Der Imam al-Qasim ibn Ibrahim und die Glaubenslehre der Zaiditen

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Der Imam al-Qasim ibn Ibrahim und die Glaubenslehre der Zaiditen

Table of contents :
Einleitung
Die frühe Mu‘tazila und ihr Verhältnis zur Šī‘a
Die Dogmatik der frühen Zaidĩja
Al-Qāsim b. Ibrãhīm
Die Rezeption der mu‘tazilitischen Schullehre
Exkurse
Die Ahl as-sunna wa’l-ğamā‘a und die Nābita
Zur Geschichte der Murği’iten
Die „Ğahmiten“
Stammbäume
Literaturverzeichnis
Register

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STUDIEN ZUR SPRACHE, GESCHICHTE UND KULTUR D E S ISLAMISCHEN ORIENTS Beihefte zur Zeitschrift „Der Islam"

Herausgegeben von BERTOLD SPULER

Neue Folge BAND 1

1965

WALTER DE GRUYTER & CO. / B E R L I N

WILFERD MADELUNG

Der Imam al-Qäsim ibn Ibrahim und die Glaubenslehre der Zaiditen

1965

WALTER DE G R U Y T E R & CO. / B E R L I N

Gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungegemeinschaft

© Archiv-Nr. 41 19 66/1 Copyright by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J . Göschen'sche Verlagehandlung — J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung — Georg Reimer — Karl J . Trübner — Veit & Comp. Berlin — Printed in Germany. — Alle Rechte des Nachdrucks, der photomechanischen Wiedergabe, der Herstellung von Photokopien und Mikrofilmen, auch auszugsweise, vorbehalten. Herstellung: J . J . Augustin, Glückstadt

Inhalt

Seite

Einleitung Die frühe Mu'tazila und ihr Verhältnis zur Si'a Die Dogmatik der frühen Zaidija Al-Qäsim b. Ibrahim Die Rezeption der mu'tazilitischen Schullehre

1 7 44 86 163

Exkurse Die Ahl as-sunna wa'l-gamä'a und die Näbita Zur Geschichte der Murgi'iten Die „Öahmiten"

223 228 241

Stammbäume

245

Literaturverzeichnis Register

248 259

Einleitung Der Zaiditenimam al-Qäsim b. Ibrahim und sein Werk sind der Orientalistik nicht mehr ganz unbekannt. Seine Streitschrift gegen die Christen und seine Widerlegung einer Ibn al-Muqaffa* zugeschriebenen manichäischen Propagandaschrift sind veröffentlicht und diskutiert worden. Schon früher hatte R. STROTHMANN im Rahmen seiner grundlegenden Untersuchungen über Literatur, Staatsrecht und Kultus der Zaiditen al-Qäsims Bedeutung für die Geschichte der Sekte gewürdigt. Er veröffentlichte die Biographie al-Qäsims, analysierte seinen theologischen Standort und legte seine Imamatstheorie ausführlich dar. Das Bild, das er von al-Qäsim zeichnete, ist seither maßgebend geblieben. STROTHMANN sah in al-Qäsim den „Inaugurator des bewußt zaiditischen Schrifttums."1) Die Zaidija war vor al-Qäsim ein vager Sammelnamen für die Anhänger des Aufrührers Zaid b. 'Ali gewesen, die im übrigen einer Anzahl unter sich uneiniger Parteihäupter folgten. In Theologie, Staatsrecht und Kultus war die frühe Zaidija uneins. Es bedurfte des Auftretens eines Aliden zugleich als Prätendent und Lehrer, um aus ihr eine Einheit zu schaffen. Denn nur ein Angehöriger des Prophetengeschlechts konnte mit der höchsten Autorität des Imams sprechen und zwischen den Meinungen der Parteijuristen und Theologen gültig scheiden und richten. Als bewußtes Programm schwebte dieser Gedanke über dem Leben von al-Qäsim.2) Dabei war al-Qäsim in seiner Lehre wenig original. Im Staatsrecht hatten ihm die älteren schiitischen Theoretiker vorgearbeitet. Er erkannte es als seine Aufgabe, ,,aus dem Gestrüpp schiitischer Ideen diejenigen zu ordnen und zu umgrenzen, die geeignet erschienen für die Verwirklichung des Planes von Zaid."3) In der Theologie erweist er sich als Mu'tazilit in seinem Kampf gegen Prädestinatianer, Anthropomorphisten und Sperantianer (Murgi'iten).4) In dieser Haltung blieb er das Vorbild der Zaiditen bis in die jüngsten Tage. Es soll hier versucht werden, dies erste Bild in mancher Hinsicht zu vertiefen und einige Unklarheiten, die es noch läßt, zu beseitigen. Islam, II 54, Staatsrecht S. 4. ) Staatsrecht S. 37.

s

1 Madelung

2

) Staatsrecht S. 37. ) Islam II 53.

4

2

Einleitung

Zunächst gibt die Charakterisierung al-Qäsims als Mu'tazilit Anlaß zu weiteren Fragen. Berechtigt der Kampf gegen Prädestination und anthropomorphistische Gotteslehre, den al-Qäsim mit solchem Eifer geführt hat, dazu, seine Theologie als mu'tazilitisch zu kennzeichnen ? Was war seine Einstellung zu jener Theologenschule, die sich zur Lehre des IHizäl bekannte ? Hatte er persönliche Beziehungen zu ihren Vertretern, übernahm er in seiner Gegnerschaft zu ihren theologischen Gegnern auch ihre positive Lehre und ihre Argumente ? Gewiß ist es, wie STROTHMANN hervorhebt, ,,al-Qäsims Art nicht, außer Koran und Sünna Autoritäten anzuführen."6) Aber diese Fragen mögen doch zu einem Vergleich der positiven Lehre al- Qäsims, wie sie sich aus seinen Schriften ergibt, mit der seiner schulmu'tazilitischen Zeitgenossen anregen, über welche die nunmehr vorliegenden Quellen, voran alAs'aris maqälät al-islämijin, ein für diesen Zweck hinreichendes Bild vermitteln. Der „mu'tazilitische" Charakter der Theologie al-Qäsims gibt noch eine weitere Frage auf, die STROTHMANN ohne Antwort ließ: Wie konnte al-Qäsim diese Theologie mit seiner schiitischen, zaiditischen Imamatslehre vereinbaren ? Die Zaiditen zählen al- Qäsim als ihren Imam, den Schulmu'taziliten ist er keine Autorität. Ist daraus zu schließen, daß al-Qäsims „mu'tazilitische" Theologie in Wirklichkeit gut zaiditisch war ? Waren die Zaiditen, oder wenigstens eine Gruppe unter ihnen, vor und zu al-Qäsims Zeit ihrer theologischen Richtung nach schon „Mu'taziliten" ? Gerade hinsichtlich des theologischen Standpunktes der Zaiditen vor al-Qäsim führten STROTHMANNS Nachforschungen nur zu unbestimmten Ergebnissen. Angesichts der Vielzahl von zaiditischen Sekten, von denen die muslimischen Häresiologen zu berichten wußten, erklärte er: „So ist das offene Bekenntnis am Platz, daß wir über die etwa acht ersten Jahrzehnte des Zaidismus nicht klar sehen."6) Berichte über das frühe Parteihaupt Sulaimän b. öarir, nach denen dieser als „extremer Prädestinatianer" anzusehen war, überraschten ihn so, daß ihm seine Zugehörigkeit zur Zaidija zunächst problematisch erscheinen konnte.7) Die Angaben al-As'aris über die Lehrmeinungen der Zaiditen, die zuerst C. VAN A R E N D O N K bekannt gemacht hat, schienen den Eindruck der Uneinheitlichkeit ihres theologischen Standpunkts zu bestätigen.8) Als uneinheitlich erwies sich der Unter6

) Islam I I 54. ·) Staatsrecht S. 33. 8 ) VAN ABENDONK, S. 85.

') Staatsrecht

S. 34, ANM. 1.

Einleitung

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suchung STROTHMANNS auch die Theologie der Schriften, die die Zaiditen auf ihren Gründerimam Zaid zurückführen.9) Daß es unter den Zaiditen vor Ende des 3./9. Jahrhunderts verschiedene theologische Richtungen gegeben haben muß, ist angesichts dieser Zeugnisse nicht in Zweifel zu ziehen. Versucht werden kann aber, diese Richtungen örtlich und zeitlich etwas näher zu umgrenzen. Wenn al-Qäsim und seine Schule der „mu'tazilitischen" Richtung angehörten, wer sind dann die Vertreter jener anderen Richtung, die VAN ARENDONK und STROTHMANN als „orthodox" bezeichneten ? Vordringlich erscheint in diesem Zusammenhang, die Herkunft der verschiedenen Zaidschriften näher zu bestimmen. STROTHMANN begnügte sich im wesentlichen mit dem Nachweis, daß die Verfasserschaft der Schriften wegen ihrer Widersprüche untereinander nicht auf eine Person vereinigt werden kann. Das Corpus Juris (magmü1 al-fiqh), in dem der Herausgeber E. GRIFFINI allzu leichtgläubig ein echtes Werk Zaids und damit das älteste erhaltene islamische Rechtswerk sah, bestimmte STROTHMANN vorsichtig als „in der zaiditischen Diaspora in orthodoxer und hanafitischer Umgebung" entstanden.10) Die Problematik des zaiditisch-mu'tazilitischen Verhältnisses erhebt sich nicht nur von Seiten der Zaidija, sondern auch von seitender Schulmu'tazila. Waren bei einer Richtung der Zaidija Berührungen mit mu'tazilitischer Theologie zu entdecken, so erschienen bei einer Richtung der Mu'tazila deutliche Anklänge an das zaiditische Staatsrecht nachweisbar. Schon in frühen islamischen Quellen ist die Bagdader Schule der Mu'tazila im Hinblick auf ihre Imamatstheorie gelegentlich zur Zaidija gezählt worden. Solche Hinweise sind verschiedentlich in der Orientalistik aufgegriffen worden. Im Rahmen einer weiteren Untersuchung sah H. S. N Y B E R G sie bestätigt: Die ursprüngliche Mu'tazila zeigte sich ihm als theologische Schule der Abbasidenbewegung. In ihrer Imamatstheorie spiegelten sich die gemäßigt schiitischen Ansichten der Abbasiden vor ihrem politischen Triumph wieder. Die Mu'taziliten verwarfen das Imamat der Umajjaden. Ali gegenüber waren sie dagegen freundlich eingestellt, ohne ihn jedoch über jede Kritik zu erheben. Schon gar nicht dachten sie daran, mit den extremen Schiiten den ersten drei Kalifen das Anrecht auf das Imamat abzusprechen, um es auf Ali und seine Nachkommen zu beschränken. Mit der Propagierung solcher Ansichten arbeiteten die Mu'taziliten den Abbasiden in die Hände. Als dann die Abbasiden ·) Das Problem der literarischen Persönlichkeit Zaid b. 'Ali, Islam XIII. ) Islam XIII 49.

10 1*

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Einleitung

nach ihrer Machtergreifung ihre Bande zur alidisch gesinnten Sica zerschnitten, fanden sie weiterhin Unterstützung bei der Basrer Schule der Mu'tazila. Die Schule von Bagdad dagegen hielt am Bündnis mit der gemäßigten Si'a, den Zaiditen, fest.11) Diese These von der politischen Einstellung der ursprünglichen Mu'tazila und einem Bündnis der Bagdader Schule mit der gemäßigten Si'a erscheint von hohem Interesse für die Geschichte der frühen Zaidija. Hat ein solches Bündnis bestanden, so mag es wohl auf die Stelle hinweisen, von der aus mu'tazilitische Theologie in die Zaidija eingedrungen ist. Konstitutiv war für die Zaidija zunächst ihr politischer Standpunkt, ihre Imamatstheorie. Näherte sich eine theologische Schule hier ihrer Auffassung, so mochte sie wohl in anderer Hinsicht einen Einfluß auf sie ausüben. Deutet die Theologie der „mu'tazilitischen" Zaiditen auf einen solchen Einfluß? Hat vielleicht al-Qäsim selbst in seiner Lehre bei den Bagdadern Anleihen gemacht ? Wie immer die geistige Entwicklung der Zaidija vor al-Qäsim verlaufen sein mag, die Späteren haben — wie STROTHMANN feststellte — das Wort al- Qäsims, nicht das der früheren Parteihäupter, zu autoritativem Ansehen erhoben.12) Haben sie ihn, so bleibt freilich zu fragen, auch immer richtig verstanden ? Sind sie, wenn der weitere Verlauf ihrer Geschichte sie vor neue Fragen stellte, in ihren Antworten wenigstens dem Geiste seiner Lehre treu geblieben ? Die Frage der Nachwirkung al- Qäsims wird durch die politischen Geschicke der Zaidija wesentlich kompliziert: Wenige Jahre nach alQäsims Tod gelang am Südufer des kaspischen Meeres zum erstenmal die Gründung eines dauerhaften Zaiditenreiches. So wenig über die religiöse Haltung der beiden ersten Herrscher bekannt ist, zur Lehre al-Qäsims bekannten sie sich offenbar nicht. Aber es gab unter ihren Untertanen in Tabaristän eine Gemeinde von Anhängern al-Qäsims. Unter ihnen warb sein Enkel Jahjä al-Hädi, der spätere Begründer des Zaiditenstaates im Jemen, erweckte damit aber das Mißtrauen des Herrschers und sah sich zu plötzlicher Flucht genötigt.13) Bei der Festigung seiner Herrschaft im Jemen spielten die Truppen, die ihm von der Gemeinde seiner Anhänger aus Tabaristän zu Hilfe eilten, eine bedeutende Rolle. Mit al-Hädi gelangte die Lehre al- Qäsims zu unbestrittener Anerkennung unter den jemenitischen Zaiditen. Gleich seinem Großvater war al-Hädi selbst ein rühriger Lehrer der Gemeinde, und seine juristischen und theologischen Werke galten später im Jemen als mindestens 12 ") Ε. I. Art. Mu'tazila. ) Staatsrecht S. 37. u ) Staatsrecht S. 53, VAN ARENDONK, S. 116.

Einleitung

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ebenso autoritativ wie die al- Qäsims. Aber er hat sich in seiner Lehre ständig auf den Großvater berufen, und die Späteren sahen im allgemeinen die Parteinamen al-Qäsimija und al-Hädawija als gleichbedeutend an. Wie weit zu Recht ? V A N A R E N D O N K hat im letzten Kapitel seiner so gründlichen Biographie des Gründers des zaiditischen Imamats im Jemen einiges über al-Hädis Schriften und Lehre mitgeteilt. Aber auf die Frage nach dem Anteil der Lehre al- Qäsims in der seinen ging er nicht ein. Im zaiditischen Nordstaat gelangte noch zu Lebzeiten al-Hädis an-Näsir al-Utrüs an die Macht. Auch er war erfolgreicher Glaubensverkünder, und die Anhänger seiner Lehre, die hauptsächlich in öilän verbreitet waren, trugen fortan den Namen an-Näsirija. Daß er alQäsim an sich positiv gegenüberstand und seine Schriften verbreitete, hat STROTHMANN hervorgehoben.14) Aber er war ihm doch offensichtlich nicht so maßgebliche Autorität wie dem Enkel al-Hädi. Die zaiditischen Rechtswerke führen viele Dissenspunkte zwischen den beiden Schulen auf, und STROTHMANN hat manche von ihnen mitgeteilt. Gab es auch dogmatische Unterschiede ? Die beiden Gemeinden lagen sich im Norden zunächst feindlich gegenüber, man bezichtigte sich gegenseitig in vielen Punkten des Irrglaubens. Um die Mitte des 4./10. Jahrhunderts gelang es dem Imam Abü cAbd Alläh b. ad-Dä'i, ein Union zwischen der nördlichen Qäsimija und der Näsirija herbeizuführen, unter der beide Schullehren als gleichermaßen zulässig anerkannt wurden.16) Diese Union der nördlichen Zaiditen war andererseits geeignet, die noch bestehenden Bande zwischen den nördlichen Qäsimiten und der Brudergemeinde im Jemen zu lösen. Denn die kaspischen Anhänger der Schule al- Qäsims konnten sich nun ohne Gewissensbisse jedem Imam anschließen, der im Norden zum Gehorsam aufforderte, mochte er nun selbst Näsirit oder Qäsimit sein, während die Jemeniten, unter denen es keine Näsiriten gab, an der Union nicht beteiligt waren und eigenen Imamen folgten. Über die weitere geistige und politische Entwicklung der kaspischen und der jemenitischen Zaidija und ihre Beziehungen zueinander ist bisher nur wenig bekannt geworden. Die Untersuchung der Nachwirkung al-Qäsims kann sich daher nicht darauf beschränken, hier und da Zitate aus seinen Schriften und Weiterbildungen seiner Gedanken nachzuweisen, sondern sollte die ganze Entwicklung wenigstens in ihren Umrissen darstellen. Als Endpunkt der Darstellung wird hier der Anfang des 7./13. Jahrhunderts gewählt. Ist diese Begrenzung ") Islam II 63.



) Vgl. STROTHMANN, Islam XIII S. 3 7 f.

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Einleitung

auch durchaus willkürlich hinsichtlich der Nachwirkung des Werks al-Qäsims, so entspricht sie doch andererseits einer bedeutsamen Epoche in der Geschichte der Zaidija. Damals ist die Zaidija endgültig eine Einheit geworden. Im Jemen hatte man zwei häretische Bewegungen erfolgreich eingedämmt, sich der Union, die zwei Jahrhunderte früher im Norden geschaffen worden war, angeschlossen und übernahm nun das so reiche Erbe der kaspischen Gemeinde. Diese selbst aber war, von Uneinigkeit und Kampf mit äußeren Feinden geschwächt, zu Bedeutungslosigkeit herabgesunken und ist schließlich ganz untergegangen.

ν

Die frühe Muctazila und ihr Verhältnis zur Slca Die Anfänge der theologischen Schule der Mu'tazila führen nach Basra zu Beginn des zweiten Jahrhunderts der Higra (ca. 718—728). Wäsil b. 'Atä\ den man der Überlieferung entsprechend als den Gründer der Schule ansehen darf, wurde im Jahr 80/699 geboren.1) Zunächst gehörte er dem Kreise an, der sich um al-Hasan al-Basri, jene für das religiöse Leben der Stadt so bedeutsame Persönlichkeit, gesammelt hatte. Aber wohl noch vor al-Hasans Tod (110/728) trennte er sich von seinem Kreis und trat mit eigenen Lehren hervor. Auch um ihn bildete sich nun ein Kreis von Anhängern. Ein gewichtiger Erfolg war ihm beschieden, als er, wahrscheinlich nach dem Tode alHasans, einen von dessen prominenten Schülern, 'Amr b. cUbaid, für seine Ansichten gewinnen konnte. 'Amr war ungleich tiefer als Wäsil von Vorbild und Idealen al-Hasans geprägt. Sein Übertritt zu Wäsil rief im Kreise der Anhänger des Meisters starkes Aufsehen hervor, das später in feindseliger Entstellung seiner Biographie Ausdruck fand.2) Er wird Wäsil noch manchen Anhänger zugeführt haben. Anhand der gründlichen Untersuchung H. R I T T E E S über die Frömmigkeit al-Hasans al-Basris3) ist unschwer festzustellen, in welchem Ausmaß Wäsil Lehren seines Meisters übernahm und fortbildete, aber auch, worin er von ihm abwich. Freilich sind die Nachrichten über die Lehren Wäsils und cAmrs sehr dürftig. Eine Handhabe zur Rekonstruktion der ältesten Schullehren bietet aber das System der fünf Grundprinzipien, deren Anerkennung alle späteren Mu'taziliten als verbindlich ansahen. Man geht kaum fehl, wenn man diese fünf Grundprinzipien mit H. S. N Y B E R G als die ursprünglichen Hauptpunkte des mu'tazilitischen Propagandaprogramms ansieht4) und sie unmittelbar auf Wäsil zurückführt. Dafür spricht einerseits, daß später eine Einigung auf diese fünf Prinzipien bei der räumlichen Trennung und den scharfen Gegensätzen in anderen Fragen kaum noch hätte *) Ibn al-Murtadä, fabaqät al-mu'tazila S. 29, nach al-Hajjät. 2 ) H. S. NYBERG, Ε. I. Art. Mu'tazila und 'Amr b.'Ubald et Ibn al-Räwendl S. 125 if. 8 ) Studien zur Geschichte der islamischen Frömmigkeit I, Islam X X I . *) Ε. I. Art. Mu'tazila.

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Die frühe Mu'tazila und ihr Verhältnis zur Si'a

erreicht werden können. Und andererseits erweisen sich die meisten der Prinzipien als unmittelbar aus den Lehren al-Hasans abgeleitet. N a l l i n o vertrat dagegen die Ansicht, nur die Lehre von der Zwischenstellung des Sünders6) sei für die älteste Mu'tazila konstitutiv gewesen, während in anderen dogmatischen Fragen ursprünglich keine Einigkeit herrschte.®) Seine Berufung darauf, daß in der Liste der Qadariten bei Ibn Qutaiba Wä^il fehlt, ist nicht stichhaltig. Die Liste enthält hauptsächlich Tratidionarier, zu denen Wägil, in Gegensatz zu 'Amr, nicht gehörte, und ist ganz unvollständig.

Die für die Mu'taziliten wichtigste dieser Grundlehren betrifft das Problem der Gerechtigkeit ('adl) Gottes. Ihre Stellungnahme in dieser Frage läßt sich in zwei zusammenhängenden Thesen zusammenfassen: 1. Gott will das Gute für den Menschen. Das Böse in der Welt, die Auflehnung der Menschen gegen seine Gebote, Ungerechtigkeit und Lüge sind von ihm weder gewollt noch erschaffen. Die „rechte Leitung" (hudä) des Gläubigen ist von Gott, nicht aber das „Irregehen" (daläl) des Ungläubigen.

2. Aus dem Begriff der Gerechtigkeit Gottes geht notwendig hervor, daß der Mensch Herr seiner Handlungen und nicht gezwungen ist. Gott wäre ungerecht, wenn er die Übertretung seiner Gebote und Unglauben mit ewiger Strafe bedrohte, Übertretimg und Unglaube aber von ihm geschaffen würden. Der Mensch hat daher Wahlfreiheit (ihtijär) in seinem Tun, insbesondere hinsichtlich des Glaubens und Unglaubens. Gott erlegt ihm nicht auf, was über seine Kräfte geht. Wegen dieser Lehre von der Gerechtigkeit Gottes zählten sich die Mu'taziliten zu der umfassenderen theologischen Richtung der 'Adlija. Ihre Gegner bezeichneten diese Richtung dagegen als die Qadarija mit der Begründung, daß sie die Vorherbestimmung (qadar) Gottes leugneten. Tatsächlich deuteten die Mu'taziliten und die ihnen Gleichgesinnten die koranischen Ausdrücke qadar und qadädie von ihren Gegnern im Sinne der Prädestination verstanden wurden, als Befehl, Gebot und Urteil Gottes.7) Die meisten Umajjadenkalifen seit 'Abd al-Malik (65—86/685—705) stellten die Verbreitung dieser Lehre (alkaläm fi'l-qadar) unter Strafe und ließen ihre Anhänger verfolgen. 6

) Vgl. unten S. 10. ·) Sull' origine del nome dei Mu'tazila, RSO VII 448. Ähnlich nimmt M. Watt, The Political Attitudes of the Mu'tazila S. 52ff., an, die fünf Grundlehren seien erst von al-Hajjät und seiner Zeit (2. Hälfte des 3./9. Jhs.) als Kennzeichen der Mu'tazila festgelegt worden. Vor dieser Zeit hätte der Ausdruck Mu'tazila eine unbestimmtere, viel weitere Bedeutung gehabt. ') Al-Hasan al-Ba$ri gebraucht diese Deutung in seinem von R i t t e r veröffentlichten Schreiben an den Kalifen 'Abd al-Malik, Islam XXI S. 69 f.

Die frühe Mu'tasila und ihr Verhältnis zur Si'a

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Dies ist darauf zurückzuführen, daß sich mit ihr häufig eine Kritik an der „ungerechten" Herrschaft der Umajjaden und ihres Anspruchs, von Gott als Herrscher „bestimmt" zu sein, verband. Vertreter der Gerechtigkeitslehre gab es früh in den meisten Städten islamischer Gelehrsamkeit.8) Ihre Hochburgen aber waren offenbar Syrien9) und Basra. In Basra war ihr hervorragendster Lehrer in der frühen Zeit al-Hasan al-Basri. Der Kalif cAbd al-Malik sah sich veranlaßt, in einem persönlichen Schreiben von ihm Rechenschaft zu verlangen über seine Lehre vom qadar, die vor al-Hasan seines Wissens keiner der Gefährten des Propheten vertreten habe.10) Das Anwortschreiben al-Hasans läßt erkennen, wie stark die Stellungnahme der Mu'taziliten in dieser Frage auf seinen Thesen fußt. Ihre oben dargestellte Lehre ist fast Wort für Wort in dem Schreiben al-Hasans nachzuweisen. Eng verknüpft mit der Lehre von der Gerechtigkeit Gottes war für die Mu'taziliten eine weitere ihrer Grundthesen, die von der „Verheißung und Drohung" (al-wa'd wa'l-waHd). Sie besagt, daß Gott seine im Koran ausgesprochene Verheißung des Paradieses für den Gläubigen und seine Androhung der ewigen Höllenstrafe für den Ungläubigen und den unreuigen schweren Sünder unbedingt erfüllen wird. Gerichtet ist sie gegen die Lehre der Murgi'iten, nach der kein Muslim, auch wenn er sich schwerwiegende Übertretungen von Gottes Geboten hatte zuschulden kommen lassen, der ewigen Verdammnis anheimfallen werde. Die Mu'taziliten erklärten dagegen, Gottes Gerechtigkeit erfordere, daß er den seinen Geboten Gehorsamen belohne und den Übertreter bestrafe. Darüber hinaus sei es auch mit seiner Wahrhaftigkeit nicht vereinbar, daß er die Übertretung seiner Gebote mit der Höllenstrafe bedrohe, diese Drohung aber nicht erfülle.11) Auch diese These der Mu'taziliten hat ihre Wurzeln bei al-Hasan al-Basri. R I T T E R hebt hervor, daß „die Zugehörigkeit zur islamischen Gemeinde" ihm, „im Gegensatz zu der Lehre der Murgi'a, nicht das Gefühl der Sicherheit vor Gottes Zorn und Strafe" gab.12) Der Gläubige muß im Jenseits auch über die kleinste Handlung Rechenschaft ablegen. Seine Werke, seine Gehorsamstaten sind entscheidend für ") Vgl. Ibn al-Murtadä, tabaqät S. 133ff. ·) So waren die Einwohner von al-Mizza, eine Vorstadt von Damaskus, überwiegend Qadariten, vgl. al-'ujün wa'l-hadä'iq S. 135. 10 ) Islam X X I 67. u ) Vgl. die angebliche Diskussion zwischen 'Amr b. 'Ubaid und Abü 'Amr b. al-'Alä', Ibn al-Murtadä, tabaqät S. 83. «) Islam X X I 15.

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Die frühe Mu'tazila und ihr Verhältnis zur Si'a

sein zukünftiges Schicksal.13) Die Mu'taziliten legten diese aus der lebendigen Frömmigkeit al-Hasans hervorgegangene Anschauung als ein Dogma nieder. Die Lage des schweren Sünders behandelt noch eine andere Grundthese der Mu'taziliten, die Lehre von seiner „Mittelstellung" (al-manzila

bain al-manzilatain)

zwischen d e m Gläubigen u n d d e m U n -

gläubigen. Über die Ansichten Wäsils in dieser Frage berichten die Quellen verhältnismäßig ausführlich und wahrscheinlich zuverlässig. Und da diese Lehre ganz seinen eigenen Gedankengängen entsprang, ist ihr richtiges Verständnis wesentlich f ü r die Beurteilung seines Denkens überhaupt. Wäsils These von der Zwischenstellung des schweren Sünders wendet sich gegen drei entgegenstehende Lehren. Nach Auffassung der Härigiten war der sündige Muslim Ungläubiger, nach den Murgi'iten dagegen Gläubiger, während al-Hasan al-Basri ihn mit dem koranischen Ausdruck munäfiq, Heuchler oder Wankelmütiger, bezeichnete. Zur Widerlegung dieser Lehren beruft sich Wäsil auf die Bestimmungen (ahkäm) des Korans betreffend der Ungläubigen und Gläubigen. Die Namen (asmä') der verschiedenen Gruppen müssen mit der durch die Bestimmungen gegebenen Gruppierung übereinstimmen. Das heißt, Ungläubiger oder Gläubiger kann nur genannt werden, wer unter die koranischen Bestimmungen bezüglich der beiden Gruppen fällt: „Denn die Bestimmung folgt dem Namen, und der Namen folgt der Handlung." 14 ) Wäsil hält nun den Härigiten vor, daß die koranischen Bestimmungen über die Ungläubigen in zwei Kategorien fallen: Die ungläubigen Bekenner der Buchreligionen sind nach Koran I X 29 solange zu bekämpfen, bis sie sich unterwerfen und Kopfsteuer zahlen. Bezüglich der arabischen Polytheisten und anderen Ungläubigen bestimmt Koran XLVII 4, daß sie zu töten oder zu versklaven sind. Außerdem werden die Ungläubigen nach allgemein anerkannter Sünna (sunna mugtamac'alaihü) weder von Muslimen beerbt, noch auf muslimischen Friedhöfen begraben. All dies trifft f ü r den Sünder nicht zu. Darum kann ihm nicht die Bezeichnung Ungläubiger gegeben werden. Den Murgi'iten hält Wäsil andererseits vor, daß Gott nach seiner Aussage Koran I I I 68 die Gläubigen liebt, und daß er ihnen

13

) A.a.O. S. 28ff. ) Al-Hajjät, K. al-intisär S. 166. Die Lehre von den al-asmä' wa'l-ahlcäm gehört zur Grundthese der al-manzila bain al-manzilatain, nicht des ai-wa'd wa'l-waHd, wo sie N y b e b g , Ε. I. Art. Mu'tazila, behandelt. Vgl. N a i l i n o , ESO VII 449f. 14

Die frühe Mu'tazila und ihr Verhältnis zur Si'a

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das Paradies versprochen hat (Koran IX 72). Dies trifft aber für den schweren Sünder auch nicht zu, da Gott in Koran XI 18 die Bösen mit seinem Fluch belegt und die Lasterhaften zur Hölle verdammt (Koran LXXXII 14). Der schwere Sünder ist demnach auch nicht Gläubiger.15) Während die These von der Verheißung und Drohung sich vorzüglich gegen die Murgi'iten richtete, setzte Wäsil sich mit der Lehre von der Zwischenstellung auch gegen die Härigiten ab. Beweggrund war ihm dabei aber offensichtlich nicht, daß er die Bedeutung der Werke für den Glauben geringer einschätzte als jene. Er stimmte ja mit ihnen darin überein, daß der schwere Sünder zu ewiger Höllenstrafe verdammt werde.16) Der Gläubige muß sich von ihm wie vom Ungläubigen lossagen (tabarra'). Es waren vielmehr die Bestimmungen über die Behandlung der Ungläubigen im Diesseits, deren Anwendung auf die muslimischen Sünder und Ungerechten Wäsil ausschließen wollte. Die Härigiten waren ja durch ihre radikale These dazu gekommen, daß sie die Mehrheit der Muslime als Ungläubige betrachteten und behandelten. Andererseits führte sie die Lehre, daß jede schwere Sünde Unglauben sei, gelegentlich auch dazu, daß sie den Begriff der schweren Sünde einengten und etwa Trunkenheit nicht dazu zählten oder nicht ahndeten.17) Mit seiner Lehre von der Zwischenstellung des schweren Sünders trennte sich Wäsil aber auch, wie die Quellen glaubhaft berichten, von seinem Meister al-Hasan. Nach al-Hasan und seiner Schule ist der Sünder als munäfiq, Heuchler, anzusehen.18) Die Heuchler spielen in al-Hasans Denken, wie RITTER zeigt,19) eine bedeutende Rolle. Er versteht darunter die Weltmenschen, die sich äußerlich zum Islam bekennen, aber seine Gebote nicht ernst nehmen. Die Mehrheit der Menschen sind solche Heuchler. Der Heuchler ist für al-Hasan weder Gläubiger noch Ungläubiger, wie bei Wäsil nimmt er eine Zwischenstellung ein. Trotzdem wandte sich Wäsil gegen die Auffassung seines Lehrers. Auf den weiteren Hintergrund, aus dem der Gegensatz der beiden Thesen erwuchs, wirft der Bericht von einem Streitgespräch, in dem Wäsil den 'Amr b. cUbaid

") Al-Hajjät S. 165ff. ) Allerdings sollte seine Strafe, jedenfalls nach der späteren mu'tazilitischen Lehre, leichter als die des Ungläubigen sein. 17 ) Vgl. M. W A T T , Free WiU and Predestination in Islam S. 43f. 18 ) Über al-Hasans Begriff vom munäfiq vgl. R I T T E B , Islam XXI 42ff. ") A.a.O. S. 44ff. le

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Die frühe Mu'tazila und ihr Verhältnis zur Si'a

von seinem Standpunkt überzeugt haben soll,20) etwas Licht. Wäsil faßt seine Argumentation gegen die Lehre al-Hasans, vertreten durch 'Amr, in drei Punkte. Zunächst stellt er ihm die Frage, mit welcher Berechtigung er den schweren Sünder als Heuchler bezeichne. 'Amr antwortet mit einem etwas gezwungenen Beweis durch Verbindung zweier Koranverse. Wäsil entgegnet ihm mit einer ähnlichen Verbindung zweier Koranverse: Daraus müsse 'Amr konsequenterweise ableiten, daß der schwere Sünder Ungläubiger sei.21) Diese Folgerung, die ihn in die Nachbarschaft der Härigiten gebracht hätte, möchte dieser aber offensichtlich nicht ziehen. Dann geht Wäsil auf cAmrs These ein, daß der Sünder zwar eigentlich Gewißheit von Gott besitze, diese Gewißheit aber bei der Sünde nicht in seinem Herzen sei. Er legt ihn darauf fest, daß die Gottesgewißheit nach dieser Auffassung im Augenblick der Sünde das Herz des Heuchlers verlassen müsse, denn vor der Sünde könne er ihn doch nicht als Heuchler bezeichnen. Aber dann müsse dieser die Gotteserkenntnis doch ebenso durch das Abstehen von der Sünde wiedergewinnen. „Erwerben nicht (vielmehr) die Menschen die Gewißheit von Gott durch Beweise, und verlieren sie die Gewißheit nicht, indem sie ein Zweifel befällt ? Was für ein Zweifel sollte aber den Sünder befallen haben ?" Hinter diesem Streit liegt eine verschiedene Auffassung des Glaubens. Für al-Hasan al-Basri ist das Wesen des Glaubens Gottesfurcht. Diese Gottesfurcht muß den Menschen so überwältigen, daß er gar nicht gegen Gottes Gebote verstoßen kann. Wenn der Mensch aber die Gebote Gottes trotz der Warnung vor der ewigen Verdammnis übertritt, so muß dies bedeuten, daß er die Warnung nicht ernst nimmt und gar nicht wirklich an Gott glaubt. 'Amr hätte sich darum nicht auf die These festlegen lassen dürfen, daß der Sünder die Gotteserkenntnis mit der Sünde verliert. Die Sünde ist nach alHasans Auffassung vielmehr nur als Ausdruck mangelhafter Gottesfurcht zu verstehen.

so

) In Bruchstücken überliefert von Ibn al-Murtadä, tabaqät S. 36 ff. Ibn al-Murtadä spricht von verschiedenen Versionen, in denen das Streitgespräch überliefert sei. Aber in der zweiten Version, die er wiedergibt (S. 37ff.), ist die erste enthalten, freilich entgegen der Überlieferung bei al-Murtadä (Amäli I 165ff.). Sämtliche Berichte mögen auf das K. mä tjarä bainahü wa-baina 'Amr b. 'Ubaid zurückgehen, das Ibn an-Nadim unter den Schriften Wä?ils aufführt (al-fihrist, Ed. Kairo, takmila S. 1). 21 ) Ibn al-Murtadä tabaqät S. 37, al-Murtadä, amäli I 165f.

Die frühe Mu'tazila und ihr Verhältnis zur Si'a

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Für Wäsil dagegen zerfällt der Glauben in Theorie und Praxis, Gotteserkenntnis und Handeln entsprechend seinen Geboten.22) Darin äußert sich Wäsils rationales Verständnis der Religion. Die Gotteserkenntnis ist ihm ausschließlich ein Akt der Vernunft. Das Handeln aber hängt über das Wissen hinaus von der Meisterung der Triebe ab und kann die Erkenntnis nicht beeinflussen. Wahre Gotteserkenntnis und Sünde sind daher miteinander vereinbar.23) Als Heuchler ist für Wäsil nur der zu bezeichnen, der einen Glauben äußerlich zur Schau trägt, zu dem er sich innerlich nicht bekennt. Er ist Ungläubiger und als solcher zu behandeln, wenn seine Heuchelei aufgedeckt wird.24) Schließlich führt Wäsil aus, daß alle Parteien in der Bezeichnung des schweren Sünders (sähib al-kabtra) als fäsiq, Frevler, übereinstimmten, während sie um seine weitere Bestimmung als Gläubiger, Heuchler, Polytheist (muSrik) oder Undankbarer (käfir ni'ma) miteinander in Streit lagen. Die dem Frommen am besten angemessene Haltung sei daher, meint Wäsil, sich auf die Bezeichnung fäsiq für den schweren Sünder zu beschränken. Die Bezeichnung des Sünders als käfir ni'ma wird im Text der Si'a zugeschrieben. Al-Murtadä bezieht das auf die Zaiditen 26 ), offenbar, da ihm diese Bezeichnung bei den Imamiten nicht bekannt war. In frühen zaiditischen Texten ist sie gebräuchlich. 29 ) Aber zur Zeit des Streitgesprächs gab es noch keine Zaidija, wie auch andererseits die imamitische Theologie noch kaum auagebildet war. Fest bezeugt ist, daß die Ibäditen damals schon den Begriff des „Unglaubens durch Undank" (kufr ni'ma) in bezug auf die regierungstreuen Muslime gebrauchten und ihnen damit eine günstigere Rechtsstellung zubilligten als den Nichtmuslimen, denen sie „Unglauben durch Vielgötterei" ( k u f r iirk) zur Last legten. 2 ') Es mag sein, daß diese Begriffe auch in den schiitischen Kreisen verwandt wurden, aus denen die Zaidija hervorgegangen ist. Andernfalls müßte der Bericht mindestens einige Jahre nach der Diskussion geschrieben sein. Trotzdem wird er den Standpunkt Wä?ils gegenüber den Auffassungen der Anhänger al-Hasans im wesentlichen richtig wiedergeben. 22

) Wenn der Glaube von den Mu'taziliten häufig als Gesamtheit der Gehorsamsakte () I b n Isfandijär, S. 195.

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beiden Brüder Lehrer und Verbreiter des Glaubens. Er bekehrte persönlich Tausende von den Bewohnern der Gebiete südlich des kaspischen Meers zum Islam. Besonders in Gilän gewann er zahlreiche Anhänger. Er wurde damit der Gründer der zaiditischen Schule der Näsirija. Die alten Anhänger al-Hasans und Muhammads sind wohl ganz in ihr aufgegangen. Seine Lehre knüpfte al-Utrös aber nicht an die seiner Vorgänger, sondern an die der zaiditischen Autoritäten in Kufa an. So konnte man die Lehren al-Hasan b. Zaids auch unter den Näsiriten schnell vergessen. Der Näsirit Abü öa'far al-Hausami, Qädi Abü Tälib an-Nätiqs 28 ), zitiert in seinem sarh al-ihäna 'alä madhab an-NOsir li'l-haqq die Meinungen al-Hasan b. Zaids nicht, während er andererseits unter dem Eindruck der Vereinigung von Qäsimija und Näsirija ständig mit der Lehre der Qäsimija vergleicht. Auch al-Murädi tradiert nirgends von al-Hasan b. Zaid. Das ist aber nicht überraschend, da al-Hasan wesentlich jünger als al-Murädis Gewährsmänner war. Ibn an-Nadim erwähnt aber ein Sendschreiben al-Murädis an al-Hasan b. Zaid.29)

Erhalten geblieben ist nur der Auszug aus einem Erlaß, in dem al-Hasan b. Zaid die Richtlinien seiner Religionspolitik festlegte. AlHasan hat ihn im Jahr 252/866, nach Festigung seiner Herrschaft, von Ämul an seine Statthalter herausgegeben.30) Er verlangt darin, daß seine Untertanen nach Koran, Sünna des Propheten und dem, was zuverlässig von Ali überliefert ist, handeln und Ali vor der gesamten Gemeinde der Gläubigen den Vorzug geben. Er verbietet das Bekenntnis zu „Verhängnis (gabr) und Verähnlichung", die Verfolgung der Gläubigen, die sich zur Lehre der Gerechtigkeit und Einheit bekennen. Er verbietet, die Schiiten zu belästigen, über die Vorzüglichkeit der Feinde Gottes und der Feinde Alis zu überliefern. Schließlich fordert er die Einhaltung einiger schiitischer Sonderformen des Kultus, wie die Verwerfung der Ersatzabreibung des Schuhs und die Ergänzung der Formel „auf zum besten der Werke" im Gebetsruf. Al-Hasan gibt also einerseits den Schiiten freie Hand. Andererseits nimmt er die Mu'taziliten in seinen Schutz, verbietet die Verbreitung der Lehren ihrer Gegner, das heißt vor allem der Traditionalisten. Als al-Hasan einmal in Ämul ausritt, kam er an einer Stelle vorbei, wo noch aus der Zeit der abbasidischen Herrschaft an die Wand geschrieben stand: „Der Koran ist unerschaffen. Wer sagt, er sei 28

) Vgl. Ibn Häbis, al-maqsad bei G R I F F I N I , Corpus, Introd. S. CXXXI. 2») Ibn an-Nadim, S. 94. 30 ) Text bei Ibn Isfandijär, S. 175, wahrscheinlich nach al-öuSami, §alä' al-ahsär, vgl. al-Miswari, tuhfa fol. 31. Übersetzt von GOLDZIHER, Vorlesungen über den Islam S. 237.

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erschaffen, ist Ungläubiger." Die Anwohner konnten sich vor seinem Zorn nur bewahren, indem sie die Inschrift vor seiner Rückkehr auskratzten.31) Mit dem offenen Eintreten für die Mu'taziliten stand alHasan in Gegensatz zu den kufischen Zaiditen und ging einen Schritt weiter als al- Qäsim b. Ibrahim. Auch al-Hasans Bruder und Nachfolger Muhammad gewährte den Mu'taziliten Schutz. Zwei prominente Mu'taziliten waren seine Sekretäre: Abü'l-Qäsim al-Balhi, das Haupt der Bagdader Schule, und Abü Muslim Muhammad b. Bahr al-Isfahäni, Grammatiker, Schöngeist, und Verfasser eines mu'tazilitischen Korankommentars.32) Über die Schwierigkeiten, die sunnitische Gelehrte in Astaräbäd unter alHasan und Muhammad hatten, berichten Abü Sa'd al-Astaräbädi und as-Sahmi einiges. Der hanafitische Rechtsgelehrte (min fuqahä' ahl ar-ra'j) Abü Hanifa ö a ' f a r b. Ahmad al-Bähili, nach dessen Rechtsgutachten man sich in Astaräbäd richtete, wurde bei al-Hasan b. Zaid angezeigt, weil er die Prophetenfamilie hasse. Dieser setzte ihn gefangen und ließ ihn im Gefängnis, bis er starb. Darauf wurde er in öurgän ans Kreuz geschlagen, aber einige Leute aus Astaräbäd raubten die Leiche und begruben sie heimlich. 33 ) Abü Nu'aim al-Fadl b. al'Abbäs al-'Adwi soll von al-Hasan und Muhammad getötet worden sein.34) Dem Muhtasib J a ' q ü b b. Jüsuf as-Sulami wollte al-Hasan b. Zaid ein Amt übertragen. Da floh er und blieb viele J a h r e in der Fremde. Später kehrte er nach Astaräbäd zurück. 35 ) Abü Jazid Muhammad b. Abi "Imrän verkaufte seinen gesamten Besitz in Astaräbäd, als die Dailamiten unter al-Hasan b. Zaid kamen und zog nach Nisäbür. E r erklärte, der Lebensunterhalt sei zweifelhaft geworden. 36 )

An-Näsir li'l-haqq al-Hasan b. 'Ali al-Utrü§ (st. 304/917, 74 Jahre alt) war einer der großen Lehrer der Zaiditen in Recht und in Theologie. Nach al-Muhalli hat er selbst vierzehn zum Teil umfangreiche Werke verfaßt.37) Von diesen Schriften ist freilich nur wenig erhalten. Aber zusammen mit den Angaben späterer Verfasser genügt es, um seinen Ort in der Entwicklung der zaiditischen Lehre ungefähr erkennen zu lassen. Nach dem Zeugnis des Imams al-Mutawakkil Ahmad b. Sulaimän hat al-Utrü§ die meisten seiner Rechtstraditionen (ahbär aS-Sarc) über die folgende Kette von Gewährsmännern erhalten: (al-Utrüs) von 31

) Ibn Isfandijär, S. 176, al-Gusami in al-Miswarl, tuhfa fol. 32a. ) Vgl. Jäqüt, irsäd VI 240, Ibn al-Murtadä, tabaqät S. 91. M M ) As-Sahmi S. 477 Nr. 1083. ) As-Sahmi S. 490 Nr. 1136. 35 ) As-Sahmi S. 500 Nr. 1177. 36 ) As-Sahmi S. 365 Nr. 697. Gemeint ist, daß unter dem sunnafeindlichen Herrscher nicht mehr mit legalen Besitzverhältnissen gerechnet werden kann. 37 ) Al-Muhalli, al-hada'iq I I fol. 34b. 32

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Muhammad b. Mansür (al-Murädi)38) von Ahmad b. ) K. al-ibäna S. 28. 228cj < jjnwän al-ma'ärif S. 12. Um das Wort Kalifat zu vermeiden, spricht er von „der Zeit seiner Usurpation" (muddat galabatih 'alä'l-amr). Erst bei alMutawakkil ist wieder von seiner hiläfa die Rede (S. 27), aber sicher nicht im 228d vollen Sinn. ) 'Unwän al-ma'ärif S. 20. 229 ) Mänekdim, ta'liq fol. 132. Vorher war er unentschieden gewesen, welcher der vier Kalifen der vorzüglichste sei. Unentschieden spricht er sich auch in dem von Mänekdim kommentierten K. Sarh, al-usül al-hamsa aus. (Fol. 13b). Daß *Abd al-öabbär dem Imam al-Mu'ajjad gehuldigt haben soll, wie al-Häkim al-öusami erwähnt (sarh I fol. 127a), ist wohl nur zaiditisches Gerücht. 229a) Vgl. die diesbezügliche Darlegung des As'aritenhauptes al-Bäqilläni (st. 403/1013) in seinem al-infäf, S. 64ff.

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hat sie überquert und ist schließlich Zaidit geworden. Schule gemacht unter den Mu'taziliten hat er freilich nicht. Al-Häkim Abü Sacd230) al-Muhsin b. Muhammad b. Karäma al-Guäämi al-Baihaqi al-Barauqani wurde wahrscheinlich um das Jahr 413/1022 geboren.231) Er lebte in Gu§am, einem Ort (qarja) im Gebiet von Baihaq. Im Recht gehörte er der Schule Abü Hanifas an, in der Theologie war er Mu'tazilit. Sein erster Lehrer war, wie er selbst berichtet, Abü Hamid Ahmad b. Muhammad b. Ishäq an-Naggär, Rechtsgelehrter, mu'tazilitischer Theolog, Traditionarier und Koranexeget, ein Schüler des Qädi cAbd al-Gabbär.232) Als Abü Hamid starb, setzte er sein Studium bei Abü'l-Hasan cAli b. 'Abd Alläh (st. 457/ 1065) fort. Der stammte aus Nisäbür, war Schüler Abü Tälib an-Nätiqs und lebte in Baihaq. Bei ihm las er Theologie, Rechtsgrundlagenlehre und Koranexegese. Im Jahr 434/1042f. besuchte er auch das Lehrkolleg des angesehenen hanafitischen Gelehrten und Qädi'l-qudät von Buhärä Abü Muhammad 'Abd Alläh b. al-Husain (an-Nisäbüri anNäsihi, st. 447/1055) und las bei ihm einige hanafitische Rechtswerke. Abü Muhammad, so bemerkt er, wich von den Mu'taziliten (ahl al-'adl) nur in der Frage der Drohung (waHd) ab,233) d. h. er war wie die meisten Hanafiten Murgi'it. Al-öu§ami wurde Lehrer des Ahmad b. Muhammad b. Ishäq al-Hawärizmi, zu dessen Schülern der bekannte Grammatiker und Koranexeget az-Zamah§ari gehörte.234) Al-Gusami selbst hat einen neunbändigen Korankommentar at-tahdib fi tafsir al-qur>än verfaßt, der wahrscheinlich vollständig erhalten ist. Bedeutend ausführlicher als der az-Zamahsaris kommt in ihm die mu'tazilitische Haltung des Verfassers stark zur Geltung. Häufig werden ältere mu'tazilitische Exegeten zitiert, insbesondere Abü Bakr al-Asamm, Abü ao

) So, nicht Sa'Id, zumeist in guten alten Handschriften, wie auch bei as-Subki I I 309. 231 ) In den biographischen Notizen, Ms. Ambros. C 32 fol. 3 b, wird nach mehreren Quellen Ram. 431 (Mai—Juni 1040) als Datum seiner Geburt angegeben. Das ist jedoch falsch, da nach al-Öusamis eigener Angabe sein erster Lehrer, Abü Hamid im Jahr 433/1041 f. starb. Sarh I fol. 151b. Nach einer anderen Quelle ist al-öusami mit 81 Jahren gestorben. Daraus ergibt sich das angegebene Datum. M2 ) Ibn al-Murtadä, tabaqät S. 118. 233 ) Sarh I fol. 151 f. Al-öusami nennt noch weitere Gelehrte und Aliden, die er getroffen habe. 2M ) Die Kette der Autorisierungen, die das von al-Miswari benutzte Exemplar von al-Gusamis K. galä' al-ab^ar trug, führt von al-öusami über A h m a d . . . al-Hawärizmi al-muqlm bi-Öuäam zu az-Zamahsari. Ebenso lautet der Isnäd für ein Gedicht Abü'l-Hasan al-öurgänis, as-Subki II 309.

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'Ali al-Gubbä'i und Abü Muslim al-Isfahänl. 235 ) Kürzere Fassungen legten der Imam al-Mu'ajjad Muhammad b. al-Mutawakkil (st. 1097/ 1686), ein Enkel des Imams al-Mansür al-Qäsim b. Muhammad,236) und der Qädi Muhammad b. cÄmir al-Isfahäni,237) an. Auch ein längerer und ein kürzerer Korankommentar auf persisch werden unter alöusamis Werken genannt.238) Im ganzen sollen sich seine Werke auf über vierzig belaufen. Im Jahre 494/1101239) wurde er, so wird berichtet,210) in Mekka von den Prädestinatianern ermordet. Der Anlaß dafür war, daß er sich den Zaiditen anschloß und die Lehre der Prophetenfamilie verkündete. Weiteren Zorn zog er auf sich, indem er einen Brief fingierte, den der Teufel an „seine Brüder, die Verhängnisgläubigen (al-mugbara)" richtete.

Al-öuäaml verstand es, sich zur Gefolgschaft der zaiditischen Imame zu bekennen, ohne dabei seinen mu'tazilitischen Prinzipien u n t r e u zu werden. I n seinem Kitäfo al-lujün

fir-radd


) A.a.O. fol. 32 b. ) A.a.O. fol. 33 a. 24β

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Unrecht in ihrer Gegnerschaft zu Ali. Sie waren aber nicht Ungläubige. Es wird auch überliefert, sie seien Sünder255) gewesen. Gott weiß es am besten.256) Voraussetzung des Imamats ist bei unseren Leuten, den Zaiditen, die mittelbare Einsetzung (an-nass al-istidläli). Der Imam wird durch Beweisführung erkannt, und zwar auf zwei Arten: Die Einsetzung bezieht sich auf Person und Namen, wie im Fall Alis, al-Hasans und al-Husains. Nach ihnen ist dagegen die Einsetzung durch Beschreibung (sifa) wirksam. Derjenige von den Nachkommen al-Hasans und al-Husains, auf den die Beschreibung zutrifft und der das Imamat für sich in Anspruch nimmt, der ist der Imam.257) Damit ist al-Häkim al-öusami Zaidit geworden. Nur seine betont großzügige Beurteilung der alten Gefährtengemeinde erinnert noch an seine frühere Haltung: Die Gefährten, versichert er, waren nicht Ungläubige, sondern standen in der Religion des Islam. Sie bekannten den Islam, hegten ihn in ihren Herzen und hehlten nicht Heuchelei. Deshalb behandelte der Herrscher der Gläubigen sie als ob er mit ihnen einig wäre. Ihre Säumnis betraf seinen Rechtsanspruch, nicht den Islam.258) Die Schriften al-Guäamis haben einen starken Einfluß auf die späteren Zaiditen ausgeübt. Im Jemen gehörte er zu den meistzitierten Verfassern. Häufig nennt man ihn nur al-Häkim oder al-Häkim al-Imäm.259) Um die Zeit aber, da er starb, waren die Beziehungen zwischen den nördlichen und den südlichen Zaiditen fast völlig abgerissen. Man mochte zweifeln, ob die jemenitische Gemeinde, arg bedrängt von Häresien und dem ismailitischen Herrschergeschlecht der Sulaihiden, noch lange überleben würde. Im Jemen hatte man die rege geistige Entwicklung der kaspischen Zaidlja im 4./10. Jahrhundert nicht mitgemacht. Strikt hielt man an der Lehre al-Hädis fest. Die Lehre al-Qäsims aber identifizierte man mit der seinen. Besonders eifrig trat für die These dieser Identität al-Hädis Sohn al-Murtadä ein. In seinem Kitäb al-idäh erklärte er einigen Anhängern, die ihn über überlieferte Unterschiede zwischen 255

) Im Text ist nach wa-ruwija annahum känü ein Wort ausgefallen. Ich ergänze fuesäqan, da danach betont wird, Aufruhr gegen den rechten Imam sei 26e fisq, nicht kufr. ) Ar-Risäla fi nasihat al-'amma fol. 33 b. 257 258 ) A.a.O. fol. 54. ) A.a.O. fol. 33b. 259 ) Er ist der in den tabaqät Ibn al-Murtadäs häufig genannte al-Häkim, nicht al-Häkim an-Nisäbüri, wie die Herausgeberin, Einleitung S. XVI, meint. Ibn al-Murtadäs Ausführungen sind nur eine leicht verkürzte Wiedergabe des Kapitels über die Mu'taziliten in al-Guäamis Sarh al-'ujün, vgl. S. M. STEBN, Ε. I. 2 Art. 'Abd al-Djabbär b. Ahmad, JRAS 1961 S. 15.

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der Rechtslehre al-Qäsims und der al-Hädis befragten,280) rundweg, die Lehren der beiden stimmten völlig überein. Was an Unterschieden überliefert werde, gehe zu Lasten der Überlieferer: „ . . . Ihr habt alQäsim nicht getroffen und nicht von Mund zu Mund gesprochen. Vielmehr sind seine Schriften abgeschrieben zu euch gelangt. Dabei mögen in dem Buch Buchstaben ausfallen, so daß die Bedeutung verloren geht. Der Schreiber mag nachlässig sein, der Frager unachtsam, der vom Diktat niederschreibende mag (den Text) verderben. Was aber derart (unzuverlässig) ist, kann nicht al- Qäsim zugeschrieben werden, niemand darf es ihm beilegen. Die Nachkommen al- Qäsims aber wissen am besten Bescheid über seine Lehre.. ,"261) , , . . . Niemand aber, der Religion, Einsicht und Überzeugung hat, darf sagen, daß al-Hädi ilä'l-haqq von seinem Großvater al-Qäsim abweicht, und daß einer von denen, die nach al-Hädi kommen, al-Hädi widerspricht. Wie sollte denn der Zweig vom Stamm abweichen!"262) Das läuft schließlich auf die These hinaus: „Alles also, was der Lehre al-Hädis zuwiderläuft, hat al-Qäsim nicht gesagt, Gott sei ihnen beiden barmherzig."263) Ganz allgemein aber stellt al-Murtadä fest, daß die Imame auch in allen Rechtsfragen einer Meinung sind. Nur aus Unachtsamkeit möchte es gelegentlich vorkommen, daß einer von ihnen anderes als die übrigen sage. Dann aber werde er die Frage noch einmal prüfen und zu Recht und Wahrheit zurückkehren. Wenn sie aber im Recht verschiedenen Meinungen anhingen, so wären sie Neuerer, und niemand wäre ihnen zu Gehorsam verpflichtet.264) Damit war die Lehre al-Hädis die einzige Richtschnur dafür, was als zaiditisch und damit als Religion des Propheten zu gelten hatte. Abü'l-Husain at-Tabari hat das in seinem „Buch der Grundlehren" (Kitäb ai-usül) klar ausgesprochen: „Die Leute der Sünna und der Gemeinschaft (ahl as-sunna wa'l-gamä'a), das heißt die Zaiditen, sind dabei geblieben, worin die Gemeinde sich einig war. Die Verähnlicher, Qadariten, Murgi 'iten, Haswiten und Imamiten aber haben ihre (der Gemeinde) Lehre umgestoßen, in der sie hinsichtlich der Gerechtigkeit, Einheit, Verheißung und Drohung, der Anerkennung von Prophetentum, Vollstreckeramt (wasija) und Imamat einig war. Sie wichen von den Leuten der Sünna und der Gemeinschaft ab und brachten 260 ) Die Beispiele, die dabei von al- Qäsims Lehre gegeben werden, erscheinen zum Teil seltsam. Vielleicht hat al-Murtadä absichtlich solche ausgewählt, in denen die Lehre al- Qäsims im Zwielicht erscheint, um die Frager leichter von ihrem Irrtum zu überzeugen.

2β1

262

2β3

264

) Κ. al-idäh fol. 186b. ) Κ. al-idäh fol. 190a.

) K. al-idäh fol. 188b. ) K. al-idäh fol. 193b.

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von sich aus Neuerungen hervor ..." 2 6 5 ) Die Zaiditen, so erklärt Abü'l-Husain weiter, das sind diejenigen, „die den Glauben des Zaid b. 'Ali, der in Kufa getötet und gekreuzigt worden ist, . . . glauben. Wer aber den Glauben Zaid b. 'Alis glaubt, das ist dir al-Hädi ilä'lhaqq Jahjä... ! Darum unterscheide zwischen seinem Wort und dem, der von ihm abweicht in der Gemeinde seines Ahns, damit dir die Wahrheit meiner Aussage, daß sie die gerettete Schar sind, klar werde. Ich habe nämlich dieses Zeugnis für sie nicht abgelegt, bis daß ich über ihre Sache und die Sache derer, die von ihnen abweichen, Klarheit gewonnen habe, seitdem ich meine Heimat verlassen bis ich zu ihnen gelangt, folgend dem Worte des Gesandte Gottes...: ,Haltet fest an den Leuten meines Hauses. Sie werden euch nicht aus dem Tor der rechten Leitung hinausstoßen und nicht in das Tor des Verderbens hineinführen.' Da suchte ich den Mann, auf den die Beschreibung zutrifft unter den Nachkommen des Propheten in Tabaristän, Huräsän, im Lande Färis, den beiden Irak, im Reich der Sämäniden, in den Ländern des Westens und im Higäz. Ich fand ihn aber nicht, bis ich nach Sa'da gelangt bin: Da fand ich Muhammad, al-Hädi ilä'l-haqqs Sohn, und ich nahm von ihm die Religion seines Ahnherrn an, die er von seinem Schöpfer gebracht hat.. ,"266) In Tabaristän bei an-Näsir al-Utrü§ war der rechte Glaube also so wenig als anderswo außerhalb Sa'das zu finden. Und dies blieb die herrschende Meinung im Jemen für die nächsten zwei Jahrhunderte. Nach dem Tod Ahmad an-Näsirs ging es mit der Gemeinde politisch und geistig rasch bergab. Ahmads Sohn Jahjä nahm das Imamat für sich in Anspruch mit dem Herrschernamen al-Mansür bi'lläh. Gegen ihn traten seine Brüder al- Qäsim mit dem Herrschernamen al-Muhtär li-din Alläh und al-Hasan auf.267) Ein vierter Sohn Ahmads, Abü cAbd Allah al-Husain, ließ sich in Bagdad nieder und überlieferte von seinem 2β5 ) Abü'l-Husain at-Tabari, K. al-usül fol. 27 a. Vgl. dazu die Ausführungen al-Hädis in seinem K. al-manzila bain al-manzilatain, V A N A R E N D O N K , S. 263ff. 2ββ ) Κ. al-usül fol. 29b. 2β7 ) Al-'Arsi, bulüg S. 34. Al-Hasan nahm nach Ibn 'Inaba (S. 178) den Herrschernamen al-Muntagab (Ibn Hazm, gamhara S. 38: al-Muntahab) li-din Alläh an. Ibn 'Inaba bezeichnet ihn als den Nachfolger des Vaters. Jahjä alMansür machte ihm das Imamat streitig. Von al-Man§ür berichtet Ibn 'Inaba ferner, er hätte zur Zeit Mu'izz ad-daulas einen Mann nach Bagdad geschickt, um Abü 'Abd Alläh (al-Mahdi) b. ad-Dä'i auf seine Eignung für das Imamat zu prüfen: Wenn er vorzüglicher als er, al-Mansür, selbst sei, so wolle er ihm huldigen. Das klingt kaum glaubhaft. — Nach Ibn Hazm herrschte in Sa'da zuerst ein anderer Bruder Ga'far ar-Rasid, dann al-Qäsim al-Muhtär. Gamhara S. 38.

13 Madelung

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Vater und Abü Ishäq b. Ibrähim al-Himjari.267a) Auch Jahjä al-Mansür war gelehrt, berichtet 'Imäd ad-din al-Qäsimi, und tradierte viel von seinem Vater und Großvater. Ein Enkel Ahmad an-Näsirs, al-Mutahhar b. cAli, verfaßte Werke über das Recht nach der Lehre al-Hädis.268) Im übrigen beschränkte man sich auf die Weitergabe der Schriften alQäsims, al-Hädis und seiner beiden Söhne. Al-Hasan starb schon im Jahr 327/939.269) Den al-Muhtär nahm, kurz nachdem er San'ä J in Besitz genommen hatte, ad-Dahhäk al-Hamdän! gefangen und ließ ihn im Gefängnis zu Raida im Sawwäl 345/Jan. 957 töten.270) Ihm folgte sein Sohn Muhammad mit dem Beinamen al-Muntasir li-din Alläh nach. Auch er wurde getötet. Nur wenige Geschichtsschreiber, fügt al-Qäsimi hinzu, erkennen diese drei als Imame an.272) Wenig Anerkennung unter den Späteren fand auch der Imamatsanspruch des Sohnes Jahjä al-Mansürs,273) Jüsuf ad-Dä c i. Er konnte am 5. Sa'bän 369/25. Febr. 980 San'ä' erobern,274) wurde aber wieder vertrieben. Ein Sohn Muhammad al-Muntasirs, cAbd Alläh, nahm nun den Titel Amir für sich an.275) Da mischte sich ein neuer Prätendent von außen ein: Al-Qäsim b. 'Ali al-'Ajjäni, ein Urenkel von al-Qäsims Sohn Muhammad. Er hatte über zwanzig Jahre lang abgeschieden auf dem Berge Targ im Gebiet des Stammes Hat'am zwischen Mekka und dem Jemen gelegt. Dort suchten ihn die Jemeniten Jahr für Jahr auf und drängten ihn zur Erhebung.276) Schließlich begab er sich nach dem 267a) Ygi. ta'rih Bagdad VIII 7. Weitere Söhne an-Nä?irs, die sich außerhalb des Jemen niederließen, nennt Ibn 'Inaba, S. 178. 26S ) Al-Muhalli, al-hxdäHq II fol. 115b. Nach Saläh b. Ahmad al-Hädawi geriet er in Streit mit seinen Brüdern, verließ Sa'da und ließ sich in IJaiwän nieder. Seinen Sohn Muhammad führte er so weit in die Wissenschaft ein, daß er der gelehrteste Mann seiner Zeit wurde und die Voraussetzungen für das Imamat erfüllte. Muhammad verfaßte Rechtswerke. MuSaggara fol. 192. 2β ») Al-'Arsi, S. 34. 270 ) KAY, Yaman S. 226, al-'Arsi, S. 34, Ms. Brit. Mus. Or. 4581 fol. 180a. z72 ) Al-Qäsimi, tatimmat al-ifäda fol. 49a. 273 ) Er starb nach „Ansicht" al-'Arsis (S.34) im Jahr 367/977 f. Ms. Brit. Mus. Or. 4581 (fol. 180b) wird das Auftreten Jüsuf ad-Dä'is mit dem Jahr 368/ 978f.datiert. 274 ) 'Abd Alläh b. Zaid al-'Ansi, al-fatawl an-nabawtja fol. 147 b. Ms. Brit. Mus. Or. 4581 (fol. 180b) gibt Öum. 368/Dez. 978—Jan. 279 an. 275 ) So wird er in der sirat al-imäm al-Mansür... al-Qäsim b. 'Ali bezeichnet, während von Jüsuf nur der Name genannt wird, offensichtlich da er sich nach Auffassung des Verfassers den Titel Imam zu Unrecht anmaßte. 27e ) Das erwähnt er selbst in einem von seinem Sekretär und Biographen, al-Husain b. Ahmad b. Ja'qüb, zitierten Brief (sirat al-imäm al-Mansür fol. 129b). Den Namen des Berges nennt er nicht, aber Targ im Gebiet der Hat'am wird

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Jemen, und die Leute huldigten ihm. Er nahm den Herrschernamen al-Mansür bi'lläh an. Als er aber nach Targ zurückkehrte, fielen sie rasch wieder ab. Da schickte er im Sawwäl 388/Okt. 998 seine Boten nach dem Jemen, um die Almosensteuer für ihn einzuziehen und die Jemeniten zum Auszug mit ihm aufzufordern.277) Bald traf er selbst ein, Jüsuf adDä'i und der Amir 'Abd Alläh ordneten sich ihm unter. Im Jahr 389/ 999 sandte er den Sarif al- Qäsim b. al-Husain az-Zaidi als seinen Statthalter nach San'ä5.278) Im Jahr 391/1001 aber erhob sich Jüsuf adDä'I in Sa'da wider ihn.279) Dann fiel auch al-Qäsim az-Zaidi von ihm ab und ließ Jüsuf ad-Dä'i in San'ä' an seiner statt im Freitagsgebet als Herrscher nennen. Im Muh. 393/Nov.—Dez. 1002 traf Jüsuf selbst in San'ä' ein.280) Al-Mansür erkrankte und starb am 9. Ram. 393/ 11. Juli 1003.281) Im selben Jahr starb auch Jüsuf ad-Dä'i. 282 ) Al-Mansür wurde von den späteren Zaiditen im Jemen allgemein als voller Imam anerkannt. Anders als die Prätendenten aus der Nachkommenschaft Ahmad an-Näsirs erfüllte er die Voraussetzung des Wissens und hinterließ eigene Schriften. Im wesentlichen vertrat er dabei die Tradition al-Qäsims und al-Hädis. In Übereinstimmung mit der Lehre al-Hädls und der Bagdader Mu'taziliten sah er einen Wesensunterschied zwischen dem göttlichen und dem menschlichen Willen : In Gott ist das Gewollte identisch mit der Existenz des Gewollten. Der Wille der Geschöpfe besteht dagegen in Gemütsbewegungen (hawätir) im Innern ihres Herzen. Wenn aber jemand einwende, mit der Identifizierung des von Gott Gewollten mit der Existenz seiner Handlung werde der Wille überhaupt geleugnet, so würde er antworten, daß andernfalls Gottes Eigenschaft denen der Geschöpfe gleich sei.283)

sonst als seine Heimat genannt. Dort ließ er auch seine Söhne zurück, als er selbst nach dem Jemen zog (vgl. fol. 70b). Über Targ vgl. Jäqüt, mu'gam s. v. 2 ") Al-Husain b. Ahmad, fol. 2b. 278 ) Al-Husain b. Ahmad, fol. 21b. Al-Qäsims Großvater Zaid b. 'Ali b. al-Husain verbreitete die Lehre der Zaiditen in San'ä', nach ihm wurde das dort ansässige Sarifengeschlecht Zaidi genannt (ilaih junsab där aS-iarij alma'rüfa hunälik). Er war ein Nachkomme des al-Hasan b. Zaid b. al-Hasan b. 'Ali b. Abi Tälib und der gelehrteste Alide seiner Zeit. (Al-Mansür 'Abd Alläh 279 b. Hamza, agwibat masäHl fol. 211a). ) Al-Husain b. Ahmad fol. 124ff. 28 °) Ms. Brit. Mus. Or. 4581 fol. 181b. al ) Al-Husain b. Ahmad, fol. 146a. 282 ) Al-'Arsi, S. 35. Oder sollte eine Verwechslung mit al-Mansür vorliegen t Jüsuf wird später jedenfalls nicht mehr genannt. 283

) Aus seinem Kitäb al-adüla min al-Qur'än 'alä tauMd Alläh wa-sifatih,

zitiert von Hamldän, tanbih fol. 81a. 13·

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In einer bedeutsamen Frage wich al-Mansür freilich von al- Qäsim und al-Hädi ab und paßte sich den Gegebenheiten in der nördlichen Zaiditengemeinde an: Er vertrat die Auffassung, die Unterschiede in der Rechtslehre, der die Imame folgten, seien nicht als Streitpunkte (hiläf) anzusehen.284) Wie die nördlichen Imame seit Abu cAbd Alläh al-Mahdi erkannte er also die verschiedenen zaiditischen Rechtsschulen als gleichermaßen gültig an. Aber er ging in dieser Richtung noch einen Schritt über sie hinaus: Er gab zu, daß es zu gleicher Zeit zwei Imame geben möge. Der Imam, so erklärte er in seinem Kitäb at-tafric, dürfe keinen anderen, der die gleiche Stellung verdiene, zu seinem Gehorsam auffordern. Vielmehr müßten sie sich gegenseitig soweit als möglich unterstützen. Es möge sogar zwei Imame im gleichen Land {balad) geben, soweit ihre Untertanen nicht Schwierigkeiten bereiteten (? junäkir) und sie nicht in derselben Stadt (qarja) seien.285) Dazu zitiert er einen Bericht, nach dem die Anhänger Abrahams und Lots um die Weideplätze in der Umgebung von Jerusalem in Streit gerieten. Da einigten sich die beiden Propheten friedlich darauf, daß Lot mit seinen Leuten in eine andere Gegend von Palästina abziehe. Die Imame, erklärt al-Mansür weiter, stehen im Rang noch unter den Propheten, wenn sie auch deren Stellvertreter sind. Wenn also an einem Ort286) zwei Imame zu Gott aufrufen, und die Gefahr besteht, daß ihre Anhänger in Streit geraten, so muß jeder Imam seine Leute zu zügeln versuchen und von allem zurückhalten, was zu allgemeinem Schaden führen könnte. Wenn er dies tut, wird er sich seine Anhänger erhalten und zugleich die Freundschaft seines Partners wahren.287) Für den Fall, daß gleichzeitig zwei Imame auftreten, legte alMansür auch ihr Verhalten gegenüber den Anhängern des andern fest. Im allgemeinen solle der Imam, wenn ein Untertan des andern in sein Land komme, diesen ebenso wie seine eigenen Leute behandeln. Wenn etwa in einem Erbfall Ansprüche von zwei Parteien gestellt werden, die verschiedenen Rechtsschulen folgen, so muß der Richter, da beide Rechtssysteme gleichermaßen gültig sind, einen gerechten Ausgleich zwischen den Ansprüchen schaffen. Al-Mansür weist hier ausdrücklich auf das Beispiel an-Näsir al-Utrüss hin, dessen Erbrechtslehre von der qäsimitischen abweicht. In seinem Land lebten viele, die den gleichzeitigen al-Hädi als ihren Imam ansahen. An-Näsir verwehrte ihnen das nicht, wie auch al-Hädi keinem der Anhänger an-Näsirs verargte, ) K. at-tafri' fol. 244a.

2M

) K. at-tafri' fol. 244a.

28E

·) Qarja, also in Gegensatz zu dem oben zitierten Grundsatz. M7 ) Zitiert von Ibn al-Murtadä, vgl. Dä*üd b. Ahmad, Sarh al-qalä'id β

212a.

fol.

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daß er diesem gehorchte. Wenn aber ein Untertan von einem Imam verlangt, daß er mit ihm nach dem Recht des andern verfahre, um damit besser wegzukommen, so soll der Imam ihm darin nicht willfahren. Auch darf der Imam das Urteil eines anderen Imams nicht aufheben. 288 ) Es war offensichtlich die Lage der nördlichen Gemeinde, die alMansür zu diesen Erwägungen anregte. Im Jemen gab es unter den Zaiditen nur eine Rechtsschule, die al-Hädis. Auch war er da nicht bereit, einen zweiten Imam neben sich zu dulden. Seine Zweiimamentheorie gilt nur für ebenbürtige Anwärter. Unmißverständlich erklärt er dagegen, daß derjenige des Imamats verlustig gehe, der um die Überlegenheit eines andern wisse, es ihm aber nicht zugestehe.289) Dem Prätendenten Jüsuf ad-DäcI wußte er sich an Wissen überlegen. Er versuchte aber auch, Beziehungen zu der alten qäsimitischen Gemeinde in Tabaristän wieder anzuknüpfen. Als er schon im Jemen war, schickte er einen Brief an die Tabaristäner, in dem er sie aufforderte, nach dem Jemen zu seiner Unterstützung zu eilen.290) Aber die Aufforderung blieb wohl ohne Erfolg. Al-Mu'ajjad, der zeitgenössischen Imam im Norden, ließ seinerseits keinen Zweifel daran, daß er die Prätendenten im Jemen nicht anerkenne. In seinem Kitäb al-ifäda betont er, daß die Anerkennung des rechtmäßigen Imams für alle Gläubigen, gleich, ob sie nah oder fern vom Ort seines Auszugs wohnen, verbindlich sei. Sind sie wegen der Entfernung nicht in der Lage, ihm zu Hilfe zu eilen, so müssen sie wenigstens versuchen, seinem Befehl und Gutdünken entsprechend zu handeln. Keinesfalls dürfen sie einem anderen Prätendenten huldigen. Er, al-Mu'ajjad, kenne aber niemanden, der für das Imamat geeignet sei, außer ihm selbst, andernfalls er diesem gerne die Herrschaft überlassen würde.291) Nach einem von Ibn al-Murtadä zitierten, wohl gefälschten Bericht war al-Mu'ajjad gerade auf einem Kriegszug, als der Imamatsaufruf al-Husains, des Sohns al-Mansürs, bei ihm eintraf. Da befahl er, die Flagge einzuholen, bis er 288

) K. at-tafrV fol. 244. ) K. at-tafrl' fol. 245b. 2eo ) Al-Husain b. Ahmad, fol. 34f. Zugleich schrieb er eigenhändig einen Brief an einen Abü'l-'Abbäs, der aus dem Norden zu ihm gekommen und ein Jahr lang bei ihm verblieben war. Als Abü'l-'Abbäs in seine Heimat zurückkehrte, hatte er ihn beauftragt, die Leute dort von seinem Imamatsaufruf zu unterrichten. m ) Al-Mu'ajjad, al-ifäda fol. 7. Nach Angabe Abu Ga'far al-Hausamis in seinem Sarh al-ibäna lehrte al-Mu'ajjad jedoch ursprünglich, daß gleichzeitig zwei Imame rechtmäßig auftreten könnten. Vgl. Ibn Miftäh, al-muntaza* IV 522. 289

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zuverlässige Nachricht erhielt, al-Husain leide an „Melancholie, einer Art von Wahnsinn." 292 )

So nahm man im Norden auch unter den Qäsimiten keine Kenntnis mehr von den Imamatsansprüchen der Jemeniten nach Ahmad an-Näsir. Abü Tälib an-Nätiq spricht von den Herrschern von Sa'da herabsetzend alsMachthabern (wulätal-amr).293) Es ist darum nur natürlich, daß er, wie auch sein Kommentator Säh-Sarigän, die Imamatstheorie al-Mansürs überhaupt nicht erwähnt. Das Recht al-Hädis entwickelte man im Norden selbständig weiter. Selbst al-Häkim al-GuSami weiß nichts von jemenitischen Imamen nach Ahmad an-Näsir. Das Erbe al-Mansürs trat im Safar 401/Sept.—Okt. 1010 sein Sohn al-Husain mit dem Herrschernamen al-Mahdi li-din Allah an.294) Er nahm die Lehrpflicht des Imams ernst: Dreiundsiebzig Schriften soll er verfaßt haben, obwohl er nur einige zwanzig Jahre alt wurde. Dies sind freilich kurze, ohne Sorgfalt hingeworfene Stücke, die sich nicht entfernt mit den Werken der kaspischen Imame dieser Zeit messen können. Al-Mahdi erkannte die nördlichen Imame nicht an. Seine Liste der Imame enthält nach den von al-Hädi anerkannten nur noch Muhammad al-Murtadä, Ahmad an-Näsir und al-Mansür, seinen Vater.295) In der Theologie war er Anhänger der Lehre al-Hädis, das heißt der Bagdader mu'tazilitischen Schule. Der Wille Gottes ist das von ihm Gewollte, seine Handlung, und außer dem Gewollten gibt es keinen Willen Gottes. In bezug auf den Gehorsam der Menschen ist sein Willen sein Befehl an sie.296) Al-Mahdi beruft sich öfters auf die Lehrautoritäten der Qäsimiten, vor allem al-Hädi. Ausdrücklich versichert er, er wolle von der Lehre al-Qäsims und al-Hädis nicht abweichen: „ . . . Wer eine Äußerung von uns hört, der möge wissen, daß sie von ihnen beiden ist und daß wir, so Gott will, nichts sagen, was in Widerspruch zu ihrer Lehre stünde... Wer darum eine Rede von uns hört, der möge sie mit ihrer Rede vergleichen: Was ihrer Rede widerspricht, das ist nicht von uns, und was mit ihr übereinstimmt, ist von uns. Nicht alles, was überliefert wird, ist richtig, nicht alles Geschriebene wahr."297) Die letzte Forderung ist wohl, wenn sie nicht von späterer Hand hinzugefügt ist, als Versuch der Distanzierung von einigen Äußerungen Μ2

) Dä*üd b. Ahmad, Sarh al-qala'id fol. 212b. ) Vgl. STROTHMANN, Staatsrecht S . 101. 294 ) Damals traf er in Qä*a ein, und die Stämme Himjar, Hamdän und andere huldigten ihm. Ms. Brit. Mus. Or. 4581 fol. 182a. M5 ) K. at-tauhU fol. 15a. »·) K. ar-radd 'alä'l-mulhidln fol. 21b. *") K. ar-rahma fol. 4f. MS

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zu verstehen, die mit dem Wunsch, in den Pfaden al-Qäsims und alHädis zu treten, nicht vereinbar waren. Unter seinen Schriften findet sich eine mit dem Titel: „Buch der Herausforderung an die Gelehrten und Nichtswisser, und Antwort an den Bastard und anderes verirrtes, ungläubiges, lasterhaftes Gesindel." Der „Bastard" war ein gewisser Jüsuf b. cAqib, der, so berichtet al-Mahdi, vor einem Haufen Araberpöbel verkündete, al-Mahdi komme in seiner Gottesgelehrtheit nicht an die Imame heran. „Darum haben wir euch, Schar der Gebildeten, versammelt, damit ihr unsere Rede mit der Rede der reinen Imame vergleicht... Habt ihr je unter den gesandten Propheten oder nach den Propheten unter den Vollstreckern oder nach den Vollstreckern unter den vorzüglichen Imamen von einem gehört, der nur ein Zehntel unserer Rede über die Einheit des Weisesten der Weisen gebracht hat ? Bei Gott, das werdet ihr bei keinem der Weltenbewohner finden... "298) Es gab also Leute, die al-Mahdi die Voraussetzung hinreichenden Wissens für das Imamat absprachen. Der Imam al-Mutawakkil Ahmad b. Sulaimän (st. 566/1170) berichtet einiges über die Vorwürfe, die man ihm machen konnte. So gab er einer seiner Schriften den Titel Kitäb al-mucgiz (Buch des Wunders). Dies war der erste Fehler, erklärt al-Mutawakkil, denn al-mu^iz ist nur das Buch Gottes. Dann behauptete er in dieser Schrift, der Thron Gottes sei Gott selbst.299) Schlimmer als alles andere aber war, daß er es sich in den Kopf steigen ließ, er sei der erwartete Mahdi, „der die Erde mit Gerechtigkeit erfüllt, wie sie mit Unrecht erfüllt war."300) Man sagt, er behauptete, vorzüglicher als der Prophet zu sein. Er verstieß eine seiner Frauen. Als ein Mann sie nach der vorgeschriebenen Wartefrist heiratete, entriß er sie ihm unter Berufung auf den Koranvers X X X I I I 53, der den Gläubigen verbietet, die Frauen des Propheten nach ihm zu heiraten. Der Imam der Moschee al-Hädls in Sa'da, Muhsin b. Muhammad b. al-Muhtär, ein Urenkel Ahmad an-Näsirs, fühlte sich berufen, dem prätentiösen Auftreten des Imams Einhalt zu gebieten. Er schrieb ihm einen Brief, in dem er ihm einige Fragen stellte und seine Redeweise mißbilligte. Al-Mahdi antwortete ihm mit einem Schwall von Verwünschungen und Flüchen und behauptete erneut, seine Rede sei „stärker im Argument, klarer im Ausdruck, glänzender an Licht und gewaltiger im Beweis" als Tora, Evangelium und Koran. Ein weniges m

K. at-tahaddl fol. 100. ) Al-Mutawakkil, K. al-hikma.

3 °°) Nach Ms. Brit. Mus. Or. 4581 (fol. 182a) und al-Hazragi (KAY, S. 228) proklamierte er sich von vornherein bei seinem Auftreten im Jahr 401/1010 als der vom Propheten angekündigte Mahdi.

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von dem, was er sagte, — so meint al-Mutawakkil — müßte sein Imamat ungültig machen.301) Die Späteren dachten freilich anders. Schon al-Mutawakkil zitiert trotz seines harten Urteils gelegentlich die Schriften al-Mahdis. Al-Muhalli spricht mit Bewunderung von seinen „prächtigen Büchern". Es ist ihm nur eine Gruppe von Anhängern al-Mahdis, die in ihm den Erwarteten zu sehen glaubte. Dabei gab es zu seiner Zeit noch solche Anhänger, und er selbst schrieb eine Streitschrift ar-Risäla az-zägira li-dawi an-nuhä 'an al-gulüw fia'immat al-hudä gegen sie.302) Der Sajjid Hamidän befaßte sich in einer Schrift Kitäb al-iskäl fimä hukija 'an al-Mahdi 'alaih as-saläm min al-aqwäl mit den al-Mahdl zur Last gelegten Aussagen. Er erklärt von vornherein, daß ihm das Imamat al-Mahdis feststehe wegen seines glänzenden Wissens, seines vorbildlichen Lebenswandels und der Prophezeihungen des Propheten von seinem Auftreten in der Zeit, als al-Mahdi tatsächlich auftrat. Er wendet sich aber auch gegen diejenigen, die ihn über die Alten (as-salaf) erhöben und die späteren Imame nicht anerkannten. Zum Beweis dafür, daß viele Behauptungen al-Mahdi fälschlich zugeschrieben würden, sammelt er dann aus seinen Schriften die Stellen, in denen dieser sich über Unterschiebungen beschwert oder die mit den Behauptungen nicht in Einklang stehen. Der Imam al-Mutawakkil muß es sich gefallen lassen, daß man ihm wegen seiner Kritik an dem Vorgänger kräftig über den Mund fährt. In einer Glosse zu der zitierten Stelle seines Kitäb haqä'iq al-ma'rifa wird auf die vielen glänzenden Zeugnisse verwiesen, die al-Mahdi Imame und Gelehrte ausgestellt haben. Im übrigen möge, wer die Wahrheit wissen wolle, sich an die oben zitierten Sätze aus al-Mahdis Kitäb ar-rahma halten und Gott fürchten. 303 )

Nicht nur in Sa'da unter den Nachkommen al-Hädis stieß alMahdi auf Widerstand. In San'ä* hatte sich al-Qäsim az-Zaidi an der Macht gehalten. Als al-Mahdi sich als Imam huldigen ließ, veranlaßte er seinen eigenen Sohn Muhammad, sich als Imam zu proklamieren. Ende des Jahres 402/Sommer 1012 zog al-Mahdi in San'ä' ein. Die Leute aber schrieben an (Muhammad) az-Zaidi.304) Dieser versuchte nun, sich der Stadt zu bemächtigen. Al-Mahdi besiegte ihn aber, und er wurde getötet. Als sein Sohn dies erfuhr, zog er gegen al-Mahdi in Haida. Im Safar 404/Aug.— Sept. 1013 fiel al-Mahdi.305) Die Nachfolge al-Mahdis übernahm sein ältester Bruder Ga'far. Er nahm aber nicht das Imamat für sich in Anspruch, obwohl es ihm nicht an Wissen fehlte,306) da er an die Wiederkehr al-Mahdis glaubte. M1

) Al-Mutawakkil, haqä'iq al-ma'rifa fol. 102ff. ) Al-Muhalli, al-hadä'iq I I fol. 63b. 303 ) Fol. 104 der Handschrift des K. haqä'iq al-ma'rifa. 3C1 ) Ms. Brit. Mus. Or. 4581 spricht nur von az-Zaidi, und es wäre eher anzunehmen, daß al-Qäsim gemeint ist. Aber nach al-Qäsimi, fol. 50a, und al'Arsi (S. 37) war es Muhammad, der dann fiel. 305 M ) Ms. Brit. Mus. Or. 4581 fol. 182a. «) Al-'Arsi, S. 36. 302

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Im Jahr 413/1022f. kam er von Sa'da nach 'Ajjän. Da riefen ihn die Hamdän und Himjar herbei, und er nahm mit ihrer Hilfe Ende des Jahres (März 1023) S a n V ein. Im Muh. 414/Apr. 1023 zog er nach Sa'da, eroberte die Stadt, ließ sie plündern, Häuser zerstören, Menschen töten.307) Es wird die Rache für die ablehnende Haltung der Nachkommen al-Hädis gegenüber al-Mahdi gewesen sein. Die Qäsimiden, wie die Nachkommen al-Mansürs im Jemen genannt wurden,308) hielten auch weiterhin an dem Glauben an die Wiederkehr al-Mahdis fest. Besonders in den Westgebieten (magärib) des Jemen war dieser Glaube verbreitet,309) aber auch an vielen anderen Orten zählte er Anhänger.310) So ist die Sekte der Husainija entstanden, die die Wiederkehr des Imams al-Mahdi erwartete. ,,.. .Sie streiten für (diesen Glauben), leben und sterben darin und bezichtigen die, die sich nicht dazu bekennen, des Unglaubens. Sie sagen, er ist nicht getötet worden, nicht gestorben und wird nicht sterben, bis daß er die Erde mit Gerechtigkeit erfüllt, wie sie mit Unrecht erfüllt i s t . . . " So al-Mutawakkil. 3u ) Zu seiner Zeit geriet Niäwän al-Himjari (st. 573/1178) in Streit mit den Qäsimiden, weil ihm Verse zugeschrieben wurden, in denen der Glaube an das Fortleben al-Mahdis verspottet wird. Der Amir 'Abd Alläh b. al-Qäsim b. Ga'far antwortete ihm und drohte ihm den Tod an.312) Bis in die Zeit des Imams Jahjä b. Hamza (st. 747/1346) lebte die Sekte fort. Ein Gelehrter berichtete, er habe in Tulä noch einen angesehenen Mann (min al-kvbarä') gekannt, der bis zu seinem Tod im Jahr 840/1436f. an das Fortleben al-Mahdis glaubte.313) Ungefähr ein halbes Jahrhundert vor der Husainija, um die Mitte des 4./10. Jahrhunderts war wohl die zweite Sekte entstanden, durch die, in den Worten al-Mutawakkils, der Teufel die Einheit der Zaiditen im Jemen sprengte: Die Mutarrifija. In der Zeit ihres Gründers schrieben der Sarif Zaid b. 'Ali314) und ein Sohn al-Muhtärs, cAbd Alläh al3 7

° ) Ms. Brit. Mus. Or. 4581 fol. 182b. ) Al-Qawäsim oder al-aäräf al-Qösimtjün. 309 ) Ms. Brit. Mus. Or. 4581 fol. 182a. 310 ) Angaben darüber enthält das K. ta'rih BanVl-Wazlr, zitiert in Ms. Ambros. A 123 fol. 18f. 3n ) HaqüHq al-ma'rifa fol. 103a. 312 ) Ms. Ambros. A 123 fol. 18a. Niswän antwortete darauf mit einem Gedicht, in dem er seine Verfasserschaft abstritt, aber auch seine Überzeugung vom Tod al-Mahdis nicht verbarg. s13 ) Ta'rih, Bani'l-Wazir, zitiert in Ms. Ambros. A 123 fol. 19a. 314 ) Über ihn vgl. oben S. 195 Anm. 278. 30e

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'Äbid, Streitschriften gegen ihn.315) Al-Mutawakkil berichtet über ihre Anfänge folgendes: Ein gewisser Mutarrif b. Sihäb316) und zwei Gefährten studierten bei einem Bäumten namens Husain b. 'Ämir.317) Dann begaben sie sich nach dem Ort Sana' im Gebiet von San'ä erklärten ihn zu einer Stätte derAuswanderung (atbatüfih higra), bauten eine Moschee und „Häuser der Reinigung" (matähir). Sie übten dort Gottesdienst, kultische Reinheit und Askese und luden die Leute zum Studium ein.318) Die Besonderheit der Lehre der Mutarrifiten bestand vor allem in der Übernahme einer Naturphilosophie.319) Sie lehrten, Gott habe uranfänglich die vier Elemente erschaffen. Danach greife er nur noch durch die Wunder, nach einigen auch durch Gnaden (ni'am), in das Weltgeschehen ein, das im übrigen ganz durch die Wandlungen der vier Elemente bestimmt sei.320) Die Mutarrifiten sahen sich als Zaiditen, als die wahren Bekenner der Lehre der Prophetenfamilie an.321) Sie beriefen sich auf die älteren Imame, mindestens bis Muhammad alMurtadä, dem sie eine gefälschte Schrift mas'alat al-'adl unterschoben.322) Manche der Thesen, deretwegen die orthodoxen Zaiditen sie 315

) Al-Mansür 'Abd Alläh b. Hamza, agwibat masäHl fol. 211a. Weitere Autoren von Streitschriften werden in dem Bruchstück einer Widerlegung der Mutarrifiten genannt, in der Ahlwardt, Katalog Nr. 10292, ein Werk des 'Abd Alläh b. Zaid al-'Ansi vermutete. Ms. Berlin Glaser 111 fol. 203a. Auch alMahdi al-Husain wird unter ihnen aufgeführt. 3le ) Al-Man§ür 'Abd Alläh b. Hamza nennt den Gründer Abü'l-Crawäzi und gibt an, er stammte aus Qä*a in al-Baun. Agwibat masäHl fol. 211a. 317 ) Einen bätinitischen dä'i al-Husain b. 'Ämir nennt al-'Arsi (S. 36) als Zeitgenossen des Imams Abu Häsim (über ihn vgl. unten S. 204 f.). Sonst wird er anscheinend nirgends erwähnt. Die Zeit Abü Häsims ist freilich viel später als die Anfänge der Mutarrifija. Aber auch der danach von al-'Arsi genannte Ibn al-Asagg (so von Ibn al-Asad zu berichten) ist früher als Abü Häsim (vgl. alHamdäni, as-Sulaihijün S. 57). Al-'Arsi nennt Ibn al-Asagg auch fälschlich azZawähi, während Sulaimän b. 'Abd Alläh b. 'Ämir az-Zawähi vielmehr sein Nachfolger war (vgl. al-HAMDÄNi, a.a.O.). Sulaimän könnte aber der Neffe (oder Großneffe ?) al-Husain b. 'Ämirs sein. Freilich mag die Angabe al-Mutawakkils auch erfunden sein, um die Mutarrifiten in Verbindung mit den an318 rüchigen Bätiniten zu setzen. ) Al-Mutawakkil, K. al-hikma. 3ΐβ) Ygj Strothmann, Islam I I 68. 320 ) Ms. Berlin Glaser 111 fol. 180 a. 321 ) A.a.O. fol. 202b: Ein Mutarrifit, Muhammad b. 'Ali al-Ahnüml, versuchte in einem Buch einem Sarifen, den er für seine Lehre gewinnen wollte, weiszumachen, dies sei die Lehre der Prophetenfamilie. 322 ) A.a.O. fol. 195b, 202b. Hamidän nennt als Imame, mit denen sich die Mutarrifiten in Ubereinstimmung glaubten: Ali, Öa'far a?-Sädiq, al-Hädi und al-Murtadä. Ta'rif at-tatrif fol. 94 a.

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später verketzerten, beruhen offenbar nur auf einem strikten Festhalten an den Aussagen al-Hädis. Al-Muhalli wirft ihnen vor, daß sie den Willen Gottes mit dem Gewollten identifizieren. Er selbst bekennt sich zur Formel der Basrer vom „erschaffenen Willen, der sich an keinem Ort befindet." Al-Hädi erwähnt er nicht. Ferner kreidet er den Mutarrifiten an, daß sie Gottes Macht, Wissen und Leben mit seinem Wesen identifizieren. Auch diese These findet sich in fast derselben Formulierung bei al-Hädi. 323 ) Al-Muhalli dagegen vertritt den Standpunkt der Basrer, nach denen diese Eigenschaften zusätzlich zum Wesen (sijät zü'ida 'alä dätih) sind.324) In der These, nur der vorzüglichste der Menschen könne Imam werden, stimmen die Mutarrifiten mit den älteren Imamen und al-Hädi überein. Später warf man ihnen vor, damit „schlössen sie das Tor des Imamats". 325 )

Die Lehre der Mutarrifiten breitete sich rasch aus. Im 5./11. Jahrhundert verfaßten der Imam Abü Häsim an-Nafs az-zakija, sein Sohn Hamza,326) und der Imam Abü'l-Fath ad-Dailami327) Widerlegungen. Einer der vorzüglichsten Gelehrten im Jemen, Muhammad b. Hamid b. al-Haggäg, war damals Wortführer der Mutarrifiten. Später, vor 450/1058, bekehrte er sich zur zaiditischen Orthodoxie und focht nun mit Gedichten gegen die Häretiker.328) Ein Jahrhundert später, zur Zeit al-Mutawakkils, war der Geschichtsschreiber und „Schöngeist des Jemens",329) Muslim al-Lahgi, ein eifriger Vertreter der mutarrifitischen Lehre. Er erklärte öffentlich, so berichtet al-Mutawakkil, jeden zum Ungläubigen, der irgend etwas außer den vier Elementen, den Wundern und Gnaden für von Gott beabsichtigt hielt.330) Damals gab es in Tihäma eine große „Stätte der Auswanderung" mit dem Namen al-Kämilija. Dort verkündeten die beiden Gelehrten al-Hasan b. Husain b. Sabib331) und Sälih ar-Rahhäl die Lehre der Mutarrifiten. Sie hatten zahlreiche Anhänger, unter ihnen Sarifen mit ihrem Klientel. Da traf Zaid b. al-Hasan al-Huräsäni332) im Jemen mit der Absicht ein, die Mutarrifiten zum rechten Glauben zurückzuführen. Sie strömten ihm aus San'ä', Waqas und vielen anderen 323) Vgl. das Zitat aus dem K. ad-dijäna bei VAN ARENDONK, S. 272 Anm. 7. ) Al-Muhalli, K. al-ldäh. 325 ) Ms. Berlin Glaser 111, fol. 192b. Zur Lehre der Mutarrifiten vgl. auch 326 T R I T T O N , Musdon L X I I I 59ff. ) Ms. Berlin Glaser 111, fol. 203a. 327 ) Al-Muhalli, al-hada'iq I I fol. 98. 328 329 ) Ms. Berlin Glaser 111 fol. 211. ) Jäqüt, mu'gam s. u. Lahg. Ms. Berlin Glaser 111, fol. 180a, vgl. STROTHMANN, Islam I 3 6 3 . Daß al-Lahgi im 6./11. Jahrhundert lebte, hat VAN A R E N D O N K , S. X, gegen BROCKELM A N N , GAL Suppl. I 587, gezeigt. Vgl. unten S. 222. Vgl. unten S. 21 lf. 324

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Orten zu, um mit ihm zu disputieren.333) Er legte ihnen dar, daß die Zaiditen in aller Welt, in öilän, Dailamän, Huräsän und dem Irak sich alle zur gleichen Lehre bekannten, die der ihren widersprach. Die beiden Gelehrten aus Tihäma ließen sich überzeugen und kehrten mit allen ihren Anhängern zur Orthodoxie zurück.334) Zaid b. al-Hasan war noch mehr Erfolg beschieden: Der Qädi cAbd Allah b. Hamza b. Abi'nNagm aus Sa'da, der die von al-Hädi tradierten Prophetenworte in einem Werk gesammelt hat,235) und der Qädi Öa'far b. Abi Jahjä 336 ) sind beide durch seine Vorlesungen von der Lehre der Mutarrifiten bekehrt worden.337) Manche andere, die er zunächst bekehrte, sind danach wieder abgefallen.338) Trotz dieser Erfolge der zaiditischen Orthodoxie war die Macht der Sekte zur Zeit des Imams al-Mansür cAbd Allah b. Hamza noch ungebrochen. Weite Landstriche, besonders westlich von San'ä', gehorchten damals mutarrifitischen Amiren. Al-Mansür bestätigte sie zunächst in ihrer Herrschaft, nachdem sie ihm gehuldigt hatten. Sie hatten „Stätten der Auswanderung" in Qä'a und al-*Asäwa. Ihr Hauptort aber war Waqaä in der Nähe von San'ä'. 339 ) Dort versammelten sie sich einmal im Jahr aus allen Gegenden.340) Aus diesen Angaben erhellt, welche Bedrohung die mutarrifitische Häresie zeitweise für die zaiditische Orthodoxie im Jemen dargestellt hat. Al-Mansür hat später dann einen rücksichtslosen Ausrottungskrieg gegen sie geführt. Aus dem 7./13. Jahrhundert werden noch mehrere Streitschriften gegen die Sekte erwähnt. Zur Zeit Ibn al-Murtadäs war sie verschwunden.341) Am 29. Gum. I I 418/6. Aug. 1027 richtete Abü Häsim al-Hasan b. 'Abd ar-Rahmän, ein Urenkel von al-Hädis Bruder 'Abd Alläh, einen Huldigungsaufruf an alle Muslime.342) Er war mit seinen beiden Söhnen m

) Randglosse in Ms. Ambros. F 278 fol. 18 a. ) Ms. Berlin Glaser 111 fol. 210a.

3M

336) y g i . BROCKELMANN, GAL M6

I 4 0 2 , VAN ARENDONK, S . 2 7 7 .

) Vgl. unten S. 212. 337 ) Ms. Berlin Glaser 111 fol. 211a. Dort sind noch Namen anderer Bekehrter zusammengestellt, die ich nicht nachweisen konnte. Qädi Ga'far seinerseits gewann den ursprünglich mutarrifitischen Gelehrten Sulaimän b. Nä$ir as-Suhämi, Verfasser mehrerer Rechtswerke, für die zaiditische Orthodoxie. Vgl. al-Öundäri S. 17: Abi Öa'far 1. al-Qädl Öa'jar. Randglosse in Ms. Ambros. F 278 fol. 18a. 330 ) Über Waqas vgl. Jäqüt, mu'gam s. v. 340 ) Vgl. im einzelnen die Biographie al-Man§ürs, as-sira as-Sarifa al-ManM1 $ünja II. ) Vgl. STBOTHMANN, Staatsrecht S. 65. 342 ) Al-Manijür al-Hasan b. Badr ad-din, anwär Ms. Brit. Mus. fol. 177b.

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Hamza und Muhammad aus dem Higäz gekommen.343) Am 3. Sa'bän 426/12. Juni 1035 zog er in San'ä' ein. Aber er konnte sich nicht halten. Die Hamdän riefen Öa'far b. al-Qäsim herbei, und er eroberte San'ä' im Rab. 429/Winter 1037—38. Mit Unterstützung des (Jahjä) b. Abi Häsid zog Abü Häsim dann noch ein zweitesmal in San'ä' ein.344) Gestorben ist er nach dem Jahr 431/1039.345) Al-Mutawkkil führt ihn nicht unter den Imamen auf. Wahrscheinlich haben die Nachkommen al-Hädis in Sa'da ihn nicht anerkannt. Al-Muhalll dagegen nennt ihn und zollt seiner Gelehrtheit Lob.346) Abü Häsüim war aber auch Vorfahr von al-Muhall is Imam, al-Mansür cAbd Alläh b. Hamza. Im Jahr 437/1045f.347) trat im Jemen zum erstenmal ein Imam auf, der nicht Nachkomme al-Qäsim b. Ibrahims war:348) An-Näsir Abü'l-Fath ad-Dailami. Er fand die Unterstützung einiger Stämme und bemächtigte sich Sa'das. Dann zog er in San'ä1 ein, wurde aber von öa'far b. al-Qäsim al-'Ajjäni und Jahjä b. Abi Hääid wieder vertrieben.349) Als nach dem Tod Ibn Abi Hääids der Sulaihide 'Ali b. Muhammad San'ä1 einnahm, kam es zum Krieg zwischen ihm und anNäsir. An-Näsir fiel in der Schlacht von Nagd al-öäh im Jahr 444/ 1052 f.350) Abü'l-Fath kam aus Dailamän nach dem Jemen. Er war gelehrt, alMutawakkil und die Späteren haben ihn allgemein als Imam angesehen. Unter den Werken, die er hinterlassen hat, ist ein vierbändiger M3

) Al-Muhalli, al-hadä'iq I I fol. 133b. Al-'Arsi (S. 36) nennt statt Muhammad fälschlich "Ali. Nach seiner „Ansicht" nahm Abu Häsim als Imam den Namen al-Mu'id li-din Alläh an. Al-Hazragi erwähnt dagegen einen anderen Prätendenten unter diesem Namen, der im J a h r 421/1030, vor dem Auftreten Abu Häsims, getötet worden wäre. KAY, Yaman S. 229. Ibn *Inaba (S. 179f.) gibt als Imamnamen Abü Häsims ar-Rädi an und meint, an-Nafs az-Zakija sei der Beiname seines Sohnes Hamza gewesen. M4 ) Ms. Brit. Mus. Or. 4581 fol. 183. M5 ) Al-Muhalll, al-hadä'iq I I fol. 91ff. Die Angabe al-'Arsis (S. 36), Abu Häsim sei im J a h r 426 (1035) gestorben, kann nicht richtig sein. M6 ) A.a.O. fol. 133b. Er erwähnt ein K. sijäsat an-nafs Abü Häsims mit paränetischem Inhalt. M7 ) Ms. Brit. Mus. Or. 4581 fol. 183b, al-HAMDÄNi, as-Sulaihljün S. 82 Anm. 1. Al-Muhalli gibt an: in den dreißiger Jahren (al-hadä'iq I I fol. 103), al'Arsi (S. 36): 430 (1038f.). 348 ) Abgesehen von dem oben S. 200 erwähnten Muhammad b. al- Qäsim az-Zaidl, der aber allgemein nicht gezählt wird. 349 ) AI-HAMDÄNI, as-Sulaihljün S. 82 Ann. 1. 3δ0 ) A1-HAMDÄNI, as-Sulaihljün S. 82, al-'Ars! S. 37. Nach anderer Angabe im J a h r 446/1054f., vgl. al-HAMDÄNi, a.a.O. Anm. 2. Al-Muhalli gibt a n : in den vierziger Jahren (al-hadä'iq I I fol. 103).

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Korankommentar. 351 ) Da er im Norden seine Bildung empfangen hatte, ist anzunehmen, daß er in manchen Dingen anders sah als die jemenitischen Zaiditen. In einer Rechtsauskunft beruft er sich auf anNäsir al-Utrüs.352) Er mag wohl etwas frische Luft aus dem Norden unter die auf die Lehren al-Hädis eingeschworenen Jemeniten gebracht haben. Aber eine stärkere Nachwirkung ging nicht von ihm aus. 'Ali b. Muhammad as-Sulaihi war mit der Einnahme von San'ä' der mächtigste Herrscher im Jemen geworden. Er dehnte sein Machtgebiet allmählich über das ganze Land aus. Bis Ende des Jahres 455/ Nov. 1063 hatte er den gesamten Jemen unterworfen. Nur in Sacda leisteten die Nachkommen Ahmad an-Näsirs noch etwas Widerstand. Der Sulaihide aber tötete bald ihr Oberhaupt und nahm die Stadt in Besitz.353) Als 'Ali b. Muhammad am 11. Dü'l-qa'da 459/23. Sept. 1067 ermordet wurde, glaubte Hamza, der Sohn Abü Häsims, seine Zeit sei gekommen. Er ließ sich als Imam huldigen und zog mit seinen Anhängern gegen San'ä'. Als er aber bis al-Malwä gelangt war, trat ihm 'Ämir b. Sulaimän az-Zawähi mit dem sulaihidischen Heer entgegen und schlug ihn am 22. Dü'l-higga 459/2. Nov. 1067. Hamza und einer seiner Söhne fielen.354) Die Späteren zählten den unglücklichen Aufrührer nicht als Imam. Kein zaiditischer Prätendent wagte während der nächsten fünfzig Jahre, den Sulaihiden die Stirn zu bieten. Nur die husainitisch gesinnten Nachkommen al-Qäsim al-cAjjänis machten gelegentlich noch zu schaffen. Nach dem Tod Ga'far b. al-Qäsims setzten seine beiden Söhne al- Qäsim, genannt as-Sarif al-Fädil, und Muhammad, genannt Dü's-sarafain, den Widerstand fort. Von den beiden Brüdern wird hervorgehoben, daß sie die Voraussetzungen für das Imamat erfüllten. Sie nahmen es aber nicht für sich in Anspruch, da sie an das Fortleben ihres Onkels al-Husain al-Mahdi glaubten.355) Al-Fädil war schon einmal im Jahr 448/1056 von den Hamdän zum Kampf gegen die Sulai351

) Er ist erhalten, vgl. NÄMI, al-ba'ta S. 17 Nr. 3. ) Ms. Brit. Mus. Or. 4018 fol. 6a. 353 ) So al-Hazragi, al-'asgad al-masbük fol. 37 b, vgl. Jahjä b. al-Husain, anbä' az-zaman zitiert von al-HAMDÄNi, as-SulaiMjün S. 86f. Der Name des Oberhauptes (al-qü 'im minhum) wird nicht angegeben. 354) Ygj al-HAMDÄNi, as-SulaiMjün S. 117f. Die Angabe des Jahjä b. alHusain, Hamza sei schon im Jahr 449/1057f., zehn Jahre vor seinem Tod, als Imam aufgetreten, ist sicher falsch. Vgl. die Angaben des Zeitgenossen al-Qimml, 362

al-HAMDÄNi, as-SulaiMjün

S. 312.

355) y o n al-Fädil sagt es al-Qäsimi, tatimmat al-ifäda fol. 50a, von Du'ssarafain, Ismä'Il b. Muhammad, simf fol. 65 a. Die spätere zaiditische Überlieferung ist ihnen günstig gesonnen.

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hiden herbeigerufen worden. Es kam zur Schlacht, al-Fädil sah sich zum Rückzug nach al-Hiräba im Gebiet Wäda'a gezwungen. Dort widerstand er siebzig Tage lang der Belagerung, dann mußte er sich ergeben. As-Sulaihi übte Großmut, behielt ihn zunächst bei sich in San'ä 1 , aber entließ ihn dann.356) Als 'Ali as-Sulaihis Nachfolger al-Mukarram im Safar 460/Jan. 1068 nach Zabid auszog, versicherte er sich zuvor der Treue der beiden Brüder.357) Aber während seiner Abwesenheit brach al-Fädil sein Wort und gewann die Unterstützung der Banü Daibän und anderer Stämme, indem er ihnen das Erscheinen al-Husain al-Mahdis verhieß. Als alMukarram dann zurückkehrte, konnte er freilich rasch die Daibän wieder zur Botmäßigkeit bringen. Sie versprachen, al-Fädil keinen Schutz zu gewähren.358) Im Jahr 467/1074f. wurde er ermordet.359) Dü'ä-sarafain hatte sich auf der Feste Sahära zwischen San'ä' und Sa'da festgesetzt. Von dort aus machte er die Gegend unsicher.360) Daß er eine ernste Drohung für die Sulaihiden bedeutete, wie al-'Arsi es darstellt, darf man freilich bezweifeln. Als er im Muh. 478/Mai 1085 starb, folgte ihm sein Sohn öa'far b. Muhammad nach.361) Sa'da war in dieser Zeit in den Händen der Sulaihiden. Da traf im Jahr 511/1117 die Aufforderung zur Botmäßigkeit des kaspischen Imams Abu Tälib al-ahir ein. Abü Tälib, ein Urenkel al-Mu'ajjads, war im Jahr 502/1108f. in öilän ausgezogen. Er fand allgemeine Anerkennung, besonders da auch der unter den Näsiriten hochangesehene Gelehrte an-Näsir ar-Ridä, ein Nachkomme al-Utrüss, sich für ihn einsetzte.362) Nur ein Nachkomme at-Tä'irs widersetzte sich ihm in Lähigän (?)362a). Abü Tälib nahm die Stadt ein und ließ sie niederbrennen.383) Auch Dailamän unterwarf er. Den Sarifen al-Hasan 35e 367

) Vgl. al-ÜAMDÄNI, as-Sulaihljün

) AI-HAMDÄNI, as-Sulaihljün 358 ) AI-HAMDÄNI, as-Sulaihljün 369

S. 82f., S. 120 Anm. 5, al-'Arsi, S. 37.

S. 120f. S. 127.

) AI-HAMDÄNI, as-Sulaihljün S. 120 Anm. 5, al-'ArSi, S. 37. 361 °) Vgl. al-'Arsi, S. 37 . ) Al-'Arsi, S. 38. 362 ) Jüsuf al-öiläni, Kitäb ilü *Imrän b. al-Hasan fol. l i l a . Die öiläner drängten ihn, sich selbst huldigen zu lassen. Sie hätten wohl lieber einen Näsiriten als den Qäsimiten Abü Tälib als Imam gehabt. An-Nä§ir ar-Ridä lehrte in Barhigän das Recht der Prophetenfamilie. A.a.O. fol. 107b. 862a) . Labähigän und Lanähigän, wahrscheinlich für Lijähigän. Dieser Name erscheint mehrfach in der Handschrift der von RABINO herausgegebenen Beschreibung Giläns in der frühen Mongolenzeit des A$il ad-din Zauzani und wird von RABINO regelmäßig in Lähigän verbessert (JA CCCXXXVIII 1950 S. 327ff.). Es mag sich um eine andere Schreibung oder Namensform handeln. 363 ) Jüsuf al-Öiläni, fol. 110b. 3β

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al-Gurgäni vertrieb er von dort.364) In erbittertem Kampf gegen die Bätiniten gelang es ihm, 83 ihrer Bergfesten zu erobern. Der Herr von Oman, ein Zaidit, stand in Briefwechsel mit ihm und unterstützte ihn.365) Hier seien kurz die dürftigen Nachrichten über die kaspischen Imaine zwischen Abü Tälib an-Nätiq und Abu Tälib al-ahir zusammengestellt: 1. Al-Mahdi Ii-din Alläh Abü'l-Husain 366 ) «Ali b. Öa'far al-Huqaini. AlHäkim al-öusami führt ihn unter den Schülern des Qädi 'Abd al-öabbär auf und berichtet, sein (al-Häkims) Lehrer Abü Hamid hätte ihn gesehen und über seine trefflichen Eigenschaften berichtet. E r sei in Theologie und Recht gleichermaßen gebildet gewesen.367) I m Recht war er Qäsimit, der Qädi Jüsuf b. alHasan, ein Gefährte des Imams al-Mu'ajjad, tradierte in Rechtssachen von ihm. 368 ) E r oder sein Sohn hat einen Kommentar zum Rechtswerk al-Mu'ajjads geschrieben. 369 ) E r ist in Dailamän ausgezogen, wahrscheinlich bald nach dem Tod an-Nätiqs. Begraben ist er wie al-Mu'ajjad in Langä. 370 ) 2. Al-Husain an-Näsir, ein Nachkomme an-Näsir al-Utrüss. Die Gelehrten im näsiritischen Hausam stellten ihn im J a h r 432/1040f. als Herrscher auf. Da sie sein Wissen für ungenügend erachteten, huldigten sie ihm zunächst nicht. Nachts unterrichteten sie ihn, bei Tag sangen sie sein Lob. Als sein Wissen vollkommen war, huldigten sie ihm als Imam. 371 ) Er herrschte über ganz ö i l ä n und Dailamän. Im J a h r 472/1079 f. starb er in Hausam, und dort ist er begraben. 372 ) 3. Al-Hädi al-Huqaini Jahjä 373 ) b. Abfl-Husain (Hasan?), 374 ) der Sohn alMahdis (Nr. 1). Wie .sein Vater war er Qäsimit, 376 ) ein großer Gelehrter in allen 3M

365 ) Jüsuf al-Öiläni, fol. 110b. ) Al-Muhalli, al-hadüHq I I fol. 107f. ) Jüsuf al-öiläni gibt an, er habe Abü'l-Hasan gehießen und sein Sohn (Nr. 3) Abü'l-Husain. I n den späteren Texten herrscht darüber völliges Durcheinander. Dies liegt teilweise daran, daß al-Mahdi al-Huqaini von al-Muhalli und den späteren Jemeniten gar nicht als I m a m aufgeführt und offenbar häufig mit dem Sohn verwechselt wird. Eine Randbemerkung zu dem Brief Jüsuf alöilänls (fol. 107 b) stellt jedoch fest, der Vater werde in den Rechtsbüchern Abü'l-Husain genannt, und so habe ihn der Qädi Jüsuf angeredet. E r sei wohl der, welcher auch al-Huqaini al-kabir genannt werde, während man den Sohn als al-Huqaini as-sagir bezeichne. Al-Häkim al-öusami spricht von Abü'lHusain al-Huqaini (sarh I fol. 129a). Ibn al-Murtadä macht daraus Abü'lHasan (tabaqät S. 117) und verwechselt ihn offenbar mit dem Sohn. Auch alMutawakkil nennt ihn Abü'l-Husain (hadüHq fol. 102b). Daß gleich danach der Sohn b. Abi'l-Hasan genannt wird, ist wohl ein Schreibfehler des Kopisten. 367 ) Sarh I fol. 129a. 368 ) Randbemerkung zum Brief Jüsuf al-öilänis fol. 107b. 36e ) Sarh al-Huqaini, vgl. G R I F F I N I , ZDMG L X I X 66. 370 371 ) Jüsuf al-Öiläni fol. 107b. ) Al-Muhalli, al-hadä'iq I I fol. 103. 372 ) Jüsuf al-Öiläni, fol. 110. 373 ) Diesen Namen gibt nur al-Mutawakkil an (haqü'iq fol. 102b). 374 ) Vgl. Anm. 366. Al-Muhalli und die Späteren geben al-Hädi den Namen seines Vaters: 'Ali b. ö a ' f a r . 376 ) Al-Mansür 'Abd Alläh b. Hamza, ar-risäla al-'adila zitiert von alMansür al-Qäsim b. Muhammad, Ms. München Glaser 14. 366

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Wissenschaften. E r bewarb sich im L a n d e al-Ustundärija in Dailamän u m das I m a m a t . I n ö i l ä n aber herrschte nach d e m Tod al-Husain an-Nä?irs in dessen N a m e n ein anderer N a c h k o m m e an-Nä?ir al-Utrüss, Abü'r-Ridä al-Kisumi alHusaini. Obwohl dieser selbst die Voraussetzungen f ü r das I m a m a t erfüllte, n a h m er es nicht f ü r sich in Anspruch. E s gab Intrigen zwischen den Anhängern al-Hädis und Abü'r-Ridäs. D a schrieben sie einander u n d vereinbarten ein Treffen miteinander. Sie k a m e n bei einem tiefen Tal zusammen, über das eine B r ü c k e f ü h r t e . Man zerstörte die Brücke in der Mitte, d a m i t die Parteien nicht handgreiflich werden konnten. Al-Hädi u n d Abü'r-Ridä einigten sich d a n n , d a ß jeder in seinem eigenen Gebiet herrschen möge. Al-Hädi war von einem grimmigen H a ß gegen die Bätiniten beseelt. I m Monat R a g a b 4 9 0 / J u n i — J u l i 1097 w u r d e er in K a g ü in al-Ustundärija von einem Assassinen aus A l a m ü t ermordet. Man brachte die Leiche nach K a l ä r u n d begrub ihn in Haskin. 3 7 6 ) 4. Nach al-Hädi al-Huqainis Tod ließ sich n u n Abü'r-Ridä al-Kisumi 377 ) als I m a m huldigen. E r war Näsirit u n d Verfasser von Werken über das R e c h t der Prophetenfamilie. E r kommentierte auch schwierige Stellen in a l - M u ' a j j a d s Rechtswerken, 3 7 8 ) m u ß also auch über das qäsimitische R e c h t Bescheid gewußt haben. E s gelang ihm, ganz ö i l ä n u n d Dailamän bis an die Grenzen von T a b a ristän u n t e r seine Botmäßigkeit zu bringen. Aber er s t a r b schon bald. I n K i s u m in ö i l ä n ist er begraben. 379 )

Im Jemen übernahm der Emir al-Muhsin b. al-Hasan b. an-Näsir, ein Nachkomme Ahmad an-Näsirs, die Vertretung Abü Tälib al-ahirs und brachte seine Befehle in Sa'da zur Durchführung.380) So waren die kaspischen und die jemenitischen Zaiditen zum erstenmal politisch vereint. Die Union, die im Norden zwischen Näsiriten und Hädawiten durch Abü cAbd Alläh al-Mahdi anderthalb Jahrhunderte früher geschaffen worden war, erstreckte sich nun auch nach dem Jemen. Um die Jemeniten auch in der Lehre auf Gleichklang zu bringen, schickte Abü Tälib den gelehrten Qädi Abü Tälib Nasr b. Abi Tälib b. Abi öa'far nach Sa'da. In dessen Bibliothek, so berichtet al-Muhalli wohl etwas übertreibend, befanden sich 12000 Bücher über alle Wissenschaften.381) Al-Muhsin konnte rasch seine Herrschaft über Nagrän, al-öauf, az-Zähir und Tulä ausdehnen. Noch im Jahr 511/1108 erlitten die Sulaihiden eine Niederlage, in der der Sultän Sulaimän b. 'Ämir azZawähi fiel. Der nördliche Jemen entglitt damit der sulaihidischen Herrschaft.382) Im Jahr 513/1119f. aber wurde al-Muhsin in Sa'da 37e

) ) 378 ) 37B ) 328f. W1 ) 382 ) 377

Jüsuf Seine Jüsuf Jüsuf

al-Öiläni, fol. 107f. Genealogie bis zu al-Utrüs wird nicht angegeben. al-Öiläni, fol. 108a. al-Öiläni, fol. 109f. Ü b e r K i s u m vgl. RABINO, RMM ν«*) Al-Muhalli, al-hadä'iq I I fol. 108b. Al-Muhalli, al-hadä'iq I I fol. 108b. A1-HAMDÄNI, as-Sulaüäjün S. 237.

14 Madelung

XXXII

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ermordet. Ein Sarif, der aus Dailamän von Imam Abü Tälib gesandt war, rächte ihn mit Hilfe des Muhammad b. c Uljän und des Amir Gänim b. Jahjä, indem er Sa'da zerstören ließ.383) Abü Tälib al-ahir starb im Jahr 520/1126, und nach ihm trat im zaiditischen Norden ein Interregnum ein.384) Im Jahr 531/1136f. erhob sich in Sa'da ein anderer Nachkomme Ahmad an-Näsirs, cAli b. Zaid b. Ibrahim.385) Er kannte nur ein Drittel des Korans auswendig und nahm deshalb nur das beschränkte Imamat für sich in Anspruch. Aber man gehorchte ihm, und die Gelehrten stellten sich hinter ihn. Er wollte die Bätiniten bekriegen, aber wurde noch im selben Jahr in Sazab getötet. 386 ) Im Jahr 532/1137 f. rief im Jemen al-Mutawakkil 'alä'lläh Abü'l-Hasan Ahmad b. Sulaimän (500— 566/1106—1170), Nachkomme Ahmad an-Näsirs, zur Huldigung auf. Er erfüllte alle Voraussetzungen für das Imamat und führte die jemenitischen Zaiditen in eine neue Glanzzeit. Al-Mutawakkil bekannte sich ohne Vorbehalt zur Einheit der Zaiditen. In seinem Kitäb haqä Hq al-malrifa führt er die kaspischen Imame gleichberechtigt neben den jemenitischen auf.387) Gelegentlich zitiert er an-Näsir al-Utrüä, al-Mu'ajjad und an-Nätiq. Dabei ist er aber in der Dogmatik noch stark der Lehre al-Hädis verhaftet. So läßt er mit al-Hädi den Willen Gottes im Gewollten, der Schöpfung, einerseits und im Gebot und Verbot an die Menschen andererseits aufgehen. Dies, so erklärt er, ist unsere, der Zaiditen, Lehre. Die Mu'taziliten dagegen sagen, Gottes Wille ist nicht das Gewollte, sondern hervorgebracht und befindet sich an keinem Ort. Daß er diese Lehre als die mu'tazilitische der ,,zaiditischen" entgegensetzen kann, ist wohl zunächst mit dem Verschwinden der Bagdader Schule zu erklären. AlMutawakkil erinnert sich ihrer dann aber doch noch und stellt mit zaiditischem Selbstbewußtsein fest: „Ihre Lehre ist wie die unsere."388) Bei der Behandlung der Zwischenstellung meint al-Mutawakkil, Mu{taziliten und Zaiditen stimmten darin überein, daß der Lasterhafte nicht Ungläubiger durch Gottesleugnung (käfir guhüd), sondern Ungläubiger durch Undank (käfir ni'mä) sei.389) Tatsächlich ist al-Mutawakkil, wie schon gezeigt wurde,390) davon überzeugt, daß der erste Meister der Mu'taziliten, Wäsil b. 'Atä', **) Al-Mansür al-Hasan b. Badr ad-din, anwär Ms. Brit. Mus. fol. 181a. Nach al-*ArsI (S. 38) hätte al-Muhsin sich später selbst huldigen lassen. 384 ) Jüsuf al-Öiläni, fol. l i l a . Abü Tälib starb in dem Ort Qitük im Gebiete Tarhigän in Dailamän. s®5) Vgl. al-HAMDÄNi, as-Sulaihijün S. 240. »o«) Al-'Arsi, S. 38f. Haqü'iq fol. 99ff. ω8 ) Haqä'iq fol. 32. **>) A.a.O. fol. 41a. **>) Vgl. oben S. 35 f.

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seine Lehre von der Prophetenfamilie übernahm. Danach, so erklärt er, teilten sich die Mu'taziliten in zwei Gruppen. Die eine behielt die Lehre Wäsils von der Überlegenheit Alis über Abü Bakr, 'Umar und 'Utmän bei und bekannte sich zum Imamat al-Hasans, al-Husains, Zaids und der Brüder Muhammad und Ibrahim. Das sind die Lehrmeister der Bagdader wie Ga'far b. Harb, öa'far b. MubasSir, alGähiz (!) und al-Mursad ( = Abü 'Abd Allah al-Basri!). Sie wurden Si'a der Mu'tazila genannt. Die Zaiditen aber sind die Mu'tazila der Si'a. Sie stimmten den Zaiditen in allen ihren Lehren zu und sagten: „Die gerettete Partei, das sind die Si'a der Mu'tazila und die Mu'tazila der Si'a," das heißt die Zaiditen. Die andere Gruppe sind die Basrer. Sie weichen von uns ab in der Frage des Imamats und des Willens (Gottes) und stimmen mit uns überein in der Frage der Gerechtigkeit, der Einheit, der Wahrheit von Verheißung und Drohung und des Prophetentums. 391 ) Während al-Mutawakkil so für die Einheit der Zaiditen eintrat, war er tatsächlich weit entfernt davon, allgemeine Anerkennung unter ihnen zu finden. Im Jemen bereiteten ihm die Mutarrifiten und Husainiten Schwierigkeiten.392) Die Nachkommen al-Qäsim al-'Ajjänis waren wohl wegen seiner Kritik an ihrem Mahdi gegen ihn aufgebracht. Ende des Jahres 565/Sommer 1170 kam es zum Krieg mit ihnen. Als al-Mutawakkil einmal in kleinem Gefolge ausritt, überfielen sie ihn und entführten ihn nach Masna'at Täfit. Seine Söhne wandten sich um Hilfe an den Herrn von San'ä', 'Ali b. Hätim al-Jämi. Auf dessen Verwenden hin ließen die Qäsimidensarife den Imam frei.393) Im Norden war man auch nicht bereit, al-Mutawakkil anzuerkennen, obwohl es zur Zeit seines Auftretens dort keinen Imam gab.394) Unter al-Mutawakkil schritt die Übernahme der nördlichen Lehren rasch voran. Das erhellt aus den Angaben al-Muhallis über alMutawakkils Lehrer.395) Von den genannten war sein frühester Lehrer vielleicht der Jurist und Gelehrte al-Hasan b. Muhammad, ein Nachkomme al-Murtadäs. Er wird ihn in die Lehre der jemenitischen Hädawlja eingeführt haben. Im Jahr 540/1145f.396) traf der Gelehrte Abü'lHusain Zaid b. al-Hasan b. 'Ali al-Huräsäni al-Baihaqi im Jemen ein. a»1) Al-Mutawakkil, haqäHq fol. l i l a . W3 Vgl. oben S. 201." ) Al-Hazragi, al-'asgad fol. 52b. *") Vgl. unten S. 217. Al-Muhalli, al-hadü'iq II fol. 116a. 396 ) Nach Ibn Häbis, al-maqsad fol. 117a, wäre er erst im Jahr 554/1159 zum Besuch des Grabs al-Hädis nach dem Jemen gekommen. Sulaimän b. Muhammad al-Miswari hörte aber im Ram. 542/Jan.—Febr. 1148 in Sa'da bei ihm die Amäli Abü Tälibs. Ms. Ambros. F 278 fol. 12b. 14*

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Die Rezeption der mu'tazilitischen Schullehre

Al-Mutawakkil, damals schon Imam, studierte bei ihm Theologie und Rechtsgrundlagenlehre (al-usülain). Abü'l-Husain vertrat die Schule al-Häkim al-Gusamis. Er hatte bei dessen Sohn al-Fadl studiert.397) Auf Einladung des Sajjid 'Ali b. cIsä b. Hamza b. Wahhäs398) kam er aus seiner Heimat Baihaq, ,,da er", so erläutert al-Muhalli, „von den Lehren der Mutarrifiten gehört hatte, und daß sie sich auf die Prophetenfamilie berufen." Zwischen Medina und Mekka wurden ihm die meisten seiner Bücher geraubt. Im Jahr 551/1156 traf im Jemen der Rechtsgelehrte cAbd Alläh al-'Ansi al-Jamani aus Gilän und Dailamän „mit dem Wissen der Prophetenfamilie" ein. Bei ihm wird al-Mutawakkil wohl die Lehren der kaspischen Zaiditen studiert haben. Schließlich nennt al-Muhalli noch den Gelehrten Ishäq b. Ahmad b. 08 r—I

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