 und 1 Petr 2, 1–2. Übereinstimmung in sprachlicher Hinsicht besteht in den für das Neue Testament, nicht aber für die weitere antike christliche

32 Siehe hierzu ausführlich Konradt, Jakobusbrief als Brief des Jakobus, 23–28, dessen wichtige Beobachtungen alle in dem Ergebnis gipfeln, dass beide Schriften unabhängig voneinander auf gemeinsames Traditionsgut zurückgreifen, was hier nochmals aus einer anderen Perspektive betrachtet werden soll. 33 Vgl. Konradt, Existenz, 42–44; Konradt, Jakobusbrief als Brief des Jakobus, 23. 34 Dies führt ebenfalls Konradt, Jakobusbrief als Brief des Jakobus, 23, weiter aus. 35 Weiterführend hierzu Mußner, Jakobusbrief, 94, der besonders auf die alttestamentlichen Beispiele eingeht; ebenso Konradt, Jakobusbrief als Brief des Jakobus, 23. Hieraus geht hervor, dass der Ausdruck nie in Verbindung mit der Deutung der Konversion als Geburt auftritt. So ist auch der Bemerkung bei Allison, James, 279, zuzustimmen, dass λόγος ἀληθειας „was more or less a fixed expression without fixed meaning“. Dies kann Allison eindrücklich an Textbeispielen aus der Hebräischen Bibel und außerbiblischen christlichen und nichtchristlichen Texten aufzeigen. Diese Feinheiten übergeht Nienhuis, Paul, 225, völlig, indem er λόγος für sich alleine betrachtet, ohne den Zusatz ἀληθείας in Jak 1, 18. Die theologische Relevanz dieser Wortkombination innerhalb des Jak wird ausführlich diskutiert bei Niebuhr, New Perspective, 1033–1034, der sich darin mit den Positionen von JacksonMcCabe, Logos, besonders 214, und Hartin, Spirituality, 77–78, auseinandersetzt. Ähnlich sieht Konradt, Geboren, 1–15, in der Motivik vom Wort der Wahrheit im Gegenüber zum Gesetz der Freiheit im Wort an sich das Zentrum der theologischen Konzeption des Jak, was er mit dem Hauptanliegen des Jak, ethische Missstände in christlichen Gemeinden zu korrigieren, verbindet. Weiter sieht Hartin, James, 94, in der Vorstellung von von Gottes Wort der Wahrheit aus Ps 119, eine Ähnlichkeit hierzu. Siehe hierzu auch Luck, Theologie, 17.

22

Spuren der Rezeption im Neuen Testament?

Literatur seltenen Wörtern ἀποτίθημι 36 und κακία 37 und somit auch im Grundtenor der beiden Passagen: Der Mensch wird aufgefordert, alles Negative von sich abzulegen. Jak verbindet diese Forderung mit dem Motiv vom eingepflanzten Wort, das die Macht zur Rettung besitzt. 38 Anders steht diese Forderung bei 1 Petr in einer Reihe von Ermahnungen, die sich alle in 1 Petr 2, 3 über die Güte Gottes legitimieren. Beide Male ist auch die Erlangung des eschatologischen Heils als Ziel angegeben. 39 Betrachtet man das Auftreten des Partizips ἀποθέμενοι, ist ein paränetischer Ursprung gut möglich. 40 So ist es mit Konradt naheliegend, dass hier ein zweigliedriges paränetisches Schema vorliegt. 41 Weiter ist für die beiden Textsequenzen zu konstatieren, dass die Bezugnahme auf die Geburt und das vermeintlich beiden zugrundeliegende paränetische Schema zusammen mit Wort ἀλήθεια beide Texte sehr eng miteinander verbindet und von anderen Texten abgrenzt. Trotz der gerade von Konradt vorgebrachten und schlüssig klingenden Erwägungen zu den beiden Textsequenzen, die immer wieder in der These münden, die Verfasser beider Schriften greifen unabhängig auf gleiche Traditionsströme zurück, muss 42 eine weitere Möglichkeit für die Verbindungen beider 36 Weitere Belege für das Verb finden sich nur noch in Mt 14, 3; Apg 7, 58; Röm 13, 12; Hebr 12, 1, jedoch weitgehend in anderer Verwendung. Interessant hieran ist allerdings auch, dass das Verb auch bei 1 Clem 13, 1; 2 Clem 1, 6; Philo, de post. Caini 48 auftritt, Schriften, die immer wieder Wörter und sogar Phrasen mit dem Jak teilen. 37 Innerhalb des Neuen Testaments begegnet κακία nur mehr in Mt 6, 34; Apg 8, 22; 1 Kor 14, 20; Röm 1, 29; Kol 3, 8; 1 Petr 2, 16 und auch hier nicht grundsätzlich in gleicher Verwendung wie im Fall von Jak und 1 Petr. In frühchristlicher Literatur tritt das Verb mehrere Male auf, besonders hervorzuheben darunter sind 1 Clem 13, 1; Hirt des Hermas sim. 9, 23, 5; paed. 1, 6,32; 3, 11, 80; 3, 12, 94; str. 1, 18, 90; 4, 16, 103, wobei gerade die Konzentration auf Clemens von Alexandrien auffällig ist. 38 Siehe hierzu die ausführliche Darstellung bei Allison, James, 305, mit weiterführenden Hinweisen. 39 Die Aufmerksamkeit sollte hier der gemeinsamen Grundintention gelten, da wichtig ist, dass in beiden Versen auch κακία auftritt und nicht, was Allison, James, 306, hervorhebt, der Beobachtung, dass Jak 1, 21 das Verb ἀποθέμενοι anders kombiniert. Weiterführend hierzu auch Konradt, Jakobusbrief als Brief des Jakobus, 25. 40 Allison, James, 305–306, und Mußner, Jakobusbrief, 101, sehen hierfür die Quelle in einer Taufparänese. Eine literarische Abhängigkeit ist davon aber nicht ausgeschlossen. 41 Dies zeigt Konradt, Jakobusbrief als Brief des Jakobus, 23–24, auf. Ausschlaggebend hierfür ist, dass dieses zweigliedrige Schema nur bei Jak und 1 Petr in dieser Weise Verwendung findet. Dazu hat Konradt sämtliche frühchristliche Passagen in einem Vergleich herangezogen, welche dieses Schema ebenfalls verwenden, und konnte dadurch verschiedene Traditionsstränge unterscheiden. Anders gesagt: Jak 1, 21 und 1 Petr 2, 2 sind nicht vergleichbar mit anderen frühchristlichen Texten, insbesondere mit paulinisch-deuteropaulinischen Belegen, weisen aber dafür untereinander ein enges verwandtschaftliches Verhältnis auf, welches sich am besten mit einem gemeinsamen paränetischen Schema erklären lässt. 42 Dies wird gerade deshalb nötig, weil Konradt, Jakobusbrief als Brief des Jakobus, besonders 24–28, selbst mehrfach betont, dass nur Jak und 1 Petr diese starken Verbindungen aufweisen. Demzufolge würden dann auch nur diese beiden Schriften auf das vermeintliche gemeinsame Traditionsgut zurückgreifen. Wäre es dann nicht genauso gut möglich, dass ein

1. Petrusbrief

23

Passagen jedoch ebenfalls in Erwägung gezogen werden: Bezieht vielleicht nur ein Text seine Inhalte aus einer Paränese und greift der andere direkt auf die ihm leichter zur Verfügung stehende neutestamentlich gewordene Schrift zurück? Ein Argument dafür, diese Frage positiv zu beantworten, kann sein, dass sich gerade Jak und 1 Petr im Vergleich zu den meisten anderen Texten, die ebenfalls das Verb ἀποθέμενοι beinhalten, viel stärker ähneln, 43 was anders gesagt für eine stärkere Nähe zwischen Jak 1, 21 und 1 Petr 2, 3 sprechen würde. 44 Eine wichtige Beobachtung hierzu ist, dass 1 Petr 1, 24–25 ziemlich sicher Jes 40, 6–8 verarbeitet und ebenfalls Jak 1, 10–11, allerdings mit unterschiedlicher Akzentuierung. 45 Dies kann als starkes Indiz dafür gewertet werden, dass den Verfassern beider Texte gleiches Traditionsgut zur Verfügung stand, das sie unterschiedlich und wohl auch unabhängig voneinander in ihren Briefen verarbeiteten. Ob letztendlich literarische Abhängigkeiten oder traditionsgeschichtliche Verknüpfungen die Erklärung für die Ähnlichkeiten zwischen Jak 1, 18.21 und 1 Petr 1, 22–2, 2 sind, lässt sich dennoch anhand der möglichen Beobachtungen nicht definitiv entscheiden. Eine literarische Abhängikeit erscheint möglich, lässt sich aber auf Basis dieser Beobachtungen nicht wahrscheinlich machen (Kategorie C). Mehr Gewissheit kann auch hier nur ein Gesamtbild geben, das die Zusammenschau aller Textstellen liefern wird.

Text Elemente des anderen übernommen hat? Auch die ausführlich dargelegte Beobachtung von Konradt (26–27), dass die Verfasser der beiden Briefe in der Ausgestaltung der Inhalte unterschiedliche Wege gehen, kann Argument für beide Thesen sein. 43 Konradt, Jakobusbrief als Brief des Jakobus, 25–26, versucht dieses Argument für die entgegengesetzte Richtung zu instrumentalisieren, indem er die Unterschiede der beiden Texte als eigenständige Ausprägungen desselben Traditionsstrangs ausweist und beide Schriften von paulinisch–deuteropaulinischen Tradtionen abgrenzt. Meiner Überzeugung nach lassen sich diese Beobachtungen, gerade auch vor dem Hintergrund, dass Paränesen heute nicht mehr greifbar sind, als Argument für beide Ansätze verwenden. Speziell für den Jak nimmt Bauckham, Wisdom, 29–35, an, dass in weiten Teilen eine weisheitliche Paränese zugrundeliegt. Dies erfährt eine leichte Aktualisierung bei Bauckham, Wisdom, 75–92. Bauckham versucht sein Argument mit traditionsgeschichtlichen Verbindungen zu belegen, was nicht völlig überzeugen kann. Auf die Schwierigkeiten, die damit verbunden sind, einzelne Paränesen zu beschreiben, verweist Alistair, Paraenesis, 341–347. Ähnlich sieht Lohse, Entstehung, 127, im Jak einen Text, der in lockerer Folge Spruchweisheit und Paränese enthält. Weiterführende Hinweise hierzu finden sich auch bei Popkes, Brief des Jakobus, 29–32; Konradt, Existenz, 249, und Luck, Theologie, 10. 44 Dies trifft zu auf 1 Clem 13, 1 und Pastor Hermae sim. 9, 23, 5, aber genauso auf die übrigen neutestamentlichen Quellen, wo gerade keine zustätzliche Verbindung mit κακία besteht. 45 Dies erläutert Konradt, Jakobusbrief als Brief des Jakobus, 25, wenn er aufzeigt, dass in beiden Fällen auf unterschiedliche Aspekte des Jes-Zitates angespielt wird: So nimmt 1 Petr Bezug auf die positive Kennzeichnung des Wortes und Jak auf die Vergänglichkeit des Menschen, die in den Reichen zugespitzt wird.

24

Spuren der Rezeption im Neuen Testament?

Jak 4, 6

1 Petr 5, 5

6 μείζονα

5 Ὁμοίως,

δὲ δίδωσιν χάριν; διὸ λέγει· ὁ θεὸς ὑπερηφάνοις ἀντιτάσσεται, ταπεινοῖς δὲ δίδωσιν χάριν. NA 28

6 Aber

die Gnade, die er gibt, ist größer; deswegen sagt (die Schrift): „Gott widersteht Überheblichen, Demütigen aber gibt er Gnade.“

νεώτεροι, ὑποτάγητε πρεσβυτέροις· πάντες δὲ ἀλλήλοις τὴν ταπεινοφροσύνην ἐγκομβώσασθε, ὅτι ὁ θεὸς ὑπερηφάνοις ἀντιτάσσεται, ταπεινοῖς δὲ δίδωσιν χάριν. NA 28

5 Gleicherweise,

ihr Jüngeren, ordnet euch den Älteren unter; alle aber legt die Demut untereinander an, weil Gott Hochmütigen widersteht, aber Demütigen Gnade gibt.

Jak 4, 6 und 1 Petr 5, 5 haben eine breite Basis an Übereinstimmungen. Konkret handelt es sich um die Formulierung ὁ θεὸς ὑπερηφάνοις ἀντιτάσσεται, ταπεινοῖς δὲ δίδωσιν χάριν, die identisch in beiden Texten vorliegt. Allerdings sind diese beiden Verse auch nahezu wortgleich mit Spr 3, 34 LXX: κύριος ὑπερηφάνοις ἀντιτάσσεται ταπεινοῖς δὲ δίδωσιν χάριν. Dabei haben beide Verse ὁ θεός gemein gegenüber κύριος in Spr 3, 34 LXX. Dies legitimiert jedoch noch nicht zu dem Schluss, dass Jak 4, 6 und 1 Petr 5, 5 eine literarische Beziehung verbindet. Zur Annahme, Jak 4, 6 und 1 Petr 5, 5 beziehen ihre Inhalte hier unabhängig voneinander von Spr 3, 34 LXX oder von einer davon abgeleiteten frühchristlichen Tradition, wovon auch mehrere Autoren ausgehen, 46 lassen sich folgende Überlegungen in den Raum stellen: 1. Wendet man den Blick auf die Kontexte, ist festzuhalten, dass die direkten Kontexte so verschieden sind, dass sich keine positiven Schlüsse zu Gunsten einer literarischen Abhängigkeit ziehen lassen. Trotz der grundsätzlichen Übereinstimmung in der Motivik von Unterwerfung und Demut sind die Bezüge en Detail deutlich voneinander zu unterscheiden. 47 Auch liefern beide Kontexte keine weiteren Hinweise auf oder Inhalte von Spr 3, 34 LXX. 2. Der Autor des Jak macht schon in 4, 5 mit dem Verweis ἢ δοκεῖτε ὅτι κενῶς ἡ γραφὴ λέγει deutlich, dass er für seine nachfolgende Argumentation auf die Schrift zurückgreift. Mit διὸ λέγει führt er dies in 4, 6 fort. Dabei schafft 46 So bei Brox, Petrusbrief, 236; Feldmeier, Brief, 162; Dibelius, Brief des Jakobus, 268, und indirekt auch bei Vahrenhorst, Brief des Petrus, 193, der ganz klar in Spr 3, 34 die Quelle für 1 Petr 5, 5 sieht. 47 Ausführliche Vergleiche der Kontexte erlauben Dibelius, Brief des Jakobus, 270, der besonders daran festhält, dass wegen des abrupten Textes des Jak im Vergleich zum ausgefeilten des 1 Petr nicht auf eine Rezeption des 1 Petr bei Jak geschlossen werden kann, und Meyer, Rätsel, 77–78. Das Argument, das Dibelius (270) vehement vertritt, eine literarische Abhängigkeit bestehe in diesem Fall nicht, da der Autor des 1 Petr Ideen wesentlich origineller entfaltet, muss allerdings als eher schwach eingestuft werden, da sich unterschiedliche Intentionen und Temperamente der beiden Autoren als Gegenthese anführen ließen, was auch Mußner, Jakobusbrief, 35, für möglich hält.

25

1. Petrusbrief

der Autor des Jak hier eine Verbindung zwischen dem altestamentlichen Gedanken der Sehnsucht nach dem Geist und der Belohnung für die Demütigen. Der Übergang wirkt zwar nicht vollends gelungen, lässt aber dennoch die Intention des Autors erkennen. Das heißt, Grundlage für Jak 4, 5–6 sind alttestamentliche Motive. Eine ähnliche Formulierung zur Einleitung bietet 1 Petr 5, 5 nicht. 3. Die Formulierung scheint außerdem in frühchristlicher Literatur nicht unbekannt gewesen zu sein, wie weitere Beispiele zeigen: 1 Clem 30, 2; Clemens von Alexandrien str. 3, 49, 2; Methodius von Olympus 48 lepr. 12, 3: Spr 3, 34

Jak 4, 6

1 Petr 5, 5

1 Clem 30, 2

str. 3, 49, 2

lepr. 12, 3

κύριος ὑπερηφάνοις ἀντιτάσσεται ταπεινοῖς δὲ δίδωσιν χάριν LXX

ὁ θεὸς ὑπερηφάνοῖς ἀντιτάσσεται, ταπεινοῖς δὲ δίδωσιν χάριν NA 28

ὁ θεὸς ὑπερηφάνοις ἀντιτάσσεται, ταπεινοῖς δὲ δίδωσιν χάριν NA 28

Θεὸς γάρ φησίν ὑπερηφάνοις ἀντιτάσσεται ταπεινοῖς δὲ δίδωσιν χάριν SUC 1, 60

ὑπερερηφάνοις ὁ θεὸς ἀντιτάσσεται, ταπεινοῖς δὲ δίδωσι χάριν GCS 52, 218

κύριος γὰρ ὑπερηφάνοις ἀντιτάσσεται, ταπεινοῖς δὲ δίδωσι χάριν GCS 27, 466

Aus obiger Tabelle geht hervor, dass in allen Fällen die zentralen Elemente dieser Phrase ὑπερηφάνοις ἀντιτάσσεται, ταπεινοῖς δὲ δίδωσιν χάριν vollumfänglich übereinstimmen, was wiederum vorhandene Randunschärfen schwächt. Bis auf Methodius (lepr. 12, 3) ziehen alle anderen Autoren das Subjekt ὁ θεός dem in Spr 3, 34 LXX verwendeten κύριος vor. Dabei zeigen Clemens und Methodius schon mit der Einleitung ihrer Zitate, dass es sich bei nachfolgendem Inhalt um einen Teil der γραφή handelt. Die Problematik dieser Argumentation wird von der Idee verstärkt, dass hier ein paränetisches Schema aus lose verbundenen Mahnungen zugrundeliegt, das sich aus Spr 3, 34 LXX speist. Für sich gesehen lässt sich dies jedoch schwer belegen, 49 da gute Gründe immer auch noch Spr 3, 34 LXX als Quelle hierfür 48 Biographische Notizen zu Methodius liefern Bruns, Methodius, 502–503; Williams, Methodius, 680; Vaillant, autexusio, 636; Bonwetsch, Einleitung, V, und Buchheit, Studien, 1. Daraus wird klar, dass wenig über Methodius bekannt ist. Wahrscheinlich war er an der Wende vom dritten zum vierten Jahrhundert als Wanderlehrer tätig. Grundsätzlich scheint Methodius den Jak gekannt zu haben. Problematisch bei einer Entscheidung über literarische Abhängigkeiten in diesem Fall ist, dass nur mehr wenige Texte im griechischen Original erhalten sind und so meist auf altkichenslavische Übersetzungen zurückgegriffen werden muss. Zur Überlieferungssituation vgl. Bracht, Vollkommenheit, 6–12, und besonders zur Situation des griechischen Materials Bonwetsch, Einleitung, XXV–XXVIII; XXVIII–XXXVII. 49 Diese Möglichkeit propagiert Konradt, Jakobusbrief als Brief des Jakobus, 21–22. Sein Argument basiert darauf, dass Jak 4, 6, 1 Petr 5, 5, 1 Clem 30, 2 und str. 3, 49 θεός anstelle von κύριος verwenden. Betrachtet man jedoch den Befund der Editio Critica Maior, der belegt, dass für Jak 4, 6 und 1 Petr 5, 5 auch Varianten mit θεός existieren, und lepr. 12, 3, wo auch κύριος Verwendung findet, muss Konradts Argumentation hier relativiert werden. Grundsätzlich spricht sich auch Dibelius, Brief des Jakobus, 269–270, für eine Paränese als Erklärung für die Übereinstimmungen in diesem Fall aus. Ähnlich Mußner, Jakobusbrief, 34–35,

26

Spuren der Rezeption im Neuen Testament?

qualifizieren und nicht schriftlich fixierte frühchristliche Quellen heute schlichtweg nicht mehr greifbar sind. Ein solches Urteil hängt natürlich auch davon ab, ob 1 Petr auch sonst von Jak unabhängig erwiesen werden kann. Ein gewichtiges Argument spricht dennoch für eine Verbindung mit einer frühchristlichen Tradition und nicht direkt von Spr 3, 34 LXX. Betrachtet man alle hier verglichenen Texte und Beobachtungen zum möglichen Verhältnis von Jak und 1 Petr, fällt auf, dass die Übereinstimmungen in beiden Briefen in gleicher Reihenfolge auftreten und womöglich nach einem Schema verlaufen. Nienhuis sieht darin ein deutliches Argument für die These einer literarischen Abhängigkeit. 50 Da es sich aber auschließlich um Inhalte handelt, bei denen es sich in ihrem Kern um alttestamentlich-jüdische oder frühchristliche Motive handelt, kommt als Grund hierfür eher eine paränetische Formelsammlung, auf welche die Autoren beider Schriften unabhängig voneinander zugreifen, als eine direkte literarische Abhängigkeit zwischen Jak und 1 Petr infrage. Eine literarische Abhängigkeit zwischen Jak 4, 6 und 1 Petr 5, 5 bleibt jedoch weiterhin möglich (Kategorie C). 1 Petr 5, 6

Jak 4, 10 10 ταπεινώθητε

ὑψώσει ὑμᾶς.

ἐνώπιον τοῦ κυρίου καὶ

NA 28 10 Erniedrigt

euch vor den Augen des Herrn, und er wird euch erhöhen!

6 Ταπεινώθητε

οὖν ὑπὸ τὴν κραταιὰν χεῖρα τοῦ θεοῦ, ἵνα ὑμᾶς ὑψώσῃ ἐν καιρῷ […] NA 28

6 Erniedrigt

euch also unter die mächtige Hand Gottes, damit er euch erhöhe in der (End)zeit […]

der das gleiche Argument für die Überschneidungen bei Jak 1, 10; 4, 10; 5, 20 verwendet. Hierfür spreche auch die feste Reihenfolge, in der die Ähnlichkeiten im ersten Kapitel der beiden Briefe begegnete. So zeige, wie Lohse, Paränese, 80 Anmerkung 64, betont, gerade die feste Reihenfolge der Paränese, dass die mündliche Überlieferung bereits in geprägter Form tradiert wurde. Misst man dieser Reihenfolge wie Mußner maßgebliche Bedeutung bei, leitet dies zu dem Schluss, dass sich die hier vorhandenen Ähnlichkeiten nicht auf eine literarische Abhängigkeit zwischen Jak und 1 Petr zurückführen lassen, sondern der Grund hierfür in bereits verfestigten paränetischen Tradtionen liegt. Mit Sicherheit lässt sich diese These jedoch nicht belegen. Da weder Mußner noch sonst irgendein Autor einen Nachweis liefern können, wie und in welchem Umfang die Autoren des Jak und 1 Petr Zugang zu paränetischen Traditonen hatten, muss dieser spannende Gedanke weiter als Hypothese, der aber eine große Wahrscheinlichkeit anhaftet, eingestuft werden. Mit der Problematik paränetischen Gutes im Jak beschäftigt sich zudem Bauckham, Wisdom, insbesondere 11–35, dem jedoch ebenfalls stichhaltige Belege und Beispiele für seine These, „the letter of james could have actually functioned as a paraenetic encyclical, sent from James himself to the Diaspora“ (13), fehlen. 50 Nienhuis, Paul, 225–226, wertet diese Reihenfolge als Argument für eine literarische Abhängigkeit zwischen Jak und 1 Petr, wenn er gerade im Fall von Jak 4, 6–10/1 Petr 5, 5–9 und Jak 5, 20/1 Petr 4, 8 von einer „consecutive order“ spricht. Ähnlich argumentiert er (187) für Jak 1, 1–25 im Vergleich zu 1 Petr 1, 1–25. Dies unterstützt Burchard, Jakobusbrief, 16

1. Petrusbrief

27

Jak 4, 10 und 1 Petr 5, 6 stimmen in der Aufforderung überein, sich vor dem Herrn zu erniedrigen, um von ihm erhöht zu werden, was sich sprachlich auch an der Verwendung der gleichen Verben ταπεινόω 51 und ὑψόω manifestiert. Dass beide Autoren hier unterschiedliche Titel für Gott (Jak: κύριος/1 Petr: θεός) verwenden, kann deren eigenem Stil geschuldet sein. 52 Inhaltlich wird in beiden Fällen Gleiches ausgesagt. 53 Zwischenzeitlich lässt sich festhalten, dass gerade zwischen Jak 4, 6–10 und 1 Petr 5, 5–9 eine Vielzahl an Ähnlichkeiten besteht, die sich weitgehend mit Parallelen zu alttestamentlichen Texten erklären lassen. Für eine direkte literarische Abhängigkeit spricht im Moment bis auf die vage Beobachtung einer gleichen Abfolge, in der die Motive innerhalb beider Briefe begegnen, nicht viel. In jedem Fall greifen beide Schriften für ihre Argumentation auf alttestamentliche, jüdische und weisheitliche Motivik zurück. 54 Es lässt sich also nicht klären, ob Jak 4, 10 und 1 Petr 5, 6 literarisch voneinander abhängig sind. Die Möglichkeit dazu besteht (Kategorie C). Jak 5, 20

1 Petr 4, 8

20 γινωσκέτω

8 […]

ὅτι ὁ ἐπιστρέψας ἁμαρτωλὸν ἐκ πλάνης ὁδοῦ αὐτοῦ σώσει ψυχὴν αὐτοῦ ἐκ θανάτου καὶ καλύψει πλῆθος ἁμαρτιῶν. NA 28

20 so

soll er erkennen: Wer einen Sünder bekehrt hat aus (der) Verirrung seines Weges, wird seine Seele vom Tod retten und die Menge seiner Sünden bedecken.

πρὸ πάντων τὴν εἰς ἑαυτοὺς ἀγάπην ἐκτενῆ ἔχοντες, ὅτι ἀγάπη καλύπτει πλῆθος ἁμαρτιῶν. NA 28

8 […]

vor allem habt die beharrliche Liebe zueinander, weil (die) Liebe eine Menge Sünden verhüllt.

Analogien zeigen sich schließlich auch noch zwischen Jak 5, 20 und 1 Petr 4, 8 im Motiv der Verhüllung von Sünden: καλύψει πλῆθος ἁμαρτιῶν (Jak 5, 20)/ 51 Dabei zeigt gerade die Verwendung der beiden Verben, wie nahe sich die beiden Texte sind: So finden sich für ταπεινόω innerhalb des Neuen Testaments nur acht weitere Treffer (Lk 3, 5; 14, 11; 18, 14; Mt 23, 12; 2 Kor 11, 7; 12, 21; Phil 2, 8; 4, 12), davon ein weiteres Mal bei Jak (1, 9), und für ὑψόω ebenfalls nur acht (Mt 23, 12; Lk 1, 52; 10, 15; Joh 3, 14; Apg 2, 33; 5, 31; 13, 17; 2 Kor 11, 7). Auch in frühchristlicher Literatur ist die Kombination der beiden Verben selten und tritt erstmals bei Origenes in einer Rezeption von 1 Petr 5, 6 (Cels. 3, 63, 4). 52 Schon für denVergleich von Jak 1, 18.21 und 1 Petr 1, 22–2, 2 versucht Konradt, Jakobusbrief als Brief des Jakobus, 29, die Differenzen zwischen beiden Schriften mit dem Gedanken unterschiedlicher redaktioneller Ausgestaltung zu erklären. 53 Dies bestätigen auch die Kommentierungen von Allison, James, 623; Brox, Petrusbrief, 236, und Vahrenhorst, Brief des Petrus, 194–195. 54 Für den Jak ist dies dargelegt bei Bauckham, Wisdom, 29–35, der in Jak eine „wisdom paraenesis“ sieht. Dabei trifft auch in diesem Fall zu, dass diese Beispiele alle versuchen, zum rechten Leben zu instruieren, worin Bauckham (30) ein eindeutiges Indiz dafür sieht, dass es sich bei Jak um eine weisheitliche Paränese handelt, die vielfach auf Spr zurückgreift, was auch hier als zutreffend betrachtet werden kann.

28

Spuren der Rezeption im Neuen Testament?

καλύπτει πλῆθος ἁμαρτιῶν (1 Petr 4, 8). Auch hier bieten sich jedoch weitere Parallelstellen, die eine Entscheidung über mögliche literarische Abhängigkeiten enorm erschweren: 55 Spr 10, 12

Jak 5, 20

1 Petr 4, 8

1 Clem 49, 5

2 Clem 16, 4

12 πάντας

20 καλύψει

8 ἀγάπη

5 ἀγάπη

4 ἀγάπη

δὲ τοὺς μὴ φιλονεικοῦντας καλύπτει φιλία LXX

πλῆθος ἁμαρτιῶν NA 28

καλύπτει πλῆθος ἁμαρτιῶν NA 28

καλύπτει πλῆτος ἁμαρτιῶν SUC 1, 86

δὲ καλύπτει πλῆθος ἁμαρτιῶν SUC 2, 260

Es fällt auf, dass 1 Petr 4, 8 mehr mit 1 Clem 49, 5 und 2 Clem 16, 4 übereinstimmt als mit Jak 5, 20, da hier das Verb auch in der gleichen Form vorzufinden ist (Indikativ Präsens Aktiv 3. Person Singular) und der Anlass für das Verdecken der Sünde in der Liebe (ἀγάπη) gesehen wird. Im Hinblick auf die Frage nach möglichen Wurzeln des Motivs der Verhüllung von Sünden erscheint die alttestamentliche Parallele Spr 10, 12 LXX hier nicht besonders aussichtsreich, da es zwar auch um eine Verhüllung von Liebe geht, dies jedoch sprachlich anders dargestellt (φιλονεικοῦντας statt ἀγάπη) und hier auch eine Bezugsgröße (πλῆθος) angegeben wird, 56 was wiederum die Verbindung zu 1 Petr 4, 8; 57 1 Clem 49, 5; 2 Clem 16, 4 stärkt und zu Jak 5, 20 schwächt. 58 Auch in früher christlicher Literatur begegnet das Motiv weitgehend in Zusammenhang mit ἀγάπη, also näher an 1 Petr 4, 8 als an Jak 5, 20. 59 Eine literarische

Diese Ansicht vertritt auch Konradt, Jakobusbrief als Brief des Jakobus, 28–29. Hierfür sprechen sich Brox, Petrusbrief, 205; Resch, Agrapha, 311, aus. Für einen christlichen Gebrauch von Spr 10, 12 LXX argumentieren hingegen Schelkle, Briefe, 118; Kelly, Glaubensbekenntnisse, 178, und Best, Century, 159, mit der sehr simplen Begründung, 1 Petr zitiere immer aus der LXX. Auch Allison, James, 788–790, hält Spr 10, 12 LXX nicht für die ursprüngliche Quelle, sieht aber deutlichere Verbindungen zur hebräischen Version. Im Fall des Jak muss er aber infrage stellen, ob der Autor des Hebräischen mächtig war, und kommt zu dem Schluss, dass es sich hier um ein Zeugnis eines verlorenen griechischen Textes von Spr handelt, der auch in 1 Petr 4, 8; 1 Clem 49, 5 und 2 Clem 16, 4 bezeugt ist. Hierfür kann Allison jedoch keine ausreichenden Belege anführen und unterscheidet nicht ausreichend zwischen den einzelnen genannten Texten. 57 So sieht Vahrenhorst, Brief des Petrus, 175, ganz klar die Quelle für 1 Petr 4, 8 in Spr 10, 12, zieht aber aufgrund der Abweichungen zur Version der LXX in Erwägung, dass der Autor des 1 Petr den herbräischen Text eigenständig übersetzt hat oder auf eine entsprechende Tradition zurückgreift, was beides möglich erscheint. 58 Hiervon geht auch Allison, James, 788–790, aus, kann jedoch weder Argumente für Lev 19, 17–18 als Quelle für Jak 5, 19–20 noch Belege für eine gemeinsame (mündliche) Quelle liefern. Eine ähnliche Argumentation führt Johnson, Brother, 49. 59 Insgesamt wird Jak 5, 20 in frühchristlicher Literatur wenig zitiert und auch nicht vor Johannes Chrysostomus (fr. in ep. cath. 64, 1052; in Ps. 118; ep. ad abb. 115). Auch absolut gesehen tritt die für Jak 5, 20 maßgebliche Konstellation aus σώσει ψυχὴν ἐκ τανάτου, καὶ καλύψει πλῆθος ἁμαρτιῶν nur weitere 13 Mal auf die Bühne früher christlicher Literatur. 55 56

1. Petrusbrief

29

Abhängigkeit zwischen Jak 5, 20 und 1 Petr 4, 8 erscheint dennoch möglich (Kategorie C).

2.1.2 Ergebnis 1. Petrusbrief Die eingehende Untersuchung relevanter Textstellen hat gezeigt, dass zwischen Jak und 1 Petr zweifelsohne eine Vielzahl an Übereinstimmungen besteht, die in mancher Hinsicht auch auffällig sind, was die Frage nach einer möglichen literarischen Abhängigkeit anbelangt. Jedoch wurde auch klar, dass es für fünf der acht relevanten Verse aus Jak und 1 Petr mögliche Wurzeln in der LXX gibt 60 und einige davon auch in ähnlicher Form in weiteren frühchristlichen Texten begegnen. 61 Was das Ergebnis dieser Untersuchung betrifft, bedeutet dies, dass eine literarische Abhängigkeit zwischen Jak und 1 Petr nur dann anzunehmen ist, wenn bewusst versucht wurde, zwei Diasporabriefe zwei großen Figuren der Urchristenheit zuzuschreiben, was durchaus denkbar wäre. Dies ist zwar ein interessanter Gedanke, er lässt sich jedoch nicht weiter belegen. Demgegenüber steht die Möglichkeit, dass die Verfasser beider Schriften unabhängig auf ein und dasselbe frühchristliche Traditionsgut, das vielleicht sogar in einer Formelsammlung vorgelegen hat, zurückgegriffen haben, was wohl als wahrscheinlicher zu beurteilen ist. Deutlichstes Indiz hierfür ist, dass alle Berührungen zwischen Jak und 1 Petr nach einer Art Schema bzw. Reihenfolge auftreten, was man besonders bei den Übereinstimmungen in den ersten Kapiteln der beiden Briefe erkennen kann. 62 Allerdings bleiben auch hier offene Fragen: Woher kommt eine solche paränetische Formelsammlung und wie hatten beide Autoren unabhängig voneinander darauf Zugriff? Hierbei handelt es sich um Fragen, die sich letztendlich nicht klären lassen werden. Anders verhält es sich im Fall von 1 Petr 4, 8: Hier finden sich 22 weitere Belege für die Formulierung ἀγάπη καλύπτει πλῆθος ἁμαρτιῶν. 60 So sind Jak 1, 10 f. und 1 Petr 1, 24 in Zusammenhang mit Jes 40, 6 LXX zu sehen, Jak 1, 3 und 1 Petr 1, 7 mit Ps 11, 7 LXX und Spr 27, 21 LXX, Jak 4, 6 und 1 Petr 5, 5 mit Spr 3, 34 LXX, Jak 4, 7 und 1 Petr 5, 8 f. mit Tob 6, 17 LXX und Jak 5, 20 bzw. 1 Petr 5, 6 mit Spr 10, 12 LXX. 61 Es finden sich nicht nur Ähnlichkeiten zwischen Jak 4, 6, 1 Petr 5, 5 mit Spr 3, 34 LXX, sondern auch mit 1 Clem 30, 2, str. 3.49 und lepr. 12, 3. Das Gleiche gilt für Jak 1, 10 und 1 Petr 1, 24, die Jes 40, 6 LXX ähneln: So stehen in dieser Reihe auch str. 3, 17, 103 und str. 34, 26, 163. Außerdem tritt in die Reihe von Spr 10, 12 LXX neben Jak 5, 20 und 1 Petr 4, 8 auch 1 Clem 49, 5 und 2 Clem 16, 4. 62 Anders hingegen wertet Mußner, Jakobusbrief, 34, die gleiche Reihenfolge als Argument gegen eine literarische Abhängigkeit und für die These, die Ähnlichkieten ließen sich über gemeinsame paränetische Ursprünge erklären. Er beruft sich in seiner Begründung auf Lohse, Paränese, 68–89, der betont, dass einer Paränese eine feste Reihenfolge zugrundeliege, was zudem zeige, dass die mündliche Überlieferung bereits in geprägter Reihenfolge vorgelegen habe. Jedoch liegen weiterhin keine sicheren Belege hierfür vor und ist damit nicht ausgeschlossen, dass die gleiche Reihenfolge auch von literarischen Abhängigkeiten untereinander bestimmt ist, wofür u. a. auch die Übereinstimmung in der Adresse in Jak 1, 1 und 1 Petr 1, 1 sprechen würde.

30

Spuren der Rezeption im Neuen Testament?

Insgesamt kommen wir hier über eine mögliche literarische Abhängigkeit nicht hinaus (Kategorie C). Unabhängig von allen möglichen Konstellationen und negativen Befunden, welche die Frage möglicher literarischer Abhängigkeiten betrifft, bleibt festzuhalten: Jak und 1 Petr teilen viele Gedanken, die weitgehend auf die Septuaginta oder dahinterliegende paränetische Traditionen zurückzuführen sind. In einigen Fällen ähneln sie auch anderen frühchristlichen Schriften, wie 1 Clem, 2 Clem oder Ausschnitten aus Werken des Clemens von Alexandrien, was nahelegt, dass ihnen ähnliche Grundfragen christlicher Existenz zugrundelagen. Diese vielgestaltige Nähe erlaubt es, den historischen Ort des Jak auf der Landkarte des frühen Christentums ein kleines Stück weiter einzukreisen: Jak und 1 Petr scheinen in Teilen ähnliche Fragestellungen zugrundezuliegen, was für einen ähnlichen Entwicklungsstand der Gemeinden spricht. Womöglich hatten die Autoren beider Schriften, vielleicht unabhängig voneinander, Zugriff auf gleiche Traditionsströme. 63 Dies reicht jedoch nicht dafür aus, die beiden Schriften im syrischen Raum zu verorten und auf eine Abfassung des Jak vor 85 zu schließen, wie Konradt suggeriert. 64 Demzufolge sind auch keine Aussagen über eine Rezeptionsrichtung zu verantworten.

2.2 Judasbrief Wenn es um die Frage möglicher Verbindungen des Jak zu Schriften des Neuen Testaments geht, ist Jud neben 1 Petr der aussichtsreichste und wohl auch umstrittenste Kandidat. 65 Der Frage nach dem möglichen Beziehungsgeflecht zwi-

63 Weitere hieraus gezogene Rückschlüsse auf die mögliche Verfasserschaft des Jak, wie Konradt, Jakobusbrief als Brief des Jakobus, 19, sie zieht, erscheinen mir nicht haltbar, da trotz der inhaltlichen Nähe der Schriften keine zeitliche Nähe gegeben sein muss: Die Autoren beider Schriften können auch zeitversetzt auf Traditionsmaterial zurückgegriffen haben. 64 Diese beiden Positionen vertritt Konradt, Jakobusbrief als Brief des Jakobus, 30–42; 53, mit Nachdruck. Gerade was die Datierung anbelangt, ist weiterhin Vorsicht geboten, da immer noch die Möglichkeit im Raum steht, dass beide Verfasser deutlich zeitlich versetzt auf gleiches Traditionsgut zugegriffen haben. Das Argument, dass Jak Mt nicht kennt, ist innerhalb neutestamentlicher Forschung weiterhin umstritten. Dennoch kann für 1 Petr und Jak Antiochien als Traditionsknotenpunkt angenommen werden. In diesem Zuge müssen auch die Aussagen von Konradt, Jakobusbrief als Brief des Jakobus, 42–53, über die Autorfiktion des Jak als unsicher und vage eingestuft werden. 65 So geht jüngst gerade Frey, Brief des Judas, 12–13, wie schon in Frey, Judasbrief zwischen Judentum und Hellenismus, 210, wieder davon aus, dass der Autor des Jud den Jak kennt und bewusst darauf anspielt. Ebenso tun dies Charles, Literary Strategy, besonders 65–90; Brosend, James; Rowston, Neglected Book, 556–557; Gielen, Judasbrief, 563; Broer, Einleitung, 643. Allison, James, 17–18, und Schnelle, Einleitung, 454, hingegen halten sich in ihrem Urteil eher bedeckt. Anders ist es beispielsweise im Fall der möglichen Beziehungen zwischen Jud und 2 Petr. Hier herrscht Übereinstimmung über die literarische Verwandtschaft, was auch Grünstäudl, Petrus Alexandrinus, 20, nochmals aktualisiert und präzisiert.

Judasbrief

31

schen Jak und Jud bin ich bereits in einem gemeinsamen Aufsatzprojekt mit Wolfgang Grünstäudl eingehend nachgegangen. 66 Gerade weil auch am Ende dieser Untersuchung aufgrund fehlender Signale und Informationen kein klares Ergebnis steht, erscheint es hier legitim, die wichtigsten Punkte exemplarisch herauszugreifen und an einigen Stellen Aktualisierungen vorzunehmen, zu denen Jörg Frey mit seinen neuen Einwürfen animiert. 67 Ähnlich wie in der Frage nach möglichen Verbindungen zwischen 1 Petr und Jak liegt auch bei Jak und Jud der Knackpunkt nicht auf semantischen oder motivischen Übereinstimmungen, sondern am Briefeingang der Schrift, was auch bei Frey deutlich wird. 68 In der Inscriptio des Jud Ιούδας Ἰησοῦ Χριστοῦ δοῦλος, ἀδελφὸς δὲ Ἰακώβου (1, 1) wird zunächst ein Bezug zum Herrenbruder Jakobus hergestellt, womit der Autor womöglich an dessen Autorität anknüpfen möchte. Damit steht Jud in Abhängigkeit zu Jakobus, aber nicht zwingend zum Jak, wie Frey vorschlägt, der mit der Selbstvorstellung als „Bruder des Jakobus“ eine bestimmte Traditionsbindung sieht, die sich primär sogar nicht auf die Person des Herrenbruders, sondern auf die ihm zugeschriebene Schrift bezieht. Eine genauere Erklärung für diesen interessanten Gedanken kann Frey, wohl auch aufgrund fehlender zusätzlicher Quellen, jedoch nicht liefern. 69 Betrachtet man allerdings das Gesamt dieser Untersuchung, kann nicht davon die Rede sein, dass dem Jak, gerade in der Zeit der Abfassung des Jud, 70 (groß-) kirchliche Autorität zugekommen wäre. 71 So muss doch eher eine Bezugnahme auf die Figur des Jakobus angenommen werden als auf eine ihm zugeordnete Schrift. Damit lässt sich auf diesem Weg eine literarische Abhängigkeit nicht plausibilisieren. Das Präskript bietet allerdings noch weitere Vergleichspunkte: So ist der Adressatenkreis bei Jak 1, 1 und Jud 1, 1 durch die allgemeine Adressierung verschränkt, was einen Unterschied zu den den Protopaulinen und auch zu 1 Petr darstellt. Jedoch begegnet in der Adscriptio des Jud (τοῖς ἐν θεῷ πατρὶ ἠγαπημένοις καὶ Ἰησοῦ Χριστῷ τετηρημένοις κλητοῖς) weder die Zwölf-Stämme-Metaphorik noch der Diaspora-Verweis aus der Adresse in Jak 1, 1 (ταῖς δώδεκα φυλαῖς ταῖς ἐν τῇ διασπορᾷ). Die Adressatenkreise in Jak und Jud

66 Siehe hierzu ausführlich den Beitrag von Bemmerl/Grünstäudl, Wahlverwandtschaften, 5–22, der als Diskussion mit den Ansätzen von Charles, Literary Strategy, besonders 65– 90, betrachtet werden kann. 67 Siehe hierzu besonders Frey, Brief des Judas, 12–13; 26–27. 68 Auch Frey, Brief des Judas, 12–13, legt hierauf das Hauptaugenmerk seiner Argumentation, was sinnvoll erscheint. 69 Siehe hierzu Frey, Brief des Judas, 12; 26. 70 Mit Frey, Brief des Judas, 26, ist Jud auf die Zeitspanne von 100–120 zu datieren. 71 Hiefür spricht das große Schweigen sämtlicher frühchristlicher Quellen um den Jak bis Origenes.

32

Spuren der Rezeption im Neuen Testament?

lassen sich somit geographisch 72 nicht näher bestimmen. 73 Es bleibt deshalb festzuhalten, dass die Autoren beider Briefe mit der Inscriptio unterschiedliche Ziele verfolgen und dies auch auf sehr unterschiedliche Weise umsetzen. Außerdem bezeichnet sich der Autor des Jud wie auch der des Jak als Ἰησοῦ Χριστοῦ δοῦλος (Jak 1, 1; Jud 1). Die zu verzeichnende Besonderheit dieser Übereinstimmung liegt dabei nicht direkt in dem Syntagma an sich, 74 sondern in der Voranstellung des Genitivattributs gegenüber dem es regierenden Nomen. Dem stehen allerdings auch Beispiele wie 1 Petr 2, 16 ([ὡς] θεοῦ δοῦλοι [sc. die Adressaten]), Hirt des Hermas sim. 9, 15, 3 (τοῦ θεοῦ δοῦλος [sc. ein Christ]; ferner 2 Clem 20, 1 [τοὺς τοῦ θεοῦ δούλους]) und Gal 1, 10 (Χριστοῦ δοῦλος) gegenüber. Dennoch legt der Gedanke, dass hier absichtlich ein Verwandtschaftsverhältnis zum Herrenbruder Jakobus geschaffen wurde, zusammen mit den sich ähnelnden Inscriptiones die Möglichkeit von literarischen Beziehungen zwischen den beiden Schriften nahe. 75 Weiterhin mag die Rede von den Irrlehrern als ψυχικοί in Jud 19 zwar an Jak 3, 15 erinnern, kann aber nicht von einer literarischen Abhängigkeit überzeugen. Die im Neuen Testament nur mehr in 1 Kor 2, 14; 15, 44–46 begegnende Vokabel ψυχικός kommt bei Jak und Jud unterschiedlich zum Einsatz. So dient sie in Jak 3, 15 neben ἐπίγειος und δαιμονιώδης als Charakterisierung jener σοφία, die nicht „von oben“ stammt. In Jud 19 hingegen ist der Begriff in Opposition zu πνεῦμα/πνευματικός zu sehen und wird damit anders benutzt als bei Jak. Als verbindendes Element zwischen beiden Schriften ist auch ψυχικός nicht ausreichend. 76 Das Gleiche gilt für den Umstand, dass beide Schreiben eine paränetische Schlussmahnung (Jak 5, 20 | Jud 22–23), 77 eine Serie von Beispielen (Jak 2, 1–4 | Jud 5–11), Ermahnungen (Jak 4, 12–5, 18 | Jud 12–23) und hymnisches Material enthalten (Jak 3, 13–18 | Jud 24–25) 78 sowie ohne tatsächlichen Schluss auskommen. 72 Mit Konradt, Jakobus, 586, ist ἐν τῇ διασπορᾷ vor allem als „theologische Ortsbestimmung“ zu betrachten. 73 Dies ist ausführlich dargestellt bei Bemmerl/Grünstäudl, Wahlverwandtschaften, 10– 11. 74 Als weitere Beispiele hierfür sind zu nennen: Röm 1, 1; Phil 1, 1; Kol 4, 12; Tit 1, 1; 2 Petr 1, 1. 75 Entgegen Brown, Introduction, 759. Ergänzend hierzu ebenfalls Bemmerl/Grünstäudl, Wahlverwandtschaften, 18–21. 76 Die Debatte ist eingehend geführt bei Bemmerl/Grünstäudl, Wahlverwandtschaften, 16–18. 77 Der Grund hierfür muss nicht zwingend in einer literarischen Abhängigkeit liegen, wie Bemmerl/Grünstäudl, Wahlverwandtschaften, 11, aufzeigen, sondern kann schlichtweg auch der Tatsache geschuldet sein, dass beide Schriften zu einem großen Teil paränetisch geprägt sind. 78 Auch diese Merkmale treffen auf viele christliche Schriften zu. Genaueres hierzu bei Bemmerl/Grünstäudl, Wahlverwandtschaften, 9–14. Dies erlaubt nicht den Schluss auf eine gemeinsame literarische Schule, wie besonders Charles, Strategy, 74, annimmt.

Judasbrief

33

Trotz der neuen Einwürfe von Frey kann auch heute keine verlässliche Antwort auf die Frage nach dem Verhältnis zwischen Jud und Jak gegeben werden. Deutlichster, aber letztendlich nicht überzeugender Hinweis auf eine traditionsgeschichtliche Verwandtschaft und literarische Abhängigkeit ist in der Verfasserzuschreibung „Herrenbruder“ und der Nennung von „Jakobus“ in der Inscriptio des Jud zu sehen. Als Hauptgrund gegen eine direkte literarische Abhängigkeit können Unterschiede im Detail genannt werden und fehlende weitere aussagekräftige Übereinstimmungen. Die aufgezeigte Unsicherheit der Übereinstimmungen in den Präskripten, gepaart mit schwachen weiteren Parallelen, verwehrt weiterhin den Schluss auf ein literarisches Abhängigkeitsverhältnis, lässt ein solches aber dennoch möglich erscheinen (Kategorie C).

3. 1. Clemensbrief Während lange Zeit eine literarische Verwandtschaft zwischen dem Jak und dem 1 Clem 1 angenommen wurde, gehen die Meinungen darüber heute auseinander. Eine Entscheidung über das tatsächliche Verhältnis beider Schriften ist heute schwerer denn je. 2 An dieser Stelle sei bemerkt: Sämtliche Textpassagen aus 1 Clem, die für einen Vergleich mit dem Jak infrage kommen, beinhalten so wenig wörtliche Übereinstimmungen, dass sie allesamt durch das methodische Raster dieser Studie fallen. 3 Die wenigen Texte, die wörtliche Übereinstimmungen bieten, werden in anderen Kapiteln dieser Untersuchung aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet, da es sich hier immer um Verse und Inhalte handelt, die auch bei anderen Autoren und Texten, wie Irenäus von Lyon, Clemens von Alexandrien oder dem Hirt des Hermas, Ähnlichkeiten zu Jak aufweisen. Dies lässt sehr stark vermuten, dass die Erklärung für die Über1 Einleitungsfragen zu 1 Clem beantwortet zuverlässig Lona, Clemensbrief, 13–110. Mit Lona lässt sich die Entstehungszeit auf das letzte Jahrzehnt des ersten Jahrhunderts (77) eingrenzen und eine Abfassung in Rom (66) als wahrscheinlich annehmen. Siehe ergänzend hierzu auch Hofmann, Clemens von Rom, 154–155; Clayton, Apostolic Fathers, 15–19. 2 Dem stimmt schon Meyer, Rätsel, 668–69, zu, der in seinen eigenen Ausführungen dazu ein besonderes Augenmerk auf den Stil des Clemens legt und dabei den enorm starken alttestamentlichen Einfluss bei Clemens hervorhebt, was schon vor einer konkreten Untersuchung möglicher Parallelstellen mit Jak zeigt, dass in beiden Fällen eine ähnliche Schwerpunktsetzung vorliegt und sich womöglich vermeintliche Übereinstimmungen auch hierüber erklären lassen werden. Die Forschungslandschaft hierzu spaltet sich derzeit wie folgt auf: Während Lona, Clemensbrief, 57, sämtliche Übereinstimmungen zwischen den beiden Schriften für den Schluss auf eine literarische Abhängigkeit als zu vage betrachtet und auch Allison, James, 17, eine literarische Abhängigkeit trotz mannigfaltiger Verbindungen zwischen den Schriften für unwahrscheinlich hält, bewertet Young, Relation, 345, diese positiv und schließen Hagner, Use, 255–256; Johnson, James, 72–75; Johnson, Brother, 39; 52–56; 91–96, und Mußner, Jakobusbrief, 35–36, auf eine Rezeption des Jak in 1 Clem. Dabei kann das Hauptargument von Mußner, die Berührungen in der Thematik seien so häufig, dass irgendeine Abhängigkeit des 1 Clem von Jak angenommen werden müsse, nicht überzeugen. Die Möglichkeit einer umgekehrten Rezeptionsrichtung bleibt hierbei völlig unberücksichtigt. Allerdings liefert Mußner am Ende seiner Beobachtungen selbst noch ein Argument, das hier in diesem Kontext gegen eine literarische Abhängigkeit und für einen gemeinsamen traditionsgeschichtlichen Hintergrund spricht, wenn er plausibel macht, dass sich beide Schriften in den Aussagen zur Rechtfertigung deutlich unterscheiden und zumindest hier keine Abhängigkeit angenommen werden kann. 3 Grundlage hierfür kann die Übersicht von Mußner, Jakobusbrief, 35–36, bilden. Ähnlich argumentiert Lona, Clemensbrief, 56, der sich dafür ausspricht, dass beide Werke die christliche Aufnahme hellenistisch-jüdischer paränetischer Überlieferung bezeugen. Außerdem macht Lona klar, dass die möglichen Verbindungen zu anderen Schriften wie dem 1 Petr stärker sind als zum Jak. Auch Johnson, Brother, 52–53, kommt zu dieser Einschätzung.

1. Clemensbrief

35

einstimmungen nicht in literarischen Abhängigkeiten zu suchen ist, sondern in ähnlichem Traditionsgut, das zeitlich und wohl auch geographisch unabhängig voneinander von den einzelnen Verfassern in die jeweiligen Schriften aufgenommen wurde. Dieses Bild kann bestätigt werden, betrachtet man 1 Clem und Jak nochmals isoliert von allen anderen Texten und stellt deren Inhalte den thematischen Schwerpunken gegenüber: Jak

1 Clem

Thema

2, 21–24

31, 2

Abrahham

2, 25

12, 8

Rahab

3, 13

38, 2

Weisheit

3, 14–4, 2

6, 1–4

Eifersucht und Streit

4, 6

30, 2

Hochmut und Demut

5, 10 f.

5, 1–5

Leidensgeduld

5, 13–20

59, 4

Krankenheilung

5, 20

49, 5

Verhüllung von Sünde 4

Zunächst spricht diese Gegenüberstellung für ähnliche Interessen der Verfasser beider Schriften. Blickt man ins Detail, zeigt sich, dass diese jeweils anders umgesetzt werden und beinahe alle Inhalte einen jüdischen oder frühchristlichen Hintergrund haben. Keine der Übereinstimmungen ist so speziell, dass sie neben 1 Clem nur noch im Jak begegnen würde. 5 Dabei kann das Argument, die Fülle dieser Übereinstimmungen führe zu einem Schluss auf literarische Abhängigkeit, nicht überzeugen. 6 So endet auch dieser Vergleich mit der These, dass beide Autoren gemeinsames Traditionsgut verwenden. Summa Summarum lässt sich folgern, dass die Ähnlichkeiten zwischen Jak und 1 Clem sich am besten, wie wohl auch bei 1 Petr, mit einem unabhängigen Rückgriff auf gemeinsames Traditionsgut erklären lassen. Dabei wird in beiden Fällen hellenistisch-jüdische paränetische Überlieferung in einem christlichen Kontext aufgenommen. Für den Schluss auf literarische Abhängigkeiten sind die Überschneidungen in sprachlicher wie inhaltlicher Sicht zu vage und unpräzise. 7 Eine literarische Abhängigkeit lässt sich deshalb aber nicht per se ausschließen und bleibt möglich (Kategorie C).

4 Diese Gegenüberstellung basiert auf der Auswertung von Mußner, Jakobusbrief, 35–36. Es wurden lediglich von Mußner sehr wohlwollend als Überschneidungen angesehene Passagen ausgeklammert. 5 Dies übergeht Johnson, Brother, 55–56, zu Gunsten des Schlusses auf eine literarische Verwandtschaft beider Schriften. 6 Wie etwa bei Mußner, Jakobusbrief, 36. 7 Dem folgt auch Lona, Clemensbrief, 57.

4. Hirt des Hermas „Der Hirt des Hermas ist ein merkwürdiges Buch. Wäre es verlorengegangen, kein Mensch käme darauf, mit einer solchen Schrift im Frühchristentum der Stadt Rom um die erste Jahrhundertwende zu rechnen.“ 1

So sehr diese Einschätzung von Norbert Brox auch zutreffen mag, genoss der Hirt des Hermas, auch Pastor Hermae genannt, 2 vom Zeitpunkt seiner Veröffentlichung wohl um 140 3 in Rom 4 an dennoch durchweg ein ausgesprochen hohes Ansehen und in den ersten Jahrhunderten in vielen Gemeinden eine Autorität, die vergleichbar ist mit Schriften, die heute Teil des neutestamentlichen Kanons sind. 5 Dieses Interesse mag auch der Brisanz des Inhalts geschulBrox, Hirt, 5. Die immer noch ausführlichste und – bis auf wenige Ausnahmen, die neueren Erkenntnissen geschuldet sind – am besten recherchierte Einleitung zum Hirt des Hermas findet sich bei Brox, Hirt, 13–74. Für einen guten Überblick eignen sich zudem: Hellholm, Hirt; Leutzsch, Hirt, 117–144. Die wohl aktuellste Studie zum Hirt des Hermas, die u. a. auch die Einleitungsfragen aus einem neuen Blickwinkel betrachtet und damit den gegenwärtigen Diskurs am besten widerspiegelt, ist Grundeken, Community, besonders 2–31. Grundeken vermag es in einer sehr klaren Sprache die Positiva und Negativa der einzelnen Argumente darzulegen. Eine knappe Darstellung der Thematik bietet auch Vielhauer, Hirt, 537–547. 3 Grundsätzlich zeichnet sich für die Datierung des Hirten ein breites Spektrum ab, das von der zweiten Hälfte des ersten Jahrhunderts bis zur zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderts reicht. Wichtige Marker sind zu setzen bei Irenäus, der den Brief um 180 zitiert, bei Origenes, der Hermas mit dem Hermas aus Röm 16, 14 identifiziert (ca. 58), bei der Bemerkung im Fragmentum Muratori, der Hirt des Hermas sei in der Amtszeit von Papst Pius (ca. 140–155) geschrieben worden und bei der Beobachtung, dass nichts dafür spricht, dass die Apostel noch leben, dass Presbyter die Gemeinde leiten und von Episkopen im Plural gesprochen wird. Ausschlaggebend für diese Datierung hat sich der Verweis auf Clemens von Rom, der als Autor des 1 Clem gilt, in vis. 2, 4,3 erwiesen. Demnach könnte der erste Teil des Pastor Hermae, das Visionenbuch, in der Abfassungszeit des 1 Clem, die auf das letzte Jahrzehnt des ersten Jahrhunderts (Lona, Clemensbrief, 13–110) datiert wird, entstanden sein. Somit müsste der Gesamttext um 140 publiziert worden sein. Diese Überlegungen sind grundgelegt bei Brox, Hirt, 25; Brox, Hermas (LACL), 320; Vielhauer, Apokalyptik, 453–454; Nienhuis, Paul, 119; am schlüssigsten bei: Hellholm, Hirt, 249–250; Leutzsch, Hirt, 137; Grundeken, Community, 12–14; Osiek, Rich, 10–12, welche die Endredaktion des Pastor Hermae in die Mitte des zweiten Jahrhunderts datieren. 4 Trotz der guten östlichen Bezeugung des Hirt des Hermas geht die Mehrzahl der Autoren von Rom als Abfassungsort aus. Siehe hierzu die unterschiedlichen Ansätze bei: Peterson, Frühkirche, 274 f., 282–284; Brox, Hirt, 22–23, folgen Leutzsch, Hermas, 135, und Hellholm, Hirt, 249. 5 Zum Wert und zur Autorität des Pastor Hermae siehe ausführlich und aktuell die Beiträge Nicklas, Apokalypsen, 106–108, der darin die Positionierung einzelner wichtiger frühchristlicehr Gestalten zum Hirten an verschiedenen Orten darlegt. Gerade am Beipsiel von Athana1 2

Hirt des Hermas

37

det sein: Dreh- und Angelpunkt des Hirten ist die Frage nach der Möglichkeit der Rekonziliation postbaptismaler Sünden. Dabei positioniert sich Hermas in der Mitte: Gegen die Rigoristen räumt er die Möglichkeit einer Buße für Sünden nach der Taufe ein, grenzt sich aber zur geltenden Praxis insofern ab, als dass er diese Möglichkeit nur ein einziges Mal als gegeben sieht. 6 Für die Suche nach frühen Spuren des Jak ergibt sich daraus ein sehr wichtiger Marker: 7 Hat sius von Alexandrien kann Nicklas zeigen, dass der Hirt des Hermas hier einerseits nicht als „kanonische“ Schrift zählte, andererseits aber von den Vätern als Lektüre für Katecheten bestimmt war, was wiederum für dessen Ansehen und Nutzen im Frühen Christentum spricht. Ebenso: Brox, Hermas (LACL), 320; Pfleiderer, Urchristentum, 541; Sand, Muratori, 139. Eine ausführliche Auseinandersetzung mit der Kanonfrage bietet: Brox, Hirt, 55–71. Differenziert betrachtet ist dies bei Malcolm/Yuen–Collingridge, Egyptian Hermas, 192: „Yet, by early Christian writers, such as Irenaeus, Clement of Alexandria, and Didymus the Blind, Hermas is used as if he had the authority of scripture. All cite Hermas in this way; to others, such as Origen and Athanasius, it was at least useful. The volume of attests to the work’s popularity, which is something that the manuscript record reflects.“ Ein Argument für den hohen Stellenwert des Pastor Hermae sehen Malcolm/Yuen–Collingridge, Egyptian Hermas, 197, darin, dass er in Sammlungen christlicher Texte, wie etwa einem koptischen Codex, neben biblischen Büchern wie Ex und Lk mit inbegriffen war. Ein noch bekannteres Beispiel hierfür dürfte die Erwähnung des Pastor Hermae im Fragmentum Muratori neben Lk und Joh, 13 Paulusbriefen, drei katholischen Briefen, der Offenbarung des Johannes und des Petrus sowie einer Reihe von als häretisch zurückgewiesenen Schriften sein. Auffallend im Blick auf den Jak ist, dass dieser hier nicht erwähnt wird. Näheres zum Muratorischen Fragment bietet Verheyden, Canon Muratori, 487–556, besonders 490; 528–530, und Niebuhr, Canon Muratori, 557–584. Auch wenn der Hirt des Hermas in seiner Popularität teilweise gleichauf war mit Schriften, die später den Kanon des Neuen Testaments bildeten, sieht Heide, Labilität, 82. 87, einen Unterschied zu dieser Kategorie von Texten darin, dass dem Kopieren des Textes wohl keine so große Aufmerksamkeit geschenkt wurde wie den heutigen kanonischen Schriften. Dies hat für Heide womöglich darin seinen Grund, dass der Hirt des Hermas rein für den privaten Gebrauch bestimmt gewesen sei. Er vergleicht hierbei die Überlieferungsstabilität des Pastor Hermae mit derjenigen von neutestamentlichen Handschriften, die von weniger sorgfältigen Schreibern stammen. Deshalb lässt sich zur Problematik der unterschiedlichen Textvarianten des Pastor Hermae erklärend der Gedanke hinzufügen, dass die verschiedenen Versionen durch die Vielzahl an zirkulierenden Exemplaren des Pastor Hermae, die sich auf dessen Popularität zurückführen lassen, erklärbar sind. Dabei ist klar, je mehr Kopien von einem Schreiben existieren, desto mehr Varianten gibt es. 6 Jedoch bleibt offen, von wem Hermas die Legitimation für einen solch schwerwiegenden Eingriff in die Bußdisziplin der Gemeinde in Rom erhält. Am ehesten ist Hermas als Visionär zu betrachten. Vgl. hierzu, Brox, Hermas (LACL), 320; Brox, Gleichnisse, 263, der in diesem Beitrag die im Hirten des Hermas enthaltenen Gleichnisse und deren Themen in den Blick nimmt. Weiter zählt zu den theologischen Charakteristika des Pastor Hermae eine eigentümliche Christologie und Pneumatologie: Das Fehlen der Begriffe ‚Jesus‘, ‚Christus‘ und ‚Logos‘ deutet darauf hin. Dezidierte Aussagen zur Christologie des Pastor Hermae bietet Hellholm, Hirt, 239–241. 7 Auch generell steht der Hirt des Hermas seit jeher im Fokus des Forschungsinteresses, wenn es um die Frage nach möglichen literarischen Beziehungen zu frühchristlichen Texten geht. Eine hervorragende und nüchterne Studie zur forschungsgeschichtlichen Situation der Schriftbenutzung im Hirt des Hermas bietet Verheyden, Shepherd, 293–329. In seinem Fazit betrachtet Verheyden alle bisherigen Hypothesen, die auf einer literarischen Abhängigkeit des Pastor Hermae zu neutestamentlichen Schriften basieren, als defizitär. Viele Autoren hätten in

38

Hirt des Hermas

der Pastor Hermae den Jak verwendet, ist dies als früher Beleg für die Existenz des Jak im lateinischen Westen zu werten. Erschwert wird eine Antwort hierauf allerdings durch den Umstand, dass der Hirt des Hermas kein einziges eindeutiges Zitat aus Altem und Neuem Testament bietet, ebensowenig aus dem Bereich jüdischer und paganer Literatur. Eine Ausnahme stellt die verlorene Apokalypse Eldad und Modad dar, die der Autor des Hermas in vis. 2, 3,4 zitiert. 8 Diese Gegebenheit ist wohl zu einem großen Teil auch auf das apokalyptische Gewand des Pastor Hermae, das mit allegorischen Elementen verzweckt ist, zurückzuführen. 9 Dies spricht dafür, dass der Autor auch aufgrund der Natur seines Textes kein großes Interesse daran gehabt haben muss, Zitate als solche zu markieren. 10 Aber auch die Suche nach Anspielungen oder Echos ist nicht einfach. Viele Exegeten sehen sich dadurch zur Kapitulation oder zu einem sehr verhaltenen Urteil veranlasst, was etwaige Reminszenzen aus anderen Schriften anbelangt. 11 Dennoch erscheint dieser Frage auch deshalb kapituliert, weil sich keine der offensichtlich vorhandenen Parallelen der beiden Texte allein durch literarische Abhängigkeit des ersten vom zweiten Text erklären hätte lassen. Einer der Gründe dafür ist wohl, wie auch Osiek, Shepherd, 6–7, bemerkt, die Tatsache, dass der Hirt des Hermas eine teilweise Einschränkung seiner autoritativen Gestalt im Muratorischen Fragement erfahren hat, in dem der autoritative Wert des Schreibens einerseits infrage gestellt und andererseits eine Empfehlung zur privaten Lektüre ausgesprochen wird, die sich ebenfalls bei Eusebius, Hieronymus und Athanasius wiederfindet. 8 Vgl. Hellholm, Hermas, 241; Metzger, Canon, 67; Westcott, Survey, 197–198; Leipoldt, Geschichte, 188; Brox, Hirt, 49; Joly, Hermas, 47. Dies unterstrich bereits 1905 auch ein Komitee der Oxford Society of Historical Theology, das besonders Texte der Apostolischen Väter in den Blick genommen hat: New Testament, 103. Dem Komitee zufolge sei die teils starke Abwandlung neutestamentlicher Texte Stil und Intention des Verfassers geschuldet. Leider mangelt es dieser Untersuchung an konkreten Beispielen. Weiterführend hierzu auch Spitta, Geschichte, 383–384. Wie Siegert, Einleitung, 296, zeigt, ist in vis. 2, 3,4 die verlässlichste Information über Eldad und Modad zu sehen. Dem folgt Bauckham, Eldad, 244–256, der seine Argumentation hierauf aufbaut und davon ausgeht, dass es sich hier um einen vorchristlichen Text jüdischen Ursprungs handelt. 9 So wird auch die Frage nach dem Genre des Pastor Hermae vielfach diskutiert, wie die Untersuchungen von Vielhauer, Apokalyptik, 447; Joly, Pasteur, 11; Hellholm, Hirt, 244; Osiek, Shepherd, 11–12; Leutzsch, Hermas, 129; Collins, Introduction, 9, und Brox, Hirt, 34–37; 320, belegen. Für die Bedürfnisse dieser Untersuchung erscheint es ausreichend festzuhalten, dass im Pastor Hermae verschiedene Gattungen begegnen und teilweise miteinander vermischt sind. Gerade die Sichtweise von Brox, Hirt, 38–41, beim Hirt des Hermas handle es sich um ein Allegorienbuch, weil die meisten Texte allegorisch verschränkt seien und sich im gesamten Korpus ganze Kollektionen von Allegorien finden, ist hier als interessant zu betrachten und spricht weiter für die Komplexität der Schrift. Grundsätzlich vgl. hierzu auch Collins, Apokalypses, 61–121. 10 Daraus lässt sich aber nicht leichter folgern, dass der Autor des Pastor Hermae aus bestimmten Schriften zitiert, dies nur nicht explizit ausdrücken will, wie Johnson, Brother, 96 in Zusammenhang mit einer ähnlichen Argumentation schließt. 11 Dies stellt Brox, Hirt, 49, pointiert dar, wenn er schreibt: „Die Überschneidungen beruhen auf gemeinsamer Überlieferung; es gibt Spuren einer Kenntnis urchristlicher Schriften im Hirt des Hermas, aber in keinem Fall reichen sie zur Gewißheit, daß H diese Schriften tatsächlich benutzt hat. Sämtliche Anklänge an urchristliche Schriften erklären sich aus gemein-

Hirt des Hermas

39

eine Untersuchung möglicher literarischer Schnittpunkte mit dem Jak lohnend. Denn schon immer sehen Exegeten die größten Übereinstimmungen des Pastor Hermae mit einer Schrift aus dem Neuen Testament beim Jak gegeben. 12 Für eine Untersuchung stehen folgende Texte zur Diskussion: 13 Nr.

Jak

Hirt des Hermas

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15.

1, 5–8 1, 5

mand. 9 mand. 2, 4 sim. 5, 4,3 vis. 2, 2,7 mand. 9, 11 mand. 11, 5 sim. 6, 1,1 mand. 2, 7 mand. 8, 10 sim. 1, 8 sim. 8, 6,4 mand. 1, 1 mand. 2, 3 mand. 9, 11 mand. 11, 5–6

1, 12 1, 17 1, 21/2, 14 1, 27

2, 7 2, 19 3, 8 3, 15

samem Gedankengut bzw. aus tradiertem Formelgut.“ Während Brox im ersten Teil seiner These zuzustimmen ist, bleibt noch zu erklären, ob, wie auch Mußner glaubt, paränetisches Formelgut der Grund für die festgestellte Nähe ist. Vgl. hierzu Mußner, Jakobsbrief, 38; Popkes, Jakobus, 40–42; Osiek, Shepherd, 26. Eine etwas positivere Sicht darauf liefern Massaux, Influence, 310–326, und etwas konkreter Verheyden, Shepherd, 293–329. Kritik an der positiven Einschätzung von Massaux liefert: Joly, Pasteur, 414–415. Berührungen zu den synoptischen Evangelien erklärt Helmut Köster mit einer starken, dem Hirt des Hermas zugrundeliegenden jüdischen Tradition, die besonders im Bereich der Parabel durchscheint. Vgl. hierzu Köster, Synoptische Überlieferung, 242–256. Diese Meinung ist geteilt in ähnlicher Weise bei Joly, Pasteur, 53–54. Dieser macht jedoch explizit auf die christliche Prägung jüdischer Merkmale aufmerksam. 12 Vgl. Brox, Hirt, 45–48; Massaux, Influence, 310; Dibelius, Brief des Jakobus, 30–31; Joly, Hermas, 47; Osiek, Shepherd, 26; 132, Spitta, Geschichte, 382; Baumgärtner, Einheit, 83. Deshalb konzentrieren sich die meisten Autoren auch auf die möglichen Spuren des Jak im Pastor Hermae: Popkes, Jakobus, 40–42; Committee, New Testament, 108–113. Dem steht das Urteil von Verheyden gegenüber. Seiner Meinung nach sei eine Übereinstimmung mit dem Hirten des Hermas am plausibelsten zu machen bei Mt und 1 Kor. Vgl. hierzu Verheyden, Shepherd, 329. 13 Die Zusammenstellung beruht auf einer Recherche in der Biblia Patristica und weitgehend auf Popkes, Jakobus, 40–41; Brox, Hirt, 46–47; Allison, James, 20–22, der sich hier wohl aber ohnehin bekannter Auflistungen bedient. Diese Stellen sind farblich hervorgehoben. Es fällt auf, dass die Biblia Patristica nur drei mögliche Schnittpunkte auflistet. Tatsächlich handelt es sich hierbei auch um die aussichtsreichsten hinsichtlich einer Entscheidung darüber, ob der Jak im Pastor Hermae vorkommt. Deshalb soll sich auch diese Studie weitgehend darauf beschränken. Alle anderen Textbeispiele werden im Anschluss summarisch abgehandelt. Zudem wird hier aufgrund der Besonderheit der Verhältnisbestimmung zwischen Jak und dem Hirten des Hermas auf eine Kategorisierung jeder einzelnen Textstelle verzichtet.

40

Hirt des Hermas

Nr.

Jak

Hirt des Hermas

16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29.

3, 18 4, 3

sim. 9, 19, 2 mand. 9, 4 sim. 5, 4,3 mand. 3, 1 sim. 5, 6,5 mand. 12, 2,4 mand. 12, 5,2 mand. 2, 2 mand. 12, 6,3 sim. 9, 23, 4 vis. 3, 9,6 mand. 4, 3,5 sim. 5, 4,4 sim. 5, 7,4

4, 5 4, 7 4, 11 4, 12 5, 4 5, 11 ––-

Wie bei allen anderen diskutierten Texten herrscht jedoch gerade auch hier große Unentschlossenheit im Hinblick auf die Frage nach der Qualität der Verbindungen. 14 So begründet auch im Fall des Jak das Gros der Exegeten die Nähe zum Hirt des Hermas traditionsgeschichtlich und spricht sich deutlich gegen eine literarische Verwandtschaft der beiden Schriften 15 bzw. gegen eine verlorene gemeinsame schriftliche Quelle aus. 16 Demgegenüber findet sich die Meinung einiger weniger, die von einer direkten literarischen Abhängigkeit der 14 So trifft das Urteil von Oscar J. F. Seitz, „The relationship of ‚The Shepherd‘ of Hermas to the Epistle of James is still one of the unsolved problems in the history of the New Testament“ (Seitz, Relationship, 131) aus dem Jahre 1944 auch heute noch ohne Einschränkungen zu. Eine Unentschlossenheit in dieser Angelegenheit scheint auch bei Leipoldt, Geschichte, 189, durch. Das Faktum, dass sich beide Schriften in Zweck und Inhalt erstaunlich nahe sind, bildet als status quo einen Konsens und stellt einen Einstiegspunkt dar. 15 So z. B. bei Popkes, Jakobus, 42; Ropes, Critical, 21; Burchard, Jakobusbrief, 16; Spitta, Geschichte, 382–390; Westcott, Survey, 197; Baumgärtner, Einheit, 83; Pfleiderer, Urchristentum, 543; Mußner, Jakobus, 37–38; Dibelius, Brief des Jakobus, 30–31; Dibelius, Hirt, 529, der besonders vehement von einer paränetischen Tradition als Grund für die Ähnlichkeiten ausgeht und dabei interessanterweise für den Fall einer Rezeption auch die Möglichkeit in Erwägung zieht, dass Jak Material aus dem Hirt des Hermas aufgreift. Ähnlich argumentiert Holtzmann, Lehrbuch, 92. Jülicher, Einleitung, 193, spricht von gleichen Grundgedanken der Schriften, stellt allerdings keine Verbindung zu paränetischen Strömungen her. Dabei erscheint äußerst interessant, dass Jülicher in der 7. Auflage seiner Einleitung (Jülicher/Fascher, Einleitung, 211) in einem Rekurs auf A. Meyer es zumindest für wahrscheinlich hält, dass der Autor des Hirt des Hermas den Jak kannte, was er aber nicht mit konkreten Beispielen belegt. Einen kurzen Überblick zu den einzelnen Ansätzen bietet Hellholm, Hirt, 242. 16 Allison, James, 20, steht wie Seitz, Relationship, 133; Seitz, Antecedents, 212. 215 einer literarischen Abhängigkeit eher ablehnend gegenüber und sieht in der verlorenen Apokalypse Eldad und Modad, die beide Texte unabhängig voneinander benutzt haben sollen, den Grund für die Ähnlichkeiten zwischen Jak und dem Hirt des Hermas. Dennoch bleibt er in seinem Endurteil eher zurückhaltend, genauso wie Laws, Epistle, 25.

Werk und Überlieferungssituation

41

beiden Schriften sprechen. Sehr pointiert erscheint das Urteil des Herausgebers der Katene zu den Katholischen Briefen, der mand. 9 als „älteste[n] Kommentar“ zu Jak 1, 6–8 betrachtet. 17 Bis dato war es also neutestamentlicher Forschung nicht möglich, eine einhellige Antwort hierauf zu geben und so ist der Hirt des Hermas weiterhin von einem Schleier des Ungewissen umgeben. 18

4.1 Werk und Überlieferungssituation Die Textüberlieferung des Pastor Hermae gilt als äußerst komplex: Obwohl die Schrift seit ihrer Entstehung im zweiten Jahrhundert bis weit in das Mittelalter hinein kontinuierlich bekannt war, war der griechische Text bis 1855, als er in einer Athos-Handschrift des fünfzehnten Jahrhunderts (= G), die jedoch nach sim. 9, 30, 2 abbricht, wieder auftauchte, verschollen. 19 Bis dahin war eine der lateinischen Übersetzungen des Pastor Hermae, die Versio Vulgata (= L1), die aber ebenfalls in mehreren Handschriften vorliegt, die einzig erhaltene Quelle des Pastor Hermae. 20 Erschwerend kommt die gestreute Bezeugung in griechischer, lateinischer, koptischer, äthiopischer, georgischer und mittelpersischer Sprache hinzu. 21 Deshalb sieht sich der Herausgeber der aktuellsten und hier verwendeten Edition, Martin Leutzsch, zu Recht dazu veranlasst, eklektisch vorzugehen. 22 Wie vieles im Hirt des Hermas, ist auch der Aufbau nicht ganz durchsichtig und man wird leicht vom Schein getrügt. Der Hirt des Hermas ist kein Buch aus drei Teilen mit fünf Visionen, zwölf Geboten und zehn Gleichnissen, wie es ein erster Blick suggeriert, sondern besteht aus zwei Teilen. Entscheidender Wende17 Vgl. Cramer, Catena, 4. Hierauf bezieht sich auch Zahn, der als Verfechter literarischer Abhängigkeit des Hirt des Hermas vom Jak gilt: Zahn, Hirt des Hermas, 396–409. Ausgangspunkt für Zahn ist der Gedanke, der Hirt sei durch eine Nachahmung neutestamentlicher Schriften entstanden. Vgl. hierzu auch: Zahn, Einleitung, 97; Mayor, James, lviii–lxii; Holtzmann, Lehrbuch, 92; Weiss, Lehrbuch, 39; Dibelius, Hirt, 528–529. Äußerst positiv, aber wenig fundiert fällt das Urteil von Paul Baumgärtner aus: Baumgärtner, Einheit, 82–84. Zu dem gleichen Ergebnis kommen in neuerer Zeit: Joly, Hermas, 46–47; Johnson, James, 75– 79. Luke T. Johnson, der eine Frühdatierung des Jak wählt, stützt sich in seiner Argumentation – anders als im Vergleich mit den üblichen Untersuchungen – sehr stark auf die Motivik der Texte, jedoch zu Lasten linguistischer Beobachtungen. Diese Ansicht erläutert er nochmals deutlich in Johnson, Brother, 56–60. 18 Dies bekräftigt auch Verheyden, Shepherd, 295. 19 Vgl. Brox, Hirt, 13; Osiek, Shepherd, 1. 20 Vgl. Malcolm/Yuen-Collingridge, Egyptian Hermas, 193. Mit Leutzsch, Hirt, 120, ist auch darauf hinzuweisen, dass diese Versio Vulgata in mehr als zwanzig Handschriften vorliegt. 21 Damit befassen sich Hellholm, Hirt, 226–227; Brox, Hirt, 13–14; Osiek, Shepherd, 1– 2; Leutzsch, Hirt, 120–121; Whittaker, Hirt, IX-XX; Joly, Le Pasteur, 58–68; Heide, Labilität, 94–97; Malcolm/Yuen-Collingridge, Egyptian Hermas, 193–212. 22 Weiterführend hierzu vgl. Leutzsch, Hirt, 121.

42

Hirt des Hermas

punkt ist die große Zäsur in vis. 5. Hier greift der Autor 23 einerseits auf das Visionenbuch (vis. 1–4), das ursprünglich selbständig zirkulierte, zurück und blickt andererseits voraus auf das Hirtenbuch (mand. und sim. 1–8). 24

4.2 Verhältnisbestimmung anhand Jak 1, 5–8 und mand. 9 Etwas anders als beim Großteil dieser Studie muss in der Frage nach möglichen Spuren des Jak im Hirt des Hermas vorgegangen werden. Wie die bisherige Forschung hierzu zeigt, bestehen die größten Chancen, eine literarische Abhängigkeit zwischen beiden Texten nachzuweisen, bei Jak 1, 5–8 und mand. 9. 25 Hierauf soll auch der Fokus dieser Untersuchung gelegt werden, auch deshalb, weil die restlichen infrage kommenden Textstellen nur wenig Übereinstimmungen liefern. Diese sollen summarisch am Ende dargestellt werden. Jak 1, 5–8 und mand. 9 Jak 1, 5–8

mand. 9

5 Εἰ

1 Λέγει μοι· Ἆρον ἀπὸ σεαυτοῦ τὴν διψυχίαν καὶ μηδὲν ὅλως διψυχήσῃς αἰτήσασθαί τι παρὰ τοῦ θεοῦ, λέγων ἐν σεαυτῷ ὅτι πῶς δύναμαι αἰτήσασθαι παρὰ τοῦ κυρίου καὶ λαβεῖν ἡμαρτηκὼς τοσαῦτα εἰς αὐτόν; 2 μὴ διαλογίζου ταῦτα, ἀλλ ἐξ ὅλης τῆς καρδίας σου ἐπίστρεψον ἐπὶ τὸν κύριον, καὶ αἰτοῦ παρ’ αὐτοῦ ἀδιστάκτως, καὶ γνώσῃ τὴν πολυσπλαγχνίαν αὐτοῦ, ὅτι οὐ μή σε ἐγκαταλίπῃ, ἀλλὰ τὸ αἴτημα τῆς ψυχῆς σου πληροφορήσει.

δέ τις ὑμῶν λείπεται σοφίας, αἰτείτω παρά τοῦ διδόντος θεοῦ πᾶσιν ἁπλῶς καὶ μὴ ὀνειδίζοντος καὶ δοθήσεται αὐτῷ. 6 αἰτείτω δὲ ἐν πίστει μηδὲν διακρινόμενος· ὁ γὰρ διακρινόμενος ἔοικεν κλύδωνι θαλάσσης ἀνεμιζομένῳ καὶ ῥιπιζομένῳ. 7 μὴ γὰρ οἰέσθω ὁ ἄνθρωπος ἐκεῖνος ὅτι λήμψεταί τι παρὰ τοῦ κυρίου, 8 ἀνὴρ δίψυχος, ἀκατάστατος ἐν πάσαις ταῖς ὁδοῖς αὐτοῦ. NA 28

23 Es ist, wie Vielhauer, Apokalyptik, 447–448, aufzeigt, trotz der komplexen Komposition des Buches von einem einzigen Autor auszugehen. Vgl. hierzu auch Grundeken, Community, 21–24, der in seiner Studie ebenfalls von Hermas als gesamtes Buch ausgeht. Außerdem muss Berücksichtigung finden, dass die Person des Hermas ebenso wie dessen Familie, wie Osiek, Shepherd, 23, bemerkt, einerseits eine historische Gestalt ist und andererseits als literarische Gestalt fiktiven Charakter trägt, was historisch verlässliche Aussagen schwierig macht. 24 Hier sind sich alle Forscher im Wesentlichen einig: Brox, Hermas (LACL), 320; Brox, Hirt, 25–28; Vielhauer, Apokalyptik, 447–448; Joly, Pasteur, 12; Hellholm, Hirt, 227–228. Osiek, Shepherd, 3–4, geht zudem davon aus, dass der Text als Einheit in Ägypten und wohl auch Nordafrika erst ab dem ausgehenden zweiten Jahrhundert zirkulierte. 25 Vgl. hierzu Dibelius, Hirt, 529; Zahn, Hirt, 396; Spitta, Geschichte, 383; Committee, New Testament, 108–109; Massaux, Influence, 312; Ropes, Critical, 89–90; Baumgärtner, Einheit, 84; Allison, James, 167.

Verhältnisbestimmung anhand Jak 1,5–8 und mand. 9

Jak 1, 5–8

43

mand. 9 3 οὐκ ἔστι γὰρ ὁ θεὸς ὡς οἱ ἄνθρωποι μνησικακοῦντες, ἀλλ’ αὐτὸς ἀμνησίκακός ἐστιν καὶ σπλαγχνίζεται ἐπὶ τὴν ποίησιν αὐτοῦ. 4 σὺ οὖν καθάρισόν σου τὴν καρδίαν ἀπὸ πάντων τῶν ματαιομάτων τοῦ αἰῶνος τούτου καὶ τῶν προειρημένων σοι ῥημάτων, καὶ αἰτοῦ παρὰ τοῦ κυρίου, καὶ ἀπολήψῃ πάντα, καὶ ἀπὸ πάντων τῶν αἰτημάτων σου ἀνυστέρητος ἔσῃ, ἐὰν ἀδιστάκτως αἰτήσῃ παρὰ τοῦ κυρίου. 5 ἐὰν δὲ διστάσῃς ἐν τῇ καρδίᾳ σου, οὐδὲν οὐ μὴ λήψῃ τῶν αἰτημάτων σου. οἱ γὰρ διστάζοντες εἰς τὸν θεόν, οὗτοί εἰσιν οἱ δίψυχοι, καὶ οὐδὲν ὅλως ἐπιτυγχάνουσι τῶν αἰτημάτων αὐτῶν. 6 οἱ δὲ ὁλοτελεῖς ὄντες ἐν τῇ πίστει πάντα αἰτοῦνται πεποιθότες ἐπὶ τὸν κύριον, καὶ λαμβάνουσιν, ὅτι ἀδιστάκτως αἰτοῦνται μηδὲν διψυχοῦντες. πᾶς γὰρ δίψυχος ἀνήρ, ἐὰν μὴ μετανοήσῃ, δυσκόλως σωθήσεται. 7 καθάρισον οὖν τὴν καρδίαν σου ἀπὸ τῆς διψυχίας, ἔνδυσαι δὲ τὴν πίστιν, ὅτι ἰσχυρά ἐστι, καὶ πίστευε τῷ θεῷ, ὅτι πάντα τὰ αἰτήματά σου, ἃ αἰτεῖς, λήψῃ. καὶ ἐὰν αἰτησάμενός ποτε παρὰ τοῦ κυρίου αἴτημά τι βραδύτερον λαμβάνῃς, μὴ διψυχήσῃς, ὅτι ταχὺ οὐκ ἔλαβες τὸ αἴτημα τῆς ψυχῆς σου· πάντως γὰρ διὰ πειρασμόν τινα ἢ παράπτωμά τι, ὃ σὺ ἀγνοεῖς, βραδύτερον λαμβάνεις τὸ αἴτημά σου. 8 σὺ οὖν μὴ διαλίπῃς αἰτούμενος τὸ αἴτημα τῆς ψυχῆς σου, καὶ λήψῃ αὐτό. ἐὰν δὲ ἐκκακήσῃς καὶ διψυχήσῃς αἰτούμενος, σεαυτὸν αἰτιῶ καὶ μὴ τὸν δίδοντα σοι.

44

Hirt des Hermas

Jak 1, 5–8

mand. 9 9 βλέπε τὴν διψυχίαν ταύτην· πονηρὰ γάρ ἐστι καὶ ἀσύνετος, καὶ πολλοὺς ἐκριζοῖ ἀπὸ τῆς πίστεως, καί γε λίαν πιστοὺς καὶ ἰσχυρούς. καὶ γὰρ αὕτη ἡ διψυχία ϑυγάτηρ ἐστὶ τοῦ διαβόλου, καὶ λίαν πονηρεύεται εἰς τοὺς δούλους τοῦ ϑεοῦ. 10 καταφρόνησον οὖν τῆς διψυχίας καὶ κατακυρίευσον αὐτῆς ἐν παντὶ πράγματι, ἐνδυσάμενος τὴν πίστιν τὴν ἰσχυρὰν καὶ δυνατήν. ἡ γὰρ πίστις πάντα ἐπαγγέλλεται, πάντα τελειοῖ, ἡ δὲ διψυχία μὴ καταπιστεύουσα ἑαυτῇ πάντων ἀποτυγχάνει τῶν ἔργων αὐτῆς, ὧν πράσσει. 11 βλέπεις οὖν, φησίν, ὅτι ἡ πίστις ἄνωϑέν ἐστι παρὰ τοῦ κυρίου, καὶ ἔχει δύναμιν μεγάλην· ἡ δὲ διψυχία ἐπίγειον πνεῦμά ἐστι παρὰ τοῦ διαβόλου, δύναμιν μὴ ἔχουσα. 12 σὺ οὖν δούλευε τῇ ἐχούσῃ δύναμιν τῇ πίστει, καὶ ἀπὸ τῆς διψυχίας ἀπόσχου τῆς μὴ ἐχούσης δύναμιν, καὶ ζήσῃ τῷ ϑεῷ, καὶ πάντες ζήσονται τῷ ϑεῷ οἱ ταῦτα φρονοῦντες. SUC 3, 220, 222

Jak 1, 5–8

mand. 9

5

1 Er sagt mir: „Befreie dich von deiner Wankelmütigkeit und sei überhaupt nicht wankelmütig, von Gott etwas zu erbitten, indem du in dir sprichst: Wie kann ich vom Herrn etwas erbitten oder empfangen, da ich ihm gegenüber so in Sünde bin?“ 2 Mach dir keine Gedanken darüber, sondern wende dich aus ganzen Herzen zum Herrn und erbitte (etwas) von ihm, ohne zu zögern, und du wirst seine große Barmherzigkeit erkennen, dass er dich

Wenn aber einer von euch zurückbleibt an Weisheit, soll er (sie) erbitten von Gott, der allen einfach gibt und keine Vorwürfe macht, und sie wird ihm gegeben. 6 Er soll aber bitten im Glauben, an nichts zweifelnd; denn der Zweifelnde gleicht einem, der durch eine Meereswoge hin und hergeworfen wird. 7 Denn nicht soll meinen jener Mensch, dass er etwas empfangen wird vom Herrn, 8 ein wankelmütiger Mann, unbeständig auf allen seinen Wegen.

Verhältnisbestimmung anhand Jak 1,5–8 und mand. 9

Jak 1, 5–8

45

mand. 9 nicht im Stiche lässt, sondern die Bitte deiner Seele erfüllen wird. 3 Denn Gott ist nicht wie die Menschen, die Böses nachtragen, sondern er allein trägt selbst nichts Böses nach und wendet sich seinem Geschöpf barmherzig zu. 4 Du nun reinige dein Herz von allen Nichtigkeiten dieser Weltenzeit und von deinen Worten, die du früher gesagt hast, und erbitte (etwas) vom Herrn, und du wirst alles empfangen, und all deine Bitten werden dir erfüllt werden, wenn du ohne zu zögern (etwas) vom Herrn erbittest. 5 Wenn du aber zweifelst in deinem Herzen, wirst du nichts von dem, was du erbittest, empfangen. Denn die, die an Gott zweifeln, diese sind die Wankelmütigen, und sie erlangen überhaupt nichts von dem, worum sie gebeten haben. 6 Die aber, die in einer inneren Einheit voller Glauben sind, erbitten alles im Vertrauen auf den Herrn und empfangen es, weil sie es, ohne zu zögern, erbitten, wobei sie nicht wankelmütig sind. Denn jeder wankelmütige Mann wird, wenn er nicht umkehren wird, wohl kaum gerettet werden. 7 Reinige nun dein Herz von (aller) Wankelmütigkeit, ziehe den Glauben an, weil er stark ist, und glaube an Gott, dass du alle deine Bitten, die du erbittest, vom Herrn erfüllt bekommst. Und wenn du einmal vom Herrn (etwas) erbeten hast und eine Bitte langsamer erfüllt bekommen hast, (dann) werde nicht wankelmütig, (nur) weil du die Bitte deiner Seele nicht schnell erfüllt bekommen hast. Denn sicherlich bekommst du, weil du geprüft wirst, oder wegen einer Übertretung, die dir nicht bewußt ist, deine Bitte erst langsamer erfüllt. 8 Du also höre nicht auf, zu bitten die Bitte deiner Seele, und du wirst sie erfüllt bekommen. Wenn du aber den Mut verlierst

46 Jak 1, 5–8

Hirt des Hermas

mand. 9 zu bitten und wankelmütig wirst im Bitten, (dann) gib dir die Schuld und nicht dem, der dir gibt. 9 Blicke die Wankelmütigkeit so (als diese) an: Sie ist böse und unverständig, und entwurzelt viele aus dem Glauben, sogar sehr gläubige und starke (Menschen). Denn diese Wankelmütigkeit ist eine Tochter des Teufels und tut sehr Böses gegen die Knechte Gottes. 10 Verachte also die Wankelmütigkeit und stehe bei jeder Sache über ihr, nachdem du den Glauben angezogen hast, der stark und mächtig ist. Denn der Glaube verheißt alles, verwirklicht alles, die Wankelmütigkeit aber, die sich selbst nicht traut, verfehlt alle Werke, die sie tut.“ 11 „Du siehst also“, sagte er, „dass der Glaube von oben vom Herrn ist und große Kraft hat. Die Wankelmütigkeit dagegen ist ein irdischer Geist (Pneuma) vom Teufel und hat keine Kraft. 12 Du nun diene als Knecht dem Glauben, der Kraft hat; und von der Wankelmütigkeit, die keine Kraft hat, halte dich fern, und du wirst Gott leben, und alle werden Gott leben, die so denken.“

Wie die Grafik zeigt, teilen Jak 1, 5–8 und mand. 9 viele Begriffe miteinander, darunter auch sehr seltene, was für die Frage nach möglichen literarischen Abhängigkeiten von enormer Bedeutung ist. Dies schlägt sich auch inhaltlich nieder: Zentrale Motivik ist beide Male Gebet und Wankelmütigkeit. Bisherige Untersuchungen konnten die Frage nach den Gründen hierfür nicht klären. Während Autoren wie Theodor Zahn, der auf den Herausgeber der Katene zu den Katholischen Briefen 26 rekurriert, hierin ein Paradebeispiel inhaltlicher und literarischer Abhängigkeit sehen, 27 fällt das Urteil der Mehrheit der Forscher eher verhalten aus: Das Verhältnis gehe über traditionsgeschichtliche Ver26 Vgl. Cramer, Catena, 4. Anders macht Johnson, Brother, 91–96, eine Abhängigkeit an der Übereinstimmung einzelner Topoi fest, kann damit aber aufgrund fehlender Detailschärfe wenig überzeugen. 27 Vgl. Zahn, Hirt, 396–409. Ähnlich bei Baumgärtner, Einheit, 84; Meyer, Rätsel, 59– 61; Pfleiderer, Urchristentum, 539. Die gesamte Debatte zu den bisherigen Forschungen hierzu findet sich dargestellt bei Osiek, Shepherd, 132.

Verhältnisbestimmung anhand Jak 1,5–8 und mand. 9

47

bindungen kaum hinaus. 28 Heute wie damals ist die Problematik die gleiche geblieben. Dessen Zusammenfassung durch das Komitee der „Oxford Society of Historical Theology“ aus dem Jahr 1905 ist immer noch aktuell und beschreibt, wie schwierig es ist, ein klares Urteil zu fällen: „In the foregoing passages there is sufficient similarity of thought and language to suggest a literary connexion with James; but some of the most striking expressions in James are absent from Hermas, and where the language is similar, the connexion of thought is sometimes quite different.“ 29

4.2.1 Struktur und Inhalt Der große Umfang der beiden Textpassagen legt nahe, mit einem Vergleich der Strukturen zu beginnen, was auch eine Gegenüberstellung der jeweiligen Inhalte mit sich bringt. Die Themen Glaube, Gebet und Wankelmütigkeit bestimmen Jak 1, 5–8 und mand. 9 gleichermaßen. Jedoch kann man hier nicht so weit gehen wie James Hardy Ropes, der in diesem Zusammenhang sogar von einer gleichen Abfolge der einzelnen Elemente spricht. 30 Dies trifft nämlich nicht vollständig zu, da die Abfolge im Detail abweicht und die vermeintlich übereinstimmenden Motive schließlich doch anders ausgerichtet sind, was sich besonders an den Inhalten der Texte nachweisen lässt. So kann zunächst einmal nur festgehalten werden, dass sich beide Texte den Themen Wankelmütigkeit, Bitte/Gebet und deren/dessen Erfüllung widmen und dabei auch Überschneidungen in der Abfolge bestehen, welche jedoch im Folgenden näher zu untersuchen sind. Das Motiv der Wankelmütigkeit hat für mand. 9 eine wesentlich stärkere Bedeutung als für Jak 1, 5–8. Dies zeigt sich nicht nur daran, dass mand. 9 bereits damit beginnt, 31 sondern ebenso daran, dass das ganze Kapitel vom 28 Vertreten bei Dibelius, Hirt, 529: Dibelius, Brief des Jakobus, 30 f.; Mußner, Jakobusbrief, 38; Committee, New Testament, 108–109; Massaux, Influence, 310–313; Nienhuis, Paul, 120–121; Popkes, Jakobus, 41–42. 29 Comittee, New Testament, 109. Genaue Belege nennt das Komitee jedoch nicht. 30 Vgl. hierzu Ropes, Critical, 89. So kann Ropes zwar insofern darin zugestimmt werden, dass die Warnung vor διψυχία in beiden Texten eine zentrale Stellung einnimmt und wohl auch als Gliederungselement fungieren kann. Jedoch ist an der weiteren Darstellung zu bemängeln, dass Entsprechungen zwischen mand. 9 und Jak 1, 5–8 nicht konkret aufgelistet werden und Abweichungen in der Struktur unberücksichtigt bleiben. So ist die Abfolge von 1. Ermahnung, 2. Versprechen, 3. Versicherung, 4. Warnung, 5. erneute Ermahung und 6. Verallgemeinerung bei genauer Betrachtung nicht aufrechtzuerhalten. Dementsprechend sind nur die Punkte 2, 4 und 5 (mit Einschränkungen) zutreffend. Nach einem expliziten Verweis darauf, dass Gott nichts Böses nachträgt (Punkt 3), sucht man in beiden Texten aber vergebens, ebenso wie eine Tendenz zur Verallgemeinerung bei Jak 1, 5–8 (Punkt 6). Auch die Ermahnung (Punkt 1) trifft zwar inhaltlich zu, wird allerdings sprachlich anders ausgeführt. 31 Mit der Eingangsformel beschäftigen sich ausführlich Osiek, Shepherd, 132, und Brox, Hirt, 271, woraus hervorgeht, dass der Autor schon hier klarstellt, dass „Zweifel“ im Nachfolgenden das große Thema sein wird.

48

Hirt des Hermas

Thema Zweifel bestimmt wird. 32 Weiter steht „Wankelmütigkeit“ hier in einer sehr starken Verbindung zu Gebetsvertrauen. 33 Ein klarer Unterschied ist im Motiv der Weisheit zu sehen, das nur Jak 1, 5–8 bietet und hier zum Ausgangspunkt für die Bitte an Gott und den gesamten Abschnitt wird. Während man also in mand. 9 „Wankelmütigkeit“ als Aufhänger betrachten und eine Bewegung von Wankelmütigkeit zu Gewissheit 34 erkennen kann, tritt „Wankelmütigkeit“ in Jak 1, 5–8 zunächst nicht vordergründig in Erscheinung, sondern die Bitte um Weisheit, 35 der sich ein Diskurs um Gebet und Wankelmütigkeit anschließt. Also wählen beide Texte verschiedene Ausgangspunkte, was für einen nennenswerten Unterschied spricht: mand. 9 setzt mit Zweifel ein und Jak 1, 5 mit der Möglichkeit eines Mangels an σοφία. Dabei ist auch zu beachten, dass das für Jak 1, 5–8 ausschlaggebende Motiv der Weisheit in mand. 9 fehlt. 36 1Beide Texte unterscheiden sich auch in der Möglichkeit, wie ein Gebet bzw. eine Bitte zur Erfüllung gelangen kann: Sofern nicht Wankelmütigkeit den Beter vereinnahmt, kann dieser, wie in Jak 1, 5 anklingt, sich sicher sein, dass seine Bitte erfüllt wird. 37 In mand. 9 steht der Erfüllung der Bitte zwar auch Zweifel 32 Dies macht auch Osiek, Shepherd, 30; 132, besonders deutlich. So sei Zweifel zudem auch Thema in anderen Kapiteln des Hirt des Hermas, hier aber punktuell besonders hervorgehoben und könne innerhalb mand. 9 als abgeschlossene Erörterung der Thematik betrachtet werden. Siehe hierzu ebenfalls Kraft, Calvis, 112–114; Brox, Hirt, 551. Innerhalb des Pastor Hermae lässt sich mand. 9 nach Geboten zu Glaube (mand. 6, 1,1–2, 10), Furcht (mand. 7, 1– 5), Enthaltsamkeit (mand. 8.1–12) und vor Geboten zu Traurigkeit (mand. 10, 1,1–3, 4), Zweifel und Vertrauen oder Propheten und Pseudopropheten (mand. 11, 1–21), Bösem und guter Begier (mand. 12, 1,1–6, 5) einordnen. 33 Den ensprechenden Diskurs hierzu liefert ebenfalls Brox, Hirt, 240, der dabei bemerkt, dass der Autor des Hirten den Gegensatz von Zweifel und Einfachheit viel stärker ausnutzen hätte können. Unterstützung findet diese These bei Osiek, Shephard, 132, die mand. 9 hier sogar als Einschub betrachtet. 34 So in etwa Osiek, Shepherd, 132. Weiterführend hierzu siehe auch Luck, Theologie, 13, der in diesem Zusammenhang die Wichtigkeit betont, den in Jak 1, 6 beschriebenen Zwiespalt zu überwinden, um mit sich selbst identisch zu werden. 35 Mußner, Jakobusbrief, 68, sieht den Verfasser des Jak hier von Sir 4, 17 inspiriert und zieht einen Vergleich zur Tradition der Weisheitsliteratur, in der ebenfalls ein deutlicher Zusammenhang von Weisheit und Vollkommenheit besteht (z. B. in Weish 9, 6). Gerade dieser Kontext der Weisheitsliteratur findet sich in mand. 9 nicht. Vielmehr steht dieser Text in einer Reihe mit Jähzorn und Traurigkeit, was Brox, Hirt, 237, nochmals betont. 36 Anders sieht gerade Zahn, Hirt, 398–399, hierin kein Argument, das gegen eine Beziehung zwischen Jak 1, 5–8 und mand. 9 spricht. Seine Erklärung hierfür ist aber als äußerst fragwürdig zu betrachten. Hauptkritikpunkt kann sein, dass Zahn das Fehlen von Weisheit in mand. 9 durch σύνεσις, seltener ἐπιστήμη, kompensiert sieht. Dem kann allerdings nicht zugestimmt werden, weil diese Ersatzbegriffe einerseits dem Motiv der Weisheit nicht annähernd gleichkommen und diese andererseits auch nicht Ausgangspunkt der Argumentation sind. So fehlt dem Gebet in mand. 9 auch ein Objekt, was eben Weisheit in Jak 1, 5–8 ist. 37 In diesem Zusammenhang hält Mußner, Jakobusbrief, 69, als Quelle der in Jak 1, 5 enthaltenen Verheißung Jer 29, 13 für möglich, aber auch eine Jesustradition, wie etwa Mt 7, 7. In jedem Fall findet sich nichts Ähnliches in mand. 9.

Verhältnisbestimmung anhand Jak 1,5–8 und mand. 9

49

entgegen, allerdings beherrscht das Thema Zweifel den gesamten Passus, was auch die ständigen Wiederholungen zeigen. 38 Anders gesagt, der Autor des Pastor Hermae geht bereits davon aus, dass der Bittsteller von Wankelmütigkeit erfasst ist und versucht, an diesen zu appellieren, indem er die Erfüllung der Bitte ganz klar vom Freisein oder einer Reinigung 39 von Wankelmütigkeit abhängig macht. 40 Während Ausgangspunkt für Jak 1, 5–8 die Bitte um Weisheit ist, setzt mand. 9 mit Zweifel ein. Eng damit in Verbindung steht die Frage nach dem jeweilig zugrundeliegenden Gottesbild. Hier ist in aller Kürze festzuhalten, dass Jak 1, 5–8 einen gebenden, nicht scheltenden und wenn nötig vergebenden Gott voraussetzt während mand. 9 das Bild eines Gottes zeichnet, der Böses nicht nachträgt und seine Barmherzigkeit zeigt, wenn man ihm sich zuwendet. 41 Dies besagt zwar, dass ähnliche Gottesbilder der Ausgangspunkt sind, allerdings lassen sich hieraus keine Argumente für oder gegen eine Abhängigkeit ableiten, da das jeweilige Gottesbild sich aus der Theologie des jeweiligen Autors begründet. Auch wenn in Jak 1, 5–8 nicht explizit genannt, ist in beiden Fällen von einem barmherzigen Gott auszugehen. Fasst man die Beobachtungen zu Struktur und Inhalt zusammen, bleibt ein nüchternes Urteil: Fest steht, Jak 1, 5–8 und mand. 9 haben eine ähnliche Struktur, was in Korrelation mit den jeweiligen Inhalten steht. Dabei können die Motive „Bitte“, „Gebet“ und „Wankelmütigkeit“ als Gliederungselemente angesehen werden. 42 Diese kommen jedoch, wie dargestellt, in unterschiedlichem Umfang und auf unterschiedliche Art und Weise zum Einsatz, was sich wohl aber auch auf eine andere Zielsetzung zurückführen lässt. Als wohl stärkstes Argument gegen eine inhaltliche Abhängigkeit kann betrachtet werden, dass das Jak 1, 5–8 bestimmende Motiv der Weisheit in mand. 9 nicht begegnet. Bislang ist die einfachste Erklärung für diese Übereinstimmungen jedoch, dass sich die Autoren beider Texte mit den gleichen Themen beschäftigen und es sich dabei um Themen handelt, die gerade für Christen des zweiten Jahrhunderts von enormer Bedeutung waren. Fest steht nämlich auch, dass die beiden Texte in ihrer detaillierten Struktur sowie den Inhalten deutlich voneinander abweichen. Vorsichtig kann man die Idee eines gemeinsamen jüdisch-christli-

38 Die Wiederholungen sprechen auch für den belehrenden Ton des Autors, was sich auch an den vielen Imperativen erkennen lässt. Siehe hierzu auch Brox, Hirt, 237. 39 Diese Ansicht ist auch vertreten bei Osiek, Shepherd, 132. 40 Ausführlich dargelegt bei Brox, Hirt, 239–240. 41 Genauer gesagt liefert mand. 9 weitaus mehr Aussagen über das vertretene Gottesbild als Jak 1, 5–8, was natürlich auch mit dem verschieden langen Umfang zu tun hat. Sprachliche Varianzen sind hier zu vernachlässigen. 42 Wenn in mand. 9 zwar nicht so deutlich wie beispielsweise in vis. 4, 1.8; 2, 4.6; mand. 5, 2.1; 11, 1.2.4, wie auch Gilmour, Vacillation, 33–34, aufzeigt, ist Zweifel auch in Jak 1, 5–8 als Gegenüber zum Glauben zu verstehen.

50

Hirt des Hermas

chen Hintergrunds 43 als mögliche Erklärung für die Übereinstimmungen in Erwägung ziehen. Für tiefergehende Aussagen hierzu ist eine Untersuchung des Sprachgebrauchs notwendig.

4.2.2 Textanalyse Jak 1, 5–8 und mand. 9 Hier ist nun zu fragen, ob sich im Bereich der Sprache Hinweise finden, die beide Texte eindeutig miteinander verknüpfen, oder ob die Signale, die der Vergleich von Struktur und Inhalt ergeben hat, vom Sprachgebrauch her noch verstärkt werden können. Die Gegenüberstellung von Jak 1, 5–8 und mand. 9 zeigt gerade mit den farblichen Markierungen, 44 dass beide Texte eine große gemeinsame sprachliche Basis haben. Dabei fällt sofort auf, dass, wie zu erwarten, die Übereinstimmungen sich auf Wörter konzentrieren, die in Zusammenhang mit dem Themenkreis „Bitte“, „Gebet“ und „Wankelmütigkeit“ stehen, und zwar die Termini διψυχία, αἰτέω, λαμβάνω, παρὰ τοῦ κυρίου und ἀνὴρ δίψυχος. 45 Zu prüfen ist, ob es sich hier um Übereinstimmungen in gewöhnlichen Termini handelt und wie deren Vielzahl zu bewerten ist. Wie die bisherige Diskussion gezeigt hat, sind wiederum von denjenigen sprachlichen Übereinstimmungen am meisten Aussagen zu erwarten, die aus dem Wortfeld der Wankelmütigkeit und des Zweifels stammen: διψυχία bzw. der Wortstamm διψυχ- und zudem διακρίνω (Jak 1, 6) und διστάζω (mand. 9). 46 43 Hiervon geht Osiek, Shepherd, 132, aus. Ähnlich bei Dibelius, Brief des Jakobus, 43; Ropes, Critical, 88–89. Brox, Hirt, 47, bleibt offen in seinem Urteil. Kritik an vorschnellen Rückschlüssen, wie bei Dibelius, übt Johnson, James, 76, und spricht hier von reinen Annahmen ohne Beweiskraft. 44 Dabei sind abweichende Wörter jeweils rot markiert. Dem sei hinzugefügt: Ein Abgleich unterschiedlicher Textvarianten von Jak 1, 5–8 hat im Allgemeinen ebenso wie im Besonderen bei den entsprechenden Wörtern und Phrasen mit Hilfe der Editio Critica Maior zum Jak keine nennenswerten Auffälligkeiten gebracht, was wiederum die Möglichkeit weiterer Berührungspunkte beider Schreiben aufgrund von Textvarianten des Jak, die dem Autor des Pastor Hermae vorgelegen haben könnten, ausschließt. Dies gilt nicht nur für die Wörter an sich, sondern auch für die Wortstellung. Die Differenzen zu NA 28 sind minimal und häufig auf Partikel untergeordneter Satzbausteine rückführbar. Vgl. hierzu ECM, 4–7. 45 Eine im Wesentlichen ähnliche Auflistung bietet Massaux, Influence, 312. Sie liefert anstelle von παρὰ τοῦ κυρίου eine andere Zusammensetzung: παρὰ θεοῦ αἰτέω ἐν πίστει, was allerdings in dieser Kombination in mand. 9 nicht vorkommt und auch nicht in Jak 1, 5–8, jedoch durchaus in ähnlicher Weise. Komplett fehlt bei Massaux der Ausdruck ἀνὴρ δίψυχος. Ähnliche Ansichten sind vertreten bei Brox, Hirt, 47; Ropes, Critical, 89–90; Johnson, James, 76; Nienhuis, Paul, 120; Dibelius, Brief des Jakobus, 49. 46 Viele Forscher sind sich darüber einig: Brox, Hirt, 47; Ropes, Critical, 89–90; Johnson, Letter, 76; Nienhuis, Paul, 120; Dibelius, Brief des Jakobus, 49. Dabei ist die sprachliche Untersuchung dieser Aspekte bei vielen Studien sehr oberflächlich und bietet keine exakte Differenzierung der Begrifflichkeiten, mit denen Wankelmütigkeit in beiden Texten zum Ausdruck gebracht wird: Zahn, Hirt, 397–398; Mayor, James, lviii–lxii; Committee, New Testa-

Verhältnisbestimmung anhand Jak 1,5–8 und mand. 9

51

Das Wortfeld διψυχ- begegnet bei Jak zweimal (1, 8; 4, 8: δίψυχος) 47 und innerhalb von mand. 9 zwölfmal. 48 Zudem findet sich die Wortgruppe weitere Male im Gesamt des Pastor Hermae. 49 Am stärksten konzentriert ist diese aber in mand. 9. Dies führt Osiek zu Recht zu dem Schluss, dass auch hierin ein Schlüssel für die Lösung der Frage nach dem Verständnis des Zweifels beim Autor des Pastor Hermae zu suchen ist. 50 Die Suche nach weiteren Treffern dieser Wortgruppe innerhalb der Septuaginta und des Neuen Testaments bleibt ohne Ergebnis. 51 Wendet man den Blick aber in den Bereich griechischsprachiger (christlicher) Literatur der ersten Jahrhunderte, findet sich eine Vielzahl weiterer Treffer für die Wortgruppe διψυχ-, von denen die wichtigsten und besonders frühen herausgegriffen werden sollen: 52 Wort

Schrift

Stelle

διψυχήσῃς

Barn

19, 5

διψυχήσεις

Did

4, 4

δίψυχοι

Jak

4, 8

1 Clem

11, 2; 23, 3

2 Clem

11, 2,5

ment, 108–109; Ropes, James, 89; Seitz, Relationship, 131–140; Dibelius, Brief des Jakobus, 49–50. Grundsätzlich wird dem Umstand, dass das Wortfeld διψυχ- im Pastor Hermae auf verschiedenste Weise und in den verschiedensten Konnotationen in Erscheinung tritt, keine Beachtung geschenkt. Eine Deutung dieser Begriffe im jeweiligen Kontext bei Jak bietet Konradt, Existenz, 270–272. 47 Oftmals, wie z. B. in Seitz, Afterthoughts, 131, wird hierin der erste Beleg für den Wortstamm διψυχ- gesehen. Jedoch steht eine Datierung des Jak ebenso infrage wie dessen Popularität und Verbreitung in den ersten beiden Jahrhunderten. 48 Hier begegnet es an folgenden Stellen und in folgenden Formen: διψυχία (mand. 9, 1.7.9 [zweimal].10 [zweimal], 11.12), διψυχέω (mand. 9, 1.6.7.8); δίψυχος (mand. 9, 5.6). 49 Die Verteilung gestaltet sich wie folgt: δίψυχος 19 mal; διψυχεῖν 20 mal; διψυχία 16 mal. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommen Seitz, Relationship, 132; Osiek, Shepherd, 30–31. Hier sind sim. 8, 11 (διψυχήσωσιν) und vis. 3, 11 (διψυχιῶν) herauszugreifen. Beide Formulierungen finden sich so nur im Hirt des Hermas, was dafür spricht, dass der Autor des Pastor Hermae sich eingehend mit dieser Problematik befasst hat, wohl so ausführlich wie kein anderer. Nienhuis, Paul, 120, schließt von der Tatsache, dass das Thema Wankelmütigkeit bzw. Zweifel so oft im Hirt des Hermas vertreten ist, sogar darauf, dass es sich um „sub-theme of the book“ handelt, was durchaus Sinn ergibt. Ähnlich bei Brox, Hirt, 551, wo sogar von einer Unverhältnismäßigkeit die Rede ist. 50 Vgl. Osiek, Shepherd, 31. 51 Dies bestätigen auch bisherige Untersuchungen: Spitta, Geschichte, 383; Seitz, Relationship, 131–132, der in Jak mit Recht die erste später neutestamentliche Schrift sieht, welche diese Wortgruppe benutzt. Siehe hierzu ebenfalls Marucci, Sprachliche Merkmale, 263, der den Terminus innerhalb des Neuen Testaments zu den hapax legomena zählt. Zur hier grundgelegten Definition von hapax legomena siehe Kraus, Hapax legomena, 555–563. 52 Nachfolgende Zusammenstellung beruht auf eigenen Beobachtungen und einer Recherche im TLG; ähnlich bei Committee, New Testament, 108–111; Zahn, Hirt, 397–398; Spitta, Geschichte, 383–384; McKnight, Letter, 91; Laws, Epistle, 58–61.

52

Hirt des Hermas

Wort

Schrift

Stelle

διψυχῶμεν

1 Clem

23, 2

διψυχῶμεν

2 Clem

11, 5

διψυχίαν

2 Clem

19, 2

Wie diese Gegenüberstellung zeigt, begegnet der Wortstamm διψυχ- in seinen unterschiedlichen Abwandlungen bereits im zweiten Jahrhundert 53 zu oft, 54 als dass damit der Schluss auf eine literarische Abhängigkeit zwischen Jak 1, 5–8 und mand. 9 gerechtfertigt werden könnte. 55 Besonders herauszugreifen aus dieser Reihe sind 1 Clem 23, 3 und 2 Clem 11, 2: 1 Clem 23, 3 πόρρω γενέσθω ἀφ᾽ ἡμῶν ἡ γραφὴ αὕτη, ὅπου λέγει· Ταλαίπωροί εἰσιν οἱ δίψυχοί, οἱ διστάζοντες τῇ ψυχῇ […].“ SUC 1, 56 Fern von uns sei jene Schriftstelle, wo es heißt: „Unglücklich sind die Wankelmütigen, die zweifeln der Seele […]“ adapt. Lona, Klemensbrief, 287 2 Clem 11, 2 λέγει γὰρ καὶ ὁ προφητικὸς λόγος· Ταλαίπωροί εἰσιν οἱ δίψυχοι, οἱ διστάζοντες τῇ καρδίᾳ […].“ SUC 2, 252 Es sagt nämlich auch das prophetische Wort: „Unglücklich sind die Wankelmütigen, die zweifeln im Herzen […].“ adapt. Pratscher, Clemensbrief, 150

Relevanz kommt diesen beiden Texten in erster Linie nicht nur durch die semantischen Übereinstimmungen in dem Adjektiv δίψυχοι und dem Verb διστάζω 56 mit mand. 9 zu, sondern durch deren einleitende Worte: 1 Clem 23, 3 53 Die hierfür relevanten Schriften befinden sich zeitlich alle in einem ähnlichen Rahmen, der sich zwischen dem ersten und zweiten Jahrhundert bewegt. Diese Beobachtung bleibt von dem nicht datierbaren, aber mit Sicherheit wesentlich früheren Apokryphons Eldad und Modad, unberührt. 54 Daraus lässt sich weiter differenzieren: Das Verb διψυχέω findet sich nicht im Profanen, der LXX und im Neuen Testament, διψυχία nicht in der LXX sowie im Neuen Testament und δίψυχος nicht im Profanen und der LXX. Diese Beobachtungen werden gestützt von Brox, Hirt, 551. Ähnlich zudem bei Ropes, James, 143; Konradt, christliche Existenz, 269. Dies hat jedoch keine nennenswerten Auswirkungen auf die Frage möglicher literarischer Verwandtschaften. 55 Entgegen Johnson, Brother, 49, für den sämtliche weitere Belege der Wortgruppe ohne jegliche Begründung kein Argument für deren Bekanntheit darstellen und so zu dem Schluss führen, dass Jak die einzige Quelle hierfür sein muss. 56 Das Verb διστάζω tritt im Hirt des Hermas auch an weiteren Stellen auf: mand. 2, 4; 4, 5 [zweimal]; sim. 5, 4,3; 9, 28, 7. Ähnlich argumentiert Allison, James, 23; 168; 617–622; Allison, Eldad, 99–131. Übereinstimmung in diesen beiden Wörtern besteht auch mit 1 Clem

Verhältnisbestimmung anhand Jak 1,5–8 und mand. 9

53

weist hier mit den Worten ἡ γραφὴ αὕτη, ὅπου λέγει auf ein Schriftzitat hin und 2 Clem 11, 2 kündigt mit λέγει γὰρ καὶ ὁ προφητικὸς λόγος ein prophetisches Wort an. Damit ist klar, beide Texte greifen hier, wohl sogar unabhängig voneinander, auf die gleiche Quelle zurück, die allem Anschein nach vorchistlich ist. 57 Hieraus wurde teilweise der Rückschluss gezogen, dass es sich dabei um die verlorene Apokalypse Eldad und Modad 58 handelt, 59 die der Autor des Hirten in vis. 2, 3,4 erwähnt. 60 Wie der wissenschaftliche Diskurs hierzu zeigt, kommen wir hier über Spekulationen nicht hinaus. 61 Eine literarische Abhängigkeit zwischen Jak 1, 5–8 und mand. 9 wird durch diesen Umstand unwahrscheinlicher und erschwert eine definitive Entscheidung hierüber weiter. Gerade der Verweis auf ein Schriftzitat in 1 Clem 23, 3/ 2 Clem 11, 2 und die sprachlichen Übereinstimmungen zu mand. 9 sprechen dafür, dass auch der Autor des Hirten vor allem das Wortfeld διψυχ- nicht über Jak kennt, sondern über diese nicht weiter bekannte Quelle. Auch gilt deshalb als unwahrscheinlich, dass Jak diese Wortgruppe ausschlaggebend geprägt hat. 62 Vielmehr erscheint es möglich, dass auch Jak den Terminus δίψυχος 11, 2. Im Fall von 2 Clem 11, 2 wird διστάζω wie in mand. 9, 5 sogar noch mit καρδίᾳ kombiniert 9, 5. Mit der Verbindung von Zweifel und Herz hat sich ausführlich Seitz, Antecedents, 211–214, auseinandergesetzt, der gerade das Motiv des Herzens in Zusammenhang mit Zweifel und vor allem mit διψυχία für außerordentlich wichtig erachtet. Siehe hierzu auch Osiek, Shepherd, 30–31. Damit sind diese beiden Passagen mindestens genauso deutlich, wenn nicht sogar stärker, mit mand. 9 verbunden als Jak 1, 5–8. 57 Dies untersucht auch Lona, Clemensbrief, 291–294, ausführlich. 58 Generell sind die Informationen hierzu als spärlich zu betrachten, wie Siegert, Einleitung, 296, und Bauckham, World, 430–432, zeigen. Auch Allison, James, 617–622, beschäftigte sich mit dem Apokryphon und in früherer Zeit auch Gilmour, Vacillation, 68. 59 Hierzu tendieren, wenn auch nicht vollständig überzeugt, Lightfoot, Fathers, 80; Seitz, Relationship, 131–140; Seitz, Antecedents, 211–219; Laws, Epistle, 25. Trotz allem bleibt klar, falls es sich tatsächlich um diese Schrift handelt, können dennoch keine weiteren Aussagen darüber getroffen werden, was deren Abfassungsort und -zeit anbelangt. Trotzdem lässt sich positiv festhalten, dass es sich um eine vorchristliche Schrift mit jüdischem Hintergrund handelt, wie besonders Allison, James, 617–622, in seinen Darlegungen plausibel machen kann. Gerade die explizite namentliche Erwähnung von Eldad und Modad in vis. 2, 3,4 spricht dafür, dass der Autor des Pastor Hermae diese Schrift kannte und bewusst darauf Bezug nahm. 60 Vgl. Hellholm, Hermas, 241. 61 Dem stimmt auch Lona, Clemensbrief, 292–293, zu. Das gleiche Problem betrifft weitere in Erwägung gezogene Quellen wie etwa die weitgehend unbekannte Apokalypse des Mose, was beispielsweise Mußner, Jakobusbrief, 184, in Erwägung zieht, oder mögliche Spuren in Schriften aus Qumran, wie Seitz, Afterthoughts, 327–334, vermutet. 62 Entgegen Seitz, Relationship, 131, der dem Jak hierbei eine entscheidene Rolle zuspricht und deshalb von einer Rezeption des Jak im Pastor Hermae ausgeht. Es muss in diesem Zusammenhang auch bewusst sein, dass der Hirt des Hermas, wie dargestellt, sich gerade im zweiten Jahrhundert einer wesentlich höheren Popularität erfreuen konnte als der Jak, um den sich in dieser Zeit geradezu Schweigen hüllt. Vorschnelle Rückschlüsse in dieser Hinsicht lassen sich oftmals auf eine überkommene Vorstellung kanonisch gewordener Schriften zurückführen, die der Tatsache nicht gerecht wird, dass Schriften, die heute nicht Teil des neutestamentlichen Kanons sind, in gewissen Gegenden und zu bestimmten Zeitpunkten vielleicht sogar verbreiteter und beliebter waren als heute kanonische. Eine ähnliche Problematik

54

Hirt des Hermas

hierüber kennt. Ob und wie diese christlichen Schriften miteinander zusammenhängen, lässt sich auf Basis dieser Fakten jedoch nicht mehr klären. Der Idee, dass 1 Clem 23, 2 Ursprung des Ganzen sein könnte, fehlen stichhaltige Belege. 63 Sämtliche Ansätze sind in diesem Fall nicht zielführend. Allerdings bleibt auf positiver Seite festzuhalten, dass es sich hier um ein Thema handelt, das alle diese Schriften miteinander verbindet und zwar gerade im zweiten Jahrhundert. Was zählt, ist, dass das Wortfeld διψυχ- nicht so selten ist und deshalb nicht als ausschlaggebendes Argument für eine literarische Abhängigkeit zwischen Jak 1, 5–8 und mand. 9 gewertet werden kann. Ein letzter Punkt, anhand dessen eine literarische Abhängigkeit doch noch einmal forciert werden könnte, ist die Übereinstimmung in der Formulierung ἀνὴρ δίψυχος (Jak 1, 8) und δίψυχος ἀνήρ (mand. 9, 6). Dieser Umstand bleibt allerdings von den meisten Untersuchungen unberücksichtigt. 64 Allein Zahn sieht darin das ausschlaggebende Argument für ein literarisches Abhängigkeitsverhältnis zwischen beiden Texten. 65 Die spätere Wirkungsgeschichte dieser Wortkombination zeigt dass diese sowohl über Jak 1, 8 als auch über mand. 9, 6 rezipiert wurde. 66 Das bedeutet, dass dieses Syntagma sowohl über Jak 1, 8 als auch über mand. 9 rezipiert wurde. Zu fragen bleibt aber dennoch, wie hoch diese Beobachtung zu gewichten ist, ob man daraus auf eine literarische Abhängigkeit der beiden Schriften schließen kann oder ob die Verbindung nicht doch dem Zufall geschuldet ist. Weiter spricht eine Reihe von Argumenten gegen ein literarisches Abhängigkeitsverhältnis. Hierbei handelt es sich in erste Linie um Begrifflichkeiten, die gerade innerhalb von Jak 1, 5–8 als selten und besonders einzustufen sind, aber nicht in mand. 9 begegnen. Eine erste derartige Wendung ist κλύδωνι θαλάσσης ἀνεμιζομένῳ καὶ ῥιπιζομένῳ. Dieses Bild von der Meereswoge (κλύδων θαλάσσης) ist innerhalb des Neuen Testaments einzigartig und auch sonst sel-

scheint bei Gilmour, Vacillation, 39; Zahn, Hirt, 396–402; Spitta, Geschichte, 383, zugrundezuliegen. 63 So dargestellt bei Brox, Hirt, 551, und vertreten von Dibelius, Brief des Jakobus, 112; Seitz, Antecedents, 212; kritisch hingegen bei Seitz, Afterthoughts, 327–334; Joly, Pasteur, 91–92. 64 So etwa bei Ropes, Epistle, 89–90; Dibelius, Brief des Jakobus, 49–50; Dibelius, Hirt, 528–531; Osiek, Shepherd, 131–134. Erwähnung findet das Syntagma zwar bei Seitz, Hermas, 135, allerdings in anderem Zusammenhang. Demgegenüber setzt sich Mayor, James, 40–41, etwas ausführlicher mit dem Wortgebrauch von ἀνήρ auseinander, wobei er allerdings keine Aussagen hinsichtlich des Auftretens dieser Wortverbindung sowohl bei Jak als auch im Hirt des Hermas macht. 65 Vgl. Zahn, Hirt, 397. 66 So wird Jak 1, 8 beispielsweise bei Didymus Caecus, comm. in Eccl. 120, 8.9, und Theodorus, Μεγάλη κατήχησις, 37, 272, 17, aufgegriffen und mand. 9 bei Athanasius, doctr. ad Antioch. duc. 1, 9,20; 2, 9,23.

Verhältnisbestimmung anhand Jak 1,5–8 und mand. 9

55

ten. 67 Das Gleiche gilt für den Anhang ἀνεμιζομένῳ καὶ ῥιπιζομένῳ. 68 Betrachtet man die Argumentation bei mand. 9, spräche nichts dagegen, dass der Autor des Pastor Hermae diesen Gedanken aufgreift. Vielmehr würde er sogar sehr gut passen. In dieser Reihe stehen auch Begrifflichkeiten wie αἰτέω, λαμβάνω und die Wendung παρὰ τοῦ κυρίου, die zwar vordergründig für eine literarische Abhängigkeit sprechen würden, weil sie in beiden Texten teilweise sogar mehrfach begegnen, aber, geht man ins Detail, dieses Bild nicht aufrechterhalten können: 1. So stehen diese Phrasen meist unverbunden nebeneinander, d. h. einzelne Wörter stimmen überein, jedoch sind diese in einem anderen Zusammenhang in Gebrauch und in keinem Satz gibt es mehr als zwei Wörter, die hintereinander folgen und gleich sind. So steht αἰτέω in Jak 1, 5 beispielsweise in einem völlig anderen Zusammenhang als sämtliche Stellen, in denen das Syntagma innerhalb von mand. 9 begegnet. Selbst in mand. 9, 2, derjenigen Stellen, die am ehesten inhaltlich mit Jak 1, 5 zu vergleichen ist, wird im Grunde genommen der gleiche Inhalt mit dem Nomen πολυσπλαγχνία 69 sprachlich anders zum Ausdruck gebracht. 2. Hiermit verbunden ist eine weitere Beobachtung: Während in beiden Passagen für das Erhören einer Bitte das Verb λαμβάνω Verwendung findet, drücken beide Autoren diesen Sacherverhalt auch anders aus: Jak 1, 5 bietet das Verb δίδωμι (διδόντος, δοθήσεται) und mand. 9, 2 πληρόω. 3. Auch die Kombination aus λαμβάνω + Objekt + τοῦ κυρίου, die beide Texte gleichermaßen bieten (Jak 1, 7 || mand. 9, 1.7) reicht nicht für den Schluss auf eine sichere literarische Abhängigkeit: Grundsätzlich handelt es sich hierbei 67 Außerhalb des Jak begegnet diese maritime Metaphorik erst wieder bei Johannes Chrysostomus und auch hier nur als Rezeption von Jak 1, 6. Zur Besonderheit dieser Terminologie, die ebenfalls bei einem Vergleich mit dem Jud herangezogen werden kann, vgl. Bemmerl/ Grünstäudl, Wahlverwandtschaften, 14. Die Besonderheit dieser Terminologie wird dadurch unterstrichen, dass es sich hierbei um einen traditionellen Ausdruck handelt und auch dass das anschließende Verb ἀνεμίζω kein weiteres Mal in der griechischen Bibel vorkommt, worauf Allison, James, 182–183, aufmerksam macht. Ergänzend kommt hinzu, dass, wie Allison ebenfalls aufzeigt, Verben, die auf -ιζω enden, für den Jak typisch sind. Weshalb finden sich derartige Termini, die im Grunde den Jak ausmachen, nicht auch im Pastor Hermae, wenn dieser den Jak rezipieren würde? Weiterführend hierzu auch Gemünden, Einsicht, 85, die klarstellt, dass See- und Sturmbilder grundsätzlich in der Antike weite Verbreitung genossen. Dennoch bleibt gerade dieses Bild in dieser sprachlichen Ausgestaltung weiterhin selten. 68 Auch diese Wortkombination findet sich nur hier bei Jak und bei Chrysostomus, der diesen Vers zitiert. So begegnen die Verben ἀνεμιζομένῳ und ῥιπιζομένῳ nur vier weitere Male innerhalb der Reichweite des TLG. Dieser Befund kann auch angesichts der relativ stabilen Überlieferung der zentralen Satzelemente ἀνεμιζομένῳ und ῤιπιζομένω von Jak 1, 6, welche in ECM, 5, dokumentiert ist, als relativ deutlich eingestuft werden. 69 Das Faktum, dass πολύσπλαγχνος in Jak 5, 11 vorkommt, kann das Fehlen der Barmherzigkeit Gottes in Jak 1, 5–8 nicht kompensieren und eine Entscheidung zu Gunsten einer literarischen Abhängigkeit nicht herbeiführen. Zur Bedeutung der Barmherzigkeit Gottes in diesem Diskurs siehe auch die Darstellung dazu innerhalb des kontextuellen Vergleichs.

56

Hirt des Hermas

um „a conventional way of speaking“. 70 Außerdem weichen die jeweiligen Kontexte voneinander ab, was bedeutet, dass diese Wortverbindung zu unterschiedlichen Zwecken Verwendung findet, auch wenn die Verbindung an sich übereinstimmt. 4. Zudem sind in beiden Texten neben dem Wortstamm δίψυχ- andere Termini für Wankelmut und Zweifel in Gebrauch. So operiert der Autor des Jak zusätzlich mit dem Verb διακρίνω (Jak 1, 6), 71 während sich διστάζω in mand. 9, 5 und bei mand. 9, 6 ἀδιστάκτως 72 findet. 73 Hieraus lässt sich ableiten, dass die gemeinsame Verwendung einzelner gleicher Wörter noch nicht auf literarische Abhängigkeiten schließen lässt. In diesem Fall ist die beste Erklärung wohl, dass beide Texte ein ähnliches Thema behandeln und Übereinstimmungen hierauf zurückzuführen sind und nicht darauf, dass ein Text auf den anderen Bezug nehmen würde.

4.2.3 Ergebnis Jak 1, 5–8 und mand. 9 Der Vergleich von Jak 1, 5–8 und mand. 9 ergibt aus inhaltlicher wie sprachlicher Sicht ein interessantes Bild, dessen Deutung im Hinblick auf deren mögliche literarische Verwandtschaft allerdings sehr schwer ist: 1. Beide Texte sind inhaltlich wie sprachlich bestimmt von der Motivik „Wankelmütigkeit“ und „Gebet“. 2. Schon inhaltlich ergeben sich deutliche Abweichungen. So ist das Motiv des Zweifelns in mand. 9 wesentlich dominanter als in Jak 1, 5–8, wo die Bitte um Weisheit, die wiederum fehlt, Ausgangspunkt des Gebetes ist und nicht die Wankelmütigkeit. 74 3. Sprachlich sind beide Texte besonders stark in dem Wortfeld διψυχ- miteinander verbunden. Allerdings begegnet dieses zu oft als dass davon eine Näheres bei Allison, James, 185. Speziell hier erinnert der Jak stark an Mk 11, 22–24 = Mt 21, 21–22, wie Allison, James, 181–182, aufzeigt. Allison sieht den Rückgriff auf „domenical tradition“ nicht nur in den vier übereinstimmenden Wörtern und weiteren Bezügen zur Jesustradition bestätigt, sondern auch durch die Popularität des Logions Mk 11, 23–24. Im Umkehrschluss kann schon hier eine deutliche Abgrenzung zu mand. 9 gesehen werden, was einer literarischen Abhängigkeit entgegenläuft. 72 Vgl. hierzu auch Osiek, Shepherd, 132, die betont, dass es sich bei ἀδιστάκτως um ein ungewöhnliches Wort handelt, mit dem der Autor des Hermas aber ebenfalls „doublemindedness“ zum Ausdruck bringen möchte. 73 Hierfür kann die Argumentation bei Allison, James, 180–181, sehr hilfreich sein, wonach bei Jak δίψυχος mit ὁ διακρινόμενος gleichzusetzen sei und im Pastor Hermae mit διστάζω und auch ἀδιστάκτως (so auch bei Osiek, Shepherd, 132). Aber auch hier wird deutlich, dass die genaue Definition der Termini auf töneren Füßen steht. 74 Diese Beobachtung findet bei Johnson, Brother, 93–94, der eine literarische Abhängigkeit schon an der Übereinstimmung in ähnlichen Topoi folgert, keine Berücksichtigung. 70 71

Ergebnis Hirt des Hermas

57

Entscheidung über literarische Abhängigkeit zwischen Jak und dem Hirten abhängig gemacht werden könnte. Darüber hinaus wird mit den Einleitungen von 1 Clem 23, 3 und 2 Clem 11, 2, in denen ein Schriftzitat bzw. ein Prophetenwort angekündigt wird, deutlich, dass die Wurzeln des Wortfeldes διψυχ- noch früher anzusetzen sind und nicht im christlichen Bereich liegen. Ob die verlorene Apokalypse Eldad und Modad hierfür infrage kommt, lässt sich nicht mehr klären. Gerade die deutliche wörtliche Übereinstimmung, die mand. 9 mit diesem Zitat teilt, macht es wahrscheinlich, dass der Autor des Hirten die Wortgruppe διψυχ- über diese Quelle kennt und nicht über Jak. 4. So bleibt wohl als Hauptargument für eine literarische Abhängigkeit alleine die Wortkombination ἀνὴρ δίψυχος (Jak 1, 8) und δίψυχος ἀνήρ (mand. 9, 6). In Anbetracht aller weiteren Beobachtungen kann es durchaus möglich sein, dass beide Autoren diese Begriffe zufällig miteinander kombinieren. 5. Dies findet auch darin Unterstützung, dass das seltene Topoi κλύδων θαλάσσης nicht in mand. 9 vorkommt, was die Frage aufwirft, wieso der Autor des Pastor Hermae diese nicht auch mit übernommen hat, wenn er den Text des Jak kannte. In Anbetracht der gemachten Beobachtungen ist eine literarische Abhängigkeit zwischen Jak 1, 5–8 und mand. 9 unwahrscheinlich (Kategorie D). Vielmehr liegt der Gedanke nahe, dass beide Texte aus einer Zeit stammen, in der Gebet und Zweifel eine besondere Rolle im christlichen Diskurs eingenommen haben. Dafür spräche auch, dass gerade Zweifel in der Form des Wortfeldes διψυχauch noch bei 1/2 Clem, Barn und in der Did vorkommen.

4.3 Ergebnis Hirt des Hermas Das Ergebnis der Gegenüberstellung von Jak 1, 5–8 und mand. 9 kann stellvertretend auf alle anderen möglichen Schnittstellen des Jak mit dem Pastor Hermae übertragen werden. Eine Untersuchung dieser Passagen außerhalb dieser Studie hat ergeben, dass in keinem der infrage kommenden Texte das Maß an wörtlichen wie inhaltlichen Übereinstimmungen erreicht wird wie zwischen Jak 1, 5–8 und mand. 9. 75 Dennoch sollen alle weiteren möglichen Übereinstimmungen in Tabellenform kurz gegenübergestellt werden: 76

75 Die konkreten Ergebnisse hierzu werden zur Veröffentlichung in einem separaten Aufsatzprojekt 2018 zur Verfügung stehen. 76 Nachfolgende Tabelle beruht auf Allison, James, 20–22. Hier finden sich auch Anmerkungen zu den jeweiligen Passagen. Textgrundlage ist NA 28 und die Edition des Pastor Hermae in SUC 3.

58

Hirt des Hermas

Jak 1, 5

Hirt des Hermas Εἰ δέ τις ὑμῶν λείπεται σοφίας, αἰτείτω παρά τοῦ διδόντος θεοῦ πᾶσιν ἁπλῶς καὶ μή ὀνειδίζοντος καὶ δοθήσεται αὐτῷ.

mand. 2, 4

sim. 5, 4,3 1, 12 1, 17

Μακάριος ἀνὴρ ὃς ὑπομένει πειρασμόν πᾶσα δόσις ἀγαθὴ καὶ πᾶν δώρημα τέλειον ἄνωθέν ἐστιν καταβαῖνον ἀπὸ τοῦ πατρὸς τῶν φώτων, παρ᾽ᾧ οὐκ ἔνι παραλλαγὴ ἢ τροπῆς ἀποσκίασμα.

vis. 2, 2,7 mand. 9, 11

sim. 6, 1,1

ἀπὸ θεοῦ δοθεν … ἄνωθεν ἐστιν ἀπὸ τῆς δυνάμενως τοῦ θεοῦ δυνάμεναι σῶσαι ψυχήν

mand. 2, 7

καθαρὰ καί … ἀμίαντος

mand. 8, 10

χήραις ὑπηρετεῖν, ὀρφανοὺς καὶ ὑστερουμένους ἐπισκέπτεσθαι χήρας καὶ ὀρφανοὺς ἐπισκέπτεσθε βλασφημήσαντες … τὸ ὄνομα τοῦ κυρίου τὸ ἐπικληθὲν ἐπ᾽ αὐτούς πίστευσον ὅτι εἷς ἐστὶν ὁ θεός πονηρὰ ἡ καταλαλιά· ἀκατάστατον δαιμόνιόν ἐστιν

mand. 11, 5

1, 21 2, 14

1, 27

δυνάμενον σῶσαι τὰς ψυχὰς ὑμῶν μὴ δύναται ἡ πίστις σῶσαι αὐτόν; θρησκέια καθαρὰ καὶ ἀμίαντος παρὰ τῷ θεῷ καὶ πατρὶ αὕτη ἐστίν, ἐπισκέπτεσθαι ὀρφανοὺς καὶ χήρας ἐν τῇ θλίψει αὐτῶν, ἄσπιλον ἑαυτὸν τηρεῖν ἀπὸ τοῦ κόσμου.

sim. 1, 8 2, 7

2, 19 3, 8

οὐκ αὐτοὶ βλασφημοῦσιν τὸ καλὸν ὄνομα τὸ ἐπικληθὲν ἐφ᾽ ὑμᾶς; σὺ πιστεύεις ὅτι εἷς ἐστιν ὁ θεός τὴν δὲ γλῶσσαν οὐδεὶς δαμάσαι δύναται ἀνθρώπων, ἀκατάστατον κακόν, μεστὴ ἰοῦ θανατηφόρου.

ὁ θεὸς δίδωσιν, δίδου ἁπλῶς, πᾶσιν δίδου, πᾶσαιν γὰρ ὁ θεὸς δίδοσθαι θέλει ἐκ τῶν ἰδίων δωρημάτων αἰτοῦ παρ᾽ αὐτοῦ σύνεσιν καὶ λαμβανει μακάριοι ὑμεῖς ὅσοι ὑπομένετε πίστις ἄνωθεν ἐστι παρὰ τοῦ κυρίου

sim. 8, 6,4

mand. 1, 1 mand. 2, 3

Ergebnis Hirt des Hermas

Jak 3, 15

3, 18

4, 3

4, 5

Hirt des Hermas οὐκ ἔστιν αὕτη ἡ σοφία ἄνωθεν κατερχομένη ἀλλὰ ἐπίγειος, ψυχική, δαιμονιώδης.

καρπὸς δὲ δικαιοσύνης ἐν εἰρήνῃ σπείρεται τοῖς ποιοῦσιν εἰρήνην. αἰτεῖτε καὶ οὐ λαμβάνετε, διότι κακῶς αἰτεῖσθε, ἵνα ἐν ταῖς ἡδοναῖς ὑμῶν δαπανήσητε.

ἢ δοκεῖτε ὅτι κενῶς ἡ γραφὴ λέγει· πρὸς φθόνον ἐπιποθεῖ τὸ πνεῦμα ὃ κατῴκισεν ἐν ἡμῖν,

mand. 9, 11

πίστις ἄνωθεν ἐστι παρὰ τοῦ κυρίου

mand. 11, 5–6

πνεῦμα ἀπὸ θεοῦ δοθέν … ἄνωθεν … ἐπίγειον καρπὸν δικαιοσύνης

sim. 9, 19, 2

mand. 9, 4

αἰτοῦ παρὰ τοῦ κυρίου καὶ ἀπολήψῃ πἀντα

sim. 5, 4,3

αἰτεῖται παρ᾽ αὐτοῦ σύνεσιν καὶ λαμβάνει τὸ πνεῦμα, ὅ ὁ θεὸς κατῴκισεν ἐν

mand. 3, 1

sim. 5, 6,5 4, 7

ἀντίστητε δὲ τῷ διαβόλῳ καὶ φεύξεται ἀφ᾽ ὑμῶν,

mand. 12, 2,4 mand. 12, 5,2

4, 11

4, 12

ὁ καταλαλῶν ἀδελφοῦ ἢ κρίνων τὸν ἀδελφὸν αὐτοῦ καταλαλεῖ νόμου ὁ δυνάμενος σῶσαι καὶ ἀπολέσαι·

mand. 2, 2

mand. 12, 6,3 sim. 9, 23, 4

5, 4

59

ἰδοὺ ὁ μισθὸς τῶν ἐργατῶν τῶν ἀμησάντων τὰς χώρας ὑμῶν ὁ ἀπεστερημένος ἀφ᾽ ὑμῶν κράζει, καὶ αἱ βοαὶ τῶν θερισάντων εἰς τὰ ὦτα κυρίου σαβαὼθ εἰσεληλύθασιν.

vis. 3, 9,6

τὸ πνεῦμα τὸ ἅγιον … κατῴκισεν ὁ θεὸς εἰς σάρκα ἀνθεστηκότα … φεύξεται ὁ διάβολος … ἐὰν οὖν ἀντισταθῆτε αὐτῷ … φεύξεται ἀφ᾽ ὑμῶν μηδενὸς κατλαλει

δυνάμενον σῶσαι καὶ ἀπολέσαι δυνάμενος ἀπολέσαι ἢ σῶσαι ὁ στεναγμὸς αὐτῶν ἀναβήσεται πρὸς τὸν κύριον

60

Hirt des Hermas

Jak 5, 11

Hirt des Hermas ἰδοὺ μακαρίζομεν τοὺς ὑπομείναντας· τὴν ὑπομονὴν Ἰὼβ ἠκούσατε καὶ τὸ τέλος κυρίου εἴδετε, ὅτι πολύσπλαγχνός ἐστιν ὁ κύριος καὶ οἰκτίρμων.

mand. 4, 3,5

πολυεύσπλαγχνος οὖν ὢν ὁ κύριος

sim. 5, 4,4

ὁ δὲ κύριος πολυεύσπλαγχνός ἐστι ὁ δὲ κύριος πάντως πολύσπλαγχνος ὤν

sim. 5, 7,4

Überblickt man die einzelnen Textpassagen, zeigt sich: In keinem Fall sind die Übereinstimmungen so deutlich, dass eine literarische Abhängigkeit als sicher angenommen werden könnte. Vielmehr ergibt sich ein gespaltenes Bild: In einigen Texten lassen sich die Ähnlichkeiten als Traditionen erklären, auf die beide Schriften womöglich unabhängig voneinander zugegriffen haben, 77 in anderen sind zwar Ähnlichkeiten vorhanden, aber inhaltlich wird damit Verschiedenes ausgesagt; 78 wieder andere bieten ebenfalls Übereinstimmungen, jedoch nicht in gewöhnlichen Terminologien, sodass auch andere Referenztexte als mögliches Pendant infrage kommen. 79 Positiv formuliert, kann damit aber aufgezeigt werden, dass Jak und der Hirt des Hermas sich an einigen Punkten deutlich berühren, was sich besonders in dem gemeinsamen Sprachgebrauch zeigt. Dies lässt sich weitgehend sehr gut mit ähnlichen Fragestellungen und thematischen Übereinstimmungen erklären. Am wahrscheinlichsten ist deshalb, dass der Hirt des Hermas und Jak unabhängig voneinander auf verschiedene Traditionen zurückgegriffen, die für Christen des zweiten Jahrhunderts besonders relevant waren und sich diese deshalb auch in verschiedenen Texten dieses Zeitraums wiederfinden. Bei allen weiteren Übereinstimmungen handelt es sich um Marginalitäten, d. h. der Wortgebrauch ist als gewöhnlich einzustufen und auch inhaltliche Übereinstimmungen sind zu gering, als dass sich der Gedanke literarischen Abhängigkeit aufdrängen würde. Dies hat gerade auch die Debatte um mögliche Verknüpfungen im Wortfeld von διψυχ– gezeigt. Alles in allem bleibt es also

77 Dies ist naheliegend bei Jak 1, 12 | vis. 2, 27; Jak 1, 27 | mand. 8, 10; sim. 1, 8; Jak 2, 7 | sim. 8, 6,4; Jak 3, 8 | mand. 2, 3; Jak 3, 18 | sim. 9, 19, 2; Jak 4, 5 | mand. 3, 1; sim. 5, 6,5. 78 So etwa bei Jak 1, 5 | mand. 2, 4; Jak 3, 15 | mand. 9, 11; 11, 5–6; Jak 4, 3 | mand. 9, 4; sim. 5, 4,3; Jak 4, 7 | mand. 12, 2,4; 12, 5,2. 79 Dies ist der Fall bei Jak 1, 5 | sim. 5, 4,3; Jak 1, 17 | mand. 9, 11; 11, 5; Jak 1, 21; 2, 14 | sim. 7, 11; Jak 1, 27 | mand. 2, 7; Jak 2, 19 | mand. 1, 1; Jak 4, 11 | mand. 2, 2; Jak 4, 12 | mand. 12, 6,3; sim. 9, 23, 4; Jak 5, 11 | mand. 4, 3,5; sim. 5, 4,4; 5, 7,4.

Ergebnis Hirt des Hermas

61

dabei: Es sprechen mehr Gründe gegen eine literarische Abhängigkeit zwischen Jak und dem Pastor Hermae als dafür (Kategorie D). Deshalb stellt sich auch die Frage nach einer Rezeptionsrichtung hier nicht.

5. Irenäus von Lyon Irenäus von Lyon (* 130, † um 200) 1 eröffnet mit seinem Œuvre eine weitere wichtige Perspektive in der Frage nach frühen Spuren des Jak, während eine solche von anderen Texten und Autoren nicht zu erwarten ist. 2 Besonders der Umstand, dass Irenäus als Kleinasiate in Gallien wirkte, erscheint hier interessant. Dabei werden in zehn Passagen seines Hauptwerkes Adversus haereses (haer.) immer wieder Reminiszenzen aus dem Jak diskutiert: Nr.

Jak

Werk

Passage

Kategorie

1.

1, 18.22

haer.

5, 1,1

D

2.

1, 18

haer.

1, 8,3

D

3.

1, 25; 2, 12

haer.

4, 34, 4

C

4.

2, 23

haer.

4, 5,3

D

5.

2, 23

haer.

4, 5,5

D

6.

2, 23

haer.

4, 8,1

D

7.

2, 23

haer.

4, 13, 4

D C

8.

2, 23

haer.

4, 16, 2 3

9.

5, 6

haer.

4, 18, 3

C

10.

5, 14–15

haer.

2, 32, 4

D

Wie bei vielen anderen in dieser Untersuchung interessierenden Autoren sind auch in diesem Fall die Stimmen der Forschung keineswegs im Einklang, wenn es um die Frage geht, ob Irenäus den Jak kannte und gegebenenfalls Teile daraus in seinen Schriften verarbeitete. Zudem bleiben diese Ausführungen weit1 Einleitende Informationen zu Leben und Werk des Irenäus finden sich bei Hamm, Irenäus, 351–355. Besonders mit dem Kanonverständnis des Irenäus beschäftigen sich Metzger, Canon, 153–156, und Markschies, Theologie, 264–265, der zu Recht in Irenäus den ersten Theologen sieht, der „explizit in den achtziger Jahren des zweiten Jahrhunderts eine definitive Sammlung autoritativer heiliger Schriften nebem dem jüdischen ‚Kanon‘ der Bibel als Basis seiner Argumentation voraussetzte“ (264). 2 Hierzu sind mit Allison, James, 13–17, zu zählen: 2. Clemensbrief, Barnabasbrief, Didache, Apokalypse des Petrus, die Schrift an Diognet, die Lehren des Silvanus und die Schriften des Hippolyt. Hegesipp († um 180) zeigt zwar ein Interesse an der Person des Herrenbruders Jakobus, liefert aber keine Hinweise auf den Jak. Eine Sichtung des Materials hat ergeben, dass sich hieraus keine für diese Untersuchung sinnvollen Überlegungen hinsichtlich der Frage nach frühen Spuren des Jak anstrengen lassen. 3 Diese Stelle gibt Mußner, Jakobusbrief, 41, mit haer. 4, 27, 2 an. Da zu haer. 4, 27, 2 jedoch keinerlei Ähnlichkeiten bestehen, muss Mußner hier ebenfalls haer. 4, 16, 2 im Blick gehabt haben.

Irenäus von Lyon

63

gehend oberflächlich. 4 Bis dato kann mit Sicherheit, aber auch mit einiger Resignation, nur dem jüngsten Urteil von Dale Allison beigepflichtet werden: „If he knew James, he did not much use it.“ 5

Dennoch möchte diese Untersuchung, auch vor dem Hintergrund bisher gewonnener Erkenntnisse und der Möglichkeit einer umfassenden Darstellung, deutlicher fragen: Lassen sich die zehn Stellen aus den haer. als zufällige Ähnlichkeiten bewerten oder ist von einer bewussten Rezeption des Jak auszugehen? Kann es eventuell auch sein, dass Irenäus den Jak kennt und Teile daraus verwendet, aber bewusst deren Herkunft verschleiern will, oder auch kein Interesse an ihrer Herkunft hat? Oder ist Irenäus dabei nicht bewusst, dass er aus dem Jak zitiert? Sicher bei all diesen Fragen ist, dass Irenäus den Jak kein einziges Mal explizit erwähnt, d. h. Irenäus nennt an keiner Stelle den Namen der Schrift und greift den Jak auch nie so auf, dass die Kombination mehrerer Wörter eindeutig ohne Zweifel auf eine Rezeption schließen lassen würde. Also finden sich im Œuvre des Irenäus auch keine Textstellen, in denen der Jak als „Schrift“ bezeichnet wird. Dies steht im Gegensatz dazu, dass Irenäus wie kein anderer vor ihm Schriften des heutigen Neuen Testaments als autoritativ verwendet, diskreditierte aber gleichzeitig andere heute nichtkanonische Schriften hinsichtlich ihrer Qualität nicht ausschließlich. 6 Zudem ist Irenäus 4 So etwa Nienhuis, Paul, 36, der diese Frage in einem einzigen Abschnitt glaubt beantworten zu können und dabei gerade einmal zwei der relevanten Texte anschneidet. In nur einem Satz und ohne eine explizite Analyse lehnt Johnson, Brother, 90, mögliche literarische Verbindungen zwischen dem Werk des Irenäus und Jak ab. Ebenfalls Allison, James, 16; Ropes, Critical, 100; 223, der sich die noch zu erörternden Ähnlichkeiten zwischen Jak 2, 23 und haer. 4, 5,3 mit „a mere of coincidence“ erklärt, wobei Ropes sämtlichen weiteren möglichen Bezugspunkten keine Beachtung schenkt; ferner Mußner, Jakobusbrief, 41, dessen Urteil sogar positiv ausfällt: Er geht davon aus, dass Irenäus den Jak kannte und wohl sogar zitiert. Jedoch gibt im Fall Mußners schon der geringe Umfang der Argumentation erheblichen Anlass zu Bedenken. Häufig wird dabei wohl auch nicht bedacht, dass ein Vergleich der lateinischen Varianten immer unter dem Aspekt betrachtet werden muss, dass hier nicht die griechischen Originaltexte verglichen werden. Auf die in manchen Fällen noch vorhandenen griechischen Fragmente geht niemand ein. 5 Allison, James, 16. Dies unterstreicht Allison mit der Beobachtung, dass Irenäus die 13 Verse des 2 Joh zitiert und dies z. T. mehr als einmal. 6 Heckel, Evangelium, besonders 1–30, legt am Beispiel der Kanonisierung der vier Evangelien deren Problematik dar und wirbt für ein sensibilisiertes Verständnis für den Kanonisierungsprozess. Auch Nicklas, Apokryphen, 67, zeigt, dass selbst im vierten Jahrhundert, zu einem Zeitpunkt, an dem man von einem Kanon neutestamentlicher Schriften ausgehen kann, diese Idee, aber auch der Umfang nicht überall akzeptiert war und gibt Einblick in das komplexe Zueinander der verschiedenen eingruppierten Schrif-ten, wodurch deutlich wird, dass gerade Schriften außerhalb eines sich etablierenden neutestamentlichen Kanons nicht als „apokryph“ abgestempelt und verurteilt werden dürfen. Vielmehr wichtig bei der Beurteilung seien Autorität und Funktion einer Schrift. Dabei könne der kanonische Status innerhalb verschiedener Kontexte und Gruppen variieren. Auch unterscheide sich die Zugänglichkeit von Ort zu Ort und sei abhängig vom sozialen Status. Auf jeden Fall soll klar sein, dass autoritative Texte nicht zwingend heute kanonisch anerkannte Texte sein müssen.

64

Irenäus von Lyon

wohl der Erste, der 1 Petr und 1 Joh namentlich nennt. 7 Ferner bleibt eine starke Konzentration auf paulinische Schriften zu konstatieren. 8 An Irenäus, der auch aus Schriften, die nicht Teil des heutigen Kanons des Neuen Testaments sind, wie etwa dem Hirt des Hermas (haer. 4, 20, 2), zitiert, 9 lässt sich ein überdachtes Verständnis des Zueinanders kanonischer und nichtkanonischer Schriften 10 einführen. Dies bringt eine Minderung der Schlagkraft von Argumentationen mit sich, die auf einem qualitativen Unterschied zwischen kanonischen und nichtkanonischen Schriften aufbauen und deshalb darauf schließen lassen, Irenäus habe den Jak nicht gekannt, wenn er schon nichtkanonische Schriften beim Namen zitiere und Jak nicht. 11 Die Untersuchung der zur Debatte stehenden Texte wird zeigen, ob eine Einordnung des Jak in dieses Setting von kanonischen und nichtkanonischen Schriften bei Irenäus möglich ist und eventuell auch, wo sich der Jak innerhalb der von Irenäus verwendeten Schriften einordnen lässt. Damit ließen sich auch die bisherigen Aussagen über dessen Schriftgebrauch präzisieren. Dies weitet den Blick auf die Problematik um die Frage möglicher Echos des Jak bei Irenäus ein Stück: Es mag erstaunlich erscheinen, dass unter den zehn vermeintlichen Rezeptionen aus dem Jak keine als solche gekennzeichnet ist, weder mit dem Namen des Autors 12 noch mit dem Titel der Schrift. 13 7 Wie sämtliche Beispiele dieser Studie belegen, ist die namentliche Nennung der zitierten Schrift in den ersten Jahrhunderten eher selten. Dies mag auch an der Überlieferungssituation liegen: Von einer Bibel, wie wir sie heute kennen, war man weit entfernt. Die neutestamentlichen Erzählungen wurden zu einem großen Teil mündlich überliefert. Dabei scheint Irenäus 2 Petr und Jud nicht zu kennen. Auch Nienhuis, Paul, 35, findet keine klaren Bezugspunkte zu den beiden Schriften. Jedoch muss bis hierher offenbleiben, inwieweit Irenäus diese Schriften als Sammlung betrachtete. Es gilt als unwahrscheinlich, dass das Verständnis dieser Reihe von Schriften bei Irenäus kongruent war mit der uns heute bekannten Sammlung der katholischen Briefe. 8 Irenäus kennt und zitiert 13 der Briefe des Paulus. Mit Nachdruck Nienhuis, Paul, 34. 9 Weitere nichtkanonische Schriften, die Irenäus als Schriften bezeichnet, sind beispielsweise: 1 Clem (haer. 3, 3,3); Brief des Ignatius an die Römer (haer. 5, 28, 4); Brief des Polykarp an die Philipper. Vgl. hierzu auch Nienhuis, Paul, 36–37, der damit u. a. deutlich machen möchte, dass sich die Autorität der Autoren weitgehend von den Aposteln ableiten lässt. 10 Am Beispiel der bedeutsamen Schrift des Pastor Hermae versucht Nicklas, Apokryphen, 76–80, einem adäquaten Verständnis von kanonischen Schriften aus einer weiteren Perspektive, nämlich aus der Sicht nichtkanonischer Schriften näher zu kommen. Aus seiner Argumentation, die er anhand der Verwendung des Hermas bei Clemens von Alexandrien, Origenes und Eusebius aufbaut, geht hervor, dass beispielsweise Clemens qualitativ nicht unterschieden hat zwischen einer Schrift wie dem Hirt des Hermas, der für ihn nicht aus der Autorschaft eines Apostels stammt, und einer Schrift wie der Offenbarung des Johannes, deren Urheberschaft auf einen Apostel zurückzuführen sei. So war, anders gesagt, diese für uns so wichtige Differenzierung für Christen bis tief ins vierte Jahrhundert hinein nicht von Belang. 11 Dies versucht Nienhuis, Paul, 36, indirekt, wenn er schreibt: „In 3.3.3 Irenaeus mentions 1 Clement, a ‚powerfull letter‘ written from Clement of Rome“. 12 So rezipiert Irenäus in haer. 4, 5,3: Hoc est quod a Paulo dicitiur: „Quemadmodum luminaria in mundo.“ Phil 2, 15 (SC 100/II, 432). 13 Weiter rezipiert Irenäus in haer. 4, 2,1: „Moyses igitiur recapitulationem universae legis

Irenäus von Lyon

65

Folgende zwei Beobachtungen können nicht per se als Argumente gegen eine Kenntnis des Jak bei Irenäus gewertet werden: 1. Zitate aus Paulusbriefen sind meist eingeleitet mit dem Namen des Paulus. 14 Andererseits werden Schriften immer wieder auch ohne Titel genannt, häufig in Verbindung mit dem Terminus γραφή. 15 Titel und Name des Autors sind also für ein Zitat nicht zwangsweise notwendig. Zudem finden sich im Werk des Irenäus nicht nur Zitate aus Paulusbriefen, sondern durchaus auch Echos. Anders gesagt, nur weil sich bei Irenäus keine Zitate aus dem Jak finden, die in ihrer Einleitung darauf verweisen, heißt dies noch nicht, dass es keine solche oder keine Echos daraus gibt. 2. Jakobus als Person ist bei Irenäus genauso bekannt wie Petrus und Johannes. 16 Dass Irenäus Jakobus einen ähnlichen Platz einräumt wie Petrus, zwingt hingegen noch nicht zu der Annahme, dass dies auch mit der ihm zugeschriebenen Schrift so sein muss. Dennoch müssen sich im Laufe der Untersuchung stichhaltige Belege dafür finden lassen, um diese Möglichkeiten als plausibel erweisen zu können. Hieraus ergeben sich folgende qualitative Fragen: 1. Weshalb räumt Irenäus Schriften wie dem 2 Joh, dessen 13 Verse er teils mehrfach zitiert, 17 mehr Raum und Bedeutung ein als dem Jak? 2. Führt der Lärm um andere Schriften 18 bei Irenäus zu einem lauten Schweigen über Jak? quam acceperat a demiurgo in Deuteronomio faciens, sic ait: ‚Attende caelum, et loquar, et audiat terra verba ex | ore meo.‘“ Dtn 32, 1 (SC 100/II, 419). 14 Dem steht allerdings das Faktum gegenüber, dass der Name der Schrift hauptsächlich bei Texten aus dem Alten Testament genannt wird, was im Weiteren den Schluss erlaubt, dass das Alte Testament und frühchristliche Texte offensichtlich lange Zeit auf einem unterschiedlichen Level waren. 15 So z. B. beim Pastor Hermae in haer. 4, 20, 2. Dabei muss, wie auch Mußner, Jakobusbrief, 41, bemerkt, bewusst sein, dass nicht genau klar ist, wie Irenäus den Terminus γραφή versteht. 16 Den Figuren des Jakobus, Petrus und Johannes bei Irenäus widmet Nienhuis, Paul, 37– 39, einen eigenen Abschnitt, in dem er deren Funktion bei Irenäus als Zeugen für die Erlösung als Gegenpol zu denen, die eine Kluft zwischen altem und neuem Bund proklamieren, beschreibt. Dabei werde Jakobus als Führungsperson neben Paulus und Petrus gleichberechtigt dargestellt, was für Nienhuis wiederum fraglich macht, weshalb dann auch nicht der Jak als solcher in den Werken des Irenäus genauso vorkommen müsste wie die Schriften des Paulus. 17 Gerade Allison, James, 16, sieht in diesem Faktum ein ausschlaggebendes Argument gegen eine Rezeption des Jak bei Irenäus. Dies unterstreicht auch Nienhuis, Paul, 34–39, der auf die Rezeption des 1 Petr und 1 Joh hinweist. 18 Zum Gebrauch neutestamentlicher Schriften bei Irenäus vgl. ausführlich Mutschler, Irenäus, 61–98. Allerdings geht Mutschler teilweise sehr oberflächlich vor und wertet beispielsweise sämtliche von der Biblia Patristica angezeigte mögliche Bezugnahmen als tatsächliche. Dennoch liefert er eine gute Übersicht der in Frage kommenden Schriften und zeigt auch die Verteilung der möglichen Referenztexte innerhalb der betreffenden Werke von Irenäus.

66

Irenäus von Lyon

5.1 Werk und Überlieferungssituation Ein weiteres Problem, das einem bei diesen Fragestellungen unweigerlich begegnet, ist die komplexe Textüberlieferung von haer. Irenäus hat den Text ursprünglich in griechischer Sprache abgefasst. Davon ist jedoch nur mehr ein Bruchteil in Fragmenten erhalten, bei denen es sich weitgehend um Zitate in anderen frühchristlichen Schriften handelt, die zu einem großen Teil bei Hippolyt (* vor 170, † 235), Epiphanius (* zwischen 310 und 320, † 403), Eusebius (* vor 264/65, † 339/340) und Johannes von Damaskus (* um 650, † unbekannt) zu finden sind. 19 Zudem sind weite Teile, das ganzes Buch 4, in einer armenischen Übersetzung aus dem achten Jahrhundert erhalten. 20 Weiter existieren auch einige Fragmente in syrischer Sprache. 21 Für eine Untersuchung auf literarische Abhängigkeit muss dies bedeuten, dass Vergleiche meist nur auf der Basis einer anonymen lateinischen Übersetzung aus dem vierten Jahrhundert angestellt werden können und damit immer die Möglichkeit von Unschärfen durch Interpolation, Fehlern bei der Übertragung oder schlecht erhaltenene Originale besteht. Als lateinischer Referenztext des Jak wird hier die Übersetzung der Vulgata verwendet. Falls es notwendig erscheint, wird ebenfalls die Vetus Latina-Variante ergänzend hinzugezogen.

5.2 Verhältnisbestimmung Gerade drei der insgesamt zehn Stellen sind wegen des hohen Maßes an Übereinstimmungen besonders interessant und vielversprechend, wenn es darum geht, einen Weg aus dem Wust verschiedenster Fragestellungen und der damit verbundenen Probleme zu bahnen und einer soliden Antwort auf die Frage einer möglichen Rezeption des Jak bei Irenäus näherzukommen: haer. 4, 5,3, 4, 16, 2 und 4, 13, 4. In bisherigen Forschungsarbeiten sind diese Passagen aber nie – bis auf Nienhuis, allerdings auch bei ihm nur oberflächlich – in Zusammenhang untersucht worden. 22 19 Eine ausführliche Darstellung der erhaltenen Textvarianten der haer. liefern die einzelnen Bände der SC: Rousseau, Introduction (SC 263), 9–111; Rousseau, Introduction (SC 293), 16–111; Rousseau, Introduction (SC 210), 11–143; Doutreleau/Rousseau, Introduction (SC 100), 2–104; Rousseau, Introduction (SC 152), 27–165. Kurz hierzu auch Hamm, Irenäus, 351–354. Siehe ebenfalls Gamble, Books, 82. 20 Zu beachten hierbei ist jedoch, dass es sich um eine Handschrift aus dem vierzehnten Jahrhundert handelt. Nähere Informationen finden sich in der armenischen Textausgabe von 1919: Barthoulot, Saint Iréné. 21 Zu Textüberlieferung in Kürze: Hamm, Irenäus, 352–354. 22 So z. B. Nienhuis, Paul, 36; Allsion, James, 16; Ropes, James, 223; Meyer, Rätsel, 9–10.

Verhältnisbestimmung

67

5.2.1 Abraham, Freund Gottes, in Jak 2, 23 Jak 2, 23 23 καὶ ἐπληρώθη ἡ γραφὴ ἡ λέγουσα· ἐπίστευσεν δὲ Ἀβραὰμ τῷ θεῷ, καὶ ἐλογίσθη αὐτῷ εἰς δικαιοσύνην καὶ φίλος θεοῦ ἐκλήθη. NA 28 23

und die erfüllt wurde die Schrift erfüllt, die sagt: „Abraham glaubte Gott, und es wurde ihm als Gerechtigkeit angerechnet, und er wurde Freund Gottes genannt.“

Jak 2, 23 23 enthält drei Elemente: 1. Den Glauben Abrahams, der ihm 2. als Gerechtigkeit angerechnet wird und 3. die daraus resultierende Freundschaft Abrahams mit Gott. Jedes dieser Motive reicht in seinem Ursprung weit hinter das Neue Testament zurück und ist wohl auf alttestamentlich-jüdische Quellen zurückzuführen. Die ersten beiden Elemente treten neben Jak 2, 23 an drei weiteren Stellen auf: Gen 15, 6 καὶ ἐπίστευσεν Αβραμ τῷ θεῷ, καὶ ἐλογίσθη αὐτῷ εἰς δικαιοσύνην. LXX Und Abraham glaubte dem Gott und es wurde ihm gerechnet zur Gerechtigkeit. Röm 4, 3 τί γὰρ ἡ γραφὴ λέγει; ἐπίστευσεν δὲ Ἀβραὰμ τῷ θεῷ καὶ ἐλογίσθη αὐτῷ εἰς δικαιοσύνην. NA 28 Denn was sagt die Schrift? (Es) glaubte aber Abraham Gott und es wurde ihm gerechnet zur Gerechtigkeit. Gal 3, 6 Καθὼς Ἀβραὰμ ἐπίστευσεν τῷ θεῷ, καὶ ἐλογίσθη αὐτῷ εἰς δικαιοσύνην· NA 28 Wie Abraham Gott glaubte und es wurde ihm gerechnet zur Gerechtigkeit.

Die neutestamentlichen Fundstellen Röm 4, 3, Gal 3, 6 und Jak 2, 23 stimmen alle in der Formulierung ἐπίστευσεν δὲ Ἀβρααμ τῷ θεῷ καὶ ἐλογίσθη αὐτῷ εἰς δικαιοσύνην überein und damit auch grundsätzlich in dem Motiv vom Glauben Abrahams, der ihm zur Gerechtigkeit angerechnet wurde. Als mögliche Quelle kommt für alle diese Texte Gen 15, 6 LXX infrage. 24 Unterschiede bestehen nur in der Konjunktion καί, die das δέ aus Gen 15, 6 LXX ersetzt, und 23 Zur Kontroverse, die sich um die Exegese dieses Verses formiert hat, siehe ausführlich Allison, James, 489–496, woraus das Ausmaß der Diskussionen um diesen Vers hervorgeht. 24 Für Jak 2, 23 ist dies sehr wahrscheinlich. Schon die Formulierung καὶ ἐπληρώθη ἡ γραφὴ ἡ λέγουσα leitet ein Schriftzitat ein. Foster, Significance, 97, sieht den Grund hierfür darin, dass der Autor des Jak seinem Argument durch ein Beispiel aus der Schrift Nachdruck

68

Irenäus von Lyon

dem Namen Abrahams, der in Gen 15, 6 LXX mit Αβραμ wiedergegeben wird. Aufgrund der Abweichungen von Gen 15, 6 LXX bleibt zu fragen, ob jeder der neutestamentlichen Texte wirklich direkt darauf zurückgreift, auch wenn alttestamentlich-jüdische Wurzeln offensichtlich sind, 25 oder ob der Grund für die leichten Unstimmigkeiten hier nicht eine andere von der Septuaginta abweichende Lesart ist, wofür auch die exakt übereinstimmenden Passagen aus Philo, Mut. 177, Röm 4, 3, 1 Clem 106 und Justin, Dial. 92, 3 sprechen. Anders gesagt: Sämtliche Texte, die diese Motivik aufgreifen, könnten dieses nicht von Gen 15, 6 LXX tun, sondern auch von einer sich davon unterscheidenden Lesart oder dahinter zurückliegenden Traditionen. Allerdings lässt sich auch hierfür kein Beweis erbringen. Weiter besteht die Möglichkeit, dass Jak 2, 23 die Idee von Röm 4, 3 bezieht. 26 Eine Entscheidung über literarische Abhängigkeiten auf Basis dieser Beobachtungen ist also nicht möglich. Jak 2, 23 hebt sich von den anderen drei Versen in dem dritten Element, der Freundschaft Gottes mit Abraham, ab. Dieses Motiv hat seine Wurzeln wohl im frühen Judentum und kann als lange und weit bekannt vorausgesetzt werden. 27 verleihen will, was einleuchtend erscheint. Ähnlich führt auch Vouga, Jacques, 89–90, seine Argumentation. 25 Hierfür sprechen Ps 106, 31; Jub 30, 17; 31, 23; 4QHalakhic, Texte, bei denen Elemente des Motivs ebenfalls begegnen. Nähere Ausführungen hierzu finden sich bei Allison, James, 491, und Popkes, Brief des Jakobus, 206. 26 Dies lässt sich jedoch aufgrund der Komplexität der Verbindungen und fehlender weiterer Übereinstimmungen nicht belegen. Vgl. hierzu auch Allison, James, 491, der die Möglichkeit einer von der LXX abweichenden Lesart und stilistischen Veränderungen, welche der Autor des Jak gegenüber Gen 15, 6 LXX vorgenommen haben müsste, bevorzugt. Eine ähnliche Theorie verfolgt Moo, James, 137–138, der jedoch eine definitive Entscheidung am Ende auch offen lassen muss. 27 Hierbei handelt es sich um Texte aus dem Alten Testament (Jes 41, 8 LXX: Αβρααμ ὃν ἠγάπησα; Jes 51, 2 LXX: ἠγάπησα αὐτόν; 2 Chr 20, 7: Αβρααμ τῷ ἠγαπημένῳ; Dan 3, 35: Αβρααμ τὸν ἠγαπημένον), frühe jüdische Literatur (Jub. 19, 9; 30, 20; Philo, sobr. 56.2: Ἀβραὰμ τοῦ φίλου μου [Philo, Opera 2, 215]; Philo, de Abr., 19; TestAbr. Rec. A: 1, 4.6; 2, 3.6; 4, 7; 8, 2.4; 9, 7; 15, 12–14; 16, 5.9; Rec. B: 4, 10; 8, 2; apoc. Abr. 9, 6; 10.6; 4 Esra 3, 14), Texten aus Qumran (4Q176 1–2; 1, 10; 4Q252 2, 8), frühe christliche Literatur: 1 Clem 10, 1 (φίλος); 17, 2 (φίλος θεοῦ) und Sure 4, 125 aus dem Koran. Eine Auflistung weiterer, u. a. rabbinischer Beispiele hierfür bietet Allison, James, 494. Siehe hierzu auch Popkes, Brief des Jakobus, 206– 208; Vouga, Jacques, 89: McKnight, Letter, 255–256; Brooke, Dead Sea Scrolls, 183, und Hartin, James, 155. Weiter folgert Johnson, James, 243, daraus, dass der Autor des Jak sowohl in jüdischen als auch in griechisch–römischen Traditionen verwurzelt war, was er jedoch nicht belegen kann. Dies führt Johnson, Siginificance, 99–100, dazu, die Quelle für das Motiv der Gottesfreundschaft Abrahams bei Jak 2, 23 anzunehmen, was wiederum nicht überzeugen kann, sodass letzten Endes offen bleiben muss, was der tatsächliche Ursprung hiervon ist. Laws, Epistle, 136, folgert hieraus, dass der Autor des Jak hier „Schrift“ nicht strikt zitiert, aber es sich dennoch um ein bekanntes Bild mit alttestamentlich-jüdischen Wurzeln handelt. Nienhuis, Paul, 36; Meyer, Rätsel, 9–10, und Ropes, James, 223, versuchen den Umstand, dass das Motiv von Abraham als Freund Gottes als weit bekannt vorausgesetzt werden muss, als Hauptargument gegen eine literarische Abhängigkeit zwischen haer. 4, 16, 2 und Jak 2, 23 zu instrumentalisieren, übergehen dabei aber, dass in all diesen Passagen keine Kombination mit Gen 15, 6 LXX vorliegt wie bei Jak 2, 23 und haer. 4, 16, 2.

Verhältnisbestimmung

69

In Kombination mit den beiden vorausgehenden Motiven begegnet es jedoch nur bei Jak 2, 23 und in ähnlicher Weise bei Irenäus in haer. 4, 16, 2. Die Frage nach der Herkunft der Terminologie „Abraham, Freund Gottes“ gestaltet sich äußerst komplex. 28 Als sicher kann jedoch angenommen werden, dass sie nicht von Jak 2, 23 ausgeht. Deshalb können verbindliche Aussagen über literarische Abhängigkeiten von Jak 2, 23 nur über die zusammenhängende Abfolge der drei einzelnen enthaltenen Elemente geführt werden. Die Passage haer. 4, 5,3 ist für diese Untersuchung auch gerade deshalb so wichtig, weil dies die einzige dieser drei Passagen ist, die noch in der ursprünglichen griechischen Fassung über die wohl um 1100 in Konstantinopel entstandenen Catena in Genesim erhalten ist. 29 Gen 15, 6

haer. 4, 5,3

6 καὶ

fr. gr. 3. – Catena in Genesim – ed. Combefis „Ἐπίστευσεν δὲ Ἀβραὰμ τῷ θεῷ, καὶ ἐλογίσθη αὐτῷ εἰς δικαιοσύνην“, πρῶτον μὲν ὅτι αὐτός ἐστιν ὁ ποιητὴς οὐρανοῦ καὶ γῆς μόνος θεός, ἔπειτα δὲ ὅτι ποιήσει τὸ σπρέμα αὐτοῦ ὡς τὰ ἄστρα τοῦ οὐρανοῦ. SC 100/II, 432

ἐπίστευσεν Αβραμ τῷ θεῷ, καὶ ἐλογίσθη αὐτῷ εἰς δικαιοσύνην. LXX

6 credidit

Abram deo et aestimatum est ei ad iustitiam. Vetus Latina

6 credidit

Domino et reputatum est ei ad iustitiam. Vulgata Jak 2, 23 ἐπληρώθη ἡ γραφὴ ἡ λέγουσα· ἐπίστευσεν δὲ Ἀβραὰμ τῷ θεῷ, καὶ ἐλο-

23 καὶ

Quid enim? „Credidit Abraham Deo, et de-putatum est ei ad iustitiam“, primum quidem quoniam ipse est factor caeli et terrae solus Deus, deinde autem quoniam faciet semem eius quasi stellas caeli. SC 100/II, 432

28 Mit der Frage des Ursprungs des Motivs der Gottesfreundschaft beschäftigt sich ausführlich Peterson, Gottesfreund, 161–202. Hierin wird deutlich: das Wort „Gottesfreund“ begegnet schon vielfach in vorchristlicher Literatur, etwa bei Plutarch, Xenophon, Plato, Plotin und Epiktet (161–180). Hier bleiben die Bezüge jedoch noch unklar und es ist nicht mit Sicherheit zu klären, ob es sich tatsächlich um eine Gottesfreundschaft handelt. An Deutlichkeit gewinnt diese Motivik jedoch im Alten Testament und im Judentum: Der Ausdruck lässt sich in der LXX und in der Vulgata nachweisen. Eine wichtige Rolle hierbei spielt Ex 33, 11, ein Vers, in dem Mose als Freund Gottes bezeichnet wird. Zum ersten Mal wird dieses Attribut Abraham wohl in 2 Chr 22, 7 Vulgata (semini Abraham amici tui) verliehen, wobei die LXX an dieser Stelle τῷ ἠγαπημένῷ σου liest (172). Im Neuen Testament begegnet dieses Motiv, bezogen auf Abraham, tatsächlich nur in Jak 2, 23. Dennoch ist, wie auch Peterson betont, die Terminologie außerhalb des Neuen Testaments neben den Passagen bei Clemens auch bei 1 Clem 10, 1 und Tertullian adv. Iud. 2, 7 vorzufinden (186–202). Zu beachten ist des Weiteren, dass es unterschiedliche Begründungen der Freundschaft Gottes mit Abraham gibt, die für die Klärung literarischer Abhängigkeiten ausschlaggebend sein können. 29 Leider fehlt diese Passage aus den haer. in vielen großen Kommentaren, wie etwa Allison, James, 16, bzw. wird nicht mit der dieser Passage angemessenen Sorgfalt begutachtet, wie bei Nienhuis, Paul, 26, der diesen Abschnitt nur am Rande erwähnt.

70

Irenäus von Lyon

γίσθη αὐτῷ εἰς δικαιοσύνην καὶ φίλος θεοῦ ἐκλήθη. NA 28 23 et

suppleta est Scriptura dicens: „Credidit Abraham Deo, et reputatum est illi ad iustitiam“, et amicus Dei appellatus est. Vulgata

23 et

impleta est scriptura dicens: „Credidit Abraham domino, et estimatum est ei ad iustitiam“, et amicus Dei vocatus est. Vetus Latina Röm 4, 3 γὰρ ἡ γραφὴ λέγει; ἐπίστευσεν δὲ Ἀβραὰμ τῷ θεῷ καὶ ἐλογίσθη αὐτῷ εἰς δικαιοσύνην. NA 28

3 τί

3 quid

enim scriptura dicit? credidit Abraham Deo et reputatum est illi ad iustitiam. Vulgata Gen 15, 6

haer. 4, 5,3 Was nämlich? „Abraham glaubte Gott und und es wurde ihm angerechnet als Gerechtigkeit“, erstens, dass er selbst der Schöpfer von Himmel und Erde als der alleinige Gott, und zweitens, dass er seinen Samen wie die Sterne am Himmel machen wird.

6 Abraham

glaubte Gott, und es wurde ihm angerechnet als Gerechtigkeit. Jak 2, 23 erfüllt wurde die Schrift erfüllt, die sagt: „Abraham glaubte Gott, und es wurde ihm als Gerechtigkeit angerechnet, und er wurde Freund Gottes genannt.“

23 und

Röm 4, 3 was sagt die Schrift? Abraham glaubte Gott, und es wurde ihm angerechnet zur Gerechtigkeit. 3 Denn

Leicht zu erkennen ist die Übereinstimmung der Phrase ἐπίστευσεν δὲ Ἀβραὰμ τῷ θεῷ, καὶ ἐλογίσθη αὐτῷ εἰς δικαιοσύνην dem Inhalt, aber auch dem Wortlaut nach. 30 Dies trifft ziemlich genau auch für die lateinische Über30 Bisher wurde Jak 2, 23 immer mit der lateinischen Übersetzung von haer. 4, 5,3 verglichen: Credidit Abraham Deo, et reputatum est illi ad iustitiam (Vulgata), etwa bei Nienhuis, Paul, 36, und auch noch jüngst bei Allison, James, 16, was so nur die Aussage einer inhaltlichen Kongruenz legitimiert. Deshalb erscheint es sinnvoller, hier das noch erhaltene griechische Fragment aus der Catena in Genesim zum Vergleich heranzuziehen. Auch wenn es

Verhältnisbestimmung

71

setzung von haer. 4, 5,3 und die Vulgata-Variante von Jak 2, 23 zu: Die Unterschiede, deputatum bei Irenäus anstelle von reputatum bei Jak (Vulgata) und ei bei Irenäus anstelle von illi bei Jak (Vulgata), sind als marginal zu bewerten, als synonyme Übersetzungsvarianten und aufgrund der Übereinstimmung im griechischen Text als geringfügig einzustufen. In diesem Zusammenhang muss auch die wörtliche Kongruenz von Jak 2, 23 mit Röm 4, 3 Erwähnung finden: Übereinstimmung besteht in der Formulierung ἐπιστευσεν δὲ Ἀβραὰμ τῷ θεῷ καὶ ἐλογίσθη αὐτῷ εἰς δικαιοσύνην. Gerade der Umstand, dass Jak 2, 23 Röm 4, 3 entspricht, macht es nahezu unmöglich, darüber zu entscheiden, ob gegebenfalls eine Abhängigkeit von Jak oder von Röm wahrscheinlicher ist. Des Weiteren findet sich exakt die gleiche Formulierung credidit Deo et deputatum est ei ad iustitiam bei haer. 4, 8,1 und nahezu identisch auch in haer. 4, 5,5. Nähere Aussagen über das Verhältnis zu Jak 2, 23 lassen sich dadurch zwar nicht treffen, es lässt sich damit aber umso mehr erklären, dass Irenäus das von der lateinischen Übersetzung von Jak in der Vulgata abweichende Wort deputatum konsistent benutzt. Da auch Röm 4, 3 mit reputatum einen – wenn auch marginal – abweichenden Wortgebrauch wählt, lassen sich auch hieraus keine weiteren Schlüsse ziehen. Wie schon allgemein angedeutet, wird das Attribut der Freundschaft Abrahams mit Gott und dessen Rezeption in beiden Texten richtungsweisend für eine Entscheidung und ein roter Faden für den Vergleich mit den anderen beiden Stellen haer. 4, 16, 2 und haer. 4, 13, 4 werden: Gerade der Anhang καὶ φίλος θεοῦ ἐκλήθη (et amicus dei appelatus est; Vulgata) aus Jak 2, 23 fehlt bei haer. 4, 5,3. Besonders durch dieses fehlende Element ergibt sich zudem eine komplette wörtliche Übereinstimmung mit Röm 4, 3 und Gen 15, 6 LXX, wobei wohl eine Abhängigkeit von Gen 15, 6 LXX plausibler erscheint. 31 Dieses Bild wird auch nicht schärfer, wenn man die Kontexte vergleicht: Beiden Texten liegt zwar das Motiv des Glaubens Abrahams, der ihm als Gerechtigkeit angerechnet wurde, zugrunde. Jedoch wird es aus unterschiedlichen Intentionen heraus benutzt: Jak 2, 14–26 stellt die Frage nach dem wahren Heil in den Vordergrund, das abhängig ist von einem Leben gemäß den ἔργα (Werken). Dabei wird das Beispiel Abrahams gewählt, um der Argumentation Nachsich bei diesem Fragment nicht um das Original des Irenäus handelt, ist es dennoch eine bessere und dem Ursprünglichen nähere Vergleichsmöglichkeit als mit den lateinischen Texten zu operieren. 31 Gen 15, 6 LXX hat mit Jak 2, 23 in dem Artikel δὲ eine trennende Gemeinsamkeit gegenüber haer. 4, 5,3 und Röm 4, 3, wo die Partikel fehlt. Allerdings darf der Partikel δὲ an sich keine zu große Bedeutung beigemessen werden, zudem findet er sich auch nicht in allen Textvarianten des Jak. Siehe hierzu ECM, 44. Ähnliches gilt für die Namen Abrahams, der in Gen 15, 6 mit Αβραμ bzw. Abram und bei Jak, Röm und Irenäus mit Ἀβραὰμ bzw. Abraham wiedergegeben wird. Die Terminologie Abram ist typisch für die LXX bzw. Vetus Latina des Alten Testaments. Deshalb lässt sich diese Varianz nicht als Argument für oder gegen bestimmte literarische Abhängigkeiten in diesem Zusammenhang werten.

72

Irenäus von Lyon

druck zu verleihen. 32 Demgegenüber kommt den ἔργα in haer. 4, 5,3 und dessen weiterem Umfeld keine Bedeutung zu, sie bleiben unerwähnt. Irenäus greift auf den vorbildhaften Glauben Abrahams zurück, um sein auf dem einen Gott beruhendem Gottesbild gegen „gnostisch“ orientierte Gegner durchzusetzen. 33 Beide Autoren haben also das Motiv des Glaubens Abrahams aus unterschiedlichen Gründen adaptiert. Dabei sind die Argumente des Jak für Irenäus irrelevant, genauso wie die Kontexte von Jak 2, 23, aber auch von Röm 4, 3 und Gen 15, 6, woraus sich kein Argument für oder gegen eine Abhängigkeit ableiten lässt. 34 Bisher von der Forschung unberücksichtigt und hier weiterführend sind haer. 4, 5,5 und haer. 4, 8,1. Während die größte Übereinstimmung mit haer. 4, 8,1 die Wörter credidit Deo et deputatum est ei ad iustitiam und das damit verbundene Motiv des Glaubens Abrahams an Gott, der ihm als Gerechtigkeit angerechnet wird, 35 bilden, beschreibt Irenäus diesen Umstand in haer. 4, 5,5 genauer. Die Kongruenz besteht wie schon in 4, 5,3 in der Aussage, dass Abrahams Glaube ihm als Gerechtigkeit angerechnet wurde und dieser so gerettet werden konnte, 36 mit dem Unterschied, dass diese Aussage über den ganzen Abschnitt von 4, 5,5 verteilt ist. Dies lässt sich auf semantischer Ebene mit der Wiederkehr folgender Syntagmata verifizieren: Abraham, credidit, Deo, deputatum est, ei, ad iustitiam. Das Motiv, dass Abraham dadurch zum Freund Gottes 32 Eine ausführliche und aktuelle Exegese dazu bietet Allison, James, 425–508 (für Jak 2, 23 besonders 489–496). 33 Dabei bleibt jedoch fraglich, ob Irenäus hier aus einer defensiven oder offensiven Position agiert. Jedenfalls, so viel ist sicher, greift er dazu bewusst auf die Bibel Israels zurück, in der Hoffnung, seinem Anliegen eine größere Autorität zu verleihen, was die Rekurse auf Jes 34, 4 und Ps 104, 30: LXX 103, 30 in haer. 4.5.1 verstärken. 34 Der Kontext von haer. 4, 5,3 bietet zudem Einblick in die Art und Weise, wie Irenäus andere Schriften des Neuen Testaments zitiert: So leitet er beispielsweise ein Zitat aus dem Phil mit dem Namen des Autors, Paulus, ein. Weitere Beispiele wären: Röm 11, 17.21 in haer. 4, 27, 2; Eph 2, 7 in haer. 4, 5,1; Mt 22, 29 in haer. 4, 5,2; Phil 2, 15 in haer. 4, 5,3. Dies animiert natürlich zu der Frage, weshalb Paulus hier erwähnt wird und Jakobus nicht, ginge man davon aus, dass hier auch Jak 2, 23 zugrundeliegt. Eine mögliche Erklärung hierfür ließe sich allerdings auch mit einer unterschiedlichen Gewichtung paulinischer Theologie geben und macht eine Entscheidung über mögliche literarische Abhängigkeiten schwer, auch deshalb, weil Irenäus nicht immer nach dem gleichen Schema vorgehen muss, wenn er einen Text zitiert oder darauf anspielt. Siehe hierzu auch Nienhuis, Paul, 36. 35 Mit haer. 4, 8,1 will Irenäus Abraham und dessen Glauben gegen die Position Markions verteidigen und verwendet dazu wie an mehreren anderen Stellen Abrahams Glauben, der ihm als Gerechtigkeit angerechnet wurde. Dies kann auch als Beispiel dafür gewertet werden, wie Irenäus versucht, seine Position gegenüber seinen Gegnern durch Beispiele und Vorbilder aus dem ererbten Glauben Israels geltend zu machen. 36 Das Argument von Nienhuis, Paul, 36, das er innerhalb seiner Beobachtungen zu haer. 4, 5,3–5 und 4, 7,2 bringt, durch die Tatsache, dass Irenäus Abraham nahezu immer in Zusammenhang mit „promise“ und nicht mit „works“ oder „obedience“ verwende, verleihe dem Ganzen einen paulinischen Ton, sagt noch nichts über eine literarische Bekanntschaft mit Jak aus.

Verhältnisbestimmung

73

wurde, fehlt allerdings auch hier. Dabei ist „Abraham“ Leitgedanke von haer. 4, 5,3–4, 5,5 und sind die beiden Eckpunkte 4, 5,3 und 4, 5,5 als Wiederholung zu betrachten, wobei 4, 5,5 mehr als ausführlichere Erläuterung zu verstehen ist. Aus dem Stand der bisherigen Beobachtungen lässt sich nicht auf eine literarische Abhängigkeit schließen. Haer. 4, 5,3 und Jak 2, 23 stimmen nur in denjenigen Punkten überein, die auch parallel verlaufen zu Röm 4, 3 und Gen 15, 6 LXX. Damit erscheint es plausibel, die Grundidee des Motivs der Rechtfertigung Abrahams durch seinen Glauben auf Gen 15, 6 LXX oder eine dem zugrundeliegende Tradition zurückzuführen. Zieht man alle Möglichkeiten in Erwägung, wäre eine Abhängigkeit von Gen, Jak und Röm möglich. Am wahrscheinlichsten dürfte hier eine Abhängigkeit von Gen 15, 6 LXX sein, da Gen weit verbreitet und hinreichend bekannt gewesen sein dürfte. 37 Am unwahrscheinlichsten wäre eine Abhängigkeit von Jak, bedenkt man, welchen Platz Irenäus den Schriften des Paulus und auch gerade dem Röm einräumt. Weshalb sollte er also gerade hier aus einer Schrift zitieren, die er weniger gut kennt? Dies trifft, wie dargestellt, in gleichem Maße auf die Vergleiche von Jak 2, 23 mit haer. 4, 5,5 und haer. 4, 8,1, weshalb auch dadurch keine weiteren Schlüsse zulässig sind. Eine literarische Abhängigkeit zu Jak 2, 23 ist also nicht anzunehmen (Kategorie D). Gen 15, 6

haer. 4, 16, 2

6 καὶ

Et quia non per haec iustificabatur homo, sed in signo data sunt populo, ostendit, quod ipse Abraham sine circumcisione et sine observatione sabbatorum „credidit deo et reputatum est illi ad iustitiam et amicus dei vocatus est“. FC 8/4, 118

ἐπίστευσεν Αβραμ τῷ θεῷ, καὶ ἐλογίσθη αὐτῷ εἰς δικαιοσύνην. LXX

6 credidit

Abram deo et aestimatum est ei ad iustitiam Vetus Latina

6 Credidit

Domino et reputatum est ei ad

iustitiam Vulgata Jak 2, 23 ἐπληρώθη ἡ γραφὴ ἡ λέγουσα· ἐπίστευσεν δὲ Ἀβραὰμ τῷ θεῷ, καὶ ἐλογίσθη αὐτῷ εἰς δικαιοσύνην καὶ φίλος θεοῦ ἐκλήθη. NA 28

23 καὶ

37 Allison, James, 491–493, weist darauf hin, dass gerade Gen 15, 6 vielfach von jüdischen wie christlichen Quellen zitiert wurde.

74

Irenäus von Lyon

23 et

suppleta est Scriptura dicens: „Credidit Abraham Deo, et reputatum est illi ad iustitiam“, et amicus Dei appellatus est. Vulgata

23 et

impleta est scriptura dicens: „Credidit Abraham domino, et estimatum est ei ad iustitiam“, et amicus Dei vocatus est. Vetus Latina

Röm 4, 3 γὰρ ἡ γραφὴ λέγει; ἐπίστευσεν δὲ Ἀβραὰμ τῷ θεῷ καὶ ἐλογίσθη αὐτῷ εἰς δικαιοσύνην. NA 28

3 τὶ

Gen 15, 6 6 Und Abraham glaubte dem Gott und es wurde ihm als Gerechtigkeit gerechnet. Jak 2, 23 23 und erfüllt wurde die Schrift erfüllt, die sagt: „Abraham glaubte Gott, und es wurde ihm als Gerechtigkeit angerechnet, und er wurde Freund Gottes genannt.“

haer. 4, 16, 2 „Dass nicht durch diese (Gesetze) der Mensch gerechtfertig wurde, sondern (die Gesetze) dem Volk als Sinnbild gegeben worden sind, beweist (die Tatsache), dass selbst Abraham ohne Beschneidung und ohne Beachtung der Sabbate Gott glaubte, und es wurde ihm als Gerechtigkeit angerechnet, und er wurde ein Freund Gottes genannt.“

Röm 4, 3 was sagt die Schrift: (Es) glaubte aber Abraham Gott und es wurde ihm angerechnet zur Gerechtigkeit. 3 Denn

Hier muss die Analyse auf der lateinischen Übersetzung basieren, da das griechische Original nicht mehr erhalten ist. Dieser Umstand ist nicht als großes Problem anzusehen, weil eine Satzkombination im Vordergrund steht und nicht ein einzelnes Wort. Wie im vorherigen Beispiel stimmt auch haer. 4, 16, 2 im Motiv des Glaubens Abrahams, der ihm von Gott als Gerechtigkeit angerechnet wurde, mit Jak 2, 23 überein. Dies zeigt sich auch in sprachlicher Hinsicht: Beide Texte bieten die Formulierung credidit Abraham domino, et reputatum est illi ad iustitiam. 38 Dementsprechend reicht auch haer. 4, 16, 2 sprachlich und inhaltlich nahe an Gen 15, 6 Vulgata und Röm 4, 3 Vulgata heran.

38 Da die Übersetzung der haer., wie eingangs dargestellt, auf das vierte Jahrhundert zurückgeht, erscheint es sinnvoll, hier Vergleiche mit der Vulgata zu ziehen, die dem Übersetzer wahrscheinlicher zur Verfügung stand als die Vetus Latina. Aber selbst die Unterschiede zur Vetus Latina-Variante sind zu vernachlässigen. Hier sind nur die Verben ein wenig verschieden

Verhältnisbestimmung

75

Ein deutlicher Unterschied über die Kongruenz mit Gen 15, 6 und Röm 4, 3 hinaus ist hingegen die Übereinstimmung in dem Zusatz der Freundschaft Gottes mit Abraham: et amicus Dei appellatus est (Jak 2, 23, Vulgata) – et amicus Dei vocatus est (haer. 4, 16, 2). Zu vernachlässigen ist, dass bei haer. 4, 16, 2 vocatus begegnet anstelle von appellatus bei Jak 2, 23. Dieses Attribut wird zur Gemeinsamkeit von Jak 2, 23 und haer. 4.16.2 gegenüber Gen 15, 6 und Röm 4, 3. Gerade der Zusatz der Freundschaft Gottes mit Abraham bei Jak, der gekoppelt ist mit dem Gedanken der Rechtfertigung Abrahams durch dessen Glauben, ist hier einzigartig für das gesamte Neue Testament. Die Aussage καὶ φίλος θεοῦ ἐκλήθη zusammen mit der Kombination von Gen 15, 6 begegnet in der gesamten frühen christlichen Literatur erstmals bei Jak und dann wieder bei Irenäus. Das Motiv der Freundschaft Gottes zu Abraham gilt in früher christlicher Literatur als wenig bezeugt und begegnet sonst nur im 1. Clemensbrief 39 und bei Clemens von Alexandrien. 40 Jedoch lassen sich dessen Spuren bis weit in das Judentum zurückverfolgen und war das Bild von Abraham als Gottesfreund dort schon früh weit verbreitet. 41 Für die Autoren Arnold Meyer, James Hardy Ropes und besonders David Nienhuis ist dies Grund genug, von einer Nichtrezeption von Jak 2, 23 auszugehen. 42 Jedoch ist damit ein entscheidender Punkt außer Acht gelassen: Die Kombination der Motive des Glaubens Abrahams an Gott, der ihm zur Gerechtigkeit gereichte aus Gen 15, 6, mit der daraus resultierenden Freundschaft mit Gott begegnet nur hier. Für manch anderen ist diese Kombination ausschlaggebendes Kriterium zur Annahme einer Rezeption des Jak bei Irenäus. 43 Natürlich wäre es auch möglich, dass Irenäus das Motiv von Abraham als Gottesfreund anderweitig kennengelernt hat und es hier nur zufällig mit Gen 15, 6 kombiniert, in einer Weise, die Jak 2, 23 sehr nahe kommt. 44 Weiteren Aufschluss hierzu kann eine zusätzliche Beobachtung geben, die bisher weitgehend unberücksichtigt blieb: Freundschaft Gottes mit Abraham (reputatum, estimatum) und das Objekt (ei), wobei sich an der Wortbedeutung grundsätzlich nichts ändert. Das Gleiche gilt für nachfolgende Beobachtungen. 39 1 Clem 10, 1: Ἀβραάμ ὁ φίλος προσαγορευθείς πιστὸς εὑρέθη ἐν τῷ αὐτὸν ὑπήλππμ γενέσθαι τοῖς ῥήμασιν τοῦ θεοῦ – „Abraham, der ‚Freund‘ genannt, wurde gläubig erfunden, da er den Worten Gottes gehorsam war.“ (Lona, Klemensbrief, 192) und 1 Clem 17, 2: ἐμαρτυρήθη μεγάλως Ἀβραὰμ καὶ φίλος προσηγορεύθη τοῦ θεοῦ καὶ λέγει ἀτενίζων εἰς τὴν δόξαν τοῦ θεοῦ ταπεινοφρονῶν Ἐγὼ δέ εἰμι γῆ καὶ σποδός – „Ein großartiges Zeugnis empfing Abraham: er wurde Freund Gottes genannt, und (dennoch) sagt er, als er die Herrlichkeit Gottes erblickt, in Demut: ‚Ich aber bin Staub und Asche‘“ (Lona, Klemensbrief, 235). 40 Hier in str. 2, 20, 103; 4, 17, 105. 41 Siehe hierzu auch die Erläuterungen bei den vorangehenden Vergleichen mit Jak 2, 23, bei denen ebenfalls das Motiv von Abraham als Gottesfreund im Zentrum der Untersuchung stand. 42 Vgl. Meyer, Rätsel, 9–10; Ropes, James, 223, und Nienhuis, Paul, 36. 43 So etwa – wenn auch zurückhaltend – Allison, James, 493–494. 44 Ähnlich bei Ropes, James, 223.

76

Irenäus von Lyon

begegnet auch noch ein weiteres Mal im Œuvre des Irenäus, außerhalb der Kombination mit der Rechtfertigung Abrahams durch seinen Glauben in haer. 4, 13, 4. Allerdings sind sprachliche wie inhaltliche Nähe hier nicht so leicht zu erkennen: Während in Jak 2, 23 die Wendung amicus Dei appellatus est (Vulgata) auftritt, wird dies in haer. 4, 13, 4 mit ‚amicus‘ factus est ‚Dei‘ | Abrahae amicitiam zum Ausdruck gebracht. Die semantischen Übereinstimmungen in diesem Fall erreichen nicht das hohe Maß wie in haer. 4, 16, 2. Interessant hierbei ist stattdessen umso mehr der Kontext: Die Passage kann als Erläuterung der Freundschaft Gottes mit Abraham angesehen werden: Abraham war ein guter Mensch, hat nach Gott gegriffen und sich deshalb um dessen Freundschaft verdient gemacht. Dies verbindet Irenäus mit Joh 15, 15, wo die Jünger als Freunde Gottes bezeichnet werden. 45 Dadurch wird klar, das Motiv der Freundschaft Gottes mit Abraham ist Irenäus mehrfach für seine Argumentation dienlich und er benutzt es auch außerhalb der für Jak 2, 23 maßgeblichen Kombination mit Gen 15, 6. Irenäus wendet das Bild von Abraham als Freund Gottes also eigenständig an und liefert dabei auch Erklärungen für diese Freundschaft, die nicht in Jak 2, 23 enthalten sind. Deshalb erscheint ein Umweg über Jak 2, 23 besonders hier nicht notwendig und unwahrscheinlich. Ein Blick in die Kontexte zeigt: Die für Jak 2, 20–26 maßgeblichen ἔργα bleiben auch bei haer. 4, 16, 2 unerwähnt. Stattdessen tritt der Terminus νόμος auf. In beiden Fällen stellt sich die Frage nach der Gerechtigkeit bzw. der Rechtfertigung, jedoch mit unterschiedlichen Antworten: Bei Jak basiert die Rechtfertigung auf einem Handeln gemäß den ἔργα. Bei Irenäus steht das Beispiel Abrahams in einer Reihe mit weiteren alttestamentlichen Gestalten, nämlich Lot, Noach, Henoch und Mose, 46 mit denen Irenäus die Möglichkeit einer Rechtfertigung ohne Beschneidung illustrieren möchte. Damit stellt sich Irenäus auf die Seite des Paulus und verstärkt dessen Position sogar, was konträr zur Argumentation in Jak 2, 23 und dessen Kontext zu betrachten ist. Dabei ist die Möglichkeit einer Anspielung aus dem Jak allerdings nicht ausgeschlossen. Aus den gesammelten Beobachtungen lassen sich folgende Argumentationen entwickeln, die sorgfältig gegeneinander abgewogen werden sollen. Gewichtige Gründe sprechen dafür, dass Irenäus den Jak kannte und gerade in haer. 4, 16, 2 aus Jak 2, 23 zitierte:

45 Hierauf legt Nienhuis, Paul, 36, besonderen Wert und unterschätzt dabei wohl die Tragweite des Argumentes, dass der Gedanke der Freundschaft Gottes hier bei Irenäus auch unabhängig von der Kombination mit Gen 15, 6 LXX vorkommt. Dennoch darf der johanneische Einschlag hier nicht unterschätzt werden. So findet sich zudem ein Zitat aus Joh 8, 58. 46 Die Nennung dieser Gestalten an sich stellt schon einen klaren Unterschied zu Jak 2, 23 und dessen Umfeld dar. Deutlich wird hierbei aber auch, dass für Irenäus Abraham ein einzelnes Glied in dieser Reihe ist und damit nicht Hauptfigur.

Verhältnisbestimmung

77

1. Die Verbindung des Motivs des Glaubens Abrahams, der ihm zur Gerechtigkeit angerechnet wird, mit dem Motiv der daraus resultierenden Freundschaft Gottes mit Abraham findet sich nur bei Jak 2, 23 und haer. 4, 16, 2 und auch kein weiteres Mal im Neuen Testament oder in der restlichen frühen christlichen Literatur. 2. Die grundlegende Argumentation des Irenäus basiert auf der Lehre des Paulus, zu der die dem Jak grundlegenden Inhalte in Widerspruch stehen. Demzufolge ist es verständlich, wenn Irenäus kein vehementes Interesse hegt, die Elemente aus dem Jak als dem Jak zugehörig zu klassifizieren, was ihn aber nicht davon abhält, hin und wieder interessante Gedanken, die auch nicht zu den Kernargumenten des Jak zählen, sondern auf einer früheren Tradition beruhen, in seine Werke aufzunehmen, wie hier im Fall der Idee der Freundschaft Gottes mit Abraham in haer. 4, 16, 2. 3. Es gibt keine stichhaltigen Beweise für die von Nienhuis angenommene verlorene gemeinsame Quelle von Jak 2, 23 und haer. 4, 16, 2 47 und dafür, dass – wie Meyer es für möglich hält – das Motiv der Freundschaft Gottes mit Abraham schon in früheren Versionen von Gen als Art Kommentar integriert war. 48 4. Die in dieser Argumentationskette aufgezeigten Reminiszenzen bewegen sich unterhalb einer Anspielung, besonders auch deshalb, weil es sich bei den Überschneidungen in keinem Fall um Inhalte handelt, die als für den Jak spezifisch zu betrachten wären. Dennoch spricht weiterhin auch eine Reihe von Argumenten gegen eine Abhängigkeit von haer. 4, 16, 2 und Jak 2, 23: 1. Das Motiv der Freundschaft Gottes mit Abraham war weit verbreitet in der Welt frühjüdischer Literatur. Selbst bei einer Unkenntnis der einzelnen Schriften bestünde die Möglichkeit, dass Irenäus es über eine der aufgezeigten Traditionen kannte. 2. Eine neue Sicht auf die Problematik ergibt ein Blick auf die Abfolge der drei Passagen aus den haer.: So könnte davon ausgegangen werden, dass haer. 4, 5,3 Gen 15, 6 zitiert 49 und haer. 4, 13, 4 das Motiv der Freundschaft Gottes mit Abraham einführt. Irenäus würde dann schließlich in haer. 4, 16, 2 beide Gedanken, den der Rechtfertigung Abrahams durch dessen Glauben und den der Freundschaft Gottes, kombinieren. So ließe sich die Übereinstimmung mit Jak 2, 23 mit Ropes als „mere coincidence“ 50 erklären. 47 So proklamiert bei Nienhuis, Paul, 36, der es für möglich hält, dass sich der Autor des Jak und Irenäus unabhängig voneinander auf diese ominöse Quelle beziehen. 48 So bei Meyer, Rätsel, 9–10. 49 Nicht unwahrscheinlich in Anbetracht der Tatsache, dass das griechische Fragment aus einer Katene zu Gen stammt. 50 Ropes, James, 223.

78

Irenäus von Lyon

3. Anders ist das Motiv der Freundschaft Gottes mit Abraham auch als eigenständig zu betrachten, unabhängig von Jak 2, 23, wobei jedoch auch die andere Richtung möglich wäre und das Motiv aus Jak 2, 23 bekannt sein könnte. 51 Die Zusammenschau und Abwägung aller für den Vergleich von Jak 2, 23 und haer. 4, 16, 2 relevanten Argumente legt nahe, von einer möglichen literarischen Abhängigkeit von Jak 2, 23 auszugehen (Kategorie C). Ausschlaggebend für dieses Urteil ist wohl die Kombination des Motivs des Glaubens Abrahams, der ihm als Gerechtigkeit angerechnet wurde aus Gen 15, 6, mit dem der sich daraus ergebenden Freundschaft Gottes mit Abraham, was innerhalb des Neuen Testaments und der frühchristlichen Literatur seinesgleichen sucht. Es wäre sehr verwunderlich, hielte man eine Abhängigkeit von Jak 2, 23 nicht für möglich, sondern würde man die Überschneidung nur mit dem Argument des Zufalls erklären, wonach Irenäus in einem Kontext, wo er dies nicht braucht, zufällig Gen 15, 6 so verändert, wie dies auch im Jak der Fall ist. Dies erscheint doch sehr unwahrscheinlich. Dies würde auch plausibler machen, dass die anderen besprochenen Passagen, haer. 4, 5,3 und 4, 13, 4, in Zusammenhang mit Jak 2, 23 stehen. Sämtliche andere Erklärungsversuche bedürfen mehrerer Hypothesen 52 und sind nach Ockhams Razor deshalb als unwahrscheinlicher einzustufen. Die Möglichkeit einer literarischen Abhängigkeit wird auch damit deutlicher, wenn man zwei Dingen Tribut zollt: 1. Die beiden entlehnten Motive der Rechtfertigung Abrahams durch seinen Glauben und dessen daraus hervorgehender Freundschaft mit Gott gehören nicht zur zentralen Argumentation des Jak. 2. Das gesamte Werk des Irenäus trägt deutlich paulinische Züge. 53 Das Interesse für den Jak ist als zweitrangig zu betrachten. Dadurch ließe sich in doppelter Hinsicht erklären, weshalb Irenäus bewusst nicht explizit den Namen des Jakobus oder der ihm zugeschriebenen Schrift erwähnt. Womöglich zitiert Irenäus diese Passage auch rein aus seinem Ge51 Dem sei ein weiterer, allerdings nicht zu belegender Gedanke beigefügt: Das Motiv von der Freundschaft Abrahams mit Gott könnte auch durch einen Übersetzer hinzugefügt worden sein. Plausibel wäre dies besonders dadurch, dass von den drei Referenztexten nur einer auf Griechisch überliefert ist und dieses Motiv gerade dort fehlt. Dieses Argument muss aber als unwahrscheinlich gelten, weil es in haer. 4, 13, 4 für die Argumentation notwendig ist und nicht aus dem Kontext wegzudenken wäre. 52 Gerade die Erklärung, beide Texte haben die Motivik aus einer unbekannten dritten Quelle, muss als weitere, vom gegenwärtigen Standpunkt aus nicht verifizierbare Zusatzhypothese betrachtet werden. 53 Würde Irenäus neben den Rekursen auf das Corpus Paulinum auch klare Querverweise auf den Jak liefern, würde er damit in seinem Werk eine große Kluft öffnen, die gerade seinem zentralen Anliegen, der Abwehr gnostischer Feinde, zuwiderlaufen würde.

Verhältnisbestimmung

79

dächtnis und hatte das Zitat so im Kopf, wie er es aus dem Jak kannte, ohne eine Textvorlage des Jak zu besitzen. Eventuell war sich Irenäus nicht einmal bewusst, dass er hier aus dem Jak zitiert. Diese Argumente liefern dabei in vielerlei Sicht eine profunde Erklärung, weshalb Irenäus hier auf eine detaillierte Einleitung des Zitates verzichtet. Schlussendlich hindert aber dennoch die große Zahl an Gegenargumenten und deren nicht zu vernachlässigende Schlagkraft daran, insgesamt von einer wahrscheinlichen literarischen Abhängigkeit in all diesen Fällen auszugehen.

5.2.2 Überschneidungen im schöpfungstheologioschen Kontext? Jak 1, 18.22

haer. 2, 32, 4

18 βουληθεὶς

Οὐ γὰρ ἄλλως ἡμεῖς μαθεῖν ἐδυνάμεθα τὰ τοῦ θεοῦ, εἰ μὴ ὁ διδάσκαλος ἡμῶν, λόγος ὤν, ἄνθρωπος ἐγένετο. Οὐδὲ γὰρ ἄλλος υἱός τις ἦν ἐξηγήσασθαι τὰ τοῦ πατρός, εἰ μὴ ὁ ἀΰδιος αὐτοῦ λόγος. SC 153, 16

ἀπεκύησεν ἡμᾶς λόγῳ ἀληθείας εἰς τὸ εἶναι ἡμᾶς ἀπαρχήν τινα τῶν αὐτοῦ κτισμάτων. 22 Γίνεσθε δὲ ποιηταὶ λόγου καὶ μὴ μόνον ἀκροαταὶ παραλογιζόμενοι ἐαυτούς. NA 28 18 Nach

seinem Willen gebar er uns durch (das) Wort (der) Wahrheit, auf dass wir eine Art Erstling seiner Geschöpfe sind. 22 Werdet Täter (des) Wortes und nicht nur Hörer, die sich selbst täuschen!

Denn wir konnten Gott und sein Wirken nicht anders kennenlernen, wenn nicht unser Lehrer, der Logos, Mensch geworden wäre. Und es gab auch keinen anderen Sohn, Gott und sein Wirken zu erklären, außer sein ewiger Logos.

Für etwas weniger Diskussion in der Frage möglicher literarischer Abhängigkeiten zwischen Jak und Irenäus sorgen Jak 1, 18.22 und haer. 5, 1,1. 54 Zwischen beiden Texten bestehen keine wörtlichen Übereinstimmungen in spezifischen Terminologien, was das Fehlen einer kompletten griechischen Version von haer. 5, 1,1 ein Stück weit aufwiegen kann und den Blick mehr auf den Textgehalt wendet. 55 Das in beiden Fällen auftretende und häufig wiederkehrende Syntagma λόγος erlaubt keinerlei Rückschlüsse auf mögliche Abhängigkeiten. 54 Viele Autoren handeln diese Passagen nur am Rande und ungenau ab. So nennt Allison, James, 16, die mögliche Verbindung zwischen Jak 1, 18.22 und haer. 5, 1,1 zwar, bietet jedoch keine Begründung für sein Argument, die Verbindung sei unsicher. Zudem lässt er die weiteren möglichen Bezugspunkte hierzu völlig außer Acht. Selbst die möglichen Referenzen sind nur zu erahnen und nicht explizit dargestellt. Nienhuis, Paul, 36, geht auf diese möglichen Parallelen überhaupt nicht ein, was im Umkehrschluss dafür sprechen mag, dass er Jak 2, 23 für einen Vergleich noch am ehesten für geeignet hält. Dennoch fällt auf, fasst man die gesamte Forschungslandschaft zusammen, dass bisher in keiner Untersuchung sämtliche für einen Vergleich in Frage kommenden Texte umfassend betrachtet worden sind, was mit sich bringt, dass deren Ergebnisse nicht als repräsentativ gewertet werden können. 55 Von haer. 5, 1,1 sind lediglich zwei kleine griechische Fragmente erhalten, von denen eines auf Theodoret von Cyrus (* um 393, † um 466) zurückgeht, der gesamte Text ist aber in einer lateinischen Übersetzung erhalten (siehe hierzu: FC 8/5, 24–27).

80

Irenäus von Lyon

Mehr noch spricht auf der Wortebene ein deutliches Argument gegen eine literarische Abhängigkeit: Jak 1, 18.22 verwendet sehr spezifisches Vokabular, von dem sich bei Irenäus überhaupt nichts findet. Beispiel hierfür wäre die paradigmatische Wortkombination in Jak 1, 18 ἀπαρχήν τινα τῶν αὐτοῦ κτισμάτων. 56 Hätte Irenäus hier Jak 1, 18.22 rezipiert, hätte er sich nicht dann auch den eigentümlichen Sprachgebrauch zu eigen machen müssen? Außerdem klaffen die Wortfelder beider Passagen deutlich auseinander, sieht man von dem Gebrauch von λόγος ab. 57 Eine Abhängigkeit aus dieser Perspektive scheint nicht unmöglich, aber dennoch sehr unwahrscheinlich, da andere Erklärungen wie etwa die des Zufalls naheliegender sind. Trotz fehlender sprachlicher Übereinstimmungen besteht noch die Möglichkeit, eventuelle Reminiszenzen aus dem Bereich des Kontexts und der Motivik abzuleiten. Eine mögliche Verbindung sieht Allison in dem Punkt, dass Irenäus sich und seine Adressaten als erste Früchte der Schöpfung betrachte und mit dem „Wort“, das Jesus Christus verkörpere, an Jak 1, 18.22 anschließe. Damit hält Allison zumindest eine Bekanntschaft des Irenäus mit dem Jak für plau56 Allison, James, 279, bestätigt, dass es sich hierbei um einen seltenen Sprachgebrauch handelt: „ἀπαρχή and κτίσμα are Jamesian hapax legomena“, was Allison in Fußnote 167 aufzeigt und durch eine Überprüfung mittels des TLG ergänzt: Der Ausdruck ἀπαρχή findet sich demnach neben Jak 1, 18 nur achtmal im Neuen Testament, davon siebenmal allein bei Paulus (Röm 8, 23; Röm 11, 16; Röm 16, 5; 1 Kor 15, 20; 1 Kor 15, 23; 1 Kor 16, 15; 2 Thess 2, 13) und in Offb 14, 4. Die LXX verwendet ἀπαρχή häufig (vermehrt in den Büchern Num, Dtn, Ez). In Anbetracht der Gesamtheit der bisherigen Beobachtungen dürfte auch interessant erscheinen, dass der Terminus viermal in der Didache vorkommt (13, 3,1; 13, 5,1; 13, 6,1; 13, 7,2). Auch Irenäus verwendet das Syntagma an anderen Stellen und in anderen Kontexten: Innerhalb von haer. 1, 8,3 begegnet es sogar dreimal in Form von ἀπαρχής, ἀπαρχή, ἀπαρχήν. Ein weiterer Beleg außerhalb der haer. findet sich bei den fragmenta deperditorum operum (fr. 19, 7: ἀπαρχήν). Aufgrund der deutlich differierenden Kontexte lässt sich auch hier nicht über literarische Abhängigkeit diskutieren. Jedoch bleibt zu fragen, warum Irenäus, wenn er in haer. 5, 1,1 auf Jak 1, 18 anspielen und nicht auch den Terminus ἀπαρχή verwenden würde, er ihn außerhalb an drei weiteren Stellen gebraucht und auch hier keine Spur zu Jak führt. Deshalb ist es wahrscheinlicher, dass Irenäus den Terminus nicht von Jak adaptiert hat und in haer. 5, 1,1 nicht von einem Rückgriff auf Jak auszugehen ist. Ein ähnliches Bild ergibt sich für den Begriff κτίσμα: Dieser findet sich sechsmal in der LXX, viermal im Neuen Testament (1 Tim 4, 2; Jak 1, 18; Offb 5, 13; 8, 9) und außerhalb des neutestamentlichen Kanons zwölfmal in gk. Pseudepigrapha (Denis) und dreimal bei Josephus. Erstaunlicherweise bietet auch Irenäus diese Begrifflichkeit in haer. 1, 14, 3, jedoch in anderem Kontext und nicht in Zusammenhang mit ἀπαρχή. Die Kombination beider Begriffe findet sich neben Jak 1, 18 im biblischen Bereich kein einziges Mal und außerhalb nur einmal bei Didymus Caecus (fr. in Ps. 1061, 19) und zweimal in einer exakten Rezeption bei Pseudo–Macarius (hom. spir. 50; serm. 1–22, 24.27), was die Terminologie dadurch für den Jak bezeichnend macht. 57 Tendenziell verwendet Jak hier mehr Vokabular aus dem Kontext der Wirkung des Wortes, wie „Wahrheit“, „Gerechtigkeit“, „Hören“, „Reden“, „Zorn“, „Gerechtigkeit“, „Schmutzigkeit“, „Schlechtigkeit“, während haer. 5, 1,1 eher Wörter verwendet, die bezogen sind auf Fleischwerdung des Wortes, wie „Vollkommener“, „geschaffen“, „Unvergänglichkeit“, „Ähnlichkeit“, „vorherbestimmt“, „existieren“, „Vorherwissen“, „Fleisch“/„Fleischwerdung“, „Blut“, „Ankunft“.

Verhältnisbestimmung

81

sibel. 58 Abweichend von Allison muss jedoch festgehalten werden, dass schöpfungstheologische Aussagen in haer. 5, 1,1 weitgehend impliziten Charakter tragen. Im Zentrum steht stattdessen die Frage nach dem Verhältnis der Ankunft des Herrn und der Sündenvergebung. Damit wird deutlich, dass Irenäus das „fleischgewordene Wort“ hier für die stellvertretende Sündenvergebung durch Fleisch und Blut Christi benötigt. Schöpfungstheologie ist hier also nur implizit und in anderer Intention Thema, was die von Allison für möglich gehaltene Parallele deutlich schwächt. Selbst die Verbindung über das „Wort“ muss auf kontextueller Ebene als schwach eingestuft werden. Ein tiefergehender Blick zeigt nämlich, dass Jak 1, 18–23 und haer. 5, 1,1 „Wort“ unterschiedlich verwenden 59 und nicht einmal diesbezüglich eine Übereinstimmung festzustelen ist. Während sich Bezüge zu Jak nur mit viel Phantasie erkennen lassen, trägt haer. 5, 1,1 gerade in der Thematik der Menschwerdung des Wortes deutlich johanneische Züge (vgl. Joh 1, 18), was den ganzen Absatz durchzieht. 60 Weiterhin finden sich Verbindungen zu anderen neutestamentlichen Schriften, denen eine weitaus deutlichere Relevanz zukommt als der möglichen Analogie zu Jak 1, 18.22. 61 Dies rückt selbst eine Verwandtschaft mit dem Jak in weitere Ferne, besonders auch deshalb, weil im Fall von haer. 5, 1,1 nicht einmal wesentliche Motive aus dem Jak erkennbar sind. Eine literarische Abhängigkeit von haer. 5, 1,1 von Jak 1, 18.22 muss aus triftigen Gründen als unwahrscheinlich (Kategorie D) eingeordnet werden: 1. Es findet sich keine sprachliche Übereinstimmung, die über gewöhnliche Begrifflichkeiten hinausgeht. Mehr noch: Innerhalb haer. 5, 1,1 fehlen Jak 58 So dargestellt bei Allison, James, 16. Mit der Schöpfungsthematik im Jak beschäftigt sich Allison eingehend: Allison, James, 278–287 (Jak 1, 18); 324–327 (Jak 1, 22). Hier schließt auch Burchard, Jakobusbrief, 80, an, der Jak 1, 18 in einer langen Tradition sieht, in der Heilsaussagen in schöpfungstheologischen Terminologien zum Ausdruck gebracht werden. 59 Jak verwendet „Wort“ in dessen ursprünglichen Sinn, in 1, 18 auf Wahrheit bezogen und in 1, 21–23 auf die Menschen per se. Allison, James, 312–315, beschäftigt sich ausführlich mit dem Gebrauch von λόγος. Darin wird auch deutlich, dass das „eingepflanzte Wort“ bei Jak umgeben ist von Texten, die auf die Tora als λόγος zurückgreifen. Der Gebrauch bei Irenäus hingegen ist als vielschichtiger zu betrachten: Im Wesentlichen bezieht sich die Terminologie auf das Göttliche bzw. auf Jesus, der als fleischgewordenes Wort zu verstehen ist, was sich an den im Kontext gebräuchlichen Wendungen „Fleisch“ und „Fleischwerdung“ festmachen lässt. Damit ist der Gebrauch bei Irenäus wesentlich unterschiedlich zu Jak, wo sämtliche christologische Aussagen fehlen, was somit als deutliches Indiz gegen eine Abhängigkeit aufgrund der Übereinstimmung in diesem Wort gilt. 60 Die johanneische Prägung dieser Passage muss als außerordentlich hoch eingestuft werden, auch wenn die wörtliche Übereinstimmung nicht das höchste Maß erreicht. Dennoch schwingt nahezu in jeder Formulierung Gedankengut mit, das die für Joh so wichtige Thematik der Fleischwerdung des Wortes berührt. 61 Wesentlich stärker als zu Jak und den vorausgehenden Passagen sind die Anklänge an Kol 1, 14 und 1 Tim 2, 6. Als deutliche Reminiszenzen lassen sich hingegen Röm 11, 34; Eph 1, 11 f. und 1 Petr 1, 2 betrachten.

82

Irenäus von Lyon

1, 18.22 eigentümliche sprachliche Besonderheiten, die gewiss Teil einer Rezeption gewesen wären. 2. Die von Allison angedachte Parallele über den schöpfungstheologischen Diskurs ist zwar erkennbar, allerdings macht der weitere Kontext deutlich, dass dieser Gebrauch unterschiedlichen Motivationen geschuldet ist und ihm demnach auch ein anderes Verständnis zugrundeliegt. 3. Kein einziger Grund spricht dafür, weshalb Irenäus für seine Argumentation hier Elemente aus dem Jak beziehen hätte müssen. Verstärkt wird dies durch die deutliche johanneische Prägung von haer. 5, 1,1. 62

5.2.3 Vergleich des Heilungsverständnisses Jak 5, 14–15

haer. 2, 32, 4

14 ἀσθενεῖ

Οἱ μὲν γὰρ δαίμονας ἐλαύνουσιν βεβαίως καὶ ἀληθῶς, ὥστε πολλάκις καὶ πιστεύειν ἐκείνους αὐτοὺς τοὺς καθαρισθέντας ἀπὸ τῶν πονηρῶν πνευμάτων καὶ εἶναι ἐν τῇ Ἐκκλησίᾳ· οἱ δὲ καὶ πρόγνωσιν ἔχουσιν τῶν μελλόντων καὶ ὀπτασίας καὶ ῥήσεις προφητικάς· ἄλλοι δὲ τοὺς κάμνοντας διὰ τῆς τῶν χειρῶν ἐπιθέσεως ἰῶνται καὶ ὑγιεῖς ἀποκαθιστᾶσιν· ἤδη δέ, καθὼς ἔφαμεν, καὶ νεκροὶ ἠγέρθησαν καὶ παρέμειναν σὺν ἡμῖν ἔτεσιν ἱκανοῖς. Frg. 9 Eusebius, h.e. 5, 7,3–5; SC 294, 340

τις ἐν ὑμῖν, προσκαλεσάσθω τοὺς πρεσβυτέρους τῆς ἐκκλησίας καὶ προσευξάσθωσαν ἐπ᾽ αὐτὸν ἀλείψαντες [αὐτὸν] ἐλαίῳ ἐν τῷ ὀνόματι τοῦ κυρίου. 15 καὶ ἡ εὐχὴ τῆς πίστεως σώσει τὸν κάμνοντα καὶ ἐγερεῖ αὐτὸν ὁ κύριος· κἂν ἁμαρτίας ᾖ πεποιηκώς, ἀφεθήσεται αὐτῷ. NA 28 14 infirmatur

quis in vobis inducat presbyteros ecclesiae et orent super eum unguentes eum oleo in nomine Domini. 15 et oratio fidei salvabit infirmum et adlevabit eum Dominus et si in peccatis sit dimittentur ei. Vulgata

14 Ist

einer krank unter euch, so soll er herbeirufen die Älteren der Gemeinde,

Alii enim daemonas excludunt firmissime et vere, ut etiam saepissime credant ipsi qui emundati sunt a nequissimis spiritibus et sint in ecclesia; alii autem et praescientiam habent futurorum et visiones et dictiones propheticas; allii autem laborantes aliqua infirmitate per manus impositionem curant et sanos restituunt; iam etiam, quemadmodum diximus, et mortui resurrexerunt et perseveraverunt nobiscum annis multis. FC 8/2, 281 […] Die einen treiben nämlich sehr zuverlässig und wahrhaftig Dämonen aus, so dass auch sehr häufig gerade die, die von

62 Mit den johanneischen Spuren bei Irenäus beschäftigt sich ausführlich Mutschler, Irenäus.

Verhältnisbestimmung

und sie sollen beten über ihn, (ihn) salbend mit Öl im Namen des Herrn. 15 Und das Gebet des Glaubens wird den Kranken retten, und aufrichten wird ihn der Herr; und wenn er Sünden begangen hat, wird ihm vergeben werden.

83

den bösen Geistern gereinigt worden sind, glauben und in der Kirche sind; die anderen aber haben ein Vorherwissen der Zukunft, Visionen und Weissagungen; wiederum andere heilen durch Handauflegung die Kranken und machen sie wieder gesund. Auch sind schon, wie ich sagte, Tote auferstanden und haben unter uns noch viele Jahre lang gelebt. auf lateinischen Text bezogen

Auch diesen beiden Texten fehlt eine signifikante gemeinsame sprachliche Basis. Die einzige wörtliche Übereinstimmung ist in dem Verb κάμνω zu sehen (Jak 5, 14/haer. 2, 32, 4). Auch wenn dieses im Neuen Testament kein weiteres Mal vorkommt, zeigt ein Blick in die Welt antiker griechischer Literatur, wie weit verbreitet das Verb war: Belege finden sich von Euripides über Aristoteles bis hin zu Clemens von Alexandrien, Clemens Romanus, Gregor von Nazianz und Origenes. 63 Das gleiche Bild ergibt sich für die lateinischen Varianten beider Texte: κάμνοντας in haer. 2, 32, 4 ist übersetzt mit infirmitate und κάμνοντα aus Jak 5, 15 mit infirmum. 64 Dieser Wortgebrauch bringt zunächst nicht explizit eine Krankheit zum Ausdruck, sondern den Zustand einer Ermattung. Komplementär dazu bietet Jak 5, 14 mit ἀσθενεῖ (ἀσθενέω) eine Terminologie, die deutlicher auf eine Krankheit hinweist und bei haer. 2, 32, 4 nicht vorzufinden ist. Auch das in beiden Fällen benutzte Motiv der Heilung von Kranken wird sprachlich unterschiedlich zum Ausdruck gebracht. Während Jak 5, 15 mit ἐγερεῖ (ἐγείρω) ein Aufrichten impliziert, womit zudem „Auferstehung“ konnotiert wird, spricht Irenäus mit ὑγιεὶς ἀποκαθαστᾶςσιν von einem Wiedergesundwerden. Wären beide Texte literarisch abhängig, müssten sich gerade die zentralen Motive von Krankheit und Genesung dann nicht inhaltlich wie sprachlich deutlicher überschneiden? Weiteren Grund für Fragen liefern die Unterschiede innerhalb der Kontexte beider Beispiele: Hätte nicht auch Irenäus die für Jak 5, 14 so zentrale Thematik von der Heilung durch eine Salbung mit Öl aufnehmen müssen, würde er hier Jak 5, 14 zitieren, zumal der Zusatz ἐν τῷ ὀνόματι τοῦ κυρίου den Vers innerhalb des Jak so besonders macht? 65 Die bestmögliche Erklärung dafür ist, dass Irenäus hier nicht aus dem Jak zitiert: Kein Argument aus Jak 5, 14.15 ist für 63 Die Form κἀμνοντα aus Jak 1, 15 begegnet insgesamt 695 Mal. An der Vielzahl der Beispiele bei Galenus zeigt sich, dass das Verb κάμνω gehäuft in medizinischen Kontexten gebräuchlich ist. 64 Dies kann auch als positives Beispiel dafür gewertet werden, dass bei Übersetzungen zwar mit Unschärfen zu rechnen ist, diese jedoch häufig auch in vertretbarem Rahmen bleiben. 65 Mußner, Jakobusbrief, 251–252, sieht hierin mit der Mehrzahl der Exegeten eindeutig christologische Züge in dem ansonsten christologisch spärlich ausgestatteten Jak und verbindet κυρίου mit Jesus Christus. In der logischen Konsequenz muss dann auch mit κυρίος in 15b

84

Irenäus von Lyon

Irenäus von Belang. Im Gegenteil: Das Pendant zur ethischen Anweisung bei Jak 5, 12–18, 66 die als Warnung vor dem Schwören aufgefasst werden kann und im Gesamt als Illustration der Wirkung des Gebets einzustufen ist, 67 bildet bei Irenäus der Kampf gegen Häretiker, denen er die wahren Jünger und deren Gnadengaben entgegenstellt, zu denen die Heilung von Kranken zählt, der aber nicht wie bei Jak eine Salbung durch Öl, sondern eine Handauflegung vorausgeht. Dies lässt eine literarische Abhängigkeit nur schwer plausibilisieren. Die haer. 4, 32, 4 prägenden Schlagwörter „Wunder“, „Zeichen“, „Zaubertricks“ und „böse Geister“ rücken die Passage nicht nur in ein völlig anderes Licht als Jak 5, 14–15, sondern lassen eine Anlehnung an Elemente der Argumentation aus Jak wenig sinnvoll erscheinen. Eine Abhängigkeit von haer. 4, 32, 4 von Jak 5, 14.15 muss als unwahrscheinlich (Kategorie D) gelten. Dies legen folgende Gründe relativ deutlich nahe: 1. Bis auf das Verb κάμνω, das in antiker griechischer Literatur weitverbreitet war, liefern beide Passagen keine relevanten Übereinstimmungen auf semantischer Ebene. 2. Die in beiden Fällen dargestellte Heilung von einer Krankheit variiert sprachlich zu stark, um eine Abhängigkeit in Erwägung zu ziehen. 3. Beide Autoren haben ein unterschiedliches Verständnis von Heilung, welches auch auf verschiedene Intentionen zurückzuführen ist. Dass Heilung bei Jak in Zusammenhang mit einer Salbung mit Öl gebracht wird und bei Irenäus mit Handauflegung, ist als erheblicher Unterschied zu werten. 4. Es ist keineswegs erkennbar, weshalb Irenäus gerade hier auf den Jak zurückgreifen sollte. Kein einziges Argument aus Jak 5, 14.15 ist hier von Relevanz. 5. Die Verschiedenheit der Textsorten, die fehlende Wiederkehr von Argumenten aus dem Jak und die zudem teilweise unterschiedliche Argumentation machen eine literarische Abhängigkeit noch weniger plausibel.

Jesus Christus gemeint sein. Deshalb ist es umso verwunderlicher, dass Irenäus hier nicht ebenfalls an diese ὄνομα-Christologie anknüpft. 66 Eine illustrierende und weiterführende Beschreibung hierzu bietet auch Popkes, Jakobus, 340: „Die kleine Passage beginnt zunächst wie V. 13a.b, also mit der Relation zwischen einem Zustand und einer empfohlenen Tätigkeit. Letztere bezieht jedoch weitere Personen ein (die Ältesten der Gemeinde), deren Handeln den Rest von V. 14 beherrscht (beten, salben).“ 67 Die Konzentration auf das Thema „Gebet“ lässt sich auch am Wortgebrauch festmachen: προσκαλέω (anrufen, anreden; zweimal in Jak 5, 13); προσεύχομαι (zu einer Gottheit flehen, beten; Jak 5, 14.17.18); εὐχή (Gebet, Bitte, Gelübde; Jak 5, 15); εὒχομαι (beten, bitten, flehen; Jak 5, 16); πίστις (Treue, Zuverlässigkeit; Glauben; Jak 5, 15); προσεύχη (Gebet, Bitte; Jak 5, 17); δέησις (Bitte, Bittgebet; Jak 5, 16).

Verhältnisbestimmung

85

5.2.4 Das Motiv vom Mord des Gerechten Jak 5, 6

haer. 4, 18, 3

6 κατεδικάσατε,

Cum a foris enim recte offerre putarentur, similem zelum Cain habebant in semetipsis: propter quod et occiderunt iustum, praetermittentes consilium verbi, quemadmodum et Cain. Illi enim ait: Quiesce. SC 100/II, 602, 56

ἐφονεύσατε τὸν δίκαιον, οὐκ ἀντιτάσσεται ὑμῖν. NA 28

6 addixistis occidistis iustum non resistit vobis Vulgata 6 ihr

habt verurteilt, ihr habt gemordert den Gerechten – nicht widersteht er euch.

Denn während sie äußerlich ordnungsgemäß zu opfern schienen, hatten sie in sich eine Eifersucht wie Kain. Darum töteten sie den Gerechten und setzten sich wie auch Kain über den Rat des Wortes hinweg. Es sagte nämlich zu jenem: „Lass ab davon“! adapt. FC 8/4, 143

Der Vergleich beider Texte muss aufgrund des fehlenden griechischen Originals von haer. 4, 18, 3 auf den lateinischen Übersetzungen aufbauen. Eine mögliche Abhängigkeit ist zu sehen in dem Motiv vom Mord am Gerechten, das beide Texte verwenden. 68 Auf sprachlicher Ebene äußert sich dies im occidistis iustum bei Jak 5, 6 und occiderunt iustum bei haer. 4, 18, 3. Beide Varianten sind sehr nahe verwandt. 69 Der Mord am Gerechten begegnet außerhalb Jak 5, 6 im Neuen Testament kein weiteres Mal und auch in der restlichen frühen griechischen Literatur nur ein einziges Mal in dieser Kombination. 70 Während das Motiv des Mordes bei Jak mit 5, 6 abgehandelt ist, kehrt es in haer. 4, 18, 3 mehrfach wieder: Auffällig ist, dass es dabei in Zusammenhang mit Motiven aus der Bibel Israels begegnet, 71 als deren Aufhänger die Geschichte von Kain und Abel fungiert. Dabei bringt Irenäus „Mord“ auffallend oft in Verbindung mit Opfer bzw. Opferung. 72 Weitere Verweise zu Passagen aus dem

68 So etwa Allison, James, 16, der allerdings irrtümlicherweise Jak 4, 6 als Referenztext angibt, jedoch auch Jak 5, 6 meint, wenn er von der Übereinstimmung in der Wortkombination occiderunt iustum spricht. Andere Studien wie Nienhuis, Paul, lassen diese mögliche Parallele völlig außer Acht. 69 Dass Irenäus im Plural schreibt, kann nicht als Unterschied gewertet werden, sondern ist wohl eher der Syntax geschuldet. Auch der bei Irenäus fehlende Anhang non resistit vobis aus Jak sollte keinen Anlass zu Bedenken gegen eine literarische Abhängigkeit geben, da das zentrale Argument im Hauptsatz beinhaltet ist. 70 Siehe Justin der Märtyrer, Apol., Dial. c. Tryph. 136, 2, 5. 71 So finden sich Reminiszenzen aus Gen 4, 4 f. LXX; Gen 4, 7 LXX; Jer 22, 17; Jer 22, 17; Jes 30, 1; Jes 66, 3 LXX. 72 Alleine der Begriff „Opfer“ in seinen unterschiedlichen Ausprägungen wird 13 Mal verwendet.

86

Irenäus von Lyon

Neuen Testament dürfen dabei nicht unberücksichtigt bleiben: Mt 23, 27 f. und Joh 19, 11. Alleine von der Wortverwendung her nimmt das Thema „Gerechtigkeit“ in haer. 4, 18, 3 eine größere Rolle ein als bei Jak, wo andere Wortfelder den Text bestimmen: Reichtum, Elend, Gold, Silber, Lohn, Ernte, Erde, Schlachten, Rost, Mottenfraß und Feuer. So konzentriert sich Jak hier mehr auf die Kritik am Reichtum, während haer. eher als Kommentar zu betrachten ist, der anhand von Beispielen aus dem Alten Testament versucht, die Thematik um den Mord am Gerechten zu erklären. Im Fall von haer. 4, 18, 3 erscheint es möglich, dass Irenäus die Motivik aus dem Jak bezieht. Allerdings handelt es sich hierbei um nichts für Jak Spezifisches, sondern um eine wohl ältere Idee, die Irenäus hier brauchbar erscheint. Die Übereinstimmung zweier Wörter, deren Kombination als ausgesprochen selten gelten muss, die Klarheit der Motivik und die Hinzunahme der Beobachtungen aus haer. 4, 16, 2 legen den Schluss einer möglichen Abhängigkeit (Kategorie C) nahe.

5.2.5 Das Gesetz der Freiheit Jak 1, 25

haer. 4, 34, 4

25 ὁ

Si autem libertatis lex, hoc est verbum Dei ab apostolis qui ab Hierusalem exierunt annuntiatum in universum terram, in tantum transmutationem fecit, uti gladios et lanceas bellatorias in aratra hquaei fabricaverit ipse et in falces quas donavit ad metenum frumentum, in organa pacifica, demutaverint, et iam nesciunt pugnare, sed percussi et alteram praebent maxillam, non de aliquo alio prophetae dixerunt haec, sed de eo qui fecit ea. FC 8/4, 284

δὲ παρακύψας εἰς νόμον τέλειον τὸν τῆς ἐλευθερίας καὶ παραμείνας, οὐκ ἀκροατὴς ἐπιλησμονῆς γενόμενος ἀλλὰ ποιητὴς ἔργου, οὗτος μακάριος ἐν τῇ ποιήσει αὐτοῦ ἔσται. NA 28

25 qui

autem perspexerit in lege perfecta libertatis et permanserit non auditor obliviosus factus sed factor operis hic beatus in facto suo erit Vulgata

25 Der

aber hineinschaut in das vollkommene Gesetz der Freiheit und dabeibleibt, indem er nicht ein Hörer (der) Vergesslichkeit ist, sondern ein Täter (des) Werkes, dieser wird selig sein in seinem Tun. Jak 2, 12

12 Οὕτως

λαλεῖτε καὶ οὕτως ποιεῖτε ὡς διὰ νόμου ἐλευθερίας μέλλοντες κρίνεσθαι. NA 28

Wenn aber das Gesetz der Freiheit, das heißt das Wort Gottes von den Aposteln, die von Jerusalem ausgegangen sind, auf der ganzen Erde verkündet worden ist, eine so entscheidende Veränderung herbeigeführt hat, dass es Schwerter und Lanzen für den Krieg zu Pflügen gemacht hat und zu Sicheln, die es dann zum Mähen des Getreides überlassen hat, zu Werkzeugen des Friedens umgeändert hat, und schon sie [sc. die gläubigen Men-

Verhältnisbestimmung 12 sic

loquimini et sic facite sicut per legem libertatis incipientes iudicari Vulgata

12 So

redet und so tut wie (solche), (die) durch (das) Gesetz (der) Freiheit gerichtet werden sollen!

87

schen] nicht mehr kämpfen können, sondern wenn sie geschlagen wurden, auch die andere Backe hinhalten, dann haben die Propheten das nicht über irgendeinem anderen gesagt, sondern über dem, der alles so gemacht hat. adapt. FC 8/4, 285

Die mögliche Verbindung zwischen Jak 1, 25;2, 12 und haer. 4, 34, 4 ist einzig und allein bei Mußner erwähnt. Er sieht das verbindende Element in dem für diese Zeit seltenen Terminus lex libertatis. 73 Bis auf diese wörtliche Übereinstimmung in der lateinischen Variante 74 verbindet die beiden Stellen sprachlich nichts. Eine Entscheidung über eine mögliche literarische Abhängigkeit ist so eigentlich unmöglich. Für eine solche spricht aber dennoch die äußerste Seltenheit dieser Terminologie, die bei Jak im Griechischen mit νόμον τέλειον τὸν τῆς ἐλευτερίας (Jak 1, 25)/νόμου ἐλευθερίας (Jak 2, 25) wiedergegeben wird. Die griechische Variante findet sich in der gesamten griechischen Literatur in dieser Form nur wenige weitere Male, dabei kein einziges Mal im Neuen Testament. 75 Obwohl beide Texte das auf die Tora zurückgehende Motiv vom Gesetz der Freiheit 76 analog verwenden, sind dennoch zu wenige Übereinstimmungen vorhanden, als dass eine literarische Abhängigkeit wahrscheinlich gemacht werden könnte. Jedoch kann eine solche auch nicht ausgeschlossen werden und bleibt möglich (Kategorie C).

73 Vgl. hierzu Mußner, Jakobusbrief, 41, Anmerkung 4. Mußner scheint eine andere Zählung für die haer. zu verwenden und nennt haer. 4, 56, 4. 74 Das griechische Original ist leider auch in diesem Fall nicht mehr erhalten. 75 Einmal bei Diodorus Siculus, zweimal bei Dionysius Halicarnassensis und jeweils einmal bei Diogenes Laertius, Isocrates und Aelius Aristides. 76 Ausführlich beschäftigt sich Allison, James, 335–339 (Jak 1, 25); 418 (Jak 2, 12), mit dem Gesetz der Freiheit. Gerade die Identifizierung von „Gesetz“ und „Tora“, die auf diese drei Texte angewandt wird, kann als Verbindung gesehen werden. Des Weiteren fällt diese Identifizierung aufgrund des Kontexts noch einfacher und eröffnet zudem einen deutlicheren Blick auf die entsprechenden Verse bei Jak. Dabei wird aber auch deutlich, dass gerade die griechische Ausdrucksweise νόμον τέλειον bei Jak sich nicht eindeutig klären lässt und eine genaue Definition obsolet bleibt, was jedoch keine Auswirkungen auf den Vergleich mit haer. 4, 34, 4 hat, aber deutlich machen soll, dass die zugrundeliegende griechische Originalversion weit schwieriger zu fassen ist als die lateinische Übersetzung. Gerade die Aussage von Allison „[t]he only certainity is that freedom is positive and associated with the law“ (Allison, James, 339) trifft genauso auf haer. 4, 34, 4 zu. Weiterführend zur Rolle der Tora im Jak vgl. Hartin, Ethics, 292; Hartin, Spirituality, 78–85.

88

Irenäus von Lyon

5.3 Schweigen um Jak bei Irenäus Am Ende der Suche nach möglichen Spuren des Jak in den Werken des Irenäus bleibt folgendes Resultat: Ob Irenäus von Lyon den Jak gekannt und zitiert hat, lässt sich nicht mit Sicherheit entscheiden. Besonders das Beispiel von haer. 4, 16, 2 hat gezeigt, dass eine literarische Abhängigkeit nicht auszuschließen ist. Wie hier ließ sich auch bei den anderen infrage kommenden Texten letztendlich nicht mit Sicherheit klären, ob Jak als Vorbild gedient hat oder nicht. Dies schließt die Möglichkeit einer Rezeption aber nicht aus (Kategorie C). Klar ist aber: Irenäus zitiert den Jak nie explizit als Schrift des Jakobus und verwendet ihn auch nie als Schrift, die Teil eines sich formierenden Kanons ist. 77 Belege hierfür liefert er selbst, wenn er explizit Schriften zitiert, die heute nicht Teil des neutestamentlichen Kanons sind, wie etwa den 1. Clemensbrief in haer. 3, 3,3 (SC 211, 34), den Brief des Ignatius an die Römer in haer. 5, 28, 4 (SC 153, 360– 362) 78 oder den Hirt des Hermas in haer. 4, 20, 2 (FC 8/4, 156), den er sogar als γραφή bezeichnet. 79 Selbst wenn nicht sicher ist, was Irenäus darunter versteht, wenn er eine Schrift als γραφή tituliert, 80 ist dennoch klar, dass er einer solchen eine besondere Bedeutung beimisst. Für den Jak scheint dies – gleichgültig, ob Irenäus auf ihn anspielt oder nicht – nicht der Fall zu sein. Der Fall von Irenäus zeichnet also das Bild eines Jak weiter, um den sich auch an der Wende vom zweiten zum dritten Jahrhundert noch Schweigen hüllt. Zumindest seine theologischen Spezifika sind in diesen Diskursen und im Gebiet von Lyon noch nicht relevant genug, als dass sie in Form von Rezeptionen augenscheinlich werden.

77 Diese These findet Zustimmung bei Merkt, 1. Petrus, 17, der davon ausgeht, dass Irenäus den Jakobusbrief ebensowenig zitiert wie den 2. Petr, wohl aber den 1 Petr, den 1. und 2. Joh. Siehe hierzu auch Mutschler, Irenäus; Meyer, Rätsel, 13. 78 Vgl. hierzu auch Nienhuis, Paul, 36–37, der auf die Relevanz des Clemens für Irenäus hinweist: So sei dieser Verbindungsglied in der Sukzession zu den Aposteln und sein Brief besonders wertvoll, weil er älter als die Lehren seiner Gegner sei. 79 Siehe hierzu auch Metzger, Canon, 155; Grant, Formation, 153; Nienhuis, Paul, 34– 35. Weitere Relevanz erhalten diese Beobachtungen, wenn man, wie auch Nienhuis, der Tatsache Rechnung trägt, dass Irenäus wohl ein großer Teil des heutigen Neuen Testaments bekannt war, wie die vier Evangelien, 13 Paulusbriefe, der 1. Petr und 1. Joh und er dabei sogar der Erste ist, der die letzten beiden Briefe namentlich zitiert. 80 Dass hier Unklarheiten bestehen und deshalb keine weiteren Schlüsse möglich sind, unterstreicht auch Mußner, Jakobusbrief, 41.

6. Tertullian

Ähnlich wie im Fall des Irenäus verhält es sich mit möglichen Parallelen zum Jak bei Tertullian (* um 160, † um 220). 1 Er gilt als erster lateinischer christlicher Schriftsteller und konnte besondere Bekanntheit durch sein umfassendes, in weiten Teilen apologetisches Werk 2 erlangen. Relevanz für die Fragestellung dieser Studie hat er aufgrund seiner zentralen biographischen Pfeiler: In Nordafrika geboren, war er Sohn eines römischen Zenturios und genoss daher eine pagane Ausbildung. Zudem war Tertullian auch noch Priester. 3 Eine tatsächliche Rezeption des Jak bei Tertullian würde die Schrift vor allem geographisch besser einordnen lassen. 4 Insgesamt stehen folgende sechs Passagen über mögliche literarische Abhängigkeiten zum Jak zur Diskussion, welche bisher weitgehend skeptisch beurteilt werden: 5 Nr.

Jak

Werk

Passage

Kategorie

1.

1, 12

bapt.

20, 2

D

2.

2, 23

adv. Iud.

2, 7

C

3.

4, 10

cult. fem.

2, 3,2

D

4.

5, 11

adv. Marc.

5, 11, 1

D

5.

5, 12

idol.

11, 1

D

6.

5, 17

adv. Iud.

6, 6

D

1 Zur Einordnung von Tertullian siehe Schulz-Flügel, Tertullian, 668–672, und Steimer, Tertullian, 668–672. Das Kanonverständnis des Tertullian ist untersucht bei Metzger, Canon, 157–160. 2 Mit den einzelnen Werken und deren Abfassungszeit beschäftigt sich ausführlich Nöldechen, Abfassungszeit. Eine chronologische Auflistung der einzelnen Schriften Tertullians bietet zudem Barnes, Tertullian, 55. 3 Ausführlich dokumentiert und dargestellt bei Barnes, Tertullian, 187–210. 4 Vgl. hierzu auch Rhee, Tertullian, 195–196; Barnes, Tertullian, der in seiner gesamten Studie die Vita des Tertullian erschöpfend darstellt (auch kurz zusammengefasst auf 55–59), dabei aber auch bemerkt (3), dass generell wenig über das Leben Tertullians bekannt ist; zudem Wilhite, Tertullian, besonders 1–36, eine Studie, in welcher der Autor sein Augenmerk auf die nordafrikanische Herkunft Tertullians legt, von der aus er mehr oder weniger überzeugend versucht, Tertullian aus anthropologischer Sicht in seinem Kontext neu zu verstehen. 5 So geht Allison, James, 14–15, von einer Nichtrezeption aus und stellt dem die Tatsache gegenüber, dass Tertullian sogar Philemon zitiert, was eine literarische Abhängigkeit zu Jak noch unwahrscheinlicher machen würde. Davon wäre aber die Idee von Allison, Tertullian habe den Jak gekannt, aber für seine Werke nicht als hilfreich erachtet, weiterhin möglich. Dies ist eine interessante These, die aber über den Bereich einer Hypothese nicht hinauskommt.

90

Tertullian

6.1 Abraham, Freund Gottes als Parallele? Jak 2, 23

adv. Iud. 2, 7

23 […]

et suppleta est scriptura dicens credidit Abraham Deo et reputatum est illi ad iustitiam et amicus Dei appelatus est. Vulgata

[…] Unde Abraham dei amicus deputatus unde fides statim, si non de aequitate et iustitia legis naturalis? […] CCLS 2, 1342

23 […]

[…] Woher wird Abraham als Freund Gottes angesehen, woher [kommt] der Glaube plötzlich, wenn nicht von der Gleichheit und Gerechtigkeit des Naturgesetzes? […]

und erfüllt wurde die Schrift, die sagt: (Es) glaubte aber Abraham Gott, und es wurde ihm als Gerechtigkeit angerechnet, und Freund Gottes wurde er genannt.

Wie die Analyse der einzelnen Texte zeigt, 6 macht nur eine Diskussion der möglichen Verbindungen zwischen Jak 2, 23 und adv. Iud. 2, 7 Sinn. Die beiden Textstellen bieten Übereinstimmung in der Terminologie amicus Dei appelatus/ deputatus. 7 Hier kann auf die Beobachtungen bei Irenäus zurückgegriffen werden, wonach für eine literarische Abhängigkeit mit Jak 2, 23 immer auch die Kombination der drei Elemente, des Glaubens Abrahams an Gott, der ihm zur Gerechtigkeit angerechnet wurde und der daraus resultierenden Freundschaft mit Gott, ausschlaggebend ist. 8 In diesem Fall muss also das Hauptaugenmerk auf die Freundschaft Gottes mit Abraham gelegt werden. Wie Jak bezeichnet Tertullian hier in adv. Iud. 9 2, 7 Abraham als „Freund Gottes“. Aus dem Kontext von adv. Iud. 2.7 geht jedoch nicht eindeutig hervor, woraus sich diese Freundschaft ableitet. Es begegnet zwar auch das Wort iustitia, allerdings in anderem Zusammenhang, was wiederum bedeutet, dass hier nicht wie in Jak 2, 23 eine Verbindung zu Gen 15, 6 LXX besteht, konkret, dass die Freundschaft Abrahams mit Gott anders erklärt wird 10 und somit auch die Möglichkeit einer literarischen Abhängigkeit von 2 Chr 20, 7 und Jes 41, 8 besteht. Diese beiden Stellen benutzen ebenfalls das Motiv von Abraham als Freund Gottes, was hier Ähnlich bei Nienhius, Paul, 40–41; Frisius, Tertullian’s Use, 10–13, und Mußner, Jakobusbrief, 41, der zudem auf ein ziemlich gefestigtes Kanonverständnis bei Tertullian hinweist. 6 Siehe hierzu 12.2. 7 Auch Popkes, Brief des Jakobus, 9, greift dieses Beispiel auf, geht jedoch auf keine Details ein und differenziert dabei auch nicht. 8 Siehe hierzu ausführlich 5.2.1. 9 Als Enstehungsjahr der Schrift adv. Iud. bietet sich, wie Nöldchen, Abfassungszeit, 46– 51, plausibel macht, das Jahr 196 an. Damit liefert er den zeitlichen Rahmen für eine mögliche Rezeption. 10 Dies wird auch dargestellt bei Frisius, Tertullian, 10, der zudem den deutlichen Unterschied in der Argumentation zwischen Jak 2, 23 und adv. Iud. 2, 7 hervorhebt: Während das Argument bei Jak auf Abrahams Gottesglaube und der Bereitschaft, Isaak zu opfern, beruht, resultiert Abrahams Freundschaft mit Gott bei Tertullian auf der lex naturalis. Eine literarische Abhängigkeit von Jak 2, 23 wird so abwegiger, aber keineswegs undenkbar.

Keine Abhängigkeiten des Jak bei Tertullian

91

lediglich die Möglichkeit einer literarischen Abhängigkeit einräumt, da sich auch keine expliziten Verweise auf den Jak finden (Kategorie C).

6.2 Keine Abhängigkeiten des Jak bei Tertullian Im Fall des Tertullian zeichnet sich ein sehr klares Ergebnis ab: In keinem der einzelnen Beispiele findet sich ein expliziter Hinweis auf den Jak. 11 Von den sechs aus der Biblia Patristica gewonnenen Beispielen ist bei fünf eine Rezeption aus dem Jak als unwahrscheinlich zu beurteilen (Kategorie D). 12 Alleine bei adv. Iud. 2, 7 besteht die Möglichkeit einer literarischen Abhängigkeit von Jak 2, 23 (Kategorie C). Umso eindrücklicher wird diese Beobachtung, trägt man dem Umfang von Tertullians Gesamtwerk Rechnung, innerhalb dessen er gehäuft auf andere neutestamentliche Schriften zurückgreift, 13 denen er auch autoritativen Charakter zuweist. 14 Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass der Jak, unabhängig davon, ob er ihn kannte, nicht Teil seiner „Schrift“ war. Hiefür spricht auch, dass Tertullian sogar Werke erwähnt, die er ablehnt, wie z. B. den Hirt des Hermas (pud. 10, 20). 15 So ist festzuhalten, dass Tertullian den Jak aller

11 Hierzu tritt auch die Beobachtung bei Frisius, Tertullian, 10, dass der Name Jakobus fünfmal in den Werken des Tertullian begegnet und dabei immer der Bruder des Johannes gemeint ist. Hierbei findet sich aber kein einziger Hinweis darauf, dass dieser Jakobus auch Autor einer Schrift war. 12 Dies steht in voller Übereinstimmung mit den Ergebnissen von Frisius, Tertullian,10– 13; 129. 13 Frisius, Tertullian, beschäftigt sich speziell mit den möglichen Rezeptionen der Pastoralbriefe, Hebr, 1/2 Petr und Jud und hebt hervor, dass Tertullian 1 Petr klar kannte und verwendete (13). Das Gleiche gilt für die Pastoralbriefe und den Hebr (62). Den Jud schien er zu kennen, verwendete ihn jedoch nicht in seinen Werken (15). Allerdings bleibt Frisius eine genaue Untersuchung der einzelnen Passagen schuldig. Dass Paulus einen exponierten Platz bei Tertullian einnimmt, zeigt Ferguson, Tertullian, 23–25. Vgl. ferner Wilhite, Rhetoric, 295–312, und ebenfalls Sider, Literary, 99–120, der tiefergehende Einblicke in die Rezeption paulinischer Literatur bei Tertullian bietet. Daneben gilt Tertullian, wie Nienhuis, Paul, 40, aufzeigt, als erster Zeuge innerhalb der römischen Kirche für den Jud. 14 Dies ist untersucht und dargestellt bei Ferguson, Tertullian, 22; 27–29, woraus hervorgeht, dass Tertullians Schriftverständnis bereits sehr stark ausgearbeitet war, was u. a. auf die intensive Auseinandersetzung mit Marcion und Valentinus, besonders in der Schrift praescr., zurückzuführen ist. Diese Auseinandersetzung ist ausführlich dokumentiert bei Cooper, Magister, 224–229; 245–246. Erwähnenswert am Rande ist Tertullians Ansicht, dass die Schrift und deren Fehlinterpretation Voraussetzung für die Entwicklung von Häresien sind, was Ferguson am Beispiel von praescr. 30 glaubhaft macht. Weiter von Belang dürfte sein, dass Tertullian die Autorität einer Schrift von deren apostolischer Herkunft ableitet, was sich an Beispielen wie praescr. 8; 21–22; 37–38 festmachen lässt. Dass der Jak als Schrift des Apostels bei Tertullian so nicht erwähnt wird, lässt weiter darauf schließen, dass Tertullian den Brief auch nicht zu den autoritativen apostolischen Schriften zählte. Ähnlich argumentiert Rhee, Tertullian, 196–197. Siehe hierzu auch knapp Mußner, Jakobusbrief, 41. 15 Dieses Argument bietet auch Allison, James, 15.

92

Tertullian

Wahrscheinlichkeit nach nicht kannte und nicht eindeutig in seinen Werken zitierte. 16 Für die gesamte Untersuchung bedeutet dies, dass der Jak gerade im Westen bei frühen lateinischen christlichen Schriftstellern wenig bis gar nicht bekannt war.

16 Detailliertes hierzu bei Meyer, Rätsel, 13; Mußner Jakobusbrief, 41, der den bei Tertullian gefestigten Kanonbegriff hervorhebt und sich vor diesem Hintergrund dagegen ausspricht, dass der Jak Teil dessen war.

7. Clemens von Alexandrien Clemens von Alexandrien (* um 140/150, † um 220), über dessen Leben wenig bekannt und davon vieles umstritten ist, 1 markiert nicht nur wegen seiner Lebensdaten, sondern in vielfacher Hinsicht einen wichtigen Bezugspunkt für diese Studie: 2 Wie kein anderer bietet er Einblick in das ägyptische bzw. alexandrinische Christentum der zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderts. Auf seinen ausgedehnten Studienreisen nach Griechenland, Unteritalien, Syrien und Palästina konnte er seinen Horizont erweitern, was zahlreiche Zitate aus Dichtung, Philosophie und Heiliger Schrift belegen. 3 Auch wenn das Schriftverständnis des Clemens stark diskutiert wird, 4 ist allgemeinhin anerkannt, dass er weite Teile des heutigen Neuen, aber auch des Alten Testaments kannte und auch zitierte. 5 Deshalb ist es umso weniger verständlich, dass größter Dissens in der 1 Eine Zusammenfassung des aktuellen Forschungsstandes zu Clemens liefert Van den Hoek, Clement, 11–19. 2 In Anlehnung daran sei auf den Aufsatz, Bemmerl, Rezeption, 517–539, verwiesen, der sich neben der Frage nach der möglichen Kenntnis des Jak bei Origenes und Irenäus von Lyon in besonderer Weise auch mit möglichen Spuren des Jak bei Clemens befasst und versucht, aus den gewonnenen Erkenntnissen Rückschlüsse auf die Rolle des Jak bei der Entstehung des christlichen Kanons des Neuen Testaments zu ziehen. 3 Einführend in Leben und Werk des Clemens vgl. Wyrwa, Clemens, 152–154; Osborn, Clement, 1–5; Méhat, Clemens, 101–113; Méhat, Stromates, 42–70; Sedlak, Klemens, 101– 111. Vgl. hier zudem die Darlegungen von Markschies, Theologie, 261–278, der speziell auf den neutestamentlichen „Kanon“ des Clemens eingeht und dabei aufzeigt, dass Clemens trotz der lange Zeit vertretenen gegenteiligen Meinung „einen ‚Kanon‘, eine normierte Sammlung autoritativer biblischer Texte, als dasjenige Corpus nutzte, dem er seine fundamentalen Axiome entnahm“ (276). 4 Hierauf verweist auch Grünstäudl, Petrus Alexandrinus, 236, der betont, dass dessen Schriftverständnis bis heute Anlass zur Diskussion über sein „Kanonverständnis“ bietet. Zudem weist er auf die unterschiedlichen Positionen bei Campenhausen, Bibel, 344, und Markschies, Kaiserzeitliche Theologie, 276, hin. 5 Unterstrichen wird dies bei Kovacs, Clement, 1. Jedoch ist zu beachten, dass gerade die von Otto Stählin in den GCS Editionen der Schriften des Clemens angegebenen Echos bzw. Zitate aus den einzelnen Schriften nur als grobe Orientierungspunkte dienen können und eine Nähe zu den angegebenen Schriften vielfach nicht gegeben ist. Weiteres hierzu bei Paget, Christian Exegesis, 478–542. Außerdem gibt Kovacs, Clement, einen hervorragenden Einblick in die Methodik, mit der Clemens Schriften des Alten und Neuen Testaments zitiert und in seine Werke aufnimmt. Weiteres zur Schriftauslegung des Clemens, mit einer allgemeinen Einführung und detaillierten Erläuterung der Zitate aus Mt, findet sich bei Mees, Matthäus– Evangelium, 675–698. Mees macht dabei auch deutlich, wie Clemens Schriften des Neuen Testaments in seine Werke aufnimmt und zitiert. Wie Clemens mit Schriften umgeht, die heute nicht Teil des Neuen Testaments sind, zeigt das Beispiel des Hirt des Hermas, mit dem sich Batovici, Hermas, 41–51, ausführlich beschäftigt. Weiter liegt für Grünstäudl, Petrus

94

Clemens von Alexandrien

Frage besteht, ob Clemens den Jak kannte und rezipierte. 6 Von den zehn der bei Eusebius von Cäsarea aufgelisteten Schriften des Clemens (h.e. 6, 13, 1–3) sind heute nur vier vollständig erhalten sind. 7 Alleine die Biblia Patristica liefert 24 Passagen, die auf mögliche Reminiszenzen des Jak hinweisen, wovon viele bisher unberücksichtigt bleiben. Sind darunter tatsächlich Zitate aus dem Jak, ist klar, dass Clemens kein einziges davon als solches markiert und dabei explizit auf den Jak verweist. Die Diskussion bezieht sich also allenfalls auf mögliche Anspielungen und Echos sowie auf die Frage nach den Konsequenzen einer Nichtrezeption: Was hätte es zu bedeuten, wenn Clemens Schriften wie den Jud zitiert und diesem autoritativen Charakter beimisst, den Jak aber außen vor lässt? Konkret müssen folgende Texte verglichen werden: 8 Nr.

Jak

Werk

Passage

Kategorie

1.

1, 17

paed.

1, 26, 2.3

C

2.

2, 8

str.

6, 164, 2

D

3.

2, 19

exc. Thdot.

77, 3

C

4.

2, 19

str.

5, 125, 1

C

5.

2, 22

str.

7, 55, 2

D

6.

2, 23

paed.

3, 12, 4

D

7.

2, 23

paed.

3, 42, 3

D

Alexandrinus, 236, die Bekanntheit von Clemens neben den Zitaten aus dem Neuen und dem Alten Testament auch in denjenigen aus Dichtung und Philosophie begründet. Ähnlich dargestellt wird die Bedeutung des Clemens für die Philosophie bei Mondesert, Clément, der Clemens als „auteur difficile“ (4) beschreibt und dies neben seinen hohen sprachlichen Reichtum auch an dessen Zitationsstil festmacht. Zudem verweist auch Mondesert (65) auf die Vielzahl an Zitaten aus dem Neuen Testament. Hier wird auch Van den Hoek, Clement, 11– 19, besonders wichtig sein. Van den Hoeck liefert eine einmalige und ausführliche Anaylse des Gebrauchs der Schriften des Philo bei Clemens, wobei sie sich besonders den str. widmet. Ein wichtiger Beitrag zum Gebrauch der Evangelien bei Clemens ist Cosaert, Clement, 393–413, der dabei auch eine beeindruckende quantitative Analyse der Evangelienzitate beinhaltet. Mit Nicklas, Apokalypsen, 107, ist auch darauf hinzuweisen, dass Clemens auch Schriften, die heute nicht Teil des Neuen Testaments sind, wie dem Hirt des Hermas, den er mehrfach zitiert, einen hohen Stellenwert einräumt. 6 Grundsätzlich lässt sich in neutestamentlicher Forschung eine ablehnende Tendenz beobachten, was mögliche literarische Abhängigkeiten zwischen Jak und Werken des Clemens von Alexandrien anbelangt. Dennoch ist die Bandbreite möglicher Antworten groß: Während Allison, James, 15; Johnson, Brother, 69, und Mußner, Jakobusbrief, 39, eine literarische Abhängigkeit für möglich halten, sprechen sich Nienhuis, Paul, 48; Ropes, James, 91, und Meyer, Rätsel, 42–48, dagegen aus. Mees, Zitate, der sich eindringlich mit sämtlichen möglichen literarischen Abhängigkeiten zu neutestamentlichen Texten bei Clemens von Alexandrien beschäftigt, klammert hingegen den Jak von vorneherein aus. An dieser Stelle sei auch vermerkt, dass sämtliche Darstellungen hierzu nur an der Oberfläche bleiben. 7 Zum Werk des Irenäus siehe einleitend Osborn, Clement, 5–15. 8 Diese Auflistung basiert weitgehend auf Allenbach, Biblia Patristica 2, und eigenen Beobachtungen.

95

Clemens von Alexandrien

Nr.

Jak

Werk

Passage

Kategorie

8.

2, 23

str.

2, 20, 2

D

9.

2, 23

str.

2, 28, 4

D

10.

2, 23

str.

2, 103, 2

D

11.

2, 23

str.

4, 105, 3

D

12.

2, 23

str.

4, 106, 1

D

13.

2, 23

str.

7, 19, 2

D

14.

2, 25

str.

4, 105, 4

D

17.

4, 6

str.

3, 49, 2

D

18.

4, 6

str.

4, 106, 4

D

19.

5, 11

q.d.s.

39, 6

C

20.

5, 12

str.

7, 50, 5 9

D

21.

5, 12

str.

5, 99, 1

C

22.

5, 12

str.

7, 67, 5

C

23.

5, 20

str.

4, 111, 3

D

24.

5, 20

paed.

3, 91, 3

D

25.

5, 20

str.

1, 173, 6

D

26.

5, 20

str.

2, 65, 3

D

27.

5, 20

q.d.s.

38, 2

D

Schon die Sichtung dieser Passagen zeigt eine Konzentration der möglichen Rezeptionen auf das zweite Kapitel des Jak und hier besonders auf Jak 2, 23. Die zu vergleichenden Texte stammen weitgehend aus den Stromata (str.) 10 und dem Werk Paedagogus (paed.), zwei der drei neben einem homiletischen Traktat, Quis dives salvetur (q.d.s.), 11 noch erhaltenen Werke des Clemens. Verwundern mag auch, dass keine einzige mögliche Verbindung mit dem Protrepticus (protr.) hergestellt wird, das in seiner Nachwirkung wohl als am bedeutendsten einzustufen ist. 12 9 Hier besteht ein Problem mit der Biblia Patristica, die diese Passage so angibt: str. 7, 50, 5,38, 2. 10 Ausführliche Erläuterungen zur Eigenart der str. finden sich bei Wyrwa, Platonaneignung, 24–82, wo deutlich wird, dass es die zentrale Intention des Clemens bei diesem Werk war, die Erkenntnis der Wahrheit hinsichtlich des Glaubens zu fördern und dabei einer sophistischen Zersetzung entgegenzuwirken. Dem liegt der Versuch zugrunde, griechische Philosophie mit christlichem Glauben zu vereinen und dabei die epistemologische Überlegenheit des Glaubens zu erweisen. Einführend hierzu vgl. ebenfalls Stählin, Einleitung (GCS 217), XXVI–XXVIII; Osborn, Philosophy, 7–12. 11 Eine Einführung zu dieser Schrift findet sich bei Nardi, Introduction, 9–98. Besonders wichtig hierbei sind die Informationen zu Datierung, Genre, Struktur und Stil (15–18). Wie deutlich gemacht wird (37–40), tritt ebenfalls in q.d.s. die Auseinandersetzung mit den gnostischen Lehren offen zu Tage. 12 Weiterführend hierzu vgl. Wyrwa, Clemens, 129.

96

Clemens von Alexandrien

7.1 Werk und Überlieferungssituation Archetypus sämtlicher griechischer Handschriften von protr. 13 und paid. ist die Handschrift Paris graec. 451 (= P) des Apologeten Arethas, der Erzbischof von Caesarea war, 914 von dem Schreiber Baanes angefertigt. 14 Die str. und die Eclogae propheticae (ecl.) sind in zwei griechischen Handschriften überliefert, im Codex Laurentianus V (= L), der aus dem elften Jahrhundert stammt, 15 und in der Handschrift Paris. Suppl. Graec. 250, einer Handschrift, die auf das sechzehnte Jahrhundert zurückgeht und direkt aus dem Laurentianus abgeschrieben wurde. 16 Die Schrift q.d.s. ist mit der griechischen Handschrift Scorial. Ω– III–19 (= S) aus dem frühen zwölften Jahrhundert und der darauf zurückgehenden Handschrift Vatic. Graec. 623 (= V) identisch. 17 Unabhängig von der immer zutreffenden Bemerkung, dass die Frage literarischer Abhängigkeiten von der Tatsache abhängig ist, in welcher Form Texte den Autoren vorlagen, muss bei Clemens auch die Beobachtung Berücksichtigung finden, dass dieser sehr gut aus dem Gedächtnis zitieren konnte, was sich an Zitaten aus den Evangelien zeigen lässt. 18 Dies würde suggerieren, dass auch vermeintliche Echos aus dem Jak klar erkennbar sein müssten.

13 Zusätzliche Informationen zu den Werken des Clemens finden sich bei Wyrwa, Clemens, 129–131. 14 Die Überlieferung des protr. und der str. ist ausführlich besprochen bei Feulner, Clemens, 50–52. Hier finden sich zudem Verweise auf weitere Debatten in der Forschungsgeschichte. 15 Vgl. hierzu Stählin, Einleitung (GCS 217), IX–XL, mit einer Beschreibung zu dieser und ihr verwandter Handschriften; Nardi, Introduzione, 33–35. 16 Zu den Handschriften hiervon vgl. Feulner, Clemens, 52–53. 17 Weiterführende Informationen zur Überlieferung bei Feulner, Clemens, 53, und bei Stählin, Einleitung (GCS 217), X–XI. 18 Vgl. Mondesert, Clément, 73–74, der versucht, sich der Frage zu nähern, ob Clemens schon eine Art Evangelienharmonie vorlag, diese letzten Endes jedoch offenlassen muss. Mit der Frage, wie Clemens mit neutestamentlichen Zitaten umgeht, setzt sich ebenfalls Cosaert, Text, 24–30, auseinander. Dieser betont ausdrücklich, dass Clemens gerade mit Jesusworten so stark vertraut war, dass diese Teil seiner eigenen Sprache wurden. Außerdem ließen sich daraus unterschiedliche Grade der Genauigkeit ablesen und sei bei den Pauluszitaten davon auszugehen, dass Clemens direkt aus einem Manuskript zitiere. Im Bereich der Evangelien könne weitgehend geklärt werden, ob Clemens aus dem Gedächtnis zitiert oder ob ihm der Text schriftlich vorgelegen hat. Dies stützt Corsaert auf eine Untersuchung der Einleitungen von Zitaten (26–27), womit er überzeugen kann.

Verhältnisbestimmung

97

7.2 Verhältnisbestimmung 7.2.1 Ein verlorener Kommentar? Zunächst soll der Frage, ob Clemens den Jak kannte, mit Hilfe von möglichen Hinweisen aus anderen Schriften nachgegangen werden. Zweifel lassen die sogenannten Adumbrationes in Epistolas Catholicas (adumbr.) wach werden. Hierbei handelt es sich um eine wohl von Cassiodor (* ca. 485, † ca. 580) 19 in Auftrag gegebene lateinische Übersetzung der Kommentare des Clemens zu den Katholischen Briefen, die wohl zum Großteil den verlorengegangenen Hypotyposen (hyp.) entspricht. 20 Dort finden sich weder Hinweise auf Jak noch auf 2 Petr, allerdings Kommentierungen zu 1 Petr 1–5, 1 Joh 1–5 21 und zu einzelnen Versen des Jud und des 2 Joh. 22 Dies lässt mit hoher Sicherheit darauf schließen, dass die adumbr. zu keiner Zeit einen Kommentar zum Jak enthalten haben. Auch wenn Cassiodor in inst. div. 1, 8,4 von einer Kommentierung des Jak bei Clemens spricht, 23 liegt hier ziemlich wahrscheinlich eine Verwechslung mit dem Jud vor. 24 Genauso fraglich ist es, ob die hyp. 25 selbst einen Kommentar zu Jak enthalEine Einführung in Leben und Werk des Cassiodor bietet Skeb, Cassiodor, 141–142. Vgl. hierzu Bürsgens, Cassiodor, 141–143, ebenfalls Kovacs, Clement, 13, die besonders darauf hinweist, dass es sich hierbei um eine Kommentierung handelt, die Vers für Vers vorgeht; Dainese, Introduzione, 9–139, und Plátova, Bemerkungen, 181–187. 21 Vgl. hierzu Kovacs, Clement, 13. 22 Die gleiche Argumentation verfolgt Merkt, 1. Petrus, 18–19. Entgegen Johnson, Brother, 89, der zwar Ähnliches feststellt, aber dennoch an der Möglichkeit, dass die hyp. auch einen Kommentar zu Jak enthalten haben, festhält. Dies erklärt er damit, dass Eusebius in h.e. 2, 1,3–7 explizit auf die Bücher 6 und 7 der hyp. verweist. Nach Johnson könnte in diesen heute verlorenen Teilen der hyp. ein Kommentar zu Jak enthalten gewesen sein, was sich natürlich weder bestätigen noch widerlegen lässt. Dennoch erscheint dieses Argument hier auch deshalb schwach, weil es sich um eine Darstellung des Eusebius handelt, dessen Objektivität hinterfragt werden muss. Deshalb gesteht wohl auch Johnson am Ende ein, dass das erste sichere Zeugnis für den Jak im Osten in Origenes zu sehen ist. Der Ansicht von Johnson folgt Moo, James, 3, ohne weiterführende Argumente. 23 In inst. div. 1, 8,4 (FC 39/1, 160) heißt es: In epistulis autem canonicis Clemens Alexandrinus presbyter, qui et Stromatheus vocatur, – id est, in epistula sancti Petri prima, sancti Iohannis prima et secunda, et Iacobi, – quaedam Attico sermone declaravit; ubi multa quidem subtiliter, sed aquila incaute locutus est. Quae nos ita transferri fecimus in Latinum, ut exclusis quibusdam offendiculis purificata doctrina eius securior potuisset hauriri. Einleitende Hinweise zu diesem Werk, bietet Bürsgens, Einleitung, 9–88. 24 Davon gehen Autoren wie Grünstäudl, Petrus, 240, und Ropes, James, 91–92, aus. Auch konnte innerhalb dieses Kapitels die hohe Wertschätzung des Jud bei Clemens aufgezeigt werden. Entgegen Johnson, Brother, 39–40, der hierin einen klaren Beleg für eine Kenntnis des Jak bei Clemens sieht und dabei diese Überlegungen völlig unberücksichtigt lässt. Laws, Epistle, 24, hingegen bringt diese Beobachtung zwar auch, leitet daraus aber keine definitiven Rückschlüsse ab. 25 Grundlegende und weiterführende Informationen hierzu liefert Grünstäudl, Petrus Alexandrinus, 237–240, der sich auf der Suche nach Hinweisen auf 2 Petr bei Clemens erschöpfend mit den Hypotyposen und der damit implizierten Problematik befasst. Knapp dar19 20

98

Clemens von Alexandrien

ten haben. Informationen darüber lassen sich nur mehr über antike und mittelalterliche Inhaltsangaben gewinnen. Ein solcher Text stammt von Eusebius von Cäsarea (* vor 264/265, † vor 339/340). 26 Im sechsten Buch seiner Kirchengeschichte schreibt er: Ἐν δὲ ταῖς ῾Υποτυπώσειν ξυνελόντα εἰπεῖν πάσης τῆς ἐνδιαθήκου γραφῆς ἐπιτετμημένας πεποίηται διηγήσεις, μηδὲ τὰς ἀντιλεγομένας παρελθών, τὴν Ἰούδα λέγω καὶ τὰς λοιπὰς καθολικὰς ἐπιστολὰς τήν τε Βαρναβᾶ, καὶ τὴν Πέτρου λεγομένην Ἀποκάλυψιν. Eusebius, h.e. 6, 14, 1; GCS 9/1, 548–550

In den Hypotyposen bietet er, um es kurz zu sagen, knappe Auslegungen der ganzen Schrift des Bundes, ohne dabei die Antilegomena zu übergehen – den Judasbrief meine ich und die übrigen Katholischen Briefe sowie den Barnabasbrief und die sogenannte Petrusapokalypse. Übersetzung: Grünstäudl, Petrus Alexandrinus, 237

Ähnlich nennt auch Photius (* um 810 bzw. 820, † zwischen 891 und 893/894), der im neunten Jahrhundert Patriarch in Konstantinopel war, 27 in seiner Inhaltsangabe zu den hyp. eine Sammlung Katholischer Briefe: Ὁ δὲ ὅλος σκοπὸς ὡσανεὶ ἑρμηνεῖαι τυγχάνουσι τῆς Γενέσεως, τῆς Ἐξόδου, τῶν Ψαλμῶν, τοῦ θείου Παύλου τῶν ἐπισολῶν, καὶ τῶν καθολικῶν, καὶ τοῦ Ἐκκλησιαστοῦ. Photius, cod. 109; PG 103, 384

Hauptsächlich befinden sich darin Auslegungen der Genesis, des Buches Exodus, der Psalmen, der Briefe des göttlichen Paulus, der Katholischen Briefe und des Buches Kohelet. Übersetzung: Grünstäudl, Petrus Alexandrinus, 237

In keinem der beiden Zitate wird der Jak explizit erwähnt, sondern lediglich eine Sammlung der „Katholischen Briefe“ (Eusebius: λοιπὰς καθολικάς / Photius: τῶν καθολικῶν). Vom Jak ist keine Rede. Obwohl Photius die Sammlung der Katholischen Briefe nicht näher beschreibt, dürfte er den Jak dazugezählt haben. Allerdings könnte er seine Information von Eusebius beziehen. Bei h.e. 2, 24, 25 erscheint es nämlich naheliegend, dass der Jak miteingeschlossen ist, 28 gestellt auch bei Grünstäudl, Was lange währt, 80. Ansatzweise auf den Jak übertragen ist dies schon kurz bei Allison, James, 15, ausführlich bei Meyer, Rätsel, 42–48, der seine diesbezüglichen Ergebnisse ausschließlich aus derartigen Rückschlüssen gewinnt; vgl. ferner Mußner, Jakobusbrief, 39, und Ropes, James, 91–92. 26 Biographische und inhaltliche Notizen hierzu bei Ulrich, Eusebius von Cäsarea, 240– 245. 27 Relevante Informationen zu Photius bei Gahbauer, Photius, 579–581; Meier, Photius, 579–581. 28 In h.e. 2, 23, 25 (GCS 9/1, 174) schreibt Eusebius: τοιαῦτα καὶ τὰ κατὰ Ἰάκωβον, οὗ ἡ πρώτη τῶν ὀνομαζομένων καθολικῶν ἐπιστολῶν εἶναι λέγεται· ἰστέον δὲ ὡς νοθεύεται νοθεύεται μέν, οὐ πολλοὶ γοῦν παλαιῶν αὐτῆς ἐμνημόνευσαν, ὡς οὐδὲ τῆς λεγομένης

Verhältnisbestimmung

99

was jedoch nur die subjektive Sicht des Eusebius widerspiegelt, nicht aber den tatsächlichen Umfang der hyp. 29

7.2.2 Jak 2, 23 bei Clemens? Mit acht möglichen Reminiszenzen bei Clemens ist in Jak 2, 23 ein Schwerpunkt eventueller Schnittpunkte mit den Schriften des Clemens zu sehen. Deshalb sollen auch diese den Anfang der semantischen Untersuchung bilden. Die Entscheidung über eine literarische Abhängigkeit ist mit den gleichen Problemen verbunden wie schon bei Irenäus von Lyon: 30 Sind bei möglichen Referenztexten nicht alle drei Elemente aus Jak 2, 23 enthalten, also erstens der Glaube Abrahams, der ihm zweitens zur Gerechtigkeit angerechnet wird und der drittens daraus resultierenden Freundschaft Abrahams mit Gott, ist die Frage nach literarischen Abhängigkeiten nahezu nicht zu entscheiden, da hierfür ebenfalls Gen 15, 6 LXX, Röm 4, 3 und Gal 3, 6 infrage kommen. Nur die gleichzeitige Kombination der ersten beiden Elemente mit dem Motiv von Abraham als Gottesfreund, welches für sich genommen auch als weitläufig bekannt eingestuft werden muss, spricht für eine literarische Abhängigkeit mit Jak 2, 23. Anders gesagt, falls diese drei Elemente nicht übereinstimmen, wird es sehr schwierig, literarische Beziehungen mit Jak 2, 23 nachzuweisen. Konkret ist es auch so, denn keiner der infrage kommenden Texte liefert alle drei Elemente zusammen. Eine genaue Untersuchung kann jedoch trotzdem weiterführende Erkenntnisse zulassen: Jak 2, 23 23 καὶ ἐπληρώθη ἡ γραφὴ ἡ λέγουσα· ἐπίστευσεν δὲ Ἀβραὰμ τῷ θεῷ, καὶ ἐλογίσθη αὐτῷ εἰς δικαιοσύνην καὶ φίλος θεοῦ ἐκλήθη. NA 28 23

und erfüllt wurde die Schrift erfüllt, die sagt: „Abraham glaubte Gott, und es wurde ihm als Gerechtigkeit angerechnet, und er wurde Freund Gottes genannt.“

Ἰούδα, μιᾶς καὶ αὐτῆς οὔσης τῶν ἑπτὰ λεγομένων καθολικῶν· ὅμως δ᾽ ἴσμεν καὶ ταύτας μετὰ τῶν λοιπῶν ἐν πλείσταις δεδημοσιευμένας ἐκκλησίαις. 29 Auch Merkt, 1. Petrus, 26, lässt offfen, welche Schriften Eusebius zur Sammlung der Katholischen Briefe zählt, da er deren Sprachgebrauch genauso gut wiedergeben wie eine Terminologie seiner Zeit rückprojizieren könnte. Ähnlich argumentiert Grünstäudl, Petrus Alexandrinus, 237–240, der auf einen weiteren interessanten Unterschied hinweist: Photius erwähnt den Barn ebensowenig wie die Apokalypse des Petrus. Die besondere Nennung einzelner biblischer Bücher bei Photius sei zudem nicht mit der eine vollständige Bibelkommentierung suggerierenden Notiz des Eusebius zu vergleichen. Dem steht Zahn, Geschichte 1, 322–323, gegenüber, dessen Hauptargument auf einer Kenntnis des Jak in den Zeugnissen von Eusebius und Photius beruht, denen er absolute Zuverlässigkeit attestiert. Dies überzeugt jedoch in Anbetracht der bisherigen Darstellungen nicht. 30 Hier sei auf die ausführlichen Darlegungen in 5.2.1 verwiesen, die auch in diesem Fall Gültigkeit haben.

100

Clemens von Alexandrien

str. 7, 19, 2 Ὁ δὲ ἤδη μὴ διὰ τὰς ἐντολάς, δι᾽ αὐτὴν δὲ τὴν γνῶσιν καθαρὸς τῇ καρδίᾳ, φίλος οὗτος τοῦ θεοῦ. SC 428, 82; 84 Wer aber bereits nicht mehr wegen der Gebote, sondern wegen der Erkenntnis selbst „reinen Herzens“ ist, der ist „ein Freund Gottes“. adapt. BKV 210, 25 str. 2, 20, 2 θεοφιλῆ δὲ αὐτὸν μηνύει λέγων· 2 „θεὸς Ἀβραάμ, θεὸς Ἰσαάκ, θεὸς Ἰακώβ.“ ὃ μὲν γὰρ ‚φίλος’ ἄντικρυς κεκλημένος εὑρίσκεται, ὃ δὲ ‚ὁρῶν τὸν θεὸν’ μετωνομασμένος δείκνυται· τὸν τε Ἰσαὰκ ὡς καθωσιωμένον ἱερεῖον ἀλληγορήσας ἐξελέξατο ἑαυτῷ τύπον ἐσόμενον ἡμῖν οἰκονομίας σωτηρίου. GCS 52, 123 Dass aber der Weise von Gott geliebt sei, das tut er kund, wenn er sagt: „Gott Abrahams, Gott Isaaks, Gott Jakobs“; denn bei dem einen finden wir, dass er geradezu „Freund“ Gottes genannt wurde; bei dem anderen zeigt es sich, dass sein Name in „Gott stehend“ umgeändert wurde; Isaak aber machte Gott sinnbildlich zu einem geheiligten Opfer und wählte sich ihn aus, auf dass er für uns ein Vorbild des im Heilsplan Gottes vorgesehenen Leidens des Heilandes sei. adapt. BKV 217, 164 str. 2, 103, 2 Βαβυλῶνα ᾤκει Δαωιήλ, καθάπερ ὁ μὲν Λὼτ τὰ Σόδομα, τὴν Χαλδαίων δὲ γῆν ὁ Ἀβραὰμ ὁ μετ᾽ ὀλίγον ‚φίλος τοῦ θεοῦ‘. GCS 52, 170 In Babylon wohnte Daniel, wie Lot in Sodom, und Abraham, der wenig später „Freund Gottes“ wurde, im Land der Chaldäer. adapt. BKV 217, 164 paed. 3, 12, 4 Σαφέστατα γοῦν ὁ κύριος διὰ τοῦ Ἀβραὰμ διδάσκει καὶ πατρίδος καὶ συγγενέων καὶ κτήσεως καὶ πλούτου παντὸς καταφρονεῖν τὸν ἑπόμενον τῷ θεῷ, ποιήσας αὐτὸν ἔπηλυν, καὶ διὰ τοῦτο καὶ „φίλον“ αὐτὸν ὠνόμασεν τῆς οἴκοι καταφρονήσαντα περιουσίας· εὐπατρίδης γὰρ ἦν καὶ εὔπορος σφόδρα. SC 158, 32 Ganz deutlich lehrt ja Gott durch Abraham, dass, wer Gott nachfolgen will, Vaterland und Verwandte und Besitz und jeden Reichtum verachten muss, indem er ihn zum Fremdling machte. Und deswegen nannte er ihn auch „Freund“, 31 weil er den Überfluss,

31 Hierzu eine interessante und weiterführende Bemerkung aus BKV 28, 146: „Es ist fraglich, ob Clemens diese Bezeichnung, die er auch Paid. II 42, 3; Strom. II 20, 2; 103, 2 und Strom. IV 105, 3; 106, 1 (an diesen beiden Stellen aus 1 Clem. Ad Cor. 10, 1; 17, 2) bringt, aus Jak 2, 23

Verhältnisbestimmung

101

den er zu Hause besaß, verachtet hatte; denn er war von vornehmer Abstammung und sehr wohlhabend. adapt. BKV 28, 146 paed. 3, 42, 3 οὗτοί εἰσιν οἱ μαθηταὶ οἱ πεισθέντες τῷ λόγῳ· διὰ τοῦτο ὃ μὲν ἤκουσεν φίλος, οἱ δὲ ἀπόστολοι, ἕνα καὶ τὸν αὐτὸν θεὸν ὃ μὲν πολυπραγμονῶν, οἳ δὲ κρύσσοντες. Λαοὶ δὲ ἄμφω, ἀμφοῖν δὲ τούτοιν οἱ ἀκρoαταί, ὃ μὲν ὠφελούμενος διὰ τὴν ζήτησιν, ὃ δὲ σῳζόμενος διὰ τὴν εὕρεσιν. SC 158, 92; 94 Diese sind Schüler, die dem Wort gehorcht haben: Deshalb wurde jener „Freund“ genannt, diese aber „Apostel“; es ist aber ein und derselbe Gott, den jener mit allem Eifer suchte und diese verkündeten. Von den beiden Völkern aber, die auf diese beiden hörten, fand das eine Hilfe wegen des Suchens, das andere Erlösung wegen des Findens. adapt. BKV 28, 174

Die deutlichste Übereinstimmung jeder dieser Textstellen mit Jak 2, 23 ist das Motiv der Freundschaft, was semantisch mit φίλος zum Ausdruck gebracht wird. 32 Eine literarische Abhängigkeit im Fall von str. 7, 19, 2 kann sehr schnell als unwahrscheinlich beurteilt werden (Kategorie D), da es zwar um Freundschaft mit Gott geht, diese aber nicht auf Abraham bezogen ist. Es wird der Christusgläubige als Freund Gottes klassifiziert, ὁ δὲ ἤδη μὴ διὰ τὰς ἐντολάς, δι᾽ αὐτὴν δὲ τὴν γνῶσιν καθαρὸς. In den weiteren Passagen str. 2, 20, 2/2, 103, 2; paed. 3, 12, 4/3, 42, 3 ist die Freundschaft mit Gott auch auf die Figur Abrahams zu beziehen, 33 was sich sprachlich in der weiteren Übereinstimmung im Namen Ἀβραάμ 34 äußert, wodurch auch ein Unterschied zu Gen 15, 6 LXX mit der darin gebräuchlichen Bezeichnung Αβραμ markiert wird. Allerdings erlaubt keine dieser Passagen einen direkten Schluss auf eine literarische Abhängigkeit zu Jak 2, 23:

entnommen hat; vgl. Zahn, Supplementum Clementinum S. 151 f. Sie steht auch bei Philo, de sobr. 56.“ 32 In dieser Reihe verwendet nur paed. 3, 42, 3 eine abweichende Form des gleichen Wortes: φίλον. 33 Mit dem Thema der Gottesfreundschaft bei Clemens beschäftigt sich ausführlich Peterson, Gottesfreund, 186–191, woraus hervorgeht, wie ausgeprägt das Motiv von der Gottesfreundschaft bei Clemens war und dass er dieses nicht nur in Bezug auf Abraham verwendet. Das heißt, für Clemens war „Gottesfreundschaft“ nichts Ungewöhnliches und Clemens hatte ein eigenes Verständnis davon, was wiederum den Schluss erlaubt, dass Clemens dieses Motiv nicht zwingend über Jak bezogen haben muss. 34 Eine minimale Abweichung ist zu sehen in str. 2, 20, 2. Hier wird Abraham zwar genannt, aber ist nicht Subjekt und es ist erst in der darauffolgenden Erläuterung zu erkennen, dass die Freundschaft Gottes auf Abraham zu beziehen ist. In paed. 3, 42, 3 hingegen kommt das Subjekt Abraham schon im vorangehenden Abschnitt (3, 42, 3) vor.

102

Clemens von Alexandrien

1. Str. 2, 20, 2: Hier ist die Freundschaft Gottes mit Abraham eingebettet in eine Definition des Gottesbildes. 35 Gerade aber die Erläuterung der diesem Absatz zugrundeliegenden Gottesfreundschaft erweckt mehr den Eindruck, es handle sich um eine Niederschrift eines für Abraham hinlänglich bekannten Attributes als um eine Rezeption des Gedankens aus Jak 2, 23. 2. Str. 2, 103, 2: Es besteht kein inhaltlicher Zusammenhang mit der für Jak 2, 23 spezifischen Kombination mit Gen 15, 6 LXX. Stattdessen steht die Figur Abrahams in einer Reihe mit Lot und Daniel. 3. Paed. 3, 12, 4: Die Freundschaft Gottes mit Abraham wird hier im Gegensatz zu Jak 2, 23 über die Verachtung von Überfluss dargestellt. 4. Paed. 3, 42, 3: Das Motiv der Freundschaft Gottes mit Abraham begegnet hier in einem Kontext, in dem Abraham mit Jüngern verglichen wird. Bei diesen Textstellen fällt auf, dass Freundschaft Gottes mit Abraham inhaltlich anders definiert wird als in Jak 2, 23. 36 Diese unterschiedliche Verwendung des Motivs von Abraham als Gottesfreund erweckt den Eindruck, dass Clemens dieses Motiv losgelöst von Jak 2, 23 und der darin enthaltenen Kombination mit Gen 15, 6 LXX kennt und als eine Art festes Motiv verwendet. Eine literarische Abhängigkeit zu Jak 2, 23 macht aus diesen Gründen wenig Sinn und muss deshalb als unwahrscheinlich gelten (Kategorie D). Wesentlich deutlicher sind die Überschneidungen mit drei Passagen aus den str. (4, 105, 3/4, 106, 1/2, 28, 4): Gen 15, 6

str. 4, 105, 3

καὶ ἐπίστευσεν Αβραμ τῷ θεῷ, καὶ ἐλογίσθη αὐτῷ εἰς δικαιοσύνην. LXX

εἶτ᾽ ἐμφανέστερον· „ἀτενίσωμεν οὖν εἰς τοὺς τελείως λειτουργήσαντας αὐτοῦ τῇ μεγαλοπρεπεῖ δόξῃ, λάβωμεν Ἐνώχ, ὃς ἐν ὑπακοῇ δίκαιος εὑρευθεὶς μετετέθη, καὶ Νῶε, ὃς πιστεύσας διεσώθη, καὶ Ἀβραὰμ, ὃς διὰ πίστιν καὶ φιλοξενίαν φίλος θεοῦ, πατὴρ δὲ τοῦ Ἰσαὰκ προσηγορεύθη. GCS 415, 294

Jak 2, 23 καὶ ἐπληρώθη ἡ γραφὴ ἡ λέγουσα· ἐπίστευσεν δὲ Ἀβραὰμ τῷ θεῷ, καὶ ἐλογίσθη αὐτῷ εἰς δικαιοσύνην καὶ φίλος θεοῦ ἐκλήθη. NA 28

35 Mit der Formulierung θεὸς Αβρααμ καὶ θεὸς Ισαακ καὶ θεὸς Ιακωβ, in der Abraham in einer Reihe steht mit Isaak und Jakob, erscheint sogar eine Abhängigkeit zu Ex 3, 6 LXX plausibler als zu Jak 2, 23. 36 Die Vielfalt der Definitionen der Gottesfreundschaft Abrahams zeigt Peterson, Gottesfreund, 172–202. Dies macht Jak 2, 23 als Ausgangspunkt hierfür immer unwahrscheinlicher. Vielmehr muss als wahrscheinlich gelten, dass das Motiv der Freundschaft Gottes mit Abraham weitläufig bekannt war und in verschiedenen Kontexten auf verschiedene Weise erklärt wurde. Eine direkte Rückführbarkeit auf Jak würde auch die gleiche, auf Gen 15, 6 LXX zurückgehende Erklärung nahelegen.

Verhältnisbestimmung

Röm 4, 3 τί γὰρ ἡ γραφὴ λέγει; ἐπίστευσεν δὲ Ἀβραὰμ τῷ θεῷ καὶ ἐλογίσθη αὐτῷ εἰς δικαιοσύνην. NA 28

103

str. 4, 106, 1 ὁ γάρ τοι φίλος θεοῦ διὰ πίστιν ἐλευθέραν κληθεῖς Ἀβραὰμ οὐκ ἐπήρθη τῇ δόξῃ, μετριοπαθῶν δὲ ἔλεγεν· „ἐγὼ δέ εἰμι γῆ καὶ σποδὸς.“ GCS 415, 294–295 str. 2, 28, 4 εἰ δὲ „τῷ Ἀβραὰμ πιστεύσαντι ἐλογίσθη εἰς δικαιοσύνην,“ σπέρμα δὲ Ἀβραὰμ ἡμεῖς δι᾽ ἀκοῆς, καὶ ἡμῖν πιστευτέον. Ἰσραηλῖται γὰρ ἡμεῖς οἱ μὴ διὰ σημείων, δι᾽ ἀκοῆς δὲ εὐπειθεῖς. GCS 415, 128

Gen 15, 6

str. 4, 105, 3

und Abraham glaubte dem Gott und es wurde ihm gerechnet zur Gerechtigkeit.

Dann spricht er noch deutlicher: Lasst uns gespannt auf die blicken, die seiner erhabenen Herrlichkeit in vollkommener Weise gedient haben! Lasst uns Enoch nehmen, der durch seinen Gehorsam als gerecht befunden und von der Erde entrückt wurde und Noah, der glaubte und so zur Zeit der Not erhalten wurde und Abraham, der wegen seines Glaubens und seiner Gastfreundschaft Gottes Freund und Isaaks Vater genannt wurde! BKV 219, 72–73

Jak 2, 23 erfüllt wurde die Schrift erfüllt, die sagt: „Abraham glaubte Gott, und es wurde ihm als Gerechtigkeit angerechnet, und er wurde Freund Gottes genannt.“

23 und

Röm 4, 3 Denn was sagt die Schrift: Abraham glaubte Gott, und es wurde ihm als Gerechtigkeit angerechnet.

str. 4, 106, 1 Denn Abraham, der wegen seines edlen Glaubens den Namen „Gottes Freund“ erhielt, wurde in seinem Sinn nicht hochmütig, sondern sagt voll Demut: ‚Ich aber bin nur Erde und Asche.‘ BKV 219, 73 str. 2, 28, 4 Wenn es aber ‚dem Abraham zur Gerechtigkeit angerechnet wurde, dass er glaubte‘ und wir infolge der Predigt Same Abrahams sind, so müssen auch wir glauben; denn Israeliten sind wir, die wir nicht infolge von Zeichen, sondern infolge von der Predigt gehorsam sind. BKV 217, 171

104

Clemens von Alexandrien

Während in str. 4, 105, 3/4, 106, 1 das Motiv der Freundschaft Gottes mit Abraham begegnet, greift Clemens in str. 2, 28, 4 das Motiv des Glaubens Abrahams auf, der ihm zur Gerechtigkeit angerechnet wird. Jedoch ergeben diese drei Passagen nur zusammen betrachtet 37 die drei Elemente aus Jak 2, 23. Dem Inhalt folgend bestehen auch sprachliche Überlagerungen in den spezifischen Termini Ἀβραάμ (2x), πίστις (2x), φίλος θεοῦ (2x) innerhalb str. 4, 105, 3/ 4, 106, 1 und steht die Formulierung Ἀβραὰμ πιστεύσαντι ἐλογίσθη εἰς δικαιοσύνην aus str. 2, 28, 4 im Gegenüber zu Ἀβραὰμ τῷ θεῷ, καὶ ἐλογίσθη αὐτῷ εἰς δικαιοσύνην aus Jak 2, 23. Wenn aus str. 2, 28, 4 keine Schlüsse mehr gezogen werden können, bieten die beiden anderen Passagen, str. 4, 105, 3/4, 106, 1, weiteres Potential: 1. Dort fällt auf, dass die Freundschaft Gottes zu Abraham nicht wie in Jak 2, 23 über den Glauben Abrahams definiert wird, sondern über den Begriff der φιλοξενία. 38 Gerade durch diese andere Perspektive auf das – wie dargestellt – hinlänglich bekannte Motiv der Freundschaft Gottes wirkt Jak 2, 23 als Grundlage entbehrlich. 2. Dies unterstützt auch der Rahmen, in den die beiden Textstellen str. 4, 105, 3/ 4, 106, 1 eingebettet sind. So zeigt Clemens mit seiner Einleitung des Absatzes in str. 4, 105, 1, dass er hier aus 1 Clem zitiert: Ναὶ μὴν ἐν τῇ πρὸς Κορινθίους ἐπιστολῇ ὁ ἀπόστολος Κλήμης καὶ αὐτὸς ἡμῖν τύπον τινὰ τοῦ γνωστικοῦ ὑπογράφων λέγει· str. 4, 105, 1, GCS 415, 294

Indessen zeichnet uns auch der Apostel Clemens in seinem Brief an die Korinther das Musterbild des Gnostikers, sagt er: adapt. BKV 219, 72

Das darauffolgende Zitat lässt sich ziemlich eindeutig mit 1 Clem 1, 2.3 identifizieren. 39 Mit der Formulierung εἶτ ἐμφανέστερον in str. 4, 105, 3 wird klar, dass Clemens sein Zitat aus 1 Clem weiter fortsetzt. Auch wenn die wörtliche Übereinstimmung in diesem Fall nicht so deutlich ist, lässt sich 1 Clem 9, 2– 10, 1 als Ursprung des Zitates verifizieren. Dies ermöglicht folgende Beobachtungen:

37 Gerade der Umstand, dass diese drei Passagen nicht aufeinanderfolgen und str. 2, 28, 4 weit von str. 4, 105, 3/4, 106, 1 entfernt liegt, zeigt, dass diese drei Passagen keine Einheit bilden. 38 Mag dieser Terminus für das Neue Testament mit den beiden Treffern in Röm 12, 13 und Hebr 31, 2 als selten erscheinen, begegnet er innerhalb des antiken griechischen Sprachraums häufig. 39 So stimmt str. 4, 105, 1 nahezu wortwörtlich mit 1 Clem 1, 2.3 überein. Es fehlt nur der letzte Teil von 1 Clem 1, 3: ὑποτασσόμενοι τοῖς ἡγουμένοις ὑμῶν καὶ τιμὴν τὴν καθήκουσαν ἀπονέμοντες τοῖς παρ᾽ ὑμῖν πρεσβυτέροις.

Verhältnisbestimmung

105

1. Die beiden Zitate aus 1 Clem sind ein gutes Beispiel dafür, wie Clemens von Alexandrien Zitate einleitet. Dies wirft die Frage auf, weshalb, ginge man von einer Rezeption des Jak bei Clemens aus, dieser vermeintliche Zitate daraus nie als solche einleitet. 2. Auch in 1 Clem 10, 1 begegnet das Motiv der Freundschaft Gottes mit Abraham in Form von Ἀβραάμ, ὁ φίλος. Im direkten Vergleich mit Jak 2, 23 und str. 4, 105, 3 ist zwar eine inhaltliche Verschiebung zu 1 Clem 10, 1 festzuhalten, da Abraham hier ohne vorangehende Erklärung als Freund Gottes auftritt, jedoch überwiegt die Tatsache, dass Clemens von Alexandrien das Zitat unmissverständlich mit 1 Clem koppelt. 40 3. Die Tatsache, dass der zweite Teil des Zitates aus 1 Clem zwar grundsätzlich mit 9, 2–10, 1 übereinstimmt, aber auch deutlich abweicht, 41 bietet Raum für die These, dass Clemens das Zitat mit Elementen aus Jak vermischt, wenn man annimmt, dass er den Jak als Jak nicht kannte, sondern nur einzelne Elemente. Jedoch ist die Wahrscheinlichkeit hierfür als sehr gering zu betrachten. Gerade auch mit den weiteren nicht in 1 Clem 9, 2–10, 1 dargestellten Figuren Isaak, Lot, Rahab, Elias, Ezechiel, Johannes der Täufer und Hiob handelt es sich um hinlänglich bekannte Figuren, bei denen davon auszugehen ist, dass sie zum Allgemeingut bei Clemens zählen. Darunter könnte auch Abraham und dessen Freundschaft zu Gott fallen. Die Frage, ob Clemens von Alexandrien Jak 2, 23 kannte und hier rezipierte, lässt sich auch anhand dieser Texte nicht völlig klären. Jedoch verleihen sie dem entstandenen Bild mehr Detailreichtum und Tiefenschärfe: Die für Jak 2, 23 spezifische Kombination aus dem Glauben Abrahams, der ihm dann als Gerechtigkeit angerechnet wird, mit dem Motiv der Freundschaft mit Gott tritt auch hier nicht vollständig auf. Im Gegenteil: Die Freundschaft Gottes mit Abraham wird gerade in str. 4, 105, 3 aus einer zusätzlichen Perspektive dargestellt. Die fehlenden Übereinstimmungen und abweichenden Darstellungen können auch weitergehende sprachliche Übereinstimmungen nicht wettmachen. Eine literarische Abhängigkeit ist hier als unwahrscheinlich zu betrachten (Kategorie D). Gerade aufgrund der vielfältigen Verbindungen zu Philo von Alexandrien (* um 15/10 v. Chr.; † nach 40 n. Chr.) 42 ist davon 40 Eine Wiedergabe von 1 Clem 10, 1 hält auch Peterson, Gottesfreund, 173, in diesem Fall für selbstverständlich. 41 So stimmt str. 4, 105, 1 mit 1 Clem 9, 2–3 nahezu wortwörtlich überein: ἀτενίσωμεν εἰς τοὺς τελείως λειτουργήσαντας τῇ μεγαλοπρεπεῖ δόξῃ. Jedoch sind die Überschneidungen mit den darauffolgenden Versen (1 Clem 9, 4–10, 1) mehr als Paraphrase zu sehen, wobei dennoch aufgrund der Gemeinsamkeiten in den vorausgehenden Versen und auch mit diesem Absatz davon ausgegangen werden kann, dass 1 Clem hier im Hintergrund steht. 42 Die Darstellungen bei Van den Hoek, Clement, sprechen deutlich dafür, dass Clemens gerade alttestamentliche Motive von Philo übernommen hat, etwa die Allegorie von Hagar und Sara. Für eine Zusammenfassung hierzu siehe Van den Hoek, Clement, 217. Vgl. zudem,

106

Clemens von Alexandrien

auszugehen, dass Clemens die Formulierung φίλος θεοῦ und damit das, wie sich gezeigt hat, beliebte Motiv von Abraham als Freund Gottes von Philo übernommen hat. 43

7.3 Jak 2, 25 und str. 4, 105, 4 In Zusammenhang mit str. 4, 105, 3 ist auch str. 4, 105, 4 zu nennen, eine Passage, für welche die Biblia Patristica eine Ähnlichkeit mit Jak 2, 25 aufzeigt, die sich rein auf die beiden Wörter Ραὰβ ἡ πόρνη stützt. Dieses Motiv begegnet im Neuen Testament nur bei Jak 2, 25 und mehrfach bei Jos, worin wohl auch die ursprüngliche Quelle hierfür besteht. Konkret begegnet das Motiv von Rahab in Jos 2, 1; 6, 17.23.25, sogar in einer sehr ähnlichen Formulierung wie bei Jak und Clemens (Ραὰβ τὴν πόρνην). Die Tatsache, dass Clemens in seine Werke immer wieder auch Elemente der Bibel Israels einfließen lässt, legt besonders hier den Schluss nahe, dass Jos der Ursprung dieser Formulierung ist und nicht Jak 2, 25. Nichts würde einen Umweg über Jak 2, 25 44 rechtfertigen. Eine literarische Abhängigkeit muss hier als unwahrscheinlich gelten (Kategorie D).

wenn auch weniger ausführlich, aber dennoch aufschlussreich, Mondésert, Clément, 163– 183, und knapp Pohlenz, Klemens, 108–109. 43 Wie bereits dargestellt, begegnet diese Motivik auch bei Philo sobr. 56, 2: Ἀβραὰμ τοῦ φίλου μου und de abr., 19. Anders geht Meyer, Rätsel, 44, davon aus, dass Clemens das Motiv der Freundschaft Gottes mit Abraham aus 1 Clem kennt und betrachtet dies für seine Zeit sogar als common sense, indem er sich u. a. auf Holtzmann, Einleitung, 339, beruft. Stichhaltige Belege hierfür liefert er jedoch nicht. 44 Dass Jak 2, 25 und str. 4, 105, 4 von der Formulierung her deutlicher übereinstimmen als die Passagen aus Jos (Ραὰβ ἡ πόρνη bei Jak und str. 4, 105, 4 anstelle von Ραὰβ τὴν πόρνην in Jos 6, 17.23.25), kann dem Zufall geschuldet sein. Eine ausführliche Erläuterung zur Verwendung dieses Motivs bietet Allison, James, 499–500. Hieraus geht besonders hervor, dass Rahab sowohl in jüdischer als auch in christlicher Tradition letztendlich in positivem Licht dargestellt wurde. Auch interessant an diesen Beobachtungen ist, dass laut Allison die Verwendung der Terminologie πόρνη suggeriert, dass die Zuhörerschaft nicht nur die Geschichte von Rahab kannte, sondern auch die damit verbundene Tradition, was für Jak 2, 25, aber auch für str. 4, 105, 4 gilt. In ähnlicher Weise thematisiert bei Mußner, Jakobusbrief, 150–151, der sehr stark auf die Bezüge zum Buch Jos eingeht und dabei darauf hinweist, dass Rahab in vorchristlicher Literatur oftmals als Josuas Ehefrau betrachtet wurde, nachdem sie Proselytin wurde, im Stammbaum Jesu (Mt 1, 5) aber als Frau des Salomon dargestellt ist. Weiterführend hierzu vgl. zudem McKnight, Letter, 256–257; Laws, Epistle, 137–138; Vouga, Jacques, 90.

Das Motiv von den schaudernden Dämonen

107

7.4 Das Motiv von den schaudernden Dämonen Jak 2, 19

exc. Thdot. 77, 3

19 σὺ

αὐτίκα δοῦλος θεοῦ ἅμα τῷ ἀνελθεῖν τοῦ βαπτίσματος καὶ κύριος τῶν ἀκαθάρτων λέγεται Πνευμάτων· καὶ εἰς ὃν πρὸ ὀλίγου ἐνήργουν, τοῦτον ἤδη φρίσσουσιν. GCS 217, 131

πιστεύεις, ὅτι εἷς ἐστιν ὁ θεός, καλῶς ποιεῖς· καὶ τὰ δαιμόνια πιστεύουσιν καὶ φρίσσουσιν. NA 28 19 Du

glaubst, dass Gott ein einziger ist; recht tust du; auch die Dämonen glauben (das) und erschrecken.

Sogleich wird er Knecht Gottes mit dem Aufsteigen aus der Taufe und Herr der unreinen Geister genannt: Und vor dem, gegen welchen sie vor kurzem wirkten, erschrecken sie nunmehr. str. 5, 125, 1 καὶ hτὰi διὰ Ἡσαΰου „τίς ἐμέτρησεν τὸν οὐρανὸν σπιθμῇ καὶ πᾶσαν τὴν γῆν δρακί;“ πάλιν (δεδήλωκεν), ὅταν εἴπῃ· „αἰθέρος ἠδ᾽ Ἀίδου, πόντου γαίης τε τύραννε, ὃς βρονταῖς σείεις βριαρὸν δόμον Οὐλύμποιο· δαίμονες ὃν φρίσσουσι[ν], θεῶν δὲ δέδοικεν ὅμιλος· ᾧ Μοῖραι πείθονται, ἀμείλικτοί περ ἐοῦσαι·“ GCS 415, 410 Und er (Orpheus) hat vorweggenommen (gezeigt) das, was durch Jesaia (gesagt wurde): „Wer hat den Himmel mit der Spanne gemessen und die ganze Erde mit der ausgespreizten Hand?“, wenn er sagt (fr. 238 Abel): „Herrscher im Äther, im Hades, im Meere sowie auf der Erde, der du mit Donnern erschütterst das mächtige Haus des Olympos, vor dem die Dämonen erschrecken, den fürchtet der Götter Versammlung, dem die Moiren gehorchen, die sich doch sonst von niemand beeindrucken lassen.“ adapt. BKV 219, 221

108

Clemens von Alexandrien

Dem Vergleich von Jak 2, 19 mit exc. Thdot. 77, 3 muss der Gedanke vorausgehen, dass es sich bei dieser Schrift des Clemens um Auszüge aus dem Werk des Gnostikers Theodotus, der Valentinianer war, handelt. 45 Anders gesagt, treten hier tatsächlich literarische Beziehungen zum Jak auf, muss es nicht so sein, dass Clemens sich hier bewusst wäre, dass er aus dem Jak zitiert, da es sich weitgehend nicht um sein eigenes Gedankengut handelt, das er hier wiedergibt, sondern um ein Exzerpt valentinianischer Ansätze. Die Gegenüberstellung von Jak 2, 19 mit exc. Thdot. 77, 3 und str. 5, 125, 1 46 erlaubt folgende Beobachtungen: Deutliche Übereinstimmung ist in dem Motiv der schaudernden Dämonen zu sehen. Dies wird sprachlich in beiden Fällen mit dem Verb φρίσσω und bei exc. Thdot. 77, 3 mit den Wörtern ἀκαθάρτων … πνευμάτων, bei str. 5, 125, 1 in direkter Analogie zu Jak 2, 19 mit δαίμονες zum Ausdruck gebracht. Die Tatsache, dass in exc. Thdot. 77, 3 wie in Jak 1, 1 die Formulierung δοῦλος θεοῦ begegnet, kann jedoch nicht zwangsläufig als Argument für eine literarische Übereinstimmung mit dem Jak gewertet werden, da exakt die gleiche Formulierung auch im Präskript von Jud (1) begegnet und dem Jud – wie erwähnt – eine besondere Rolle bei Clemens zukommt, sodass diese Formulierung genausogut von Jud stammen könnte. 47 Näher in den Blick genommen, zeigt sich, dass φρίσσω innerhalb des Neuen Testaments zwar kein weiteres Mal begegnet, jedoch bereits sechsmal in der LXX und dutzende Male im griechischen Sprachraum der Antike. 48 Auch wenn die weiteren Passagen, in denen dieses φρίσσω Verwendung findet, inhaltlich nicht mit den Passagen aus exc. Thdot., str. und Jak zu vergleichen sind, kann dies jedoch in Anbetracht der sprachlichen Finesse bei Clemens 49 nicht als Argument für eine literarische Abhängigkeit von Jak 2, 19 gewertet werden. Aufbauend auf der Übereinstimmung der Verben kann in beiden Fällen also nicht auf eine literarische Abhängigkeit geschlossen werden. Dies erfordert einen weiteren Blick auf die für Jak 2, 19 maßgebliche Kombination von φρίσσω 45 Nähere Informationen zu den exc. Thdot. lieferen Mondésert, Clément, 253–257; Kovacs, Valentinian Exegesis, 187–200; Casey, Excerpta ex Theodoto, 3–37; Grünstäudl, Petrus Alexandrinus, 245–246; Markschies, Valentinian Gnosticism, 434, der sich intensiv mit der Frage der Unterscheidung valentinianischer Gedanken von denen des Clemens auseinandersetzt, ebenso wie Casey, Excerpta, 25–38. 46 Hier tritt wieder einmal die Ungenauigkeit der Biblia Patristica offen zu Tage, die diese Stelle nicht als mögliche Parallele zu Jak 2, 19 listet. 47 Weiterführende Erläuterungen zu dieser Anrede, die sich im Neuen Testament nur in Jak 1, 1 und Jud 1 findet, bieten Bemmerl/Grünstäudl, Wahlverwandtschaften, 18–21. Dabei sei angemerkt, dass auch Clemens diese Terminologie ein weiteres Mal benutzt in ecl. 61, 1.2. 48 So beispielsweise schon bei Homer (Ilias 13, 473). 49 Dies zeigt sich in jedem seiner einzelnen Werke besonders darin, wie er andere Literatur in seine Untersuchungen einfließen lässt, aber auch am hohen sprachlichen Niveau. Ebenfalls erläutert in den Darlegungen zu seinen schriftstellerischen Fertigkeiten bei Jaeger, Christentum, 44–46, der dabei besonders auf dessen Umgang mit philosophischen Strömungen wie etwa der Gnosis eingeht. Ähnlich bei Méhat, Stromates, 421–475.

Barmherzigkeit als Referenz?

109

mit δαιμόνια. Obwohl, wie Allsion zeigt, 50 der Autor des Jak nicht der erste war, der diese beiden Wörter miteinander verbindet, ist Jak 2, 19 für Clemens wohl derjenige Text, der ihm am ehesten bekannt gewesen sein dürfte. Bei exc. Thdot. 77, 3 begegnet keine Form von δαιμόνια, sondern verwendet Clemens ἀκαθάρτων Πνευμάτων, was mit „unreinen Geistern“ übersetzt werden kann. Dies signalisiert trotz der offensichtlichen Nähe eine inhaltliche Verschiebung. Diese zeigt sich auch daran, dass bei Jak 2, 19 der Fokus auf einem Glauben an den einzigen Gott liegt, während exc. Thdot. 77, 3 die Taufe in den Mittelpunkt stellt. Alles in allem kann hier eine literarische Abhängigkeit zwar nicht als wahrscheinlich angenommen werden, erscheint aber durchaus als möglich (Kategorie C). Gegenüber exc. Thdot. 77, 3 stimmt str. 5, 125, 1 nun auch in der Verwendung von δαιμόνια mit Jak 2, 19 überein. Allerdings macht Clemens bereits in den einleitenden Gedanken zu str. 5, 125, 1 deutlich, dass er hier Jes zitiert, nämlich Teile von Jes 40, 12 LXX, einen Vers, der auch in Barn 16, 2b wiedergegeben wird. 51 Auch wenn Clemens häufig aus dem Barn zitiert, besteht hier kein Zweifel, dass er direkt auf die LXX-Variante von Jes 40, 12 zurückgreift. Insgesamt bleibt auch in diesem Fall festzuhalten, dass hier im Motiv von den schaudernden Dämonen eine mögliche literarische Abhängigkeit von Jak 2, 19 besteht (Kategorie C).

7.5 Barmherzigkeit als Referenz? Jak 5, 11

q.d.s. 39, 6

11 ἰδοὺ

εἰ δὲ ἡμεῖς πονηροὶ ὄντες ἴσμεν ἀγαθὰ δόματα διδόναι, πόσῳ μᾶλλον ὁ πατὴρ τῶν οἰκτιρμῶν, ὁ ἀγαθὸς πατὴρ πάσης παρακλήσεως, ὁ πολύσπλαγχνος καὶ πολυέλεος πέφυκε μακροθυμεῖν· τοὺς ἐπιστρέψαντας περιμένει· ἐπιστρέψαι δέ ἐστιν ὄντως ἀπὸ τῶν ἁμαρτημάτων τὸ παύσασθαι καὶ μηκέτι βλέπειν εἰς τὰ ὀπίσω. GCS 217, 186

μακαρίζομεν τοὺς ὑπομείναντας· τὴν ὑπομονὴν Ἰὼβ ἠκούσατε καὶ τὸ τέλος κυρίου εἴδετε, ὅτι πολύσπλαγχνός ἐστιν ὁ κύριος καὶ οἰκτίρμων. NA 28

11 Siehe,

wir die preisen die Geduldigen selig; von der Geduld Hiobs habt ihr gehört und wie es mit ihm ausging, habt ihr gesehen, weil der Herr erbarmungsvoll und barmherzig ist.

50 Vgl. hierzu ausführlich Allison, James, 477. Der älteste Text, der dieses Motiv kennt, ist demnach TestSal. 2, 1 mit der Formulierung τὸν δαίμονα φρίσσοντα και τρέμοντα. Alle anderen Texte, wie Laktanz, ira 23 sind für diesen Vergleich als irrelevant zu betrachten, weil sie wesentlich später anzusiedeln sind. 51 Die Wendung τίς ἐμέτησεν τὸν οὐρανὸν σπιθαμῇ καὶ πᾶσαν τὴν γῆν δρακί aus str. 5, 125, 1 ist zu vergleichen mit Jes 40, 12 LXX: Τίς ἐμέτρησεν τῇ χειρὶ τὸ ὕδωρ καὶ τὸν οὐρανὸν σπιθαμῇ καὶ πᾶσαν τὴν γῆν δρακί und Barn 16, 2: Τίς ἐμέτησεν τὸν οὐρανὸν σπιθαμῇ ἢ τίς τὴν δρακί (SC 172, 188).

110

Clemens von Alexandrien

Lk 6, 36 36 Γίνεσθε οἰκτίρμονες καθὼς (καὶ) ὁ πατὴρ ὑμῶν οἰκτίρμων ἐστίν. NA 28 36 Werdet

barmherzig, wie (auch) euer Vater barmherzig ist.

Wenn aber wir, die wir böse sind, gute Gaben zu geben wissen, um wie viel mehr „der Vater der Barmherzigen“! Der gute Vater „allen Trostes“, der Barmherzige und Mitleidsvolle, ist seinem Wesen nach langmütig; er wartet auf die, die sich bekehren. Die Bekehrung aber ist in Wahrheit das Ablassen von den Sünden und nicht mehr das Zurückschauen. BKV 28, 272

Die sprachliche Übereinstimmung zwischen Jak 5, 11 und q.d.s. 39, 6 ist mit den zwei Wörtern πολύσπλαγχνος und οἰκτίρμων sehr gering. Dabei wird die Beobachtung, dass die beiden Wörter für das Neue Testament als selten gelten, weil πολύσπλαγχνος außerhalb von Jak 5, 11 kein weiteres Mal vorkommt und οἰκτίρμων lediglich viermal (Lk 6, 36; Röm 12, 1; 2 Kor 1, 3; Hebr 10, 28), mit einem Blick in den antiken griechischen Sprachraum schnell relativiert. 52 Dem Nachweis einer literarischen Abhängigkeit in diesem Fall steht zudem entgegen, dass die Nähe von Jak 5, 11 zu q.d.s. 39, 6 weniger deutlich ist als zu Lk 6, 36 und auch zu 2 Kor 1, 3: Der Ausdruck καθὼς [καὶ] ὁ πατήρ bei Lk 6, 36 ist äquivalent mit ὁ ἀγαθὸς ὁ πατήρ. Auch 2 Kor 1, 3 bietet, wenn auch in anderer Kombination, die Terminolοgien πατήρ und πάσης. Damit wird deutlich, dass alle diese Passagen eine Charakterisierung Gottes liefern, die auf den Wörtern οἰκτίρμων und οἰκτιρμός beruht und rückführbar ist auf die Zeit der Bibel Israels. 53 Weiter ergibt sich daraus, dass eine literarische Abhängigkeit von Jak 5, 11 genauso gut möglich ist wie von den anderen Passagen. Dieses Bild kann auch nicht damit gekippt werden, dass die Kombination der beiden Wörter πολύσπλαγχνος und οἰκτίρμων nur in Jak 5, 11 und bei Clemens begegnet. 54 52 Die Ursprünge von πολύσπλαγχνος sind beleuchtet bei Allison, James, 720–721. Hierbei wird auch auf weitere Beispiele für die Verwendung des Wortes verwiesen, wie etwa im Hirt des Hermas bei mand. 4, 35; sim. 5, 4,4; 57, 4, den Thomasakten (119) und in der Form πολυσπλαγχνία, welche in Hirt des Hermas vis. 1, 3,2; 2, 2,8; 4, 2,3; mand. 9, 2; sim. 8, 6,1; Justin, dial. 55, 3 vorkommt. Alleine die Beispiele aus dem Pastor Hermae zeigen eindrücklich, dass diese Terminologie früh genug verbreitet war, damit Clemens sie ausreichend gekannt haben kann und nicht zwangsläufig den Weg über Jak 5, 11 gegangen sein muss. 53 Beispiele hierfür finden sich unter anderem in Ex 34, 6 LXX; 2 Chr 30, 9; Neh 9, 17.31; Ps 24, 6; 39, 12; 50, 3; 85, 15; 102, 8–9; Hos 2, 19; 1 Makk 3, 44; 1 QH 19(11),29; 4Q511 52, 54–55, 57–59; 4 Esra 7, 132.33; 2 Bar 77, 7; Apoc. Abr. 17, 10. Weiterführende Hinweise bietet Allison, James, 720–721, worin er für Jak 5, 11 die Möglichkeit aufzeigt, dass die beiden Wörter οἰκτιρμός und σπλάγχνα in ähnlicher Weise in Spr 12, 10 LXX begegnen und womöglich auf ein Targum zu Hiob zurückgehen könnten. Dies unterstreicht Moo, James, 228–229. 54 Allison, James, 720, bestätigt einerseits die Seltenheit der Kombination, zieht andererseits einen Vergleich mit weiteren Passagen, wie Phil 2, 1 (σπλάγχνα καὶ οἰτιρμοί), Kol 3, 12 (οἰκτιρμοῦ) und 1 Clem 23, 1 (ὁ οἰκτίρμων […] ἔχει σπλάγχνα).

Äbhängigkeiten im Verständnis von Vollkommenheit?

111

So erlauben die sprachlichen Fertigkeiten des Clemens durchaus auch, dass er die beiden Wörter eigenständig so miteinander kombiniert hat. Trotz fehlender eindeutiger inhaltlicher Kongruenz zwischen Jak 5, 11 und q.d.s. 39, 6 sowie der Existenz weiterer möglicher Parallelstellen, die für eine gemeinsame Tradition der Begrifflichkeiten sprechen, ist es durchaus möglich, dass hier ein Echo zu Jak 5, 11 vorliegt (Kategorie C). 55 Auch der Gedanke einer literarischen Abhänigkeit in Form einer reinen Aneignung von dem Jak eigenen Sprachgebrauch ergibt wenig Sinn.

7.6 Äbhängigkeiten im Verständnis von Vollkommenheit? Jak 1, 17

paed. 1, 26, 2.3

17 πᾶσα

2 Καλεῖται δὲ πολλαχῶς τὸ ἔργον τοῦτο, χάρισμα καὶ φώτισμα καὶ τέλειον καὶ λουτρόν· λουτρὸν μὲν δι᾽οὗ τὰς ἁμαρτίας ἀπορρυπτόμεθα, χάρισμα δὲ ᾧ τὰ ἐπὶ τοῖς ἁμαρτήμασιν ἐπιτίμια ἀνεῖται, φώτισμα δὲ δι᾽ οὗ τὸ ἅγιον ἐκεῖνο φῶς τὸ σωτήριον ἐποπτεύεται, τουτέστιν δι᾽ οὗ τὸ θεῖον ὀξυωποῦμεν, τέλειον δὲ τὸ ἀπροσδεές φαμεν. 3 Τί γὰρ ἔτι λείπεται τῷ θεὸν ἐγνωκότι; Καὶ γὰρ ἄτοπον ὡς ἀληθῶς χάρισμα κεκλῆσθαι θεοῦ τὸ μὴ πεπληρωμένον· τέλειος δὲ ὢν τέλεια χαριεῖται δήπουθεν· ὡς δὲ ἅμα τῷ κελεῦσαι αὐτὸν πάντα γίνεται, οὕτως ἕπεται τῷ χαρίσασθαι μόνον βουληθῆναι αὐτὸν [τὸ] πεπληρῶσθαι τὴν χάριν. Τὸ γὰρ μέλλον τοῦ χρόνου τῇ δυνάμει τοῦ θελήματος προλαμβάνεται. Πρὸς δὲ καὶ ἡ τῶν κακῶν ἀπαλλαγὴ σωτηρίας ἐστιν ἀρχή. SC 70, 158

δόσις ἀγαθὴ καὶ πᾶν δώρημα τέλειον ἄνωθέν ἐστιν καταβαῖνον ἀπὸ τοῦ πατρὸς τῶν φώτων, παρ᾽ ᾧ οὐκ ἒνι παραλλαγὴ ἢ τροπῆς ἀποσκίασμα. NA 28

17 Jede

gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk ist von oben, herabkommend vom Vater der Lichter, bei dem es keine Veränderung noch eines Wechsels Schatten gibt.

2 Dieser Vorgang wird aber auf vielerlei Weise benannt: Gnadengabe und Erleuchtung und Vollkommenheit und Bad; Bad, insofern wir gesäubert werden von unseren Sünden; Gnadengabe, insofern dadurch die Strafen für die Verfehlungen erlassen werden; Erleuchtung, insofern dadurch jenes heilige Licht der Erlösung 55 So auch bei Stählin, Einleitung BKV 27, XVI, der, wenn auch zurückhaltend, seine Notiz über eine mögliche Abhängigkeit zu Jak 5, 11 mit einem „vielleicht“ versieht.

112

Clemens von Alexandrien

geschaut wird, das heißt, insofern wir dadurch die Gottheit klar sehen; Vollkommenheit aber nennen wir das, dem nichts mangelt. 3 Denn was mangelt dem noch, der Gott erkannt hat? Es wäre ja wahrlich auch undenkbar, dass etwas Unvollkommenes Gottes Gnadengabe hieße; da er vollkommen ist, schenkt er doch wohl nur vollkommene Gaben; und wie gleichzeitig mit seinem Befehlen alles geschieht, so folgt seinem bloßen Wollen, eine Gabe zu schenken, sofort dass die Gabe vollkommen ist. Denn das, was der Zeit nach erst später kommen sollte, wird durch die Macht seines Willens vorausgenommen. Ferner ist auch die Befreiung von Übeln der Anfang des Heils. BKV 27, 227

Die Suche nach wörtlichen Verbindungen von paed. 1, 26, 2.3 mit Jak 1, 17 ist wenig ertragreich: Übereinstimmung findet sich nur in dem Adjektiv τέλειος, das bei Clemens in den Formen τέλειον (paed. 1, 26, 2), τέλειος und τέλεια (paed. 1, 26, 3) und bei Jak als τέλειον vorkommt. Das Adjektiv τέλειος tritt alleine im Neuen Testament insgesamt 20 Mal auf und kann deshalb nicht als selten eingestuft und hier als aussagekräftiges Argument für eine literarische Abhängigkeit herangezogen werden. Jedoch lassen sich auf inhaltlicher Ebene weiterführende Beobachtungen machen: Sowohl in Jak 1, 17 als auch in paed. 1, 26, 2 und paed. 1, 26, 3 geht es nicht nur um Vollkommenheit, sondern auch um das Motiv der Gabe der Vollkommenheit bzw. eine vollkommene Gabe, die zuteilwird, was sprachlich bei Jak mit δώρημα und mit χάρισμα 56 in paed. 1, 26, 3 und χαριεῖται δήπουθεν zum Ausdruck gebracht wird. Obwohl es sich hier um ein seltenes Motiv handelt, bestehen dennoch grundsätzliche Unterschiede zwischen den Texten 57 und ist es wohl nicht zu vermeiden, das Motiv der „vollkommenen Gabe“ sprachlich so zum Ausdruck zu bringen. Deshalb erscheint eine literarische Abhängigkeit zu Jak 1, 17 nicht wahrscheinlich, aber dennoch möglich (Kategorie C).

56 Das Wort δώρημα begegnet innerhalb des Neuen Testaments nur noch bei Röm 5, 16, allerdings in anderem Zusammenhang. Eine ausführliche Exegese zu Jak 1, 17 bieten Johnson, Brother, 80–82, und Allison, James, 265–278, der besonders auch auf mögliche alttestamentlich-jüdische Quellen eingeht. 57 Während Jak 1, 17 eingebettet ist in eine Warnung vor dem Irren, steht die Passage um paed. 1, 26, 2.3 im größeren Kontext der Taufe.

Verbindungen im Bereich der Nächstenliebe?

113

7.7 Verbindungen im Bereich der Nächstenliebe? Jak 2, 8

str. 6, 164, 2

8 Εἰ

ἐπὰν δὲ ἀπολείπωσι τὰ εἴδωλα, τότε ἀκούσονται τῆς γραφῆς· „ἐὰν μὴ πλεονάσῃ ὑμῶν ἡ δικαιοσύνη πλεῖον τῶν | γραμματέων καὶ Φαρισαίων“, τῶν κατὰ ἀποχὴν κακῶν δικαιουμένων, [σὺν] τῷ μετὰ τῆς ἐν τούτοις τελειώσεως καὶ [τῷ] τὸν πλησίον ἀγαπᾶν καὶ εὐεργετεῖν δύνασθαι, οὐκ ἔσεσθε βασιλικοί. ἡ ἐπίτασις γὰρ τῆς κατὰ τὸν νόμον δικαιοσύνης τὸν γνωστικὸν δείκνυσιν. GCS 415, 516

μέντοι νόμον τελεῖτε βασιλικὸν κατὰ τὴν γραφήν· ἀγαπήσεις τὸν πλησίον σου ὡς σεαυτόν, καλῶς ποιεῖτε· NA 28

8 Wenn

ihr freilich (das) königliche Gesetz erfüllt gemäß der Schrift: „Du sollst lieben deinen Nächsten wie dich selbst“, tut ihr recht;

Lev 19, 18 οὐκ ἐκδικᾶταί σου ἡ χείρ καὶ οὐ μηνιεῖς τοῖς υἱοῖς τοῦ λαοῦ σου καὶ ἀγαπήσεις τὸν πλησίον σου ὡς σεαυτόν ἐγώ εἰμι κύριος. LXX

18 καὶ

18 Deine

Hand soll nicht rächen und nichts nachtragen den Kindern deines Volkes und du sollst lieben deinen Nächsten wie dich selbst. Ich bin der Herr.

Wenn sie aber von den Götterbildern abgelassen haben, dann werden sie das Schriftwort hören: „Wenn eure Gerechtigkeit nicht weit besser ist als die der Schriftgelehrten und Pharisäer“ (deren Gerechtigkeit im Unterlassen von Übeltaten besteht), nämlich dadurch besser, dass ihr nicht nur darin zur Vollkommenheit gelangt, sondern auch den Nächsten lieben und ihm Wohltaten erweisen könnt, so werdet ihr nicht Anteil an der Königsherrschaft haben. Denn die Steigerung der dem Gesetze entsprechenden Gerechtigkeit zeigt den Gnostiker an. BKV 219, 352

Str. 6, 164, 2 und Jak 2, 8 berühren sich mehrfach auf semantischer Ebene: βασιλικός (Jak: βασιλικόν/Clemens: βασιλικοί), ἀγαπάω (Jak: ἀγαπλήσεις/ Clemens: άγαπᾶν) und πλησίον. 58 Eine weitere sprachliche Nähe zeigt sich in dem Verb τελέω im Indikativ Präsens aktiv in Jak 2, 8 und dem Genitiv von τελείος in str. 6, 164, 2. Diese korrespondiert mit der zugrundeliegenden Motivik der Vervollkommnung bzw. der Vollkommenheit. Allerdings fehlen die in Jak 2, 8 herausragenden Termini νόμος 59 und γραφή, die bei einer möglichen

58 Gerade das Wort βασιλικός nimmt hier eine besondere Bedeutung ein: Es begegnet innerhalb des Neuen Testaments nur noch bei Jak 2, 8, Apg 12, 20 f. und Joh 4, 46.49 und ist darüber hinaus schwer greifbar. Im Kontext von Jak 2, 8 ist es wohl am ehesten über die Kombination mit νόμος zu fassen. 59 Dass νόμος im Folgesatz bei Clemens begegnet, kann hier nicht als Parallele gesehen werden, zumal die Inhalte völlig anders miteinander verknüpft sind.

114

Clemens von Alexandrien

Rezeption durchaus zu erwarten wären. Doch erlaubt eine Kongruenz der Inhalte den Schluss auf eine literarische Abhängigkeit der beiden Textstellen? Wesentliche Argumente sprechen hier gegen eine literarische Abhängigkeit: 1. Quelle 60 für das bei Jak und Clemens dargestellte Gebot der Nächstenliebe, das in ähnlicher Weise auch in Mt 19, 19; 22, 39; Röm 13, 9 und Gal 5, 14 begegnet, ist Lev 19, 18 LXX. 61 Weil der Teil τὸν πλησίον σου σεαυτόν in allen neutestamentlichen Passagen wortwörtlich mit Lev 19, 18 LXX übereinstimmt, können diese zum einen als Zitat aus Lev betrachtet werden und weisen zum anderen auch auf jüdische Ursprünge dieses Gebots hin. 62 Also müsste es für einen Umweg über einen neutestamentlichen Text, der dieses Gebot ebenfalls beinhaltet, triftige Gründe geben. Einen solchen Grund, der für Mt als Ursprung des Gedankens spricht, liefert allerdings auch das Zitat von Mt 5, 20 in str. 6, 164, 2 nicht. 63 Obwohl Clemens das Doppelgebot der Liebe auch aus Mt (19, 19; 22, 39) übernehmen hätte können, ist es hier am wahrscheinlichsten, dass er es nicht aus Lev 19, 18 LXX zitiert, sondern aus dem Gedächtnis und frei an den Kontext anpasst. 2. Die einzige zusätzliche Verbindung zwischen Jak 2, 8 und str. 6, 164, 2 gegenüber den anderen dargestellten Passagen besteht im Wort βασιλικόν/βασιλικοί. Da es jedoch in beiden Passagen in unterschiedlichen Kontexten und mit unterschiedlichen Bezügen 64 auftritt, kann es nicht zwingend als Argument für eine literarische Abhängigkeit von Jak 2, 8 gewertet werden: Bei Jak ist es verbunden mit dem zentralen Terminus νόμος und bezeichnet das

60 Schon die Formulierung κατὰ τὴν γραφήν in Jak 2, 8 zeigt, dass der Autor des Jak hier auf eine Quelle zurückgreift, die in seinen Augen Schrift war. Zu dieser Einleitungsformel vgl. Allison, James, 406. 61 Hierfür sprechen sich aus Nienhuis, Paul, 48–49; Mußner, Jakobusbrief, 123, und, mit wie gewohnt sehr ausführlichen Erläuterungen, auch Allison, James, 406, der plausibel macht, dass Jak 2, 8 auf einer Auslegungstradition von Lev 19, 18 basiere. Vgl. ferner Kloppenborg, Reception, 93; Moo, James, 111–114; Theißen, Nächstenliebe, 124–130, der dabei die Verwobenheit von Jak 2, 8 mit dem unmittlebaren Kontext von Lev 19 und konkret dem Gleichheitsgebot betont; Johnson, Use, 391–401; Johnson, Brother, 135; Keith, Citation, 227–247, und ähnlich Konradt, Love Command, 278–282, der dabei auch die Unterschiede zwischen Jak 2, 8 und Mt 19, 20 herausstellt. 62 Gerade Allison, James, 406, macht darauf aufmerksam, dass es sich bei Lev 19, 18 um einen Vers handelt, der häufig von jüdischen Quellen zitiert wird. In diesem Fall ist es wahrscheinlich, dass der Vers aus dem Gedächtnis zitiert und dem Kontext angepasst wurde. 63 Nebenbei bemerkt: Mit der Einleitung hierzu macht Clemens auch deutlich, dass er das Mattthäusevangelium zu den γραφῆς zählt. An diesem Punkt ist sicher, dass er den Jak hier nicht als Schrift auffasst, da sich keine Hinweise hierzu finden. 64 Die verschiedenen Kontexte werden noch deutlicher, trägt man der Beobachtung von Konradt, Existenz, 184–185, Rechnung, dass das Gebot der Nächstenliebe in Jak 2, 8 nur deshalb eingeführt wird, weil die in V. 9 thematisierte ποσωπολημψία dagegen verstoße und somit das Umfeld dies erfordere. Das Fehlen dieser Komponente bei Clemens macht eine Abhängigkeit beider Passagen weiter unwahrscheinlicher.

Verbindungen im Bereich der Nächstenliebe?

115

königliche Gesetz, 65 während es bei Clemens an die Adressaten geknüpft ist. Damit wird deutlich, dass die Bedeutung, gerade in Kombination mit νόμος, nicht deckungsgleich ist mit str. 6, 164, 2. Der Umstand, dass νόμος im darauffolgenden Satz bei Clemens Verwendung findet, hilft hier nicht weiter. 3. Die beiden Passagen str. 2, 86, 7 66 und str. 6, 121, 3 67 beinhalten ebenfalls eine Kombination aus dem besonders in christlichen Kontexten sehr häufig verwendeteten Verb ἀγαπάω und dem Adjektiv βασιλικός, allerdings in einem Kontext, der deutlich von Jak 2, 8 abweicht und nicht mit dem Doppelgebot der Liebe in Verbindung steht. Damit wird deutlich, dass Clemens die beiden Begriffe eigenständig verwendet. Es ist demnach kaum anzunehmen, dass er diese hier über Jak bezieht. Clemens verbindet das Motiv der Nächstenliebe also eigenständig mit dem Syntagma βασιλικός. Dies macht hinreichend deutlich, dass Voraussetzung für eine Abhängigkeit von Jak 2, 8 die Kombination von Lev 19, 18 zusammen mit der Verbindung aus den beiden Wörtern ἀγαπάω und βασιλικός wäre. Nur die Gemeinsamkeit in dem Wort βασιλικόν/βασιλικοί gegenüber allen anderen Passagen, die das Doppelgebot der Liebe ebenfalls enthalten, ohne eine nennenswerte inhaltliche Kongruenz, kann nicht zu einem positiven und eindeutigen Urteil hinsichtlich literarischer Abhängigkeiten führen. Nüchtern be-

65 Um die Bedeutung dieser Terminologie bei Jak 2, 8 rankt sich eine lange Diskussion, deren aktueller Stand dargestellt ist bei Allison, James, 401–405. Daraus geht hervor, dass die LXX keine Verbindung der Wörter βασιλικός und νόμος kennt, sondern lediglich eine Verbindung von νόμον τοῦ βασιλέως in Est 3, 8 LXX. Dabei werde doch zunehmend klar, dass es schwierig ist, genau zu definieren, was königlich im Kontext von Jak 2, 8 zu bedeuten hat. Erstaunlicherweise hält Allison es für möglich, dass Jak hier von Mt 19, 16–26 beeinflusst ist, wo Jesus Lev 19, 18 zitiert, und vergleicht dabei das königliche Gesetz, das er als einen Zugang zum Königreich interpretiert, mit dem Eintreten in das Leben bei Mt. Auch Nienhuis, Paul, 48, sieht hier eine Verbindung zu der Aufforderung in Mt 5, 20, die darin besteht, dass die Rechtschaffenheit des Himmelreichs diejenige der Pharisäer übertreffen muss. Allerdings erscheinen diese Erklärungen zu vage. Ferner ist mit Theißen, Nächstenliebe, 132–135, festzuhalten, dass das „königliche Gesetz“ aus Jak 2, 8 äquivalent zum „vollkommenen Gesetz der Freiheit“ (Jak 1, 15) und dem „Gesetz der Freiheit“ (Jak 2, 12) ist. 66 Hier in dieser Passage ist βασιλικός auf Wächterinnen bezogen und „Liebe“ begegnet gleich zweimal als Substantiv in der Form ἀγάπην und bezieht sich auf denjenigen, der sich der Armen erbarmt, bzw. auf die Liebe des Schöpfers. Interessanterweise kann hier, wie bei str. 6, 164, 2, davon ausgegangen werden, dass, wovon auch Stählin, GCS 415, 159, überzeugt ist, Lev 25, 8–13 die Quelle von Clemens war. Das spricht darüber hinaus weiter dafür, dass Clemens viele alttestamentliche Traditionen in sein Werk aufnimmt und dabei Lev besondere Bedeutung beimisst. 67 Der Wortstamm von βασιλικός begegnet zweimal (θεοῦ βασιλέως/βασιλικὸν). Im einen Fall geht es um den königlichen Menschen und im anderen um Gott, den König. Also besteht beide Male keine Verbindung zu dem königlichen Gesetz in Jak 2, 8. Wie im vorangehenden Beispiel tritt „Liebe“ hier als Substantiv (ἀγάπη) in Verbindung mit dem Nomen γνώσεως auf, wobei Clemens im gesamten § 121 versucht, das Thema „Liebe“ mit der Erkenntnis zu verbinden. Derartige Bezüge lassen sich bei Jak 2, 8 nicht herstellen.

116

Clemens von Alexandrien

trachtet, wäre für str. 6, 164, 2 der Umweg über Jak 2, 8 nicht notwendig. 68 Eine literarische Abhängigkeit von Jak 2, 8 muss deshalb als unwahrscheinlich gelten (Kategorie D).

7.8 Gnosis und die Vollendung des Glaubens Jak 2, 22

str. 7, 55, 2

22 βλέπεις

1 ῎Εστιν γὰρ, ὡς ἔπος εἰπεῖν, ἡ γνῶσις τελείωσίς τις ἀνθρώπου ὡς ἀνθρώπου, διὰ τῆς τῶν θείων ἐπιστήμης συμπληρουμένη κατὰ τε τὸν τρόπον καὶ τὸν βίον καὶ τὸν λόγον, σύμφωνος καὶ ὁμόλογος ἑαυτῇ τε καὶ τῷ θείῳ λόγῳ. 2 Διὰ ταύτης γὰρ τελειοῦται ἡ πίστιςa, ὡς τελείου τοῦ πιστοῦ ταύτῃ μόνως γιγνομένου. Πίστις μὲν οὖν ἐνδιάθετόν τί ἐστιν ἀγαθόν, καὶ ἄνευ τοῦ ζητεῖν τὸν θεὸν ὁμολογοῦσα εἶναι τοῦτον καὶ δοξαζουσα ὡς ὄντα. 3 Ὅθεν χρή, ἀπὸ ταύτης ἀναγόμενον τῆς πίστεως καὶ αὐξηθέντα ἐν αὐτῇ χάριτι τοῦ θεοῦ, τὴν περὶ αὐτοῦ κομίσασθαι ὡς οἷόν τέ ἐστιν γνῶσιν. SC 428, 180

ὅτι ἡ πίστις συνήργει τοῖς ἔργοις αὐτοῦ καὶ ἐκ τῶν ἔργων ἡ πίστις ἐτελειώθη, NA 28

22 Du

siehst, dass der Glaube mit seinen Werken zusammenwirkte und aus den Werken der Glaube vollendet wurde,

1 Die Gnosis ist ja sozusagen eine Vollendung des Menschen als Menschen, welche durch das Wissen der göttlichen Dinge in Bezug auf die Sinnesart, die Lebensführung und das Reden zustande kommt, und in Übereinstimmung und im Einklang mit sich selbst und mit dem göttlichen Wort. 2 Durch sie wird der Glaube vollendet, da durch sie der Gläubige allein vollendet wird. Der Glaube nun ist ein im Innern niedergelegtes Gut; auch ohne Gott zu suchen bekennt er, dass dieser ist, und lobpreist ihn als den Seienden. 3 Daher soll man von diesem Glauben ausgehend und durch die Gnade Gottes in ihm vermehrt die Erkenntnis über ihn, soweit es möglich ist, erlangen. BKV 210, 61 68 Dies unterstreicht Nienhuis, Paul, 48, mit der Bemerkung, Jesus würde sich innerhalb des Sermons von Mt 5, 43 f. auf das Liebesgebot aus Lev 19, 18 beziehen.

Gnosis und die Vollendung des Glaubens

117

Der Vergleich der beiden Passagen ergibt sprachliche Übereinstimmungen in den Wörtern πίστις 69 und τελειόω (Jak 2, 22: ἐτελειώθη / str. 7, 55, 2: τελειοῦται/τελείου). Einen wichtigen Unterschied markiert ἔργον, 70 das zentral für Jak 2, 22, bei str. 7, 55, 2 aber nicht vorhanden ist: Die Wendung ἡ πίστις ἐτελειώθη 71 bezeichnet einen Zustand des Glaubens, dessen Gegenstück ein Glaube ist, der keine Werke hat. 72 Das Verb τελειόω ist ebenso als herkömmlich einzustufen 73 wie die Kombination aus πίστις und τελειόω, die schon dreimal im Neuen Testament auftritt (Apg 20, 24; Joh 4, 34) und auch außerhalb, insbesondere bei Philo. 74 Als unterschiedlich sind auch die Bezüge innerhalb beider Texte zu werten: Beide thematisieren die Vollendung des Glaubens, jedoch aus zwei völlig verschiedenen Perspektiven. Was auch schon philologisch einen deutlichen Unterschied darstellt, wird damit noch präsenter. In Jak 2, 22 sind die ἔργα Voraussetzung für die Vollendung des Glaubens, was sich über den ganzen Absatz zieht. 75 Demgegenüber sieht Clemens die Vollendung des Glaubens in der Gnosis gegeben, die er in str. 7, 55, 1 wiederum beschreibt als eine τελείωσίς τις ἀνθρώπου ὡς ἀνθρώπου, wodurch deutlich wird, dass das Motiv der Erkenntnis auch im weiteren Kontext von Relevanz ist. Damit ist klar, Jak 2, 22 und str. 7, 55, 2 betrachten die Vollendung des Glaubens aus unterschiedlichen Blickwinkeln, was anders gesagt heißt, dass beide Passagen inhaltlich keine Kongruenz aufweisen und eine literarische Abhängigkeit auf dieser Basis nur schwer vorstellbar ist. Diese Aspekte machen in ihrer Summe eine literarische Abhängigkeit zwischen Jak 2, 22 und str. 7, 55, 2 unwahrscheinlich (Kategorie D). 69 Über str. 7, 55, 2 verteilt, begegnet πίστις insgesamt viermal, dabei auch in den Formen πιστοῦ und πίστεως. 70 Schon die Wortstellung zeigt hier, wie auch Konradt, Existenz, 230, bemerkt, dass der Ton auf ἐκ τῶν ἔργων liegt, wodurch sich Jak 2, 22 noch weiter von str. 7, 55, 2 abhebt. 71 Zu ἐτελειώθη vgl. Davids, Epistle of James, 128. 72 Diese Argumentation vertritt Konradt, Existenz, 230. 73 Siehe hierzu auch die vorangehenden Ausführungen im Vergleich von Jak 1, 17 und paed. 1, 26, 2.3 (7.6). 74 Philo bietet die Kombination bei: de post. Cain. 97, 4: τελειώσεως πίστις; de vit. Mos. 2, 288, 8: πίστις […] τελείωσις; de praim. poen. 49, 2: τελειωθέντι πίστις; quaest. in Ex.: ἔργοις ἐπιτελεῖν τὰ λεχθέντα· λόγου γὰρ πίστις ἔργον. Grundlegend zu den Verbindungen zwischen Clemens und Philo auch hier Mondésert, Clément, 163–183, und generell Hoeck, Clement. Deshalb wäre es wohl auch hier wahrscheinlicher, eine literarische Abhängigkeit von Philo anzunehmen als von Jak. 75 So findet sich das Wort ἔργα innerhalb von Jak 2, 20–25 sechsmal. Hinzu kommt ein weiterer Aspekt: Der Autor des Jak argumentiert innerhalb dieser Passage mit alttestamentlichen Figuren wie Abraham, Isaak und Rahab. Wie deutlich diese Passage jüdische Wurzeln trägt, zeigen Allison, James, 487–488, der bereits hier die Quelle von Jak 2, 23, Gen 15, 6, mitschwingen hört, ebenso Mußner, Jakobusbrief, 143, und Konradt, Existenz, 227–229, der wie Allison den Rekurs auf den Genesisvers stark macht und innerhalb Jak 2, 21–23 eine frühjüdische Abrahamstradition bestätigt sieht und weiterführende Literaturhinweise hierzu gibt. Vergleichbare Motive fehlen in str. 7, 55, 1–3 und auch im größeren Kontext.

118

Clemens von Alexandrien

7.9 Widerstand gegenüber dem Überheblichen Jak 4, 6

str. 3, 49, 2

6 μείζονα

1 Εἰσίν θ᾽οἳ πορνείαν ἄντικρυς τὸν γάμον λέγουσι καὶ ὑπὸ τοῦ διαβόλου ταύτην παραδεδόσθαι δογματίζουσι, μιμεῖσθαι δ᾽ αὑτοὺς οἱ μεγάλαυχοί φασι τὸν κύριον μήτε γήμαντα μήτε τι ἐν τῷ κόσμῳ κτησάμενον, μᾶλλον παρὰ τοὺς ἄλλους νενοηκέναι τὸ εὐαγγέλιον καυχώμενοι. 2 λέγει δὲ αὐτοῖς ἡ γραφή· „ὑπερερηφάνοις ὁ θεὸς ἀντιτάσσεται, ταπεινοῖς δὲ δίδωσι χάριν.“ GCS 415, 218

δὲ δίδωσιν χάριν; διὸ λέγει· ὁ θεὸς ὑπερηφάνοις ἀντιτάσσεται, ταπεινοῖς δὲ δίδωσιν χάριν. NA 28

6 Aber

die Gnade, die er gibt, ist größer; deswegen sagt (die Schrift): „Gott widersteht Überheblichen, Demütigen aber gibt er Gnade.“ Spr 3, 34

34 κύριος

ὑπερηφάνοις ἀντιτάσσεται ταπεινοῖς δὲ δίδωσιν χάριν. LXX

34 Der

Herr widersteht Überheblichen, Demütigen aber gibt er Gnade.

1 Petr 5, 5

5 Ὁμοίως,

νεώτεροι, ὑποτάγητε πρεσβυτέροι· πάντες δὲ ἀλλήλοις τὴν ταπεινοφροσύνην ἐγκομβώσασθε, ὅτι ὁ θεὸς ὑπερηφάνοις ἀντιτάσσεται, ταπεινοῖς δὲ δίδωσιν χάριν. NA 28

5 Gleicherweise,

Jüngere, unterstellt euch Älteren; alle aber untereinander legt an die Demut, denn Gott widersteht den Überheblichen, Denmütigen aber gibt er Gnade. 1 Clem 30, 2 γάρ φησίν ὑπερηφάνοις ἀντιτάσσεται ταπεινοῖς δὲ δίδωσιν χάριν. SUC 1, 60

2 Θεὸς

2 „Denn

Gott“, sagt man, „widersteht Überheblichen, Demütigen aber gibt er Gnade.“

1 Einige nennen die Ehe geradezu Unzucht und lehren, sie sei vom Teufel eingesetzt; und in ihrer Hoffart behaupten sie, dass sie selbst den Herrn nachahmen, der weder geheiratet noch sich in der Welt irgendwelchen Besitz erworben habe; dabei rühmen sie sich, besser als die anderen das Evangelium verstanden zu haben. 2 Zu ihnen sagt die Schrift: „Überheblichen widersteht Gott, Demütigen aber gibt er Gnade.“ adapt. BKV 217, 286 str. 4, 106, 4 „ὁ πιστὸς θεράπων ἐν ὅλῳ τῷ οἴκῳ αὐτοῦ,“ πρὸς τὸν χρηματίζοντα ἐκ τῆς βάτου εἶπεν· „τίς εἰμι ἐγώ, ὅτι με πέμπεις; ἐγὼ δέ εἰμι ἰσχνόφωνος καὶ βραδύγλωσσος“ φωνὴν κυρίου διὰ γλώσσης ἀνθρωπίνης διακονῆσαι. καὶ πάλιν· „ἐγὼ δέ εἰμι ἀτμὶς ἀπὸ χύτρας.“ „θεὸς γὰρ ὑπερηφάνοις ἀντιτάσσεται, ταπεινοῖς δὲ δίδωσι χάριν.“ GCS 415, 295 Moses, der „ein treuer Diener in seinem ganzen Hause“ war, sagte zu dem, der aus dem Dornbusch mit ihm verhandelte: „Wer bin ich, daß du mich sendest? Ich habe eine zu schwache Stimme und eine zu schwere Zunge“, um das Wort des

Widerstand gegenüber dem Überheblichen

119

Herrn mit einer Menschenzunge übermitteln zu können. Und wiederum: „Ich bin nur wie ein Dampf, der vom Kochtopf aufsteigt.“ „Denn Gott tritt den Überheblichen entgegen, den Demütigen aber gibt er Gnade.“ adapt. BKV 219, 73

In jedem Fall teilt str. 3, 49, 2 mit Jak 4, 6 die Phrase ὁ θεὸς ὑπερηφάνοις ἀντιτάσσεται, ταπεινοῖς δὲ δίδωσιν χάριν. Einklang herrscht ebenfalls in dem Verb der Einleitungsformel (λέγω) und in der Qualifizierung des nachfolgenden Zitates als γραφή. 76 Ähnlich, wenn auch weniger deutlich, sind die Übereinstimmungen mit str. 4, 106, 4: Hier ist das Subjekt θεός ohne Artikel und ein γάρ zwischen Subjekt und Objekt eingeschoben. Sprachlich zwar nicht so deutlich wie in str. 3, 49, 2, geht auch hier aus dem Kontext hervor, dass es sich bei dieser Passage um ein Zitat aus einer anderen Schrift handelt. 77 Sehr schnell wird man jedoch auch in der Bibel Israels fündig, sucht man nach weiteren Parallelstellen: Bis auf den Terminus κύριος ist auch Spr 3, 34 LXX identisch. Hinzu kommen weitere Parallelen mit 1 Clem 30, 2 und 1 Petr 5, 5. 78 Da sich keine zusätzlichen Übereinstimmungen mit den genannten neutestamentlichen Texten und insbesondere mit Jak 4, 6 finden, ist der klar, dass Clemens das Zitat aus Spr 3, 34 LXX übernommen hat, zumal er es auch mit der Einleitungsformel λέγει δὲ αὐτοῖς ἡ γραφή beginnt. Auch für Jak 4, 6 selbst macht es Sinn, von einer Abhängigkeit von Spr 3, 34 LXX auszugehen. 79 76 Bei Jak geschieht dies etwas versetzt schon in 4, 5, wo das Verb λέγω zum ersten Mal begegnet. Zur Diskussion um die Bedeutung dieser Formel bei Jak siehe Allison, James, 610 (Jak 4, 5) und 623 (Jak 4, 5), woraus hervorgeht, dass die Formulierung in Jak 4, 5 vergleichbar ist mit Joh 7, 38.42; 19, 37 (γραφὴ λέγει); Röm 4, 3 (ἡ γραφὴ λέγει); 9, 17; 10, 11; 11, 2; Gal 4, 30; 1 Tim 5, 18; 1 Clem 34, 6; 35, 7; 42, 5; 2 Clem 2, 4; 6, 8; 14, 1.2 und die Terminologie διὸ λέγει aus Jak 4, 6 in gleicher Weise bei Eph 4, 8; 5, 14 begegnet und mit Unterbrechung durch das Wort καθώς auch bei Hebr 3, 7. Dies lässt darauf schließen, dass der Autor des Jak hier eine gebräuchliche rhetorische Strategie anwendet, wofür sich auch Allison ausspricht, wie wohl auch Clemens, was wiederum bedeutet, dass der Vergleichspunkt nicht als exklusiv zu betrachten ist und eine literarische Abhängigkeit wohl mehr in der Kombination sämtlicher übereinstimmender Elemente bestehen kann. 77 Dass es sich hier um ein Zitat handelt, wird dadurch deutlich, dass gerade str. 4.106.4 in einer Reihe mit anderen Zitaten steht (str. 4, 106, 1–4) und es sich aus Sicht des Clemens um die Rede Moses an JHWH vor dem Dornbusch handelt. Allerdings sind die genauen Bezüge hier etwas unklar. 78 Das einzige, was 1 Clem 30, 2 von Spr 3, 34 LXX unterscheidet, sind die beiden Wörter γάρ und φησίν neben dem wie auch bei 1 Petr 5, 5 und Jak 4, 6 differierenden Subjekt θεός. Diese Abweichungen sind jedoch zu vernachlässigen. 79 Von einer direkten literarischen Abhängigkeit von Jak 4, 6 von Spr 3, 34 LXX gehen Popkes, Brief des Jakobus, 272; Moo, James, 191, und Allison, James, 623, aus. Dabei sei auch aufgrund der deutlichen Unterschiede zur hebräischen Version davon auszugehen, dass der Autor des Jak mit der LXX-Variante des Textes vertraut gewesen sei. Etwas anders argumentiert Dibelius, Brief des Jakobus, 269–270, der sich gegen eine literarische Abhängigkeit von

120

Clemens von Alexandrien

Der Umstand, dass die Subjekte von Jak 4, 6, 1 Petr 5, 5 und str. 3, 49, 2 mit θεός von Spr 3, 34 LXX abweichen, kann nicht zum Gegenargument hierfür werden, da sowohl Handschriften von Jak als auch von 1 Petr die Variante mit κύριος belegen 80 und gerade Sprichwörter wohl meist aus dem Gedächtnis zitiert wurden, was sprachliche Abweichungen zur konkreten Textform erklärt. Alle relevanten Beobachtungen zusammengenommen, ist die Entscheidung in diesem Fall besonders klar: Sowohl Jak 4, 6 als auch str. 3, 49, 2 und str. 4, 106, 4 beziehen unabhängig voneinander den Gedanken, dass Gott Überheblichen widersteht und Niedrigen Gnade gibt, von Spr 3, 34 LXX. Die Spr 3, 34 LXX zugrundeliegende Bekannt- und wohl auch Beliebtheit lässt darauf schließen, dass es sich hierbei um die Quelle für sämtliche in Betracht kommenden Passagen (str. 3, 49, 2; str. 4, 106, 4; 1 Petr 5, 5, 1 Clem 30, 2) handelt. Eine literarische Abhängigkeit von Jak 4, 6 in diesem Fall ist als unwahrscheinlich anzunehmen (Kategorie D).

7.10 Konvergenzen im Schwurverbot des Jak? Jak 5, 12

str. 7, 50, 5

12 Πρὸ

Ἀλλ᾽ οὐδὲ ὀμεῖται, ἐπὶ μὲν τῆς συγκαταθέσεως μόνον τὸ „ναί“, ἐπὶ δὲ τῆς ἀρνήσεως τὸ „οὔ“ προελόμενος τάσσειν ἐπίρρημα. Ὀμνύναι γάρ ἐστι τὸ ὅρκον ἢ ὡς ἂν ὅρκον ἀπὸ διανοίας προσφέρεσθαι παραστατικῶς. SC 428, 170

πάντων δέ, ἀδελφοί μου, μὴ ὀμνύετε μήτε τὸν οὐρανὸν μήτε τὴν γῆν μήτε ἄλλον τινὰ ὅρκον· ἤτω δὲ ὑμῶν τὸ ναὶ ναὶ καὶ τὸ οὒ οὔ, ἵνα μὴ ὑπὸ κρίσιν πέσητε. NA 28

12 Vor

allem aber, meine Brüder, schwört nicht, weder beim Himmel noch bei der Erde noch irgendeinen anderen Eid! Euer Ja soll ein Ja und euer Nein soll ein Nein sein, damit ihr nicht unter ein Gericht fallt!

Er wird aber überhaupt nicht schwören, sondern es vorziehen, bei der Bejahung nur das Wörtchen „ja“, bei der Verneinung nur das Wörtchen „nein“ hinzuzufügen. Denn Schwören bedeutet, dass man einen Eid oder etwas, was wie ein Eid ist, auf Grund seiner Überzeugung zur Bestätigung beibringt. BKV 210, 56

Spr 3, 34 LXX ausspricht und dafür votiert, dass dem Ganzen eine paränetische Tradition zugrundeliegt, aus der die einzelnen Elemente frei zusammengefügt wurden und die auch Spr 3, 34 LXX gespeist hat. Jedoch muss bei dieser Argumentation besonders fraglich bleiben, weshalb sämtliche Texte, die dieses Motiv enthalten, die einzelnen Elemente fast wortgleich zusammengefügt haben. 80 Dies belegt die ECM, 69.192, für Jak und für 1 Petr. Zudem findet sich κύριος als Subjekt auch in lepr. 12, 3, einer weiteren Passage, welche vermutlich auf Spr 3, 34 LXX basiert. Dabei wird auch deutlich, dass κύριος immer ohne Artikel verwendet wird.

Widerstand gegenüber dem Überheblichen

Mt 5, 37 37 ἔστω δὲ ὁ λόγος ὑμῶν ναὶ ναί. οὒ οὔ· τὸ δὲ περισσὸν τούτων ἐκ τοῦ πονηροῦ. NA 28 37 Sein

soll aber euer Wort: ja ja, nein nein; was aber darüber hinaus geht, ist vom Bösen.

2 Kor 1, 17 οὖν βουλόμενος μήτι ἄρα τῇ ἐλαφρίᾳ ἐχρησάμην; ἢ ἃ βουλεύομαι κατὰ σάρκα βουλεύομαι, ἵνα ᾖ παρ᾽ ἐμοὶ τὸ ναὶ ναὶ καὶ τὸ οὔ οὔ; NA 28

17 τοῦτο

17 Dies

nun wollend, handelte ich doch nicht etwa mit Leichtsinn? Oder beschließe ich, was ich beschließe, nach (dem) Fleisch, damit bei mir das Ja Ja und das Nein Nein sei?

121

str. 5, 99, 1 1 Πάλιν αὖ τῷ τοῦ κυρίου ῥητῷ „ἔστω ὑμῶν τὸ ναὶ ναὶ καὶ τὸ οὒ οὔ“, ἐκεῖνο ἀπεικαστέον· „ἀλλά μοι ψεῦδός τε συγχωρῆσαι καὶ ἀληθὲς ἀφανίσαι οὐδαμῶς θέμις·“ 2 τῇ τε περὶ τοῦ ὀμόσαι ἀπαγορεύσει συνᾴδει ἥδε ἡ ἐν τῷ δεκάτῳ τῶν Νόμων λέξις· „ἔπαινος δὲ ὅρκος τε περὶ παντὸς ἀπέστω.“ GCS 415, 391 1 Andererseits wieder ist mit dem Wort des Herrn: „Euer Ja soll Ja und Euer Nein soll Nein sein!“ jenes Wort (Platons) zu vergleichen: „Aber eine Lüge zuzulassen und eine Wahrheit zu unterdrücken, ist mir keineswegs gestattet.“ 2 Und mit dem Verbot hinsichtlich des Schwörens stimmt folgender Satz im zehnten der Buche der „Gesetze“ überein: „Niemand soll das Lob (seiner Waren) mit einem Eid bekräftigen!“ BKV 219, 202 str. 7, 67, 5 δικαιοσύνης γὰρ ἦν ἐπιτομὴ φάναι· „ἔσται ὑμῶν τὸ ναὶ ναὶ καὶ τὸ οὒ οὔ.“ ὁ δὲ αὐτὸς λόγος καὶ ἐπὶ τῆς σωφροσύνης. SC 428, 212 Denn eine kurze Zusammenfassung der Forderung der Gerechtigkeit war das Wort: „Euer Ja soll Ja, und euer Nein soll Nein sein!“ Das gleiche gilt auch von der Mäßigkeit. BKV 210, 37

Mit Jak 5, 12 bringt der Autor des Jak ein Schwurverbot, das in ähnlicher Weise bei Mt 5, 33–37 und 2 Kor 1, 17 begegnet. Trotz leichter Nuancen sagen alle diese Texte das Gleiche aus. Die Suche nach möglichen Ursprüngen dieses Schwurverbotes in der Bibel Israels bleibt ergebnislos. Stattdessen folgert Allison: „The broad attestation of this formulation shows its persistence in the oral tradition.“ 81 Von besonderer Relevanz innerhalb dieses Vergleichs ist die Frage 81 Allison, James, 736. Als konkrete Bezugspunkte werden genannt: b. Šebu. 36a und 2 En. 49, 1–2. Diese bestätigt Moo, James, 232–234, der dieses Schwurverbot besonders mit Mt 5, 34–37 vergleicht.

122

Clemens von Alexandrien

nach den möglichen Verbindungen zwischen Jak 5, 12 und Mt 5, 37, der Allison nachgeht und dabei zu einem zweigeteilten Ergebnis kommt: Einerseits spricht vieles dafür, dass Jak 5, 12 in Zusammenhang mit Mt 5, 37 zu sehen ist, 82 andererseits besteht weiterhin die Möglichkeit, dass beide Texte unabhängig voneinander ein Jesuswort aufgreifen. 83 Dies hat Konsequenzen für die Frage möglicher literarischer Abhängigkeiten von str. 7, 50, 5; 7, 67, 5; 5, 99, 1. 84 Str. 7, 50, 5 stimmt mit Jak 5, 12 nur in den beiden Wörtern ναί und οὔ überein. Während sie bei Jak 5, 12, aber auch bei Mt 5, 37 und 2 Kor 1, 17 wiederholt werden, begegnen sie in str. 7, 50, 5 nur einmal. Ein weiterer Unterschied ist auch darin zu sehen, dass in beiden Fällen andere Wörter für das Motiv des Schwörens verwendet werden. 85 Außerdem lassen sich über str. 5, 99, 1 und 7, 67, 5 zusätzliche Erkenntnisse gewinnen. So entsprechen sich hier nun neben den beiden Wörtern ναί und οὔ, die jetzt ebenfalls einmal wiederholt werden, was mit einer ähnlichen Satzstruktur einhergeht, auch die Verben (εἰμί), Objekte (ὑμῶν), Artikel (τό) sowie das Verbindungsglied καί. Dies bringt beide Male auch inhaltliche Überschneidungen mit sich: Konkret lässt sich in allen drei Fällen das gleiche Schwurverbot erkennen, das in Jak 5, 12, aber auch in Mt 5, 37 und 2 Kor 1, 17 enthalten ist. Mt 5, 37 und 2 Kor 1, 17 bieten ebenfalls Übereinstimmungen in der Wiederholung von ναί und οὔ, dem Verb εἰμί und dem Verbindungsglied καί. Im Vergleich zu Jak fehlt jedoch das Pronomen ὑμῶν und bei Mt 5, 37 zusätzlich auch noch der bestimmte Artikel τό 86 vor dem ersten Ja und Nein. Aufschlussreich in diesem Fall kann str. 5, 99, 1 mit der Einleitung Πάλιν αὖ τῷ τοῦ κυρίου ῾σητῷ sein, womit Clemens unmissverständlich zeigt, dass er 82 So Allison, James, 722–729. Hier stellt Allison auch heraus, dass eine Gemeinsamkeit beider Texte darin besteht, dass sie miteinander in Harmonie stehen, aber generell in Konflikt zum Rest der Bibel, wo Schwüre wie beispielsweise bei Abraham, aber auch bei Gott erlaubt sind, so etwa in Gen 14, 22; 22.1 6; Ex 20, 7; Lev 19, 12. 83 Dies hält Allison, James, 729, für möglich. Ähnlich argumentiert Konradt, Jakobusbrief, 202–203, der das Schwurverbot bei Jak wie auch bei Mt frühchristlicher Paränese zurechnet. Burchard, Jakobusbrief, 206–207, hingegen geht eher davon aus, dass dem Autor des Jak nicht bewusst war, dass es sich hier um ein Jesuswort handelt, da Jak 5, 12 keinen Hinweis darauf bietet. Eine solche Argumentation, die auch auf den Beobachtungen von Dautzenberg, Schwurverbot, 61–63, basiert, der dies am Beispiel von Mt 5, 33–37 durchexerziert, erscheint jedoch zu vage. Auch Allison, James, 729, hält derartige Argumentationen für nicht haltbar. Ebenso bei Stählin, Beteuerungsformeln, 128 Anmerkung 2. Auch Vahrenhorst, Presence, 375–376, zieht diese Möglichkeit in Erwägung, bleibt in seinem Urteil aber offen. Generell ist, wie auch Wüllner, Jakobusbrief, 30, betont, Vorsicht walten zu lassen, was eine Zuweisung von Paränesen im Jak betrifft. 84 Die letzten beiden Textstellen sind in der Biblia Patristica nicht gelistet, was erneut für deren Unvollständigkeit spricht. 85 So findet bei Jak 5, 12 das Verb ὀμνύω Verwendung, während bei str. 7, 50, 5 ὀμεῖται begegnet. In beiden Fällen wird „schwören“ jedoch unterschiedlich mit dem Kontext verbunden und ist dieser auch insgesamt als wenig kongruent zu betrachten. 86 Vgl. dazu Allison, James, 736.

Das Verhüllen von Sünden

123

sich hier auf ein Herrenwort bezieht. Ansatzsweise lässt sich auch in str. 7, 67, 5 in der der Formulierung δικαιοσύνης γὰρ ἦν ἐπιτομὴ φάναι erkennen, dass Clemens hier ein Herrenwort zitiert. Damit wird die Frage, ob Clemens dieses Schwurverbot über Jak, Mt, 2 Kor oder über eine mündliche Tradition kennt, nicht beantwortet. Während sich, fasst man alle Beobachtungen zusammen, eine literarische Abhängigkeit zu Jak 5, 12 für str. 7, 50, 5 als unwahrscheinlich (Kategorie D) erweist, kann eine solche im Fall von str. 5, 99, 1 und str. 7, 67, 5 durchaus möglich sein (Kategorie C). Als weitere ebenso plausible Erklärung käme zudem Mt 5, 37 bzw. eine dem zugrundeliegende Jesustradition in Frage. Da es sich bei dem Schwurverbot aber um ein weithin gängiges Motiv und kein theologisches Charakteristikum des Jak handelt, ist wohl sogar am wahrscheinlichsten, dass Clemens dieses aus dem Gedächtnis zitiert und nicht daran denkt, woher es tatsächlich stammt.

7.11 Das Verhüllen von Sünden Jak 5, 19–20

str. 4, 111, 3

19 Ἀδελφοί

μου, ἐάν τις ἐν ὑμῖν πλανηθῇ ἀπὸ τῆς ἀληθείας καὶ ἐπιστρέψῃ τις αὐτόν, 20 γινωσκέτω ὅτι ὁ ἐπιστρέψας ἁμαρτωλὸν ἐκ πλάνης ὁδοῦ αὐτοῦ σώσει ψυχὴν αὐτοῦ ἐκ θανάτου καὶ καλύψει πλῆθος ἁμαρτιῶν. NA 28

„ἀγάπη καλύπτει πλῆθος ἁμαρτιῶν, ἀγάπη πάντα ἀνέχεται, πάντα μακροθυμεῖ, ἀγάπη κολλᾷ ἡμᾶς τῷ θεῷ, πάντα ποιεῖ ἐν ὁμονοία· ἐν τῇ ἀγάπῃ ἐτελειώθησαν πάντες οἱ ἐκλέκτοὶ τοῦ θεοῦ· δίχα ἀγάπης οὐδὲν εὐάρεστον τῷ θεῷ.“ GCS 415, 297

Spr 10, 12 ἐγείρει νεῖκος πάντας δὲ τοὺς μὴ φιλονεικοῦντας καλύπτει φιλία. LXX

paed. 3, 91, 3 Ναὶ μὴν καὶ περὶ ἀγάπης· „Ἀγάπη“, φησί, „καλύπτει πλῆθος ἀμαρτιῶν·“ καὶ περὶ πολιτείας· „Απόδοτε τὰ Καίσαρος Καίσαρι καὶ τὰ τοῦ θεοῦ τῷ θεῷ· […]“ SC 158, 174

12 μῖσος

1 Petr 4, 8 πάντων τὴν εἰς ἑαυτοὺς ἀγάπην ἐκτενῆ ἔχοντες ὅτι ἀγαπη καλύπτει πλῆθος ἁμαρτιῶν. NA 28

8 πρὸ

1 Clem 49, 5 καλύπτει πλῆθος ἁμαρτιῶν SUC 1, 86

5 ἀγαπη

str. 1, 173, 6 ἔξεστι δὲ μὴ εἶναι „ἀπειθείας υἱόν“, ἀλλὰ „μεταβαίνειν ἐκ τοῦ σκότους εἰς ζωὴν“ καὶ παραθέντα τῇ σοφίᾳ τὴν ἀκοὴν νόμιμον εἶναι θεοῦ δοῦλον μὲν τὰ πρῶτα, ἔπειτα δὲ πιστὸν γενέσθαι θεράποντα, φοβούμενον κύριον τὸν θεόν, εἰ δέ τις ἐπαναβαίη, τοῖς υἱοῖς ἐγκατα-

124

Clemens von Alexandrien

2 Clem 16, 4 4 ἀγαπη δὲ καλύπτει πλῆθος ἁμαρτιῶν. SUC 2, 260

λέγεσθαι, ἐπὰν δὲ „ἀγάπη καλύψῃ πλῆθος ἁμαρτιῶν,“ μακαρίας ἐλπίδος τελείωσιν αὐξηθέντα ἐν ἀγάπῃ ἐκδέχεσθαι [τοῦ] τοῦτον ἐγκαταταγέντα τῇ ἐκλέκτῇ υἱθεσίᾳ τῇ φίλῃ κεκλημένῃ τοῦ θεοῦ, ᾄδοντα ἤδη τὴν εὐχὴν καὶ λέγοντα· „γενέσθω μοι κύριος εἰς θεόν.“ GCS 415, 107

str. 2, 65, 3 „καλύπτει μὲν γὰρ ἀγάπη πλῆθος ἁμαρτιῶν.“ ἀπαλείφει δὲ ὁ „τὴν μετάνοιαν μᾶλλον τοῦ ἁμαρτωλοῦ ἢ τὸν θάνατον αἱρούμενος“ GCS 415, 148 q.d.s. 38, 2,1 „ἀγάπη καλύπτει πλῆθος ἁμαρτιῶν· ἡ τελεία ἀγάπη ἐκβάλλει τὸν φόβον· οὐ περπερεύεται, οὐ φυσιοῦται, οὐκ ἐπιχαίρει τῇ ἀδικίᾳ, συγχαίρει δὲ τῇ ἀληθείᾳ· πάντα στέγει, πάντα πιστεύει, πάντα ἐλπίζει, πάντα ὑπομένει. Ἡ ἀγάπη οὐδέποτε ἐκπίπτει, προφητεῖαι καταργοῦνται, γλῶσσαι παύονται, ἰάσεις ἐπὶ γῆς καταλείπονται. GCS 217, 184 Jak 5, 19–20 19 Meine

Brüder, wenn einer unter euch abgeirrt ist von der Wahrheit und einer ihn bekehrt hat, 20 so soll er erkennen: Wer einen Sünder bekehrt hat aus (der) Verirrung seines Weges, wird seine Seele vom Tod retten und die Menge seiner Sünden bedecken. Spr 10, 12 erregt Streit, aber alle Streitenden verhüllt die Liebe.

12 Hass

1 Petr 4, 8 allem die Liebe zueinander haltet beständig, weil (die) Liebe verhüllt eine Menge Sünden. 8 Vor

str. 4, 111, 3 „‚Die Liebe verhüllt eine Menge Sünden;‘ die Liebe erträgt alles; die Liebe ist in jeder Hinsicht langmütig; die Liebe verbindet uns fest mit Gott; sie tut alles in Eintracht; in der Liebe sind alle Auserwählten Gottes vollendet worden; ohne Liebe gibt es nichts, was Gott wohlgefällig wäre.“ adapt. BKV 219, 76 paed. 3, 91, 3 Ferner sagt er über die Liebe: „Die Liebe verhüllt eine Menge Sünden,“ und über das Verhältnis zum Staat: Gebe dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört!“ adapt. BKV 28, 214

Das Verhüllen von Sünden

1 Clem 49, 5 4 Die Liebe verhüllt eine Menge Sünden 2 Clem 16, 4 Liebe verhüllt eine Menge Sünden

4 Die

125

str. 1, 173, 6 Es ist aber möglich, dass er nicht „ein Sohn des Ungehorsams“ ist, sondern „aus der Finsternis zum Leben durchdringt“ und, indem er der Weisheit sein Ohr öffnet, zuerst ein rechtschaffener Knecht Gottes ist, sodann ein treuer Diener wird, der Gott, den Herrn, fürchtet; wenn aber jemand noch weiter emporsteigt, so ist es möglich, dass er unter die Söhne (Gottes) aufgenommen wird; und wenn „die Liebe verhüllt eine Menge Sünden“, so kann dieser seliger Hoffnung Erfüllung, herangewachsen in der Liebe, erlangen, eingereiht in die ausgewählte Kindschaft, die von Gott geliebt genannt ist, und dabei nun singen das Gebet und sagen: „Der Herr soll mein Gott sein.“ adapt. BKV 217, 142–143 str. 2, 65, 3 „Denn die Liebe verhüllt eine Menge Sünden“, und es wäscht sich der ab, „der die Buße des Sünders lieber sieht als seinen Tod.“ adapt. BKV 217, 199 q.d.s. 38, 2,1 „Die Liebe verhüllt eine Menge Sünden; die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus; sie prahlt nicht, sie bläht sich nicht auf, sie freut sich nicht über das Unrecht, sie freut sich vielmehr mit der Wahrheit; sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles. Die Liebe wird nie zu Schanden, die Weissagungen vergehen, die Zungenreden hören auf, die Heilungen werden auf der Erde zurückgelassen.“ adapt. BKV 28, 270

Übereinstimmung zwischen Jak 5, 20 und str. 4, 111, 3 auf semantischer Ebene besteht in der Phrase καλύψει πλῆθος ἁμαρτιῶν und deren Abfolge. Ein größerer sprachlicher Unterschied, dass beide Texte andere Subjekte haben, schlägt sich inhaltlich deutlich nieder. Während bei Jak 5, 20 eine Menge von Sünden durch den sich von seinen Sünden Bekehrenden verhüllt wird, geschieht dies

126

Clemens von Alexandrien

bei Clemens durch Liebe (ἀγάπη). In diesem Fall muss also, was eine mögliche literarische Abhängigkeit der Texte anbelangt, das Hauptaugenmerk auf die sprachlichen Übereinstimmungen gelegt werden: Während die Wörter καλύπτω, ἁμαρτία und πλῆθος innerhalb des Neuen Testaments gut belegt sind, 87 ist die Kombination aus diesen Wörtern im Bereich des griechischen Sprachraums der Antike rar. 88 Überschneidungen zu Jak 5, 20 können nicht nur in str. 4, 111, 3 beobachtet werden, sondern bei fünf weiteren Passagen: paed. 3, 91, 3; str. 1, 173, 6; 2, 65, 3; 4, 11, 3; q.d.s. 38, 2. 89 Vergleicht man die einzelnen Stellen bei Clemens untereinander, ergibt sich folgendes Bild: Die drei Bestandteile ἀγάπη, πλῆθος und ἁμαρτιῶν sind bis auf ihre Stellung immer gleich. Unterschiede bestehen nur in der jeweiligen Verbform. Tiefergehende Aussagen über eine mögliche literarische Abhängigkeit zu Jak 5, 20 lassen sich mit diesen Argumenten nicht machen, jedoch wird schon hier klar, dass es sich bei diesem Motiv um eine bei Clemens beliebte Wendung handelt. Als mögliche weitere Quelle kommen Spr 10, 12 LXX und Ez 28, 17.18 LXX infrage. Während bei den letzten beiden Versen die Übereinstimmung nur in der Menge der Sünden (πλῆθος ἁμαρτιῶν/πλῆθος τῶν ἁμαρτιῶν) zu sehen ist, sind die Überschneidungen mit Spr 10, 12 LXX weitreichender, aber auch komplizierter. Inhaltlich gesehen, stimmen die Passagen zwar in dem Motiv grundsätzlich überein, dass Liebe alle Vergehen zudeckt, dies kommt jedoch sprachlich anders zum Ausdruck. So ist den Texten nur das Verb καλύπτω gemeint. Liebe wird in Spr 10, 12 LXX mit φιλία beschrieben und nicht wie bei Clemens mit ἀγάπη. Außerdem verwendet der Autor von Spr πάντας anstelle πλῆθος in den Passagen aus den str. und φιλονεικοῦντας anstelle von ἁμαρτία, was auch inhaltlich Unterschiede zur Folge hat. Dennoch muss hier festgehalten werden, dass auch in Spr 10, 12 LXX die gleiche Idee grundgelegt ist wie in den entsprechenden Texten aus den str.: Die Liebe vermag es, Vergehen zuzudecken. Die sprachlichen Abweichungen lassen sich ein Stück weit mit der Bemerkung von Allison relativieren, dass die hebräische Version von Spr 10, 12 MT näher an Jak 5, 20 anzusiedeln ist als die griechische Version der LXX, was natürlich auch für die entsprechenden Textbeispiele bei Clemens Gültigkeit hat. Nach Meinung von Allison gab es auch eine Version von Spr 10, 12, die das Motiv sprachlich in einer stärkeren Nähe zu Jak 5, 20 ausdrückt, 87 Das Verb καλύπτω kommt fünfmal vor, in Mt 8, 24; Lk 8, 16; 23, 30; 1 Petr 4, 8; 2 Kor 4, 3. Interessant erscheint zudem, dass gerade die Form καλύψει wie in Jak 5, 20 schon mehrfach innerhalb des Alten Testaments begegnet (Ex 10, 5; Lev 16, 13; Lev 17, 13; Ps 139, 10; Spr 10, 6.11; Obd 1, 10; Hab 2, 17; Mal 2, 16; Jes 60, 2; Ez 7, 18; 30, 18), in keinem dieser Fälle aber in Verbindung mit weiteren in Jak 5, 20 auftretenden Wörtern steht. 88 Die in Jak 5, 20 begegnende Kombination καλύψει πλῆθος ἁμαρτιῶν findet sich erst wieder in einer Rezeption bei Johannes Chrysostomus (fr. in ep. cath. 64, 32; in ps. 118, ep. ad abb. 115). 89 Auch hier zeigt sich die Unvollständigkeit der Angaben der Biblia Patristica.

Eine mögliche Kenntnis des Jak bei Clemens

127

heute aber verloren ist. Als Argument führt er die Passagen 1 Petr 4, 8, 1 Clem 49, 5 und 2 Clem 16, 4 an, die das Motiv ebenfalls beinhalten und sprachlich deutlicher näher an Jak 5, 20 heranreichen. 90 Gerade über 1 Petr 4, 8, 1 Clem 49, 5 und 2 Clem 16, 4 lassen sich neue, entscheidende Erkenntnisse über die möglichen literarischen Verbindungen der oben dargestellten Texte aus dem Werk des Clemens für den Vergleich mit Jak 5, 20 gewinnen. So stimmen diese drei Texte nahezu wortwörtlich in der Formulierung ἀγαπη καλύπτει πλῆθος ἁμαρτιῶν mit str. 4, 111, 3, str. 1, 173, 6; 2, 65, 3; 4, 11, 3, paed. 3, 91, 3 und q.d.s. 38, 2 überein. Damit muss eine literarische Abhängigkeit von Jak 5, 20 als unwahrscheinlich beurteilt werden (Kategorie D). Am Ende wird es wohl so sein, dass nicht 1 Petr 4, 8 oder 1 Clem 49, 5 und 2 Clem 16, 4 Clemens hier als Vorbild gedient haben, sondern es tatsächlich eine von Spr 10, 12 LXX abweichende Version gab, die im frühen Christentum häufig zitiert wurde und heute verloren ist.

7.12 Eine mögliche Kenntnis des Jak bei Clemens Die Frage, ob Clemens den Jak gekannt und in seinen Werken benutzt hat, lässt sich anhand der gemachten Untersuchungen weder mit einem klaren Nein noch mit einem klaren Ja beantworten. Am Ende bleibt ein Vielleicht. 91 Im besten Fall finden sich in den Werken des Clemens vereinzelte Spuren aus dem Jak, die sich in Form von Echos äußern. Bei aller Unsicherheit kann jedoch Folgendes als sicher gelten: Hat Clemens den Jak gekannt, hat er ihn nicht autoritativ benutzt, da keines der untersuchten Textbeispiele jemals direkt auf den Jak verweist und er anderen Schriften durchaus autorative Bedeutung beigemessen hat, etwa dem Jud. Da Clemens sogar umstrittene Schriften wie die Apk Petr und den Barn unmissverständlich kommentiert, 92 fällt auch das Argument aus, Clemens hätte den Jak nicht als Jak zitiert, um Widersprüchlichkeiten in seiner Theologie zu vermeiden. Auch der Umstand, dass Clemens Schriften, die heute nicht Teil des neutestamentlichen Kanons sind, wie etwa dem Hirt des Hermas, 93 eine wichtige Bedeutung beigemessen hat, macht die Frage dringlicher, weshalb der Jak, hätte Clemens ihn gekannt, dann kein einziges Mal offensichtlich in seinem Œeuvre in Er90 Vgl. hierzu ausführlich Allison, James, 788. Diese Sichtweise ist ebenfalls vertreten bei Johnson, Brother, 49. 91 Zu einem weitgehend ähnlichen Ergebnis komme ich in dem Artikel Bemmerl, Rezeption, 526. 92 Vgl. ergänzend hierzu Nienhuis, Paul, 49–52; Grünstäudl, Petrus Alexandrinus, 237. 93 Eine ausführliche Darlegung hierzu bietet Nicklas, Apokalypsen, 107, der dabei vor allem auf die vier expliziten Verweise auf den Pastor Hermae eingeht, aber auch von einer Vielzahl von Anspielungen und Übernahmen von Bildern ohne klaren Verweis auf die Quelle spricht.

128

Clemens von Alexandrien

scheinung tritt. Zudem kann auch nicht davon ausgangen werden, dass die hyp. des Clemens jemals einen Kommentar zum Jak enthalten hätten. Weiter beinhaltete keiner der untersuchten Verse theologische Spezifika des Jak, die eine klare Entscheidung hinsichtlich literarischer Abhängigkeiten erleichtert hätten. Gerade das Beispiel von Jak 2, 23 hat eindrücklich gezeigt, dass es sich hier um Motive handelt, die weit in das Judentum bzw. die Bibel Israels zurückreichen. Es konnte dabei plausibel gemacht werden, dass Clemens die Idee von Abraham als Freund Gottes genausogut oder wohl sogar noch eher über Philo kennengelernt haben kann, was Jak 2, 23 als Ursprung der Formulierung obsolet macht. Obwohl nahezu alles gegen eine Kenntnis des Jak spricht, bleibt unter dem Strich dennoch die Möglichkeit, dass Clemens den Jak kannte und Teile daraus in seinen Werken aufleuchten. Jedoch muss diese Kenntnis als sehr eingeschränkt betrachtet werden. Vergleicht man die Nutzung anderer Schriften, 94 ist klar: Clemens wäre anders mit dem Jak umgegangen. Höchstwahrscheinlich wäre ihm dann nicht einmal bewusst gewesen, auf den Jak zurückzugreifen. Dieses Ergebnis erlaubt einen weiteren Schluss: Jak schien in Alexandrien des Clemens nicht zu den Texten zu gehören, die im christlichen Diskurs eine Rolle spielten. Selbst wenn der Jak im Repertoire der Bibliotheken Alexandriens war, zu denen Clemens mit Sicherheit Zugang hatte, 95 ignorierte er diesen in seinen Werken.

94 Dies lässt sich auf den Beobachtungen von Cosaert, Text, 25–32, stützen, der anhand einer Untersuchung von Einleitungsformeln bei Evangelienzitaten aufzeigen kann, wann Clemens wohl aus dem Gedächtnis zitiert und wann aus einer schriftlichen Quelle. Im Fall des Jak und anderer Briefliteratur ist dies allerdings nicht so einfach nachzuweisen, jedoch sind, ginge man von einer literarischen Abhängigkeit vom Jak aus, die Abweichungen im Vergleich zu den Zitaten aus den Evangelien erheblich größer. 95 Auch Stählin, Einleitung BKV 27, 15, spricht sich dafür aus, dass Clemens Zugang zu zahlreichen Bibliotheken hatte.

8. Origenes

Mit der in der Kirchengeschichte herausragenden Persönlichkeit des Origenes (* um 185, † um 253) 1 entsteht ein interessantes Spannungsgefüge, dem weiter nachgegangen werden muss: Während mögliche Spuren des Jak bei Clemens von Alexandrien (* um 140/150, † um 220) vielfach diskutiert werden und eher von einer Nichtrezeption als von einer Rezeption ausgegangen werden muss, liefert dessen Schüler Origenes erste sichere Rezeptionen. 2 Einige davon werden sogar mit einem expliziten Hinweis auf den Jak, dessen Charakter als Schrift/ Brief bzw. dessen Autor eingeleitet. Gerade hieraus sind weitere Erkenntnisse über das Ansehen des Jak zu erwarten und darüber, in wem Origenes den Verfasser des Jak gesehen hat. Der Fokus bei Origenes liegt also nicht mehr auf der Frage, ob sich in seinen Werken Spuren des Jak finden, sondern darauf, was diese aussagen. Dabei ist weiter zu fragen, wie diese Kluft zwischen Origenes und Clemens, 3 aber auch zu den übrigen christlichen Schriftstellern bis Origenes zu erklären ist. Lässt zudem die Beobachtung, dass Origenes den Jak in seiner nachalexandrinischen Zeit in Caesarea anders behandelt, die Vermutung bestätigen, dass er diesen dort erst richtig kennengelernt hat?

1 Einführend in Leben und Werk des Origenes: Vogt, Origenes, 528–536; Markschies, Origenes, 1–13; Verheyden, Origen, 713–726; Crouzel, Origen, 1–36; Görgemeanns, Einführung, 1–8; Nautin, Origène, der die bisher wohl umfangreichste Studie dazu liefert. Gerade Nienhuis, Paul, 52–53, betont, wie wertvoll Origenes ist, wenn es darum geht, Einblick in frühchristliches Denken und in die Praxis der frühen Kirche zu bekommen. Zur Bedeutung des Origenes siehe ausführlich Markschies, Bedeutung, 27–42. 2 Dies unterstreicht beispielsweise Nienhuis, Paul, 55–60, der betont, dass neben dem Jak auch 2 Petr und 2/3 Joh zum ersten Mal explizit genannt werden und Origenes damit der erste Theologe ist, der alle 27 Schriften des späteren Neuen Testaments nennt; vgl. hierzu auch Broer, Einleitung, 615; Hartin, James, 8; Meyer, Rätsel, 38; 51; Meinertz, Jakobusbrief, 106–112; Ropes, James, 87; Popkes, Brief des Jakobus, 9; Maier, Brief des Jakobus, 23; Mayor, James, lxxxi–lxxxii; Burchard, Jakobusbrief, 27; Davids, Epistle of James, 7; Johnson, Brother, 45; Vouga, Jacques, 33. In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass Origenes als erster Zeuge für den 2 Petr gilt. Eine ausführliche Darlegung hierzu liefert Grünstäudl, Petrus Alexandrinus, 52–74; Schnider, Jakobusbrief, 19. Zusammen mit Nienhuis, James, 194, ist aber auch hervorzuheben, dass Origenes an keiner Stelle explizit auf eine Sammlung katholischer Briefe verweist. Mit dem Verhältnis von Clemens und Origenes im Bezug auf die alexandrinische Schule beschäftigt sich eingehend Le Bouluec, Alexandrie, 13– 57. 3 Diese Lücke spricht auch Nienhuis, Paul, 57, an.

130

Origenes

8.1 Werk und Überlieferungssituation Ein Hindernis bei der Erörterung dieser Fragen wird sicher die Datierung der einzelnen Schriften und deren komplexe Überlieferung sein. 4 Nur mehr ein Drittel des wohl mindestens 700 Titel umfassenden Werkes 5 des Origenes steht im griechischen Original zur Verfügung. Vielfach kommt hinzu, dass es sich nur um Fragmente 6 handelt, die über Zitate bei anderen Autoren enthalten sind, und dass auch die zur Verfügung stehenden Editionen deutliche Schwächen aufweisen. 7 In weiten Teilen kann auf lateinische Übersetzungen zurückgegriffen werden. Im Einzelfall muss also gut abgewogen werden, wie wahrscheinlich es ist, dass wirklich Origenes der Urheber ist. Diesem Umstand wird in bisherigen Untersuchungen zu wenig Rechnung getragen. 8 Methodologisch sei hier angemerkt, dass, falls nur mehr eine lateinische Übersetzung eines Textes vorliegt, immer diejenige lateinische Fassung des Jak als Referenztext zugrundegelegt wird, die der Übersetzung zeitlich am nächsten ist. So ist es beispielsweise bei Übersetzungen des Rufin von Aquileia (* 345, † 411/412) sinnvoll, 9 die Vulgata-Variante des Jak gegenüberzustellen. Für eine Diskussion der Rezeption des Jak bei Origenes erscheinen folgende Texte besonders relevant: 10 4 Hier kann jeweils auf die äußerst sorgfältigen und umsichtigen Ausführungen bei Buchinger, Pascha, grundsätzlich 36–52 und das Gesamtwerk, verwiesen werden, innerhalb dessen Einleitungsfragen zu den einzelnen Schriften separat behandelt werden, worauf auch hier in den jeweiligen Abschnitten zurückgegriffen werden kann. Generell geht daraus aber auch hervor, dass Aussagen über Werke aus der alexandrinischen Zeit nur schwer möglich sind. Ein klarer und sicherer Einschnitt ist dennoch im Jahr 231/232 im endgültigen Weggang aus Alexandrien zu sehen. So ist auch klar, dass Origenes Buch 1–5 seines Johanneskommentars in Alexandrien verfasst hat und den Rest in Caesarea (Buchinger, Pascha, 37). Gestützt wird dies von den Beobachtungen bei Laws, Epistle, 24; Görgemanns, Einführung, 6; Markschies, Origenes, 4–5; Nautin, Origène, 368. Dies heißt einerseits, dass Rückschlüsse, die auf den verschiedenen Wirkunsorten des Origenes beruhen, mit äußerster Vorsicht zu ziehen sind und andererseits, dass ein besonderes Augenmerk auf das Zueinander der einzelnen Rezeptionen in den verschiedenen Schriften des Origenes gelegt werden muss. Weiterführend zur Frage der Datierung der Schriften des Origenes: Williams, Origenes, 397–420. 5 Siehe hierzu Markschies, Origenes, 6–7. 6 Gerade im Fall von Fragmenten kann oft, wie auch Markschies, Origenes, 205–206, darlegt, nicht genau beurteilt werden, wie zuverlässig diese sind. Im Grunde muss sogar als unklar gelten, ob es sich dabei wirklich um Texte handelt, die ihren Ursprung bei Origenes selbst haben. Deshalb werden solche Fragmente mit äußerster Vorsicht behandelt. 7 Diese Problematik ist sehr ausführlich bearbeitet bei Markschies, Origenes und sein Erbe, 239–249. 8 So fehlt gerade bei Popkes, Brief des Jakobus, 10, jegliche Abwägung in diese Richtung. 9 Zu Rufin allgemein vgl. Stenzel, Bibelkanon, 43–61; Johnson, Brother, 96–97, und Skeb, Rufin, 612–614. 10 Dabei sind nicht alle der 105 von den durch die Biblia Patristica bei Allenbach, Biblia Patristica 1, vorgeschlagenen Texten für diese Untersuchung gewinnbringend und haben eigene Recherchen weitere wichtige Passagen ergeben, die nun Teil dieser Gegenüberstellung sind. Zudem werden nicht alle 58 Texte in diesem Teil der Studie ausführlich analysiert. Es wurde

131

Werk und Überlieferungssituation

Nr.

Jak

Werk

Passage

Kategorie

1.

1, 1

fr. Apoc.

1

A

2.

1, 2

hom. in Gen.

8, 10

A

3.

1, 8

hom. in Ex.

8, 4

A

4.

1, 12

fr. in Ex.

1, 124

C

5.

1, 12

hom. in Gen.

15, 6

D

6.

1, 12–14

comm. in Mt.

13, 24

A

7.

1, 13

fr. in Ex.

1, 124

A

8.

1, 15

hom. in Lev.

12, 3

A

9.

1, 15

fr. Apoc.

11

A

10.

1, 17

hom. in Lev.

12, 1

C

11.

1, 17

hom. in Num.

18, 1

A

12.

1, 17

hom. in Num.

27, 6

A

13.

1, 17

comm. in Rom.

9, 24

A

14.

1, 17

fr. in Jo.

6, 19

A

15.

1, 17

fr. in Jo.

38, 17–19

A

16.

1, 18

Jo.

1, 20

C

17.

1, 18.22

hom. in Ps.

3, 10

C

18.

1, 22

hom. in Gen.

2, 6

C

19.

1, 22.23

hom. in Num.

7, 2

C

20.

1, 25

comm. in Mt.

1, 60

D

21.

1, 27

hom. in Jos.

16, 1

A

22.

1, 27

hom. in Ps.

3, 9

B

23.

2, 5

hom. in Gen.

16, 4

B

24.

2, 5

hom. in Jos.

19, 4

D

25.

2, 14.17.20.26

Jo.

19, 23, 152

A

26.

2, 17.26

hom. in Jos.

10, 2

A

27.

2, 17.20.26

comm. in Rom.

2, 13

A

28.

2, 17.20.26

comm. in Rom.

8, 1

A

29.

2, 17.20.23.26

Jo.

20, 10, 66

A

30.

2, 19

Jo.

32, 16, 187

C

31.

2, 19

Jo.

32, 16, 190

C

32.

2, 19

fr. in Ps.

3

C

33.

2, 21–25

hom. in Jos.

16, 5

C

eine Auswahl getroffen, der Rest ist im Appendix zu finden. Hier im Fließtext der Studie werden diejenigen Texte dargestellt, die am aussagekräftigsten sind, was die oben gestellten Fragen betrifft.

132

Origenes

Nr.

Jak

Werk

Passage

Kategorie C

34.

2, 21–22

comm. in Rom.

4, 1

35.

2, 23

Jo.

19, 3,18

D

36.

2, 23

fr. in Luc.

182

D

37.

2, 23

comm. in Rom.

4, 3

C

38.

2, 23

comm. in Rom.

4, 4

D

39.

2, 26

fr. in Ps.

643

A

40.

3, 2

fr. in Jer.

11

C

41.

3, 2

hom. in Ps.

4, 2

A

42.

3, 15

fr. in Jo.

126, 13–14

A

43.

3, 18

hom. in Lev.

13, 2

A

44.

4, 3

fr. in Luc.

183

A

45.

4, 4

comm. in Rom.

4, 8

A

46.

4, 7–8

comm. in Rom.

4, 8

A

47.

4, 7

hom. in Ex.

3, 3

A

48.

4, 7.10

Jo.

28, 4,27

B

49.

4, 8

hom. in Gen.

1, 7

C

50.

4, 10

hom. in Num.

9, 3

B

51.

4, 10

hom. in Num.

23, 10

B

52.

4, 17

princ.

1, 3,6

A

53.

5, 14–15

hom. in Lev.

2, 4

A

54.

5, 16

fr. in Prov.

28

A

55.

5, 19–20

hom. in Lev.

2, 4

A

56.

5, 19

comm. in Mt.

1, 33

C

57.

–-

hom. in. Jos.

7, 1

A

58.

–-

hom. in Lev.

11, 3

A

8.2 Verfasser und Ansehen des Jak bei Origenes Da sicher ist, dass Origenes den Jak rezipiert hat, sollen hier diejenigen Texte in den Vordergrund gestellt werden, die Auskunft über dessen Ansehen und Origenes’ Idee von der Verfasserschaft des Jak geben.

Verfasser und Ansehen des Jak bei Origenes

133

8.2.1 Jakobus als Autor des Jak In einigen sicheren Rezeptionen wird Jakobus als Verfasser des Jak genannt: Jak 1, 27

hom. in Jos. 16, 1

27 religio

Si qui ergo in praeceptis Dei vitam hanc praesentem, quae, sicut Iacob dicebat, paucorum et malorum dierum est, transegerit et immaculatum se ab hoc mundo custodierit atque omnes adversarios et hostes suos subegerit spiritales, ab istis paucis et malis diebus provehitur et promovetur ad illos dies aeternos et bonos, aeterni solis luce signatos. Tali ergo quodam ordine intelligendus est et Iesus ex divinis responsis provectus dierum pronuntiari. GCS 30, 395–396

munda et inmaculata apud Deum et Patrem haec est visitare pupillos et viduas in tribulatione eorum inmaculatum se custodire ab hoc saeculo. Vulgata

27 θρησκεία

καθαρὰ καὶ ἀμίαντος παρὰ τῷ θεῷ καὶ πατρὶ αὕτη ἐστίν, ἐπισκέπτεσθαι ὀρφανοὺς καὶ χήρας ἐν τῇ θλίψει αὐτῶν, ἄσπιλον ἑαυτὸν τηρεῖν ἀπὸ τοῦ κόσμου. NA 28

27 Reine

und unbefleckte Frömmigkeit bei Gott und Vater ist dies: zu sehen auf Waisen und Witwen in ihrer Bedrängnis, makellos sich zu bewahren von der Welt. Übersetzung der Vulgata

Wenn einer also dieses gegenwärtige Leben nach den Vorgaben Gottes geführt hat, das, wie Jakob sagte, ein (Leben) von wenigen und schlechten Tagen ist, und makellos sich zu bewahren von der Welt und alle Widersacher und seine Feinde im Geiste bezwungen hat, rückt er von diesen wenigen und schlechten Tagen vor und bewegt sich zu jenen ewigen und guten Tagen, die gekennzeichnet sind mit dem Licht der ewigen Sonne. Durch eine solche bestimmte Ordnung also ist auch zu verstehen, dass Jesus gemäß den göttlichen Prophezeiungen als Vorrücken der Tage verkündigt wird.

Dies geschieht in hom. in Jos. 16, 1 mit den Worten Iacob dicebat, womit eine Rezeption von Jak 1, 27 eingeleitet wird, 11 was sich inhaltlich in dem Motiv, sich makellos von der Welt zu bewahren, zeigt. 12 Auch wenn Rufin selber behauptet, die Josuahomilien getreuer als andere Werke übersetzt zu haben, 13 kann auch 11 Sprachlich stehen sich die Formulierungen inmaculatum se custodire ab hoc saeculo (Jak 1, 27) und immaculatum se ab hoc mundo custodierit (hom. in Jos. 16, 1) nahezu äquivalent gegenüber. Eine literarische Abhängigkeit ist also in jedem Fall anzunehmen (Kategorie A). 12 Siehe hierzu auch Luther, Sprachethik, 115, die in diesem Zug besondes die grammatikalische und semantische Kohärenz von Jak 1, 19–27 betont und dabei auch auf den ethischen Duktus der gesamten Passage aufmerksam macht. 13 Dies bestätigt Buchinger, Pascha, 136, mit Verweis auf den Epilog zu comm. in Rom.

134

Origenes

hier nicht ausgeschlossen werden, dass die Zuschreibung der Autorschaft an Jakobus als sekundär zu betrachten ist und nicht direkt auf Origenes zurückgeht. Weitere Hinweise auf den Verfasser des Jak ergeben sich aus hom. in Jos. 16, 1 und dessen Umfeld nicht. Jak 1, 17

fr. in Jo. 38, 17–19

17 πᾶσα

ὅτι δὲ τὰ τοῖς ἐπὶ γῆς ἀνθρώποις διδόμενα ἄνωθεν καὶ οὐράνιά ἐστιν, ὁ Ἰακωβος γράφει· Πᾶσα δόσις ἀγαθὴ καὶ πᾶν δώρημα τέλειον ἄνωθέν ἐστι καταβαῖνον παρὰ τοῦ πατρὸς τῶν φώτων. GCS 10, 514, 17–19

δόσις ἀγαθὴ καὶ πᾶν δώρημα τέλειον ἄνωθέν ἐστιν καταβαῖνον ἀπὸ τοῦ πατρὸς τῶν φώτων, παρ᾽ ᾧ οὐκ ἒνι παραλλαγὴ ἢ τροπῆς ἀποσκίασμα. NA 28

17 Jede

gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk ist von oben, herabkommend vom Vater der Lichter, bei dem es keine Veränderung noch eines Wechsels Schatten gibt.

Dass aber das den Menschen auf der Erde Gegebene von oben und himmlisch ist, schreibt Jakobus: Jede gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk ist von oben, herabkommend vom Vater der Lichter.

Das Zitat von Jak 1, 17 14 in fr. in Jo. 38, 17–19 wird mit den Worten ὁ Ἰακωβος γράφει angekündigt. Während die Verlässlichkeit dieses Katenenfragments in Zweifel steht, 15 ist klar, dass es sich um einen Text aus der cäsarenischen Zeit des Origenes handelt. 16 Auch hier wird Jakobus als Autor des Jak bezeichnet, und eine genauere Beschreibung ist nicht möglich. Jak 5, 16

fr. in Prov. 28

16 ἐξομολογεῖσθε

Ὁ τὰ ἐνσπειρόμενα ἐν καρδίᾳ αὐτοῦ ὑπὸ τοῦ πονηροῦ κακὰ μὴ ἐξαγγέλλων αὐτὰ Κυρίῳ τῷ θεῷ ἢ θεοφιλεῖ ἀνθρώπῳ, οὐκ εὐοδωθήσεται ἐν τῇ κατὰ τοῦ πονηροῦ νίκῃ· ὁ δὲ ἐξαγγέλλων ἀγαπηθήσεται ὑπὸ τοῦ θεοῦ καὶ τῶν ἀγγέλων αὐτοῦ· καὶ ὁ Ἰάκωβός φησιν· Ἀλλήλοις ἐξαγγέλλετε τὰ παραπτώματα ὑμῶν, ὅπως ἰαθῆτε· καὶ ὁ Ψαλμῳδὸς εἶπεν· Ἐξαγορεύσω κατ᾽ ἐμοῦ τὴν ἀνομίαν μου Κυρίῳ, καὶ σὺ ἀφῆκας τὴν ἀσέβειαν τῆς καρδίας μου. PG 17, 244, C 4

οὖν ἀλλήλοις τὰς ἁμαρτίας καὶ εὔχεσθε ὑπὲρ ἀλλήλων ὅπως ἰαθῆτε. Πολὺ ἰσχύει δέησις δικαίου ἐνεργουμένη. NA 28

16 Bekennt

nun einander eure Sünden und betet füreinander, auf dass ihr geheilt werdet! Viel vermag ein Gebet eines Gerechten, weil es wirksam ist.

Einleitend hierzu auch Elßner/Heither, Homilien des Origenes, 10. Generell und umfassend, allerdings in vielen Punnkten veraltet, hierzu Baehrens, Origeneshomilien. 14 Weiterführend hierzu siehe: 8.3.6. 15 Siehe hierzu Preuschen, Einleitung, LXI–LXXVI, der in diesem Zug auf willkürliche Ergänzungen durch die Katenenschreiber und die Problematik der indirekten Überlieferung von Originaltexten hinweist, die ihm gerade in diesem Fall als besonders virulent erscheint. 16 Siehe hierzu die Ausführungen zu fr. in Jo. 6, 19 unter 8.2.2.4.

Verfasser und Ansehen des Jak bei Origenes

135

Wer die in seinem Herzen vom Bösen eingesäten Übel nicht Gott dem Herrn oder einem gottliebenden Menschen meldet, wird keinen guten Fortgang haben im Sieg gegen das Böse: Wer sie aber meldet, wird geliebt werden von Gott und seinen Engeln: Auch Jakobus sagt: Meldet einander eure Sünden, auf dass ihr geheilt werdet. Und der Psalmist hat gesagt: Ich werde gegen mich meine Gesetzeslosigkeit Gott melden und du hast die Gottlosigkeit meines Herzens aufgelöst.

Die Rezeption von Jak 5, 16 (Kategorie A), die sich in dem Motiv, einander Sünden zu melden, um geheilt zu werden, zeigt, 17 wird hier mit Ἰακωβός φησιν eingeleitet. Obwohl es sich hier um ein Katenenfragment aus dem Kommentar zu den Sprichwörtern handelt, ist eine nachträgliche Einfügung der Zitateinleitung in Anbetracht des Kontextes unwahrscheinlich, da dem Zitat aus Jak ein weiteres aus den Psalmen folgt und damit das Zitat aus Jak für die Argumentation notwendig ist. Dazu gehört auch die Zitateinleitung.

8.2.2 Jak als Brief oder Schrift des Jakobus? Sechs weitere Texte nennen ebenfalls Jakobus als Autor des Jak. Zusätzlich wird dieser dort auch auch als Brief bzw. Schrift bezeichnet: hom. in Jos. 7, 1; fr. Apoc. 1; Jo. 19, 23, 152; fr. in Luc. 183; comm. in Rom. 4, 8 und fr. in Ps. 643. Zu fragen ist, inwieweit diese Texte als verlässlich einzustufen sind und ob sich aus dieser Zuschreibung weitere Erkenntnisse über das Ansehen des Jak bei Origenes gewinnen lassen. Dabei muss auch geklärt werden, was Origenes unter der Bezeichnung γραφή versteht. Per se ist damit noch keine autoritative Verwendung ausgedrückt 18 und auch kein kanonisches Ansehen im Hinblick auf das heutige Neue Testament impliziert, da Origenes beispielsweise auch den Hirt des Hermas als γραφή bezeichnet (philoc. 8). 19 Hom in Jos 7, 1 Sacerdotali tuba primus in Evangelio suo Matthaeus increpuit; Marcus quoque, Lucas et Johannes suis singuli tubis sacerdotalibus cecinerunt; Petrus etiam duabus epistolarum suarum personat tubis; Iacobus quoque et Iudas. Addit nihilo minus adhuc et Iohannes 17 Sprachlich ist die Übereinstimmung nicht ganz so deutlich: So begegnet nur ἀλλήλοις beide Male. Dennoch kann die inhaltliche Kongruenz und besonders auch die Einleitung überzeugen. Siehe hierzu auch Allison, James, 769–770. 18 Entgegen älterer Darstellungen wie Mußner, Jakobusbrief, 39; Popkes, Brief des Jakobus, 10. 19 Hiermit beschäftigt sich auch Nicklas, Apokryphen, 108.

136

Origenes

tuba canere per epistolas suas et Lucas Apostolorum gesta describens. Novissimus autem ille veniens, qui dixit „puto autem, nos Deus Apostolos novissimos ostendit“ et in quattuordecim epistolarum suarum fulminans tubis muros Hiericho et omnes idolatriae machinas et philosophorum dogmata usque ad fundamenta deiecit. GCS 30, 327–328 Als erster hat Matthäus in seinem Evangelium die Posaune des Priesters erschallen lassen; auch Markus, Lukas und Johannes haben jeweils mit ihren priesterlichen Posaunen geblasen; Petrus lässt auch mit zwei seiner Briefe die Posaunen laut erschallen; auch Jacobus und Judas. Es kommt hinzu, dass um nichts weniger außerdem auch Johannes durch seine Briefe mit der Posaune bläst und Lukas, indem er die Taten der Apostel beschreibt. Als letzter aber kommt jener, der sagt: „Ich glaube aber, dass Gott uns die Apostel als letzte gezeigt hat“ und, indem er in vierzehn seiner Briefe mit den Posaunen donnern ließ, stürzte er die Mauern von Jericho und alle Werkzeuge des Götzendienstes und die Lehrmeinung der Philosophen bis auf den Grund nieder.

Hom. in Jos. 7, 1 bietet keine Rezeption eines spezifischen Verses aus dem Jak, sondern eine Art Kanonliste. Der Wert dieser Passage liegt also darin, dass Jakobus als Autor eines Briefes bezeichnet wird, welcher gemeinsam mit dem Brief des Judas genannt wird und in einer Reihe mit zwei Briefen des Petrus, einer nicht näher definierten Anzahl an Briefen des Johannes sowie 14 Paulusbriefen, der Apostelgeschichte und den Evangelien von Matthäus, Markus, Lukas und Johannes steht. Damit ist der Jak auf gleicher Ebene mit diesen Schriften, mit Schriften, die heute alle Teil des Neuen Testaments sind, zu betrachten. Auch lässt sich eine Gruppierung erkennen: So werden die Evangelien als erstes und in Zusammenhang genannt, dem folgen die zwei Briefe des Petrus und schließlich Jak zusammen mit Jud. Damit steht der Jak den anderen genannten Briefen, was seine Wertschätzung anbelangt, in nichts nach. Doch auch diese Beobachtung hat nur dann Gültigkeit, wenn es sich hier nicht um eine Ergänzung durch den Übersetzer Rufin handelt, was auch schon Andreas Merkt vermutet. 20 Zwar ergibt die gesamte Passage, so wie sie vorgefunden wird, ein harmonisches Gesamtbild und ist der Jak hier kaum wegzudenken. Allerdings bleibt auch die Möglichkeit, dass Rufin die ganze Auflistung ergänzt hat, was trotz der von Rufin behaupteten Genauigkeit der Übersetzung der Josua-Homilien 21 durchaus möglich erscheint. Diese Überlegungen teilt auch Merkt. 22 Vgl. Merkt, 1. Petrus, 17–18. Siehe hierzu Buchinger, Pascha, 136, der auf einen Kommentar des Rufin hinweist, in dem Rufin selbst zum Ausdruck bringt, dass er die Homilien zum Buch Josua sehr originalgetreu übersetzt hat. 22 Vgl. Merkt, 1. Petrus, 17–18, der dabei auch die gesamte Problematik der Verlässlichkeit der Josua–Homilien mit in den Blick nimmt und weiterführende Hinweise liefert. Auch Nienhuis, Paul, 61, zweifelt an der Echtheit dieser Kanonliste. So ist mit Blick auf die Katholischen Briefe festzuhalten, dass Origenes diese zwar alle gekannt und höchst unterschiedlich benutzt hat. Umstritten bleibt, ob er diese je selbst in ihrer Gesamtheit in den Blick genommen hat, was 20 21

Verfasser und Ansehen des Jak bei Origenes

137

Mehr Licht in diesen Sachverhalt bringt ein Zitat aus dem Johanneskommentar des Origenes, das über Eusebius erhalten ist (h.e. 6, 25, 7–10; GCS 9/1, 334) 23 und eine Auflistung kanonischer Schriften enthält. Dieses gibt zunächst Grund zu Bedenken, ob, zumindest in der Zeit, in der Origenes diese Schrift abgefasst hat, der Jak Teil seines neutestamentlichen Kanons war: 7 καὶ ἐν τῷ πέμπτῳ δὲ τῶν εἰς τὸ κατὰ Ἰωάννην Ἐξηγητικῶν ὁ αὐτὸς ταῦτα περὶ τῶν ἐπιστολῶν τῶν ἀποστόλων φησίν· ‚[…] Παῦλος […], οὐδὲ πάσαις ἔγραψεν αἷς ἐδίδαξεν ἐκκλησίαις, ἀλλὰ καὶ αἷς ἔγραψεν, ὀλίγους στίχους ἐπέστειλεν. 8 Πέτρος δέ, ἐφ’ ᾧ οἰκοδομεῖται ἡ Χριστοῦ ἐκκλησία, ἧς πύλαι Ἅιδου οὐ κατισχύσουσιν, μίαν ἐπιστολὴν ὁμολογουμένην καταλέλοιπεν, ἔστω δὲ καὶ δευτέραν· ἀμφιβάλλεται μένην καταλέλοιπεν, ἔστω δὲ καὶ δευτέραν· ἀμφιβάλλεται γάρ. 9 τί δεῖ περὶ τοῦ ἀναπεσόντος ἐπὶ τὸ στῆθος λέγειν τοῦ Ἰησοῦ, Ἰωάννου, ὃς εὐαγγέλιον ἓν καταλέλοιπεν, […]ἔγραψεν δὲ καὶ τὴν Ἀποκάλυψιν […]10 καταλέλοιπεν καὶ ἐπιστολὴν πάνυ ὀλίγων στίχων, ἔστω δὲ καὶ δευτέραν καὶ τρίτην· ἐπεὶ οὐ πάντες φασὶν γνησίους εἶναι ταύτας· πλὴν οὔκ εἰσινστίχων ἀμφότεραι ἑκατόν.‘ GCS 9/1, 334

7 Im fünften Buch seines Kommentars zum Johannesevangelium äußert sich Origenes über die Briefe der Apostel: ‚[…] Paulus […] schrieb keineswegs an alle Gemeinden, die er unterwiesen hatte, ja er richtete auch an die, welchen er schrieb, nur einige Zeilen. 8 Petrus, auf den die Kirche Christi gebaut ist, welche von den Toren der Hölle nicht überwältigt werden wird, hat nur einen allgemein anerkannten Brief hinterlassen. Er mag noch einen zweiten hinterlassen haben, doch wird derselbe bezweifelt. Johannes endlich, der an der Brust Jesu gelegen, hinterließ ein Evangelium […]. Er schrieb die Apokalypse […]. 10 Auch hinterließ er einen Brief von ganz wenigen Zeilen. Auch von einen zwiten und dritten Brief mag er geschrieben haben, dieselben werden jedoch nicht allgemein als echt anerkannt. Beide Briefe zählen indes keine hundert Zeilen.‘ Übersetzung: Merkt, 1. Petrus, 17

Hier zählt Origenes zu den Katholischen Briefen sicher nur 1 Petr und 1 Joh. Während 2 Petr sowie 2–3 Joh als unsicher galten, fehlt von Jak jede Spur. So bleibt weiterhin zu fragen, ob Origenes wirklich wenige Jahre später, in den Homilien zu Josua (hom. in Jos. 7, 1), jetzt auch den Jak (neben zwei Briefen des Petrus, einem des Judas sowie „Briefen“ des Johannes) als kanonische Schrift betrachtet oder von einer Ergänzung durch den Übersetzer Rufin ausgegangen werden muss. 24 Auch wenn dies letztendlich offen bleiben muss, ergibt sich eine interessante Frage: Lässt sich ein Zeitpunkt nach der Abfassung des Johanneskommentars und (eventuell) vor den Josua-Homilien markieren, auch Grünstäudl, Was lange währt, 80–81; Grünstäudl, Petrus Alexandrinus, 66, in Frage stellt und für weiterführende Hinweise auf Norelli, Lettere Cattoliche, besonders 459–464, verweist. 23 Zur Echtheitsfrage dieses Zitates siehe Grünstäudl, Petrus Alexandrinus, 53–54. 24 Vgl. erneut Merkt, 1. Petrus, 17–18 und die vorangehenden Beobachtungen zur Verlässlichkeit der Josua-Homilien.

138

Origenes

an dem Origenes den Jak kennengelernt und als Teil eines sich einer zunehmend stabilen Gestalt annähernden Neuen Testaments schätzen gelernt hat? Könnte dieser Punkt in Zusammenhang mit seinem Wechsel von Alexandrien nach Caesarea 25 stehen? In Anbetracht der Faktenlage wäre dies zumindest denkbar. Bei aller Unsicherheit kann als sicher angenommen werden, dass der Jak Origenes trotz seiner zunächst spärlichen Verwendung 26 wenigstens ab einem bestimmten Punkt nützlich erschien. 27 Eine Entscheidung kann zu diesem Zeitpunkt noch nicht getroffen werden. Damit ist aber auch klar, dass das Fundament, auf dem der Jak bei Origenes stand, nicht von Anfang an stabil war. 28 fr. Apoc. 1 ἐν γοῦν ταῖς ἐπιστολαῖς αἷς γράφουσιν […] προτάττουσι τοῦτο αὐτό. και γοῦν ὁ Ἰάκωβος καὶ Παῦλος καὶ οἱ λοιποὶ συμφώνως πράττουσι τὸ αὐτό. fr. Apoc. 1, TU 38, 3, 21, 9 In den Briefen jedenfalls, die sie schreiben, stellen sie […] genau dies 29 voran. Zumindest auch Iakobus und Paulus und die Übrigen machen übereinstimmend dasselbe.

In fr. Apoc. 1, das bisher für die Frage nach der frühen Rezeptionsgeschichte des Jak noch keine Berücksichtigung fand, ist es ähnlich: Ein konkreter Vers aus dem Jak findet sich hier nicht, sondern Jakobus wird als Verfasser eines Briefes genannt. Mit der Formulierung ἐν γοῦν ταῖς ἐπιστολαῖς wird deutlich, dass der Jak Brief wie alle anderen Briefe ist, welche aber nicht explizit beim Namen genannt werden. Dennoch lässt der weitere Kontext darauf schließen, dass hier eine breite Gruppe von Briefen im Hintergrund steht. So werden Paulus und Jakobus zusammen als Autoren und noch eine Gruppe der „Übrigen“ genannt. Durch die namentliche Nennung von Paulus und Jakobus wirken die Briefe dieser Autoren gegenüber der Gruppe der „Übrigen“ hervorgehoben, was im Umkehrschluss dem Jak eine besondere Bedeutung gegenüber den „übrigen“

25 Mit Buchinger, Pascha, 54, lässt sich der endgültige Wechsel nach Cäsarea wohl auf das Jahr 233 datieren. Ähnlich bei Nautin, Origène, 368. Mit den alexandrinischen Bezügen des Origenes befasst sich ausführlich Le Boulluec, Alexandrie. 26 Hierfür sprechen auch die Rezeptionen, die sich eindeutig einem Vers aus dem Jak zuordnen lassen, bei denen Origenes jedoch nicht explizit darauf aufmerksam macht. 27 Dies stellt Nienhuis, Paul, 57–60; 62–63, exemplarisch dar und hebt dabei auch hervor, worin der Nutzen des Jak für Origenes besteht: Mittels des Jak konnte er antinomistischen Paulusauslegungen entgegenwirken, was u. a. auch ein intertextuelles Lesen apostolischer Schriften zur Folge hatte, welches sich hauptsächlich an dem Versuch, die Lehre des Paulus von der „Rechtfertigung durch Glauben“ auszubalancieren, äußert. Damit schafft Origenes die Möglichkeit einer antimarcionistischen Auslegung von Paulus. 28 Wofür auch die Beobachtung spricht, dass der Jak bei Origenes noch nicht die Autorität hatte, um die spätere Sammlung der Katholischen Briefe anzuführen, wie Nienhuis, Paul, 63, bemerkt. 29 Hiermit ist die Gottesfurcht gemeint, die im vorausgehenden Text beschrieben wird.

Verfasser und Ansehen des Jak bei Origenes

139

Briefen einräumt. Außerdem könnte daraus gefolgert werden, dass Origenes den Jak gleichwertig mit den Paulusbriefen betrachtet. Wermutstropfen in diesem Fall ist jedoch, dass es sich bei vorliegendem Text um ein Fragment aus dem Scholienkommentar des Origenes zur Apokalypse des Johannes handelt, das in einer Handschrift aus dem zehnten Jahrhundert erhalten ist und dessen Verlässlichkeit angezweifelt werden kann. 30 Dennoch spricht für die Authentizität, dass es hier durchaus Sinn macht, dass Jakobus zusammen mit Paulus genannt wird. Die Textstelle hätte nicht zwingend diese Verbindung beinhalten müssen, d. h. es wäre nicht aufgefallen, hätte Jakobus hier gefehlt und zur Gruppe der „Übrigen“ gezählt. Jak 1, 12–14

comm. in Mt. 13, 24

12 beatus

et vere quaedam scandala ex nobis ipsis nascuntur, sicut ait Iacobus in epistola sua: „deus neminem temptat, sed unusquisque temptatur in concupiscentiis suis“, quaedam extrinsecus veniunt vel ab extraneis vel a proximis, de quibus praesens loquitur sermo. GCS 40, 245

vir qui suffert temptationem quia cum probatus fuerit accipiet coronam vitae quam repromisit. 13 nemo cum temptatur dicat quoniam a Deo temptor Deus enim intemptator malorum est ipse autem neminem temptat 14 unusqisque vero temptatur a concupiscentia sua abstractus et inlectus. Vulgata 12 Μακάριος

ἀνὴρ, ὅς ὑπομένει πειρασμόν, ὅτι δόκιμος γενόμενος λήμψεται τὸν στέφανον τῆς ζωῆς, ὃν ἐπηγγείλατο τοῖς ἀγαπῷσιν αὐτόν. 13 Μηδεὶς πειραζόμενος λεγέτω, ὅτι ἀπὸ θεοῦ πειράζομαι· ὁ γὰρ θεὸς ἀπείραστός ἐστιν κακῶν, πειράζει δὲ αὐτὸς οὐδένα. 14 Ἕκαστος δὲ πειράζεται ὑπὸ τῆς ἰδίας ἐπιθυμίας ἐξελκόμενος καὶ δελεαζόμενος· NA 28

Und wirklich entstehen einige Verführungen aus uns selbst, wie Jakobus in seinem Brief sagt: „Gott versucht keinen, sondern jeder einzelne wird versucht in seinen eigenen Begierden“; einige kommen von außen oder von Fremden oder von den Nächsten, über welche die vorliegende Rede spricht.

12 Selig

(der) Mann, der erduldet eine Versuchung, weil er, ein Erprobter geworden, empfangen wird den Kranz des Lebens, den er (sc. Gott) zusagte den ihn Liebenden.

30 Grundlegend befassen sich mit dieser Schrift Diobouniotis/Harnack, Scholien-Kommentar, 1–3, die auf die mangelnde Sorgfalt des Abschreibers hinweisen, was dazu geführt hat, dass unterschiedliche Teile nachweislich miteinader vermischt worden sind. Dennoch plädieren beide Autoren für die Akkuratheit der Scholien an sich.

140

Origenes

13 Keiner,

der versucht wird, soll sagen: „Von Gott werde ich versucht.“ Denn Gott wird nicht versucht vom Bösen und versucht selbst (auch) keinen. 14 Jeder aber wird versucht von (seiner) eigenen Begierde, fortgezerrt und geködert.

Mit den Worten ait Iacobus in epistola sua wird einerseits ein Zitat aus Jak 1, 14 (Kategorie A) eingeleitet, das auch Anklänge zu Jak 1, 12.13 31 liefert, andererseits wird auch hier Jakobus die Autorschaft des Jak zugeschrieben. Wie bei hom. in Jos. 16, 1 ist nicht auszuschließen, dass Rufin die Einleitung in seiner Übersetzung hinzugefügt hat. Denn gerade im Fall des Matthäuskommentars ist klar, dass Rufin das Original deutlich überarbeitet hat. 32 Jak 1, 17

fr. in Jo. 6, 19

17 πᾶσα

ὅπερ ἡγοῦμαι εἰρῆθαι ὑπὸ τῆς γραφῆς „Πᾶσα δόσις ἀγαθὴ καὶ πᾶν δώρημα τέλειον ἄνωθέν ἐστι, καταβαῖνον ἀπὸ τοῦ πατρὸς τῶν φώτων. τὸ θεολογούμενον γὰρ φῶς ἦν τὸ φῶς τὸ ἀληθινὸν, ὃ φωτίζει πάντα ἄνθρωπον ἐρχόμενον εἰς τὸν κόσμον.“ GCS 10, 488

δόσις ἀγαθὴ καὶ πᾶν δώρημα τέλειον ἄνωθέν ἐστιν καταβαῖνον ἀπὸ τοῦ πατρὸς τῶν φώτων, παρ᾽ ᾧ οὐκ ἒνι παραλλαγὴ ἢ τροπῆς ἀποσκίασμα. NA 28

17 Jede

gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk ist von oben, herabkommend vom Vater der Lichter, bei dem es keine Veränderung noch eines Wechsels Schatten gibt.

Das ist es, glaube ich, was von der Schrift gesagt wird: „Jede gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk ist von oben, herabkommend vom Vater der Lichter. Das von den Theologen gelehrte Licht war nämlich das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, als es in die Welt kam“.

Mit den Worten ὅπερ ἡγοῦμαι εἰρῆσθαι ὑπὸ τῆς γραφῆς leitet dieses Fragment aus dem Johanneskommentar des Origenes, das als authentisch beurteilt werden kann, 33 über in ein Zitat aus Jak 1, 17, einen Vers, der mehrfach bei Origenes begegnet, u. a. auch in einem weiteren Fragment aus dem Johannes31 Dies zeigt sich an der Formulierung unusquisque temptatur in concupiscentiis suis und dem damit verbundenen Motiv der Versuchung von der Begierde. Eine ausführliche Exegese bietet Allison, James, 225–250, woraus deutlich wird, dass gerade Jak 1, 12–15 auch einen jüdischen Hintergrund hat, wobei es sich besonders bei dem Motiv von der Versuchung eines jeden um eine Besonderheit des Jak handelt. 32 Einleitungsfragen hierzu beantwortet in gewohnter Manier zuverlässig Buchinger, Pascha, 357–358. 33 Hierfür spricht die inhaltliche Kontingenz, die sich innerhalb dieses Abschnitts feststellen lässt. Wenn, dann müsste die ganze Passage ergänzt worden sein, was wiederum nicht als wahrscheinlich anzusehen ist. Einleitende Fragen hierzu beantwortet Preuschen, Einleitung, LXI–LXXVI.

Verfasser und Ansehen des Jak bei Origenes

141

kommentar (fr. in Jo. 38, 17–19), 34 und als spezifisch für den Jak bezeichnet werden kann. Dabei ist der erste Teil von Jak 1, 17 mit dem Motiv vom Vater der Lichter, von dem alles Gute kommt, welches auch in den vorangehenden Zeilen angedeutet wird, 35 vollständig in fr. in Jo. 6, 19 enthalten. 36 Die Einleitung dieses Fragments mit den Worten ὅπερ ἡγοῦμαι εἰρῆθαι ὑπὸ τῆς γραφῆς sagt zunächst nichts über die Autorität des Jak oder dessen kanonisches Ansehen aus. Auch lässt sich darin nicht zwangsläufig eine Zurückhaltung des Origenes gegenüber einer Titulierung des Jak als γραφή ablesen, wovon beispielsweise Nienhuis ausgeht, 37 oder dass Origenes Zweifel an einzelnen, nicht näher definierten Inhalten des Jak gehegt hat. Vielmehr erscheint es möglich, dass Origenes sich zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Fragments nicht sicher war, woher dieses Zitat stammt. 38 Interessant hierbei ist, dass Origenes den Johanneskommentar bereits in seiner Zeit in Alexandrien begonnen und dann ab ca. 233 in Cäsarea weitergeführt hat. Die Teile des Johanneskommentars (Buch 1–5), die er in Alexandrien abgefasst hat, sind weitgehend verloren und nur mehr fragmentarisch erhalten. 39 Ziemlich sicher fällt aber fr. in Jo. 6, 19 in die vorcäsarenische Zeit. 40 Daraus lässt sich eine weitere Beobachtung gewinnen: Rezeptionen des Jak aus dem Wirken des Origenes in Alexandrien sind spärlich und bleiben weitgehend unterschwellig. Gerade die Zitateinleitung von fr. in Jo. 6, 19 zeigt, dass der Jak Origenes wohl noch nicht bekannt genug war, als dass er ihn sicher zitieren konnte. Dem stehen die Rezeptionen aus der cäsarenischen Zeit gegenüber, in

34 Siehe hierzu die ausführlichen Erläuterungen bei 8.3.6, in denen auch ausführlich auf Jak 1, 17 und die zentrale Motivik, dass jede gute Gabe vom Vater der Lichter herabkommt, eingegangen wird. 35 So ist der ganze vorangehende Abschnitt geprägt von der Metaphorik des Lichtes, was auch in den einleitenden Worten der Rezeption von Jak 1, 17 ersichtlich wird mit der Verwendung des Syntagmas ὅπερ. 36 Dies kann mit der Formulierung Πᾶσα δόσις ἀγαθὴ καὶ πᾶν δώρημα τέλειον ἄνωθέν ἐστι, καταβαῖνον ἀπὸ τοῦ πατρὸς τῶν φώτων belegt werden. 37 Siehe hierzu Nienhuis, Paul, 56, der darauf hinweist, der Jak sei zur Zeit des Origenes noch „in its early use and was not fully authoritative“. 38 Einleitungsfragen hierzu sind zuverlässig beantwortet bei Buchinger, Pascha, 54–55, mit weiterführenden Literaturhinweisen. Zudem bei Thümmel, Einleitung, 1–21; besonders 4–5. 39 Grundlegend hierfür ist der Prolog des Johanneskommentars zu Buch 6, in dem Origenes über seinen Umzug nach Palästina spricht (Jo. 6, 1–2, SC 157, 128–1379). Weiterführend hierzu Buchinger, Pascha, 54, der u. a. eine Datierung des gesamten Johanneskommentars vor 237 als Missverständnis entlarvt. So wird hierin auch klar, dass von den aus der Zeit in Alexandrien abgefassten Teilen des Johanneskommentars nur mehr Buch 1 und 2 zusammenhängend überlierfert sind. Nautin, Origène, 368–371; Crouzel, Origen, 24; 39. 40 Dies lässt sich daraus ableiten, dass Origenes hier Joh 1, 8 auslegt und die Kommentierung des Johannesevangeliums in Caesarea in Buch 6 mit Joh 1, 19 beginnt. Siehe hierzu Jo. 6, 13 (SC 157, 138).

142

Origenes

denen Origenes teilweise explizit Bezug zum Jak nimmt, auch in Form von klaren Zitateinleitungen. Jak 2, 14.17.20.26

Jo. 19, 23, 152

14 Τί

εἰ δὲ ὁ μὴ πιστεύων, ὅτι Ἰησοῦς ὁ χριστός ἐστιν, ἀποθανεῖται ἐν ταῖς ἁμαρτίαις ἑαυτοῦ, δῆλον ὅτι ὁ μὴ ἀποθνήσκων ἐν ταῖς ἁμαρτίαις αὐτοῦ πεπίστευκεν τῷ χριστῷ, ὁ δὲ ἀποθνήσκων ἐν ταῖς ἁμαρτίαις ἑαυτοῦ, κἂν λέγῃ πιστεύειν τῷ χριστῷ, ὡς πρὸς τὸ ἀληθὲς οὐ πεπίστευκεν αὐτῷ· ἐὰν δὲ λέγηται μὲν πίστις, χωρὶς δὲ ἔργων τυγχάνῃ, νεκρά ἐστιν ἡ τοιαύτη, ὡς ἐν τῇ φερομένῃ Ἰακώβου ἐπιστολῇ ἀνέγνωμεν. GCS 10, 325

τὸ ὄφελος, ἀδελφοί μου, ἐὰν πίστιν λέγῃ τις ἔχειν ἔργα δὲ μὴ ἔχῃ; μὴ δύναται ἡ πίστις σῶσαι αὐτόν; 17 οὕτως καὶ ἡ πίστις, ἐὰν μὴ ἔχῃ ἔργα, νεκρά ἐστιν καθ᾽ ἑαυτήν. 20 Θέλεις δὲ γνῶναι, ὦ ἄνθρωπε κενέ, ὅτι ἡ πίστις χωρὶς τῶν ἔργων ἀργή ἐστιν; 26 ὥσπερ γὰρ τὸ σῶμα χωρὶς πνεύματος νεκρόν ἐστιν, οὕτως καὶ ἡ πίστις χωρὶς ἔργων νεκρά ἐστιν. NA 28 14 Was

(ist) der Nutzen, meine Brüder, immer wenn einer sagt, Glauben zu haben, Werke aber nicht hat? Kann der Glaube ihn etwa retten? 17 So ist auch der Glaube, immer wenn er nicht Werke hat, tot in sich selbst. 20 Willst du nun erkennen, (du) leerer Mensch, dass der Glaube ohne die Werke unnütz ist? 26 Denn wie der Leib ohne den Geist tot ist, so ist auch der Glaube ohne Werke tot.

Wenn aber einer, der nicht glaubt, dass Jesus der Gesalbte ist, in seinen eigenen Sünden stirbt, ist es offensichtlich, dass einer, der nicht stirbt in seinen Sünden, an den Gesalbten geglaubt hat; der aber stirbt in seinen eigenen Sünden, auch wenn er behauptet, an den Gesalbten zu glauben, ist offensichtlich, dass (der) in Wahrheit nicht an ihn geglaubt hat: Wenn nun der Glaube behauptet wird, er aber ohne Werke ist, ist ein solcher (Glaube) tot, wie wir in dem überlieferten Brief des Jakobus lesen.

Mit der Formulierung ὡς ἐν τῇ φερομένῃ Ἰακώβου ἐπιστολῇ ἀνέγνωμεν zeigt Origenes, dass Jakobus der Autor eines Briefes ist, nämlich des Jak und dass nachfolgender Text Teil daraus ist (Kategorie A). Neben der Klassifizierung als Brief des Jakobus mit der Formulierung ὡς ἐν τῇ φερομένῃ Ἰακώβου ἐπιστολῇ ἀνέγνωμεν liefert das so angekündigte Zitat aus dem Jak (Kategorie A) auch Informationen über den Stellenwert des Jak bei Origenes. Zunächst ist festzuhalten: Wörtliche Übereinstimmungen konzentrieren sich auf Termini um den Begriff πίστις und vor allem auf die Formulierung πίστις, χωρὶς δὲ ἔργων νεκρά ἐστιν aus Jak 2, 26. Das Syntagma πίστις χωρίς begegnet auch in Jak 2, 20, sonst kein weiteres Mal im Neuen Testament. Indem Origenes hier zentrale theologische Kernaussagen des Jak für seine Argumentation benutzt und auch unmissverständlich klar macht, dass ihm deren Herkunft bewusst ist, stellt er sich auch inhaltlich hinter den Jak, was wiederum keinerlei Bedenken gegen-

Verfasser und Ansehen des Jak bei Origenes

143

über dessen Autorität wach werden lässt. Gerade bei dem Motiv vom Glauben, der ohne Werke tot ist, handelt es sich um ein eindeutiges Spezifikum des Jak. Wie wichtig dies für den Jak ist, lässt sich auch daran erkennen, dass nicht nur Jak 2, 26 diese Metaphorik verwendet, sondern diese ebenfalls in Jak 2, 14.17.20 anklingt. 41 Jo. 19, 23, 152 zeigt, dass Origenes hier den Jak ganz klar vor Augen hatte, ihn anerkannte und dieser ihm nützlich erschien im Johanneskommentar, einem seiner zentralen Werke. 42 Weiter wird in der Einleitung klargestellt, dass Jakobus der Autor des Jak ist. Dabei wird der Jak mit ἐπιστολή dem Genre der Briefliteratur zugeordnet. Für Diskussionen sorgt die Verwendung des Partizips φερομένῃ. So sehen Meyer und Popkes hierin einen Beleg dafür, dass sich der Jak zu dieser Zeit schon im Umlauf befand. 43 Allerdings ist auch eine Übersetzung mit „überliefert“ oder „sogenannt“ möglich. 44 Erkenntnisse über die Akzeptanz des Jak lassen sich daraus aber nicht gewinnen. 45 Ebensowenig spricht die gesamte Zitateinleitung von Jo. 19, 23, 152 für eine Zurückhaltung des Origenes dem Jak gegenüber 46 oder sie spricht dafür, dass Origenes sich der Probleme, die der Jak in seiner Anerkennung hatte, bewusst war. Vielmehr wird wahrscheinlich damit ausgesagt, dass Origenes den Jak zwar zu kennen scheint, aber sich nicht sicher ist, woher das Zitat stammt. Mit diesem Beispiel aus einem hinsichtlich der Überlieferungssituation unumstrittenen Werk des Origenes kann nun mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass Origenes selbst in Jakobus den Autor des Jak sieht, den er gleichzeitig als Brief bezeichnet. Damit wird auch in allen anderen vorangehenden Passagen, die Grund zum Zweifel liefern, ob es sich dabei wirklich um die Sichtweise des Origenes handelt oder nicht doch um eine nachträgliche Ergänzung, wahrscheinlicher, dass die Inhalte tatsächlich ursprünglich sind. Jak 4, 3

fr. in Luc. 183

3 αἰτεῖτε

τῷ δὲ μὴ οὕτω προσιόντι λεκτέον· οὐ προσῆλθες αὐτῷ, ὡς προετρέψατο, ὃ φανερώτερον ποιῶν Ἰάκωβος γράφων τὴν ἐπιστολήν φησιν· „τινὲς δοκοῦντες

καὶ οὐ λαμβάνετε, διότι κακῶς αἰτεῖσθε, ἵνα ἐν ταῖς ἡδοναῖς ὑμῶν δαπανήσητε. NA 28

41 Eine ausführliche Exegese zu den Versen 14–26 und Einblick in ihre konkrete Gestalt liefern Allison, James, 496–508, und ebenfalls sehr ausführlich Popkes, Brief des Jakobus, 208–214. 42 Konkret lässt sich Jo. 19.23 mit Joh 8, 24 in Verbindung bringen, einem Vers, in welchem Jesus klarstellt, dass jeder, der ihn nicht erkennt, in Sünde sterben wird. 43 Vgl. Meyer, Rätsel, 38–39, und Popkes, Brief des Jakobus, 10. 44 Zu den Übersetzungsvarianten siehe auch Lampe, Patristic Greek Lexicon, 1473. Eine Zusammenfassung bieten auch Maier, Brief des Jakobus, 24, und Mußner, Jakobusbrief, 39. 45 Diese Ansicht ist auch vertreten bei Dibelius, Brief des Jakobus, 75. 46 Nienhuis, Paul, 55–56, hält eine Zurückhaltung für möglich, aber nicht zwangsweise für notwendig. In eine ähnliche Richtung tendieren Schnider, Jakobusbrief, 19, und JacksonMcCabe, Politics, 606–607.

144

Origenes

3 ihr

bittet und ihr empfangt nicht, weil ihr schlecht bittet, um es in euren Lüsten zu verschwenden.

αἰτεῖν οὐ λαμβάνουσι, κακῶς αἰτούμενοι ἡδονῶν ματαίων ἕνεκα“. ἀλλ᾽ ἐρεῖ τις· καὶ μὴν ὑπὲρ γνώσεως θείας καὶ ἀναλήψεως ἀρετῶν αἰτούμενοί τινες οὐ λαμβάνοσιν. GCS 49, 303

Dem, der sich nicht so nähert, muss gesagt werden: Nicht hast du dich ihm so genähert, wie er sich (dir) zugewandt hat, was Jakobus deutlicher macht, als er seinen Brief schreibt und sagt: „Einige, die zu bitten scheinen, empfangen nicht, weil sie schlecht bitten eitler Lüste wegen.“ Aber es wird einer sagen: Und doch empfangen einige nicht, obwohl sie für göttliche Erkenntnis und Aufnahme der Tugenden bitten.

Auch fr. in Luc. 183 weist darauf hin, dass Jakobus Autor eines Briefes ist (Ἰακωβος γράφων τὴν ἐπιστολήν φησιν). Bei dem damit verbundenen Zitat handelt es sich um Jak 4, 3. 47 Wie in Jo. 19, 23, 152 wird hier auch noch ausgesagt, dass es sich um einen Brief handelt, den Jakobus geschrieben hat. Da auch hier nur ein Fragment vorliegt, 48 kann nicht sichergestellt werden, dass das Zitat von Jak 4, 3 auch im Original so eingeleitet worden ist. Mit Blick auf das vorangehende Beispiel ist dies aber dennoch wahrscheinlich. Jak 4, 4

comm. in Rom. 4, 8

4 adulteri

Nec solus haec Paulus in suis litteris scribit; audi et Iacobum fratrem Domini similia protestantem cum dicit: Qui uoluerit amicus esse saeculi huius inimicus Dei constituitur. SC 539, 286

nescitis quia amicitia huius mundi inimica est Dei quicumque ergo voluerit amicus esse saeculi huius inimicus Dei consituitur Vulgata

4 μοιχαλίδες,

οὐκ οἴδατε, ὅτι ἡ φιλία τοῦ κόσμου ἔχθρα τοῦ θεοῦ ἐστιν; ὃς ἐὰν οὖν βουληθῇ φίλος εἶναι τοῦ κόσμου, ἐχθρὸς τοῦ θεοῦ καθίσταται. NA 28

Dies schreibt nicht nur Paulus in seinen Briefen; höre auch Jakobus, den Bruder des Herrn, der Ähnliches bezeugt, wenn er sagt: „Wer ein Freund der Welt sein will, der steht als Feind Gottes da“. adapt. FC 2/2, 253

47 Sprachlich begegnet die Formulierung αἰτεῖτε καὶ οὐ λαμβάνετε, διότι κακῶς αἰτεῖσθε nahezu identisch in fr. in Luc. 183 und damit verbunden auch inhaltlich das Motiv vom Bitten und Empfangen, das von schlechtem Bitten verhindert wird. Näheres hierzu bietet Allison, James, 604–607. 48 Ausführlich dargestellt bei Rauer, Einleitung, VII–IX; XXXIV–LX.

Verfasser und Ansehen des Jak bei Origenes

145

4 Ihr

Ehebrecher, wisst ihr nicht, dass die Freundschaft mit der Welt Feindschaft gegen Gott ist? Wer also ein Freund der Welt sein will, macht sich zum Feind Gottes.

Mit den Worten Nec solus haec Paulus in suis litteris scribit; audi et Iacobum fratrem Domini similia protestantem cum dicit in comm. in Rom. 4, 8 wird deutlich, dass nachfolgender Text aus dem Jak stammt (Kategorie A), aber auch, dass Origenes in Jakobus den Urherber dieser Worte sieht. Im Unterschied zu den bisherigen Texten wird Jakobus hier mit den Worten fratrem Domini noch einmal näher definiert als Herrenbruder, womit eine eindeutige Zuordnung möglich ist. 49 Bedauerlicheweise handelt es sich hierbei um das einzige Textbeispiel, das diese Erläuterung beinhaltet. Weil es sich hier auch um eine Ergänzung durch den Übersetzer Rufin handeln kann, 50 bleibt fraglich, ob Origenes tatsächlich im Herrenbruder Jakobus den Verfasser des Jak sieht. 51 Könnte es deshalb auch möglich sein, dass für Origenes selbst der Zebedaide Jakobus, der im Vergleich zum Herrenbruder Jakobus zweimal in seinem Werk als Apostel Jakobus in Erscheinung tritt (Cels. 2, 45, 17, SC 132, 386; fr. in Ps. 124, PG 12, 1536 A), der Verfasser des Jak ist? Eine zuverlässige Antwort hierauf werden wir nicht liefern können. Weiter erweckt comm. in Rom 4, 8 keinesfalls den Eindruck, als behandle Origenes den Jak anders als die übrigen heute neutestamentlichen Schriften: Der Jak steht hier nicht nur in einer Reihe mit Paulus, sondern auch mit 1 Joh, 49 Dies greifen auch Nienhuis, Paul, 56; Allison, James, 14; Hartin, James, 8; Zahn, Grundriß, 43; Gowler, James, 6, auf. Die Möglichkeit einer nachträglichen Ergänzung wird in keiner dieser Studien in Erwägung gezogen. Eine genauere Definition des Herrenbruders Jakobus erlaubt die ausführliche Untersuchung bei McKnight, Letter, 16–38, der dabei auch deutlich macht, dass der Jak vor dem Tod des Herrenbruders Jakobus entstanden sein müsse, also vor 62 n. Chr., wenn wirklich der Herrenbruder Jakobus dessen Verfasser gewesen wäre. Vgl. ferner die Darlegungen bei Pratscher, Herrenbruder Jakobus, 29–48; Theißen, Intention, 55. 50 Dies halten auch Mußner, Jakobusbrief, 39, und Meyer, Rätsel, 484, für möglich. 51 Ohne Bezug zum Jak wird der Herrenbruder Jakobus auch in auch in comm. in Mt. 10, 17 erwähnt. Dies erlaubt jedoch keinen Rückschluss darauf, ob diese nähere Beschreibung als Herrenbruder in comm. in Rom. 4, 8 ursprünglich ist oder eine nachträgliche Ergänzung durch Rufin, ebensowenig auf die Frage, in welchem Jakobus Origenes tatsächlich den Verfasser des Jak sieht. Diese Position nehmen ebenfalls Nienhuis, Paul, 56, und Popkes, Brief des Jakobus, 10, ein. Nur Meyer, Rätsel, 40, schlägt eine andere Richtung ein. Er sieht in der Formulierung Ἰάκωβος δέ ἐστιν οὗτος, ὅν λέγει Παῦλος aus comm. in Mt. 10, 17 (GCS 40, 22) bestätigt, dass Jakobus der von Paulus in Gal 1, 19 genannte Herrenbruder sei, der dort auch als Apostel bezeichnet wird. Unabhängig davon, ob dieser Schluss richtig ist, kann damit nicht darauf geschlossen werden, dass Origenes auch im Herrenbruder Jakobus, der zugleich Apostel ist, den Verfasser des Jak sieht. Zweifel daran werden wach, trägt man der Tatsache Rechnung, dass Jak im weiteren Verlauf von comm. in Mt. 10, 17 nicht genannt wird, Origenes aber Aussagen über den Jud trifft. Weiterführend hierzu siehe auch Holtzmann, Einleitung, 339; Westcott, History, 359; Dibelius, Brief des Jakobus, 52, Anmerkung 4.

146

Origenes

woraus ein Zitat direkt im Anschluss folgt (1 Joh 2, 15 f.). Diese starke Verzahnung macht zwar unwahrscheinlich, dass das Zitat aus Jak grundsätzlich ergänzt worden ist, schließt aber dennoch eine Ergänzung des Attributes „Herrenbruder“ weiterhin nicht aus. Dennoch führt mit dem Römerbriefkommentar ein weiteres wichtiges Werk des Origenes die Reihe der Schriften weiter, die eindeutige Rezeptionen des Jak beinhalten, in denen auch Angaben über den Verfasser gemacht werden. Zudem spricht auch der Inhalt des Zitates, welches sich aufgrund der hohen sprachlichen Übereinstimmung 52 schnell mit Jak 4, 4 identifizieren lässt, für den hohen Stellenwert des Jak bei Origenes: Das Motiv von Freundschaft mit der Welt, die für Ehebrecherische zur Feindschaft gegen Gott werden kann, gilt als Spezifikum des Jak. 53 Also benutzt Origenes hier für seine Argumentation Material, das eindeutig auf den Jak zurückweist und nicht direkt auf eine dahinterliegende Tradition, die im Jak überliefert ist, wie bisher oft der Fall. Ein letztes Beispiel hilft vielleicht noch einen Schritt weiter: Jak 2, 26

fr. in Ps. 643

26 ὥσπερ

πνεῦμα δὲ ἡ γραφὴ ποτὲ μὲν τὴν διάνοιαν καλεῖ, ὡς ἐν τῷ σπουδάζειν εἶναι τὴν παρθένον ἁγίαν πνεύματι καὶ σώματι· ποτὲ δὲ τὴν ψυχὴν ὡς παρὰ Ἰακώβῳ· ὥσπερ δὲ τὸ σῶμα χωρὶς πνεύματος νεκρόν ἐστιν PG 12, 1300 B

γὰρ τὸ σῶμα χωρὶς πνεύματος νεκρόν ἐστιν, οὕτως καὶ ἡ πίστις χωρὶς ἔργων νεκρά ἐστιν. NA 28

26 Denn wie

der Leib ohne den Geist tot ist, so ist auch der Glaube ohne Werke tot.

Den Geist nennt die Schrift einmal das Denken, wie in dem Bemühen der Jungfrau, heilig zu sein an Geist und Leib; dann aber (nennt sie ihn) die „Seele“, wie bei Jakobus, gerade so wie der Leib ohne Geist tot ist.

Bei fr. in Ps. 643, das der caesarenischen Schaffensperiode des Origenes zuzurechnen ist, 54 handelt es sich wohl spannendste und zugleich wichtigste Beispiel in dieser Reihe, das weiterführende Beobachtungen erlaubt. Zunächst be52 Origenes zitiert beinahe wörtlich Jak 4, 4, lediglich die Pronomen unterscheiden sich: Während qui bei comm. in Rom. 4, 8, Verwendung findet, findet sich bei Jak 4, 4 quicumque. 53 Einen tieferen Blick bietet Allison, James, 610. 54 Dies lässt sich daran festmachen, dass Origenes hier Bezug auf Ps 30 nimmt, seine Psalmenkommentierung in Alexandrien aber wohl nur bis Ps 25 reicht, wie Eusebius (h.e. 6, 24; GCS 9/1, 570, 18–572, 12) berichtet, was auch Buchinger, Pascha, 37; Crouzel, Origen, 39– 41, und Nautin, Origène, 363–372, für ihre Chronologie der Werke des Origenes heranziehen und gleichermaßen zusammen mit weiteren Argumenten als weitgehend stimmig einstufen. Auch die Untersuchung von Perrone, Einleitung, 20–25, zu den 29 im Codex Monacensis Graecus 314 neu entdeckten Psalmenhomilien des Origenes liefert aussagekräftige Argumente, welche die Sichtweise von Eusebius weitgehend bestätigen. Grundsätzlich und umfassend

Verfasser und Ansehen des Jak bei Origenes

147

inhaltet es ein eindeutiges Zitat aus Jak 2, 26 (Kategorie A), was sich unschwer an der Formulierung ὥσπερ δὲ τὸ σῶμα χωρὶς πνεύματος νεκρόν ἐστιν erkennen lässt. Mit dem damit zum Ausdruck gebrachten Motiv vom Leib, der ohne Geist tot ist, wird hier ein Charakteristikum des Jak 55 aufgegriffen. Dies spricht für die große Wertschätzung dem Jak gegenüber, für die auch zwei weitere Argumente im Kontext in den Raum gestellt werden können: Die Zitateinleitung ὡς παρὰ Ἰακώβῳ ordnet nachfolgenden Text eindeutig dem Jak zu. Da deutlich wird, um welche Schrift es sich konkret handelt, kann hierin auch eine Wertschätzung gegenüber dem Jak gesehen werden. Zudem ist das Zitat aus Jak 2, 26 verknüpft mit einem Zitat aus 1 Kor 7, 34. Gerade dadurch wird wahrscheinlicher, dass es sich hier, obwohl Katenenfragmente ansonsten in ihrer Verlässlichkeit anzuzweifeln sind, nicht um eine nachträgliche Ergänzung handelt, da Jak 2, 26 sehr gut in die Gesamtargumentation des Abschnitts passt, geradezu davon nicht wegzudenken wäre. Hier ist außerdem zu bemerken, dass dieses mit den Worten ἡ γραφὴ ποτὲ μὲν τὴν διάνοιαν καλεῖ eingeleitet wird. Damit wird 1 Kor als Schrift bezeichnet. In diesem Fall erlaubt es der Kontext aber auch, dieses Attribut auf den Jak zu übertragen, d. h. sowohl 1 Kor als Jak zählten für Origenes als „Schriften“. Eine genauere Definition, was Origenes unter „Schrift“ versteht, liefert diese Textpassage nicht, allerdings wird damit zum Ausdruck gebracht, dass Jak in gleicher Weise Schrift war wie 1 Kor und dass beide Schriften auf gleicher Ebene standen. Dies kann zudem als Beleg für das „kanonische Ansehen“ des Jak bei Origenes ab seiner Zeit in Caesarea 56 betrachtet werden. 57 Obwohl Origenes den Begriff des neutestamentlichen Kanons noch nicht explizit eingeführt hat, spricht gerade die Titulierung γραφή in diesem Zusammenhang für ein „kanonisches Ranking“ von Schriften bei Origenes und dafür, dass er damit eine konkrete Schriftensammlung im Blick hat. Dies bestätigen auch die Beobachtungen zu einem weiteren, bereits in anderem Zusammenhang dargestellten Zitat aus dem Johanneskommentar des Origenes, welches über Eusebius überliefert ist (h.e. 6, 25, 7–10; GCS 9/1, 334). 58 beschäftigt sich Mühlenberg, Überlieferung, 441–451, mit der Überlieferungsproblematik der Studien des Origenes zu den Psalmen. 55 Dies ist ausführlich dargelegt bei Allison, James, 506–508, und Mußner, Jakobusbrief, 151, woraus beide Male hervorgeht, dass der Grundgedanke Wurzeln im Alten Testament hat, aber die Ausführung durch Jak gerade in Kombination mit dem zweiten Teil des Verses einzigartig ist. 56 Die vermeintlich aus der Wirkenszeit in Alexandrien stammenden Rezeptionen des Jak enthalten keine derartigen Hinweise oder Qualifikationen des Jak. 57 Nur Mußner, Jakobusbrief, 38, sieht noch diese Verbindung und schließt auf eine „ähnliche“ kanonische Wertschätzung des Jak wie des 1 Kor. In weiteren Untersuchungen wird diese Belegstelle teils völlig übergangen, teils nur erwähnt und nicht diskutiert. Vgl. etwa Ropes, James, 92, und Allison, James, 14 Anmerkung 57, zeigen. 58 Siehe hierzu die Anmerkungen bei 8.2.1.

148

Origenes

8.2.3 Apostolische Verfasserschaft? Darüber hinaus wird die Verfasserangabe bei comm. in Rom. 4, 8; 9, 24; hom. in Ex. 3, 3; 8, 4; hom. in Lev. 2, 4; 11, 3; 13, 2; hom. in Jos. 10, 2; hom. in Ps. 4, 2; fr. in Jo. 126, 13–14 mit dem Titel „Apostel“ ergänzt. Damit wird suggeriert, dass der Apostel Jakobus Autor des Jak ist, aber auch, dass der Jak apostolischen Ursprungs ist, was eine Aussage über dessen (kanonische) Wertigkeit beinhalten würde. Für Autoren wie Meyer ist hiermit der Beleg dafür gegeben, dass Origenes dem Jak apostolische Verfasserschaft beimisst. 59 Allerdings lässt der Umstand, dass neun dieser zehn Texte 60 aus Werken, die nur mehr in ihrer lateinischen Fassung überliefert sind und dass es sich bei dem einzigen griechischen Beispiel um ein Fragment aus einer Katenenüberlieferung handelt (fr. in Jo. 126, 13–14), Zweifel aufkommen, ob diese Qualifizierung tatsächlich auf Origenes selbst zurückgeht oder ob es sich dabei nicht um eine nachträgliche Ergänzung handelt. 61 Hierfür spricht auch das Verhältnis derjeniger noch griechisch erhaltener Passagen, in denen Jakobus als Autor des Jak bezeichnet wird: So sind von den elf Beispielen nur vier in einer Übersetzung erhalten und der Rest zumindest auf Griechisch. Auch wenn dies nur ein schwaches Argument darstellt, ist es dennoch als Indiz zu werten. Wiederum kann aber auch die nicht zu vernachlässigende Zahl von elf Texten, die eine solche Qualifizierung beinhalten, wenn auch nur als schwaches, dennoch aber als grundsätzliches Argument dafür gewertet werden, dass Origenes tatsächlich im Apostel Jakobus den Verfasser des nach ihm benannten Briefes sieht. Weiteren Aufschluss hierüber kann eine Detailuntersuchung geben. Auch muss geklärt werden, ob sich grundsätzliche Rückschlüsse über das Verständnis von Jakobus als Apsotel bei Origenes ergeben. Jak 1, 17

comm. in Rom. 9, 24

17 omne

24 Nobis autem ostendit apostolus omne, quod bonum est, a Deo esse et per Spiritum sanctum dari, sicut et Iacobus apostolus dicit: „Omne datum bonum et omne donum perfectum desursum est descen-

datum optimum et omne donum perfectum desursum est descendes a Patre luminum apud quem non est transmutatio nec cicissitudinis obumbratio Vulgata

59 In Übereinstimmung mit Meyer, Rätsel, 40, aber auch Mußner, Jakobusbrief, 39; Nienhuis, Paul, 55; Popkes, Brief des Jakobus, 10; Johnson, Brother, 40; Hartin, James, 8; anders bei Ropes, James, 93. 60 Einen Sonderfall stellt hom. in Lev. 11, 3 (GCS 29; 453) dar. Hier verweist Origenes auf ein Zitat des Apostels Jakobus, jedoch findet sich keine Übereinstimmung mit einem Vers aus dem Jak, anders gesagt, Origenes greift hier auf eine Überlieferung zurück, die heute nicht (mehr) Teil des Jak ist. Womöglich handelte es sich dabei um eine mündliche Überlieferung. Da sich auch mit anderen Schriften keine Entsprechung findet, kann eine Verwechslung ausgeschlossen werden. 61 Zahn, Grundriß, 43, verweist darauf, dass der Apostel Jakobus nur in lateinisch erhaltenen Texten des Origenes als Autor des Jak bezeichnet wird. Das noch griechisch erhaltene Fragment (fr. in Jo. 126, 13–14) zieht er dabei allerdings nicht in seine Erwägungen mit ein.

Verfasser und Ansehen des Jak bei Origenes 17 πᾶσα

δόσις ἀγαθὴ καὶ πᾶν δώρημα τέλειον ἄνωθέν ἐστιν καταβαῖνον ἀπὸ τοῦ πατρὸς τῶν φώτων, παρ᾽ ᾧ οὐκ ἒνι παραλλαγὴ ἢ τροπῆς ἀποσκίασμα. NA 28

17 Jede

gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk ist von oben, herabkommend vom Vater der Lichter, bei dem es keine Veränderung noch eines Wechsels Schatten gibt.

149

dens a patri luminum“; ut „qui gloriatur, in Domino glorietur“. (1 Kor 1, 31) 25 Videamus ergo nunc quid etiam in consequentibus adiungat apostolus: Omnis anima potestatibus sublimioribus subiaceat. (Röm 13, 1) FC 2/5, 90 24 Uns aber hat der Apostel gezeigt, dass alles, was gut ist, von Gott kommt und durch den Heiligen Geist gegeben wird, wie auch der Apostel Jakobus sagt: „Jede Gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk ist von oben, herabkommend vom Vater der Lichter“, so dass, „wer sich rühmt, sich im Herrn rühmen soll“. 25 Lasst uns also jetzt sehen, was der Apostel im Folgenden auch noch anfügt: Jede Seele sei den höheren Gewalten untertan. adapt. FC 2/5, 91

Wie dargestellt, greift comm. in Rom. 9, 24 eindeutig Jak 1, 17 auf (Kategorie A). Die Einleitungsworte Iacobus apostolus dicit machen deutlich, dass es sich bei dem Autor dieser Schrift aus Sicht des Verfassers um den Apostel Jakobus handelt und der Jak somit ein apostolisches Schreiben wäre. Auch wenn der Römerbriefkommentar zu den zentralen Werken des Origenes zählt, sind Zweifel an der Echtheit dieser Qualifizierung durchaus angebracht. So liegt der Kommentar nur mehr in einer Übersetzung des Rufin vor, der das 15 Bände umfassende Original auf 10 gekürzt hat sowie den Text nachweislich in manchen Fällen erweiterte und ergänzte. 62 Darüber hinaus wird Rufin nachgesagt, eine Vorliebe dafür gehabt zu haben, solche Titel zu ergänzen. 63

62 Diese Unterscheidung wird in keiner bisherigen Untersuchung getroffen, so auch nicht bei Allison, James, 14; Mußner, Jakobusbrief, 38–39. Zu den einleitenden Fragen siehe Buchinger, Pascha, 336–338, sowie äußerst ausführlich Hammond Bammel, Römerbrieftext, besonders 43–103, woraus auch hervorgeht, dass Rufin selbst darüber klagt, dass ihm der ursprüngliche Römerbriefkommentar des Origenes nicht vollständig vorgelegen hat (58). Generell zu den Übersetzungen des Rufin: Stenzel, Bibelkanon, 43–61; Pace, Ricerce; Wagner, Rufinus; Grappone, Omelie, 7–74, und diese zusammenfassend Grünstäudl, Petrus Alexandrinus, 62. 63 Besonders deutlich bei Meyer, Rätsel, 40–41. Zu den Eingriffen durch Rufin siehe auch grundlegend Stenzel, Bibelkanon, 43–61. Ähnlich wird dies auch dargestellt bei Bemmerl, Rezeption, 526–528.

150

Origenes

Ein weiterer Grund, der für eine nachträgliche Hinzufügung des Aposteltitels spricht, kann in comm. in Rom. 9, 25 gesehen werden. Auch die dort enthaltene Rezeption von Röm 13, 1 wird mit dem Hinweis eingeleitet, dass nachfolgender Text als Zitat des Apostels (Paulus) zu verstehen ist. So könnte Rufin den Titel Apostel in comm. in Rom. 9, 24 auch ergänzt haben, um die beiden Passagen zu harmonisieren. Zudem muss bewusst sein, dass comm. in Rom. 9, 24 keine weiteren Hinweise darauf bietet, was genau unter einer möglichen apostolischen Verfasserschaft des Jak zu verstehen ist. Jak 4, 7–8

comm. in Rom. 4, 8

7 subditi

Denique et Iacobus apostolus ita dicit: Resistite diabolo et fugiet a uobis, appropinquate Deo et appropinquabit uobis. Vides et ipsum ita sensisse, quod tunc appropietur Deo, quando resistitur diabolo. SC 539, 288

igitur estote Deo resistite autem diabolo et fugiet a vobis. Unterwerft euch also Gott, widersteht aber dem Teufel, und er wird fliehen von euch, 8 adpropriate Domino et adpropinquabit vobis emundate manus peccatores et purificate corda dubilices animo Vulgata 7 ὑποτάγητε

οὖν τῷ θεῷ, ἀντίστητε δὲ τῷ διαβόλῳ καὶ φεύξεται ἀφ᾽ ὑμῶν, 8 ἐγγίσατε τῷ θεῷ καὶ ἐγγιεῖ ὑμῖν. καθαρίσατε χεῖρας, ἁμαρτωλοί, καὶ ἁγνίσατε καρδίας, δίψυχοι. NA 28 7 Unterwerft

euch also Gott, widersteht aber dem Teufel, und er wird fliehen von euch. 8 Nähert euch Gott, und er wird sich euch nähern. Reinigt (eure) Hände, ihr Sünder, und reinigt (eure) Herzen, ihr Wankelmütigen!

Schließlich sagt auch der Apostel Jakobus folgendes: „Widersteht dem Teufel, und er wird fliehen von euch. Sucht die Nähe Gottes, dann wird er sich euch nähern.“ Du siehst, dass auch er selbst so empfunden hat, dass man sich dann Gott nähert, wann man dem Teufel widersteht. adapt. FC 2/2, 256–257

Mit comm. in Rom. 4, 8 wird der Autor des Jak mit der Einleitungsformel Iacobus apostolus ita dicit ein weiteres Mal im Römerbriefkommentar des Origenes als Apostel qualifiziert. Während sich der nachfolgende Inhalt eindeutig mit Jak 4, 7–8 identifizieren lässt (Kategorie A), 64 ist auch hier unklar, ob die Klassifizierung als Schrift des Apostels Jakobus auf den Übersetzer Rufin oder auf Origenes selbst zurückzuführen ist. Da im Kontext von comm. in Rom. 4, 8 auch Paulus als Apostel dargestellt wird, könnte es auch in diesem Fall möglich sein, 64 Übereinstimmung besteht konkret im Motiv vom Widerstand gegen den Teufel, der zu dessen Flucht führt, und von Gott, der sich nähert, wenn man seine Nähe sucht. Während die Motive für sich genommen als gewöhnlich eingestuft werden können, lässt die Kombination der einzelnen Elemente den Schluss auf eine sichere literarische Abhängigkeit zu.

Verfasser und Ansehen des Jak bei Origenes

151

dass Rufin, um die einzelnen Teile untereinander anzupassen, hier ebenfalls Jakobus als Apostel bezeichnet. Interessant ist, dass im gleichen Abschnitt von comm. in Rom. 4, 8 ein weiteres Zitat aus dem Jak begegnet, dessen Einleitung den Herrenbruder Jakobus als Autor identifizieren lässt. 65 Dies legt den Schluss nahe, dass mit dem Apostel Jakobus hier der Herrenbruder Jakobus gemeint ist. Dennoch muss offenbleiben, ob das wirklich die Sichtweise des Origenes selbst ist. Positiv lässt sich festhalten, dass Origenes innerhalb seines für das Gesamtwerk wichtigen Römerbriefkommentars bewusst Bezug auf den Jak nimmt und dabei sogar für diesen spezifische Themen aufgreift. Dies heißt im Umkehrschluss, dass der Jak und seine Theologie für Origenes wichtig und nützlich waren. In diesem Beispiel steht er sogar in einer Linie mit dem Röm, was auch für Wertschätzung des Origenes gegenüber dieser Schrift spricht. Dies macht die Titulierung als Apostel hier zweitrangig: Der Wert des Jak wäre nicht geschmälert, würde dieser Titel im Original fehlen. Dann wäre nur zu fragen, welchen Jakobus Origenes als Verfasser des Jak betrachtet. Jak 4, 7

hom. in Ex. 3, 3

7 subditi

Hoc idem namque Iacobus Apostolus cohortatur dicens: „resistite autem diabolo, et fugiet a vobis“. Agamus ergo omni fide, ut non solum ‚fugiat a nobis‘, sed et ‚conteratur Satanas sub pedibus nostris‘, sicut et Pharao demersus est in mare et in profundo abyssi exstinctus. Nos autem, si recedamus de Aegypto vitiorum, fluctus saeculi tamquam iter solidum evademus per Iesum Christum Dominum nostrum, „cui est gloria et imperium in saecula saeculorum. Amen.“ GCS 29, 170–171

igitur estote Deo resistite autem diabolo et fugiet a vobis Vulgata

7 ὑποτάγητε

οὖν τῷ θεῷ, ἀντίστητε δὲ τῷ διαβόλῳ καὶ φεύξεται ἀφ᾽ ὑμῶν, NA 28

7 Unterwerft

euch also Gott, widersteht aber dem Teufel, und er wird fliehen von euch.

Denn eben dazu fordert der Apostel Jakobus auf, wenn er sagt: „Widersteht aber dem Teufel, und er wird fliehen von euch“. Lasst uns also mit ganzem Glauben danach streben, dass er nicht nur „flieht von uns“, sondern auch, dass „Satan zerrieben wird unter unseren Füßen“, wie auch der Pharao im Meer versenkt und in der Tiefe der Hölle vernichtet worden ist. Wir aber, wenn wir weggehen vom Ägypten der Verfehlungen, werden wir den Fluten der Welt wie auf einem festen Weg entkom65

Vgl. 8.2.2.7.

152

Origenes

men durch Jesus Christus, unseren Herrn, „dem Ruhm und Herrschaft ist in alle Ewigkeit. Amen.“

Wie comm. in Rom. 4, 8 bietet auch hom. in Ex. 3, 3 aus Jak 4, 7 das Motiv vom Widerstand gegen den Teufel, der zu dessen Flucht führt, was mit den Worten Iacobus Apostolus cohortatur dicens eingeleitet wird. Auch hier muss gefragt werden, ob der Titel „Apostel“ nicht der Übersetzung geschuldet ist, was im Falle der fragmentarischen Überlieferung der Homilien zum Buch Exodus 66 sogar als eher wahrscheinlich anzunehmen ist. Da keine weiterführenden Beobachtungen möglich sind, muss die Frage offenbleiben. Jak 3, 2

hom. in Ps. 4, 2

2 in

Iustus autem si in aliquo offenderit, {si} in verbo: apostolus enim est qui dicit: In multis enim offendimus omnes, et si quis in verbo non offendit, hic perfectus vir: offendit ergo et iustus in verbo, fortasse etiam aliquando et in facto, sed scit emendare, scit corrigere […]. PG 12, 1351, C 13

multis enim offendimus omnes si quis in verbo non offendit hic perfectus est vir potens etiam freno circumducere totum corpus Vulgata

2 πολλὰ

γὰρ πταίομεν ἅπαντες. εἴ τις ἐν λόγῳ οὐ πταίει, οὗτος τέλειος ἀνὴρ δυνατὸς χαλιναγωγῆσαι καὶ ὅλον τὸ σῶμα. NA 28

2 Denn

gegen vieles verstoßen wir alle. Wenn einer im Wort nicht verstößt, dieser (ist) ein vollkommener Mann, mächtig, am Zügel zu führen auch den ganzen Leib. 2 Denn gegen vieles verstoßen wir alle. Wenn einer im Reden nicht verstößt, so ist dieser ein vollkommener Mensch, fähig auch den ganzen Leib zu zügeln.

Wenn aber ein Gerechter in irgendetwas einen Fehler macht, dann in seinen Worten: Denn es ist der Apostel, der sagt: „Denn gegen vieles verstoßen wir alle. Wenn einer im Reden nicht verstößt, so ist dieser ein vollkommener Mensch.“ Also verstößt auch der Gerechte in seinen Worten, vielleicht auch irgendwann auch in seinen Taten, aber er versteht es, (den Fehler) zu beseitigen, er versteht es, ihn zu berichtigen […].

Hom. in Ps. 4, 2 legt schon mit der Formulierung apostolus enim est qui dicit nahe, dass es sich bei nachfolgendem Text um ein Zitat handelt. Der Inhalt in multis enim offendimus omnes si quis in verbo non offendit hic perfectus est vir zeigt eine eindeutige Übereinstimmung mit Jak 3, 2, womit eine sichere literarische Abhängigkeit als unumstritten gelten muss (Kategorie A). Einziger Wer66 Hintergrundinformationen hierzu liefert Buchinger, Pascha, 105–106; 111–112. Hieraus geht hervor, dass die handschriftliche Überlieferung der Homilien zum Buch Exodus, wie auch zum Buch Genesis, in lateinischer Sprache breiter ist als die der griechischen Fragmente. Dabei ist wohl am wichtigsten, dass Rufin selbst zugibt, dass er sich im Fall der Homilien zu Genesis, Exodus, Levitikus, Josua, Richter, Numeri, Deuteronomium und den Psalmen die Freiheit genommen hat, nicht nur Änderungen im Stil der Vorlage vorzunehmen, sondern auch einiges zu ergänzen.

Verfasser und Ansehen des Jak bei Origenes

153

mutsropten ist auch hier, dass es sich um eine lateinische Übersetzung handelt, was heißt, dass auch eine nachträgliche Ergänzung vorliegen könnte. Die damit verbundene Problematik zeigt auch eine Gegenüberstellung des entsprechenden griechischen Textes aus dem Codex Monacensis Graecus 314. Hier fehlen sowohl das Zitat aus dem Jak als auch die einleitenden Worte mit dem Verweis auf den apostolischen Ursprung dieses Textes. 67 Da dieser Teil der Übersetzung Rufins im griechischen Text vollständig fehlt und die Synopse durchweg von solchen Unterschieden geprägt ist, kann nicht zwingend davon ausgegangen werden, dass Rufin hier den Aposteltitel oder das gesamte Zitat aus Jak 3, 2 ergänzt hat. Ebenso gut besteht die Möglichkeit, dass die beiden Texte auf unterschiedlichen Textvarianten der Psalmenhomilien beruhen. In jedem Fall zeigt sich hieran auch die Komplexität der Überlieferung der Psalmenhomilien des Origenes. Im Hinblick auf die Frage, ob Origenes selbst jemals dem Jak apostolische Verfasserschaft zugeschrieben hat, belegt gerade auch dieses Beispiel, wie unsicher eine Antwort hierauf ist. Das gleiche Ergebnis wie bei obigen Beispielen kann für hom. in Ex. 8, 4, hom. in Lev. 2, 4; 13, 2 und hom. in Jos. 10, 2 festgehalten werden: Mit Sicherheit ist in diesen Fällen ein Zitat aus dem Jak anzunehmen (Kategorie A) und kann eine Zuordnung zu einem konkreten Vers erfolgen. Unklar muss jedoch bleiben, ob es sich bei der Qualifizierung des Autors des Jak als Apostel Jakobus um eine Ergänzung durch den Übersetzer handelt oder ob diese auf Origenes selbst zurückgeht. Ein Beispiel, das hier etwas aus der Reihe fällt, ist: hom. in Lev. 11, 3 Hic ipse Moyses scribit in cantico: „nonne hic ipse pater tuus acquisivit te et possedit te?“, Apostolus vero dicit de „Hierusalem coelesti“ quia: „libera est, quae est“ inquit „mater omnium nostrum“. Primo ergo tibi pater Deus est, qui genuit spiritum tuum, qui et dicit: „filios genui et exaltavi“. Sed et Iacobus Apostolus dicit: „obtemperemus patri spirituum et vivemus“. Secundo tibi pater est carnis pater, cuius ministerio in carne natus es atque in hunc mundum venisti, qui te portavit ‚in lumbis‘ ; sicut dicitur de Levi quia: „adhuc in lumbis erat Abrahae, quando occurrit ei Melchisedech“, ‚regresso a caede regum, et benedixit eum, et decimas accepit ab eo‘. GCS 29, 435 Eben dieser Moses schreibt im Lied: „Hat nicht etwa dieser dein Vater dich dazu gewonnen und dich in Besitz genommen?“ Der Apostel aber spricht über „das himmlische Jerusalem“, weil er sagt: „Es ist frei, weil es die Mutter von uns allen ist.“ Erstens also ist für dich Gott ein Vater, der deinen Lebenshauch gezeugt hat, der auch sagt: „Ich habe Söhne gezeugt und erhöht.“ Aber auch der Apostel Jakobus sagt: „Lasst uns dem Vater 67 Der Text dieser Psalemenhomilie, die sich Psalm 36 widmet, findet sich bei Perrone, Psalmenhomilien, 576, in einer Synopse. Grundsätzliche Fragen zu diesem Codex sind beantwortet bei Perrone, Einleitung, 1–34, woraus auch hervorgeht, dass Grundlage hierfür eine Handschrift wohl aus dem zwölften Jahrhundert ist (1) und die enthaltenen Homilien spät zu datieren sind (20–25), was in jedem Fall für eine Entstehung in der nachalexandrinischen Zeit des Origenes spricht. Die gleiche Beobachtung trifft auf hom. in Ps. 3, 10 zu.

154

Origenes

der Geister gehorchen und lasst uns leben.“ Zweitens ist für dich der Vater ein Vater aus Fleisch, durch dessen Hilfe du im Fleisch geboren bist und in diese Welt gekommen bist, der dich „in den Lenden“ getragen hat; so wie man über Levi sagt: „Bis jetzt war er in den Lenden Abrahams, als Melchisedek ihm begegnet“; nachdem er von der Niederwerfung der Könige zurückgekehrt ist, hat er ihn gesegnet, als auch den zehnten Teil von ihm erhalten.

Hier wird suggeriert, dass ein Zitat des Apostels Jakobus folgt. Allerdings lässt sich der Inhalt obtemperemus patri spirituum et vivemus keinem Vers des Jak zuordnen. Dies ergibt zwei Möglichkeiten: Entweder der Jak hat diese Formulierung in einer anderen, uns nicht mehr erhaltenen Version beinhaltet oder hier wird ein Spruch des Apostels Jakobus zitiert, der nie Teil des Jak war. Eine Verwechslung mit einer anderen Schrift des heutigen Neuen Testaments ist auszuschließen. Dies ließe unter Umständen folgern, dass die Titulierung von Jakobus als Apostel hier durchaus bewusst gewählt wurde. Der weitere Schluss, dass dies in den anderen Beispielen aus hom. in Lev. auch so ist, ist wiederum ist nicht statthaft. Jak 3, 15

fr. in Jo. 126, 13–14

15 οὐκ

Ὁ μὴ ἐπουράνιον ἔχων τὸ φρόνημα ἀλλ’ ἐπίγειος ὢν λέγεται χοϊκὸς καὶ τὴν εἰκόνα τοῦ χοϊκοῦ φορεῖν. διὸ καὶ εἴ ποτε σοφίαν ἐπαγγέλλεται ἔχειν, ἐπίγειός ἐστιν ψυχικὴ δαιμονιώδης, καθώς φησι Ἰάκωβος ὁ ἀπόστολος. GCS 10, 570

ἔστιν αὕτη ἡ σοφία ἄνωθεν κατερχομένη ἀλλὰ ἐπίγειος, ψυχική, δαιμονιώδης. NA 28

15 Nicht

ist diese Weisheit eine, die von oben herabkommt, sondern eine irdische, seelische, dämonische.

Wer in seinem Denken nicht am Himmlischen orientiert ist, weil er irdisch ist, wird ein Choiker (Irdischer) genannt und trägt das Bild des choischen (irdischen) Menschen. Daher ist er, auch wenn er von sich behauptet, Weisheit zu haben, irdisch, seelisch, dämonisch, wie der Apostel Jakobus sagt.

Eine der letzten Möglichkeiten, eine verlässliche Antwort auf die Frage zu finden, ob Origenes den Jak als Schrift des Apostels Jakobus gesehen hat, bietet fr. in Jo. 126, 13–14, das noch auf Griechisch erhalten ist und eine Rezeption von Jak 3, 15 beinhaltet. Die apostolische Verfasserschaft des Jak wird in diesem Fall mit φησι Ἰάκωβος ὁ ἀπόστολος zum Ausdruck gebracht. Zweifelsfrei kann dieser Teil des Johanneskommentars der Wirkenszeit des Origenes in Caesarea zugeordnet werden. 68 Da es sich hier um ein Katenenfragment handelt, dessen

68

Dies ist deshalb möglich, weil es sich um die Exegese von Joh 3, 31 handelt und die

Verfasser und Ansehen des Jak bei Origenes

155

Authentizität angezweifelt werden kann, 69 muss auch hier die Frage gestellt werden, ob der Titel „Apostel“ vielleicht nicht ergänzt worden ist oder ob es sich überhaupt um einen Text aus dem Johanneskommentar des Origenes handelt. Setzt man dieses Beispiel allerdings in Bezug zu den vorangehenden, wird eine zusätzliche Beobachtung möglich: Wäre in fr. in Jo. 126, 13–14 der Aposteltitel sekundär und auch in den Übersetzungen des Rufin hinzugefügt, hieße dies, dass zwei Autoren den Titel unabhängig voneinander ergänzt hätten. Dies wiederum ist unwahrscheinlicher, als dass der Titel später hinzugefügt wurde. Dennoch muss auch hier am Ende eine Antwort offenbleiben. Bei aller Unsicherheit und dem weitgehend negativen Ergebnis in der Frage, ob Origenes dem Jak apostolischen Ursprung beigemessen hat, bieten diese Beispiele dennoch einen tiefergehenden Einblick in dessen Rezeption: Origenes benutzt den Jak vielfach, besonders ab seiner Zeit in Caesarea. Dabei zitiert er auch aus Versen, die spezifisch für den Jak sind und nicht auf eine andere, ältere Tradition zurückzuführen sind. Damit verbunden ist eine gewisse Wertschätzung dem Jak gegenüber.

8.2.4 Ergebnis Verfasserfrage und Ansehen Was die Frage anbelangt, ob Origenes in Jakobus den Verfasser des Jak sah, besteht aufgrund der vielfältigen Belege kein Zweifel: Origenes geht von einer Authentizität des Jak aus und nicht nur von einer Abfassung unter dem Namen des Jakobus. Trotz des Umstands, dass viele der Texte, die Aussagen darüber treffen, nicht mehr im Original erhalten sind, sondern teilweise in Fragmenten oder lateinischen Übersetzungen, gibt es zum einen auch zweifelsfreie griechische Originale und können Ergänzungen zum anderen teilweise auch durch die Kontexte ausgeschlossen werden. Dies gilt in gleicher Weise für den Umstand, dass Origenes den Jak als Brief sah und als γραφή bezeichnete. Was die Titulierung γραφή anbelangt, ist festzuhalten, dass Origenes diese für Paulusbriefe wesentlich öfter verwendet, 70 was aber nicht zwingend für eine Zurückhaltung gegenüber dem Jak sprechen muss, da sich hieraus nicht direkt AusAuslegung des Johannesevangeliums aus der alexandrinischen Zeit nur bis Joh 1, 19 reicht. Siehe hierzu die weiteren Darlegungen bei 8.1. 69 Weitere Informationen zu diesem Katenenfragment bietet Preuschen, Einleitung, LXI– LXXVI. Siehe hierzu ebenfalls die Erläuterungen zu fr. in Jo. 38, 17–19 bei 8.2.1.2. 70 So liefert alleine die Schrift Cels. hierfür viele Beispiele. Hier eine Auswahl davon: Cels. 2, 50, 1; SC 132, 398: Καὶ ὁ Παῦλος δ’ ἐν τῇ πρὸς Θεσσαλονικεῖς ἐπιστολῇ, Cels. 2, 65; SC 132, 440: τῆς πρὸς Θεσσαλονικεῖς προτέρας ἐπιστολῆς, Cels. 4, 44; SC 136, 298: Ὁ δὲ βουλόμενος λαβεῖν τὴν πρὸς Γαλάτας ἐπιστολὴν εἴσεται; Cels. 5, 47; SC 147, 136: τὴν πρὸς Ῥωμαίους ἐπιστολὴν Παύλου πραγματευθεῖσιν ἡμῖν; Cels. 8, 24, 9; SC 150, 228: Παύλῳ ἐν τῇ προτέρᾳ πρὸς Κορινθίους ἐπιστολῇ. Das gleiche Bild ergibt sich für alle weiteren Schriften des Origenes, hier seien nur noch zwei Beispiele angeführt: Jo. 6, 25, 1; GCS 10, 111: Φησὶ γὰρ ἐν τῇ πρὸς τοὺς Ῥωμαίους ἐπιστολῇ ὁ Παῦλος und comm. in Mt. SC 162; 216: Παῦλος ἰδεῖν ἐν τῇ πρὸς Γαλάτας ἐπιστολῇ εἰπών.

156

Origenes

sagen über dessen (kanonisches) Ansehen ableiten lassen. Was die besprochenen Rezeptionen aber dennoch über die Relevanz des Jak aussagen, ist, dass Origenes bewusst theologische Kernthemen des Jak aufgreift, für seine Argumentation nutzt und dabei auch nicht deren Ursprung verbirgt. Außerdem wurde deutlich, dass Origenes den Jak in eine Reihe mit Paulusbriefen (fr. Apoc. 1) oder auch dem Jud (hom. in Jos. 7, 1) stellt, was im Umkehrschluss bedeutet, dass er diesen auf Augenhöhe betrachtet, also keinsfalls minderwertig. Hingegen lässt sich mit keinem der zehn Textstellen, in denen der Apostel Jakobus als Autor des Jak bezeichnet wird, bestätigen, dass Origenes selbst jemals im Jak eine Schrift des Apostels Jakobus und von apostolischem Wert sah. Vielmehr liefern nicht nur die Beispiele aus den einzelnen Homilien, in welche Rufin nachweislich selbst stark eingegriffen hat, 71 Grund zur Annahme, dass es sich um Ergänzungen handelt 72 und Origenes selbst den Jak nie dem Apostel Jakobus zugeschrieben hat, sondern aufgrund ihres Kontextes auch die beiden Beispiele aus dem Römerbriefkommentar (comm. in Rom. 4, 8; 9, 24) und das schlecht überlieferte Fragment aus dem Johanneskommentar (fr. in Jo. 126, 13– 14). Auch ergeben sich keine weiteren Informationen in der Frage, was unter einer apostolischen Verfasserschaft des Jak in Hinsicht auf dessen (kanonische) Wertigkeit und dessen Ansehen zu verstehen gewesen wäre. Ferner bleibt weiterhin unklar, welchen Jakobus Origenes tatsächlich meint: Den Zebedaiden Jakobus oder den Herrenbruder Jakobus? Sieht Origenes im Herrenbruder Jakobus auch den Apostel Jakobus? Keiner der in Betracht gezogenen Texte liefert hierauf eine klare Antwort. In Zusammenhang mit einer Rezeption aus dem Jak besteht der einzige Anhaltspunkt in comm. in Rom. 4, 8, wo das Zitat aus Jak 4, 4 mit einem klaren Verweis auf den Herrenbruder Jakobus als Urheber eingeleitet wird. Die Titulierung als Apostel ist hier zwar nicht beinhaltet, aber in einer weiteren Rezeption des Jak innerhalb dieser Passage wird der Apostel Jakobus als Verfasser genannt. Dennoch ist nicht auszuschließen, dass dies nur die Sichtweise des Übersetzers Rufin darstellt. Demgegnüber stehen nämlich Texte wie Cels. 2, 45, 17 und fr. in Ps. 124, in denen der Zebedaide Jakobus als Apostel dargestellt wird, die jedoch nicht in Verbindung mit einer Rezeption des Jak stehen. Da keine weiteren Texte, vor allem griechische Originaltexte, existieren, in denen Aussagen über einen Apostel Jakobus getroffen werden und auch die restlichen Texte, in denen ein Jakobus genannt wird, keine weiteren Erkenntnisse hierzu erlauben, kann keine sichere Antwort auf die Frage gegeben werden, in welchem Jakobus Origenes den Verfasser des Jak sieht. Siehe hierzu Buchinger, Pascha, 106. In dieses Bild fügen sich auch die Beobachtungen von Grünstäudl, Petrus Alexandrinus, 73–74, nach denen auch im Fall möglicher Verbindungen zu 2 Petr bei nur mehr in Übersetzungen überlieferten Werken des Origenes Bedenken laut werden, dass es sich um Einfügungen durch den Übersetzer Rufin handelt. 71 72

Weitere Rezeptionen, Echos, Anklänge

157

Bei all dieser Unsicherheit ist allerdings eines klar: Keines dieser Textbeispiele fällt auf das Wirken des Origenes in Alexandrien zurück. Das heißt, es gibt keine Rezeptionen des Jak bei Origenes, in denen er Aussagen zum Verfasser des Jak macht, die sich seinem Wirken in Alexandrien zuordnen lassen. Weiter lässt sich daraus schließen, dass Origenes den Jak wohl in seiner Zeit in Alexandrien entweder noch nicht so gut gekannt hat, dass er Inhalte daraus klar zuordnen konnte, oder es gemieden hat, Zitate daraus klar als solche zu markieren. Die in der Einleitung von fr. in Jo. 6, 19 abzulesende Unsicherheit 73 spricht eher für die erste Lösungsmöglichkeit.

8.3 Weitere Rezeptionen, Echos, Anklänge Im Weiteren sollen auch diejenigen Texte untersucht werden, bei denen davon ausgegangen werden kann, dass es sich um sichere Rezeptionen ohne explizitien Verweis auf den Jak, Echos bzw. Anklänge aus dem Jak handelt.

8.3.1 Gaudium im Fokus Jak 1, 2

hom. in Gen. 8, 10

2 Generas

Si ergo deficiant muliebria fieri in anima tua, generas filium de coniuge tua, uirtute et sapientia, gaudium ac laetitiam. Generas autem gaudium, si omne gaudium existimaueris, cum in tentationes uarias incideris, et istud gaudium offers in sacrificium Deo. SC 7, 232

autem gaudium, si omne gaudium existimate fratres mei cum in temptationibus variis incideritis. Vulgata

2 Πᾶσαν

χαρὰν ἡγήσασθε, ἀδελφοί μου, ὅταν πειρασμοῖς περιπέσητε ποικίλοις, NA 28

2 Für

nichts als Freude haltet (es), meine Brüder, immer wenn ihr in vielfältige Versuchungen geratet,

Wenn also die (rein körperliche) weibliche Zeugungsfähigkeit in deiner Seele beendet ist, zeugst du einen Sohn aus deinem Ehepartner, aus der Tugend und Weisheit: nämlich Freude und Fröhlichkeit. Du zeugst aber Freude, wenn du es für nichts als Freude hältst, wenn du in vielfältige Versuchungen gerätst, und diese Freude machst du Gott zum Opfer.

Offensichtlich liegt hier eine Rezeption von Jak 1, 2 vor (Kategorie A). Dies zeigt sich sprachlich am Gegenüber von si omne gaudium existimate fratres mei cum in temptationibus variis incideritis (Jak 1, 2) und si omne gaudium existimaueris, 73

Siehe hierzu die Darlegungen bei 8.2.2.4.

158

Origenes

cum in tentationes uarias incideris et istud gaudium offers in sacrificium Deo (hom. in Gen. 8, 10). Das Maß an Übereinstimmungen ist in diesem Fall als sehr hoch einzustufen, da gleich mehrere Wörter hintereinander übereinstimmen. Inhaltlich wird damit in beiden Texten der Appell ausgesprochen, mit Freude Versuchungen zu widerstehen.

8.3.2 Das Motiv der Versuchung Jak 1, 12

fr. in Ex. 1, 124

12 Μακάριος

Ὁ οὖν φέρων τοὺς πειρασμοὺς γενναίως, στεφανοῦται. Ἄλλο δέ ἐστιν ἐπὶ τοῦ διαβόλου· ἐκεῖνος γὰρ πειράζει, ἵνα τοὺς πειθομένους αὐτῷ θανατώσῃ· καὶ ὁ μὲν Θεὸς πειράζει οὐκ ἀγνοῶν τὸ ἐσόμενον, πλὴν διδοὺς τῷ ἀνθρώπῳ πράττειν, ὃ θέλει διὰ τὸ αὐτεξούσιον. PG 12, 289, A 1

ἀνὴρ, ὅς ὑπομένει πειρασμόν, ὅτι δόκιμος γενόμενος λήμψεται τὸν στέφανον τῆς ζωῆς, ὃν ἐπηγγείλατο τοῖς ἀγαπῷσιν αὐτόν NA 28

12 Selig

(der) Mann, der erduldet eine Versuchung, weil er, ein Erprobter geworden, empfangen wird den Kranz des Lebens, den er (sc. Gott) zusagte den ihn Liebenden.

Wer also die Versuchungen tapfer erträgt, wird bekränzt. Anders ist es beim Teufel: Jener nämlich führt in Versuchung, um die ihm Gehorchenden zu töten: und Gott führt in Versuchung, nicht in Unkenntnis dessen, was sein wird, sondern er schenkt dem Menschen zu tun, was er möchte durch seinen eigenen Willen.

Es erscheint durchaus möglich, dass Jak 1, 12 in fr. in Ex. 1, 124 in Form eines Echos begegnet (Kategorie C). Zur Begründung lässt sich anführen, dass beide Passagen in der Kombination aus πειρασμόν/πειρασμούς/πειράζει und στέφανον/στεφανοῦται übereinstimmen und damit auch inhaltlich eine Kongruenz darin besteht, dass man bekränzt wird, wenn man einer Versuchung widersteht. Dieses Motiv ist innerhalb antiker griechischer Literatur zudem als selten 74 zu betrachten, was die Wahrscheinlichkeit einer Abhängigkeit weiter erhöht.

74 Währenddessen sich das Bild τὸν στέφανον τῆς ζωῆς ebenfalls in Offb 2, 10 findet. Vgl. ausführlich Allison, James, 230–234.

Weitere Rezeptionen, Echos, Anklänge

159

8.3.3 Die Unversuchbarkeit Gottes Jak 1, 13

fr. in Ex. 1, 124

13 Μηδεὶς

124 Ὅτε θεὸς πειράζει, ἐπ᾽ ὠφελείᾳ περάζει, οὐκ ἐπὶ τῷ κακοποιῆσαι· διὸ καὶ ἐλέχθη, ὅτι „Ὁ Θεὸς ἀπείραστός ἐστι κακῶν“, ὡς καὶ μετ᾽ ὀλίγα ἐπάγει ὁ λόγος· „Ἐὰν ἀκοῇ ἀκοῦσῃς Κυρίου τοῦ Θεοῦ σου, πᾶσαν νόσον, ἥν ἐπήγαγον τοῖς Αἰγυπτίοις, οὐκ ἐπάξω ἐπὶ σέ.“ PG 12, 288–289, D 11

πειραζόμενος λεγέτω, ὅτι ἀπὸ θεοῦ πειράζομαι· ὁ γὰρ θεὸς ἀπείραστός ἐστιν κακῶν, πειράζει δὲ αὐτὸς οὐδένα. NA 28

13 Keiner,

der versucht wird, soll sagen: „Von Gott werde ich versucht.“ Denn Gott wird nicht versucht vom Bösen und versucht selbst (auch) keinen.

Wenn Gott in Versuchung führt, tut er es, um zu nützen, nicht um Böses zu tun: deswegen wurde auch gesagt: „Gott ist unversuchbar vom Bösen“, wie auch das Wort (Gottes) kurz danach hinzufügt (Ex 15, 26): „Wenn du in Gehorsam hörst auf den Herrn, deinen Gott, werde ich jede Krankheit, die ich über die Ägypter brachte, nicht über dich bringen.“

Im gleichen Abschnitt aus fr. in Ex. wie bei vorigem Beispiel findet sich in der Vorstellung eines Gottes, der vom Schlechten nicht versuchbar ist, eine Übereinstimmung mit Jak 1, 13. Dies zeigt sich sprachlich vor allem in der Formulierung θεὸς ἀπείραστός ἐστιν κακῶν. Während die Wurzeln hiervon wohl weit in das Judentum zurückreichen, sucht die Formulierung in dieser Form ihresgleichen. 75 So liegt mit Sicherheit eine Rezeption aus Jak 1, 13 vor (Kategorie A). Damit steigt auch die Wahrscheinlichkeit für eine literarische Abhängigkeit zwischen Jak 1, 12 und fr. in Ex. 124. Ein Blick ist auch zu werfen auf die Einleitung des Zitates durch Origenes mit den Worten διὸ καὶ ἐλέχθη. Einerseits wird damit nicht explizit auf den Jak verwiesen, aber dennoch ein Zitat markiert, das sich eindeutig dem Jak zuordnen lässt. Interessant ist die Formulierung ὡς καὶ μετ᾽ ὀλίγα ἐπάγει ὁ λόγος, die suggeriert, dass nachfolgendes Zitat aus dem unmittelbaren Umfeld des vorhergehenden stammt. Allerdings findet sich nichts dergleichen bei Jak, sondern lässt sich eine eindeutige Übereinstimmung mit Ex 15, 26 feststellen. Dies wiederum bedeutet, dass Origenes das tatsächliche Zitat aus Jak 1, 13 auch als Zitat von Ex ansieht. Doch gerade in dieser sprachlichen Ausfertigung findet sich nichts Vergleichbares in Ex, was 75 Damit beschäftigt sich eingehend Allison, James, 240–243, der deutlich macht, dass zwar einzelne Teile des Motivs in anderer Kombination immer wieder aufleuchten, aber dennoch nie das Ausmaß erreicht wird, als dass überlegt werden könnte, ob die literarischen Abhängigkeiten hier anders gestaltet sein könnten. Daraus geht aber auch hervor, dass die sprachliche Gestaltung, auch in den einzelnen Ausdrücken, spezifisch für Jak ist. Siehe hierzu ebenfalls Dibelius, Brief des Jakobus, 93.

160

Origenes

also zu dem Schluss führen muss, dass Origenes hier nicht bewusst war, dass er aus Jak zitiert.

8.3.4 Tod als Resultat der Sünde? Jak 1, 15

fr. Apoc. 11

15 εἶτα

Δυνατὸν εἰπεῖν πρῶτον θάνατον, ὃ ὑφίσταται τὸ σύνθετον ζῷον, ὃν ἔθος κοινὸν θάνατον καλεῖν, δεύτερον δὲ μετὰ τοῦτον τὸν ἑπόμενον τῇ ἁμαρτίᾳ, ἣ ἀποτελεσθεῖσα ἀποκύει θάνατον. τοῦ μὲν οὖν πρώτου πειρασθήσεται καὶ ὁ νικῶν ἀποκειμένου πᾶσιν ἀνθρώποις ἅπαξ ἀποθανεῖν, τοῦ δὲ δευτέρου ἐκτὸς ἔσται διὰ ἀναμαρτησίαν ὡς μὴ ἀδικηθῆναι ὑπ᾽ αὐτοῦ ἀντὶ τοῦ μὴ βλαβῆναι. TU 38, 3, 25

ἡ ἐπιθυμία συλλαβοῦσα τίκτει ἁμαρτίαν, ἡ δὲ ἁμαρτία ἀποτελεσθεῖσα ἀποκυεῖ θάνατον. NA 28

15 Dann

gebiert die Begierde, schwanger geworden, Sünde, die Sünde aber, zur Vollendung gebracht, gebiert Tod.

Es ist möglich, als ersten Tod (den) zu nennen, welchem das zusammengesetzte Lebewesen unterliegt, welchen „Tod“ zu nennen allgemein verbreitet ist, zweitens aber nach diesem den, der der Sünde folgt, die, zur Vollendung gebracht, Tod gebiert. Mit dem ersten wird also auch der Sieger geprüft werden, da es für alle Menschen sicher feststeht, einmal zu sterben, vom zweiten aber wird er frei sein wegen seiner Sündelosigkeit, sodass er von ihm kein Unrecht erfährt dafür, dass er von ihm sich nicht hat schädigen lassen.

Zwischen beiden Texten besteht eine deutliche wörtliche Übereinstimmung in ἁμαρτία ἀποτελεσθεῖσα ἀποκύει θάνατον. In ähnlicher Weise begegnet das Motiv von der Sünde, die bei ihrer Vollendung Tod gebiert, auch bei Philo Leg. 2, 77, Röm 6, 21–23, 7, 5 und dem Hirt des Hermas in mand. 4, 1,1, 76 allerdings bei keinem dieser Beispiele mit einem derart hohen Maß an sprachlichen Übereinstimmungen, das Jak 1, 15 mit Origenes fr. Apoc. 11 teilt. Deshalb kann hier von einer sicheren literarischen Abhängigkeit ausgegangen werden (Kategorie A). Auch in diesem Fall muss der Tatsache Rechnung getragen werden, dass es sich um ein Fragment aus dem Scholienkommentar des Origenes zur Apokalypse des Johannes handelt, dessen Verlässlichkeit infrage gestellt werden kann. 76

Weiterführend hierzu siehe Allison, James, 252–254.

Weitere Rezeptionen, Echos, Anklänge

161

8.3.5 Weitere Verbindungen im Motiv der Sünde? Jak 1, 15

hom. in Lev. 12, 3

15 deinde

Super hanc ergo animam mortuam Christus non supervenit, quia ‚sapientia‘ est et sapientia non intrat ad animam malivulam. Ipsa est enim mortua, quia, cui inest malitia, inest et peccatum. „Peccatum autem cum consummatum“ inquit „fuerit, generat mortem“. GCS 29, 459

concupiscentia cum conceperit parit peccatum peccatum vero cum consummatum fuerit generat mortem. Vulgata

15 εἶτα

ἡ ἐπιθυμία συλλαβοῦσα τίκτει ἁμαρτίαν, ἡ δὲ ἁμαρτία ἀποτελεσθεῖσα ἀποκυεῖ θάνατον. NA 28

15 Dann

gebiert die Begierde, schwanger geworden, Sünde, die Sünde aber, zur Vollendung gebracht, gebiert Tod.

Dieser toten Seele ist Christus also nicht zur Hilfe gekommen, weil er die „Weisheit“ ist und Weisheit nicht in eine böswillige Seele eintritt. Denn sie selbst ist tot, weil, in wem Schlechtigkeit ist, auch Sünde ist. „Sünde aber, zur Vollendung gebracht“, sagte er, „gebiert Tod.“

Jak 1, 15 und hom. in Lev. 12, 3 stimmen in der Formulierung peccatum peccatum vero cum consummatum fuerit generat mortem und dem damit zum Ausdruck gebrachten Motiv von der Sünde, die zum Tod führt, überein, welches als selten einzustufen ist. 77 Eine literarische Abhängigkeit ist in diesem Fall als sicher anzunehmen (Kategorie A). Wie schon bei hom. in Lev. 2, 4 78 besteht allerdings auch hier die Möglichkeit, dass der Übersetzer Rufin den ursprünglichen Text verändert hat und der Inhalt damit nicht auf Origenes selbst zurückzuführen ist.

8.3.6 Jak 1, 17 bei Origenes Jak 1, 17 17 πᾶσα δόσις ἀγαθὴ καὶ πᾶν δώρημα τέλειον ἄνωθέν ἐστιν καταβαῖνον ἀπὸ τοῦ πατρὸς τῶν φώτων, παρ᾽ᾧ οὐκ ἔνι παραλλαγὴ ἢ τροπῆς ἀποσκίασμα. NA 28 17

omne datum optimum et omne donum perfectum desursum est descendes a Patre luminum apud quem non est transmutatio nec cicissitudinis obumbratio. Vulgata

17

Jede gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk ist von oben, herabkommend vom Vater der Lichter, bei dem keine Veränderung noch eines Wechsels Schatten.

77 78

Dies ist bereits dargelegt im Zuge des Vergleichs mit fr. Apoc. 11 (8.3.4). Siehe hierzu 8.3.21.

162

Origenes

Wie hom. in Num. 18, 1, hom. in Num. 27, 6, fr. in Jo. 6, 19, 79 fr. in Jo. 38, 17–19, und comm. in Rom. 9, 24 zeigen, ist Jak 1, 17 bei Origenes immer wieder relevant. Jak 1, 17 ist bestimmt von dem Gedanken, dass alles Gute vom Vater der Lichter herabkommt. Sprachlich exponiert ist dabei das Syntagma πατὴρ τῶν φώτων. Dieses Motiv ist im Hinblick auf die Erschaffung der Sterne zu betrachten (Jer 4, 23; Ps 136, 7–9), 80 wobei die sprachliche Ausgestaltung wie hier in Jak kein weiteres Mal begegnet. 81 Dies ist für die Entscheidung über literarische Abhängigkeiten ein wichtiges Kriterium. Wie Jak 1, 17 in Zusammenhang mit einzelnen Passagen aus dem Werk des Origenes zu sehen ist, wird nachfolgende Untersuchung zeigen: Jak 1, 17

hom. in Num. 18, 1

17 omne

Non enim ille loquebatur ei, qui posset sacrificiis et muneribus permutari, sed ille erat, „apud quem non est commutatio nec commutationis umbra“. Et ideo non potest sacerdos mercede mutari, ubi Deus muneribus non movetur. GCS 30, 168

datum optimum et omne donum perfectum desursum est descendens a Patre luminum apud quem non est transmutatio nec vicissitudinis obumratio. Vulgata

17 πᾶσα

δόσις ἀγαθὴ καὶ πᾶν δώρημα τέλειον ἄνωθέν ἐστιν καταβαῖνον ἀπὸ τοῦ πατρὸς τῶν φώτων, παρ᾽ ᾧ οὐκ ἒνι παραλλαγὴ ἢ τροπῆς ἀποσκίασμα. NA 28

17 Jede

gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk ist von oben, herabkommend vom Vater der Lichter, bei dem es keine Veränderung noch eines Wechsels Schatten gibt.

Nicht nämlich sprach jener zu diesem, der durch Opfer und Geschenke umgestimmt werden kann, sondern jener war es, „bei dem keine Veränderung noch eines Wechsels Schatten (ist)“. Und deshalb kann ein Priester nicht durch Geld umgestimmt werden, da Gott durch Geschenke nicht bewegt wird.

Deutliche Übereinstimmung zwischen Jak 1, 17 und hom. in Num. 18, 1 ist in der Phrase apud quem non est transmutatio nec vicissitudinis obumratio und apud quem non est commutatio nex commutationis umbra zu sehen. Da das Motiv von der Veränderung und des Wechsels Schatten (der Verfinsterung) innerhalb des Neuen Testaments so nur bei Jak begegnet, ist von einer sicheren literarischen Abhängigkeit auszugehen (Kategorie A), woran auch die minimalen sprachlichen Abweichungen (transmutatio/commutatio, obumratio/umbra) nichts ändern. Der Grund hierfür kann beispielsweise in der Übersetzung an sich liegen, aber auch daran, dass Grundlage eine andere Version des Jak war als die der Vulgata. 79

Diese Passage ist bereits in anderem Zusammenhang erläutert: Siehe 8.2.2.4. Siehe hierzu Allison, James, 272–278; Mußner, Jakobusbrief, 90–92; Moo, James, 78. 81 Ähnliche Begriffe bieten Apk. Mos. 36, 38, Philo, de spec. Leg. 1, 96 (τῷ τοῦ κόσμου πατρί), de ebr. 81 (πατέρα τῶν ὅλων), TestAbr. 7, 6 (πατὴρ τοῦ φωτός). 80

Weitere Rezeptionen, Echos, Anklänge

163

Jak 1, 17

hom. in Lev. 12, 1

17 omne

Propter quod et ille, qui apud Iudaeos „magnus“ dicebatur „sacerdos“, introibat quidem in sancta, sed manu facta, sed lapidibus exstructa; non adscendebat in coelum nec adstare poterat apud „patrem luminum“. GCS 29, 455

datum optimum et omne donum perfectum desursum est descendens a Patre luminum apud quem non est transmutatio nec vicissitudinis obumbratio Vulgata

17 πᾶσα

δόσις ἀγαθὴ καὶ πᾶν δώρημα τέλειον ἄνωθέν ἐστιν καταβαῖνον ἀπὸ τοῦ πατρὸς τῶν φώτων, παρ᾽ ᾧ οὐκ ἒνι παραλλαγὴ ἢ τροπῆς ἀποσκίασμα. NA 28

17 Jede

gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk ist von oben, herabkommend vom Vater der Lichter, bei dem es keine Veränderung noch eines Wechsels Schatten gibt.

Deswegen trat freilich auch jener, der bei den Juden „Hoher Priester“ genannt wurde, in (die) Tempel, aber in von Hand errichtete, in mit Steinen erbaute; nicht stieg er in den Himmel hinauf und nicht konnte er bei dem „Vater der Lichter“ stehen.

Beide Texte teilen die Vorstellung vom Vater der Lichter, was auch sprachlich gleich ausgedrückt wird: Patre luminum (Jak 1, 17); patrem luminum (hom. in Lev. 12, 1). Eine literarische Beziehung zwischen beiden Texten scheint möglich (Kategorie C). Jak 1, 17

comm. in Rom. 9, 24

17 omne

24 Nobis autem ostendit apostolus omne, quod bonum est, a Deo esse et per Spiritum sanctum dari, sicut et Iacobus apostolus dicit: „Omne datum bonum et omne donum perfectum desursum est descendens a patri luminum“; ut „qui gloriatur, in Domino glorietur“. (1 Kor 1, 31) 25 Videamus ergo nunc quid etiam in consequentibus adiungat apostolus: Omnis anima potestatibus sublimioribus subiaceat. (Röm 13, 1) FC 2/5, 90

datum optimum et omne donum perfectum desursum est descendes a Patre luminum apud quem non est transmutatio nec cicissitudinis obumbratio Vulgata

17 πᾶσα

δόσις ἀγαθὴ καὶ πᾶν δώρημα τέλειον ἄνωθέν ἐστιν καταβαῖνον ἀπὸ τοῦ πατρὸς τῶν φώτων, παρ᾽ ᾧ οὐκ ἒνι παραλλαγὴ ἢ τροπῆς ἀποσκίασμα. NA 28

17 Jede

gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk ist von oben, herabkommend vom Vater der Lichter, bei dem es keine Veränderung noch eines Wechsels Schatten gibt.

24 Uns aber hat der Apostel gezeigt, dass alles, was gut ist, von Gott kommt und durch den Heiligen Geist gegeben wird, wie auch der Apostel Jakobus sagt: „Jede Gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk ist von oben, herabkommend vom Vater der Lichter“, so dass, „wer sich rühmt, sich im Herrn rühmen soll“.

164

Origenes

25 Lasst uns also jetzt sehen, was der Apostel im Folgenden auch noch anfügt: Jede Seele sei den höheren Gewalten untertan. adapt. FC 2/5, 91

Auch comm. in Rom. 9, 24 82 greift eindeutig Jak 1, 17 auf (Kategorie A). Dass es sich hier um Inhalte aus dem Jak handelt, zeigt sich schon an den Worten Iacobus apostolus dicit. Dass damit Jak 1, 17 gemeint ist, lässt sich mit der Formulierung omne datum bonum et omne donum perfectum desursum est descendens a patri luminum belegen. Inhaltlich ist damit in beiden Fällen der zentrale Gedanke aus Jak 1, 17 wiedergegeben, dass alle guten Dinge von Gott, dem Vater der Lichter, herabkommen. Jak 1, 17

fr. in Jo. 38, 17–19

17 πᾶσα

ὅτι δὲ τὰ τοῖς ἐπὶ γῆς ἀνθρώποις διδόμενα ἄνωθεν καὶ οὐράνιά ἐστιν ὁ Ἰακωβος γράφει· „Πᾶσα δόσις ἀγαθὴ καὶ πᾶν δώρημα τέλειον ἄνωθέν ἐστι καταβαῖνον ‚παρὰ τοῦ πατρὸς τῶν φώτωον‘ !“. GCS 10, 514

δόσις ἀγαθὴ καὶ πᾶν δώρημα τέλειον ἄνωθέν ἐστιν καταβαῖνον ἀπὸ τοῦ πατρὸς τῶν φώτων, παρ᾽ ᾧ οὐκ ἒνι παραλλαγὴ ἢ τροπῆς ἀποσκίασμα. NA 28

17 Jede

gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk ist von oben, herabkommend vom Vater der Lichter, bei dem es keine Veränderung noch eines Wechsels Schatten gibt.

Dass aber das den Menschen auf der Erde Gegebene von oben und himmlisch ist, schreibt Jakobus: „Jede gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk ist von oben, herabkommend vom ‚Vater der Lichter‘“.

Fr. in Jo. 38, 17–19 83 greift Jak 1, 17 nahezu vollständig auf: Πᾶσα δόσις ἀγαθὴ καὶ πᾶν δώρημα τέλειον ἄνωθέν ἐστι καταβαῖνον ‚παρὰ τοῦ πατρὸς τῶν φώτωον‘. Eine literarische Abhängigkeit kann also mit Sicherheit angenommen werden (Kategorie A). Auch ist klar, dass Origenes diesen Teil des Johanneskommentars in Caesarea abgefasst hat. 84

82

Diese Passage wird aus anderem Blickwinkel bereits betrachtet bei 8.2.3.1. Zu dieser Frage siehe die Erläuterungen bei Preuschen, Einleitung, LXXII–LXXIV und innerhalb dieser Studie bei 8.2.1.2. 84 Dies lässt sich daran erkennen, dass Origenes hier Joh 3, 12 kommentiert und Kommentierungen aus der alexandrinischen Zeit maximal bis Joh 1, 19 reichen. Siehe hierzu auch die bisherigen Darlegungen bei 8.1. 83

Weitere Rezeptionen, Echos, Anklänge

165

Jak 1, 17

hom. in Num. 27, 6

17 πᾶσα

aliam vero, quae post resurrectionem adscensura ad coelos non subito nec importune ad summa conscendit, sed per multas deducitur mansiones, in quibus illuminata per singulas et augmento semper splendoris accepto in unaquaquue mansione illustrata sapientiae lumine usque ad ipsum perveniat ‚luminum patrem‘. GCS 30, 264

δόσις ἀγαθὴ καὶ πᾶν δώρημα τέλειον ἄνωθέν ἐστιν καταβαῖνον ἀπὸ τοῦ πατρὸς τῶν φώτων, παρ᾽ ᾧ οὐκ ἒνι παραλλαγὴ ἢ τροπῆς ἀποσκίασμα. NA 28

17 omne

datum optimum et omne donum perfectum desursum est descendens a Patre luminum apud quem non est transmutatio nec vicissitudinis obumratio. Vulgata

17 Jede

gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk ist von oben, herabkommend vom Vater der Lichter, bei dem es keine Veränderung noch eines Wechsels Schatten gibt.

Eine andere (Seele) aber, die nach der Auferstehung, um zum Himmel zu gelangen, nicht plötzlich und nicht ungestüm zum Höchsten aufsteigt, sondern durch viele Aufenthalte hindurchgeführt wird, in welchen sie, erleuchtet durch die einzelnen Aufenthalte, und nachdem sie immer einen Zuwachs des Glanzes angenommen hat, in jedem einzelnen Aufenthalt erleuchtet durch das Licht der Weisheit schließlich bis zum „Vater der Lichter“ selbst gelangt.

Deutlichste Übereinstimmung besteht in der Formulierung Patre luminum/luminum patrem. Wie bereits dargestellt, ist die Phrase Patre luminum aussagekräftig genug, dass auch hier von einer sicheren literarischen Abhängigkeit ausgegangen werden kann (Kategorie A). Einen expliziten Hinweis auf Jak liefert hom. in Num. 27, 6 aber nicht. Dabei muss aber auch die Verlässlichkeit der Homilien zum Buch Numeri in Zweifel gezogen werden. 85 Wie man sieht, nimmt Jak 1, 17 im Werk des Origenes eine nicht zu unterschätzende Stellung ein. Origenes bezeichnet den Jak in Zusammenhang damit als „Schrift“ (fr. in Jo. 6, 19), wie er dies auch bei anderen Schriften des heutigen Neuen Testaments tut, und auch als „Schrift des Jakobus“ (fr. in Jo. 38, 17–19). Abhängig von der Authentizität von comm. in Rom. 9, 24 kann sogar im Apostel Jakobus der Verfasser des gleichnamigen Briefes betrachtet werden und hätte Origenes dem Jak damit auch apostolische Verfasserschaft zugeschrieben.

85

Siehe hierzu Buchinger, Pascha, 121.

166

Origenes

8.3.7 Das Motiv vom Erstling seiner Geschöpfe Jak 1, 18

Jo. 1, 20

18 βουληθεὶς

Ὁ θεὸς μὲν οὖν πάντη ἕν ἐστι καὶ ἁπλοῦν· ὁ δὲ σωτὴρ ἡμῶν διὰ τὰ πολλά, ἐπεὶ „προέθετο αὐτὸν“ „ὁ θεὸς ἱλαστήριον“ καὶ ἀπαρχὴν πάσης τῆς κτίσεως, πολλὰ γίνεται ἢ καὶ τάχα πάντα ταῦτα, καθὰ χρῄζει αὐτοῦ ἡ ἐλευθεροῦσθαι δυναμένη πᾶσα κτίσις. GCS 10, 24

ἀπεκύησεν ἡμᾶς λόγῳ ἀληθείας εἰς τὸ εἶναι ἡμᾶς ἀπαρχήν τινα τῶν αὐτοῦ κτισμάτων. NA 28

18 Nach

seinem Willen gebar er uns durch (das) Wort (der) Wahrheit, auf dass wir seien eine Art Erstling seiner Geschöpfe.

Gott also ist in jeder Beziehung ein einziges und einfaches: Unser Erlöser aber wegen der vielen (Geschöpfe), nachdem „ihn vorgesetzt hat“ „Gott als Mittel zur Versöhnung“ und Erstling der ganzen Schöpfung, wird viele oder auch vielleicht all diese sein, so wie ja die ganze Schöpfung, die befreit werden kann, sich nach ihm sehnt.

Die beiden Passagen verbindet in sprachlicher Hinsicht nur die Wörter ἀπαρχήν und κτισμάτων/κτίσις. Dabei begegnet schon das Wort ἀπαρχήν innerhalb des Neuten Testaments mehrfach. Zu nennen sind: Röm 8, 23, 11, 16, 16, 5; 1 Kor 15, 20 und Offb 14, 4. Jedoch ist die Kombination mit κτισμάτων/κτίσις und das dadurch zum Ausdruck gebrachte Motiv von den Erstlingen der Schöpfung als selten einzustufen. Auch ist beide Male Gott das Subjekt. Dennoch sind die Übereinstimmungen zu gering, als dass sich eine literarische Abhängigkeit wahrscheinlich machen ließe. Die Möglichkeit ist aber nicht auszuschließen (Kategorie C). 86 Besteht hier tatsächlich eine literarische Abhängigkeit, bleibt diese, wie in den anderen Texten aus der alexandrinischen Zeit, unterschwellig.

86 Dies belegt eine Suche im Bereich antiker griechischer Literatur, die ergibt, dass weitgehend alle relevanten Texte, die das Motiv von den Erstlingen der Geschöpfe beinhalten, auf Jak 1, 18 zurückzuführen sind, und auch die Untersuchung bei Allison, James, 279–280, der beide Begriffe zu Recht als hapax legomena einordnet und dafür auch andere christliche Texte zum Vergleich heranzieht.

Weitere Rezeptionen, Echos, Anklänge

167

8.3.8 Täter des Wortes als Parallele? Jak 1, 18.22

hom. in Ps. 3, 10

18 βουληθεὶς

Sicut enim illi de quibus supra diximus, legendo legem non faciendo incurrerunt in hoc ut verbi Dei famem paterentur, et auferrentur ab illis omnia Dei dona quae supra diximus, et mandatum est nubibus (prophetis scilicet) ne pluerent super eos pluviam verbi Dei, verendum est ne tale etiam aliquod nobis correptionis inducatur genus: sed magis efficiamur non auditores legis tantum, sed et factores, ut mandet Dominus nubibus suis, non uni, neque duabus, sed pluribus, pluere super nos pluviam, ut in Ecclesia prophetae duo vel tres dicant, et caeteri examinent: et si sedenti revelatum fuerit, prior taceat, ut plures fiant operarii inconfusibiles recte tractantes verbum veritatis, ut dicat unusquisque doctorum et praedicantium verbum Dei secundum Paulum: Ego plantavi, et ille rigavit, sed Deus incrementum dedit. PG 12, 1345, B7

ἀπεκύησεν ἡμᾶς λόγῳ ἀληθείας εἰς τὸ εἶναι ἡμᾶς ἀπαρχήν τινα τῶν αὐτοῦ κτισμάτων. 22 Γίνεσθε δὲ ποιηταὶ λόγου καὶ μὴ μόνον ἀκροαταὶ παραλογιζόμενοι ἑαυτούς, NA 28 18 voluntarie

genuit nos verbo veritatis ut simus initium aliquod creaturae eius 22 estote autem factores verbi et non auditores tantum fallentes vosmet ipsos Vulgata 18 Nach

seinem Willen gebar er uns durch (das) Wort (der) Wahrheit, auf dass wir eine Art Erstling seiner Geschöpfe sind. 22 Werdet Täter (des) Wortes und nicht nur Hörer, die sich selbst täuschen! 2 Kor 6, 7 λόγῳ ἀληθείας, ἐν δυνάμει θεοῦ· διὰ τῶν ὅπλων τῆς δικαιοσύνης τῶν δεξιῶν καὶ ἀριστερῶν, NA 28

7 ἐν

7 in

verbo veritatis in virtute Dei per arma iustitiae a dexteris et sinisris Vulgata

7 im

Wort (der) Wahrheit, in Kraft Gottes; mit den Waffen der Gerechtigkeit, zur Rechten und Linken, Kol 1, 5 τὴν ἐλπίδα τὴν ἀποκειμένην ὑμῖν ἐν τοῖς οὐρανοῖς, ἣν προηκούσατε ἐν τῷ λόγῳ τῆς ἀληθείας τοῦ εὐαγγελίου NA 28

5 διὰ

5 propter

spem quae reposita est in caelis quam audistis in verbo veritatis evangelii Vulgata

5 wegen

der Hoffnung, der daliegenden für euch in den Himmeln, von der ihr zuvor

Wie es nämlich jenen, über die wir oben gesprochen haben, durch das (alleinige) Lesen des Gesetzes und nicht durch das Ausführen passierte, dass sie Hunger nach dem Wort Gottes erleiden und alle Geschenke Gottes von ihnen weggeschafft werden, die wir oben genannt haben, und es den Wolken (den Propheten) befohlen worden ist, dass sie nicht über sie den Regen des Wortes Gottes regneten; so muss man fürchten, dass auch uns eine derartige Art des Verlustes geschieht: Aber mehr sollen wir nicht nur zu Hörern des Gesetzes werden, sondern zu Tätern, damit der Herr seinen Wolken befiehlt, nicht einem, und nicht zweien, sondern mehreren, Regen über uns zu gießen, so dass in der Kirche zwei oder drei Propheten sprechen, und die übrigen es prüfen. Und wenn einem, der da sitzt, etwas enthüllt ist, soll er

168 hörtet im Wort der Wahrheit des Evangeliums,

Origenes

zuerst schweigen, damit mehrere unbeirrbare Arbeiter werden, indem sie das Wort der Wahrheit richtig behandeln, so dass jeder Einzelne der Gelehrten und der Prediger das Wort Gottes gemäß Paulus verkündet: Ich habe gepflanzt und jener hat gewässert, aber Gott hat das Wachstum gegeben.

Die wohl wichtigste Überschneidung dieser beiden Passagen besteht in den Formulierungen factores verbi et non auditores (Jak 1, 22) und non auditores legis tantum, sed et factores (hom. in Ps. 3, 10). Beide Male geht es um eine Aufforderung: bei Jak sollen die Menschen nicht Hörer des Wortes sein, sondern Täter, und bei Origenes nicht Hörer des Gesetzes, sondern Ausführer. Das Motiv vom Hören von Wörtern und dem nicht danach Handeln begegnet ähnlich zwar auch bei Mt 7, 24 parr. Lk 6, 47–49, 87 allerdings nicht in einem Appell, wie hier bei Jak 1, 22 und hom. in Ps. 3, 10. Weitere Übereinstimmung besteht mit Jak 1, 18 in verbum veritatis, einem Syntagma, das auch in 2 Kor 6, 7 und Kol 1, 5 vorzufinden ist. Jedoch bietet gerade hom. in Ps. 3, 10 auch deutliche Unterschiede zu Jak 1, 22: So ist die gesamte Passage von hom. in Ps. 3, 10 vom Bild der Wolken (nubibus) und des Regens (pluvium) durchzogen und spielen hier auch Propheten eine Rolle. Dennoch spricht eine unterschiedliche Ausgestaltung zweier Texte nicht per se gegen eine literarische Abhängigkeit. Ein tieferer Blick auf hom. in Ps. 3, 10 zeigt, dass hier sehr genau nachvollziehbar 2 Tim 2, 15 und, sogar mit explizitem Hinweis auf Paulus, 1 Kor 3, 16 zitiert wird. Dies zeigt, dass die mögliche Reminszenz aus Jak 1, 22, verglichen mit den beiden paulinischen Zitaten, eher gering einzustufen ist. Hier kommt ein weiterer Punkt hinzu: Der entsprechende griechische Text aus dem Codex Monacensis Graecus 314 enthält keine der in der lateinischen Übersetzung auffindbaren Übereinstimmungen zu Jak 1, 18.22. 88 Da beide Texte sehr stark voneinander abweichen, muss dies nicht zwangsweise für eine nachträgliche Ergänzung durch Rufin sprechen, belegt aber zumindest die Problematik bei der Überlieferung der Psalmenhomilien. Insgesamt gesehen ist hier nicht davon 87 Die Debatte um mögliche Verbindungen von Jak 1, 22 zu synoptischen Tradtionen ist aktuell dargestellt bei Allison, James, 331–333, woraus hervorgeht, dass auch hier nicht mit Sicherheit eine Verbindung zu Jesustraditonen hergestellt werden kann, da das Zueinander von Hören und Tun ein bekanntes jüdisches Motiv ist. Mit den Rezeptionen von Jesustraditionen bei Jak im Allgemeinen beschäftigen sich eingehend Kloppenborg, Reception, 93–141, und Popkes, Traditionen, 143–170. 88 Dies zeigt die Synopse der griechischen und lateinischen Texte bei Perrone, Psalmenhomilien, 566, sehr eindrücklich. So muss offenbleiben, welcher Variante hier der Vorzug zu geben ist. Grundlegende Fragen zu diesem Codex sind beantwortet bei Perrone, Einleitung, 1–34, womit auch in diesem Fall eine Abfassung in Caesarea plausibel gemacht werden kann (20–25). Das Gleiche gilt für hom. in Ps. 4, 2.

Weitere Rezeptionen, Echos, Anklänge

169

auszugehen, dass hom. in Ps. 3, 10 auf Jak 1, 22 Bezug nimmt, wobei die Möglichkeit einer literarischen Abhängigkeit dennoch nicht ausgeschlossen werden kann (Kategorie C). Jak 1, 22.23

hom. in Num. 7, 2

22 estote

Et ideo nos non detrahamus Moysi nec derogemus legi, sed simus non solum ‚auditores legis, sed et factores‘, ut cum ipso Moyse ‚conglorificari‘ mereamur. Ego autem puto, quod et illi materiam praestant ad derogandum Moysi, qui verbi causa, cum legitur liber Levitici vel lectio Numerorum, non ostendunt, quomodo haec, quae ‚in aenigmate‘ scripta sunt, intelligi ‚per speciem‘ debeant, id est qui non spiritaliter ea, quae in lege leguntur, exponunt. GCS 30, 40

autem factores verbi et non auditores tantum fallentes vosmet ipsos. 23 quia si quis auditor est verbi et non factor hic conparabitur viro consideranti vultum nativitatis suae in speculo. Vulgata 22 Γίνεσθε

δὲ ποιηταὶ λόγου καὶ μὴ μόνον ἀκροαταὶ παραλογιζόμενοι ἑαυτούς, 23 ὅτι εἴ τις ἀκροατὴς λόγου ἐστὶν καὶ οὐ ποιητής, οὗτος ἔοικεν ἀνδρὶ κατανοοῦντι τὸ πρόσωπον τῆς γενέσεως αὐτοῦ ἐν ἐσόπτρῳ: NA 28 22 Werdet

Täter (des) Wortes und nicht nur Hörer, die sich selbst täuschen! 23 Wenn einer Hörer (des) Wortes ist, aber nicht Täter, gleicht dieser einem Mann, der sein von Geburt an vorhandenes Gesicht im Spiegel betrachtet.

Und deshalb wollen wir uns nicht von Moses abwenden und uns nicht dem Gesetz entziehen, sondern wir wollen nicht nur „Hörer des Gesetzes, sondern auch Täter“ sein, damit wir mit Moses selbst „gemeinsam gerühmt zu werden“ verdienen. Ich aber glaube, dass auch jene Veranlassung bieten, sich Moses zu entziehen, die, wegen des Wortlautes, wenn man das Buch Leviticus oder die Worte von Numeri liest, nicht zeigen, wie das, was „rätselhaft“ geschrieben wurde, „als Bild“ verstanden werden muss, das heißt, welche nicht geistlich das auslegen, was im Gesetz gelesen wird.

Etwas weniger deutlich als im vorangegangenen Beispiel (hom. in Ps. 3, 10) verhält es sich zwischen Jak 1, 22.23 und hom. in Num. 7, 2: 89 Hier besteht die Übereinstimmung allein in dem Gegenüber von Hörern und Tätern des Wortes (Jak 1, 22.23) zu Hörern und Tätern des Gesetzes, was sprachlich ähnlich zum Ausdruck gebracht wird (factores/auditores). Weitere Übereinstimmungen zwischen diesen Texten finden sich nicht. Obwohl auch hier andere Attribute vorliegen (Wort/Gesetz), ist dennoch eine literarische Abhängigkeit möglich (Kategorie C).

89

Siehe hierzu 8.3.9.

170

Origenes

Jak 1, 22

hom. in Gen. 2, 6

22 estote

Omnipotentis tamen Dei misericordiam deprecemur, qui nos ‚non solum auditores verbi‘ sui faciat, sed et ‚factores‘ et inducat super nostras quoque animas diluvium aquae suae et deleat in nobis, quae scit esse delenda, et vivificet, quae iudicat esse vivificanda, per Christum Dominum nostrum et per spiritum suum sanctum. Ipsi Gloria in aeterna saecula saeculorum. Amen. GCS 29, 38–39

autem factores verbi et non auditores tantum fallentes vosmet ipsos. Vulgata

22 Γίνεσθε

δὲ ποιηταὶ λόγου καὶ μὴ μόνον ἀκροαταὶ παραλογιζόμενοι ἑαυτούς, NA 28

22 Werdet

Täter (des) Wortes und nicht nur Hörer, die sich selbst täuschen!

Dennoch wollen wir (das) Mitleid des allmächtigen Gottes erflehen, der uns „nicht nur zu Hörern seines Wortes“ macht, sondern auch zu „Tätern“ und auch über unsere Seelen die Überschwemmung seines Wassers kommen lässt und in uns das zerstört, das seines Wissens nach zerstört werden muss, und lebendig macht, was ihm zu beleben notwendig erscheint, durch Christus unseren Herrn, und durch seinen Heiligen Geist. Ihm selbst (sei) Ehre in alle Ewigkeit. Amen.

Hom. in Gen. 2, 6 teilt mit Jak 1, 22 das Motiv von den Hörern und Tätern des Wortes, was sprachlich mit factores verbi und auditores verbi ähnlich zum Ausdruck gebracht wird. Bereits der Vergleich mit hom. in Ps. 3, 10 90 hat gezeigt, dass das Motiv von den Hörern und Tätern des Wortes semitische Wurzeln haben kann und auch Parallelen zu synoptischen Traditionen bestehen können. Dennoch erscheint gerade auf der ähnlichen Kombination dieser Wörter eine literarische Abhängigkeit in Form eines Echos durchaus möglich (Kategorie C).

90 Hierfür siehe ausführlich 8.3.8 und zum Motiv vom Hören des Wortes und dem nicht danach Handeln auch Allison, James, 324–326; 331–333.

Weitere Rezeptionen, Echos, Anklänge

171

8.3.9 Die Armen im Geiste Jak 2, 5

hom. in Gen. 16, 4

5 Ἀκούσατε,

id est si qui sunt humiles corde, qui a Christo didicerint mites esse et humiles corde – quod alibi dicitur spiritu pauperes, sed fide diuites –, isti conueniunt ad epulas sapientiae et dapibus eius refecti depellunt famem, quae inualescit super terram. SC 7, 384

ἀδελφοί μου ἀγαπητοί· οὐχ ὁ θεὸς ἐξελέξατο τοὺς πτωχοὺς τῷ κόσμῳ πλουσίους ἐν πίστει καὶ κληρονόμους τῆς βασιλείας, ἧς ἐπηγγείλατο τοῖς ἀγαπῶσιν αὐτόν; NA 28

5 audite

fratres mei dilectissimi nonne Deus elegit pauperes in hoc mundo divites in fide et heredes regni quod repromisit Deus diligentibus se Vulgata

5 Hört,

meine geliebten Brüder! Hat nicht Gott die nach weltlichem Urteil Armen als Reiche im Glauben ausgewählt und als Erben des Königtums, das er den ihn Liebenden zusagte?

Das heißt: Wenn irgendwelche niedrig im Herzen sind, die von Christus gelernt haben, milde zu sein und niedrig im Herzen – was anderswo arm im Geiste genannt wird, aber reich im Glauben –, kommen diese zu Festmählern der Weisheit zusammen und, durch ihre Speisen erholt, legen sie den Hunger ab, der über die Erde sich verbreitet.

Jak 2, 5 und hom. in Gen. 16, 4 stimmen im Motiv von den Armen in dieser Welt, die reich im Glauben werden, überein. Dies zeigt sich auch sprachlich mit pauperes und diuites in fide (Jak 2, 5) und fide diuites (hom. in Gen. 16, 4). Klare Wurzeln dieses Motivs in vorausgehender vorchristlicher Literatur lassen sich nicht nachweisen, 91 was zu dem Schluss führt, dass es sich hierbei um ein Proprium des Jak handelt. Da die Übereinstimmungen mit hom. in Gen 16, 4 dieses Motiv nicht überschreiten und auch sprachlich eine Abweichung festgehalten werden muss, ist eine literarische Abhängigkeit in diesem Fall zwar wahrscheinlich, aber nicht sicher (Kategorie B).

8.3.10 Der Glaube ohne die Werke Jak 2, 17.20.26

comm. in Rom. 2, 13

17 sic

Et videamus, ne forte referri queat ad duo generalia peccata, in quibus incicumcisos esse non expedit, id est, in fide, et in operibus: ut sit incircumcisus corde qui non habet fidem, et incircumcisus carne qui

et fides non habeat opera mortua est in semet ipsam 20 vis autem scire o homo inanis, Quoniam fides sine operibus otiosa est;

91 Damit beschäftigt sich auch Allison, James, 395–396, der beispielsweise für den Begriff der „Armen dieser Welt“ Am 8, 4 oder b. Giṭ heranzieht. Allerdings muss auch klar sein, dass der Zusatz in hoc mundo überhaupt nicht in hom. in Gen. 16, 4 begegnet. Trotzdem bleibt der Ausdruck in Gänze ein Unicum bei Jak. Für eine nähere Exegese von Jak 2, 5 siehe ebenfalls Popkes, Brief des Jakobus, 165–167, der ein besonderes Augenmerk auf die sprachlichen Besonderheiten dieses Verses legt.

172

Origenes

26 sicut

enim corpus sine spiritu emortuum est ita et fides sine operibus mortua est. Vulgata

17 οὕτως

καὶ ἡ πίστις, ἐὰν μὴ ἔχῃ ἔργα, νεκρά ἐστιν καθ᾽ ἑαυτήν. 20 Θέλεις δὲ γνῶναι, ὦ ἄνθρωπε κενέ, ὅτι ἡ πίστις χωρὶς τῶν ἔργων ἀργή ἐστιν; 26 ὥσπερ γὰρ τὸ σῶμα χωρὶς πνεύματος νεκρόν ἐστιν, οὕτως καὶ ἡ πίστις χωρὶς ἔργων νεκρά ἐστιν. NA 28 17 So

ist auch der Glaube, immer wenn er nicht Werke hat, tot in sich selbst. 20 Willst du nun erkennen, (du) leerer Mensch, dass der Glaube ohne die Werke unnütz ist? 26 Denn wie der Leib ohne den Geist tot ist, so ist auch der Glaube ohne Werke tot.

opera non habet. Alterum namque sine altero reprobatur, quia et fides sine operibus mortua dicitur, et ex operibus sine fide nemo apud Deum iustificatur. FC 2/1, 282 Und wir wollen sehen, ob man sie vielleicht auf die beiden Hauptsünden beziehen kann, bei denen es nicht nützt, unbeschnitten zu sein, das heißt im Glauben und in den Werken: Demnach wäre jemand unbeschnitten am Herzen, der keinen Glauben hat, und unbeschnitten am Fleisch, der keine Werke hat. Denn das Eine ohne das Andere wird verworfen, weil auch der Glaube ohne Werke als tot bezeichnet wird, und aufgrund von Werken ohne Glauben wird niemand bei Gott gerechtfertigt. adapt. FC 2/1, 283

Übereinstimmung besteht in der Vorstellung, dass der Glaube ohne Werke tot (Jak 2, 17.26) oder unnütz (Jak 2, 20) sei. Hierbei handelt es sich um ein Spezifikum des Jak. 92 Dieses Bild wird in Jak 2, 17.26 als auch in der Übersetzung des Rufin von comm. in Rom. 2, 13 sprachlich analog ausgedrückt mit den Formulierungen fides non habeat opera mortua est in semet ipsam (Jak 2, 17), fides sine operibus mortua est (Jak 2, 26) und quia et fides sine operibus mortua dicitur (comm. in Rom. 2, 13). In leicht abgewandelter Form findet sich dieses Bild auch in Jak 2, 20 (fides sine operibus otiosa). Interessant an dieser Passage des Römerbriefkommentars ist die Formulierung et ex operibus sine fide nemo apud Deum justificatur, die sich hieran anschließt. Damit wird deutlich, dass Origenes auf die Rechtfertigung in Röm 3, 20 und auch Gal 2, 16 anspielt, indem er aussagt, dass eine Rechtfertigung alleine durch die Werke ohne Glauben nicht möglich ist. Indirekt kann man

92 Dies lässt sich daran erkennen, dass sowohl das Bild als auch die Formulierung immer wieder auf Jak 2, 17 zurückzuführen sind und kein anderer Text dieses Bild, auch in dieser sprachlichen Ausgestaltung, bietet. Mögliche Parallelstellen sind aufgelistet bei Allison, James, 467–468. Dabei sind die Passagen, die aus dem Jak selbst stammen, herauszugreifen: Jak 1, 11 (οὕτος καί + Subjekt); 2, 20 (ἡ πίστις χωρὶς τῶν ἔργων ἀργή ἐστιν); 2, 26 (οὕτως καὶ ἡ πίστις χωρὶς ἔργων νεκρά ἐστιν); 3, 5 (οὕτως καί). Dass es sich hier um Spezifika des Jak handelt, zeigt auch Popkes, Jakobus, 183–190, der dieser Frage sogar einen eigenen Exkurs widmet, indem er hervorhebt, dass gerade dieser Abschnitt des Jak prädestiniert für eine Auseinandersetzung mit der Rechtfertigungslehre des Paulus ist. Knapp hierzu auch Gowler, James, 173–174.

Weitere Rezeptionen, Echos, Anklänge

173

hier auch eine Verbindung zur Rechtfertigungslehre in Jak 2, 14–26 93 sehen. Damit wird klar: Comm. in Rom. 2, 13 ist mit Sicherheit literarisch von Jak 2, 17 und wohl auch von Jak 2, 20 abhängig (Kategorie A). Mit großer Wahrscheinlichkeit zeugt dies auch davon, dass Origenes mit der Rechtfertigungslehre aus dem Jak vertraut war. In Anbetracht des Verweises auf Jak 2, 17.20.26 erscheint dies durchaus möglich, muss allerdings dennoch offengelassen werden. Für die Frage nach den frühen Rezeptionen des Jak ist dies ein wichtiger Meilenstein, da Origenes hier, wenn auch nicht explizit, eine Verbindung zwischen zwei Theologien herstellt, der in den Briefen des Paulus vertretenen und der des Jak. Also diente der Jak, in diesem Fall dessen Rechtfertigungslehre, Origenes hier eindeutig für seine Argumentation und war ihm hilfreich, eine Gegenaussage zu einem aus seiner Sicht falschen, antinomistischen Verständnis der Rechtfertigungslehre des Paulus zu formulieren. 94 Jak 2, 17.20.26

comm. in Rom. 8, 1

17 sic

Si enim habeat quis affectum erga Deum, ignoret autem, quia caritas patiens debet esse, benigna, non inuidens, non perperam agens, non inflata, non ambitiosa, non quaerens, quae sunt, haec et his similia si in caritate non habeat, sed solo affectu diligat Deum competenter et ipsum dicetur, quia caritatem Dei habet, sed non secundum scientiam, si ignoret, quia fides Dei sine operibus mortua est. SC 543, 444

et fides non habeat opera mortua est in semet ipsam 20 vis autem scire o homo inanis, Quoniam fides sine operibus otiosa est; 26 sicut enim corpus sine spiritu emortuum est ita et fides sine operibus mortua est Vulgata 17 οὕτως

καὶ ἡ πίστις, ἐὰν μὴ ἔχῃ ἔργα, νεκρά ἐστιν καθ᾽ ἑαυτήν. 20 Θέλεις δὲ γνῶναι, ὦ ἄνθρωπε κενέ, ὅτι ἡ πίστις χωρὶς τῶν ἔργων ἀργή ἐστιν; 26 ὥσπερ γὰρ τὸ σῶμα χωρὶς πνεύματος νεκρόν ἐστιν, οὕτως καὶ ἡ πίστις χωρὶς ἔργων νεκρά ἐστιν. NA 28 17 So

ist auch der Glaube, immer wenn er nicht Werke hat, tot in sich selbst.

Wenn nämlich jemand eine Gefühlsneigung zu Gott hat, aber nicht weiß, dass Liebe geduldig sein muss, gütig, ohne Neid, nichts Böses tuend, nicht aufgeblasen, nicht ehrgeizig, nicht hinterfragend, was ist, – wenn er dieses und diesem Ähnliches in (seiner) Liebe nicht hat, sondern nur in einem Gefühl Gott liebt, dann wird passend auch gerade das gesagt wer-

93 Die aktuellste und ausführlichste Exegese dieser komplexen Verse des Jak bietet Allison, James, 425–508. Alernativ hierzu kann auch immer noch Mußner, Jakobusbrief, 114–157, empfohlen werden, der sich in einem Exkurs an einen Vergleich der „Werke“ bei Paulus und im Jak wagt. Im Hinblick auf die Frage nach christlicher Existenz im Jak ist diese Sequenz ausführlich betrachtet bei Konradt, Existenz, 207–240, der dabei die Bedeutung eines dem göttlichen Willen gemäßen Lebenswandels für den Empfang des eschatologischen Heils in den Vordergrund stellt. Ferner betont auch Theißen, Ethos, 165, in Zusammenhang mit Jak 2, 14– 26, dass auch für den Autor des Jak der Glaube das ist, was Christen ihre Identität gibt. 94 Weiterführende Gedanken hierzu, wenn auch im Detail an manchen Stellen zu weit gegriffen, bietet Nienhuis, James, 59.

174

Origenes

20 Willst

du nun erkennen, (du) leerer Mensch, dass der Glaube ohne die Werke unnütz ist? 26 Denn wie der Leib ohne den Geist tot ist, so ist auch der Glaube ohne Werke tot.

den, dass er die Liebe Gottes hat, aber nicht gemäß (dem) Wissen, wenn er nicht weiß, dass Glaube an Gott ohne Werke tot ist.

Hier verhält es sich ähnlich wie bei comm. in Rom. 2, 13: 95 So liefert auch comm. in Rom. 8, 1 das für Jak 2, 17.26 zentrale Motiv vom Glauben, der ohne Werke tot ist. Dies drückt Rufin mit den Worten fides Dei sine operibus mortua est aus, was auch sprachlich sehr nahe an Jak 2, 17.26 heranreicht. Etwas abgeschwächt begegnet dieser Gedanke auch in Jak 2, 20, wo es heißt fides sine operibus otiosa est, also die Rede davon ist, dass der Glaube ohne die Werke unnütz ist. Trotz dieser minimalen Verschiebung hat Origines mit Sicherheit in beiden Fällen auf den Jak angespielt und sogar mit dessen Worten gesprochen (Kategorie A). Wie im Beispiel von comm. in Rom. 2, 13 besteht auch hier eine klare Verbindung zu einem zentralen theologischen Thema des Jak, dessen Rechtfertigungslehre. Auch dieses Mal scheut Origenes nicht davor zurück, auf den Jak zurückzugreifen. Jak 2, 17.20.23.26

Jo. 20, 10, 66

17 οὕτως

Οἱ ἕν τι ἐπιλεξάμενοι τῶν τοῦ Ἀβραὰμ ἔργων, τὸ „Ἐπίστευσεν δὲ Ἀβραὰμ τῷ θεῷ, καὶ ἐλογίσθη αὐτῷ εἰς δικαιοσύνην“, καὶ τοῦτο νομίζοντες εἶναι, ἐφ’ ὃ ἀναφέρεται τὸ „Τὰ ἔργα τοῦ Ἀβραὰμ ποιεῖτε“ ἵνα καὶ συγχωρηθῇ αὐτοῖς, ὅτι ἔργον ἐστὶν ἡ πίστις, οὐ συγχωρηθὲν ἂν ὑπὸ τῶν παραδεχομένων τὸ „Πίστις χωρὶς ἔργων νεκρά ἐστιν“ οὐδ’ ὑπὸ τῶν ἀκουόντων, ὅτι διαφέρει τὸ δικαιοῦσθαι „ἐκ πίστεως“ ἤπερ „ἐξ ἔργων νόμου“, ἀπολεγέτωσαν διὰ τί οὐκ εἴρηται „Εἰ τέκνα τοῦ Ἀβραάμ ἐστε, τὸ ἔργον τοῦ Ἀβραὰμ ποιεῖτε“ ἑνικῶς, ἀλλὰ πληθυντικῶς „Τὰ ἔργα τοῦ Ἀβραὰμ ποιεῖτε“, ἴσον, ὡς οἶμαι, τυγχχάνον τῷ πάντα „τὰ ἔργα τοῦ ᾽Αβραὰμ ποιεῖτε“. GCS 10, 337

καὶ ἡ πίστις, ἐὰν μὴ ἔχῃ ἔργα, νεκρά ἐστιν καθ᾽ ἑαυτήν. 20 Θέλεις δὲ γνῶναι, ὦ ἄνθρωπε κενέ, ὅτι ἡ πίστις χωρὶς τῶν ἔργων ἀργή ἐστιν; 23 καὶ ἐπληρώθη ἡ γραφὴ ἡ λέγουσα· ἐπίστευσεν δὲ Ἀβραὰμ τῷ θεῷ, καὶ ἐλογίσθη αὐτῷ εἰς δικαιοσύνην καὶ φίλος θεοῦ ἐκλήθη 26 ὥσπερ γὰρ τὸ σῶμα χωρὶς πνεύματος νεκρόν ἐστιν, οὕτως καὶ ἡ πίστις χωρὶς ἔργων νεκρά ἐστιν. NA 28 17 So

ist auch der Glaube, immer wenn er nicht Werke hat, tot in sich selbst. 20 Willst du nun erkennen, (du) leerer Mensch, dass der Glaube ohne die Werke unnütz ist? 23 und erfüllt wurde die Schrift erfüllt, die sagt: „Abraham glaubte Gott, und es wurde ihm als Gerechtigkeit angerechnet, und er wurde 26 Denn wie der Leib ohne den Geist tot ist, so ist auch der Glaube ohne Werke tot. 95

Diejenigen, die sich ein einziges der Werke des Abraham ausgewählt haben, nämlich: „(Es) glaubte aber Abraham Gott“, und „es wurde ihm angerechnet zur Gerechtigkeit“, und glauben, dass es dieses sei, wo-

In der Untersuchung hierzu finden sich auch weiterführende Hinweise. Siehe 8.3.12.

Weitere Rezeptionen, Echos, Anklänge

175

rauf sich „Tut die Werke Abrahams“ bezieht, damit auch ihnen zugestanden würde, dass der Glaube ein Werk sei, obwohl es nicht zugestanden werden dürfte von denen, die „Glauben ohne Werke ist tot“ billigen und auch nicht von denen, die hören, dass es etwas anderes sei, „aus dem Glauben heraus“ für gerecht zu gelten als „aus den Werken des Gesetzes heraus“, sollen widerlegt werden durch Folgendes: Weswegen ist nicht gesagt: „Wenn ihr Kinder Abrahams seid, tut das Werk Abrahams“ im Singular, sondern im Plural: „Tut die Werke Abrahams“, gleichbedeutend, wie ich meine, mit „Tut alle die Werke Abrahams“.

Jo. 20, 10, 66 bietet eine ganze Reihe von Übereinstimmungen mit dem Jak. So steht die gesamte Passage zunächst im Zeichen der Aufforderung Jesu an die Nachfahren Abrahams, dessen Werke zu tun (vgl. Joh 8, 39). 96 Übereinstimmung mit Jak zeigt sich im Motiv der Werkgerechtigkeit, was auch sprachlich an der mehrfachen Verwendung des Begriffes ἔργα zu erkennen ist, der vor allem auch in Jak 2, 17.20.26 begegnet. Weitere Übereinstimmung zeigt sich in der Formulierung ἐπίστευσεν δὲ Ἀβραὰμ τῷ θεῷ, καὶ ἐλογίσθη αὐτῷ εἰς δικαιοσύνην. In diesem Fall fehlt das für Jak 2, 23 ausschlaggebende Element der Freundschaft Gottes mit Abraham. Dennoch ist generell anzunehmen, dass Origenes sich in Jo. 20, 10, 66 auf den Jak bezieht. Dies kann mit der deutlichen Übereinstimmung in πίστις χωρίς (Jak 2, 20) und πίστις χωρὶς ἔργων νεκρά ἐστιν begründet werden. Wie bereits im Fall von Jo. 19, 23, 152 dargelegt, begegnet die Formulierung πίστις χωρίς innerhalb des Neuen Testaments nur bei Jak 2, 20.26 und kann damit als selten genug eingestuft werden, dass sie eine literarische Abhängigkeit rechtfertigt (Kategorie A). Ohne Zweifel rezipiert Origenes hier den Jak und auch eine Passage, die dessen Kernargumente enthält. Zusammen mit Jo. 19, 23, 152 wird deutlich, dass Origenes sich nicht davor scheut, den Jak in seinen Kerngedanken zu verwenden und dieser ihm sogar für seine eigene theologische Argumentation hilfreich erscheint. 97 Im Vergleich zu allen bisherigen Autoren geht Origenes damit einen großen Schritt weiter. Zudem spricht die Dichte der Übereinstimmungen, wie sie hier vorliegt, dafür, Für nähere Informationen vgl. Nienhuis, Paul, 57–58. Dies unterstreicht Nienhuis, Paul, 57–59, der ebenfalls die Rechtfertigungslehre des Jak als für Origenes nützlich einstuft. Er stellt dabei eine Verbindung zum Römerbriefkommentar des Origenes her, bei dem dies noch deutlicher werde, besonders in Hinsicht auf die Beschneidung. Dies ist auch in dieser Untersuchung nochmals eigens ausgeführt. 96 97

176

Origenes

dass Origenes den Jak bereits in einer Version gekannt haben muss, die von der heute erhaltenen nicht weit entfernt war.

8.3.11 Schaudernde Dämonen Jak 2, 19

fr. in Ps. 3

19 σὺ

πιστεύεις ὅτι εἷς ἐστιν ὁ θεός, καλῶς ποιεῖς· καὶ τὰ δαιμόνια πιστεύουσιν καὶ φρίσσουσιν. NA 28

Εἶτα ἐπειδὴ δαίμονες αὐτὸν δεδοίκασι καὶ φρίττουσι, ἵνα μὴ νομίσῃς τοῦτο μόνον ἀρκεῖν εἰς σωτηρίαν· ὅπερ ἄνω πεποίηκε, τοῦτο καὶ ἐνταῦθα ποιεῖ.

19 tu

Deinde quandoquidem et daemones fremunt et contremiscunt, ne tu opineris id solum esse satis ad salutem, quod superius fecit, nunc non omittit. Analecta Sacra III, 231, 14

credis quoniam unus est Deus bene facis et daemones credunt et contremescunt. Vulgata

19 Du

glaubst, dass Gott ein einziger ist; recht tust du; auch die Dämonen glauben (das) und erschrecken.

Dann, da die Dämonen ihn fürchten und erschrecken, (sagt er,) damit du nicht glaubst, dass dies allein zum Heil ausreicht: Was er oben getan hat, dies macht er auch hier.

Beiden Texten ist das Motiv von den schaudernden Dämonen gemeinsam. Dieses wird in fr. in Ps. 3, welches sich dem Wirken des Origenes in Caesarea zuordnen lässt 98 nochmals mit dem Verb fremunt verstärkt und kann dort auch als Hendiadyoin eingestuft werden. Da sich keine weiteren Übereinstimmungen zwischen beiden Texten finden und das Motiv von schaudernden Dämonen kein Unicum für Jak ist, 99 kann hier eine literarische Abhängigkeit weder ausgeschlossen noch bestätigt werden, ist also möglich (Kategorie C).

8.3.12 Die Gottesfreundschaft Abrahams Jak 2, 23

comm. in Rom. 4, 3

23 et

Sed etsi secundum ea, quae in superioribus disseruimus de lege naturali Paulus haec dicere intellegatur, non erit contrarium rationibus superius redditis. Quamuis enim lex naturae de bono et malo tes-

suppleta est scriptura dicens credidit Abraham Deo et reputatum est illi ad iustitiam et amicus Dei appelatus est. Vulgata

98 Dieser Schluss kann deshalb gezogen werden, weil Origenes hier auf Ps 111 Bezug nimmt und die Kommentierung in Alexandrien, worauf Eusebius im 6. Buch seiner Kirchengeschichte hinweist, nur bis Ps 25 reicht. Siehe hierzu ebenfalls Buchinger, Pascha, 36–37; 46. 99 Die einzelnen Vorkommnisse hierzu listet ausführlich Allison, James, 476–478. So begegnet das Motiv, wie bereits dargestellt, auch bei Clemens von Alexandrien in str. 5, 125, 1. Dies zeigt auch, wie schwierig es ist, mögliche Rezeptionsrichtungen ausfindig zu machen.

Weitere Rezeptionen, Echos, Anklänge 23 καὶ

ἐπληρώθη ἡ γραφὴ ἡ λέγουσα· ἐπίστευσεν δὲ Ἀβραὰμ τῷ θεῷ, καὶ ἐλογίσθη αὐτῷ εἰς δικαιοσύνην καὶ φίλος θεοῦ ἐκλήθη. 23 καὶ ἐπληρώθη ἡ γραφὴ ἡ λέγουσα· ἐπίστευσεν δὲ Ἀβραὰμ τῷ θεῷ, καὶ ἐλογίσθη αὐτῷ εἰς δικαιοσύνην καὶ φίλος θεοῦ ἐκλήθη. NA 28 23 und

erfüllt wurde die Schrift erfüllt, die sagt: „Abraham glaubte Gott, und es wurde ihm als Gerechtigkeit angerechnet, und er wurde Freund Gottes genannt.“

177

timonium reddat secundum iudicium conscientiae, tamen legi fidei non potest exaequari, qua Deo credidit Abraham et iustificari meruit atque amicus Dei appellari. SC 539, 220 Aber auch wenn man annimmt, Paulus habe dies gemäß dem, was wir oben erklärt haben, über das natürliche Gesetz gesagt, so wird das der gerade entwickelten Beweisführung nicht widersprechen. Denn wenn auch das Naturgesetz über das Gute und Böse nach dem Urteil des Gewissens Zeugnis ablegt, so kann es dennoch nicht dem Gesetz des Glaubens gleichgestellt werden, aufgrund dessen Abraham Gott glaubte und für wert befunden wurde, Gerechtigkeit zu angerechnet und er wurde Freund Gottes genannt. adapt. FC 2/2, 193

In comm. in Rom. 4, 3 finden sich alle drei für Jak 2, 23 ausschlaggebenden Momente, 100 der Glaube Abrahams an Gott, der ihm zur Gerechtigkeit angerechnet wird und die daraus resultierende Freundschaft Abrahams mit Gott. Dies wird auch sprachlich nahezu identisch zum Ausdruck gebracht: credidit Abraham Deo et reputatum est illi ad iustitiam et amicus Dei appelatus est (Jak 2, 23) im Vergleich zu Deo credidit Abraham et iustificari meruit atque amicus Dei appellari (comm. in Rom. 4, 3). Normalerweise wäre dies Grund genug, auf eine literarische Abhängigkeit zu schließen. Allerdings ist mit Chadwick 101 darauf aufmerksam zu machen, dass besonders hier an der Zuverlässigkeit der Übersetzung von Rufin Zweifel gehegt werden können, da der Abschnitt 4, 3 nur eine kurze Parallele zum griechischen Text hat. Gegen eine literarische Abhängigkeit spricht, dass dieses Textbeispiel aus dem Römerbriefkommentar des Origenes stammt. So stimmt comm. in Rom. 4, 3 auch mit Röm 4, 8 in dem Motiv von Abraham, der aufgrund seines Glaubens gerechtfertigt wurde, überein. Die für Jak 2, 23 maßgebliche Ergänzung der Freundschaft Gottes mit Abraham könnte auch eine Interpolation durch den Übersetzer Rufin sein. Ausgeschlossen werden kann eine literarische Abhängigkeit zu Jak 2, 23 dennoch nicht und erscheint möglich (Kategorie C).

100 Erläuterungen zu den einzelnen Bestandteilen von Jak 2, 23 und deren Relevanz im Hinblick auf die Frage möglicher literarischer Beziehungen finden sich bei 5.2.1. 101 Hierzu siehe ausführlich Chadwick, Rufinus, 34–35.

178

Origenes

8.3.13 Die Unterwerfung unter Gott Jak 4, 7.10

Jo. 28, 4,27

7 ὑποτάγητε

ἕκαστος δὲ ἑαυτὸν περὶ τῶν τοιούτων κρινέτω, καὶ „δοκιμαζέτω ἄνθρωπος ἑαυτόν, καὶ οὕτως“ οὐ μόνον „ἐκ τοῦ ἄρτου ἐσθιέτω καὶ ἐκ τοῦ ποτηρίου πινέτω“, ἀλλὰ καὶ τοὺς ὀφθαλμοὺς ἐπαράτω καὶ αἰρέτω αὐτοὺς ἄνω κατὰ τὴν εὐχήν, ὑποτάσσων ἑαυτὸν θεῷ καὶ ταπεινῶν ἑαυτὸν ἐκείνῳ λεγέτω. GCS 10, 393

οὖν τῷ θεῷ, ἀντίστητε δὲ τῷ διαβόλῳ καὶ φεύξεται ἀφ᾽ ὑμῶν, 10 ταπεινώθητε ἐνώπιον τοῦ κυρίου καὶ ὑψώσει ὑμᾶς. NA 28 7 Unterwerft

euch also Gott, widersteht aber dem Teufel, und er wird fliehen von euch. 10 Erniedrigt euch vor den Augen des Herrn, und er wird euch erhöhen!

Jeder aber soll sich selbst in solchen Dingen beurteilen und (1Kor 11, 28) „es soll sich selbst prüfen der Mensch, und so“, nicht nur „von Brot sich ernähren und vom Kelch trinken“, sondern er soll auch die Augen erheben und sie im Gebet nach oben wenden, sich selbst Gott unterwerfend und sich erniedrigend soll er mit jenem sprechen.

Jak 4, 7 und Jo. 28, 4,27 ähneln sich in den Formulierungen ὑποτάγητε οὖν τῷ θεῷ und ὑποτάσσων ἑαυτὸν θεῷ. Das Motiv von der Unterwerfung unter Gott, ist in dieser sprachlichen Ausgestaltung als selten einzustufen. 102 Vor dem Hintergrund dieser Beobachtungen ist der Schluss auf eine wahrscheinliche literarische Abhängigkeit in Form eines Echos anzunehmen (Kategorie B). An diesem Textbeispiel sieht man auch sehr schön, wie Origenes Schriften unterschiedlich in seinen Werken aufnimmt. So bietet er hier in seinem Johanneskommentar auch ein direktes Zitat aus 1 Kor 11, 28, was zeigt, dass er einerseits bewusst auf die Herkunft des Zitates aus 1 Kor hinweist, während die Reminszenz aus Jak 4, 7 auf einer anderen Ebene steht. Weshalb Origenes dies hier so handhabt, lässt sich nicht vollständig klären: Die beste Erklärung für diesen Umstand ist wohl, dass er den Vers aus Jak eigenständig interpretiert und an seinen Text anpasst. Da der Johanneskommentar des Origenes bereits explizite Rezeptionen des Jak bietet, 103 lässt sich daraus nicht auf eine geringere Wertschätzung dem Jak gegenüber schließen.

Dies belegt ausführlich Allison, James, 624–626. Dies belegt sehr eindeutig die Gegenüberstellung von Jak 2, 14.17.20.26 mit Jo. 19, 23, 152. 102 103

Weitere Rezeptionen, Echos, Anklänge

179

Ähnlich verhält es sich mit Jak 4, 10: Überschneidungen bestehen bei ταπεινώθητε/ταπεινῶν und im Verb ὑποτάσσω, das allerdings im Neuen Testament mehrfach begegnet. 104 Die Verbindung dieser zwei Wörter macht ein Echo durchaus wahrscheinlich (Kategorie B). Jak 4, 10 10 humiliamini

hom. in Num. 9, 3 in conspectu Domini et

exaltabit vos. Vulgata 10 ταπεινώθητε

ὑψώσει ὑμᾶς.

ἐνώπιον τοῦ κυρίου καὶ

NA 28 10 Erniedrigt

euch vor den Augen des Herrn, und er wird euch erhöhen!

Si vero aliquando oriatur indignatio Dei et veniat pro peccatis saeva correptio, indurentur autem corda nostra, ne convertamur ad Dominum neve humiliemur in conspectu eius, ut in confessione supplicationum motus eius et iracundiam mitigemus sed contra dicamus: „Non est cura Deo de vita mortalium nec pertinent haec ad Deum“, reliquit nos olim nec ad notitiam eius ista perveniunt; GCS 30, 58 Wenn aber einst Gottes Empörung sich erhebt und für die Sünden harte Strafe kommt, wenn aber unsere Herzen hart werden, damit wir uns nicht „dem Herrn zuwenden“ und nicht „uns erniedrigen in seinem Anblick“, damit wir im Bekenntnis unserer Buße seine Erregung und seinen Zorn besänftigen, sondern im Gegenteil sagen: „Gott sorgt sich nicht um das Leben der Sterblichen und diese Dinge betreffen Gott nicht,“ dann hat er uns einst verlassen und diese Dinge gelangen nicht zu seiner Kenntnis.

Wörtliche Übereinstimmung besteht in den Formulierungen humiliamini in conspectu Domini (Jak 4, 10) und humiliemur in conspectu eius (hom. in Num. 9, 3). Da auch das Subjekt gleich ist, stimmen beide Texte auch in dem Motiv der Erniedrigung vor dem Herrn, das so im Neuen Testament nur bei Jak begegnet, überein. Weil jedoch kein direkter Bezug zu Jak herzustellen ist und sich keine weiteren Übereinstimmungen finden, muss die Passage als wahrscheinliche literarische Abhängigkeit eingestuft werden und nicht als sichere (Kategorie B). Daran kann auch die Beobachtung, dass Lk 14, 11 dieses Motiv in ähnlicher Weise verwendet (quia omnis qui se exaltat humiliabitur et qui se

104 So bei 1 Kor 14, 34; 15, 27.28; 16, 16; Eph 1, 22; Hebr 2, 5.8; Röm 8, 20; Lk 2, 51; 10, 17.20. Zudem wird dieses Motiv ausführlich im Vergleich von Jak 4, 10 und Origenes hom. in Num. 23, 10 beleuchtet.

180

Origenes

humiliat exaltabitur – Vulgata) nichts ändern, weil die Übereinstimmung mit Jak 4, 10 stärker ist. 105 Jak 4, 10 10 humiliamini

hom. in Num. 23, 10 in conspectus Domini et

exaltabit vos. Vulgata 10 ταπεινώθητε

ὑψώσει ὑμᾶς.

ἐνώπιον τοῦ κυρίου καὶ

NA 28 10 Erniedrigt

euch vor den Augen des Herrn, und er wird euch erhöhen!

Vides ergo, quales sunt festivitates Dei; non recipiunt dulcedinem corporalem, nihil remissum, nihil voluptuosum aut luxuriosum volunt, sed afflictionem animae et amaritudinem humilitatemque deposcunt, quia ‚qui se humiliat, ipse exaltabitur apud Deum‘. GCS 30, 221 Du siehst also, wie die Feste und Vergnügungen in Gott sind: sie enthalten keine körperliche Wonne, sie wollen keine Erholung, nichts Lustvolles oder Ausschweifendes, sondern sie fordern Bedrängnis der Seele und Bitterkeit und Erniedrigung, da „wer sich erniedrigt, wird selbst bei Gott erhöht werden.“

Auch hom. in Num. 23, 10 bietet das Motiv von der Erniedrigung vor dem Herrn und der darauffolgenden Erhöhung. Dies wird sprachlich ähnlich zum Ausdruck gebracht. Überschneidungen finden sich in der Kombination aus humiliare, exaltare und dem Bezug auf Gott (Dominus/Deus). Weitere inhaltliche oder sprachliche Übereinstimmungen lassen sich nicht erkennen. Wie im vorangehenden Beispiel (hom. in Num. 9, 3) ist auch hier von einer wahrscheinlichen literarischen Abhängigkeit in Form eines Echos auszugehen (Kategorie B).

8.3.14 Ein direktes Zitat von Jak 4, 17? Jak 4, 17

princ. 1, 3,6

17 scienti

Et hoc est, quod dixit, quia excusationem non habent homines pro peccato suo, ex quo eis diuinus sermo uel ratio ostendere coeperit in corde discretionem boni ac mali, ut per hanc debeant refugere et cauere quod malum est, et quia scienti

igitur bonum facere et non facienti peccatum est illi. Vulgata

17 εἰδότι

οὖν καλὸν ποιεῖν καὶ μὴ ποιοῦντι, ἁμαρτία αὐτῷ ἐστιν.

NA 28

105 Mit Allison, James, 612, ist auch darauf hinzuweisen, dass die Ursprünge dieses Motivs bei Jak unklar sind. So besteht die Möglichkeit einer Verbindung zur verlorenen Apokalypse Eldad und Modad, aber auch zu Ps 75, 7. Die hier zugrundeliegende Fragestellung wird davon aber nicht berührt.

Weitere Rezeptionen, Echos, Anklänge 17

Der also, der weiß, was es bedeutet, Gutes zu tun, (es) aber nicht tut, der begeht eine Sünde.

181

bonum et non facienti, inquit, peccatum est illi. SC 252, 156 Und dies ist es, was Jesus gesagt hat (Joh 15, 22), dass die Menschen keine Entschuldigung haben für ihre Sünde, seitdem ihnen der Logos (die göttliche Rede oder Vernunft) begonnen hat, im Herzen die Unterscheidung zwischen Gut und Schlecht zu zeigen, so dass sie zurückweisen und sich hüten müssen vor dem, was böse ist, und deswegen heißt es: Der, der das Gute weiß, (es) aber nicht tut, begeht eine Sünde.

Bei princ. 1, 3,6 handelt es sich um einen Text, der noch in der alexandrinischen Zeit des Origenes entstanden ist. 106 Allerdings ist auch hier nicht mehr das griechische Original erhalten, sondern nur mehr eine lateinische Übersetzung durch Rufin, deren Authentizität weitgehend negativ beurteilt wird. Das heißt, die Verlässlichkeit der Aussagen, welche hier möglich werden, darf nicht zu hoch gehängt werden. 107 Eine deutliche Übereinstimmung zu Jak 4, 17 findet sich in der Formulierung scienti bonum et non facienti […] peccatum est illi und damit in dem Bild, in Sünde zu verfallen, wenn man Gutes zu tun bewusst unterlässt. Während über mögliche frühere Wurzeln dieses Bildes diskutiert werden kann, 108 gibt es keinen anderen Text, der dies sprachlich so zum Ausdruck bringt, sodass in diesem Fall die sprachliche Nähe dafür ausreicht, um auf eine sichere literarische Abhängigkeit zu schließen (Kategorie A).

106 Vgl. hierzu Nautin, Origène, 368–371, der die Werke listet, die Origenes in Alexandrien abgefasst hat und in diesem Zug princ. auf ein Zeitfenster von 222–225 datiert. Ähnlich bei Nienhuis, Paul, 56. 107 Siehe weiterführend hierzu Görgemanns, Einführung, 43; Bardy, Recherches, 106. Diese Debatte ist für einen Vergleich mit 2 Petr ausführlich geführt bei Grünstäudl, Petrus Alexandrinus, 70, der dabei zu dem Ergebnis kommt, dass Veränderungen durch Rufin grundsätzlich als sehr wahrscheinlich gelten, weil dieser damit erreichen wollte, Origenes vor böswilligem Missverstehen zu schützen. 108 So wird schon aus dem Kontext ersichtlich, dass es sich hierbei um ein Herrenwort handelt. Eine konkrete Identifizierung anhand des Textes ist aber nicht möglich. Einen Überblick der verschiedenen Ansätze dazu liefert Allison, James, 663–666, und grundlegend Mußner, Jakobusbrief, 192.

182

Origenes

8.3.15 Autenthizität von hom. in Lev. 2, 4 Jak 5, 19–20

hom. in Lev. 2, 4

19 fratres

Quarta nobis fit remissio peccatorum per hoc, quod et nos remittimus peccata fratribus nostris; sic enim dicit ipse Dominus et Salvator quia: „si remiseritis fratribus vestris ex corde peccata ipsorum, et vobis pater vester peccata vestra. Quod si non remiseritis fratribus vestris ex corde, nec vobis remittet pater vester“, et sicut in oratione nos dicere docuit: „remitte nobis debita nostra, sicut et nos debitoribus nostris“. Quinta peccatorum remissio est, cum ‚converterit quis peccatorem ab errore viae suae‘. Ita enim dicit Scriptura divina quia „qui converti fecerit peccatorem ab errore viae suae, salvat animam a morte, et cooperit multitudinem peccatorum“. GCS 29, 296

mei si quis ex vobis erraverit a veritate et converterit quis eum 20 scire debet quoniam qui converti fecerit peccatorem ab errore viae suae salvabit animam eius a morte et operit multitudinem peccatorum. Vulgata 19 Ἀδελφοί

μου, ἐάν τις ἐν ὑμῖν πλανηθῇ ἀπὸ τῆς ἀληθείας καὶ ἐπιστρέψῃ τις αὐτόν, 19 Ἀδελφοί μου, ἐάν τις ἐν ὑμῖν πλανηθῇ ἀπὸ τῆς ἀληθείας καὶ ἐπιστρέψῃ τις αὐτόν, 20 γινωσκέτω ὅτι ὁ ἐπιστρέψας ἁμαρτωλὸν ἐκ πλάνης ὁδοῦ αὐτοῦ σώσει ψυχὴν αὐτοῦ ἐκ θανάτου καὶ καλύψει πλῆθος ἁμαρτιῶν. NA 28 19 Meine

Brüder, wenn einer unter euch abgeirrt ist von der Wahrheit und einer ihn bekehrt hat, 20 so soll er erkennen: Wer einen Sünder bekehrt hat aus (der) Verirrung seines Weges, wird seine Seele vom Tod retten und die Menge seiner Sünden bedecken.

Die vierte Vergebung der Sünden geschieht uns dadurch, dass auch wir unseren Brüdern (ihre) Sünden vergeben; so nämlich sagt (es) der Herr und Erlöser selbst: „Wenn ihr von Herzen euren Brüdern ihre Sünden vergeben habt, (vergibt) auch euch euer Vater eure Sünden. Wenn ihr (sie) aber euren Brüdern nicht von Herzen vergeben habt, vergibt (sie) auch euch nicht euer Vater“, so wie er uns im Gebet lehrte zu sagen: „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir (vergeben) unseren Schuldigern.“ Die fünfte Vergebung der Sünden ist, weil „einer einen Sünder bekehrt von der Verirrung seines Weges“. So nämlich sagt es die Heilige Schrift: „Wer einen Sünder bekehrt aus der Verirrung seines Weges, rettet sein Leben vor dem Tod und verdeckt eine Menge von Sünden.“

Auch hier stellt die Frage der Ursprünglichkeit der Inhalte ein Problem dar. Die Homilien des Origenes zum Buch Levitikus sind nur mehr in einer lateinischen Übersetzung des Rufin erhalten und nicht mehr im Original. Da Rufin selber

Weitere mögliche Spuren

183

eingesteht, hier sehr frei mit seinen Vorlagen umgegangen zu sein, ist die Akkuratheit und Authentiztität der Übersetzungen stark anzuzweifeln. 109 Hom. in Lev. 2, 4 ist übersät von den Begriffen remittere, convertere und peccata. Bis auf „remittere“ begegnen diese ebenfalls in Jak 5, 19–20. Grundsätzlich drehen sich beide Passagen um das Thema Sünde und Vergebung. Des Weiteren besteht eine konkrete Übereinstimmung in der gesamten Formulierung qui converti fecerit peccatorem ab errore viae suae, salvat animam a morte, et cooperit multitudinem peccatorum, was den Schluss auf eine sichere literarische Abhängigkeit nahelegt (Kategorie A). Mit der Einleitung des Zitates mit ita enim dicit Scriptura divina wird der nachfolgende Text, der unumgänglich dem Jak zuzuordnen ist, als Heilige Schrift qualifiziert. Dies spricht weiter dafür, dass der Jak auf gleicher Ebene betrachtet wird wie andere Schriften, die heute Teil des Neuen Testaments sind, was sich sogar anhand von hom. in Lev. 2, 4 belegen lässt: So ist hier nämlich auch Mt 6, 12, konkret die Vorstellung vom Erlassen der Schulden, 110 wiedergegeben, was explizit mit sicut in oratione nos dicere docuit eingeleitet wird. Darin zeigt sich auch, wie der Verfasser andere Schriften des heutigen Neuen Testaments mit dem Jak verbindet. Es finden sich keine Hinweise darauf, dass Origenes dem Jak eine weniger wichtige Bedeutung beimisst. 111

8.4 Weitere mögliche Spuren Darüber hinaus finden sich womöglich literarische Beziehungen zwischen Jak 1, 27 und hom. in Ps. 3, 9; Jak 2, 19 und Jo. 32, 16, 187; Jak 2, 19 und Jo. 32, 16, 190; Jak 2, 21–25 und hom. in Jos. 16, 5; Jak 3, 2 und fr. in Jer. 11; Jak 4, 8 und hom. in Gen. 1, 7; Jak 2, 21–22 und comm. in Rom. 4, 1; Jak 5, 19 und comm. in Mt. 1, 33. Dies zeigt besonders, dass die in ihrer Überlieferung und Übersetzung teils problematischen Homilien eine nicht zu vernachlässigende Zahl an Rückgriffen auf den Jak verzeichnen, was wiederum unwahrscheinlicher macht, dass die Rezeptionen auf den Übersetzer Rufin zurückgehen. Damit ist aber nicht ausgeschlossen, dass Rufin trotzdem Ergänzungen vorgenommen hat, wie z. B. den Aposteltitel in Zitateinleitungen. Weil die Verbindungen in diesen Fällen schwerer zu erkennen sind und nicht bestätigt werden können, sind diese nur im Appendix der Studie dargestellt.

Vgl. hierzu Buchinger, Pascha, 115. Dies ist sprachlich verifizierbar an der Formulierung remitte nobis debita nostra, sicut et nos debitoribus nostris. 111 Hom. in Lev. 2, 4 tritt ein weiteres Mal in Zusammenhang mit Jak 5, 14.15 auf. Vgl. 12.2.11. 109 110

184

Origenes

8.5 Ergebnis Origenes Das Werk des Origenes ermöglicht es uns, einer Antwort auf die Frage nach der frühen Rezeptionsgeschichte des Jak ein großes Stück näher zu kommen. Die Auswertung von 67 dazu relevanten Texten bietet bisherigen Untersuchungen ein breiteres Fundament, muss einige davon aber auch korrigieren. Zudem lassen sich daraus weitere, neue und interessante Erkenntnisse gewinnen. Grundsätzlich hat die Breite der betrachteten Texte deutlich gemacht, dass der Schluss auf mögliche literarische Abhängigkeitsverhältnisse nicht bei allen Texten, die offensichtlich Inhalte aus dem Jak teilen, möglich ist. Grund dafür ist die Gestalt, in der diese überliefert sind: Gerade im Bereich der Homilien und einzelner Fragmente besteht der begründete Zweifel an der Ursprünglichkeit der Inhalte. Dem wurde hier verstärkt Rechnung getragen. Nichtsdestotrotz ist festzuhalten: Origenes hat den Jak in seinen Werken benutzt wie niemand vor ihm. Dies belegt einerseits die große Zahl der nachgewiesenen Rezeptionen, Echos und Anklänge allgemein, andererseits und vor allem aber die Qualität der Verbindungen. Origenes zitiert mehrfach theologische Spezifika des Jak, etwa dessen Rechtfertigungslehre (Jak 2, 20–26). 112 Daran kann man erkennen, dass der Jak mit seinen Inhalten für Origenes nützlich war. 113 In Form von Einleitungen bzw. expliziten Verweisen macht Origenes sogar bei einigen dieser Texte klar, dass es sich um Zitate aus dem Jak handelt. Meist wird damit auch deutlich, dass Origenes in Jakobus den Verfasser dieser Schrift sah. In diesem Zug muss jedoch auch ein bis dato vorherrschendes Bild korrigiert werden: In der Tat gibt es Einleitungen, in denen die Verfasserangabe mit dem Titel „Apostel“ ergänzt und somit apostolische Verfasserschaft suggeriert wird. 114 Allerdings lässt der Umstand, dass nur eines dieser Beispiele (fr. in Jo. 126, 13–14) noch auf Griechisch erhalten ist, es sich dabei aber um ein zweifelhaftes Fragment handelt und der Rest nur mehr in lateinischen Übersetzungen vorliegt, Grund zur Annahme, dass diese Titulierung nicht auf Origenes selbst zurückgeht, sondern nachträglich eingefügt wurde. Auch lässt sich letzten Endes nicht klären, welcher Jakobus nach Ansicht des Origenes Verfasser des gleichnamigen Briefes war. Klar ist nur, dass Origenes in einem Jakobus den 112 So etwa in Jo. 19, 3,18; 19, 23, 152; 20, 10, 66; 32, 16, 187; 32, 16, 190; hom. in Jos. 10, 2; 16, 5; comm. in Rom. 2, 14; 4, 1; 4, 3; 8, 1; 20, 10; fr. in Ps. 3; fr. in Ps. 643. Auch Johnson, Brother, 77–79, erklärt, wie wichtig Jak 2, 20–26 für den gesamten Jak und dessen Theologie ist. Ebenso Moo, James, 37–43. 113 Zu dieser Erkenntnis kommt auch Nienhuis, Paul, 60, am Ende seiner Untersuchungen gerade in Bezug auf die Rechtfertigungslehre. Er geht sogar so weit, dass er in der Rechtfertigungslehre des Jak für Origenes ein willkommenes Korrektiv für diejenigen sieht, die Paulus in einer antinomistischen Weise falsch verstanden haben. Ähnlich, aber sehr grob, auch bei Allison, James, 14. 114 Hierbei handelt es sich um: comm. in Rom. 4, 8; 9, 24; hom. in Ex. 3, 3; 8, 4; hom. in Lev. 2, 4; 11, 3; 13, 2; hom. in Jos. 10, 2; hom. in Ps. 4, 2; fr. in Jo. 126, 13–14.

Ergebnis Origenes

185

Verfasser sah. Sind die lateinischen Übersetzungen ursprünglich, wäre das wohl der Herrenbruder Jakobus, dem er auch das Attribut „Apostel“ beilegen kann. 115 Damit stellt Origenes sich im Gegensatz zu allen bisher untersuchten Texten auch hinter den Jak und dessen Inhalte. Er markiert teilweise bewusst, woraus er seine theologischen Argumente gewinnt. Das bedeutet auch, dass der Jak Origenes für seine Argumentation wichtig und hilfreich erscheint. Bei bisherigen möglichen Rezeptionen wurden maximal Inhalte zitiert, die wiederum auf andere frühchristliche oder frühjüdische Quellen zurückzuführen waren und sich nicht als Kernthemen des Jak verstehen ließen. Die damit verbundene hohe Wertschätzung dem Jak gegenüber zeigt sich auch an weiteren Merkmalen der Rezeption. So wird der Jak in Zusammenhang mit anderen Schriften genannt, wie etwa dem Jud (hom. in Jos. 7, 1) und den Briefen des Paulus (fr. Apoc. 1). Dies bestätigen auch Beispiele, in denen in einem Abschnitt Elemente aus dem Jak mit anderen Schriften des Neuen Testaments verbunden werden, wie mit 1 Kor 11, 28 in Jo. 28, 4,27 oder mit 1 Kor 7, 34 in fr. in Ps. 643. Alle diese Texte liefern keinen Hinweis darauf, dass Jak bei Origenes nicht gleichwertig mit anderen Schriften des Neuen Testaments behandelt wird. Dies unterstreicht die gleichzeitige Bezeichnung des 1 Kor und Jak als γραφή in fr. in Ps. 643. Zudem ist hierin ein Vorzeugnis „kanonischer Geltung“ des Jak zu sehen. Auch wenn Origenes noch nicht explizit den Titel „Neutestamentlicher Kanon“ verwendet, ist klar, dass er eine Schriftsammlung vor Augen hat, die er damit meint, wenn er eine Schrift als γραφή bezeichnet. Allerdings zeigt das Œuvre des Origenes nicht von Beginn an dieses hohe Maß an Wertschätzung. Vielmehr ist eine Entwicklung festzuhalten: So schwingt in der Zitateinleitung ὡς ἐν τῇ φερομένῃ Ἰακώβου ἐπιστολῇ ἀνέγνωμεν in Jo. 19, 23, 152 (GCS 10, 325) noch eine gewisse Unsicherheit mit, die zeigt, dass Origenes den Jak noch nicht so gut kennt, dass er so souverän damit umgehen kann, wie er dies später tut. 116 Genau das Gleiche spiegelt die Formulierung ὅπερ ἡγοῦμαι εἰρῆθαι ὑπὸ τῆς γραφῆς aus fr. in Jo. 6, 19 wider. Hierzu würde auch passen, dass Origenes den Jak zu Beginn der Abfassung des Johanneskommentars wohl noch nicht zu den kanonischen Schriften zählte, was ein über Eusebius erhaltenes Zitat daraus suggeriert (h.e. 6, 25, 7–10; GCS 9/1, 334). Erst wenige Jahre später taucht der Jak in den Homilien zu Josua (hom. in Jos. 7, 1; SC 71, 196) als Schrift im Kanon des Origenes auf. 117 Diese Entwicklung lässt sich zeitlich deutlicher eingrenzen und noch weiter fassen, weist man die einzelnen Rezeptionen den Schaffensperioden des Origenes in Alexandrien und Caesarea zu. Obwohl es sich hierbei generell um ein 115 Siehe hierzu das Kapitel zur Frage nach dem Verfasser und dem (kanonischen) Wert des Jak bei Origenes: 8.2. 116 Vgl. die Vielzahl an sicherer Rezeptionen. Eine Übersicht findet sich bei 8.1. 117 Weiterführend hierzu vgl. Merkt, 1. Petrus, 17–18.

186

Origenes

schwieriges Unterfangen handelt, ist in diesem Fall klar, dass nur maximal drei Rezeptionen auf die Zeit in Alexandrien fallen: fr. in Jo. 6, 19, Jo. 1, 20 und princ. 1, 3,6. Während fr. in Jo. 6, 19 als sichere Rezeption von Jak eingestuft werden kann, erscheint eine solche bei Jo. 1, 20 nur möglich und muss die Authentizität von princ. 1, 3,6 infrage gestellt werden. 118 Verglichen mit der Vielzahl an Rezeptionen, die dann auf das Wirken des Origenes in Caesarea zurückzuführen ist, sind die Rezeptionen aus Alexandrien als spärlich zu bezeichnen. Die Bedeutung dieser Beobachtung hingegen trägt jedoch noch weitaus größere Früchte, auch wenn die These, dass Origenes den Jak erst nach seiner Übersiedlung nach Caesara ab 231/232 kennengelernt hat, ein Schritt zu viel wäre. 119 Gerade die in fr. in Jo. 6, 19 mitschwingende Unsicherheit zeigt, dass Origenes den Jak in seiner Zeit in Alexandrien kannte, aber kaum verwendete. Nichts deutet darauf hin, dass er ihm bereits dort kanonisches oder sogar apostolisches Ansehen beigemessen hätte. Wie das Beispiel von Jo. 19, 23, 152 zeigt, ist der Jak Origenes auch in Caesarea nicht gleich so vertraut, wie spätere Beispiele eindrücklich belegen. Dies drängt den Gedanken auf, dass Origenes den Jak entscheidend erst in Caesarea kennengelernt hat, womöglich in einer Gemeinde, in der er bereits intensiver verwendet wurde. Dies wäre auch die beste Erklärung für die Frage, weshalb Clemens von Alexandrien, der Lehrer des Origenes, den Jak nicht zu kennen scheint und dieser aber bei Origenes eine so prominente Stellung einnimmt. Alles in allem bringt die Rezeption des Jak bei Origenes neues Licht in die Frage, warum sämtliche Quellen vor ihm über den Jak geschwiegen haben. Es ist nicht abzustreiten, dass Origenes den Jak anfangs nur zögerlich verwendete, aber auch nicht, dass er ihm am Ende wohlgesonnen gegenüberstand. Womöglich spiegeln sich hierin auch Schwierigkeiten des Jak, von anderen frühchristlichen Autoren akzeptiert zu werden, wider. 120 Wenn es wirklich wahr ist, dass Origenes den Jak erst in Caesarea schätzen und womöglich auch kennengelernt hat, heißt dies dann auch, dass er sich im Raum von Palästina – vielleicht bei jüdisch-christlichen Gruppen – länger und intensiver gehalten und verbreitet hat als außerhalb? Heißt das, dass er vielleicht auch hier entstanden sein mag? Über Spekulationen werden wir hier nicht hinauskommen. Sicher spielte Origenes dann auch eine bedeutende Rolle in der Verbreitung des Jak. Ab seiner Zeit mehren sich nämlich die Spuren und Rezeptionen, 121 bis er schließlich an 118 Bei diesem Textbeispiel, welches Jak 4, 17 aufgreift, bestehen erhebliche Zweifel, dass es sich um einen ursprünglichen Text handelt, was sehr vage auch Nienhuis, Paul, 56, eingesteht. Ähnlich Görgemanns, Einführung, 43. Ausführlich dargestellt wird diese Debatte auch bei Grünstäudl, Petrus Alexandrinus, 70. Zur Chronologie der Werke des Origenes vgl. ausführlich Buchinger, Pascha, 36–52; Nautin, Origène, 368–371; Crouzel, Origen, 39–41. 119 Ansatzweise vertritt diese These auch Laws, Epistle, 24. 120 So auch angedacht bei Nienhuis, Paul, 57. 121 Zu nennen sind Dionysius Alexandrinus (* im letzten Jahrzehnt des zweiten Jahrhunderts, † 264/265), ein Schüler des Origenes, Athanasius (* 295/300, † 373), Cyrill von Alexan-

Ergebnis Origenes

187

der Spitze der Katholischen Briefe steht. War Origenes vielleicht der ausschlaggebende Impuls, 122 der ihm gerade im griechischen Osten 123 die letzte Autorität und Seriosität verschafft hat, um diese Spitzenposition einzunehmen und sich noch breitere Akzeptanz zu verschafften? 124 Offen ist in diesem Zusammenhang auch weiterhin, wie es sich erklären lässt, dass sich sichere Spuren des Jak im lateinischen Westen erst wesentlich später, bei Hilarius von Poitiers (* um 315, † 367/368), 125 finden lassen, der den Jak in seinem Werk De trinitate (4, 8) zitiert, das zwischen 356 und 357 entstanden ist: Et Jacobus apostolus dicerit: ‚Apud quem non est demutatio (Jak 1, 17)‘ (PL 10, 101). 126 Da diese Variante nicht mit einer der bekannten lateinischen Übersetzungen übereinstimmt, ist nicht auszuschließen, dass Hilarius den Jak selbst aus dem Griechischen übersetzt hat. 127 Möglich wäre natürlich auch, dass Hilarius den Jak in einer anderen Form kannte oder frei zitierte. 128 Dennoch ist weiter zu fragen, von wem oder wo Hilarius den Jak kennengelernt hat. Sicher ist, dass er in seinem Exil in Kleinasien mit den Strömungen östlicher Theologie in Verbindung kam. 129 Als möglicher Kandidat käme Origenes in Frage, als drien († 444), Eusebius von Caesarea (* vor 264/265, † vor 339/340), Theodor von Mopsuestia (* 350, † 428/429), der den Jak zusammen mit dem Rest der Katholischen Briefe ablehnt, eine Gruppe, die den Jakobusbrief zu den inspirierten Schriften zählt, wie Cyrill von Jerusalem (* um 313, † 386/387), Epiphanius von Salamis (* zwischen 310 und 320, † 403), Amphilochius von Ikonium (* um 340/345, † zwischen 398 und 404), Johannes Chrysostomus (* 349, † 407) und auch Ambrosiaster (Schaffenszeit: 366–384). Weiterführend hierzu Mußner, Jakobusbrief, 58; Ropes, James, 94; Yates, Athanasius, 274–278, und Johnson, Brother, 90. Ähnlich dargestellt bei Bemmerl, Rezeption, 531. 122 Dies findet grundsätzliche Übereinstimmung bei Nienhuis, Paul, 57, der in Origenes sogar eine Art Eintrittskarte für den Jak in den Kanon sieht, eine interessante Idee, die man weiterverfolgen sollte, jedoch zusätzliche Belege erfordert. 123 Diese Position vertritt in ähnlicher Weise Popkes, Brief des Jakobus, 10. 124 Anders argumentiert Hartin, James, 8, der in den Rezeptionen des Jak bei Origenes ein Spiegelbild für dessen vorausgehende Akzeptenz im griechischen Osten sieht. Wie jedoch die in dieser Untersuchung gewonnenen Beobachtungen zeigen, ist selbst bei Origenes noch eine anfängliche Zurückhaltung gegenüber dem Jak festzustellen. 125 Grundsätzliche Fragen hierzu sind beantwortet bei Durst, Hilarius, 333–336. Siehe hierzu ebenfalls knapp Gowler, James, 6–7; Johnson, Brother, 90. Zum Kanonverständnis des Hilarius vgl. besonders McDonald, Biblical Canon, 204. 126 Etwas weiterführend hierzu: Burchard, Jakobusbrief, 27; Moo, James, 4; Nienhuis, Paul, 82, der in diesem Zusammenhang auch noch darauf hinweist, dass Hilarius der erste Theologe der westlichen Kirche war, der den Jak als Schrift zitiert. Dies kann jedoch genauer definiert werden. Hilarius bezeichnet den Jak nicht explizit als Schrift, sondern weist ihm apostolische Verfasserschaft zu. 127 Hiervon gehen Nienhuis, Paul, 82; Ropes, James, 101; Adamson, James, 150, aus. 128 Diese Ansicht vertritt in ähnlicher Weise Yates, Athanasius, 276–277, der dazu verschiedene lateinische Übersetzungsvarianten von Jak 1, 17 in die Diskussion einbringt und einen Vergleich zum Gebrauch des Jak bei Athanasius zieht. 129 Siehe hierzu ausführlicher Durst, Hilarius, 333, der auch deutlich macht, dass Hilarius trotz seines Exils in voller Communio mit seinen gallischen Mitbischöfen blieb, was gewährleistet, dass er durchaus auch neue theologische Impulse in den Westen geben konnte. Weiterführend hierzu auch Williams, Reassessment, 202–217. Dabei kann mit Meijering,

188

Origenes

dessen Bewunderer Hilarius gilt. So könnte der Umgang des Origenes mit dem Jak und dessen damit zum Ausdruck gebrachte Wertschätzung gegenüber dieser Schrift auch bei Hilarius den Ausschlag gegeben haben, den Jak in der römischen Kirche bekannt zu machen und zum Durchbruch zu verhelfen. 130 Da sich hierfür aber keine weiteren Belege finden lassen, ist eine vollständige Antwort immer noch ausstehend. Als gesichert kann nur angenommen werden, dass der Jak im lateinischen Westen nach Hilarius das nächste Mal bei Ambrosiaster in einem Zitat von Jak 5, 20 begegnet, der dem Jak ebenfalls apostolische Verfasserschaft einräumt. 131 Wenn also auch in deutlichem zeitlichen Abstand, nimmt der Jak auch im lateinischen Westen die Position ein, zu der ihm wohl Origenes im griechischen Osten verholfen hat. Trotz der Plausbilität der von Yates ins Feld geführten These, Athanasius von Alexandrien († 373) 132 hätte den Jak vom Osten in den Westen gebracht, lässt sich leider auch dies nicht belegen. 133 Als sichere Erkenntnis bei Athanasius kann dennoch festgehalten werden, dass er den Jak in seinem 39. Osterfestbrief als kanonische Schrift listet und damit ein entscheidendes Zeugnis für den Abschluss des Kanons in Ägypten bildet. 134

Hilary, 10, davon ausgegangen werden, dass Hilarius das Werk de trin. in seinem Exil abgefasst hat. 130 Diese Sichtweise vertritt in ähnlicher Weise auch Johnson, Brother, 90, der die Hochachtung des Origenes bei Hilarius an dessen Kommentaren zum Matthäusevangelium und den Psalmen festmacht. Auch Schnider, Jakobusbrief, 19, misst Hilarius hierbei eine entscheidende Bedeutung bei, führt sein Argument jedoch nicht weiter aus. 131 Siehe hierzu auch Yates, Athanasius, 277; Gowler, James, 7; Mußner, Jakobusbrief, 41. 132 Einführend in Leben und Werk vgl. Heil, Athanasius, 69–76. 133 Dies versucht Yates, Athanasius, 278–288, darzulegen. Dabei zählt zu seinen Hauptargumenten, dass Athanasius mehrfach im Westen im Exil war und dass dieser so eine Abschrift des Jak in den lateinischen Westen gebracht hätte. Da Yates aber keine konkreten Berührungspunkte nennen kann, anhand deren sich der weitere Weg des Jak nachzeichnen ließe, muss diese These als spekulativ eingestuft werden. Gleichzeitig ist auch klar, dass der Jak auch bei Athanasius keine herausragende Position eingenommen hat. Mit dem Kanonverständnis des Athanasius im Allgemeinen beschäftigt sich McDonald, Canon, 202–203. 134 Vgl. hierzu Mußner, Jakobusbrief, 39.

9. Eusebius von Caesarea

In der Reihe von Clemens und Origenes darf Eusebius von Caesarea (* vor 264/ 65, † 339/340) 1 nicht fehlen. Die Rezeption des Jak erreicht bei ihm ein neues Level. Über Origenes hinaus bietet Eusebius auch Aussagen über die mit der Anerkennung des Jak verbundene Problematik. 2 Dies lässt sich an folgenden Texten veranschaulichen: h.e. 2, 23, 25 τοιαῦτα καὶ τὰ κατὰ Ἰάκωβον, οὗ ἡ πρώτη τῶν ὀνομαζομένων καθολικῶν ἐπιστολῶν εἶναι λέγεται· ἰστέον δὲ ὡς νοθεύεται μέν, οὐ πολλοὶ γοῦν τῶν παλαιῶν αὐτῆς ἐμνημόνευσαν, ὡς οὐδὲ τῆς λεγομένης Ἰούδα, μιᾶς καὶ αὐτῆς οὔσης τῶν ἑπτὰ λεγομένων καθολικῶν· ὅμως δ’ ἴσμεν καὶ ταύτας μετὰ τῶν λοιπῶν ἐν πλείσταις δεδημοσιευμένας ἐκκλησίαις. GCS 9/1, 174 Dies nämlich ist die Geschichte von Jakobus, von dem der erste der sogenannten Katholischen Briefe verfasst sein soll. Doch ist zu bedenken, dass er für unecht gehalten wird. Denn nicht viele der Alten haben ihn erwähnt wie auch den sogenannten Judasbrief nicht, der ebenfalls einer der sieben sogenannten Katholischen Briefe sein soll. Doch ist uns bekannt, dass auch diese mit den übrigen Briefen in den meisten Kirchen öffentlich verlesen worden sind. Übersetzung: adapt. Markschies/Schröter, Apokrypen 1, 155

Mit diesem Text aus dem zweiten Band seiner Kirchengeschichte trifft Eusebius gleich mehrere Aussagen über den Jak: So werden Zweifel an der Authentizität des Jak laut, der gleichzeitig als „erster der Katholischen Briefe“ bezeichnet wird. Grund für die Ungewissheit des Eusebius ist, dass der Jak zusammen mit dem Jud selten von den „Alten“ erwähnt wurde. Damit ist nicht nur ausgesagt, dass bis Eusebius die Echtheit des Jak infrage gestellt wurde, sondern dass sich dieser selbst bei der Abfassung seiner Kirchengeschichte Anfang des vierten Jahrhunderts noch nicht darüber im Klaren war. Mit der Aussage, dass die beiden Schriften dennoch in den Kirchen verlesen wurden, ist zugleich ein gewisses Maß an Wertschätzung verbunden, welches auch Autorität zuschreibt. 3 Damit stellt Eusebius Jud und Jak aber auch auf eine gleiche Ebene. Zudem wird Einführend zu Eusebius vgl. Ulrich, Eusebius, 240–245. Ähnlich dargestellt bei Popkes, Brief des Jakobus, 10; Nienhuis, Paul, 57. 3 Diese Sichtweise bieten, wenn auch in abgeschwächter Form, Popkes, Brief des Jakobus, 10; Mußner, Jakobusbrief 40; Burchard, Jakobusbrief, 28; Jackson-McCabe, Politics, 608. 1 2

190

Eusebius von Caesarea

deutlich, dass der Jak nicht nur Teil der Sammlung der Katholischen Briefe ist, die noch nicht so ganz etabliert zu sein schien, worauf die Formulierung ὀνομαζομένων schließen lässt, sondern diese sogar anführt. h.e. 3, 25, 3 καὶ ταῦτα μὲν ἐν ὁμολογουμένοις· τῶν δ’ ἀντιλεγομένων, γνωρίμων δ’ οὖν ὅμως τοῖς πολλοῖς, ἡ λεγομένη Ἰακώβου φέρεται καὶ ἡ Ἰούδα ἥ τε Πέτρου δευτέρα ἐπιστολὴ καὶ ἡ ὀνομαζομένη δευτέρα καὶ τρίτη Ἰωάννου, εἴτε τοῦ εὐαγγελιστοῦ τυγχάνουσαι εἴτε καὶ ἑτέρου ὁμωνύμου ἐκείνῳ. GCS 9/1 250; 252 Diese Schriften gehören zu den anerkannten. Zu den umstrittenen, aber bei den den meisten in Ansehen stehend, gehören der sogenannte (Brief) des Jakobus, der des Judas, der zweite Brief des Petrus und der sogenannte zweite und dritte Brief des Johannes, sei es nun, dass sie dem Evangelisten zugehören oder einem anderen gleichen Namens. Übersetzung: adapt. Markschies/Schröter, Apokrypen 1, 154

Dieses Bild setzt sich nun in h.e. 3, 25, 3 in einer Art Kanonliste fort. 4 Hier zählt Eusebius den Jak zu den Antilegomena, zu Schriften, die an sich bestritten sind, aber dennoch in Ansehen stehen. 5 Der Jak steht hier wieder in einer Reihe mit dem Jud, nun aber auch mit 2 Petr, 2 Joh und 3 Joh. Diese Gruppe steht den Homolegomena gegenüber, die als anerkannt gelten. 6 Auch dieses Zitat führt die Schwierigkeiten des Jak, im Kanon des Neuen Testaments Fuß zu fassen, vor Augen. Für die Tatsache, dass Eusebius den Jak selbst als umstritten ansah, spricht auch der Umstand, dass er selbst selten daraus zitiert und darauf Bezug nimmt. So bietet er nur in eccl. theol. (PG 24, 965; 976) eine Rezeption von Jak 2, 19 und 5, 16 und in seinem Psalmenkommentar (Ps., PG 23, 1244) eine Rezeption von Jak 4, 11, aus deren Einleitung hervorgeht, dass Eusebius den Jak zu den γρα-

4 Mit der Einteilung der heute neutestamentlichen Schriften durch Eusebius beschäftigt sich eingehend Nielsen, Euseb, 25–46, woraus deutlich wird, dass für Eusebius das entscheidende Kriterium bei der Beurteilung der christlichen Schriften in der kirchlichen Tradition liegt: „Wenn eine Schrift bereits in früher Zeit bei den meisten Kirchenvätern Verwendung gefunden hat, so muß diese Schrift notwendigerweise zum neutestamentlichen Schriftenkanon gehören“ (46). 5 Ähnlich dargestellt bei Feldmeier, Jakobusbrief, 342; Laws, Epistle, 24; Johnson, Brother, 39; Moo, James, 3; Mayor, James, lxvi; Zahn, Grundriß, 56–57. Auf die Problematik der Unterscheidung von ἀντιλεγομένωνα und νόθοι bei Eusebius macht Verheyden, Muratori, 530, aufmerksam. Ähnlich Metzger, Canon, 201–207. 6 Hierzu zählt Eusebius die vier Evangelien, die Apg, die Paulusbriefe, 1 Joh, 1 Petr und Offb. Mit dieser Thematik beschäftigt sich eingehend Nienhuis, Paul, 63–70, indem er auch besonders auf die Bedeutung des Verbs ὁμολογέω eingeht und darauf schließt, dass damit schon eine Anerkennung impliziert wird. Knapp auch bei Burchard, Jakobusbrief, 28; Popkes, Brief des Jakobus, 10; Schnider, Jakobusbrief, 19. Analog zum Jak macht diese Beobachtung für den Jud Frey, Brief des Judas, 6.

Eusebius von Caesarea

191

φαῖ zählt. 7 Hierfür spricht auch die Beobachtung bei Nielsen, dass Eusebius für seine Argumentation die Schriften der καινὴ διαθήκη für seine Argumentation einsetzt, während umstrittene Schriften, zu denen bei Eusebius wohl auch der Jak zählt, eine eher untergeordnete Rolle spielen. 8 Am Ende dieses interessanten Befundes muss die Frage nach der Historizität der Aussagen des Eusebius neu gestellt werden: Inwieweit entspricht diese Darstellung des Jak als einerseits umstrittene und trotzdem anerkannte Schrift, die sogar die Sammlung der Katholischen Briefe anführt, wirklich der Realität und inwiefern handelt es sich um historische Fiktion des Eusebius? Obwohl die Objektivität des Eusebius und die historische Verlässlichkeit seiner Aussagen bekanntlich nicht zu hoch eingestuft werden dürfen, 9 spiegeln diese Aussagen aber genau das wider, was bisherige Untersuchungen gezeigt haben und werfen ein neues Licht auf die große Stille, die sich bis Origenes um den Jak gehüllt hat. So trifft auf jeden Fall zu, dass der Jak nicht oft von frühen Quellen zitiert wird, was sich mit den Schwierigkeiten in dessen Anerkennung erklären ließe. Damit ist aber noch nicht ausgesagt, dass es den Jak bis dahin nicht gab. Vielleicht hatte es der Jak auch deshalb schwer, sich großkirchlich ins Gespräch zu bringen und Bedeutung zu verschaffen, weil er anfangs nur kleinen, womöglich judenchristlichen Gemeinden der östlichen Kirche nützlich erschien, er so auch in Misskredit geriet und es erst einer Persönlichkeit von hohem Rang bedurfte, die dieses Missverhältnis durch ihr Ansehen wieder korrigieren konnte. Als Kandidat hierfür kommt, wie bereits angedeutet, gewiss Origenes in Frage. 10

7 Siehe hierzu kurz, Mußner, Jakobusbrief, 40. Ansonsten geht keine Untersuchung auf diese beiden Rezeptionen näher ein. 8 Dargestellt bei Nielsen, Euseb, 25. Den Beweis hierfür versucht Nielsen eindrucksvoll über das Gesamt ihrer Studie zu erbringen. 9 Damit befasst sich Markschies, Origenes, 223–238, der in seinen Untersuchungen Eusebius in seiner Eigenschaft als Schriftsteller besonders nahekommen möchte und dabei die vielfach angeprangerte mangelnde Verlässlichkeit historischer Aussagen bei Eusebius nochmals auf den Prüfstand stellt mit dem Ergebnis, dass man in Eusiebius zumindest keinen unliterarischen Materialsammler sehen darf und sein Hauptanliegen nicht die historisch korrekte Darstellung von Sachverhalten war. Weiter vertieft bei Markschies, Eusebius, 30–50. Verheyden, Origen, 713–726, geht die Frage nach der Verlässlichkeit des Eusebius aus der Perspektive der Aussagen über das Leben des Origenes bei Eusebius an, kommt dabei zu einem ähnlichen Urteil wie Markschies und stellt klar, dass Eusebius immer auch seine eigenen Interessen vertreten hat und wohl auch verschiedene Darstellungen zu Lasten von deren Historizität angepasst hat. Siehe hierzu ebenfalls die umfassende Untersuchung Grant, Eusebius. 10 Diese These vertrete ich aus anderer Perspektive auch in Bemmerl, Rezeption, besonders 538.

10. Kanonlisten

Eine abschließende Möglichkeit bei der Suche nach Spuren des Jak im frühen Christentum eröffnen Kanonlisten bzw. Texte, die Aufzählungen von Schriften enthalten. Dieses Genre gibt Aufschluss darüber, welche Schriften wann, wo und wie in Verwendung waren. Teilweise werden darin auch Ansehen und Autorität einzelner Schriften diskutiert. 1 So begegnet der Jak im Osten in solchen Texten ab dem vierten Jahrhundert, etwa im Catalogus Claromontanus (D p), 2 den Listen des Athanasius († 373), Cyrill von Jerusalem († 386/387), Epiphanius von Salamis († 403), Gregor von Nazianz († um 390), Amphilochius von Ikonium († zwischen 398 und 404) und Johannes Chrysostomus († 407). 3 Im Westen tritt der Jak noch später in Erscheinung und ist die Entwicklung etwas anders zu betrachten. In der Auflistung kanonischer Schriften im afrikanischen Catalogus Mommsenianus (Canon Cheltenham) aus dem Jahr 359 fehlt der Jak zusammen mit dem Jud einerseits, findet andererseits aber in Zusammenhang mit Ambrosius (* um 333/334, † 397), der nie direkt daraus zitiert hat, Erwähnung. 4 Das heißt, der Jak war zur Zeit dieses Catalogus bereits bekannt, genoss aber kein kanonisches Ansehen. Damit beschäftige ich mich auch eingehend in Bemmerl, Rezeption, 520; 531–532. Bei Dp handelt es sich um eine Handschrift aus dem sechsten Jahrhundert, bei der die linke Seite griechisch und die rechte lateinisch abgefasst ist. Einen Abdruck liefert Tischendorf, Codex Claromontanus. Dennoch geht der Text in seinem Kern wohl auf das dritte Jahrhundert zurück, weil beispielsweise der Hirt des Hermas noch als kanonische Schrift betrachtet wird, ebenso wie der 3. Brief an die Korinther, die Paulusakten und die Offenbarung des Petrus. Der Kanonkatalog enthält neben dem Jak auch die restlichen der heute sieben Katholischen Briefe des Neuen Testaments. Zahn, Geschichte 2, 157–172, besonders 168, sieht darin das Hauptargument, dass Jak zusammen mit 2 Petr seinen Ursprung im Osten im dritten Jahrhundert hat und in Rom noch nicht Teil eines sich etablierenden Neuen Testaments war (hierzu: Zahn, Geschichte 2, 314–318; 323–325). Weiterführend hierzu auch Metzger, Text, 51; Westcott, Survey, 555–557; Aland/Aland, Text, 119; Burchard, Jakobusbrief, 28. 3 Die Formierung des Neuen Testaments kann mit dem 39. Osterfestbrief von Athanasius aus dem Jahr 367 als abgeschlossen angesehen werden, auch wenn diese Schrift, wie Mußner, Jakobusbrief, 39, festhält, nicht als allgemein anerkannt gilt. Eine ähnliche Darlegung bietet Zahn, Grundriß, 59–61. Weiterführend hierzu und zu den einzelnen Codices und Kanonlisten vgl. Mußner, Jakobusbrief, 41; Ropes, Critical, 95; 100; Meyer, Rätsel, 8–9; 37; 49; 51; Allison, James, 18; Burchard, Jakobusbrief, 28; Johnson, Brother, 90. Eine tabellarische Übersicht findet sich bei Nienhuis, Paul, 96–97, anhand derer sehr gut zu erkennen ist, welche der Katholischen Briefe in den einzelnen Codices Erwähnung finden, abgelehnt oder anerkannt werden. 4 In diesem Codex, der auch unter dem Namen des Ortes der Bibliothek, in der er aufbewahrt wird, Cheltenham, bekannt ist, fehlt auch der Jud. Dies bedeutet, bis auf den Jak, Jud 1 2

Kanonlisten

193

Eine Besonderheit besteht in dem in lateinischer Sprache verfassten Codex Corbeiensis ( ff ), bei dem es sich vermutlich um eine Handschrift des vierten Jahrhunderts handelt. Hier wird der Jak zwar aufgelistet, aber nicht zusammen mit den heute kanonischen Schriften des Neuen Testaments, sondern mit außerkanonischen Schriften des frühen Christentums. 5 Dies ist ein klares Indiz dafür, dass der Jak innerhalb des Codex Corbeiensis ( ff ) nicht als Teil des Neuen Testaments galt und damit auch nicht das Ansehen genoss wie die Schriften, die dazugehörten. Das wohl spannendste Beispiel in dieser Reihe kann im sogenannten Fragmentum Muratori 6 gesehen werden. Hierbei handelt es sich um ein Fragment, das in einem Codex des Kolumban-Klosters in Bobbio (Codex Ambrosianus I 101 sup.), der im achten Jahrhundert entstand, enthalten ist. 7 Die geläufige Bezeichnung als „Kanon Muratori“ trifft deshalb nicht ganz zu, da es sich nicht primär um eine Kanonliste handelt, sondern um ein am Anfang und Ende unvollständiges Fragment, das auf 85 Zeilen knappe Informationen über die durch seinen Verfasser und dessen Gemeinschaft als autoritativ akzeptierten christlichen Schriften enthält. 8 Für die Kanongeschichte des Neuen Testaments ist das Fragmentum Muratori also von unschätzbarem Wert. Trotz enormer Schwierigkeiten bei der historischen Einordnung erscheint eine Abfassung in einem Zeitraum von 170–220 n. Chr. im Westen des römischen Reiches plausibel. 9 Anders gesprochen: beim Fragmentum Muratori handelt es sich in jedem Fall um ein frühes, wenn nicht sogar das früheste Zeugnis über den autoritativen Gebrauch von Schriften im Westen. 10 und Hebr sind alle Bücher unseres heutigen Neuen Testaments erwähnt. Erfasst und kommentiert ist der Codex bei Zahn, Geschichte 2, 143–156, und zusätzlich bei Zahn, Grundriß, 82– 84, mit einführenden Hinweisen. Hierin wird auch explizit auf die Überlieferungsproblematik und eine Abfassung in Nordafrika hingewiesen. Siehe hierzu auch bezogen auf den Jak Ropes, James, 100; Burchard, Jakobusbrief, 27; Johnson, Brother, 90. 5 Ropes, James, 101, sieht darin ein frühes Zeugnis des Jak. Allerdings tritt dieser hier nicht als Schrift eines Kanons, auf, sondern als Teil einer Sammlung patristischer Texte. Weitere Informationen zu diesem Codex finden sich bei Metzger, Early Versions, 297; Metzger, Text, 102. 6 Zur Popularität dieses Schriftstückes im Allgemeinen siehe auch Verheyden, Muratori, 556. 7 Die Geschichte des Fragmentum Muratori ist anschaulich dargestellt bei Grünstäudl, Petrus Alexandrinus, 81–83. Siehe aber auch Muratori, Antiquitates, 851–856; Metzger, Canon, 191–201; Verheyden, Muratori, 487–556. 8 Diese Ansicht vertreten ebenfalls Verheyden, Muratori, 493, und ohne weitere Begründung bereits Mayor, James, lxvii. 9 Näheres zur umstrittenen historischen Einordnung des Fragmentum Muratori bei Verheyden, Muratori, 487–556, der eine Datierung Ende des zweiten Jahrhunderts vertritt. Auch Hahnemann, Muratorian Fragment, spricht sich für eine Spätdatierung des Dokuments aus. Siehe auch Nienhuis, Paul, 46, der vehement dafür eintritt, dass es sich um einen Text aus dem Westen handelt, und mit weiterführenden Literaturhinweisen auch Grünstäudl, Petrus Alexandrinus, 82–84; Markschies, Kaiserzeitliche Theologie, 232–236. 10 Speziell mit der Frage der Bedeutung des Fragmentums für die Kanongeschichte be-

194

Kanonlisten

Wie auch immer: Der Jak fehlt in diesem Fragment. Er wird in der Auflistung der heute Katholischen Briefe Jud, 1/2 Joh (Z. 68–69) nicht erwähnt. Neben dem Jak wird aber genauso der Rest der heute sieben Briefe umfassenden Sammlung, also 1/2 Petr und 3 Joh, nicht gelistet: 11 epistolae sane iude et superscrictio [!] iohannis duas in catholica habentur Zahn, Geschichte 2, 8 Ferner werden Briefe des Judas und zwei mit der Aufschrift [oder: zwei des oben erwähnten] Johannes in der katholischen Kirche gehalten

Interessant an diesem Fragment ist über das Fehlen des Jak hinaus, dass es neben der Auflistung unterschiedlicher kanonischer Schriften auch Einblick in die Problematik umstrittener Schriften und zugleich Handreichungen für deren Verwendung liefert: So wird deutlich, dass die Apokalypsen des Johannes und des Petrus Schwierigkeiten in ihrer Akzeptanz hatten und ist die Listung des Pastor Hermae mit der Anweisung verbunden, dieser dürfe öffentlich nicht gelesen werden, auch wenn er für den häuslichen Gebrauch nützlich sein könne. 12 Zudem werden die Briefe des Paulus an die Laodizäer und Alexandriner, die Schriften des Arsinous, Valentinus, Miltiades und ein angeblich für Markion verfasstes Psalmenbuch als Fälschungen abgelehnt. 13 Gerade durch die Nenschäftigen sich Tregelles, Canon Muratorianus; Kuhn, Fragment; Zahn, Geschichte 2, 1– 143; Harnack, Testament; Westcott, Survey, 212–220; Credner, Geschichte des Kanons, 71–142; Lietzmann, Bücher, 52–63; Gregory, Canon, 129–133; Lagrange, Introduciton, 59–84. 11 Diese Beobachtung teilen Burchard, Jakobusbrief, 27; Mußner, Jakobusbrief, 38; Johnson, Brother, 90; Allison, James, 18; McKnight, Letter, 29; Vouga, Jacques, 33; Gowler, James, 6; Metzger, Canon, 198–199; Nienhuis, Paul, 46; Pfleiderer, Urchristentum, 541; Johnson, Brother, 39; Moo, James, 4, der das Fragment allerdings sehr spät, auf das Ende des zweiten Jahrhunderts, datiert; aus Sicht des 2 Petr auch Grünstäudl, Petrus Alexandrinus, 84–85; Verheyden, Muratori, 528–530, der dabei auf die Komplexität der Frage hinweist, inwieweit die heute Katholischen Briefe in dem ursprünglichen Schriftstück des Fragmentum Muratori enthalten waren. Darüber hinaus hält Verheyden in Anlehnung an Zahn, Geschichte 2, 143, zumindest für möglich, dass 1 Petr ursprünglich auch Teil dieser Liste war. 12 An dieser Stelle betont Nicklas, Apokryphen, 107, dass man hierin zwar aus heutiger Sicht eine qualitative Differenzierung zwischen Autoritäten der apostolischen Zeit und späteren Schriften sehen könnte, dies aber für den Autor des Muratorischen Fragments nicht von Relevanz gewesen sein dürfte. Das heißt: Es ging hier mehr um die Listung von Schriften und Anweisungen zu deren Verwendung, nicht aber um eine Entscheidung über kanonisch oder nichtkanonisch. Mit dem Kanonverständnis des Origenes, besonders auch in Relation zu Clemens von Alexandrien, beschäftigten sich ausführlich Campenhausen, Entstehung, 354–376, der dieses bestimmt sieht von dessen allegorischer Schriftauslegung, einem „unbedingtem Biblizismus“ und dessen Lehre von der Inspiration, und knapp McDonald, Biblical Canon, 201–202. 13 Vgl. hierzu auch Verheyden, Muratori, 530, der von dem Umstand, dass der Fragmentist im Zuge der Nennung umstrittener oder abgelehnter Schriften kein einziges „apokryphes“ Evangelium, außer dem Pastor Hermae keine andere Schrift der apostolischen Väter und auch keine einzige der apokryphen Akten nennt, darauf schließt, dass dieser spätere Modelle dazu nicht kannte und auch auf keine früheren zurückgreifen konnte.

Kanonlisten

195

nung umstrittener und abgelehnter Schriften ist darauf zu schließen, dass der Jak dem Verfasser des Fragmentum Muratori nicht bekannt war, da er ihn weder als kanonische Schrift erwähnt noch zu den umstrittenen Schriften zählt. 14 Angesichts der Tatsache, dass es sich hier um ein Fragment handelt, dessen Zuverlässigkeit nicht gewährleistet werden kann, ist Zurückhaltung geboten, was definitive Rückschlüsse anbelangt. So könnten Hinweise auf den Jak auch verlorengegangen und Teil der originalen Version gewesen sein. 15 Also bleibt mit Gewissheit nur festzuhalten: Der Jak ist nicht im erhaltenen Teil des Fragments erwähnt. Insgesamt präzisieren Kanonlisten und ähnliche Texte also das Bild eines erst spät, früher im Osten als im Westen auftretenden und lange Zeit umstrittenen Jak. Doch auch dieses Bild ist von Unsicherheiten gezeichnet. So bleibt unklar, ob der Jak im Fragmentum Muratori an der Wende vom ersten in das zweite Jahrhundert wirklich fehlt. Dass der Jak Schwierigkeiten hatte, als kanonische Schrift anerkannt zu werden bzw. nicht als solche angesehen wurde, belegen hingegen sehr gut die beiden Beispiele des afrikanischen Catalogus Mommsenianus und des Codex Corbeiensis ( ff ).

Siehe hierzu ebenso Bemmerl, Rezeption, 531. Zu dem gleichen Schluss kommt Grünstäudl, Petrus Alexandrinus, 85–86, im Fall der beiden Petrusbriefe, die ebenfalls hier nicht enthalten sind. Er steht weiteren Rückschlüssen aufgrund innerer logischer Zusammenhänge, wohl zu Recht, ablehnend gegenüber und verweist zudem auf die lapidare Bemerkung von Verheyden, Muratori, 528: „The information contained in the Fragment regarding the Catholic Epistles is hoplessly confusing.“ 14 15

11. Ergebnisse und Impulse Am Ende dieser rezeptionsgeschichtlichen Spurensuche soll nun Bilanz gezogen werden: Inwieweit kann diese Untersuchung neue Einblicke in die frühe Wirkungsgeschichte des Jakobusbriefs geben, welche bisherigen Erkenntnisse können damit bestätigt und welche müssen korrigiert werden? Wo finden sich tatsächlich die ersten sicheren Spuren für eine Rezeption des Jak und was sagen diese aus? Die unternommenen Antwortversuche auf diese Fragen werden abschließend noch einmal zusammengefasst und sortiert. Daraus lassen sich Impulse und Anregungen für die zukünftige Forschung an der Rezeptionsgeschichte des Jak ableiten. (1) Die ersten beiden Jahrhunderte sind, was den Jak anbelangt, von einem Schweigen gekennzeichnet. Die Suche nach verwertbaren Spuren verläuft weitgehend ergebnislos. Beginnend bei den neutestamentlichen Schriften, treten insbesondere 1 Petr und Jud in das Blickfeld, da beide Texte eine Vielzahl an Übereinstimmungen bieten. Aufgrund der Beschaffenheit dieser Verbindungen ist die beste Erklärung hierfür allerdings nicht in einer direkten literarischen Abhängigkeit zu sehen, sondern wohl eher in einem unabhängigen Rückgriff auf Teile der LXX oder, was noch wahrscheinlicher ist, auf eine Sammlung paränetischer Traditionen, was auch die ähnliche Abfolge der Übereinstimmungen erklären würde. Die im Fall des Jud festgestellten Ähnlichkeiten zeigen bei genauerer Analyse deutliche Abweichungen, sodass eine traditionsgeschichtliche Verwandtschaft nur mehr an der Verfasserzuschreibung „Herrenbruder“ und der Erwähnung von „Jakobus“ in der Superscriptio festgemacht werden könnte. Doch auch dieses Argument reicht nicht für einen verlässlichen Schluss auf eine sichere literarische Abhängigkeit zwischen den beiden Briefen. (2) Für den Bereich der römischen Kirche stellt der Hirt des Hermas das wohl bedeutendste Beispiel dar. Schlüssel für die Bestimmung des Verhältnisses zum Jak ist in dem Gegenüber von Jak 1, 5–8 und mand. 9 zu sehen. Dieses lässt sich am Themenkreis „Gebet und Zweifel“ festmachen, was semantisch seinen Ausdruck besonders im gemeinsam genutzten Wortfeld διψυχ- findet. Einige Autoren sehen darin den ausschlaggebenden Grund für die Annahme von literarischen Beziehungen zwischen den beiden Texten. Allerdings begegnet dieses Wortfeld in antiker griechischer Literatur zu oft, als dass es eine literarische Abhängigkeit begründen könnte. Als mögliche Quelle könnte eventuell die verlorene und nicht näher bekannte Apokalypse Eldad und Modad infrage kommen. Da sich aber auch die weiteren zur Debatte stehenden Textbeispiele nicht

Ergebnisse und Impulse

197

eindeutig dem Jak zuordnen lassen, ist davon auszugehen, dass der Autor des Hirten den Jak nicht aufgriff und ihn wohl auch nicht kannte. Eine Rezeption gilt als unwahrscheinlich. Ein solches Ergebnis fügt sich auch sehr gut in das Gesamtbild, welches sich für den Bereich des römischen Westens ergibt. Wäre nämlich von einer Rezeption des Pastor Hermae im Jak auszugehen, müsste weiter gefragt werden, wie sich das Schweigen um diesen über eine Zeitspanne von 200 Jahren bis zu dessen erstem sicheren Auftreten bei Hilarius von Poitiers (* um 315, † 367/ 368) erklären ließe. 1 Ein Nebenargument, welches sich im Hirt des Hermas verbirgt, lässt sich von dessen Popularität im frühen Christentum ableiten. Während der Hirt des Hermas in den ersten Jahrhunderten teilweise sogar in Kirchen verlesen, von verschiedenen Autoren als autoritativ eingestuft, von anderen diskutiert wurde und sogar Teil von Kanonlisten war, fehlt vom Jak zunächst jede Spur. Ist es dann nicht auch wahrscheinlich, dass der Jak zumindest in diesen Kreisen zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht bekannt war? Auch hier muss dann die Frage ergänzt werden, wie es der Jak dann plötzlich an die Spitze der Katholischen Briefe geschafft hat. In jedem Fall sprechen diese Divergenzen in dem Ansehen von Schriften für einen längeren Prozess der Kanonwerdung von Schriften und nicht für die These eines bereits Ende des zweiten Jahrhunderts fixen Kanons aus neutestamentlichen Schriften, wie David Trobisch sie vehement vertritt. 2 (3) Trotz der Tatsache, dass die meisten Textbeispiele bei dem Kleinasiaten Irenäus von Lyon († um 200) ins Leere führen, bringt das Ergebnis die Suche nach Spuren des Jak einen Schritt weiter: Der Fokus liegt auf Jak 2, 23 mit dem Motiv von Abraham als Freund Gottes, das in Zusammenhang mit dessen Glauben, der ihm zur Gerechtigkeit angerechnet wurde (vgl. Gen 15, 6 LXX), steht. Diese drei Elemente begegnen in gleicher Weise auch in haer. 4, 16, 2. Allerdings muss der Vergleich auf den lateinischen Übersetzungen der beiden Texte aufbauen, was methodologisch die Möglichkeit des Eingriffs durch den Übersetzer beinhaltet. Nichtsdestotrotz ist eine literarische Verwandtschaft gerade in diesem Fall zumindest als plausibel anzunehmen, auch in Verbindung mit dem Gedanken, dass, wenn auch in geringerem Maße, in anderen Fällen immer wieder Gedanken aus dem Jak anklingen. Gleichzeitig muss aber auch bewusst sein: Irenäus zitiert den Jak niemals explizit als Schrift des Jakobus und behandelt ihn auch nicht als Schrift eines sich formierenden Kanons wie andere Schriften, die er als γραφή bezeichnet. In keinem Fall greift Irenäus Spezifika des Jak auf. Dies bedeutet: Auch an der

Dieses Problem sieht auch Nienhuis, Paul, 120. Ausformuliert bei Trobisch, Endredaktion, 11, und Ebner, Kanon, 43–44. Mit dieser Sichtweise befasse ich mich ausführlich in dem Artikel Bemmerl, Rezeption, 517–539. 1 2

198

Ergebnisse und Impulse

Wende vom zweiten zum dritten Jahrhundert herrscht relatives Schweigen um den Jak im Einzugsgebiet des Irenäus. (4) Eine maßgebliche Rolle bei der Suche nach den Spuren des Jak in früher christlicher Literatur kommt der Figurenkonstellation Clemens von Alexandrien († um 220), Origenes († um 253) und Eusebius von Caesarea († 339/340) zu. Das Zueinander dieser drei Autoren im Hinblick auf den Jak könnte spannungsreicher nicht sein, lässt eine deutliche Entwicklung festhalten und wirft gerade deshalb eine Reihe neuer Fragen auf: Der Schlüssel für eine Verhältnisbestimmung zum Jak auf semantischer und inhaltlicher Ebene liegt auch bei Clemens im Motiv von Abraham als Freund Gottes. Im Vergleich zu Irenäus begegnet dieses allerdings nie in der maßgeblichen Kombination mit Gen 15, 6 LXX, wodurch eine literarische Abhängigkeit von Jak 2, 23 als unwahrscheinlich beurteilt werden kann. Auch weitere Textbeispiele liefern keine eindeutigen Verweise zum Jak. So ist in einigen Fällen der Grund für Ähnlichkeiten eher in vorchristlichen Traditionen zu sehen als im Jak selbst, wie etwa im Fall von Jak 4, 6 und str. 3, 49, 2; 4, 106, 4. Spr 3, 34 LXX ist hier mit hoher Wahrscheinlichkeit die bessere Erklärung für die Übereinstimmungen. Andere Beispiele führen zu einem Unentschieden: Eine Verwandtschaft ist nicht auszuschließen, kann aber auch nicht bestätigt werden, sodass die Ähnlichkeiten im besten Fall als Echos einzustufen sind. Eine klare Bezugnahme zum Jak bietet das Werk des Clemens nicht. Gleiches gilt für die Frage, ob etwa die heute verloren gegangenen hyp. des Clemens einen Kommentar zu Jak enthielten. Am Ende bleibt auch hier eher ein Nein als ein Ja. Wenn ja, zählte der Jak bei Clemens auch nicht zur Sammlung der Katholischen Briefe, währenddessen aber der Jud, der im Gesamtwerk eine hohe Wertschätzung erfuhr, schon dazugehörte. Auch dies spricht gegen eine Kenntnis des Jak bei Clemens. Zudem lässt sich eine autoritative Verwendung des Jak mit Sicherheit ausschließen, nicht aber die Möglichkeit, dass gewisse Elemente des Jak bei Clemens anklingen, ohne dass ihm bewusst wäre, dass es sich hierbei um Inhalte des Jak handelt. Wohl aber war der Jak zur Zeit des Clemens im Raum von Alexandrien nicht präsent genug, als dass er Teil großer Bibliotheken war und auch Anlass dazu gegeben hätte, so wie andere Schriften zitiert zu werden. (5) Ein neues Level erreicht die Frage nach den frühen Rezeptionen des Jak bei Origenes. Er gilt zu Recht als erster christlicher Autor, der sichere Rezeptionen des Jak bietet. Damit öffnet sich eine Kluft zu seinem Lehrer Clemens, bei dem sich offensichtlich keine eindeutigen Reminiszenzen aus dem Jak finden lassen, und es stellt sich die Frage, wie es dazu kommen konnte. Trotz der vermeintlichen Rezeptionen des Jak im Gesamtwerk des Origenes ist Vorsicht geboten, wenn es darum geht, verlässliche Aussagen über Ansehen und Verfasser des Jak bei Origenes zu treffen. Eine Vielzahl relevanter Texte liegt nämlich entweder nur mehr fragmentarisch im griechischen Original vor oder in latei-

Ergebnisse und Impulse

199

nischen Übersetzungen, die überwiegend auf Rufin von Aquileia († 411/412) zurückgehen, der teilweise deutliche Veränderungen gegenüber den Originalen vorgenommen hat. Das heißt also, es muss mehr als bisher die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, dass entsprechende Texte oder Inhalte nicht auf Origenes selbst zurückgehen. So kann zwar als gesichert angenommen werden, dass Origenes in einem Jakobus den Verfasser des Jak sah. Unklar bleibt aber, welcher Jakobus damit gemeint ist. Es kann nämlich auch nicht mit Sicherheit angenommen werden, dass Origenes selbst den Verfasser des Jak jemals als Apostel gesehen hat und damit eine apostolische Verfasserschaft zum Ausdruck gebracht hätte. Auch lässt sich nicht sagen, was Origenes genau unter einer solchen Verfasserschaft in Hinsicht auf dessen (kanonischen) Wert verstanden hätte. Sind die lateinischen Übersetzungen aber doch ursprünglich, sieht Origenes im Herrenbruder Jakobus den Verfasser und legt diesem auch das Attribut „Apostel“ bei. Nichtsdestotrotz spricht die große Zahl nachgewiesener Rezeptionen, Echos und Anklänge des Jak bei Origenes dafür, dass er den Jak benutzte wie niemand vor ihm und dass dieser ihm für seine Argumentationen auch durchaus hilfreich erschien, da auch theologische Spezifika des Jak, wie etwa dessen Rechtfertigungslehre (Jak 2, 20–26), aufgegriffen werden und nicht nur Elemente, bei denen es sich um Traditionsgut handelt. Dabei kennzeichnet Origenes Zitate aus dem Jak teils auch mit expliziten Hinweisen darauf in Einleitungen. Die Sympathie und Hochschätzung für den Jak zeigt sich auch dann, wenn Origenes den Jak in eine Reihe mit dem Jud (hom. in Jos. 7, 1) und mit Paulus (fr. Apoc. 1) stellt oder den Jak mit anderen Schriften des Neuen Testaments in Verbindung bringt, wie beispielsweise mit 1 Kor 11, 28 in Jo. 28, 4,27. Zudem kann in der gleichzeitigen Bezeichnung von 1 Kor und Jak als γραφή ein Vorzeugnis für die „kanonische“ Geltung des Jak gesehen werden. Doch nicht von Anfang an nahm der Jak im Œuvre des Origenes eine derart herausragende Stellung ein. Es hat sich gezeigt, dass maximal drei Rezeptionen auf seine Frühzeit in Alexandrien zurückzuführen sind. Das sicherste Beispiel darunter, fr. in Jo. 6, 19, zeigt zudem, dass Origenes den Jak zu diesem Zeitpunkt noch nicht gut genug gekannt haben kann, als dass er ihn sicher zitieren hätte können. Auch die Formulierung ὡς ἐν τῇ φερομένῃ Ἰακώβου ἐπιστολῇ ἀνέγνωμεν aus Jo. 19, 23, 152 (GCS 10, 325) legt den Schluss nahe, dass Origenes den Jak in der ersten Zeit in Cäsarea nicht zu den kanonischen Schriften gezählt hat, sondern erst wenige Jahre später in den Homilien zu Josua (hom. in Jos. 7, 1). Die beste Erklärung hierfür ist, dass Origenes den Jak in Alexandrien maximal bruchstückhaft gekannt und erst ab 231/232 3 in Cäsarea entscheidend kennengelernt hat, vielleicht in einer Gemeinde, die ihn intensiver benutzt hat.

3

Zur Datierung der Umsiedlung nach Caesarea siehe Buchinger, Pascha, 37.

200

Ergebnisse und Impulse

Damit ließe sich auch verstehen, weshalb sein Lehrer, Clemens von Alexandrien, den Jak nicht zu kennen schien. Abschließend zu Origenes bleibt die Frage, ob er, gerade im Osten, nicht ausschlaggebend für die von da an einsetzende Erfolgsgeschichte des Jak bis an die Spitze der Katholischen Briefe war. Mit Sicherheit konnte das zunächst hohe gesamtkirchliche Ansehen des Origenes dazu beitragen. Eine Erklärung für die Frage, warum der Jak in der römischen Kirche noch später, erst ab Hilarius von Poitiers († 367/368), nachweislich begegnet, kann mit alldem leider auch heute nicht gegeben werden. Dabei mag auch weiter merkwürdig erscheinen, dass der Jak im Westen bei Autoren wie Tertullian († um 220) keine Rolle gespielt zu haben scheint und nicht einmal als Schrift genannt wird, wohingegen er den Pastor Hermae zu den abgelehnten Schriften zählt (pud. 10, 20). (6) Eine wiederum eigene Kategorie in der frühen Rezeptionsgeschichte des Jak ist in Eusebius von Caesarea zu sehen, der damit aus dem Schatten des Origenes tritt. So geht aus dem Werk des Eusebius zunächst einmal hervor, dass der Jak die Katholischen Briefe anführt (h.e. 2, 23, 25). Gleichzeitig äußert Eusebius aber auch Zweifel daran, dass es sich beim Jak auch wirklich um eine authentische Schrift handelt, was damit begründet wird, dass nicht viele der „Alten“ den Jak genauo wie den Jud erwähnt haben sollen. Bestätigt werden diese Zweifel in h.e. 3, 25, 3, wenn Eusebius den Jak zusammen mit Jud, 2 Petr und 2/3 Joh zu den ἀντιλεγομένα zählt. Damit gibt Eusebius auch Einblick in die vorangegangene Wirkungsgeschichte des Jak und bestätigt indirekt das Ergebnis dieser Studie: Der Jak wurde bis Origenes selten von anderen Autoren zitiert, was seinen Grund darin hat, dass dessen Echtheit seit jeher in Zweifel stand. Trotzdem ist damit noch nicht ausgesagt, dass der Jak nicht vielleicht doch schon länger existierte und sich in anderen Kreisen großer Beliebtheit erfreut hätte, vielleicht sogar in kleinen judenchristlichen Gruppierungen, über die uns heute keine genauen Details mehr bekannt sind und die „großkirchlich“ zu unbedeutend waren, als dass viel über sie berichtet worden wäre. Dabei könnte für solche Gruppierungen, aus dem der Jak dann hervorgegangen wäre, auch die frühchristliche Persönlichkeit des Jakobus eine besondere Rolle gespielt haben. 4 Vielleicht konnte dem Jak wirklich letztendlich nur eine Persönlichkeit von hohem Rang wie Origenes zum Durchbruch bis an die Spitze der Katholischen Briefe verhelfen? 4 Einen ähnlichen Ansatz verfolgen Konradt, Jakobus der Gerechte, 596–597, und Moo, James, 4, der sogar die Schwierigkeiten des Jak, sich Autorität zu verschaffen, darin begründet sieht, dass Inhalte daraus zu Gunsten der eigenen, aus Sicht der sich etablierenden Großkirche häretischen, Lehre dieser Gruppierungen instrumentalisiert wurde. Dies muss allerdings als Vermutung eingestuft werden, genauso wie eine davon abhängig gemachte Lokalisierung des Jak in Syrien oder Antiochien. Zudem würden judenchrisltiche Ursprünge des Jak gut erklären, weshalb sich im gesamten Jak, wie auch Tomson, Transformations, 119–120, feststellt, keine sozialen Spannungen zwischen Juden und Heiden zeigen.

Ergebnisse und Impulse

201

(7) Der Jak fristet auch in Kanonlisten oder in Texten, die Aufzählungen von Schriften enthalten, ein Schattendasein. 5 So begegnet der Jak im Osten in solchen Texten erst ab dem vierten Jahrhundert. Zu nennen sind der Codex Claromontanus (D p), die Listen des Athanasius († 373), Cyrill von Jerusalem († 386/387), Epiphanius von Salamis († 403), Gregor von Nazianz († um 390), Amphilochius von Ikonium († zwischen 398 und 404) und Johannes Chrysostomus († 407). Auch hier erlangt der Jak in der römischen Kirche erst zeitversetzt Bekanntheit. Er fehlt zusammen mit dem Jud im afrikanischen Catalogus Mommsenianus (Canon Cheltenham) aus dem Jahr 359 innerhalb der Auflistung kanonischer Schriften, wird dort aber in Zusammenhang mit Ambrosius genannt. Anders wird er im Codex Corbeiensis ( ff ) mit außerkanonischen Schriften gelistet, was dafür spricht, dass er in seiner Qualität auch so beurteilt wurde. Auch in dem wahrscheinlich interessantesten Beispiel in dieser Reihe, dem wohl zwischen 170 und 220 zu datierenden Fragmentum Muratori, fehlt der Jak in der Auflistung der heute Katholischen Briefe Jud und 1/2 Joh. Insgesamt bestätigen also auch Kanonlisten das bisher geprägte Bild: Der Jak betritt die Bühne des frühen Christentums erst spät, früher im Osten als im Westen. Dabei spiegeln sich auch hier dessen Schwierigkeiten wider, im Kanon einer sich mehr und mehr schließenden Sammlung neutestamentlicher Schriften Fuß zu fassen. (8) Die komplexe Entwicklung von Nichtrezeption zu Rezeption des Jak hat, wie immer wieder angeklungen ist, auch Konsequenzen, was die Kanongeschichte des Neuen Testaments anbelangt: In Anbetracht der gewonnen Erkenntnisse ist es unvorstellbar, wie Trobisch schon am Ende des zweiten Jahrhunderts von einer ersten Gesamtedition des Neuen Testaments zu sprechen. 6 Eine solche weitreichende These hält den grundsätzlichen Beobachtungen dieser Untersuchung nicht stand: Wie kann es dann sein, dass der Jak erst bei Origenes das erste Mal offensichtlich rezipiert wird? Warum tritt der Jak im griechischen Osten früher in Erscheinung als im lateinischen Westen? Wie sind die Aussagen des Eusebius über dessen mangelnde Anerkennung zu verstehen? Diese Studie kann erste Antworten hierauf geben. Dennoch bietet das bestehende Material Potential für weitere Forschung hierüber. 7 (9) Selbst wenn am Ende der Untersuchung einzelner Autoren oder Texte im Hinblick auf die Frage nach möglichen Spuren des Jak häufig ein ernüchterndes „Vielleicht“ stehen muss, hinterlässt diese Studie dennoch ein gefestigtes Gesamtbild und konnten die frühesten Spuren des Jak auf dem Parkett christlicher Literatur noch deutlicher als bisher nachgezeichnet werden. Auch wenn evenWeiterführend auch hierzu Bemmerl, Rezeption, 520; 531. Diese Position ist skizziert bei Trobisch, Endredaktion, besonders 11, und angeschnitten bei Ebner, Kanon, 43; McDonald, Formation, 109–144. 7 Einen ersten Versuch habe ich in Bemmerl, Rezeptionsgeschichte, 517–538, unternommen. 5 6

202

Ergebnisse und Impulse

tuell Autoren wie Irenäus von Lyon oder Clemens von Alexandrien auf den Jak zurückgegriffen haben mögen, dann nie in dem Maße wie etwa Origenes, der zum ersten Mal auch theologische Spezifika aufgriff. Sämtliche vorangehenden Übereinstimmungen können im besten Fall als Echos eingestuft werden und lassen sich meistens besser über vorangehende Traditionen erklären als mit einem Umweg über eine literarische Abhängigkeit vom Jak. Abschließend sei nochmals hervorgehoben, dass eine Nichtrezeption nicht zugleich mit einer Spätdatierung einhergehen muss. Es kann gut möglich sein, dass der Jak zunächst nur in kleinen Kreisen relevant war und verwendet wurde. Den Durchbruch könnte dem Jak tatsächlich eine Gestalt wie Origenes gebracht haben. Damit hätte der Jak einen neuen, klareren historischen sowie theologischen Ort gefunden.

12. Appendix Hier finden sich alle Passagen, die im Corpus der Untersuchung unberücksichtigt geblieben sind, weil sie nach eingehender Untersuchung keine literarische Abhängigkeit zum Jak erwarten lassen oder für die Gesamtthese der Studie nicht relevant sind, aber der Vollständigkeit halber nicht fehlen sollen. Damit kann das Bild des Jak zwischen Rezeption und Nichtrezeption noch präziser dargestellt werden.

12.1 Synopse zum 1. Clemensbrief Die möglichen Verbindungen zwischen Jak und 1 Clem wurden im Laufe dieser Untersuchung bereits in verschiedenen Abschnitten mitdiskutiert. Hier sollen nun nur die zwei aussagekräftigsten Beispiele herausgegriffen werden: Jak 1, 8

1 Clem 11, 2; 23, 3

8 ἀνὴρ

11, 2 συνεξελθούσης γὰρ αὐτῷ τῆς γυναικὸς ἑτερογνώμονος ὑπαρχούσης καὶ οὐκ ἐν ὁμονοίᾳ εἰς τοῦτο σημεῖον ἐτέθη ὥστε γενέσθαι αὐτὴν στήλην ἁλὸς ἕως τῆς ἡμέρας ταύτης εἰς τὸ γνωστὸν εἶναι πᾶσιν, ὅτι οἱ δίψυχοι καὶ οἱ διστάζοντες περὶ τῆς τοῦ θεοῦ δυνάμεως εἰς κρίμα καὶ εἰς σημείωσιν πάσαις ταῖς γενεαῖς γίνονται. SUC 1, 38

δίψυχος, ἀκατάστατος ἐν πάσαις ταῖς ὁδοῖς αὐτοῦ. NA 28

8 ein

wankelmütiger Mann, unbeständig auf allen seinen Wegen.

11, 2 Denn als die Frau mit ihm fortging, wobei sie einer anderen Meinung und nicht in Eintracht (mit ihm) war, wurde daraufhin ein Zeichen gesetzt, dass sie zu einer Salzsäule wurde bis auf den heutigen Tag, damit allen bekannt sei, dass die Wankelmütigen und die Zweifler an der Macht Gottes zum Gericht und zum Warnzeichen für alle Generationen werden. adapt. Lona, Klemensbrief, 200

204

Appendix

23, 3 πόρρω γενέσθω ἀφ᾽ ἡμῶν ἡ γραφὴ αὕτη, ὅπου λέγει· Ταλαίπωροί εἰσιν οἱ δίψυχοι οἱ διστάζοντες τῇ ψυχῇ οἱ λέγοντες· Ταῦτα ἠκούσαμεν καὶ ἐπὶ τῶν πατέρων ἡμῶν καὶ ἰδού γεγηράκαμεν καὶ οὐδὲν ἡμῖν τούτων συνβέβηκεν. SUC 1, 56 Fern von uns sei diese Schriftstelle, wo es heißt: Unglücklich sind die Wankelmütigen, die in ihrer Seele zweifeln, die sagen: „Dies haben wir schon zur Zeit unserer Väter gehört, und siehe, wir sind alt geworden, und nichts davon ist uns widerfahren.“ adapt. Lona, Klemensbrief, 287

Der Vergleich von Jak 1, 8 und 1 Clem 11, 2; 23, 3 erlaubt folgende drei Aussagen: Übereinstimmung mit beiden Versen aus 1 Clem besteht im Motiv der Wankelmütigkeit, was sich sprachlich an der Verwendung von δίψυχος bei Jak 1, 8 und δίψυχοι bei 1 Clem 11, 2; 23, 3 äußert, welches auch in dieser sprachlichen Ausgestaltung mehrfach im Hirt des Hermas begegnet. 1 Obwohl der Autor des 1 Clem gerade in der Einleitung von 1 Clem 23, 3 ein Zitat aus der Schrift ankündigt, ist hier nicht anzunehmen, dass es sich dabei um Jak 1, 8 handelt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass ein wohl vorchristlicher Text gemeint ist, der heute nicht mehr erhalten ist. Möglich wäre, dass es sich dabei um die verlorene Apokalypse Eldad und Modad handelt. 2 Da keine weiteren Übereinstimmungen vorliegen, lässt sich eine literarische Abhängigkeit nicht plausibel machen und muss als unwahrscheinlich eingestuft werden (Kategorie D). Jak 2, 23

1 Clem 10, 1; 17, 2

23 καὶ

10, 1 Ἀβραάμ ὁ φίλος προσαγορευθείς πιστὸς εὑρέθη ἐν τῷ αὐτὸν ὑπήκοον γενέσθαι τοῖς ῥήμασιν τοῦ θεοῦ. SUC 1, 36

ἐπληρώθη ἡ γραφὴ ἡ λέγουσα· ἐπίστευσεν δὲ Ἀβραὰμ τῷ θεῷ, καὶ ἐλογίσθη αὐτῷ εἰς δικαιοσύνην καὶ φίλος θεοῦ ἐκλήθη. NA 28

23 und

erfüllt wurde die Schrift erfüllt, die sagt: „Abraham glaubte Gott, und es wurde ihm als Gerechtigkeit angerechnet, und er wurde Freund Gottes genannt.“ 1 2

10, 1 Abraham, der der „Freund“ genannt worden ist, wurde gläubig erfunden, insofern als er den Worten Gottes gehorsam war. Lona, Klemensbrief, 192

Der ausführliche Vergleich ist zu finden in 4.2.2. Siehe hierzu 4.2.2.

Synopse zu Tertullian

205

17, 2 ἐμαρτυρήθη μεγάλως Ἀβραὰμ καὶ φίλος προσηγορεύθη τοῦ θεοῦ καὶ λέγει ἀτενίζων εἰς τὴν δόξαν τοῦ θεοῦ ταπεινοφρονῶν „Ἐγὼ δέ εἰμι γῆ καὶ σποδός.“ SUC 1, 46 17, 2 Ein großartiges Zeugnis empfing Abraham: Er wurde Freund Gottes genannt, und (dennoch) sagt er, als er in die Herrlichkeit Gottes blickt, in Demut: „Ich aber bin Erde und Asche.“ Lona, Klemensbrief, 235

Zentrale und wesentliche Übereinstimmung besteht im Motiv von Abraham als Freund Gottes, was sich in den Formulierungen Ἀβραὰμ φίλος θεοῦ (Jak 2, 23) und Ἀβραάμ ὁ φίλος (1 Clem 10, 1) / Ἀβραὰμ φίλος (17, 2) äußert. Wie mehrfach dargelegt, reicht alleine das Motiv von Abraham als Gottesfreund nicht für den Schluss auf eine literarische Abhängigkeit aus, da dieses Motiv bereits in früher jüdischer Literatur bei Philo von Alexandrien (* um 15/10 v. Chr.; † nach 40 n. Chr.) begegnet und auch ansonsten bekannt war. 3 Eine literarische Abhängigkeit ließe sich deshalb nur plausibel machen, wenn alle drei Elemente aus Jak 2, 23, der Glaube Abrahams, der ihm zur Gerechtigkeit angerechnet wird und der daraus sich ergebende Freundschaft Abrahams mit Gott, übereinstimmen, was jedoch hier nicht der Fall ist. Eine literarische Abhängigkeit in diesem Fall ist also nicht anzunehmen (Kategorie D).

12.2 Synopse zu Tertullian Jak 1, 12–14

bapt. 20, 2

12 beatus

Et ideo credo temptati sunt, quoniam obdormierunt, ut adprehensum dominum destituerint et qui cum eo perstiterit et gladio sit usus, ter etiam negauerit; nam et praecesserat dictum neminem intemptatum regna caelestia consecuturum! CCLS 1, 294

vir qui suffert temptationem quia cum probatus fuerit accipiet coronam vitae quam repromisit. 13 nemo cum temptatur dicat quoniam a Deo temptor Deus enim intemptator malorum est ipse autem neminem temptat. 14 unusqisque vero temptatur a concupiscentia sua abstractus et inlectus. Vulgata 12 Μακάριος

ἀνὴρ, ὅς ὑπομένει πειρασμόν, ὅτι δόκιμος γενόμενος λήμψεται τὸν στέφανον τῆς ζωῆς, ὃν ἐπηγγείλατο τοῖς ἀγαπῷσιν αὐτόν. 3

Ausführlich dargestellt bei 5.2.1.

Und deshalb, glaube ich, wurden sie versucht, weil sie eingeschlafen sind, so dass sie den (schon) ergriffenen Herrn zurückließen und, wer mit ihm verharrte und das Schwert benutzt hat, auch dreimal ver-

206

Appendix

13 Μηδεὶς

πειραζόμενος λεγέτω, ὅτι ἀπὸ θεοῦ πειράζομαι· ὁ γὰρ θεὸς ἀπείραστός ἐστιν κακῶν, πειράζει δὲ αὐτὸς οὐδένα. 14 Ἕκαστος δὲ πειράζεται ὑπὸ τῆς ἰδίας ἐπιθυμίας ἐξελκόμενος καὶ δελεαζόμενος· NA 28

leugnet hat; denn auch war das Wort vorangegangen, dass keiner unversucht das Himmelreich erreichen werde!

12 Selig

(der) Mann, der erduldet eine Versuchung, weil er, ein Erprobter geworden, empfangen wird den Kranz des Lebens, den er (sc. Gott) zusagte den ihn Liebenden. 13 Keiner, der versucht wird, soll sagen: „Von Gott werde ich versucht.“ Denn Gott wird nicht versucht vom Bösen und versucht selbst (auch) keinen. 14 Jeder aber wird versucht von (seiner) eigenen Begierde, fortgezerrt und geködert.

Wörtliche Übereinstimmung der beiden Passagen findet sich lediglich in den Wörtern temptationem (Jak 1, 12) und temptati/intemptatum. Diese sind jedoch als gewöhnlich zu betrachten und begegnen beispielsweise auch in Mt 6, 13 und 1 Kor 10, 13. Des Weiteren fehlt in bapt. 20, 2 der für Jak 1, 12 zentrale Ausdruck coronam vitam. Auch abseits der semantischen Ebene finden sich keine deutlichen zusätzlichen Übereinstimmungen. Auf dieser Basis ist nicht von einer literarischen Abhängigkeit auszugehen (Kategorie D). Jak 4, 10 10 humiliamini

cult. fem. 2, 3,2 in conspectu Domini et

exaltabit vos Vulgata 10 ταπεινώθητε

ὑψώσει ὑμᾶς.

ἐνώπιον τοῦ κυρίου καὶ

NA 28 10 Erniedrigt

euch vor den Augen des Herrn, und er wird euch erhöhen!

Dicet aliquis: Quid ergo? non et exclusa luxuria et admissa castitate laude formae sola frui et de bono corporis gloriari licet? Viderit, quem iuuat de carne gloriari. In nobis autem primo quidem nullum gloriae studium, quia gloria exaltationis ingenium est, porro exaltatio non congruit professoribus humilitatis ex praescriptis dei. Dehinc si omnis gloria uana et stuporata, quanto magis quae in carne, nobis dumtaxat? Nam et si gloriandum est, in spiritu nobis, non in carne placere uelle debemus, quia spiritalium sectatores sumus. CCLS 1, 356

Synopse zu Tertullian

207

Es wird einer sagen: Was also? Ist es nicht erlaubt, allein das Lob der Schönheit zu genießen, und sich der Güte des Körpers zu rühmen, wobei man die Ausschweifung ausschließt und die Züchtigkeit zulässt? Man möge sehen, wen es freut, sich des Fleisches zu rühmen. In uns ist aber zuerst freilich kein Bemühen um Ruhm, weil der Ruhm der Erhöhung Veranlagung ist; ferner passt Erhöhung nicht zusammen mit den Lehren der Erniedrigung gemäß den Vorschriften Gottes. Hierauf, wenn jeder Ruhm nichtig und verwunderlich ist, um wieviel mehr der (Ruhm) im Fleisch, wenigstens für uns? Denn auch wenn man sich rühmen muss, müssen wir in unserem Geist, nicht im Fleisch gefallen wollen, weil wir Anhänger der geistlichen Dinge sind.

Einzige wörtliche Übereinstimmung zwischen diesen beiden Passagen ist humiliamini und humilitatis. Die daran angeschlossenen Ausdrücke in conspectu Domini bzw. ex praescriptis dei sind nur bedingt kongruent. Beachtenswert hierbei ist, dass in cult. fem. 2, 3,2 keine Rede von einer Erhöhung, einem zentralen Motiv in Jak 4, 10, ist. 4 Zudem bieten auch Lk 14, 11 mit humiliabitur/ humiliat 5 und 1 Petr 5, 6 mit humiliamini ähnliche Terminologien. Eine literarische Abhängigkeit ist eher nicht anzunehmen (Kategorie D). Jak 5, 11

adv. Marc. 5, 11, 1

11 ecce

Si (deus) commune uocabulum factum est uitio erroris humani, quatenus plures dei dicuntur atque creduntur in saeculo, benedictus tamen deus domini nostri Iesu Christi non alius quam creator intellegetur, qui et uniuersa benedixit – habes Genesim – et ab uniuersis benedicitur – habes Danihelem –; proinde si potest dici sterilis deus, [nullius magis nomine quam creatoris] misericordiarum tamen pater idem erit, qui misericors et miserator et misericordia plurimus dictus est. CCLS 1, 695

beatificamus quis sustinuerunt sufferentiam Iob audistis et finem Domini vidistis quoniam misericors est Dominus et miserator Vulgata

11 ἰδοὺ

μακαρίζομεν τοὺς ὑπομείναντας· τὴν ὑπομονὴν Ἰὼβ ἠκούσατε καὶ τὸ τέλος κυρίου εἴδετε, ὅτι πολύσπλαγχνός ἐστιν ὁ κύριος καὶ οἰκτίρμων. NA 28

11 Siehe,

wir die preisen die Geduldigen selig; von der Geduld Hiobs habt ihr ge-

4 5

Dies erscheint Frisius, Tertullian, 12, in seiner Argumentation besonders wichtig. Für diese Analogie spricht sich auch Allison, James, 632, aus.

208

Appendix

hört und wie es mit ihm ausging, habt ihr gesehen, weil der Herr erbarmungsvoll und barmherzig ist.

Wenn (Gott) zu einem gewöhnlichen Wort gemacht worden ist durch den Fehler menschlichen Irrtums, insoweit mehrere als Götter benannt werden und an sie geglaubt wird auf der Welt, wird dennoch der gesegnete Gott unseres Herrn Jesus Christus nicht anders als als Schöpfer verstanden werden, der sowohl das All gesegnet hat – du hast das Buch Genesis – und von allen gesegnet wird – du hast Daniel –; Wenn Gott daher unfruchtbar genannt werden kann, [durch keinen Namen mehr als den des Schöpfers], wird er dennoch immer der Barmherzigkeiten Vater sein, der erbarmungsvoll und barmherzig und der in der Barmherzigkeit Reichste genannt worden ist.

Übereinstimmung in sprachlicher Hinsicht lässt sich nur in den Wörtern misericors und misericordiarum/misericordia feststellen. Da keine weiteren inhaltlichen Zusammenhänge bestehen, ist eine literarische Abhängigkeit nicht anzunehmen (Kategorie D). Jak 5, 12

idol. 11, 1

12 ante

De generationibus si cetera delictorum recogitemus inprimis cupiditatem radicem omnium malorum, qua quidam inretiti circa fidem naufragium sunt passi, cum bis et idolatria ab eodem apostolo dicta sit cupiditas, tum mendacium cupiditatis ministrum – taceo de periurio, quando ne iurare quidem liceat – negotiatio seruo dei apta est? […]. CCLS 2, 1110

omnia autem fratres mei nolite iurare neque per caelum neque per terram neque aliud quodcumque iuramentum sit autem vestrum est non non uti sub iudicio decidatis Vulgata

12 Πρὸ

πάντων δέ, ἀδελφοί μου, μὴ ὀμνύετε μήτε τὸν οὐρανὸν μήτε τὴν γῆν μήτε ἄλλον τινὰ ὅρκον· ἤτω δὲ ὑμῶν τὸ ναὶ ναὶ καὶ τὸ οὒ οὔ, ἵνα μὴ ὑπὸ κρίσιν πέσητε. NA 28

12 Vor

allem aber, meine Brüder, schwört nicht, weder beim Himmel noch bei der Erde noch irgendeinen anderen Eid! Euer Ja soll ein Ja und euer Nein soll ein Nein sein, damit ihr nicht unter ein Gericht fallt!

Wenn wir bezüglich der Geschlechter die übrigen Vergehen überdenken, besonders die Begierde, die Wurzel allen Übels, in welche verstrickt einige bezüglich des Glaubens Schiffbruch erlitten haben, da zweimal auch der Götzendienst von demselben Apostel Begierde genannt worden ist, ist dann die Täuschung als Dienerin der Begierde – vom Meineid schweige ich, da ja nicht einmal schwören erlaubt sein

Synopse zu Origenes

209

soll – als etwas, mit dem er sich beschäftigt, für den Diener Gottes passend? […].

Die wörtliche Übereinstimmung der beiden Textbeispiele ist mit der einzigen Überschneidung in iurare/iuramentum und iurare als marginal zu betrachten. Auch inhaltlich findet sich darüber hinaus nichts Verbindendes. Eine literarische Abhängigkeit ist unwahrscheinlich (Kategorie D). Jak 5, 17

adv. Iud. 6, 6

17 Helias

Nam et Helias hoc primum, quod famem fuerat imprecatus, satis iam se ieiuniis uouerat. Viuit, inquit, dominus, cui adisto in conspectu eius, si erit ros istis annis et imber. […]. CCLS 2, 1262–1263

homo erat similis nobis passibilis et oratione oravit ut non plueret super terram et non pluit annos tres et menses sex Vulgata

17 Ἠλίας

ἄνθρωπος ἦν ὁμοιοπαθὴς ἡμῖν, καὶ προσευχῇ προσηύξατο τοῦ μὴ βρέξαι, καὶ οὐκ ἔβρεξεν ἐπὶ τῆς γῆς ἐνιαυτοὺς τρεῖς καὶ μῆνας ἕξ· Ἠλίας ἄνθρωπος ἦν ὁμοιοπαθὴς ἡμῖν, καὶ προσευχῇ προσηύξατο τοῦ μὴ βρέξαι, καὶ οὐκ ἔβρεξεν ἐπὶ τῆς γῆς ἐνιαυτοὺς τρεῖς καὶ μῆνας ἕξ· NA 28

Denn auch Elias hatte zunächst dieses, weil er eine Hungersnot erbeten hatte, schon genug sich durch Fasten gewünscht. Es lebt, sagt(e) er, der Herr, in dessen Angesicht ich stehe, wenn es Tau geben wird in diesen Jahren und Regen. […].

17 Elias

war ein Mensch, der Gleiches litt wie wir, und in einem Gebet betete er, dass es nicht regne, und es regnete nicht auf der Erde drei Jahre und sechs Monate lang.

Alleinige Übereinstimmung besteht in der Erwähnung des Helias. Allerdings wird dieser Prophet völlig verschieden in die jeweiligen Kontexte eingebaut. Eine literarische Abhängigkeit ist nicht anzunehmen (Kategorie D).

12.3 Synopse zu Origenes Die Quellenlage bei Origenes erlaubt es, auch einige sichere Rezeptionen, Echos oder Anklänge an den Jak, die mit Blick auf die Hauptthese weniger relevant sind, in den Appendix zu stellen.

210

Appendix

Jak 1, 12

hom. in Gen. 15, 6

12 Μακάριος

Et iterum magno patriarchae Abraham Scriptura testimonium perhibet quoniam defunctus est Abraham plenus dierum. Hoc est ergo: Reuocabo te inde in fidem, uelut si diceret: Quoniam certamen bonum certasti, fidem seruasti, cursum consummasti, reuocabo te iam de hoc mundo ad beatitudinem futuram, ad perfectionem uitae aeternae, ad iustitiae coronam quam reddet Dominus in finem saeculorum omnibus, qui diligunt eum. SC 7, 368

ἀνὴρ, ὅς ὑπομένει πειρασμόν, ὅτι δόκιμος γενόμενος λήμψεται τὸν στέφανον τῆς ζωῆς, ὃν ἐπηγγείλατο τοῖς ἀγαπῷσιν αὐτόν. NA 28

12 beatus

vir qui suffert temptationem quia cum probatus fuerit accipiet coronam vitae quam repromisit Deus dilgentibus se Vulgata

12 Selig

(der) Mann, der erduldet eine Versuchung, weil er, ein Erprobter geworden, empfangen wird den Kranz des Lebens, den er (sc. Gott) zusagte den ihn Liebenden.

Und wiederum gewährt die Schrift dem großen Patriarchen Abraham als Zeugnis, dass „Abraham in hohem Alter gestorben ist“. Dies ist also: „Ich werde dich daher in (den) Glauben zurückrufen“, wie wenn er sagte: „Du hast einen guten Kampf gekämpft, Treue bewahrt, den Lauf vollendet; ich werde dich nun von dieser Welt zur zukünftigen Glückseligkeit zurückrufen, zur Vollkommenheit des ewigen Lebens, zum Kranz der Gerechtigkeit, den Gott allen zum Ende der Zeiten gewährt, die ihn lieben.“

Übereinstimmung aus sprachlicher Sicht besteht in den Wörtern beatus/beatitudinem, coronam, und diligentibus/diligunt. Jedoch ist die jeweilige inhaltliche Ausrichtung der beiden Texte zu verschieden, als dass damit die Annahme einer literarischen Abhängigkeit gerechtfertigt werden könnte (Kategorie D). So spricht auch das Gegenüber von coronam vitae (Jak 1, 12) und iustitiae vitae (hom. in Gen. 15, 6) für diese Beurteilung: Beide Terminologien sind ähnlich, aber nicht identisch. Jak 1, 25

comm. in Mt. 1, 60

25 ὁ

qui enim mox ut coeperit malititiam, id est, mox ut coeperit infans plenum proferre sermonem […], si statim tradiderit se, ut fiat et auditor legis et factor, si quidem permanserit usque ad finem in ipso proposito, vigilavit a vespere et continuavit usque ad mediam noctem et non dedit somnum oculis suis neque usque ad galli

δὲ παρακύψας εἰς νόμον τέλειον τὸν τῆς ἐλευθερίας καὶ παραμείνας, οὐκ ἀκροατὴς ἐπιλησμονῆς γενόμενος ἀλλὰ ποιητὴς ἔργου, οὗτος μακάριος ἐν τῇ ποιήσει αὐτοῦ ἔσται. NA 28

25 qui

autem perspexerit in lege perfecta libertatis et permanserit non auditor ob-

Synopse zu Origenes

211

liviosus factus sed factor operis hic beatus in facto suo erit, Vulgata

cantum neque usque ad mane, inter beatos servos huiusmodi vir conputatur. GCS 38, 136

25 Wer

Wer nämlich bald, sobald er die Bosheit begonnen hat, das heißt, sobald er als Kleinkind begonnen hat, vollständige Sätze hervorzubringen […], wenn er sich sofort dazu entschlossen hat, dass er sowohl Hörer des Gesetzes als auch Täter werde, wenn er wohl freilich bis zum Schluss im selben Vorhaben bliebe, wach war vom Abend an und ununterbrochen fortfuhr bis Mitternacht und nicht Schlaf seinen Augen gab weder bis zum Hahnenschrei noch bis zum Morgen, wird zwischen glücklichen Sklaven für einen Mann derselben Art gehalten.

aber eintaucht in das vollkommene Gesetz der Freiheit und dabeibleibt und nicht ein Hörer (voller) Vergesslichkeit, sondern ein Täter (des) Werkes geworden ist, dieser wird selig sein in seinem Tun.

Röm 2, 13 γὰρ οἱ ἀκροαταὶ νόμου δίκαιοι παρὰ [τῷ] θεῷ, ἀλλ᾽ οἱ ποιηταὶ νόμου δικαιωθήσονται. NA 28

13 οὐ

13 non

enim auditores legis iusti sunt apud Deum sed factores legis iustificabuntur Vulgata

13 denn

nicht die Hörer (des) Gesetzes (sind) gerecht vor Gott, sondern die Täter (des) Gesetzes werden gerechtgesprochen werden.

Wörtliche Übereinstimmung mit Jak 1, 25 besteht in den Wörtern auditor, lege/ legis und factor. Allerdings sind die Kontexte als verschieden zu beurteilen. Zudem macht ein Blick auf Röm 2, 13 schnell klar, dass die Übereinstimmungen hiermit noch deutlicher ist. Da diese Termini jedoch als gewöhnlich einzustufen sind, ist der Schluss auf eine literarische Abhängigkeit der Texte abzulehnen und eher eine literarische Abhängigkeit von Röm 2, 13 anzunehmen, auch wenn hier ebenfalls die Kontexte nicht in Einklang stehen (Kategorie D). Jak 1, 27

hom. in Ps. 3, 9

27 religio

Similiter et cum retrahmus nos ab iis, qui oderunt fratres, et in tenebris ambulant, et in dilectione fratrum permanemus, dies nobis facimus caritatis. Sed et cum iustitiam custodimus, et cum visitantes viduas atque organos in tribulatione sua, immaculatos nos custodiamus ab hoc saeculo, immaculatorum nobis ipsis facimus dies. PG 12, 1344, B 10

munda et inmaculata apud Deum et Patrem haec est visitare pupillos et viduas in tribulatione eorum inmaculatum se custodire ab hoc saeculo. Vulgata

27 θρησκεία

καθαρὰ καὶ ἀμίαντος παρὰ τῷ θεῷ καὶ πατρὶ αὕτη ἐστίν, ἐπισκέπτεσθαι ὀρφανοὺς καὶ χήρας ἐν τῇ θλίψει αὐτῶν, ἄσπιλον ἑαυτὸν τηρεῖν ἀπὸ τοῦ κόσμου. NA 28

Ähnlich auch, wenn wir uns von denen zurückziehen, die (ihre) Brüder hassen und in Dunkelheit laufen, und wir bei der

212

Appendix

27 Reine

und unbefleckte Frömmigkeit bei Gott und Vater ist dies: zu sehen auf Waisen und Witwen in ihrer Bedrängnis, makellos sich zu bewahren von (dieser) Welt.

Liebe zu (unseren) Brüdern bleiben, schaffen wir uns Tage der Liebe. Aber wenn wir sowohl die Gerechtigkeit bewahren als auch, indem wir auf Witwen sehen und Waise in ihrer Bedrängnis, uns makellos bewahren von dieser Welt, schaffen wir für uns selbst Tage der Makellosen.

Jak 1, 27 und hom. in Ps. 3, 9 teilen das Motiv der Rücksicht auf Witwen. Dies zeigt sich sprachlich an Übereinstimmungen in den Wörtern custodire, visitare, viduas, tribulatio, immaculatus und der zusammenhängenden Formulierung custodiamus ab hoc saeculo. Auch wenn die Überschneidungen nicht gänzlich in direktem Zusammenhang stehen, ist hier eine literarische Abhängigkeit dennoch in Form eines Echos als wahrscheinlich anzunehmen, da die motivische Übereinstimmung mit Jak 1, 27 6 am klarsten ist (Kategorie B). Jak 2, 5

hom. in Jos. 19, 4

5 Ἀκούσατε,

Et haec quidem nos pro possibilitate sensus nostri vel etiam pro vestri auditus capacitate discussimus; summa vero scientiae et profundior ac lucidior horum intelligentia apud illos erit, qui veram hereditatem veri et unigeniti filii Dei, quae repromissa est his, qui eum perfecte dilexerint, consequi merebuntur in Christo Iesu Domino nostro, cui est gloria et imperium in saceula saeculorum. Amen! GCS 30, 415

ἀδελφοί μου ἀγαπητοί· οὐχ ὁ θεὸς ἐξελέξατο τοὺς πτωχοὺς τῷ κόσμῳ πλουσίους ἐν πίστει καὶ κληρονόμους τῆς βασιλείας, ἧς ἐπηγγείλατο τοῖς ἀγαπῶσιν αὐτόν; NA 28

5 audite

fratres mei dilectissimi nonne Deus elegit pauperes in hoc mundo divites in fide et heredes regni quod repromisit Deus diligentibus se. Vulgata

5 Hört,

meine geliebten Brüder! Hat nicht Gott die nach weltlichem Urteil Armen als Reiche im Glauben ausgewählt und als Erben des Königtums, das er den ihn Liebenden zusagte?

Und das freilich haben wir gemäß der Möglichkeit unserers Verstandes oder sogar entsprechend der Kapazität eures Hörens erörtert; die Summe aber des Wissens und die tiefere und leuchtendere Einsicht dieser Sachen wird bei jenen sein, die das wahre Erbe des wahren und eingeborenen Sohnes Gottes, das denen versprochen ist, die ihn vollkommen geliebt haben werden, verdienen werden zu erreichen in Christus Jesus, unserem Herrn, dem die Ehre und die Herrschaft in Ewigkeit ist. Amen!

6 Allison, James, 359–366, zeigt zwar, dass diese Motivik zwar Wurzeln im Judentum zu haben scheint, die sich jedoch nicht konkretisieren lassen, was bedeutet, dass Jak 1, 27 hier als deutlichste Parallele zu sehen ist.

Synopse zu Origenes

213

Sprachlich gesehen haben Jak 2, 5 und hom. in Jos. 19, 4 die Wörter heredes/ herditatem und repromisit/repromissa gemeinsam. Jedoch findet das Verb repromitto in beiden Fällen unterschiedliche Verwendung: So wird bei Jak 2, 5 den Armen das Erbe des Königtums in Aussicht gestellt, während Arme in hom. in Jos. kein Thema sind. Hier geht es stattdessen um das Erbe des wahren und eingeborenen Sohnes Gottes, das denjenigen zukommen wird, die Jesus in korrekter Weise geliebt haben. Eine literarische Abhängigkeit ist unwahrscheinlich (Kategorie D). Jak 2, 19

Jo. 32, 16, 187

19 σὺ

Πρῶτον πάντων πίστευσον, ὅτι εἷς ἔστιν ὁ θεός, ὁ τὰ πάντα κτίσας καὶ καταρτίσας καὶ ποιήσας ἐκ τοῦ μὴ ὄντος εἰς τὸ εἶναι τὰ πάντα. GCS 10, 451

πιστεύεις ὅτι εἷς ἐστιν ὁ θεός, καλῶς ποιεῖς· καὶ τὰ δαιμόνια πιστεύουσιν καὶ φρίσσουσιν. NA 28

19 Du

glaubst, dass Gott ein einziger ist; recht tust du; auch die Dämonen glauben (das) und erschrecken.

Zuallererst glaube, dass ein einziger Gott ist, der das All geschaffen und eingerichtet und gemacht hat aus dem nicht Seienden zu dem, dass alles ist. Jo. 32, 16, 190 φέρε οὖν καθ’ ὑπόθεσιν, εἴ τις δοκῶν πιστεύειν εἰς τὸν Ἰησοῦν μὴ πιστεύοι ὅτι εἷς ἐστιν ὁ θεὸς ὁ νόμου καὶ εὐαγγελίου, οὗ τὴν δόξαν οὐρανοί, ὡς ὑπ’ αὐτοῦ γεγενημένοι, διηγοῦνται, καὶ τὸ στερέωμα ἀναγγέλλει τὴν ποίησιν τῶν χειρῶν αὐτοῦ, ὡς ἔργον τυγχάνον αὐτῶν, οὗτος ἂν μεγίστῳ λείποι τῆς πίστεως κεφαλαίῳ. GCS 10, 451; 452 Wohlan also (urteile) gemäß folgender Grundlage: Wenn einer, der an Jesus zu glauben scheint, nicht glauben sollte, dass ein einziger ist der Gott des Gesetzes und des Evangeliums, von dessen Ruhm die Himmel erzählen, dass sie von ihm geschaffen sind, und durch dessen Hände geschaffen zu sein das Firmament verkündet, als ihr treffliches Werk, (dann) dürfte dieser es fehlen lassen an der Hauptsache des Glaubens.

214

Appendix

Wie bei Jak 2, 19 steht auch bei Jo. 32, 16, 187.190 das Motiv von einem einzigen Gott im Vordergrund. Dies zeigt sich sprachlich in der Formulierung ὅτι εἶς ἐστιν ὁ θεός. Außerdem stimmen die Texte auch im Verb πιστεύω, das unterschiedlich konjugiert wird, überein. Wurzeln sind im Schema Israel in Dtn 6, 4 LXX zu sehen: κύριος ὁ θεὸς ὑμῶν κύριος εἷς ἐστιν. Klar dürfte auch sein, dass dieses monotheistische Gottesbekenntnis in seiner christlichen Übertragung nicht wesentlich anders formuliert werden könnte als hier bei Jak und Jo. 32, 16, 187.190. Hierfür sprechen weitere Beispiele aus früher christlicher Literatur. 7 Das heißt, trotz der deutlichen semantischen Übereinstimmungen ist eine literarische Abhängigkeit hier nur als möglich einzustufen (Kategorie C). Jak 2, 21–22

comm. in Rom. 4, 1

21 Abraham

Propterea ergo et in alio scripturae loco dicitur de Abraham, quia ex operibus fidei iustificatus sit, quia certum est eum, qui uere credit, opus fidei et iustitiae et totius bonitatis operari et capacem fieri utriusque gloriae tam eius, quae apud Deum in occulto est, quam etiam eius, quae palam est et non solum apud Deum est. SC 539, 186

pater noster none ex operibus iustificatus est offerens Isaac filium suum super altare 22 vides quoniam fides cooperabatur operibus illius et ex operibus consummata est Vulgata 21 Ἀβραὰμ

ὁ πατὴρ ἡμῶν οὐκ ἐξ ἔργων ἐδικαιώθη ἀνενέγκας Ἰσαὰκ τὸν υἱὸν αὐτοῦ ἐπὶ τὸ θυσιστήριον; 22 βλέπεις ὅτι ἡ πίστις συνήργει τοῖς ἔργοις αὐτοῦ καὶ ἐκ τῶν ἔργων ἡ πίστις ἐτελειώθη, NA 28 21 Wurde

Abraham, unser Vater, nicht aus Werken gerecht gesprochen, nachdem er Isaak, seinen Sohn, auf dem Altar dargebracht hatte? 22 Du siehst, dass der Glaube mit seinen Werken zusammenwirkte und aus den Werken der Glaube vollendet wurde,

Außerdem wird also auch an einer andereren Stelle der Schrift von Abraham gesagt, er sei aufgrund der Werke des Glaubens gerechtfertigt worden, weil es sicher ist, dass der, der wahrhaft das Werk des Glaubens glaubt, für die Gerechtigkeit und umfassende Güte wirkt, und so für beides aufnahmefähig wird, für den Ruhm vor Gott im Verborgenen wie auch für den, der in der Öffentlichkeit, also nicht nur vor Gott, besteht. adapt. FC 2/2, 165

Röm 4, 2 enim Abraham ex operibus iustificatus est habet gloriam sed non apud Deum Vulgata

2 si

2 Denn

wenn Abraham aus Werken gerecht gesprochen wurde, hat er Ruhm, doch nicht bei Gott. 7 Diese sind gelistet bei Allison, James, 473–475, der sich ausführlich damit auseinandersetzt und zu der gleichen Einschätzung kommt.

Synopse zu Origenes

215

Übereinstimmung zwischen Jak 2, 21–22 und comm. in Rom. 4, 1 besteht im Motiv von Abraham, der aus Werken gerechtfertigt wurde. Dies hat sich in der Übersetzung des Rufin auch sprachlich niedergeschlagen in der Formulierung Abraham quia ex operibus fidei iustificatus. Aufgrund der Tatsache, dass es sich hier um eine Passage aus dem Römerbriefkommentar des Origenes handelt und keine zusätzlichen Übereinstimmungen mit Jak 2, 21–22 bestehen, hatte Origenes hier mit hoher Wahrscheinlichkeit aber nicht Jak 2, 21–22 als Vorbild, sondern wohl eher Röm 4, 2. Dennoch ist eine literarische Abhängigkeit nicht auszuschließen und trotzdem als möglich zu betrachten (Kategorie C). Jak 2, 21–25

hom. in Jos. 16, 5

21 Abraham

Non ergo in armis pugnandum est nobis adversum hostes nostros invisibiles, sed orationibus et verbi Dei meditationibus et operibus ac sensibus rectis. Sic enim armabantur et patres fide et operibus vincentes. Vide denique quia sic scriptum est de iis: „crediderunt“ inquit „Deo et Moysi famulo eius“; et tunc cantavit Moyses canticum hoc et dixit: „cantemus Domino, gloriose enim honorificatus est“. GCS 30, 400

pater noster nonne ex operibus iustificatus est offerens Isaac filium suum super altare 22 vides quoniam fides cooperabatur operibus illius et ex operibus fides consummata est 23 et suppleta est scriptura dicens credidit Abraham Deo et reputatum est illia ad iustitiam et amicus Dei appelatus est 24 videtis quoniam ex operibus iustificatur homo et non ex fide tantum 25 similiter autem et Raab meretrix nonne ex operibus iustificata est suscipiens nontios et alia via eiciens Vulgata 21 Ἀβραὰμ

ὁ πατὴρ ἡμῶν οὐκ ἐξ ἔργων ἐδικαιώθη ἀνενέγκας Ἰσαὰκ τὸν υἱὸν αὐτοῦ ἐπὶ τὸ θυσιστήριον; 22 βλέπεις ὅτι ἡ πίστις συνήργει τοῖς ἔργοις αὐτοῦ καὶ ἐκ τῶν ἔργων ἡ πίστις ἐτελειώθη, 23 καὶ ἐπληρώθη ἡ γραφὴ ἡ λέγουσα· ἐπίστευσεν δὲ Ἀβραὰμ τῷ θεῷ, καὶ ἐλογίσθη αὐτῷ εἰς δικαιοσύνην καὶ φίλος θεοῦ ἐκλήθη. 24 ὁρᾶτε, ὅτι ἐξ ἔργων δικαιοῦται ἄνθρωπος καὶ οὐκ ἐκ πίστεως μόνον. 25 ὁμοίως δὲ καὶ Ῥαὰβ ἡ πόρνη οὐκ ἐξ ἔργων ἐδικαιώθη ὑποδεξαμένη τοὺς ἀγγέλους καὶ ἑτέρᾳ ὁδῷ ἐκβαλοῦσα; NA 28

Also nicht in Waffen müssen wir kämpfen gegen unsere unsichtbaren Feinde, sondern durch Gebete und Überlegungen über Gottes Wort und durch Werke und rechte Sinne. So nämlich bewaffneten sich auch (unsere) Väter, die durch Glauben und Werke siegten. Sieh schließlich, dass so über sie geschrieben wurde: „Sie glaubten“, sagte er, „Gott und seinem Diener Moses“, und „da sang Moses dieses Lied und sagte: Lasst uns singen dem Herrn, ruhmvoll nämlich ist er geehrt.“

216

Appendix

21 Wurde

Abraham, unser Vater, nicht aus Werken gerecht gesprochen, nachdem er Isaak, seinen Sohn, auf dem Altar dargebracht hatte? 22 Du siehst, dass der Glaube mit seinen Werken zusammenwirkte und aus den Werken der Glaube vollendet wurde, 23 und erfüllt wurde die Schrift erfüllt, die sagt: „Abraham glaubte Gott, und es wurde ihm als Gerechtigkeit angerechnet, und er wurde Freund Gottes genannt.“ 24 Ihr seht, dass ein Mensch aus Werken gerecht gesprochen wird und nicht aus Glauben allein. 25 Wurde nicht gleicherweise auch Rahab, die Dirne, aus Werken gerechtgesprochen, nachdem sie die Boten aufgenommen und auf einem anderen Weg wegschickt hatte?

Übereinstimmungen zeigen sich in diesem Fall nur schwerlich. Dennoch sind beide Textpassagen ähnlich gestaltet und bieten inhaltliche Übereinstimmungen in der zentralen Motivik. So geht es in beiden Fällen darum, dass Glaube und Werke notwendig sind. Dies zeigt Jak 2, 23 am Beispiel des Abraham und Origenes in hom. in Jos. 16, 5 am Beispiel der Väter bzw. an Mose. Auch wenn die Übereinstimmungen in sprachlicher Hinsicht nicht bedeutend sind (operibus/fides/credere), ist hier ein Echo zu Jak 2, 12–25 durchaus vorstellbar (Kategorie C). Auch bei Origenes gibt es Texte, in denen nach möglichen Beziehungen zu Jak 2, 23 zu fragen ist. Hier kann auf die ausführliche Diskussion zu Jak 2, 23 bei Clemens von Alexandrien und Irenäus von Lyon zurückgegriffen werden, woraus hervorgeht, dass eine Übereinstimmung im Motiv der Freundschaft Abrahams mit Gott (Ἀβραὰμ φίλος θεοῦ) nicht zu dem Schluss auf eine literarische Abhängigkeit berechtigt, da Freundschaft Gottes mit Abraham schon lange vor dem Jak ein bekannter Gedanke war. Ausschlaggebend ist die Kombination aller drei Momente, des Glaubens Abrahams an Gott, der daraus resultierenden Rechtfertigung und Freundschaft mit Gott. 8 Jak 2, 23

fr. in Luc. 182 zu Lk 11, 5

23 καὶ

Τὸ μὲν οὖν· ‚τίς ἐξ ὑμῶν‘ πρὸς τοὺς μαθητὰς λέγεται, τὸ δέ ‚ἕξει φίλον‘, ἵνα εἴπῃ τὸν θεὸν φίλον τυγχνάνοντα τοῖς ἁγίοις ὡς τῷ Μωϋσῇ καὶ τῷ Ἀβραάμ. τάχα δὲ καὶ ‚μεσονύκτιον‘ ὁ ‚συνεσταλ-

ἐπληρώθη ἡ γραφὴ ἡ λέγουσα· ἐπίστευσεν δὲ Ἀβραὰμ τῷ θεῷ, καὶ ἐλογίσθη αὐτῷ εἰς δικαιοσύνην καὶ φίλος θεοῦ ἐκλήθη. NA 28 8

Siehe hierzu die ausführliche Diskussion bei 5.2.1.

Synopse zu Origenes 23 und

erfüllt wurde die Schrift erfüllt, die sagt: „Abraham glaubte Gott, und es wurde ihm als Gerechtigkeit angerechnet, und er wurde Freund Gottes genannt.“

217

μένος‘ οὗτός ἐστι ‚καιρὸς‘ τοῦ βίου, ὅτε ὀλοθρευτὴς εἰσέρχεται εἰς πᾶσαν οἰκίαν τῆς ἐν κόσμῳ Αἰγύπτοῦ, ἔνθα μὴ κέχρισται ἡ φλιὰ τῶν θυρῶν τῷ τοῦ Χριστοῦ αἵματι. GCS 49, 302

„Wer unter euch“ wird also zu den Jüngern gesagt, „wird einen Freund haben“ aber (wird gesagt), damit er Gott nennt als Freund der Heiligen, wie zum Beispiel des Moses und des Abraham. Vielleicht meint aber auch „Mitternacht“ diese „kurze Frist des Lebens“ (1Kor 7, 29), als der Verderber hineingeht in jedes Haus des irdischen Ägyptens, wo nicht gesalbt ist das Querholz der Türen mit dem Blute Christi.

Übereinstimmung mit fr. in Luc. 182 besteht nur in der Idee von Abraham als Gottesfreund. Eine literarische Abhängigkeit auf dieser Basis ist unwahrscheinlich (Kategorie D). Jak 2, 23

comm. in Rom 4, 4

23 καὶ

Vt quid enim exiret de terra sua et de domo sua si ei lex sufficeret naturalis, quam utique et in terra sua positus habere et custodire potuisset? Sed nun uelut illa minus sufficiente iubetur legem fidei sequi, qua sine nec heres esse mundi ipse uel semen suum nec amicus Dei poterat appellari. SC 539, 224

ἐπληρώθη ἡ γραφὴ ἡ λέγουσα· ἐπίστευσεν δὲ Ἀβραὰμ τῷ θεῷ, καὶ ἐλογίσθη αὐτῷ εἰς δικαιοσύνην καὶ φίλος θεοῦ ἐκλήθη. NA 28

23 et

suppleta est scriptura dicens credidit Abraham Deo et reputatum est illi ad iustitiam et amicus Dei appelatus est. Vulgata

23 und

erfüllt wurde die Schrift erfüllt, die sagt: „Abraham glaubte Gott, und es wurde ihm als Gerechtigkeit angerechnet, und er wurde Freund Gottes genannt.“

Warum nämlich würde er [Mose] von seinem Land und seinem Haus weggehen, wenn das Naturrecht ihm ausreichte, welches er gewiss auch in seinem eigenen Land haben und beschützen hätte können? Aber nun wird, als ob jenes weniger ausreichend wäre, ihm befohlen, dass er dem Gesetz des Glaubens folge, ohne welches er weder selbst Erbe der Welt oder sein Same noch Freund Gottes genannt werden konnte.

Auch hier ist schnell klar, dass innerhalb von comm. in Rom. 4, 4 kein direkter Bezug zu Jak 2, 23 besteht (Kategorie D): Zwar begegnet das Motiv vom Freund

218

Appendix

Gottes, allerdings ist dieses nicht auf Abraham bezogen. Dennoch wird in der gesamten Passage der Glaube Abrahams problematisiert, was eher zum Schluss auf eine Abhängigkeit von Röm 4, 8 verleitet. Jak 2, 23

Jo. 19, 3,18

23 καὶ

οὐ μάχεται οὖν τὸ „Οὐδεὶς ἔγνω τὸν πατέρα εἰ μὴ ὁ υἱὸς“ τῷ „Ἐπίστευσεν δὲ Ἀβραὰμ τῷ θεῷ καὶ ἐλογίσθη αὐτῷ εἰς δικαιοσύνην“. εἰ δέ τις οἴεται ἡμᾶς βιάζεσθαι λέγοντας μὴ ταὐτὸν εἶναι τὸ πιστεύειν τῷ γινώσκειν, καὶ ἐνδέχεσθαι πιστεύειν μὲν, οὐκ ἔχειν δὲ γνῶσιν τοῦ πιστευομένου ὑπ’ αὐτοῦ, τοῦ Ἰησοῦ ἀκουσάτω λέγοντος πρὸς τοὺς πεπιστευκότας αὐτῷ Ἰουδαίους „Ἐὰν μείνητε ἐν τῷ λόγῳ τῷ ἐμῷ, γνώσεσθε τὴν ἀλήθειαν, καὶ ἡ ἀλήθεια ἐλευθερώσει ὑμᾶς“. GCS 10, 301

ἐπληρώθη ἡ γραφὴ ἡ λέγουσα· ἐπίστευσεν δὲ Ἀβραὰμ τῷ θεῷ, καὶ ἐλογίσθη αὐτῷ εἰς δικαιοσύνην καὶ φίλος θεοῦ ἐκλήθη. NA 28

23 und

erfüllt wurde die Schrift erfüllt, die sagt: „Abraham glaubte Gott, und es wurde ihm als Gerechtigkeit angerechnet, und er wurde Freund Gottes genannt.“

Nicht widerspricht die Aussage (vgl. Mt 11, 25): „Keiner erkennt den Vater, außer der Sohn“ dem „Abraham glaubte Gott, und es wurde ihm als Gerechtigkeit angerechnet“. Wenn aber einer glaubt, wir würden gewaltsam auslegen, wenn wir sagen, dass Glauben nicht dasselbe sei wie Erkennen, und dass es möglich sei, zwar zu glauben, nicht aber Erkenntnis des von ihm Geglaubten zu haben, so soll er von Jesus hören, wie er zu den Judäern, die an ihn geglaubt haben, spricht (vgl. Joh 8, 31 f.): „Wenn ihr bei meinem Wort bleibt, werdet ihr die Wahrheit erkennen und die Wahrheit wird euch befreien“.

In diesem Fall besteht Übereinstimmung nur im Glauben Abrahams, der ihm zur Gerechtigkeit angerechnet wird, was sprachlich mit Ἐπίστευσεν δὲ Ἀβραὰμ τῷ θεῷ καὶ ἐλογίσθη αὐτῷ εἰς δικαιοσύνην zum Ausdruck kommt. Das, wie mehrfach gezeigt, 9 für Jak 2, 23 spezifische Motiv der daraus resultierenden Freundschaft Gottes mit Abraham fehlt hier allerdings. So ist es genauso gut möglich, dass Origenes hier auf Gen 15, 6 LXX zurückgreift. Die Frage der literarischen Abhängigkeit muss hier wohl negativ beurteilt werden (Kategorie D). Mit der sicheren Rezeption von Jak 2, 23 innerhalb von comm. in Rom. 9

Siehe hierzu ausführlich 5.2.1.

Synopse zu Origenes

219

4, 3 kann die Möglichkeit eines Echos hierzu aber auch nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Jak 3, 2

fr. in Jer. 11

2 πολλὰ

τοιοῦτοι δὲ καὶ ἐπιβεβήκασιν ἐφ᾽ ἅρμασί τε καὶ ἵπποις, χαλιναγωγοῦντες τὸ σῶμα καὶ τὰς ἀλόγους κινήσεις ἀπείργοντες, ὡς ἂν καὶ ἡ πόλις εἰς τὸν αἰῶνα κατοικηθήσεται. […] GCS 6, 202

γὰρ πταίομεν ἅπαντες. εἴ τις ἐν λόγῳ οὐ πταίει, οὗτος τέλειος ἀνὴρ δυνατὸς χαλιναγωγῆσαι καὶ ὅλον τὸ σῶμα. NA 28

2 Denn

gegen vieles verstoßen wir alle. Wenn einer im Reden nicht verstößt, so ist dieser ein vollkommener Mensch, fähig auch den ganzen Leib zu zügeln.

Solche Leute aber sind sowohl auf Wagen als auch auf Pferde gestiegen, wobei sie den Leib zügeln und den unverständigen Bewegungen Einhalt gebieten, wie auch die Stadt bis in die Ewigkeit bewohnt werden wird. […]

Wörtliche Übereinstimmung zwischen beiden Textstellen besteht in χαλιναγωγῆσαι/καλιναγωγοῦντες/σῶμα und damit in dem seltenen Verb καλιναγωγέω 10 in der gleichen Verbindung mit σῶμα. Auch die Verbindung dieser Wörter ist im antiken griechischen Sprachraum selten. Dennoch kann heir maximal eine literarische Abhängigkeit in Form eines Echos plausibel gemacht werden (Kategorie C). Jak 4, 8

hom. in Gen. 1, 7

8 adpropriate

Et sicut non aequaliter oculi corporis nostri illuminantur a sole, sed quanto quis in loca altiora conscenderit et ortus eius editioris speculae intuitione fuerit contemplatus, tanto amplius et splendoris eius percipient et caloris; ita etiam mens nostra quanto elatius et excelsius appropiaverit Christo ac se vicinior splendori lucis eius obiecerit, tanto magnificentius et clarius eius lumine radiabitur, sicut et ipse ait per prophetam: „appropinquate mihi et appropinquabo vobis, dicit Dominus“. GCS 29, 9

Domino et adpropinquabit vobis emundate manus peccatores et purificate corda duplices animo Vulgata

8 ἐγγίσατε

τῷ θεῷ καὶ ἐγγιεῖ ὑμῖν. καθαρίσατε χεῖρας, ἁμαρτωλοί, καὶ ἁγνίσατε καρδίας, δίψυχοι. NA 28

8 Nähert

euch Gott, und er wird sich euch nähern. Reinigt (eure) Hände, ihr Sünder, und reinigt (eure) Herzen, ihr Wankelmütigen!

Und wie in nicht immer gleicher Weise die Augen unseres Körpers von der Sonne er10 Dieses begegnet im gesamten Neuen Testament nur noch ein weiteres Mal, ebenfalls bei Jak (1, 26), allerdings hier nicht in Verbindung mit σῶμα. So betont auch Allison, James, 356, die Seltenheit dieses Verbs und macht klar, dass es das Verb auch nicht in der LXX gibt und ebensowenig bei Josephus Flavius.

220

Appendix

Sach 1, 3 3 et dices ad eos gaec dicit Dominus exercituum convertimini ad me ait Dominus exercitium et convertar ad vos dicit Dominus exercituum Vulgata 3 καὶ

ἐρεῖς πρὸς αὐτούς τάδε λέγει κύριος παντοκράτωρ ἐπιστρέψατε πρός με καὶ ἐπιστραφήσομαι πρὸς ὑμᾶς λέγει κύριος LXX

3 Deshalb

sag zu ihnen: So spricht der Herr der Heere: Kehrt um zu mir!, spricht der Herr der Heere und ich werde mich zu euch umkehren, spricht der Herr der Heere.

hellt werden, sondern um wieviel einer höher aufgestiegen ist und nachdem er aufgestiegen ist, durch den Blick von dieser höheren Anhöhe um sich schaut, um so viel mehr nehmen seine Augen von ihren Glanz und ihrer Hitze wahr; so auch unser Geist: je weiter und höher er sich Christus genähert und je näher er sich dem Glanz seines Lichtes zugewandt hat, desto großartiger und heller wird er von dessen Licht erleuchtet werden, sowie er selbst sagt durch den Propheten: „Nähert euch mir und ich werde mich euch nähern, sagt der Herr.“

Übereinstimmung zwischen Jak 4, 8 und hom. in Gen. 1, 7 besteht in dem Motiv von Gott, der sich nähert, wenn man sich selbst ihm nähert, was sprachlich in beiden Fällen ähnlich zum Ausdruck gebracht wird: adpropriate Domino et adpropinquabit vobis (Jak 4, 8) bzw. appropinquate mihi et appropinquabo vobis, dicit Dominus (hom. in Gen. 1, 7). Die Wurzeln dieses Motivs reichen weit zurück, 11 weshalb nicht davon ausgegangen werden kann, dass es von Jak geprägt worden ist. Zudem kennzeichnet Origenes das Zitat als Wort eines Propheten 12 und ist in hom. in Gen. 1, 7 nicht die für Jak 4, 8 typische Verbindung mit dem Motiv vom Widerstand gegen den Teufel 13 enthalten. Eine literarische Abhängigkeit ist allenfalls möglich (Kategorie C). Jak 5, 14–15

hom. in Lev. 2, 4

14 infirmatur

In quo impletur et illud, quod Iacobus Apostulus dicit: „si qui autem infirmatur, vocet presbyteros ecclesiae, et imponant ei manus ungentes eum oleo in nomine Domini. Et oratio fidei salvabit infirmum, et si in peccatis fuerit, remittentur ei.“ GCS 29, 296–297

quis in vobis inducat presbyteros ecclesiae et orent super eum unguentes eum oleo in nomine Domini 15 et oratio fidei salvabit infirmum et adlevabit eum Dominus et si in peccatis sit dimittentur ei Vulgata

11 Hierfür sprechen Passagen wie Ex 16, 9; 19, 22; 24, 2; 1 Sam 14, 36; Jes 29, 13; 48, 16; 58, 2; Jer 30, 21; Ez 40, 46; Hos 12, 7; Weish 6, 19. Für Näheres hierzu siehe auch Allison, James, 627; Moo, James, 193–195. 12 Sehr wahrscheinlich ist hier, dass Sach 1, 3 damit gemeint ist, da es die gleiche Motivik in ähnlicher Formulierung enthält. 13 Dies ist dargelegt bei Mußner, Jakobusbrief, 184–185.

Synopse zu Origenes 14 ἀσθενεῖ

τις ἐν ὑμῖν, προσκαλεσάσθω τοὺς πρεσβυτέρους τῆς ἐκκλησίας καὶ προσευξάσθωσαν ἐπ᾽ αὐτὸν ἀλείψαντες [αὐτὸν] ἐλαίῳ ἐν τῷ ὀνόματι τοῦ κυρίου. 15 καὶ ἡ εὐχὴ τῆς πίστεως σώσει τὸν κάμνοντα καὶ ἐγερεῖ αὐτὸν ὁ κύριος· κἂν ἁμαρτίας ᾖ πεποιηκώς, ἀφεθήσεται αὐτῷ. NA 28

221

Darin wird auch jenes erfüllt, was der Apostel Jakobus sagt: „Wenn einer aber krank ist, soll er rufen die Ältesten der Gemeinde und sie sollen ihm die Hände auflegen, wobei sie ihn salben mit Öl im Namen des Herrn. Und das Gebet des Glaubens wird den Kranken retten und wenn Sünden er hat getan, werden sie ihm erlassen werden.“

14 Ist

einer krank unter euch, so soll er herbeirufen die Älteren der Gemeinde, und sie sollen beten über ihn, (ihn) salbend mit Öl im Namen des Herrn. 15 Und das Gebet des Glaubens wird den Kranken retten, und aufrichten wird ihn der Herr; und wenn er Sünden begangen hat, wird ihm vergeben werden.

Dieses Textbeispiel aus hom. in Lev. 2, 4 14 macht mit der Formulierung Iacobus Apostulus dicit klar, dass nachfolgender Text aus dem Jak stammt. Aufgrund der hohen sprachlichen Übereinstimmung fällt eine konkrete Zuordnung zum Jak auch in diesem Fall leicht. Entsprechungen mit Jak 5, 14 finden sich in den Wörtern infirmare, presbyteros ecclesiae und der Formulierung unguentes eum oleo in nomine Domine, was inhaltich in dem für Jak spezifischen Motiv der Salbung von Kranken mit Öl 15 seinen Ausdruck findet. Im Anschluss daran besteht weiter Übereinstimmung in dem Gedanken aus Jak 5, 15, dass Kranke vom Gebet des Glaubens gerettet werden und, falls sie in Sünde stünden, diese Vergebung findet. 16 Auch hier ist die sprachliche Übereinstimmung herausragend: Et oratio fidei salvabit infirmum, et si in peccatis fuerit, remittentur ei. Dass hier ein Bezug zu Jak besteht, muss als unumstritten gelten (Kategorie A). Auch sei nochmals betont, dass die Beobachtungen nur dann zutreffen, falls Rufin den ursprünglichen Text nicht selbst abgeändert hat, was im Falle sämtlicher Homilien 17 nicht unwahrscheinlich ist.

14 Hom. in Lev. 2, 4 begegnete bereits in anderem Zusammenhang in Kombination mit Jak 5, 19–20. Siehe hierzu 8.3.21. Dadurch wird noch deutlicher, wie der präsent der Jak in diesem Abschnitt ist. 15 Eine ausführliche Darlegung des Motivs von der Salbung mit Öl bietet Allison, James, 755–762, der auf sämtliche mögliche Ursprünge im jüdischen und christlichen Bereich eingeht. 16 Auch in diesem Fall ist auf Allison, James, 764–768, hinzuweisen, der darauf aufmerksam macht, dass gerade Jak 5, 15 in Bezug zu Jak 1, 5–8 steht, einer Passage, die, wie dargestellt, Gebet und Zweifel in den Mittelpunkt rückt. 17 Siehe ausführlich und grundlegend Buchinger, Pascha, 136.

222

Appendix

Jak 5, 19

comm. in Mt. 1, 33

19 fratres

Sed consequenter, quemadmodum solet esse in errantibus vias has corporales differentia erroris, et quidam quidem etiam contra ipsam publicam viam, quae quaeritur, vadunt errantes, alii autem modicum aliquid de semita recta declinant, ut sint revocabiles, et multae sunt errantium differentiae – hoc modo videmus etiam eos, qui a veritate aberrant. GCS 38, 60

mei si quis ex vobis erraverit a veritate et converterit quis eum. Vulgata

19 Ἀδελφοί

μου, ἐάν τις ἐν ὑμῖν πλανηθῇ ἀπὸ τῆς ἀληθείας καὶ ἐπιστρέψῃ τις αὐτόν, NA 28

19 Meine

Brüder, wenn einer unter euch abgeirrt ist von der Wahrheit und einer ihn bekehrt hat,

Aber dazu passend (ist Folgendes): Und wie es bei denen, die sich irren bei diesen Wegen, die wir mit unserem Körper gehen, unterschiedliche Irrtümer gibt, und einige sogar in die entgegengesetzte Richtung die öffentliche Straße gehen, wie es verlangt wird, und sich sich so irren, andere aber nur ein wenig vom richtigen Weg abweichen, so dass sie zurückgerufen werden können, und es viele Unterschiede bei denen, die sich verirren, gibt – auf diese Weise sehen wir auch diejenigen, die von der Wahrheit abirren.

Wörtliche Übereinstimmungen zwischen Jak 5, 19 und comm. in Mt. 1, 33 finden sich bei den Wörtern errare/aberrare und veritas. Allerdings sind diese weitgehend anders miteinander verknüpft. Dennoch besteht inhaltlich eine Kongruenz in dem Motiv vom Abirren von der Wahrheit. Der zweite Teil von Jak 5, 19 fehlt bei comm. in Mt. 1, 33 allerdings. Außerdem lassen sich Wurzeln hierzu bis Ez 34 zurückverfolgen. 18 Dass hier literarische Anklänge zu Jak 5, 19 bestehen, lässt sich dennoch nicht ausschließen (Kategorie C).

18

Weitere Details hierzu liefert Allison, James, 780–782.

13. Der Jakobusbrief Griechisch–Deutsch (eigene Neuübersetzung) Kapitel 1 1 Ἰάκωβος

θεοῦ καὶ κυρίου Ἰησοῦ Χριστοῦ δοῦλος ταῖς δώδεκα φυλαῖς ταῖς ἐν τῇ διασπορᾷ χαίρειν. 1 Jakobus, Gottes und (des) Herrn Jesus Christus Knecht, den zwölf Stämmen in der Diaspora einen Gruß.

2 Πᾶσαν

χαρὰν ἡγήσασθε, ἀδελφοί μου, ὅταν πειρασμοῖς περιπέσητε ποικίλοις, 2 Für nichts als Freude haltet (es), meine Brüder, immer wenn ihr in vielfältige Versuchungen geratet,

3 γινώσκοντες,

μονήν.

3 weil

ὅτι τὸ δοκίμιον ὑμῶν τῆς πίστεως κατεργάζεται ὑπο-

ihr erkennt, dass die Erprobung eures Glaubens Geduld bewirkt.

4ἡ

δὲ ὑπομονὴ ἔργον τέλειον ἐχέτω, ἵνα ἦτε τέλειοι καὶ ὁλόκληροι ἐν μηδενὶ λειπόμενοι. 4 Die Geduld aber soll ein vollkommenes Werk haben, damit ihr vollkommen und fehlerlos seid, in nichts zurückbleibend.

5 Εἰ

δέ τις ὑμῶν λείπεται σοφίας, αἰτείτω παρὰ τοῦ διδόντος θεοῦ πᾶσιν ἁπλῶς καὶ μὴ ὀνειδίζοντος καὶ δοθήσεται αὐτῷ. 5 Wenn aber einer von euch zurückbleibt an Weisheit, soll er (sie) erbitten von Gott, der allen einfach gibt und keine Vorwürfe macht, und sie wird ihm gegeben.

6 αἰτείτω

δὲ ἐν πίστει μηδὲν διακρινόμενος· ὁ γὰρ διακρινόμενος ἔοικεν κλύδωνι θαλάσσης ἀνεμιζομένῳ καὶ ῥιπιζομένῳ. 6 Er soll aber bitten im Glauben, an nichts zweifelnd; denn der Zweifelnde gleicht einem, der durch eine Meereswoge hin und hergeworfen wird.

224

Der Jakobusbrief Griechisch–Deutsch (eigene Neuübersetzung)

7 μὴ

γὰρ οἰέσθω ὁ ἄνθρωπος ἐκεῖνος ὅτι λήμψεταί τι παρὰ τοῦ κυρίου, 7 Denn nicht soll meinen jener Mensch, dass er etwas empfangen wird vom Herrn,

8 ἀνὴρ

δίψυχος, ἀκατάστατος ἐν πάσαις ταῖς ὁδοῖς αὐτοῦ. wankelmütiger Mann, unbeständig auf allen seinen Wegen.

8 ein

9 Καυχάσθω 9 (Es)

δὲ ὁ ἀδελφὸς ὁ ταπεινὸς ἐν τῷ ὕψει αὐτοῦ, soll sich aber rühmen der niedrige Bruder in seiner Höhe,

10 ὁ δὲ πλούσιος ἐν τῇ ταπεινώσει αὐτοῦ, ὅτι ὡς ἄνθος χόρτου παρελεύσεται. 10 der Reiche aber in seiner Niedrigkeit, weil er wie eine Blüte des Grases vergehen wird. 11 ἀνέτειλεν

γὰρ ὁ ἥλιος σὺν τῷ καύσωνι καὶ ἐξήρανεν τὸν χόρτον καὶ τὸ ἄνθος αὐτοῦ ἐξέπεσεν καὶ ἡ εὐπρέπεια τοῦ προσώπου αὐτοῦ ἀπώλετο. οὕτως καὶ ὁ πλούσιος ἐν ταῖς πορείαις αὐτοῦ μαρανθήσεται. 11 Denn aufging die Sonne mit ihrer Glut und trocknete das Gras aus, und seine Blüte fiel, ab und die Schönheit seines Aussehens ging zugrunde. So wird auch der Reiche auf seinen Lebenswegen dahinwelken. 12 Μακάριος

ἀνὴρ, ὅς ὑπομένει πειρασμόν, ὅτι δόκιμος γενόμενος λήμψεται τὸν στέφανον τῆς ζωῆς, ὃν ἐπηγγείλατο τοῖς ἀγαπῷσιν αὐτόν. 12 Selig (der) Mann, der erduldet eine Versuchung, weil er, ein Erprobter geworden, empfangen wird den Kranz des Lebens, den er (sc. Gott) zusagte den ihn Liebenden. 13 Μηδεὶς πειραζόμενος λεγέτω, ὅτι ἀπὸ θεοῦ πειράζομαι· ὁ γὰρ θεὸς ἀπείραστός ἐστιν κακῶν, πειράζει δὲ αὐτὸς οὐδένα. 13 Keiner, der versucht wird, soll sagen: „Von Gott werde ich versucht.“ Denn Gott wird nicht versucht vom Bösen und versucht selbst (auch) keinen. 14 Ἕκαστος

δὲ πειράζεται ὑπὸ τῆς ἰδίας ἐπιθυμίας ἐξελκόμενος καὶ δελεαζόμενος· 14 Jeder aber wird versucht von (seiner) eigenen Begierde, fortgezerrt und geködert.

Der Jakobusbrief Griechisch–Deutsch (eigene Neuübersetzung)

225

15 εἶτα

ἡ ἐπιθυμία συλλαβοῦσα τίκτει ἁμαρτίαν, ἡ δὲ ἁμαρτία ἀποτελεσθεῖσα ἀποκυεῖ θάνατον. 15 Dann gebiert die Begierde, schwanger geworden, Sünde, die Sünde aber, zur Vollendung gebracht, gebiert Tod.

16 Μὴ

πλανᾶσθε, ἀδελφοί μου ἀγαπητοί. nicht in die Irre, meine geliebten Brüder!

16 Geht 17 πᾶσα

δόσις ἀγαθὴ καὶ πᾶν δώρημα τέλειον ἄνωθέν ἐστιν καταβαῖνον ἀπὸ τοῦ πατρὸς τῶν φώτων, παρ᾽ ᾧ οὐκ ἒνι παραλλαγὴ ἢ τροπῆς ἀποσκίασμα. 17 Jede gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk ist von oben, herabkommend vom Vater der Lichter, bei dem es keine Veränderung noch eines Wechsels Schatten gibt.

18 βουληθεὶς

ἀπεκύησεν ἡμᾶς λόγῳ ἀληθείας εἰς τὸ εἶναι ἡμᾶς ἀπαρχήν τινα τῶν αὐτοῦ κτισμάτων. 18 Nach seinem Willen gebar er uns durch (das) Wort (der) Wahrheit, auf dass wir eine Art Erstling seiner Geschöpfe sind.

19 Ἴστε,

ἀδελφοί μου ἀγαπητοί· ἔστω δὲ πᾶς ἄνθρωπος ταχὺς εἰς τὸ ἀκοῦσαι, βραδὺς εἰς τὸ λαλῆσαι, βραδὺς εἰς ὀργήν: 19 Wisst, meine geliebten Brüder: (Es) sei aber jeder Mensch schnell im Hören, langsam im Reden, langsam im Zorn!

20 ὀργὴ

γὰρ ἀνδρὸς δικαιοσύνην θεοῦ οὐ κατεργάζεται. (der) Zorn eines Mannes bewirkt nicht (die) Gerechtigkeit Gottes.

20 Denn 21 διὸ

ἀποθέμενοι πᾶσαν ῥυπαρίαν καὶ περισσείαν κακίας ἐν πραΰτητι δέξασθε τὸν ἔμφυτον λόγον τὸν δυνάμενον σῶσαι τὰς ψυχὰς ὑμῶν. 21 Deshalb legt jede Unreinheit und Überfülle von Schlechtigkeit ab, und nehmt in Sanftmut an das eingepflanzte Wort, das fähig ist, eure Seelen zu retten!

22 Γίνεσθε

δὲ ποιηταὶ λόγου καὶ μὴ μόνον ἀκροαταὶ παραλογιζόμενοι ἑαυτούς, 22 Werdet Täter (des) Wortes und nicht nur Hörer, die sich selbst täuschen!

226

Der Jakobusbrief Griechisch–Deutsch (eigene Neuübersetzung)

23 ὅτι

εἴ τις ἀκροατὴς λόγου ἐστὶν καὶ οὐ ποιητής, οὗτος ἔοικεν ἀνδρὶ κατανοοῦντι τὸ πρόσωπον τῆς γενέσεως αὐτοῦ ἐν ἐσόπτρῳ: 23 Wenn einer Hörer (des) Wortes ist, aber nicht Täter, gleicht dieser einem Mann, der sein von Geburt an vorhandenes Gesicht im Spiegel betrachtet. 24 κατενόησεν

γὰρ ἑαυτὸν καὶ ἀπελήλυθεν καὶ εὐθέως ἐπελάθετο, ὁποῖος ἦν. 24 Denn er hat sich selbst betrachtet und ist (dann) weggegangen und hat sogleich vergessen, wie er (im Spiegel) aussah. 25 ὁ δὲ παρακύψας εἰς νόμον τέλειον τὸν τῆς ἐλευθερίας καὶ παραμείνας, οὐκ ἀκροατὴς ἐπιλησμονῆς γενόμενος ἀλλὰ ποιητὴς ἔργου, οὗτος μακάριος ἐν τῇ ποιήσει αὐτοῦ ἔσται. 25 Wer aber eintaucht in das vollkommene Gesetz der Freiheit und dabeibleibt und nicht ein Hörer (voller) Vergesslichkeit, sondern ein Täter (des) Werkes geworden ist, dieser wird selig sein in seinem Tun. 26 Εἴ

τις δοκεῖ θρησκὸς εἶναι μὴ χαλιναγωγῶν γλῶσσαν αὐτοῦ ἀλλὰ ἀπατῶν καρδίαν αὐτοῦ, τούτου μάταιος ἡ θρησκεία. 26 Wenn einer meint, fromm zu sein, aber seine Zunge nicht zügelt, sondern sein Herz täuscht, so ist dessen Frömmigkeit nichtig. 27 θρησκεία

καθαρὰ καὶ ἀμίαντος παρὰ τῷ θεῷ καὶ πατρὶ αὕτη ἐστίν, ἐπισκέπτεσθαι ὀρφανοὺς καὶ χήρας ἐν τῇ θλίψει αὐτῶν, ἄσπιλον ἑαυτὸν τηρεῖν ἀπὸ τοῦ κόσμου. 27 Reine und unbefleckte Frömmigkeit bei Gott und Vater ist dies: zu sehen auf Waisen und Witwen in ihrer Bedrängnis, makellos sich zu bewahren von (dieser) Welt.

Kapitel 2 Ἀδελφοί μου, μὴ ἐν προσωπολημψίαις ἔχετε τὴν πίστιν τοῦ κυρίου ἡμῶν Ἰησοῦ Χριστοῦ τῆς δόξης. 1 Meine Brüder, nicht im Ansehen der Personen habt den Glauben an unseren Herrn der Herrlichkeit, Jesus Christus.

1

2 ἐὰν

γὰρ εἰσέλθῃ εἰς συναγωγὴν ὑμῶν ἀνὴρ χρυσοδακτύλιος ἐν ἐσθῆτι λαμπρᾷ, εἰσέλθῃ δὲ καὶ πτωχὸς ἐν ῥυπαρᾷ ἐσθῆτι, 2 Denn wenn ein Mann hineingeht in eure Versammlung, goldberingt, in prächtigem Kleid, und hineingeht auch ein Armer in schmutzigem Kleid,

Der Jakobusbrief Griechisch–Deutsch (eigene Neuübersetzung)

227

3 ἐπιβλέψητε

δὲ ἐπὶ τὸν φοροῦντα τὴν ἐσθῆτα τὴν λαμπρὰν καὶ εἴπητε· σὺ κάθου ὧδε καλῶς, καὶ τῷ πτωχῷ εἴπητε· σὺ στῆθι ἢ κάθου ἐκεῖ ὑπὸ τὸ ὑποπόδιόν μου, 3 und wenn ihr auf den, der das prächtige Kleid trägt, schaut und sagt: „Du, setz dich schön hierher“, und wenn ihr dem Armen sagt: „Du stell dich dorthin oder setz dich unten an meine Fußbank“,

4 οὐ

διεκρίθητε ἐν ἑαυτοῖς καὶ ἐγένεσθε κριταὶ διαλογισμῶν πονηρῶν; 4 machtet ihr dann nicht auch einen Unterschied bei euch selbst und wurdet Richter, die böse Gedanken hegen?

5 Ἀκούσατε,

ἀδελφοί μου ἀγαπητοί· οὐχ ὁ θεὸς ἐξελέξατο τοὺς πτωχοὺς τῷ κόσμῳ πλουσίους ἐν πίστει καὶ κληρονόμους τῆς βασιλείας, ἧς ἐπηγγείλατο τοῖς ἀγαπῶσιν αὐτόν; 5 Hört, meine geliebten Brüder! Hat nicht Gott die nach weltlichem Urteil Armen als Reiche im Glauben ausgewählt und als Erben des Königtums, das er den ihn Liebenden zusagte?

6 ὑμεῖς

δὲ ἠτιμάσατε τὸν πτωχόν. οὐχ οἱ πλούσιοι καταδυναστεύουσιν ὑμῶν καὶ αὐτοὶ ἕλκουσιν ὑμᾶς εἰς κριτήρια; 6 Ihr aber entehrtet den Armen. Unterdrücken nicht die Reichen euch und ziehen nicht gerade sie euch vor die Gerichte?

7 οὐκ

αὐτοὶ βλασφημοῦσιν τὸ καλὸν ὄνομα τὸ ἐπικληθὲν ἐφ᾽ ὑμᾶς; 7 Lästern nicht gerade sie über den schönen Namen, der euch gegeben worden ist?

8 Εἰ

μέντοι νόμον τελεῖτε βασιλικὸν κατὰ τὴν γραφήν· ἀγαπήσεις τὸν πλησίον σου ὡς σεαυτόν, καλῶς ποιεῖτε· 8 Wenn ihr freilich (das) königliche Gesetz erfüllt gemäß der Schrift: „Du sollst lieben deinen Nächsten wie dich selbst“, tut ihr recht;

9 εἰ

δὲ προσωπολημπτεῖτε, ἁμαρτίαν ἐργάζεσθε ἐλεγχόμενοι ὑπὸ τοῦ νόμου ὡς παραβάται. 9 wenn ihr aber Rücksicht auf das Äußere einer Person nehmt, begeht ihr Sünde und werdet vom Gesetz als Übertreter überführt.

228

Der Jakobusbrief Griechisch–Deutsch (eigene Neuübersetzung)

10 ὅστις

γὰρ ὅλον τὸν νόμον τηρήσῃ, πταίσῃ δὲ ἐν ἑνί, γέγονεν πάντων ἔνοχος. 10 Denn wer das ganze Gesetz bewahrt, aber gegen eine einzige Vorschrift verstößt, ist in allen schuldig geworden. 11 ὁ

γὰρ εἰπών· μὴ μοιχεύσῃς, εἶπεν καί μὴ φονεύσῃς· εἰ δὲ οὐ μοιχεύεις, φονεύεις δέ, γέγονας παραβάτης νόμου. 11 Denn der, der sagte: „Du sollst nicht ehebrechen“, sprach auch: „Du sollst nicht morden; wenn du aber nicht ehebrichst, aber mordest, bist du ein Übertreter (des) Gesetzes geworden.“ 12 Οὕτως λαλεῖτε καὶ οὕτως ποιεῖτε ὡς διὰ νόμου ἐλευθερίας μέλλοντες κρίνεσθαι. 12 So redet und so tut wie (solche), (die) durch (das) Gesetz (der) Freiheit gerichtet werden sollen! 13 ἡ

γὰρ κρίσις ἀνέλεος τῷ μὴ ποιήσαντι ἔλεος· κατακαυχᾶται ἔλεος κρίσεως. 13 Denn das Gericht (ist) erbarmungslos gegen den, der kein Erbarmen zeigte; Erbarmen triumphiert über Gericht. 14 Τί

τὸ ὄφελος, ἀδελφοί μου, ἐὰν πίστιν λέγῃ τις ἔχειν ἔργα δὲ μὴ ἔχῃ; μὴ δύναται ἡ πίστις σῶσαι αὐτόν; 14 Was (ist) der Nutzen, meine Brüder, immer wenn einer sagt, Glauben zu haben, Werke aber nicht hat? Kann der Glaube ihn etwa retten? 15 ἐὰν

ἀδελφὸς ἢ ἀδελφὴ γυμνοὶ ὑπάρχωσιν καὶ λειπόμενοι ὦσιν τῆς ἐφημέρου τροφῆς, 15 Wenn ein Bruder oder eine Schwester kein Kleid hat und die tägliche Nahrung fehlt, 16 εἴπῃ δέ τις αὐτοῖς ἐξ ὑμῶν· ὑπάγετε ἐν εἰρήνῃ, θερμαίνεσθε καὶ χορτάζεσθε, μὴ δῶτε δὲ αὐτοῖς τὰ ἐπιτήδεια τοῦ σώματος, τί τὸ ὄφελος; 16 und wenn einer von euch zu ihnen spricht: „Geht fort in Frieden, wärmt und sättigt euch (woanders)“, ihr aber ihnen nicht das gebt, was der Körper braucht, was nutzt das dann? 17 οὕτως

καὶ ἡ πίστις, ἐὰν μὴ ἔχῃ ἔργα, νεκρά ἐστιν καθ᾽ ἑαυτήν. ist auch der Glaube, immer wenn er nicht Werke hat, tot in sich selbst.

17 So

Der Jakobusbrief Griechisch–Deutsch (eigene Neuübersetzung)

229

18 Ἀλλ᾽

ἐρεῖ τις· σὺ πίστιν ἔχεις, κἀγὼ ἔργα ἔχω· δεῖξόν μοι τὴν πίστιν σου χωρὶς τῶν ἔργων, κἀγώ σοι δείξω ἐκ τῶν ἔργων μου τὴν πίστιν. 18 Aber es wird einer sagen: Du hast Glauben, und ich habe Werke. Zeig mir deinen Glauben ohne Werke, und ich werde dir zeigen aus meinen Werken den Glauben. 19 σὺ

πιστεύεις ὅτι εἷς ἐστιν ὁ θεός, καλῶς ποιεῖς· καὶ τὰ δαιμόνια πιστεύουσιν καὶ φρίσσουσιν. 19 Du glaubst, dass Gott ein einziger ist; recht tust du; auch die Dämonen glauben (das) und erschrecken.

20 Θέλεις

δὲ γνῶναι, ὦ ἄνθρωπε κενέ, ὅτι ἡ πίστις χωρὶς τῶν ἔργων ἀργή ἐστιν; 20 Willst du nun erkennen, (du) leerer Mensch, dass der Glaube ohne die Werke unnütz ist?

21 Ἀβραὰμ

ὁ πατὴρ ἡμῶν οὐκ ἐξ ἔργων ἐδικαιώθη ἀνενέγκας Ἰσαὰκ τὸν υἱὸν αὐτοῦ ἐπὶ τὸ θυσιστήριον; 21 Wurde Abraham, unser Vater, nicht aus Werken gerecht gesprochen, nachdem er Isaak, seinen Sohn, auf dem Altar dargebracht hatte?

22 βλέπεις

ὅτι ἡ πίστις συνήργει τοῖς ἔργοις αὐτοῦ καὶ ἐκ τῶν ἔργων ἡ πίστις ἐτελειώθη, 22 Du siehst, dass der Glaube mit seinen Werken zusammenwirkte und aus den Werken der Glaube vollendet wurde,

23 καὶ

ἐπληρώθη ἡ γραφὴ ἡ λέγουσα· ἐπίστευσεν δὲ Ἀβραὰμ τῷ θεῷ, καὶ ἐλογίσθη αὐτῷ εἰς δικαιοσύνην καὶ φίλος θεοῦ ἐκλήθη. 23 und die Schrift erfüllt wurde, die sagt: „Abraham glaubte Gott, und es wurde ihm als Gerechtigkeit angerechnet, und er wurde Freund Gottes genannt.“

24 ὁρᾶτε,

μόνον.

ὅτι ἐξ ἔργων δικαιοῦται ἄνθρωπος καὶ οὐκ ἐκ πίστεως

24 Ihr

seht, dass ein Mensch aus Werken gerecht gesprochen wird und nicht aus Glauben allein.

230

Der Jakobusbrief Griechisch–Deutsch (eigene Neuübersetzung)

25 ὁμοίως

δὲ καὶ Ῥαὰβ ἡ πόρνη οὐκ ἐξ ἔργων ἐδικαιώθη ὑποδεξαμένη τοὺς ἀγγέλους καὶ ἑτέρᾳ ὁδῷ ἐκβαλοῦσα; 25 Wurde nicht gleicherweise auch Rahab, die Dirne, aus Werken gerechtgesprochen, nachdem sie die Boten aufgenommen und auf einem anderen Weg wegschickt hatte? 26 ὥσπερ

γὰρ τὸ σῶμα χωρὶς πνεύματος νεκρόν ἐστιν, οὕτως καὶ ἡ πίστις χωρὶς ἔργων νεκρά ἐστιν. 26 Denn wie der Leib ohne den Geist tot ist, so ist auch der Glaube ohne Werke tot.

Kapitel 3 Μὴ πολλοὶ διδάσκαλοι γίνεσθε, ἀδελφοί μου, εἰδότες, ὅτι μεῖζον κρίμα λημψόμεθα. 1 Nicht zu einer Vielzahl von Lehrern sollt ihr werden, meine Brüder, und ihr sollt wissen, dass wir ein größeres Gericht zu erwarten haben!

1

2 πολλὰ

γὰρ πταίομεν ἅπαντες. εἴ τις ἐν λόγῳ οὐ πταίει, οὗτος τέλειος ἀνὴρ δυνατὸς χαλιναγωγῆσαι καὶ ὅλον τὸ σῶμα. 2 Denn gegen vieles verstoßen wir alle. Wenn einer im Reden nicht verstößt, so ist dieser ein vollkommener Mensch, fähig auch den ganzen Leib zu zügeln.

3 εἰ

δὲ τῶν ἵππων τοὺς χαλινοὺς εἰς τὰ στόματα βάλλομεν εἰς τὸ πείθεσθαι αὐτοὺς ἡμῖν, καὶ ὅλον τὸ σῶμα αὐτῶν μετάγομεν. 3 Wenn wir aber das Zaumzeug an die Mäuler der Pferde legen, auf dass sie uns gehorchen, lenken wir auch ihren ganzen Leib. 4 ἰδοὺ

καὶ τὰ πλοῖα τηλικαῦτα ὄντα καὶ ὑπὸ ἀνέμων σκληρῶν ἐλαυνόμενα, μετάγεται ὑπὸ ἐλαχίστου πηδαλίου ὅπου ἡ ὁρμὴ τοῦ εὐθύνοντος βούλεται, 4 Siehe, auch die Schiffe, so groß sie sind und von rauhen Winden getrieben, werden gelenkt vom kleinsten Steuerruder, wohin der Steuernde es lenken will.

5 οὕτως

καὶ ἡ γλῶσσα μικρὸν μέλος ἐστὶν καὶ μεγάλα αὐχεῖ. ἰδοὺ ἡλίκον πῦρ ἡλίκην ὕλην ἀνάπτει· 5 So ist auch die Zunge ein kleines Glied und sie prahlt groß. Siehe, welch kleines Feuer welch großen Wald anzündet!

Der Jakobusbrief Griechisch–Deutsch (eigene Neuübersetzung)

231

6 καὶ

ἡ γλῶσσα πῦρ· ὁ κόσμος τῆς ἀδικίας ἡ γλῶσσα καθίσταται ἐν τοῖς μέλεσιν ἡμῶν, ἡ σπιλοῦσα ὅλον τὸ σῶμα καὶ φλογίζουσα τὸν τροχὸν τῆς γενέσεως καὶ φλογιζομένη ὑπὸ τῆς γεέννης. 6 Auch die Zunge (ist) ein Feuer, wie ein ganzer Kosmos von Unrecht steht die Zunge da in unseren Gliedern, die den ganzen Leib befleckt und das Rad des Werdens entflammt und von der Hölle entflammt wird. 7 πᾶσα

γὰρ φύσις θηρίων τε καὶ πετεινῶν, ἑρπετῶν τε καὶ ἐναλίων δαμάζεται καὶ δεδάμασται τῇ φύσει τῇ ἀνθρωπίνῃ, 7 Denn jede Natur der Landtiere und Vögel, der Kriechtiere und der Seetiere wird gebändigt und ist gebändigt durch die menschliche Natur;

8 τὴν

δὲ γλῶσσαν οὐδεὶς δαμάσαι δύναται ἀνθρώπων, ἀκατάστατον κακόν, μεστὴ ἰοῦ θανατηφόρου. 8 die Zunge aber kann kein Mensch bändigen, ein Übel, das Verwirrung stiftet, voll todbringenden Gifts.

9 ἐν

αὐτῇ εὐλογοῦμεν τὸν κύριον καὶ πατέρα καὶ ἐν αὐτῇ καταρώμεθα τοὺς ἀνθρώπους τοὺς καθ᾽ ὁμοίωσιν θεοῦ γεγονότας· 9 Mit ihr preisen wir den Herrn und Vater und mit ihr verfluchen wir die Menschen, die zum Ebenbild Gottes geworden sind;

10 ἐκ

τοῦ αὐτοῦ στόματος ἐξέρχεται εὐλογία καὶ κατάρα. οὐ χρή, ἀδελφοί μου, ταῦτα οὕτως γίνεσθαι. 10 aus demselben Mund kommt Segen und Fluch heraus. Nicht darf, meine Brüder, dies so geschehen.

11 μήτι

ἡ πηγὴ ἐκ τῆς αὐτῆς ὀπῆς βρύει τὸ γλυκὺ καὶ τὸ πικρόν; etwa die (eine) Quelle aus demselben Spalt Süßes und Bitteres sprudeln?

11 Lässt

12 μὴ δύναται, ἀδελφοί μου, συκῆ ἐλαίας ποιῆσαι ἢ ἄμπελος σῦκα; οὔτε ἁλυκὸν γλυκὺ ποιῆσαι ὕδωρ. 12 Kann etwa, meine Brüder, ein Feigenbaum Oliven hervorbringen oder ein Weinstock Feigen? Auch salziges Wasser kann nicht süßes Wasser hervorbringen. 13 Τίς

σοφὸς καὶ ἐπιστήμων ἐν ὑμῖν; δειξάτω ἐκ τῆς καλῆς ἀναστροφῆς τὰ ἔργα αὐτου ἐν πραΰτητι σοφίας. 13 Wer (ist) klug und wissend unter euch? Er soll zeigen aus einem rechten Wandel heraus seine Werke in Sanftmut der Weisheit!

232

Der Jakobusbrief Griechisch–Deutsch (eigene Neuübersetzung)

14 εἰ

δὲ ζῆλον πικρὸν ἔχετε καὶ ἐριθείαν ἐν τῇ καρδίᾳ ὑμῶν, μὴ κατακαυχᾶσθε καὶ ψεύδεθε κατὰ τῆς ἀληθείας. 14 Wenn ihr aber bitteren Ehrgeiz und Streitsucht in eurem Herzen habt, rühmt euch nicht und lügt nicht gegen die Wahrheit! 15 οὐκ

ἔστιν αὕτη ἡ σοφία ἄνωθεν κατερχομένη ἀλλὰ ἐπίγειος, ψυχική, δαιμονιώδης. 15 Nicht ist diese Weisheit eine, die von oben herabkommt, sondern eine irdische, seelische, dämonische. 16 ὅπου γὰρ ζῆλος καὶ ἐριθεία, ἐκεῖ ἀκαταστασία καὶ πᾶν φαῦλον πρᾶγμα. 16 Denn wo Ehrgeiz und Streitsucht, dort (ist) Verwirrung und jede schlechte Tat. 17 ἡ

δὲ ἄνωθεν σοφία πρῶτον μὲν ἁγνή ἐστιν, ἔπειτα εἰρηνική, ἐπιεικής, εὐπειθής, μεστὴ ἐλέους καὶ καρπῶν ἀγαθῶν, ἀδιάκριτος, ἀνυπόκριτος. 17 Aber die Weisheit von oben ist zuerst rein, dann friedlich, gütig, gehorsam, voll Erbarmen und guter Früchte, unparteiisch, ungeheuchelt. 18 καρπὸς

δὲ δικαιοσύνης ἐν εἰρήνῃ σπείρεται τοῖς ποιοῦσιν εἰρήνην. aber (der) Gerechtigkeit wird in Frieden gesät durch die, die Frieden schaffen.

18 Frucht

Kapitel 4 Πόθεν πόλεμοι καὶ πόθεν μάχαι ἐν ὑμῖν; οὐκ ἐντεῦθεν, ἐκ τῶν ἡδονῶν ὑμῶν τῶν στρατευομένων ἐν τοῖς μέλεσιν ὑμῶν; 1 Woher (kommen) die Streitigkeiten und woher die Kämpfe unter euch? Nicht von Folgendem her? Aus euren Lüsten, die in euren Gliedern (gegen euch) zu Felde ziehen?

1

2 ἐπιθυμεῖτε

καὶ οὐκ ἔχετε, φονεύετε καὶ ζηλοῦτε καὶ οὐ δύνασθε ἐπιτυχεῖν, μάχεσθε καὶ πολεμεῖτε, οὐκ ἔχετε διὰ τὸ μὴ αἰτεῖσθαι ὑμᾶς, 2 Ihr begehrt und ihr habt nicht, ihr mordet und eifert und ihr könnt (es) nicht erlangen, ihr kämpft und habt Streit, (und) ihr habt nicht wegen eures Nicht-Bittens;

Der Jakobusbrief Griechisch–Deutsch (eigene Neuübersetzung)

233

3 αἰτεῖτε

καὶ οὐ λαμβάνετε, διότι κακῶς αἰτεῖσθε, ἵνα ἐν ταῖς ἡδοναῖς ὑμῶν δαπανήσητε. 3 ihr bittet und ihr empfangt nicht, weil ihr schlecht bittet, um es in euren Lüsten zu verschwenden.

4 μοιχαλίδες,

οὐκ οἴδατε, ὅτι ἡ φιλία τοῦ κόσμου ἔχθρα τοῦ θεοῦ ἐστιν; ὃς ἐὰν οὖν βουληθῇ φίλος εἶναι τοῦ κόσμου, ἐχθρὸς τοῦ θεοῦ καθίσταται. 4 Ihr Ehebrecher, wisst ihr nicht, dass die Freundschaft mit der Welt Feindschaft gegen Gott ist? Wer also ein Freund der Welt sein will, macht sich zum Feind Gottes. 5ἢ

δοκεῖτε ὅτι κενῶς ἡ γραφὴ λέγει· πρὸς φθόνον ἐπιποθεῖ τὸ πνεῦμα, ὃ κατῴκισεν ἐν ἡμῖν, 5 Oder meint ihr, dass grundlos die Schrift sagt: Mit Eifersucht wacht (Gott über) den Geist, den er in uns wohnen ließ?

6 μείζονα

δὲ δίδωσιν χάριν; διὸ λέγει· ὁ θεὸς ὑπερηφάνοις ἀντιτάσσεται, ταπεινοῖς δὲ δίδωσιν χάριν. 6 Aber die Gnade, die er gibt, ist größer; deswegen sagt (die Schrift): „Gott widersteht Überheblichen, Demütigen aber gibt er Gnade.“

7 ὑποτάγητε

ὑμῶν,

οὖν τῷ θεῷ, ἀντίστητε δὲ τῷ διαβόλῳ καὶ φεύξεται ἀφ᾽

7 Unterwerft

euch also Gott, widersteht aber dem Teufel, und er wird fliehen von euch.

8 ἐγγίσατε

τῷ θεῷ καὶ ἐγγιεῖ ὑμῖν. καθαρίσατε χεῖρας, ἁμαρτωλοί, καὶ ἁγνίσατε καρδίας, δίψυχοι. 8 Nähert euch Gott, und er wird sich euch nähern. Reinigt (eure) Hände, ihr Sünder, und reinigt (eure) Herzen, ihr Wankelmütigen!

9 ταλαιπωρήσατε

καὶ πενθήσατε καὶ κλαύσατε. ὁ γέλως ὑμῶν εἰς πένθος μετατραπήτω καὶ ἡ χαρὰ εἰς κατήφειαν. 9 Jammert, trauert und weint! Euer Lachen verwandle sich in Trauer und die Freude in Niedergeschlagenheit!

10 ταπεινώθητε

ἐνώπιον τοῦ κυρίου καὶ ὑψώσει ὑμᾶς. euch vor den Augen des Herrn, und er wird euch erhöhen!

10 Erniedrigt

234

Der Jakobusbrief Griechisch–Deutsch (eigene Neuübersetzung)

11 Μὴ

καταλαλεῖτε ἀλλήλων, ἀδελφοί. ὁ καταλαλῶν ἀδελφοῦ ἢ κρίνων τὸν ἀδελφὸν αὐτοῦ καταλαλεῖ νόμου καὶ κρίνει νόμον· εἰ δὲ νόμον κρίνεις, οὐκ εἶ ποιητὴς νόμου ἀλλὰ κριτής. 11 Redet nicht schlecht übereinander, Brüder! Wer über seinen Bruder schlecht redet oder über seinen Bruder urteilt, redet schlecht über das Gesetz und urteilt über das Gesetz; wenn du aber über das Gesetz urteilst, bist du nicht der, der macht, was das Gesetz will, sondern Richter des Gesetzes. 12 εἷς

ἐστιν [ὁ] νομοθέτης καὶ κριτὴς ὁ δυνάμενος σῶσαι καὶ ἀπολέσαι· σὺ δὲ τίς εἶ ὁ κρίνων τὸν πλησίον; 12 Ein einziger ist der Gesetzgeber und Richter, der retten und vernichten kann; du aber: Wer bist du, dass du über deinen Nächsten richtest? 13 Ἄγε νῦν οἱ λέγοντες· σήμερον ἢ αὔριον πορευσόμεθα εἰς τήνδε τὴν πόλιν καὶ ποιήσομεν ἐκεῖ ἐνιαυτὸν καὶ ἐμπορευσόμεθα καὶ κερδήσομεν· 13 Auf jetzt, ihr, die ihr sagt: Heute oder morgen werden wir in diese (oder jene) Stadt gehen und wir werden dort ein Jahr zubringen und Geschäfte machen und Gewinne erzielen, 14 οἵτινες

οὐκ ἐπίστασθε τὸ τῆς αὔριον, ποία ἡ ζωὴ ὑμῶν· ἀτμὶς γάρ ἐστε ἡ πρὸς ὀλίγον φαινομένη, ἔπειτα καὶ ἀφανιζομένη. 14 ihr alle, die ihr nicht wisst, was der morgige Tag bringt, wie euer Leben (weitergeht); ihr seid (nur) ein Hauch, der für kurz(e Zeit) sichtbar wird und dann vergeht. 15 ἀντὶ

τοῦ λέγειν ὑμᾶς· ἐὰν ὁ κύριος θελήσῃ, καὶ ζήσομεν καὶ ποιήσομεν τοῦτο ἢ ἐκεῖνο. 15 Anstelle dessen (müsstet) ihr sagen: Wenn der Herr es will, dann werden wir leben und auch dieses oder jenes tun. 16 νῦν δὲ καυχᾶσθε ἐν ταῖς ἀλαζονείαις ὑμῶν· πᾶσα καύχησις τοιαύτη πονηρά ἐστιν. 16 Jetzt aber rühmt ihr euch in euren Prahlereien; jedes Rühmen solcher Art ist schlecht. 17 εἰδότι

οὖν καλὸν ποιεῖν καὶ μὴ ποιοῦντι, ἁμαρτία αὐτῷ ἐστιν. also, der weiß, was es bedeutet, Gutes zu tun, (es) aber nicht tut, der begeht eine Sünde.

17 Der

Der Jakobusbrief Griechisch–Deutsch (eigene Neuübersetzung)

235

Kapitel 5 Ἄγε νῦν οἱ πλούσιοι, κλαύσατε ὀλολύζοντες ἐπὶ ταῖς ταλαιπωρίαις ὑμῶν ταῖς ἐπερχομέναις. 1 Auf jetzt, (ihr) Reichen, weint, jammert über die schweren Leiden, die auf euch zukommen! 1

2ὁ

πλοῦτος ὑμῶν σέσηπεν καὶ τὰ ἱμάτια ὑμῶν σητόβρωτα γέγονεν, 2 Euer Reichtum ist verfault, und eure Gewänder sind Mottenfraß,

3ὁ

χρυσὸς ὑμῶν καὶ ὁ ἄργυρος κατίωται καὶ ὁ ἱὸς αὐτὼν εἰς μαρτύριον ὑμῖν ἔσται καὶ φάγεται τὰς σάρκας ὑμῶν ὡς πῦρ. ἐθησαυρίσατε ἐν ἐσχάταις ἡμέραις. 3 euer Gold und Silber ist verrostet, und ihr Rost wird euch zum Zeugnis sein, und er wird verzehren euer Fleisch wie Feuer. Ihr habt Schätze in (den) letzten Tagen gesammelt.

4 ἰδοὺ

ὁ μισθὸς τῶν ἐργατῶν τῶν ἀμησάντων τὰς χώρας ὑμῶν ὁ ἀπεστερημένος ἀφ᾽ ὑμῶν κράζει, καὶ αἱ βοαὶ τῶν θερισάντων εἰς τὰ ὦτα κυρίου σαβαὼθ εἰσεληλύθασιν. 4 Siehe, der Lohn der Arbeiter, die eure Felder abmähten, der ihnen von euch vorenthalten worden ist, schreit, und die Rufe der Erntenden sind zu den Ohren (des) Herrn Sabaoth gelangt.

5 ἐτρυφήσατε

ἐπὶ τῆς γῆς καὶ ἐσπαταλήσατε, ἐθρέψατε τὰς καρδίας ὑμῶν ἐν ἡμέρᾳ σφαγῆς, 5 Ihr habt auf der Erde dem Luxus gefröhnt, und ihr habt üppig gelebt, ihr habt eure Herzen am Tag (des) Schlachtens genährt,

6 κατεδικάσατε,

ἐφονεύσατε τὸν δίκαιον, οὐκ ἀντιτάσσεται ὑμῖν. habt verurteilt, ihr habt gemordert den Gerechten – nicht widersteht er euch.

6 ihr

7 Μακροθυμήσατε

οὖν, ἀδελφοί, ἕως τῆς παρουσίας τοῦ κυρίου. ἰδοὺ ὁ γεωργὸς ἐκδέχεται τὸν τίμιον καρπὸν τῆς γῆς μακροθυμῶν ἐπ᾽ αὐτῷ, ἕως λάβῃ πρόϊμον καὶ ὄψιμον. 7 Seid langmütig, Brüder, bis zur Ankunft des Herrn! Siehe, der Bauer erwartet die wertvolle Frucht der Erde und ist langmütig, bis er empfängt frühe und späte Ernte.

236

Der Jakobusbrief Griechisch–Deutsch (eigene Neuübersetzung)

8 μακροθυμήσατε

καὶ ὑμεῖς, στηρίξατε τὰς καρδίας ὑμῶν, ὅτι ἡ παρουσία τοῦ κυρίου ἤγγικεν. 8 Seid langmütig auch ihr, seid stark in euren Herzen, weil die Ankunft des Herrn nahe ist!

9 μὴ

στενάζετε, ἀδελφοί, κατ᾽ ἀλλήλων, ἵνα μὴ κριθῆτε· ἰδοὺ ὁ κριτὴς πρὸ τῶν θυρῶν ἕστηκεν. 9 Beklagt euch nicht gegenseitig, Brüder, damit ihr nicht gerichtet werdet! Siehe, der Richter steht vor die Türen.

10 ὑπόδειγμα λάβετε, ἀδελφοί, τῆς κακοπαθίας καὶ τῆς μακροθυμίας τοὺς προφήτας οἳ ἐλάλησαν ἐν τῷ ὀνόματι κυρίου. 10 Als Beispiel nehmt, Brüder, für das Erleiden von Schlimmen und für die Langmütigkeit die Propheten, die im Namen (des) Herrn redeten! 11 ἰδοὺ

μακαρίζομεν τοὺς ὑπομείναντας· τὴν ὑπομονὴν Ἰὼβ ἠκούσατε καὶ τὸ τέλος κυρίου εἴδετε, ὅτι πολύσπλαγχνός ἐστιν ὁ κύριος καὶ οἰκτίρμων. 11 Siehe, wir die preisen die Geduldigen selig; von der Geduld Hiobs habt ihr gehört und wie es mit ihm ausging, habt ihr gesehen, weil der Herr erbarmungsvoll und barmherzig ist. 12 Πρὸ

πάντων δέ, ἀδελφοί μου, μὴ ὀμνύετε μήτε τὸν οὐρανὸν μήτε τὴν γῆν μήτε ἄλλον τινὰ ὅρκον· ἤτω δὲ ὑμῶν τὸ ναὶ ναὶ καὶ τὸ οὒ οὔ, ἵνα μὴ ὑπὸ κρίσιν πέσητε. 12 Vor allem aber, meine Brüder, schwört nicht, weder beim Himmel noch bei der Erde noch irgendeinen anderen Eid! Euer Ja soll ein Ja und euer Nein soll ein Nein sein, damit ihr nicht unter ein Gericht fallt! 13 Κακοπαθεῖ

τις ἐν ὑμῖν, προσευχέσθω· εὐθυμεῖ τις, ψαλλέτω· einer ein Übel unter euch, so soll er beten; geht es einem (von euch) gut, so soll er lobpreisen.

13 Erleidet

14 ἀσθενεῖ

τις ἐν ὑμῖν, προσκαλεσάσθω τοὺς πρεσβυτέρους τῆς ἐκκλησίας καὶ προσευξάσθωσαν ἐπ᾽ αὐτὸν ἀλείψαντες [αὐτὸν] ἐλαίῳ ἐν τῷ ὀνόματι τοῦ κυρίου. 14 Ist einer krank unter euch, so soll er herbeirufen die Älteren der Gemeinde, und sie sollen beten über ihn, (ihn) salbend mit Öl im Namen des Herrn.

Der Jakobusbrief Griechisch–Deutsch (eigene Neuübersetzung)

237

15 καὶ

ἡ εὐχὴ τῆς πίστεως σώσει τὸν κάμνοντα καὶ ἐγερεῖ αὐτὸν ὁ κύριος· κἂν ἁμαρτίας ᾖ πεποιηκώς, ἀφεθήσεται αὐτῷ. 15 Und das Gebet des Glaubens wird den Kranken retten, und aufrichten wird ihn der Herr; und wenn er Sünden begangen hat, wird ihm vergeben werden.

16 ἐξομολογεῖσθε

οὖν ἀλλήλοις τὰς ἁμαρτίας καὶ εὔχεσθε ὑπὲρ ἀλλήλων ὅπως ἰαθῆτε. Πολὺ ἰσχύει δέησις δικαίου ἐνεργουμένη. 16 Bekennt nun einander eure Sünden und betet füreinander, auf dass ihr geheilt werdet! Viel vermag ein Gebet eines Gerechten, weil es wirksam ist.

17 Ἠλίας

ἄνθρωπος ἦν ὁμοιοπαθὴς ἡμῖν, καὶ προσευχῇ προσηύξατο τοῦ μὴ βρέξαι, καὶ οὐκ ἔβρεξεν ἐπὶ τῆς γῆς ἐνιαυτοὺς τρεῖς καὶ μῆνας ἕξ· 17 Elias war ein Mensch, der Gleiches litt wie wir, und in einem Gebet betete er, dass es nicht regne, und es regnete nicht auf der Erde drei Jahre und sechs Monate lang.

18 καὶ

πάλιν προσηύξατο, καὶ ὁ οὐρανὸς ὑετὸν ἔδωκεν καὶ ἡ γῆ ἐβλάστησεν τὸν καρπὸν αὐτῆς. 18 Und wieder betete er, und der Himmel ließ es regnen, und die Erde brachte hervor ihre Frucht.

19 Ἀδελφοί

μου, ἐάν τις ἐν ὑμῖν πλανηθῇ ἀπὸ τῆς ἀληθείας καὶ ἐπιστρέψῃ τις αὐτόν, 19 Meine Brüder, wenn einer unter euch abgeirrt ist von der Wahrheit und einer ihn bekehrt hat,

20 γινωσκέτω

ὅτι ὁ ἐπιστρέψας ἁμαρτωλὸν ἐκ πλάνης ὁδοῦ αὐτοῦ σώσει ψυχὴν αὐτοῦ ἐκ θανάτου καὶ καλύψει πλῆθος ἁμαρτιῶν. 20 so soll er erkennen: Wer einen Sünder bekehrt hat aus (der) Verirrung seines Weges, wird seine Seele vom Tod retten und die Menge seiner Sünden bedecken.

Quellen- und Literaturverzeichnis Die verwendeten Abkürzungen für Reihen und Zeitschriften orientieren sich an Schwertner, S., IATG2. Internationales Abkürzungsverzeichnis für Theologie und Grenzgebiete. Zeitschriften, Serien, Lexika, Quellenwerke mit bibliographischen Angaben, 2., überarbeitete und erweiterte Auflage, Berlin/New York 1992. Die Abkürzungen für antike christliche Texte folgen dem Lexikon der antiken christlichen Literatur, herausgegeben von Döpp, S./Geerlings, W., unter Mitarbeit von Bruns, P./Röwekamp, G./Skeb, M., Freiburg i. Br./Basel/ Wien 32002. Quellen und Übersetzungen Biblische Quellen Griechisch Novum Testamentum Graecum. Editio Critica Maior IV: Die Katholischen Briefe, ed. Aland, K./Aland, B./Mink, G./Wachtel, K., Stuttgart 22013. [ECM 4]. Septuaginta. Id est Vetus Testamentum graece iuxta LXX interpretes, ed. Rahlfs, A., Editio altera quam recognovit et emendavit Hanhart, R., Stuttgart 2006. [LXX].

Lateinisch Biblia sacra vulgata, ed. Weber, R./Gryson, R., Stuttgart 52007. [VUL]. Epistulae Catholicae, ed. Thiele, W., Vetus Latina: Die Reste der altlateinischen Bibel 26/1, Freiburg i. Br. 1969. [VL].

Frühjüdische Literatur

Es werden teilweise auch Übersetzungen erwähnt, die zur Orientierung gedient haben. Nicht eigens aufgeführt werden die Übertragungen in der Bibliothek der Kirchenväter, die dank des Engagements von Gregor Emmenegger in Fribourg auch im Internet unter www.unifr.ch./bkv/ zur Verfügung stehen. Philo von Alexandrien De Abrahamo, ed. Cohn, L., Philonis Alexandrini opera quae supersunt, Band 4, Berlin 1902, 1–60. [abr.].

240

Quellen- und Literaturverzeichnis

De sobrietate, ed. Wendland, P., Philonis Alexandrini opera quae supersunt, Band 2, Berlin 1897, 215–228. [sobr.].

Testamentum Abraham Le Testament grec d’Abraham. Introduction, edition critique des deux recensions grecques, traduction, ed. Schmidt, F., TSAJ 11, Tübingen 1986. [test. Abr.].

Antike christliche Autoren und Schriften Barnabasbrief Épître de Barnabé, ed. Kraft, R. A., SC 172, Paris 1971. [Barn].

1. Clemensbrief Der Klemens–Brief, ed. Fischer, J. A., SUC 1, Darmstadt 2006 (Sonderausgabe), 1–107. [1 Clem]. Der erste Clemensbrief, übersetzt und erklärt von Lona, H. E. (KAV 2), Göttingen 1998. [1 Clem].

2. Clemensbrief Zweiter Klemens–Brief, ed. Wengst, K., SUC 2, Darmstadt 2006 (Sonderausgabe), 205– 282. [2 Clem].

Clemens von Alexandrien Excerpta ex Theodoto, ed. Stählin, O./Früchtel, L., GCS 217, Berlin 1970, 105–133. [exc. Thdot.]. Le Pédagogue I, ed. Marrou, H. I./Harl, M., SC 70, Paris 1960. [paed.]. Le Pédagogue III, ed. Mondesert, C./Matray, C./Marrou, H. I., SC 158, Paris 1970. [paed.]. Les Stromates. Stromate VII, ed. Le Boulluec, A., SC 428, Paris 1997. [str.]. Quel Riche sera sauvé?, ed. Stählin, O./Früchtel, L., GCS 217, Paris 2011, 103–134. [q.d.s.]. Stromata I–VI, ed. Stählin, O./Früchtel, L./Treu, U., GCS 415, Berlin 1985. [str.].

Cassiodor Institutiones Divinarum et Saecularium Litterarum. Einführung in die geistlichen und weltlichen Wissenschaften. Erster Teilband. Übersetzt und eingeleitet von Bürsgens, W. (FC 39/1), Freiburg i. Br. u. a. 2003.

Antike christliche Autoren und Schriften

241

Eusebius von Caesarea Commentarii in Psalmos, ed. Migne, J.-P., Patrologia cursus completus (series Graeca) 23, Paris 1857. [Ps.]. De ecclesiastica theologia, ed. Migne, J.-P., Patrologia cursus completus (series Graeca) 24, Paris 1865. [eccl. theol.]. Historia ecclesiastica, ed. Schwartz, E./Mommsen, T., GCS 9/1, Leipzig 1903. [h.e.]. Kirchengeschichte. Herausgegeben und eingeleitet von Kraft, H., Darmstadt 31989.

Hirt des Hermas Hirt des Hermas, ed. Leutzsch, M., SUC 3, Darmstadt 2006 (Sonderausgabe), 146–359. [PH]. Le Pasteur, ed. Joly, R., SC 53, Paris 21986. Mandata, ed. Joly, R., SC 53, Paris 21986, 144–209. [mand.]. Similitudines, ed. Joly, R., SC 53, Paris 21986, 210–365. [sim.] Visiones, ed. Joly, R., SC 53, Paris 21986, 76–143. [vis.]

Irenäus von Lyon Adversus Haereses. I. Gegen die Häresien. I., ed. Brox, N., FC 8/1, Freiburg i. Br. u. a. 1993. [haer.]. Adversus Haereses. II. Gegen die Häresien. II., ed. Brox, N., FC 8/2, Freiburg i. Br. u. a. 1993. [haer.]. Adversus Haereses. IV. Gegen die Häresien. IV., ed. Brox, N., FC 8/4, Freiburg i. Br. u. a. 1995. [haer.]. Adversus Haereses. V. Gegen die Häresien. V., ed. Brox, N., FC 8/5, Freiburg i. Br. u. a. 2001. [haer.]. Contre les Hérésies. I. Tome II, ed. Rousseau, A./Doutreleau, L., SC 263, Paris 1979. [haer.]. Contre les Hérésies. II. Tome II, ed. Rousseau, A./Doutreleau, L., SC 294, Paris 1982. [haer.]. Contre les Hérésies. IV. Tome II, ed. Rousseau, A./Hemmerdinger, B./Doutreleau, L./ Mercier, C., SC 100/II, Paris 1965. [haer.]. Contre les Hérésies. V. Tome II, ed. Rousseau, A./Doutreleau, L./Mercier, C., SC 153, Paris 1969. [haer.]. Epideixis. Adversus Haereses. I. Darlegung der apostolischen Verkündigung. Gegen die Häresien. I., ed. Brox, N., FC 8/1, Freiburg i. Br. u. a. 1993. [epid./haer.].

Methodius von Olympus Symposion, ed. Bonwetsch, G. N., GCS 27, Leipzig 1917, 1–142. [symp.].

Origenes Adnot. in Deuternon., ed. Migne, J. P., PG 17, Paris 1857, 23–36. [fr. in Dtn.]. Apologia adversus libros Rufini, ed. Migne, J. P., PG 14, Paris 1845, 397–494. [ep. car.].

242

Quellen- und Literaturverzeichnis

Commentaire sur l’Épître aux Romains, Tome I. Livres I–II, ed. Bammel, C. P. H./Brésard, L./Fédou, M., SC 532, Paris 2009. [comm. in Rom.]. Commentaire sur l’Épître aux Romains, Tome II. Livres III–V, ed. Bammel, C. P. H./Brésard, L./Fédou, M., SC 539, Paris 2010. [comm. in Rom.]. Commentaire sur l’Épître aux Romains, Tome III. Livres VI–VIII, ed. Bammel, C. P. H./ Brésard, L./Fédou, M., SC 543, Paris 2011. [comm. in Rom.]. Commentaire sur Saint Jean, Tome II. Livres VI et X, Texte Grec. Avant-Propos, Traduction et Notes, ed. Blanc, C., SC 157, Paris 1970. [Jo.]. Commentarii in Epistolam B. Pauli ad Romanos, ed. Migne, J. P., PG 14, Paris 1857, 837– 1296. [comm. in Rom.]. Commentarii in Epistulam ad Romanos. Liber Nonus, Liber Decimus, ed. Heither, T., FC 2/2, Freiburg i. Br. u. a. 1996. [comm. in Rom.]. Commentarii in Epistulam ad Romanos. Liber Primus, Liber Secundus, Liber Quartus, ed. Heither, T., FC 2/2, Freiburg i. Br., u. a. 1990. [comm. in Rom.]. Commentarii in Epistulam ad Romanos. Liber Tertius, Liber Quartus, ed. Heither, T., FC 2/2, Freiburg i. Br. u. a. 1992. [comm. in Rom.]. Contre Celse, Tome II. Livres III et IV, ed. Borret, M., SC 136, Paris 1968. [Cels.]. Contre Celse, Tome III. Livres V et VII, ed. Borret, M., SC 147, Paris 1969. [Cels.]. Der Johanneskommentar, ed. Preuschen, E., GCS 10, Leipzig 21903. [Jo.]. Die Homilien zu Lukas in der Übersetzung des Hieronymus und die griechischen Reste der Homilien und des Lukas-Kommentars, ed. Bauer, M., GCS 49, Berlin 21959. [hom. in Luc.]. Die Schrift vom Gebet, ed. Koetschau, P., GCS 3, Leipzig 1899, 295–403. [orat.]. Enarrationes in Job, ed. Migne, J. P., PG 17, Paris 1857, 58–106. [fr. in Job.]. Exegetica in Psalmos, ed. Migne, J. P., PG 12, Paris 1862, 1053–1684. [fr. in Ps.]. Exhortatio ad Martyrium, ed. Koetschau, P., GCS 2, Leipzig 1899, 3–47. [ex. ad mart.]. Fragmenta e catenis in Prouerbia, ed. Pitra, J. B., Analecta Sacra III, Paris 1883, 523–528. [fr. in Prov.]. Fragmenta e catenis in Psalmos, ed. Pitra, J. B., Analecta Sacra III, Paris 1883, 408–483. [fr. in Ps.]. Fragmenta e catenis in Psalmos, ed. Pitra, J. B., Analecta Sacra II, Paris 1884, 408–483. [fr. in Ps.]. Fragmenta Uaria, Scholienkommentar des Origenes zur Apokalypse Johannis, ed. Dibouniotis C./Harnack, A., TU 38, 3, 1911, 21–41. [fr.]. Homélies sur Jérémie, Tome I. Homelies I–XI, ed. Husson, P./Nautin, P., SC 232, Paris 1976. [hom. in Jer.]. Homélies sur Jérémie, Tome II. Homelies XII–XX et Homélies latines, ed. Husson, P./ Nautin, P., SC 238, Paris 1977. [hom. in Jer.]. Homélies sur la Genèse, ed. Lubac, H./Doutrelau, L., SC 7, Paris 1976. [hom. in Gen.]. Homilae in Psalmos, ed. Migne, J. P., PG 12, Paris 1862, 1319–1368. [hom. in Ps.]. Homilien zu Ezechiel, ed. Baehrens, W. A., GCS 33, Leipzig 1925, 319–454. [hom. in Ez.]. Homilien zum Hexateuch in Rufins Übersetzung. Erster Teil. Die Homilien zu Genesis, Exodus und Leviticus, ed. Baehrens, W. A., GCS 29, Leipzig 1920. [hom. in Gen./Ex./ Lev.]. Homilien zum Hexateuch in Rufins Übersetzung. Zweiter Teil. Die Homilien zu Numeri, Josua und Judices, ed. Baehrens, W. A., GCS 30, Leipzig 1921. [hom. in Num./Jos./ Jud.]. Jeremiahomilien, ed. Klostermann, E., GCS 6, Berlin 21983, 1–232. [hom. in Jer.].

Hilfsmittel

243

La Chaîne Palestinienne sur le Psaume 118. Origène, Eusèbe, Didyme, Apollinaire, Athanase, Théodoret. Tome I., ed. Harl, M., SC 189, Paris 1972. [hom. in Ps.]. Matthäuserklärung, ed. Benz, E./Klostermann, E., GCS 10, Leipzig 1935. [comm. in Mt.]. Matthäuserklärung, ed. Klostermann, E., GCS 38, Leipzig 1933. [comm. in Mt.]. Die neuen Psalmenhomilien. Eine kritische Edition des Codex Monacensis Graecus 314, ed. Perrone, L., GCS neue Folge 19/13, Berlin/München/Boston 2015. Römerbriefkommentar. Drittes und viertes Buch, übersetzt und eingeleitet von Heither, T., FC 2/2, Freiburg i. Br. u. a. 1992. [comm. in Rom.]. Römerbriefkommentar. Erstes und zweites Buch, übersetzt und eingeleitet von Heither, T., FC 2/1, Freiburg i. Br. u. a. 1990. [comm. in Rom.]. Römerbriefkommentar. Neuntes und zehntes Buch, übersetzt und eingeleitet von Heither, T., FC 2/5, Freiburg i. Br. u. a. 1996. [comm. in Rom.]. Selecta in Exodum, ed. Migne, J. P., PG 12, Paris 1862, 281–296. [fr. in Ex.]. Stromata, New, Six collations of New Testament Manuscripts, ed. Lake, K., HThS 17, Cambrigde 1932. [str.]. Traité des Principes, Tome I. Livres I et II, ed. Crouzel, H./Simonetti, M., SC 252, Paris 1978. [princ.].

Photius Opera Omnia, cod. 109, PG 103, Paris 1860.

Tertullian Aduersus Iudeos, ed. Gerlo A. u. a., CCLS 2, Turnhout 1954, 1337–1395. [iud.]. Aduersus Marcionem, ed. Dekkers E. u. a., CCLS 1, Turnhout 1954, 437–726. [marc.]. De Baptismo, ed. Dekkers E. u. a., CCLS 1, Turnhout 1954, 275–295. [bapt.]. De Cultu Feminarum, ed. Dekkers E. u. a., CCLS 1, Turnhout 1954, 341–370. [cult.]. De Idolatria, ed. Gerlo A. u. a., CCLS 2, Turnhout 1954, 1099–1124. [idol.]. De Ieiunio aduersus Psychicos, ed. Gerlo, A. u. a., CCLS 2, Turnhout 1954, 1255–1277. [iei.]. Opera I. Opera Catholica. Adversvs Marcionem, ed. Dekkers E. u. a., CCLS 1, Turnhout 1954. Opera II. Opera Monastica, ed. Gerlo A. u. a., CCLS 2, Turnhout 1954.

Hilfsmittel A Greek-English Lexicon, comppiled by Henry George Liddell and Robert Scott, revised and augmented throughout by Sir Henry Stuart Jones with the assistance of Roderick McKenzie and with the cooperation of many scholars. With a revised supplement, Oxford 1996. Aland, B./Juckel, A., Das Neue Testament in syrischer Überlieferung 1. Die großen Katholischen Briefe, Arbeiten zur neutestamentlichen Textforschung 7, Berlin/New York 1988. Aland, K./Aland, B. im Institut für neutestamentliche Textforschung/Münster unter besonderer Mitwirkung von Reichmann, V. (Hg.), Griechisch-deutsches Wörterbuch

244

Quellen- und Literaturverzeichnis

zu den Schriften des Neuen Testaments und der frühchristlichen Literatur von Walter Bauer, Berlin/New York 61988. Allenbach, J. u. a. (Hg.), Biblia Patristica 1, Index des Citations et Allusions Bibliques dans la Littérature Patristique. Des origines à Clément d’Alexandrie et Tertullien, Paris 1975. – Biblia Patristica 2, Index des Citations et Allusions Bibliques dans la Littérature Patristique. Le troisième siècle (Origène excepté), Paris 1977. – Biblia Patristica 3, Index des Citations et Allusions Bibliques dans la Littérature Patristique. Origène, Paris 1980. – Biblia Patristica 4, Index des Citations et Allusions Bibliques dans la Littérature Patristique. Eusèbe de Césarée, Cyrille de Jérusalem, Épiphane de Salamine, Paris 1987. – Biblia Patristica 5, Index des Citations et Allusions Bibliques dans la Littérature Patristique. Basile de Césarée, Grégoire de Nazianze, Grégoire de Nysse, Amphiloque d’Iconium, Paris 1991. – Biblia Patristica 6, Index des Citations et Allusions Bibliques dans la Littérature Patristique. Hilaire de Poitiers, Ambroise de Milan, Ambrosiaster, Paris 1995. Bauer, W., Griechisch-Deutsches Wörterbuch zu den Schriften des Neuen Testaments und der übrigen urchristlichen Literatur, Berlin/New York 51971. Crouzel, H., Bibliographie Critique D’Origène (Instrumenta Patristica VIII), Steenbrugis 1982. Exegetisches Wörterbuch zum Neuen Testament, herausgegeben von Horst Balz und Gerhard Schneider, Stuttgart 32011. Lampe, G. W. H. (Hg.), A Patristic Greek Lexicon, Oxford 1961. Lust, J./Eynikel, E./Hauspie, K., Greek-English Lexicon of the Septuagint. Revised Edition, Stuttgart 2003. Markschies, C./Schröter, J. (Hg.) in Verbindung mit Heiser, A., 7. Auflage der von Hennecke, E. begründeten und von Schneemelcher, W. fortgeführten Sammlung der neutestamentlichen Apokryphen, I. Band Evangelien und Verwandtes, Teilband 1 und 2, Tübingen 2012. Thesaurus Linguae Graecae (TLG), Irvine: University of California, online zu erreichen unter stephanus.tlg.uci.edu/index.php [11. 12. 2021].

Sekundärliteratur Achtemeier, P., 1 Peter. A Commentary on First Peter (Hermeneia), Minneapolis 1996. Adamson, J., James., The Man and His Message, Grand Rapids 1989. Aland, A./Aland, B., Der Text des Neuen Testaments. Einführung in die wissenschaftlichen Ausgaben sowie in Theorie und Praxis der modernen Textkritik, Stuttgart 1982. Alistair, S.-S., Ἀποκύησις λόγῳ ἀληθείας: Paraenesis and Baptism in Matthew, James, and the Didache, in: Sandt, H./Zangenberg, J. K. (Hg.), Matthew, James, and Didache. Three Related Documents in their Jewish and Christian Settings (Society of Biblical Literature, Symposium Series 45), Atlanta 2007, 341–359. Allison, D. C., ‚Eldad‘, in: JSP 21 (2011), 99–131. – A Critical and Exegetical Commentary on The Epistle of James (ICC), New York u. a. 2013. – Jas 2:14–26. Polemic against Paul, Apology for James, in: Nicklas, T./Merkt, A./Verheyden, J. (Hg.), Ancient Perspectives on Paul (NTOA 102), Göttingen 2013, 123–149.

Sekundärliteratur

245

– Scriptural Allusions in the New Testament. Light from the Dead Sea Scrolls (The Dead Sea Scrolls & Christians Origins Library 5), North Richland Hills, 2000. Baehrens, W. A., Überlieferung und Textgeschichte der lateinisch erhaltenen Origeneshomilien zum Alten Testament, Leipzig 1916. Bardy, G., Recherches sur l’Histoire du Texte et des Versions Latines du De Principiis d’Origène, Paris 1923. Barker, D., The Reuse of Christian Texts. P.Macquarie inv. 360 + P.Mil.Vogl.inv. 1224 (P91) and P.Oxy.X 1229 (P23), in: Nicklas, T./Kraus T. J. (Hg.), Early Christian Manuscripts. Examples of Applied Method and Approach (Texts and Editions for New Testament Study 5), Leiden/Boston 2010, 129–143. Barnes, T. D., Tertullian. A Historical and Literary Study, Oxford 1971. Batovici, D., Hermas in Clement of Alexandria, in: StPatr (2013) LXVI, 41–51. Bauckham, R., Eldad and Modad, in: Bauckham, R./Davila, J. R./Panayotov A. (Hg.), Old Testament Pseudepigrapha. More Noncanonical Scriptures. Band 1, Grand Rapids/Cambridge 2013, 244–256. – Jude, 2 Peter (WBC 50), Waco 1983. – The Jewish World around the New Testament (WUNT 233), Tübingen 2008. – The Wisdom of James and the Wisdom of Jesus, in: Schlosser, J. (Hg.), The Catholic Epistles and the Tradition (BEThL 176), Leuven u. a. 2004, 75–92. – Wisdom of James, disciple of Jesus the sage (New Testament Readings), London/New York 1999. Baumgärtner, P., Die Einheit des Hermas-Buchs, Freiburg i. Br. 1889. Bemmerl, C., Die frühe Rezeption des Jakobusbriefs und die Geschichte des neutestamentlichen Kanons, in: ASE (2017), 517–539. Bemmerl, C./Grünstäudl, W., Wahlverwandtschaften. Notizen zum Verhältnis von Jakobus- und Judasbrief, in: SNTU 38 (2013), 5–22. Bonwetsch, N. G., Einleitung, in: Bonwetsch, N. G. (Hg.), Methodius, Olympus. I. Schriften, Erlangen/Leipzig 1891, I–XLVII. Bracht, K., Vollkommenheit und Vollendung. Zur Anthropologie des Methodius von Olympus (Studien und Texte zu Antike und Christentum/Studies and Texts in Antiquity and Christianity 2), Tübingen 1999. Broer, I., in Verbindung mit Weidemann, H.-U., Einleitung in das Neue Testament. II. Die Briefliteratur, die Offenbarung des Johannes und die Bildung des Kanons, Würzburg 32006. Brooke, G. J., The Dead Sea Scrolls and the New Testament, Minneapolis 2005. Brosend, W. F., James and Jude (NCBC), Cambridge u. a. 2004. Brown, R. E., An Introduction to the New Testament (The Anchor Bible Reference Library), New York 1997. Brox, N., Der erste Petrusbrief (EKK 21), Zürich/Neukirchen 41993. – Der Hirt des Hermas (KAV 7), Göttingen 1991. – Die kleinen Gleichnisse im Pastor Hermae, in: MThZ 40 (1989), 263–278. Bruns, P., Methodius von Olympus, in: LACL (32002), 502–503. Buchheit, V., Studien zu Methodius von Olympos (TU 69), Berlin 1958. Buchinger, H., Pascha bei Origenes. Band 1: Diachrone Präsentation (IThS 64), Innsbruck 2005. Burchard, C., Der Jakobusbrief (HNT 15, 1), Tübingen 2000. Bürsgens, W., Cassiodor, in: LACL (32002), 141–143.

246

Quellen- und Literaturverzeichnis

– Einleitung, in: Cassiodor, Institutiones Divinarum et Saecularium Litterarum. Einführung in die geistlichen und weltlichen Wissenschaften. Erster Teilband. Übersetzt und eingeleitet von Bürsgens, W. (FC 39/1), Freiburg i. Br. u. a. 2003, 9–88. Campenhausen, H. F., Entstehung der christlichen Bibel (BHTh 39), Tübingen 1968. Casey, R. P., The Excerpta ex Theodoto of Clement of Alexandria, London 1934. Chadwick, H., Rufinus and the Tura Papyrus of Origen’s Commentary on Romans, in: JThS.NS 10 (1959), 10–42. Charles, J. D., Literary Strategy in the Epistle of Jude, Scranton/London/Toronto 1993. Choat, M./Yuen-Collingridge, R., The Egyptian Hermas: The Shepherd in Egypt before Constantine, in: Kraus, T. J./Nicklas, T. (Hg.), Early Christian Manuscripts. Examples of Applied Method and Approach, Leiden/Boston 2010, 191–212. Clayton, N. J., The Apostolic Fathers and the New Testament, Peadbody 2006. Collins, J. J., Early Christian Apokalypses, in: Collins, J. J. (Hg.), Apocalypse. The Morphology of a Genre (Semeia 14), Atlanta 1979, 61–121. – Introduction. Towards the Morphology of a Genre, in: Collins, J. J. (Hg.), Apokalypse. The Morphology of a Genre (Semeia 14), Atlanta 1979, 1–20. Committee of the Oxford Society of Historical Theology, The New Testament in the Apostolic Fathers, Oxford 1905. Cooper, S., Communis Magister Paulus: Altercation over the Gospel in Tertullian’s against Marcion, in: Still, T. D./Wilhite, D. E. (Hg.), Pauline and Patristic Scholars in Debate. Volume One. Tertullian and Paul, New York u. a. 2013, 224–246. Cosaert, C. P., Clement of Alexandria’s Gospel Citations, in: Hill, C./Kruger, M. J. (Hg.), The Early Text of the New Testament, Oxford 2012, 393–413. Cosaert, C. P., The Text of the Gospels in Clement of Alexandria (SBL. The New Testament in the Greek Fathers 9), Leiden/Boston 2008. Cramer, J. A. (Hg.), Catena in epistolas catholicas, accesserunt Oecumenii et Arethae commentarii in Apocaypsin ad fidem codd. mss. (Catenae Graec. Patrum 8), Oxford 1840. Credner, K. A., Zur Geschichte des Kanons, Halle 1847. Crouzel, H., Origen, übersetzt von Worral, A., Edinburgh 1989. Dainese, D., Introduzione, in: Clemente Alessandrino, Adobrazioni, übersetzt von Dainese, D., Mailand 2014, 9–139. Dautzenberg, G., Ist das Schwurverbot Mt 5, 33–37; Jak 5, 12 ein Beispiel für die Torakritik Jesu?, in: BZ 25 (1981), 47–66. Davids, P. H., Book Review: James, the Second Century Canon-Conscious Pseudepigraph? David R. Nienhuis, Not by Paul Alone. The Formation of the Catholic Epistle Collection and the Christian Canon, in: The Expository Times 119 (7/2008), 362. Davids, P. H., The Epistle of James. A Commentary on the Greek Text, Grand Rapids/ Michigan 1982. Dibelius, M. /Greeven H., Der Brief des Jakobus (KEK 15), Göttingen 121984. – Der Hirt des Hermas (Die Apostolischen Väter 4), Tübingen 1923. Diobouniotis, C./Harnack, A., Der Scholienkommentar des Origenes zur Apokalypse Johannis. Nebst einem Stück aus Irenäus, liber V, Vorbemerkung (TU 38, 3), Leipzig 1911. Doering, L., First Peter as Early Christian Diasporaletter, in: Niebuhr, K.-W./Wall, R. W. (Hg.), The Catholic Epistles and Apostolic Tradition, Waco 2009, 215–236. Dohmen, C., Rezeptionsforschung und Glaubensgeschichte. Anstöße für eine neue Annäherung von Exegese und Systematischer Theologie, in: TThZ 96 (1987), 123–134.

Sekundärliteratur

247

Doutreleau, L./Rousseau, A., Introduction, in: Irénee de Lyon. Contre les Hérésies. Livre IV. Edition Critique d’après les Versions Arménienne et Latine par Rousseau, A. avec la Collaboration de Hemmerdinger, B./Doutreleau, L./Mercier, C., Tome I. Introduction, Notes Justificatives, Tables (SC 100), Paris 1965, 15–191. Dunn, J. D. G., The New Perspective on Paul, in: Dunn, J. D. G. (Hg.), The New Perspective on Paul, Grand Rapids 2008, 99–121. Durst, M., Hilarius von Poitiers, in: LACL (32002), 333–336. Ebner, M., Der christliche Kanon, in: Ebner, M./Schreiber, S. (Hg.), Einleitung in das Neue Testament (Studienbücher Theologie 6), Stuttgart 22008, 9–52. Elliott, J. H., 1 Peter. A New Translation with Introduction and Commentary (AncB), New York 2000. – The Early Text of the Catholic Epistles, in: Hill, C./Kruger, M. J. (Hg.), The Early Text of the New Testament, Oxford 2012, 204–224. Elßner, T. R./Theresia, H., Die Homilien des Origenes zum Buch Josua. Die Kriege Josuas als Heilswirken Jesu (BFE 38), Stuttgart 2006. Feldmeier, R., Der erste Brief des Petrus (ThHK 15/I), Leipzig 2005. – Der Jakobusbrief, in: Niebuhr, K.-W. (Hg.), Grundinformation Neues Testament. Eine bibelkundlich-theologische Einführung, Göttingen 22003, 338–342. Ferguson, E., Tertullian, Scripture, Rule of Faith, and Paul, in: Still, T. D./Wilhite, D. E. (Hg.), Pauline and Patristic Scholars in Debate. Volume One. Tertullian and Paul, New York u. a. 2013, 22–44. Feulner, R., Clemens von Alexandrien. Sein Leben, Werk und philosophisch-theologisches Denken (Bamberger Theologische Studien 31), Frankfurt a. M. u. a. 2006. Foster, R. J., The Significance of Exemplars for the Interpretation of the Letter of James (WUNT II/376), Tübingen 2014. Frankemölle, H., Der Brief des Jakobus (ÖTBK 17/1), Würzburg 1994. – 1. Petrusbrief. 2. Petrusbrief. Judasbrief (Die Neue Echter Bibel: Kommentar zur Einheitsübersetzung; Bd. 18 und 20), Würzburg 21990. Frey, J., Der Brief des Judas und der zweite Brief des Petrus (ThHK 15/II), Leipzig 2015. – Der Judasbrief zwischen Judentum und Hellenismus, in: Kraus, W./Niebuhr, K.-W. (Hg.), Frühjudentum und Neues Testament im Horizont biblischer Theologie. Mit einem Anhang zum Corpus Judaeo-Hellenisticum Novi Testamenti (WUNT 162), Tübingen 2003, 180–210. Frisius, M. A., Tertullian’s Use of the Pastoral Epistles, Hebrews, James, 1 and 2 Peter and Jude (Studies in Biblical Literature 143), New York u. a. 2011. Fuchs, E./Reymond, P., La Deuxième Épitre de Saint Pierre/L’Épitre de Saint Jude (CNT XIIIb), Neuchatel/Paris 21988. Gahbauer, F. R., Photius, in: LACL (32002), 579–581. Gamble, H. Y., Books and Readers in the Early Church. A History of Early Christian Texts, Yale 1995. Gemünden, P., Einsicht, Affekt und Verhalten. Überlegungen zur Anthropologie des Jakobusbriefes, in: Gemünden, P./Matthias, K./ Gerd, T. (Hg.), Der Jakobusbrief. Beiträge zur Rehabilitierung der „strohernen Epistel“ (Beiträge zum Verstehen der Bibel 3), Münster 2003, 83–96. Genette, G., Einführung in den Architext. Aus dem Französischen übersetzt v. Dubost, J.-P./Febel, G., Hobohm, H.-Ch./Pfau, U., Stuttgart 1990. – Paratexte. Sieuils. Das Buch vom Beiwerk des Buches. Aus dem Französischen übersetzt von Hornig, D., Frankfurt a. M. 1989.

248

Quellen- und Literaturverzeichnis

Gielen, M., Der erste Petrusbrief, in: Ebner, M./Schreiber, S. (Hg.), Einleitung in das Neue Testament (KStTh 6), Stuttgart 22013, 517–527. – Der Judasbrief, in: Ebner M./Schreiber S. (Hg.), Einleitung in das Neue Testament (KStTh 6), Stuttgart 22013, 559–565. Gilmour, C., Religious vacillation and indecision. Double-mindedness as the opposite of faith. A study of δίψυχος and its cognates in the Shepherd of Hermas and other early Christian Literature, in: Prudentia 16 (1984), 33–42. Gnilka, J., Die Wirkungsgeschichte als Zugang zum Verständnis der Bibel, in: MThZ 40 (1989), 51–62. Görgemanns, H./Karpp, H., Einführung, in: Origenes. Vier Bücher von den Prinzipien, hg., übers., mit krit. u. erl. Anm. vers. von Görgemanns, H./Karpp, H. (TzF 24), Darmstadt 1976, 1–50. Gowler, D. B., James Through the Centuries (Wiley Blackwell Bible Commentaries), Malden/Oxford 2014. Grant, R., Eusebius as Church Historian, Oxford 1980. – The Formation of the New Testament, New York 1965. Grappone, A., Omelie Origeniane nella traduzione di Rufino. Un confronto con i testi greci (SEAug 103), Rom 2007. Gregory, A. F., Canon and Text of the New Testament, New York 1907. – Disturbing Trajectories: 1 Clement, the Shepherd of Hermas and the Developement of Early Christianity, in: Oakes, P. (Hg.), Rome in the Bible and the Early Church, Carlisle 2002, 142–166. Grundeken, M., Community Building in the Shepherd of Hermas. A Critical Study of Some Key Aspects (SVigChr 131), Leiden/Boston 2015. Grundmann, W., Der Brief des Judas und der zweite Brief des Petrus (ThHK XV), Berlin 1974. Grünstäudl, W., Petrus Alexandrinus. Studien zum historischen und theologischen Ort des zweiten Petrusbriefes (WUNT II/353), Tübingen 2013. – Was lange währt … Die Katholischen Briefe und die Formung des neutestamentlichen Kanons, in: Early Christianity 7 (2016/1), 71–94. Hagner, D. A., The Use of the Old and New Testament in Clement of Rome (NT.S 34), Leiden 1973. Hahnemann, G. M., The Muratorian Fragment and the Development of the Canon (OTM), Oxford 1992, 27–30. Hamm, U., Irenäus von Lyon, in: LACL (32002), 351–355. Hammond Bammel, C. P., Der Römerbrieftext des Rufin und seine Origenes-Überlieferung (AGLB 10), Freiburg i. Br. 1985. Harnack, A., Das Neue Testament um das Jahr 200, Freiburg i. Br. 1889. Hartin, J. P., A Spirituality of Perfection. Faith in Action in the Letter of James, Collegville 1999. – Ethics in the Letter of James, the Gospel of Matthew, and the Didache: Their Place in Early Christianity, in: Sandt, H./Zangenberg, J. K. (Hg.), Matthew, James, and Didache. Three Related Documents in their Jewish and Christian Settings (Society of Biblical Literature, Symposium Series 45), Atlanta 2007, 289–314. Hartin, J. P., James (Sacra Pagina Series 14), Collegeville/Minnesota 2003. Hays, R. B., Echoes of Scripture in the Letters of Paul, New Haven/London 1989.

Sekundärliteratur

249

Heide, M. K., Labilität und Festigkeit des überlieferten Textes des Neuen Testaments und des Pastor Hermae, demonstriert an wichtigen Textzeugen, in: Sacra Scripta VII, 1 (2009), 65–97. Heil, U., Athanasius von Alexandrien, in: LACL (32002), 69–76. Hellholm, D., Der Hirt des Hermas, in: Pratscher, W. (Hg.), Die Apostolischen Väter. Eine Einleitung, Göttingen 2009, 226–253. Hemer, C. J., The Address of 1 Peter, in: ET 89 (1977/78), 239–243. Hofmann, J., Clemens von Rom, in: LACL (32002), 154–155. Holthuis, S., Intertextualität. Aspekte einer rezeptionsorientierten Konzeption (Stauffenberg Colloquium 28), Tübingen 1993. Holtzmann, H. J., Lehrbuch der historisch-kritischen Einleitung in das Neue Testament (SThL), Freiburg i. Br. 31892. Jackson-McCabe, M. A., Logos and Law in the Letter of James. The Law of Nature, the Law of Moses, and the Law of Freedom (NT.S 100), Leiden/Boston/Köln 2000. – The Politics of Pseudepigraphy and the Letter of James, in: Frey, J./Herzer, J./Janßen, M./Rotschild, C. (Hg.), Pseudepigraphie und Verfasserfiktion in frühchristlichen Briefen (WUNT 246), Tübingen 2009, 599–623. Jaeger, W., Das frühe Christentum und die griechische Bildung (übersetzt von Eltester, W.), Berlin 1963. Jaroš, K., Das Neue Testament nach den ältesten griechischen Handschriften. Die handschriftliche Überlieferung des Neuen Testaments vor Codex Sinaticus und Codex Vaticanus, Ruhpolding u. a. 2006. Johnson, L. T., Brother of Jesus, Friend of God. Studies in the Letter of James, Grand Rapids/Michigan 2004. – The Letter of James. A New Translation with Introduction and Commentary (AncB 37A), New Haven/London 1995. Johnson, L. T., The Use of Leviticus 19 in the Letter of James, in: JBL 101 (1982), 391– 401. Joly, R., Hermas et Le Pasteur, in: VigChr 21 (1967), 201–218. – Hermas. Le Pasteur. Introduction, Texte Critique, Traduction et Notes (SC 53), Paris 21986. Jülicher, A. D., Einleitung in das Neue Testament (GThW 3/1), Tübingen 5/61906. Jülicher, A. D./Fascher, D. E., Einleitung in das Neue Testament (GThW 3/1), Tübingen 71931. Keith, P., La Citation de LV 19, 19B en JC 2, 1–13, in: Schlosser, J. (Hg.), The Catholic Epistles and the Tradition (BEThL 176), Leuven u. a. 2004, 227–247. Kelly, J. N. D., A Commentary on the Epistles of Peter and of Jude (BNTC), London 1969. – Altchristliche Glaubensbekenntnisse, Göttingen 1972. Kittel, G., Der geschichtliche Ort des Jakobusbriefes, in: ZntW 41 (1942), 71–105. Kloppenborg, J. S., The Reception of the Jesus Traditions in James, in: Schlosser, J. (Hg.), The Catholic Epistles and the Tradition (BEThL 176), Leuven u. a. 2004, 93– 141. Konradt, M.,„Geboren durch das Wort der Wahrheit“ – „gerichtet durch das Gesetz der Freiheit“. Das Wort als Zentrum der theologischen Konzeption des Jakobusbriefes, in: Gemünden von, P./Matthias, K./ Gerd, T. (Hg.), Der Jakobusbrief. Beiträge zur Rehabilitierung der „strohernen Epistel“ (Beiträge zum Verstehen der Bibel 3), Münster 2003, 1–15.

250

Quellen- und Literaturverzeichnis

– „Jakobus der Gerechte“. Erwägungen zur Verfasserfiktion des Jakobusbriefes, in: Frey, J./Herzer, J./Janßen, M./Rotschild, C. (Hg.), Pseudepigraphie und Verfasserfiktion in frühchristlichen Briefen (WUNT 246), Tübingen 2009, 575–597. – Christliche Existenz nach dem Jakobusbrief. Eine Studie zu seiner soteriologischen und ethischen Konzeption (StUNT 22), Göttingen 1998. – Der Jakobusbrief als Brief des Jakobus. Erwägungen zum historischen Kontext des Jakobusbriefs im Lichte der traditionsgeschichtlichen Beziehungen zum 1. Petrusbrief und zum Hintergrund der Autorfiktion, in: Gemünden von, P./Matthias, K./ Gerd, T. (Hg.), Der Jakobusbrief. Beiträge zur Rehabilitierung der „strohernen Epistel“ (Beiträge zum Verstehen der Bibel 3), Münster 2003, 16–53. – Der Jakobusbrief im frühchristlichen Kontext. Überlegungen zum traditionsgeschichtlichen Verhältnis des Jakobusbriefes zur Jesusüberlieferung, zur paulinischen Tradition und zum 1. Petrusbrief, in: Schlosser, J. (Hg.), The Catholic Epistles and the Tradition (BEThL 176), Leuven 2004, 171–212. – The Love Command in Matthew, James, and the Didache, in: Sandt, H./Zangenberg, J. K. (Hg.) Matthew, James, and Didache. Three Related Documents in their Jewish and Christian Settings (Society of Biblical Literature, Symposium Series 45), Atlanta 2007, 271–288. Köster, H., Synoptische Überlieferung bei den Apostolischen Vätern (TU 65), Berlin 1957. Kovacs, J. L., Clement of Alexandria and the Valentinian Gnostics, Columbia 1978. – Clement of Alexandria and Valentinian Exegesis in the Excerpts from Theodotus, in: SP 43 (2006), 187–200. – Echoes of Valentinian Exegesis in Clement of Alexandria and Origen: The Interpretation of 1 Cor 3.1–3, in: Perrone, L. (Hg.), Origeniana Octava, Leuven 2003, 317–329. – Grace and Works, in: Nicklas, T./Merkt, A./Verheyden, J. (Hg.), Ancient and New Perspectives on Paul, Göttingen 2013, 191–210. Kraft, H., Clavis Patrum Apostolorum, Darmstadt 1963. Kraus, T. J., Hapax legomena: Definition eines terminus technicus und Siginifikanz für eine pragmatisch orientierte Sprachanalyse, in: NTS 59 (2013), 545–564. Kuhn, G., Das Muratorische Fragment über die Bücher des Neuen Testaments, Zürich 1892. Lagrange, M.-J., Introduction à l’étude du Nouveau Testament. I. Histoire ancienne du Canon du Nouveau Testament, Paris 1933. Laws, S., A Commentary on the Epistle of James (BNTC), London 1980. Le Boulluec, A., Alexandrie Antique et Chrétienne. Clement et Origène (Collection des Études Augustiniennes Serie Antiquité 178), Paris 2006. Leipoldt, J., Geschichte des neutestamentlichen Kanons. Erster Teil. Die Entstehung, Leipzig 1907. Leutzsch, M., Hirt des Hermas (SUC 3), Darmstadt 1998. – Hirt des Hermas, in: Körtner, U. H. J./Leutzsch, M. (Hg.), Papiasfragmente. Hirt des Hermas (SUC 3), Darmstadt 2006 (Sonderausgabe), 105–497. Lietzmann, H., Wie wurden die Bücher des Neuen Testaments heilige Schrift? Fünf Vorträge, Tübingen 1907. – Wie wurden die Bücher des Neuen Testaments Heilige Schrift?, in: Kleine Schriften 2, herausgegeben von Aland, K., Texte und Untersuchungen zur Geschichte der altchristlichen Literatur 68, Berlin 1958, 15–98.

Sekundärliteratur

251

Lightfoot, J. B., The Apostolic Fathers, Teil 1, S. Clement of Rome, Band 2, New York 1890. Lindemann, A., Der erste Clemensbrief, in: Pratscher, W. (Hg.), Die Apostolischen Väter, Göttingen 2009, 59–82. – Die Clemensbriefe (HNT 17; Die apostolischen Väter 1), Tübingen 1992. Lips, H., Der neutestamentliche Kanon. Seine Geschichte und Bedeutung, Zürich 2004. Lohse, E., Die Entstehung des Neuen Testaments (ThW 4), Stuttgart u. a. 31979. – Paränese und Kerygma im 1. Petrusbrief, in: ZNW 45 (1954), 68–89. Lona, H. E., Der erste Clemensbrief (KAV 2), Göttingen 1998. Luck, U., Die Theologie des Jakobusbriefs, in: ZThK 81 (1984), 1–30. Luther, M., Vorrede auf die Epistel S. Jacobi 1522, in: Bornkamm, H. (Hg.), Luthers Vorreden zur Bibel, Göttingen 31989, 215–218. Luther, S., Sprachethik im Neuen Testament. Eine Analyse des frühchristlichen Diskurses im Matthäusevangelium, im Jakobusbrief und im 1. Petrusbrief (WUNT 2, 394), Tübingen 2015. Maier, G., Der Brief des Jakobus (HTA), Wuppertal 2004. Malcolm, C./Yuen-Collingridge R., The Eyptian Hermas. The Shepherd in Egypt before Constantine, in: Kraus, T./Nicklas, T. (Hg.), Early Christian Manuscripts, Example of Applied Method and Approach (Texts and Editions for New Testament Study), Leiden/Boston 2010. Maraval, P., La Bible et les Pères, in: Les Pères de L’Église au XXe siècle. Histoire – Littérature – Théologie. L’aventure des Sources chrétiennes, Paris 1997, 445–466. Markschies, C., ‚Valentinian Gnosticism: Toward the Anatomy of a School‘, in: Turner, J. D. /McGuire, A., (Hg.), The Nag Hammadi Library after Fifty Years, Leiden 1997. – Eusebius als Schriftsteller. Beobachtungen zum sechsten Buch seiner Kirchengeschichte, in: Monaci, C. (Hg.), La biografia de Origene fra storia e agiografia. Atti del VI Convegno de Studi del Gruppo Italiano de ricerca su Origene e la traduzione alessandrina, Biblioteca 1, Vill Verucchio 2004, 33–50. – Haupteinleitung, in: Antike christliche Apokryphen in deutscher Übersetzung. I. Band: Evangelien und Verwandtes, Teilband 1, herausgegeben von Markschies, C./ Schröter, J. in Verbindung mit Heiser, A., 7. Auflage der von Hennecke, E. begründeten und von Schneemelcher, W. fortgeführten Sammlung der neutestamentlichen Apokryphen, Tübingen 2012, 1–180. – Kaiserzeitliche christliche Theologie und ihre Institutionen. Prolegomena zu einer Geschichte der antiken christlichen Theologie, Tübingen 2007. – Origenes und sein Erbe. Gesammelte Studien (TU 160), Berlin/New York 2007. – Zur Bedeutung und Aktualität des wissenschaftlichen Denkens des Origenes, in: Fürst, A. (Hg.), Origenes und sein Erbe in Orient und Okzident (Adamantiana 1), Münster 2011, 27–42. Marruci, C., Sprachliche Merkmale des Jakobusbriefes, in: Schlosser, J. (Hg.), The Catholic Epistles and the Tradition (BEThL 176), Leuven u. a. 2004, 263–271. Massaux, É., Influence de L’Évangile de Saint Matthieu sur la Littérature Chrétienne avant saint Irénée (BEThL 75), Leuven 1986. Mayor, J. B., The Epistle of St. James. The Greek Text with Introduction Notes and Comments, London 31910. McDonald, L. M., Formation of the Bible. The Story of the Church’s Canon, Peadbody 2012. – The Biblical Canon. Its Origin, Transmission, and Authority, Peadbody 22007.

252

Quellen- und Literaturverzeichnis

McKnight, S., The Letter of James (NICNT), Grand Rapids/Cambridge 2011. Mees, M., Die Zitate aus dem Neuen Testament bei Clemens von Alexandrien I. Quaderni di VetChr 2, Bari 1970. Méhat, A. C., Clemens von Alexandrien, in: TRE 8 (1981), 101–113. – Étude sur les ‚Stromates‘ de Clément d’Alexandrie (PatSor 7), Paris 1966. Meier, M., Photius, in: LACL (32002), 579–581. Meijering, E., Hilary of Poitiers on Trinity. De Trinitate 1, 1–9, 2,3 (Philosophia Patrum 6), Leiden 1982. Meinertz, M., Der Jakobusbrief und sein Verfasser in Schrift und Überlieferung (BST), Freiburg i. Br. 1905. Merkt, A., 1. Petrus. Teilband 1 (NTP 21/1), Göttingen 2015. – Das Novum Testamentum Patristicum (NTP): Ein Projekt zur Erforschung von Rezeption und Auslegung des Neuen Testaments in frühchristlicher und spätantiker Zeit, in: Early Christianity 6 (2015), 573–595. – Ein „stilles Blümlein“. Patristische Perspektiven auf den Ersten Petrusbrief, in: Ebner, M./Häfner, G./Huber, K. (Hg.), Der erste Petrusbrief. Frühchristliche Identität im Wandel (QD 269), Freiburg i. Br./Basel/Wien 2015, 168–205. Metzger, B. M., The Canon of the New Testament. Its Origin, Development, and Significance, Oxford 1987. – The Early Versions of the New Testament. Their Origin, Transmission, and Limitations, Oxford 1977. – The Text of the New Testament. Its Transmission, Corruption, and Restoration, Oxford 21968. Metzner, R., Der Lehrer des Jakobus. Überlegungen zur Verfasserfrage des Jakobusbriefes, in: ZNW 104 (2013), 238–276. Meyer, A., Das Rätsel des Jakobusbriefes (BZNW 10), Gießen 1930. Mitchell, M. M., The Letter of James as a Document of Paulinism?, in: Niebuhr, K.-W./ Wall, R. W. (Hg.), The Catholic Epistles and Apostolic Tradition, Waco 2009, 75–98. Mondésert, C., Clément d’Alexandrie. Introduction à l’étude de sa pensée religieuse à partir de l’écriture, Paris 1944. Moo, D. J., The Letter of James, Grand Rapids/Cambridge 2000. Mühlenberg, E., Zur Überlieferung des Psalmenkommentars von Origenes, in: Dummer, J. (Hg.), Texte und Textkritik. Eine Aufsatzsammlung (TU 133), Berlin 1987, 441–451. Muratori, L. A., Antiquitates Italicae Medii Aevi III, Mailand 1740. Mußner, F., Der Jakobusbrief (HThK 13), Freiburg i. Br./Basel/Wien 51987. Mutschler, B., Irenäus als johanneischer Theologe. Studien zur Schriftauslegung bei Irenäus von Lyon (STAC 21), Tübingen 2004. Nardi, C., Introduzione, in: Nardi, C. (Hg.), Clemente Alessandrino. Estratti Profetici (BPat), Florenz 1985, 7–35. Nardi, C./Descourtieux, P., Introduction, in: Clément d’Alexandrie. Quel Riche sera sauvé? (SC 537), Texte Grec Stählin, O./Früchtel, L. (GCS 217); Introduction, Notes et Index Nardi, C./Descourtieux, P., Paris 2011, 9–98. Nautin, P., Origène. Sa vie et son œuvre, Paris 1977. Neyrey, J., 2 Peter, Jude (AncB 37C), New Haven/London 1993. Nicklas, T., Christliche Apokryphen in Ägypten vor Konstantin. Kanon, Autorität, kontextuelle Funktion, in: Kraus, T. J./Sommer, M. (Hg.), Book of Seven Seals. The Pecu-

Sekundärliteratur

253

liarity of Revelation, its Manuscripts, Attestation, and Transmission (WUNT 363), Tübingen 2016, 95–118. – Die ersten neutestamentlichen Bände der Blackwell Bible Commentaries (John, Revelation): Rezeptionsgeschichte und Exegese, in: Nicklas, T./Kraus, T. J. (Hg.), Ancient Christianity and ‚Magic‘ – Il Cristianesimo Antico e la ‚Magia‘ (Sonderheft ASE 24/2), Bologna 2008, 523–532. Nicolaci, M., Giacomo e Prima Petri: possibili rapporti letterari?, in: Candido, D./Raspa, C. (Hg.), Quasi vitis (Sir 24, 23). Miscellanea in memoria di Antonino Minissale, Catania 2012, 111–157. Niebuhr, K.-W., „A New Perspective on James“? Neuere Forschungen zum Jakobusbrief, in: ThLZ 129 (2004), 1022–1032. – Die Gestalt des neutestamentlichen Kanons. Anregungen zur Theologie des Neuen Testaments, in: Ballhorn, E./Steins, G. (Hg.), Der Bibelkanon in der Bibelauslegung. Methodenreflexionen und Beispielexegesen, Stuttgart 2007, 95–109. – Exegese im kanonischen Zusammenhang: Überlegungen zur theologischen Relevanz der Gestalt des neutestamentlichen Kanons, in: Auwers, J.-M./De Jonge, H. J. (Hg.), The Biblical Canons (BEThL 183), Leuven 2003, 557–584. – The Canon Muratori: A Matter of Dispute, in: Auwers, J.-M./De Jonge, H. J. (Hg.), The Biblical Canons, Leuven 2003, 557–584. Nielsen, S., Euseb von Cäsarea und das Neue Testament. Methoden und Kriterien zur Verwendung von Kirchenväterzitaten innerhalb der neutestamentlichen Textforschung (Theorie und Forschung, 786, Theologie Bd. 43), Regensburg 2003. Nienhuis, D. R., Not by Paul Alone. The Formation of the Catholic Epistle Collection and the Christian Canon, Waco 2007. – The Letter of James as a Canon-Conscious Pseudepigraph, in: Niebuhr, K.-W./Wall, R. W. (Hg.), The Catholic Epistles and Apostolic Tradition, Waco 2009, 183–200. Nöldechen, E., Die Abfassungszeit der Schriften Tertullians, Leipzig 1888. Norelli, E., Sulle origini della raccolta delle Lettere Cattoliche, in: RivBib 59 (2011), 453–472. Orsini, P./Clrysee, W., Early New Testament Manuscripts and Their Dates. A Critique Palaeography, in: ETL 88 (2012), 443–474. Osborn, E. F., Clement of Alexandria, Cambridge 2005. – The Philosophy of Clement of Alexandria, Cambridge 1957. Osiek, C., Rich and Poor in the Shepherd of Hermas. An Exegetical-Social Investigation (CBQ.MS 15), Washington 1983. – Shepherd of Hermas. A Commentary (Hermeneia), Minneapolis 1999. Pace, N., Ricerca sulla traduzione di Rufino del ‚De principiis‘ di Origene (Pubblicazioni della Facoltà di lettere e filosofia dell’Università di Milano 133/Sezione a cura dell’Istituto dei Filologia classica 2), Florenz 1990. Paulsen, H., Der Zweite Petrusbrief und der Judasbrief (KEK XII/2), Göttingen 1992. Perrone, L., Einleitung, in: Perrone, L. (Hg.), Origenes Werke. Die neuen Psalmenhomilien. Eine kritische Edition des Codex Monacensis Graecus 314 (GCS 19, neue Folge), Berlin/München/Boston 2015, 1–25. Peterson, E., Der Gottesfreund. Beiträge zur Geschichte eines religiösen Terminus, in: ZKG 42 (123/5, 1923), 161–202. – Frühkirche, Judentum und Gnosis, Rom/Freiburg i. Br./Wien 1959. Pfleiderer, O., Das Urchristentum. Seine Schriften und Lehren in geschichtlichem Zusammenhang. Band II, Berlin 21902.

254

Quellen- und Literaturverzeichnis

Plátova, J., Bemerkungen zu den Hypotyposen-Fragmenten des Clemens Alexandrinus, in: StdPatr 46 (2010), 181–187. Popkes, W., Der Brief des Jakobus (HNT 14), Leipzig 2001. – Traditionen und Traditionsbrüche im Jakobusbrief, in: Schlosser, J. (Hg.), The Catholic Epistles and the Tradition (BEThL 176), Leuven u. a. 2004, 143–170. Pratscher, W., Der Herrenbruder Jakobus und die Jakobustraditionen (FRLANT 139), Göttingen 1987. – Der Zweite Clemensbrief (KAV 3), Göttingen 2007. Preuschen, E., Einleitung, in: Origenes Werke, Vierter Band. Der Johanneskommentar, ed. Preuschen, E. (GCS 10), Leipzig 1903, I–CVII. Rauer, M., Einleitung, in: Origenes Werke, Neunter Band. Die Homilien zu Lukas in der Übersetzung des Hieronymus. Die griechischen Reste der Homilien und des LukasKommentars, ed. Rauer, M. (GCS 49), Berlin 1959, I–XVI. Resch, A., Agrapha. Aussercanonische Schriftenfragmente, Leipzig 1906. Rhee, H., Tertullian and Paul: The Wealth of Christians, in: Still, T. D./Wilhite, D. E. (Hg.), Pauline and Patristic Scholars in Debate. Volume One. Tertullian and Paul, New York u. a. 2013, 195–215. Ropes, J. H., A Critical and Exegetical Commentary on the Epistle of St. James (ICC), Edinburgh 1916. Rousseau, A., Introduction, in: Irénee de Lyon. Contre les Hérésies. Livre III. Edition Critique par Doutreleau, L./Rousseau, A., Tome I. Introduction, Notes Justificatives, Tables (SC 263), Paris 1979, 9–164. – Introduction, in: Irénee de Lyon. Contre les Hérésies. Livre III. Edition Critique par Doutreleau, L./Rousseau, A., Tome I. Introduction, Notes Justificatives, Tables (SC 210), Paris 1974, 11–205. – Introduction, in: Irénee de Lyon. Contre les Hérésies. Livre II. Edition Critique par Doutreleau, L./Rousseau, A., Tome I. Introduction, Notes Justificatives, Tables (SC 203), Paris 1982, 17–195. – Introduction, in: Irénee de Lyon. Contre les Hérésies. Livre III. Edition Critique d’après les Versions Arménienne et Latine par Doutrelau, L./Rousseau, A., Tome I. Introduction, Notes Justificatives, Tables (SC 210), Paris 1974, 11–205. – Introduction, in: Irénee de Lyon. Contre les Hérésies. Livre V. Edition Critique d’après les Versions Arménienne et Latine par Rousseau, A. avec la Collaboration de Doutreleau, L./Mercier, C., Tome I. Introduction, Notes Justificatives, Tables (SC 537), Paris 1969, 11–191. Röwekamp, G., Decretum Gelasianum, in: LACL (32002), 188. Rowston, D. G., The Most Neglected Book of the New Testament, in: NTS 21 (1975), 554–563. Sand, A., Canon Muratori/Muratorisches Fragment, in: LACL (32002), 139. Sanders, E. P., Paul and Palestinian Judaism. A Comparison of Patterns of Religion, London 1977. Schnelle, U., Einleitung in das Neue Testament (UTB 1830), Göttingen 62007. Schnider, F., Der Jakobusbrief (RNT), Regensburg 1987. Schulz-Flügel, E., Tertullian, in: LACL (32002), 668–672. Sedlak, R. A., Klemens – ein christlicher Autor in Alexandira, in: BN 148 (2011), 101– 111. Seitz, O. J. F., Afterthoughts on the Term ‚Dipsychos‘, in: NTS 4 (1957/1958), 327–334. – Antecedents and Signification of the Term ΔΙΨΥΧΟΣ, in: JBL LXVI (1947), 211–219.

Sekundärliteratur

255

Seitz, O. J. F., Relationship of the Shepherd of Hermas to the Epistle of James, in: JBL LXIII (1944), 131–140. Sider, R. D., Literary Artifice and the Figure of Paul in the Writings of Tertullian, in: Babcock, W. S. (Hg.), Paul and the Legacies of Paul, Dallas 1990, 99–120. Siegert, F., Einleitung in die hellenistisch-jüdische Literatur. Apokrypha, Pseudepigrapha und Fragmente verlorener Autorenwerke, Berlin/Boston 2016. Skeb, M., Cassiodor, in: LACL (32002), 141–142. – Rufin von Aquileia, in: LACL (32002), 612–614. Spitta, F., Zur Geschichte und Literatur des Urchristentums. Zweiter Band: Der Brief des Jakobus. Studien zum Hirten des Hermas, Göttingen 1896. Stählin, O., Einleitung zu der Übersetzung der Werke des Clemens von Alexandreia, in: Des Clemens von Alexandreia Mahnrede an die Heiden. Der Erzieher. Buch I., Übersetzung: Stählin, O. (BKV 27), München 1934, 9–67. – Einleitung, in: Clemens Alexandrinus. Stromata Buch VII und VIII. Excerpta ex Theodoto. Ecologae Propheticae. Quis Dives Salvetur. Fragmente, hg. von Früchtel, L. (GCS 217), Berlin 1970, IX–XL. – Zum Gebrauch von Beteuerungsformeln im Neuen Testament, in: NT 5 (1962), 115– 143. Steimer, B., Tertullian, in: LACL (32002), 668–672. Stenzel, M. Der Bibelkanon des Rufin von Aquileia, in: Bib 23 (1942), 43–61. Theißen, G., Die pseudepigraphe Intention des Jakobusbriefes. Ein Beitrag zu seinen Einleitungsfragen, in: Gemünden, P./Matthias, K./Gerd, T. (Hg.), Der Jakobusbrief. Beiträge zur Rehabilitierung der „strohernen Epistel“ (Beiträge zum Verstehen der Bibel 3), Münster 2003, 54–82. – Ethos und Gemeinde im Jakobusbrief. Überlegungen zu seinem „Sitz im Leben“, in: Gemünden, P./Matthias, K./Gerd, T. (Hg.), Der Jakobusbrief. Beiträge zur Rehabilitierung der „strohernen Epistel“ (Beiträge zum Verstehen der Bibel 3), Münster 2003, 143–165. – Nächstenliebe und Egalität. Jak 2, 1–13 als Höhepunkt urchristlicher Ethik, in: Gemünden, P./Matthias, K./Gerd, T. (Hg.), Der Jakobusbrief. Beiträge zur Rehabilitierung der „strohernen Epistel“ (Beiträge zum Verstehen der Bibel 3), Münster 2003, 120–142. Theodor, Z., Einleitung in das Neue Testament I, Leipzig 31906. Thümmel, H. G., Einleitung, in: Origenes’ Johanneskommentar Buch I–V, hg., übers. und komm. von Thümmel, H. G. (STAC 63), Tübingen 2011, 1–21. Tischendorf, C., Codex Claromontanus sive Epistulae Pauli omnes Graece et Latine: ex Codice Parisiensi celeberrimo nomine Claromontani plerumque dicto sexti ut videtur post Christum saeculi, Leipzig 1852. Tomson, P. J., Transformations of Post-70 Judaism: Scholarly Reconstructions and their Implications for our Perception of Matthew, Didache, and James: Sandt, H./Zangenberg, J. K. (Hg.), Matthew, James, and Didache. Three Related Documents in their Jewish and Christian Settings (Society of Biblical Literature, Symposium Series 45), Atlanta 2007, 91–121. Tregelles, S. P., Canon Muratorianus. The Earliest Catalogue of the Books of the New Testament, Oxford 1867. Trobisch, D., Die Endredaktion des Neuen Testaments (NTOA 31), Fribourg/Göttingen 1996. Ulrich, J., Eusebius von Caesarea, in: LACL (32002), 240–245.

256

Quellen- und Literaturverzeichnis

Vahrenhorst, M., Der erste Brief des Petrus (ThHk 19), Stuttgart 2016. – Der Text der LXX in den Zitaten des 1. Petrusbriefs, in: Vries, J./Karrer, M. (Hg.), Textgeschichte und Schriftrezeption im frühen Christentum. Textual History and the Reception of Scripture in Early Christianity (SBL.SCS 60), Atlanta 2013, 259–275. – The Presence and Absence of a Prohibition of Oath in James, Matthew, and the Didache and its Significance for Contextualization, in: Sandt, H./Zangenberg, J. K. (Hg.), Matthew, James, and Didache. Three Related Documents in their Jewish and Christian Settings (Society of Biblical Literature, Symposium Series 45), Atlanta 2007, 361–377. Vaillant, A., Methode d’Olympe. Le Autexusio (PO 22, 5), Paris 1930. Van den Hoek, A., Clement of Alexandria and His Use of Philo in the Stromateis. An Early Christian Reshaping of a Jewish Model (SVigChr 3), Brill/Leiden 1988, 11–19. – Techniques of Quotation. AView of Ancient Literary Working Methods, in: VigChr 50 (1996b), 223–243. Verheyden, J., Origen in the Making. Reading between (and behind) the Lines of Eusebius’ ‚Life of Origen‘ (HE 6), in: Kaczmarek, S./Pietras, H. (Hg.), Origeniana Decima. Origen as Writer. Papers of the 10th International Origen Congress (BEThL 244), Leuven/Paris/Walpole 2011, 713–726. – The Canon Muratori: A Matter of Dispute, in: Auwers, J.-M./De Jonge, H. J. (Hg.), The Biblical Canons (BEThL 163), Leuven 2003, 487–556. – The Shepherd of Hermas and the Writings that later formed the New Testament, in: Gregory, A. F./Tuckett, C. M. (Hg.), The Reception of the New Testament in the Apostolic Fathers, Oxford u. a. 2007, 293–329. Vielhauer, P., Apokalyptik des Urchristentums, in: NTApo 2 (31964), 428–483. Vielhauer, P./Strecker, G., Der Hirt des Hermas, in: NTApo 2 (51989), 537–547. Vogt, H. J., Origenes, in: LACL (32002), 528–536. Vögtle, A., Der Judasbrief. Der zweite Petrusbrief (EKK XXII), Solothurn/Düsseldorf/ Neukirchen-Vluyn 1994. Vouga, F., L’Épitre de Saint Jacques (Commentaire du Nouveau Testament deuciéme série, XIIIa), Genève 1984. Wagner, M. M., Rufinus, the Translator. A Study of His Theory and His Practice as Illustrated in his Version of the Apologetica of St. Gregory Nazianzen (PatST 73), Washington 1945. Wall, R. W., The Priority of James, in: Niebuhr, K.-W./Wall, R. W. (Hg.), The Catholic Epistles and Apostolic Tradition, Waco 2009, 153–160. Webb, R. L./Kloppenborg, J. S. (Hg.), Reading James with New Eyes. Methodological Reassessments of the Letter of James (Library of New Testament Studies 342), London/ New York 2007. Westcott, B. F., A General Survey of the History of the Canon of the New Testament, Oxford 61980. Whittaker, M., Der Hirt des Hermas (GCS.AV 1), Berlin 21967. Wilhite, D. E., Rhetoric and Theology in Tertullian: What Tertullian learned from Paul, in: Vinzent, M. (Hg.), The First Two Centuries Apokrypha. Tertullian and Rhetoric. From Tertullian to Tyconius (StPatr LXV/13), Leuven/Paris/Walpole 2013, 295–312. – Tertullian the African. An Anthroplogical Reading of Tertullian’s Context und Identities (Millenium-Studien zu Kultur und Geschichte des ersten Jahrhunderts n. Chr. 14), Berlin/New York 2007. Williams, D., A Reassessment of the Early Career and Exile of Hilary of Poitiers, in: JEH 42 (1991), 202–217.

Sekundärliteratur

257

Williams, R., Methodius von Olympus: TRE 22 (1995), 680–684. – Origenes/Origenismus, in: TRE 25 (1995), 397–420. Wuellner, W. H., Der Jakobusbrief im Licht der Rhetorik und Textpragmatik, in: Linguistica Biblica 43 (1978), 5–66. Wyrwa, D., Clemens von Alexandrien, in: LACL (32002), 152–154. – Die christliche Platonaneignung in den Stromateis des Clemens von Alexandrien, Berlin/New York 1983. Yates, J. P., The Reception of the Epistle of James in the Latin West: Did Athanasius Play a Role?, in: Schlosser J. (Hg.), The Catholic Epistles and the Tradition (BEThL 176), Leuven u. a. 2004, 273–288. Young, F. W., The Relation of 1 Clement to the Epistle of James, in: JBL 67 (1948), 339– 345. Zahn, T., Der Hirt des Hermas, Gotha 1868. – Einleitung in das Neue Testament. Erster Band, Leipzig 31906. – Geschichte des neutestamentlichen Kanons. Erster Band. Das Neue Testament vor Origenes. Erste Hälfte, Erlangen/Leipzig 1888. – Geschichte des neutestamentlichen Kanons. Erster Band. Das Neue Testament vor Origenes. Erste Hälfte, Hildesheim/New York 1975. – Geschichte des neutestamentlichen Kanons. Zweiter Band. Urkunden und Belege zum ersten und dritten Band. Erste Hälfte, Erlangen/Leipzig 1888. – Grundriß der Geschichte des neutestamentlichen Kanons, Wuppertal 31985.

Register (nur zusätzlich relevante Verweise, ohne Textpassagen und Stichwörter, die sich aus den Überschriften ergeben)

Bibelstellen Gen 15,6 67, 71–74, 102, 197 Lev 19, 18

113

Ps 11,7 18 Spr 3,34 24, 26, 118, 198 10,12 28, 123 27,21 18 Jes 40,6 19, 20 Ez 28,17.18 126 Sach 1,3 220 Mt 5,20 5, 37 7,24 14,3 19,19 22,39

114 121 168 20 114 114

Lk 6,36 110 14,11 179 Apg 7,58 22 Röm 2,13 211 4,2 214 4,3 67, 74 6,21–23 160 13,9 114 13,12 22 1 Kor 2,14 32 11,28 178, 185, 199 15,20 166 2 Kor 1,17 121 6,7 167 Gal 3,6 67 Kol 1,5

167

260

Register

Jak 1,1 31 1,2 157 1,3 17 1,5–8 42–46 1,8 198 1,6 50 1,10–11 18, 19 1,12 158, 210 1,12–14 139, 204 1,13 159 1,15 160–161 1,17 111, 134, 140–141, 148–149, 161– 162 1,18 166, 167, 203 1,18.21 20 1,18.22 79 1,22.23 169, 204 1,25 86, 210–211 1,27 133, 211 2,5 212 2,8 113–114 2,12 86–87 2,14–26 71, 142 2,17 171 2,19 107, 176, 199, 213 2,20 171–174 2,21–22 214, 215 2,22 116 2,23 90, 99, 174, 176, 197, 216–218 2,26 146, 171–174

3,2 152, 219 3,15 154 4,4 144–145 4, 6 118, 198 4,7 151, 178 4,7–8 150 4,8 51, 219 4,10 26, 178, 179, 180, 206 4,11 109 4,17 180 5,6 85 5,11 109, 207 5,12 120, 208 5,14–15 82–84, 220 5,16 134 5,17 209 5,19 123, 182, 222 5,20 27, 28, 123 1 Petr 1,7 17 1,22–2,2 20 1,24 18, 19 2,3 23 4,8 27, 123, 127 5,5 24, 118 5,6 26 Jud 1 32 5–11 32

Register

Antike christliche Autoren und Schriften 1 Clem 10,1 105, 204–205 11,2 51, 203 23,3 51–52, 204 30,2 25, 118 49,5 28, 123

Eusebius von Caesarea Historia Ecclesiastica 2,23, 25 190 3,25, 3 190, 200 6, 14, 1 98 6,25–7,10 137

2 Clem 2,5 51–52 16,4 28, 124 20,1 32

Irenäus von Lyon Adversus haereses 2, 32, 4 79, 82 3, 3, 3 64 4, 5, 3 66, 71 4, 5, 5 72 4, 13, 4 71, 76 4, 16, 2 66, 197 4, 18, 3 85 4, 34, 4 86 5, 1, 1 81

Clemens von Alexandrien Excerpta ex Theodoto 77,3 107 Paidagogós 1, 26, 2 111 3, 12, 4 100 3, 42, 3 101 3, 91, 3 123 Quis dives salvetur 38,2, 1 124 39, 6 109 Stromateis 1, 173, 6 123 2, 20, 2 100 2, 28, 1 103 2, 65, 3 124 2, 103, 2 100 3, 49, 2 25, 118 3, 103, 2 19 4, 105, 3 102 4, 106, 1 103 4, 111, 3 123 5, 125, 1 107 6, 164,2 113 7, 19, 2 100 7, 50, 5 120 7, 55, 2 116–117 7, 67, 5 121

Hirt des Hermas Mandata 9 41–46, 196 9,2 55 Similitudines 19, 15, 3 32 Visiones 2, 3, 4 38 Methodius von Olymp De lepra 12,3 25 Origenes Commentarium in evangelium Joannis 1,20 166, 186 19, 3, 18 218 19, 23, 152 135, 142, 185 20, 10, 66 174–175 28, 4, 27 178 32, 16, 187 213

261

262

Register

Commentarium in evangelium Matthaei 1,33 222 1,60 210 13,24 139 Commentarii in Romanos 2,13 171–172 4,1 214 4,3 176–177 4,4 217 4,8 135, 144–145, 150, 156 8,1 173 9,24 148, 163 De principiis (Peri archon) 1, 3, 6 180 Fragmenta ex commentariis in Genesim 1,7 219 Fragmenta ex commentariis in Proverbia 28 134 Fragmenta ex scholiis in Apocalypsem 1 135, 138, 185 11 160 Fragmenta in evangelium Joannis 6,18 140 38,17–19 134, 164 126, 13–14 154–155, 184

Homilae in Exodum 3,3 151–153 Homilae in Genesim 2,6 170 8,10 157 15,6 210 16,4 171 Homilae in Job 7,1 135–136, 199 16,1 133 16,5 215 19,4 212 Homilae in Leviticum 2,4 182, 220–221 11,3 153 12,1 163 Homilae in Numeros 7,2 169 9,3 179 18,1 162 27,6 165 Homilae in Psalmos 3,9 211–212 4,2 152

Fragmenta in Exodus 1,124 158

Tertullian Adversus Judaeos 2,7 90 6,6 209

Fragmenta in Jeremiam 11 219

Adversus Marcionem 5, 11, 1 207

Fragmenta in Lucam 182 216–217 183 135, 143–144

De baptismo 20,2 205 De cultu feminarum

Fragmenta in Psalmos 1–150 3 176 643 135, 146–147, 185

De idolatria 11, 1 208

206

Register

263

Moderne Autoren Achtemeier, P.

13, 18

Barnes, T. D. 101 Bauckham, R. 23, 26, 27, 38, 53 Baumgärtner, P. 39–46 Bemmerl, C. 1, 4, 93, 127, 149, 187, 191, 192, 195, 197, 201 Bracht, K. 50 Broer, I. 30, 130 Brooke, G. J. 68 Brown, R. E. 32 Brox. N. 14, 15, 24, 27, 28, 36–54 Buchinger, H. 130, 133, 136, 138, 140, 141, 146, 149, 152, 156, 165, 176, 183, 186, 199, 221 Burchard, C. 1, 7, 13, 26, 40, 81, 122, 130, 187, 190, 193, 194 Campenhausen, H. F. 93, 194 Charles, J. D. 30, 31, 32, Collins, J. J. 38 Cramer, J. A. 41, 46 Crouzel, H. 129, 141, 146, 186 Dainese, D. 97 Dautzenberg, G. 122 Dibelius, M. 1, 13, 24, 25, 39, 40, 41, 42, 47, 50, 51, 54, 119, 143, 145, 159 Dohmen, C. 5 Dunn, J. D. G. 1 Ebner, M. 197, 201 Elliot, J. H. 7, 13, 14 Feldmeier, R. 2, 14, 15, 16, 20, 24, 190 Ferguson, E. 91 Feulner, R. 96 Frankenmölle, H. 13 Frey, J. 30, 31, 33, 190 Gemünden, P. 55 Genette, G. 8 Gilmour, C. 49, 53, 54 Gnilka, J. 5

Grundeken, M. 37 Grünstäudl, W. 55, 93, 97, 98, 99, 108, 127, 129, 137, 149, 156, 181, 186, 193, 194, 195 Hahnemann, G. M. 193 Harnack, A. 139, 194 Hartin, J. P. 1, 21, 68, 87, 130, 145, 148, 187 Holtzmann, H. J. 40, 41, 106, 145 Jackson-McCabe, M. A. 21, 143, 189 Jaeger, W. 108 Johnson, L. T. 1, 7, 13, 28, 34, 35, 38, 41, 46, 50, 52, 56, 63, 68, 94, 97, 112, 114, 127, 129, 130, 148, 187, 188, 190, 192, 193, 194 Joly, R. 38, 39, 41, 42, 54 Keith, P. 114 Kloppenborg, J. S. 114, 168, Konradt, M. 2, 12, 13, 15, 17, 18, 21, 22, 23, 25, 27, 28, 30, 32, 51, 52, 114, 117, 122, 173, 200 Kovacs, J. L. 93, 97, 108 Kraus, T. J. 51 Laws, S. 2, 40, 51, 53, 68, 97, 106, 130, 186, 190 Leipoldt, J. 38, 40 Leutzsch, M. 36, 38, 41 Lietzmann, H. 15, 194 Lips, H. 9 Lohse, E. 23, 26, 29 Lona, H. E. 34, 35, 36, 52, 53, 75, 203 Maier, G. 129, 143 Malcolm, C. 37, 41 Maraval, P. 5 Markschies, C. 15, 62, 93, 108, 129, 130, 189, 191, 193 Mayor, J. B. 12, 41, 50, 54, 129, 190, 193 McKnight, S. 1, 51, 68, 106, 145, 194 Méhat, A. 4, 93, 108

264

Register

Meier. M. 98 Meinertz, M. 129 Merkt, A. 2, 3, 5, 11, 14, 15, 19, 20, 88, 97, 99, 136, 185 Metzger, B. M. 2, 4, 15, 38, 62, 88, 89, 190, 192, 193, 194 Metzner, R. 2 Meyer, A. 12, 13, 14, 16, 24, 34, 40, 46, 66, 68, 75, 77, 88, 92, 94, 98, 106, 129, 143, 145, 148, 149, 192 Mitchell, M. M. 2 Moo, D. J. 1, 68, 97, 110, 114, 119, 121, 162, 184, 187, 190, 194, 200, 220 Mussner, F. 1, 2, 7, 13, 21, 22, 24, 25, 26, 29, 34, 35, 39, 40, 47, 48, 53, 62, 63, 65, 83, 87, 88, 90, 91, 92, 94, 98, 106, 114, 117, 135, 143, 145, 147, 148, 149, 162, 173, 181, 187, 188, 189, 191, 192, 194, 220 Nautin, P. 129, 130, 138, 141, 146, 181, 186 Nicklas, T. 3, 36, 37, 63, 64, 94, 127, 135, 194 Nicolaci, M. 13 Niebuhr, K.-W. 1, 2, 4, 21, 37 Nielsen, S. 190, 191 Nienhuis, D. R. 2, 3, 8, 9, 12, 13, 21, 26, 36, 47, 50, 51, 63, 64, 65, 66, 68, 69, 70, 72, 75, 76, 77, 79, 85, 88, 91, 94, 114, 115, 116, 127, 129, 136, 138, 141, 143, 145, 148, 173, 175, 181, 184, 186, 187, 189, 190, 192, 193, 194, 197 Norelli, E. 137 Osborn, E. F. 93, 94, 95 Osiek, C. 36, 38, 39, 41, 42, 46, 47, 48, 49, 50, 51, 53, 54, 56 Perrone, L. 146, 153, 168 Peterson, E. 36, 69, 101, 102, 105

Popkes, W. 7, 12, 13, 16, 23, 39, 40, 47, 68, 84, 90, 119, 129, 130, 131, 143, 145, 148, 168, 171, 172, 187, 189, Pratscher, W. 52, 145 Rauer, M. 144 Ropes, J. H. 40, 42, 47, 50, 51, 52, 54, 63, 66, 68, 75, 77, 94, 97, 98, 129, 147, 148, 187, 192, 193 Rousseau, A. 66 Sand, A. 37 Sanders, E. P. 1 Schnelle, U. 30 Seitz, O. J. F. 40, 51, 53, 54 Stählin, O. 93, 95, 96, 111, 115, 116, 122, 128 Theissen, G. 114, 115, 145, 173 Trobisch, D. 197, 201 Vahrenhorst, M. 12, 13, 14, 20, 24, 27, 28, 122 Vaillant, A. 25 Verheyden, J. 37, 39, 41, 129, 190, 191, 193, 194, 195 Vielhauer, P. 36, 38, 42 Vouga, F.

68, 106, 129, 194

Wall, R. W. 2 Westcott, B. F. 38, 40, 145, 192, 194 Whittaker, M. 41 Wyrwa, D. 4, 93, 95, 96 Yates, J. P. 187, 188 Zahn, T. 14, 15, 41, 42, 46, 48, 50, 51, 54, 99, 101, 145, 146, 148, 190, 192, 193, 194

Register

265

Sachregister Abraham 68 Adressaten 16, 80 Alexandrien 128, 141, 185, 198, 199 Authentizität 139, 186, 190

Katholische Briefe 14, 97, 187, 197, 200, 201 Krankheit 83 Opfer 85

Beschneidung 76 Caesarea 129, 141, 176, 186, 199 Christentum 127 Corpus Paulinum 21, 155, 173 Dämonen 109, 176 Diaspora 16 Echo 64, 94, 198, 199 Evangelium 96, 136 Fragment 140, 147, 193, 194

Paränese 12, 25, 30, 196 Präskript 31 Rechtfertigung 77, 172, ^73 Rezeption 13, 63, 88, 91, 130, 141, 146, 156, 185, 186, 198, 199, 203 Salbung 84 Schöpfung 80, 82 Schwurverbot 122, 123 Septuaginta 19, 24, 71, 73, 109, 126, 196 Sünde 125, 161

Gebet 47, 196 Glaube 47, 67, 72, 78, 117, 143, 172, 216 Gnosis 117

Taufe 37

Judentum 68, 186

Wankelmütigkeit 47, 50 Weisheit 49

Vulgata 71, 74, 130

Kanon 36, 64, 136, 190 Zweifel 47, 56, 63, 196