Der Ingenieur als GmbH-Geschäftsführer: Grundwissen, Haftung, Vertragsgestaltung (VDI-Buch / VDI-Karriere) (German Edition) 3540235140, 9783540235149

Die meisten GmbHs werden von Geschäftsführern geleitet, die weder Juristen noch Betriebswirte sind. Deshalb gibt dieses

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Der Ingenieur als GmbH-Geschäftsführer: Grundwissen, Haftung, Vertragsgestaltung (VDI-Buch / VDI-Karriere) (German Edition)
 3540235140, 9783540235149

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Andreas Sattler Gerd Raguß Der Ingenieur als GmbH-Geschäftsführer

Andreas Sattler Gerd Raguß

Der Ingenieur als GmbH-Geschäftsführer Grundwissen, Haftung, Vertragsgestaltung

5., aktualisierte und ergänzte Auflage

123

Dipl.-Wirtsch.-Ing. (FH), Dipl.-Betr.-Päd. Andreas Sattler Sattler & Partner AG Postfach 1123 73801 Schorndorf [email protected] isbn 3-540-63988-8 isbn 3-540-41673-0

Gerd Raguß Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht HECKER, WERNER, HIMMELREICH & NACKEN Brabanter Straße 2 50674 Köln [email protected]

3. Auflage Springer Verlag Berlin Heidelberg New York 4. Auflage Springer Verlag Berlin Heidelberg New York

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. ISBN 3-540-23514-0 5., aktual. u. erg. Aufl. Springer Berlin Heidelberg New York Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media springer.de © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2005 Printed in Germany Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, daß solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Sollte in diesem Werk direkt oder indirekt auf Gesetze, Vorschriften oder Richtlinien (z.B. din, vdi, vde) Bezug genommen oder aus ihnen zitiert worden sein, so kann der Verlag keine Gewähr für Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität übernehmen. Es empfiehlt sich, gegebenenfalls für die eigenen Arbeiten die vollständigen Vorschriften oder Richtlinien in der jeweils gültigen Fassung hinzuzuziehen. Einbandgestaltung: medionet AG, Berlin Satz: Sabine Taube, Berlin Herstellung: medionet AG, Berlin Gedruckt auf säurefreiem Papier 68/3020 - 5 4 3 2 1 0

Vorwort

Die Beliebtheit der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) gerade in der mittelständischen Wirtschaft ist nach wie vor ungebrochen. Viele dieser Unternehmen arbeiten als technologie-orientierte Produktions- oder Dienstleistungs-, manchmal auch als Handelsunternehmen. Die Geschäftsführer sind oft nicht Juristen oder Kaufleute, sondern Ingenieure, Techniker oder Naturwissenschaftler mit entsprechender Ausbildung. Viele dieser Unternehmensleiter hatten nicht oder nur eingeschränkt Gelegenheit, sich um die juristischen und kaufmännischen Belange im Zusammenhang mit der Führung einer GmbH zu kümmern. Dies hat in der Praxis immer wieder dazu geführt, dass sich technisch/naturwissenschaftlich vorgebildete Geschäftsführer mit Fakten konfrontiert sehen, die auch für sie selbst Folgen, insbesondere zivilrechtlicher Natur haben. Gerade diesen Personenkreis spricht das vorliegende Buch „Der Ingenieur als GmbH-Geschäftsführer“ an. Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) kann Geschäftsführer nur eine natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Person sein. An die Bestellung ist kein Nachweis bezüglich einer Mindestqualifikation o. Ä. gestellt, was oft dazu führt, dass Geschäftsführer dieses Amt übernehmen, ohne ausreichend über ihre Rechte und Pflichten informiert zu sein. Es wurde versucht, dem Nicht-Juristen und auch dem Nicht-Kaufmann ein an vielen Beispielen und aktueller Rechtsprechung orientiertes Werk an die Hand zu geben, das darüber hinaus auch noch leicht lesbar sein soll. Die Autoren wünschen viel Freude an dem Buch und sind für Anregungen dankbar. V

Inhaltsverzeichnis

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Wirtschaftliche Bedeutung der GmbH, Historie . . . . . . .

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2 2.1

Grundüberlegungen zur GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundüberlegungen zur Rechtsstellung des Geschäftsführers in der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Geschäftsführer als Organ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Geschäftsführer als Dienstnehmer . . . . . . . . . . . . . .

3

2.2 2.3

Grundüberlegungen zur Haftung des Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Grundwissen über die Haftung im Arbeitsleben . . . . . . 3.2 Haftungsmodell im BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Haftungsprivileg für Arbeitnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Haftungsprivileg für Manager (Leitende Angestellte) . . 3.5 Grundsätze der Geschäftsführerhaftung (Manager in Organstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5.1 Haftung gegenüber der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5.2 Haftung gegenüber den Gesellschaftern . . . . . . . . . . . . . 3.5.3 Haftung gegenüber Gesellschaftsgläubigern . . . . . . . . . . 3.6 Besondere Fallgestaltungen bei der Geschäftsführerhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6.1 Rechtscheinhaftung und Verschulden bei Vertragsschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6.2 Geschäftsführerhaftung im Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6.3 Haftung der Organe im Konzern nach Aktiengesetz . . . 3.6.4 „Bremer Vulkan“; Abschied vom qualifizierten faktischen Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7 Beweislastumkehr und Verschuldensvermutung . . . . . .

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3

15 15 16 16 20 22 22 27 29 31 31 33 33 34 42 VII

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Inhaltsverzeichnis

3.8 3.9 3.10 3.11

Haftungsvermeidungsstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Haftungsbeschränkungsvereinbarungen zwischen Geschäftsführer und Gesellschaft . . . . . . . . . . Vermögensschaden-Haftpflichtversicherungen . . . . . . . Rechtsschutzversicherungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

47 49 52

4

Entlastung und Generalbereinigung . . . . . . . . . . . . . . . .

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5

Firma der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Stammkapital und Stammeinlagen, verdeckte Sacheinlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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7

Vor-GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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8

Das Kapital als Haftungsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . .

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9

Kauf und Verkauf von GmbH-Anteilen . . . . . . . . . . . . . .

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Nachschusspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

77

11

Verbot der Rückzahlung von Stammkapital . . . . . . . . . .

79

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Kapitalersetzende Darlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Gesellschafter und Gesellschafterversammlung . . . . . . .

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Sorgfaltspflichten und andere Grundsätze für den Geschäftsführer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weisungsgebundenheit des Geschäftsführers . . . . . . . . . Die Nichtübertragbarkeit von Geschäftsführerbefugnissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kenntnis aller maßgeblichen Vorschriften . . . . . . . . . . . Die Verantwortlichkeit gegenüber der Gesellschaft . . . . Wettbewerbsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stellvertretende Geschäftsführer und faktische Geschäftsführer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

14.1 14.2 14.3 14.4 14.5 14.6

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VIII

45

93 94 95 96 97 97 99

Inhaltsverzeichnis

15 15.1 15.2 15.3 15.4 15.5 16 16.1 16.2 16.3 16.4 16.5 16.6

Grundlagen der Bilanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufstellungsfristen für Jahresabschlüsse und Größenklassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung (GoB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) . . . . . . . . . . . . Gewinnverwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die GmbH in der Krise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens . . . . . . . . . . . . . . Rechtsfolgen bei Verletzung der Insolvenzantragspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pflichten gegenüber den Sozialversicherungsträgern . . Pflichten gegenüber den Finanzbehörden . . . . . . . . . . . . Die Rechtstellung des Geschäftsführers im Insolvenzeröffnungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Rechtstellung des Geschäftsführers im Insolvenzverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

101 101 102 103 105 110 113 114 116 120 124 128 130

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Strafrechtliche Vorschriften für den Geschäftsführer . .

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18

Besonderheiten des Dienstvertrages des Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Checkliste Dienstvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eckdaten für die Festlegung der Vergütung . . . . . . . . . . Nachvertragliches Wettbewerbsverbot . . . . . . . . . . . . . . . Altersversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

145 145 147 149 155

18.1 18.2 18.3 18.4 19 19.1 19.2 19.3

Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gliederung der Bilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung . . . . . . . Musterbedingungen für VermögensschadenHaftpflichtversicherungen von Aufsichtsräten, Vorständen und Geschäftsführern . . . . . . . . . . . . . . . . . .

165 165 167

170

IX

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Inhaltsverzeichnis

19.4

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X

Jahresbezüge von Geschäftsführern nach Branchen 2003 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

186

Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

189

Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

191

1 Wirtschaftliche Bedeutung der GmbH, Historie

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Die Rechtsform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) wurde 1892, also vor über 100 Jahren, in Deutschland eingeführt. Gab es 1909 nur 15.508 Gesellschaften mit beschränkter Haftung, so stieg bis 1972 der Bestand auf über 100.000 Gesellschaften an. Nach Angaben der IHK Gesellschaft für Informationsverarbeitung, Dortmund, wurden per 1. Januar 2004 in Deutschland 796.282 Gesellschaften mit beschränkter Haftung im Handelsregister gezählt. Von den 160.696 Kommanditgesellschaften waren 130.572 GmbH & Co. KG`s. Das Stammkapital der GmbH musste bislang 50.000 DM betragen. Durch das Gesetz zur Einführung des Euro (EuroEG) wurde das GmbHG dahin gehend abgeändert, dass gemäß § 5 Abs. 1 GmbHG das Stammkapital der Gesellschaft mindestens 25.000 Euro, die Stammeinlage jedes Gesellschafters mindestens 100 Euro betragen muss. Die Vielzahl der bestehenden Gesellschaften erforderte eine Übergangsvorschrift, die mit § 86 GmbHG geschaffen wurde. Danach dürfen Gesellschaften, die vor dem 1. Januar 1999 in das Handelsregister eingetragen worden sind, ihr auf Deutsche Mark lautendes Stammkapital beibehalten. Entsprechendes gilt für Gesellschaften, die vor dem 1. Januar 1999 zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet, aber erst danach bis zum 31. Dezember 2001 eingetragen werden. Bei Gesellschaften, die zwischen dem 1. Januar 1999 und dem 31. Dezember 2001 zum Handelsregister angemeldet und in das Register eingetragen werden, dürfen Stammkapital und Stammeinlagen auch auf Deutsche Mark lauten. Demnach können Altgesellschaften ihre auf Deutsche Mark lautenden Eintragungen auch über den Zeitpunkt beibehalten, zu dem die Deutsche Mark ihre Funktion als gesetzliches Zahlungsmittel verliert. 1

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1 Wirtschaftliche Bedeutung der GmbH, Historie

Alle Gesellschaften, die nach dem 31. 12. 2001 ins Handelsregister eingetragen wurden (Neugesellschaften), müssen ein auf Euro lautendes Stammkapital, auf Euro lautende Gesellschaftsanteile und auf Euro lautende Einlagen erhalten.

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2 Grundüberlegungen zur GmbH

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Schon die Bezeichnung als „Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ gibt einen Hinweis auf das wesentliche Merkmal dieser Gesellschaftsform, nämlich die Möglichkeit der Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen. Die Gesellschafter schließen, wenn sie die Rechtsform der GmbH wählen, ihre persönliche Haftung grundsätzlich einmal aus. Aufgrund dieses Umstandes und weil nach § 1 GmbHG Gesellschaften mit beschränkter Haftung zu jedem gesetzlich zulässigen Zweck durch eine oder mehrere Personen errichtet werden können, also in vielen Bereichen einsetzbar sind, ist die Rechtsform GmbH erfolgreich und beliebt.

Wer hat in der GmbH das Sagen? Das Machtzentrum der Gesellschaft ist nicht etwa der Geschäftsführer, sondern die Gesellschafterversammlung. In § 48 GmbHG heißt es in Absatz 1 und 2: (1) Die Beschlüsse der Gesellschafter werden in Versammlungen gefasst. (2) Der Abhaltung einer Versammlung bedarf es nicht, wenn sämtliche Gesellschafter schriftlich mit der zu treffenden Bestimmung oder mit der schriftlichen Abgabe der Stimmen sich einverstanden erklären.

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2 Grundüberlegungen zur GmbH

In der Gesellschafterversammlung oder im Umlaufverfahren wird der Wille der Gesellschafter festgestellt, erörtert, gebündelt und in Form von Beschlüssen niedergelegt. Die Gesellschafter bestimmen über die Gesellschafterversammlung die Geschäftspolitik, ernennen den Geschäftsführer, berufen ihn ab, schließen einen Dienstvertrag mit ihm und kündigen ihm gegebenenfalls. Die Gesellschafter können diese und andere Befugnisse auf einen Aufsichtsrat (auch Beirat genannt) übertragen. Für die allermeisten der bestehenden GmbH ist die Bildung eines Aufsichtsrates fakultativ, das heißt die Satzung der Gesellschaft kann einen solchen vorsehen oder auch nicht. Bei weniger als 1.000 der circa 800.000 GmbH ist die Bildung eines Aufsichtsrates (§ 52 GmbHG) in Anlehnung an das Aktiengesetz (AktG) gesetzlich vorgeschrieben: a. bei einer GmbH mit mehr als 500 Arbeitnehmern nach § 77 Betriebsverfassungsgesetz 1952; b. bei einer GmbH mit in der Regel mehr als 2000 Arbeitnehmern nach dem Mitbestimmungsgesetz 1976; c. bei einer GmbH im Montanbereich nach dem Montan-Mitbestimmungsgesetz 1951.

2.1

Grundüberlegungen zur Rechtsstellung des Geschäftsführers in der GmbH

Die Rechtsstellung des Geschäftsführers erklärt sich daraus, dass die GmbH jederzeit, also auch zwischen den Gesellschafterversammlungen und Beirats- oder Aufsichtsratssitzungen handlungsfähig und entscheidungsfähig sein muss. Die Gesellschaft muss jederzeit gerichtlich und außergerichtlich vertreten werden (§ 35 GmbHG). Die Geschäfte der Gesellschaft müssen ständig geführt werden (§ 37 GmbHG), wenn auch unter Beachtung der Beschränkungen des Gesellschaftsvertrages und der Beschlüsse der Gesellschafter. Gerade § 37 Abs. 1 GmbHG, wo es heißt,

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2.1 Grundüberlegungen zur Rechtsstellung des Geschäftsführers in der GmbH

(1) Die Geschäftsführer sind der Gesellschaft gegenüber verpflichtet, die Beschränkungen einzuhalten, welche für den Umfang ihrer Befugnis, die Gesellschaft zu vertreten, durch den Gesellschaftsvertrag oder, soweit dieser nicht ein anderes bestimmt, durch die Beschlüsse der Gesellschafter festgesetzt sind, macht das Verhältnis von Gesellschaftern und Gesellschaftsversammlung einerseits und Geschäftsführer andererseits deutlich. Wenn die Gesellschafter sich aktiv in das Tagesgeschäft einmischen, wird der Handlungs- und Entscheidungsspielraum des Geschäftsführers, insbesondere des Fremdgeschäftsführers, welcher nicht selbst dem Kreis der Gesellschafter angehört, eng und tendiert gegen null. Halten sich die Gesellschafter aus dem Tagesgeschäft heraus, besteht für den Geschäftsführer ein breiter Gestaltungsspielraum. Aus Eigeninteresse sollte der Geschäftsführer sich, bevor er in die Berufung einwilligt und/oder einen Dienstvertrag unterschreibt, über die Verhältnisse und Gewohnheiten der Gesellschafter möglichst genau informieren. Er sollte nachfragen, aus welchen Gründen die Gesellschafter die Geschäfte nicht persönlich oder nicht alleine führen wollen oder sich gar aus der Geschäftsleitung zurückziehen. Suchen die Gesellschafter nur einen Strohmann, der haftet, während sie im Hintergrund die Fäden ziehen? Dies kommt gerade in der Krise des Unternehmens häufig vor und ist für einen unerfahrenen Geschäftsführer durchaus existenzbedrohend. Auch sonst ist es wichtig zu wissen, ob man als Geschäftsführer tatsächlich Handlungsspielraum erhält oder nur den Willen der Gesellschafter exekutieren soll. Auch das familiäre Umfeld der Gesellschafter sollte erkundet werden. Vielleicht soll der Fremdgeschäftsführer nur den Platzhalter spielen, bis ein Familienangehöriger seine Ausbildung abgeschlossen hat. Auch als Arbeitnehmer im Unternehmen mitarbeitende Familienangehörige der Gesellschafter sind häufig eine Quelle für Auseinandersetzungen zwischen Geschäftsführer und Gesellschaftern, die nicht selten damit enden, dass der Geschäftsführer vorzeitig abberufen wird und vor Gericht gegen eine fristlose Kündigung kämpfen muss.

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2 Grundüberlegungen zur GmbH

2.2

Der Geschäftsführer als Organ

Die Gesellschaft muss nach § 6 Abs. 1 GmbHG einen oder mehrere Geschäftsführer haben. Geschäftsführer kann nur eine natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Person sein. Ein Betreuter, der bei der Besorgung seiner Vermögensangelegenheiten ganz oder teilweise einem Einwilligungsvorbehalt (§ 1903 des Bürgerlichen Gesetzbuchs [BGB]) unterliegt, kann nicht Geschäftsführer sein. Wer wegen einer Straftat nach den §§ 283– 283d des Strafgesetzbuchs (StGB) verurteilt worden ist, kann auf die Dauer von 5 Jahren seit der Rechtskraft des Urteils nicht Geschäftsführer sein; in die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Wem durch gerichtliches Urteil oder durch vollziehbare Entscheidung einer Verwaltungsbehörde die Ausübung eines Berufs, Berufszweiges, Gewerbes oder Gewerbezweiges untersagt worden ist, kann für die Zeit, für welche das Verbot wirksam ist, bei einer Gesellschaft, deren Unternehmensgegenstand ganz oder teilweise mit dem Gegenstand des Verbots übereinstimmt, nicht Geschäftsführer sein. Zu Geschäftsführern können Gesellschafter oder andere Personen bestellt werden. Die Bestellung erfolgt entweder im Gesellschaftsvertrag oder nach Maßgabe der Bestimmungen des Dritten Abschnitts des GmbHG. Ist im Gesellschaftsvertrag bestimmt, dass sämtliche Gesellschafter zur Geschäftsführung berechtigt sein sollen, so gelten nur die der Gesellschaft bei Festsetzung dieser Bestimmung angehörenden Personen als die bestellten Geschäftsführer. Wer wegen einer Konkursstraftat nach den §§ 283–283d StGB (§ 283 StGB: Bankrott; § 283b StGB: Verletzung der Buchführungspflicht; § 283c StGB: Gläubigerbegünstigung; § 283d StGB: Schuldnerbegünstigung) rechtskräftig verurteilt worden ist, kann auf die Dauer von 5 Jahren seit Rechtskraft des Urteils nicht Geschäftsführer sein. Das heißt, dass mit Eintritt der Rechtskraft eines entsprechenden Urteils das Amt des Geschäftsführers automatisch endet. § 6 GmbHG regelt nur die gesellschaftsrechtliche Bestellung des Geschäftsführers als vertretungsberechtigtes Organ. Davon muss das schuldrechtliche Dienstverhältnis unterschieden werden. Geschäfts-

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2.3 Der Geschäftsführer als Dienstnehmer

führeramt und Dienstvertrag können unabhängig voneinander bestehen. Nicht selten wird bei GmbH-Neugründungen von dem geschäftsführenden Gesellschafter zunächst auf den Abschluss eines Dienstvertrages verzichtet, um die GmbH nicht mit Gehaltsaufwendungen zu belasten. Ebenso kommt es vor, dass Angestellte einer GmbH zu Geschäftsführern ernannt werden, ohne dass der bestehende Dienstvertrag geändert bzw. nur das Gehalt erhöht wird. Endet in einem solchen Fall das Geschäftsführersamt durch Abberufung oder Niederlegung, so gilt der Dienstvertrag grundsätzlich weiter, das heißt Dienstpflichten und Vergütungsanspruch bestehen fort, Kündigungsfristen sind zu beachten.

2.3

Der Geschäftsführer als Dienstnehmer

Das Dienstverhältnis des Geschäftsführers ist kein Arbeitsverhältnis im Sinne eines sozialen Abhängigkeitsverhältnisses wie bei einem normalen Arbeitnehmer. Folglich gelten für die Rechtsbeziehung zwischen Geschäftsführer und GmbH die zivilrechtlichen Vorschriften und nicht die arbeitsrechtlichen Bestimmungen. Für ihn gelten nicht die Bestimmungen der Arbeitszeitordnung, des Betriebsverfassungsgesetzes, des Kündigungsschutzgesetzes, des Vermögensbildungsgesetzes etc. Für Streitigkeiten ist nicht das Arbeitsgericht, sondern ein ordentliches Gericht zuständig. Auch wenn im Geschäftsführervertrag nichts Entsprechendes geregelt ist, unterliegt der Geschäftsführer der GmbH gegenüber immer einer umfassenden Treuepflicht und einem Wettbewerbsverbot. Seine Treuepflicht geht wesentlich über die Verpflichtungen des § 242 BGB hinaus. Er muss also bei seiner Arbeit immer den Vorteil seines Unternehmens und darf nie den eigenen Vorteil im Auge haben. Diese Treuepflicht besteht nicht nur für den Zeitraum seiner Bestellung, sondern als nachwirkende Treuepflicht auch nach seiner Abberufung oder seinem Ausscheiden aus der GmbH. Dies bedeutet, dass er keine Geschäfte an sich ziehen darf, die mit seiner Gesellschaft vor seiner Abberufung abgeschlossen wurden. Da der Geschäftsführer einer GmbH kein Handlungsgehilfe nach dem Handelsgesetzbuch (HGB) ist, gelten für ihn auch nicht die Wettbewerbsvorschriften der §§ 59 ff. HGB, sondern die des AktG in 7

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2 Grundüberlegungen zur GmbH

entsprechender Anwendung. Außerhalb dieser Branche darf der Geschäftsführer tätig werden, sofern dies mit seiner Tätigkeit als Geschäftsführer vereinbar ist und er keinem Nebentätigkeitsverbot unterliegt. Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot, nach dem HGB auf einen Zeitraum von maximal 2 Jahren nach Ausscheiden erstreckbar, kann für einen Geschäftsführer auch länger dauern, sofern es nicht gegen die guten Sitten und Treu und Glauben verstößt. So darf sich für den ausscheidenden Geschäftsführer keine unzumutbare Belastung ergeben. Der Geschäftsführer kann vom Wettbewerbsverbot nur durch die Satzung oder einen Gesellschafterbeschluss entbunden werden. Wurde der Geschäftsführer nicht vom Wettbewerbsverbot befreit und fällt ihm ein Verstoß zur Last, so kann die GmbH von ihm Schadensersatz verlangen. Weil ein eingetretener Schaden der Höhe nach immer schwierig nachzuweisen ist, wird zumeist gleichzeitig mit dem Konkurrenzverbot eine Vertragsstrafe vereinbart, die für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu bezahlen ist. In dem Geschäftsführervertrag sollten neben der Vergütung noch weitere Punkte geregelt werden wie Arbeitszeit, Erstattung von Reisekosten und Auslagen, Überlassung eines Firmenwagens, Tantieme, Urlaub, Krankheit etc. Ein wichtiger Punkt im Geschäftsführervertrag ist naturgemäß dessen Dauer und Beendigung. Wie vorher bereits ausgeführt, hat man es beim Geschäftsführer mit zwei Bereichen, nämlich dem Dienstvertrag und der Bestellung, also dem organschaftlichen Bereich, zu tun. Der Dienstvertrag kann befristet oder unbefristet abgeschlossen sein. Ein befristeter Vertrag endet automatisch mit Zeitablauf. Wenn er danach fortgesetzt wird, so gilt er als auf unbefristete Zeit verlängert. Nach § 626 BGB kann das Dienstverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Die Kündigung muss jedoch innerhalb von zwei Wochen ab dem Zeitpunkt erfolgen, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Anders als bei einem Arbeitnehmer bedarf die Kündigung des Geschäftsführerdienstvertrages aus verhaltensbedingten Gründen keiner vorherigen Abmahnung.

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2.3 Der Geschäftsführer als Dienstnehmer

Was sind nun Argumente für eine Kündigung aus wichtigem Grund? Diese können z. B. sein: Unzureichende Buchführung, Missbrauch von Gesellschaftsvermögen, Bruch des Wettbewerbsverbots, Annahme von Schmiergeldern, langdauernde Krankheit, Verlust des Vertrauens Dritter in die Person des Geschäftsführers (z. B. Kunden, Kreditgeber). Ein Geschäftsführer könnte z. B. dann mit Erfolg aus wichtigem Grund kündigen, wenn ihm die Gesellschaft ihrerseits Weisungen erteilt hat, die gegen Gesetze oder bestehende Verträge verstoßen. In den Fällen, in denen eine ordentliche Kündigung nicht (durch Befristung oder ausdrückliche Beschränkung auf die außerordentliche Kündigung im Vertrag) ausgeschlossen ist, sollten die Vertragschließenden die für beide Seiten geltende Kündigungsfrist regeln. Schweigt der Vertrag, so gilt jedenfalls beim Fremdgeschäftsführer nach herrschender Ansicht die Bestimmung des § 622 BGB analog, da der Fremdgeschäftsführer im Gegensatz zum Gesellschafter-Geschäftsführer als schutzwürdig wie eine Arbeitnehmer angesehen wird. § 622 BGB lautet: § 622 ¹- ² „Ordentliche Kündigung von Arbeitsverhältnissen (1) Das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters oder eines Angestellten (Arbeitnehmers) kann mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden. (2) ¹ Für eine Kündigung durch den Arbeitgeber beträgt die Kündigungsfrist, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen 1. zwei Jahre bestanden hat, einen Monat zum Ende eines Kalendermonats, 2. fünf Jahre bestanden hat, zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats, 3. acht Jahre bestanden hat, drei Monate zum Ende eines Kalendermonats, 4. zehn Jahre bestanden hat, vier Monate zum Ende eines Kalendermonats, 5. zwölf Jahre bestanden hat, fünf Monate zum Ende eines Kalendermonats,

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2 Grundüberlegungen zur GmbH

6. fünfzehn Jahre bestanden hat, sechs Monate zum Ende eines Kalendermonats. 7. zwanzig Jahre bestanden hat, sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats. ² Bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer werden Zeiten, die vor der Vollendung des fünfundzwanzigsten Lebensjahres des Arbeitnehmers liegen nicht berücksichtigt. (3) Während einer vereinbarten Probezeit, längstens für die Dauer von sechs Monaten, kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden. (4) ¹ Von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Regelungen können durch Tarifvertrag vereinbart werden. ² Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages gelten die abweichenden tarifvertraglichen Bestimmungen zwischen nichttarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, wenn ihre Anwendung zwischen ihnen vereinbart ist. (5) ¹ Einzelvertraglich kann eine kürzere als die in Absatz 1 genannte Kündigungsfrist nur vereinbart werden, 1. wenn ein Arbeitnehmer zur vorübergehenden Aushilfe eingestellt ist; dies gilt nicht, wenn das Arbeitsverhältnis über die Zeit von drei Monaten hinaus fortgesetzt wird; 2. wenn der Arbeitgeber in der Regel nicht mehr als zwanzig Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt und Kündigungsfrist vier Wochen nicht unterschreitet. ² Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen. ³ Die einzelvertragliche Vereinbarung längerer als der in den Absätzen 1 bis 3 genannten Kündigungsfristen bleibt hiervon unberührt. (6) Für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer darf keine längere Frist vereinbart werden als für die Kündigung durch den Arbeitgeber. Der Widerruf der Bestellung kann wiederum ein einfacher Widerruf oder ein Widerruf aus wichtigem Grund sein. Die Unterscheidung in einfachen Widerruf und Widerruf aus wichtigem Grund entspricht der

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2.3 Der Geschäftsführer als Dienstnehmer

Unterscheidung zwischen Kündigung und Kündigung aus wichtigem Grund beim Dienstvertrag gemäß BGB. In der Praxis wird häufig vereinbart, dass der Anstellungsvertrag mit dem Widerruf der Bestellung enden soll. Dies ist eine sehr gefährliche und für den Fremdgeschäftsführer oder Geschäftsführer mit nur kleinem Gesellschaftsanteil kaum akzeptable Klausel. Dem Geschäftsführer ist dringend anzuraten, eine solche Vertragsklausel abzulehnen. Da es sich bei der Bestellung des Geschäftsführers um die Erteilung einer Vollmacht handelt, kann diese auch jederzeit widerrufen werden (vgl. § 38 GmbHG). Sowohl bei der Kündigung als auch beim Widerruf handelt es sich um eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die dem abberufenen Geschäftsführer gegenüber erklärt werden muss. Der Geschäftsführer wiederum hat seine Kündigungserklärung an den Mitgeschäftsführer zu richten (§ 35 Abs. 2 Satz 3 GmbH-Gesetz). Der Mitgeschäftsführer ist verpflichtet, die Kündigung den Gesellschafter weiterzuleiten. Der Geschäftsführer kann seine Kündigungserklärung auch an jeden Gesellschafter richten. Für beide Parteien ist es von Vorteil, wenn der Dienstvertrag eine Klarstellung enthält, an wen die Kündigungserklärung des Geschäftsführers zu richten ist. Sowohl die ordentliche Kündigung des Geschäftsführers als auch die ordentliche Kündigung der Gesellschaft bedarf keiner Begründung. Auch der Geschäftsführer selbst hat die Möglichkeit, sein Amt als Geschäftsführer zu beenden, nämlich durch Amtsniederlegung. Jedoch sollte man mit dieser Möglichkeit vorsichtig umgehen. Legt der Geschäftsführer „zur Unzeit“ sein Amt nieder, so macht er sich der Gesellschaft gegenüber unter Umständen schadensersatzpflichtig. Dieses Risiko besteht nicht, wenn die Amtsniederlegung aus wichtigem Grund erfolgt. Soll der Geschäftsführervertrag von Seiten der Gesellschaft gekündigt werden, so ist immer die Frage interessant, ob dem Geschäftsführer nunmehr eine Abfindung zusteht oder nicht. Wurde der Geschäftsführervertrag auf eine bestimmte Zeit abgeschlossen, besteht grundsätzlich ein Anspruch auf Zahlung der vereinbarten Vergütung bis zum Ablauf des Anstellungsverhältnisses. In 11

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2 Grundüberlegungen zur GmbH

der Regel einigt man sich dahin, dass statt der noch offenen Monatsvergütungen eine Abfindung gezahlt wird. Diese Gestaltung nutzt die Steuervorteile des EStG. Wer ein junges Unternehmen als Geschäftsführer vertritt, selbst nicht Gesellschafter ist und annimmt, dass dieses durch seinen Einsatz wachsen und prosperieren wird, sollte sehen, dass er an dem geschaffenen Mehrwert partizipiert. Dies kann während der Dauer des Dienstvertrages durch eine Tantieme oder eine andere Form der Erfolgsbeteiligung geschehen. Für den Fall, dass die Gesellschafter sich von dem Geschäftsführer trennen, nach dem dieser ihnen den Erfolg gebracht hat, kann sich der Geschäftsführer auch dadurch absichern, dass eine Abfindung von vornherein vertraglich vereinbart wird. Die Frage, ob ein Geschäftsführer der Sozialversicherungspflicht unterliegt, also ob für ihn Beiträge zur Kranken-, Renten-, Pflege-, Arbeitslosen- und Unfallversicherung abgeführt werden müssen, lässt sich nicht einheitlich für alle Geschäftsführer entscheiden. Der Gesellschaftergeschäftsführer, dessen Anteil an der GmbH 50 % und mehr beträgt (sog. beherrschender Gesellschafter) unterliegt nicht der Sozialversicherungspflicht. Dies bedeutet aber, dass im Falle der Zahlung von Arbeitgeberbeiträgen von Seiten der Gesellschaft diese nicht nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfrei sind; es handelt sich dann um steuerpflichtiges Bruttoeinkommen. Eine vertragliche Verpflichtung der GmbH zur Zahlung dieser Arbeitgeberbeiträge im Dienstvertrag bewirkt demnach nur, dass der beherrschende Gesellschafter die Dispositionsbefugnis über einen Teil seines Bruttoeinkommens verliert. Dem Arbeitsamt bleibt es aber z. B. unbenommen, dem Gesellschaftergeschäftsführer das Arbeitslosengeld mit Hinweis auf die nicht bestehende Versicherungspflicht zu verweigern. Ein Fall, der in der Praxis durchaus vorkommt. Der Fremdgeschäftsführer ohne Beteiligung am Gesellschaftsvermögen unterliegt regelmäßig der Sozialversicherungspflicht. Sozialversicherungspflichtig ist grundsätzlich auch der Geschäftsführer, der Minderheitsgesellschafter ist. Bei diesem sind allerdings Fallgestaltungen denkbar, bei denen die Einzelfallprüfung ergibt, dass er aus besonderen Gründen nicht sozialversicherungspflichtig ist. Keine Sozialversicherungspflicht hat die Rechtsprechung z. B. in Fällen angenommen, in denen im Gesellschaftsvertrag eine Sperrminorität zu-

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2.3 Der Geschäftsführer als Dienstnehmer

gunsten des Gesellschaftergeschäftsführers bestand oder dass das Erfordernis einer qualifizierten Mehrheit bei Gesellschafterbeschlüssen bewirkte, dass gegen den Willen des Geschäftsführers keine Beschlüsse gefasst werden konnten. Es fehlte somit ein Weisungsrecht der Gesellschaft und damit ein typisches Element abhängiger Tätigkeit.

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3 Grundüberlegungen zur Haftung des Geschäftsführers

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Werden Unternehmer, die Geschäftsführer einer GmbH oder auch Anteilseigner sind, darauf angesprochen, warum sie sich für diese Rechtsform entschieden haben, so wird zumeist die Haftungsfrage angeführt. Oft wiegen sich Unternehmer und Geschäftsführer jedoch hinsichtlich der Haftung in einer falschen Sicherheit. Der Geschäftsführer kann aus vielerlei Gründen in die persönliche Haftung geraten, wobei die Gerichte strenge Anforderungen an seine Sorgfaltspflicht stellen.

3.1

Grundwissen über die Haftung im Arbeitsleben

Wer als Techniker nach schweren Anfangsjahren den Aufstieg ins Management geschafft hat, freut sich im Allgemeinen über die gewonnene Kompetenz, die Freiheit, selbst unternehmerische Entscheidungen herbeiführen zu können und über das mit dem Angebot einer meist höher dotierten Stelle ihm entgegengebrachte Vertrauen. Wohl kaum ein Manager wird auf dem Wege seines Aufstieges über die Gefahren seiner Karriere nachdenken. Wer darüber nachdenkt, wird vielleicht über seine Gesundheit und das Erfordernis, sich auch körperlich fit zu halten, um den gestiegenen Anforderungen gerecht zu bleiben bzw. zu werden, sinnieren. Der Gedanke, dass jeder, der im Arbeitsprozess steht, für das, was er tut, auch haftbar gemacht werden kann, ist, jedenfalls in Deutschland, sowohl in der schulischen als auch in der universitären Ausbildung ein Tabu. Darüber spricht man nicht. Es ist eher auch ein Thema für Insider, denn es gibt kein Gesetz, welches die „Managerhaftung“ in der Überschrift enthält. Kaum einer wird daran denken, dass die höhere Verantwortung auch mit einem Maße an höherer Haftung verbunden 15

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3 Grundüberlegungen zur Haftung des Geschäftsführers

ist. Leider gibt es nur eine Vielzahl unübersichtlich verstreuter Vorschriften, die erst in ihrer Gesamtheit einen Überblick über das geben, was auf den frisch gebackenen Manager zukommt. Es sind zwei verschiedene Haftungssysteme, die der Techniker kennen muss, um im Arbeitsleben zu bestehen.

3.2

Haftungsmodell im BGB

Der Techniker, der sich mit der Haftungsfrage beschäftigt, fragt sich zunächst, ob jeder Arbeitnehmer für jeden Fehler haftbar gemacht werden kann. Es gilt auf den ersten Blick die Haftung des BGB, wo es in § 276 Abs. 1 BGB heißt: (1) Der Schuldner hat, sofern nicht ein anderes bestimmt ist, Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer acht lässt. Danach würde jeder Arbeitnehmer für die Folgen von Pflichtverletzungen bei betrieblicher Tätigkeit auch bei kleinster Fahrlässigkeit voll haften.

3.3

Haftungsprivileg für Arbeitnehmer

Nach früherer Rechtsprechung kam es bei der Beurteilung der Frage, inwieweit ein Arbeitnehmer haftet, auf den Begriff der gefahrgeneigten Arbeit an. Inzwischen ist dieser Begriff überholt. Die Zweiteilung der Haftung zwischen privilegierter gefahrgeneigter Arbeit und sonstiger Arbeit mit voller Haftung, die von der Rechtsprechung lange Zeit propagiert worden war, wurde schließlich als unbefriedigend empfunden, als die Gerichte einen Fall zu entscheiden hatten, in dem eine Krankenschwester dafür haften sollte, dass sie einen Säugling fallen ließ. Das Tragen von Säuglingen war bislang keine gefahrgeneigte Arbeit mit der Folge, dass die Krankenschwester für die leichteste Fahrlässigkeit hätte haften müssen. Eine Krankenschwester, die einen Säugling fallen lässt, handelt wohl zumindest leicht fahrlässig. Die Haftungsfolge erschien den Gerichten jedoch unbillig.

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3.3 Haftungsprivileg für Arbeitnehmer

Nunmehr gilt nach der Rechtsprechung Folgendes: a. Haftungserleichterung für alle Arbeiten, die durch den Betrieb veranlasst sind und aufgrund des Arbeitsverhältnisses geleistet werden; b. Abgestufte Haftung des Arbeitnehmers wie folgt: – bei grober Fahrlässigkeit hat der Arbeitnehmer grundsätzlich den gesamten Schaden zu tragen (grobe Fahrlässigkeit ist anzunehmen bei besonders schwerwiegender und auch subjektiv unentschuldbarer Pflichtwidrigkeit, Nichteinhaltung einer Sorgfalt, die jedem eingeleuchtet hätte); – bei mittlerer, normaler Fahrlässigkeit wird der Schaden quotal geteilt (keineswegs automatisch hälftig, sondern unter Abwägung aller Umstände); – bei leichtester Fahrlässigkeit haftet der Arbeitnehmer in der Regel nicht. (Sie liegt vor, wenn es sich um geringfügige und leicht entschuldbare Pflichtwidrigkeiten handelt, die jedem Arbeitnehmer unterlaufen können); c. Ob und in welchem Umfang der Arbeitnehmer an den Schadensfolgen zu beteiligen ist, richtet sich im Rahmen der Abwägung der Gesamtumstände nach Billigkeits- und Zumutbarkeitsgesichtspunkten. Doch warum sind die Arbeitsgerichte überhaupt auf den Gedanken gekommen, die Haftung der Arbeitnehmer einzuschränken und entgegen dem Wortlaut des § 276 BGB Recht zu sprechen. Dazu werden im Wesentlichen drei Gründe angeführt: – Die gesetzliche Regelung des BGB trägt den Risiken im Arbeitsleben keine Rechnung. Die Haftungsrisiken haben sich seit Inkrafttreten des BGB erhöht. Der Arbeitgeber trägt im Übrigen ein ihm zuzurechnendes Betriebsrisiko und hat die Befugnis zur Organisation des Betriebes. – Die Gerichte geben die Bestimmungen des § 254 BGB, welche das Mitverschulden regeln, als Rechtfertigung dafür an, eine Haftungserleichterung zu schaffen. Danach muss diese Norm auch dann angewendet werden, wenn den geschädigten Arbeitgeber kein Verschulden trifft, er aber für den entstandenen 17

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3 Grundüberlegungen zur Haftung des Geschäftsführers

Schaden aufgrund der von ihm zu vertretenden Betriebsgefahr (Zurechnung der Gefährlichkeit der Produkte, Produktion, Produktionsanlagen und der Organisation des Betriebes sowie Gestaltung der Arbeitsbedingungen) verantwortlich ist. – Im Übrigen halten die Gerichte umfassende Haftungseinschränkungen im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Gewährleistung der Berufsfreiheit, Art. 12 Grundgesetz und die allgemeine Handlungsfreiheit, Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz für geboten. Die letzte Entscheidung, in welcher Höhe der Arbeitnehmer an den Schadensfolgen zu beteiligen ist, soll, wie oben erwähnt, im Rahmen der Abwägung der Gesamtumstände nach Billigkeits- und Zumutbarkeitsgesichtspunkten erfolgen. Ausdrücklich als nicht abschließende Kriterien nennt die Rechtsprechung folgende Abwägungsmerkmale: – – – – – – –

Persönliche Verhältnisse des Arbeitnehmers; Die Gefährlichkeit der Arbeit; Die Höhe des Schadens; Vom Arbeitgeber einkalkuliertes Risiko; Vom Arbeitgeber versicherbares Risiko; Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb; Höhe des Gehaltes des Arbeitnehmers.

Vielfach wird diskutiert, ob es eine Haftungshöchstgrenze für Arbeitnehmer gibt, so wie es beispielsweise das Arbeitsgesetzbuch der DDR vorgesehen hatte, wonach die Haftung auf drei Bruttomonatseinkommen summenmäßig begrenzt war. Eine solche gesetzliche Regelung gibt es in der Bundesrepublik Deutschland nicht. Der 8. Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) hat letztmalig mit Urteil vom 12. 10. 1989 festgestellt, dass die Haftung des Arbeitnehmers nach geltendem Recht nicht durch eine Höchstsumme begrenzt sei. Von den Instanzgerichten wird aber anders entschieden. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln hat zwar die Nichtbeachtung der zulässigen Durchfahrtshöhe einer Unterführung als grobe Fahrlässigkeit angesehen, aber gleichzeitig festgestellt:

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3.3 Haftungsprivileg für Arbeitnehmer

„Die Haftungserleichterung zu Gunsten des Arbeitnehmers ist auch bei grober Fahrlässigkeit nicht ausgeschlossen.“ (LAG Köln, LAGE § 11, Gefahrgeneigte Arbeit, Nr. 10) Im Ergebnis hatte das LAG Köln einen Fall zu beurteilen, in dem der Schaden das Sechsfache des Monatslohns betrug. Der Arbeitnehmer wurde trotz grober Fahrlässigkeit verurteilt, nur ein Drittel des Schadens zu tragen, was zwei Monatslöhnen entsprach. Auch das LAG Nürnberg hat sich mit grober Fahrlässigkeit beschäftigt und hat eine Arbeitnehmerin verurteilt, ein Fünftel des Schadens zu tragen, was etwa einem Monatsgehalt entsprach (LAG Nürnberg, LAGE § 611, Arbeitnehmerhaftung, Nr. 10). Die Haftungsprivilegierung gilt für alle Fälle der Schlechtleistung des Arbeitnehmers und wirkt sich aus auf – die Höhe des Schadensersatzanspruches des Arbeitgebers gegen den Arbeitnehmer; – den Freistellungsanspruch des Arbeitnehmers, der einen Dritten geschädigt hat, gegen den Arbeitgeber; – den Rückgriffsanspruch des Arbeitgebers, der einen Dritten entschädigt hat, gegen den Arbeitnehmer. Dies ist allerdings kein Freibrief für den Arbeitnehmer zum Vertragsbruch. Denn bei Vertragsbruch findet die Haftungsprivilegierung keine Anwendung (z. B. Nichterfüllung des Vertrages und Verzug). Wichtig und weitgehend unbekannt ist auch, dass die Haftungsprivilegierung nicht angewandt wird bei einem so genannten Übernahmeverschulden, d. h. wenn sich der Arbeitnehmer zu einer Arbeit verpflichtet, zu der ihm die nötigen Kenntnisse fehlen. Keine Anwendung findet die Wohltat der Haftungsprivilegierung auch dann, wenn der Arbeitnehmer in Ausübung betrieblicher Tätigkeit einen Arbeitsunfall, bei dem Arbeitskollegen zu Schaden kommen, verursacht. Hier gelten zugunsten der Arbeitnehmer die Haftungsaus19

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3 Grundüberlegungen zur Haftung des Geschäftsführers

schlüsse, die im Sozialgesetzbuch VII enthalten sind. Das Sozialgesetzbuch VII regelt die gesetzliche Unfallversicherung. Die einschlägigen Bestimmungen haben die im Arbeitsleben bekannteren Bestimmungen der Reichsversicherungsordnung abgelöst.

3.4

Haftungsprivileg für Manager (Leitende Angestellte)

Die bisherigen Ausführungen betreffen grundsätzlich alle Arbeitnehmer. Fraglich ist jedoch, ob die Haftungsprivilegierung auch für die Manager gilt, also für die Arbeitnehmer, die in leitender Funktion tätig sind. Der Bundesgerichtshof (BGH) verweigert den leitenden Angestellten jegliche Haftungsprivilegierung. Das BAG hingegen stellt die leitenden den übrigen Arbeitnehmern gleich, mit der Folge, dass die Haftungsprivilegierung auch für leitende Angestellte Anwendung findet. Die juristische Literatur folgt überwiegend dem BAG mit der Begründung, dass auch die höhere Vergütung in Anbetracht der denkbaren Höhe eines eintretenden Schadens keine angemessene Risikoprämie enthalte und die Zahlung einer echten Risikoprämie zu einem exorbitanten Ansteigen der Gehälter führen müsse. Auf das BAG und dessen freundliche Rechtsprechung wird sich der betroffene Manager im Zweifel gerne berufen. So ergeben sich Besonderheiten für die Haftung der Manager nur aus ihren Tätigkeitsbereichen. Der Manager, also der leitende Arbeitnehmer, ist an unternehmerischen Entscheidungsprozessen beteiligt. Er nimmt unternehmerische Teilaufgaben wahr. Kein Unternehmer aber kann den Erfolg seiner Handlungen garantieren. Letztlich handelt es sich immer um Prognosen. Jede unternehmerische Handlung trägt das Risiko des Scheiterns in sich. Der Manager darf in dem ihm übertragenen Teilbereich nicht untätig bleiben, denn er hat sich im Arbeitsvertrag zur Tätigkeit verpflichtet. Auch der Manager muss in dem Bereich, für den er aufgrund der vom Arbeitgeber vorgegebenen Organisation zuständig ist, Entscheidungsrisiken eingehen und damit verantworten. Übertreibt er die Risikofreude nicht und hält er sich an seine Zuständigkeit, kommt ihm die Haftungsprivilegierung der Arbeitnehmer, soweit er unternehmerische Entscheidungen trifft, also Risiken bewusst eingeht, zugute.

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3.4 Haftungsprivileg für Manager (Leitende Angestellte)

Der leitende Angestellte außerhalb einer Stabsfunktion hat regelmäßig Mitarbeiter, auf die er delegieren kann und muss. Es ist einsichtig, dass er für die Fehler anderer Arbeitnehmer, auch wenn diese ihm unterstellt sind, nicht haftbar gemacht werden kann. Anderenfalls wäre kaum jemand bereit, Führungsaufgaben zu übernehmen. Der leitende Angestellte ist aber andererseits weisungsbefugt und kann damit Einfluss auf das Verhalten der ihm unterstellten Arbeitnehmer nehmen. Es wird daher von ihm verlangt, dass er sorgfältig vorab überlegt, ob der von ihm beauftragte Arbeitnehmer überhaupt in der Lage ist, den Auftrag ohne voraussehbaren Schaden für den Arbeitgeber zu erledigen. Darüber hinaus wird verlangt, dass er auch kontrolliert, ob und wie sein Auftrag ausgeführt wird. Das bedeutet, dass bei leitenden Angestellten, die delegieren, an die Stelle der Verantwortung für eigenes Tun die Verantwortung und damit die Haftung für die Auswahl des Tätigen und dessen Kontrolle der Durchführung tritt. Die Tätigkeit eines leitenden Angestellten beschränkt sich aber keinesfalls auf die Delegation von Arbeit. Der leitende Angestellte hat aufgrund seiner besseren Ausbildung vielfach spezifische Fachleistungen selbst in Person zu erbringen. Aus Anlass einer Entscheidung über die Haftung eines Firmenjuristen für eigene Fehler hat die Diskussion unter den Juristen zu der für Techniker sicher nicht überraschenden Feststellung geführt, dass die qualifizierten Aufgaben eines leitenden Angestellten zwar nicht routinemäßig erledigt werden können, dass aber in der Wirklichkeit des Arbeitslebens und wegen des fast immer bestehenden Entscheidungsdrucks selten ausreichend Zeit zur Verfügung steht, um alle Aspekte der konkreten Aufgabe umfassend berücksichtigen zu können. Es ist bekannt, dass leitende Angestellte vielfach unter enormen Stress arbeiten. Ebenso ist allgemein anerkannt, dass menschliches Versagen niemals ausgeschlossen ist. Beide Erkenntnisse führen zu dem Ergebnis, dass auch der leitende Angestellte die Haftungsprivilegierung für Arbeitnehmer in Anspruch nehmen kann, wenn die Ursache seines Fehlers auch durch die Situation, in der er sich befand, zu erklären ist. Im Rahmen einer Zusammenfassung ist mithin festzuhalten, dass die Rechtsprechung anerkennt, dass der leitende Angestellte (Manager) anderen Haftungsrisiken und Haftungsprivilegien unterliegt, wenn er seine unternehmerischen Entscheidungsspielräume richtig anwen21

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3 Grundüberlegungen zur Haftung des Geschäftsführers

det, also weder zu risikofreudig ist noch jegliches Wirtschaftsrisiko zu vermeiden trachtet; wenn er zwar delegiert, gleichzeitig aber organisiert und kontrolliert und wenn sich ein Fehler aufgrund der psychischen und physischen Anspannung ergeben hat, also situationsbedingt ist. Dann kann sich der Manager wie jeder andere Arbeitnehmer auf die Haftungserleichterung der Rechtsprechung berufen. Das bedeutet zwar, dass auch er haftet. Da aber immer auch eine Einbeziehung seiner persönlichen Verhältnisse und seines Einkommens bei der Feststellung der Höhe des Schadenssersatzes erfolgt, kann er sich einigermaßen sicher sein, dass ihn die Haftung zwar vielleicht hart treffen, aber voraussichtlich nicht ruinieren wird.

3.5

Grundsätze der Geschäftsführerhaftung (Manager in Organstellung)

Der Hoffnung, zwar unter Umständen haften zu müssen, aber keinesfalls den finanziellen Ruin zu riskieren, kann sich der Manager in Organstellung nicht hingeben. Der GmbH-Geschäftsführer als Prototyp des Dienstnehmers mit Organstellung unterliegt nicht dem Schutz der Arbeitsgerichtsbarkeit, sondern unterfällt in seinem Verhältnis zur GmbH dem Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten und damit der bereits zitierten unerbittlichen Feststellung des BGH, der Managern jegliche Haftungsprivilegierung verweigert. Zudem gibt es, anders als im Arbeitsrecht, im GmbHG Normen, welche die Haftung des Managers in Geschäftsführerfunktion ausdrücklich regeln. Wir kommen damit zum zweiten Haftungssystem, dem zivilrechtlichen Haftungssystem der Organhaftung. Der GmbH-Geschäftsführer ist zahlreichen Haftungsrisiken ausgesetzt. In Betracht kommt die Haftung gegenüber der eigenen Gesellschaft, den Gesellschaftern und den Gläubigern der Gesellschaft.

3.5.1

Haftung gegenüber der Gesellschaft

Der Grundtatbestand einer Haftung des Geschäftsführers ist in § 43 GmbHG geregelt, der wie folgt lautet:

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3.5 Grundsätze der Geschäftsführerhaftung (Manager in Organstellung)

(1) Die Geschäftsführer haben in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden. (2) Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen, haften der Gesellschaft solidarisch für den entstandenen Schaden. Nach dieser Norm haftet jeder, der als Geschäftsführer tatsächlich auftritt, unabhängig davon, ob er tatsächlich zum Geschäftsführer bestellt ist und/oder einen entsprechenden Dienstvertrag abgeschlossen hat. Auch derjenige, der als Gesellschafter formell im Hintergrund bleibt, tatsächlich aber die Gesellschaft führt, haftet nach den Regeln der gesetzlichen Geschäftsführerhaftung. Der ordentlich bestellte und angestellte Geschäftsführer haftet auch nach Vertrag, und alle Beteiligten haften selbstverständlich auch unter deliktischen Gesichtspunkten nach den §§ 823, 826 BGB. Eine solche Haftung kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der Geschäftsführer seine Organstellung zur Durchsetzung eigener Interessen in einer Weise missbraucht, die als grobe Missachtung des gebotenen Mindestmaßes an Loyalität und Rücksichtnahme gegenüber der Gesellschaft zu bewerten ist. Eine Haftung nach § 43 GmbHG setzt voraus: a. eine Pflichtverletzung des Geschäftsführers gegenüber der GmbH, wobei der Haftungsmaßstab die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes ist; b. ein Schaden infolge der Pflichtverletzung; c. ein schuldhaftes Handeln des Geschäftsführers, das heißt vorsätzliches oder fahrlässiges Handeln. Die erste Voraussetzung ist also eine Pflichtverletzung. Die Gesetze nennen einige besondere Pflichten, definieren aber die Pflichten des Geschäftsführers nicht allgemein. Rechtsprechung und Literatur haben inzwischen jedoch einen Pflichtenkatalog für den GmbH-Geschäftsführer aufgestellt, der Folgendes enthält: a. Beachtung der gesetzlichen Gebote und Verbote, b. Beachtung der internen Kompetenzregelungen, c. Pflicht zur kooperativen Zusammenarbeit, 23

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3 Grundüberlegungen zur Haftung des Geschäftsführers

d. Pflicht zur Treue, Loyalität und Verschwiegenheit, e. Förderung der Interessen der Gesellschaft, f. Pflicht zur sorgfältigen Unternehmensleitung. Der Geschäftsführer, der die Gesetze und die interne Kompetenzregelung beachtet, der kooperativ, treu, loyal und verschwiegen ist, erfüllt damit allein noch nicht seine Pflicht gegenüber der Gesellschaft. Er ist zur Unternehmensleitung berufen und nimmt daher unternehmerische Aufgaben wahr. Im Gegensatz zur Tätigkeit des leitenden Angestellten, der unternehmerische Teilaufgaben übernimmt, bezieht sich die Tätigkeit des Geschäftsführers auf das Unternehmen als Ganzes. Aus der Verpflichtung zur kooperativen Zusammenarbeit mit anderen Organen der Gesellschaft und der Erkenntnis, dass die Gesellschafter die Grundsätze der Unternehmenspolitik bestimmen, ergibt sich das für die Tätigkeit des GmbH-Geschäftsführers typische Spannungsverhältnis, das gerade auch die Pflicht zur Unternehmensführung prägt. Fraglich ist, was „Pflicht zur Unternehmensführung“ bedeutet. Auch hier haben Rechtsprechung und Literatur im Laufe der Zeit einen ganzen Katalog von Verhaltensregeln aufgestellt. Führen und Leiten bedeuten zunächst einmal entscheiden. Entscheiden ist dabei abzugrenzen von Begriffen wie spekulieren oder dem blinden Eingehen von Risiken. Eine Entscheidung muss ordnungsgemäß vorbereitet, also auf Grundlagen beruhen, mithin begründet sein. In diesem Zusammenhang wird auch von der Pflicht zur Organisation der Entscheidungsfindung gesprochen. Der Geschäftsführer muss die Gesellschaft so organisieren, dass das für die Entscheidung erforderliche Know-how zur Verfügung steht. Ebenso wie beim Manager mit Arbeitnehmerstatus kann der Geschäftsführer zwar delegieren, muss dann aber den beauftragten Dritten überwachen. Der Techniker kann sich nicht auf technische Fragen beschränken, sondern muss auch alle kaufmännischen Probleme im Auge haben. Die Pflicht, gesetzliche oder satzungsmäßige Verbote und Gebote einzuhalten, trifft ihn verantwortlich, ohne dass es darauf ankommt, ob er die Verbote und Gebote kennt. Hier gilt der altbekannte Spruch, dass Unwissenheit nicht vor Strafe schützt. Sie schützt auch keinesfalls vor Haftung.

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3.5 Grundsätze der Geschäftsführerhaftung (Manager in Organstellung)

Der Geschäftsführer muss ungeachtet des Umstandes, dass er nicht alle Aufgaben in Person wahrnehmen kann, jederzeit wissen, in welcher Situation sich die Gesellschaft befindet. Was für den leitenden Angestellten bei unternehmerischen Teilaufgaben gilt, muss natürlich auch für den Geschäftsführer bezogen auf das gesamte Unternehmen gelten. Letztlich handelt es sich bei unternehmerischen Entscheidungen immer um Prognosen. Jede unternehmerische Handlung trägt das Risiko des Scheiterns in sich. Der Geschäftsführer darf nicht untätig bleiben, denn er hat sich im Dienstvertrag zur Tätigkeit verpflichtet. Der Geschäftsführer hat dafür zu sorgen, dass Ansprüche der GmbH nach Kräften durchgesetzt werden, wenn es wirtschaftlich sinnvoll ist. Mit Ausnahme der Haftungsprivilegierung gelten für den Geschäftsführer alle Ausführungen, die zu den Pflichten der leitenden Angestellten oben niedergelegt wurden. Die Gefahr der Haftung ist für den GmbH-Geschäftsführer, verglichen mit dem leitenden Angestellten aber deshalb größer, weil er auch Sachgebiete zu verantworten hat, auf denen ihm möglicherweise spezifische Fachkenntnisse fehlen. Unternehmerische Geschäfte sind, wie oben bereits festgestellt, stets mit Risiken verbunden. § 43 GmbHG verbietet nicht das Eingehen von geschäftlichen Risiken. Die Verpflichtung zur Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes gebietet eher diese einzugehen, aber immer nach sorgfältiger Abwägung und nicht ohne sachliche Gründe. Es muss aber immer gewährleistet sein, dass sich das Geschäft für die GmbH als vorteilhaft erweist, als dass es zu einer Schädigung führt. Wie bereits ausgeführt, befindet sich der GmbH-Geschäftsführer stets im Spannungsfeld einer Eigenverantwortlichkeit und Weisungsgebundenheit. Er ist als Geschäftsführer verpflichtet, Weisungen der Gesellschafterversammlung auszuführen. Da der Geschäftsführer grundsätzlich – und dies bedeutet bei Juristen bekanntlich, dass es auch anders sein kann – durch einen Gesellschafterbeschluss bzw. Beschluss des nach der Satzung zuständigen Organs entlastet wird, sollte er eine solche Entscheidung in folgenden Fällen herbeiführen: a. der Geschäftsführer soll einen Beschluss der Gesellschafterversammlung durchführen, den er für nichtig hält; 25

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3 Grundüberlegungen zur Haftung des Geschäftsführers

b. der Geschäftsführer möchte ein für seine Gesellschaft ungewöhnliches oder unter den Gesellschaftern umstrittenes Geschäft abschließen; c. der Geschäftsführer hat Zweifel an seiner Zuständigkeit als Organ; d. ein anderes Gesellschaftsorgan plant, eine den Geschäftsinteressen schädliche Maßnahme durchzuführen; e. der Geschäftsführer sucht Rückendeckung für die Vornahme eines Geschäfts. Unterstellt, der GmbH-Geschäftsführer habe gegen seine Pflicht zur Unternehmensführung oder zur Befolgung von Weisungen verstoßen und diese Pflichtverletzung habe zu einem Schaden geführt. Eine Haftung käme dann in Betracht, wenn er schuldhaft gehandelt hat. Es stellt sich die Frage nach dem Haftungsmaßstab. Für die Sorgfaltspflicht nach § 43 Abs. 1 GmbHG, wie auch nach § 93 Abs. 1 AktG gilt die Sorgfalt, die ein ordentlicher Geschäftsleiter in verantwortlich leitender Position bei selbständiger treuhänderischer Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen wahrzunehmen hat. Damit gelten für den Geschäftsführer einer GmbH schärfere Anforderungen als sie sonst an einen ordentlichen Geschäftsmann zu stellen sind. Begründet wird dies durch die Stellung des Geschäftsführers als Treuhänder fremden Vermögens. In eigenen Angelegenheiten mag jemand weniger sorgfältig sein; er schädigt nur sich selbst. Wer aber Sorgfaltspflichten gegenüber Dritten übernimmt, muss Acht geben und kann sich nicht darauf berufen, dass er auch in eigenen Angelegenheiten nicht sorgfältiger handelt. Oberstes Gebot für eine ordentliche Geschäftsführung ist es, im Rahmen der Rechtsordnung, der Satzung der Gesellschaft, der für die Geschäftsführung verbindlichen Beschlüsse (wie z. B. die Geschäftsordnung) der Gesellschafterversammlung oder des Beirates, den Vorteil der Gesellschaft zu mehren und Schaden von ihr abzuwenden. Was dies bedeutet, wird erst transparent, wenn man sich einige Fälle in der Rechtsprechung anschaut. So hat der BGH den Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH gegenüber der GmbH & Co KG haften lassen, als dieser, von den Ge-

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3.5 Grundsätze der Geschäftsführerhaftung (Manager in Organstellung)

sellschaftern zu mehr Umsatz getrieben, einem auf einer Messe neu gewonnenen Kunden für 127.500 DM Ware, zahlbar sechs Wochen nach Lieferung, geliefert hatte und diese nicht bezahlt wurde. Unter Berufung auf § 43 Abs. 1 GmbHG stellte der BGH in einem Urteil vom 16. 02. 1981 (WM 1981, 440 ff.)fest: „Die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes würde ihm geboten haben, entweder nur ein Zug-um-Zug-Geschäft einzugehen oder die Verhältnisse und geschäftlichen Möglichkeiten der Fa. M. zu prüfen und sich ausreichende Sicherheiten geben zu lassen.“ In einem weiteren Urteil des BGH vom 09. 06. 1980 (BB 1980, 1344 ff.), in dem der BGH übrigens grundlegend zur Darlegungs- und Beweislast Stellung genommen hatte, wurde entschieden: „Wenn nämlich die KG etwa ein Drittel ihres durchschnittlichen Warenvorrates in der für ihren Zuschnitt bedeutenden absoluten Größenordnung von rund 240.000 DM einbüßt, entspricht es der Lebenserfahrung, dass die Ursache hierfür auch im Verantwortungsbereich des Beklagten zu suchen ist, dessen Geschäftsführungsaufgaben die Sorge für die ordnungsgemäße Lagerung und Sicherung des Warenbestandes mitumfassten … Zwar liegt es auf der Hand, dass selbst vom Geschäftsführer eines kleineren Handelsunternehmens nicht erwartet werden kann, dass er laufend eine, jede Bewegung erfassende, Bestandskontrolle ausübt. Es gehört aber sehr wohl zu seiner Pflicht, die Vermögensinteressen seiner Gesellschaft wahrzunehmen, dass er nach den für einen ordentlichen Geschäftsmann geltenden Grundsätzen die Kontrolle einrichtet und ihre Einhaltung überwacht.“

3.5.2

Haftung gegenüber den Gesellschaftern

Der Geschäftsführer ist nur der GmbH gegenüber zur Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes verpflichtet. Gegenüber den Gesellschaftern hat er keine organschaftliche Pflicht zur ordnungsgemäßen Unternehmensleitung. Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, ob ein Gesellschafter das Recht hat, einen Ersatzanspruch der GmbH gegenüber dem Geschäftsführer im eigenen Namen aber praktisch stellvertre27

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3 Grundüberlegungen zur Haftung des Geschäftsführers

tend für die Gesellschaft geltend zu machen. Eine solche actio pro societate ist jedenfalls dann zulässig, wenn eine Mehrheit der anderen Gesellschafter den Geschäftsführer deckt und dessen Inanspruchnahme ablehnt. Dann billigt zumindest die Literatur dem Minderheitsgesellschafter zu, den Schadensersatzanspruch im Wege der Prozessstandschaft für die Gesellschaft geltend zu machen. Auch vertragliche Ansprüche der Gesellschafter gegen den Geschäftsführer persönlich kommen nicht in Betracht, da der Vertrag ja nur zwischen der Gesellschaft und dem Geschäftsführer geschlossen ist. In Betracht kommt allerdings eine persönliche Inanspruchnahme des Geschäftsführers durch einen oder die Gesellschafter nach § 31 Abs. 6 GmbHG bei einer unzulässigen Stammkapitalrückzahlung. Der Geschäftsführer, der die gesetzeswidrige Auszahlung vorgenommen hat, haftet den Gesellschaftern auf Ersatz des entstandenen Schadens. Allerdings wird er sich auf einen entsprechenden Ausschüttungsbeschluss der Gesellschafter diesen gegenüber berufen können. Denkbar ist auch eine Haftung des GmbH-Geschäftsführers gegenüber den Gesellschaftern aus unerlaubter Handlung nach § 823 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt des Eingriffs in Mitgliedschaftsrechte. Diese Auffassung wird jedenfalls in der Literatur andiskutiert, ohne dass sie ausreichend durch einschlägige Rechtsprechung untermauert ist. Einzelne Gesellschafter können aber nach § 823 Abs. 2 BGB Schadensersatzansprüche gegen den GmbH-Geschäftsführer haben, wenn dieser gegen ein Schutzgesetz verstoßen hat, welches auch den Schutz der Gesellschafter bezweckt. In Betracht kommt § 82 GmbHG, wenn der Geschäftsführer z. B. falsche Angaben über die Übernahme und Leistung der Stammeinlagen, über die Verwendung eingezahlter Beträge, über Sondervorteile, Gründungsaufwand, Sacheinlagen und Sicherungen des Alleingesellschafters für nicht voll eingezahlte Bareinlagen zum Zweck der Eintragung der GmbH in das Handelsregister macht. In Betracht kommt § 84 GmbHG, wenn er den Gesellschaftern den Verlust in Höhe der Hälfte des Stammkapitals nicht anzeigt oder bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung unter Verstoß gegen § 64 Abs. 1 GmbHG keinen Konkurs- oder Vergleichsantrag stellt oder wenn

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3.5 Grundsätze der Geschäftsführerhaftung (Manager in Organstellung)

er sich der Untreue oder der Unterschlagung nach den §§ 266 und 246 StGB strafbar macht.

3.5.3

Haftung gegenüber Gesellschaftsgläubigern

Nach allgemeiner Auffassung können sich Gesellschaftsgläubiger nicht auf § 43 Abs. 2 GmbHG berufen. Es heißt dort auch ausdrücklich „haften der Gesellschaft“. Denkbar sind aber andere Haftungstatbestände. Wenn die Presse über in Anspruch genommene GmbH-Geschäftsführer berichtet, werden immer wieder zwei besonders spektakuläre Fälle genannt, die jeder kennen sollte, der Geschäftsführer wird oder bereits ist. Zunächst der Lederspray-Fall, im Nachfolgenden auf das Wesentliche verkürzt: Der Chefchemiker einer Familien-GmbH hatte ein Spray zur Reinigung und Pflege von Kleidungsstücken und Möbeln aus Leder entwickelt. Nach einiger Zeit des erfolgreichen Vertriebes erhielt er Nachricht über bei Benutzung des Sprays auftretende Übelkeit. Er unternahm nichts. Einige Zeit später erhielt auch der Geschäftsführer entsprechende Nachrichten. Es fand alsdann eine Sondersitzung der Geschäftsführung statt. Einziger Tagesordnungspunkt waren die bekannt gewordenen Schadensfälle. Teilnehmer waren sämtliche Geschäftsführer und der Chefchemiker. Dieser wies darauf hin, dass nach den bisherigen Untersuchungen kein Anhalt für toxische Eigenschaften und damit für eine Gefährlichkeit des Sprays gegeben sei, weshalb keine Veranlassung zu einem Rückruf dieses Produktes bestehe. Er schlug vor, eine externe Institution mit weiteren Untersuchungen zu beauftragen, außerdem Warnhinweise auf allen Spraydosen anzubringen und bereits vorhandene Hinweise gegebenenfalls zu verbessern. Diesem Vorschlag schloss sich die Geschäftsführung an. In der Folgezeit kam es zu weiteren Gesundheitsschäden.

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3 Grundüberlegungen zur Haftung des Geschäftsführers

Der BGH entschied mit Urteil vom 06. 07. 1990 unter anderem wie folgt: „Wer als Hersteller oder Vertriebshändler Produkte in den Verkehr bringt, die derart beschaffen sind, dass deren bestimmungsgemäße Verwendung für die Verbraucher – entgegen ihren berechtigten Erwartungen – die Gefahr des Eintritts gesundheitlicher Schäden begründet, ist zur Schadensabwehr verpflichtet (Garantenstellung aus vorausgegangenem Gefährdungsverhalten). Kommt er dieser Pflicht schuldhaft nicht nach, so haftet er für die dadurch verursachten Schäden strafrechtlich unter dem Gesichtspunkt der durch Unterlassung begangenen Körperverletzung. Aus der Garantenstellung des Herstellers oder Vertriebshändlers ergibt sich die Verpflichtung zum Rückruf bereits in den Handel gelangter gesundheitsgefährdender Produkte. Haben in einer GmbH mehrere Geschäftsführer gemeinsam über die Anordnung des Rückrufes zu entscheiden, so ist jeder Geschäftsführer verpflichtet, alles ihm Mögliche und Zumutbare zu tun, um diese Entscheidung herbeizuführen. Beschließen die Geschäftsführer einer GmbH einstimmig, den gebotenen Rückruf zu unterlassen, so haften sie für die Schadensfolgen der Unterlassung als Mittäter.“ Nach der strafrechtlichen Verurteilung der Geschäftsführer konnte der Geschädigte für seinen Schadensersatzanspruch drei Schuldner als Gesamtschuldner in Anspruch nehmen, den giftmischenden Chemiker, jeden Geschäftsführer persönlich sowie die Gesellschaft, die nach § 31 BGB für ihre Organe haftet. Noch weiter ausgedehnt hat der BGH die Haftung im Baustoffhändlerfall: Ein Bauunternehmen hatte bei einem Lieferanten unter verlängertem Eigentumsvorbehalt Eisenträger gekauft. In einem für die Stadt Köln durchgeführten Bauvorhaben war vertraglich die Abtretung des Werklohnes ausdrücklich ausgeschlossen worden. Dennoch wurden die Eisenträger der genannten Lieferung in diesem Bauvorhaben verbaut, anschließend fiel die GmbH des später in Anspruch genommenen Geschäftsführers in Konkurs.

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3.6 Besondere Fallgestaltungen bei der Geschäftsführerhaftung

Der Baustoffhändler hatte den GmbH-Geschäftsführer persönlich wegen Ausfalls seines Anspruchs in Höhe von 190.935,99 DM in Anspruch genommen. Es war unstreitig, dass der Geschäftsführer weder den Vertrag mit dem Baustoffhändler, in dessen allgemeinen Geschäftsbedingungen der Eigentumsvorbehalt enthalten war noch den Vertrag mit der Stadt Köln über die Erstellung des Bauwerkes persönlich geschlossen hatte. Dies hatte ihm nicht geholfen. Der BGH ließ den Geschäftsführer auf Schadensersatz nach § 823 Abs. 1 BGB haften, weil er fahrlässig das Eigentum des Baustoffgroßhändlers verletzt habe. Der BGH stellte fest, dass die von der GmbH zum Schutze absoluter Rechtsgüter zu beachtenden Pflichten auch ihren Geschäftsführer in einer Garantenstellung aus den ihm übertragenen organisatorischen Aufgaben betreffen und bei der Verletzung dieser Pflichten seine deliktische Eigenhaftung auslösen können.

3.6

Besondere Fallgestaltungen bei der Geschäftsführerhaftung

3.6.1

Rechtscheinhaftung und Verschulden bei Vertragsschluss

Der Geschäftsführer haftet immer dann unter dem Gesichtspunkt der Rechtsscheinhaftung, wenn er im Rechtsverkehr nicht deutlich macht, dass er für die Gesellschaft handelt, sondern den Eindruck erweckt, er selbst sei allein oder zusammen mit anderen der persönlich haftende Unternehmensbetreiber. Diese Rechtsscheinhaftung tritt aber nur neben die Haftung des wirklichen Unternehmensträgers, also der Gesellschaft. Sie ist eine bloße Ausfallhaftung. Der Geschäftsführer und das verpflichtete Unternehmen haften als Gesamtschuldner. Eine Haftung des GmbH-Geschäftsführers kommt darüber hinaus nach dem im deutschen Recht anerkannten Rechtsinstitut „Haften aus Verschulden bei Vertragsabschluss“, lat. „culpa in contrahendo“ in Betracht. Die Schuldrechtsreform hat dieses Rechtsinstitut nunmehr in § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB kodifiziert. Es haben sich diesbezüglich zwei Haftungstatbestände herauskristallisiert.

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3 Grundüberlegungen zur Haftung des Geschäftsführers

a. Zum einen haftet der Geschäftsführer persönlich, wenn er die Vertragsverhandlungen selbst führt oder maßgeblich beeinflusst und beim Geschäftspartner der GmbH ein besonderes persönliches Vertrauen in Anspruch nimmt, das über das normale Verhandlungsvertrauen hinaus geht und er dieses Vertrauen verletzt. In zwei Fallgestaltungen besteht die Gefahr, dass die Rechtsprechung ein solches persönliches Vertrauen und eine Garantenstellung des Geschäftsführers annimmt: – bei familiären und ähnlichen Beziehungen zwischen den Geschäftsführern und den Geschäftspartnern, – wenn der Geschäftsführer sich als Sanierungsberater geriert und in eine sanierungsbedürftige GmbH eintritt. b. Zum anderen ist ein Haftungstatbestand aus Verschulden bei Vertragsabschluss auch bei wirtschaftlichem Eigeninteresse anerkannt. Der BGH (ZIP 1987, 177) erklärt hierzu: „Ein eigenes wirtschaftliches Interesse des Geschäftsführers liege vor, wenn der Geschäftsführer ,gleichsam in eigener Sache‘ verhandelt.“ Haftungsbegründend sei es, wenn der Geschäftsführer „dem Verhandlungsgegenstand besonders nahe steht, weil er wirtschaftlich selbst stark an dem Vertragsabschluß interessiert ist und aus dem Geschäft eigenen Nutzen erstrebt“ (BGH WM 1985, 1527). Ein eigenes wirtschaftliches Interesse ist in folgenden drei Fallgestaltungen bejaht worden (vgl. BGH ZIP 1986, 26,30): – der Geschäftsführer hat sich für die Gesellschaftsverbindlichkeiten persönlich verbürgt oder wesentliche Kreditsicherheiten gewährt; – die Tätigkeit des Geschäftsführers zielt auf die Beseitigung von Schäden ab, für die er anderenfalls von der Gesellschaft in Anspruch genommen werden kann; – der Geschäftsführer hat schon bei Abschluss des Vertrages die Absicht, die von den Vertragspartnern zu erbringenden

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3.6 Besondere Fallgestaltungen bei der Geschäftsführerhaftung

Leistungen nicht ordnungsgemäß an die Gesellschaft weiterzuleiten, sondern sie zum eigenen Nutzen zu verwenden.

3.6.2

Geschäftsführerhaftung im Konzern

Anders als das Aktiengesetz enthält das GmbH-Gesetz keine Vorschriften für die Rechtsverhältnisse und die Haftung der Organe verbundener Unternehmen. Es gibt kein „GmbH-Konzern-Recht“. Die insoweit bestehende Lücke wird dadurch ausgefüllt, dass einzelne Vorschriften des Aktiengesetzes unmittelbar oder analog auf verbundene Gesellschaften mit beschränkter Haftung angewandt werden. Ob und inwieweit die jeweilige Vorschrift des Aktiengesetzes tatsächlich im Einzelfalle anwendbar ist, bedarf einer besonderen Prüfung. Dies hängt mit den wesentlichen Strukturunterschieden zwischen einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung und einer Aktiengesellschaft zusammen. Während bei der Aktiengesellschaft eine strenge Trennung zwischen Leitung/ Geschäftsführung durch den Vorstand einerseits und Überwachung durch den Aufsichtsrat andererseits besteht und den Kapitalgebern außerhalb der Hauptversammlung wenig Einfluss zusteht, ist die Struktur der Gesellschaft mit beschränkter Haftung, wie in Kapitel 2 herausgearbeitet, eine andere: Die Gesellschafterversammlung, bei der 1-Mann GmbH der Alleingesellschafter, kann die Geschäftsführung durch Beschlüsse und Weisungen an sich ziehen. Der Geschäftsführer seinerseits ist weisungsgebunden, anders als der Vorstand einer Aktiengesellschaft, der sich bei Vorliegen entsprechender Bestimmungen zwar die Zustimmung des Aufsichtsrats zu wichtigen Geschäften einholen muss und weitgehenden Berichtspflichten unterliegt, aber letztlich die Gesellschaft eigenverantwortlich leistet und keinen Einzelweisungen unterworfen ist. Da nicht vorhersehbar ist, ob und inwieweit die Rechtsprechung im Einzelfall die im Aktienrecht niedergelegten Grundsätze der Konzernhaftung der Organe anwendet, empfiehlt es sich, die Grundzüge der Organhaftung nach Aktiengesetz darzulegen, insbesondere auch zum besseren Verständnis der nachfolgend besprochenen Entscheidung des BGH vom 17.09.2001 (Bremer Vulkan). 33

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3 Grundüberlegungen zur Haftung des Geschäftsführers

3.6.3

Die Haftung der Organe im Konzern nach Aktiengesetz

Zur Feststellung, ob ein Konzern vorliegt, knüpft das Aktienrecht an den Begriff der Unternehmensverträge an. § 291 AktG führt den Begriff „Unternehmensverträge“ als Sammelbezeichnung für Beherrschungs-, Gewinnabführungs-, Geschäftsführungs- sowie Gewinngemeinschafts-, Teilgewinnabführungs-, Betriebspacht- und Betriebsüberlassungsverträge ein. Der Gesetzgeber definiert den Beherrschungsvertrag als einen Vertrag, durch den eine Aktiengesellschaft die Leitung ihrer Gesellschaft einem anderen Unternehmen unterstellt. Der Gesetzgeber definiert den Gewinnabführungsvertrag als einen Vertrag, in dem sich eine Aktiengesellschaft verpflichtet, ihren ganzen Gewinn an ein anderes Unternehmen abzuführen. Gleichzeitig wird der Begriff des Beherrschungsvertrages negativ in Absatz 2 abgegrenzt, indem festgestellt wird, dass ein Vertrag kein Beherrschungsvertrag ist, in dem sich lediglich zwei Unternehmen, die voneinander nicht abhängig sind, durch Vertrag unter einheitliche Leitung stellen, ohne dass dadurch eines von ihnen von einem anderen vertragsschließenden Unternehmen abhängig wird. Wegen der Verpflichtungen der Organe der Gesellschaft zur Kapitalerhaltung wird zudem klargestellt, dass Leistungen der Untergesellschaft aufgrund eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrages nicht als Verstoß gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften der §§ 57 AktG (keine Rückgewährung und keine Verzinsung von Einlagen), 58 AktG (Verwendung des Jahresüberschusses) und 60 AktG (Gewinnverteilung) darstellen. Durch den Beherrschungsvertrag wird der Vertragskonzern vom faktischen Konzern abgegrenzt. Während der Gesetzgeber detaillierte Haftungsvorschriften für den Vertragskonzern (§§ 308 bis 310 AktG) getroffen hat, fehlt es an der Klarheit der Regelung für den faktischen Konzern, bei dem das Organ der abhängigen Gesellschaft ungeachtet der Abhängigkeit eigenverantwortlicher Leiter der Geschäfte im Sinne des § 76 AktG bleibt. In der Lebenswirklichkeit wird es darüber hinaus auch mehr als zweistufige Konzerne geben, so dass im Zusammenhang mit der Leitung und Haftung eine Vielzahl von hoch komplizierten Haftungsfragen entsteht. Insoweit muss auf Spezialliteratur verwiesen werden. Soweit und solange ein Beherrschungsvertrag existiert und unabhängig davon, ob andere vertragliche Vereinbarungen, z. B. Gewinn-

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3.6 Besondere Fallgestaltungen bei der Geschäftsführerhaftung

abführungsverträge, existieren, gilt nach § 308 Abs. 1 AktG, dass das herrschende Unternehmen berechtigt ist, dem Vorstand der beherrschten Gesellschaft hinsichtlich der Leitung der Gesellschaft Weisungen zu erteilen. Die herrschende Gesellschaft muss nicht zwangsläufig eine Aktiengesellschaft sein. Vom Inhalt des Beherrschungsvertrages hängt es ab, ob auch solche Weisungen erteilt werden können, die für die Gesellschaft nachteilig sind, wenn sie den Belangen des herrschenden Unternehmens oder der mit ihm oder der Gesellschaft konzernverbundenen Unternehmen dienen. Enthält der Beherrschungsvertrag keine Regelung, können auch derartig nachteilige Weisungen erteilt werden. Mit dem Weisungsrecht korrespondiert die Folgepflicht des Vorstandes der Untergesellschaft, die gleichfalls gesetzlich in § 308 Abs. 2 AktG geregelt ist. Gleichzeitig werden die Grenzen der Folgepflicht dort aufgeführt. „§ 308 Abs. 2 Der Vorstand ist verpflichtet, die Weisungen des herrschenden Unternehmens zu befolgen. Er ist nicht berechtigt, die Befolgung einer Weisung zu verweigern, weil sie nach seiner Ansicht nicht den Belangen des herrschenden Unternehmens oder der mit ihm oder der Gesellschaft Konzernverbundenen Unternehmen dient, es sei denn, dass sie offensichtlich nicht diesen Belangen dient.“ Ein Recht und eine Pflicht zur Nichtbefolgung bestehen für den Vorstand der Untergesellschaft nur dann, wenn Anweisungen offensichtlich den Konzerninteressen nicht dienlich sind. Nach der Rechtsprechung bedeutet „offensichtlich“, dass es für jeden Sachkenner ohne weitere Nachforschungen erkennbar ist. Ob diese Einschränkungen auch für den Geschäftsführer der beherrschten Untergesellschaft gelten, ist zweifelhaft. Hier ist nochmals darauf hinzuweisen, dass das Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung oder des Alleingesellschafters gegenüber einem Geschäftsführer aufgrund der Strukturverschiedenheit von Aktiengesellschaft und GmbH wesentlich größer ist, als das Weisungsrecht gegenüber dem Vorstand einer Aktiengesellschaft. Wer die Leitung einer Aktiengesellschaft durch einen Beherrschungsvertrag an sich zieht, der soll so haften wie ein Vorstand. Die 35

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3 Grundüberlegungen zur Haftung des Geschäftsführers

Haftungserstreckung auf den Personenkreis, der durch die Ausübung des Weisungsrechts die Leitung der Untergesellschaft an sich zieht, ist in § 309 AktG geregelt. § 309 AktG entspricht in Absatz 2 dem § 93 Abs. 2 AktG, § 309 Abs. 5 AktG entspricht § 93 Abs. 6 und § 309 Abs. 4 und Abs. 3 entsprechen den Bestimmungen des § 93 Abs. 4 und 5. Dadurch wird die Vorstandshaftung des Aktiengesetzes auf diejenigen gesetzlichen Vertreter oder beim Einzelkaufmann auf den Inhaber des herrschenden Unternehmens erstreckt, was durchaus angemessen und plausibel ist. Diese Regelung kann sinngemäß für den GmbH-Geschäftsführer übernommen werden. Der Vorstand der Untergesellschaft haftet selbstverständlich grundsätzlich weiterhin aus § 93 AktG, da die gesetzliche, an die Organstellung gekoppelte Haftung nicht durch den Beherrschungsvertrag beendet wird. Auch dies dürfte sinngemäß für den GmbH-Geschäftsführer gelten. Dennoch hat der Gesetzgeber in § 310 AktG die Verantwortlichkeit des Vorstandes in der Gesellschaft nochmals aufgegriffen. § 310 AktG bringt zwei Besonderheiten: Zum einen ordnet er die gesamtschuldnerische Haftung zwischen dem Vorstand der Untergesellschaft und dem Weisungsgeber nach § 309 AktG an, wenn der Vorstand der Untergesellschaft seine Pflichten verletzt hat, wobei auch hier die Beweislastumkehr des § 93 Abs. 2 Satz 2 AktG gilt. Dabei kann es sich dem Sinne der §§ 309 und 310 AktG nur darum handeln, dass der Vorstand der Untergesellschaften Pflichten bei der Entgegennahme und Ausführung von Weisungen missachtet hat; anderenfalls haftet er ohnehin nach § 93 AktG. Befolgt der Vorstand jedoch Weisungen, die er befolgen musste, ohne eine eigene Pflichtwidrigkeit zu begehen, so haftet er nicht. Dies bestimmt das Gesetz ausdrücklich in § 310 Abs. 3 AktG: „Eine Ersatzpflicht der Verwaltungsmitglieder der Gesellschaft besteht nicht, wenn die schädigende Handlung auf einer Weisung beruht, die nach § 308 Abs. 3 zu befolgen war.“

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3.6 Besondere Fallgestaltungen bei der Geschäftsführerhaftung

Die §§ 308 bis 311 AktG setzen immer voraus, dass ein Beherrschungsvertrag besteht. Besteht einer solcher nicht, spricht man von einem „faktischen Konzern“. Die Gesellschaftsgläubiger und Aktionäre sind bei Vorliegen eines Beherrschungsvertrages, insbesondere durch die Regelungen (§§ 308 – 310) der Verantwortlichkeit der weisungsgebenden Organe des herrschenden Unternehmens geschützt. Dagegen hat der Gesetzgeber beim faktischen Konzern neben den Regelungen für die Verantwortlichkeiten der Organe der herrschenden Gesellschaft (§ 317) und der Untergesellschaften (§ 318) erweiterte Berichts- und Vorlagepflichten in §§ 312 und 314 sowie Sonderreglungen für die Prüfung durch Abschlussprüfer und den Aufsichtsrat geschaffen (§ 313 bis 315). § 311 Abs. 1 AktG lautet: „(1) Besteht kein Beherrschungsvertrag, so darf ein herrschendes Unternehmen seinen Einfluss nicht dazu benutzen, eine abhängige Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien zu veranlassen, ein für sie nachteiliges Rechtsgeschäft vorzunehmen oder Maßnahmen zu ihrem Nachteil zu treffen oder zu unterlassen, es sei denn, dass die Nachteile ausgeglichen werden. (2) Ist der Ausgleich nicht während des Geschäftsjahres tatsächlich erfolgt, so muss spätestens am Ende des Geschäftsjahres, in dem der abhängigen Gesellschaft der Nachteil zugefügt worden ist, bestimmt werden, wann und durch welche Vorteile der Nachteil ausgeglichen werden soll. Auf die zum Ausgleich bestimmten Vorteile ist der abhängigen Gesellschaft eine Rechtsanspruch zu gewähren.“ Auch wenn der Weisungsberechtigte einen Ausgleich gewähren will, so würde er persönlich aufgrund seiner Weisung nach § 117 AktG haften, weil er unter Benutzung seines Einflusses auf die Gesellschaft ein Mitglied des Vorstandes bestimmt, zum Nachteil der Gesellschaft oder der Aktionäre zu handeln. Daher nimmt die herrschende Meinung an, dass § 117 AktG hinter § 311 AktG zurücktritt und § 117 AktG nur dann anwendbar ist, wenn die Voraussetzungen des § 317 AktG (siehe unten) vorliegen. 37

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3 Grundüberlegungen zur Haftung des Geschäftsführers

Wie der Nachteil auszugleichen ist, ist nicht näher bestimmt. Hierzu nimmt die herrschende Meinung an, dass der Nachteil durch jeden Vermögensvorteil ausgeglichen werden kann, der geeignet ist, seine bilanziellen Auswirkungen im nächsten Jahresabschluss zu neutralisieren. Entsprechend der Idee, dass an die Stelle des Beherrschungsvertrages die Ausgleichspflicht tritt, ist die Haftung der Verantwortlichen des herrschenden Unternehmens in § 317 AktG daran geknüpft, dass sie die abhängige Gesellschaft veranlasst haben, ein für diese nachteiliges Rechtsgeschäft vorzunehmen oder zu ihrem Nachteil eine Maßnahme zu treffen oder zu unterlassen, ohne dass die herrschende Gesellschaft den Nachteil bis zum Ende des Geschäftsjahres tatsächlich ausgeglichen oder der abhängigen Gesellschaft einen Rechtsanspruch auf einen zum Ausgleich bestimmten Vorteil eingeräumt hat. Dann sollen die Verantwortlichen der herrschenden Gesellschaft, wie auch in § 309 AktG bei Vorliegen eines Beherrschungsvertrages sowohl gegenüber der Gesellschaft, als auch gegenüber den Aktionären haften. Allerdings müssen auch hier die Aktionäre im eigenen Namen auf Leistung an die Gesellschaft klagen (§ 309 Abs. 4 AktG in Verbindung mit § 317 Abs. 4 AktG). Der Aktionärsklage kommt also auch im Konzern keine grundsätzliche Bedeutung zu. Die Haftung der Organe der Untergesellschaft bei fehlendem Beherrschungsvertrages (§ 318 AktG) knüpft der Gesetzgeber an die Verletzung von Berichts- und Prüfungspflichten (§§ 312 und 314 AktG). Der Vorstand der Untergesellschaft wird demnach in Haftung genommen wenn: 1. Die herrschende Gesellschaft a) eine nachteilige Weisung erteilt und b) einen Ausgleich versäumt hat. c) Darüber hinaus muss der Vorstand der abhängigen Gesell schaft gegen seine Berichtspflicht nach § 312 AktG verstoßen haben, also keinen Bericht gegeben haben, einen unvollständigen Bericht oder einen unrichtigen. Auch hier, wie in § 309, wird eine gesamtschuldnerische Haftung der Organe der Untergesellschaft mit den Weisungsgebern angeordnet.

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3.6 Besondere Fallgestaltungen bei der Geschäftsführerhaftung

3.6.4

„Bremer Vulkan“; Abschied vom „qualifizierten faktischen Konzern“

Noch die 4. Auflage enthielt Ausführungen zur Haftung der Gesellschaften und deren Organe im qualifizierten faktischen Konzern. Die sei-nerzeit zitierte Rechtsprechung und die Beispielfälle sind durch eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 17.09.2001 – 2 ZR 178/ 99 – weithin bekannt als die Entscheidung „Bremer Vulkan“ überholt. Dies bedeutet nicht, dass die in diesen seinerzeit dargelegten Fallbeispielen zugrunde liegende Problematik zwischenzeitlich gesetzlich geregelt wurde oder nicht mehr existiert. Worum geht es? Die Inanspruchnahme einer Gesellschaft oder deren Organe setzt eine vertragliche oder gesetzliche, in Ausnahmefällen eine Rechtsscheinhaftung, voraus. Dies bedeutet, dass sich der Zugriff des Gläubigers auch bei verbundenen Unternehmen auf das Unternehmen beschränkt, mit dem er Rechtsgeschäfte abgeschlossen hat. Eine reiche Muttergesellschaft haftet nicht für die Schuldner einer armen Tochter, es sei denn, sie hat einen Schuldbeitritt oder eine harte Patronatserklärung abgegeben. Was geschieht aber, wenn die Muttergesellschaft soweit Einfluss auf die Tochtergesellschaft genommen hat, dass diese aufgrund der Einflussnahme nicht mehr in der Lage ist, die Forderungen des Gläubigers zu bedienen? Mit einem solchen hatte sich der Bundesgerichtshof in der oben zitierten Entscheidung „Bremer Vulkan“ zu befassen. In dem zu beurteilenden Fall nahm die Treuhandanstalt (THA) zusammen mit anderen Gesellschaftern, deren alleinige Gesellschafterin sie damals war, die ehemaligen Vorstandsmitglieder der Bremer Vulkan Verbund AG (BVV) aus eigenem und abgetretenem Recht auf Schadensersatz in Höhe von 9,7 Mio. DM in Anspruch. Die Klage gründete auf dem Vorwurf gegenüber den Mitgliedern des Vorstandes der Aktiengesellschaft als der beherrschenden Gesellschaft, die Verwendung mehrerer für die Tochtergesellschaft eine GmbH freigegebener Investitionshilfebeträge verhindert zu haben. Die Aktiengesellschaft hatte die Tochtergesellschaft in den Liquiditätsausgleich des Konzerns einbezogen, so dass aus Sicht der Klägerin (THA) nicht 39

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3 Grundüberlegungen zur Haftung des Geschäftsführers

mehr ausgeschlossen werden konnte, dass die der Tochter ausgezahlten Beihilfebeträge anderen Gesellschaften des Konzerns zugute kamen. Die klagende Treuhandanstalt hatte zunächst Sicherheiten der Konzernmutter verlangt und sich mit dieser alsdann auf eine halbjährige Berichterstattung über den Geschäftsverlauf und die Fortschritte mit der Umstrukturierung der Tochter geeinigt. Aus diesen Geschäftsberichten entnahm die Klägerin (THA) alsdann, dass die der Tochter zur Verfügung gestellten Mittel im Wege des Liquidationsausgleiches teilweise westdeutschen Konzernunternehmen überlassen worden war. Die Tochtergesellschaft war vertraglich zur Überlassung der Gelder durch einen zwischen der Muttergesellschaft und der Beteiligungsgesellschaft abgeschlossenen Vertrag über konzerninterne Finanzierung und Geldanlagen verpflichtet worden. Die Verpflichtung erstreckte sich darauf, liquide Mittel ausschließlich bei der Mutter anzulegen und Betriebsmittelkredite nur bei ihr aufzunehmen. Später konnten die Zahlungsanforderungen der Tochter an das zentrale Cashmanagement, insbesondere gegen die Muttergesellschaft nicht mehr bedient werden, da über das Vermögen der Muttergesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet worden war. Der Bundesgerichtshof verwarf die Rechtsfigur des qualifizierten faktischen Konzerns als Haftungsgrundlage gegen die Organe der Muttergesellschaft und verneinte die Anwendung des Haftungssystems des Aktienrechts. In den Leitsätzen heißt es hierzu: Leitsatz 1 „1. Der Schutz einer abhängigen GmbH gegen Eingriffe ihres Alleingesellschafters folgt nicht dem Haftungssystem des Konzernrechts des Aktienrechts (§§ 291 ff., 311 ff. AktG), sondern ist auf die Erhaltung ihres Stammkapitals und die Gewährleistung eines Bestandschutzes beschränkt, der eine angemessene Rücksichtnahme auf die Eigenbelange der GmbH erfordert. An einer solchen Rücksichtnahme fehlt es, wenn die GmbH infolge der Eingriffe ihres Alleingesellschafters ihren Verbindlichkeiten nicht mehr nachkommen kann. 2. Veranlasst der Alleingesellschafter die von ihm abhängige GmbH, ihre liquiden Mittel in einen von ihm beherrschten

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3.6 Besondere Fallgestaltungen bei der Geschäftsführerhaftung

konzernierten Liquiditätsverbund einzubringen, so trifft ihn die Pflicht, bei Dispositionen über ihr Vermögen auf ihr Eigeninteresse an der Aufrechterhaltung ihrer Fähigkeit, ihren Verbindlichkeiten nachzukommen, angemessene Rücksicht zu nehmen und ihre Existenz nicht zu gefährden. Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, kann er sich eines Treuebruchs im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB schuldig machen.“ In den Entscheidungsgründen hat der Bundesgerichtshof selbst keine Feststellungen zur Verwirklichung des Untreuetatbestandes getroffen, sondern den Rechtsstreit diesbezüglich an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Die Haftung der Organe der beherrschenden Muttergesellschaft folgt bei der Verwirklichung des Tatbestandes des § 266 StGB Untreue, wie auch bei der Verwirklichung anderer Straftatbestände dem § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB, der da lautet: „Handelt jemand als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder als Mitglied eines solchen Organs, so ist ein Gesetz, nach dem besondere persönliche Eigenschaften, Verhältnisse oder Umstände (besondere persönliche Merkmale) die Strafbarkeit begründen, auch auf den Vertreter anzuwenden, wenn diese Merkmale zwar nicht bei ihm aber bei dem Vertretenen vorliegen.“ Eine Haftung der Organe der herrschenden Muttergesellschaft (hier der Vorstände aber in gleicher Weise wären dies auch die GmbHGeschäftsführer) resultiert daher aus §§ 266 Abs. 1 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB und in Zusammenhang mit der Verweisungsvorschrift des Bürgerlichen Gesetzbuches § 823 Abs. 2, die die Schadensersatzpflicht bei Verletzung strafrechtlicher Vorschriften begründet. Gleichfalls hat der Bundesgerichtshof sich mit der Haftung wegen Verwirklichung des Tatbestandes des Betruges und bei einem Schadensersatzanspruch wegen Betruges beschäftigt und auch diesbezüglich den Rechtsstreit an die vorherige Instanz zurückverwiesen. Den Grundsatz der Trennung der Gesellschaften und ihrer Verantwortlichkeit hat der Bundesgerichtshof in der „Bremer Vulkan-Entscheidung“ mit zwei Argumenten durchbrochen:

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3 Grundüberlegungen zur Haftung des Geschäftsführers

Zum einen hat sich der Bundesgerichtshof auf den Kapitalerhaltungsgrundsatz (§§ 30, 31, 34 Abs. 3 GmbH-Gesetz) gestützt und zum anderen auf eine Verhaltenshaftung des beherrschenden Gesellschafters, der „gröblich sorgfaltswidrig“, d. h. in betriebswirtschaftlich unvertretbarer Weise das der Gläubigerbefriedigung dienende Kapital seiner Tochter-GmbH vernichtet habe. Dies entspricht einer analogen Anwendung der §§ 43 GmbH-Gesetz sowie der korrespondierenden Vorschrift im Aktienrecht § 93 Abs. 5 Satz 2 und 3 AktG. Nicht Gegenstand der Entscheidung, aber durchaus bedenkswert, ist die Frage, ob die GmbH-Geschäftsführer durch Befolgung der Weisung Eigenhaftung begründet haben. Festzuhalten bleibt hier für die Haftung des GmbH-Geschäftsführer in einer Konzernstruktur verbundenen Unternehmen, – unabhängig davon, ob die Verbindung aufgrund von Unternehmensverträgen entsteht oder wie im Fall „Bremer Vulkan“ dadurch, dass eine Gesellschaft alle Kapitalanteile an einer anderen hält – dass eine Weiterung der Haftung für die Organe eintritt. Dies gilt, wie im Fall „Bremer Vulkan“ für die Organe der herrschenden Gesellschaft aber ggf. auch unter dem Gesichtspunkt der Verletzung der Kapitalerhaltungspflicht für die Organe der beherrschten Gesellschaft.

3.7

Beweislastumkehr und Verschuldensvermutung

Will die Gesellschaft ihren oder ihre Geschäftsführer auf Schadensersatz in Anspruch nehmen und bestreitet der Geschäftsführer einen Schadensersatzanspruch, so sollte sich die Gesellschaft vor Klageerhebung Gedanken über die Erfolgsaussichten einer gerichtlichen Auseinandersetzung machen. Dabei sind prozessrechtliche Überlegungen anzustellen. Zuständig sind für einen solchen Rechtsstreit die Zivilgerichte, nicht die Arbeitsgerichte, mit der Folge, dass auch in erster Instanz der Verlierer die gesamten Prozesskosten, also auch die Anwaltskosten der Gegenseite zu tragen hat.

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3.7 Beweislastumkehr und Verschuldensvermutung

Vor Klageerhebung sollte sich daher der Kläger immer bewusst sein, wer im Prozess was beweisen muss, denn wenn er die Beweislast trägt, den Beweis aber nicht erbringen kann, dann verliert er den Prozess. Grundsätzlich gilt, dass derjenige, der sich auf eine ihm günstige Rechtsvorschrift beruft, deren Voraussetzungen beweisen muss. Kündigt z. B. ein Geschäftsführer einen Mitarbeiter ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist aus wichtigem Grund, weil dieser Eigentum der GmbH entwendet hat, so muss er den Diebstahl in vollem Umfang beweisen und darüber hinaus beweisen, dass er von dem Diebstahl innerhalb der Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB Kenntnis erlangt hat und die Kündigung innerhalb dieser Frist dem Mitarbeiter auch zugegangen ist. Misslingt in einem dieser Punkte der Beweis, obsiegt der Mitarbeiter und muss gegebenenfalls weiter beschäftigt werden. Die Rechtsprechung geht davon aus, dass die Gesellschafter bei Anwendung dieses Grundsatzes keine Chance hätten, jemals erfolgreich gegen einen Geschäftsführer vorzugehen, da sie, wenn sie nicht selbst Geschäftsführer sind, über keinen Zugang zu den erforderlichen Informationen verfügen. Die Auskunfts- und Einsichtsrechte nach § 51a GmbHG, wo es heißt, (1) Die Geschäftsführer haben jedem Gesellschafter auf Verlangen unverzüglich Auskunft über die Angelegenheiten der Gesellschaft zu geben und die Einsicht der Bücher und Schriften zu gestatten. (2) Die Geschäftsführer dürfen die Auskunft und die Einsicht verweigern, wenn zu besorgen ist, daß der Gesellschafter sie zu gesellschaftsfremden Zwecken verwenden und dadurch der Gesellschaft oder einem verbundenen Unternehmen einen nicht unerheblichen Nachteil zufügen wird. Die Verweigerung bedarf eines Beschlusses der Gesellschafter. (3) Von diesen Vorschriften kann im Gesellschaftsvertrag nicht abgewichen werden., reichen nicht aus, um das Informationsdefizit der Gesellschafter auszugleichen, insbesondere dann, wenn die Bücher nicht kaufmännisch einwandfrei geführt worden sind. Obwohl das GmbHG, anders als das AktG und das Genossenschaftsgesetz (GenG), keine gesetzliche Regelung für die Darlegungs- und 43

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3 Grundüberlegungen zur Haftung des Geschäftsführers

Beweislast trifft, billigt die Rechtsprechung den Gesellschaftern einhellig Beweiserleichterungen zu. § 93 Abs. 2 Satz 2 AktG wird entsprechend angewandt: (2) … Ist streitig, ob sie die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters angewandt haben, so trifft sie die Beweislast. Zur Verdeutlichung ein Fall: Die Gesellschafter stellen nach Ausscheiden des Alleingeschäftsführers fest, dass dieser vom Bankkonto der Gesellschaft 5.000 Euro abgehoben hat, die Verwendung dieses Geldes aber nicht ersichtlich ist. Die Geschäftsbücher geben keinen Aufschluss über den Verbleib des Geldes. Da auch der Buchhalter das Unternehmen verlassen hat, kann nicht festgestellt werden, ob die Buchführung falsch oder unvollständig ist. Aus Sicht der Gesellschaft besteht ein Kassenfehlbestand. Kann die Gesellschaft mit Erfolgsaussicht gegen den Geschäftsführer klagen? Der Geschäftsführer ist nach § 41 Abs. 1 GmbHG für die Buchführung verantwortlich. Nach Auffassung des BGH (Urteil vom 08. 07. 1985 – II ZR 198/84) ist bei einer derartigen Fallgestaltung zugunsten der Gesellschaft und damit zulasten des Geschäftsführers davon auszugehen, dass der Inhalt der Geschäftskasse nicht für Zwecke der Gesellschaft ausgegeben worden ist. Der BGH begründet dies damit, dass die Gesellschaft davon ausgehen muss, dass der Geschäftsführer die Bücher durch den Buchhalter so hat führen lassen, dass sie ein richtiges und vollständiges Bild von allen Geschäftsvorfällen vermitteln, die im Unternehmen angefallen sind. Für die Haftung des Geschäftsführers mache es keinen Unterschied, ob nicht alle Geschäftsvorfälle in den Büchern erfasst sind, die Buchführung mithin nicht ordnungsgemäß ist oder ob Buchungsfehler vorliegen. Wird der Fehlbestand nicht aufgeklärt, so geht dies zulasten des für die Buch- und Kassenführung zuständigen (Allein-)Geschäftsführers.

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3.8 Haftungsvermeidungsstrategien

Die Gesellschaft hat darzulegen und zu beweisen: a. den Schaden (hier Kassenfehlbestand); b. den Sachverhalt, aus dem sich Pflichtwidrigkeit des Geschäftsführers ergeben kann (hier unvollständig oder falsch geführte Geschäftsbücher); c. die Ursächlichkeit zwischen a. und b. (hier unproblematisch). Der Geschäftsführer kann sich verteidigen: a. mit dem Nachweis, dass ihn kein Schuldvorwurf treffe (z. B. weil er den Buchhalter regelmäßig überwacht habe); b. mit dem Nachweis, dass der Schaden auch dann eingetreten wäre, wenn er die geschuldete Sorgfalt angewandt hätte (z. B. weil der Schaden nicht durch mangelhafte Buchführung, sondern durch eine nicht vorhersehbare kriminelle Einzeltat des Buchhalters entstanden ist); c. mit dem Nachweis, dass die Buchhaltung den Erfordernissen des § 41 GmbHG entsprochen hat (z. B. die Bücher bei seinem Ausscheiden vollständig vorhanden waren, nunmehr aber Teile fehlen, da die Gesellschaft nach seinem Ausscheiden die Bücher nicht mehr ordnungsgemäß aufbewahrt hatte).

3.8

Haftungsvermeidungsstrategien

Der Geschäftsführer ist für sämtliche Fehler und Unterlassungen seiner Mitarbeiter haftbar, wenn er nicht beweisen kann (wiederum Umkehr der Beweislast), dass kein Überwachungsverschulden, Auswahlverschulden (z. B. Auswahl der richtigen Mitarbeiter), Einweisungsverschulden (z. B. ungenügende Einweisung eines Mitarbeiters), Einsatzverschulden (z. B. falscher Mann am falschen Platz), Informationsverschulden (z. B. keine ausreichende oder keine Information gegeben) oder Organisationsverschulden (schlecht organisiert) vorgelegen hat. Verfolgt man die Rechtsprechung der neueren Zeit, so ist zur höchsten Vorsicht zu raten. Der Geschäftsführer darf nicht blind vertrauen dem

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3 Grundüberlegungen zur Haftung des Geschäftsführers

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Leiter der Qualitätssicherung, Fuhrparkleiter, Steuerberater/Wirtschaftsprüfer, Buchhalter, Mitgeschäftsführer.

Der Geschäftsführer sollte das Unternehmen so organisieren, dass Fehler, die von anderen gemacht werden, zumindest nicht ihm zur Last gelegt werden können. Dies bedeutet im Einzelfall: – sich die bilanztaktischen Vorschläge des Buchhalters schriftlich geben und vom Steuerberater bestätigen lassen; – bei schwierig erscheinenden Fragen einen zweiten Steuerberater/ Unternehmensberater/Anwalt einschalten und Ratschläge aktenkundig machen (Telefonprotokolle, schriftliche Protokolle u. a.); – vom Fuhrparkleiter Liste erstellen und vorlegen lassen, nach der dieser z. B. alle vier Wochen die jeweiligen Kraftfahrer kontrolliert, ob diese noch im Besitz eines gültigen Führerscheins sind (durch Sichtung des Führerscheins, nicht durch Versicherung der Kraftfahrer, dass sie noch einen besitzen!); – vom Leiter der Qualitätssicherung in geeignet erscheinenden Zeitabständen Protokolle über durchgeführte Prüfungen aufbewahren und eventuell von einem technischen Berater oder entsprechender Fachkraft beurteilen lassen. Von großer Bedeutung dabei ist die Rechtsprechung über die Umkehr der Beweislast. Das bedeutet, dass nicht wie sonst üblich der Anspruchsteller das Verschulden des Geschäftsführers beweisen muss, sondern der Geschäftsführer, dass er nicht schuldhaft gehandelt hat. Diese Beweisführung sollte der Geschäftsführer sich mit gesammelten und geordneten schriftlichen Protokollen und Notizen so leicht wie möglich machen. Es gilt daher, ein Kontrollsystem aufzubauen und beizubehalten! Darüber hinaus sollte man sich regelmäßig über seine Rechte und Pflichten informieren. Dies kann geschehen durch den Besuch von Seminaren und die Lektüre von Fachliteratur. Am besten bewahrt man die Bescheinigungen über besuchte Seminare auf.

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3.9 Haftungsbeschränkungsvereinbarung

Eine weitere Haftungsvermeidungsstrategie liegt in der Gesetzestreue des Geschäftsführers, die allerdings Gesetzeskenntnis voraussetzt. Es liegt auf der Hand, dass der ideale Geschäftsführer, der alle Gesetze beachtet, makellos arbeitet, arbeiten lässt, sorgfältig ist und dies auch bei seinen Geschäftsführerkollegen und Mitarbeitern überwacht, kaum Ansatzpunkte für eine Haftung bietet. Er ist nicht der Regelfall. Ein solches Verhalten ist angesichts der hohen Arbeitsbelastung in der praktischen Tätigkeit unerreichbar. Realistisch ist es allenfalls, dem Ideal möglichst nahe zu kommen, ohne Kreativität und Unternehmergeist zu verlieren und zum bloßen Amtsverwalter zu verkümmern. Gerade der Geschäftsführer mit technischer Vorbildung kennt das „Null-Fehler-Konzept“, das die deutschen technischen Produkte weltweit berühmt gemacht hat. Es gilt, dieses Denken auch auf die Geschäftsführertätigkeit in den anderen Bereichen zu übertragen. Das setzt die Bereitschaft des Geschäftsführers zur dauernden eigenen Weiterbildung durch Literatur, Seminare oder auf andere Weise voraus. Im Übrigen ist der Geschäftsführer gehalten, sich qualifizierten Rat einzuholen, wenn er selbst nicht über die entsprechenden Kenntnisse verfügt. Ist der Geschäftsführer gleichzeitig beherrschender Gesellschafter oder ist er Geschäftsführer im faktischen Konzern, so sollte er darüber nachdenken, sich bzw. das beherrschende Unternehmen durch adäquate gesellschaftsrechtliche Konstruktionen, wie z. B. die Einheitsgesellschaft oder die Holdinggesellschaft abzusichern.

3.9

Haftungsbeschränkungsvereinbarung zwischen Geschäftsführer und Gesellschaft

Ob Haftungsbeschränkungsvereinbarungen zugunsten des Geschäftsführers überhaupt wirksam getroffen werden können, ist streitig. Da es keine Vereinbarungen zulasten Dritter geben kann, kommt eine Haftungseinschränkungsvereinbarung zwischen den Gesellschaftern und dem Geschäftsführer, welche die Haftung des Geschäftsführers gegenüber Gesellschaftsgläubigern einschränkt, nicht in Betracht.

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3 Grundüberlegungen zur Haftung des Geschäftsführers

Im Innenverhältnis hält die herrschende Meinung unter den Juristen eine Haftungseinschränkungsvereinbarung für möglich. Es gibt vier denkbare Ansätze für eine solche Vereinbarung: a. es wird der Verschuldensmaßstab eingeschränkt, so dass der Geschäftsführer nur noch bei Vorsatz oder bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit, also nicht bei jeder Fahrlässigkeit haftet; b. die Haftung wird auf einen Höchstbetrag beschränkt (ausgenommen bei Vorsatz); c. die gesetzliche Beweislastregel und Verschuldensvermutung (siehe oben Ziffer 3.7 des Buches) wird vertraglich abbedungen; d. Verkürzung der fünfjährigen Verjährungsfrist des § 43 Abs. 4 GmbHG (BGH Urt. v. 16.09. 2002 - II ZR 107/01). Zu beachten ist, dass eine Haftungseinschränkungsvereinbarung nur dann wirksam ist, wenn sie auf Seiten der Gesellschaft durch einen Gesellschafterbeschluss abgesegnet ist. Ein solcher Beschluss liegt auch vor, wenn die Gesellschafterversammlung den Dienstvertrag oder die Annahme des Dienstvertragsentwurfes des Geschäftsführers, welcher eine solche Klausel enthält, beschlossen hat. Bei Gesellschaftergeschäftsführern macht es Sinn, die Haftungsbeschränkung bereits in die Satzung aufzunehmen, insbesondere, wenn die Gesellschafter die Haftungsprivilegierung nur den Gesellschaftergeschäftsführern, nicht aber den Fremdgeschäftsführern zugute kommen lassen will. Vertraglich kann auch vereinbart werden, dass die Gesellschaft den Geschäftsführer in den Fällen gegenüber Dritten von der Haftung freistellt, in denen er aufgrund der Haftungseinschränkungsvereinbarung gegenüber der Gesellschaft nicht haftet. Zu bedenken ist aber immer, dass eine solche Klausel nur greift, wenn und solange die Gesellschaft zahlungsfähig ist. Dies bietet Anlass, über eine Alternative, die versicherungsrechtliche Lösung, nachzudenken (siehe Ziffer 3.10 des Buches)

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3.10 Vermögensschaden-Haftpflichtversicherungen

3.10

Vermögensschaden-Haftpflichtversicherungen

Jeder Rechtsanwalt muss der Anwaltskammer den Abschluss einer ausreichenden Berufshaftpflichtversicherung nachweisen, bevor er tätig werden darf. Dies gilt auch für Notare und Wirtschaftsprüfer. Niemand darf ohne Kfz-Haftpflichtversicherung einen PKW im Straßenverkehr bewegen. Für GmbH-Geschäftsführer besteht eine solche Obliegenheit nicht. Der GmbH-Geschäftsführer sollte aber im eigenen Interesse schon bei Vertragsabschluss darauf dringen, dass eine D&O-Versicherung abgeschlossen wird. Das setzt voraus, dass er Grundkenntnisse von Art und Umfang dieses Versicherungstypus hat, da der Markt keine einheitlichen Versicherungsbedingungen bietet. Informieren kann sich der Geschäftsführer durch Lektüre der Musterbedingungen, die der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. für Vermögensschaden-Haftpflichtversicherungen von Aufsichtsräten, Vorständen und Geschäftsführern herausgegeben hat. In Ziffer 1.1 der Musterbedingungen ist der Gegenstand derartiger Versicherungen erläutert: „Der Versicherer gewährt Versicherungsschutz für den Fall, dass ein gegenwärtiges oder ehemaliges Mitglied des Aufsichtsrates, des Vorstandes oder der Geschäftsführung der Versicherungsnehmerin (versicherte Personen) wegen einer bei Ausübung dieser Tätigkeit begangenen Pflichtverletzung aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts für einen Vermögensschaden von Dritten oder der Versicherungsnehmerin auf Schadenersatz in Anspruch genommen wird. Vermögensschäden sind solche Schäden, die weder Personenschäden (Tötung, Verletzung des Körpers oder Schädigung der Gesundheit von Menschen) noch Sachschäden (Beschädigung, Verderben, Vernichtung oder Abhandenkommen von Sachen) sind noch sich aus solchen Schäden herleiten. Als Sachen gelten auch Geld und geldwerte Zeichen.“

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3 Grundüberlegungen zur Haftung des Geschäftsführers

Die Musterbedingungen definieren dann weiter, wann der Versicherungsfall eintritt, den zeitlichen und den sachlichen Umfang des Versicherungsumfanges, sowie Haftungsausschlüsse, Obliegenheits- und Anzeigepflichten, Rechtsverlust und Kündigung der Versicherung. Diesbezüglich muss auf den im Anhang unter Ziffer 19.3 des Buches abgedruckten Text verwiesen werden. In Abgrenzung zu anderen Versicherungen definiert Ziffer 4.1 der Musterbedingungen: „Der Versicherungsschutz umfasst sowohl die gerichtliche und außergerichtliche Abwehr als auch die Befriedigung begründeter Schadenersatzansprüche.“ Einerseits wird also der entstandene Schaden ausgeglichen, darüber hinaus aber auch wie bei einer Rechtsschutzversicherung die Rechtsanwalts-, Gerichts-, Sachverständigen- und Zeugen-Kosten. Das Versicherungsunternehmen führt – typisch für die Abwicklung von Haftpflichtschäden – den Rechtsstreit gerichtlich oder außergerichtlich im Namen der versicherten Person und bestimmt damit grundsätzlich auch den Anwalt. Bei den Haftungsausschlüssen finden sich erwartungsgemäß Vorsatz, aber auch Haftpflichtansprüche, die auf Leistung von Geldstrafen (auch Bußgelder) und Erfüllung von Vertragsstrafeversprechen gerichtet sind. Für den Gesellschaftergeschäftsführer wichtig ist die Einschränkung in Ziffer 4.2 der Musterbedingungen: „Besteht eine Kapitalbeteiligung der versicherten Person an der Versicherungsnehmerin, so umfasst der Versicherungsschutz bei Ansprüchen der Versicherungsnehmerin nicht den Teil des Schadenersatzanspruches, welcher der Quote dieser Kapitalbeteiligung entspricht.“ Die D&O-Versicherung ist im Übrigen eine subsidiäre Versicherung, das heißt es ist immer zu prüfen, ob nicht eine andere Versicherung (z. B. eine Kreditversicherung) vorrangig eintrittspflichtig ist. Bereits wegen dieser Einbindung in ein Gesamtversicherungskonzept für das Unternehmen, aber auch wegen der unterschiedlichen Ver-

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3.10 Vermögensschaden-Haftpflichtversicherungen

sicherungsbedingungen der Anbieter, sollte vor Abschluss der Versicherung immer der qualifizierte Rat von versierten Vertretern oder Maklern eingeholt werden. Der Geschäftsführer sollte bei Abschluss der Versicherung darauf achten, dass die Anwaltssozietät seines Vertrauens im Konfliktfall mit der Gesellschaft ihn und nicht die Gesellschaft vertritt. Da der Versicherer sowohl den Anwalt der Gesellschaft als auch den des Geschäftsführers bestimmen kann, bedarf es einer Regelung in der Police selbst. In der Praxis wird nicht jede Gesellschaft ein Versicherungsunternehmen finden, das bereit ist, eine D&O Versicherung abzuschließen. In den Hochglanzprospekten der verschiedenen Versicherungsgesellschaften finden sich unter dem Stichwort „Zeichnungsmodalitäten“ meist die ersten Hinweise darauf, dass Versicherungsnehmer nur die Organe und juristischen Personen sein können und dass das Unternehmen mindestens drei Geschäftsjahre in der Branche tätig gewesen sein muss. Damit wird einem „Start-up-Unternehmen“ der Versicherungsschutz verweigert. Darüber hinaus verlangen die Versicherer, dass das Unternehmen über eine befriedigende Vermögens- und Ertragslage verfügt und seinen Sitz in der Bundesrepublik Deutschland hat. Neben den Geschäftsberichten der letzten Jahre wird dem Vorstand ein Fragebogen der jeweiligen Gesellschaft vorgelegt, in dem der Zustand der Gesellschaft abgefragt wird. Als zeichnungsrelevante Kriterien sehen die Versicherer nach Plück/ Lattwein (Haftungsrisiken für Manager, Deckungskonzepte und Praxisbeispiele für Geschäftsführer und Vorstände, Wiesbaden 2000) an: 1. das Unternehmen selbst, wie es sich darstellt in den Umsätzen, in der Bilanzsumme, im Alter sowie in seiner inneren Struktur (Gesellschaftsvertrag, Geschäftsordnung, Liste der Organmitglieder, Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge, Beteiligungen); 2. die finanzielle Situation und eventuelle Steuerschulden. Geprüft werden die Jahresabschlüsse der Aktiengesellschaft unter Vorlage der Bilanz-, Gewinn- und Verlustrechnung des Anhanges sowie Lagebericht der Geschäftsführung, Prüfungsbericht der Ab-

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3 Grundüberlegungen zur Haftung des Geschäftsführers

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schlussprüfer für die letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre der Gesellschaft, ein aktueller Geschäftsbericht, gegebenenfalls Kreditunterlagen und Bankkonten sowie Steuerbescheide und Steuererklärungen, Managementqualitäten, schwebende oder drohende Rechtsstreitigkeiten, das Bestehen anderer Versicherungen.

3.11

Rechtsschutzversicherungen

Neben den D&O-Versicherungen werden auf dem Versicherungsmarkt von einigen Versicherungsunternehmen unter diversen Bezeichnungen auch reine Rechtsschutzversicherungen angeboten, speziell werbemäßig herausgestellt für die Zielgruppe der „Manager“. Es handelt sich um Vermögensschadenrechtsschutz-, Strafrechtsschutz- und Vertragsrechtsschutzversicherungen oder Kombinationen dieser Elemente. Diesen Versicherungen fehlt das Element „Haftpflicht“, so dass der Versicherer in keinem Fall den Schaden zu tragen hat. Reine Rechtsschutzversicherungen empfehlen sich als Mindestschutz oder Ergänzung da, wo eine D&O-Versicherung nicht oder nicht zu tragbaren Konditionen erhältlich ist, z. B. für den Mehrheitsgesellschafter, der selbst Geschäftsführer ist (vgl. Ziffer 3.10. des Buches). Bei einer Rechtsschutzversicherung bestimmt in der Regel der Versicherte den Rechtsanwalt, nicht der Versicherer.

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4 Entlastung und Generalbereinigung

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Der Geschäftsführer sollte bestrebt sein, sich jeweils für das vorangegangene Geschäftsjahr entlasten zu lassen. Die Entlastung ist eine einseitige Erklärung der Gesellschafter (§ 46 Nr. 5 GmbHG). Sie ist eine durch Beschluss der Gesellschafter ausgesprochene Billigung der Tätigkeit des Geschäftsführers im abgelaufenen Geschäftsjahr und gleichzeitig der Ausspruch des Vertrauens für die weitere Zusammenarbeit. Ihr geht regelmäßig die Rechenschaftslegung für diese Periode voraus. Die Entlastung wird natürlich immer nur für Sachverhalte erteilt, von der die Gesellschafter auch Kenntnis hatten. Deshalb ist zu beachten, dass alle relevanten, auch kritischen Sachverhalte nachweisbar den Gesellschaftern mitgeteilt werden. Nach einem Urteil des BGH vom 20. 05. 1985 (vgl. GmbHR 1985, 356 ff.) hat der Geschäftsführer keinen Anspruch auf Entlastung, auch wenn bei sorgfältiger Prüfung Pflichtverletzungen weder bekannt noch erkennbar sind und damit die Voraussetzungen für die Entlastung vorliegen. Wenn jedoch die Entlastung aus offenbar unsachlichen Gründen, das heißt willkürlich, verweigert wird, darf der Geschäftsführer sein Amt niederlegen und den Anstellungsvertrag fristlos kündigen. Über die Entlastung hinaus geht die so genannte Generalbereinigung. Sie ist keine einseitige Erklärung wie die Entlastung, sondern eine vertragliche Vereinbarung (sog. Erlassvertrag) zwischen den Gesellschaftern und dem Geschäftsführer. Eine solche Vereinbarung kann den Verzicht der Gesellschaft auf alle denkbaren Ansprüche, bekannt oder unbekannt, dem Geschäftsführer gegenüber zum Inhalt haben. Dann wird der Geschäftsführer auch von für die Gesellschafter nicht erkennbaren Ansprüchen frei. Diese können den Erlassvertrag aller53

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4 Entlastung und Generalbereinigung

dings nach den §§ 123, 142 BGB anfechten, wenn sie durch den Geschäftsführer beim Abschluss getäuscht wurden. Für die Praxis wichtig und insbesondere bei Aufbebungs- oder Abwicklungsverträgen zu beachten ist die Feststellung, dass nur die Gesellschafter als Gesellschafterversammlung eine Generalbereinigung vereinbaren können; nicht etwa ein anderer Geschäftsführer (z. B. der Nachfolger) handelnd für die GmbH.

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5 Firma der GmbH

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Die Firma ist der Name der GmbH, mit der sie am Rechtsverkehr teilnimmt. Nach § 9c GmbHG hat das Registergericht die Eintragung der GmbH abzulehnen, wenn die Gesellschaft nicht ordnungsgemäß errichtet und angemeldet ist. In diesem Zusammenhang muss das Registergericht prüfen, ob die Firma ordnungsgemäß nach den § 4 GmbHG und § 18 HGB gebildet wurde. § 18 HGB gilt über die Verweisungsvorschriften der §§ 6 HGB und 13 Abs. 3 GmbHG auch für die GmbH. Das in diesen Bestimmungen enthaltene „Firmierungsrecht“ gehört zum Grundwissen eines GmbH-Geschäftsführers, auch wenn dieser Techniker ist. Zur Vermeidung von Missverständnissen wird darauf hingewiesen, dass es nachfolgend nicht um die Unterscheidbarkeit aller Firmen am gleichen Ort geht, die unabhängig von der Frage, ob die Firmierung der GmbH überhaupt eintragungsfähig ist, zu prüfen bleibt und mit der sich § 30 HGB befasst. Es geht auch nicht um die Frage, ob und wann andere Unternehmen aus Anlass der bevorstehenden Eintragung oder nach Eintragung der Firma in das Handelsregister und Auftreten im Rechtsverkehr Namens- und Markenrechtsverletzungen aus dem Markengesetz oder dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb geltend machen können. Es geht allein um die Frage, ob die Firmierung überhaupt zulässig ist. Gerade in dieser Frage hat es durch das Handelsrechtsreformgesetz (HRefG) vom 22. 6. 1998 grundlegende Änderungen bei den Prüfungskriterien gegeben. 55

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5 Firma der GmbH

§ 4 GmbHG lautet: Die Firma der Gesellschaft muss, auch wenn sie nach § 22 des Handelgesetzbuchs oder nach anderen gesetzlichen Vorschriften fortgeführt wird, die Bezeichnung „Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ oder eine allgemein verständliche Abkürzung dieser Bezeichnung enthalten. Die neue Vorschrift regelt also nur noch den Rechtsformzusatz der GmbH, während die alte Fassung noch vorschrieb, was in der Firmierung enthalten sein musste („… entweder von dem Gegenstand des Unternehmens entlehnt oder die Namen der Gesellschafter …“). Als verständliche Abkürzung kann, da im Gesetz eine Definition fehlt, zumindest angesehen werden: GmbH, Ges.m.b.H., Ges.mbH, Gesellschaft m.b.H. Anlass für die Reform war das Bestreben, das nationale Firmierungsrecht dem liberaleren europäischen Recht anzupassen, aber auch die Anpassung an das Gedankengut des (in Nachfolge des Warenzeichenrechts neu geschaffenen) Markenrechts. Der neue Grundsatz der freien Firmenbildung gibt den Gesellschaftern der GmbH einen großen Spielraum bei der Benennung oder Umbenennung (Satzungsänderung) ihrer Gesellschaft. Möglich sind, aber immer mit dem Rechtsformzusatz GmbH: a. reine Phantasiefirmen, b. Sachfirmen, die den Unternehmensgegenstand oder Produkte für die Namensbildung nutzen, auch in Form von Abkürzungen, c. Personenfirmen, die den Namen des oder der Gesellschafter nutzen, d. Firmen, die geographische Bezeichnungen enthalten, e. alle Mischformen zwischen a. bis d., auch Kombinationen von allein nicht eintragungsfähigen Bestandteilen, f. fremdsprachige Bezeichnungen, g. Werbeslogans (z.B. „nix wie hin“), h. Zahlenbezeichnungen (z.B. „elf“), i. aus Buchstaben und/oder Ziffern gebildete Bezeichnungen (z. B. „Bank 24, R & S“).

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5 Firma der GmbH

Die zunächst frei ausgedachte Firmierung wird durch die in § 18 Abs. 1 und 2 HGB enthaltenen allgemeinen Schranken für die Firmierung wiederum beschränkt. (1) Die Firma muss zur Kennzeichnung des Kaufmanns geeignet sein und Unterscheidungskraft besitzen. (2) Die Firma darf keine Angaben enthalten, die geeignet sind, über geschäftliche Verhältnisse, die für die angesprochenen Verkehrskreise wesentlich sind, irrezuführen. Im Verfahren vor dem Registergericht wird die Eignung zur Irreführung nur berücksichtigt, wenn sie ersichtlich ist. § 18 Abs. 1 HGB fordert Unterscheidungskraft und Kennzeichnungskraft. Unterscheidungskraft bedeutet, das die Firmierung so gewählt werden muss, dass sie nicht zwangsläufig das Risiko in sich birgt, mit anderen Gesellschaften verwechselt zu werden. Bei reinen Phantasienamen wird dies fast nie der Fall sein. Verwechslungsgefahr besteht bei Sachfirmen wie auch solchen mit rein geographischen Bezeichnungen immer dann, wenn sie keinen individualisierenden Zusatz enthalten, sondern sich auf eine Tätigkeitsoder Ortsbeschreibung beschränken. Sie sind mithin nicht eintragungsfähig. Das Gleiche gilt für häufig auftretende Familiennamen. In beiden Fällen helfen aber Zusätze wie Phantasieworte oder Vornamen. Bei fremdsprachigen Bezeichnungen ist zu prüfen, ob sie nicht im Einzelfall Eingang in die deutsche Sprache gefunden haben und daher beschreibend und ohne Zusatz nicht eintragungsfähig sind (z. B. fashion). Liegt Unterscheidungskraft vor, so ist zu prüfen, ob die Firmierung wie ein Name wirkt, also Kennzeichnungskraft hat. Es muss sich um eine aussprechbare Bezeichnung handeln. Dies können auch Buchstabenkombinationen wie etwa BMW sein. Die Grenze hat das OLG Celle in einer Entscheidung vom 19. 11. 1998 (GmbHR 1999, 412) gezogen: 57

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5 Firma der GmbH

„Auch nach dem neuen Firmenbildungsrecht hat die Firma eine Namensfunktion; deshalb ist die Verendung einer Buchstabenzusammenstellung, die lautlich nicht ausgeschrieben ist und die kein aussprechbares (und sei es auch Phantasie-) Wort ergibt, unzulässig.“ Die Antragstellerin, die im Beschwerdeverfahren abgewiesen wurde, war eine „AAA AAA AAA AB ins Lifesex-TV.de GmbH“. Ein Zeichen wie „@“ ist auch nach der Reform nicht eintragungsfähig. Der neu gefasste § 18 Abs. 2 HGB enthält das so genannte Täuschungsverbot. Es kommt für die Feststellung, ob eine Täuschung vorliegt, auf das Verständnis des verständigen Verkehrsteilnehmers an; damit stellt sich der Gesetzgeber flexibel darauf ein, dass sich Verkehrsauffassungen im Laufe der Zeit ändern können. Darüber hinaus muss die Eignung zur Irreführung ersichtlich sein. Abwegige Vorstellungen des Registerbeamten hindern die Eintragung also nicht mehr.

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6 Stammkapital und Stammeinlagen, verdeckte Sacheinlagen

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Das Stammkapital der GmbH muß mindestens 25.000 Euro, die Stammeinlage jedes Gesellschafters mindestens 100 Euro betragen (§ 5 Abs. 1 GmbHG). Der Betrag der Stammeinlage kann für die Gesellschafter verschieden und muss in Euro durch 50 teilbar sein (§ 5 Abs. 3 GmbHG). Die Stammeinlage kann als Bar-, das heißt Geldeinlage erbracht werden, dies ist regelmäßig unproblematisch. Die Stammeinlage kann aber auch als Sacheinlage erbracht werden, dabei gelten aber, um Missbrauch zu verhindern, das heißt die Haftungsmasse für die Gläubiger der GmbH zu schützen, besondere Vorschriften. § 5 Abs. 4 GmbHG sagt: (4) Sollen Sacheinlagen geleistet werden, so müssen der Gegenstand der Sacheinlage und der Betrag der Stammeinlage, auf die sich die Sacheinlage bezieht, im Gesellschaftsvertrag festgesetzt werden. Die Gesellschafter haben in einem Sachgründungsbericht die für die Angemessenheit der Leistungen für Sacheinlagen wesentlichen Umstände darzulegen und beim Übergang eines Unternehmens auf die Gesellschaft die Jahresergebnisse der beiden letzten Geschäftsjahre anzugeben. Sollen also statt Bareinlagen Sacheinlagen geleistet werden, so muss diesbezüglich der Gesellschafter, der Gegenstand und der Betrag im Gesellschaftsvertrag festgesetzt werden. Der Gesetzgeber hat die Vor-

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6 Stammkapital und Stammeinlagen, verdeckte Sacheinlagen

stellung, dass die Sacheinlage immer nur hilfsweise für eine primär geschuldete Geldeinlage eingebracht werden kann. Was kann als Sacheinlage eingebracht werden ? Grundsätzlich können alle Sachen und Rechte eingebracht werden, die der Gesellschaft ein reales und verwertbares Vermögen schaffen. Also auch Forderungen gegen Dritte auf Geld oder andere übertragbare Leistungen, beschränkt dingliche Rechte, wie Grundschulden oder Erbbaurechte, aber auch Urheberrechte, Patente und Know-how. Es können aber auch Sachgesamtheiten wie Unternehmen eingebracht werden. Dies empfiehlt sich allerdings nicht, weil die dann erforderliche Einzelübertragung von Gegenständen durch andere Rechtsgestaltungen, wie z. B. die Umwandlung nach dem Umwandlungsgesetz (UmwG), die eine Übertragung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge ermöglicht, vermieden werden kann. Die Angemessenheit der Leistungen für Sacheinlagen ist in einem Sachgründungsbericht darzulegen. Der Sachgründungsbericht muss zeigen, welche Überlegungen zu den angegebenen Werten geführt haben. Soweit die Werte der Überprüfung durch Sachverständige zugänglich sind, verlangen die Registergerichte regelmäßig die Vorlage von Sachverständigengutachten, insbesondere also für Grundstücke, Maschinen, Geräte und Fahrzeuge. Ist Gegenstand der Sacheinlage ein Unternehmen, so sind nach § 5 Abs. 4 GmbHG die „Jahresergebnisse“ der beiden letzten Geschäftsjahre anzugeben. In der Praxis wird durchweg die Vorlage einer bescheinigten Bilanz verlangt. Der Bericht muss schriftlich abgefasst und von allen Gründern unterzeichnet werden. Er ist dem Registergericht bei der Anmeldung zur Eintragung der GmbH in das Handelsregister vorzulegen. Nach § 7 Abs. 2 GmbHG gilt: (2) Die Anmeldung darf erst erfolgen, wenn auf jede Stammeinlage,soweit nicht Sacheinlagen vereinbart sind, ein Viertel eingezahlt ist. Insgesamt muss auf das Stammkapital mindestens soviel eingezahlt sein, daß der Gesamtbetrag der eingezahlten Geldeinlagen zuzüglich des Gesamtbetrags der Stammeinlagen, für die Sacheinlagen zu leisten sind, die Hälfte des Mindeststammkapitals gemäß § 5 Abs. 1 erreicht.

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6 Stammkapital und Stammeinlagen, verdeckte Sacheinlagen

Also müssen Bareinlagen zu 25 %, Sacheinlagen hingegen voll erbracht werden. Die Summe aus 25 % Bareinlage und 100 % Sacheinlage muss 12.500 Euro an Wert repräsentieren. Sacheinlagen müssen vor der Anmeldung der GmbH zur Eintragung in das Handelsregister in der Weise der Gesellschaft zur Verfügung gestellt werden, dass sie endgültig zur freien Verfügung der Geschäftsführer stehen (vgl. § 7 Abs. 3 GmbHG). Falls der Wert einer Sacheinlage zum Zeitpunkt der Anmeldung der GmbH zur Eintragung in das Handelsregister nicht den Betrag der dafür übernommenen Stammeinlage erreicht, muss der Gesellschafter in Höhe des Fehlbetrages eine Bareinlage leisten, so genannte Differenzhaftung, (vgl. § 9 Abs. 1 GmbHG). Dieser Anspruch der Gesellschaft verjährt in 5 Jahren seit der Eintragung der GmbH in das Handelsregister (vgl. § 9 Abs. 2 GmbHG). Bewertungsstichtag für Sacheinlagen ist immer der Tag der Anmeldung zur Eintragung beim Handelsregister. Zur Verdeutlichung der Problematik der Sacheinlage nachstehender Fall: Der Gesellschafter Mustermann hatte durch GmbH-Vertrag vom 20. Mai 2004 bei der Mustermann-Bau GmbH eine Stammeinlage von 500.000 Euro übernommen, zu erbringen durch Einlage eines bestimmten bebauten Gewerbegrundstücks, das er kürzlich bei einer Versteigerung erworben hatte. Durch Architektengutachten vom 15. Juni 2004 führte Mustermann den Nachweis, dass das Grundstück in der Tat einen Wert von 520.000 Euro hatte. Die Eintragung der GmbH in das Handelsregister erfolgte am 29. Juli 2004. Am 18. August stellte sich heraus, dass der Grund und Boden des Grundstücks durch eingedrungenes Öl belastet ist. Der Verursacher war die frühere Eigentümerin, eine inzwischen insolvent gewordene GmbH. Die Beseitigungskosten betrugen 30.000 Euro. Wegen dieses vom Gutachter nicht erkennbaren Umstandes betrug der Wert des Grundstücks am maßgeblichen Stichtag, dem 29. Juli 2004, nur 490.000 Euro. Gesellschafter Mustermann musste infolgedessen die Differenz 61

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zwischen der vereinbarten Einlage von 500.000 Euro und dem wahren Wert in Höhe von 490.000 Euro, also 10.000 Euro, an die Gesellschaft nachzahlen. Zu einer Haftung des Gesellschafters kann es auch bei Geldeinlagen kommen. Der Sache nach handelt es sich um eine Unterbilanzhaftung, auch: Vorbelastungshaftung. Häufig nimmt die gegründete, aber noch nicht eingetragene GmbH schon die Geschäftstätigkeit auf und hat dadurch Ausgaben und Einnahmen. Gegen die vorgezogene Aufnahme der Geschäftstätigkeit wird heute von der Rechtsprechung nichts eingewandt. Allerdings wird der Geschäftsführer als verpflichtet angesehen, auf den Tag der Handelsregistereintragung eine Zwischenbilanz zu erstellen. Zeigt sich, dass die Stammeinlage ganz oder teilweise verbraucht ist, so hat der Geschäftsführer bei den Gesellschaftern im Verhältnis ihrer Beteiligung den Fehlbetrag einzufordern, wenn er sich nicht selbst gegenüber der GmbH schadensersatzpflichtig machen will. Ist bei einem Gesellschafter sein Anteil am Fehlbetrag nicht zu erlangen, so haften die Mitgesellschafter für den ausgefallenen Betrag (§ 24 GmbHG). Ein weiterer Fall: Albert und Bruno gründen die ABF Filmproduktion GmbH durch notariellen Vertrag vom 07. 09. 2004 mit einem Stammkapital von 200.000 Euro und zahlen am 10. 09. 2004 ihre jeweilige Einlage von 100.000 Euro auf das Bankkonto der Gründungsgesellschaft ein. Die Eintragung der GmbH verzögert sich aus verschiedenen Gründen bis zum 03. 11. 2004. Mitte Oktober kauft Albert einen gebrauchten BMW für 50.000 Euro, nachdem er zuvor durch ein Gutachten eines kompetenten Kfz-Sachverständigen den Preis hatte prüfen lassen. Zur gleichen Zeit werden mehrere Zeitungsanzeigen geschaltet, es werden Mitarbeiter eingestellt und Räume angemietet. Schließlich muss Bruno noch im Oktober zweimal wegen eines sich anbahnenden Vertrages nach Hongkong fliegen. Zum 03. 11. 2004 sind vom Bankguthaben noch 130.000 Euro übrig. Mit Ausnahme des PKW und des Bankguthabens hat die Gesellschaft am Stichtag keinerlei Vermö-

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gen. Es fehlen somit 20.000 Euro, die von Albert und Bruno je zur Hälfte nachzuschießen sind. Der Anspruch der Gesellschaft aus Unterbilanzhaftung verjährt in 5 Jahren seit der Eintragung der GmbH in das Handelsregister (analog § 9 Abs. 2 GmbHG). Die Einzahlungen auf die Stammeinlagen müssen im Verhältnis der Geldeinlagen geleistet werden (vgl. § 19 Abs. 1 GmbHG). Die Gesellschafter können von der Verpflichtung zur Leistung der Einlagen nicht befreit werden. Aufrechnungen in irgendeiner Form sind nicht zulässig (vgl. § 19 Abs. 2 GmbHG). Wenn sich innerhalb von 3 Jahren nach Eintragung der GmbH in das Handelsregister alle Geschäftsanteile in der Hand eines Gesellschafters oder in der Hand der Gesellschaft vereinigen, so muss der Gesellschafter innerhalb von 3 Monaten alle Geldeinlagen voll einbezahlen oder für die Zahlung der noch ausstehenden Beträge eine Sicherheit bestellen (z. B. Bürgschaft einer solventen Person). Die Geschäftsführer müssen die Vereinigung der Geschäftsanteile unverzüglich zum Handelsregister anzeigen (vgl. § 19 Abs. 4 GmbHG). Um die Schwierigkeiten einer Sachgründung zu vermeiden, insbesondere die Kontrolle durch das Registergericht und die zusätzlichen Kosten, wird immer wieder versucht, die Vorschriften für Sachgründungen zu umgehen, allerdings ohne den gewünschten Erfolg. In der betrieblichen Praxis kommen immer wieder Fälle der verdeckten Sacheinlage vor. Diese findet sich bei Gründungen genau so wie bei Kapitalerhöhungen. Bei der verdeckten Sacheinlage wird – bewusst oder unbewusst – die geschuldete Bareinlage durch Einlage eines anderen Vermögensgegenstandes ersetzt. Bezeichnend ist, dass die verdeckte Sacheinlage als solche nicht auf den ersten Blick erkennbar ist. Der Gesellschafter nimmt zunächst, wie es die Bareinlage erfordert, eine Geldeinzahlung in das Unternehmen vor. Im nächsten Schritt aber verwendet die GmbH das bei ihr eingezahlte Geld, um von dem einzahlenden Gesellschafter einen Vermögensgegenstand zu erwerben, das Geld fließt also an den Gesellschafter zurück.

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Zur Verdeutlichung folgender Fall: Mustermann hat eine Autowerkstatt in gemieteten Räumen. Weil die Geschäfte nicht gut gehen und er die persönliche Haftung nicht länger auf sich nehmen möchte, will er künftig die Werkstatt durch eine von ihm neu zu gründende GmbH betreiben lassen. Er gründet die Mustermann Auto-GmbH und zahlt 100.000 Euro ein. Sodann verwendet die GmbH diesen Betrag dazu, um Mustermanns PKW und Betriebsausstattung zu erwerben, wobei der aufgewendete Betrag von 100.000 Euro auch exakt dem Wert dieser Vermögensgegenstände entspricht. Nach zwei Jahren wird über das Vermögen der Mustermann AutoGmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter verlangt von Mustermann die Zahlung von 100.000 Euro, das Finanzamt kündigt eine Betriebsprüfung an. Der Insolvenzverwalter wertet die Transaktionen Mustermanns um die GmbH-Gründung zutreffend als verdeckte Sacheinlage. Mustermann hätte korrekt und rechtlich unangreifbar gehandelt, wenn er im Gesellschaftsvertrag der GmbH nicht Bareinlage, sondern Sacheinlage, zu erbringen durch Einbringung der Autowerkstatt, beschlossen hätte. Die damit verbundene Mehrarbeit und die Mehrkosten, bedingt durch Erstellung des Sachgründungsberichtes und die Einholung von Sachverständigengutachten, waren ihm aber zu lästig gewesen. Es ist das Wesen der verdeckten Sacheinlage, dass durch ein Umsatzgeschäft Vermögensgegenstände auf die GmbH übertragen werden, die genauso gut durch eine Sacheinlage nach Maßgabe des § 5 Abs. 4 GmbHG hätten eingebracht werden können. Die Konsequenz ist, dass die vertraglich vereinbarte Bareinlage als nicht geleistet gilt. Der Insolvenzverwalter verlangt somit völlig zu Recht die Erfüllung der Bareinlagenverpflichtung. Wegen der unwirksamen Sacheinlage des Personenwagens und der Betriebsausstattung hat Mustermann einen Bereicherungsanspruch, den er als Insolvenzforderung anmelden kann. Aufrechnen darf er aber die Forderung des Insolvenzverwalters mit seinem Bereicherungsanspruch nicht. Auch das Finanzamt interessiert sich für den Tatbestand der verdeckten Sacheinlage. Mustermann hatte nämlich seinen

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vormaligen Betrieb aufgegeben. Er musste deshalb alle im Betriebsvermögen enthaltenen stillen Reserven auflösen und versteuern. Bei einer ordentlichen Sacheinlage im Sinne des § 5 Abs. 4 GmbHG wäre das wegen § 20 Abs. 2 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) zu vermeiden gewesen. Nach § 20 Abs. 2 UmwStG kann die Einbringung eines Betriebes auch zu Buchwerten erfolgen und damit die Besteuerung der stillen Reserven aufgeschoben werden bis zur Weiterveräußerung der Geschäftsanteile der neuen GmbH. Da Mustermann allerdings im Zeitpunkt der GmbH-Gründung schon wirtschaftlich angeschlagen war, dürften seine stillen Reserven und damit seine Steuernachzahlung nicht allzu hoch gewesen sein. Eine verdeckte Sacheinlage ist auch zu prüfen im folgenden Fall: Donner und Wotan sind geschäftsführende Gesellschafter der DW Software GmbH. Die Geschäfte gehen gut, und aus optischen Gründen soll das Stammkapital von 50.000 Euro auf 200.000 Euro erhöht werden. Donner und Wotan übernehmen durch notarielle Urkunde vom 29. 06. 2003 neue Geschäftsanteile in Höhe von je 75.000 Euro. Am 02. 07. 2004 wird der Jahresabschluss der GmbH für 2003 festgestellt und eine sofort fällige Gewinnausschüttung an Donner und Wotan von je 100.000 Euro beschlossen. Die Banküberweisungen werden am 05. 07. 2004 vorgenommen. Am 12. 07. 2004 gehen auf dem Bankkonto der DW Software GmbH je 75.000 Euro von Donner und Wotan mit dem Verwendungszweck „Einlage gemäß notariellem Vertrag“ ein. Wenig später wird die GmbH insolvent. Der Konkursverwalter verlangt von Donner und Wotan Zahlung von je 75.000 Euro aus der Kapitalerhöhung vom 29. 06. 2004. Zu Recht? Die Gewinnauszahlungen der GmbH an die Gesellschafter und deren Einlagezahlungen an die GmbH stehen in einem engen zeitlichen Zusammenhang. Die Gesellschafter haben der GmbH letztlich kein neues, frisches Kapital zugeführt, sondern nur das zurückgezahlt, was sie kurz zuvor von ihr erhalten hatten. Die Kapitalerhöhung ist somit wirtschaftlich aus eigenen Mitteln der 65

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GmbH erfolgt. Für die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln gelten die §§ 57c ff. GmbHG, die eine Reihe von Voraussetzungen aufstellen, unter anderem die Prüfung des der Kapitalerhöhung zugrunde gelegten Jahresabschlusses durch einen Wirtschaftsprüfer bzw. vereidigten Buchprüfer. Der von Donner und Wotan eingeschlagene Weg stellt eine Umgehung der genannten Vorschriften dar mit der Folge, dass die Einzahlung als nicht wirksam geleistet gilt. Beide Gesellschafter müssen also die Einlage an den Insolvenzverwalter zahlen und haben wegen der am 12.07. 2004 bei der GmbH gutgeschriebenen Beträge lediglich eine nicht aufrechenbare Insolvenzforderung. Gesellschafter, die ihrer Einzahlungspflicht auf Stammeinlagen nicht nachkommen, können ausgeschlossen werden (vgl. § 21 GmbHG). Wegen des vom ausgeschlossenen Gesellschafter nicht bezahlten Betrages haftet der GmbH der letzte und jeder frühere bei der Gesellschaft angemeldete Rechtsvorgänger, maximal in einer Frist von 5 Jahren seit Anmeldung des Übergangs des Geschäftsanteils auf den Rechtsnachfolger (§ 22 GmbHG). Wenn die Stammeinlage nicht einbringbar ist, so müssen die übrigen Gesellschafter den Fehlbetrag im Verhältnis ihrer Geschäftsanteile aufbringen (§ 24 GmbHG). Die Rechtsfolgen einer verdeckten Sacheinlage sind immer hart: obwohl eine Leistung erbracht ist, tritt wegen § 19 Abs. 5 GmbHG die Erfüllung nicht ein; der Gesellschafter muss, insbesondere in der Krise der GmbH, die Geldeinlage nochmals erbringen, während er selbst wegen der eingebrachten Sacheinlage nur einen insolvenzgefährdeten Bereicherungsanspruch hat. Verdeckte Sacheinlagen sind allerdings heilbar, nach Auffassung des BGH (vgl. BGHZ 132, 141) durch einen satzungsändernden Mehrheitsbeschluss der Gesellschafter, aus dem ersichtlich ist, welcher Gesellschafter seine Geldeinlage in eine Sacheinlage umwandeln will. Diese Satzungsänderung ist beim Handelsregister anzumelden, wobei für die Anmeldung die Vorschriften gelten, die bei einer Sacheinlage bei der Gründung (siehe oben) einzuhalten sind.

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7 Vor-GmbH

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„Die GmbH entsteht als juristische Person durch Eintragung in das Handelsregister. Mit dem notariellen Abschluss des Gesellschaftsvertrages entsteht die sog. Vor-GmbH.“ Die heute herrschende Rechtsauffassung teilt die Gründung der GmbH in drei Phasen auf: a. Verabredung zur GmbH; dies bedeutet, dass sich Personen einig sind, eine GmbH zu gründen. Man spricht hier auch von der Vorgründungs-Gesellschaft. Dieses Gebilde ähnelt einer Personengesellschaft. Zivilrechtlich haften die Handelnden persönlich und solidarisch. b. Notarielle Beurkundung des Gesellschaftsvertrags; durch diese entsteht die so genannte Vor-GmbH. Die Vorgesellschaft kann sich passiv verhalten und die Eintragung in das Register abwarten. Dann gibt es auch keinen Anlass, über Haftung nachzudenken. Meist aber wird die Vorgesellschaft schon nach außen tätig. Für die im Namen der GmbH abgeschlossenen Geschäfte haftet die Vor-GmbH bzw. deren Vermögen. Daneben haften die Gesellschafter (Gründer) unmittelbar persönlich, jedoch nur beschränkt auf die Höhe ihrer Einlage. Soweit die Einlage geleistet ist, ist die Haftung ausgeschlossen. Die Vor-GmbH unterliegt bereits im Wesentlichen dem GmbHRecht. Die Vor-GmbH ist nach Ansicht des BGH (Urteil vom 29. 10. 1992 – I ZR 264/90) namens- und firmenrechtsfähig. Die spätere GmbH

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7 Vor-GmbH

kann sich im Streit um die Priorität des Namens oder der Firma auf den früheren Gebrauchszeitpunkt berufen, wenn auch sie den Namen oder die Firma führt. c. Eintragung ins Handelsregister; hier stellt sich die Frage, ob mit der Eintragung die persönliche Haftung der Gründer endet. Der BGH hatte 1981 (Urteil vom 26. 10. 1981 – II ZR 31/81) in einem Fall, in dem die Gründer vor der Satzungsbeurkundung als Vertreter der „GmbH in Gründung agiert hatten“, geurteilt, dass die persönliche Haftung der Gründer mit Eintragung der GmbH erloschen sei, jedenfalls, wenn diese den Gründungstatbestand deutlich offen gelegt haben. 1983 entschied der BGH (Urteil vom 20. 06. 1983), dass eine persönliche Haftung der GmbH-Gesellschafter für Verbindlichkeiten, die sie für die noch zu gründende GmbH eingegangen seien, nur dann mit der Eintragung der GmbH in das Handelsregister endet, wenn das mit dem Gläubiger so vereinbart worden ist, was die Gründer zu beweisen hätten. Nach einem Urteil des BGH vom 09. 03. 1998 haften die Gründer, die bereits vor der Errichtung der GmbH unter Verwendung ihrer zukünftigen Firma einen Kaufvertrag abgeschlossen haben, auch dann persönlich für die Zahlung des Kaufpreises, wenn die GmbH danach gegründet und eingetragen worden ist und den Vertrag sogar genehmigt hat. Am 15. 12. 1999 entschied auch das BAG unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BGH: „Die Gesellschafter einer Vor-GmbH haften der Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes für Beitragsschulden der Vor-GmbH unmittelbar und entsprechend ihrem Anteil am Gesellschaftsvermögen u. a. dann, wenn die Vorgesellschaft vermögenslos ist.“ Wer also vor Eintragung der GmbH für diese Rechtsgeschäfte tätigt, muss sich klar sein, dass er aus seiner persönlichen Haftung nur mit Zustimmung des Gläubigers befreit wird. Wurde – wie in den in Ziffer 6 des Buches aufgeführten Fallbeispielen (Mustermann Bau GmbH und ABF Filmproduktion) – im Stadium der

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7 Vor-GmbH

Vor-GmbH das Stammkapital angegriffen, z. B. durch Bezahlung von Mieten, Schalten einer Anzeigenserie oder Ähnliches, so haften die Gesellschafter im Verhältnis ihrer Stammanteile für den Differenzbetrag zwischen Stammkapital und nun noch vorhandenem Kapital (sog. Differenzhaftung, auch Unterbilanz- oder Vorbelastungshaftung genannt, vgl. § 9 Abs. 1 GmbHG). Neben die unbeschränkte persönliche Außenhaftung der Vorgesellschaft und der Gründer tritt ergänzend gemäß § 11 Abs. 2 GmbHG die persönliche Haftung des Handelnden. Die Vorschrift des § 11 GmbHG besagt: (1) Vor der Eintragung in das Handelsregister des Sitzes der Gesellschaft besteht die Gesellschaft mit beschränkter Haftung als solche nicht. (2) Ist vor der Eintragung im Namen der Gesellschaft gehandelt worden, so haften die Handelnden persönlich und solidarisch. Handelnder in diesem Sinne ist derjenige, der im Namen der GmbH (nicht der Vorgesellschaft) im Rechtsverkehr als Geschäftsführer oder wie ein Geschäftsführer rechtsgeschäftlich handelt. Er haftet gegenüber Dritten, nicht aber gegenüber den Gesellschaftern, allerdings nur bis zur Entstehung der GmbH durch Eintragung, es sei denn, der Dritte konnte die Vorgesellschaft nicht wirksam verpflichten, weil er keine Vertretungsmacht oder diese überschritten hatte. Dann haftet er auch weiter persönlich. Wird der Handelnde in Anspruch genommen, hat er einen Erstattungsanspruch nach § 611, 670, 675 BGB sowie einen Freistellungsanspruch nach § 257 BGB sowohl gegen die Vorgesellschaft als auch gegen die GmbH.

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8 Das Kapital als Haftungsgrundlage

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In der Vorschrift des § 13 GmbHG heißt es: (1) Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung als solche hat selbständig ihre Rechte und Pflichten; sie kann Eigentum und andere dingliche Rechte an Grundstücken erwerben, vor Gericht klagen und verklagt werden. (2) Für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet den Gläubigern derselben nur das Gesellschaftsvermögen. (3) Die Gesellschaft gilt als Handelsgesellschaft im Sinne des Handelsgesetzbuchs. In Absatz 2 wird das Trennungsprinzip geregelt, infolge dessen die Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht haften bzw. von einer Haftung freigestellt werden. Allerdings kann natürlich ein Gesellschafter für Verbindlichkeiten der GmbH die Mitschuld oder eine Bürgschaft übernehmen oder garantieren. Die Haftungsfreistellung der Gesellschafter reicht allerdings nur so weit, wie das Kapital der Gesellschaft im gesetzlichen Umfang aufgebracht und erhalten wird. Wird gegen die Kapitalaufbringungs- und Kapitalerhaltungsvorschriften verstoßen, so kann es zu einer „Durchgriffshaftung“ kommen. Gängige Fälle sind dabei: – Unterkapitalisierung; – Vermögensvermischung, das heißt Vermischung von Privat- und Gesellschaftsvermögen. Voraussetzung für die Annahme einer solchen Vermögensvermischung ist, dass die Vermögensabgrenzung zwischen Gesellschaftern und Geschäftsführern durch falsche oder unzureichende Buchführung verschleiert worden ist; 71

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8 Das Kapital als Haftungsgrundlage

– Sphärenvermischung, das heißt die Trennung von GmbH und Gesellschaftern wird verschleiert (gleiche Geschäftsräume, gleiches Personal, Führung ähnlicher Firmen); – Institutsmissbrauch; hiervon spricht man, wenn die geschäftlichen Chancen zwischen GmbH und Gesellschaftern so aufgeteilt sind, dass die GmbH alle Risiken trägt, aber keinerlei Gewinnchancen hat (vgl. z. B. BGH WM 1979, 229). Die Regelung des § 13 Abs. 3 GmbHG macht die GmbH zum so genannten Formkaufmann und unterwirft sie den Vorschriften des Handelsrechts (§ 6 Abs. 1 HGB).

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9 Kauf und Verkauf von GmbH-Anteilen

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In § 15 GmbHG geht es um die Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen. § 15 GmbHG lautet: (1) Die Geschäftsanteile sind veräußerlich und vererblich. (2) Erwirbt ein Gesellschafter zu seinem ursprünglichen Geschäftsanteil weitere Geschäftsanteile, so behalten dieselben ihre Selbständigkeit. (3) Zur Abtretung von Geschäftsanteilen durch Gesellschafter bedarf es eines in notarieller Form geschlossenen Vertrages. (4) Der notariellen Form bedarf auch eine Vereinbarung, durch welche die Verpflichtung eines Gesellschafters zur Abtretung eines Geschäftsanteils begründet wird. Eine ohne diese Form getroffene Vereinbarung wird jedoch durch den nach Maßgabe des vorigen Absatzes geschlossenen Abtretungsvertrag gültig. (5) Durch den Gesellschaftsvertrag kann die Abtretung der Geschäftsanteile an weitere Voraussetzungen geknüpft, insbesondere von der Genehmigung der Gesellschaft abhängig gemacht werden. Wie aus Absatz 2 des § 15 GmbHG ersichtlich, bleibt die Selbständigkeit jedes Geschäftsanteils auch bei Vereinigung mehrerer Geschäftsanteile in einer Hand erhalten. Bei nicht voll gezahlter Stammeinlage muss nämlich der Rückgriff auf die Rechtsvorgänger zulässig und der Rückerwerb des Anteils durch diese möglich sein (§ 22 Abs. 4 GmbHG). Die Gesellschafterversammlung kann jedoch beschließen, dass Anteile zusammengelegt werden, sofern die Stammeinlagen voll einbezahlt sind, eine Nachschusspflicht nicht besteht und die Anteile keine 73

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9 Kauf und Verkauf von GmbH-Anteilen

unterschiedlichen Rechte vermitteln. Ist die Erlaubnis zur Zusammenlegung nicht schon in der Satzung geregelt, bedarf dieser Beschluss der Zustimmung des betroffenen Gesellschafters. Nach § 15 Abs. 5 GmbHG besteht grundsätzlich freie Übertragbarkeit der Gesellschaftsanteile (jedoch formbedürftig nach Absatz 3 und 4). Die Abtretung der Geschäftsanteile kann aber an weitere Voraussetzungen geknüpft und insbesondere von der Genehmigung der Gesellschaft oder der Gesellschafter abhängig gemacht werden. Die Beschränkung der Abtretbarkeit (Vinkulierung) ist in der Praxis die Regel. Auf diese Weise bleibt die Zusammensetzung der Gesellschafter kontrollierbar. Die Auswahlkriterien für den Status als Gesellschafter (z. B. Alter, Beruf, Familienzugehörigkeit oder Ähnliches) können schon in der Satzung festgelegt sein. Häufig findet man Regelungen, bei denen die Entscheidung bezüglich eines Nachfolgers eines ausscheidenden Gesellschafters in das Ermessen der Gesellschafterversammlung gestellt wird, die dann mit der gesellschaftsvertraglich vereinbarten Mehrheit beschließen muss. Der Kauf und Verkauf von GmbH-Anteilen ist eine Sonderproblematik, auf die hier nicht näher eingegangen werden soll. Literaturhinweise dazu finden Sie beispielsweise auf der Web-Site: www.sattlerundpartner.de. Angesprochen werden soll hier jedoch der so genannte „Management-Buy-Out“, der auch in der Bundesrepublik Deutschland seit Jahren an Bedeutung gewonnen hat, insbesondere aufgrund der Privatisierungen von Unternehmen in den neuen Bundesländern. In einem Management-Buy-Out erwerben die bisherigen Geschäftsführer GmbH-Anteile von den Altgesellschaftern, z. B. von Familiengesellschaftern, die keine geeigneten Nachfolger für eine Weiterführung des Unternehmens haben. Der Geschäftsführer, der sich an der Gesellschaft beteiligen will, deren Organ er ist, gerät in einen Interessenkonflikt. Einerseits besteht die Treuepflicht des Geschäftsführers gegenüber der GmbH, andererseits wird er versucht sein, seine eigenen Vorteile zu wahren. Es hat Fälle in der Vorbereitungsphase von Management-Buy-Outs gegeben, in denen Fremdgeschäftsführer die Rechnungen für Planungs- und Konzeptionsarbeiten von externen Beratern aus der Kasse der GmbH gezahlt haben.

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9 Kauf und Verkauf von GmbH-Anteilen

Dies ist eine strafbare, die fristlose Kündigung rechtfertigende Untreue zum Nachteil der GmbH. Schwierigkeiten ergeben sich für die Geschäftsführer bei der Finanzierung der zu kaufenden Anteile. Die Finanzierung darf wegen § 30 GmbHG nicht unter Zuhilfenahme von GmbH-Vermögen erfolgen. § 16 GmbHG regelt die Rechtsbeziehungen von Veräußerer und Erwerber eines Geschäftsanteils. In Absatz 2 dieser Vorschrift heißt es: (2) Die vor der Anmeldung von der Gesellschaft gegenüber dem Veräußerer oder von dem letzteren gegenüber der Gesellschaft in bezug auf das Gesellschaftsverhältnis vorgenommenen Rechtshandlungen muss der Erwerber gegen sich gelten lassen. Dies bedeutet, dass der Erwerber in alle Rechte und Pflichten eintritt, so wie sie zur Zeit der Anmeldung bestehen. Er tut also gut daran, beispielsweise Satzungsänderungen in Erfahrung zu bringen. Zu seinen Pflichten gehört z. B. die Erbringung noch offener Leistungen seines Rechtsvorgängers aus der Einlage einschließlich Differenzhaftung (§ 9 GmbHG).

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10 Nachschusspflicht

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Nachschüsse sind Einlagen in Geld, die über die Stammeinlagen hinaus zu leisten sind, falls dies in der Satzung so vorgesehen ist und die Gesellschafterversammlung einen entsprechenden Entschluss gefasst hat. Typische Fälle sind Liquiditätsschwierigkeiten oder Illiquidität und Unterkapitalisierung (vgl. § 64 GmbHG: Insolvenzantragspflicht). Einzelheiten sind in den §§ 26 und 27 GmbHG geregelt. Allerdings spielen Nachschussregelungen heute eine relativ geringe Rolle und in den wenigsten Satzungen findet sich eine Verpflichtung zur Leistung von Nachschüssen. Dies ist verständlich, da statt Nachschüssen genauso Gesellschafterdarlehen gegeben werden können, die im Insolvenzfall jedoch unter Umständen eigenkapitalersetzend und damit wie Stammeinlagen oder Nachschüsse „verloren“ sind. Werden Nachschüsse gezahlt, so sind diese in die Kapitalrücklage einzustellen (vgl. § 272 HGB) und können in Stammkapital umgewandelt werden, soweit die Satzung nicht etwas anderes vorsieht.

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11 Verbot der Rückzahlung von Stammkapital

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Die §§ 30 und 31 GmbHG sind zwei sehr wichtige Vorschriften, mit denen Geschäftsführer und Gesellschafter immer wieder in Konflikt geraten. Die Vorschriften lauten: § 30 GmbHG: (1) Das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft darf an die Gesellschafter nicht ausgezahlt werden. (2) Eingezahlte Nachschüsse können, soweit sie nicht zur Deckung eines Verlustes am Stammkapital erforderlich sind, an die Gesellschafter zurückgezahlt werden … § 31 GmbHG: (1) Zahlungen, welche den Vorschriften des § 30 zuwider geleistet sind, müssen der Gesellschaft erstattet werden. (2) War der Empfänger in gutem Glauben, so kann die Erstattung nur insoweit verlangt werden, als sie zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist. (3) Ist die Erstattung von dem Empfänger nicht zu erlangen, so haften für den zu erstattenden Betrag, soweit er zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist, die übrigen Gesellschafter nach dem Verhältnis ihrer Geschäftsanteile. Beiträge, welche von einzelnen Gesellschaftern nicht zu erlangen sind, werden nach dem bezeichneten Verhältnis auf die übrigen verteilt. (4) Zahlungen, welche auf Grund der vorstehenden Bestimmungen zu leisten sind, können den Verpflichteten nicht erlassen werden. 79

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11 Verbot der Rückzahlung von Stammkapital

(5) Die Ansprüche der Gesellschaft verjähren in fünf Jahren; die Verjährung beginnt mit dem Ablauf des Tages, an welchem die Zahlung, deren Erstattung beansprucht wird, geleistet ist. Fällt dem Verpflichteten eine bösliche Handlungsweise zur Last, so findet die Bestimmung keine Anwendung. (6) Für die in den Fällen des Absatzes 3 geleistete Erstattung einer Zahlung sind den Gesellschaftern die Geschäftsführer, welchen in betreff der geleisteten Zahlung ein Verschulden zur Last fällt, solidarisch zum Ersatz verpflichtet. Zweck des Auszahlungsverbots in § 30 GmbHG ist die Erhaltung des Stammkapitals. Diese Bestimmung ist zwingendes Recht, kann also durch den Gesellschaftsvertrag nicht außer Kraft gesetzt werden. Das Auszahlungsverbot wird von den Gerichten streng gehandhabt. § 30 verbietet dem Geschäftsführer, Aktivvermögen der GmbH an Gesellschafter wegzugeben, sofern das Stammkapital der Gesellschaft dadurch angegriffen oder bereits angegriffenes Stammkapital weiter aufgezehrt wird. Bei Auszahlungen im Sinne des § 30 GmbHG muss es sich nicht unbedingt um Geldleistungen handeln. Andere Vermögensgegenstände wie Maschinen, Waren oder Forderungen kommen genauso in Betracht. Ob das Stammkapital angegriffen wird oder bereits angegriffen ist, errechnet sich nicht in einem Vermögensstatus (vgl. BGH GmbHR 1989, 154), sondern nach dem gemäß §§ 242 ff., 264 ff. HGB aufgestellten Jahresabschluss. Das Auszahlungsverbot des § 30 GmbHG ist in der Praxis hauptsächlich bei verdeckten Gewinnausschüttungen und eigenkapitalersetzenden Darlehen (vgl. Ziffer 12 des Buches) von Bedeutung.

Zu dieser Problematik folgender Fall: Wünsche hat seiner Wünsche-GmbH ein Darlehen von 200.000 Euro gegeben. Zwecks leichterer Finanzierung seines Eigenheims möchte sich Wünsche sein Darlehen wieder auszahlen lassen.

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11 Verbot der Rückzahlung von Stammkapital

Die aktuelle Bilanz der Wünsche-GmbH zeigt folgendes Bild: Aktiva

Euro

Passiva

Vermögen

150.000

Fehlbetrag

50.000

Stammkapital 100.000 Verlust 100.000 Darlehen 200.000

200.000

Euro

Euro 0 200.000 200.000

Kann Wünsche die Zahlung von 200.000 Euro entnehmen? Nach den §§ 30, 31 GmbHG sind bezüglich der Überschuldung 50.000 Euro, bezüglich des Stammkapitals 100.000 Euro gebunden. Frei sind also maximal: Vermögen . /. Überschuldung . /. Stammkapital

150.000 Euro 50.000 Euro 100.000 Euro . 0 Euro

Wünsche muss somit auf die Darlehenstilgung verzichten. Diese Auslegung der §§ 30, 31 GmbHG hat sich aus der Rechtsprechung des BGH entwickelt. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von den so genannten „BGH-Regeln“, im Gegensatz zu den so genannten „Novellen-Regeln“. Gemeint sind die durch die Novellierung des GmbHG im Jahre 1980 eingeführten §§ 32a und 32b GmbHG. Würde im obigen Beispiel über das Vermögen der Wünsche-GmbH ein Insolvenzverfahren eröffnet, so würde Wünsche gemäß den Novellen-Regeln mit seinem Gesellschafterdarlehen in voller Höhe (200.000 Euro) ausfallen. (vgl. auch Ziffer 12 des Buches).

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12 Kapitalersetzende Darlehen

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Wie schon im letzten Kapitel ausgeführt, wurden 1980 die §§ 32a, 32b GmbHG neu in dieses Gesetz eingefügt. In den Jahren 1994 bis 1998 wurden sie nochmals abgeändert durch das Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung und das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich. Sie sind in der Praxis sehr bedeutsam, daher wird im Folgenden ein Überblick gegeben. Nachfolgend zunächst der Gesetzeswortlaut in der heutigen Fassung: § 32a GmbHG: (1) Hat ein Gesellschafter der Gesellschaft in einem Zeitpunkt, in dem ihr die Gesellschafter als ordentliche Kaufleute Eigenkapital zugeführt hätten (Krise der Gesellschaft), statt dessen ein Darlehen gewährt, so kann er den Anspruch auf Rückgewähr des Darlehens im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft nur als nachrangiger Insolvenzgläubiger geltend machen. (2) Hat ein Dritter der Gesellschaft in einem Zeitpunkt, in dem ihr die Gesellschafter als ordentliche Kaufleute Eigenkapital zugeführt hätten, statt dessen ein Darlehen gewährt und hat ihm ein Gesellschafter für die Rückgewähr des Darlehens eine Sicherung bestellt oder hat er sich dafür verbürgt, so kann der Dritte im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft nur für den Betrag verhältnismäßige Befriedigung verlangen, mit dem er bei der Inanspruchnahme der Sicherung oder des Bürgen ausgefallen ist. (3) Diese Vorschriften gelten sinngemäß für andere Rechtshandlungen eines Gesellschafters oder eines Dritten, die der Darlehensgewährung nach Absatz 1 oder 2 wirtschaftlich entsprechen. Die 83

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12 Kapitalersetzende Darlehen

Regeln über den Eigenkapitalersatz gelten nicht für den nicht geschäftsführenden Gesellschafter, der mit zehn vom Hundert oder weniger am Stammkapital beteiligt ist. Erwirbt ein Darlehensgeber in der Krise der Gesellschaft Geschäftsanteile zum Zweck der Überwindung der Krise, führt dies für seine bestehenden oder neugewährten Kredite nicht zur Anwendung der Regeln über den Eigenkapitalersatz. § 32b GmbHG: Hat die Gesellschaft im Fall des § 32a Abs. 2, 3 das Darlehen im letzten Jahr vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag zurückgezahlt, so hat der Gesellschafter, der die Sicherung bestellt hatte oder als Bürge haftete, der Gesellschaft den zurückgezahlten Betrag zu erstatten; § 146 der Insolvenzordnung gilt entsprechend. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherung im Zeitpunkt der Rückzahlung des Darlehens entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherung gedient hatten, der Gesellschaft zu ihrer Befriedigung zur Verfügung stellt. Diese Vorschriften gelten sinngemäß für andere Rechtshandlungen, die der Darlehensgewährung wirtschaftlich entsprechen. Warum sind eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen so verbreitet? Sie bringen der Gesellschaft im Gegensatz zu den Vorschriften über das Nachschusskapital schnell und ohne große Förmlichkeiten Geld in die Kasse und wiegen die Gesellschafter in der Illusion, dieses Geld alsbald ohne große Förmlichkeiten zurückzuerhalten. Das dies zumindest in der Krise der GmbH nicht der Fall ist, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der vorstehend zitierten Gesetzestexte, die durch § 135 InsO ergänzt werden, welcher wie folgt lautet: Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die für die Forderung eines Gesellschafters auf Rückgewähr eines kapitalersetzenden Darlehens oder für eine gleichgestellte Forderung

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12 Kapitalersetzende Darlehen

1. Sicherung gewährt hat, wenn die Handlung in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist; 2. Befriedigung gewährt hat, wenn die Handlung im letzten Jahr vor dem Eröffnungsantrag oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist. Die gesetzlichen Neuregelungen (Novellen-Regeln) bilden zusammen mit den Grundsätzen der Rechtsprechung (BGH-Regeln) einen umfassenden Eigenkapitalschutz zugunsten der Gläubiger der GmbH. Zunächst schützen die BGH-Regeln durch die analoge Anwendung der §§ 30, 31 GmbHG auf kapitalersetzende Gesellschafterdarlehen auch außerhalb der Insolvenz das Gesellschaftsvermögen und dadurch die Gläubiger in Höhe des verlorenen Stammkapitals. Die Novellen-Regeln werden zum Schutz der Gesellschaftsgläubiger relevant, sobald das Insolvenzverfahren eröffnet ist. Dann wird aus einem Gesellschafterdarlehen in voller Höhe, und nicht nur bis zur Höhe des verbrauchten Stammkapitals, eine nachgeordnete Insolvenzforderung. Eine solch strenge Regelung kann im Einzelfall die Sanierung eines Unternehmens verhindern. Daher enthält § 32a Abs. 3 Satz 3 GmbHG ein so genanntes Sanierungsprivileg. Insbesondere Kredit gebende Banken sollten davor geschützt werden, dass sie infolge ihrer Beteiligung an der Sanierung gesicherte Rechtspositionen verlieren. Anlass war wohl eine Entscheidung des BGH im Jahre 1981, welcher im normalen Bankgeschäft vergebene Bankkredite als Eigenkapitalersatz angesehen hatte, wenn die Kredit gebende Bank oder ihr Tochterunternehmen Anteile am Kreditschuldner hält. Der BGH hatte das Stehenlassen von Altkrediten der Hingabe neuer Darlehen gleichgestellt. Zur Verdeutlichung einer Neuregelung der Insolvenzordnung nachfolgende Fälle: Aufgrund von Management-Fehlern ist die Bauplanung-GmbH in finanzielle Turbulenzen geraten. Die Hausbank lehnt eine weitere Aufstockung des Kontokorrentkredits ab. Um Zahlungs85

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12 Kapitalersetzende Darlehen

unfähigkeit abzuwenden, gibt Gesellschafter Sorglos ein Darlehen von 500.000 Euro. Dennoch muss die Bauplanung-GmbH später Insolvenz anmelden und Sorglos meldet seine Darlehensforderung auf Aufforderung des Insolvenzgerichts beim Insolvenzverwalter an. Zu Recht? Nach altem Konkursrecht und der alten Fassung des § 32a GmbHG konnte der Konkursverwalter der Forderungsanmeldung begründet widersprechen. Seit Inkrafttreten der Insolvenzordnung ist auch das eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen in das Insolvenzverfahren grundsätzlich mit einbezogen, allerdings als nachrangige Insolvenzforderung mit wenig Aussicht auf eine Quote. Es zeigt sich hier die Richtigkeit des alten unternehmerischen Grundsatzes „Wirf schlechtem Geld nie gutes hinterher!“ Abwandlung des Ausgangsfalls: Aufgrund des Eintreffens von Forschungssubventionen in erheblichem Umfang konnte das Insolvenzverfahren bei der Bauplanung-GmbH gerade noch abgewendet werden. Gesellschafter Sorglos möchte zwei Jahre nach Hingabe des Darlehens nunmehr seine zur Rückzahlung fälligen 500.000 Euro ausgezahlt erhalten. Geschäftsführer Findig erklärt, dass eine Rückzahlung in den nächsten Jahren aufgrund der Vermögenssituation der Gesellschaft nicht in Frage komme. Eine Umschuldung auf Bankdarlehen wäre unmöglich wegen des Verlangens der Bank nach weiteren Sicherheiten und entsprechender Verzinsung. Kann Gesellschafter Sorglos seine 500.000 Euro zurückfordern? Liegt kein Fall der §§ 30–32b GmbHG vor (Stammkapital wieder vorhanden, keine Insolvenzgefahr), so kann Gesellschafter Sorglos tatsächlich sein Darlehen zurückfordern. Allerdings ist dieser Fall aus der Praxis kritisch zu sehen. Wird das Darlehen des Gesellschafters Sorglos nicht verzinst, müssten für ein entsprechendes Bankdarlehen aber Zinsen aufgewandt werden, so kann der entstehende Zinsaufwand die Rendite bei schlechter Ertragslage völlig aufzehren. Die nächste Krise der Gesellschaft

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12 Kapitalersetzende Darlehen

ist dann vorprogrammiert. Eine einvernehmliche Regelung zwischen Gesellschafter und Gesellschaft, z. B. über langfristige Rückzahlungsmodalitäten, ist hier sicherlich die beste Lösung. Der Gewährung eines eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehens kann die Gebrauchsüberlassung von Vermögensgegenständen durch den Gesellschafter unter bestimmten Voraussetzungen gleichstehen. Überlässt ein Gesellschafter der GmbH in der Krise einen Gegenstand zum Gebrauch, vermietet er ihr also beispielsweise ein Grundstück, so ist dies bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen nach der Rechtsprechung wie ein kapitalersetzendes Darlehen zu behandeln. Zahlt die GmbH dem Gesellschafter Miete, so muss der Gesellschafter diese zurückgewähren.

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13 Gesellschafter und Gesellschafterversammlung

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Die Rechte und Pflichten der Gesellschafter bzw. der Gesellschafterversammlung sind in den §§ 45–51b GmbHG geregelt. Die Gesellschafter sind die wahren Unternehmer in der GmbH. Sie sind das oberste Willensorgan. Die Geschäftsführer sind weisungsgebunden und so je nach Gesellschafts- und Geschäftsführervertrag in ihrem Handeln von den Gesellschaftern mehr oder weniger abhängig. Dem Gesellschaftsvertrag kommt damit erhebliche Bedeutung zu. Sofern sich hier keine eindeutigen Vorschriften über Rechte und Pflichten der Gesellschafter finden, gelten die Bestimmungen der §§ 46–51 GmbHG (vgl. § 45 GmbHG). Nach § 46 GmbHG unterliegen der Bestimmung der Gesellschafter: 1. die Feststellung des Jahresabschlusses und die Verwendung des Ergebnisses; 2. die Einforderung von Einzahlungen auf die Stammeinlagen; 3. die Rückzahlung von Nachschüssen; 4. die Teilung sowie die Einziehung von Geschäftsanteilen; 5. die Bestellung, Abberufung und Entlastung von Geschäftsführern; 6. die Maßregeln zur Prüfung und Überwachung der Geschäftsführung; 7. die Bestellung von Prokuristen und von Handlungsbevollmächtigten zum gesamten Geschäftsbetrieb; 8. die Geltendmachung von Ersatzansprüchen, welche der Gesellschaft aus der Gründung oder Geschäftsführung gegen Geschäftsführer oder Gesellschafter zustehen sowie die Vertretung der Gesellschaft in Prozessen, welche sie gegen die Geschäftsführer zu führen hat. 89

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13 Gesellschafter und Gesellschafterversammlung

Nach § 47 Abs. 1 GmbHG sind Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit zu treffen, sofern Gesellschaftsvertrag oder Gesetz nicht etwas anderes vorsehen. Hier wird die Wichtigkeit einer Mehrheit von über 50 % der Stimmen deutlich. Wesentliche unternehmerische Entscheidungen ohne das Erfordernis von Satzungsänderungen treffen der oder die Gesellschafter, die einzeln oder zusammen mehr als 50 % der Stimmen haben. Die Mehrheit bestimmt sich nach den Nennbeträgen der Geschäftsanteile (vgl. § 47 Abs. 2 GmbHG). Davon kann allerdings abgewichen werden. Stimmrechte können anders verteilt sein und es können auch stimmrechtslose Gesellschaftsanteile oder Mehrstimmrechte geschaffen werden. Die Stimmabgabe ist gemäß § 47 Abs. 3 GmbHG auch durch Bevollmächtigte möglich. Sie kann jedoch im Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen oder auf bestimmte Personen beschränkt werden. Nach § 47 Abs. 4 GmbHG hat ein Gesellschafter, der durch eine Beschlussfassung entlastet oder von einer Verbindlichkeit befreit werden soll, in einer Gesellschafterversammlung kein Stimmrecht. Hier ist insbesondere die Entlastung des Gesellschafter-Geschäftsführers, die Befreiung von einer Verbindlichkeit und Ähnliches angesprochen. Nach Auffassung des OLG Düsseldorf ist § 47 Abs. 4 GmbHG weit auszulegen (Urteil vom 24. 02. 2000 – 6 U 77/99): „1. Das Stimmverbot des § 47 Abs. 4 GmbHG gilt über den Gesetzeswortlaut hinaus für alle Gesellschafterbeschlüsse, die darauf abzielen, das Verhalten eines Gesellschafters – ähnlich wie bei einer Entlastung – zu billigen oder zu missbilligen. Bei der Beschlussfassung, ob ein Gesellschafter wegen einer Pflichtverletzung zur Rechenschaft gezogen werden soll, ist er deshalb nicht stimmberechtigt. 2. Haben mehrere Gesellschafter gemeinsam eine Pflichtverletzung begangen, sind sie auch wechselseitig von der Abstimmung, ob deswegen Maßnahmen gegen die Beteiligten getroffen werden sollen (Geltendmachung von Ansprüchen, Abberufung als Geschäftsführer, Kündigung des Anstellungsvertrages und Einziehung des Geschäftsanteils aus wichtigem Grund), ausgeschlossen. Das gilt unabhängig davon, ob darüber in einem Akt oder für jeden Beteiligten gesondert abgestimmt wird.

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13 Gesellschafter und Gesellschafterversammlung

3. Entgegen einem Stimmverbot abgegebene Stimmen sind nichtig und bleiben bei der Berechnung der nach § 47 Abs. 1 GmbHG erforderlichen Mehrheit außer Betracht.“ Die Beschlüsse der Gesellschafter werden in Versammlungen gefasst. Gesellschafterversammlungen müssen nicht abgehalten werden, wenn sich sämtliche Gesellschafter schriftlich mit der zu treffenden Bestimmung oder mit der schriftlichen Abgabe der Stimmen einverstanden erklären (§ 48 Abs. 2 GmbHG). Die Gesellschafterversammlung wird durch die Geschäftsführer einberufen (vgl. § 49 Abs. 1 GmbHG). Wenn es im Interesse der Gesellschaft erforderlich erscheint und insbesondere, wenn es sich zeigt, dass die Hälfte des Stammkapitals verloren ist, müssen die Geschäftsführer eine außerordentliche Gesellschafterversammlung einberufen (vgl. § 49 Abs. 2 und 3 GmbHG). Auch Minderheitsgesellschafter können eine Gesellschafterversammlung einberufen, wenn sie zusammen 10 % des Stammkapitals repräsentieren (§ 50 Abs. 1 GmbHG). Die Einberufung zur Gesellschafterversammlung muss mittels eingeschriebenen Briefes erfolgen (vgl. § 51 Abs. 1 GmbHG). Die gesetzliche Frist ist eine Woche. Zumeist werden in der Satzung jedoch längere Fristen vereinbart (z. B. 10 Tage oder 2 Wochen). Wichtig ist für den einberufenden Geschäftsführer insbesondere, dass der Zweck der Versammlung, das heißt die einzelnen Tagesordnungspunkte, genau spezifiziert und im eingeschriebenen Brief den Gesellschaftern mitgeteilt werden. Fehlt diese Voraussetzung, wurden also Tagesordnungspunkte nicht oder nur ungenügend spezifiziert, so können Beschlüsse nur gefasst werden, wenn sämtliche Gesellschafter anwesend sind (vgl. § 51 Abs. 3 GmbHG). Durch die GmbH-Novelle im Jahre 1980 wurden die §§ 51a und 51b GmbHG neu eingefügt. Danach ist der Geschäftsführer verpflichtet, jedem Gesellschafter auf Verlangen unverzüglich Auskunft über die Angelegenheiten der Gesellschaft zu geben und Einsicht in die Bücher und Schriften zu gestatten (§ 51a Abs. 1 GmbHG). Die Auskunft und die Einsicht darf der Geschäftsführer dann verweigern, wenn zu befürchten ist, dass diese Informationen vom Gesellschafter zu gesellschaftsfremden Zwecken verwendet werden und 91

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13 Gesellschafter und Gesellschafterversammlung

dadurch der GmbH oder einem verbundenen Unternehmen ein nicht unerheblicher Nachteil zugefügt wird. Die Verweigerung muss allerdings von der Gesellschafterversammlung beschlossen werden. Das Auskunfts- und Einsichtsrecht des Gesellschafters ist zwingend und kann durch den Gesellschaftsvertrag nicht aufgehoben werden (vgl. § 51a Abs. 2 und 3 GmbHG).

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14 Sorgfaltspflichten und andere Grundsätze für den Geschäftsführer

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Die vielleicht für den Geschäftsführer wichtigste Vorschrift im GmbHRecht, zumindest was seinen persönlichen Haftungsumfang anbelangt, findet sich in § 43 GmbHG. Dort heißt es: (1) Die Geschäftsführer haben in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden. (2) Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen, haften der Gesellschaft solidarisch für den entstandenen Schaden. (3) Insbesondere sind sie zum Ersatze verpflichtet, wenn den Bestimmungen des § 30 zuwider Zahlungen aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft gemacht oder den Bestimmungen des § 33 zuwider eigene Geschäftsanteile der Gesellschaft erworben worden sind. Auf den Ersatzanspruch finden die Bestimmungen in § 9b Abs. 1 entsprechende Anwendung. Soweit der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger der Gesellschaft erforderlich ist, wird die Verpflichtung der Geschäftsführer dadurch nicht aufgehoben, daß dieselben in Befolgung eines Beschlusses der Gesellschafter gehandelt haben. (4) Die Ansprüche aufgrund der vorstehenden Bestimmungen verjähren in fünf Jahren. § 43 GmbHG umfasst damit jede Pflichtverletzung, die Geschäftsführer bei der Ausübung ihrer Tätigkeit begehen. Für daraus entstehende Schäden haften die Geschäftsführer der Gesellschaft solidarisch, das heißt jeder von ihnen in voller Höhe.

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14 Sorgfaltspflichten und andere Grundsätze für den Geschäftsführer

14.1

Weisungsgebundenheit des Geschäftsführers

Der Geschäftsführer ist weisungsgebunden. Reglementierungen ergeben sich aus der Satzung, aus Gesellschafterbeschlüssen und natürlich aus den Vorschriften des Dienstvertrages. Das Weisungsrecht der Gesellschafter besteht jederzeit für jeden Sachverhalt ohne Begründungszwang. Ein Beispielsfall: Schulze ist Fremdgeschäftsführer der SB Stahlbau GmbH. Der mit 60 % an der GmbH beteiligte Gesellschafter Hagen besucht Schulze in seinem Büro und erteilt ihm die Weisung, in Helgoland eine Filiale zu eröffnen. Schulze ist von der Sinnlosigkeit dieses Vorhabens überzeugt und versucht ihm das auszureden. Hagen besteht jedoch auf seiner Forderung. Was kann Schulze tun? Der Geschäftsführer ist nur an die Weisungen der Gesellschafterversammlung, nicht aber an Weisungen einzelner Gesellschafter gebunden. Der richtige Weg ist also, eine Gesellschafterversammlung einzuberufen und diese Maßnahme auf die Tagesordnung zu setzen. In der Versammlung wird der Geschäftsführer die Gesellschafter beraten. Die Sinnlosigkeit einer Standortentscheidung z. B. kann er mit Marktrecherchen und Kosten-/Nutzenrechnungen nachweisen. Bekommt der Geschäftsführer dennoch die entsprechende Weisung der Gesellschafterversammlung, so muss er diese auch in die Tat umsetzen. Natürlich sollte er seine Vorbehalte oder seinen gegenteiligen Ratschlag zu Protokoll bringen, um später – bei einem Fehlschlag – eventuellen Haftungs-problemen aus dem Weg zu gehen. Der Geschäftsführer tut gut daran, die Gesellschafter etwa bezüglich geplanter geschäftlicher Aktivitäten zu beraten und seine Ansichten deutlich machen. Der versierte Geschäftsführer wird dies immer so tun, dass er jederzeit den schriftlichen Nachweis durch Gesprächsprotokolle erbringen kann. Die Abgrenzung, was ein Geschäftsführer tun darf und was nicht, sollte in einer ausführlichen Stellenbeschreibung bzw. Geschäftsordnung getroffen sein. Ist dies nicht der Fall, muss der Geschäftsführer im eigenen Interesse auf eine klare Regelung drängen, insbesondere

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14.2 Die Nichtübertragbarkeit von Geschäftsführerbefugnissen

wenn sich zwei oder mehrere Personen die Geschäftsführung teilen. Entsteht der Gesellschaft nämlich wegen schlechter Organisation der Geschäftsführung ein Schaden, so kann einen jeden Geschäftsführer ein Organisationsverschulden mit der Folge der persönlichen Haftung treffen. Sind die Aufgaben und Kompetenzen nicht klar verteilt, so besteht die Gefahr der Haftung aller Geschäftsführer für die Pflichtverletzung eines einzelnen von ihnen. So kann es beispielsweise bei Fehlen einer festen Abgrenzung zu einer persönlichen Haftung eines ausschließlich technisch ausgebildeten Geschäftsführers kommen, auch wenn der Fehler alleine dem Mitgeschäftsführer unterlaufen ist, der sich gewöhnlich um die kaufmännische Seite kümmert. Es gilt daher eine Trennung von Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortungsbereichen schriftlich zu fixieren.

14.2

Die Nichtübertragbarkeit von Geschäftsführerbefugnissen

Der Geschäftsführer kann seine organschaftliche Stellung nicht auf Dritte, z. B. einzelne Gesellschafter oder den Aufsichtsrat, übertragen. Er kann natürlich einem Dritten Generalvollmacht erteilen, aber er haftet bei mangelnder Überwachung für dessen Pflichtverletzungen. Die Vertretungsbefugnis des Geschäftsführers ist nach außen (vgl. §§ 36, 37 GmbHG) nicht beschränkbar, sondern nur im Innenverhältnis.Wurde beispielsweise intern geregelt, dass der Geschäftsführer nur Kredite bis zu einem Gesamtbetrag von 100.000 Euro aufnehmen kann und nimmt er dennoch einen Kredit von 500.000 Euro auf, so hat diese Pflichtverletzung bei Eintritt eines Schadens im Außenverhältnis mit der Bank keine Wirkung. Im Innenverhältnis kann die Gesellschaft den Geschäftsführer jedoch wegen Übertretung seiner Befugnisse haftbar machen. Eine Beschränkung der Vertretungsmacht ist im Außenverhältnis insoweit möglich, als dem Geschäftsführer lediglich Gesamtvertretungsberechtigung eingeräumt wird. Das bedeutet, dass der Geschäftsführer nur mit einem anderen Geschäftsführer oder nur mit einem Prokuristen gemeinsam rechtsgültig zeichnen darf. Diese Einschränkung muss jedoch im Handelsregister eingetragen sein. 95

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14 Sorgfaltspflichten und andere Grundsätze für den Geschäftsführer

14.3

Kenntnis aller maßgeblichen Vorschriften

Natürlich wird kein Geschäftsführer alle Vorschriften, die für seine Tätigkeit einschlägig sind, kennen. Jedoch kann er sich bei der Verletzung seiner Sorgfaltspflicht nicht darauf berufen, dass er eine relevante Vorschrift nicht kannte. Ein Beispielsfall: Die Technics GmbH hat seit geraumer Zeit Liquiditätsprobleme. Dipl.-Kaufmann Rechner, einziger Geschäftsführer im Hause, kann aufgrund eines schweren Autounfalls sein Amt nicht mehr wahrnehmen. Die Gesellschafter beraten und schlagen dem Leiter der Technik, Dipl.-Physiker Findig, vor, die Geschäftsführung zu übernehmen. Findig freut sich, ist die Berufung doch mit einem für ihn erheblichen Gehaltssprung verbunden. Er wird als Geschäftsführer ins Handelsregister eingetragen. Schon in den ersten Wochen seiner Tätigkeit merkt Findig, dass es Zahlungsprobleme gibt und er fast ausschließlich damit beschäftigt ist, Schecks bei Kunden persönlich abzuholen. Die GmbH fällt später in Konkurs und Findig werden verschiedene Verstöße zur Last gelegt (Verspätete Anmeldung des Konkurses, ungenügende Führung der Bücher etc.). Findig ist der Auffassung, er könne weder zivil- noch strafrechtlich belangt werden, da er von der Lage der GmbH nichts wusste und außerdem von entsprechenden Gesetzen und Vorschriften überhaupt keine Kenntnis gehabt habe. Liegt Findig richtig? Nein. Denn auch hier gilt, dass Unkenntnis nicht vor rechtlichen Konsequenzen schützt. Kein Geschäftsführer kann sich darauf berufen, dass er zu jung, zu unerfahren oder doch offensichtlich ungeeignet sei oder gewesen sei. Das Verschulden von Findig liegt bereits in der Annahme des Geschäftsführeramtes. Allerdings kommt unter Umständen wegen der Verletzung der Überwachungspflicht und der Auswahlpflicht der Gesellschafterversammlung ein Mitverschulden der Gesellschafter in Betracht mit der Folge, dass Schadensersatzansprüche der GmbH gegen ihn erschwert sind.

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14.5 Wettbewerbsverbot

14.4

Die Verantwortlichkeit gegenüber der Gesellschaft

Der Geschäftsführer geht treuhänderisch mit dem Kapital der Gesellschaft um. Anders als ein Einzelkaufmann handelt er nicht für sein eigenes, sondern für ein fremdes Unternehmen. Den Geschäftsführer trifft deshalb eine erhöhte Sorgfaltspflicht. Ein Beispielsfall: Die Projekt-Management GmbH hat mit einer großen Handelskette einen Vertrag über das Projekt-Management bezüglich der Erstellung eines großen Hochregallagers geschlossen. Geschäftsführer Mächtig ist stolz, diesen Vertrag nunmehr unter Dach und Fach zu haben, musste sich allerdings bei Überschreiten der vereinbarten Fristen auf eine Konventionalstrafe von 10.000 Euro pro Verspätungstag einlassen. Das Geschäft boomt und Mächtig nimmt weitere Aufträge herein. Wegen Arbeitsüberlastung können Termine nicht eingehalten werden und die Handelskette nimmt die Projekt-Management GmbH auf Zahlung der Konventionalstrafe in Anspruch. Die GmbH zahlt durch ihren organschaftlichen Vertreter Mächtig. Bei der nächsten Besprechung des nicht sehr guten Quartalsergebnisses monieren die Gesellschafter die Zahlung der Konventionalstrafe und fordern von Mächtig Schadensersatz. Den Vorwurf, er habe die Auftragsabwicklung schlecht organisiert, so dass es vorhersehbar war, dass die Termine nicht eingehalten werden konnten, kann Mächtig nicht widerlegen. Mächtig muss zahlen.

14.5

Wettbewerbsverbot

Dieser Grundsatz betrifft die Treuepflicht des Geschäftsführers gegenüber der Gesellschaft. Sich ihm bietende Geschäftschancen, auch außerhalb seiner Arbeitszeit, wie z. B. im Urlaub, muss er der Gesellschaft anbieten, und erst wenn diese sie nicht wahrnimmt, kann er sie unter Umständen nutzen.

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14 Sorgfaltspflichten und andere Grundsätze für den Geschäftsführer

Ein Beispielsfall: An der Fa. FFI-Immobilien Vermittlungsgesellschaft GmbH sind die Immobilienfachfrauen Fricka und Freia zu je 50 % beteiligt. Beide sind zugleich auch alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführerinnen. Fricka lernt bei einer gesellschaftlichen Veranstaltung den Bauunternehmer Alberich kennen, der ihr den Auftrag erteilt, ein von ihm errichtetes Mehrfamilienhaus im Wert von 1 Mio. Euro zu vermakeln. Da Fricka Geld für den Kauf eines neuen Cabrios benötigt, informiert sie die Mitgeschäftsführerin über den Auftrag nicht, führt ihn alleine aus und vereinnahmt die Maklerprovision in Höhe von 34.500 Euro für sich selbst. Wenig später lernt auch Freia den Alberich kennen, der ihr von dem Geschäft berichtet. Sie ist empört und verlangt von Fricka die Hälfte des Betrages. Zu Recht? Fricka war aufgrund der Treuepflicht des Geschäftsführers verpflichtet, den Maklerauftrag für die GmbH entgegenzunehmen und in der GmbH das verdiente Honorar zu vereinnahmen. Die Verletzung dieser Verpflichtung löst einen Schadensersatzanspruch der GmbH aus. Fricka muss 34.500 Euro an die GmbH zahlen. Dagegen kann Freia nicht Zahlung an sich verlangen, auch nicht des hälftigen Betrages. Der Schadensersatzanspruch steht der GmbH zu, nicht etwa den dahinter stehenden Gesellschaftern entsprechend der Höhe ihrer Beteiligungen. Ein weiterer Fall: Fasolt ist geschäftsführender Gesellschafter der Fa. FAG Automobile GmbH. Der Kunde Fafner, der schnell Geld braucht, bietet ihm einen in Stuttgart gebauten, zwei Jahre alten Oberklassewagen für 30.000 Euro an. Der Listenpreis beträgt 60.000 Euro. Fasolt bezahlt den Betrag aus der eigenen Tasche und ersteht das Fahrzeug für sich selbst. Das Finanzamt entdeckt bei einer Betriebsprüfung zwei Jahre später diesen Vorgang und sieht darin eine verdeckte Gewinnausschüttung. Fasolt will sich dagegen vor dem Finanzgericht wehren. Hat er Erfolgsaussichten? Aufgrund seiner Treuepflicht hätte Fasolt das Fahrzeug für die

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14.6 Stellvertretende Geschäftsführer und faktische Geschäftsführer

von ihm vertretene GmbH kaufen müssen. Er hat das Geschäft an sich selbst gezogen und die damit verbundene Gewinnchance für sich selbst verwertet. Die GmbH, repräsentiert durch ihn selber, hat Kenntnis von diesem Schadensersatzanspruch, macht ihn aber nicht geltend. Die unterlassene Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs und die damit verbundene Vermögensminderung bei der GmbH stellt eine verdeckte Gewinnausschüttung dar mit den entsprechenden körperschaftsteuerlichen und gewerbesteuerlichen Konsequenzen. Auf der Grundlage der zivilrechtlichen Beurteilung des Sachverhalts als Verstoß gegen die gesellschaftliche Treuepflicht wird das Finanzgericht die Klage abweisen. Aus Gründen der Kostenersparnis ist ihm deshalb von der aussichtslosen Klage abzuraten.

14.6

Stellvertretende Geschäftsführer und faktische Geschäftsführer

In § 44 GmbHG heißt es: Die für die Geschäftsführer gegebenen Vorschriften gelten auch für Stellvertreter von Geschäftsführern. Eine Eintragung als „stellvertretender Geschäftsführer“ in das Handelsregister ist allerdings nicht möglich, vgl. BGH GmbHR 1998, 182. Ob also jemand Geschäftsführer, stellvertretender Geschäftsführer, Hauptgeschäftsführer, Sprecher der Geschäftsführung oder Vorsitzender der Geschäftsführung ist, spielt bezüglich der Anwendbarkeit der Vorschriften für Geschäftsführer auf ihn keine Rolle. Das Gleiche betrifft den faktischen Geschäftsführer, also den, der nicht im Handelsregister eingetragen ist, jedoch faktisch die Geschäfte führt.

Beispiele: – Es wurde einfach vergessen, Neumann als neuen Alleingeschäftsführer im Handelsregister einzutragen; Neumann nimmt aber alle Rechte und Pflichten eines Geschäftsführers faktisch wahr, 99

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14 Sorgfaltspflichten und andere Grundsätze für den Geschäftsführer

deshalb finden alle Vorschriften für Geschäftsführer auf ihn Anwendung; – Anlässlich des Generationswechsels in der Geschäftsführung überträgt Altmann, nunmehr über 60 Jahre alt, seinem Schwiegersohn Jungmann die Geschäfte und lässt sich aus dem Handelsregister austragen. Aufgrund der Tatsache, dass Jungmann „noch nicht so weit ist“, führt Altmann die Geschäfte faktisch weiter und steht damit dem eingetragenen Geschäftsführer gleich. Zur Abrundung des Themas ein Hinweis auf § 43a GmbHG, der wie folgt lautet: Den Geschäftsführern, anderen gesetzlichen Vertretern, Prokuristen oder zum gesamten Geschäftsbetrieb ermächtigten Handlungsbevollmächtigten darf Kredit nicht aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft gewährt werden. Ein entgegen Satz 1 gewährter Kredit ist ohne Rücksicht auf entgegenstehende Vereinbarungen sofort zurückzugewähren. Diese Vorschrift zielt in die gleiche Richtung wie die §§ 30 und 31 GmbHG (Verbot der Rückzahlung von Stammkapital an die Gesellschafter), nämlich Schutz des Stammkapitals im Interesse der Gläubiger und auch der Gesellschafter.

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15 Grundlagen der Bilanzierung

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Auch wenn eine GmbH regelmäßig einen Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Buchhalter oder Leiter des Rechnungswesens hat, so sollte auch der technische Geschäftsführer die Grundlagen der Bilanzierung und Gewinnermittlung kennen. Für die Richtigkeit der von ihm unterschriebenen Bilanzen und Steuererklärungen haftet jeder Geschäftsführer, selbst wenn er den Inhalt dieser Unterlagen im Detail gar nicht kennt oder werten kann.

15.1

Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz

Mittelständische GmbH erstellen in aller Regel lediglich eine Handelsbilanz, das heißt eine Bilanz nach den Vorschriften des HGB. Eine gesonderte Steuerbilanz wird meist nicht erstellt. Vom Handelsrecht abweichende steuerliche Regelungen werden in den einzelnen Steuererklärungen berücksichtigt und finden sichtbar in der Handelsbilanz dadurch ihren Niederschlag, dass die Position „Steuern vom Einkommen und vom Ertrag“ gar nicht so recht zum ausgewiesenen Jahresüberschuss oder Jahresfehlbetrag passt. Grundsätzlich ist die Handelsbilanz für die steuerrechtliche Gewinnermittlung maßgebend (vgl. § 5 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes [EStG], § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes [KStG]). Damit Handels- und Steuerbilanz „gleichlaufen“, gibt es den Grundsatz der so genannten „umgekehrten Maßgeblichkeit“, das heißt, dass steuermindernde Wertansätze nur dann anerkannt werden, wenn sie auch in die Handelsbilanz übernommen werden.

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15 Grundlagen der Bilanzierung

15.2

Aufstellungsfristen für Jahresabschlüsse und Größenklassen

Nach § 264 HGB sind die Geschäftsführer der GmbH verpflichtet, den Jahresabschluss und den Lagebericht in den ersten drei Monaten des Geschäftsjahres für das vergangene Geschäftsjahr aufzustellen. Kleine Kapitalgesellschaften dürfen den Jahresabschluss und den Lagebericht auch später aufstellen, wenn dies einem ordnungsgemäßen Geschäftsgang entspricht, spätestens jedoch innerhalb der ersten sechs Monate des Geschäftsjahres. An dieser Stelle sollen die Begriffe „kleine“, „mittelgroße“ und „große“ Kapitalgesellschaften erklärt werden (§ 267 HGB): – Kleine GmbH (nicht prüfungspflichtig): Bilanzsumme nicht größer als Umsatzerlöse nicht mehr als Zahl der Arbeitnehmer bis zu

3,438 Mio. Euro 6,875 Mio. Euro 50 (Jahresdurchschnitt)

– Mittelgroße GmbH (prüfungspflichtig, mindestens durch vereidigten Buchprüfer): Bilanzsumme nicht größer als Umsatzerlöse nicht mehr als Zahl der Arbeitnehmer bis zu

13,75 Mio. Euro 27,50 Mio. Euro 250 (Jahresdurchschnitt)

– Große GmbH (prüfungspflichtig durch Wirtschaftsprüfer): Bilanzsumme größer als 13,75 Mio. Euro Umsatzerlöse mehr als 27,50 Mio. Euro Zahl der Arbeitnehmer mehr als 250 (Jahresdurchschnitt)

Kleine GmbH sind solche, die mindestens zwei der drei vorstehend genannten Größenmerkmale für kleine GmbH nicht überschreiten.

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15.3 Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung (GoB)

Mittelgroße GmbH sind solche, die mindestens zwei der drei für die kleine GmbH relevanten Größenmerkmale überschreiten, jedoch jeweils mindestens zwei der drei für mittelgroße GmbH maßgeblichen Merkmale nicht überschreiten. Auch treten die Rechtsfolgen der vorgenannten Merkmale nur ein, wenn sie an den Abschlussstichtagen von zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren über- oder unterschritten werden (§ 267 Abs. 4 HGB). Beim Sprung von der kleinen zur mittelgroßen GmbH sollte man darauf achten, dass die Abschlüsse der GmbH erstmalig prüfungspflichtig sind. Es kam mehrfach vor, dass Unternehmen den Sprung zur mittelgroßen GmbH schon einige Jahre hinter sich hatten, jedoch nie den Abschluss haben prüfen lassen. Im Zweifel sind alle nicht geprüften Jahresabschlüsse nichtig. Gewinnausschüttungen aufgrund nichtiger Jahresabschlüsse können bei dem Gesellschafter rückforderbar sein (vgl. dazu aber § 32 GmbHG).

15.3

Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung (GoB)

Das Rechnungswesen ist für den Geschäftsführer ein wichtiges Führungsinstrument. Der Geschäftsführer sollte deshalb die Grundsätze kennen, die im Rahmen der Buchführung und Bilanzierung herrschen. Oberstes Prinzip der Buchführung und Abschlusserstellung ist die Einhaltung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (§§ 238, 243 HGB). Durch das Bilanzrichtlinien-Gesetz von 1985 sind alle wichtigen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung im HGB gesetzlich geregelt. Dennoch hat die Erwähnung dieser Grundsätze einen Sinn, denn bei der Beurteilung von heute noch nicht absehbaren Entwicklungen in Wirtschaft und Technik und bei der Auslegung bestehender Vorschriften in Grenzfällen ist auf die ungeschriebenen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung zurückzugreifen. Folgende Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung finden sich im HGB, wobei hier die für alle Kaufleute und die nur für GmbH geltenden Grundsätze zusammengefasst sind: – Stichtagsprinzip (§§ 242 Abs. 1 und 2 HGB), – Persönliche Zuordnung (§ 242 Abs. 1 HGB: „sein“ Vermögen und „seine“ Schulden), 103

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15 Grundlagen der Bilanzierung

– Klarheit und Übersichtlichkeit (§ 243 Abs. 2, 247 Abs. 1 HGB), – Spezielle Gliederungsvorschriften für den Jahresabschluss der GmbH (§§ 265,266, 268, 275, 277 HGB), – Vollständigkeit (§ 246 Abs. 1 HGB), – Verrechnungsverbot (§ 246 Abs. 2 HGB), – Kontinuität, – Bilanzidentität (§ 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB), – Bewertungsstetigkeit (§ 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB), – Going-concern-Prinzip (§ 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB), – Prinzip der Einzelbewertung (§ 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB), – Grundsatz der Vorsicht (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB), – Imparitätsprinzip (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 1. Halbs. HGB), – Niederstwertprinzip (§ 253 Abs. 1–3 HGB), – Realisationsprinzip (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 2. Halbs. HGB), – Spezielle Bewertungsregeln für GmbH (§§ 279–282 HGB), – Periodengerechte Zuordnung von Aufwendungen und Erträgen (§ 252 Abs. 1 Nr. 5 HGB). Zum Grundsatz der Vorsicht nachstehend ein Beispielsfall: Der Geschäftsführer der Häberle GmbH ist der Auffassung, die GmbH sei Inhaberin eines Schadensersatzanspruchs in Höhe von 102.000 Euro gegen die Fa. Maier GmbH, die im Jahre 2003 unberechtigt einen Auftrag an die Häberle GmbH storniert hatte. Der Anspruch wird im Jahre 2004 eingeklagt. Die Firma Maier GmbH räumt das Bestehen einer Schadensersatzverpflichtung in Höhe von 7.500 Euro ein, weigert sich aber zu zahlen. Im Übrigen ist die Firma Maier GmbH überaus solvent. Der Geschäftsführer der Häberle GmbH möchte wegen einer unerwarteten Ertragsverschlechterung den Anspruch gegen die Firma Maier GmbH mit dem Betrag von 102.000 Euro in der Jahresbilanz per 31. 12. 2003 ausweisen. 2005 wird der Prozess rechtskräftig gewonnen. In welcher Höhe kann die Firma Häberle GmbH die Forderung per 31. 12. 2003 aktivieren? Das Realisationsprinzip besagt, dass vorsichtig zu bewerten ist. Da für die Firma Häberle GmbH aus der Sicht des Bilanzaufstellungstages im Jahre 2004 nicht auszuschließen ist, dass der

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15.4 Verdeckte Gewinnausschüttungen

Prozess gegen die Firma Maier GmbH erfolglos bleibt, kann aus Vorsichtsgründen nur der Betrag von 7.500 Euro aktiviert werden. Andererseits muss aber die Firma Maier GmbH bereits 2003 nach dem Imparitätsprinzip eine Rückstellung bilden, denn es besteht das nicht von vornherein von der Hand zu weisende Risiko einer Verurteilung zur Zahlung des vollen Betrages. Mit der Bilanz- und Bewertungsstetigkeit ist gemeint, dass die auf den vorhergehenden Jahresabschluss angewendeten Bewertungsmethoden beibehalten werden sollen. Dies bedeutet z. B., dass ein Wirtschaftsgut, das bisher linear abgeschrieben wurde, jetzt nicht aus bilanzpolitischen Gründen auf einmal degressiv abgeschrieben werden kann.

15.4

Verdeckte Gewinnausschüttungen

Zu so genannten verdeckten Gewinnausschüttungen (vGA) kommt es, wenn Gewinnbestandteile den Gesellschaftern oder diesen nahe stehenden Personen von der Gesellschaft nicht tatsächlich als Gewinne ausbezahlt werden, sondern in einer anderen Form (z. B. Gehälter, Mieten u. a.) zufließen. Diese Zahlungen, als Betriebsausgaben deklariert, haben den Gewinn und damit die Gewerbe- und Körperschaftsteuer gemindert und müssen bei der Einkommensermittlung dem Gewinn wieder zugerechnet werden. VGA findet man besonders oft bei Familiengesellschaften und Gesellschafter-Geschäftsführern. Die Frage, ob nun eine vGA vorliegt oder nicht, ist im Einzelfall nicht einfach zu beantworten. In der täglichen Praxis sollte man einen Fremdvergleich anstellen. Das heißt, dass der Geschäftsführer sich bei Geschäften mit Gesellschaftern fragt, ob er dieses Geschäft auch mit einem Fremden, einem Nichtgesellschafter, so abschließen und durchführen würde. Bei der vGA müssen die Vorteile nicht unbedingt dem Gesellschafter selbst gewährt werden, sondern es reicht aus, wenn sie einer dem Gesellschafter nahe stehenden Person und diesem damit nur mittelbar zufließen. Diese Personen können Angehörige, Verwandte oder auch verbundene Unternehmen sein. Im Gesetz findet sich keine Definition für vGA. In § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG steht lediglich, dass vGA das Einkommen nicht mindern. 105

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15 Grundlagen der Bilanzierung

In Abschnitt 31 der Körperschaftsteuerrichtlinien (KStR) sind einige Beispiele aufgeführt, unter anderem: 1. Ein geschäftsführender Gesellschafter erhält ein unangemessen hohes Gehalt. Sollte man hier Zweifel haben, so empfiehlt es sich, die in den einschlägigen Wirtschaftszeitungen erscheinenden branchenbezogenen und betriebsgrößenbezogenen Gehaltsspiegel von Geschäftsführern heranzuziehen. Damit fällt die Orientierung und gegebenenfalls auch die Argumentation gegenüber dem Betriebsprüfer leichter. 2. Eine GmbH zahlt an einen Gesellschafter erfolgsabhängige Vergütungen neben einem angemessenen Gehalt. Hierzu ist zu bemerken, dass derartige Vergütungen nie umsatzbezogen, sondern gewinn- oder deckungsbeitragsbezogen sein sollten. Festgehalt und Tantieme sollten im Verhältnis 75 zu 25 zueinander stehen. Diese Relation ist etwa alle drei Jahre zu überprüfen und gegebenenfalls ist die Tantiemeregelung der Entwicklung anzupassen. 3. Ein Gesellschafter erhält von der Gesellschaft ein Darlehen zinslos oder zu einem außergewöhnlich geringen Zinssatz. 4. Ein Gesellschafter erhält von der GmbH ein Darlehen, obwohl schon bei der Darlehensgewährung mit der Uneinbringlichkeit gerechnet werden muss. 5. Ein Gesellschafter gibt der GmbH ein Darlehen zu einem gemessen an Marktgegebenheiten überhöhten Zinssatz. 6. Ein Gesellschafter liefert an die Gesellschaft Waren oder erwirbt von dieser Waren oder andere Wirtschaftsgüter zu ungewöhnlichen Preisen oder erhält besondere Preisnachlässe und Rabatte. Gängiges Beispiel ist das Verkaufen von Firmenwagen nach der Abschreibungsdauer unter Marktpreis. 7. Eine Gesellschaft übernimmt zugunsten eines Gesellschafters eine Schuld oder andere Verpflichtungen, z. B. Bürgschaften. 8. Ein Dritter, der nicht nur für die GmbH, sondern auch für einen Gesellschafter persönlich tätig ist, erhält dafür eine Gesamtvergütung, die die Gesellschaft als Aufwand verbucht. Ein Beispiel ist die Haushaltshilfe des geschäftsführenden Gesellschafters, die auch für die GmbH arbeitet und alleine von der GmbH bezahlt wird. Natürlich sind auch Zahlungen von Arbeitslohn an Ehe-

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15.4 Verdeckte Gewinnausschüttungen

gatten, die nicht oder nicht der Zahlung angemessen tätig waren, vGA. Seit 1989 verwendet der erste Senat des Bundesfinanzhof (BFH) eine noch weitergehende Definition der vGA. Danach ist eine vGA eine Vermögensminderung oder „verhinderte Vermögensmehrung“, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht. Danach muss ein Vermögensabfluss also nicht stattfinden – es reicht, dass eine Vermögensmehrung verhindert wird. Im Jahre 1995 hat der BFH allerdings seine Rechtsprechung zum Verstoß gegen das zivilrechtliche Wettbewerbsverbot des beherrschenden Gesellschafters und des Alleingesellschafters entscheidend entschärft. Eine vGA durch Verletzung des Wettbewerbsverbots kommt seither nur noch in Betracht, wenn eine Gewinnverlagerung zulasten der GmbH durch Ausnutzung von Geschäftschancen, die der GmbH gebühren, stattfindet. Der Alleingesellschafter einer GmbH unterliegt ohnehin keinem Wettbewerbsverbot. Ein weiterer Beispielsfall: Stein ist geschäftsführender Gesellschafter der Stein-PlanungsGmbH und hält gleichzeitig 80 % der Anteile dieser GmbH, die restlichen 20 % hält sein Vater, der seit einiger Zeit nicht mehr in der Gesellschaft tätig ist. Weder im Gesellschaftsvertrag der GmbH noch im Geschäftsführervertrag findet sich eine Befreiung vom Wettbewerbsverbot. In der Geschäftspost findet Stein eines Tages den äußerst lukrativen Auftrag eines privaten Bauherren, für den die Stein-Planungs-GmbH schon früher mehrfach tätig war, ein Landhaus an der Nordsee zu einem Planungshonorar von 35.000 Euro zu entwerfen. Stein entschließt sich, diesen Auftrag im eigenen Namen und für eigene Rechnung auszuführen, weil er aufgrund hoher Verlustzuweisungen aus Immobilieneigentum in Leipzig in diesem Jahr nur ein sehr geringes steuerliches Einkommen hat. Dadurch entgeht der GmbH ein Gewinn in Höhe von circa 25.000 Euro nach Abzug ersparter Aufwendungen; insoweit liegt eine vGA vor. 107

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15 Grundlagen der Bilanzierung

Zur verdeckten Gewinnausschüttung nachfolgend einige Entscheidungen des Bundesfinanzhofes aus der Zeit nach Erscheinen der 4. Auflage: BFH, Urteil vom 27.02.2003 – I R 80 u. 81/01: „1. Für die Angemessenheit der Vergütungen von GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführern ist die Finanzverwaltung nicht berechtigt, feste Höchstbeträge festzulegen; wo im konkreten Einzelfall die Grenze zwischen (noch) angemessenen und (schon) unangemessenen Gesamtbezügen hinsichtlich ihrer absoluten Höhe und der Struktur verläuft, ist eine Frage, deren Beantwortung dem Finanzgericht durch Schätzung vorbehalten ist. 2. Der Höhe nach angemessene Gesamtbezüge sind generell nicht allein deshalb teilweise als verdeckte Gewinnausschüttungen anzusehen, weil sie zu mehr als 25 v. H. aus Tantiemen bestehen; vielmehr muss jeweils im Einzelfall ermittelt werden, ob ein höherer Tantiemeanteil insgesamt oder teilweise durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist.“ BFH, Urteil vom 27.02.2002 – I R 46/01 – „1. Verspricht eine Kapitalgesellschaft ihrem GesellschafterGeschäftsführer eine Gewinntantieme, so führt dies zu einer vGA, soweit die Gesamtausstattung des Gesellschafter-Geschäftsführers unter Berücksichtigung der Tantiemeleistungen unangemessen hoch ist. 2. Die Angemessenheit der Gesamtausstattung eines Gesellschafter-Geschäftsführers muss grundsätzlich anhand derjenigen Umstände und Erwägungen beurteilt werden, die im Zeitpunkt der Gehaltsvereinbarung vorgelegen haben und angestellt worden sind. 3. Die Höhe der angemessenen Bezüge ist im Einzelfall durch Schätzung zu ermitteln. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Bereich des angemessenen sich auf eine Bandbreite von Beträgen erstrecken kann. Unangemessen sind nur diejenigen Bezüge, die den oberen Rand dieser Bandbreite übersteigen. 4. Die Entscheidung darüber, wie ein ordentlicher Geschäftsleiter eine gewinnabhängige Vergütung bemessen und ggf. nach oben

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15.4 Verdeckte Gewinnausschüttungen

begrenzt hätte, obliegt im gerichtlichen Verfahren grundsätzlich den FG. Dessen Würdigung ist im Revisionsverfahren nur eingeschränkt überprüfbar. 5. Steht im Zeitpunkt des Vertragsschlusses ein sprunghafter Gewinnanstieg ernsthaft im Raum, so kann es bei Vereinbarung einer gewinnabhängigen Vergütung geboten sein, diese auf einen bestimmten Höchstbetrag zu begrenzen. 6. Arbeitet ein Gesellschafter-Geschäftsführer zusätzlich für weitere Unternehmen, so ist dies bei der Bestimmung des angemessenen Gehalts in der Regel mindernd zu berücksichtigen. 7. Ist die Gesamtausstattung eines Gesellschafter-Geschäftsführers angemessen, so muss nicht schon deshalb eine vGA vorliegen, weil die Vergütung zu mehr als 25 v. H. aus variablen Anteilen besteht.“ BFH, Urteil vom 04.06.2003 – I R 38/02 – „1. Die Angemessenheit der Gesamtausstattung eines Gesellschafter-Geschäftsführers muss grundsätzlich anhand derjenigen Umstände und Erwägungen beurteilt werden, die im Zeitpunkt der Gehaltsvereinbarungen vorgelegen haben und angestellt worden sind. 2. Die Höhe der angemessenen Bezüge ist im Einzelfall durch Schätzung zu ermitteln. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Bereich des angemessenen und sich auf eine Bandbreite von Beträgen erstrecken kann. Unangemessen sind nur diejenigen Beträge, die den oberen Rand dieser Bandbreite übersteigen. 3. Die Entscheidung darüber, wie ein ordentlicher Geschäftsführer eine gewinnabhängige Vergütung bemessen und ggf. nach oben begrenzt hätte, obliegt im gerichtlichen Verfahren grundsätzlich dem FG. Dessen Würdigung ist im Revisionsverfahren nur eingeschränkt überprüfbar. 4. Die als angemessen anzusehende Gesamtausstattung bezieht sich regelmäßig auf die Gesamtgeschäftsführung. Bei Bestellung mehrerer Gesellschafter-Geschäftsführer müssen deswegen insbesondere bei sog. kleineren GmbH ggf. Vergütungsabschläge vorgenommen werden, die von den Unterschieden in den Aufgabenstellungen, in der zeitlichen Beanspruchung und in der für den Betrieb der GmbH zu tragenden Verantwortung abhängen. 109

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15 Grundlagen der Bilanzierung

In Ausnahmefällen können auch Gehaltszuschläge gerechtfertigt sein. Es kann jedoch auch bei einer kleineren GmbH nicht pauschal von den Vergleichswerten ausgegangen werden, die sich für einen Geschäftsführer und einen leitenden Angestellten ergeben.“ BFH, Urteil vom 17.12.2003 – I R 16/02 – „1. Eine Gewinntantieme von über 50 v. H. des Jahresüberschusses zugunsten der beiden Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH ist auch dann regelmäßig als verdeckte Gewinnausschüttung zu beurteilen, wenn sie zwar auf die Anlaufphase der neu gegründeten GmbH zeitlich beschränkt ist, es der GmbH aber durch den Erwerb eines Einzelunternehmens, in dem einer der jetzigen Gesellschafter-Geschäftsführer zuvor als leitender Mitarbeiter angestellt war, möglich ist, ohne die typischen Anfangsschwierigkeiten eines neu eröffneten Unternehmens sofort am Markt teilzunehmen. 2. Eine zugunsten des Gesellschafters unübliche Tantiemeregelung verliert ihre Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis nicht allein dadurch, dass die Vertragsparteien bei andere Gehaltsbestandteilen zum Vorteil der Gesellschaft vom üblichen abweichen (hier: ungewöhnlich niedriges Festgehalt).“

15.5

Gewinnverwendung

Nach § 29 Abs. 1 GmbHG haben die Gesellschafter Anspruch auf den Jahresüberschuss zuzüglich eines Gewinnvortrages und abzüglich eines Verlustvortrages. Die Verteilung erfolgt nach dem Verhältnis der Geschäftsanteile, sofern im Gesellschaftsvertrag keine abweichende Regelung getroffen ist (§ 29 Abs. 3 GmbHG). Dies bedeutet, dass die Gesellschafterversammlung frei beschließen kann, wie der Gewinn zu verteilen ist, und zwar mit einfacher Mehrheit, sofern nicht etwas anderes geregelt ist. Früher ergab sich aus § 29 GmbHG a.F. grundsätzlich ein Vollausschüttungsgebot. Heute kann nach § 29 Abs.2 GmbHG n.F. durch einfachen Mehrheitsbeschluss thesauriert, das heißt Beträge in Gewinnrücklagen eingestellt oder als Gewinn vorgetragen werden.

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15.5 Gewinnverwendung

Diese Änderung wurde vollzogen, um die Eigenkapitalbildung der GmbH zu fördern. Beispielsfall: An einer Heizungsbau-GmbH sind Alfons zu 80 % und seine beiden Schwestern zu je 10 % beteiligt. Seit Jahren gibt es Streit um die Ausschüttungen. Die jüngere Schwester besteht auf einer vollständigen Ausschüttung, um ihr neu errichtetes Eigenheim besser abzahlen zu können, die andere Schwester hat sich auf ihre Seite geschlagen. Alfons dagegen will durch Einbehaltung der Gewinne die Eigenkapitalbasis der GmbH verbreitern. Er beschließt deshalb Jahr für Jahr gemäß den §§ 29, 46 Nr. 1 GmbHG in den ordnungsgemäß einberufenen Gesellschafterversammlungen gegen die Stimmen der beiden Schwestern, dass der Jahresüberschuss in die Gewinnrücklagen (§ 272 Abs. 3 HGB) eingestellt wird. Verfährt Alfons rechtmäßig? Nach § 29 GmbHG darf voll thesauriert werden. Private Interessen (Finanzierung des Eigenheims der Schwester) müssen hinter Gesellschaftsinteressen zurücktreten. Dieser Beschluss hätte von Alfons auch gefasst werden können, wenn er nur 51 % der Stimmanteile hätte (§ 47 GmbHG). Alfons tut jedoch gut daran, seinen Schwestern die Gründe für die Thesaurierung eingehend zu erläutern. Zerstreiten sich die Gesellschafter nämlich nachhaltig, so können auch Minderheitsgesellschafter durch intensive Ausübung ihrer Rechte, z. B. auf Auskunftserteilung und Einsichtnahme in die Bücher (§ 51a GmbHG) oder durch Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen mittels Anfechtungsklage dem Hauptgesellschafter und dem Geschäftsführer das Leben schwer machen. Beachten muss der Geschäftsführer in diesem Zusammenhang die Vorschrift des § 30 Abs. 1 GmbHG. Dort heißt es, dass das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft an die

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15 Grundlagen der Bilanzierung

Gesellschafter nicht ausgezahlt werden darf. Mit anderen Worten, Gewinne dürfen nur ausgeschüttet werden, sofern das Stammkapital dadurch nicht angegriffen wird. Ein weiterer Beispielsfall: Die Satzung der Schlaukopf Beratungs-GmbH sieht vor, dass die Gesellschafter ohne Rücksicht auf das Jahresergebnis Anspruch auf eine Vorabverzinsung ihrer Stammeinlagen mit 4 % über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank, mindestens mit 8 % jährlich, haben. Die Zinsen sind jeweils auf das Jahresende zur Zahlung fällig. Im Übrigen erfolgt die Verteilung des Jahresergebnisses im Verhältnis der Geschäftsanteile. Durch einen großen Zahlungsausfall im letzten Geschäftsjahr und eine unbefriedigende Gewinnsituation seit der Gründung vor zwei Jahren beträgt das Eigenkapital zum 31. 12. nur noch 45.000 Euro (Stammkapital 50.000 Euro; Verlustvortrag 5.000 Euro). Geschäftsführer Schlaukopf verzinst die Stammeinlagen wie im Gesellschaftsvertrag vorgesehen und zahlt die Beträge an die Gesellschafter. Zu Recht? Es liegt offensichtlich eine unter § 30 GmbHG fallende Auszahlung vor. Durch die Zahlung der Zinsen wird das Stammkapital, von dem bereits 5.000 Euro aufgezehrt sind, weiter angegriffen. Der Geschäftsführer hat also zu Unrecht ausbezahlt. Er muss nach § 31 GmbHG die Zahlungen zurückfordern, wenn er nicht gegenüber der GmbH schadensersatzpflichtig werden will. Kann er bei den Gesellschaftern Rückzahlung nicht erlangen, so muss er gemäß § 31 Abs. 6 GmbHG damit rechnen, als Haftender persönlich von der GmbH in Anspruch genommen zu werden, gegebenenfalls auch noch nach Jahr und Tag durch den Insolvenzverwalter.

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16 Die GmbH in der Krise

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Von der Krise der GmbH wird gesprochen, wenn die Hälfte des Stammkapitals verloren ist oder wenn die Gesellschaft insolvenzreif ist. In beiden Fällen ist der Geschäftsführer gefordert, wenn er sich nicht der persönlichen Haftung und der Strafverfolgung aussetzen will. In § 49 Abs. 3 GmbHG heißt es : (3) Insbesondere muß die Versammlung unverzüglich berufen werden, wenn aus der Jahresbilanz oder aus einer im Laufe des Geschäftsjahres aufgestellten Bilanz sich ergibt, dass die Hälfte des Stammkapitals verloren ist. Zur Verdeutlichung eine typische Situation: Der Geschäftsführer der MBG Maschinenbau-GmbH weiß durch zeitnahe Buchhaltung und durch ein funktionsfähiges „Chefzahlen“-Informationssystem bestens über sein Unternehmen Bescheid. Am 08. 06. erhält er von seinem Controller per 31. 05. nachstehende Zahlen der fortgeschriebenen Bilanz: Aktiva Anlagevermögen Umlaufvermögen

Passiva 350.000 150.000 500.000

Stammkapital Bilanzverlust Verbindlichkeiten

100.000 . /. 50.000 450.000 500.000

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16 Die GmbH in der Krise

Es ist fraglich, ob in dieser Situation für den Geschäftsführer irgendeine Verpflichtung besteht, etwas zu tun. Nach § 84 Abs. 1 Nr. 1 GmbHG muss er den Gesellschaftern einen Verlust in Höhe der Hälfte des Stammkapitals anzeigen. Dies bedeutet die Einberufung einer Gesellschafterversammlung mit dem Tagesordnungspunkt „Verlust der Hälfte des Stammkapitals“. Verletzt er diese Verpflichtung, so kann er mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bestraft werden (siehe Ziffer 17 des Buches).

16.1

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens

Durch das Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung wurde die im GmbHG enthaltene gesetzliche Vorschrift (§ 64 Abs. 1 GmbHG), betreffend die Insolvenzantragspflicht des Geschäftsführers neu gefasst. (1) Wird die Gesellschaft zahlungsunfähig, so haben die Geschäftsführer ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen. Dies gilt sinngemäß, wenn sich eine Überschuldung der Gesellschaft ergibt. Die InsO selbst definiert in § 17 Abs. 2 die Zahlungsunfähigkeit und in § 19 Abs. 2 die Überschuldung. § 17 Abs. 2 InsO lautet: (2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat. § 19 Abs. 2 InsO lautet: (2) Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt. Bei der Bewertung des Vermögens des Schuldners ist jedoch die Fortführung

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16.1 Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens

des Unternehmens zugrunde zu legen, wenn diese nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich ist. Neu sind die Bestimmungen des § 18 InsO: (1) Beantragt der Schuldner die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, so ist auch die drohende Zahlungsunfähigkeit Eröffnungsgrund. (2) Der Schuldner droht zahlungsunfähig zu werden, wenn er voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. Ein Vergleich des Wortlauts der vorgenannten Vorschriften ergibt zunächst, dass die Geschäftsführer zur Stellung des Insolvenzantrages nur verpflichtet sind, wenn die Tatbestände der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung vorliegen. Die drohende Zahlungsunfähigkeit gibt den Geschäftsführern, nicht jedoch Dritten (Gläubigern) einen Eröffnungsgrund. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens setzt aber nach § 16 InsO voraus, dass ein Eröffnungsgrund gegeben ist. Die Zahlungsunfähigkeit lässt sich dann leicht diagnostizieren, wenn überhaupt nicht mehr gezahlt wird und auf Dauer nicht mehr gezahlt werden kann. Schwierigkeiten gibt es bei der Abgrenzung zwischen den im Gesetz genannten Tatbestandsmerkmalen der Zahlungseinstellung und der Zahlungsstockung, das heißt einem Zustand, in dem die Geschäftsführer feststellen, dass sie zwar momentan nicht zahlen, demnächst aber wieder zahlen können, etwa weil ein wichtiger Kunde dann Zahlungen geleistet haben wird. In diesem Zusammenhang ist fraglich, was „demnächst“ bedeutet. In der juristischen Literatur werden zu dieser Frage diverse Meinungen vertreten; der Zeitraum schwankt zwischen 10 Tagen und 6 Wochen. Es bietet sich an, die neue Verzugsvorschrift des § 284 Abs. 3 BGB in die Betrachtung mit einzubeziehen. Danach tritt Verzug auch ohne Mahnung und ohne, dass die Leistung kalendermäßig bestimmt ist, 30 Tage nach Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufforderung ein. Dies würde bedeuten, dass 30 Tage nach Zugang der Rechnungen oder Zahlungsaufforderungen, wenn diese nicht beglichen werden 115

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16 Die GmbH in der Krise

können, nicht mehr von Zahlungsstockung, sondern von Zahlungsunfähigkeit gesprochen werden muss. Weitaus aufwendiger ist die Feststellung der Überschuldung. Das Gesetz bestimmt, dass eine Bewertung des Vermögens des Schuldners stattzufinden hat. Es lässt nach dem Wortlaut offen, nach welcher objektiven Methode dies zu erfolgen hat und nennt stattdessen für eine denkbare Variante, nämlich dass die Fortführung des Unternehmens wahrscheinlich sei, die Fortführungsbilanz (Stichwort auch: „going concern“) als Kriterium. Als Gegenpol zur Fortführung des Unternehmens steht die Zerschlagung des Unternehmens, korrespondierend damit die Zerschlagungsbilanz. Eine Maschine in der Produktion hat regelmäßig einen vielfach höheren Wert, wenn mit ihr zukünftig Produkte hergestellt werden können, als wenn sie im Rahmen einer Insolvenz verwertet werden muss. Dies gilt für alle Bestandteile des Unternehmens. Demzufolge wird die Fortführungsbilanz in der Regel zur Feststellung eines höheren Vermögens führen als die Zerschlagungsbilanz. Für die Geschäftsführer ergibt sich die Frage, welche Methode anzuwenden ist. Hier gewinnt § 19 Abs. 2 Satz 2 InsO Bedeutung, der von den Geschäftsführern eine „Fortführungs-“Prognose verlangt. Es müssen objektive Kriterien dafür vorliegen, dass die Krise der GmbH alsbald überwunden werden kann. Den Geschäftsführern ist in Anbetracht der Strafbarkeit der Insolvenzverschleppung (vgl. Ziffer 17 des Buches) wie auch der persönlichen Haftung dringend anzuraten, sich bei der „Fortführungs-“Prognose durch auf diese Fragen spezialisierte Berater (Rechtsanwälte, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer) beraten zu lassen.

16.2

Rechtsfolgen bei Verletzung der Insolvenzantragspflicht

Wie in Ziffer 3 des Buches dargestellt, haftet der Geschäftsführer der Gesellschaft bei Verletzung seiner Obliegenheiten für den entstandenen Schaden.

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16.2 Rechtsfolgen bei Verletzung der Insolvenzantragspflicht

§ 64 Abs. 2 GmbHG konkretisiert die Haftung für Fehlverhalten im Zusammenhang mit der Insolvenz der Gesellschaft: (2) Die Geschäftsführer sind der Gesellschaft zum Ersatz von Zahlungen verpflichtet, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung ihrer Überschuldung geleistet werden. Dies gilt nicht von Zahlungen, die auch nach diesem Zeitpunkt mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar sind. Auf den Ersatzanspruch finden die Bestimmungen in § 43 Abs. 3 und 4 entsprechende Anwendung. Es handelt sich um einen Schadensersatzanspruch, das heißt der Insolvenzverwalter kann die Geschäftsführer nur dann verpflichten, den Schaden zugunsten des Gesellschaftsvermögens auszugleichen, wenn diese schuldhaft gehandelt haben. Hier gilt aber auch die Umkehr der Darlegungs- und Beweislast (vgl. Ziffer 3.7 des Buches). Während § 64 Abs. 2 GmbHG Rechtsgrundlage für eine Inanspruchnahme der Geschäftsführer durch den Insolvenzverwalter ist, können Gläubiger die Geschäftsführer, wenn diese den Insolvenzantrag zu spät stellen, nach den §§ 64 Abs. 1 GmbHG in Verbindung mit 823 Abs. 2 BGB in Anspruch nehmen. Das Dilemma für die Geschäftsführer besteht aber darin, dass sie sich auch schadensersatzpflichtig machen, wenn sie den Insolvenzantrag überhastet und/oder zu früh stellen und damit Sanierungsmöglichkeiten zunichte machen. Dann haften sie, wie oben bereits dargelegt, nach § 43 Abs. 2 GmbHG. Auch hier ist den Geschäftsführern die Inanspruchnahme qualifizierter Beratung dringend anzuraten.

Ein Fall zur Verdeutlichung: Die Flop GmbH befindet sich in finanzieller Schieflage. Per 31. 03. 2004 besteht Überschuldung. Am 10. 04. 2004 werden für Material 100.000 Euro bezahlt. Am 01. 07. 2004 wird Insolvenzantrag gestellt. Es ergibt sich eine Quote von 30 %.

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16 Die GmbH in der Krise

Der Schadensersatzanspruch der GmbH gegen den Geschäftsführer aus § 64 Abs. 2 GmbHG berechnet sich wie folgt: Zahlungen für Material ./. Quote 30 % = Ersatzanspruch gegen Geschäftsführer

Euro 100.000 Euro 30.000 Euro 70.000

Der Insolvenzverwalter nimmt den Geschäftsführer auf Zahlung an die GmbH in Anspruch und füllt auf diese Weise die Konkursmasse wieder auf; die Zahlung vom 10. 04. 2004 ist unter Berücksichtigung der 30%igen Quote, die dem Zahlungsempfänger zugestanden hätte, wieder ausgeglichen. Auch aus § 43 Abs. 2 GmbHG (Verletzung der Sorgfaltspflicht) haftet der Geschäftsführer für Schäden infolge von unterlassener oder nicht rechtzeitiger Stellung des Insolvenzantrages. Grundsätzlich kann der Geschäftsführer also sowohl von den Gläubigern als auch von der Gesellschaft selbst auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden. Was aber kann der Geschäftsführer tun, um die Gesellschaft aus der Krise zu führen? Hier einige Beispiele: a. Erhöhung des Stammkapitals: Der Geschäftsführer beruft eine Gesellschafterversammlung ein und wirkt auf einen Beschluss zur Erhöhung des Stammkapitals in einer Höhe hin, die sicherstellt, dass die Überschuldung aufgehoben ist und weiterer finanzieller Spielraum bleibt. Ähnlich wirkt die Verpflichtung zur Einzahlung von Nachschüssen, sofern dies in der Satzung entsprechend geregelt und somit machbar ist. Auch eine Einzahlung von neuem Kapital in die Kapitalrücklagen hätte eine ähnliche Funktion. Sie führt zu einer „Bilanzverlängerung“ mit der Folge der Erhöhung des Kapitals bei entsprechender Mehrung des Aktivpostens Bank.

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16.2 Rechtsfolgen bei Verletzung der Insolvenzantragspflicht

b. Bürgschaft eines Gesellschafters: In Betracht kommt die Erteilung einer Bürgschaft eines GmbHGesellschafters gegenüber einem Gläubiger der GmbH, verbunden mit der Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft, diesen freizustellen. Sofern der Gesellschafter hinsichtlich seines Rückgriffsanspruchs gegen die GmbH (dazu nachstehend zu c) den Rangrücktritt erklärt und er wirtschaftlich auch in der Lage ist, den GmbH-Gläubiger zu befriedigen, braucht die GmbH die betreffende Verbindlichkeit in der Überschuldungsbilanz nicht anzusetzen. Der Gesellschafter sollte sich wie jeder Bürger darüber klar sein, dass er ein hohes Risiko übernimmt, für das er ggf. mit seinem Privatvermögen haftet, insbesondere wenn er gegenüber dem Kreditgeber auf die Einrede der Vorausklage verzichtet. c. Rangrücktritt: Die Gesellschaft kann mit einem Gläubiger vereinbaren, dass dieser Gläubiger mit seinen Forderungen hinter die Forderungen aller anderen Gläubiger in der Weise zurücktritt, dass seine Forderungen nur aus künftigen Jahresüberschüssen oder aus einem Liquidationsüberschuss zu tilgen seien. Zivilrechtlich führt der Rangrücktritt nicht zum Erlöschen der Verbindlichkeit und die Gesellschaft schuldet dem Gläubiger nach wie vor den Rückzahlungsbetrag, doch braucht diese Verbindlichkeit nicht in die Überschuldungsbilanz aufgenommen zu werden. d. Forderungsverzicht mit Besserungsklausel: Darunter versteht man einen Forderungsverzicht, bei dem die Verbindlichkeit unter der auflösenden Bedingung erlassen wird, dass der Schuldner sie einschließlich Zinsen erfüllt, wenn die Sanierung eingetreten ist. Hiermit wird das gleiche Ziel verfolgt wie mit dem Rangrücktritt. Allerdings wird hier die Verbindlichkeit tatsächlich – wenn auch bedingt – erlassen, so dass die Forderung zunächst erlischt. Ist die Sanierung eingetreten, das heißt die Überschuldung überwunden und das Stammkapital wieder aufgefüllt, lebt die Verbindlichkeit wieder auf. Diese erloschene Verbindlichkeit ist natürlich erst recht nicht in die Überschuldungsbilanz einzustellen. 119

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16 Die GmbH in der Krise

Bei der Überschuldung der GmbH hilft auch, wenn die Gesellschafter Gesellschafterdarlehen mit Rangrücktrittsvereinbarung zur Verfügung stellen, die im Falle der Krise der GmbH jedoch ohnehin als eigenkapitalersetzende Darlehen gelten und somit zumindest vorübergehend nicht zu tilgen sind.

16.3

Pflichten gegenüber den Sozialversicherungsträgern

Die Abführung der Sozialversicherungsbeiträge obliegt dem Arbeitgeber. Da die Kapitalgesellschaft als solches nicht handlungsfähig ist, trifft diese Obliegenheit die Geschäftsführer. In der Krise des Unternehmens sind die Geschäftsführer dem Druck verschiedener Gläubiger ausgesetzt, die alle ihre Forderungen von den knappen Geldmitteln erfüllt sehen wollen. Die Geschäftsführer müssen sehr wohl abwägen, wem sie das vorhandene Geld zukommen lassen; dies insbesondere auch im eigenen Interesse. Der BGH hat in einem Haftungsprozess gegen GmbH-Geschäftsführer im Jahre 1996 grundlegende Ausführungen zur Geschäftsführerhaftung im Zusammenhang mit der Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen veröffentlicht (Urteil vom 15. 10. 1996 – VI ZR 319/95): „1. Zu den Aufgaben des Geschäftsführers einer GmbH gehört es, dafür zu sorgen, daß die der Gesellschaft auferlegten öffentlichrechtlichen Pflichten, zu denen die Abführung der Arbeitnehmerbeiträge zu den Sozialversicherungen gehört, erfüllt werden. 2. Diesen Pflichten können sich die Geschäftsführer einer mehrgliedrigen Geschäftsleitung weder durch Zuständigkeitsregelungen noch durch Delegation auf andere Personen entledigen. 3. Interne Zuständigkeitsvereinbarungen oder die Delegation von Aufgaben können aber die deliktische Verantwortlichkeit beschränken. In jedem Fall verbleiben ihm Überwachungspflichten, die ihn zum Eingreifen verpflichten können. Eine solche Überwachungspflicht kommt vor allem in finanziellen Krisensituationen zum Tragen, in denen die laufende Erfüllung der Verbindlichkeiten nicht mehr gewährleistet erscheint.“

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16.3 Pflichten gegenüber den Sozialversicherungsträgern

Festzuhalten ist, dass in der Krise des Unternehmens also auch der Geschäftsführer, der nicht für die Abrechnung der Sozialversicherungsbeiträge zuständig ist, sich tunlichst um dieses Thema kümmern sollte, denn grundsätzlich ist auch er trotz Aufgabenteilung weiter verantwortlich. Ob er tatsächlich in Anspruch genommen wird, hängt davon ab, ob er in seiner Person die strafrechtlichen Voraussetzungen für ein vorsätzliches Vorenthalten von Arbeitnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung gemäß § 266a StGB erfüllt hat. Rechtsgrundlage für die Haftung des Geschäftsführers ist über die Verweisungsvorschrift des § 823 Abs. 2 BGB nämlich die Strafvorschrift des § 266a StGB (siehe Ziffer 17 des Buches). Da diese Vorschrift nur die Nichtabführung von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung unter Strafe stellt, ist auch die Haftung der Geschäftsführer insoweit beschränkt. Am gleichen Tag hat der BGH aber auch die Grenzen der Haftung der Geschäftsführer aufgezeigt (Urteil vom 15. 10. 1996 – VI ZR 327/95): „Eine den Tatbestand des § 266a Abs. 1 StGB und damit die haftungsrechtliche Verantwortlichkeit gemäß § 823 Abs. 2 BGB unter dem Gesichtspunkt der Unmöglichkeit pflichtgemäßen Verhaltens ausschließende Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers kann nur dann angenommen werden, wenn dem Arbeitgeber im Fälligkeitszeitpunkt die finanziellen Mittel zur Erfüllung des konkreten, in § 266a StGB normierten Handlungsgebotes zur Abführung der Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung fehlen; ob der Arbeitgeber weitere gegen ihn gerichtete Forderungen, etwa hinsichtlich der Entrichtung der Arbeitgeberbeiträge erfüllen kann, ist ohne Belang.“ Ein besonderer Konflikt entsteht für den GmbH-Geschäftsführer dadurch, dass er einerseits nach § 64 Abs. 2 GmbH-Gesetz verpflichtet ist, die verteilungsfähige Vermögensmasse der insolventen GmbH im Interesse der Gesamtheit der Gläubiger zu erhalten und die bevorzugte Befriedigung einzelner Gläubiger zu unterlassen. Andererseits gilt § 266 a Abs. 1 StGB

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16 Die GmbH in der Krise

„Wer als Arbeitgeber Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung oder zur Bundesanstalt für Arbeit der Einzugstelle vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“ Dazu entschied der Bundesgerichtshof (BGH-Beschluss vom 30.07.2003 – 5 StR 221/2003): „1. Unterlässt der Verantwortliche während des Laufs der Insolvenzantragsfrist nach § 64 Abs. 1 GmbHG die Abführung von Arbeitnehmerbeiträgen an die Sozialversicherung, macht er sich nicht nach § 266 a Abs.s 1 StGB strafbar. 2. Die Strafvorschrift des § 266 a Abs. 1 StGB verlangt auch dann die vorrangige Abführung von Arbeitnehmerbeiträgen, wenn die Zahlung möglicherweise im Insolvenzverfahren später angefochten werden kann.“ Dem Geschäftsführer bliebe dann noch der Einwand (siehe oben BGHUrteil vom 15.10.1996) der fehlenden Leistungsfähigkeit zum Fälligkeitszeitpunkt. Dazu aber sagt der BGH (BGH-Beschluss vom 08.05.2002 – 5 StR 16/2002): „Nach § 266 a Abs. s1 StGB macht sich auch strafbar, wer zwar zum Fälligkeitszeitpunk nicht leistungsfähig war, es aber bei Anzeichen von Liquiditätsproblemen unterlassen hat, Sicherungsvorkehrungen für die Zahlung der Arbeitnehmerbeiträge zu treffen, und dabei billigend in Kauf genommen hat, dass diese später nicht mehr erbracht werden können. Das Vorenthalten von Arbeitnehmerbeiträgen setzt nicht voraus, dass an die Arbeitnehmer tatsächlich Lohn abgeführt wurde.“ Dem Geschäftsführer ist daher dringend anzuraten, Sicherungsvorkehrungen für die Zahlung der Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung bereits dann zu treffen, wenn sich eine Krise andeutet. § 266 a StGB bezieht sich auf die Arbeitnehmeranteile. Abzuführen sind Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteile.

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16.3 Pflichten gegenüber den Sozialversicherungsträgern

Welche Schuld der Schuldner zahlt, kann er bestimmen. Der Geschäftsführer kann daher eine Tilgungsbestimmung dahingehend treffen, dass die noch mögliche Zahlung vorrangig auf die fälligen Arbeitnehmeranteile zu verrechnen ist. Dabei sollte er eine weitere Bestimmung des Bundesgerichtshofes beachten: Der Bundesgerichtshof entschied durch Urteil vom 26.06.2001 – VI ZR 111/2000: „Eine Tilgungsbestimmung des Arbeitgebers dahin, an die sozialver-sicherungsrechtliche Einzugsstelle geleistete Zahlungen sollten vorrangig auf fällige Arbeitnehmeranteile zu den Sozialversicherungsbeiträgen angerechnet werden, kann zwar konkludent erfolgen, muss dann aber greifbar in Erscheinung treten.“ Wichtig für den Geschäftsführer ist es auch zu wissen, dass der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 16. Mai 2000 entschieden hatte, dass der Arbeitnehmerbeitrag zur Sozialversicherung auch dann im Sinne der Strafvorschrift des § 266 a Abs. 1 StGB vorenthalten sein kann, wenn für den betreffenden Zeitraum überhaupt kein Lohn an die Arbeitnehmer ausgezahlt worden ist. Der Geschäftsführer sollte in einer Krisensituation seine Buchhaltung genau überwachen. Dazu entschied der BGH (BGH-Urteil vom 19.01.2001 – VI ZR 407/99: „1. Zu den Pflichten des Geschäftsführers einer GmbH gehört es, sich in der finanziellen Krise des Unternehmens über die Einhaltung von erteilten Anweisungen zur pünktlichen Zahlung fälliger Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung durch geeignete Maßnahmen zu vergewissern. 2. Ein Irrtum des Geschäftsführers über den Umfang seiner Pflicht zur Überwachung einer an die Buchhaltung erteilten Anweisung zur Zahlung fälliger Arbeitnehmerbeiträge ist ein Verbotsirrtum, der in der Regel den Vorsatz hinsichtlich des Vorenthaltens dieser Beiträge nicht entfallen lässt.“ Zum Beginn der persönlichen Verantwortlichkeit für die Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen entschied der BGH (Urteil vom 11.12.2001 – VI ZR 123/2000): 123

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16 Die GmbH in der Krise

„Der Geschäftsführer einer GmbH wird erst mit seiner Bestellung für die Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen verantwortlich. Das pflichtwidrige Verhalten früherer Geschäftsführer kann ihm grundsätzlich nicht zugerechnet werde.“ Die persönliche Verantwortlichkeit des GmbH-Geschäftsführers endet demgegenüber mit wirksamer Amtsniederlegung (vgl. BGH-Urteil vom 19.02.2003 – II ZR 340/2001. Bei mehreren Geschäftsführern gilt nach einer rechtskräftigen Entscheidung des Oberlandesgerichts Schleswig (Urteil vom 07.12.2001 – 14 U 122/2001): „Bei mehreren Geschäftsführern einer GmbH führt eine interne Zuständigkeitsregelung nicht zu einer völligen Aufhebung ihrer Verantwortlichkeit sondern lediglich zu einer Beschränkung, denn grundsätzlich ist jeder Geschäftsführer für alle Angelegenheiten der Gesellschaft – mithin auch für die ordnungsgemäße Abführung der Sozialversicherungsbeiträge – verantwortlich. Der primär für die Lohnbuchhaltung nicht zuständige Geschäftsführer haftet kraft seiner Allzuständigkeit noch für gewisse Überwachungspflichten, die ihn zum Eingreifen veranlassen müssten. Eine solche Überwachungspflicht kommt vor allem in finanziellen Krisensituationen zum Tragen, in denen die laufende Erfüllung der Verbindlichkeiten nicht mehr gewährleistet erscheint. Entscheidend für die Frage der (bedingt vorsätzlichen) Verletzung dieser Überwachungspflicht ist, ob der intern zuständige Geschäftsführer zu den jeweiligen Fälligkeitszeitpunkten Kenntnis von der Finanzkrise der Gesellschaft hatte und ob es für ihn Anhaltspunkte dafür gab, dass die pünktliche und vollständige Abführung der Sozialversicherungsbeiträgen durch den intern dafür zuständigen Mitgeschäftsführer nicht mehr gewährleistet war.“

16.4

Pflichten gegenüber den Finanzbehörden

Auch der Staat droht mit seinen Steuern wegen der regelmäßig geringen Haftungsmasse der GmbH in der Krise auszufallen.

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16.4 Pflichten gegenüber den Finanzbehörden

Der Staat versucht diesen Steuerausfall zu vermeiden, indem er neben den Steuerpflichtigen (die Gesellschaft) als weiteren Haftungsschuldner den Geschäftsführer stellt und beide als Gesamtschuldner haften lässt. Die gesetzliche Haftung des Geschäftsführers ergibt sich aus den §§ 69,34 der Abgabenordnung (AO), die wie folgt lauten: § 69 AO: Die in §§ 34 und 35 bezeichneten Personen haften, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt oder soweit infolgedessen Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden. Die Haftung umfaßt auch die infolge der Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge. § 34 Abs.1 AO: (1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nichtrechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, daß die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten. Für die einzelnen Steuerarten gelten Besonderheiten. Bei der Lohnsteuer wird eine Pflichtverletzung im Sinne des § 34 Abs. 1 AO angenommen, wenn a) einbehaltene Lohnsteuerabzugsbeträge nicht an das Finanzamt abgeführt werden oder b) einbehaltene Lohnsteuerabzugsbeträge nicht rechtzeitig an das Finanzamt abgeführt werden oder c) wenn der Geschäftsführer im Hinblick auf fehlende Mittel der Gesellschaft nicht dafür sorgt, dass die auszuzahlenden entsprechend gekürzt und die Lohnsteuer vom tatsächlich zur Auszah125

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16 Die GmbH in der Krise

lung kommenden niedrigen Betrag berechnet, einbehalten und an das Finanzamt abgeführt wird. Im Übrigen interpretiert die Rechtsprechung die Pflicht des Geschäftsführers dahingehend, dass die Steuerschulden grundsätzlich in etwa demselben Verhältnis zu tilgen sind, wie die übrigen Schulden. Dies bedeutet, dass der Geschäftsführer die dem Finanzamt gegenüber obliegende Verpflichtung verletzt, wenn er andere Gläubiger in größerem Umfang befriedigt. Zu beachten ist, dass bei dieser Betrachtung nicht nur auf bereits fälligen Steuerschulden abzustellen ist, sondern vielmehr bei Befriedigung anderer Gläubiger auch Steuerschulden. § 34 Abs. 1 AO definiert also die in § 69 AO zitierte Pflicht, bei deren Verletzung dem Geschäftsführer die persönliche Haftung droht als eigene Pflicht gegenüber der Finanzverwaltung. Folgerichtig entlastet auch hier (vgl. Ziffer 16.3 des Buches) eine Aufteilung der Verantwortlichkeiten in der Geschäftsführung den einzelnen Geschäftsführer letztlich nicht; unabhängig davon welche Aufgaben er im Rahmen einer Aufgabenverteilung wahrzunehmen hat. Dies gilt erst recht beim Einsatz unterstellter Mitarbeiter oder Dritter, für deren Auswahl und Überwachung der Geschäftsführer immer zuständig bleibt. Die Beschränkung der Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit bietet bei genauerem Hinsehen auch keine durchschlagende Haftungserleichterung, da die Rechtsprechung die ordnungsgemäße Beachtung der Steuergesetze von jedem Geschäftsführer unabhängig vom persönlichen Kenntnis- und Ausbildungsstand verlangt. Eine Nichtbeachtung wird dann leicht als grobe Fahrlässigkeit mit der Folge der vollen persönlichen Haftung angesehen. Die Beweislastumkehr des § 93 AktG (vgl. Ziffer 3.7 des Buches) gilt allerdings für die öffentlich-rechtliche Steuerabführungspflicht zulasten des Geschäftsführers nicht. Neben der Pflicht zur fristgerechten Abführung der Steuern enthalten die AO und das EStG zahlreiche weitere Obliegenheiten des Geschäftsführers gegenüber den Finanzbehörden: a. Einbehalt der Lohnsteuer (§ 38 Abs. 3 EStG ), b. Führung des Lohnkontos (§ 41 EStG),

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16.4 Pflichten gegenüber den Finanzbehörde

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Anmeldung und Abführung der Lohnsteuer (§ 41a EStG ), Führen der Bücher und Aufzeichnungen (§§ 140–148 AO), Erteilung von Auskünften (§ 93 AO), Abgabe der Steuererklärungen (§§ 149–153 AO), Mitteilungen (§§ 137–139 AO).

Auch wenn der Geschäftsführer diese Aufgaben delegiert, bleibt ihm zu empfehlen, sorgfältig abzuwägen, wen er damit beauftragt und auch den Fachmann mindestens stichprobenmäßig zu überwachen. Die Einschaltung eines Steuerberaters kann aber den Geschäftsführer im Einzelfall exkulpieren. So hat der BFH am 11. Mai 1962 - VI 195/60 U – bereits entschieden: „Ist die Lohnsteuer falsch berechnet und infolge dessen zu niedrig einbehalten worden, so kann der Geschäftsführer der GmbH nur haftbar gemacht werden, wenn ihn ein wesentliches Verschulden trifft. Hat der Steuerberater der GmbH die Lohnsteuer zu niedrig berechnet, so braucht der Geschäftsführer dafür im Allgemeinen nicht einzustehen.“ Das Finanzgericht Nürnberg hat am 22. Oktober 1991 – II 104/91 – entschieden: „1. Im Rahmen der Haftung nach § 69 AO muss sich der Geschäftsführer ein Verschulden des Steuerberaters der GmbH bei der Fertigung von Steuererklärungen nicht analog § 278 BGB zurechnen lassen. Ein haftungsbegründendes grob fahrlässiges Verhalten des Geschäftsführers im Sinne von § 69 AO liegt bei der Abgabe fehlerhafter Steuererklärungen dann nicht vor, wenn der Geschäftsführer unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls keine Veranlassung hatte, die vom Steuerberater der GmbH erstellten Steuererklärungen auf deren inhaltliche Richtigkeit zu prüfen.“ Schließlich hat der Bundesfinanzhof am 30. August 1994 – VII R 101/92 – entschieden:

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16 Die GmbH in der Krise

„Dem Geschäftsführer einer GmbH als Haftungsschuldner kann ein Verschulden des steuerlichen Beraters der GmbH bei der Fertigung von Steuererklärung nicht zugerechnet werden. Trifft ihn persönlich kein Auswahl- oder Überwachungsverschulden und hat er keinen Anlass, die inhaltliche Richtigkeit der von dem steuerlichen Berater gefertigten Steuererklärung der GmbH zu prüfen, so haftet er nicht für Steuerverkürzungen, die auf fehlerhaften Steuererklärungen beruhen.“ Dass der Geschäftsführer auch im Bereich Steuern seiner Gesellschaft gegenüber haftet, ergibt sich bereits aus den allgemeinen Ausführungen zur Haftung (vgl. Ziffer 3.5.1 des Buches).

16.5

Die Rechtstellung des Geschäftsführers im Insolvenzeröffnungsverfahren

Durch das Insolvenzeröffnungsverfahren auf einen zuvor gestellten Insolvenzantrag hin ändert sich an der Position des Geschäftsführers einer GmbH zunächst nichts. Der Geschäftsführer bleibt Organ der Gesellschaft mit allen Rechten und Pflichten und führt die Geschäfte der GmbH und vertritt diese. Ein Dienstvertrag besteht unabhängig von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens fort. Der Pflichtenkreis des Geschäftsführers wird jedoch nach der Insolvenzordnung erweitert. Der Geschäftsführer wird auskunftspflichtig nach §§ 101 Abs. 1, 20 Abs. 1 InsO gegenüber dem Insolvenzgericht und wenn ein solcher bestellt ist, gilt dies nach § 22 Abs. 3 Satz 3 InsO auch gegenüber dem vorläufigen Insolvenzverwalter. Dabei bedeutet Auskunft nicht lediglich, dass der Geschäftsführer mündliche Auskünfte geben muss; vielmehr umfasst die Auskunftspflicht auch alle damit verbundenen Vorarbeiten, Recherchen, das Zusammenstellen von Unterlagen und die Gewährung der Einsicht in Bücher und Geschäftspapiere. Auskunftspflichtig ist jeder Geschäftsführer persönlich, welcher nicht früher als zwei Jahre vor dem Insolvenzantrag aus der GmbH ausgeschieden ist. Dies bedeutet, dass die Auskunftspflicht nicht nur die aktuellen Geschäftsführer, bezogen auf den Zeitpunkt des Antrages betrifft, sondern gegebenenfalls auch andere Geschäftsführer, die in dem Zweijahreszeitraum vor Antragstellung als Geschäftsführer der GmbH tätig waren. Dabei ist jeder

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16.5 Rechtstellung des Geschäftsführers im Insolvenzeröffnungsverfahren

Geschäftsführer verpflichtet, sich auf Anordnung des Insolvenzgerichtes jederzeit zur Verfügung zu stellen. Der Geschäftsführer kann seine Anwesenheit nicht etwa von der Erstattung von Reisekosten und Auslagen abhängig machen. Im Einzelfall kann dies ein ehemaliger Geschäftsführer, der zwischenzeitlich an einem anderen weit entfernten Ort für eine andere Gesellschaft tätig ist, durchaus hart treffen, wenn das Insolvenzgericht die Auskunftspflicht nachhaltig einfordert. Über die Auskunftspflicht hinaus begründet § 97 Abs. 2 InsO nach herrschender Meinung eine Mitwirkungspflicht des Geschäftsführers. Eine andere Auffassung sagt dazu, dass die Mitwirkungspflicht keine allgemeine Pflicht zur Mitarbeit darstelle, aber zur aktiven Unterstützung bei der Prüfung der Sanierungsfähigkeit verpflichte. Zur Konkretisierung der Auskunfts- und Mitwirkungspflichten kann das Insolvenzgericht dem Geschäftsführer die Auflage erteilen, geordnete schriftliche Aufzeichnungen über seine laufenden Geschäfte anzufertigen und sie dem vorläufigen Insolvenzverwalter in bestimmten Zeitabschnitten zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus hat der Geschäftsführer alles zu unterlassen, was dem Verfahrenszweck zuwider läuft (passive Mitwirkungspflicht). Die Mitwirkungspflicht, sowie die Bereitschaft und Anwesenheitspflicht bestehen, anders als die Auskunftspflicht, nicht für die Geschäftsführer, die vor Antragstellung aus dem Amt ausgeschieden sind. Kommt ein ausgeschiedener Geschäftsführer aber seiner Auskunftspflicht oder ein Geschäftsführer, welcher noch im Amt ist oder nach Antragstellung aus dem Amt ausgeschieden ist, seiner Auskunfts- und Mitwirkungspflicht nicht nach, so kann das Gericht Zwangsmittel nach § 98 InsO verhängen, indem es dem Geschäftsführer eine Versicherung an Eides statt abnimmt, dass die von ihm erteilten Auskünfte vollständig und richtig sind; das Insolvenzgericht kann jeden Geschäftsführer zwangsweise vorführen lassen und schließlich kann es auch Haft anordnen, wenn der Geschäftsführer seinen Pflichten schuldhaft nicht nachkommt. Die eidesstattliche Versicherung ist nach § 156 StGB strafbewehrt. Unrichtige Angaben über den Vermögensbestand können eine Strafbarkeit des Geschäftsführers nach § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB auslösen. § 99 InsO ermächtigt das Insolvenzgericht auf Antrag des Insolvenzverwalters oder von Amts wegen eine Postsperre zu verhängen. Dies ist für den Geschäftsführer durchaus unangenehm, weil die gesamte Post, also auch die Privatpost zum Insolvenzverwalter umgeleitet wird, der sie auch lesen kann. 129

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16 Die GmbH in der Krise

Dem Geschäftsführer stehen im Insolvenzeröffnungsverfahren über das Vermögen der GmbH auch Verfahrensrechte zu, z. B. das Einlegen von Rechtsmittel in den Fällen, in denen die Insolvenzordnung solche vorsieht. Bei einem Gläubigerantrag ist der Geschäftsführer als Antragsgegner anzuhören. Der Geschäftsführer ist befugt, nach § 4 InsO in Verbindung mit § 299 Abs. 1 ZPO Akteneinsicht zu verlangen. Er hat aber keinen eigenen Auskunftsanspruch gegen den vorläufigen Insolvenzverwalter und muss sich gegebenenfalls an das Insolvenzgericht wenden und dieses um Einschreiten bitten.

16.6

Die Rechtstellung des Geschäftsführers im Insolvenzverfahren

Auch im eröffneten Insolvenzverfahren bleibt die Rechtstellung des Geschäftsführers zunächst unangetastet. Der Dienstvertrag des Geschäftsführers ist jedoch gefährdet, da der Insolvenzverwalter nach § 113 Abs. 1 InsO berechtigt ist, ohne Rücksicht auf die vereinbarte Dauer des Dienstvertrages oder einen etwaigen vertraglich vereinbarten Ausschluss eines ordentlichen Kündigungsrechts mit einer Frist von höchstens 3 Monaten zum Monatsende zu kündigen, sofern nicht eine kürzere vertragliche Frist eingreift. Da durch die Kündigung des Dienstvertrages die organschaftliche Stellung des Geschäftsführers nicht berührt wird, hat dies zur Folge, dass sämtliche Verfahrenspflichten, die der Geschäftsführer im eröffneten Verfahren zu erfüllen hat, von ihm trotz Beendigung seines Anstellungsvertrages weiter zu erfüllen sind. Ver-gütungsansprüche, die dem Geschäftsführer für die Zeit ab Verfahrenseröffnung zustehen, sind bis zum Wirksamwerden der Kündigung durch den Insolvenzverwalter gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO sonstige Masseverbindlichkeiten. Darüber hinaus steht dem Geschäftsführer ein Schadenersatzanspruch nach § 103 Abs. 2 Satz 1 InsO zu wegen Nichterfüllung der Kündigung des Dienstvertrages durch den Insolvenzverwalter. Dieser stellt jedoch nur eine Insolvenzforderung im Sinne von § 38 InsO dar und ist im Regelfall kein Äquivalent für den Verlust der Bezüge. Im eröffneten Insolvenzverfahren ist die Auskunftspflicht des Geschäftsführers erheblich erweitert; er muss Auskunft nicht nur gegen-

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16.6 Rechtstellung des Geschäftsführers im Insolvenzverfahren

über dem Insolvenzgericht, dem Insolvenzverwalter, sondern auch gegenüber dem Gläubigerausschuss und auf Anordnung des Insolvenzgerichts der Gläubigerversammlung geben. Unbeschränkte Auskunftspflicht bedeutet auch Pflicht zur Offenbarung eigener strafbarer Handlungen. Ein Aussageverweigerungsrecht steht dem Geschäftsführer nicht zu. Er hat auch die Tatsachen anzugeben, die ihn der Gefahr einer Strafverfolgung aussetzen. Der Gesetzgeber hat die Zwangssituation des Geschäftsführers erkannt und den Interessenkonflikt zwischen dem Interesse der Gläubiger an einer vollständigen und richtigen Auskunft und dem Interesse des Geschäftsführers, sich vor eigener Strafverfolgung zu schützen, dahingehend gelöst, dass derartige Tatsachen, die den Geschäftsführer der Gefahr einer Strafverfolgung aussetzen gegen ihn in einem Verfahren nur mit seiner Zustimmung verwendet werden dürfen (§ 20 Abs. 1 Satz 2, § 97 Abs. 1 Satz 3 InsO). Der Gesetzgeber verpflichtet den Geschäftsführer also wahrheitsgemäß und vollständig auszusagen und verhängt anschließend ein Verwendungsverbot. Im Insolvenzverfahren besteht eine erweiterte Mitwirkungspflicht des Geschäftsführers, der unabhängig von der Kündigung oder der Beendigung seines Anstellungsvertrages den Insolvenzverwalter ohne Vergütung bei seiner Arbeit zu unterstützen hat. Nur wenn diese Mitarbeit ein solches Ausmaß erreicht, dass dem Geschäftsführer jede anderweitige Vollzeittätigkeit unmöglich gemacht ist, muss der Insolvenzverwalter dem Geschäftsführer eine angemessene Vergütung aus der Masse zahlen. Neben der allgemeinen Mitwirkungspflicht enthält die Insolvenzordnung darüber hinaus weitere spezielle Mitwirkungspflichten, z. B. die Pflicht, an einem Insolvenzplanverfahren mitzuwirken oder die Pflicht, sich im Prüfungstermin zu den angemeldeten Forderungen zu äußern. Die Summe, der durch das Insolvenzeröffnungsverfahren und das Insolvenzverfahrens entstehenden weiteren Pflichten des Geschäftsführers, seien es Auskunftspflichten oder Mitwirkungspflichten einschließlich der Verpflichtung zur Offenbarung eigener strafbarer Handlungen, dürfte es für den Geschäftsführer wenig attraktiv erscheinen lassen, das Unternehmen unter den Schutz der Insolvenzordnung zu stellen und Insolvenzantrag wegen drohender Zahlungsunfähigkeit zu stellen.

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17 Strafrechtliche Vorschriften für den Geschäftsführer

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Wie schon angesprochen, laufen Geschäftsführer zunehmend Gefahr, straf- und zivilrechtlich belangt zu werden. Auch dem mittelständischen Unternehmer rückt dies zunehmend ins Bewusstsein, insbesondere durch ein Aufsehen erregendes Urteil wie das „Lederspray-Urteil“ des BGH vom 06. 07. 1990 (siehe oben). Seinerzeit waren sämtliche amtierenden Geschäftsführer der Herstellungs- und Obergesellschaft einer Unternehmensgruppe sowie der beiden Vertriebsgesellschaften zu Freiheits- und Geldstrafen wegen Körperverletzung verurteilt worden. Benutzer von Lederpflegemitteln des betreffenden Unternehmens waren infolge von gesundheitsschädlichen Bestandteilen zum Teil lebensbedrohend erkrankt. Hierbei knüpfte das Gericht an die Gesamtverantwortung der Geschäftsführung an. Jeder einzelne Geschäftsführer habe die Verpflichtung gehabt, nach Erkennen der Gefahren für den Verbraucher die im Umlauf befindlichen Produkte zurückzurufen. Die Verletzung dieser Vorschriften wertete das Gericht als strafbare Körperverletzung, begangen durch Unterlassen. Auf der gleichen Linie liegt das später wieder aufgehobene Urteil des Landgerichts (LG) Frankfurt am Main vom 25. 05. 1993. Darin wurden beide Geschäftsführer eines Holzschutzmittelherstellers wegen fahrlässiger Körperverletzung und Giftfreisetzung zu Freiheitsstrafen auf Bewährung verurteilt. Das Gericht entschied, dass die Geschäftsführer die von dem Holzschutzmittel ausgehende Gesundheitsgefahr erkannt gehabt hätten, auch wenn es damals noch keine verlässlichen wissenschaftlichen Aussagen zu den Gefahren gab. Sie hätten bei Erkennen der Gesundheitsgefahr sofort die Rezeptur ändern oder die Verwendung in Innenräumen untersagen müssen.

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17 Strafrechtliche Vorschriften für den Geschäftsführer

Folgende strafrechtliche Vorschriften sind für den Geschäftsführer von besonderer Bedeutung.

Strafvorschriften des GmbHG: Nach § 82 GmbHG macht sich strafbar, wer anlässlich der Gründung der GmbH oder einer Kapitalerhöhung falsche Angaben im Zusammenhang mit der Kapitalaufbringung macht. Absatz 1 Nr. 1 bis 3 dieser Vorschrift besagt: (1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer 1. als Gesellschafter oder als Geschäftsführer zum Zweck der Eintragung der Gesellschaft über die Übernahme der Stammeinlagen, die Leistung der Einlagen, die Verwendung eingezahlter Beträge, über Sondervorteile, Gründungsaufwand, Sacheinlagen und Sicherungen für nicht voll eingezahlte Geldeinlagen, 2. als Gesellschafter im Sachgründungsbericht, 3. als Geschäftsführer zum Zweck der Eintragung einer Erhöhung des Stammkapitals über die Zeichnung oder Einbringung des neuen Kapitals oder über Sacheinlagen, … falsche Angaben macht. Gegen diese Vorschrift wird nicht selten verstoßen, zumeist aus Unkenntnis. Dazu folgender Fall: Hagen lässt am 12. 05. beim Notar den Gesellschaftsvertrag seiner Einmann-GmbH beurkunden. Zum Geschäftsführer bestellt Hagen sich selbst. Unter Vorlage einer Abschrift der notariellen Urkunde richtet er wenige Tage später für die Gründungsgesellschaft ein Bankkonto ein und zahlt darauf in bar 50.000 Euro. Nach Erhalt des Kontoauszuges sucht er nochmals den Notar auf und meldet die GmbH gemäß den §§ 7 und 8 GmbHG an. Er zeigt dem Notar den Bankauszug und versichert im Übrigen in

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17 Strafrechtliche Vorschriften für den Geschäftsführer

der von dem Notar aufgesetzten Anmeldung, dass die Leistungen auf die Stammeinlagen bewirkt wurden und sich endgültig in der freien Verfügung des Geschäftsführers befinden. Dabei ist sich Hagen bewusst, dass er einen Tag vor dem Notarbesuch einen Scheck über 2.000,00 Euro auf das besagte Bankkonto gezogen hat, als Akontozahlung für den Entwurf eines Signets und die graphische Gestaltung der Drucksachen. Er glaubt aber, er dürfe die Volleinzahlung versichern, weil es sich bei den 2.000,00 Euro nur noch um einen gering ausstehenden Rest handele. Geschäftsführer Hagen hat durch die falsche Versicherung in der Anmeldung gegen § 8 Abs. 2 GmbHG verstoßen und sich auf diese Weise nach § 82 Abs. 1 Nr. 1 GmbHG strafbar gemacht. Soweit Hagen sich auf einen Verbotsirrtum beruft, war dieser vermeidbar, weil geeignete Erkundigungen, etwa bei einem Rechtsanwalt oder beim Registergericht hätten eingeholt werden können. Der vermeidbare Verbotsirrtum entschuldigt Hagen nicht und steht einer strafrechtlichen Verantwortung nicht entgegen. § 84 GmbHG betrifft die unterlassene Verlustanzeige und Insolvenzverschleppung: (1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer es 1. als Geschäftsführer unterläßt, den Gesellschaftern einen Verlust in Höhe der Hälfte des Stammkapitals anzuzeigen oder 2. als Geschäftsführer entgegen § 64 Abs. 1 oder als Liquidator entgegen § 71 Abs. 4 unterläßt, bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen. (2) Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe. Ist ein Unternehmen in der Krise, muss der Geschäftsführer zur Vermeidung der Verletzung der Insolvenzantragspflicht immer wieder prüfen, ob einer der Antragsgründe eingetreten ist.

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17 Strafrechtliche Vorschriften für den Geschäftsführer

§ 85 GmbHG betrifft die Verletzung der Geheimhaltungspflicht: (1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer ein Geheimnis der Gesellschaft, namentlich ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, das ihm in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer, Mitglied des Aufsichtsrats oder Liquidator bekanntgeworden ist, unbefugt offenbart. (2) Handelt der Täter gegen Entgelt oder in der Absicht, sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe. Ebenso wird bestraft, wer ein Geheimnis der in Absatz 1 bezeichneten Art, namentlich ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, das ihm unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 bekanntgeworden ist, unbefugt verwertet. (3) Die Tat wird nur auf Antrag der Gesellschaft verfolgt. Hat ein Geschäftsführer oder ein Liquidator die Tat begangen, so sind der Aufsichtsrat und, wenn kein Aufsichtsrat vorhanden ist, von den Gesellschaftern bestellte besondere Vertreter antragsberechtigt. Hat ein Mitglied des Aufsichtsrats die Tat begangen, so sind die Geschäftsführer oder die Liquidatoren antragsberechtigt. Die strafrechtliche Ahndung wird von der GmbH insbesondere dann erstrebt werden, wenn zivilrechtliche Schadensersatzansprüche gegen den (ehemaligen) Geschäftsführer nicht durchsetzbar sind. Eine vergleichbare Strafvorschrift findet sich in § 17 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) für eine bei einem Unternehmen beschäftigte Person.

Strafvorschriften des StGB: Die §§ 229 und 222 StGB (fahrlässige Körperverletzung, fahrlässige Tötung) sind besonders im Zusammenhang mit der Produkthaftung in den letzten Jahren auch für die Geschäftsführer von GmbH immer wichtiger geworden. Der Geschäftsführer kann hier strafrechtlich belangt werden, wenn ihm wegen der Produktfehler, die für eine Körperverletzung oder Tötung verantwortlich sind, Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden kann. Beispiele sind das vorher genannte „Lederspray-Urteil“ und auch die

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17 Strafrechtliche Vorschriften für den Geschäftsführer

Contergan-Fälle. Im letzteren Fall wurde den betroffenen Geschäftsführern zur Last gelegt, das Arzneimittel verspätet vom Markt genommen und nicht andere Maßnahmen ergriffen zu haben (Warnaktionen, Vertriebsstoppaktionen), damit dieses Mittel nicht mehr verwendet wird. Die §§ 264, 265b, 266 und 266a StGB betreffen Subventionsbetrug, Kreditbetrug, Untreue und Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen. § 264 StGB, Subventionsbetrug: (1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer 1. einer für die Bewilligung einer Subvention zuständigen Behörde oder einer anderen in das Subventionsverfahren eingeschalteten Stelle oder Person (Subventionsgeber) über subventionserhebliche Tatsachen für sich oder einen anderen unrichtige oder unvollständige Angaben macht, die für ihn oder den anderen vorteilhaft sind, 2. einen Gegenstand oder eine Geldleistung, deren Verwendung durch Rechtsvorschriften oder durch den Subventionsgeber im Hinblick auf eine Subvention beschränkt ist, entgegen der Verwendungsbeschränkung verwendet, 3. den Subventionsgeber entgegen den Rechtsvorschriften über die Subventionsvergabe über subventionserhebliche Tatsachen in Unkenntnis läßt oder 4. in einem Subventionsverfahren eine durch unrichtige oder unvollständige Angaben erlangte Bescheinigung über eine Subventionsberechtigung oder über subventionserhebliche Tatsachen gebraucht. (2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter 1. aus grobem Eigennutz oder unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege für sich oder einen anderen eine nicht gerechtfertigte Subvention großen Ausmaßes erlangt, 2. seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger missbraucht oder 137

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3. die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung mißbraucht. (3) § 263 Abs.5 gilt entsprechend. (4) Wer in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 bis 3 leichtfertig handelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (5) Nach den Absätzen 1 und 4 wird nicht bestraft, wer freiwillig verhindert, daß auf Grund der Tat die Subvention gewährt wird. Wird die Subvention ohne Zutun des Täters nicht gewährt, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Gewähren der Subvention zu verhindern. (6) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr wegen einer Straftat nach den Absätzen 1 bis 3 kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2). Gegenstände, auf die sich die Tat bezieht, können eingezogen werden; § 74a ist anzuwenden. (7) Subvention im Sinne dieser Vorschrift ist 1. eine Leistung aus öffentlichen Mitteln nach Bundes- oder Landesrecht an Betriebe oder Unternehmen, die wenigstens zum Teil a) ohne marktmäßige Gegenleistung gewährt wird und b) der Förderung der Wirtschaft dienen soll; 2. eine Leistung aus öffentlichen Mitteln nach dem Recht der Europäischen Gemeinschaften, die wenigstens zum Teil ohne marktmäßige Gegenleistung gewährt wird. Betrieb oder Unternehmen im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 ist auch das öffentliche Unternehmen. (8) Subventionserheblich im Sinne des Absatzes 1 sind Tatsachen, 1. die durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes von dem Subventionsgeber als subventionserheblich bezeichnet sind oder 2. von denen die Bewilligung, Gewährung, Rückforderung, Weitergewährung oder das Belassen einer Subvention oder eines Subventionsvorteils gesetzlich abhängig ist.

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17 Strafrechtliche Vorschriften für den Geschäftsführer

Dazu folgender Fall: Wunderlich, Geschäftsführer der Flop GmbH, hat vor längerer Zeit Forschungs- und Entwicklungssubventionen beantragt. Das Unternehmen beschäftigt sich mit der Entwicklung eines Systems zum Scanning und zur automatischen Speicherung und Organisation von Daten aus Konstruktionsplänen der Großindustrie. Wunderlich ist erfreut, als die beantragte Forschungssubvention über 600.000 Euro eintrifft, gibt sie der GmbH doch wieder ausreichende Liquidität. Das Geschäft in der GmbH läuft weiter schleppend. Daher entschließt sich Wunderlich nach einem Jahr seit dem Eintreffen der Subvention, die zum Kauf einer EDV-Anlage gewährt wurde, weitere Liquidität durch das so genannte „Sale and Lease Back“Verfahren für die GmbH zu erlangen. Wirtschaftlicher Eigentümer wird nunmehr eine Leasinggesellschaft, die die Anlage an die Flop GmbH verleast. Das alles kommt heraus, als Wunderlich einige Zeit später doch noch Insolvenz anmelden muss. Die Akte des Insolvenzgerichts wird routinemäßig – wie alle anderen Insolvenzakten auch – der Staatsanwaltschaft vorgelegt. Der Staatsanwalt Eifer überlegt, ob er Anklage erheben soll. Hat Wunderlich sich strafbar gemacht? Wunderlich hat für die GmbH die Verpflichtung übernommen, die EDV-Anlage innerhalb von drei Jahren nicht weiterzuveräußern und eine dennoch erfolgende Veräußerung anzuzeigen, damit die Subvention zurückgefordert werden kann. Durch sein Verhalten hat Wunderlich den Tatbestand des § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB erfüllt und sich damit strafbar gemacht. § 265b StGB, Kreditbetrug: (1) Wer einem Betrieb oder Unternehmen im Zusammenhang mit einem Antrag auf Gewährung, Belassung oder Veränderung der Bedingungen eines Kredits für einen Betrieb oder ein Unternehmen oder einen vorgetäuschten Betrieb oder ein vorgetäuschtes Unternehmen 139

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1. über wirtschaftliche Verhältnisse a) unrichtige oder unvollständige Unterlagen, namentlich Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen, Vermögensübersichten oder Gutachten vorlegt oder b) schriftlich unrichtige oder unvollständige Angaben macht, die für den Kreditnehmer vorteilhaft und für die Entscheidung über einen solchen Antrag erheblich sind oder 2. solche Verschlechterungen der in den Unterlagen oder Angaben dargestellten wirtschaftlichen Verhältnisse bei der Vorlage nicht mitteilt, die für die Entscheidung über einen solchen Antrag erheblich sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Nach Absatz 1 wird nicht bestraft, wer freiwillig verhindert, dass der Kreditgeber auf Grund der Tat die beantragte Leistung erbringt. Wird die Leistung ohne Zutun des Täters nicht erbracht, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Erbringen der Leistung zu verhindern. (3) Im Sinne des Absatzes 1 sind 1. Betriebe und Unternehmen unabhängig von ihrem Gegenstand solche, die nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordern; 2. Kredite Gelddarlehen aller Art, Akzeptkredite, der entgeltliche Erwerb und die Stundung von Geldforderungen, die Diskontierung von Wechseln und Schecks und die Übernahme von Bürgschaften, Garantien und sonstigen Gewährleistungen. Dazu folgender Fall: Siegmund ist geschäftsführender Gesellschafter der SEH Elektronik Handel GmbH. Das Warenlager hat gegen Jahresende 2003 auf der Basis der Einkaufspreise einen Wert von 300.000 Euro. Auf der Grundlage der realistischerweise zu erzielenden Verkaufspreise beträgt der Wert 600.000 Euro. Das Lager schlägt sich bei der SEH etwa sechsmal im Jahr um. Die SEH nimmt Bankkredit zur Vorfinanzierung des Warenlagers in Höhe von 250.000 Euro in Anspruch. Da die Kunden der SEH sich gewöhnlich mit dem Begleichen der Forderungen Zeit lassen, möchte Siegmund mit der Bank über eine Erhöhung der Kreditlinie von

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bislang 125.000 Euro verhandeln. Er entsinnt sich, davon gehört zu haben, dass es zwei Arten von Bilanzen gibt, die Handels- und die Steuerbilanz. Er weist deshalb seinen Buchhalter an, eine „Steuerbilanz“ zu fertigen, bei der das Lager mit 300.000 Euro angesetzt ist, zur Vorlage bei dem Finanzamt, ferner eine „Handelsbilanz“, bei der der Wertansatz des Lagers 600.000 Euro beträgt. Mit dieser Handelsbilanz erwirkt Siegmund eine Aufstockung des Bankkredits auf 300.000 Euro. Wie ist das Verhalten von Siegmund zu beurteilen? Der Geschäftsführer der GmbH ist verantwortlich für die Aufstellung des Jahresabschlusses. Die Ansatz- und Bewertungsvorschriften für den Jahresabschluss sind im Dritten Buch des HGB geregelt. Nach § 253 Abs. 1 HGB sind Vermögensgegenstände höchstens mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten, gegebenenfalls vermindert um Abschreibungen, anzusetzen. Anschaffungskosten sind nach § 255 HGB die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben. Im vorliegenden Fall belaufen sich die Anschaffungskosten des Warenlagers auf der Basis der Einkaufspreise auf 300.000 Euro. Diesen Wert darf der Geschäftsführer somit nicht überschreiten. Die „Handelsbilanz“ der SEH ist somit falsch. Die Aufstellung dieser falschen Bilanz verstößt schon gegen den Straftatbestand des § 331 Nr. 1 HGB, der sich mit der „unrichtigen Darstellung“ beschäftigt. Durch die Vorlage des Jahresabschlusses bei der Bank und die dadurch bewirkte Aufstockung des Kredits begeht Siegmund einen Kreditbetrug nach § 265b Abs. 1 Nr. 1a StGB. Siegmund macht sich nicht nur strafbar, sondern gerät in die persönliche Haftung. Grundlage dafür ist § 823 Abs. 2 BGB. Nach dieser Vorschrift tritt Schadensersatzpflicht ein, wenn jemand gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Die Vorschrift des § 265b StGB ist ein Schutzgesetz zugunsten des Kreditinstitutes. Siegmund muss also mit seinem eigenen Vermögen für einen etwaigen Schaden, insbesondere wenn die GmbH den Kredit nicht zurückzahlen kann, eintreten.

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17 Strafrechtliche Vorschriften für den Geschäftsführer

§ 266 StGB, Untreue: (1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, missbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend. Problematisch sind insbesondere vom Geschäftsführer vorgenommene Handlungen, die nach den vorstehenden Vorschriften strafbar sind, aber auf Weisung der Gesellschafterversammlung erfolgen. Während in der Regel zivilrechtlich davon auszugehen ist, dass der Geschäftsführer, der eine rechtmäßige Weisung befolgt, auch von der Haftung befreit ist, soll nach verschiedenen Urteilen der Strafsenate des BGH z. B. auch dann Untreue vorliegen, wenn der Geschäftsführer zwar weisungsgemäß handelt, gleichzeitig jedoch gegen die Grundsätze eines ordentlichen Kaufmanns verstößt (BGH, Urteil vom 29.05.1987 – 3 StR 242/86 und vom 11. 08. 1989, GmbHR 1989, 465). § 266a StGB, Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt: (1) Wer als Arbeitgeber Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung oder zur Bundesanstalt für Arbeit der Einzugsstelle vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer als Arbeitgeber sonst Teile des Arbeitsentgelts, die er für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen hat, dem Arbeitnehmer einbehält, sie jedoch an den anderen nicht zahlt und es unterlässt, den Arbeitnehmer spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten. Satz 1

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17 Strafrechtliche Vorschriften für den Geschäftsführer

gilt nicht für die Teile des Arbeitsentgelts, die als Lohnsteuer einbehalten werden. … Arbeitgeber im Sinne dieser Strafvorschrift ist bei juristischen Personen das vertretungsberechtigte Organ, bei der GmbH also der oder die Geschäftsführer. Der Einbehalt der Lohnsteuer, ohne diese abzuführen, ist nicht etwa erlaubt, sondern gleichfalls strafbar; Absatz 2 Satz 1 ist damit zu erklären, dass dieses Verhalten in den Straf- und Bußgeldvorschriften der AO bereits unter Strafe gestellt ist. Bei Steuerhinterziehung (§ 370 AO) drohen Geldstrafen oder Freiheitsstrafen bis fünf Jahren, bei leichtfertiger Steuerverkürzung (§ 378 AO) droht eine Geldbuße bis 50.000 Euro, bei Gefährdung der Abzugsteuern (§ 380 AO) bis 25.000 Euro.

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18 Besonderheiten des Dienstvertrages des Geschäftsführers

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Der Mindestinhalt eines Arbeitsvertrages ist seit dem 20. 07. 1995 im Gesetz über den Nachweis der für ein Arbeitsverhältnis geltenden wesentlichen Bestimmungen (NachwG) verbindlich vorgeschrieben. Das Gesetz gilt für Arbeitnehmer, die nicht nur vorübergehend beschäftigt werden. Der Geschäftsführer muss es kennen. Für ihn selbst gilt es nicht. Arbeitsverträge können über die Bestimmungen des Nachweisgesetzes weitere Regelungen enthalten. Dies kann die Vereinbarung von Einschränkungen des Arbeitnehmers durch Übernahme von Verhaltenspflichten sein, z. B. die Verpflichtung, seinen Wohnsitz am Arbeitsort zu nehmen, aber auch die Vereinbarung zusätzlicher Vergünstigungen, z. B. Personaleinkauf. Leitende Mitarbeiter erhalten regelmäßig weitere Vergünstigungen, z. B. die Privatnutzung des Dienstfahrzeuges, eingeräumt. Auch wenn für den Abschluss des Geschäftsführerdienstvertrages Vertragsfreiheit herrscht, haben sich gewisse Standards eingebürgert. Geschäftsführer und Gesellschafter sollten diese kennen.

18.1

Checkliste Dienstvertrag

Um den Beteiligten einen ersten Anhaltspunkt zu geben, hat sich die nachfolgende Checkliste bewährt: 1. Kopfleiste 9 Name und Anschrift der Gesellschaft; 9 Name und Anschrift der Gesellschafter; 145

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18 Besonderheiten des Dienstvertrages des Geschäftsführers

9 Berufung zum Geschäftsführer am … für die Dauer von … also bis …; 9 Aussage über bislang bestehende Verträge und deren Schicksal (ruhen oder enden, [teilweise] Fortgeltung).

2. Position 9 Aufgabenbereich innerhalb der Geschäftsleitung; 9 Vertretungsbefugnis (Allein-/Gesamtvetretungsbefugnis); 9 Geschäftsordnung (vorhanden oder zu erstellen und von wem).

3. Bezüge 9 9 9 9

Grundvergütung (Jahresbezug oder Monatsbezug); Anpassungsklausel; Erfolgsabhängiger Vergütungsbestandteil (Tantieme, Prämie); Fortzahlung der Vergütung bei Krankheit oder Tod.

4. Nebenleistungen Dienstwagen (Privatnutzung); Unfall- und Invaliditätsversicherung; Übernahme der Telefon- und Handy-Kosten; Übernahme der Kosten für den Internetanschluss; Übernahme der Kosten für Vorsorgeuntersuchungen; D&O-Police (hilfsweise Übernahme der Kosten für Managerrechtsschutzversicherung); 9 Übernahme der Kosten des Wohnortwechsels (doppelte Wohnkosten, Trennungsentschädigung,Umzugskosten); Erster Klasse-Vereinbarung für Reisen (Auslagenerstattung). 9 9 9 9 9 9 9

5. Urlaub 6. Nebentätigkeit

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18.2 Eckdaten für die Festlegung der Vergütung

7. Geheimhaltung 8. Nutzungsrecht an Erfindungen und Know-how 9. Betriebliche Altersversorgung 10. Vertragsdauer und Kündigung (was geschieht mit dem Dienstvertrag bei Abberufung) 11. Abfindung 12. Nachvertragliches Wettbewerbsverbot (siehe Ziffer 18.3 des Buches) 13. Schlussbestimmungen („Angstklausel“ für Teilunwirksamkeit oder Lücken) Außerhalb des eigentlichen Dienstvertrages sollte gegebenenfalls die Schiedsvereinbarung als Ausschluss des Weges zu den ordentlichen Gerichten durch gesonderte schriftliche Vereinbarung abgefasst werden. Teilweise werden auch die betriebliche Altersversorgung in Form einer gesonderten Pensionszusage wie auch das nachvertragliche Wettbewerbsverbot in einer eigenen Vereinbarung oder im Anhang zum Dienstvertrag geregelt.

18.2

Eckdaten für die Festlegung der Vergütung

Die Vergütung des Geschäftsführers muss angemessen sein und zwar in zweifacher Hinsicht: Zum einen im Hinblick auf eine dauerhafte Zusammenarbeit zwischen Gesellschaft und Geschäftsführer; zum anderen bei Gesellschaftergeschäftsführern im Hinblick auf das Verhältnis zwischen Gesellschaft und Finanzamt. Bei einem Fremdgeschäftsführer wird das Finanzamt nur in Ausnahmefällen Anlass haben, die Anerkennung der Geschäftsführerbezüge als Betriebskosten abzulehnen und von einer „verdeckten Gewinnausschüttung“ auszugehen. 147

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18 Besonderheiten des Dienstvertrages des Geschäftsführers

Nach der Definition des bereits durch den Reichsfinanzhof verwendeten Begriffs der „verdeckten Gewinnausschüttung“ liegt eine solche vor, wenn Vermögen einer Kapitalgesellschaft den Gesellschaftern oder diesen nahe stehenden Personen verdeckt zugeführt wird. Entscheidend ist, ob Leistungen an den Geschäftsführer aus betrieblichen Gründen oder mit Rücksicht auf das Gesellschaftsverhältnis gewährt werden. Beim Fremdgeschäftsführer besteht im Normalfall kein Anlass dazu anzunehmen, dass mit Rücksicht auf ein Gesellschaftsverhältnis gezahlt wird, es sei denn, dass ein Familienangehöriger beherrschender Gesellschafter ist. Anders liegt der Fall beim Gesellschaftergeschäftsführer; hier ist zur Vermeidung des mit der Verweigerung der Anerkennung der Bezüge als Betriebskosten verbundenen steuerlichen Mehraufwandes eine sorgfältige Prüfung der Angemessenheit angebracht. Es empfiehlt sich, den Fremdvergleich, den auch das Finanzamt vornimmt, anzustellen, das heißt zu prüfen, welche Bezüge ein Fremdgeschäftsführer für die gleiche Leistung erhalten würde. Dazu ist es erforderlich, die Kriterien zu kennen, nach denen Geschäftsführergehälter festgelegt werden. Die Firma Kienbaum publiziert zu diesem Thema regelmäßig in der GmbHR (vgl. Tänzer, Aktuelle Geschäftsführervergütung in kleinen GmbH, GmbHR 1997, 1085 ff.). Der Fremdgeschäftsführer, der sich auf seine Vertragsverhandlung vorbereiten will oder der Gesellschaftergeschäftsführer, der sicherstellen will, dass das Finanzamt seine Bezüge oder Teile davon nicht als verdeckte Gewinnausschüttung ansieht, kann sich, bezogen auf seine Branche, informieren durch die jeweils neueste Ausgabe der Dokumentation „Welche Vergütungen GmbH-Geschäftsführer erhalten“, herausgegeben von der BBE Unternehmensberatung GmbH (www.bbe-verlag.de). Einen Auszug des GmbH-Geschäftsführer-Vergütungsreports 2000 findet sich im Anhang unter Ziffer 19.4 des Buches. Die BBE Unternehmensberatung GmbH stellt zur Absicherung auch individuelle Gutachten über Gehaltsvergleiche von GmbH-Geschäftsführern an. Neben der Branche, in der das Unternehmen tätig ist, sind bestimmende Faktoren für die Höhe der Gesamtvergütung ausschlaggebend: – die Ertragslage des Unternehmens;

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18.3 Nachvertragliches Wettbewerbsverbot

– die Größe des Unternehmens nach Umsatz und Mitarbeitern; – die Größe und Struktur der Geschäftsleitung (Anzahl der Geschäftsführer und Art der hierarchischen Strukturen). Während beim Berufseinstieg eines Managers nach den diversen Untersuchungen die akademische Qualifikation für die Auswahlchance und die Vergütung („Doktortitel bringt bares Geld“, vgl. Manager Magazin 10/1990) von Vorteil sein soll, spielt sie bei der Besetzung von Geschäftsführerpositionen eine eher untergeordnete Rolle. Die Prüfung der Angemessenheit der Gesamtvergütung allein hilft dem Gesellschaftergeschäftsführer nicht, um den Nachteil der Feststellung einer verdeckten Gewinnausschüttung zu vermeiden. Das Finanzamt prüft auch, wann die vertragliche Vereinbarung abgeschlossen wurde, ob sie auch umgesetzt wurde und ob sie rechtswirksam ist. Fehlt ein Gesellschafterbeschluss als Rechtsgrundlage für den Vertrag und damit für die Vergütungsabrede oder wurde der Vertrag oder die Zusage rückwirkend abgeschlossen oder erteilt, nimmt das Finanzamt eine verdeckte Gewinnausschüttung an.

18.3

Nachvertragliches Wettbewerbsverbot

Ein Arbeitnehmer kann nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses frei darüber entscheiden, wie er seine Arbeitskraft verwerten will. Er kann auch zu einem Konkurrenzunternehmen wechseln. Dies gilt nicht, wenn er mit dem Arbeitgeber ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot abgeschlossen hat. Um die Arbeitnehmer vor Übervorteilung zu schützen und weil zu den Grundrechten des Grundgesetzes auch die Freiheit der Berufswahl gehört, hat der Gesetzgeber in den §§ 74 ff. HGB Wirksamkeitsvoraussetzungen für das nachvertragliche Wettbewerbsverbot aufgestellt; unter anderem das Schriftformerfordernis, die Zeitbegrenzung auf zwei Jahre und die Verpflichtung zur Zahlung einer Karenzentschädigung, die für jedes Jahr des Verbots mindestens die Hälfte der vom Arbeitnehmer zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen erreichen muss (so § 74 Abs. 2 HGB). Regelmäßig enthalten auch Geschäftsführerdienstverträge nachvertragliche Wettbewerbsverbote, zumeist ohne Karenzentschädigungs149

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18 Besonderheiten des Dienstvertrages des Geschäftsführers

zusage oder mit der Klausel, dass die Gesellschaft jederzeit auf das nachvertragliche Wettbewerbsverbot verzichten kann und dadurch entgegen § 75a HGB sofort und nicht erst nach Ablauf eines Jahres von der Verpflichtung zur Zahlung der Entschädigung frei wird. Die juristische Literatur und die Gerichte mussten sich daher mit der Frage befassen, ob diese Wirksamkeitsvoraussetzungen auch für GmbH-Geschäftsführer, zumindest für Fremdgeschäftsführer gelten. Entgegen anderer Auffassung in der Literatur ist die Rechtsprechung der Meinung, dass § 74 Abs. 2 HGB auf Wettbewerbsabreden zwischen einer GmbH und ihren Geschäftsführern, auch soweit es sich um Fremdgeschäftsführer handelt, nicht anwendbar sei. Auch der Fremdgeschäftsführer sei nicht Handlungsgehilfe, sondern Organ der Gesellschaft. Die Norm des § 74 Abs. 2 HGB sei das Ergebnis einer Abwägung zwischen den berechtigten geschäftlichen Interessen des Arbeitgebers, dass Beziehungen nicht zu seinem Schaden ausgenutzt werden und dem berechtigten Interesse des Arbeitnehmers, nach Beendigung des Dienstverhältnisses seine Arbeitskraft frei nutzen zu können und in der Freiheit seiner Betätigung nicht beschränkt zu werden. Eine allgemeine Übertragung dieser Grundsätze auf Organmitglieder scheitere daran, dass diese im Geschäftsverkehr in weit stärkerem Maße mit dem von ihnen geleiteten Unternehmen gleichgesetzt werden und die Tätigkeit und Leistungen des Unternehmens im Wesentlichen ihnen zuzuschreiben sind. Eine Konkurrenztätigkeit, die er nach seinem Ausscheiden aufnimmt, begründe dementsprechend auch in viel stärkerem Maße als bei einem Arbeitnehmer die Gefahr, dass das Unternehmen Schaden erleidet. Die Rechtsprechung des BGH darf jedoch nicht dahingehend missverstanden werden, dass die §§ 74 ff. HGB generell unanwendbar auf zwischen der Gesellschaft und ihrem Geschäftsführer vereinbarte Wettbewerbsverbote seien. Hinsichtlich einer analogen Anwendung der §§ 74 ff. HGB sei vielmehr folgende Unterscheidung vorzunehmen: – Soweit die §§ 74 ff. HGB gerade dazu dienen, die besonderen Interessen des Unternehmens zu sichern, sei die analoge Anwendung zu bejahen. Insoweit könne die GmbH ihren Geschäftsführer in entsprechender Anwendung von § 75a HGB aus einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot entlassen.

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18.3 Nachvertragliches Wettbewerbsverbot

– Eine analoge Anwendung der §§ 74 ff. HGB scheide jedoch aus, soweit sie soziale Schutzrechte enthalten, die ihre Rechtfertigung nur in dem besonderen Abhängigkeitsverhältnis der Handlungsgehilfen haben. Eine nachvertragliche Wettbewerbsabrede sei daher auch dann wirksam, wenn keine Karenzentschädigung vorgesehen wurde. Der GmbH-Geschäftsführer ist aber nicht schutzlos. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung unterliegt das nachvertragliche Wettbewerbsverbot eines Geschäftsführers einer GmbH den Grenzen des § 138 Abs. 1 BGB. Bei der Auslegung dieser Vorschrift ist darüber hinaus die Bedeutung von Art. 12 Grundgesetz besonders zu berücksichtigen. Die höchstrichterliche Rechtsprechung ist in der Bestimmung der „engen Grenzen“, in denen ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot für den GmbH-Geschäftsführer zulässig sein soll, nicht ganz eindeutig. Allgemein werden die Grenzen der Zulässigkeit eines Wettbewerbsverbotes folgendermaßen umschrieben: Das Wettbewerbsverbot muss dem Schutz eines berechtigten Unternehmerinteresses dienen und darf nach Ort, Zeit und Gegenstand die Berufsausübung und wirtschaftliche Betätigung des Geschäftsführers nicht unbillig erschweren. Die GmbH hat grundsätzlich kein schutzwürdiges Interesse daran, dass der ehemalige Geschäftsführer für eine gewisse Zeit nach Vertragsbeendigung als Wettbewerber vollständig ausgeschaltet wird. Das wäre mit dem öffentlichen Interesse an der Freiheit der Berufsausübung unter Einsatz auch der bisher durch einschlägige Tätigkeit erworbenen Branchenkenntnisse und Geschäftserfahrungen schlechthin unvereinbar. Berechtigt können immer nur Schutzklauseln sein, mit denen unter angemessenen Bedingungen verhindert werden soll, dass ein vorübergehend tätig gewesener Geschäftsführer nach seinem Ausscheiden Kunden abzieht, zu denen er nur aufgrund seiner Tätigkeit für die GmbH Verbindung gewinnen konnte oder dass er sich sonstige interne Informationen zunutze macht, zu denen er sich nur durch seine zeitweilige Geschäftsführertätigkeit Zugang hat verschaffen können (vgl. BGH NJW 1984, 2366 ff.)

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18 Besonderheiten des Dienstvertrages des Geschäftsführers

In zeitlicher Hinsicht ist ein schutzwertes Interesse der Gesellschaft an einem Wettbewerbsverbot nur für den Zeitraum anzuerkennen, in dem die in der Vertragszeit geschaffenen geschäftlichen Beziehungen fortwirken. Erfahrungsgemäß verflüchtigen sich diese Beziehungen nach einer gewissen Zeit derart, dass das geschützte Unternehmen durch die Konkurrenz des Verpflichteten keine wesentlichen Einbußen erfahren kann. Überwiegend werden Beschränkungen bis zu zwei Jahren in der Regel als angemessen angesehen. In örtlicher Hinsicht hat sich ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot auf den Bereich zu beschränken, auf den das Unternehmen seinen Geschäftsbereich ausgedehnt hat. In gegenständlicher Hinsicht ist die Zulässigkeitsgrenze eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots dort anzusiedeln, wo das Wettbewerbsverbot einem umfassenden Tätigkeitsverbot gleichkommt. Für ein solches umfassendes Tätigkeitsverbot, also das Verbot, bei einem Konkurrenzunternehmen in derselben Branche überhaupt in irgendeiner Art und Weise tätig zu werden, fehlt es der Gesellschaft an einem berechtigten Interesse. Ihrem vorhandenen Kundenstamm kann die Gesellschaft nach dem Ausscheiden eines Geschäftsführers durch eine zeitlich und örtlich beschränkte Kundenschutzklausel ausreichend sichern. Eine Notwendigkeit, durch ein allgemeines Tätigkeitsverbot eine zusätzliche Absicherung vorzunehmen, ist nicht zu erkennen. Schließlich ist auch zu beachten, dass auch der ehemalige Geschäftsführer für den Geheimnisverrat mit Strafe bedroht ist, vgl. § 85 GmbHG. Im Rahmen der gegenständlichen Beschränkung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots ist auch zu berücksichtigen, ob die Wettbewerbsbeschränkungen durch eine Karenzentschädigung kompensiert werden oder nicht. Der BGH hat insoweit erkannt, dass ein auf zwei Jahre angelegtes allgemeines Tätigkeitsverbot ohne jede Kompensation ungerechtfertigt ist. Es nimmt den ehemaligen Geschäftsführern insofern für diesen Zeitraum jede Möglichkeit, unter Ausnutzung der persönlichen Kenntnisse und Fertigkeiten in der angestammten Branche zu arbeiten und sich den Lebensunterhalt zu verdienen. Mit der Rechtsordnung vereinbar scheint allenfalls ein auf wenige Monate bemessenes allgemeines Tätigkeitsverbot, das der Ge-

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18.3 Nachvertragliches Wettbewerbsverbot

sellschaft Gelegenheit gibt, ihre Kunden mit dem Ausscheiden des Geschäftsführers vertraut zu machen und die Beziehungen durch gezielte Maßnahmen der Kundenpflege zu festigen. Hinzu kommen müsste dann aber in jedem Fall eine gewisse Kompensation an den ehemaligen Geschäftsführer dafür, dass dieser eine Zeitlang untätig bleiben muss und nicht seinen Lebensunterhalt verdienen kann (vgl. OLG Hamm GmbHR 1988, 344 ff.). Eine sehr geschäftsführerfreundliche Auffassung von der Unwirksamkeit eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes in einem Geschäftsführerdienstvertrag vertritt das Oberlandesgericht Düsseldorf. In einem Urteil vom 03.12.1998 – 6 U 151/98 – hatte es folgende Klausel zu beurteilen: „§ 7 Nachvertragliches Wettbewerbsverbot 1. Der Geschäftsführer verpflichtet sich, für die Dauer von zwei Jahren nach Beendigung des Anstellungsvertrages ohne Zustimmung der Gesellschaft in keiner Weise für ein Unternehmen tätig zu werden, das auf den Arbeitsgebieten der Gesellschaft tätig ist sowie auf diesen Arbeitsgebieten keine Geschäfte für eigene oder fremde Rechnung zu machen und keine Beteiligung an einem Konkurrenzunternehmen zu erwerben, sofern die Beteiligung einen Einfluss auf die Geschäftsführung ermöglicht. 2. Für die Zeit des Wettbewerbsverbots nach Ablauf des Vertrages verpflichtet sich die Gesellschaft zur Zahlung einer jährlichen Entschädigung i. H. v. 50% der Jahresbezüge, nach folgenden Berechnungsansätzen:….“ Das Oberlandesgericht hält ein nachvertragvertragliches Wettbewerbsverbot mit einem Geschäftsführer zwar grundsätzlich für zulässig, beschränkt es aber auf den Zweck, die Gesellschaft vor illoyaler Verwertung ihr zustehender Arbeitserfolge und vor missbräuchlicher Ausnutzung der Berufsfreiheit des Geschäftsführers zu ihren Lasten zu schützen. Das Wettbewerbsverbot muss auf das örtlich, zeitlich und gegenständlich notwendige Maß beschränkt bleiben. Es könne kein schutzwürdiges Interesse der GmbH daran geben, dass der ehemalige Geschäftsführer unbefristet oder für eine gewisse Zeit nach Vertragsbeendigung vollständig als Wettbewerber ausgeschaltet werde. 153

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18 Besonderheiten des Dienstvertrages des Geschäftsführers

Die Schutzklausel könnte in Anbetracht der Freiheit der Berufsausübung nach Artikel 12 Abs. 1 Grundgesetz nur dann berechtigt sein, wenn mit ihr unter angemessenen Bedingungen verhindert werden soll, dass ein vorübergehend tätig gewesener Geschäftsführer nach seinem Ausscheiden Kunden abzieht, zu denen er nur aufgrund seiner Tätigkeit für die GmbH Verbindungen gewinnen konnte, oder dass er sich sonstige interne Informationen zu Nutze macht, die ihm aufgrund seiner Geschäftsführertätigkeit bekannt geworden sind. In dem konkret entschiedenen Fall ließ das Oberlandesgericht Düsseldorf die Vertragsklausel am berechtigten Gesellschaftsinteresse scheitern. Dass eine Karenzentschädigung versprochen war, spielte demgegenüber keine Rolle. Eine Reduzierung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes auf ein angemessenes Maß lehnte das Oberlandesgericht ab. Nach diesen strengen Anforderungen stellt sich die Frage ob nachvertragliche Wettbewerbsverbote mit GmbH-Geschäftsführern, die über bloße Kundenschutzklauseln hinausgehen, überhaupt wirksam vereinbart werden können. Die Frage, ob der Geschäftsführer den Schutz des § 75a HGB (siehe oben) für sich in Anspruch nehmen kann, hatte der BGH zunächst offen gelassen (BGH NJW 1992, 1892, 1893). In einer Entscheidung vom Februar 2000 hat er nunmehr ausgeführt: „1. Bei Kündigung eines Geschäftsführers mit einjähriger Kündigungsfrist und gleichzeitiger sofortiger Freistellung von seinen Tätigkeiten besteht kein Bedarf mehr an einem zusätzlichen vertraglichen Wettbewerbsverbot nach dem Ausscheiden. Eine etwaige Verzichtserklärung bezüglich des Wettbewerbsverbots hat nur klarstellende Funktion. 2. Der Geschäftsführer bedarf des Schutzes des § 75 HGB analog nicht, wenn er aufgrund seiner Freistellung die Möglichkeit hatte, sich vor dem Ablauf der Kündigungsfrist nach alternativen Beschäftigungsmöglichkeiten umzusehen.“ Dem Geschäftsführer ist dringend zu empfehlen, bei Abschluss des Dienstvertrages darauf zu achten, dass das Wettbewerbsverbot ent-

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18.4 Altersversorgung

weder so eng gefasst ist, dass es ihm genügend Möglichkeit für die Ausübung seines Berufes nach Beendigung der Tätigkeit für die GmbH gewährleistet oder eine angemessene finanzielle Entschädigung (Karenzentschädigung) enthält.

18.4

Altersversorgung

Die Altersversorgung ist ein klassischer Bestandteil der Geschäftsführervergütung. Wegen der Bedeutung der betrieblichen Altersversorgung für weite Bevölkerungskreise hatte der Gesetzgeber 1974 eine gesetzliche Regelung für betriebliche Altersversorgungssysteme geschaffen mit dem Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19. Dezember 1974. Im Geltungsbereich der in diesem Gesetz enthaltenen Schutzvorschriften definiert der Gesetzgeber in § 17 Abs. 1BetrAVG wie folgt: „Arbeitnehmer im Sinne der §§ 1 – 16 sind Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten; ein Berufsausbildungsverhältnis steht einem Arbeitsverhältnis gleich. Die §§ 1 – 16 geltend entsprechend für Personen, die nicht Arbeitnehmer sind, wenn ihnen Leistungen der Alters-, Invaliditätsoder Hinterbliebenenversorgung aus Anlass ihrer Tätigkeit für ein Unternehmen zugesagt worden sind.“ Eine Anwendung dieser Vorschrift auf die GmbH-Geschäftsführer ergibt, dass diese zwar keine Arbeitnehmer sind, aber nach Satz 2 doch dem Gesetz unterfallen, da auch bei den Geschäftsführern Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlass ihrer Tätigkeit für ein Unternehmen zugesagt werden. Versorgungsbezüge haben auch für Geschäftsführer eine die Existenz sichernde Funktion, so dass insofern auch regelmäßig eine wirtschaftliche Abhängigkeit besteht. Dies gilt jedenfalls für Fremdgeschäftsführer, also solche Geschäftsführer, die nicht zugleich auch Gesellschafter sind. Bei den Gesellschafter-Geschäftsführern ist zu

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18 Besonderheiten des Dienstvertrages des Geschäftsführers

unterscheiden zwischen Minderheitsgesellschaftern, die wie Fremdgeschäftsführer behandelt werden und den Mehrheitsgesellschaftern. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs haben Mehrheitsgesellschafter infolge einer hohen Kapitalbeteiligung und einer entsprechenden Leitungsmacht eine Unternehmerstellung. Ihre Versorgungsbezüge tragen überwiegend den Charakter des Unternehmerlohnes, so dass das Gesetz auf sie nicht anzuwenden ist. Als Mehrheitsgesellschafter gilt nach Meinung des BGH, wer zumindest 50% der Anteile besitzt. Nach einer weiteren Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH Urteil vom 09.06.1980 – 2 ZR 255/78 -) gilt aber auch: „Hat der Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer gemeinsam mit einem anderen oder mehreren weiteren Geschäftsführern die Mehrheit der Gesellschaftsanteile inne und hat keiner von ihnen alleine die Anteilsmehrheit, werden sie als Unternehmer angesehen.“ Demgegenüber werden die Anteile von Verwandten oder Familienmitgliedern, insbesondere Ehegatten, dem Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer nicht generell zugesichert, wenn diese an der Geschäftsführung nicht beteiligt sind. Minderheitsgesellschafter sind nach Meinung der höchstrichterlichen Rechtsprechung dann vom Schutz des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung ausgenommen, wenn ihre Beteiligung „nicht ganz unbedeutend ist und sie über eine besondere Leitungsmacht, die über ihr Beteiligungsverhältnis hinaus geht, verfügen. Diese besondere Leitungsmacht kann sich durch Stimmbindungsverträge, Vorzugsaktien oder ein Stimmrecht aufgrund der Ausübung des elterlichen Sorgerechts für minderjährige Kinder ergeben. Für Fremdgeschäftsführer und Minderheitsgeschäftsführer sind wichtige Grundsätze, die das Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung aufstellt anwendbar. Die wichtigsten Begriffe im Zusammenhang mit der betrieblichen Altersversorgung sind:

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18.4 Altersversorgung

Unverfallbarkeit So befasst sich das Gesetz unter dem Stichwort „Unverfallbarkeit“ mit der Frage, was geschieht, wenn ein Arbeitnehmer/ der Geschäftsführer vor Eintritt des Versorgungsfalles aus dem Dienstverhältnis ausscheidet. Wäre die Tätigkeit für die GmbH bis zum Zeitpunkt des Übergangs von der Erwerbstätigkeit in die Altersruhe maßgeblich, so würden alle, die vorher ausgeschieden sind, alle bis dahin erarbeiteten Ansprüche verlieren. Dies ist unbillig. Der Gesetzgeber regelt daher: „§ 1 b BetrAVG Einem Arbeitnehmer, dem Leistungen aus der betrieblichen Altersvorsorgung zugesagt worden sind, bleibt die Anwartschaft erhalten, wenn das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalles, jedoch nach Vollendung des 30. Lebensjahres endet und die Versorgungszusage zu diesem Zeitpunkt mindestens 5 Jahre bestanden hat (unverfallbare Anwartschaft).“ ….. Unverfallbare Anwartschaft bedeutet, dass dem Berechtigten die bis zu seinem Ausscheiden bereits entstandenen Ansprüche erhalten bleiben. Die Geschäftsführer werden häufig für einen bestimmten Zeitraum befristet berufen. Sie genießen keinen Kündigungsschutz und können unter Einhaltung der vertraglichen oder gesetzlichen Kündigungsfrist gekündigt werden. Unabhängig von der Gestaltung des Dienstvertrages sollte der Geschäftsführer bei den Verhandlungen über seinen Vertrag darauf hinwirken, dass dieser ohne Wartezeit von Beginn an eine unverfallbare Versorgungszusage enthält. Bei den Verhandlungen geht es dann darum, eine bessere als die gesetzliche Regelung zu erreichen. pro rata temporis Eine weitere Problematik bei einem vor Eintritt des Versorgungsfalles ausscheidenden Arbeitnehmer oder Geschäftsführer (der z. B. nicht 157

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18 Besonderheiten des Dienstvertrages des Geschäftsführers

mehr berufen wird) ergibt sich bei der Berechnung der Höhe des Anspruchs. Auch hier hat das Gesetz eine Regelung geschaffen unter dem Stichwort „pro rata temporis“, die wie folgt lautet: § 2 BetrAVG „(1) Bei Eintritt des Versorgungsfalles wegen Erreichens der Altersgrenze, wegen Invalidität oder Tod haben ein vorher ausgeschiedener Arbeitnehmer, dessen Anwartschaft nach § 1 b fortbesteht, und seine Hinterbliebenen einen Anspruch mindestens in Höhe des Teiles der ohne das vorherige Ausscheiden zustehenden Leistung, der dem Verhältnis der Dauer der Betriebszugehörigkeit zu der Zeit vom Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres entspricht; an die Stelle des 65. Lebensjahres tritt ein früherer Zeitpunkt, wenn dieser in der Ver-sorgungsregelung als feste Altersgrenze vorgesehen ist. Der Mindestanspruch auf Leistungen wegen Invalidität oder Tod vor Erreichen der Altersgrenze ich jedoch nicht höher als der Betrag, den der Arbeitnehmer oder seine Hinterbliebenen erhalten hätten, wenn im Zeitpunkt des Ausscheidens der Versorgungsfall eingetreten wäre und die sonstigen Leistungsvoraussetzungen erfüllt gewesen wären.“ Auszehrung und Anrechnung Einen weiteren wichtigen Grundsatz enthält § 5 BetrAVG unter dem Stichwort „Auszehrung und Anrechnung: „(1) Die bei Eintritt des Versorgungsfalles festgesetzten Leistungen der betrieblichen Altersversorgung dürfen nicht mehr dadurch gemindert oder entzogen werden, dass Beträge, um die sich andere Versorgungsbezüge nach diesem Zeitpunkt durch Anpassung an die wirtschaftliche Entwicklung erhöhen, angerechnet oder bei der Begrenzung der Gesamtversorgung auf einen Höchstbetrag berücksichtigt werden. (2) Leistungen der betrieblichen Altersversorgung dürfen durch Anrechnung oder Berücksichtigung anderer Versorgungsbezüge, soweit sie auf eigenen Beiträgen des Versorgungsempfängers beruhen, nicht gekürzt werden. Dies gilt nicht für Renten aus den

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18.4 Altersversorgung

gesetzlichen Rentenversicherungen, soweit sie auf Pflichtbeiträgen beruhen, sowie für sonstige Versorgungsbezüge, die mindestens zur Hälfte auf Beiträgen oder Zuschüssen des Arbeitgebers beruhen.“ Von Bedeutung könnte auch § 6 BetrAVG mit der Kopplung an das vorzeitige Altersruhegeld sein: „Einem Arbeitnehmer, der die Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung vor Vollendung des 65. Lebensjahres als Vollrente in Anspruch nimmt, sind auf sein Verlangen nach Erfüllung der Wartezeit und sonstiger Leistungsvoraussetzungen Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu gewähren. Fällt die Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung wieder weg oder wird sie auf einen Teilbetrag beschränkt, so können auch die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung eingestellt werden. Der ausgeschiedene Arbeitnehmer ist verpflichtet, die Aufnahme oder Ausübung einer Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit, die zu einem Wegfall oder zu einer Beschränkung der Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung führt, dem Arbeitgeber oder sonstigen Versorgungsträger unverzüglich anzuzeigen.“ Anpassung Eine wichtige Regelung enthält § 16 BetrAVG (1) Der Arbeitgeber hat alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und hierüber nach billigem Ermessen zu entscheiden; dabei sind insbesondere die Belange des Versorgungsempfängers und die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers zu berücksichtigen. (2) Die Verpflichtung nach Absatz 1 gilt als erfüllt, wenn die Anpassung nicht geringer ist als der Anstieg 1. des Verbraucherpreisindexes für Deutschland oder 2. der Nettolöhne vergleichbarer Arbeitnehmergruppen des Unternehmens im Prüfungszeitraum. 159

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18 Besonderheiten des Dienstvertrages des Geschäftsführers

Insolvenzsicherung Die Insolvenzsicherung ist in § 7 BetrAVG geregelt. Im Kern sagt diese umfangreiche, in sechs Abschnitte und Unterabschnitte und weitere Unterpunkte gegliederte Bestimmung, dass dann, wenn durch eine Insolvenz des Arbeitgebers die zugesagten Versorgungen nicht gezahlt werden können, der Träger der Insolvenzversicherung eintritt und mit dem Beginn des Kalendermonats, der auf den Eintritt des Sicherungsfalles folgt, anstelle des insolventen Unternehmens den Anspruch in Höhe der zugesagten Leistungen erfüllt. Auch die Berechtigten aus einer unverfallbaren Versorgungsanwartschaft erhalten einen Anspruch gegen den Träger der Insolvenzsicherung in den Fällen der Versorgungszusage nach dem BetrAVG (vgl. Kapitel 3852). Nicht jede Ruhegeldzusage unterliegt notwendigerweise dem BetrAVG und damit der Insolvenzsicherung, sondern nur die, die dem Versorgungszweck des Gesetzes dient, der der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung. Es geht darum, den Lebensstandard des Begünstigten oder seiner Hinterbliebenen nach dem Ausscheiden aus dem Beruf und Erwerbsleben zumindest teilweise zu sichern. Vereinbarungen, wonach ein Ruhegeld gezahlt wird ohne Rücksicht auf den Zweck der Altersinvalidität oder Hinterbliebenenversorgung, z. B. für den Fall des Ablaufs des Berufungszeitraums und des Dienstvertrages, sind als Abfindungen anzusehen und nicht als dem Schutz des BetrAVG unterliegende Versorgung. Wichtig für den Geschäftsführer zu wissen ist, dass kein Insolvenzschutz nach dem BetrAVG besteht, soweit die Zusage die Höchstgrenze (Renten sind begrenzt auf das Dreifache der im Zeitpunkt der ersten Fälligkeit geltenden Beitragsbemessungsgrenzen der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten) übersteigt und/ oder keine Unverfallbarkeit nach §1b BetrAVG (30 Jahre alt und 5 Jahre Versorgungszusage). In diesen Fällen muss eine Absicherung auf andere Weise erfolgen. Denkbar sind alle Sicherungsmaßnahmen, die im Insolvenzverfahren nach §§ 47 ff. InsO zu einer Aussonderung oder abgesonderten Befriedigung nach §§ 49 ff. InsO berechtigen. Üblich ist – bei Direktversicherungen – die Verpfändung des Anspruches der GmbH gegen die Versicherung an den Geschäftsführer. Die Versicherungsunternehmen stellen meist vorgefertigte Erklärungen zur Verfügung.

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18.4 Altersversorgung

Jedem Geschäftsführer ist anzuraten, bei der Vertragsverhandlung darauf zu achten, dass die an ihn erteilte Zusage insolvenzgesichert ist. Träger der Insolvenzsicherung ist der Pensions-Sicherungs-Verein a.G. in Köln (PSVaG), der vom Verband der Lebensversicherungsunternehmen, von BDR und BDI, gemeinsam getragen wird. Die PSVaG überträgt die Abwicklung der anfallenden Rentenleistungen einem Konsortium der Lebensversicherungswirtschaft. Der Pensions-Sicherungs-Verein ist ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit. Im Gegensatz zu anderen Versicherungsvereinen ist er ein „beliehenes Unternehmen“, d. h. es ist ihm durch gesetzliche Zuständigkeit eingeräumt, bestimmte einzelne hoheitliche Kompetenzen im eigenen Namen wahrzunehmen. Die hoheitlichen Befugnisse sind im BetrAVG abschließend genannt. Der Pensions-Sicherungs-Verein unterliegt der staatlichen Aufsicht durch das Bundesaufsichtsamt für Versicherungswesen. Die Mittel für die Insolvenzversicherung werden von den Mitgliedern des PSVaG aufgebracht. Mitglieder sind Arbeitgeber mit gesetzlich unverfallbaren und bereits laufenden Versorgungsverpflichtungen, die der Insolvenzsicherung unterliegen. Gebräuchliche, zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung im BetrAVG genannte Formen der Versorgungszusage sind: Unmittelbare Versorgungszusage Die unmittelbare Versorgungszusage enthält das Versprechen der GmbH, dem Geschäftsführer nach Eintritt des Versorgungsfalles die Versorgungsleistungen selber zu erbringen. Die GmbH übernimmt damit unmittelbar, d. h. ohne Zwischenschaltung Dritter, das Risiko des Eintritts des Versorgungsfalls und das Risiko des nicht vorhersehbaren Umfangs der anfallenden Versorgungsleistungen. Für die unmittelbare Versorgungszusage werden auch die Begriffe „Direktzusage“, „Pensionszusage“ oder „Pensionsverpflichtung“ benutzt. Diese Form der Zusage ist für die GmbH deshalb interessant, weil bereits vor der Auszahlung der Versorgungsleistungen gewinnmindernde und steuersenkende Rückstellungen gebildet werden können.

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18 Besonderheiten des Dienstvertrages des Geschäftsführers

Direktversicherung Die Direktversicherung ist eine durch die GmbH auf das Leben des Geschäftsführers abgeschlossene Einzel- oder Gruppenlebensversicherung, aus der der Arbeitnehmer und seine Hinterbliebenen bezugsberechtigt sind. Versicherungsnehmer ist also die GmbH, Begünstigter der Geschäftsführer und seine Angehörigen. Denkbar ist auch, dass neben diesen die Gesellschaft bezugsberechtigt ist. Auch gibt es Fallgestaltungen, in denen Direktversicherungen zu Gunsten des Unternehmens abgeschlossen werden, insbesondere bei Neugründungen und zum Schutz der GmbH vor den Konsequenzen eines Ablebens des einzigen Know-how-Trägers. Bei einer derartigen Versicherung handelt es sich natürlich nicht um eine Versorgungszusage; sie unterliegen daher nicht dem BetrAVG. Keine Direktversicherung liegt vor, wenn der Arbeitnehmer selbst Versicherungsnehmer ist und der Arbeitgeber lediglich die Prämienzahlungen übernimmt. Keine Versorgungszusage ist auch die Gehaltsumwandlung in eine Direktversicherung, bei der der Geschäftsführer Geldbestandteile der Vergütung in Versicherungsschutz umwandelt, also den Versicherungsschutz alleine finanziert. Mischformen sind allerdings auch hier denkbar, da Arbeitgeber und Arbeitnehmer beide einen Teil der Versicherungsprämie tragen. Pensionskassen Eine Pensionskasse oder ein Pensionsfond liegt nach der gesetzlichen Definition des § 1 b Abs. 3 Satz 1 BetrAVG vor, wenn die betriebliche Altersversorgung von einer rechtsfähigen Versorgungseinrichtung durchgeführt wird, die dem Arbeitnehmer oder seinen Hinterbliebenen auf ihre Leistungen einen Rechtsanspruch gewährt. Träger einer solchen Pensionskasse kann ein Unternehmen oder Verband sein oder mehrere Unternehmen oder Verbände (Einzelkasse oder Gruppenkasse oder Konzernkasse). Der Begünstigte wird Mitglied der Pensionskasse und Versicherungsnehmer. Bei dieser Gestaltung können die Beiträge alleine von der GmbH oder im Wege der Umwandlung von Entgelt in Versicherungsschutz durch den Begünstigten (Arbeitnehmer oder Geschäftsführer) mitgetragen werden.

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18.4 Altersversorgung

Davon zu unterscheiden ist die Unterstützungskasse die in § 1 b Abs. 4 BetrAVG wie folgt definiert wird: „Wird die betriebliche Altersversorgung von einer rechtsfähigen Versorgungseinrichtung durchgeführt, die auf ihre Leistungen keinen Rechtsanspruch gewährt (Unterstützungskasse), so sind die nach Erfüllung der in Abs. 1 Satz 1 und 2 genannten Voraussetzungen und vor Eintritt des Versorgungsfalls aus dem Unternehmen ausgeschiedenen Arbeitnehmer und ihre Hinterbliebenen dem bis zum Eintritt des Versorgungsfalls dem Unternehmen angehörenden Arbeitnehmern und deren Hinterbliebenen gleichgestellt..“ Da kein Rechtsanspruch besteht, kann auch keine Unverfallbarkeit im Sinne einer Anwartschaft eintreten. Der Gesetzgeber hat daher eine andere Konstruktion gewählt, um die Berechtigten abzusichern, indem er diejenigen, die vor Eintritt des Versorgungsfalles ausgeschieden sind mit denjenigen gleich stellt, die bis zum Ende des Versorgungsfalls dem Unternehmen angehören. „§ 1 b Abs. 4 BetrAVG Wird die betriebliche Altersversorgung von einer rechtsfähigen Versorgungseinrichtung durchgeführt, die auf ihre Leistungen keinen Rechtsanspruch gewährt (Unterstützungskasse), so sind die nach Erfüllung der in Absatz 1 Satz 1 und 2 genannten Voraussetzungen und vor Eintritt des Versorgungsfalles aus dem Unternehmen ausgeschiedenen Arbeitnehmer und ihre Hinterbliebenen den bis zum Eintritt des Versorgungsfalles dem Unternehmen angehörenden Arbeitnehmern und deren Hinterbliebenen gleichgestellt. Die Versorgungszusage gilt in dem Zeitpunkt als erteilt im Sinne des Absatzes 1, von dem an der Arbeitnehmer zum Kreis der Begünstigten der Unterstützungskasse gehört.“ Das Bundesarbeitsgericht hat die Rechte derjenigen, denen der Arbeitgeber eine betriebliche Altersversorgung nach den Regelungen einer Unterstützungskasse zugesagt hat, in einem Urteil aus dem Jahre 1992 163

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18 Besonderheiten des Dienstvertrages des Geschäftsführers

nachhaltig gestärkt. Diese Rechtsprechung würde auch Geschäftsführern zugute kommen. Eine Versorgung eines Geschäftsführers über eine Unterstützungskasse ist aber, soweit ersichtlich, nicht üblich.

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19 Anhang

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19.1

Gliederung der Bilanz

Die Gliederung der Bilanz richtet sich nach § 266 HGB. Die Bilanz ist in Kontoform aufzustellen. Dabei haben große und mittelgroße Kapitalgesellschaften auf der Aktivseite die in Absatz 2 der Vorschrift und auf der Passivseite die in Absatz 3 der Vorschrift bezeichneten Posten gesondert und in der vorgeschriebenen Reihenfolge auszuweisen. Kleine Kapitalgesellschaften (vgl. § 267 Abs. 1 HGB) brauchen nur eine verkürzte Bilanz aufzustellen, in die nur die in den Absätzen 2 und 3 mit Buchstaben und römischen Zahlen bezeichneten Posten gesondert und in der vorgeschriebenen Reihenfolge aufgenommen werden. § 266 HGB: (1) … (2) Aktivseite A. Anlagevermögen: I. Immaterielle Vermögensgegenstände: 1. Konzessionen, gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte sowie Lizenzen an solchen Rechten und Werten; 2. Geschäfts- oder Firmenwert; 3. geleistete Anzahlungen; II. Sachanlagen: 1. Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und Bauten einschließlich der Bauten auf fremden Grundstücken; 2. technische Anlagen und Maschinen;

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3. andere Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung; 4. geleistete Anzahlungen und Anlagen im Bau; III. Finanzanlagen: 1. Anteile an verbundenen Unternehmen; 2. Ausleihungen an verbundene Unternehmen; 3. Beteiligungen; 4. Ausleihungen an Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht; 5. Wertpapiere des Anlagevermögens; 6. sonstige Ausleihungen. B. Umlaufvermögen: I. Vorräte: 1. Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe; 2. unfertige Erzeugnisse, unfertige Leistungen; 3. fertige Erzeugnisse und Waren; 4. geleistete Anzahlungen; II. Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände: 1. Forderungen aus Lieferungen und Leistungen; 2. Forderungen gegen verbundene Unternehmen; 3. Forderungen gegen Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht; 4. sonstige Vermögensgegenstände; III. Wertpapiere: 1. Anteile an verbundenen Unternehmen; 2. eigene Anteile; 3. sonstige Wertpapiere; IV. Kassenbestand, Bundesbankguthaben, Guthaben bei Kreditinstituten und Schecks. C. Rechnungsabgrenzungsposten. (3) Passivseite A. Eigenkapital I. Gezeichnetes Kapital; II. Kapitalrücklage; III. Gewinnrücklagen; 1. gesetzliche Rücklage; 2. Rücklage für eigene Anteile; 3. satzungsmäßige Rücklagen;

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19.2 Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung

4. andere Gewinnrücklagen; IV. Gewinnvortrag/Verlustvortrag; V. Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag. B. Rückstellungen: 1. Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen; 2. Steuerrückstellungen; 3. sonstige Rückstellungen. C. Verbindlichkeiten: 1. Anleihen, davon konvertibel; 2. Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten; 3. erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen; 4. Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen; 5. Verbindlichkeiten aus der Annahme gezogener Wechsel und der Ausstellung eigener Wechsel; 6. Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen; 7. Verbindlichkeiten gegenüber Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht; 8. sonstige Verbindlichkeiten, davon aus Steuern, davon im Rahmen der sozialen Sicherheit. D. Rechnungsabgrenzungsposten.

19.2

Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung

Die Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung richtet sich nach § 275 HGB. Die Gewinn- und Verlustrechnung ist in Staffelform nach dem Gesamtkostenverfahren oder dem Umsatzkostenverfahren aufzustellen. Dabei sind die in Absatz 2 oder 3 der Vorschrift bezeichneten Posten in der angegebenen Reihenfolge gesondert auszuweisen: § 275 HGB: (1) … (2) Bei Anwendung des Gesamtkostenverfahrens sind auszuweisen: 1. Umsatzerlöse 2. Erhöhung oder Verminderung des Bestands an fertigen und unfertigen Erzeugnissen 167

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19 Anhang

3. andere aktivierte Eigenleistungen 4. sonstige betriebliche Erträge 5. Materialaufwand: a) Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe und für bezogene Waren b) Aufwendungen für bezogene Leistungen 6. Personalaufwand: a) Löhne und Gehälter b) soziale Abgaben und Aufwendungen für Altersversorgung und Unterstützung, davon für Altersversorgung 7. Abschreibungen: a) auf immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens und Sachanlagen sowie auf aktivierte Aufwendungen für die Ingangsetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebes b) auf Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens, soweit diese die in der Kapitalgesellschaft üblichen Abschreibungen überschreiten 8. sonstige betriebliche Aufwendungen 9. Erträge aus Beteiligungen, davon aus verbundenen Unternehmen 10. Erträge aus anderen Wertpapieren und Ausleihungen des Finanzanlagevermögens, davon aus verbundenen Unternehmen 11. sonstige Zinsen und ähnliche Erträge, davon aus verbundenen Unternehmen 12. Abschreibungen auf Finanzanlagen und auf Wertpapiere des Umlaufvermögens 13. Zinsen und ähnliche Aufwendungen, davon an verbundene Unternehmen 14. Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit 15. außerordentliche Erträge 16. außerordentliche Aufwendungen 17. außerordentliches Ergebnis 18. Steuern vom Einkommen und vom Ertrag 19. sonstige Steuern 20. Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag.

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19.2 Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung

(3) Bei Anwendung des Umsatzkostenverfahrens sind auszuweisen: 1. Umsatzerlöse 2. Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsatzerlöse erbrachten Leistungen 3. Bruttoergebnis vom Umsatz 4. Vertriebskosten 5. allgemeine Verwaltungskosten 6. sonstige betriebliche Erträge 7. sonstige betriebliche Aufwendungen 8. Erträge aus Beteiligungen, davon aus verbundenen Unternehmen 9. Erträge aus anderen Wertpapieren und Ausleihungen des Finanzanlagevermögens, davon aus verbundenen Unternehmen 10. sonstige Zinsen und ähnliche Erträge, davon aus verbundenen Unternehmen 11. Abschreibungen auf Finanzanlagen und auf Wertpapiere des Umlaufvermögens 12. Zinsen und ähnliche Aufwendungen, davon an verbundene Unternehmen 13. Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit 14. außerordentliche Erträge 15. außerordentliche Aufwendungen 16. außerordentliches Ergebnis 17. Steuern vom Einkommen und vom Ertrag 18. sonstige Steuern 19. Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag. (4) …

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19 Anhang

19.3

Musterbedingungen für VermögensschadenHaftpflichtversicherungen von Aufsichtsräten, Vorständen und Geschäftsführern

Unverbindliche Empfehlung des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV), Abweichende Vereinbarungen sind möglich.

Allgemeine Versicherungsbedingungen für die VermögensschadenHaftpflichtversicherung von Aufsichtsräten, Vorständen und Geschäftsführern (AVB-VG) Musterbedingungen des GDV 1. Gegenstand der Versicherung 1.1 Der Versicherer gewährt Versicherungsschutz für den Fall, dass ein gegenwärtiges oder ehemaliges Mitglied des Aufsichtsrates, des Vorstandes oder Geschäftsführung der Versicherungsnehmerin (versicherte Personen) wegen einer bei Ausübung dieser Tätigkeit begangenen Pflichtverletzung aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts für einen Vermögensschaden von Dritten oder von der Versicherungsnehmerin auf Schadenersatz in Anspruch genommen wird. Vermögensschäden sind solche Schäden, die weder Personenschäden (Tötung, Verletzung des Körpers oder Schädigung der Gesundheit von Menschen) noch Sachschäden (Beschädigung, Verderben, Vernichtung oder Abhandenkommen von Sachen) sind noch sich aus solchen Schäden herleiten. Als Sachen gelten auch Geld und geldwerte Zeichen. 1.2 Sofern mit dem Versicherer besonders vereinbart, gilt zusätzlich: Besteht eine Freistellungsverpflichtung der Versicherungsnehmerin gegenüber versicherten Personen für den Fall, dass diese von Dritten, also nicht von der Versicherungsnehmerin oder einer Tochter- oder Konzerngesellschaft, in dem in Ziffer 1.1. beschriebenen Umfang haftpflichtig gemacht werden, so

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geht der Anspruch auf Versicherungsschutz aus diesem Vertrag in dem Umfang von der versicherten Person auf die Versicherungsnehmerin über, in welchem diese ihre Freistellungsverpflichtung erfüllt. Voraussetzung für den Übergang des Versicherungsschutzes ist, dass die Freistellungsverpflichtung nach Art und Umfang rechtlich zulässig ist. Soweit nicht etwas anderes vereinbart wurde, gilt: 1.3 Versicherungsschutz für Schadenersatzansprüche der Versicherungsnehmerin oder einer ihrer Tochter- oder Konzerngesellschaften gegen versicherte Personen bestehen nur unter der Voraussetzung, dass diese Ansprüche nicht auf Weisung, Veranlassung oder Empfehlung einer versicherten Person, einer Tochter- oder Konzerngesellschaft oder deren Organmitgliedern geltend gemacht werden. Eine Weisung, Veranlassung oder Empfehlung liegt nicht vor bei Erfüllung gesetzlicher oder satzungsgemäßer Berichts- und Informationspflichten. 2. Versicherungsfall Versicherungsfall ist die erstmalige Geltendmachung eines Haftpflichtanspruchs gegen eine versicherte Person durch Dritte oder durch die Versicherungsnehmerin aufgrund einer tatsächlichen oder behaupteten Pflichtverletzung einer versicherten Person. Im Sinne dieses Vertrages ist ein Haftpflichtanspruch geltend gemacht, wenn gegen eine versicherte Person ein Anspruch schriftlich erhoben wird oder ein Dritter der Versicherungsnehmerin oder der versicherten Person schriftlich mitteilt, einen Anspruch gegen eine versicherte Person zu haben. 3. Zeitlicher Umfang des Versicherungsschutzes 3.1 Erfasste Pflichtverletzungen und Ansprucherhebungen (Claims Made): Versicherungsschutz besteht für während der Dauer des Versicherungsvertrages eingetretene Versicherungsfälle 171

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wegen Pflichtverletzungen, welche während der Dauer des Versicherungsvertrages begangen wurden. Wird eine Pflichtverletzung durch fahrlässige Unterlassung verursacht, gilt sie im Zweifel als an dem Tag begangen, an welchem die versäumte Handlung spätestens hätte vorgenommen werden müssen, um den Eintritt des Schadens abzuwenden. 3.2 Rückwärtsversicherung für vorvertragliche Pflichtverletzungen: Durch besondere Vereinbarung kann im Falle des Wechsels des Versicherers der Versicherungsschutz bei Ansprüchen Dritter (nicht der Versicherungsnehmerin) erweitert werden auf Versicherungsfälle wegen Pflichtverletzungen, welche vor Beginn dieses Versicherungsvertrages begangen wurden. Dies gilt jedoch nicht für solche Pflichtverletzungen, welche eine versicherte Person oder die Versicherungsnehmerin bei Abschluss dieses Versicherungsvertrages kannte oder hätte kennen müssen. 3.3 Nachhaftung für Anspruchserhebungen nach Vertragsbeendigung: Wird der Versicherungsvertrag durch den Versicherer nicht oder nicht zu denselben Konditionen verlängert, so hat die Versicherungsnehmerin das Recht, innerhalb eines Monats nach Ablauf des Vertrages gegen Zahlung eines zusätzlichen Beitrages in Höhe von …% der letzten Jahresprämie die Vereinbarung einer Nachhaftungszeit von 2 Jahren zu verlangen; dies gilt nicht in den Fällen der Vertragsbeendigung gemäß Ziffer 10.2. Die Nachhaftungszeit gilt für Versicherungsfälle, welche dem Versicherer innerhalb der Nachhaftungszeit gemeldet werden, soweit sie auf Pflichtverletzungen beruhen, die während der Dauer der Versicherung – oder, soweit vereinbart, während der Dauer der Rückwärtsversicherung – begangen wurden. Das Recht der Versicherungsnehmerin, die Vereinbarung einer Nachhaftungszeit zu verlangen, erlischt, wenn die Nachhaftungszeit nicht innerhalb eines Monats nach Ablauf des Versicherungsvertrages schriftlich beim Versicherer

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beantragt wird oder wenn die Zahlung des zusätzlichen Beitrages für die Nachhaftungszeit nicht unverzüglich geleistet wird. Versicherungsschutz besteht für die gesamte Nachhaftungszeit im Rahmen und nach Maßgabe der bei Ablauf des letzten Versicherungsjahres geltenden Vertragsbestimmungen und zwar in Höhe des unverbrauchten Teils der Deckungssumme des letzten Versicherungsjahres. 3.4 Konkurseröffnung: Bei Eröffnung des Konkurs- , Vergleichs- oder Gesamtvollstreckungsverfahrens über das Vermögen der Versicherungsnehmerin erstreckt sich die Deckung nur auf Haftpflichtansprüche infolge von Pflichtverletzungen, welche vor der Eröffnung begangen wurden. 3.5 Vertragsdauer: Der Vertrag wird für den im Versicherungsschein genannten Zeitraum abgeschlossen. Eine Verlängerung des Vertragsverhältnisses bedarf einer ausdrücklichen Vereinbarung. 4. Sachlicher Umfang des Versicherungsschutzes Soweit nicht etwas anderes vereinbart wurde, gilt: 4.1 Der Versicherungsschutz umfaßt sowohl die gerichtliche und außergerichtliche Abwehr unbegründeter als auch die Befriedigung begründeter Schadenersatzansprüche. 4.2 Besteht eine Kapitalbeteiligung der versicherten Person an der Versicherungsnehmerin, so umfasst der Versicherungsschutz bei Ansprüchen der Versicherungsnehmerin nicht den Teil des Schadenersatzanspruches, welche der Quote dieser Kapitalbeteiligung entspricht. 4.3 Für den Umfang der Leistung des Versicherers ist die im Versicherungsschein angegebene Versicherungssumme der Höchstbetrag für jeden Versicherungsfall und für alle während eines Versicherungsjahres eingetretenen Versicherungsfälle zusammen. Kosten gem. Ziffer 4.4 sind darin inbegriffen. 173

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In jedem Versicherungsfall tragen die in Anspruch genommenen versicherten Personen den im Versicherungsschein aufgeführten Betrag selbst (Selbstbehalt). Im Falle der Ziffer 1.2 gilt statt des Selbstbehalts der versicherten Person der im Versicherungsschein aufgeführte Betrag für die Versicherungsnehmerin. 4.4 Kosten sind: Anwalts-, Sachverständigen-, Zeugen- oder Gerichtskosten, Aufwendungen zur Abwendung oder Minderung des Schadens bei oder nach Eintritt des Versicherungsfalles sowie Schadenermittlungskosten, auch Reisekosten, die dem Versicherer nicht selbst entstehen. Dies gilt auch dann, wenn diese Kosten auf Weisung des Versicherers entstanden sind. 4.5 Kommt es in einem Versicherungsfall zu einem Rechtsstreit über den Anspruch zwischen einer versicherten Person und dem Anspruchsteller oder dessen Rechtsnachfolger, so führt der Versicherer den Rechtsstreit im Namen der versicherten Person auf seine Kosten. Der Versicherer gilt auch außergerichtlich als bevollmächtigt, alle zur Beilegung oder Abwehr des Anspruches in zweckmäßig erscheinenden Erklärungen im Namen der versicherten Person abzugeben. Wird in einem Strafverfahren wegen einer Pflichtverletzung, die einen unter den Versicherungsschutz fallenden Haftpflichtanspruch zur Folge haben kann, die Bestellung eines Verteidigers für die versicherte Person von dem Versicherer gewünscht oder genehmigt, so trägt der Versicherer die Kosten gemäß Gebührenordnung, ggf. die mit ihm besonders vereinbarten höheren Kosten des Verteidigers. Übersteigt der Streitwert die Versicherungssumme, so trägt der Versicherer nur die Kosten nach dem Streitwert in Höhe der Versicherungssumme. 4.6 Unabhängig von den einzelnen Versicherungsjahren gelten mehrere während der Wirksamkeit des Versicherungsvertrages geltend gemachte Ansprüche eines oder mehrerer Anspruchsteller

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a) aufgrund einer Pflichtverletzung, welche durch eine oder mehrere versicherte Personen begangen wurde, b) aufgrund mehrerer Pflichtverletzungen, welche durch eine oder mehrere versicherte Personen begangen wurden, sofern diese Pflichtverletzungen demselben Sachverhalt zuzuordnen sind und miteinander in rechtlichem, wirtschaftlichem oder zeitlichem Zusammenhang stehen, als ein Versicherungsfall. Dieser gilt unabhängig von dem tatsächlichen Zeitpunkt der Geltendmachung der einzelnen Haftpflichtansprüche als in dem Zeitpunkt eingetreten, in dem der erste Haftpflichtanspruch geltend gemacht wurde. 4.7 Falls die vom Versicherer verlangte Erledigung eines Haftpflichtanspruchs durch Anerkenntnis, Befriedigung oder Vergleich an dem Widerstand der Versicherungsnehmerin oder einer versicherten Person scheitert, oder falls der Versicherer seinen vertragsgemäßen Anteil zur Befriedigung des Geschädigten zur Verfügung stellt, so hat der Versicherer für den von der Weigerung bzw. der Zurverfügungstellung an entstehenden Mehraufwand an Hauptsache, Zinsen und Kosten nicht aufzukommen. 5. Ausschlüsse Soweit nicht etwas anderes vereinbart wurde, gilt: Ausgeschlossen vom Versicherungsschutz sind Haftpflichtansprüche 5.1 wegen vorsätzlicher Schadenverursachung oder durch wissentliches Abweichen von Gesetz, Vorschrift, Beschluss, Vollmacht oder Weisung oder durch sonstige wissentliche Pflichtverletzung. Im Falle der Rückwärtsversicherung gemäß Ziffer 3.2 werden diese Pflichtverletzungen einer versicherten Person gemäß Satz 1 allen anderen versicherten Personen zugerechnet; dies gilt nicht für Pflichtverletzungen, welche nach Beginn des Vertrages ohne ihr Wissen von anderen versicherten Personen begangen wurden; 175

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5.2 wegen Rückzahlung oder Rückgabe von Bezügen, Tantiemen oder sonstigen Vorteilen, welche die versicherten Personen aus der versicherten Tätigkeit oder mit Rücksicht auf diese erhalten haben; 5.3 wegen Schäden durch von der Versicherungsnehmerin oder einer Tochter- oder Konzerngesellschaft in den Verkehr gebrachte Produkte, Arbeiten oder sonstige Leistungen; 5.4 wegen Schäden durch Umwelteinwirkungen und alle sich daraus ergebenden weiteren Schäden; 5.5 – welche vor ausländischen Gerichten geltend gemacht werden – dies gilt auch im Falle eines inländischen Vollstreckungsurteils (§ 722 ZPO); – wegen Verletzung oder Nichtbeachtung ausländischen Rechts; – wegen einer im Ausland vorgenommenen Tätigkeit; 5.6 wegen Verstoßes gegen so genannte „Insiderregeln“; 5.7 aus Verstößen bei einer anderen als der versicherten Tätigkeit (z. B. Tätigkeit bei einem anderen Unternehmen oder freiberufliche Tätigkeit); 5.8 von versicherten Personen untereinander oder von Angehörigen oder versicherten Personen. Als Angehörige gelten der Ehegatte einer versicherten Person oder der, der mit einer versicherten Person in gerade Linie oder im 2. Grade der Seitenlinie verwandt oder verschwägert ist; 5.9 die sich daraus ergeben oder damit im Zusammenhang stehen, dass Versicherungsleistungen oder Versicherungen nicht oder unzureichend wahrgenommen, abgeschlossen oder fortgeführt werden; 5.10 wegen Beleidigung, übler Nachrede, Geschäftsschädigung oder unlauteren Wettbewerbs sowie aus der Verletzung von Berufsgeheimnissen, Urheber-, Patent-, Warenzeichen-, Geschmacksmuster und vergleichbaren Immaterialgüterrechten;

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5.11 der Versicherungsnehmerin oder einer verbundenen Gesellschaft, deren Vermögensschaden bei einer anderen Gesellschaft dieses Konzerns zu einem Vermögensvorteil geführt hat, in Höhe des Vermögensvorteils; 5.12 im Zusammenhang mit Bestechungen, Schenkungen, Spenden oder ähnlichen Zuwendungen; 5.13 wegen Schäden aus Spekulationsgeschäften, soweit diese nicht innerhalb eines ordnungsgemäßen Geschäftsgangs erforderlich und üblich sind (z. B. Kurssicherungsgeschäfte); 5.14 wegen Schäden der Versicherungsnehmerin oder einer Tochter- oder Konzerngesellschaft durch Einbußen bei Darlehen und Krediten. Dies gilt nicht, soweit die Einbußen verursacht sind durch Pflichtverletzungen bei der Rechtsverfolgung. 6. Anderweitige Versicherungen Besteht für einen unter diesem Versicherungsvertrag geltend gemachten Schaden auch unter einem anderen Versicherungsvertrag Versicherungsschutz, so sind Versicherungsnehmerin und versicherte Personen verpflichtet, den Schaden zunächst unter dem anderweitigen Versicherungsvertrag geltend zu machen. Die Leistungspflicht des Versicherers unter diesem Vertrag besteht nur, wenn und insoweit der anderweitige Versicherer für den Schaden nicht leistet. Kommt es zu einer Leistung aus diesem Versicherungsvertrag, weil der Versicherer des anderweitigen Versicherungsvertrages seine Leistungspflicht gegenüber der Versicherungsnehmerin oder einer versicherten Person bestreitet, so sind diese verpflichtet, etwaige Ansprüche aus dem anderweitigen Versicherungsvertrag an den Versicherer dieses Vertrages abzutreten. Sofern die Versicherungsnehmerin oder eine versicherte Person das durch diesen Versicherungsvertrag versicherte Risiko auch anderweitig versichert (z. B. Anschlussversicherung), ist dies dem Versicherer unverzüglich anzuzeigen. 177

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7. Obliegenheiten im Versicherungsfall, Verfahren 7.1

Jeder Versicherungsfall ist dem Versicherer unverzüglich schriftlich anzuzeigen. Wird ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und ergeht ein Strafbefehl oder Bescheid, der den Ersatz eines Vermögensschadens zum Gegenstand hat oder zur Folge haben könnte, so hat die Versicherungsnehmerin dem Versicherer unverzüglich schriftlich Anzeige zu erstatten, auch wenn der Versicherungsfall selbst bereits angezeigt wurde. Wird gegen eine versicherte Person ein Anspruch gerichtlich geltend gemacht oder gegen diese gerichtlich der Streit verkündet, so ist dies ebenfalls unverzüglich anzuzeigen. Das Gleiche gilt im Falle eines Arrestes, einer einstweiligen Verfügung oder eines selbständigen Beweisverfahrens.

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7.2

Die Versicherungsnehmerin und die versicherten Personen sind verpflichtet, unter Beachtung der Weisungen des Versicherers nach Möglichkeit für die Abwendung oder Minderung des Schadens zu sorgen und alles zu tun, was zur Klarstellung des Versicherungsfalles dient, sofern ihnen dabei nichts Unbilliges zugemutet wird. Sie haben den Versicherer bei der Abwehr des Schadens sowie bei der Schadenermittlung und -regulierung zu unterstützen, ihm ausführliche und wahrheitsgemäße Schadenberichte zu erstatten, alle Tatumstände, welche auf den Versicherungsfall Bezug haben, mitzuteilen und alle nach Ansicht des Versicherers für die Beurteilung des Versicherungsfalles erheblichen Schriftstücke einzusenden.

7.3

Die Versicherungsnehmerin oder eine versicherte Person ist nicht berechtigt, ohne vorherige Zustimmung des Versicherers einen Haftpflichtanspruch ganz oder z. T. anzuerkennen, zu vergleichen oder zu befriedigen, soweit nicht etwas anderes vereinbart wurde. Bei Zuwiderhandlung ist der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei, es sei denn, dass die Versicherungsnehmerin oder die versicherten Personen nach den Umständen die Befriedigung oder

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Anerkennung nicht ohne offenbare Unwilligkeit verweigern konnten. 7.4 Übernimmt die Versicherungsnehmerin den von den versicherten Personen zu tragenden Selbstbehalt, gibt sie eine Freistellungs- oder Verzichtserklärung gegenüber diesen ab, erteilt sie bezüglich des Versicherungsfalles diesen Entlastung oder schließt mit ihnen insoweit einen Vergleich, so ist dies von der Versicherungsnehmerin dem Versicherer anzuzeigen.

8. Anzeigepflichten Soweit nicht etwas anderes vereinbart wurde, gilt: 8.1 Vorvertragliche Anzeigepflichten der Versicherungsnehmerin: 8.1.1 Die Versicherungsnehmerin hat bei Abschluss des Vertrages alle ihr bekannten Umstände, die für die Übernahme der Gefahr erheblich sind, dem Versicherer anzuzeigen. Erheblich sind die Gefahrumstände, die geeignet sind, auf den Entschluss des Versicherers, den Vertrag überhaupt oder zu dem vereinbarten Inhalt abzuschließen, einen Einfluss ausüben. Ein Umstand, nach welchem der Versicherer ausdrücklich und schriftlich gefragt hat, gilt im Zweifel als erheblich. Ist die Anzeige eines erheblichen Umstandes unterblieben, so kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten. Das Gleiche gilt, wenn die Anzeige eines erheblichen Umstandes deshalb unterblieben ist, weil sich die Versicherungsnehmerin der Kenntnis des Umstandes arglistig entzogen hat. Der Rücktritt ist ausgeschlossen, wenn der Versicherer den nicht angezeigten Umstand kannte, oder wenn die Anzeige ohne Verschulden der Versicherungsnehmerin unterblieben ist.

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8.1.2 Der Versicherer kann von dem Vertrag auch dann zurücktreten, wenn über einen erheblichen Umstand eine unrichtige Anzeige gemacht worden ist. Der Rückritt ist ausgeschlossen, wenn die Unrichtigkeit dem Versicherer bekannt war oder die Anzeige ohne Verschulden der Versicherungsnehmerin unrichtig gemacht worden ist. 8.1.3 Hatte die Versicherungsnehmerin die Gefahrumstände anhand schriftlicher, von dem Versicherer gestellter Fragen anzuzeigen, kann der Versicherer wegen unterbliebener Anzeige eines Umstandes, nach welchem nicht ausdrücklich gefragt worden ist, nur im Fall arglistiger Verschweigung zurücktreten. 8.1.4 Wird der Vertrag von einem Bevollmächtigten oder von einem Vertreter ohne Vertretungsvollmacht geschlossen, so kommt für das Rücktrittsrecht des Versicherers nicht nur die Kenntnis und die Arglist der Versicherungsnehmerin in Betracht. Die Versicherungsnehmerin kann sich darauf, dass die Anzeige eines erheblichen Umstandes ohne Verschulden unterblieben oder unrichtig gemacht ist, nur berufen, wenn weder dem Vertreter noch ihr selbst ein Verschulden zur Last fällt. 8.1.5 Der Rücktritt kann nur innerhalb eines Monats erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem der Versicherer von der Verletzung der Anzeigepflicht Kenntnis erlangt. Der Rücktritt erfolgt durch Erklärung gegenüber der Versicherungsnehmerin. Im Fall des Rücktritts sind, soweit das Versicherungsvertragsgesetz nicht in Ansehung der Prämie ein anderes bestimmt, beide Teile verpflichtet, einander die empfangenen Leistungen zurückzugewähren; eine Geldsumme ist von dem Zeitpunkt des Empfangs an zu verzinsen. 8.1.6 Tritt der Versicherer zurück, nachdem der Versicherungsfall eingetreten ist, so bleibt die Verpflichtung zur Leistung gleichwohl bestehen, wenn der Umstand in Anschauung dessen die Anzeigepflicht verletzt ist, keinen Einfluss auf

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den Eintritt des Versicherungsfalls und auf den Umfang der Leistung des Versicherers gehabt hat. 8.1.7 Das Recht des Versicherers, den Vertrag wegen arglistiger Täuschung über Gefahrumstände anzufechten, bleibt unberührt. 8.2. Anzeigepflichten der Versicherungsnehmerin während der Vertragslaufzeit: 8.2.1 Treten Umstände, die für die Übernahme des Versicherungsschutzes Bedeutung haben (z. B. eine Änderung des Gesellschaftszweckes, eine wesentliche Erweiterung oder Änderung des Geschäftsbereiches, eine Änderung der Gesellschafterstruktur und der Stimmrechtsverhältnisse von mehr als 10 %, der Erwerb oder die Gründung von Gesellschaften, deren Bilanzsumme mehr als 10 % der konsolidierten Bilanzsumme der Versicherungsnehmerin beträgt sowie die freiwillige Liquidation oder die Eröffnung des Konkurses oder Vergleichsverfahrens über das Vermögen der Versicherungsnehmerin oder eines Tochterunternehmens) nach Unterzeichnung des Antrags und vor Zugang des Versicherungsscheins bei der Versicherungsnehmerin ein oder ändern sich die bei Antragstellung angegebenen Umstände, ist die Versicherungsnehmerin gleichfalls verpflichtet, dies dem Versicherer unverzüglich schriftlich anzuzeigen. Die Versicherungsnehmerin ist verpflichtet, dem Versicherer auf Befragen unverzüglich alle nach Vertragsschluss eintretenden, die übernommene Gefahr erhöhenden Umstände mitzuteilen. Dies gilt sowohl für die von der Versicherungsnehmerin als auch von Dritten mit Duldung der Versicherungsnehmerin verursachte Gefahrerhöhung. 8.2.2 a) Verletzt der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht gem. Ziffer 8.2.1, kann der Versicherer den Versicherungsvertrag insgesamt fristlos kündigen und zwar auch dann, wenn die Voraussetzungen für die Kündigung nur bei einem Teil der versicherten Personen oder Tochterunternehmen erfüllt sind. Beruht die Gefahrerhöhung nicht 181

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auf einem Verschulden des Versicherungsnehmers, so braucht dieser die Kündigung erst mit dem Ablauf eines Monats gegen sich gelten zu lassen. Tritt nach Abschluss des Versicherungsvertrages eine Erhöhung der Gefahr unabhängig vom Willen des Versicherungsnehmers ein, kann der Versicherer den Versicherungsvertrag insgesamt mit einer Kündigungsfrist von einem Monat kündigen und zwar auch dann, wenn die Voraussetzungen für die Kündigung nur bei einem Teil der versicherten Personen oder Tochterunternehmen erfüllt sind. Dies gilt entsprechend für eine nach Antragstellung und vor Antragsannahme eingetretene Gefahrerhöhung, die dem Versicherer bei Annahme des Antrages nicht bekannt war. Das Kündigungsrecht in den vorgenannten Fällen erlischt, wenn es nicht innerhalb eines Monats nach Kenntnis von der Gefahrerhöhung ausgeübt wird oder wenn der Zustand vor Wirksamwerden der Kündigung wiederhergestellt ist, der vor der Gefahrerhöhung bestand. b) Leistungsfreiheit wegen Gefahrerhöhung: Der Versicherer ist von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn der Versicherungsnehmer die Pflicht zur unverzüglichen Anzeige gem. Ziffer 8.2.1 verletzt und der Versicherungsfall später als einen Monat nach dem Zeitpunkt eintritt, in welchem die Anzeige dem Versicherer hätte zugehen müssen. Die Leistungspflicht bleibt jedoch bestehen, wenn die Frist für die Kündigung des Versicherers zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalles abgelaufen und eine Kündigung nicht erfolgt ist oder die Gefahrerhöhung keinen Einfluss auf den Eintritt des Versicherungsfalles und den Umfang der Leistung des Versicherers gehabt hat. Die Leistungspflicht bleibt auch bestehen, wenn dem Versicherer die Gefahrerhöhung zu dem Zeitpunkt bekannt war, als ihm die Anzeige hätte zugehen müssen. c) Mitversicherte Gefahrerhöhungen: Die vorstehenden Regelungen finden keine Anwendung, wenn

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– die Gefahr nur unerheblich erhöht wurde; – nach den Umständen als vereinbart anzusehen ist, dass das Versicherungsverhältnis durch die Gefahrerhöhung nicht berührt werden soll oder – die Gefahrerhöhung durch das Interesse des Versicherers oder durch ein Ereignis, für das er eintrittspflichtig ist, veranlasst wurde. 8.2.3 Die Versicherungsnehmerin hat innerhalb von sechs Monaten nach Abschluss des jeweils letzten Geschäftsjahres dem Versicherer den Geschäftsbericht (Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung, Anhang, Lagebericht und Testat) einzureichen. 9. Rechtsverlust Soweit nicht etwas anderes vereinbart wurde, gilt: 9.1 Wird eine Obliegenheit verletzt, die nach Ziffer 7 dem Versicherer gegenüber zu erfüllen ist, so ist der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei, es sei denn, dass die Verletzung weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit beruht. Bei grob fahrlässiger Verletzung bleibt der Versicherer zur Leistung insoweit verpflichtet, als die Verletzung Einfluss weder auf die Feststellung des Versicherungsfalles noch auf die Feststellung oder den Umfang der dem Versicherer obliegenden Leistung gehabt hat. Handelt es sich hierbei um die Verletzung von Obliegenheiten zwecks Abwendung oder Minderung des Schadens, so bleibt der Versicherer bei grob fahrlässiger Verletzung zur Leistung insoweit verpflichtet, als der Umfang des Schadens auch bei gehöriger Erfüllung der Obliegenheiten nicht geringer gewesen wäre. 9.2 Hat die Versicherungsnehmerin oder versicherte Person ihre Obliegenheiten nach Ziffer 7.2 dadurch verletzt, dass sie den Versicherer über erhebliche Umstände wissentlich täuschte oder zu täuschen versuchte, so verliert sie alle Ansprüche aus dem betreffenden Versicherungsfall. Weitergehende gesetzliche Rechtsfolgen solcher Täuschungen bleiben bestehen. 183

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9.3 Die Versicherungsnehmerin oder versicherte Person hat, wenn sie das versicherte Risiko auch anderweitig versichert, dem Versicherer innerhalb eines Monats Anzeige hiervon zu erstatten; andernfalls verliert sie ihren Versicherungsanspruch hinsichtlich aller Versicherungsfälle, auf welche die Doppelversicherung sich erstreckt. Deckt die anderweitige Versicherung die Versicherungsnehmerin nicht bis zu dem Umfang wie diejenige des Versicherers, so tritt letzterer im Versicherungsfall für die Differenz ein. 10. Kündigung, Erlöschen des Vertrages 10.1. Der Versicherungsvertrag kann gekündigt werden, wenn von dem Versicherer aufgrund eines Versicherungsfalles eine Zahlung geleistet wurde oder der Haftpflichtanspruch rechtshängig geworden ist oder der Versicherer die Leistung der fälligen Entschädigung verweigert hat. Das Recht zur Kündigung im Versicherungsfall, die seitens des Versicherers mit einer Frist von einem Monat und seitens der Versicherungsnehmerin mit sofortiger Wirkung oder zum Schluss der laufenden Versicherungsperiode zu erfolgen hat, erlischt, wenn es nicht spätestens einen Monat, nachdem die Zahlung geleistet wurde, der Rechtsstreit durch Klagerücknahme, Anerkenntnis oder Vergleich beigelegt oder das Urteil rechtskräftig geworden ist, ausgeübt wird. Die Kündigung ist nur dann rechtzeitig erklärt, wenn sie der anderen Partei innerhalb der jeweils vorgeschriebenen Frist zugegangen ist. 10.2 Der Versicherer ist ferner für den Fall der Eröffnung des Konkurs-, Vergleichs- oder Gesamtvollstreckungsverfahrens über das Vermögen der Versicherungsnehmerin oder eines Tochterunternehmens berechtigt, den Versicherungsvertrag mit einer Frist von einem Monat zu kündigen. In dem Fall der Ziffer 9.2 kann der Versicherer den Vertrag innerhalb eines Monats nach erlangter Kenntnis mit einmonatiger Frist kündigen.

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Wird die Versicherungsnehmerin selbst freiwillig liquidiert oder neu beherrscht, erlischt der Versicherungsschutz mit Abschluss der Liquidation oder mit Beginn des neuen Beherrschungsverhältnisses automatisch. 11. Versicherung für fremde Rechnung, Abtretung des Versicherungsanspruches 11.1 Anspruch auf Versicherungsschutz können nur die versicherten Personen geltend machen; dies gilt nicht in den Fällen der Ziffer 1.2. Die Anzeigepflichten und Obliegenheiten der Versicherungsnehmerin gelten sinngemäß für die versicherten Personen. 11.2 Die Versicherungsansprüche können vor ihrer endgültigen Feststellung ohne ausdrückliche Zustimmung des Versicherers nicht auf Dritte übertragen werden. 11.3 Rückgriffsansprüche der versicherten Personen und deren Ansprüche auf Kostenersatz, auf Rückgabe hinterlegter und auf Rückerstattung bezahlter Beträge sowie auf Abtretung gem. § 255 BGB gehen in Höhe der vom Versicherer geleisteten Zahlungen ohne weiteres auf diesen über. Der Versicherer kann die Ausstellung einer den Forderungsübergang nachweisenden Urkunde verlangen. 11.4 Hat eine versicherte Person auf einen Anspruch gem. Ziffer 11.3 oder ein zu dessen Sicherung dienendes Recht verzichtet, bleibt der Versicherer dieser gegenüber nur insoweit verpflichtet, als die versicherte Person nachweist, dass die Verfolgung des Anspruchs ergebnislos geblieben wäre. 12. Prämie Soweit nicht etwas anderes vereinbart wurde, gilt: 12.1 Die Prämie wird mit dem Abschluss des Versicherungsvertrages fällig. Wird die Prämie nicht rechtzeitig gezahlt, ist der Versicherer, solange die Zahlung nicht bewirkt ist, 185

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berechtigt, vom Vertrag zurückzutreten. Es gilt als Rücktritt, wenn der Anspruch auf die Prämie nicht innerhalb von drei Monaten vom Fälligkeitstage an gerichtlich geltend gemacht wird. 12.2 Ist die Prämie zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalls noch nicht gezahlt, ist der Versicherer von der Verpflichtung zur Zahlung frei. 12.3 Endet das Versicherungsverhältnis vor Ablauf der Vertragszeit oder wird es nach Beginn der Versicherung rückwirkend aufgehoben oder ist es von Anfang an nichtig, gebührt dem Versicherer Prämie oder Geschäftsgebühr nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen (z. B. §§ 40 und 68 VVG). 13. Gerichtsstand und anzuwendendes Recht Für diesen Vertrag gilt ausschließlich deutsches Recht. Gerichtsstand ist ......................................................... Diese Gerichtsstandsvereinbarung gilt ausdrücklich auch dann, wenn die Versicherungsnehmerin oder eine versicherte Person ihren (Wohn-)Sitz im Ausland hat.

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Jahresbezüge von Geschäftsführern nach Branchen 2003

Dienstleister Architekten/Ingenieure Ausbildung/Schulung Bauträger EDV/Software Finanzen/Versicherung Fitness/Freizeit Gastronomie/Hotel

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Median Euro 104.376 112.180 110.868 109.742 131.352 89.476 67.786

19.4 Jahresbezüge von Geschäftsführern nach Branchen 2003

Gesundheitswesen Immobilien Leasing/Vermietung Reinigung Reisebüro/Verkehr Spedition Steuerberater/Wirtschaftsprüfer Telekommunikation/Internet Umweltschutz/Entsorgung Unternehmensberatung Verlag Werbe-/Medienbranche Zeitarbeit/Wachdienste Sonstige Dienstleister

98.066 94.325 94.394 100.773 93.890 104.429 120.047 107.352 101.440 132.600 100.086 123.700 106.440 87.679

Einzelhandel Bekleidung/Lederwaren Bücher/Schreibwaren/Büro Elektro/UE/PC Heimwerker/Gartencenter KFZ-Handel/ -Handwerk Lebensmittel/Reformhaus Möbel/Küchen Raumausstattung/Textilien Schuhe Sport/Spielwaren Uhren/Schmuck Zweiradhandel Sonstiger Einzelhandel

Median* 84.527 77.029 96.108 70.375 92.703 85.897 103.238 69.300 71.897 88.671 69.831 81.796 88.438

Großhandel Baustoffe/-bedarf Bürob/EDV Chemische Produkte Elektro/Sanitär/Heizung Gesundheitswesen Handelsvertretung Import/Export Lebensmittel/Getränke

Median* 93.202 136.331 145.341 127.500 127.740 117.587 116.263 127.482 187

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*

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Maschinen/Anlagen Metall/Werkzeuge Technischer Großhandel Textilien/Leder/Sport Sonstiger Großhandel

114.676 128.055 103.409 129.344 119.312

Handwerk Baunebengewerbe Bauunternehmung Büroelektronik Dachdecker Dentallabor Druckerei Elektroinstallation Garten-/Landschaftsbau Gesundheit Heizung/Sanitär/Klima Metall/Maschinen Nahrungs-/Genußmittel Straßen-/Tiefbau Tischlerei/Ladenbau Sonstiges Handwerk

Median* 80.503 88.899 104.305 85.548 111.570 108.733 93.100 88.502 88.008 86.940 108.985 71.209 86.644 77.605 65.227

Industrie Bauzubehör/Holz Chemie/Pharma Elektro/Elektronik Kunststoff/Papier/Leder Maschinen/Fahrzeuge Metall/Werkzeuge Sonstige Industrie

Median* 120.463 157.153 153.056 139.493 149.988 131.735 148.765

Median = Der angegebene Wert liegt in der Mitte der Jahresgesamtbezüge aller Teilnehmer der Branche. 50 Prozent liegen über, 50 Prozent unter dem angegebenen Wert. Quelle: Studie „Welche Vergütungen GmbH-Geschäftsführer erhalten“, BBE Unternehmensberatung GmbH, Köln 2003

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Abkürzungsverzeichnis

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a. F. Abs. AktG AO BAG BB Betr AVG BewG BFH BGB BGH BGHZ bzw. DB DM e. V. evtl. EStG EuroEG GenG GmbH GmbHG GmbHR GoB Halbs.

alte Fassung Absatz Aktiengesetz Abgabenordnung Bundesarbeitsgericht Betriebs-Berater, Zeitschrift Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung Bewertungsgesetz Bundesfinanzhof Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen beziehungsweise Der Betrieb, Zeitschrift Deutsche Mark eingetragener Verein eventuell Einkommensteuergesetz Gesetz zur Einführung des Euro Gesetz über die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften (Genossenschaftsgesetz) Gesellschaft(en) mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung Halbsatz 189

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Abkürzungsverzeichnis

HGB HRefG KapErhG KStR LAG LG Mio. n. F. NachwG NJW Nr. o. Ä. OLG StGB UmwStG UWG vGA vgl. WM z. B. ZIP

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Handelsgesetzbuch Handelsrechtsreformgesetz Kapitalerhöhungsgesetz Körperschaftsteuerrichtlinien Landesarbeitsgericht Landgericht Million(en) neue Fassung Gesetz über den Nachweis der für ein Arbeitsverhältnis geltenden wesentlichen Bestimmungen (Nachweisgesetz) Neue Juristische Wochenzeitschrift Nummer oder Ähnliches Oberlandesgericht Strafgesetzbuch Gesetz über steuerliche Maßnahmen bei Änderung der Unternehmensform Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb verdeckte Gewinnausschüttung(en) vergleiche Wertpapier-Mitteilungen, Zeitschrift zum Beispiel Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

Sachverzeichnis

Sachverzeichnis

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A Abberufung 7 Abfindung 12 Abgabenordnung 125 Abschlusserstellung 103 Aktien – -gesetz 36 – -recht 40 Aktionärsklage 38 Altersversorgung 155 Angemessenheit 149 Anpassung 159 Anwaltskosten 42 Arbeitsentgelt 142 Arbeitsgericht 7 Arbeitsverhältnis 7 Arbeitszeit 8 Aufsichtsrat 4 Aufstellungsfristen 102 Außenverhältnis 95 Ausgleich 37 f. – -spflicht 38 Auskunftspflicht 128, 130 Auskunftsrecht 43, 92 Auslagen 8 Auswahlverschulden 45 Auszahlungsverbot 80

Auszehrung und Anrechnung 158

B Bareinlage 28, 59 f. Baustoffhändlerfall 30 Beherrschungsvertrag 34, 37 Beirat 4, 26 Berufsfreiheit 18 Betriebsrisiko 17 Betrug 41 Beweiserleichterung 44 Beweislast 27, 43 ff. – -regel 48 – -umkehr 42 ff., 117, 126 Bilanz, Gliederung der 165 Bilanzierung und Bewertungsstetigkeit 101 ff. – Rechnungswesen und Abschlusserstellung 103 – Stichtagssprinzip 103 Bilanzrichtliniengesetz 103 Bremer Vulkan 33, 39 Buchführung 44 f., 103 – Grundsätze der ordnungsgemäßen 103 Bundesgerichtshof (BGH) 20

191

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Sachverzeichnis

– -Regeln 81, 85 Bürgschaft 11

C culpa in contrahendo

31

Forderungsverzicht mit Besserungsklausel 119 Fortführungsbilanz 116 Fortführungsprognose 116 Freistellungsanspruch 69

D

G

D&O-Versicherung 50 Darlehen, eigenkapitalersetzend 80 ff. Dienstverhältnis, schuldrechtliches 6 Dienstvertrag 7, 128, 145 ff. Differenzhaftung 75 Direktversicherung 162 Durchgriffshaftung 71

Geheimhaltungspflicht, Verletzung der 136 Geldeinlage 63 Generalbereinigung 53f. Generalvollmacht 95 Gesamtversicherungskonzept 50 Geschäfte, unternehmerische 25 Geschäftsanteile 63 –, Rückerwerb der 73 –, Selbständigkeit jeder 73 –, Vereinigung mehrerer 73 Geschäftsführer – als Dienstnehmer 7 – als Organ 6 – -amt 7 –, faktischer 99 –, gesetzliche Haftung des 15, 125 – -haftung 22, 33 –, Jahresbezüge von 186 –, Rechtstellung des 4 – -vertrag 8, 11 –, Dauer- und Beendigung des 8 f. –, Weisungsgebundenheit des 25, 94 Gesellschaft –, herrschende 38 –, Machtzentrum der 3

E Eigenkapital – -bildung 111 – -schutz 85 Einsatzverschulden 45 Einsichtnahme in Bücher 91 Einweisungsverschulden 45 Einzahlungspflicht 66 Entlastung 53 Entscheidungsspielräume, unternehmerische 21 Erlassvertrag 53 Erstattungsanspruch 69

F Firma 55 ff. – Grundsatz der freien 56 –, Kennzeichnung 57 –, Täuschungsverbot 58 –, Unterscheidungskraft 57 Firmenwagen 8

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192

Sachverzeichnis

–, Verantwortlichkeit der 97 – -svertrag 89 Gesellschafter 89 ff. –, Auskunfts- und Einsichtsrecht 91 f. – -beschlüsse 25, 91 – -versammlung 4 f., 89 ff. Gesetzestreue 47 Gesetzeskenntnis 47 Gewinn – -abführung 34 – -ausschüttung –, verdeckter 80, 105 ff. – -verteilung 34 – -verwendung 110 – -vortrag 110 Gewinn- und Verlustrechnung 167 GmbH –, Historie 1 –, kleine und mittelgroße 102 f. –, Krise 113 –, Rechtsstellung des Geschäftsführers 4 – -Anteile – Kauf und Verkauf 73 ff. –, Übertragung von 73 – -Satzung 11 – going concern 116 Grundsatz der Trennung 41

H Haftpflichtversicherung 49, 170 ff. – Musterbedingungen 170 Haftung –, der Gründer 68

–, der Organe 41 – gegenüber der Gesellschaft 22, 27 – auf Höchstbetrag 48 Haftungs– -ausschluss 50 – -beschränkung 3, 47 f. – -einschränkungsvereinbarung 48 – -freistellung 71 – -höchstgrenze 18 – -modell im BGB 16 – -privilegierung 19 ff. – – für Arbeitnehmer 16 – – für Manager 20 – -risiken 17, 21 – -system des Konzernrechts 40 – -umfang 93 – -vermeidung 45 f. Handelsbilanz 101 Handelsregister 1, 63, 67 Handlung –, strafbare 131 –, unerlaubte 28 Handlungsfreiheit 18

I Informationsverschulden 45 Insolvenz – -antragspflicht 116 f. – -eröffnungsverfahren 128 ff. – -gericht 128 f. – -verfahren 114 f., 130f. – -verschleppung 116, 135 – -versicherung 160 – -verwalter 128 f. Institutsmissbrauch 72 193

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Sachverzeichnis

J

N

Jahresabschluss

80, 102 f.

K Kapital 71 – -aufbringungen 134 – -erhaltungsgrundsatz 42 – -gesellschaften, kleine, mittelgroße, große 102 – -vorschriften 34 Karenzentschädigung 151 f. Kompetenzregelung, interne 24 Kontrollsysteme 46 Konzern –, Haftung im 33 f. – -interessen 35 –, faktischer 34, 37 ff. Körperschaftssteuerrichtlinien 106 Krankheit 8 Kreditbetrug 139 Kündigung, ordentliche 9 Kündigungserklärung 11

L Lederspray-Urteil 29 Liquiditätsverbund 41

M Management-Buy-Out 74 Minderheitsgesellschafter 91 Mitverschulden 17 Mitwirkungspflicht 129 ff. Musterbedingungen 49 f., 170

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194

Nachschuss – -pflicht 73, 77 – -regeln 77 Niederlegung 7 Nichtabführbarkeit von Arbeitnehmertanteilen 121 Nichtübertragbarkeit von Geschäftsführerbefugnissen 95 Novellen-Regeln 81, 85 Null-Fehler-Konzept 47

O Organ –, Haftung 22 –, Stellung 22 f. Organisationsverschulden 45

P Patronatserklärung, harte 39 Pensionskassen 162 Pflichten gegenüber – den Finanzbehörden 124 – den Sozialversicherungsträgern 120 Pflicht zur Unternehmensführung 24 ff. Pflichtverletzung 23, 93 pro rata temporis 157 Prozesskosten 42

R Rangrücktritt 119 Rechnungswesen 103 Rechtsscheinhaftung 31 Rechtsschutzversicherung Reisekosten 8

50

Sachverzeichnis

S Sacheinlage 59 ff. –, verdeckte 63 ff. Sachgründungsbericht 60 ff. Sanierungsprivileg 85 Schadensersatzanspruch 42, 117, 130 Sorgfaltspflicht 26 ff., 93 Sozialversicherung – -sbeiträge 120, 123 – -sträger 120 – -spflicht 12, 120 f. Sphärenvermischung 72 Stammeinlage 59 ff., 63 Stammkapital 1, 28, 59, 79 f., 113 –, Erhaltung des 79, 93 – -rückzahlung 28, 79 –, Schutz des 100 Start-up-Unternehmen 51 Stellvertretender Geschäftsführer 99 Steuer – -berater 127 – -bilanz 101 –, Pflicht zur fristgerechten Abführung der 126 ff. – -schulden 126 Stimmverbot 90 Strafvorschriften –, des GmbHG 134 –, des StGB 136 Subventionsbetrug 137

T Tantiemen 8 Täuschungsverbot 58 Trennungsprinzip 71 Treuepflicht 7

Treuhänder fremden Vermögens 26

U Überschuldung 28, 114f. Überwachungsverschulden 45 Unterbilanzhaftung 62ff. Untergesellschaft, Vorstand der 35f. Unterkapitalisierung 71 Unternehmerinteresse, Schutz eines berechtigten 151 Unternehmensverträge –, Gewinnabführung 34 Unterscheidungskraft 31 f. Unterschlagung 29 Unterstützungskasse 163 Untreue 29, 142 – -tatbestand 41 Unverfallbarkeit 157 Urlaub 8

V Vergütung 8, 147 f. Verjährungsfrist 48 Verlustanzeige 135 Verlustvortrag 110 Vermögensinteressen 26 Vermögensvermischung 71 Verschulden 45 –, bei Vertragsschluss 31 f. – -smaßstab 48 – -svermutung 42, 48 Versicherung 50ff. – Rechtsschutz- 52 –, subsidäre 50 –, start-up-Unternehmen 51 –, Zeichnungsmodalitäten 51 195

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Sachverzeichnis

Versorgungszusage, unmittelbare 161 Vertragskonzern 34 Vertretungsmacht, Beschränkung der 95 Verwechslungsgefahr 57 Verwendungsverbot 131 Vinkulierung 74 Vollschüttungsangebot 110 Vorbelastungshaftung 62 Vor-GmbH 67 ff. Vorschriften, Kenntnis aller maßgeblichen 96

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196

W Weisungsgeber 36 Weisungsrecht 26 Wettbewerbsverbot 7, 97 –, nachvertragliches 8, 149, 153 Widerruf der Bestellung 10 Wirtschaftsrisiko 22

Z Zahlungs – -einstellung 115 – -stockung 115f. – -unfähigkeit 28, 114 f. Zeichnungsmodalitäten 51 Zerschlagungsbilanz 116 Zivilgericht 42 Zwangsmittel 129