Der Galaterbrief im Kontext historischer Lebenswelten im antiken Kleinasien [1 ed.] 9783666540509, 9783525540503

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Der Galaterbrief im Kontext historischer Lebenswelten im antiken Kleinasien [1 ed.]
 9783666540509, 9783525540503

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Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments Herausgegeben von Ismo Dunderberg, Jan Christian Gertz, Dietrich-Alex Koch, Matthias Köckert, Hermut Löhr, Joachim Schaper, David Andrew Teeter, and Christopher Tuckett Band 264

Vandenhoeck & Ruprecht

Felix John

Der Galaterbrief im Kontext historischer Lebenswelten im antiken Kleinasien

Vandenhoeck & Ruprecht

Mit 20 Abbildungen Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISSN 2197-0939 ISBN 978-3-666-54050-9 Weitere Ausgaben und Online-Angebote sind erhältlich unter: www.v-r.de © 2016, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Theaterstraße 13, D-37073 Göttingen/ Vandenhoeck & Ruprecht LLC, Bristol, CT, U. S. A. www.v-r.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Satz: textformart, Göttingen

Vorwort

Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2015 von der Theologischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel als Dissertation angenommen. Für die Veröffentlichung wurde sie geringfügig überarbeitet. Die Studie beschäftigt sich mit den Adressaten der epistula ad Galatas. Sowohl aus methodischen Überlegungen als auch aus der bloßen Lektüre des Schreibens heraus ergeben sich in Bezug auf die intendierten Rezipienten eine Reihe offener Fragen. Bekanntlich wird die Lokalisierung ihrer Wohnorte lebhaft diskutiert. Der Frage kommt nicht zuletzt angesichts des Stellenwertes der galatischen Gemeindegründungen bei einer Rekonstruktion der frühchristlichen Missionsgeschichte Gewicht zu. Wie ist ferner das Profil der galatischen Gemeinden einzuschätzen? Welche Faktoren und Motive haben möglicherweise zur Entstehung der sogenannten galatischen Krise, auf die Paulus brieflich reagiert, beigetragen? Wie sind die paulinischen Gemeinden Galatiens im Rahmen ihrer Umwelt zu beschreiben? Bevor Ansätze zur Beantwortung der offenen Fragen formuliert werden können, muss zunächst der lebensweltliche Horizont der paulinischen Gesprächspartner – soweit es die Quellen erlauben – rekonstruiert werden. Dabei profitiert die vorliegende Arbeit vom in den letzten drei Jahrzehnten erfreulich stark angewachsenen Erkenntnisstand der altertumswissenschaftlichen Kleinasienforschung. Das Ziel der Studie besteht letztlich in einem Beitrag zu einer Lektüre des Gal als Akt der Kommunikation mit den Galatern innerhalb ihrer lebensweltlichen Kontexte. Ohne das Zutun Vieler wäre die vorliegende Arbeit nicht zustande gekommen. An erster Stelle ist Dieter Sänger zu nennen. Er hat nicht nur die Bearbeitung des Themas angeregt und mir im Rahmen der Mitarbeit an seinem Lehrstuhl Frei- und Arbeitsraum eröffnet, sondern auch die Entstehung der Studie mit Interesse, Geduld und unter hohem Zeitaufwand begleitet sowie das Ergebnis als Erstgutachter vertreten. Nachhaltig und unermüdlich fördert er seine Schüler und Mitarbeiter, sei es durch zahlreiche Gespräche, die Abfassung von Gutachten, sei es durch Literaturgeschenke oder gemeinsame Kongressbesuche. Das Zweitgutachten zu dieser Studie hat Enno Edzard Popkes übernommen. Als Kommilitonen, Assistentenkollegen, Lehrer, Prüfer, Personalvertreter, Mitarbeiter des Instituts für Neutestamentliche Wissenschaft und Judaistik, der Fachbibliothek und des Dekanats hatten Anteil an Vor-, Entstehungs- und Nachgeschichte der Arbeit: Susanne Barth, Reinhard von Bendemann, Christiane und Alexander Böhm, Philipp David, Matthias R. Hoffmann, Ulrich Hübner, Michaela und Stephan Jannasch, Roberto Jürgensen, Maren Lutz, Stefanie Mende, Andreas Müller, Rolf Langfeldt und seine Mitarbeiter, Swantje Rinker, Hartmut

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Vorwort

Rosenau, Susanne Rudnig-Zelt, Markus Saur, Johannes Schilling, Maike Schult, Daniel Sebastian Syska, Sophie Tätweiler und Ulrich Weber. Ein Reisestipendium gewährte das Graduiertenzentrum der CAU. Die Mitglieder des Treffens der Norddeutschen Neutestamentler gaben in Diskussionen und Gesprächen hilfreiche und motivierende Anstöße. Wertvolle Hinweise und Rückmeldungen stammen von Aitor Blanco Pérez, Benedikt Eckhardt, Dietrich-Alex Koch, Hermut Löhr und Christian Wallner. Altay Coşkun hat mir großzügig umfangreiches Material und in zahlreichen Fällen Rat und Hilfe zukommen lassen. Ein großer Teil der Arbeit verdankt sich dem von ihm an der Waterloo University, Kanada, organisierten Workshop zum antiken Galatien. Jens Börstinghaus stellte umfassendes Bildmaterial zur Verfügung. Die Aufnahme in die Reihe der Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments haben Ismo Dunderberg, Dietrich-Alex Koch, Hermut Löhr und Christopher M. Tuckett ermöglicht. Seitens des Verlages Vandenhoeck & Ruprecht haben Jörg Persch und Moritz Reissing die Publikation betreut. Der Mühe des Korrekturlesens haben sich meine Mutter Ursula Holl-John sowie Maike Schult unterzogen. Allen Genannten gilt mein aufrichtiger Dank. Kiel, März 2016 Felix John

Inhalt I Die Kontextualisierung des Galaterbriefs: Voraussetzungen, Anliegen und Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . 11 1. Die Frage nach dem Kontext des Galaterbriefs . . . . . . . . . . . . . 11 2. Zum jüdischen Kontext des Galaterbriefs . . . . . . . . . . . . . . . 12 3. Die Alternative: Die Frage nach dem kleinasiatischen Kontext des Galaterbriefs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 4. Kontextualisierungen des Galaterbriefs in der Forschung . . . . . . 23 4.1 Die Anfänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 4.2 Entwürfe zur Kontextualisierung des Galaterbriefs . . . . . . . . 26 5. Historische Lebenswelten als Kontexte des Galaterbriefs . . . . . . 30 6. Resümee und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 II Grundzüge historischer Lebenswelten im römischen Galatien . . . . . 33 1. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 2. Naturräumlicher Rahmen und Lebensgrundlagen . . . . . . . . . . 34 3. Von den Anfängen bis zum Vorabend der Provinzialisierung Galatiens 38 3.1 Assyrer und Hethiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 3.2 Die Phryger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 3.2.1 Das phrygische Großreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 3.2.2 Das phrygische Pantheon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 3.2.3 Das phrygische Erbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 3.3 Die jüdische Diaspora in Kleinasien . . . . . . . . . . . . . . . . 46 3.4 Die Regionen des späteren Südgalatiens . . . . . . . . . . . . . . 47 3.4.1 Phrygia Paroreius . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 3.4.2 Lykaonien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 3.4.3 Isaurien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 3.4.4 Pisidien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 3.5 Die Galater: Kelten in Kleinasien . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 3.5.1 „Galater“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 3.5.2 Ansiedlung und Söldnertätigkeiten in Kleinasien . . . . . 55 3.5.3 Die inneren Verhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 3.5.4 Amici populi Romani . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 3.6 Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 4. Lebenswelten in der römischen Provinz Galatia . . . . . . . . . . . . 69 4.1 Die Anfänge unter Augustus und Tiberius . . . . . . . . . . . . 69 4.2 Militärpräsenz, Deduktionen und die Gründung der pisidischen Kolonien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72

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Inhalt

4.3 Straßenbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 4.4 Die „Befriedung“ des Tauros . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 4.5 Südgalatien unter römischer Herrschaft . . . . . . . . . . . . . . 79 4.5.1 Römische Herrschaftsausübung und das Leben in den Städten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 4.5.2 Ein Fallbeispiel: Das pisidische Antiochia . . . . . . . . . 83 4.5.2.1 Lage und Vorgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . 83 4.5.2.2 Die Transformation in eine römische Kolonie . . 84 4.5.2.3 Eine neue provinziale Identität: Im Schatten des Sebasteions . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 4.5.2.4 Bevölkerungspluralismus und soziale Mobilität . . 94 4.5.2.5 Das Menheiligtum Antiochias . . . . . . . . . . . 96 4.6 Die keltischen Stämme unter römischer Herrschaft . . . . . . . 99 4.7 Galatien als Gesamtprovinz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 5. Juden in der Provinz Galatien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 6. Der ländliche Raum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 7. Gottheiten und ihre Verehrer im Zentralkleinasien der frühen Kaiserzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 7.1 Die Gottheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 7.2 Religiöse Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 8. Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 III Die südgalatische Lokalisierung der galatischen Gemeinden . . . . . . 133 1. Die Lokalisierungsfrage: Problemstellung und Forschungsstand . . 133 2. Lösungsversuche jenseits der klassischen Debatte . . . . . . . . . . . 137 3. Phrygia Paroreius, Pisidien, Lykaonien: „Galatien“ . . . . . . . . . . 141 4. „Galater“ in Südgalatien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 5. Südgalatien als Schauplatz der paulinischen Mission . . . . . . . . . 151 6. Die geplante Spanienmission: eine Idee aus Südgalatien? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 7. Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 IV „Hausgemacht“? – Zu Entstehung und Charakter der galatischen Krise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 1. Die Beschneidungskrise und die Frage ihrer Einordnung . . . . . . 161 2. Die galatische Krise und die Verehrung der römischen Herrscher . . 166 2.1 Galaterbrief und Kaiserkult? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 2.1.1 Die literarkritische Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 2.1.2 Beschneidung statt Kaiserkult? . . . . . . . . . . . . . . . . 172 2.1.3 Beschneidung und Kaiserkult? . . . . . . . . . . . . . . . . 174 2.2 Die Evidenz aus der Umwelt der Gemeinden . . . . . . . . . . . 175 2.3 Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177

Inhalt

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3. Die galatische Krise und die Götterkulte Kleinasiens . . . . . . . . . 177 3.1 Die ‚orientalischen‘ Kulte in der Umwelt der Galater . . . . . . . 177 3.2 Furcht vor den Göttern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 3.3 Beschneidung und Kastration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 3.4 Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 4. Zum Einfluss der jüdischen Diasporagemeinden und zum Profil der galatischen Gemeinden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 5. Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 V Die Lebenswelten der galatischen Christusgläubigen . . . . . . . . . . . 194 1. Ekklesia und Lebenswelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 2. Gemeinden Galatiens. Strukturanleihen an der außerchristlichen Umwelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 3. Gemeinden Galatiens. Gegenstrukturen zur umgebenden Welt . . . 199 VI Zusammenfassung und Ertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 1. Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 1.1 Abgekürzt angegebene Quellensammlungen . . . . . . . . . . . 213 1.2 Biblische Bücher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 1.3 Einzelschriften und weitere Textsammlungen . . . . . . . . . . 214 2. Kartenmaterial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 3. Sprachliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 4. Sekundärliteratur und weitere, unter einem Kurztitel angegebene Quellensammlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 Stellenregister (in Auswahl) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249

I Die Kontextualisierung des Galaterbriefs: Voraussetzungen, Anliegen und Vorgehen

1. Die Frage nach dem Kontext des Galaterbriefs Gründe für eine wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Gal müssen nicht lange gesucht werden. Denn die Wirkung dieses Paulustextes in Theologie-, Kirchenund Geistesgeschichte ist kaum zu unterschätzen.1 Der Gal ist handschriftlich seit dem 2. nachchr. Jh. bezeugt und wurde nachweislich bereits seit frühester Zeit rezipiert. Zahlreiche altkirchliche Autoren der vor- und der nachnizänischen Zeit beschäftigten sich mit dem Brief an die Galater und banden ihn in ihre jeweiligen Diskurse ein.2 Erinnert sei auch an die Paulusrezeption der alexan­drinischen und der antiochenischen Schule mit der durch Ambrosius vermittelten, epochemachenden Wirkung auf und durch Augustin.3 Besonders die im Gal erstmals überlieferten4 rechtfertigungstheologischen Aussagen des P ­ aulus können weltgeschichtlichen Rang beanspruchen. Ihre Rezeption durch Martin Luther führte zum zentralen Anliegen reformatorischer Theologie,5 in der Folge aber auch zum Zerbrechen der westlichen Christenheit. Die Reflexion über das gegenwärtige christliche Selbstverständnis kommt an Texten wie dem Gal nicht vorbei. Ist der polemische und im Ton sowie in der Sache scharfe Brief an die Galater falsch verstanden, wenn er als Urdokument einer sich gegen das Andere bzw. die Anderen abgrenzenden christlichen Identitätskonstruktion wahrgenommen wird? Ist er also gegen seine Wirkungsgeschichte neu einzuordnen?6 Wenn ja, bleibt zu fragen: Wie? 1 Betz, Geist, 46, spricht vom Gal als einem der „wichtigsten religiösen Dokumente der Menschheit“. Vgl. auch Mitternacht, Forum, 21–23. 2 Vgl. umfassend Meiser, Galater, 13–42. Zur Textüberlieferung des Gal (ab ca. 200) Betz, Galaterbrief, 53 f; Frey, Galaterbrief, 193; Vouga, Galater, 1. 3 Vgl. Wischmeyer, Rezeption, 360 f; Drecoll, Paulusauslegung; Reinmuth, Paulus, 218–224. 4 Zur Frage der Entstehung der Rechtfertigungslehre s. u. Anm. 17. Zur Datierung des Gal s. u. II Anm. 6. 5 Die Ansicht, reformatorische Theologie bestehe in der Rechtfertigungstheologie, wurde in letzter Zeit kritisch hinterfragt. Doch zeigt beispielsweise Luthers Auslegung von Gal 3,13 ihre zentrale Rolle: Im locus iustificationis comprehenduntur omnes alii fidei nostrae articuli (WA 40/I 441,30). Zur Paulus- bzw. Gal-Rezeption der Reformatoren vgl. Bornkamm, Auslegungen; Mikkonen, Epistle (auch zu Calvin); ferner Reinmuth, Paulus, 224–233; W ­ isch­ meyer, Rezeption, 362 f. 6 Vgl. Kahl, Galatians.

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Die Kontextualisierung des Galaterbriefs

Nicht zuletzt auf Grund der Wirkungsgeschichte des Gal gehört eine präzise Lektüre des Textes innerhalb seiner eigenen Kontexte zu den dringenden Aufgaben der historisch-kritischen Exegese. Hinzu kommt, dass dem Gal eine zentrale Rolle im Rahmen der Rekonstruktion der frühchristlichen Geschichte und der Theologie des Paulus zukommt. Entsprechend produktiv und vielstimmig ist die Forschungsdebatte über den Brief und seine Einordnung.7 Die vorliegende Arbeit versteht sich als Beitrag zur Kontextualisierung des Schreibens an die Galater. Die Aufgabe ergibt sich aus heutiger Sicht aus dem paulinischen Text selber.8 Wie der Brief erkennen lässt, will er als Reaktion auf eine zur Zeit der Abfassung stattfindende Entwicklung in den Gemeinden Galatiens gelesen werden. Die dortigen Christusgläubigen erwogen, sich beschneiden zu lassen und möglicherweise weitere jüdische Identitätsmerkmale zu übernehmen. Die Kontextualisierung des Gal besteht nun in der Klärung einiger Fragen, die der Brief dem heutigen Leser nicht beantwortet. So wird nicht nur seit über hundert Jahren diskutiert, wo die Adressaten des Briefes innerhalb der römischen Provinz Galatien lebten,9 sondern auch, in welchem Zusammenhang die im Brief vorausgesetzte Konfliktsituation primär zu verstehen ist. Handelt es sich dabei um ein endogenes Phänomen, das durch die unmittelbaren Lebensumstände der gala­ tischen Christusgläubigen zu Stande kam und daher vorgängig als lokaler und v. a. als sozialer Konflikt zu charakterisieren ist? Zur Debatte steht dann, wie Prägung und kulturelles, politisches und gesellschaftliches Umfeld der Adressaten des Gal zu bestimmen sind und was diese Erkenntnisse zu einem vertieften Verständnis des Gal beitragen.10 Oder verdankt sich die galatische Krise vielmehr externen Kräften, sodass der Gal auf den jüdischen Kontext des frühen Christentums und damit auf den innerchristlichen Judentum-Diskurs zur Zeit des Paulus verweist?

2. Zum jüdischen Kontext des Galaterbriefs Üblicherweise werden der Gal und die galatische Krise in den jüdischen Kontext des frühen Christentums eingeordnet.11 Dabei stehen sich zwei Forschungsrichtungen gegenüber. Die von ihren Opponenten klassisch oder traditionell genannte12 Position beschreibt die christliche Identität der paulinischen Gemeinden als auf einer grund 7 Tolmie, Research, zählt rund 450 Aufsätze und Bücher zum Gal, die zwischen den Jahren 2000 und 2010 erschienen sind. 8 Dazu s. u. IV 1. 9 Dazu s. u. III. 10 Dazu s. u. III; V. 11 Einen Überblick über die im Folgenden dargestellten Forschungstendenzen bietet auch Stegemann, Paulusexegese. 12 Vgl. Destro/Pesce, Identité, 409: „réponse classique“; Nanos, Myth, 7: „traditional interpretive approach to Paul“.

Zum jüdischen Kontext des Galaterbriefs

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sätzlichen Ebene in Diskontinuität zum Judentum befindlich. Eine Begründungssäule ist hier der Gal innerhalb des im Text vorausgesetzten Problemhorizonts.13 Einem relativen Forschungskonsens zufolge ist die galatische Krise als theologischer Konflikt zwischen Paulus und anderen, vermutlich aus Judäa bzw. Jerusalem stammenden Judenchristen zu begreifen.14 Für sie hätte sich christlicher Glaube dauerhaft nur innerhalb des durch die jüdischen Identitätsmerkmale abgesteckten Rahmens bewegen können. Paulus habe demgegenüber sein Verständnis christlicher Identität formuliert, demzufolge der Glaube an Christus das allein hinreichende – und gerade nicht durch Beschneidung o.ä. zu ergänzende – Konstituens der ekklesialen Identität war. Der Christusglaube gebe Anteil an der Abrahamsverheißung und am endzeitlichen Heil. Bisherige Identitätszuschreibungen seien damit kategorial überboten.15 Auch wenn auf einer soziokulturellen Ebene zur Zeit des Paulus noch kein „Christentum“ bestanden habe – und daher die Annahme eines paulinischen Gegensatzes zwischen Judentum und Christentum von einem Anachronismus ausgehe –, gehöre das rechtfertigungstheologisch fundierte Evangelium des Apostels und damit der Gal in den jüdisch-christlichen Trennungsprozess. Im Hinblick auf Paulus und die paulinischen Gemeinden sei daher festzustellen, dass sie „sich bereits auf jenem Weg befinden, der dann im 2.  Jahrhundert zur christlichen Selbstbezeichnung als ‚drittes Geschlecht der Menschen‘ (tertium genus hominum) neben Juden und Griechen führt“16. Anlässlich der angespannten Situation in Galatien habe der sich außerhalb Galatiens aufhaltende Paulus sich dazu gezwungen gesehen, den Gal zu diktieren und in diesem Text grundsätzlich zu werden, da er den Heilsstand der galatischen Christen in Gefahr gesehen habe.17 Diese Grundsätzlichkeit – und die Weiterentwicklung des Rechtfertigungsgedankens im Röm – erlaube es aus heutiger Sicht, 13 Vgl. die davon zunächst unabhängige Frage nach der Identität des Paulus, seinen Äußerungen über das Judentum und der jüdischen Prägung seiner Theologie: Konradt, Wandel; Lindemann, Paulus; Frey, Identity; Ders., Judentum. 14 Zu den galatischen Gegnern s. u. IV 1. 15 Vgl. Wolter, Paulus, 345–348.406.417–424; Ders., Israelproblem; Sänger, Verständnis des Gesetzes, 163–167; Ders., Galaterbrief, 200 f; Ders., Strategien, 278–281; ferner auch Lindemann, Jesus. 16 Wolter, Paulus, 308 (ähnlich a. a. O. 445); vgl. auch Sänger, Sara, 311 f. Lüdemann, Gründer, 201, spricht von der „neuen Religion“ des Paulus und seiner Gemeinden. Betz, Christianity, weist demgegenüber u. a. im Hinblick auf Gal 6,14 f darauf hin, dass aus einer Binnenperspektive nicht von einer neuen Religion, sondern einem völlig neuen Koordinatensystem auf Grund des Christusglaubens gesprochen werden müsse. 17 Vgl. Gal 1,6 f; 5,2. Diskutiert wird, wann Paulus zu den Einsichten seiner Rechtferti­ gungstheologie gekommen ist bzw. welche Vorgeschichte sie möglicherweise hat (vgl. Wolter, Paulus, 348 f [‚Entdeckung‘ durch Gen 15,6 anlässlich der galatischen Beschneidungsforderung]; Sänger, Adressaten, 224 f [Kontext der antiochenischen Heidenmission]; Burchard, Werken [Vorgeschichte im Jerusalemer Stephanuskreis]; Avemarie, Werke; Theobald, Kanon [zur antiochenischen Herkunft des Satzes von der Glaubensrechtfertigung und insb. zu seiner Wirkungsgeschichte in den neutestamentlichen Schriften]).

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Die Kontextualisierung des Galaterbriefs

auf einer hermeneutischen Ebene von der zentralen Rolle der in dieser Situation formulierten Rechtfertigungstheologie auszugehen, sodass sie als das organisierende Zentrum der paulinischen Theologiebildung zu bezeichnen sei.18 In Abgrenzung zu dieser hier nur exemplarisch vorgestellten Position entstanden unterschiedliche andere Entwürfe, die sich darin einig sind, die Frage nach einer christlichen Identität des Paulus und der paulinischen Gemeinden neu stellen und diese Identität meist stärker in Kontinuität mit dem Judentum begreifen zu müssen. Für die Vertreter der in der Auseinandersetzung mit der eingangs skizzierten, in mehrerer Hinsicht als problematisch empfundenen Wirkungsgeschichte paulinischer Gesetzes- und Rechtfertigungsaussagen entstandenen ‚neuen Paulus­ perspektive‘19 gehörten Paulus und seine Gemeinden zwar zum Christentum, doch ihr ‚Judentum‘ wird in dieser Forschungsrichtung zu einem Schlüssel der Analyse. Die Forschungsrichtung geht auf die Forderung Krister Stendahls zurück, stärker die historischen Entstehungsbedingungen der paulinischen Theolo­ giebildung zu berücksichtigen, was für Stendahl eine theologische Relativierung der Rechtfertigungsaussagen zum Ergebnis hatte.20 Ein nachhaltiges Verdienst der ‚new perspective on Paul‘ besteht ohne Zweifel darin, das lange Zeit in der Paulus-Exegese vorausgesetzte Bild des Judentums neutestamentlicher Zeit als gnadenloser Religion der Werkgerechtigkeit als eine Verdichtung von „negative stereotypes“21 entlarvt zu haben. Die Forderung nach einer Besinnung auf die historischen Entstehungsbedingungen der paulinischen Theologie griff James D. G. Dunn auf und las beispielsweise die Gesetzesaussagen des Gal als von einer innerjüdischen Perspektive her geprägte. Ihnen liege eine spezifische Kritik am zeitgenössischen Toragebrauch 18 So u. a. Wolter, Paulus, 408; vgl. auch Becker, Galater, 16; Ebeling, Wahrheit, 177: „Hier [sc. bei den Rechtfertigungs- und Gesetzesaussagen des Gal] geht es nach Paulus um das Ganze, sowohl was Christus betrifft als auch was uns [sc. alle Christen] betrifft“; vgl. auch a. a. O. VII. Als Teil des neutestamentlichen Kanons wurde so „die story der Galater ein bestimmender Faktor der weltgeschichtlichen Größe des Christentums“ (Betz, Geist, 47). 19 Vgl. zum Überblick Strecker, Paradigmenwechsel; Thielmann, Plight, 1–27; Dunn, Perspective; Frey, Judentum, 35–42; Referate und Postionen bieten u. a. die Bände Bachmann, Paulusperspektive; Westerholm, Perspectives. 20 Vgl. Stendahl, Paulus. Er plädiert dafür, das „‚Original‘“ im Gegenüber zur „‚Übersetzung‘“ (a. a. O. 31) wahrzunehmen. 21 Gerdmar, Roots, 579. Als vielleicht einflussreichster Vertreter des traditionellen, negativen Bildes des Judentums gilt meist Bultmann (differenziert hierzu De Valerio, Judentum, insb. 348–350.363–380; vgl., auch zum geistesgeschichtlichen Hintergrund, Gerdmar, Roots). Eine erneute Beschäftigung mit dem Judentum zur Zeit des Paulus ausgelöst zu haben, ist v. a. Sanders, Paulus (vgl. auch Garlington, Obedience) zu verdanken (vgl. Deines/Hengel, Judaism), auch wenn Methode und Ergebnisse im Einzelnen kritisiert werden können: Die Suche nach übergreifenden Strukturen (hier: Vorstellungen des Gnaden- und Erwählungshandelns Gottes im antiken Judentum) birgt immer die Gefahr der Pauschalisierung und Engführungen (vgl. nur einzelne Ergebnisse des Bandes Carson u. a., Justification; vgl. auch Frey, Judentum, 18 f).

Zum jüdischen Kontext des Galaterbriefs

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zu Grunde. Seine Rechtfertigungstheologie spreche Paulus als „Jew who was also a believer in Messiah Jesus“22. Paulus habe am Toragebrauch die ethnozentrisch motivierte soziale Abgrenzung von den Heiden kritisiert. So versteht Dunn die von Paulus gegenüber den Galatern vorgetragene Ablehnung der ἔργα νόμου.23 Doch jenseits dieser herausgearbeiteten anti-pharisäischen, anti-ethnozen­ trischen Position des Paulus, die sich aus der jüdischen Prägung des Apostels gespeist habe, betont auch Dunn das Novum, das der christliche Glaube und die im Entstehen begriffene christliche Identität gebracht habe.24 Die Dunn’sche Charakterisierung der paulinischen Gesetzespolemik als anti-ethnozentrisch fand Bestätigung durch den von religionswissenschaftlicher Seite geäußerten Hinweis, dass ‚Religion‘ in der Antike keine wie in modernen Gesellschaften eigenständige Größe, sondern vielmehr stets in ethnisch-politische Identitäten eingebettet gewesen sei.25 Vor diesem Hintergrund ist beispielsweise auch der Versuch von Markus Öhler zu sehen, im Hinblick auf Gal 2,11–14, speziell den Petrus gegenüber geäußerten Vorwurf des ἰουδαΐζειν (Gal 2,14), zu zeigen, dass Paulus gegenüber den Galatern gegen ethnisch definierte Identitätskonzepte argumentiere.26 Der Apostel hingegen sei Vertreter der nicht-ethnisch definierten Gruppe der Christusglaubenden: „Es ist von daher nur verständlich, dass Paulus ausgerechnet im Galaterbrief darauf verweist, dass Ethnos in Christus keine Rolle spielt (Gal 3,28)“27. Der Gal sei somit, zumindest im Hinblick auf Gal 2,11–14, ein Dokument eines ethnischen Diskurses. Andere Autoren charakterisieren Paulus als vom Judentum geprägt im Hinblick auf seine eschatologischen Vorstellungen28 oder seine Position in der Beschneidungsfrage, die im Diskurs mit den Galatern eine zentrale Rolle spielt. Für Simon C. Mimouni etwa zeigt die Ablehnung der Beschneidung durch die alexan­drinischen Allegoristen, dass Paulus zu verstehen sei vor „l’arrière-fond culturel et religieux de la position de Paul de Tarse qui affirme que pour ceux qui sont Grecs la croyance au Messie est la seul et unique condition permettant d’acceder au salut“29. Die Kommunikation zwischen Paulus und den Galatern und die strittige Frage nach der Identität der galatischen Gemeinden seien demzufolge weit stärker von jüdischen Diskursen geprägt, als dies die Vertreter der ‚klassischen‘ Position wahrhaben wollten. 22 Dunn, Galatians, 135. 23 Vgl. v. a. Gal 2,16; dazu Dunn, Works; Ders., Galatians, 135–137; ähnlich Malina/ Pilch, Commentary, 178 f. Zur Nähe des Gal zum Judentum vgl. auch Wright, Letter, 211 f. 24 Vgl. Dunn, Paul, 193; Ders., Gospel. 25 Vgl. Oakman, Verhältnis. Zum Begriff „Religion“ Hock, Religionswissenschaft, 10–21; Popkes, ‚Religion‘. 26 Vgl. Öhler, Essen; vgl. auch Asano, Construction, 112 f.145 f. 27 Öhler, Essen, 198 f. 28 Vgl. Thielmann, Plight. 29 Mimouni, Question, 102.

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In neueren Beiträgen radikalisieren einige Autoren auf dem Hintergrund der ‚neuen Paulusperspektive‘ den Verweis auf das ‚Judentum‘ des Paulus und der paulinischen Gemeinden dahingehend, dass sie grundsätzlich die Existenz einer christlichen Identität oder eines ekklesiologischen Propriums der frühen Gemeinden bestreiten. Grundsätzlich hätten sich Paulus und seine Gemeinden daher innerhalb dessen befunden, was man herkömmlich als ‚das Judentum‘ bezeichne (und was differenzierter benannt werden müsse). Im Vergleich zu den übrigen ‚Juden‘ hätten die frühen Jesusgläubigen lediglich eine andere Auffassung von Eschatologie vertreten.30 Die Fragen nach der ‚Religion‘ und dem ethnischen Selbstverständnis der Christusgläubigen spielen bei diesen Interpretationsansätzen wie schon bei den Vertretern der ‚neuen Paulusperspektive‘ eine zentrale Rolle.31 Im Hintergrund stehen die Versuche, den Trennungsprozess von Judenund Christentum nicht mehr als mit Paulus oder gar Jesus einsetzend sowie linear und religiösem Determinismus entsprechend verlaufend zu beschreiben. Dieses lineare Modell beschreibe nämlich einen „process […] of Christianity declaring itself independent of its Jewish origins“32 und führe zur Annahme eines auf wirkungsgeschichtlicher Ebene verheerenden und sachlich unangemessenen Axioms des „triumph of Gentile Christianity“33, das auch die Diversität religiöser Strömungen innerhalb von ‚Judentum‘ und ‚Christentum‘ vernachlässige. Vielmehr wird demgegenüber bei einer historischen Rekonstruktion angemahnt, die jeweiligen Perspektiven der uns zu Verfügung stehenden Quellen zu berücksichtigen. Zu wenig werde aus heutiger Sicht beachtet, wie unklar Selbstverständnisse wie jüdisch, christlich oder heidnisch in der Antike definiert gewesen seien.34 Adriana Destro und Mauro Pesce etwa teilen aus einer kulturanthropologisch geprägten Sicht die Auffassung, Paulus’ Kritik habe sich gegen einen exkludierend-ethnozentrischen ἰουδαϊσμός (vgl. Gal 1,13 f)  gerichtet. Sie charakterisieren daher die spezifische Identität der paulinischen Gemeinden als eine jüdisch grundierte, die nicht als christlich zu bezeichnen sei.35 Paulus habe vielmehr in Kontinuität zum Judentum die Welt für in Juden und Heiden geteilt gehalten. Ein drittes genus Christianum oder eine ein soziales Novum darstellende Ekklesia seien für Paulus schon auf Grund seiner eschatologischen Naherwartung nicht denkbar gewesen. Daher hätten sich seine Gemeinschaften vergleichsweise weit jenseits aller ethnisch definierten Grenzen der Umwelt gegenüber öffnen können. 30 Vgl. Cillières, „Chrétienne“, 251: „L’identité chrétienne, s’il en est une, se voit réduite à peu de choses“. 31 Vgl. etwa Boyarin, Differences. 32 Kraft, Weighing, 87; vgl. auch Broadhead, Ways, 390: „Indeed, Christianity probably could not define itself in isolation from Judaism; the discontinuity is meaningful only in relation to some framework of continuity.“ 33 Broadhead, Ways, 372. 34 Vgl. Goodman, Parting, 119. 35 Vgl. Destro/Pesce, Identité.

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Aus einer jüdischen Innenperspektive36 betont schließlich Mark D. Nanos den eschatologischen Gehalt der Theologie des Paulus, den er samt seiner Gemeinden als konsequent toraobservant und daher als Phänomen des antiken Judentums darstellt. Auch Nicht-Juden hätten in Form eines Gaststatus am Leben der christusgläubigen Gemeinschaften innerhalb der Synagogen partizipieren können, ohne Proselyten werden zu müssen. Diesen in die Synagogengemeinschaft eingebundenen Nicht-Juden seien gelegentlich Probleme erwachsen, so in An­ tiochia37 oder – nach Nanos’ Rekonstruktion der galatischen Krise – im Gegenüber zur heidnischen Umwelt in Galatien.38

3. Die Alternative: Die Frage nach dem kleinasiatischen Kontext des Galaterbriefs In den zurückliegenden zwanzig Jahren haben Exegeten verstärkt versucht, Alternativen zum Judentum-Diskurs als Referenzrahmen der Interpretation des Gal aufzuzeigen. Sie gingen von dem aus ihrer Sicht bestehenden Missstand aus, dass die bisherige wissenschaftliche Diskussion über den Gal die Adressaten des Schreibens, die „Galater“, sprich: die Angehörigen der „Gemeinden Galatiens“,39 faktisch unberücksichtigt lasse.40 Ihrem kulturellen Hintergrund und ihrer Situation gebühre aber eine zentrale Rolle bei der Rekonstruktion der Kommunikation zwischen Briefsteller und Adressaten.41 Richtig ist, dass der Brief primär als Akt der Kommunikation zwischen Paulus und den Galatern zu verstehen ist, eine freilich nie unbekannte,42 aber bei der Auslegung und v. a. Einordnung des Schreibens nicht immer konsequent berück 36 Zur gegenwärtigen jüdischen Wahrnehmung des Paulus vgl. Reinmuth, Perspektive; Eisenbaum, Footnotes. 37 Vgl. Nanos, Myth, 2–14. 38 Vgl. Ders., Irony. 39 Vgl. Gal 1,2; 3,1. 40 Vgl. etwa Oh, Setting, 8 f.15. 41 Vgl. Elliott, Cutting, 3; Arnold, Astonished, 430: „The religious background of the readers of Galatians is a topic that has been little explored in the literature. Most studies reach no further than a discussion of the north versus south Galatia issue, and perhaps some discussion of the Celts who migrated into central Anatolia in the third century BC“. 42 Vgl. nur Walter, Opponents, 366; Martyn, Galatians, 349–352; Becker, Galater, 10: Die Galater sind Paulus’ „Gesprächspartner. Die Gegner urteilt er nur barsch ab, ohne sie anzureden“. Sie sind allenfalls als Nebenadressaten des Gal zu bezeichnen. – Bereits die antiken Ausleger des Gal begannen ansatzweise, sich für die Adressaten und ihre Situation zu interessieren. Vgl. Meiser, Galater, 37. Augustin etwa leitet seinen Gal-Kommentar mit Bemerkungen über die galatische Situation ein (vgl. exp. Gal. I 1–6); auch Formulierungen wie Quod in ipsis Galatis accidisse uult apostolus, nam ad hoc pertinet … (exp. Gal. XVIII 3; zu Gal 3,1) zeigen, dass der Kommentator Interesse für die Gesprächssituation zwischen Paulus und den Galatern hat.

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sichtigte Tatsache. Erwägungen zu den Adressatenmilieus spielen daher bei der Behandlung der Einleitungsfragen zum Gal meist allenfalls eine Nebenrolle.43 Demgegenüber gilt die Aufmerksamkeit der historischen Einordnungen primär den Gegnern des Paulus, die für die galatische Beschneidungskrise verantwortlich gemacht werden.44 Dabei droht aus dem Blick zu geraten, dass die Argumentation des Briefes zunächst den galatischen Christusgläubigen gilt.45 Die eingangs geforderte Lektüre des Gal innerhalb seiner historischen Kontexte kann daher auf die Berücksichtigung der Adressaten, ihrer Voraussetzungen und ihrer Situation nicht verzichten. Zu stellen ist also die Frage nach dem Gal im Kontext seines Adressatenmilieus im antiken Kleinasien. Zugunsten der Programmforderung, die Rolle der Adressaten bei der Auslegung des Gal ernst zu nehmen, lässt sich eine Reihe von weiteren Argumenten anführen. So ist eine Kontextualisierung des Gal innerhalb des antiken Galatiens auf den interdisziplinären Austausch mit den historischen Nachbarwissenschaften verwiesen. Dabei ist zu beachten, dass die altertumswissenschaftliche Kleinasienforschung in den zurückliegenden zwei Jahrzehnten weitreichende Fortschritte zu vermelden hat.46 Bis in die zweite Hälfte des 20. Jh. hinein existierten zum zentralkleinasiatischen Raum lediglich Einzelforschungsarbeiten, zwar von grundlegendem Charakter, aber sowohl im Detail als auch in manchem Urteil der Revision bedürftig.47 Steven Mitchell legte in zwei Bänden erstmals im Jahr 1993 eine Synthese vor.48 Seitdem erschien eine ganze Reihe epigraphischer, archäologischer und althistorischer Arbeiten, von denen hier nur ein kleiner Teil genannt werden kann. Zu denken ist etwa an die archäologischen Untersuchungen in einzelnen Städten der Taurosregion im Süden der römischen Provinz Galatien49 oder in den Territorien der keltischen Galater, z. B. in Tavium.50 Karl­ Strobel führte die Erforschung der keltischen Galater auf eine neue Ebene, indem er Modelle der Ethnogenese einbrachte und gegen die sich z. T. bis in die moderne 43 Vgl. etwa Sieffert, Galater, 6: „[F]ür die theologischen Interessen ist die Frage, wo die ‚Gemeinden Galatiens‘ zu suchen sind, an welche der Ap. P. schreibt“ (Hervorhebungen i.O.), wichtiger als Erwägungen zu ihrem kulturellen Hintergrund und ihrer gegenwärtigen Lage. Die einschlägigen Kommentare belassen es meist bei einem Überblick zu den nach Kleinasien eingewanderten Kelten und bei Erwägungen zur Lokalisierung der galatischen Gemeinden innerhalb der Provinz Galatien. 44 Longenecker, Galatians, LXXXIX : „So much has been written on the identity of Paul’s opponents in Galatia“. Vgl. etwa a. a. O. LXXXIX–C; Mussner, Galaterbrief, 1–29. 45 S. u. IV 1. 46 Vgl. als umfassende Zusammenstellung Coşkun, ‚Anatolia‘ (Lit). 47 Vgl. etwa Stähelin, Galater; Bosch, Quellen; Levick, Colonies, aber etwa auch­ Waelkens, Türsteine. 48 Vgl. Mitchell, Anatolia I; Ders., Anatolia II; jetzt auch Schwertheim, Kleinasien; Marek, Geschichte. 49 Vgl. Waelkens (Hg.), Sagalassos I–III; Mitchell, Cremna; Ders./Waelkens, Antioch; Drew-Bear u. a. (Hg.), Actes; Gazda/Ng (Hg.), Rome. 50 Vgl. Gerber/Strobel, Tavium; Gerber, Tavium; Strobel, Meilensteine.

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Geschichtsschreibung fortsetzende Tendenz anschrieb, die Galater als rauhe und unzivilisierte Barbaren zu betrachten.51 Altay Coşkun legte in zahlreichen Detailstudien eine neue Gesamtsicht der Geschichte der im 3. Jh. v. Chr. nach Kleinasien gekommenen Galater vor, indem er manche Ansätze Mitchells und Strobels aufgriff, andere neu bewertete. Dabei betont er die kulturellen Eigenheiten, die er für eine nur langsame Integration der Galater in die Strukturen des römischen Imperiums verantwortlich macht.52 Nicht nur die galatische Kultur, sondern etwa auch die phrygische Tradition und ihre Nachwirkungen haben die Aufmerksamkeit der Forscher auf sich gezogen.53 Zahllose Einzelpublikationen und einige Corpora ermöglichen mittlerweile den Zugang zu den einschlägigen Inschriften. Die erschienenen Sammlungen konzentrieren sich auf Städte bzw. Regionen54 oder versammeln beispielsweise religiöse Texte.55 Angesichts dieser erfreulichen Blüte der Kleinasienforschung, die von sich aus die Frage nach dem kleinasiatischen Kontext des Gal erneut aufwirft, überrascht in einer interdisziplinären Perspektive, dass der Gal des Paulus außerhalb des bibelwissenschaftlichen Diskurses nur vergleichsweise geringe Aufmerksamkeit auf sich zieht.56 Dabei droht aus dem Blick zu geraten, dass es sich bei dem Text nicht nur um eine Quelle über das älteste Christentum in Kleinasien, sondern auch um einen der wenigen umfangreicheren Texte handelt, die mit dem 1. Jh. in Zentralkleinasien zu verbinden sind.57 Mag die Hintanstellung des Gal im Einzelfall berechtigt und der zunehmenden Spezialisierung der einzelnen Wissenschaftsdisziplinen geschuldet sein, so muss eine kontextuelle Lektüre des Gal doch auch zur Profilierung des Standorts der galatischen Gemeinden innerhalb der Kultur- und Religionsgeschichte Kleinasiens führen. Schließlich ist aus Erwägungen zu den methodischen Grundlagen neutestamentlicher Exegese heraus gut zu begründen, dass sich bei einer Lektüre des Gal auch die Frage nach den Kontexten der Adressaten stellt. Lange Zeit konzentrierte sich die Exegese auf die Verfasserperspektive der zu behandelnden Schriften. Für diesen Leitgedanken sprach, dass es die Autorenschaft war, die nach den Gesetzen des (entstehenden) neutestamentlichen Kanons besondere, theologisch 51 Vgl. v. a. Strobel, Aspekte; Ders., Geschichte; Ders., Keltensieg; Ders., Eigenart; Ders., Staatenbildung; Ders., Identität. 52 Vgl. v. a. Coşkun, Ende; Ders., Edikt; Ders., Ortsnamen; Ders., Forschungen zum Kaiser­kult; Ders., Ankyraner Kaiserkult; Ders., Annäherungen; Ders., Historie; Ders., Belonging. 53 Vgl. nur Kealhofer (Hg.), Archaeology; Strobel, Fragen; Lochman, Studien. 54 Vgl. nur French, Inscriptions; Strubbe, Inscriptions; RECAM III–V. 55 Vgl. etwa Petzl, Beichtinschriften. 56 Die beeindruckende Gesamtschau der Geschichte des antiken Kleinasiens von Marek, Geschichte, 652 f, widmet dem Gal nur einen Absatz, der auf die Lokalisierungsdiskussion hinweist und die Frage nach dem kulturellen Kontext nur anreißt. 57 Vgl. noch Ramsay, Commentary, 197: „The epistle to the Galatians is a document of the highest importance for students of history“.

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definierte Bedeutung genoss.58 Die paulinischen Schriften erlangten kanonische Autorität (neben ihrer Funktion als Urkunde von Christusglaube und -verkündi­ gung) durch das Apostolat ihres Verfassers.59 In der modernen, insbesondere durch die romantische Literaturauffassung60 beeinflussten Exegese galt die historische Rekonstruktion der intentio auctoris über die Erhellung der Voraussetzungen der Textproduktion als vornehmste Aufgabe. Besonders Paulus bot sich hier an, da er in seinen Briefen vergleichsweise viel über sich preis gibt.61 Über die historischen Adressaten etwa des Gal – angefangen beim Problem ihrer Lokalisierung in Kleinasien – wusste und weiß man dagegen auf Grund der Quellenlage recht wenig.62 Der Bevorzugung der Autorenperspektive entsprach die Orientierung an der Auseinandersetzung des Verfassers mit seinen Gegnern als Grundpfeiler der historischen Rekonstruktion der Briefsituation, eine Konzeption, die naturgemäß eine Nähe zur Kontextualisierung des Gal innerhalb des Judentum-Diskurses aufweist.63 Bereits die altkirchlichen Paulusrezipienten bemühten sich um eine Charakterisierung der Gegnerschaft des Apostels in Galatien.64 Denn auf Grund des polemischen Charakters eines Briefes wie des Gal bot diese Perspektive Aktualisierungsmöglichkeiten in eigenen apologetischen oder antihäretischen Diskursen. Die historisch-kritische Forschung des 19. Jh. widmete sich ebenfalls umfassend der Rekonstruktion der galatischen Opponenten.65 Hypothesen über die Gegnerfront bzw. -fronten des Paulus waren integraler Bestandteil von Gesamtdeutungen frühchristlicher Geschichte überhaupt, etwa in der Tübinger Schule. Für Ferdinand Ch. Baur spiegelte der galatische Konflikt den prinzipiellen Antagonismus zwischen Juden- und Christentum innerhalb der frühen Christenheit wider. Nicht zuletzt auf Grund des von Baur seiner historischen 58 „Um zu bestimmen, ob eine Schrift in das Neue Testament gehörte, fragte man nach ihrer Apostolizität“ (Metzger, Kanon, 239; zu den notae canonicitatis a. a. O. 238–241). Zur Apostolizität (allgemein und bei Paulus) als Kriterium der Kanonbildung aus heutiger Sicht v. Campenhausen, Entstehung, 380; Cullmann, Tradition; Ludlow, Criteria, 74–78 (vgl. den demgegenüber erweiterten Apostolizitätsbegriff von Ziegenaus, Kanon, 184 f). Die Sammlung der Paulusbriefe (vgl. Lindemann, Sammlung) muss in den Rahmen der Vorgeschichte der­ Kanonbildung eingeordnet werden. 59 Vgl. nur Frey, Apostelbegriff, 149–156; zur historischen Entwicklung a. a. O. 138–149. 60 Vgl. Schmitz, Literaturtheorie, 101. 61 Zu Paulus als Autor vgl. Wischmeyer, Autor. 62 Dieses Problem ist bereits in der Gal-Rezeption in der Alten Kirche zu beobachten, vgl. Meiser, Galater, 41 f; Sänger, Adresse, 237 f. 63 S. o. 2. 64 Dabei kamen die Alten zu ähnlichen Ergebnissen wie die moderne Forschung: „Die Beschreibung der Gegner des Paulus seitens der altkirchlichen Kommentatoren ähnelt in vielem der heutigen Auffassung“ (Meiser, Galater, 42). Vgl. zum Überblick a. a. O. 13–41 (Alte­ Kirche); Eckert, Verkündigung, 1–3. 65 Vgl. die Überlicke von Ellis, Opponents; Lang, Gegner, 417 f; Eckert, Verkündigung, 4–18; Theissen, Gegenmission, 277–281.

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Betrachtung zu Grunde gelegten philosophischen Systems steht bei ihm der Paulus-­Gegner-Konflikt im Zentrum des Interesses.66 Die exegetische Diskussion über die Gegner des Paulus in Galatien hielt auch im 20. Jh. an und dominierte, wie bereits angedeutet, die Suche nach dem (religions-)geschichtlichen Standort des Gal.67 Die traditionelle Orientierung an der intentio auctoris als alleinigem Paradigma der Textinterpretation wurde im 20. Jh. durch Anregungen aus der Literaturwissenschaft in Frage gestellt. Insbesondere bei der Deutung fiktionaler Erzähltexte gelangte man zu der Erkenntnis, dass sich die Interpretation nicht in der Erhebung der im Text niedergelegten Bedeutungsgehalte erschöpfen könne. Als problematisch wurde der Wahrheitsanspruch von Interpretationen im Zusammenhang mit der Rolle des Interpreten erkannt. Die rezeptionsästhetische Perspektive, aufbauend auf den Erkenntnissen der Semiotik, lenkte daher das Interesse auf den Leser als Subjekt des – in diesem Fall durch einen schriftlichen Text vermittelten – Kommunikationsvorganges.68 Das in den Blick gekommene Geschehen zwischen Text und Leser unterstreicht damit ebenfalls den Werkcharakter des  – nunmehr als autonom zu bezeichnenden  – Textes. Statt nach der­ intentio auctoris suchte man daher nun nach der intentio operis, weswegen folgerichtig vom ‚Tod‘ des Autors nach Abschluss der Textproduktion gesprochen werden konnte.69 Zur leser- bzw. rezipientenorientierten Kommunikationstheorie hat u. a. Umberto Eco wichtige Beiträge geliefert.70 Eco geht in Abgrenzung von stärker strukturalistisch und linguistisch orientierten Ansätzen davon aus, dass (verstehendes) Lesen eines Textes mehr bedeute als mit Hilfe des Codes, d. h. der Sprachkompetenz, die nach den Regeln dieses Codes im Text niedergelegte Botschaft Satz für Satz aufzunehmen. Lesen erfordere vielmehr Mitarbeit und sei aktive Konstruktion, die geschehe, indem mittels der so bezeichneten Enzyklopädie im Text implizite Bezüge wahrgenommen, Leerstellen gefüllt und implizite Kontexte rekonstruiert würden. Eco selber schob der gänzlichen Vernachlässigung des Autors und einer dadurch möglicherweise bis zur Willkür reichenden Konstruktionstätigkeit des Rezipienten (und damit der rekonstruierenden Erforschung der textlichen Kommunikationssituation) aber einen Riegel vor, indem er die Rolle des Autors im Rahmen seines Kommunikationsmodells würdigte. Die Intention des Autors zeige sich in dessen Strategie, mittels des Textes die Rezeptionsarbeit des Lesers zu steuern. So zeige ein Text seinen topic, seine unverkennbare globale Aussageintention und limitiere auf diese Weise die Interpretationsmöglichkeiten des Lesers: „Ein Text ist nichts anderes 66 Vgl. etwa Baur, Geschichte, 53–62.100 f; dazu auch Landmesser, Paulusinterpret, 165.174–177. 67 Zur heutigen Diskussion s. u. IV 1. 68 Vgl. Bühler, Plädoyer, 178; Warning, Rezeptionsästhetik, 9 f; Simon, Rezeptionstheorie, 16–19; Iser, Akt; Müller, Verstehst, 121–134. 69 Vgl. nur Ricœur, Text, 81; Foucault, Autor; Barthes, Death. 70 Vgl. Eco, Lector; ferner Iser, Appellstruktur; Körtner, Einführung, 83 f.

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als die Strategie, die den Bereich seiner – wenn nicht ‚legitimen‘, so doch legitimierbaren – Interpretationen konstituiert“71. Anstelle von Engführungen sollten daher produktions-, darstellungs- und rezeptionsästhetische Ansätze als komplementäre – und nicht exklusive  – Zugangsmöglichkeiten zu einer historischen Kommunika­ tionssituation verstanden werden.72

Diese Einsichten stellen nicht nur die Beschäftigung mit modernen Erzählungen auf einen neuen Theoriegrund. Sie lassen sich auch auf andere Literaturen übertragen, wo sie ein der Interpretation sachdienliches Theorieangebot zur Verfügung stellen, beispielsweise im Fall einzelner Texte der klassischen Antike.73 Auch die biblische Exegese kann davon nicht unbeeinflusst bleiben. Die zahlreichen rezeptionsästhetisch orientierten exegetischen Neuansätze treffen sich darin, dass sie in synchroner Perspektive besonders die Endgestalt des Textes im Blick haben. Neutestamentliche Exegese, die sich weder auf die Erhebung der intentio auctoris beschränkt noch von einer völlig beliebigen Sinnkonstruktion durch die Rezipienten ausgeht,74 setzt mit der Analyse der „Welt hinter dem Text“ ein,75 sprich: bei den in die Textproduktion einfließenden Traditionen und Voraussetzungen, zu denen auch das Bild zählt, welches sich der Autor von den intendierten Rezipienten macht. Der Text selber erscheint dann als Spiegel der in ihm angelegten Strategien zur Leserlenkung, sodass er sich der „Welt vor dem Text“ stellen kann, der Rezeption durch die Adressaten innerhalb ihrer Kontexte. Bei allen nachzuvollziehenden Stadien der Textproduktion und -rezeption spielen also die intendierten Adressaten und ihre Kontexte eine Rolle. Sie sind nicht nur durch die „impliziten Angaben und Anreden im Text“76 greifbar, sondern auch durch die extern zu gewinnenden „zusätzlichen Informationen“77 über die Welt der Adressaten. Die Lektüre einer neutestamentlichen Schrift in ihrem historischen Kontext bezieht daher, soweit wie möglich, die Adressaten und ihre Welt ein.

71 Eco, Lector, 73. Ähnlich Simon, Rezeptionstheorie, 28. Zur neu gewürdigten Rolle des Autors auch Bühler, Plädoyer; ferner Jannidis u. a. (Hg.), Rückkehr. 72 Vgl. zu den jeweiligen Ansätzen Simon, Rezeptionstheorie, 27–50. 73 Vgl. Schmitz, Literaturtheorie. Zur Frage der Übertragbarkeit moderner Theorien auf antike Texte vgl. a. a. O. 16 f. 74 Betont gegen diese letztere Extremposition Wolter, Autonomie (vgl. auch Schmitz,­ Literaturtheorie, 151). 75 Vgl. Röhser, Welt (ähnlich van Iersel, Mark, 16–21). 76 Röhser, Welt, 286. 77 Ebd.

Kontextualisierungen des Galaterbriefs in der Forschung

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4. Kontextualisierungen des Galaterbriefs in der Forschung 4.1 Die Anfänge Die durch die Rezeptionsästhetik und durch neuere Erkenntnisse der Galatienforschung angeregte Frage nach dem Gal innerhalb seiner kleinasiatischen Kontexte hat forschungsgeschichtliche Vorläufer. Auch wenn sie von teils überholten Vorgaben ausgingen und ihre Gesamtbeurteilungen nicht mehr Gegenstand der heutigen Debatte sind, wiesen sie doch auf Themenstellungen hin, die in veränderter Form immer noch bearbeitet werden. Zu nennen ist etwa der 1865 erschienene Kommentar des Bischofs und Bibelwissenschaftlers Joseph B. Lightfoot.78 Bei den im Gal Angeschriebenen könne es sich, so Lightfoot, nur um die Nachfahren der nach Kleinasien gekommenen Kelten handeln. Von Paulus’ Aufenthalt bei ihnen berichte Act 16,6; 18,23.79 Das seinerzeit verfügbare Wissen über die Galater Kleinasiens versuchte Lightfoot für seine Rekonstruktion der galatischen Krise nutzbar zu machen. Besonders der Charakter der Kelten allgemein und der Galater Kleinasiens im Speziellen sei relevant für das Zustandekommen der galatischen Krise gewesen. Auch wenn die Galater zur Zeit des Paulus als bereits ansatzweise zivilisiert gelten könnten, „beneath the surface the Celtic charakter remains still the same, whether manifested in the rude and fiery barbarians who were crushed by the arms of ­Caesar, or the impetuous and fickle converts who call down indignant rebuke of the A ­ postle of the Gentiles“80. Die charakterlichen Schwächen der barbarischen Galater hätten demnach nicht nur zu den von Paulus angeprangerten Unsitten, etwa μέθαι und κῶμοι (Gal 5,21), oder der Tendenz zur Gotteslästerung (vgl. Gal 6,7) geführt, sondern auch zur positiven Aufnahme der von außen an sie heran­getragenen Beschneidungsforderung. Damit folgt Lightfoot der zeitgenössischen althistorischen Forschung dahingehend, dass er die Barbarentopik der griechischen und römischen Quellen übernimmt.81 Aus heutiger Sicht ist freilich nicht nur die Begründung der Lokalisierung der Galater allein mit Hilfe der Act fraglich,82 sondern auch die mentalitätengeschichtliche Charakterisierung der Galater. Hier hat 78 Vgl. Lightfoot, Galatians, insb. 292–374. Zu Lightfoot (und seiner Beziehung zur­ Tübinger Schule) vgl. Hengel, Bischof; Treloar, Lightfoot. 79 Vergleichbar etwa mit Mysien, Phrygien oder Pisidien bezeichne Γαλατία in Act 16,6; 18,23 die historische Landschaft im Sinne des anatolischen Keltenlandes (vgl. etwa Act 14,24), so Lightfoot, Galatians, 18–27. 80 A. a. O. 13 (ähnlich Sieffert, Galater, 5). Lightfoot bezieht sich auf antik-ethnologische Aussagen wie Caes. Gall. II 1, der von der [m]obilitate et levitate animi der Kelten spricht, vgl. auch Liv. XXXVIII 17,9; Tac. ann. XI 18; Diod. V 31. 81 S. u. II 3.5.2; III 4. 82 S. u. III 1.

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ein kritischer Umgang mit den Quellen dazu geführt, sich von den Barbaren­ klischees zu lösen und das Bild der Galater als unzivilisierte Wilde zu revidieren. Jenseits der aus heutiger Sicht methodisch problematisch erscheinenden Rekonstruktion Lightfoots wird aber zu fragen sein, ob der Gal Beeinflussungen durch den antiken Barbarendiskurses aufweist.83 William M. Ramsay, als Altertumswissenschaftler einer der großen Kleinasienund Urchristentumsforscher des 19. Jh.,84 ist in seiner historischen Einordnung der galatischen Krise und des Gal85 an ähnlichen Fragen wie Lightfoot interessiert, kommt aber zu diametral entgegengesetzten Ergebnissen. Ramsays Position ist von dem Bestreben bestimmt, die südgalatische Lokalisierung der Adressaten des Gal zu belegen, indem einerseits die Möglichkeit der Harmonisierung der Angaben des Gal mit dem in Act 13 f; 16,6; 18,23 Geschilderten und andererseits eine speziell südgalatische Prägung der Adressaten des Gal (und damit auch der galatischen Krise) behauptet werden. Die Vorgeschichte des Gal und die Kommunikation zwischen Paulus und den Galatern rekonstruiert Ramsay folgendermaßen: Gal 4,13 zeige, dass der Gal zwei Besuche des Apostels bei den Gemeinden voraussetze. Der erste, der zur Gründung der Gemeinde geführt habe, sei aus Paulus (und Barnabas’!) Sicht überaus erfolgreich verlaufen (vgl. Gal 4,15; 5,7; Act  13 f).86 Die Galater im pisidischen Antiochia, in Ikonium, Lystra und Derbe hätten das eine, beschneidungsfreie, antiochenische Evangelium angenommen, das Paulus gleichsam in persona verkörpert (vgl. Gal 2,14–21) und durch die Zitatenkombination von Hab 2,4 und Gen 15,6 (vgl. Gal 3,6.11) im Rahmen seiner Gründungspredigt untermauert habe. Die erneute Bereisung Südgalatiens (vgl. Act 16,6)87 habe der Bekanntmachung der Beschlüsse des Apostelkonvents gedient. Paulus habe gleichzeitig durch die Bekräftigung seiner Erstpredigt (vgl. Gal 1,6.9; 5,3.7) – zunächst – erfolgreich das Missverständnis der Galater abgewendet, er predige nun ein anderes, ein judaisierendes Evangelium (für Ramsay etwa aus Gal 5,11 hervorgehend). Doch dieser Erfolg der zweiten Galatienreise sei nicht von langer Dauer gewesen. Aufgewiegelt durch Fremdmissionare, hätten die Galater sich nun die Beschneidung und eine partielle Gesetzesobservanz gewünscht, um sich hierdurch von der umgebenden Gesellschaft abzugrenzen, um ethischen Missständen in ihrer Mitte zu begegnen und Vervollkommnung ihres christlichen Glaubens zu erlangen.88 Mit diesen Nöten hätten sich die Galater an Paulus gewandt, vermutlich durch (einen) von Timotheus überbrachte(n)

83 S. u. III 4. 84 Vgl. Gasque, Ramsay 85 Vgl. Ramsay, Commentary. 86 Vgl. a. a. O. 19 f.86 f.96.134–155. 87 Vgl. a. a. O. 28 f.142 f. 88 Vgl. a. a. O. 165.168.

Kontextualisierungen des Galaterbriefs in der Forschung

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Brief(e), aus dem/denen Paulus vor allem in Gal 4 f immer wieder zitiere bzw. welche(n) er in diesen Kap. des Gal beantworte.89 Vor dem Hintergrund seiner Rekonstruktion der kulturellen Gegebenheiten der Regionen der Provinz Galatien zur Zeit des Paulus90 versucht Ramsay nun umfassend zu zeigen, dass der Gal des Paulus eindeutig eine kulturelle, soziale und religiöse Vorprägung seiner Adressaten voraussetze, die aus Paulus’ Sicht auch zum Zustandekommen der galatischen Krise beigetragen habe. Diese Prägungen ordnet Ramsay als phrygisch-orientalisch (bzw. phrygisch-hellenistisch) ein, sodass sie die Lokalisierung der Adressaten des Gal im phrygisch geprägten Süden der Provinz Galatien belegten (gegen Lightfoot). Zu nennen seien die durch Ritualismus, eine strenge Priesterhierarchie und ekstatische Momente, besonders im Kult der phrygischen Bergmuttergöttin (daher die Bemerkung in Gal 5,12), gekennzeichnete vorchristliche Religion der Galater, die typisch phrygisch-orientalische Wankelmütigkeit und Hitzigkeit (daher der scharfe Ton des Paulus etwa in Gal 1,6–10) und die phrygischer Tradition gemäße exponierte Rolle von Frauen (daher Gal 3,28).91 Auch gehe Paulus auf Missstände unter den Galatern ein, die der Einfluss des Hellenismus in Südgalatien (das sog. Nordgalatien hält Ramsay für unhellenisiert) bewirkt habe, etwa Streitigkeiten.92 Schließlich konstatiert Ramsay, dass der in Act 18,23 berichtete erneute Besuch in Südgalatien zeige, dass Paulus die Krise unter den Galatern erfolgreich habe beseitigen können.93 Von der material- und kenntnisreichen Arbeit Ramsays ausgehend, bleibt nicht zuletzt die Klärung der Nord-/Südgalatien-Frage, auch vor dem Hintergrund kultureller Gegebenheiten in Kleinasien, als unerledigte Aufgabe.94 Kritisch zu hinterfragen ist aber, ob Ramsay nicht ein vorurteilsgeleitetes Bild der kulturellen und religiösen Situation im antiken Galatien voraussetzt und daher zu aus heutiger Sicht unzulässigen Schlüssen kommt.95 Schließlich ist die 1919 publizierte Studie von Wilhelm Lütgert96 zu nennen, deren Hauptziel im Erweis einer doppelten Gegnerschaft des Paulus in Galatien besteht. Zunächst, so Lütgerts Rekonstruktion, hätten sich einen übersteigerten Paulinismus predigende Enthusiasten in die – nordgalatischen – Gemeinden eingeschlichen, Paulus als vorgeblich gesetzlich gewordenen Libertinisten zu diskreditieren versucht (vgl. Gal 5,11) und Praktiken heidnischer Kulte propagiert 89 Vgl. v. a. Gal 4,12–21; 5,2–4.13–15; dazu Ramsay, Commentary, 156.159.165.180–182. 90 Vgl. a. a. O. 197–340 (in der Originalausgabe vor die Kommentierung des Gal gestellt). 91 Vgl. a. a. O. 26 f.29 f.36 f.78–80.128.132 f.163 f.167 f.177–170. 92 Vgl. a. a. O. 169–176. 93 Vgl. a. a. O. 192–194. 94 S. u. III 5. 95 S. u. IV 3.1. 96 Vgl. Lütgert, Gesetz. Zum Folgenden a. a. O. 104 f. Lütgerts Modell widerspricht der wirkmächtigen Baur-These (s. o. 3.). Eine Aufnahme der Gedanken Lütgerts findet sich bei­ Ropes, Problem.

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(vgl. Gal 4,8; 5,12). Gal 5,12 rekurriere auf die allgemein bekannten Praktiken der in Galatien beheimateten Μήτηρ-Priester, deren „mystische[n] Rausch“97 die Enthusiasten den Galatern hätten schmackhaft machen können. Dieses Heidnisch-Werden der Gemeinden habe den Unmut der örtlichen Juden erregt, die mit Verfolgung der Gemeinden reagiert hätten. In dieser Situation hätten dann judaisierende Judenchristen den Gemeinden die Beschneidung aufdrängen wollen. Diese „beiden Fronten“98, heidnisch beeinflusste Enthusiasten und tora­ observante Judenchristen, spiegele auch der Gal wider: Paulus argumentiere bis Gal 5,6 gegen die Beschneidungsforderung der Judaisten, ab 5,7 jedoch gegen die zweite von Lütgert rekonstruierte Front, die der pneumatischen Libertinisten. Eine Ansicht, die in dieser Form heute keine Rolle mehr in der Forschungsdiskussion spielt, jedoch in modifizierter Gestalt weiterhin in einigen Arbeiten vertreten wird.99

4.2 Entwürfe zur Kontextualisierung des Galaterbriefs Die neueren Studien, die den Gal innerhalb seiner kleinasiatischen Kontexte zu lesen versuchen, behandeln einige der Problemfelder, die auch schon in der älteren Forschung diskutiert wurden. Das primäre Interesse gilt dabei weiterhin den Fragen, wie die im Gal vorausgesetzte Krise entstand und inwieweit der Gal als Reaktion darauf besser verstanden werden kann. Wie etwa ist es zu erklären, dass die galatischen Christen – sofern Männer – den Schritt der Beschneidung offenbar in Erwägung zogen?100 Aufschlüsse erhoffen sich einige Autoren dabei von einer Analyse der Prägungen der Adressaten. Die Beiträge von Susan Elliott und Clinton E. Arnold setzen beim religiösen Hintergrund der Adressaten an.101 Arnold meint auf Grund seiner Analyse der Dokumente religiöser Kommunikation ein „climate of respect for and fear of the gods“102 im antiken Kleinasien feststellen zu können. Diese Atmosphäre habe zur Entstehung der galatischen Krise beigetragen, indem die – judenchristlichen – Konkurrenzmissionare an das übersteigerte religiöse Empfinden der Kleinasiaten hätten anknüpfen können.103 Elliott charakterisiert die religiöse Vergangen 97 Lütgert, Gesetz, 33. 98 A. a. O. 106. Die Parteiung in Galatien erkennt Lütgert auch in Gal 5,15.20 (ἔχθραι, ἔρις usw.). Zum Folgenden a. a. O. 9–31. 99 Vgl. Hardin, Galatians, zum Kaiserkult als Entstehungsfaktor der galatischen Krise; Barclay, Obeying, zu Spannungen innerhalb der galatischen Gemeinden. 100 Vgl. Winter, Welfare, 137.141; Elliott, Cutting, 13; Arnold, Astonished, 429; Wisch­ meyer, Abraham, 148. 101 Vgl. Elliott, Cutting; Arnold, Astonished. 102 A. a. O. 435; vgl. auch Lémonon, Galates, 33; Elliott, Cutting, 62–88; Oh, Setting, 48–56. 103 Vgl. auch a. a. O. 71–136.

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heit und Umwelt der galatischen Christen in ähnlicher Weise, bietet jedoch eine Einordnung der galatischen Krise, wie sie ansonsten nicht in der Debatte vertreten wird. Die Hauptsorge des Paulus habe darin bestanden, dass die Galater faktisch in vorchristliche Denkmuster zurückzufallen drohten, hätten sie doch offenbar eine Parallele zwischen der ihnen nahegelegten Beschneidung und der rituellen Selbstentmannung der Priester der kleinasiatischen Bergmuttergöttin hergestellt. Erneut zu diskutieren ist also die Frage nach der religiösen Prägung der Galater und ob diese möglicherweise in Zusammenhang mit der galatischen Krise zu bringen ist.104 Auf einem im Vergleich zur älteren Forschung neuen Niveau beschäftigen sich einige Arbeiten mit dem Einfluss der römischen Herrschaftsausausübung in Kleinasien und fragen von hier aus nach einem möglichen Hintergrund der galatischen Krise. Thomas Witulski etwa bringt Gal 4,8–20, eine Passage, die er auf Grund literarkritischer Erwägungen für in den restlichen Brief eingefügt hält, konkret mit dem Kaiserkult in Verbindung.105 Die Mehrzahl der am römischen Einfluss in Galatien, v. a. in Gestalt der Herrscherverehrung, interessierten ­Autoren hält dagegen an der literarischen Integrität des Textes fest und verschiebt das Problem der Einheitlichkeit auf die Ebene des vorausgesetzten Problemhintergrunds. Dabei greifen die einschlägigen Entwürfe auf weitere Themenkomplexe zurück: Einerseits auf den schon in der älteren Forschung vorgebrachten und von Hans D. Betz und John M. G. Barclay vertieften Gedanken,106 nach der glücklichen Gründungsphase der Gemeinden habe sich bei den galatischen Christusgläubigen ethische Orientierungslosigkeit und Unsicherheit über die Rolle im Kontext der Umgebungsgesellschaft eingestellt. Andererseits wird ein Bezug zu den örtlichen Diasporasynagogen hergestellt.107 Bruce W. Winter und in abgewandelter Form Justin K. Hardin vertreten die von einigen Autoren positiv aufgenommene108 Ansicht, dass die Pflicht zur Beteiligung am Kaiserkult innere Spannungen in den Gemeinden ausgelöst habe. Die Probleme hätten durch die Integration der Galater in die Synagogengemeinden gelöst werden sollen.109 Zu fragen ist angesichts dieser Interpretationsmodelle, ob der Kaiserkult zu den Entstehungsfaktoren der galatischen Krise zu zählen ist und wie die galatischen Gemeinden im Hinblick auf die Umgebungsgesellschaft lebten.110 104 S. u. IV 3. 105 Vgl. Witulski, Adressaten. 106 Vgl. Betz, Galaterbrief, 44–47.463–528; Barclay, Obeying (vgl. auch Oh, Setting, 137–216). Die Diskussion, wie Gal 5,13–6,10 sich in sachlicher sowie rhetorischer bzw. epistolographischer Hinsicht zum restlichen Brief verhält, liegt außerhalb der Themenstellung der vorliegenden Arbeit. Vgl. dazu jeweils nur Schewe, Galater; Kremendahl, Botschaft. 107 Vgl. Breytenbach, Paulus, 128–133.140–144; Nanos, Irony. 108 Vgl. Kahl, Galatians; Nanos, Irony; Ossa, Jerusalem. 109 Vgl. Winter, Welfare; Ders., Imperial Cult; Hardin, Galatians; Kahl, Galatians, 217–227. 110 S. u. IV 2.

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Eine eigenständige Rolle der jüdischen Diasporagemeinschaften in der galatischen Situation sehen Mark D. Nanos und Cilliers Breytenbach. Der zuletzt Genannte charakterisiert die galatische Krise als ein lokales Problem. Vertreter der örtlichen Synagogen hätten die Galater qua Beschneidung in ihre Verbände zu integrieren versucht.111 Nanos bemüht sich zu zeigen, dass die galatischen Ek­ klesiai sich von Beginn an im Umfeld der Diasporasynagogen befunden hätten und dort als eine Art Untergruppe geführt worden seien.112 Die nur durch die Beschneidung zu erreichende vollständige Aufnahme in die Synagoge hätten gegen den Willen des Paulus die dafür Zuständigen der Diasporagemeinde betrieben. Sie hätten, ähnlich wie es in den Modellen Winters und Hardins behauptet wird, damit auf Druck seitens der paganen Umgebung reagiert, die den gesellschaftlichen Status der zwar unbeschnittenen, aber im Verbund der Synagoge lebenden Galater nicht toleriert hätte. Zu fragen ist angesichts dessen, ob sich ein Einfluss der örtlichen Synagogen wahrscheinlich machen lässt und was über Profil und gesellschaftlichen Ort der galatischen Christen zu erkennen ist.113 In ihrer Gesamtbeurteilung kommen die Forschungsbeiträge zur klein­ asiatischen Kontextualisierung des Gal zu dem Schluss, dass es sich bei der galatischen Krise um ein durch lokale Gegebenheiten verursachtes114 und daher vor allem soziales Problem gehandelt habe.115 Die galatische Krise sei somit weniger den judenchristlichen Konkurrenzmissionaren zuzuschreiben, sondern in entscheidendem Ausmaß bzw. gänzlich als Rückfall in vorchristliche Denkmuster oder als Rücksichtnahme auf gesellschaftliche Gegebenheiten seitens der gala­ tischen Christen zu bewerten. Als solche sei sie auch von Paulus verstanden worden. Überhaupt sei die Polemik des Paulus primär als Reaktion auf die durch die kleinasiatischen Kontexte der Galater verursachten Probleme zu begreifen. Die gesetzeskritischen Aussagen des Briefes richten sich im Modell Elliotts etwa gegen in der Umwelt der Galater verbreitete religiöse Vorstellungen.116 Anders noch ordnen die sozialgeschichtlich ausgerichteten Interpretationen von Brigitte Kahl und Leonor Ossa die Polemik des Gal ein. Ossa zufolge verstanden sich Paulus und seine galatischen Gemeinden, angesiedelt im Umfeld der örtlichen Synagoge, angesichts der römischen Kolonialisierung Galatiens als letzter Hort der ‚demokratischen‘ Tradition.117 Der Gal habe die Gemeinden gegen die gnostisch beeinflussten Vertreter der jüdischen (!) bzw. judenchristlichen Mission verteidigen wollen, von denen die Gefahr ausgegangen sei, die demokratischen Ideale zu verwischen. Kahl geht es in ihrem 2012 erschienen Buch um 111 Vgl. Breytenbach, Paulus, 128–133.140–144. 112 Vgl. Nanos, Irony. 113 S. u. IV 4; V. 114 So auch Breytenbach, Paulus, 140–144. 115 So etwa Hardin, Galatians, 111. 116 Vgl. Elliott, Cutting, 283. 117 Vgl. Ossa, Jerusalem.

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den Aufweis, dass Paulus sich im Gal gegen das unterdrückende römische Imperium gerichtet habe – und seine Schriften daher gerade nicht in einen jüdischen bzw. judenchristlichen Problemkontext einzuordnen seien.118 Das Zustandekommen der Beschneidungskrise erklärt die Autorin ähnlich wie Winter und Hardin. Die Nicht-Beschneidung der Galater sei für Paulus von großer Bedeutung gewesen, weil er die Nicht-Beschneidung der Heidenchristen als ein politisches Statement gegen Rom verstanden habe.119 Denn die Galater hätten sich damit entgegen den Erwartungen der Mehrheitsgesellschaft verhalten. Von einer Polemik gegen ein judenchristliches Konkurrenzevangelium könne im Gal jedoch keine Rede sein. Paulus schreibe in verschlüsselter Form gegen den Kaiser und die Machtansprüche Roms an. Gegen die Wirkungsgeschichte sei der Brief daher nicht als Statement gegen konfligierende Positionen innerhalb des Diskurses über die christliche Identität zu verstehen, sondern als Dokument einer christlichen Ablehnung von politischer Unterdrückung. Unter den um eine Kontextualisierung des Gal bemühten Autoren schien das Interesse an einer Fortsetzung der Debatte über die Wohnorte der Adressatengemeinden innerhalb der römischen Provinz Galatien einige Zeit lang abgenommen zu haben.120 Ausnahmen bilden die lokale Einordnung der galatischen Krise bei Breytenbach121 und die Verbindung des von Witulski rekonstruierten Brieffragments Gal 4,8–20 mit dem Kaiserkult im pisidischen Antiochia.122 Für weder möglich noch für eine historische Einordnung des Gal ausschlaggebend halten dagegen andere Studien die Suche nach den Wohnorten der galatischen Christen.123 Trotz einer möglicherweise so empfundenen Stagnation der Einleitungsdebatte124 ist aber das Problem der Lokalisierung ernst zu nehmen, nicht zuletzt im Hinblick auf den Standort der paulinischen Mission in Galatien im Kontext der Geschichte des frühen Christentums. Neue Wege jenseits der Diskussion der üblichen Argumente für Süd- bzw. Nordgalatien haben James M. Scott und auf anregende Weise Dietrich-Alex Koch beschritten.125 Eine Überprüfung der Vorschläge und eine Wiederaufnahme der Lokalisierungsdebatte im Gespräch mit den zu rekonstruierenden Kontexten im antiken Galatien sind somit angezeigt.126 118 Vgl. Kahl, Galatians; Dies., Galaterlektüre. 119 Vgl. a. a. O. 217–227. 120 Vgl. grundlegend zum gegenwärtigen Stand der Lokalisierungsdiskussion Sänger, Adresse. 121 Vgl. Breytenbach, Paulus, 128–133.140–144. 122 Vgl. Witulski, Adressaten. 123 Vgl. Kahl, Galatians, 210; Elliott, Cutting, 6 f; Arnold, Astonished, 430; Ossa, Jerusalem. Vgl. auch Vouga, Essay, 243 f; Schlier, Galater, 17 Anm. 1. 124 Vgl. Sänger, Adresse, 235. 125 Vgl. zum einen Scott, Paul; zum anderen Koch, Geschichte, 296–301.583–589; vgl. auch Ders., Barnabas, und de Boer, Galatians, 5. 126 S. u. III.

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5. Historische Lebenswelten als Kontexte des Galaterbriefs Die Aufgabe, den Gal als Akt der Kommunikation mit den Adressaten und daher auch innerhalb ihrer Kontexte zu lesen, setzt ein Bild der intendierten Rezipienten in ihrer gesellschaftlichen Umgebung voraus, das aus dritten Quellen historisch rekonstruiert werden muss. Dieser Rekonstruktion und der sich hieraus ergebenden Frage nach den kleinasiatischen Kontexten des Gal liegt im Rahmen dieser Arbeit das Konzept der Lebenswelt zu Grunde. Es setzt beim Individuum und seiner Wirklichkeitsdeutung an und ist daher für eine möglichst breit angelegte Kontextualisierung des Gal offen. Die Rede von der Lebenswelt stammt ursprünglich aus der philosophischen Reflexion über die Rolle der modernen Wissenschaft, die als komplementäres Gegenüber eben zur Lebenswelt beschrieben wurde.127 Der der phänomenologischen Denkrichtung verpflichtete Diskurs entwickelte das Konzept weiter zur Beschreibung des umfassenden sozialen Kontextes der menschlichen Existenz.128 Als Lebenswelt wird demzufolge nicht bloß die materielle Umwelt, die dingliche Alltagswelt, beschrieben. Vielmehr ist die Lebenswelt das Ergebnis der unter den Bedingungen von Körper und Geist stattfindenden Interaktionen eines Menschen mit der ihm erreichbaren Welt: physisch mit dinglichen Objekten und intersubjektiv mit anderen Individuen.129 Von diesen Interaktionen lebt das Zusammenspiel von Selbst- und Weltbezug,130 das das menschliche Bewusstsein konstituiert. So entsteht das kulturelle Wissen,131 das immer weiter fortgeschrieben wird. Es reicht vom „Allerweltswissen“132 bis hin zu den Deutungen existentieller „menschliche[r] Elementarerfahrungen“133. Geprägt wird die vorfindliche Lebenswelt von übergreifenden, nicht selten konfligierenden134 Strukturen wie Sprachen, Religionen, Normsystemen135 und Ethnien136, aber auch durch politische Machtausübung.137 Keine Lebenswelt ist starr, sondern jede unterliegt der 127 Vgl. Husserl, Krisis. Dazu Held, Art. Lebenswelt, 594–596; Härle, Dogmatik, 170 f. 128 Vgl. Luckmann, Lebenswelt; Ders./Schütz, Strukturen; Grathoff, Milieu. Dazu auch Held, Art. Lebenswelt, 597–599; Härle, Dogmatik, 170–175. 129 Die umgebende Gesellschaft wird „aus der Teilnehmerperspektive handelnder Subjekte als Lebenswelt einer sozialen Gruppe konzipiert“ (Habermas, Theorie, 179; Hervorhebungen i. O.). 130 Vgl. Korsch, Dogmatik, 12 f. 131 Vgl. Antweiler, Anthropologie, 46. 132 Berger/Luckmann, Konstruktion, 16. 133 Dressel, Anthropologie, 77. 134 Dazu Waldenfels, Labyrinth, 175. 135 Vgl. Ders., Normen. 136 Zum Ethnos als intentionale Einheit Strobel, Staatenbildung, 236; Mitchell, Eth­ nicity, 120 f. 137 Vgl. Sommer, Steppengrenze, 100 f.

Resümee und Ausblick

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immerwährenden Fortschreibung, der Umgestaltung von innen sowie von außen und damit dem geschichtlichen Wandel. Orte sowohl der vorfindlichen Strukturen als auch ihrer Veränderungen sind Sozialformen wie etwa Familie, Erwerbsleben, Vereinigungen, politische Gremien. Auf historische Lebenswelten wurde die Forschung durch die Konzepte einer Mentalitätengeschichte und einer historischen Anthropologie aufmerksam, die sich aus der Ideen-, Sozial- und Kulturgeschichtsschreibung entwickelten.138 Im Gefolge erschloss sich der Wert einer historischen Betrachtung von Lebenswelten jenseits einer thematischen Konzentration auf gesellschaftliche Eliten oder geistige und materiale Hochkultur. Erkannt wurde die Aussagekraft nicht nur von expliziten Selbstzeugnissen,139 sondern auch von Quellen über Alltägliches, Privates, Affektives und Intimes, erlauben sie doch als Relikte aktiver Lebensweltgestaltung Rückschlüsse auf Welt- und Selbstverständnis ihrer Urheber. Die altertumswissenschaftliche Erkundung historischer Lebenswelten muss freilich grundsätzlich mit dem Nachteil einer schmalen Überlieferungsbasis leben.140 Private Texte sind rar. Viele Kulturen des antiken Kleinasiens gebrauchten ihre Sprachen nur oraliter. Inschriften, insbesondere der Kaiserzeit, erlauben aber Einblicke in die Lebenswelten bestimmter gesellschaftlicher Gruppen. Die mit dem Prinzipat einsetzende Situation des kulturellen Übergangs, der zu einer Umgestaltung privater und gemeinschaftlicher Lebensräume, zu Migration und zur Verschiebung gesellschaftlicher Machtkonstellationen führte, erlaubt Rückschlüsse auf Grundstrukturen historischer Lebenswelten.141 Im Hinblick auf die galatischen Christen besitzen wir mit dem Gal eine vergleichsweise aufschlussreiche Quelle über zentrale lebensweltliche Prägungen seiner Adressaten. Wie sich diese mit den zu rekonstruierenden Grundzügen der historischen Lebenswelten in Zentralkleinasien in ein Gespräch bringen lassen, ist die Leitfrage dieser Arbeit.

6. Resümee und Ausblick Die vorliegende Studie beabsichtigt, den Gal innerhalb seines historischen Kontexts zu untersuchen. Dabei liegt das Hauptaugenmerk auf den intendierten Adressaten. Üblicherweise wird als Referenzrahmen des Gal der jüdische Kontext des frühen Christentums herangezogen. Der Gal wird dann als ein D ­ okument der 138 Vgl. Chartier, Geschichte; Riecks, Sozial- und Mentalitätsgeschichte; Köpf, Mentalitätsgeschichte; Raulff (Hg.), Mentalitäten-Geschichte; Walch, Historiographie, 125–128; Dressel, Anthropologie; Van Dülmen, Anthropologie; Maurer, Anthropologie; Sellin, Einführung, 154–169; Nipperdey, Kulturgeschichte; Kessler, Anthropologie; Wagner (Hg.), Aufbrüche. 139 Van Dülmen, Anthropologie, 35. 140 Vgl. etwa Sommer, Steppengrenze, 15. 141 Vgl. a. a. O. 29.

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Die Kontextualisierung des Galaterbriefs

sich ausbildenden christlichen Identität verstanden, die entweder im Judentum ihr Gegenüber sieht oder die in Vielem in Kontinuität mit dem Judentum steht. Alternativ wurde in den zurückliegenden zwei Jahrzehnten in der Forschung auf den kleinasiatischen Kontext des Gal verwiesen, sind die Adressaten des Schreibens doch dort beheimatet. Berechtigt erscheint diese Forderung vor dem Hintergrund der Produktivität der Kleinasienforschung seit der zweiten Hälfte des 20. Jh. und angesichts der rezeptionsästhetischen Neuorientierung der Interpretationspraxis von Texten. Bereits in der älteren Forschung angesprochen und heute in abgewandelter Form diskutiert werden hinsichtlich einer Kontextualisierung des Gal in Kleinasien die Fragen nach der Lokalisierung der Gemeinden sowie nach den Entstehungsfaktoren der galatischen Krise. So werden religiöse Vorstellungen und Praktiken für das Aufkommen des von Paulus Kritisierten verantwortlich gemacht ebenso wie die Verunsicherung über den Status der Christusgläubigen innerhalb der paganen Mehrheitsgesellschaft. Um der Pflicht zur Partizipation am Kaiserkult zu entkommen, sei die Integration der Galater in die örtliche Diasporasynagoge angestrebt worden. Diskutiert wird auch, ob die galatischen Christen Randsiedler der Synagogengemeinden waren. Sozialgeschichtlich ausgerichtete Einordnungen der galatischen Krise verstehen den Gal und Paulus’ Beharren auf der Nicht-Beschneidung der Galater als Votum gegen die Unterdrückung seitens des römischen Imperiums. Angesichts der genannten Gründe und der vielschichtigen Forschungssituation erscheint eine erneute Kontextualisierung des Gal erstrebenswert. Diese Aufgabe wird im Folgenden verstanden als eine Verknüpfung des Gal mit Grundzügen historischer Lebenswelten im antiken Kleinasien, die es zu rekonstruieren gilt. Das zu Grunde gelegte Modell macht darauf aufmerksam, dass zur Lebenswelt nicht bloß die materielle Umwelt eines Menschen gehört, sondern die Lebenswelt das Resultat seiner gesamten Weltdeutung ist. Im Hinblick auf das weitere Vorgehen ergibt sich daher zunächst die Notwendigkeit einer Bestandsaufnahme zu den lebensweltlichen Gegebenheiten in der Umwelt der galatischen Gemeinden.142 Die Kontextualisierung des Gal fragt dann zunächst erneut nach den Wohnorten seiner Adressaten.143 Im Anschluss ist zu klären, inwieweit die galatische Krise als ein lokales Phänomen zu begreifen ist.144 Abschließend ist nach den Lebenswelten der galatischen Christusgläubigen selbst innerhalb ihrer Umwelt zu fragen.145

142 Vgl. II. 143 Vgl. III. 144 Vgl. IV. 145 Vgl. V.

II Grundzüge historischer Lebenswelten im römischen Galatien

1. Vorbemerkung Der geographische Rahmen der folgenden Bestandsaufnahme ist durch mehrere Faktoren vorgegeben. Einerseits liegen die Wohnorte der Adressaten des Gal, so betonen die Vertreter der sog. südgalatischen Hypothese, die auch in dieser Arbeit vertreten wird, im Südteil der 25 v. Chr. gegründeten römischen Provinz ­Galatien.1 Den geographischen Referenzrahmen einer Rekonstruktion möglicher Lebenswelten der Adressaten des Paulus-Schreibens bilden somit die historischen Regionen Phrygia Paroreius, Pisidien, Lykaonien und – zum Teil – Isaurien, die auf Grund der politischen Geschichte Zentralkleinasiens den Südteil der Provinz ausmachten. Informationen über die Adressaten des Gal sind demzufolge primär in den genannten Gebieten zu suchen. Andererseits sprechen mindestens drei Gründe dafür, auch die Geschichte der nördlich angrenzenden Galaterstämme, die der römischen Provinz ihren Namen gaben, in die Untersuchung mit einzubeziehen.2 Erstens prägte die Inbesitznahme der traditionell phrygisch bewohnten Territorien durch die im 3. Jh. v. Chr. nach Kleinasien gekommenen Kelten Zentralkleinasien3 nachhaltig. Durch komplexe – und in der Forschung kontrovers diskutierte – Prozesse der Akkulturation und Ethnogenese entstanden die keltischsprachigen Galatergebiete Kleinasiens als historische Regionen. Die – wenn auch zaghafte – Öffnung zur hellenistischen 1 S. u. III. 2 Die nördlich an die Landschaft Galatien angrenzenden Gebiete der Provinz wie Paphlagonien, Pontus Galaticus u. a. (vgl. dazu II 4.7) können außer Acht bleiben. Sie spielen bei der Rekonstruktion der paulinischen Mission keine Rolle. 3 Die im Hinblick auf das Altertum heute übliche und auch hier verwendete Bezeichnung „Kleinasien“ versteht unter dem Begriff die in das östliche Mittelmeer hineinragende Halbinsel, die in etwa dem Gebiet des heutigen türkischen Staates entspricht. Asia begegnet in der frühen griechischen Lyrik und bezeichnet dort noch ein begrenztes Gebiet im Westen der Halbinsel. Herodot und Strabo verstehen unter Asia auch den gesamten Europa und Afrika gegenüber liegenden Kontinent, von welchem aber die uns interessierende Peninsula einen eigenständigen Teil bildet (vgl. Hdt. II 16; Strab. XI 1 [§ 489–492]). Die Römer gaben zugleich der auf das Pergamenische Reich zurückgehenden Provinz an der kleinasiatischen Westküste diesen Namen, den auch Paulus und andere neutestamentliche Autoren verwenden (vgl. Act 2,9 u.ö.; Röm 16,5; 1Kor 16,19; 2Kor 1,8; 2Tim 1,15; 1Ptr 1,1; Apk 1,4). ῾Η μικρὰ᾿ Ασία im Sinne des heutigen Sprachgebrauchs ist erstmals bei Claudius Ptolemaios im 2. nachchr. Jh. belegt (Ptol. Tetra­ biblos II 3,62). Der Begriff „Anatolien“ geht auf die diokletianische Provinzordnung zurück und wurde in der byzantinischen Themeneinteilung verwendet. Vgl. Marek, Geschichte, 25 f.

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Grundzüge historischer Lebenswelten im römischen Galatien 

Kultur und schließlich die Integration Zentralkleinasiens in das Einflussgebiet des römischen Imperiums geht zu einem guten Teil auf die Entwicklung der keltischen Galater zurück. Nicht zuletzt führte die Expansionspolitik der zu amici Roms gewordenen Galaterführern zu den Grenzen, innerhalb derer die Provinz Galatien gegründet wurde. Die Annäherung an Lebenswelten im kaiserzeitlichen Südgalatien muss daher die politischen und kulturgeschichtlichen Entwicklungen der Galaterterritorien mit bedenken. Zweitens lokalisiert ein Teil der Gal-Exegese die Adressaten innerhalb der keltischen Siedlungsregionen. Auch damit das folgende Panorama für eine nordgalatische Lokalisierung der paulinischen Gemeinden offen ist, bleiben die keltischen Galater im Blick. Schließlich wird zu fragen sein, ob nicht ein Vergleich der Lebenswelten in Süd- und Nord- (besser: Mittel-)4 Galatien Erkenntnisse im Hinblick auf die umstrittene Lokalisierungsfrage bietet.5 Den chronologischen Schwerpunkt des folgenden Überblicks bildet das mittlere 1 Jh. n. Chr., die Zeit, in der Paulus in der Provinz Galatien wirkte.6 Rund ein dreiviertel Jahrhundert zuvor hatten die Gründung der römischen Provinz (25 v. Chr.) und die Etablierung römischer Herrschaftsstrukturen in der Tauros­region die äußeren und mentalen Rahmenbedingungen geschaffen, innerhalb derer Paulus und seine Gesprächspartner sich bewegten. Eine Rekonstruktion lebensweltlicher Grunddaten setzt jedoch früher ein, hier: in assyrischer Zeit. Dadurch wird der Tatsache Rechnung getragen, dass Lebenswelten grundsätzlich auf Vorfindlichem aufbauen, was sich nicht zuletzt darin zeigt, dass in allem kulturellen und politischen Wandel sich grundlegende Linien oft für lange Zeit erhalten.

2. Naturräumlicher Rahmen und Lebensgrundlagen Das hier interessierende Gebiet entspricht in etwa einem breiten Streifen, der sich auf rund 300 Kilometern zwischen Ancyra und Derbe in nord-südlicher Richtung und zwischen dem Tattasee und Antiochia ad Pisidiam (ca. 250 Kilometer) in ost-westlicher Richtung erstreckt (s. u. Abb. 1).7 4 Vgl. Koch, Geschichte, 297, der völlig zu Recht darauf hinweist, dass die Keltenterritorien zur Zeit des Paulus im Herzen der Provinz Galatien lagen, während die paphlagonischen und pontischen Gebiete als Nordgalatien bezeichnet werden müssten. 5 Vgl. III 5. 6 Die exakte Chronologie der paulinischen Vita ist hierbei ebenso praktisch unerheblich wie die genaue Datierung des Gal. Die Lokalisierung der Adressaten in Südgalatien ermöglicht eine Frühdatierung des Briefes (vgl. Breytenbach, Paulus, 172; s. u. III Anm.  13), die aber auf Grund von 1Kor 16,1; Gal 2,10 (und 2Kor 8 f) auszuschließen ist (vgl. Sänger, Adresse, 256–262; Ders., Kollekte, 333–339, anders Theissen, Entstehung, 103–136; zurückhaltend Bauer, Paulus, 169–174). 7 Vgl. zum Folgenden Strobel, Geschichte und Eigenart, 88–97; Mitchell, Population, 1055 f.1068–1070; Ders., Anatolia I, 143–147; Marek, Geschichte, 498–503; Bracke, Pisidia, 15; Belke/Mersich, Phrygien, 52–70; Belke, Galatien, 43–47; Erol, Gliederung, 119–132; Hütte­

Naturräumlicher Rahmen und Lebensgrundlagen

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Abb. 1: Zentralkleinasien (Ausschnitt)

Den nördlichen Part dieses Gebiets durchfließen, jeweils bogenförmig, die Ströme Sangarios und Halys. Zwischen beiden, an der Stelle der größten Annäherung der Flussläufe, liegt Ancyra. Während in der Gegend um Ancyra sich Steppen­ovas und bewaldete Gebirgsrücken abwechseln, schließt sich südlich zunächst das Hochland von Haymana und dann die bis nach Lykaonien reichende, von den Ausläufern des Taurus im Südwesten gerahmte Grassteppe an, die im Altertum Axylos genannt wurde.8 Die Steppenlandschaft wird hauptsächlich von den zwei Becken des Tuz Gölü (Tatta Limne/Salzsee) und der Konya (antik Ikonium)-Ova roth, Türkei, 88–102.111 f.119–140.145–148.157–160; Louis, Landeskunde, 10.37.48 f.97– 101.104.110–113; Levick, Colonies, 7–20; French, Roads in Pisidia, 167; Brandt, Gesellschaft, 8–10; Feld, Bürger, 13–15; Ramsay, Commentary, 203 f. 8 Vgl. Liv. XXXVIII 18,4; Strab. XII 6,1 (§ 568).

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gebildet. Die Wasserscheide in südlicher Richtung verläuft im Taurosgebirge, sodass das lykaonische Steppengebiet nicht zum Meer entwässert wird. Das Wasser des Tauros sammelt sich in den an der Nordseite gelegenen Seen. Die fehlende Entwässerung bringt im lykaonischen Gebiet flache Sumpfseen hervor, deren ohne­hin niedriger Wasserpegel jahreszeitlich bedingten Schwankungen unterliegt. Das Gebiet nordwestlich des am westlichen Rand der lykaonischen Steppe gelegenen Ikonium ist von rauhen Bergzügen geprägt. Höher noch ragt der Tauros mit seinen bis zu 3000 Meter hohen Gipfeln im südlichen Pisidien. Die pisidische Landschaft, die reichste an Seen der gesamten kleinasiatischen Halbinsel, besteht aus flachen Hochebenen und den charakteristischen Becken. Die nicht mit Wasser gefüllten unter ihnen eignen sich für den Anbau von Getreide. In Form eines schmalen Streifens zwischen Apollonia und Antiochia ragt in das behandelte Gebiet ein Teil der Phrygia Paroreius hinein. Der Naturraum dieser Gegend wurde im Altertum in hervorragender Weise vom Gebirgszug der Sultan Dağlari geprägt. Das Massiv sorgte für eine im Vergleich zu den Nachbarregionen wesentlich günstigere Wasserversorgung, die die niedrigeren Gebirgshänge zu äußerst fruchtbaren Anbaugebieten machte. Die Entwässerung der Gebirgsgegend erfolgt in den See von Beyşehir. Der nach Isaurien reichende­ Trogitis-See, der Wasser der Pusguse Limne, des heutigen Sees von Beyşehir, empfing, existiert heute nicht mehr. Der Baumbewuchs sowohl im Gebiet zwischen Halys und Sangarios als auch in den weiter in die Hochebene ausgreifenden Regionen war im Altertum erheblich umfangreicher als heute.9 Die Entwaldung geht auf die Klimaveränderung und die Umstellung auf (halb-) nomadische Weidewirtschaft seit spätbyzantinischer Zeit zurück, die offene Weideflächen bevorzugte. Das Wachstum der Bevölkerung im 19. Jh. tat ein Übriges. Abgegraste Erdmassen können den jedes Jahr auftretenden Starkregenfällen keinen Widerstand mehr entgegensetzen. An Hängen entstehen zunächst kleinere, dann bis zu mehreren Metern breite Rinnen, in denen die Wasserströme Erde fortschwemmen. Die heute entwaldeten Hänge etwa des Paşa Daği, am Nordufer des Tuz Gölü (des antiken Tatta Limne), des Sivrihisar Dağlari westlich von Ancyra oder des Çile Daği, nordöstlich des antiken Gordions, waren in antiker Zeit von Bäumen bewachsen. Das Klima der Gegend um Ancyra und, wenn auch durch die Meeresnähe gemildert, der lykaonischen Steppe – beide Regionen liegen auf ca. 800–1000 Meter Meereshöhe – ist ein binnenländisches mit heißen Sommern und kalten Wintern. Wie bereits von Strabo notiert,10 erhalten beide Regionen nur wenig Niederschlag 9 Die westlichen Kleinasienreisenden bis in das 19. Jh. hinein bemerkten die Kargheit des Landesinneren (vgl. Ramsay, Commentary, 204 f) und gingen davon aus, dass die ungünstigen Klimaverhältnisse auch in der Antike herrschten. 10 Vgl. Strab. XII 6,1 (§ 568).

Naturräumlicher Rahmen und Lebensgrundlagen

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(oft unter 350 Millimeter/Jahr), doch extrem geringe Niederschlagswerte sind nur in der Nähe des Salzsees zu verzeichnen (unter 200 Millimeter). Schnee fällt in der Regel von November bis März. Die Regionen zwischen Taurus und den Bergen um Ancyra lieferten ihren antiken Bewohnern ausreichende Lebensgrundlagen. In den dichten Wäldern taten sich reiche Jagdgründe auf. Die Hatz auf wilde Tiere spielte im antiken Kleinasien eine wichtige Rolle, was sich nicht zuletzt in bildlichen Darstellungen von Jägern und Waidszenen sowie in Mythenstoffen niederschlug.11 Fische lieferten die Binnenseen und Flüsse.12 Klima und Böden ermöglichten Weidewirtschaft und – unbewässerten – Ackerbau.13 Ernteausfälle und Versorgungsengpässe stellten sich nur bei ausbleibendem Regen, dann jedoch schwerwiegend, ein. Die anonyme Expositio des 4. nachchr. Jh. nennt Galatien, gemeint sind hier wohl die ursprünglichen Keltengebiete, prouincia optima sibi sufficiens.14 Wenn auch ausreichende Lebensgrundlagen vorhanden waren, zeichnet sich dennoch ein durch klimatische Gegebenheiten verursachtes Nord-Südgefälle ab. Reben15 und Oliven16 gediehen v. a. im Süden des Gebietes der späteren Provinz Galatien. Das für das Leben einer hellenistischen Stadt unbedingt notwendige Olivenöl musste in römischer Zeit aufwändig nach Ancyra importiert werden.17 Das wasserreiche pisidische Hochland erlaubte hingegen nicht nur die reiche Ernte der klassischen landwirtschaftlichen Produkte, sondern auch Holzwirtschaft und die Haltung großer Kleintierherden. Archäozoologische Untersuchungen aus der Region zeigen,18 dass man zur Versorgung mit Fleisch, Milch und Eiern Geflügel, Schafe und Schweine hielt. Fische stammten aus den nahegelegenen Gewässern oder von der Mittelmeerküste. Esel, Pferde und Hunde wurden als Nutztiere gehalten. Die naturräumlichen Gegebenheiten ermöglichten weitere wirtschaftliche Produktionszweige. So war Galatien für seine Textilproduktion bekannt.19 Kleintierknochen blieben als Abfallprodukt der Tierhaltung nicht ungenutzt; aus ihnen fertigte man Gebrauchsgegenstände wie (Haar-)Nadeln oder Löffel.20 In der Antike war ferner das – auch heute noch abgebaute – Salz aus Lykaonien bekannt und wurde überregional gehandelt.21 Es stammt aus dem abflusslosen Tuz Gölü (Tatta Limne), der den Mineralstoff aus der Erde bezieht. Der See enthielt eine beinahe gesättigte Salzlauge. 11 Vgl. Bleibtreu/Borchhardt, Wildschweinjagd. 12 Vgl. Liv. XXXVIII 18,8 (Fischmengen des Sangarios). 13 Vgl. ebd.; Liv. XXXVIII 18,4. 14 Expositio totius mundi et gentium 41. 15 Vgl. Strab. XII 7,2 (§ 570); Plin. nat. XIV 11 (§ 80). 16 Vgl. Strab. XII 8,14 (§ 577) (zu Synada unweit des Pisidischen Antiochia). 17 Vgl. Coşkun, Forschungen zum Kaiserkult, 49. 18 Vgl. De Cupere/Van Neer, Results. 19 Vgl. Expositio totius mundi et gentium 41 (negotiatur uestem plurimam); Plin. nat. XXIX 9. 20 Vgl. De Cupere u. a., Aspects. 21 Vgl. Plin. nat. XXXI 45.

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3. Von den Anfängen bis zum Vorabend der Provinzialisierung Galatiens 3.1 Assyrer und Hethiter Die ältesten schriftlichen Quellen aus Kleinasien stammen aus dem frühen 2. Jahrtausend v. Chr.22 Die 1871 entdeckten Keilschrifttexte aus Kültepe gewähren Einblicke in das auf der kleinasiatischen Halbinsel weit vernetzte assyrische Handelswesen, das im 19. und 18. Jh. v. Chr. in Blüte stand. In Assur ansässige Handelsunternehmen brachten vor allem Zinn, Wolle und Textilien nach Kleinasien, um mit Hilfe von Handelskolonien von den einheimischen Großfürsten­ tümern Edelmetalle zu erwerben. Die Bildung des Großreichs der bereits im Laufe des 3.  Jahrtausends nach Kleinasien eingewanderten Hethiter, des ersten seiner Art auf der Halbinsel, begann im 18. Jh. v. Chr. Sein Territorium reichte zunächst von der Schwarzmeerküste über das Landesinnere bis zur südlichen Mittelmeerküste. Westlich bis in die Ägäis und östlich bis nach Babylon und Aleppo expandierte das hethitische Reich ab dem 16. Jh. v. Chr., nun von Hattusa aus regiert. Gemäß gemeinaltorientalischer Vorstellung verstand der hethitische Großkönig sein Amt als Teil  der Schöpfungsordnung. Es galt als göttliche Institution. Zum Verwalter seines Landes wurde hethiterzeitlicher Ideologie gemäß der Großkönig (Labarna bzw. Tabarna) durch den Wettergott und die Sonnengöttin eingesetzt. Die Inthronisation wurde rituell vollzogen und in zyklischen Riten erneuert. Durch das Anlegen seiner Kleidung und durch seine Insignien wurde der eingesetzte König nicht nur zum obersten Ritualherrn des Landes,23 sondern auch zur Inkarnation des Sonnengottes. Damit war er oberster Hüter von Recht und Gerechtigkeit, die in den Verantwortungsbereich der Gottheit fielen. Die zahlreichen überlieferten Rechtstexte und Urkunden zeigen das differenzierte Rechtswesen des Hethiterreiches im Großen wie im Kleinen. So schloss das ab dem 14. Jh. v. Chr. endgültig zu einer eigenständigen Großmacht aufgestiegene Reich mit den unterworfenen, aber relativ autonom bleibenden Gebieten Bundes­genossenverträge.24 Für die Rechtspflege im Innern waren der Großkönig sowie seine Richter und Beamten zuständig. 22 Zum Folgenden Haas, Hethiter; Klinger, Hethiter; Marek, Geschichte, 95–135. 23 Der Großkönig reiste zu zahlreichen regionalen Ritualen und Festen, um an ihnen teilzunehmen, vgl. die Anweisungen für das sog. Marktplatzfest TUAT NF IV, 187–206. Bei Hattusa liegen die Überreste eines ehemaligen Reichsheiligtums (heute bei Yazılıkaya), dessen Felsreliefs aus dem 13. Jh. den Großkönig im Kreis der Reichsgötter zeigen (dazu Ehringhaus, Götter, 14–31). 24 Vgl. die zahlreichen gefundenen Vertragstexte, etwa TUAT I,131–134; TUAT NF II,95–138.

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In Hattusa gefundene Keilschrifttexte enthalten Sammlungen von Rechtsfällen und Bestimmungen, die auch Einblicke in das zeitgenössische Wirtschaftsleben erlauben. Das folgende Beispiel zeigt auch das Maß an öffentlicher Rechtsaufsicht: „Wenn ein Handwerker ausfällt und ein Lehnsmann eingesetzt (ist, und wenn) der Lehnsmann sagt: ‚Das eine (sei) mein Handwerk, das andere aber mein Lehen!‘, (so) ­besiegelt er (eine Urkunde über) die Felder des Handwerkers und hat (damit) das Handwerk inne und verrichtet (zugleich) den Lehnsdienst. Wenn er aber das Handwerk zurückweist, erklärt man die Felder (für die) eines ausgefallenen Handwerkers, und die Leute der Stadt bewirtschaften sie […] “25.

Das hethitische Pantheon geht in seinem Grundbestand auf die vorhethitischen Götter des Hattilandes zurück. Mit der Ausdehnung des Einflussbereiches nach Osten wurden Gottheiten aus dem mesopotamischen und syrischen Raum aufgenommen. Ab dem 15. Jh. v. Chr. etwa breiteten sich Kulte der Ištar von Ninive in Kleinasien aus. Auch religiöse Praktiken der Nachbarkulturen kamen durch Kulturkontakte zu den Hethitern, etwa ein Ritual des ‚Sündenbocks‘26 aus dem sy­ rischen Raum oder das kultische Stierspringen der mykenischen Welt. Die schriftlichen Überlieferungen, die sich beispielsweise in den Tempelarchiven Hattusas erhalten haben, erlauben ein detailreiches Bild nicht nur der hethitischen Mythen und Epen, sondern auch der rituellen Vollzüge, die die menschliche Interaktion mit der göttlichen Sphäre durch Gebete, Opfer und Mantik (Vogelflug, Eingeweideschau usw.) ermöglichten. Durch Beschwörungen, Verfluchungen sowie Schadens- und Heilzauber27 versuchten die Menschen, göttliche Mächte verfügbar zu machen. Eine wichtige Rolle spielte der immer wieder zu erneuernde28 Zustand kultischer Reinheit, der Voraussetzung für die Durchführung der allgegenwärtigen und als lebensnotwendig erachteten Rituale war. Die Götter selbst überwachten die Einhaltung der Reinheitsvorschriften, wie entsprechende Texte immer wieder warnen: „[Wenn] jemand eine [Verunrein]igung verübt (und dadurch) des Königs Seele [beleidi]gt und (wenn) ihr (dazu) so sagt: ‚[Der König] sieht uns nicht!‘, so beobachten euch längst des Königs Götter“29. Unreinheit entstand beispielsweise durch den Kontakt mit unreiner Materie oder das Essen von Opfermaterie, aber auch durch Taten, die den gesellschaftlichen Normen zuwiderliefen und den Übeltäter von den rituellen Vollzügen und von seinen Mitmenschen trennten. Krankheiten wurden als göttliche Strafen gedeutet. Blieb ein Vergehen ungesühnt, lastete die Unreinheit auch auf den Nachkommen des Täters.30 25 Vgl. TUAT I, 97–123 (§ 40a). 26 Vgl. Lev 16,10.21 f. 27 Vgl. etwa TUAT IV 217–223 (Ritual bei Familienzwist); TUAT NF V 177–187 (Geburtshilfe- und andere therapeutische Rituale). 28 Vgl. die aufwändigen Anweisungen für die rituelle Reinigung eines Hauses TUAT NF IV, 208–223. 29 TUAT I, 124. 30 Vgl. Marek, Geschichte, 115.

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Nach dem Namen der alten Hauptstadt Nesa bezeichneten die Bewohner des Hattilands, von dem die hethitische Großreichsbildung ausging, ihre eigene Sprache als Nesisch. Das Nesische gehörte zum sog. anatolischen Zweig der indogermanischen Sprachen, ebenso wie das in Südkleinasien gesprochene Luwische.31

3.2 Die Phryger 3.2.1 Das phrygische Großreich Der Niedergang des Hethiterreiches setzte um 1200 v. Chr. ein und ging auf dynastische Auseinandersetzungen zurück, die zum Herrschaftsende des großköniglichen Zweigs, zur Loslösung einzelner Reichsteile und der Einwanderung neuer Bevölkerungsgruppen führten.32 In diesem Umfeld gelangten u. a. nordwestkleinasiatische Gruppen in das Innere der Halbinsel (in Gordion ab dem frühen 11. Jh. v. Chr. greifbar), die nach Prozessen der Ethnogenese ab dem 10. Jh. v. Chr. ein überregional bedeutsames Königtum hervorbrachten, das in gewisser Weise zum Nachfolger des hethitischen Großreichs wurde33 und dessen kulturelles Erbe noch in der Prinzipatszeit zum Grundinventar kleinasiatischer Lebenswelten gehörte. Die Griechen nannten die das Großreich tragenden Gruppen pauschal Φρύγες und erblickten in ihnen „‚die‘ Repräsentanten ­Kleinasiens“34. Sagenhaft bekannt waren die Phryger für ihren Reichtum, aber auch ihre Leistungen in der Landwirtschaft, der Textil- und Keramikproduktion und beim Schaffen monumentaler Architektur und großformatiger Plastiken wurden an­ erkannt. Von der Hauptstadt Gordion, unweit des späteren Ancyra gelegen, übten die Phryger auf ein Territorium, das Zentralkleinasien sowie die nördliche Hälfte der Ägäisküste umfasste, politischen und vor allem kulturellen Einfluss 31 Dazu Houwink ten Cate, population. 32 Vgl. den ausführlichen Bericht des Großkönigks Hattusili III. (13. Jh.), der seinen Neffen und Vorgänger Mursili III. abgesetzt hatte (TUAT I, 481–492). 33 Vgl. zur phrygischen Frühzeit in der neueren Forschungsdiskussion Strobel, Fragen; Darbyshire/Rose, Chronology; Kelp, Einfluss; ferner Marek, Geschichte, 144–152. Die ca. 200 erhaltenen, schwer verständlichen altphrygischen Inschriften (8.–3. vorchr. Jh.) liefern kaum historische Erkenntnisse: Haas, Sprachdenkmäler, 172–199; Brixhe, Interactions, 247 f; Ders., Phrygian; Ders./Lejeune, Corpus; Vassileva, Literacy. 34 Wittke, Mušker, 231. Auf Grund des ähnlichen Namens der thrakischen Bryger hielten die Griechen die Phryger für balkanische Einwanderer in Kleinasien (vgl. Strab. VII 7,2 [§ 295]; XII 8,2 [§ 572]; Hdt. VII 73); eine Herleitung, die auf Grund heutiger – u. a. archäologischer – Erkenntnisse in der Forschung bestritten wird. Die Identifizierung der Phryger mit den Muški in der Nähe des Tigris, die auf eine phrygische Großreichsbildung schon im 12.  Jh. schließen ließe, ist wohl nicht haltbar, vgl. Strobel, Fragen, 264 f; Belke/Mersich, Phrygien, 71 f; Wittke, Mušker, 291; Laminger-Pascher, Lykaonien, 17–40. Vgl. zum Folgenden Sams,­ Midas; Roller, Search, 44–115; Dies., Midas; Rein, Matar; Hutter, Religion. Die Ergebnisse der älteren Forschung zur Religionsgeschichte (Alt-) Phrygiens, die in mancher Hinsicht heute zu undifferenziert erscheinen, bietet Sanders, Kybele.

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aus. Paläste und Tempel der Reichszentrale Gordion wurden nach einem Brand um 800 v. Chr. aufwändig erneuert.

3.2.2 Das phrygische Pantheon In dieser Zeit des sagenumwobenen35 Phrygerkönigs Midas entstand der Staatskult der nun erstmals bildlich dargestellten Reichsgöttin Matar, der Bergmutter­ göttin.36 Offenbar verstand sich der phrygische König als eine Art irdischer Gemahl der Göttin. Sie stand an der Seite des Vatergottes Ata37 dem Staatspantheon vor, das sich durch seine weibliche Hauptgottheit von anderen kleinasiatischen Götterfamilien unterschied. Die monumentale, dem Midas gewidmete Fassade in Midasstadt zeigt, dass eine gewisse religiöse Verehrung auch dem irdischen Herrscher zuteilwurde.38 Eine gewisse Fortsetzung fand der Kult der phrygischen Göttin nach dem Ende des Phrygerreiches im Rahmen des Tempelstaats von Pessinus. Zahlreiche Kultstätten der altphrygischen Zeit gingen auf hethiterzeitliche Vorgänger zurück. Zwar kannten auch die Hethiter Bergmuttergöttinnen, dennoch leitete sich die phrygische Matar nicht direkt von ihren hethitischen Vorgängerinnen ab. Kultsymbole der phrygischen Matar sind archäologisch ab dem 8. Jh. v. Chr. nachweisbar; Abbildungen der Göttin ein Jahrhundert später. Die zahlreichen Großfundstätten in Zentral- und Westphrygien sowie die kleinen privaten Kultfigurinen aus Gordion lassen erkennen, dass die Verehrung der Bergmuttergöttin in der gesamten phrygischen Gesellschaft weit verbreitet war. Ein typischer Kultort befand sich auf dem Dindymos, dem heutigen Arayit Daği, ca. 140 Kilometer südwestlich von Ankara. Zu den Bergen als Kultwohnstätten der Matar (ein Beiname: kubileya – ‚vom Berg‘) passen die von Region zu Region variierenden tierischen Begleiter, vor allem Greifvögel, über die die Bergmuttergöttin gebot. Vom Gebirge herab beschützte die Göttin aber auch Siedlungen, Grab- und Kultstätten oder landwirtschaftliche Kulturflächen. So galt sie als Mittlerin zwischen chaotischer ‚Natur‘ und geschützter ‚Kultur‘. Der Göttin gewidmete Reliefs finden sich dementsprechend auf Umfriedungen aller Art. Auch die Schwelle zwischen den Reichen des Lebens und des Todes kontrollierte M ­ atar (trotz ihres Namens aber stand sie weniger für Fruchtbarkeit), sodass Gräber häufg im Umkreis der Kultreliefs angelegt wurden. Eigene Tempel innerhalb von Siedlungen besaß Matar dagegen offenbar nicht. Darstellungen der Göttin zeigen frontal eine aufrecht stehende Frau mit einem langen, umhangartigen Kleid. Ihr Kopf ist vom charakteristischen Polos bedeckt. Die an Felswänden angebrachten Abbildungen der Göttin waren typischerweise 35 Vgl. Hdt. I 14; Strab. I 3,21 (§ 61); XII 5,3; 8,1 (567 f.571); dazu Roller, Legend. 36 S. u. 7.1. 37 Vgl. Berndt-Ersöz, Search. 38 Vgl. Berndt, Midasstadt, 8–14.60 f; Roller, Search, 98–100.

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Abb. 2: Relief der phrygischen Matar. Bei Ankara, 7. Jh. v. Chr.

von einem steinernen Rahmen in Form einer Türöffnung umgeben, eine Reliefform, die zu Matars Funktion als Schwellenhüterin passt (s. o. Abb. 2).39 Zum Kult der Matar, über den nur sehr wenig bekannt ist, gehörten religiöse Spezialisten, die die Griechen Γάλλοι (lat. galli) nannten. Ihre Aufgabe bestand in der Prophetie. Ähnlich wie in anderen altorientalischen Kontexten (und später bei den türkischen Derwischen) versetzten sich die Matar dienenden religiösen Frauen40 und Männer durch drehende Tanzbewegungen in Verzückung, um zu prophezeien. Die mit anderen kleinasiatischen Göttinnen verschmolzene41 phry 39 Vgl. auch Naumann, Ikonographie, 30–100. 40 Vgl. Anth. Gr. VI 173. 41 So etwa mit der lydischen Kuvava oder pisidischen Fruchtbarkeitsgöttinnen (dazu Talloen u. a., Matar). Zur Muttergottheit in Ionien Akalın, Traces.

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gische Göttin gelangte ab dem späten 7. Jh. v. Chr. als Μήτηρ – oder nach den phrygischen Epitheta kubileya bzw. kubeleya als Κυβέλη – in die Griechenstädte Norwestkleinasiens, nach Griechenland und später in die römische Welt, wobei die Vorstellung von der Göttin und die Kultpraktiken grundlegend transformiert und angepasst wurden. Eine im Ansatz ähnliche, im Hinblick auf die Wirkmächtigkeit aber gegenüber der Bergmuttergöttin begrenztere Entwicklung durchlief der Mondgott Men.42 Die ländlichen Gegenden Südphrygiens, Pisidiens und Lykaoniens waren die Zentren seiner Verehrung. Anders als Matar spielte Men offenbar keine Rolle in der offiziellen Religion der Phryger. Über die Herkunft der Gottheit ist ebenso wenig bekannt wie über die Men-Verehrung in Zentralkleinasien in vorhellenistischer Zeit. Durch Sklaven und Händler kam Men im 4. Jh. v. Chr. nach Attika und auf die ägäischen Inseln, auch nach Pontus.43 In Griechenland, woher die frühesten Belege von Verehrern des Gottes stammen, erhielt Men eine anthro­ pomorphe Gestalt gemäß dem Phrygerbild der Griechen. Men ähnelte so Attis, dem Begleiter der Muttergöttin in Griechenland. Ab dem Ende des 3. Jh. v. Chr. finden sich die ersten Belege für Menkulte in Kleinasien.44 Vom phrygisch-­ pisidischen Raum aus breitete sich Men in die pamphylische und die lykaonische Ebene, durch die Täler des Mänander und des Hermos gen Westen, nach Pontus und im späteren Galatien aus. Insgesamt war die Bedeutung Mens regional. Von allen Men-Heiligtümern ist archäologisch und durch Inschriften am meisten über den hellenistischen Men-Tempel im pisidischen Antiochia bekannt.45

3.2.3 Das phrygische Erbe Das Ende des Phrygerreiches stand in Verbindung mit dem Einfall der Kimme­ rier, die von ihren im Kaukasus und nördlich des Schwarzen Meeres liegenden Gebieten nach 700 v. Chr. nach Kleinasien kamen, bis sie von den Lydern gestoppt werden konnten. Die weitere Entwicklung der Phryger46 in der Nachreichszeit stand zunächst unter lydischer,47 dann (ab dem mittleren 5. Jh. v. Chr.) persischer48 Oberherrschaft. An die Stelle des zentralen Königtums waren einzelne 42 Vgl. Labarre, Origines, insb. 396–398 (zu Herkunft und Entwicklung der Men-Kulte und zu den Quellen); ferner Paz de Hoz, Kulte, 38–54; Lane, Men; Hübner, Spiegel, und die – durch zahlreiche neuere Funde zu ergänzende – Quellensammlung CMRDM. Strabo beschreibt Men-Heiligtümer in Phrygien, Pisidien und Pontus: XII 3,31 (§ 556); XII 8,14 (§ 577); XII 8,20 (§ 580). S. u. 7.1. 43 Vgl. etwa CMRDM III, 1; Strab. XII 3,31 (§ 556). 44 Vgl. etwa CMRDM I, 1.151. 45 S. u. 4.5.2.5. 46 Vgl. zusammfassend Belke/Mersich, Phrygien, 72–76. 47 Hdt. I 28; zusammenfassend Marek, Geschichte,152–159. 48 Xen. hell. I 4,1; Xen. Kyr. II 1,5; VIII 6,7; zusammenfassend Marek, Geschichte, 204–227.

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lokale Herrschaften getreten. Die Hellenisierung der Phryger erfolgte rasch;49 angestammte kulturelle Traditionen brachen dabei aber keineswegs ab.50 Beispielsweise erhielten sich einige Reste der phrygischen Sprache, die ab dem 1. Jh. n. Chr. in Inschriften verwendet wurde.51 Exemplarisch lässt sich dies auch am Wandel der im hellenistischen Gordion gefundenen Matar-Darstellungen ablesen (s. u. Abb. 3).52 Es handelt sich um kleine Statuetten aus Privathäusern oder um Votivgaben. War die phrygische Hauptgöttin, wie beschrieben, vorher stehend in einem langen Kleid abgebildet worden, begegnen ab dem späten 3.  Jh. v. Chr. sitzende Frauen­ gestalten, die griechischen Chiton und Mantel tragen. Löwen werden nun die tierischen Begleiter der Gottheit, das Tympanon ihr typisches Accessoire. Assoziiert wurde Matar nun mit Kulten der Musen oder der Agathe Tyche. Die verwendeten Materialien und ihre Verarbeitung zeigen die Importrouten und den Wandel des einheimischen Geschmacks: Gefunden wurden sowohl importierte Marmorstatuetten – das Material kommt in Zentralphrygien nicht vor – als auch etwas unbeholfen wirkende einheimische Alabasterarbeiten, die Arbeiten aus den Werkstätten der Griechenstädte Westkleinasiens oder der Schwarzmeerküste kopierten. Beliebt war offenbar vor allem der in Pergamon gepflegte Stil. Der griechische Darstellungsstil der Göttin mit Löwen und Tympanon orientierte sich an der lydischen Variante Matars und strahlte nun durch Handels- und Kulturkontakte in die Heimatregion der phrygischen Göttin zurück, veranlasst nicht zuletzt durch den starken Einfluss des pergamenischen Reiches bis nach Zentralkleinasien hinein. Die Kulturkontakte bewirkten aber nicht die Ersetzung der phrygischen durch eine griechische Göttin, sondern ein Amalgam einheimischer und fremder Formen. So fehlt in Gordion Attis als Parhedros. Auch blieb Matar 49 Vgl. Brixhe, Interactions, 247. 50 Bei den sog. phrygischen Türsteinen handelt es sich um Steinplatten mit der reliefartigen Darstellung einer Scheintür. Sie fanden bei der Gestaltung von Grabstätten Verwendung. Die meisten gefundenen Türsteine stammen aus dem 2./3. Jh. n. Chr. In der Forschung werden die Türsteine meist zum Erbe der altphrygischen Kultur gezählt (grundlegend Waelkens, Türsteine; vgl. Kelp, Phänomen). Lochmann, Studien, zeigt in seiner neueren Untersuchung aber, dass Türsteine geographisch und chronologisch wesentlich weniger weit verbreitet waren als bislang angenommen. Altphrygische Wurzeln scheinen nicht zu existieren. Im mittleren 1. Jh. n. Chr. gab es vermutlich in Zentralkleinasien noch keine Türsteine. Sie werden daher im vorliegenden Rahmen nicht weiter behandelt. 51 Vgl. Neumann, Phrygisch; Haas, Sprachdenkmäler, 60–129; Brixhe, Interactions, 248.253–256.266; Ders., Phrygian; Holl, Fortleben, 243; Laminger-Pascher, Lykaonien, 49–53 (dazu Strobel, Grenzregionen, 55 Anm 194). Welche sprachlichen Traditionen des­ Phrygischen sich bis in die Kaiserzeit erhielten, ist in der Forschung umstritten. Der in der Kirchengeschichte des Sokrates (4./5. Jh. n. Chr.) erwähnte gothisch-phrygische Bischof, der ἀμφοτέραις ταῖς διαλέκτοις (Sokr. V 23,8; vgl. Soz. VII 17,12) zu sprechen vermochte, liefert keinen eindeutigen Beleg phrygischer Sprachpraxis (allerdings auch nicht den Beweis des­ Gegenteils). 52 Vgl. Roller, Hellenization.

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Abb. 3: Terrakottastatue der thronenden Muttergöttin. Gordion, 3./2. Jh. v. Chr.

eine die Menschen beschützende Göttin. Das Tremendum der griechischen chtonischen Kybele stand hier nicht im Mittelpunkt. Nach dem Ende des Alexanderreichs herrschten zunächst Antigoniden und dann Seleukiden über die phrygischen Stammlande. In dieser Zeit ließ Antiochos III. aus politischen Gründen babylonische Juden in Phrygien ansiedeln.53 Das seleukidische Reich fiel schließlich an Pergamon, dessen Erbe Rom wurde. An zahlreichen Orten entstanden hellenisierte urbane Zentren.54 Die ehemalige Reichszentrale Gordion wurde 198 v. Chr. aufgegeben, als Cornelius Manlius 53 S. u. 3.3. 54 Tyraion etwa erhielt von Eumenes II. unter Roms Kontrolle den Polisstatus, vgl. Jonnes/ Ricl, Inscription.

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Vulso gegen einen neuen Machtfaktor in Kleinasien zu Felde zog: gegen die keltischen Galater.55 Bevor diese eingeführt werden, ist aber noch ein Blick auf weitere Volksgruppen zu werfen, die wie die Phryger bereits vor den Galatern in Kleinasien lebten, sowie auf die jüdische Diaspora.

3.3 Die jüdische Diaspora in Kleinasien Die früheste Nachricht über die Ansiedlung von Juden in Kleinasien im größeren Stil liegt in dem bei Josephus wiedergegebenen Schreiben Antiochos’ III. an Zeuxis vor.56 Der Stratege solle 2000 jüdische Familien aus dem Zweistromland in Lydien und Phrygien ansiedeln, die, mit Land und Privilegien ausgestattet, ein gesellschaftliches Gegengewicht zu den politisch unzuverlässig erscheinenden Kleinasiaten herstellen sollten. Das Briefzitat muss als literarische Fiktion des ­Josephus gelten, doch dürfte es durchaus einen historischen Anhaltspunkt haben. Dafür spricht, dass die Nachricht in den Rahmen der seleukidischen Ansiedlungspolitik passt.57 H. Bru schlägt vor, u. a. Phrygien am Gebirge58 als die Region zu identifizieren, in der Antiochos die jüdischen Acker- und Weinbauern ansiedelte.59 Dafür spricht, dass seinerzeit Rom, Pergamon und die Attaliden um die Vorherrschaft in der Gegend konkurrierten. Sie lag an den beiden Fernstraßen von der Ägäisküste durch die kleinasiatische Halbinsel hindurch gen Osten. Dass sich die Region aus seleukidischer Sicht für Ansiedlungen eignete, beweist die Gründung von Antiochia bei Pisidien, in dem Kolonisten aus Magnesia am Mäander sesshaft gemacht wurden. Das günstige Klima des Gebietes empfahl seinerseits die Ansiedlung der von Landwirtschaft lebenden jüdischen Familien. Die Hellenisierung Palästinas, dortige Unruhen und das rasche Wachstum der Bevölkerung waren die Gründe zu freiwilliger oder erzwungener jüdischer Emi 55 Vgl. Liv. XXXVIII 18,11–14; dazu Strobel, Identität, 378; vgl. auch Goldmann, Reconstructing. 56 Vgl. Jos, Ant 12,147–153. Bereits in früherer Zeit hatte es Juden in Kleinasien gegeben, vgl. 12,119; 14,110. Vgl. insgesamt Mitchell, Anatolia II, 31–37; Marek, Geschichte, 279 f.496; Ameling, Inscriptiones, 1–5; Feldman, Jew, 45–83; Krauter, Bürgerrecht, 275–279; Frey, Gemeinden, 106–108; Levinskaya, Traces; Overman, Jews. Vgl. als kartographische Grundlage Bloedhorn, Diaspora. Zum historischen Wert der lukanischen Nachrichten s. u. Anm. 369. 57 Der Brief bzw. zumindest sein Inhalt wird in der gegenwärtigen Forschung als authentisch erachtet, vgl. Huttner, Lycus Valley, 68; Trebilco, Communities, 5; Ameling, Inscriptiones, 3. Kritisch zur literarischen Integrität Gauger, Beiträge. 58 S. u. 3.4.1; 4.5.2.1. 59 Vgl. Bru, L’Origine, 274–276. Dazu passt die Erwägung von Huttner, Lycus Valley, 69, auch im unweit gelegenen Lykostal könnten aus den gleichen Gründen jüdische Familien angesiedelt worden sein.

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gration gen Westen. Eine Reihe weiterer Textstellen gibt grobe Hinweise, wo Juden in Kleinasien lebten. So wendet sich ein im 1. Makkabäerbuch eingefügter Brief des römischen Senates an jene Herrscher, in deren Gebieten Juden lebten.60 Auf der kleinasiatischen Halbinsel betraf dies nach diesem Text die Gebiete Pergamons und Kappadokiens; daneben werden aber auch einzelne Städte wie etwa Side in Pamphylien genannt. Einige Notizen Philos sprechen von Juden in „Asien“.61 Insgesamt werden Phrygien, Kappadokien – vermutlich nicht zuletzt wegen der Nähe zu Syrien – sowie die hellenisierten Küstenregionen Kleinasiens zu den Regionen gezählt, in denen man von jüdischer Bewohnerschaft ausging (vgl. auch Act 2,9).62 Die vor allem kaiserzeitlichen Inschriften geben ein im Einzelnen präziseres Bild, etwa über Juden in Lydien und Karien63 oder die samarische Diaspora.64 Zu beachten ist, dass wir auf Grund des epigraphic habit hauptsächlich von in Poleis integrierten jüdischen Gemeinschaften erfahren, in denen Handwerker und Händler dominierten.65 Auf dem Land lebende und arbeitende Juden, auf die schon die Ansiedelungen des Antiochos hinweist, bleiben in den Texten unterrepräsentiert. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass bereits in vorrömischer Zeit Juden zwischen Halysgebiet und Pamphylien lebten. Konkrete Nachrichten besitzen wir aber nicht über sie.

3.4 Die Regionen des späteren Südgalatiens Die Reichsbildung des Galaters Amyntas und römische Provinzialverwaltung brachten es mit sich, dass der Südteil der Provinz Galatien im mittleren 1. Jh. n. Chr. mehrere Völkerschaften und Stämme umfasste, die in der Ebene Lykaoniens oder in den bergigen Taurosregionen lebten (s. u. Abb. 4). Diese Bevölkerungsgruppen standen bereits in vorrömischer Zeit in kulturellem und politischem Austausch untereinander. Eine historische und geographische Abgrenzung ist 60 Vgl. 1Makk 15,22 f. Zur Historizität vgl. Gauger, Beiträge, 300 f; Ameling, Inscriptiones, 31. 61 Vgl. Philo Flacc 46; Philo LegGai 245 (’Ιουδαῖοι καθ’ ἑκάστην πόλιν εἰσὶ παμπληθεῖς, ’Ασίας); Leg LegGai 281 (εἰς δὲ τὰς πόρρω διῳκισμένας Παμφυλίαν Κιλικίαν, τὰ πολλὰ τῆς ’Ασίας ἄχρι Βιθυνίας καὶ τῶν τοῦ Πόντου μυχῶν τὸν αὐτὸν τρόπον; vgl. auch LegGai 306). 62 κατοικοῦντες […] Καππαδοκίαν, Πόντον καὶ τὴν ’Ασίαν, Φρυγίαν τε καὶ Παμφυλίαν. Vgl. auch Act 6,9. Als globaler Hinweis auf Juden in Kleinasien kann auch Est 3,6.8 gelten. Die Angaben rabbinischer Quellen decken sich mit dem gezeichneten Bild (vgl. dazu Neubauer, Géographie, 308–319). 63 Vgl. Ameling, Gemeinden, 31.  64 Vgl. Van der Horst, Diaspora, 142 f. 65 Vgl. Ameling, Gemeinden, 31 f; exemplarisch a. a. O. Nr.  97 (Goldschmied); Nr.  196 (Stiftung an Berufsvereine); Nr. 237.239 (Parfumeure); Nr. 241 (Rudermacher); Nr. 57–59 (jüdische Geschäftsbesitzer in Sardis); ferner die Purpurhändlerin Lydia in Act 16,14.

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Abb. 4: Südgalatien

daher nicht immer trennscharf. Im Vergleich zu den sonstigen hier behandelten Völkerschaften weiß die Geschichtsschreibung relativ wenig von ihnen. Das gilt in noch einmal höherem Maße für die kleineren Stammesverbände, die die schwer zugänglichen Regionen des Tauros bewohnten.

3.4.1 Phrygia Paroreius Phrygien am Gebirge gehörte zu den traditionellen Regionen Phrygiens.66 In Form eines schmalen Streifens ragte diese Pisidien und Lykaonien benachbarte Gegend in das Gebiet der Provinz Galatien hinein. Die naturräumlichen Gegebenheiten machten die Region zu einer der fruchtbarsten Zentralkleinasiens.67 Phrygien am Gebirge prosperierte zusätzlich auf Grund seiner Verkehrsanbindung. Mindestens seit der Perserzeit passierte die κοινὴ ὁδός, die die kleinasiatische Westküste mit dem Euphrat verband, das Gebiet.68 Auch der sog. persische Königsweg verlief durch Südgalatien. Auf dem entsprechenden Streckenabschnitt deckten sich die Routen der beiden persischen Hauptstraßen fast durchgehend. 66 Vgl. Strab. XII 8,13 f (§ 576 f); ferner Mitchell, Anatolia I, 85; Ders./Waelkens, Antioch, 1; Syme, Anatolica, 179–181. 67 S. o. 2.; s. u. 4.5.2.1. 68 Vgl. Strab. XIV 2,29 (§ 663).

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Wie David French zeigte, verlief der Königsweg nicht, wie in der Forschung lange angenommen, durch die Halys-/Sangariosregion.69 Die Lage der Phrygia Paroreius an dieser wichtigsten Ost-West-Achse der kleinasiatischen Halbinsel ermöglichte nicht nur die Teilnahme am überregionalen Handel, sondern lenkte auch die Interessen der Großmächte in hellenistischer Zeit auf die Phrygia Paroreius.70 Die strategisch und wirtschaftlich günstige Lage wurde daher für die Gründung von Kolonien genutzt. Antiochia, das traditionell zu Phrygien am Gebirge zählte und erst ab der augusteischen Zeit Pisidien zugerechnet wurde,71 war eine seleukidische Gründung, die im 3. Jh. v. Chr. mit Kolonisten aus der Mäanderregion besiedelt wurde.72 Philomelion, Lysias und das für seine Marmorvorkommen weithin geschätzte Docimeion waren makedonische Kolonien. Besonders Antiochos III. schätzte offenbar die Phrygia Paroreius als strategischen Knotenpunkt. Der entscheidende Machtkampf mit seinem abtrünnigen Cousin Achaios war daher eine Auseinandersetzung um die Phrygia Paroreius und um angrenzende pisidische Gebiete.73 Antiochos sorgte durch Statthalter für die Verwaltung und Kontrolle der Region. Beispielsweise setzte er einen Oberaufseher über die nördlich des Tauros gelegenen Heiligtümer ein.74 In diesem Zusammenhang wird auch der Men-Tempel bei Antiochia erstmals erwähnt.75 Antiochos, in dessen Reihen Söldner aus den Gebieten nördlich des Tauros gekämpft hatten,76 gewährte schließlich Pisidien und Phrygien am Gebirge einen relativ autonomen Status, den die Römer im Frieden von Apameia bekräftigten.77 Auf Grund des ausgesprochenen Interesses des Antiochos III. an der Phrygia Paroreius und den angrenzenden pisidischen Gebieten ist es gut möglich, dass er die jüdischen Familien aus dem Zweistromland in diesen ihm wichtigen Regionen ansiedelte.78

69 Genannt bei Hdt. V 52–54. French, Royal Road, weist nach, dass auch Xerxes nach Herodots Bericht (Hdt. VII 26–44) den Königsweg nahm, d. h. die offizielle achämenidische Route, lediglich in umgekehrter Richtung. Die alte Hauptroute gen Osten verlief, wie Frenchs Analyse der jeweiligen Herodot-Passagen zeigt, nicht durch die Landschaft Galatien, sondern durch Phrygien am Gebirge und weiter nach Lykaonien (vgl. auch Huttner, Lycus Valley, 19 f, vgl. dem gegenüber Levick, Colonies, 10–15; Marek, Geschichte, 209–211; Steinmann, Leserkreis, 51; Ramsay, Commentary 210; Syme, Anatolica, 8; Debord, Aspects, 11). 70 Vgl. Bru, L’Origine, 273 f. 71 So Plin. nat. V 94; Act 13,14 (εἰς ’Αντιόχειαν τὴν Πισιδίαν). Strab. XII 6,4 (§ 569); 8,14 (§ 577) zählt das Antiochia „bei Pisidien“ noch der Phrygia Paroreius zugehörig. 72 S. u. 4.5.2.1. 73 Vgl. Grainger, Cities, 110–113. Vgl. Pol. V 107,4; VIII 15–21. 74 Vgl. Malay, Letter; Ders., Copy; Ma, Cities, Nr. 4. 75 S. u. 4.5.2.5. 76 Vgl. Liv. XXXVII 40,14. 77 Vgl. Liv. XXXVII 56,6; Pol. XXI 45; dazu Ma, Cities, 160. 78 S. o. 3.3.

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3.4.2 Lykaonien Das ursprüngliche Siedlungsgebiet der Lykaonier erstreckte sich südlich und südöstlich von Ikonium bis an die Grenze zu Kappadokien.79 Nach einer Zeit der phrygischen Beeinflussung waren die Lykaonier den Persern tributpflichtig, konnten aber ihre kulturelle Identität und politische Autonomie weitgehend erhalten. Xenophon erwähnt erstmals Lykaonier, und zwar als Teil des Heeres des Lyders Kroisos.80 Fest steht, dass lykaonisch besiedelte Gebiete nach dem Tod Alexanders des Großen bald den Seleukiden zufielen. Im Vertrag von ­Apameia wurde Lykaonien Pergamon zugesprochen,81 danach kam es unter kappadokische,82 dann – als Folge der Bekämpfung der kilikischen Piraten – unter römische Kontrolle.83 Eine geschlossene Einheit der Lykaonier bestand nicht, als Lykaonien Teil der Provinz Galatien wurde. Poleis gab es nicht, wohl aber Ortschaften und Zentralorte. Strabo kennt neben kleineren, oft unlokalisierten Siedlungen die Komopolis Soatra und die Festung Koropassus in der Grenzregion zu Kappadokien. Ikonium wird als stark bevölkerte und in einem fruchtbaren Gebiet liegende Ortschaft beschrieben.84 Der Beiname Laodikeas („Kekaumene“), an der alten Handelsstraße zwischen Ephesus und dem Euphrat gelegen, rührt von Schmelzöfen her, in denen die in der Umgebung gewonnenen Erze verarbeitet wurden. Wie Act 14,11 belegt, bestand Lykaonisch als gesprochene Sprache in der frühen Kaiserzeit. Daneben spricht die lykaonische Färbung des Griechischen der Inschriften Lykaoniens für den aktiven Gebrauch dieser Sprache.85 Kronos, Zeus und Men besaßen zahlreiche lokale Heiligtümer in Lykaonien.86

3.4.3 Isaurien Landschaftlich noch in Lykaonien lagen am nördlichen Tauroshang die Hauptorte der Isaurier (Isaura Palaia und Nea Isaura), um diese herum das Kernland der Isaurier. Strabo zählt dementsprechend Isaurien zu Lykaonien.87 Über die beschriebene Gegend hinaus lebten Angehörige des eher lockeren isaurischen Stämmeverbundes auch im Rauhen Kilikien in der späteren Provinz Cilicia. ­Plinius 79 Vgl. zu den Lykaoniern Belke, Galatien, 49; Röhr, Kult, 53–72; Aulock, Lykonien, 15–17; Levick, Colonies, 16–20. 80 Xen. Kyr. VI 2,10. 81 Vgl. Liv. XXXVII 54; ferner Hansen, Attalids, 93. 82 Vgl. Iust. XXXVII 1. 83 Vgl. Cic. Ad Att. V 21,9. Zu Ciceros Lykaonien-Bild vgl. Arweiler, Frauen, 30. 84 Vgl. Strab. XII 6,1 (§ 568). 85 Vgl. Laminger-Pascher, Beiträge, 15; Dies., Lykaonien. 86 S. u. 7.1. 87 Vgl. Strab. XII 6,2 f (§ 568 f). Zum Folgenden Feld, Bürger, 16–34.37–44.56–81; Pilhofer, Romanisierung, 19 f.25–36; de Souza, Piracy, 97–178; Grainger, Cities, 152 f.

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kennt neben den genannten noch die Städte Isaura, Clibanus, Lelasis.88 Zu beachten ist, dass manche antike Quellentexte pauschal alle Taurosbewohner als Isaurier bezeichnen, während andernorts die Isaurier als Kilikier angesprochen werden. Vieles ihrer historischen Entwicklung teilten die Isaurier mit ihren östlichen und ihren westlichen Nachbarn in Pisidien und Kilikien. So standen Ostpisidien und Isaurien in der Frühzeit unter hethitischem Einfluss. Im 9.  Jh. v. Chr. bildete Isaurien zusammen mit Kilikien eine assyrische Provinz, kam dann unter persische Oberherrschaft. Alexander strebte die Einbindung der Region in sein Reich an. Er setzte seinen ehemaligen Leibwächter Balakros, Sohn des N ­ ikanor, als Gouverneur ein. Dieser bemühte sich ein Jahrzehnt lang darum, in der Region Steuern einzutreiben. Schließlich traf er auf handfesten Widerstand und wurde im Zuge eines Aufstands getötet. Der General Perdikkas unternahm daraufhin einen Rachefeldzug und zerstörte Alt-Isaura.89 Von den inneren Verhältnissen der Isaurer ist kaum etwas bekannt. Ihre Kriegskünste boten sie fremden Feldherren an. So zählten sie zu den bekannten „kilikischen“ Söldnern in den Syrienkriegen, waren später auch im Dienste des Hasmonäers Alexander ­Jannaios tätig.90 Nach der Begrenzung und schließlich dem Niedergang der Seleukidenherrschaft in Kleinasien kamen in Kilikien/Isaurien lokale Potentaten an die Macht. Das – zumeist aus römischer Sicht so etikettierte – Seeräuberwesen an der kili­ kischen Küste und damit der Sklavenhandel begannen zu florieren. Rom begrüßte zunächst, dass dadurch ein größeres Angebot an Sklaven auf den Markt kam. Zudem hoffte man, die Freibeuter würden zur Eindämmung der Parther beitragen. Das Einzugsgebiet der Piraten beschränkte sich keineswegs auf die Küste. Der Tauros bot ihnen nicht nur unverzichtbare Rückzugs- und Rekrutierungsgebiete, sondern auch Holz für den Flottenbau.91 Das „kilikische“ Piratentum war also ebenfalls eine „isaurische“ Angelegenheit. Mit der Wende zum 1. Jh. v. Chr. verfolgten kleinere Militärkommandos (provinciae)  die ­widerständigen Piraten und erzielten dabei Teilerfolge. Es entstand die Vorform der Provinz­ Kilikien. Von einer konsequenten Strategie der Römer kann zu diesem Zeitpunkt aber noch keine Rede sein. Eine handfeste Bedrohung römischer Interessen erwuchs dann aus der Zusammenarbeit der Seeräuber mit dem Hauptgegner Roms in Kleinasien, Mithradates VI. Eupator von Pontos.92 84 v. Chr. wurde daher die Provinz im Rauhen Kilikien, in Teilen Lykaoniens und Pamphyliens erneuert. In den Jahren 77–75 v. Chr. startete unter Publius Servilius Vatia eine groß angelegte Kampagne. Zunächst sollten die Piraten selbst attackiert, dann ihre Versorgungs- und Rekrutierungswege abgeschnitten werden. Nachdem Servilius­ 88 Vgl. Plin. nat. V 23 (§ 94). 89 Vgl. Diod. XVIII 22. 90 Vgl. Jos, Ant 13,374; Bell 1,88. 91 Vgl. App. Mithr. 92,421. 92 Vgl. App. Mithr. 63,262. Dazu auch Mileta, Mithradates.

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zunächst Teile Pamphyliens erobert und der Provinz hinzugefügt hatte, zog er nach Pisidien und schließlich gegen die Bergstämme der Orondeis, der Homona­ deis und der Isaurer. Hier belagerte er Palaia Isaura, schnitt den Einwohnern das Wasser ab und zwang sie so zur Aufgabe. Die Besiegten wurden versklavt; die lokalen Götter evoziert.93 Daraufhin boten die Bewohner Neuisauriens eine Verhandlungslösung an. Nachdem diese zunächst zu Stande gekommen zu sein schien, belagerte Servilius den bei der Stadt gelegenen heiligen Berg der Göttermutter, von dem aus er schließlich die Kontrolle übernehmen konnte.94 Auch wenn Servilius für seine Erfolge in Isaurien mit dem Beinamen Isauricus geehrt wurde, gelang es ihm dennoch nicht, dauerhaft die Region unter römische Kontrolle zu bringen. Isaurien, Kilikien und Pisidien wurden von Mithradates eingenommen.95 Erst Pompeius löste das Piratenproblem, indem er die Seeräuber erst in offener Schlacht bezwang und sie dann abseits der Küste ansiedelte.96 Im Zuge seiner Neuordnung des östlichen Mittelmeerraums bestätigte er den Provinzstatus Kilikiens. Marcus Tullius Cicero wirkte hier im Jahr 51/50 v. Chr. als Statthalter. Im Rahmen dieser Tätigkeit visitierte er die regionalen Gerichte, so auch im lykaonischen Ikonium.97 Auch hatte er sich mit einem Aufständischen, einem gewissen Moeragenes, auseinanderzusetzen.98 In der Zeit nach dem Ende des Zweiten Triumvirats überließ Rom die Kontrolle über Kilikien dem Galater Amyntas. Dieser besiegte den lokalen Potentaten Antipater in Derbe,99 zerstörte Alt-Isauria und wählte Isauria Nea, später Leontopolis, als seinen Residenzort. Auf Grund des Todes des Amyntas blieb der begonnene Ausbau der Stadtbefestigung unvollendet.100

3.4.4 Pisidien Die Pisidier waren in ihrer Geschichte eng mit den Bewohnern der Nachbarregionen verbunden.101 Die Griechen bezeichneten pauschal die Bewohner der Hochebenen des Taurus als Pisidier. Die Siedlungen der unterschiedlichen und 93 Vgl. Sall. hist. Frgm. II 87; Frontin. strat. III 7,1; ferner Hall, Light; Blomart, evocatio, 101. 94 Vgl. Sall. hist. Frgm. II 87. 95 Vgl. App. Mithr. 75,326. 96 Vgl. App. Mithr. 75,430. 97 Vgl. Cic. Att. V 21,9. 98 Vgl. Cic. Att. V 15,3. 99 Vgl. Strab. XII 1,4 (§ 535); 6,3 (§ 569); XIV 5,24 (§ 679). 100 Vgl. Strab. XII 6,2 f (§ 568 f). Altisauria liegt in der Nähe des heutigen Bozkır; Nea I­ sauria ist mit der Ruinenstätte von Zengibar Kalesi zu identifzieren (vgl. Feld, Bürger, 21; anders noch Belke, Galatien, 198). 101 Zum Folgenden Doni, Pisidians; Bracke, Pisidia; Belke/Mersich, Phrygien, 72–76; Mitchell, Anatolia I, 71 f; Ders., Cremna; Ders., Hellenismus; Weiss, Pisidien; Brandt, Gesellschaft, 11–168; Köse, Grabdenkmäler; Ders./Vandeput, Project; Schnabel, Mission, 1047; Hauschild, Völker, 54; Marek, Geschichte, 497; Aulock, Pisidien I, 13. 

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heute nicht vollends zu differenzierenden Stämme erstreckten sich in einem Gebiet zwischen dem Nordrand der pamphylischen Küstenregion bis zur ­Pusguse Limne (heute See von Beyşehir). Die Pisidier entwickelten sich aus luwisch­ sprachigen Stämmen.102 Noch bis in römische Zeit begegnen hethiterzeitliche Namen. Reste der pisidischen Sprache sind in Inschriften erhalten. Bis zum 8./7. Jh. v. Chr. war das pisidische Hochland, in welches sowohl das hethitische als auch das phrygische Großreich ausstrahlten, den südlich angrenzenden Küstenregionen kulturell überlegen. Pamphylien spielte damals noch eine marginale Rolle. Dieses Verhältnis kehrte sich durch die griechische Einwanderung103 an der Küste um. Nun entwickelten sich nach dem Vorbild der gräzisierten Küstenregion die hochgelegenen pisidischen Siedlungen zu Zentralorten mit städtischer Infrastruktur. Im Gebiet des späteren Südgalatien kann daher allein Pisidien auf eine breite urbane Tradition zurückblicken. Städte wie Selge, Termessus, Kremna und Sagalassos sind hervorzuheben.104 Sie waren als Poleis verfasst und mit den üblichen Organen ausgestattet. Bereits in hellenistischer Zeit verfügten sie über agorae, Theater, Ratsgebäude und städtische Tempel, vielfach nach pergamenischen Vorbildern gestaltet. Die pisidischen Städte lagen in ausgedehnten Territorien, die einträgliche Landbewirtschaftung erlaubten. Die Pisidier hielt man in der Antike für besonders wehrhaft; ihre Bergstädte galten als schwer einnehmbar.105 Besonders traf dies auf den pisidischen Stamm der Homonadeis zu, der in extrem schwer zugänglichen Gebieten in der Nachbarschaft der Isaurier in der Gegend um den Trogitis-See lebte.106 Der Hauptort, dessen Lokalisierung unbekannt ist, nannte sich Omana. Zusätzlich ist von 44, oberhalb von rauhen Tälern gelegenen Burgen die Rede. Erst unter dem Galater Amyntas im 1. Jh. v. Chr. kamen größere Teile Pisidiens unter direkte Fremdherrschaft. Selbst unter der Perserherrschaft hatte eine relative Autonomie erhalten werden können. In eine persische Satrapie war ­Pisidien nie offiziell eingegliedert gewesen. Mal dienten Pisidier als Söldner der Perser; mal attackierten sie als Verbündete der Ägypter persische Stützpunkte.107 Alexan­der unterwarf die Region und setzte einen Statthalter ein. Später gehörte sie zum von Antigonos Monophtalmos regierten Großphrygien. Von 301 v. Chr. 102 Zu luwischen Sprachtraditionen in Südkleinasien Houwink ten Cate, population. 103 Vgl. Grainger, Cities,1–41. 104 Vgl. Arr. an. I 28; Diod. XVIII 45,5; Strab. XII 7,1–3 (§ 569–571); Plin. nat. V 23 f (§ 94 f); Pol. V 73. Liv. XXXVIII 15,9 rühmt die Fruchtbarkeit des Territoriums von Sagalassos, den militärischen Mut seiner Bewohner und die Befestigung der Stadt. Zu den pisidischen Städten Porcher, Campagnes; Vanhaverbeke/Waelkens, Genése; Waelkens, Territorium; Ders. (Hg.), Sagalassos I–II; Mitchell, Cremna. 105 Vgl. Strab. XII 7,1–3 (§ 569–571); Xen. an. II 2,23. 106 Vgl. Plin. nat. V 23 (§ 94); ferner Feld, Bürger, 36. 107 Vgl. Xen. hell. II 1,13; an. I 1,11; 2,1 u.ö.; Plut. Themistocles 30 (pisidische Schergen des phrygischen Satrapen Epixyes).

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an stand Pisidien unter seleukidischer Oberhoheit. Nach ihrem Transit auf die kleinasiatische Halbinsel verschonten die galatischen Heere auch Pisidien nicht. Bereits ab dem 2.  Jh. v. Chr. machten die Pisidier Erfahrungen mit den Römern. Cornelius Manlius Vulso presste den prosperierenden pisidischen Städten erhebliche Summen ab. Zumindest Teile Pisidiens gelangten nach dem Frieden von Apameia unter pergamenische Oberherrschaft, gingen aber offenbar nicht in den Besitz der Provinz Asia über. Durch Pisidien verlief in dieser Zeit eine römische Straßenanbindung von der Provinz Asien bis nach Pamphylien.108 Im Jahr 91 v. Chr. schlossen die Römer im Kontext der Auseinandersetzung mit Mithradates einen Bündnisvertrag mit Termessos. Im Zuge der Kampagnen des Publius Servilius Vatia wurden Teile Pisidiens konfisziert und als ager publicus genutzt, so etwa im Gebiet von Oroanda.109 Schließlich brachte Amyntas als Klientelkönig der Römer und mit deren Billigung Pisidien unter seine Kontrolle.

3.5 Die Galater: Kelten in Kleinasien 3.5.1 „Galater“ Γαλάται ist die zum Namen gewordene Selbst- und Fremdcharakterisierung der nach Kleinasien gekommenen keltischen Gruppen und bedeutet „tapfere Krieger“.110 Bei den antiken Autoren wird der Terminus zu einem Synonym des älteren Ethnikons Κελτοί.111 Ausschließlich die in Kleinasien lebenden Kelten werden jedoch gemäß ihrer „Sonderstellung“112 innerhalb der alten Welt sowohl in der Antike als auch heute „Galater“ genannt. Zusätzlich bezeichnete man die Galater Kleinasiens als Gallograeci und ihre neugewonnene Heimat als Gallo­graecia.113 Damit ist bereits angerissen, warum die Galater ein besonderes Interesse in der Altertumswissenschaft hervorgerufen haben: Die Einwanderung der Kelten nach Kleinasien und ihr dortiges Fußfassen im Kontext der hellenistischen, dann der römischen Zeit sind zumindest in Grundzügen bekannt, wenn auch aus teils den 108 Vgl. Meilensteine des ersten römischen Statthalters der Provinz Asien, Manius Aquillius, die in Tacina und Side in Pamphylien gefunden wurden; dazu Mitchell, Cremna, 41. 109 Vgl. Cic. leg. agr. 2,50; 11,50; Plin. nat. V 42 (§ 147); dazu Mitchell, Anatolia I, 90. 110 Vgl. Schmidt, Sprachreste, 16; im Lateinischen als – seltenes, nur für die kleinasiatischen „Galater“ verwendetes – Lehnwort Galata (vgl. Cic. Att. 119,3; Lucan. VII 540). Zum Galaternamen Strobel, Identität, 358 f; Ders., Geschichte und Eigenart, 123–139; Ders., Aspekte, 101 f; Ders., Staatenbildung, 232; Darbyshire u. a., settlement, 77; Freeman, Language;­ Sänger, Adresse, 239; Coşkun, Belonging, 78 f (der auf den Zuzug weiterer Keltengruppen aufmerksam macht). 111 Vgl. etwa Diod. V 24,3; Pol. V 78,1 etc.; Paus. I 4,5; X 3,4; X 19,6–12; vgl. auch die Bezeichnungen Celtae (selten) und Galli. 112 Strobel, Identität, 390. 113 Vgl. Iust. XXV 2,11; Cic. har. resp. XIII 28; Caes. civ. III 4,5; Bell. Alex 67; Liv. XXXVIII 17,9; Strab. II 5,31 (§ 130).

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Galatern wenig freundlich gegenüber stehenden Quellen. Bei aller Anpassung an die Umwelt pflegten die Galater ihre keltische Sprache und ihre Identität bis in die Spätantike. Trotz der relativ gut dokumentierten äußeren Ereignisgeschichte und der bekannten Kontakte zwischen Galaterführern und römischen Politikern wissen wir kaum etwas aus der Innensicht ihrer Gesellschaft. Aus der Perspektive der kleinasiatischen Geschichte erscheinen sie nah und fern zugleich.

3.5.2 Ansiedlung und Söldnertätigkeiten in Kleinasien Mit der Ansiedlung keltischer Stämme im 3.  vorchr. Jh. entstand in Zentralkleinasien eine neue, kulturell und politisch eigenständige Region, deren Identität bei allen Wandlungen im Innern und Äußeren bis weit in die Spätantike fortbestand.114 Die Ankunft der Galater in Kleinasien resultierte aus den Wanderbewegungen keltischer Stämme, die in der Zeit der Diadochenkämpfe aus dem Donauraum zunächst auf den Balkan, dann nach Makedonien und Griechenland vorstießen.115 Dort gelang es den Kriegern, die griechische Verteidigung zu durchbrechen; der Zug zum panhellenischen Zentrum Delphi unter dem Heerführer Brennus scheiterte jedoch letztlich. Aus dem Heer des Brennus gliederten sich unter den reguli Leonnorios und Lutarios Stammesverbände aus, die um 279 v. Chr. von Nikomedes I. von Bithynien als Söldner angeworben wurden. Nikomedes und mit ihm die sog. nördliche Liga Kleinasiens sahen sich in dieser Zeit nicht nur einem nach dem Sieg über das thrakisch-makedonische Reich des Lysimachos immer bedrohlicher werdenden seleukidischen Machtanspruch gegenüber, sondern benötigten auch Unterstützung in der Auseinandersetzung mit dem Bruder des Nikomedes, Zipoites d. J., der sich Antiochos I. angeschlossen hatte. Livius spricht von 20 000 Kelten, die nach Kleinasien übersetzten, davon die Hälfte Krieger. Sie kamen offenbar gegen die Zusage von Sold und Land auf die Halbinsel.116 114 Vgl. Strobel, Identität, 356. Zur Geschichte der Keltenstämme in Kleinasien Mitchell, Anatolia I, 13–60 (in einigen Punkten revidiert von Darbyshire u. a., Settlement); Strobel, Geschichte und Eigenart, 153–264; Ders., Identität, 367–369; Ders., Aspekte; Ders., Keltensieg, 70–76; Ders., Staatenbildung, 233–240; Coşkun, Galatien, 1–3; Ders., Ankyraner Kaiserkult, 174 f; Ders., Ende, 134–137; Ders., Annäherungen, 82 f; Sänger, Adresse, 235–237; M ­ eissner, Hellenismus, 49 f.74–76.96; Schmidt, Sprachreste, 20–23; Schwertheim, Kleinasien, 72–77; Sherk, Galatia, 958; Birkhan, Kelten, 139–148; Stein-Kramer, Klientel­könig­reiche, 89–120; Schnabel, Mission, 1048–1050; Haensch, Provinzialverwaltung, 149 f; M ­ arek, Geschichte, 266–269.403–405. Den Stand der älteren Forschung bietet grundlegend Stähelin, Galater; vgl. auch Bittel, Galater; Hauschild, Völker, 101–106; Fischer, Kelten, 52 f; Dörner, Kleinasien, 83; Belke, Galatien, 48–52. Die Quellentexte zu den keltischen Wanderungen versammelt T ­ omaschitz, Wanderungen. 115 Vgl. Paus. I 3,5; 4,1–4; X 19,5–23; Diod. XXII 3,2–4; 9,1–5; Pompeius Trogus bei Iust. XXIV 6–8; XXXII 3,6–8; Pol. IV 46,1. 116 Vgl. zu den Galatern auf kleinasiatischem Boden vor allem Memnon Frgm. 11, und den Galaterexkurs bei Liv. XXXVIII 16; und Strab. XII 5,1 (§ 566); ferner FGrH 740 Frgm. 14; Paus. I 4,5 f; X 15,2 f; Iust. XXV 2,8–11; Suda s.v. Galatai.

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Ob sich die Keltengruppen zugleich in ihren späteren Stammgebieten  – die Tolistobogier um Gordion, die Tektosagen um Ancyra und die Trokmer weiter im Osten – niederließen,117 wird kontrovers diskutiert. Gegenwärtig tendiert die Forschung dazu, komplexeren Modellen den Vorzug zu geben. So spricht Einiges dafür, dass sich zunächst eine Allianz aus Tolistobgiern und Trokmern in größeren Teilen der Halbinsel engagierte. Die zunächst in Pontus angesiedelten Tektosagen bezogen wohl erst in den späteren 240er-Jahren ihre Siedlungsgebiete im Umkreis Ancyras.118 Zudem könnte eine zumindest nicht durchgehend sesshafte Lebensweise eine größere Rolle gespielt haben als angenommen.119 Ein relativer Konsens besteht darüber, dass sich die kleinasiatischen Galater mit der zumeist dörflich lebenden phrygischen Vorbevölkerung verbanden.120 Ob eine gleichberechtigte Ethnogenese stattfand oder ein Abhängigkeitsverhältnis bestand, ist freilich schwer auszumachen; ebenso, welche keltischen Traditionen von den­ Galatern in Kleinasien wie lange jeweils noch gepflegt wurden. Darf man Livius glauben, scheint der traditionelle furchtlose Nacktkampf ein letztes Mal in der Auseinandersetzung mit Cornelius Manlius Vulso im Jahr 189 v. Chr. angewendet worden zu sein.121 Unsicherheit besteht darüber, ob die Galater in der hellenistischen Zeit noch rituelle Menschenopfer durchführten.122 Hinsichtlich ihres Habitus und ihrer Alltagskultur scheinen sie sich jedenfalls nicht von ihrer Umgebung unterschieden zu haben.123 Die griechisch-hellenistische sowie später die römische Propaganda stilisier­ ten die nach Griechenland und dann nach Kleinasien gekommenen keltischen Verbände als barbarische Horden, die die zivilisierten Länder des östlichen Mittelmeerraums bedrohen würden.124 Aus Kriegslust und Beutesucht hätten sie Gräuel und Verwüstung gebracht und Abgaben erpresst.125 Die Kelten seien aus cupido in Asiam transeundi126 in Kleinasien eingefallen und hätten die Halbinsel bis weit in den Südwesten hinein mit dem terror Gallicus überzogen.127 Auf 117 So v. a. Strobel, Geschichte und Eigenart, 153–264; Ders., Identität, 367–369. 118 Vgl. Coşkun, War (angekündigt; non vidi). 119 Vgl. Ders., Annäherungen, 83.94; Ders., Latène-Artefakte, 130. 120 Vgl. Strobel, Identität, 356–374.390; Ders., Staatenbildung, 252; Ders., Aspekte, 102 f; auch Darbyshire u. a., Settlement, 82 f. 121 Liv. XXXVIII 21. 122 Zur Diskussion Selinsky, Report, 118; Strobel, Menschenopfer; Ders., Staatenbildung, 263–265; Coşkun, Latène-Artefakte, 146 Anm. 53. Vgl. Caes. Gall. VI 16; Liv. X 26,11; XXXVIII 47,12; Cic. rep. III 9,15; Poseid. 116; Diod. XXXI 13; vgl. Liv. X 26,11 123 Vgl. Coşkun, Latène-Artefakte, 148. 124 Vgl. Mitchell, Representation; Strobel, Keltensieg; Ders., Geschichte und Eigenart, 60–82; Coşkun, Belonging, 76–78; umfassend Kremer, Bild. 125 Vgl. Liv. XXXVIII 17,1–5; 47,9–13; 48,1 f; Diod. V 29,2–5; Strab. IV 4,5 (§ 197 f). 126 Vgl. Liv. XXXVIII 16,4; Memnon Frgm. 11,2. 127 Vgl. etwa Iust. XXV 2,10: terror Gallici nominis; Liv. XXXVIII 16,13: tantusque terror­ eorum nominis.

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Grund der asozialen Lebensweise könne die Sesshaftwerdung der Galater nur durch äußeren Druck zu Stande gekommen sein.128 Gegenüber diesen z. T. bis in die moderne Geschichtsschreibung hinein wirksamen Stereotypen der an­tiken Überlieferung machen Karl Strobel und Steven Mitchell darauf aufmerksam,129 dass die Söldnertätigkeit und die kriegerischen Plünderungen130 der Kelten auf der klein­asiatischen Halbinsel keine Ausnahmeerscheinung im zeitgenössischen Kontext bildeten. Von einem Einfall keltischer Horden kann keine Rede sein. Vielmehr waren die organisierten Kriegerverbände den hellenistischen Herrschern willkommene Söldner. Hieraus resultierte auch die Niederlassung der Galater im Phrygerland nach dem üblichen Grundsatz ‚Land gegen Kriegsdienst‘. Die Kriegszüge der galatischen Stämme in Kleinasien gingen nicht auf Aus­ brüche des räuberischen Keltengemüts zurück, sondern stellten zwar gewalttätige, aber im Rahmen der Auseinandersetzungen der hellenistischen Staatenwelt übliche Aktionen dar. Die Galater bildeten keine unzivilisierte und isolierte Enklave. Vielmehr waren sie in das politische Gefüge der hellenistischen Zeit eingebunden. So befanden sich die Galaterstämme „bald im militärischen Konflikt, bald im Bündnis“131 mit Seleukiden, ihren pergamenischen Antipoden oder deren jeweiligen Verbündeten. Die den Galatern zugeschriebenen Stereotype bezogen sich auf die fremdartige Herkunft und die gefürchtete Brutalität der Krieger. Sie nahmen auch auf sakralrechtlich geschützte Heiligtümer keine Rücksicht und erschienen daher als Frevler gegen jegliche Zivilisation.132 Die Selbstdarstellung der zeitgenössischen hellenistischen Herrscher leitete ihrerseits in der Tradition des Perser­ sieges – aktualisiert anlässlich der Zurückdrängung der Kelten aus Delphi in den Jahren 279/278 v. Chr. – aus dem Galatersieg ideologische und dynastische Legitimation her. Im Vergleich zwischen Propaganda und tatsächlich verfolgter Strategie zeigt sich aber eine gewisse Doppelmoral. So reklamierte Antiochos I. den Sieg über galatische Stämme in der später so genannten Elephantenschlacht für sich, während die tatsächliche Einigung wohl auf diplomatischem Wege erfolgte.133 Denn immerhin stützten die Galater zumindest bis zum römischen

128 Vgl. Strab. XII 5,1 (§ 566) (attalidisches Gebiet); Paus. I 4,5; 8,1. 129 Vgl. Strobel, Geschichte und Eigenart, 242; Ders., Aspekte, 102–113; Mitchell, Representation, 288. 130 Vgl. Memnon Frgm. 11,6; Liv. XXXVIII 16,10–12; OGIS 765 (Priene); OGIS 748­ (Kyzikos); Anth. Gr. VII 492 (Milet); Paus. I 4,5; X 30,9; 32,4 (Küstenregion sowie Kelainai und Themisonion). 131 Coşkun, Annäherungen, 82. 132 Vgl. Iust. XXIV 6; Pol. XVIII 37,9. 133 Vgl. Lukian. Zeuxis 8–11; App. Syr. 65. Auf den stilisierenden Charakter des lukianischen Zeugnisses weist Coşkun, Deconstructing, 62–65, hin. Antiochos habe sich, so Coşkun, nicht mit den Galatern schlechthin auseinandergesetzt, denn eine stammesübergreifende Organisation habe es damals noch nicht gegeben (vgl. a. a. O. 59). Zur umstrittenen Datierung in

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Krieg gegen ­Antiochos III. zu Beginn des 2. Jh. v. Chr. die seleukidische Herrschaft. Besonders aber die Attaliden Pergamons bezogen ihre Identität aus dem Sieg über die Galater. Attalos I. etwa ließ sich nach seinem Sieg über die Tolostoagier (= Tolistobogier) an den Quellen des Kaikos kurz nach seinem Herrschaftsantritt im Jahr 241 v. Chr. als König, Retter und Befreier von den tributfordernden Barbaren ausrufen,134 obwohl sich sein strategisches Interesse tatsächlich auf eine Zurückdrängung des Seleukiden Antiochos Hierax bezog. Ähnlich wie Antiochos I. arrangierte sich auch Attalos auf einer anderen Ebene mit nach Kleinasien gekommenen Kelten, kämpften doch die keltischen Aigosagen in seinen Reihen.135 Eumenes II. inszenierte dann in der Zeit des von Rom (noch) protegierten pergamenischen Reiches in den Jahren vor seinem Tod 159 v. Chr. das Selbstverständnis der Attalidenherrschaft. Seine zweimalige Bezwingung der Galater und ihrer kleinasiatischen Verbündeten feierte er als Sieg über die Nordbarbaren. Nicht nur wurden im vierjährigen Rhythmus wiederkehrende Wettkampfspiele gegründet, sondern auch ein reichhaltiges Bildprogramm wurde realisiert. In Pergamon kündeten zuerst im Umfeld des Athenaheiligtums aufgestellte Statuen und Votivgaben von den pergamenischen Galatersiegen. Eine 19 Meter lange Basis vor der Südwand des Heiligtums erinnerte an die Siege des Attalos. Vermutlich trug sie auch die als römische Kopien bekannten Darstellungen des sterbenden Galaters (s. u. Abb. 5) sowie des Galaterfürsten und seiner Frau beim Selbstmord durch das Schwert. Ob die von ungebändigter Haartracht, Moustache und Torques gezierten pergamenischen Galaterkrieger überhaupt an ihre historischen Pendants in Kleinasien erinnerten, muss angesichts fehlender Indizien für ein ‚keltisches‘ Aussehen der Galater bezweifelt werden. Vielmehr dürfte es sich bei den pergamenischen Skulpturen um idealtypische Darstellungen handeln.136 Die Gigantomachie des Sockelfrieses des sog. Großen Altars von Pergamon versinnbildlicht schließlich die errungene Rettung des Griechentums, ja der Zivilisation und der kosmischen Ordnung überhaupt, wobei vermutlich auch auf den Kampf gegen die Kelten Bezug genommen wird.137 Letztlich sollten später die Römer in der Tradition des Keltensieges von sich behaupten, die Galater endgültig gebändigt zu­ haben.138

den 260er-/70er-Jahren v. Chr. a. a. O. 60; Strobel, Geschichte und Eigenart, 257 f. Insgesamt zum Komplex des sog. Keltensieges Strobel, Keltensieg; Kistler, Keltenbilder; Coşkun, 148–151. 134 Vgl. Liv. XXXIII 21,3; XXXVIII 16,14; Paus. I 25,2; Pol. XVIII 41,6–9; Strab. XIII 4,2 (§ 624); OGIS 269; OGIS 275 f. 135 Vgl. Pol. V 77,2–78. 136 Vgl. Coşkun, Latène-Artefakte, 148–151. 137 Vgl. Heres u. a., Pergamonaltar, insb. 28; bestritten von Junker, Meerwesen. 138 Vgl. Liv. XXXVIII 16,14 f.

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Abb. 5: Römische Kopie der pergamenischen Darstellung des sog. sterbenden Galliers. Kapitolinische Museen, Rom

3.5.3 Die inneren Verhältnisse Aussagen über die inneren Verhältnisse der Galater sind mit großen Unsicherheiten belastet. Insbesondere für die Zeit vor dem 1. vorchr. Jh. fehlen aussagekräftige Quellen. Vorhandene Zeugnisse stammen meist aus einer Außenperspektive. Diese Überlieferungslage mag auch mit der keltischen Tradition zusammenhängen, kulturelles Wissen nur mündlich weiterzugeben.139 Wie viele andere Kulturen Kleinasiens haben die Galater keine Literatur hinterlassen. Auch fehlt ein epigraphic habit bis weit in die Kaiserzeit hinein. Archäologische Funde sind selten. Ihre Interpretation wird ebenfalls durch den Mangel an schriftlichen Zeugnissen erschwert. Die Annahme einer Verbindung in Kleinasien gefundener Gefäße (sog. galatische Ware), Fibeln und Grabbeigaben, die Latène-Objekten ähneln, mit den Galatern hält einer genaueren Untersuchung schließlich nicht stand. Über die materielle Kultur der Galater lassen sich auf Grund archäolo­ gischer Funde keine eindeutigen Aussagen treffen.140 139 Vgl. Caes. Gall. VI 14. 140 Vgl. Coşkun, Latène-Artefakte.

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In den Texten antiker Autoren finden wir immerhin einzelne Schlaglichter, die Hinweise auf kulturelle und religiöse Sitten der Galater geben. So scheinen bei ihren religiösen Praktiken Vögel eine gewisse Rolle gespielt zu haben. ­Ailianos erwähnt beiläufig Vogelbeschwörungen zum Schutz vor Ungeziefer.141 Vielleicht darf diese Nachricht mit der Aussage des Iustinus verknüpft werden, die Kelten seien, erfahren in der Zeichenschau, auf ihren Wanderzügen von Vögeln geleitet worden.142 Vom Galaterfürsten Deiotaros ist schließlich überliefert, dass auch er die Vogelschau praktizierte.143 Wie es um das übrige religiöse Leben der Galater bestellt war, liegt weitgehend im Dunkeln. Wie die Phryger, so scheinen sie zumindest laut Plutarchs Auskunft bestimmte Erscheinungsformen der kleinasiatischen Muttergöttin verehrt zu haben (Artemis/Matar, ἣν μάλιστα Γαλάται σέβουσι).144 Dass die Galater sich grundsätzlich an vorgefundenen kleinasiatischen Kulten beteiligten bzw. diese in ihrem Sinne zu interpretieren vermochten, ist eine naheliegende Vermutung. Konkrete Spuren  – zumal aus vorrömischer Zeit – besitzen wir aber nicht.145 Unbestritten ist in der Galaterforschung, dass – auch gegen die pauschalisierenden Darstellungstendenzen mancher antiker Quellen – die nach Kleinasien gekommenen Verbände keine gemeinschaftliche gens bildeten.146 Vielmehr besaß jeder der drei Hauptstämme ein Eigenbewusstsein und agierte autonom, wenn nötig auch den Interessen eines Nachbarstammes zuwiderlaufend.147 Jeder der Stämme bestand wiederum aus Sippen, denen adelige Führungsgruppen vorstanden. Nach außen aber boten zumindest laut Strabos Beschreibung alle Galater ein einheitliches Erscheinungsbild und waren durch die gemeinsame Sprache geeint. Das Galatische bzw. der galatische Dialekt wurde bis weit in die Spätantike hinein gesprochen. Seine Sprecher wurden dadurch als eigenständige Gruppe in

141 Vgl. Ail. nat. XVII 19; vgl. Plin. nat. X 39 (§ 75). Diog. Laert. I, weiß, dass es „bei Kelten und Galatern“ Druiden gab. 142 Vgl. Iust. XXIV 4,3. 143 Vgl. Cic. div. I 15,26 f; II 36,76; vgl. Val. Max. I 4. 144 Vgl. die Kamma-Anekdote bei Plut. mor. 257e–258c (vgl. Polyain. VIII 39; inschriftlich MAMA I 93.93a; OGIS 315 [Bruder des Aioiorix]). Dazu auch Hofeneder, Kamma, der einen phrygischen Hintergrund der Tetrarchengattin und Priesterin Kamma vermutet. Um welche Kultstätte es sich handelt, bleibt offen. Vermutet wird, dass den Galatern die kleinasiatische Muttergöttin von der keltischen Matrona her begreiflich wurde (vgl. Birkhan, Kelten, 513–549; Schmidt, Matronennamen; Colpe, Muttergöttinnen, 236). Konkrete Indizien gibt es aber nicht. 145 Vgl. zu einer Zeuskultstätte nördlich von Ancyra RECAM II Nr. 203 f (3. Jh. n. Chr.!); dazu Schwabl, Kult, 330; Strobel, Identität, 384 f. 146 Vgl. zum Folgenden Strobel, Identiät, 369 f. Die von Polyp. V 53,3 erwähnten Rhigo­ sagen gehörten wie die Aigosagen vermutlich zu keinem der drei galatischen Hauptstämme. 147 Beispielsweise hielt der Tolistobogier Eposognatus als einziger während des Krieges Roms gegen Antiochos III. weiter zu Pergamon und verweigerte dem Seleukiden die Gefolgschaft (Liv. XXXVIII 18,1).

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Kleinasien wahrgenommen.148 Die Präsenz des Galatischen zeigt sich nicht zuletzt in einer Reihe keltischstämmiger Ortsnamen im antiken K ­ leinasien.149 Als einziges gesamtgalatisches Gremium fungierte die Ratsversammlung im Eichenhain (δρυνέμετον). Ihre Zuständigkeit scheint aber auf die Behandlung von Mordprozessen beschränkt gewesen zu sein.150 Nicht sicher zu klären ist, seit wann das von Strabo genannte Gremium existierte. Möglicherweise hat erst der pontische König Mithradates VI. Eupator an der Wende zum 1.  Jh. v. Chr. den Fürsten der drei Hauptstämme und dem der später mit den Tektosagen verschmolzenen Tosiopern den in diesem Zusammenhang von Strabo überlieferten Tetrarchentitel verliehen. Vermutet werden kann, dass damit die Einsetzung des Rates einherging. Eine von alters her bestehende Institution scheint er daher zumindest in der überlieferten Form nicht gewesen zu sein; überdies dürfte das Gremium nicht lange Bestand gehabt haben.151 Die Frage, in wie weit die Galater die hellenistische Kultur verinnerlicht haben, muss differenziert beantwortet werden. Zwar erklärt Livius die geläufige Bezeichnung der Galater Kleinasiens als Gallograeci mit der Degeneration ihres Keltentums.152 Eine tiefgreifende Integration in die hellenistische Welt ist damit jedoch nicht im Blick. Die gegenwärtige, verstärkt die kulturellen Eigenheiten der Galater betonende Forschung hat den Blick dafür geschärft, welche äußeren Merkmale hellenistischer Kultur bei den Galatern fehlten oder allenfalls in Ansätzen vorhanden waren.153 So existierten in ihren Territorien vor der Provinzialisierung keine Siedlungen, die dem Selbstverständnis oder den inneren Strukturen nach einer griechischen Polis gleichkamen.154 Schon vor der Ankunft der Galater war das später von ihnen besiedelte Gebiet von Dörfern, nicht von Städten geprägt.155 Die alten phrygischen Städte wie die einstige Metropole G ­ ordion beschreibt Strabo als heruntergekommene Dörfer.156 Die galatische Stammesoberschicht lebte bevorzugt in kleineren Kastellen, von denen die Festungen des 148 Vgl. Freeman, Language, 9–12; Strobel, Identität, 356 f; Coşkun, Belonging, 74. Bis in das 6.  nachchr. Jh. hinein ist das Galatische bezeugt: Lukian. Alexandros 51; Greg. Nyss. epist. XX 1; Hier. Comm. ad Gal. II, p. 83; Basilius von Caesarea, Brief 207,1; Vita S. Euthymii 147. 149 Vgl. Coşkun, Ortsnamen; ferner Mitchell, Population, 1058–1060. 150 Vgl. Strab. XII 5,1 (566 f). 151 Vgl. Coşkun, Annäherungen, 85 f (vgl. kritisch Strobel, Identität, 391–396), und jetzt ausführlicher Ders., Tetrarchie. Weiterführendes zur möglichen Einsetzung des EichenhainRates durch Mithradates demnächst auch bei Coşkun, Mithridates (noch nicht erschienen). 152 Liv. XXXVIII 17,9. 153 Vgl. Coşkun, Annäherungen; Ders., Städtegründer, 152 f; Ders., Ankyraner Kaiserkult, 174. 154 Vgl. Mitchell, Anatolia I, 81: „In Galatia there was nothing“. Zum Folgenden a. a. O. 81–83; Ders., Macht, 369. 155 Vgl. Curt. III 1,11 (pluribus vicis quam urbibus). 156 Vgl. Strab. XII 5,2 f (§ 567 f) (vgl. zu Gordion Liv. XXXVIII 18,10–12).

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Deiotaros, Blukion und Peion, die bekanntesten sind. Etwa 30 Kilometer südlich von Ancyra lag die tektosagische Burg Gorbeus, in welcher der Dynast K ­ astor ermordet wurde.157 Die Stammesführer öffneten sich in gewissem Maß gegenüber der hellenistischen Welt der Nachbarterritorien.158 Nicht nur wurden manche Burgen nach hellenistischen Vorbildern gestaltet, sondern man heiratete auch innerhalb der hellenistischen Elite Kleinasiens. Zum Einzugsbereich der galatischen Kastelle zählten aufwändig gestaltete Tumulusgräber, in denen Fürsten und ihre Familien bestattet wurden. Um die Kastelle herum entstanden Dörfer, deren Bewohner in Abhängigkeitsverhältnissen lebten und sich von landwirtschaftlicher Arbeit ernährten. Dass viele von ihnen – bis in die Zeit des P ­ aulus hinein – der griechischen lingua franca mächtig waren, erscheint unwahrscheinlich. Bei der galatischen Elite fehlen einige Spezifika, die ansonsten für hellenistische Herrscher kennzeichnend sind. Neben Städtebau vernachlässigten sie – zumindest bis zur Königsherrschaft des Deiotaros – beispielsweise Münzprägungen fast vollständig.159 Dieses Bild der Besiedlung Galatiens zeichnet auch Strabos Geographie. Sie setzt zwar die Ereignisse der augusteischen Zeit voraus, bietet aber weitgehend ein Bild des vorrömischen Galatien mit wenigen größeren Siedlungen. Unbeschadet dessen entwickelten sich an den Knotenpunkten des überregionalen Handels Zentralorte und einige bedeutendere Siedlungen, die eine gewisse Sonderstellung innerhalb der Galaterterritorien einnahmen. Ancyra etwa, das in einer fruchtbaren Gegend am Zusammenfluss dreier Flüsse liegt und dessen Gründer der legendäre Phrygerkönig Midas gewesen sein soll, erscheint bei Livius als Stadtgemeinde, die im Zuge der Kampagne des Vulso evakuiert wurde.160 Ancyra bewahrte lange Zeit seine Autonomie, auch wenn von engen Kontakten zu den ringsumher lebenden Galatern auszugehen ist. Vermutlich war es­ Pompeius, der die Stadt der Herrschaft der Tektosagen zuführte. Über Bebauung und die Bewohnerschaft der Stadt in vorrömischer Zeit wissen wir so gut wie nichts. Eine Ratsverfassung ist nicht bekannt. Vermutlich wurde das Gemeinwesen alten Stammestraditionen gemäß regiert. Darauf könnte zumindest die aus römischer Zeit bekannte161 Phylenordnung hindeuten. Indizien deuten darauf hin, dass im vorrömischen Ancyra ein Men-Kult existierte.162 157 Vgl. Strab. XII 5,3 (§ 568). 158 Vgl. Darbyshire u. a., Settlement, 82; Coşkun, Gesandte, 10.  159 Vgl. die Einschätzung von Coşkun, Ende, 147. 160 Vgl. Liv. XXXVIII 24,1 (Ad eos profectus consul tertiis castris Ancyram, nobilem in illis locis urbem, pervenit…); ferner Paus. I 4,5; CMRDM II, Nr. Ancyra 3; CCCA I, Nr. 36. Zu Ancyra Bosch, Quellen; French, Inscriptions; Ders./Mitchell, Ankara; Bennett, Ancyra; ­Strobel, Identität, 375–377; Belke, Galatien, 126; Cross/Leiser, History. 161 Vgl. Coşkun, Romanisierung, 171. 162 Vgl. Ders., ‚Anatolia‘, 174; Ders., Forschungen zum Kaiserkult, 47. Das römische Sebasteion aber war eine Neugründung (vgl. 4.6).

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Die Residenz des Trokmeradels war Tavium.163 Auch bei diesem Zentralort handelte es sich um eine im überregionalen Handel bedeutsame Festung, auch wenn sie in hellenistischer Zeit noch keine autonome Kommune war. Über die Stadtgrenzen hinaus bekannt war der Kult des tavianischen Zeus, der in der Tradition des hethitischen Gebirgs- und Wettergottes Teššup stand. Seine Kolossalstatue war in Olympia nach dem Vorbild der Phidias-Tradition hergestellt worden. Stadtgöttin Taviums war – die zumindest später so genannte – Tyche. Ebenfalls ein wichtiger Warenumschlagsplatz war Pessinus, das jedoch weder Festung noch Stadtgemeinde, sondern als Tempelstaat organisiert war.164 An dessen Spitze standen Priester und Oberpriester, die ihre Ämter dynastisch weitergaben. Das Heiligtum verfügte über zahlreiche sog. Tempelsklaven,165 die das ertragreiche Territorium des Tempelstaates bewirtschafteten und auch Aufgaben im Kult wahrnahmen. Eine alte Kultstätte war Pessinus aber nicht. In phrygischer Zeit hatte die Matar-Verehrung am Fuß des Gebirges beim heutigen ­Tekören stattgefunden. Der Kult wurde in das neue Heiligtum überführt, das erst ab der frühen hellenistischen Zeit Bautätigkeiten erkennen lässt. Das hellenistische­ Pessinus wurde von Pergamon gefördert, wie ein erhaltener Briefwechsel zwischen den Attalidenherrschern und dem Oberpriester noch erkennen lässt.166 Spätestens nachdem der Kult (in Form eines heiligen Steins?) im Jahr 204 v. Chr. – möglicherweise aus Pessinus – nach Rom exportiert worden war, interessierten sich die Römer verstärkt für die Heimat der nun auch bei ihnen geschätzten Göttin.167 Ob und wenn ja wann galatische Eliten in hellenistischer Zeit eine führende Rolle innerhalb des Tempelstaates übernommen hatten, ist umstritten.168 Ab dem Jahr 56 v. Chr. war Pessinus unter fester Kontrolle des Königs der Galater, ­Deiotaros.169

163 Vgl. Strab. XII 5,2 (§ 567). Zu Tavium/Tavinia Strobel, Identität, 380 f; Ders., Städtebau, ferner die Berichte über archäologische, epigraphische u. a. Forschungen bei Gerber/ Strobel, Kampagnen (1997–1999), insb. 217.221; Dies., Kampagnen (2003–2005); Wallner, Inschriften. 164 Zur Institution der Tempelstaaten Labarre, Origines, 399 f; Hülsen, „Tempelsklaverei“. 165 Zur sog. Tempelsklaverei s. u. 4.5.2.5. 166 Vgl. Strubbe, Inscriptions, Nr.  1–5; Welles, Correspondence, 241–253; Strobel, Kultzentrum. 167 Vgl. u. a. Liv. XXIX 10 f; Amm. XXII 9; Arnob. VII 49; Strab. XII 5,3 (§ 567); Diod. XXXIV 33,1 f; ferner Rieger, Tradition, 10; Roller, Search, 314 f, Rüpke, Einführung, 24; Strubbe, Inscriptions, IX; Borgeaud, Mère, 108. Vgl. auch Devreker, Excavations. 168 Vgl. Coşkun, Anthroponomy, 60 f Anm. 37; zur Frühzeit Pessinus’ demnächst Ders., Temple State. 169 Vgl. für die Zeit vor Deiotaros Cic. har. resp. XIII 28 f; Cic. Sest. XXVI 56.

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3.5.4 Amici populi Romani Im Laufe der beiden letzten Jahrhunderte vor der Zeitenwende machten die kleinasiatischen Galaterstämme eine bemerkenswerte Entwicklung durch, an deren Ende sie zu den wichtigsten Verbündeten Roms im östlichen Mittelmeerraum zählten. Noch Cornelius Manlius Vulso war im Jahre 189 v. Chr. gegen die Galater zu Felde gezogen. An der Seite Pergamons verdrängte er seinerzeit die Seleukiden aus Kleinasien, schlug in drei erfolgreichen Schlachten aber auch die mit Antiochos verbündeten Galaterstämme, die sich mit Ausnahme des Eposognatus zum Widerstand bereit gemacht hatten. Nach seinen Siegen nahm Manlius nach dem Vorbild der hellenistischen Anti-Barbaren-Propaganda für sich in Anspruch, ein für alle Mal den Galaterschrecken beendet zu haben.170 Dass Vulsos Kampagne sich auf machtpolitischer Ebene zuvörderst gegen die Seleukiden richtete und dass er auch an Beute nicht uninteressiert war, steht auf einem anderen Blatt. In der Mitte des 2. Jh. v. Chr. wandelte sich die Interessenslage der aufstrebenden römischen Supermacht auf der kleinasiatischen Halbinsel, die zu einer konsequenten Westbindung der Galater führte. War Pergamon zur Zeit der makedonischen Bedrohung als wichtigster Verbündeter Roms zu einem mittelgroßen Reich aufgestiegen, so büßte es nun, nach dem Zusammenbruch Makedoniens, an Attraktivität ein. Die römische Politik hielt sich ab etwa 168 v. Chr. dem regierenden Eumenes II. gegenüber bedeckt. In dieser Situation erhoben sich die Galater gegen Pergamon,171 die Eumenes noch einmal schlagen konnte. Seinen Sieg feierte der bedrohte Herrscher der attalidischen Tradition gemäß als Galatersieg im Bildprogramm des Großen Altars. Rom erklärte daraufhin aber die Galater für autonom und entzog sie somit Pergamons Kontrolle.172 Einen Einblick in die für Eumenes bedrängende Lage geben die Briefe, die zwischen Pergamon und dem unter dessen Einfluss stehenden Μήτηρ-Heiligtum von Pessinus ausgetauscht wurden.173 Ob es sich bei dem korrespondierenden Oberpriester, der ja offensichtlich zu den Parteigängern Pergamons gehörte, um einen Galater von Herkunft handelte, ist umstritten.174 Die inneren Entwicklungen der Attalidenherrschaft175 mündeten 133 v. Chr. in die Gründung der römischen Provinz Asia aus der Erbmasse des pergamenischen Reiches. Die Galater befanden sich nun territorial und politisch zwischen dem römisch verwalteten Territorium im Westen und dem pontischen Reich des Mithradates VI. Letzterer versuchte die galatischen Regionen unter seine Kontrolle zu bringen, indem er kurz vor der Wende zum 1. Jh. v. Chr. kel 170 Vgl. Liv. XXXVIII 12,3–6; Pol. XXI 43. 171 Vgl. Liv. XLV 19 f. 172 Vgl. Pol. 31,2. 173 Vgl. Strubbe, Inscriptions, Nr. 1–5; Welles, Correspondence, 241–253. 174 S. o. Anm. 168. 175 Dazu Coşkun, Stratios-Mission.

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tische Siedlungsgebiete zeitweise besetzte.176 Als sich die Galater im 1. Mithradatischen Krieg in der Hoffnung auf römische Unterstützung gegen Mithradates ­verschworen, massakrierte jener offenbar weite Teile der galatischen Stammes­ elite.177 So stärkte er, ohne es zu wollen, die Romtreue der Galater und ebnete Deiotaros den Weg, der offenbar das Massaker überlebt hatte und in der Folge im Orient zum wichtigsten amicus der späten Republik wurde.178 Durch seine engen persönlichen, militärischen und geschäftlichen Verbindungen mit einflussreichen Römern wissen wir über den tolistobogischen Tetrarchen Deiotaros verhältnismäßig viel. Seine herausgehobene Stellung gründete traditionsgemäß auf adliger Herkunft aus den Kreisen der Stammeseliten. Deiotaros’ Vater war der tolistobische Herrscher Sinorix, von dem Plutarch die Anekdote überliefert, er habe aus Liebe zur Artemispriesterin Kamma deren Mann umgebracht und sei daraufhin von Kamma vergiftet worden.179 Neben nobler Abstammung waren in der meritokratischen Gesellschaft der Galater Eigenleistungen zum sozialen Aufstieg nötig. Als Grundlagen dienten dabei landwirtschaftliche Besitztümer180 und ein weitgespanntes Netz an Gefolgsleuten. Diese traditionellen Wertvorstellungen spiegeln sich in sprechenden galatischen Namen wider, die auf Haben und Kampfesbereitschaft ihrer Träger anspielen.181 Deiotaros vermochte in besonderer Weise, Erfolge in innergalatischen wie auch außenpolitischen Auseinandersetzungen zu erzielen, sodass er erstmals die vereinigte Herrschaft über alle Galater erlangen konnte. Besondere Bedeutung kam Deiotaros durch seine zahlreichen Kriegsdienstleistungen in römischen Operationen zu. Er half in den 90er-Jahren des 1.  Jh. v. Chr. Sulla bei der Verteidigung der kappadokischen Königsherrschaft des Ariobarzanes I. gegenüber Mithradates und stellte in allen drei Kriegen gegen Pontus Truppen.182 Gedankt wurde es ihm vom Pompeius bei der anschließenden Neuordnung des Ostens. Deiotaros erhielt nicht nur den Königstitel und den des Philorhomaios, sondern auch die Herrschaft über wirtschaftlich attraktive Gebiete in Ostpontus, Kleinarmenien und Lykaonien.183 Der Stammesfürst und seine Verwandten zählten sich nun zum Kreis der hellenistischen Eliten Kleinasiens. So verlobte er standesgemäß seinen Sohn mit einer armenischen Königstochter.184 176 Die Datierung ist unsicher. S. o. Anm. 151. 177 Vgl. Plut. Plut. mor. 259a–b. 178 Zur Zeit der Klientelkönige Levick, Colonies, 25–28; Feld, Bürger, 76 f; Coşkun, Ende, 135 f; Ders., Belonging, 85–87; Ders., Annäherungen; Ders., Gesandte; Syme, Anatolica, 127–136. 179 Vgl. Plut. mor. 257e–258c; vgl. Polyain. VIII 39. 180 Vgl. Cic. Deiot. 14.27; vgl. Strab. XII 6,1 (§ 568) (Besitzungen des Amyntas). 181 Vgl. Schmidt, Sprachreste, 18; Darbyshire u. a., Settlement, 82. 182 Vgl. Plut. Lukullus 14,1. 183 Vgl. Strobel, Grenzregionen, 57. 184 Vgl. Cic. Att. V 21,2.

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Deiotaros organisierte nicht nur seine Armee nach römischem Vorbild,185 sondern verfügte auch über beeindruckende Palastanlagen in Peion und Blukion,186 die im hellenistischen Stil regionaler Prägung als Palastburgen gebaut waren. Am zuletzt genannten Ort existierte eine aufwändige Grabanalage für Deiotaros’ Dynastie. Archäologisch erkennbar ist hier noch eine Terrasse für Totenkulte der Fürsten.187 Ebenfalls dürfte Deiotaros der erste Galater gewesen sein, der – wenn auch in bescheidenem Ausmaß – Münzen prägen ließ.188 Er ließ sich Bücher zueignen189 und machte sich als Stifter bis nach Griechenland h ­ inein einen Namen.190 Deiotaros’ Schwiegersohn Brogitaros musste sich jedoch mit weniger Gunst seitens der Römer bescheiden. Pompeius gestand dem Trokmer ein schmales Gebiet nordöstlich seines angestammten Territoriums zu.191 Aus dem Schatten seines Schwiegervaters beabsichtigte Brogitaros hinauszutreten, indem er, vermittelt durch eigene gute Kontakte zu dem Politiker P. Clodius Pulcher, die Hegemonie über den Tempelstaat von Pessinus an sich riss, die vorher Deiotaros innehatte.192 Letzterer beugte sich zunächst, marschierte aber später in Pessinus ein. Nach dem Tod des Brogitaros fiel das Trokmerterritorium an Deiotaros. Aus eigenem Entschluss heraus nahm Deiotaros am Feldzug gegen die Parther teil. Diese Schützenhilfe brachte dem König der Galater höchste Ehren in Rom ein. Zum Dank wurde sein Sohn Deiotaros II. Philopator noch zu seinen Lebzeiten als legitimer dynastischer Nachfolger anerkannt.193 Im Bürgerkrieg hielt sich Deiotaros zunächst an Pompeius und stellte ihm 600 Reiter zur Verfügung, die er hochbetagt selbst anführte. Nach der Schlacht von Pharsalos wechselte Deiotaros auf Caesars Seite.194 Der siegreiche Caesar musste anerkennen, dass er auf die Unterstützung des Galaters in der Auseinandersetzung mit Pharnakes II., dem Sohn des Mithradates VI., angewiesen war. Ihm blieb nichts anderes übrig, als Deiotaros zu vergeben und seine persönliche Freundschaft mit ihm zu er­neuern.195 Lediglich mit – allerdings herben – Gebietsverlusten musste sich Deiotaros abfinden. Im Jahre 47 v. Chr. half der römische Bündner mit, Pharnakes zu schlagen.196 185 Vgl. Cic. Att. VI 1,114; Bell. Alex. 34,4. 186 Vgl. Strab. XII 5,2 (§ 567); Cic. Deiot. 17.21. Dass Deiotaros auch Städte gründete, wie es Plut. Crassus 17,1 f nahzulegen scheint, ist aber unwahrscheinlich (vgl. Coşkun, Städtegründer). 187 Vgl. Strobel, Staatenbildung, 256; ferner RECAM II Nr. 188 (Grabinschrift des Deio­ taros Philopator, Sohn des Deiotaros Philorhomaios [d. Gr.]). 188 Vgl. Arslan, Coins, Nr. K1–K13; Strobel, Staatenbildung, 258 f. 189 Vgl. Varro rust. I 1,10. 190 Vgl. OGIS I 347. 191 Vgl. Strab. XII 5,2 (§ 567); zur Lesart Mitchell, Anatolia I, 33 Anm. 74. 192 Vgl. Cic. harusp. 28 f; ad Q. fr. II 8,2. 193 Vgl. Cic. Att. V 17,3. 194 Vgl. Cic. Deiot. 9–13; Caes. Civ. 3,4. 195 Vgl. Cic. Deiot. 13; Bell. Alex. 68,1. 196 Vgl. Cic. Deiot. 14.

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In den folgenden Jahren entstand erneut ein Konflikt mit einem innergala­ tischen Rivalen, der auch mittels Verbindungen zu einflussreichen Römern ausgetragen wurde. Deiotaros’ Enkel Kastor II., Sohn des Tetrarchen der Tektosagen, bezichtigte seinen Großvater des Mordversuchs an Caesar. Der Diktator nahm sich offenbar im Rahmen eines Aktes der Selbstjustiz der Angelegenheit an. Die Unterredung fand in seinem Privathaus statt. Cicero übernahm die Verteidigung seines Freundes und Mandanten Deiotaros. Erhalten ist uns die in Form eines Plädoyers eines regulären Prozesses gestaltete Apologie. Sie hebt die umfangreichen Freundschaftsdienste des Galaters hervor und gibt einen Einblick in die engen persönlichen und politischen Beziehungen zwischen römischen Patronen und ihren östlichen Freunden. Die causa endete (mit dem ‚Freispruch‘ des­ Deiotaros?) kurz vor der Ermordung Caesars an den Iden des März.197 Deiotaros verwüstete in der Folge den Sitz des tektosagischen Intriganten und brachte dabei sogar seine eigene Tochter um.198 Der Tod Caesars erlaubte es Deiotaros, zusätzlich zu den tektosagischen auch die vormals aberkannten trokmischen Gebiete wieder in Besitz zu nehmen, sodass er für die letzten Jahre vor seinem Tod anno 41/40 v. Chr. endlich zum Alleinherrscher der Galater wurde.199 Im entbrennenden römischen Bürgerkrieg brachten die Galater eine große Streitmacht auf der Seite der Caesarmörder auf.200 Die führende Figur wurde nun Amyntas, Deiotaros’ (Privatsekretär und) Stellvertreter, der der letzte Tetrarch und König der Galater werden sollte. Unter seinem Oberkommando wechselten die galatischen Truppen im Jahr 42 v. Chr. in der ersten Schlacht von Philippi zu Marcus Antonius und Octavian über. In der Nachfolge des Deiotaros und seines Enkels Brigatos wurde Amyntas wichtigster Klientelkönig Roms auf der Halbinsel.201 Sein Herrschaftsgebiet umfasste neben den Gebieten der Galaterstämme weite Teile im Süden und Südwesten der Halbinsel, von denen er einige selbst eroberte. Von Antonius erhielt Amyntas die galatische und pisidische Königswürde, dazu Teile Lykaoniens, Pamphyliens sowie Isaurien und Phrygien am Gebirge. Nach seinem erneuten Seitenwechsel zu Octavian in der Schlacht von Actium sprach der Sieger auch das Rauhe Kilikien, das Antonius den Kindern der Kleopatra überlassen hatte, dem Amyntas zu.202 Die Ehreninschrift für einen ums Leben gekommenen Verbündeten des Amyntas, Trokondas aus dem pisidischen Termessos, gibt einen raren Einblick in die aufreibenden Kampagnen des Amyntas.203 Amyntas kämpfte 197 So Coşkun, Amicitiae, insb. 142–150. 198 Vgl. Strab. XII 5,3 (§ 568). 199 Vgl. Coşkun, Ende, 135. 200 Vgl. Cass. Dio XLVII 48,2. Zum Folgenden Mitchell, Cremna, 41–46. 201 Zu den Nachfolgern des Deiotaros vgl. Coşkun, Ende, 135 f. 202 Vgl. App. civ. V 75; Strab. XII 6,4 (§ 569); XIV 5,6 (§ 671); Plin. nat. V 25 (§ 95); Cass. Dio XLIX 32,3. 203 Vgl. Strab. XII 6,3 (§ 569); 7,3 (§ 571); ferner Mitchell, Amyntas; Ders., Cremna, 43; Vandeput, Tempel, 205.

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gegen Antipater von Derbe und nahm Kremna ein, nicht jedoch die stolze Stadt Sandalion. Neu-Isaurien begann Amyntas zu einem Stützpunkt auszubauen. Von hier aus startete er den zunächst erfolgreich verlaufenden Angriff gegen die resistenten Homonadeis. In eine Falle gelockt, wurde der letzte (Klientel-)König der Galater in diesem Krieg getötet.204 Dieses Ereignis war der Anlass für die Überführung Galatiens in eine römische Provinz.

3.6 Resümee Am Vorabend der Gründung der Provinz Galatien hatte Amyntas, der letzte der relativ selbstständigen Klientelherrscher der Galater, große Teile Pisidiens, Lykaoniens und Isauriens unter seine Herrschaft gebracht. Einzelne Territorien widersetzten sich aber seinem Zugriff. Bei einer seiner Kampagnen in der Taurosregion kam er ums Leben. Der Aufstieg des galatischen Klientelfürstentums hatte mit Deiotaros in spätrepublikanischer Zeit begonnen, der enge Kontakte nach Rom pflegte, seinen römischen Freunden Militärdienstleistungen in erheblichem Umfang gewährte und sich schließlich mit ihrer Hilfe innergalatischer Rivalen entledigen und die Alleinherrschaft über alle Galater errichten konnte. Die im 3. Jh. v. Chr. als Söldner nach Kleinasien gekommenen Kelten hatten in ihren Siedlungsräumen im Halys- und Sangariosgebiet zwar keine einheitliche gens gebildet, doch durch die gemeinsame Sprache eine Eigenidentität ausgebildet, die Jahrhunderte lang erhalten blieb. Der hellenistischen Umwelt gegenüber hatte sich die galatische Elite nur ansatzweise geöffnet. Immerhin wurden Festungsanlagen in einem regional angepassten hellenistischen Stil angelegt. Städtegründungen und Münzprägungen aber kamen kaum vor. Abseits der überregional bedeutsamen Handelszentren lebten die Galater in vorwiegend ländlichen, weitgehend nichtgräzisierten Kontexten. Eine ausgeprägte städtische Tradition konnte im behandelten Gebiet nur Pisidien aufweisen. Urbane Zentren hatten sich unter dem Einfluss der von eingewanderten Griechen bewohnten südlichen Küstenregion gebildet. Über einige Bevölkerungsgruppen der Taurosregion, von denen manche in kleinen Stammesverbänden in schwer zugänglichem Gelände lebten, ist insgesamt nur wenig bekannt. Sie erschienen aus Sicht der griechisch-römischen Welt als Randphänomen. Der Einflussbereich der auf die Bekämpfung des Seeräuberwesens an der Südküste und im Tauros zurückgehenden Provinz Kilikien reichte bis in das lykaonische Ikonium. Als Katalysator kultureller Traditionen hatten die Phryger gewirkt, deren Großreich (ca. 11.–8. Jh. v. Chr.) das Hethiterreich beerbt hatte. Sie hatten von ihren Vorgängern Gottheiten und Kulte übernommen, aber in charakteristischer Weise umgeformt: Die Muttergöttin dominierte das Staatspantheon, das auch in 204 Vgl. Strab. XII 6,3 f; Cass. Dio LIII 26,3.

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der Herrschaftsideologie der phrygischen Könige eine Rolle spielte. In hellenistischer Zeit verbreiteten sich in Zentralkleinasien Heiligtümer der phrygischen Gottheiten Matar/Μήτηρ, aber auch des Mondgottes Men. Antiochos III. hatte jüdische Familien in Kleinasien angesiedelt, vermutlich in der Phrygia Paroreius.

4. Lebenswelten in der römischen Provinz Galatia Die Gründung der Provinz Galatien stellt zweifelsohne einen historischen Einschnitt dar, der die Lebenswelten der Menschen in Zentralkleinasien auf die eine oder andere Art beeinflusste. Der Übergang von der Herrschaft eines Klientelkönigs zum Provinzstatus änderte die Situation sowohl faktisch als auch aus der Sicht des römischen Rechts grundlegend. Nicht nur die Galater, sondern auch die Bewohner der bereits von Amyntas kontrollierten Taurosregion verloren endgültig ihre politische Eigenständigkeit. Die direkte und indirekte Herrschafts­ ausübung wirkte sich auf den Ebenen von Verwaltung, Infrastruktur und Urbanisierung aus. Dass dabei zum Teil  erhebliche regionale Unterschiede zu Tage traten, liegt angesichts der kulturellen Inhomogenität der nun in einer Provinz zusammengefassten Gegenden auf der Hand.

4.1 Die Anfänge unter Augustus und Tiberius Die Provinzialisierung der kleinasiatischen Halbinsel hatte in spätrepublikanischer Zeit begonnen mit der Einrichtung der Provinz Asia als Nachfolgeinstitution des Reiches des Attalos III., der ohne Nachkommen im Jahr 133 v. Chr. verstorben war.205 Nach dem Tode des Mithradates V. von Pontus war auch GroßPhrygien der Verwaltung des Statthalters von Asia unterstellt worden, ebenso die provincia Lycaonia, ein Gebiet, das zuvor unter kappadokischer Herrschaft gestanden hatte. Aus dem Vorgehen gegen die an der südwestlichen Küste Kleinasiens aktiven Piraten entstand später die Provinz Cilicia.206 Römische Herrschaftsausübung erfolgte in dieser Zeit der ersten Provinzialisierungen Kleinasiens vornehmlich durch das Oberkommando des Statthalters über die ggf. stationierten Truppen und durch den Gerichtsvorsitz in den Zentralorten der conventus. Die städtischen Münzprägungen wurden fortgesetzt. Die Hellenen, d. h. die Polisbürger der Provinz Asien, repräsentierte ein Koinon, das zum Vorläufer der späteren Provinziallandtage wurde. Grund zu häufiger Klage der Provinzialen gaben die rabiaten Praktiken der Steuerpächter. Eine Bedrohung der römischen Interessen in Kleinasien erwuchs durch Mithradates VI. von 205 Zum Folgenden Marek, Geschichte, 320–387; Schwertheim, Kleinasien, 82–96. 206 Vgl. Feld, Bürger, 65.73; Vitale, Koinon, 31.

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Pontus, der ein Großreich anstrebte. Die Verärgerung der Provinzialen über die Steuereintreibung – und die Schwäche der sich im italischen Bundesgenossenkrieg befindlichen Großmacht – nutzte Mithradates, um ein Pogrom gegen die Italiker und Römer Kleinasiens zu befehlen. Die Usurpation Kappadokiens und das Hilfegesuch des Nikomedes III. von Bithynien zwangen Rom zum militärischen Eingreifen, auch mit Hilfe des Galaters Deiotaros. Die Feldzüge des Sulla, des Lucullus und schließlich des Pompeius führten 65/64 v. Chr. nicht nur zur­ Fixierung des Euphrats mit einer davor liegenden Kette befreundeter Pufferstaaten als Abgrenzungslinie gegen die Parther, sondern auch zur Gründung einer Doppelprovinz aus dem besiegten Pontus und dem inzwischen testamentarisch geerbten Bithynien. Die Wahrnehmung der römischen Interessen in Kleinasien war also zur Zeit der Provinzialisierung Galatiens durch entsprechende Strukturen verankert, sei es in Form der bereits gegründeten Provinzen, sei es durch indirekte Herrschaft mittels abhängiger Klientelherrscher, wie es auch bei den keltischen Galatern im 1. vorchr. Jh. der Fall war.207 Die Gründung der Galatia stellt den nachhaltigsten römischen Eingriff in die politischen Gegebenheiten Kleinasiens in augusteischer Zeit dar.208 Die Nachricht vom Tod des Amyntas erreichte Augustus in Spanien. Offenbar ohne zu zögern gliederte er das Reich des Amyntas unter Einschluss Pamphyliens209 in das römische Imperium als Provinz ein. Dieses Vorgehen ist insofern bemerkenswert, als sich die indirekte Herrschaftsausübung durch romfreundliche galatische Klientelherrscher seit den Tagen des Deiotaros bewährt hatte. Daher wäre es im Moment des Todes des Amyntas durchaus denkbar gewesen, einen Nachfolger entweder unter den Söhnen des Königs210 oder anderen galatischen Adeligen zum Klientelherrscher zu designieren. Zudem neigte Rom dem Grundsatz nach eher zu Mitteln indirekter Herrschaftsausübung,211 möglicherweise sogar besonders dort, wo die Bevölkerung ihre Autonomie aktiv verteidigte,212 wie es auch in den nun provinzialisierten Taurosregionen des Amyntasreiches der Fall war. Die Gründe für die Entscheidung zur Provinzialisierung sind aus den Quellen nicht ersichtlich, sondern können allenfalls vom historischen 207 S. o. 3.5.4. 208 Zum Folgenden Leschhorn, Anfänge; Mitchell, Anatolia I, 61–69, Levick, Colonies, 29–34; Sherk, Galatia, 957–960; Vandeput, Tempel, 205; Syme, Anatolica, 204–269. 209 Trotz der Formulierung bei Cass. Dio LIII 26,3, Pamphylien sei eigenem Recht unterstellt worden. Möglicherweise wurde Pamphylien kurze Zeit nach 25 v. Chr. der Provinz hinzugefügt (vgl. Leschhorn, Anfänge, 316 f.332). 210 Betont von Cass. Dio LIII 26,3. 211 Vgl. Sommer, Steppengrenze, 79; Brunt, Romanisation, 161; Meyer-Zwiffelhoffer, Imperium, 55. 212 Vgl. Strab. XIV 5,6 (§ 671): Der grassierenden Räuberei wegen habe sich in Kilikien eher die Herrschaft des Klientelkönigs Amyntas angeboten als die Verwaltung durch römische­ Beamte.

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Kontext her wahrscheinlich gemacht werden.213 In Bezug auf die Herrschaftsausübung des Amyntas könnte von Bedeutung gewesen sein, dass der letzte Galaterkönig bis zu seinem frühen Tod mindestens drei Aufgaben nicht hatte erledigen können: den militärischen Sieg über die noch nicht bezwungenen Taurosbewohner, die innere Konsolidierung seines Herrschaftsgebiets und den Aufbau einer tragfähigen Vernetzung mit Rom. Was die Erwartungen römischerseits an die nun in eine Provinzformel eingeschriebenen Territorien anging, so ist es zudem denkbar, dass man sich von unter Provinzialverwaltung stehenden Regionen mehr Steuereinnahmen erhoffte als von den tributpflichtigen Untertanen eines Fürsten. Angesichts der zeitgeschichtlichen Umstände und der bald einsetzenden Entwicklung im südlichen Teil von Amyntas’ Herrschaftsgebiet besitzt schließlich die Annahme die größte Erklärungskraft, dass sich das dortige Provinzgebiet für Koloniegründungen eignete. Die kolonialen Stützpunkte halfen nicht nur bei der Erschließung und Befriedung der Region, sondern boten auch Raum für die nach den Bürgerkriegen anstehenden Deduzierungen von Soldaten. Letztlich dürfte ein Bündel an Motiven ausschlaggebend gewesen sein, aus dem Amyntasreich die Provinz Galatien zu bilden. Die dringendste Aufgabe der neuen Herren in Galatien aber dürfte in der Befriedung der Taurosregion bestanden haben. Noch immer war Sandalion nördlich von Kremna nicht eingenommen; ebenso wenig waren die Homonadeis bezwungen.214 Augustus sandte Marcus Lollius als legatus Augusti pro praetore nach Galatien, um das Gouvernement der neuen Provinz zu übernehmen.215 Bei seinem engen Parteigänger wusste Augustus die Aufgabe, das Amyntasreich in eine Provinz zu überführen, in guten Händen. Um das Ergebnis seines Einsatzes vorwegzunehmen: Der erfolgreiche Abschluss der Mission in Zentralkleinasien verhalf Lollius zu einer glänzenden Karriere, die ihm Macht und Reichtum einbrachte. Er erhielt nicht nur Ehre des Konsulats (im Jahre 21 v. Chr.), sondern Augustus hielt ihn auch für würdig, sich um die Erziehung und Ausbildung seines Enkels und Stiefsohns Gaius Caesar zu kümmern (bei dem Lollius allerdings später in Ungnade fiel, worauf er sich das Leben nahm).216

213 Vgl. die ausführliche Darstellung und Diskussion bei Coskun, Ende, 139–153. Die von Mitchell, Anatolia I, 61 f, auf Grund von Strab. XIII 8,14 (§ 577) (Territorium des Tempelstaates bei Antiochia als κληρονομία Roms) vertretene Auffassung eines testamentarischen Übergangs des Amyntasreiches an Rom geht über das von Strabo Vorausgesetzte hinaus und findet keine anderweitige Bestätigung. 214 Vgl. Strab. XII 6,4 f (§ 569). 215 Vgl. Eutr. VII 10,2. Zu Lollius Rémy, Fastes, 95–118; Sherk, Galatia, 963 f; Eck/Mägele, Kolossalstatuen. 216 Vgl. a. a. O. 183–185.

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4.2 Militärpräsenz, Deduktionen und die Gründung der pisidischen Kolonien Dem Statthalter und seinen Nachfolgern standen in der Frühzeit der Provinz Truppenkontingente zur Verfügung.217 Bekannt ist, dass die Legionen V Gallica und VII, die später den Beinamen Claudia pia fidelis erhielt, zur Streitmacht des Lollius gehörten. Aus dem pisidischen Antiochia kennen wir über Inschriften aktive und deduzierte Angehörige dieser Legionen.218 Während die zuerst genannte nur rund fünf Jahre in Galatien verblieb, wurde die legio VII erst im Jahr 13/14 n. Chr. endgültig abgezogen. Wann und in welchem Umfang zusätzliche Einheiten bereit standen, ist wegen der raschen Truppenverlegungen nicht genau zu sagen. Bekannt ist aber die Anwesenheit zweier Kohorten (I Bosporanorum und I Hispanorum219) und der ala Augusta Germaniciana.220 Je nach Bedarf wurden in Galatien kleinere Einheiten vor Ort aufgestellt. Aus Inschriften geht hervor, dass Männer aus südgalatischen Städten als Rekruten in den Dienst der römischen Armee eintraten. Belegt sind die einheimischen alae Antiochensium, bekannt durch eine Inschrift aus augusteischer oder tiberischer Zeit,221 I Augusta Colonorum222 und VII Phrygum.223 Die Präsenz von Truppen konzentrierte sich auf die ersten Jahre unmittelbar nach der Provinzgründung. Anlässlich der Kriege gegen die Taurosbewohner wurden die Kontingente aufgestockt und vermutlich auch durch in Nachbarregionen stationierte Einheiten verstärkt. Andere Anlässe, die Militärpräsenz nötig gemacht hätten, gab es offenbar aber nicht. Daher konnten die Stationierungen nach 6 n. Chr., der Zeit der letzten bekannten Kämpfe in Südgalatien, verringert werden. Die galatischen Kämpfer des Deiotaros bzw. Amyntas verblieben offenbar noch einige Zeit in Kleinasien und wurden 217 Vgl. Strobel, Legionen; Ders., Geschichte der Legiones, der von der Gründung bis ca. 20 n. Chr. auf Grund der Taurosfrage und drohender Rebellion der Provinzialen mit der Notwendigkeit erheblicher Militärpräsenz in Galatien rechnet; Mitchell, Anatolia I, 73 f (zählt die legio V Gallica nicht zur Truppe des Lollius); Ders., Population, 1053; Ders./Waelkens, Antioch, 8.  218 Vgl. Christol/Drew-Bear, Vétérans. Umstritten ist die Identität der legio V Gallica. Eine 5. Legion dieses Beinamens ist nur in Galatien belegt. Strobel, Legionen, plädiert dafür, sie nicht mit einer der anderen bekannten legiones V (Macedonica bzw. Alaudae) zu identifzieren. Die Legionen V und VII werden auf einer antiochenischen Münzserie aus der Zeit des Vespasian genannt (vgl. Rebuffat, L’Histoire, 378). Zur Herkunft der antiochenischen Veteranen s. u. III 6. 219 Vgl. Mitchell, Anatolia I, 74; M. P. Speidel, Discoveries, 281.300; M. A. Speidel, development, 615. 220 Vgl. CIL III 6831. 221 Vgl. Keppie, Vexilla, 244. 222 Vgl. IGR III 797; MAMA VIII Nr. 94.327. 223 Vgl. ILS 2727.

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möglicherweise im Krieg gegen die Homonadeis eingesetzt. Einige Jahre später wurde die traditionsreiche Einheit mit anderen Truppenteilen in Ägypten zusammengelegt und erhielt den ehrenvollen Beinamen Deiotariana.224 Im Kontext der Militärpräsenz sind auch die Ansiedelungen von Veteranen in Südgalatien zu sehen, sei es in eigenständigen Kolonien oder im Rahmen bestehender Städte.225 Im Gegensatz zu der vorübergehenden Besatzung mit Truppen prägten diese Niederlassungen von Fremden die Lebenswelten in der Region nachhaltig. Die Ansiedelungen gehören zu den am deutlichsten ausgeprägten Auswirkungen römischer Herrschaftsausübung. Die geographische Konzentration erklärt sich aus den strategischen Notwendigkeiten der Frühzeit der Provinz. Daher spricht Augustus rückblickend von der Gründung von Kolonien „in Pisidien“ in seinem Tatenbericht,226 auch wenn streng genommen nicht alle Gründungen innerhalb der traditionellen Grenzen Pisidiens lagen. Ansiedlungen erfolgten in Antiochia, Kremna, Parlais, Olbasa, Comama, Lystra, Ikonium, Apollonia, Neapolis, Isaura und Attaleia (s. u. Abb. 6). Abgesehen von dem in der Nähe des nicht-unterworfenen Sandalion gele­genen Kremna und von Isaura, der Veste des Amyntas, konzentrierten sich die Niederlassungen in den fruchtbaren Hochebenen rings um das zentrale Bergland Pisidiens herum. Zeugnisse aus anderen Reichsteilen legen nahe, dass Kolonien eine wichtige Rolle im Rahmen der Sicherheitsstrategie spielten. Aktive Kampfeinsätze, die ohnehin nur durch die evocatio bereits deduzierter Veteranen möglich gewesen wären, sind in Südgalatien aber nicht bekannt. Vielmehr stellten die Kolonien Rekruten für die römischen Hilfstruppen und trugen vor allem durch die Besiedelung und Bewirtschaftung der ertragreichen Gebiete am Rand der Taurosregion dazu bei, dass diese dem Zugriff Roms nicht wieder entglitten. Zu den Waffen griffen die Einwohner, wenn überhaupt, nur zu Zwecken der Selbstverteidigung. Teil der römischen Inbesitznahme des Landes – wenn auch nicht (mehr) in vorderster Front – zu sein, dürfte aber dennoch zum Selbstverständnis der frühen Kolonisten gehört haben. Wann genau die Kolonien etabliert wurden, ist nicht mit letzter Sicherheit sicher zu ermitteln. Im Fall von Antiochia und Kremna deuten die Überlieferungen Strabos227 auf eine Gründung bald nach

224 Vgl. Coşkun, Legionäre: Mit der umstrittenen dritten der bei Strab. XVII 1,12 (§ 797) genannten Legionen sei die galatische Königsarmee zu identifizieren. Sie sei mit den legiones III Cyrenaïca und XXII Cyrenaïca in tiberischer Zeit zur Deiotaros-Legion zusammengelegt worden. Dafür spreche zudem die belegte Präsenz von Galatern in Ägypten (anders noch Strobel, Legionen, 51 f: Deiotaros’ Truppen seien aus Sicherheitsgründen unmittelbar nach der Provinzgründung aus Kleinasien entfernt worden). 225 Zum Folgenden Mitchell, Anatolia I, 74–79.89–91; Ders./Waelkens, Antioch, 8–11; Esch, Doppelgemeinden; Levick, Colonies. 226 Vgl. R. Gest. div. Aug. 28. 227 Vgl. Strab. XIII 8,14 (§ 577); vgl. auch XII 6,5 (§ 569) zu Kremna.

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Abb. 6: Die südgalatischen Kolonien

25 v. Chr. hin. Daher liegt die Annahme nahe, dass auch die übrigen Kolonien nicht allzu spät nach der Provinzialisierung angelegt wurden.228 Während über manche der pisidischen Kolonien im 1.  Jh. n. Chr. kaum etwas bekannt ist,229 zeigt ein Vergleich von Lystra und Ikonium zumindest, wie die Verfassungen der Kolonien den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten angepasst wurden. Das lykaonische Lystra liegt etwas mehr als 30 Kilometer südlich von Ikonium. In Lystra bestand neben der Kolonie keine selbstständige Polis weiter, vermutlich, da die Anzahl der einheimischen Bevölkerung dies nicht nahelegte.230 Die bereits von Xenophon231 erwähnte Polis Ikonium hingegen profitierte von ihrem fruchtbaren Umland und prosperierte in der frühen Kaiserzeit, sodass sie bei Plinius als urbs celeberrima geführt wird.232 Von ihrer Bedeutung und ihrer Rolle unter den hellenisierten Städten zeugen die überlieferten Gründungslegenden, die traditionellen Maßgaben folgen.233 Nach 25 v. Chr. kam Ikonium zur Provinz Galatien. Eine Inschrift nennt den Statthalter Lollius.234 Eben 228 Coşkun, Ende, 149, nennt folgende Gründungsdaten: Olbasa 25/24 v. Chr., Antiochia 24/23 v. Chr., Kremna und Lystra 25 oder 21 v. Chr.; Parlaïs und Komama bis zu zwanzig Jahre später. 229 Vgl. Mitchell, Cremna, 53 f. 230 Vgl. Esch, Frage, 211. Eine Phyle wird zwar inschriftlich erwähnt (vgl. MAMA VIII 3), dabei dürfte es sich aber um einen tribus der Kolonie handeln. 231 Vgl. Xen. an. I 2,19. 232 Vgl. Plin. nat. V 25 (§ 95) ; vgl. Strab. XII 6,1 (§ 568); Xen. an. 1,2. 233 Vgl. Suda s.v. Ikonion. 234 Vgl. IGR III 1476.

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falls wurde eine Kolonie gegründet, die jedoch von der antiochenischen an Bedeutung übertroffen wurde. Daneben bestand, anders als in Antiochia, eine Polis weiter.235 Diese Form der sog. Doppelgemeinde wählte man, da hier mehr Einheimische als andernorts lebten. Auch die Altehrwürdigkeit der Stadt könnte dabei eine Rolle gespielt haben.236 Lukas spricht gemäß den örtlichen Gegebenheiten korrekt vom πλῆθος τῆς πόλεως.237 Münzen, die die Stadt in claudischer Zeit prägte, zeigen den Legaten Galatiens, Marcus Annius Afrinus.238 Eine Inschrift der Stadt bezeugt Priesterämter der Herrscherverehrung.239 Ikonium partizipierte an der entstehenden Provinzialkultur, jedoch langsamer als andere Orte.240 Dazu passt, dass erst im 2. Jh. n. Chr. eine Familie Ikoniums senatorischen Rang erhielt.241 Ikoniums Stadtgöttin war die Μήτηρ von Sizma, dem wichtigsten Tempel der Muttergöttin in Südgalatien.242 Sie wurde in der Stadt bewusst im griechischen wie lateinischen Pantheon angesiedelt und daher auch als Minerva bzw. Athena angerufen. Ebenfalls ein städtischer Import war der in Ikonium verehrte Zeus Megistos, der vermutlich aus einem kleineren Heiligtum bei Lagina stammte.243 Beide Kulte sollten sowohl für die Einheimischen als auch für die Hinzugekommenen anschlussfähig sein und die Integration beider Gruppen fördern.

4.3 Straßenbau Die römische Politik der Kaiserzeit war zu einem guten Teil  Straßenbaupolitik. Einerseits mussten im Vergleich zur Republik mehr Reisende, Soldaten und­ Güter bewegt werden. Augustus war zur Sicherung seiner Macht darauf angewiesen, rasch über Vorgänge in seinem Reich informiert zu werden. Er etablierte anfangs Staffelläufer, dann Wagenwechselstationen, um Informationen per Boten über lange Distanzen zu senden oder zu empfangen. Andererseits befriedigten die römischen Straßen nicht nur strategische und logistische Bedürfnisse, sondern symbolisierten in besonderer Weise auch den universalen Herrschaftsanspruch Roms. Diese Charakteristika trafen auch auf die Via Sebaste zu, die die 235 Vgl. IGR III 262. 236 Vgl. Esch, Frage, 212 f. 237 Act 14,4. Vgl. dagegen die πρῶτοι τῆς πόλεως, die in Antiochia regierenden IIviri: Act 13,50. 238 S. u. 4.7. 239 IGR III 1473. 240 Zum Begriff „Provinzialkultur“ Berns/Vandeput, Überlegungen, 1; Pilhofer, Romanisierung, 9–14. 241 Vgl. Halfmann, Kleinasien, 300. 242 Vgl. Mitchell, Anatolia II, 18.23. 243 Vgl. a. a. O. 23.

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südgalatischen Kolonien verband.244 Obwohl in den Quellen nie so benannt, zählte die Via Sebaste zu den viae militares, die von besonderer strategischer Bedeutung waren. Diese bestand weniger darin, dass hier große Mengen Soldaten marschierten, als vielmehr, dass die Straßen die Reisen von Befehlshabern und Boten erleichterten. Bereits seit republikanischer Zeit bestand eine Straßenverbindung zwischen der Provinz Asien und Pamphylien.245 Die in der augusteischen Zeit angelegte Via Sebaste sorgte nun für die Anbindung der pisidischen Kolonien in west-östlicher Richtung. Von Antiochia aus erreichte man über Apameia und Apollonia die Provinz Asia. Ostwärts verlief der Weg vom caput viae Antiochia aus vorbei am pisidischen Bergland, in südöstlicher Richtung auf Ikonium und Lystra zu. Vermutlich war über Ninica auch der Anschluss bis in das Rauhe Kilikien hinein möglich. Von Side an der südlichen Küste aus kommend, erreichte man Comama. Somit bestand auch zwischen den Städten der Südküste und den pisidischen Ortschaften und Kolonien eine für den Wagenverkehr geeignete Verbindung. Weitere Teilstücke sorgten für die Verbindung in das Innere Pisidiens. In Inschriften erfahren wir vom Bau der Via Sebaste unter dem bis 6 v. Chr. amtierenden Legaten Cornutus Arruntius Aquila. Sein Name erscheint auf einer Reihe von Meilensteinen eines Streckenabschnitts, der vermutlich im Kontext des Tauroskriegs gebaut worden war und Antiochia und Lystra verband.246 Die Via Sebaste versinnbildlichte aber nicht nur den Arm Roms durch Meilensteine, Straßenbelag und den Durchzug von Truppen, sondern ihre Existenz wirkte sich in der alltäglichen Lebenswelt der Bevölkerung auch dahingehend aus, dass fremde Reisende vorbeikamen und rasteten. Zudem waren Hand- und Spanndienste zu leisten. Aus dem seinerzeit südgalatischen Sagalassos stammt das Edikt des galatischen Statthalters Sextus Sotidius Strabo Libuscidianus aus frühtiberischer Zeit, das einen der raren Einblicke in die alltägliche Provinzialverwaltung gibt. Der statthalterliche Erlass definierte Rechte und Pflichten der Bevölkerung und beugte dem Missbrauch öffentlicher Institutionen vor.247 Der Text wurde in griechischer und lateinischer Sprache abgefasst. Der Statthalter be 244 Vgl. Mitchell, Anatolia I, 70 f.77; Levick, Colonies, 211; French, Roads in Pisidia; Ders., Road-system, 707. Zum Straßenbau als Herrschaftsinstrument und -symbol der Kaiserzeit Mrozewicz, Strassenbau; Speidel, Heer, insb. 341 Anm. 54; Kolb, Transport; zur Via­ Sebaste a. a. O. 57 f. 245 S. o. 3.4.4. 246 Vgl. Rémy, Fastes, Nr.  95; RECAM III Nr.  155.3; IK 57 Nr.  166; French, Roads and­ Milestones, Nr. 267.636.663 f.670; Ders., Road-system, 714 f Nr. 3; Ders., Lycia and Pamphylia, Nr.  02.04(A).04(B).05(A).07(B); Ders., Galatia, Nr.  88(D).90(C).94(B).95(D).97(A).97(B).98; Sherk, Galatia, 965–967. 247 Vgl. RECAM V 335; Mitchell, Transport; Speidel, Heer, 339; Übersetzung und Diskussion bei Kolb, Transport, 55–59; zur Datierung unter Tiberius Coşkun, Edikt (anders Sherk, Galatia, 971). Details werden durch den Vergleich mit ähnlichen Texten aus anderen Reichsteilen diskutiert von Lemcke/Coşkun, Users.

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ruft sich eingangs ausdrücklich auf kaiserliche Autorität, mit deren Hilfe er auf die Einhaltung der bekannten, aber im Folgenden präzis zusammengestellten Regelungen drängt: Sextus Sotidius Strabo Libuscidianus, Statthalter des Tiberius Caesar Augustus verkündet: Von allen Dingen freilich ist dies für mich sehr ungerecht, dass ich durch mein Edikt das verbindlich machen muss, wofür zwei Kaiser, von denen der eine der größte unter den Göttern, der andere der größte Prinzeps ist, sehr sorgfältig Anordnungen getroffen haben, dass niemand Transportmittel unentgeltlich nutzt. Aber da die Willkür gewisser Personen eine sofortige Strafe erfordert, habe ich in den einzelnen Städten und Dörfern eine Aufstellung der Dienste anschlagen lassen, die nach meinem Urteil geleistet werden müssen, mit der Absicht, diese zu bewahren oder, wenn sie nicht geachtet wird, zu ahnden nicht nur durch meine Macht, sondern durch die Hoheit des besten Prinzeps, von dem ich gerade dies in den Anweisungen erhalten habe. Die Bewohner von Sagalassus müssen einen Dienst von 10 Wagen und ebenso vielen Maultieren leisten für den nötigen Gebrauch von Durchreisenden, und sie sollen pro Wagen und schoenus248 10 As von den Benutzern erhalten, aber pro Maultier und schoenus 4 As, wenn sie lieber Esel (geben) wollen, dann sollen sie zum selben Preis zwei (Esel) an Stelle von einem Maultier geben. Oder, wenn sie es vorziehen, so sollen sie pro Maultier und pro Wagen, das, was sie erhalten würden, wenn sie selbst bereitstellen würden, denen zahlen, die aus einer anderen Stadt oder einem anderen Dorf den Dienst erfüllen, damit diese ebenso verfahren. Nun aber werden sie Wagen bis nach Cormasa und Conana bereitstellen müssen.249

In einem Gebiet, das sich zwischen den 35 bzw. 55 Kilometer entfernten Ortschaften Conana und Cormasa erstreckt, sind die Sagalasser zur Vermietung von zehn Wagen und zugehörigen Zugtieren zu einem festgesetzten Preis an römische Funktionsträger verpflichtet. Die Reisenden hatten ihre Transporteure direkt zu entlohnen. Beförderung ohne Aufwandsentschädigung wird unter Hinweis auf kaiserliche Anordnung ebenso ausdrücklich ausgeschlossen wie die Nutzung des Transportwesens durch Privatleute. Offenbar musste der Statthalter auf ent­ sprechende Missbrauchsfälle, von denen wir auch aus anderen Provinzen wissen, reagieren. Eröffnet wird in dem Dekret auch die Möglichkeit, dass die Sagalasser die Erfüllung ihrer Pflichten unter Verzicht auf das Entgelt auf andere abwälzten. Um Missbrauch einzudämmen, wird an anderer Stelle noch festgelegt,250 welches Maß an Transportmitteln unterschiedlichen Funktionären zusteht: zehn Wagen Prokuratoren und Senatoren, einem Zenturio nur ein Gefährt, jeweils zuzüglich Zugtiere. Reisende waren aber nicht nur auf Vehikel angewiesen, sondern auch auf Quartiere und Verpflegung. Hierfür standen eigens an der Via Sebaste angelegte tabernae bereit.251 Wo es keine Gasthäuser gab, war wiederum die Bevölke 248 Es handelt sich um ein lokales Längenmaß. 249 Z.1–10 (Übersetzung Kolb). 250 Z. 21–23. 251 Belegt an der Via Sebaste unter Trajan (vgl. Speidel, Heer, 334).

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rung verpflichtet, Reisende zu beherbergen. Der bereits zitierte Erlass legt fest, dass dies anders als im Fall der Wagenvermietung kostenlos zu erfolgen habe: Unterkunft muss allen Personen aus unserem Gefolge, den Personen in militärischem (staatlichem) Auftrag aus allen Provinzen, den Freigelassenen und Sklaven des besten Prinzeps und deren Zugtieren unentgeltlich geleistet werden, jedoch mit der Einschränkung, dass sie andere Dienstleistungen nicht unentgeltlich von ihnen gegen deren Willen fordern.252

Das Edikt des Statthalters illustriert, dass unter dem Nachfolger des Augustus ein System des öffentlichen Straßen-, Transport- und Nachrichtenwesens im Süden der Provinz Galatien existierte, bei dem Rechte und Pflichten sowohl der einheimischen Bevölkerung als auch der durchreisenden Beamten, Soldaten und Boten en détail geregelt waren. Im Hinblick auf die Alltagswelt der Bevölkerung ist festzuhalten, dass diese Institutionen ausgiebigen Raum für Kontakt zwischen den Einheimischen und fremden Repräsentanten des Imperiums boten. Die Rolle des Statthalters bestand hier darin, für ein gedeihliches Miteinander ohne Übervorteilung einer Seite zu sorgen. Hinsichtlich der Präsenz der Via Sebaste im lebensweltlichen Alltag ist hinzuzufügen, dass die Straße freilich auch die Teilnahme der pisidischen und lykaonischen Bevölkerung am überregionalen Handel erleichterte. Konkrete Zeugnisse gibt es nicht; zu denken wäre aber etwa an den berühmten Wein aus Amblada, der über die Via Sebaste bis ans Mittelmeer oder in das westliche Kleinasien transportiert werden konnte.253

4.4 Die „Befriedung“ des Tauros Der Krieg gegen die Homonadeis, die in der Gegend des heute trockengelegten Trogitis-Sees und in den südöstlich angrenzenden Regionen zwischen Isaurien und Pisidien lebten, fand erst rund ein Vierteljahrhundert nach der Gründung der Provinz, zwischen 6 v. und 4. n. Chr., statt, als die Gegend durch Kolonien und Straßenverbindungen über eine (auch) militärisch nutzbare Infrastruktur verfügte.254 Ob man mit der Kampagne gegen die Homonadeis so lange w ­ artete, weil die Kriegsführung als schwierig eingestuft wurde, entzieht sich unserer Kenntnis. Einerseits waren die Bergstämme in der geschaffenen Provinz isoliert und keine Verbündeten romfeindlicher Mächte. Andererseits war ihr Gebiet schwer zugänglich. Den Zentralort Omana und vierundvierzig einzelne Festungen galt es einzunehmen.255 Der Legat in Galatien, P. Sulpicius Quirinius, be 252 Z. 23–25 (Übersetzung Kolb). 253 Vgl. Strab. XII 7,2 (§ 570); dazu French, Roads in Pisidia, 172. 254 Zum Folgenden Feld, Bürger, 78 f; Mitchell, Anatolia I, 77–79; Levick, Colonies, 203–214. 255 Vgl. Plin. nat. V 23 (§ 94)

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kannt durch den Zensus während seiner späteren Statthalterschaft in Syrien,256 belagerte schließlich erfolgreich die Gegend, nahm viertausend Gefangene und deportierte sie in umliegende Regionen.257 Die Bedeutung seines Erfolgs wurde offenbar als so groß eingeschätzt, dass er die selten verliehenen insignia triumphi erhielt.258 Nach dem Sieg über die Homonadeis übernahmen kleinere Stämme deren Siedlungsgebiete. Bedeutsame Ortschaften entwickelten sich nicht. Die Gegend stand unter der Aufsicht der örtlichen Militärkommandanten, die milites stationarii patrouillieren ließen. Nach der Bezwingung der Homonadeis regte sich im Jahr 6 n. Chr. Widerstand der Isaurier gegen die römische Oberherrschaft. Der Legat M. Plautius Silvanus benötigte immerhin ein Jahr, um die Aufständischen zu besiegen.259 Bis in das mittlere 1. Jh. und lange darüber hinaus erhob sich kein weiterer Widerstand in der Region. Südgalatien war aus römischer Sicht rund drei Jahrzehnte nach der Provinzialisierung befriedet.

4.5 Südgalatien unter römischer Herrschaft 4.5.1 Römische Herrschaftsausübung und das Leben in den Städten Die direkte Ausübung von Herrschaft versuchte das römische Imperium in den Provinzen so weit wie möglich zu reduzieren.260 Dem entsprechend war der Aufgabenbereich eines Statthalters eng begrenzt, ebenso seine regulären Einflussmöglichkeiten. Im Normalfall übten die Statthalter die oberste Aufsicht über städtische Angelegenheiten wie Finanzen oder Bauprojekte aus. In der Regel durch den Besuch der regionalen Gerichtsorte urteilten sie als oberste Instanz der regionalen Justiz über Fälle, die ihnen vorgelegt wurden.261 Falls Truppen anwesend waren, fungierte der Statthalter als Oberkommandeur. In Galatien war dies ab dem frühen 1. Jh. n. Chr. nicht mehr der Fall.262 Bei seinen Amtsgeschäften hatte der Statthalter mit einem nur kleinen Stab an Verwaltungs- und Vollzugsbeamten auszukommen. Ein repräsentativer Dienstsitz war zumindest im frühen Prinzipat nicht üblich. Dazu passt, dass Sex. Sotidius Strabo Libuscidianus in seinem Dekret betreffs des Transportwesens darauf 256 Vgl. Jos, Ant 18,1 f; Lk 2,1; zu Quirinius Rémy, Fastes, Nr. 96. Bei dem in Lk 2,1–5 vorausgesetzten reichsweiten Zensus handelt es sich um einen Anachronismus (vgl. nur Theissen/ Merz, Jesus, 149). 257 Vgl. Strab. XII 6,5 (§ 569). 258 Vgl. Tac. ann. III 48. 259 Vgl. Cass. Dio LV 28,3. Zur Chronologie der Statthalter vgl. Coşkun, Edikt, 162; Ders., Nachträge. 260 Vgl. zum Folgenden Haensch, Capita, insb. 28 f; Marek, Geschichte, 453–462. 261 Vgl. den Erzählkontext von Act 18,12–17. 262 S. o. 4.2; 4.4.

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bestand, dass Angehörige seiner Gefolgschaft bei ihren Reisen in Südgalatien zu beherbergen seien.263 Man kann davon ausgehen, dass auch der Statthalter selbst dieses Recht für sich beanspruchte. Wo die römischen Statthalter in Galatien bis in die flavische Zeit hinein jeweils wirkten, ist nicht überliefert. Dem Anschein nach hielten sie sich dort auf, wo es aktuell nötig wurde. Zu denken ist auf jeden Fall an die Gründung der pisidischen Kolonien, die Kriege in der Taurosregion und den Ausbau der Verkehrsverbindungen, die die Anwesenheit vor Ort erforderlich machten. Diese direkten Eingriffe der römischen Herrschaft konzentrierten sich in der Provinz Galatien chronologisch auf die ersten drei Jahrzehnte ihres Bestehens und geographisch auf den Südteil. Den erhaltenen Quellen nach zu urteilen, waren die Statthalter nur hier beschäftigt.264 Die indirekte Form der Herrschaftsausübung stellte sich als in den Provinzen langfristig am effektivsten heraus. Sie realisierte sich vor allem durch die Interaktion zwischen dem Imperium und den Städten.265 Den Poleis blieb auch mit dem Übergang in römisches Herrschaftsgebiet als civitates foederatae ac liberae ein hohes Maß an Eigenverantwortlichkeit.266 Für zahlreiche Angelegenheiten wie Sicherheit waren die Gemeinwesen selbst verantwortlich. In Konfliktfällen wandten sie sich eigenständig an römische Stellen. Zentralkleinasien bildete insofern einen Sonderfall, als hier nur in Ansätzen eine urbane Tradition existierte.267 Daher schuf u. a. die Gründung der pisidischen Kolonien auch Voraussetzungen im Hinblick auf die indirekte Herrschaftsausübung.268 Sowohl für die als Kolonien neu gegründeten als auch für die bestehenden Siedlungen brachte die Provinzialisierung einen Hellenisierungsschub mit sich, der in den nach wie vor von einheimischen Traditionen geprägten städtischen Milieus gewissermaßen imperiale „Kulturgriechen“269 hervorbrachte. Die durch die römische Herrschaft bewirkten Hellenisierungsschübe gingen mit weiteren Veränderungen der Stadtkultur einher. So war die traditionelle poli 263 Vgl. RECAM V 335, Z.23 f; s. o. 4.3. 264 Vgl. Coşkun, Ende, 154. 265 Vgl. zum Folgenden Mitchell, Anatolia I, 165–170; Brixhe, Essai; Sommer, Steppen­ grenze, 60; Marek, Geschichte, 525–554.621 f; French, Inscriptions, 27; Brandt, Gesellschaft, 100; Brélaz, Sécurité, insb. 321 f; Woolf, Urbanization; Waelkens, Transformation, 63–67; Köse, Grabdenkmäler; Winter, Baupolitik, 118–123; allgemein Kolb, Stadt; Frateantonio, Autonomie; Berns/Vandeput, Überlegungen. Vgl. auch Aelius Aristides, De laudibus urbis Romae 92 f. 266 „Under Roman rule most Greek poleis possessed as much, or as little, freedom and autonomy as in earlier times“, so Brunt, Romanisation, 165; vgl. auch Brandt, Gesellschaft, 120. 267 S. o. 3.4; 3.5.3. 268 S. o. 4.2. „Lorsque les Romains s’implantent dans des zones non encore hellénisées (tout le centre de l’Anatolie, par exemple), ils y créent des cites sur le modèle grec et leurs colonies, au fil du temps, ressemblent de plus en plus aux poleis“, so Brixhe, Essai, 9 f (Hervorhebungen im Original). 269 Heinen, Repräsentation, 11.

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tische Autonomie der Polis nun nur noch formal, aber nicht mehr de facto ausschlaggebend. Eine ‚Außenpolitik‘, wie sie die Städte traditionell verfolgt hatten, fand im Prinzipat in immer geringerem Maße statt. Es gab allenfalls noch Gesandtschaften zur Kommunikation mit Rom. Nicht mehr wie im klassischen­ Polismodell die Gesamtheit der Bürger, sondern vor allem die lokalen Eliten waren tonangebend. Diese neue Oberschicht „orientierte[…] sich an römischen Mustern und Moden, um sich neue Formen der Abgrenzung und Legitimation zu verschaffen“270. Das Interesse der Stadtbewohner verlagerte sich von der Partizipation an der städtischen Regierung hin zum kulturellen Leben und zu wirtschaftlichem Erfolg. Das kulturelle Niveau wurde nun zum entscheidenden Leistungskriterium einer Stadt.271 Dementsprechend blühten beispielsweise Wettkampfspiele. Im öffentlichen Raum entstanden weniger politische Zweck- als vielmehr öffentliche Schmuckbauten und Tempel. Da diese der römischen Symbolpolitik dienten, leisteten die Kaiser finanzielle Beiträge. Architektonische Vorgaben allerdings verbanden sich damit meist nicht, vielmehr bediente man sich bei den Bauvorhaben der traditionellen hellenistischen Vorbilder und mancher Stilanleihe aus dem Westen des Imperiums. Der Machtverlust der Städte bewirkte in der persönlichen Lebensführung vieler Menschen eine Interessensverlagerung hin zu Vereinen, Kulten, philosophischen Zirkeln und Schulen. Diese zwischen den traditionellen Bezugspolen Oikos und Polis angesiedelten Sozialformen blühten dementsprechend im Prinzipat.272 Einen wirtschaftlichen Aufschwung verzeichneten in der Kaiserzeit nicht die Städte mit langer griechischer Tradition, sondern vor allem Gegenden wie Süd­ gala­tien, in denen ins Land gekommene Römer und einheimische Eliten eine neue imperiale Oberschicht bildeten. Die Provinzialisierung brachte auch hier eine verstärkte Bautätigkeit mit sich. Die Wirtschaft profitierte von der neuen Straßenanbindung durch die Via Sebaste und dem guten Klima. Große Grundbesitztümer garantierten den untereinander vernetzten aufsteigenden Familien den nötigen f­inanziellen Rückhalt für politische Karrieren in Kleinasien und Rom.273 Die (gewünschte)  Verbundenheit mit Rom brachten die Städte und Kolonien Südgalatiens – wie die übrigen Städte des römischen Orients – auf unterschiedliche Arten zum Ausdruck. Immer wieder erhielten römische Offizielle hier Ehrungen. Aus Attaleia sind Ehrentexte für M. Plautius Silvanus, Legat in 270 Rüpke, Einführung, 45. 271 Vgl. Waelkens, Transformation, 66 („[C]ultural rather than political criteria definded a civic community“); vgl. in diesem Sinne auch Tac. Agr. XXI. 272 Vgl. Ebner, Stadt, 35–40. 273 Vgl. Sommer, Steppengrenze, 83 f; Halfmann, Kleinasien, 299–304; Waelkens, Transformation, 63–65.73; Brandt, Gesellschaft, 150. S. u. 4.5.2.4.

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den Jahren 7/8 bis 12 n. Chr., und seinen Nachfolger T. Helvius Basila erhalten.274 P. Sulpicius Quirinius, der ausgezeichnete Sieger über die Homonadeis, hatte im pisidischen Antiochia das Duumvirat ehrenhalber inne.275 M. Arruntius Cornuti filius, der Sohn seines Vorgängers, erhielt ebenda den meist als Dank für Stiftungen verliehenen Titel patronus coloniae.276 Bemerkenswert ist die Statue, mit der der Demos von Sagalassos den Gründungslegaten der Galatia, M. Lollius, ehrte.277 Er fungierte als Patron der Stadt. Erhalten ist eine Statuenbasis, auf der eine Inschrift Lollius als Adressaten der Ehrung nennt. Die außergewöhnlich große Basis trug ein immenses Standbild von über drei Metern Höhe, von dem man Fragmente gefunden zu haben glaubt. Dabei handelt es sich um Überreste von Füßen. Die Füße tragen Löwenfellstiefel, die im traditionellen Bildprogramm für die Darstellung mythischer Könige und Götter verwendet wurden, in der Kaiserzeit aber auch gerne für Angehörige der kaiserlichen domus. Beachtet man die bereits angesprochene Machtstellung des Lollius in der römischen Politik,278 wird verständlich, warum eine Polis wie­ Sagalassos ihre Ehrung des Mannes, von dem sie sich Förderung und Fürsprache versprach, so deutlich unterstrich. Gleichzeitig signalisierte Sagalassos auf diese Weise sein Selbstverständnis, Teil des Imperiums zu sein. Die Einwohner der Städte Südgalatiens ehrten nicht nur regional tätige römische Beamte, sondern bezeugten auch ihre Loyalität gegenüber dem römischen Imperium, indem sie für den Kaiser Kulte veranstalteten und Statuen weihten.279 Für den Kaiserkult, das neue Medium der Kommunikation zwischen Peripherie und Reichszentrale, wurden die ersten großen Bauprojekte angestoßen. Mit ihren hellenistischen Wurzeln muss die Herrscherverehrung gerade für die neue, aus dem Westen des Reiches oder aus den wenig hellenisierten Gebieten stammende Oberschicht zunächst fremd gewesen sein. Doch auch indigen geprägte Orte folgten dem Vorbild der Griechen Westkleinasiens beim Kaiserkult rasch nach. Attraktiv mag aus Sicht der städtischen Eliten die durch die Herrscherverehrung gegebene Möglichkeit erschienen sein, zumindest symbolisch der Gruppe der im Imperium Herrschenden nahe zu sein. Die Motive zur Beteiligung am Kaiserkult waren zwischen Dankbarkeit für die (versprochene) Friedensherrschaft nach

274 Vgl. SEG VI 646; dazu Mitchell, Tiberius, 23 f; Coşkun, Nachträge, 125 f. 275 Vgl. Rémy, Fastes, Nr. 96; ILS 9502 f. 276 Vgl. Rémy, Fastes, Nr. 95. 277 Eck/Mägele, Kolossalstatuen. 278 S. o. 4.1. 279 Vgl. SEG II 696; Mitchell, Anatolia I, 102 f (Attaleia); RECAM IV Nr. 236 (Statuen­ dedikation der Kolonie Lystra; 1. Jh. n. Chr.); RECAM V Nr. 328 (Dedikation der Milyadeis und der vor Ort lebenden römischen Kaufleute und Thraker). Zum Folgenden Meissner, Hellenismus, 129 f; Witulski, Kaiserkult; Price, Rituals; Sommer, Steppengrenze, 104 f.134 f; Herz, Herrscherverehrung; Chaniotis, Kaiserkult; Süss, Kaiserkult.

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dem Ende der Bürgerkriege und der Suche nach Prestige innerhalb der neuen Provinzialkultur angesiedelt. Die Herrscherverehrung war das zentrale Kommunikationsmittel zwischen Zentrum und Peripherie, in der Städte untereinander und in diesen die lokalen Würdenträger um Prestige wetteiferten. Sie integrierte die Person des Kaisers in die entstehenden politisch-kultischen Sinnkonstruktionen der Städte. So wirkte der Kaiser als übergreifendes Identifikationsangebot innerhalb des in sich inhomogenen Imperiums. Die im Zusammenhang mit der Herrscherverehrung veranstalteten Feste, Agone und Gelage – eine Melange aus griechischen und einzelnen römischen Sitten – bestimmten, wie auch die architektonischen Anlagen zeigen, das kulturelle Leben der Stadtbewohner. Die Einwohner Paphlagoniens beeideten im Jahr 5 v. Chr. anlässlich der Einbindung ihrer Region in die Provinz Galatien feierlich im Rahmen einer Zeremonie an den lokalen Kaiseraltären ihre uneingeschränkte Loyalität gegenüber dem Kaiser.280 „‚Alle‘, so wird betont, wurden erfaßt, und alle schworen denselben Eid; ob einzeln, in Gruppen oder durch Repräsentanten, wird nicht gesagt“281. Die imposanteste für den Kaiserkult errichtete Anlage in Südgalatien beherbergte Antiochia.282 Auf einem an die achttausend Quadratmeter großen Portico am östlichen Ende des Cardo Maximus überragte der Tempel das Stadtbild. Gewidmet war er Jupiter, dem Genius der Kolonie und Augustus. Dem Sebasteion von Antiochia und seinem städtischen (besser: kolonialen) Kontext widmet sich der folgende Abschnitt.

4.5.2 Ein Fallbeispiel: Das pisidische Antiochia 4.5.2.1 Lage und Vorgeschichte Über das Pisidische Antiochien geben vergleichsweise viele inschriftliche und archäologische Zeugnisse Auskunft.283 Antiochia (beim heutigen Yalvaç situiert) lag auf über 1235 Meter über Meereshöhe auf einem Ausläufer der Sultan Dağlari, die eine natürliche Barriere zur galatisch-lykaonischen Steppe bildet. Der antike Fluss Anthius passierte die Stadt, um sich durch das südlich und westlich gelegene offene Gelände hindurch in den Eğridir-See zu ergießen. Das Antiochia umgebende Gebirge sorgte für eine reichliche Bewässerung und damit für die Fruchtbarkeit der Gegend. Regenwolken verfingen sich in den Bergen, sodass 280 Vgl. Ehrenberg/Jones, Documents, Nr. 315. 281 Cancik, Kaisereid, 33; vgl. auch Coşkun, Forschungen zum Kaiserkult, 60 f; Mitchell, Macht, 374 f. 282 S. u. 4.5.2.3. 283 Vgl. Levick, Colonies, 68; zu Lage, Geschichte, Verfassung und Bauten Antiochias vgl. a. a. O. 42–44.72–101; Mitchell/Waelkens, Antioch, 1–18.91–112; Esch, Doppelgemeinden, insb. 201 f; De Giorgi, Space, 135–142; Harrington/Ossi, Infrastructure; Rubin, Ruler Cult; Demirer/Mallampati, Architecture; Brandt, Gesellschaft, 109 f.

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hier etwa doppelt so viel Niederschlag wie in der lykaonischen Steppe fiel. Das Wasser der im Gebirge gefallenen Niederschläge sammelte sich und speiste zudem Quellen an den Füßen der Gesteinsmassive. Das wichtigste agrarische Produkt der Region war Getreide, aber auch Obst und Früchte gediehen. Der landwirtschaftliche Reichtum der Region und die Lage an der von der Ägäisküste gen Osten verlaufenden Fernhandelsstraße284 zogen in hellenistischer Zeit unter der Seleukidenherrschaft Siedler in die Region, auf die u. a. die Gründung von Antiochia zurückging. Die ersten Kolonisten stammten aus der seleukidischen Siedlung Antiochia am Mäander. Die näheren Umstände und der politische bzw. strategische Zweck der seleukidischen Koloniegründungen sind nicht mehr bekannt. Überliefert ist aber, dass um 220 v. Chr. eine Delegation aus Antiochia bei Pisidien an Artemisfeiern in der Mutterstadt teilnahm.285 Die dies dokumentierende Inschrift lässt erkennen, dass Antiochia zu dieser Zeit über klassische Organe einer Polis verfügte. 4.5.2.2 Die Transformation in eine römische Kolonie Mit der Ansiedlung von schätzungsweise 3000 Siedlern – bekannt sind die Namen von 72 von ihnen – in augusteischer Zeit und der Gründung der Colonia Caesarea Antiochia hörte formal die Polis Antiochia auf zu bestehen. Gemäß üblicher Vorgehensweise standen dem einheimischen Bevölkerungsanteil, der Gruppe der incolae, beschränkte Bürgerrechte zu, während die römischen coloni den populus der Stadt bildeten. Dieser wählte die Magistrate: An der Spitze duoviri, von denen vor allem finanzielle Aufwendungen für Bauten und Spektakel erwartet wurden, darunter Quaestoren und Aedile. Daneben existierten städtische Auguren- und Priesterämter. Die einflussreichsten der coloni bildeten einen ordo, der als Rat fungierte. Die coloni Antiochias waren im Rahmen der tribusOrdnung, die ein älteres Phylensystem ersetzte, in der tribus Sergia eingeschrieben. Wie in allen Kolonien galt auch in Antiochia das römische Recht. Das Justizwesen benötigte daher entsprechend ausgebildete Juristen. Ein solcher war L. Malius Maximus, der von einem Gedenkstein bekannt ist. Sein Beruf wird in der griechischen Beschriftung des Steins mit νομικός, dem Äquivalent für iuris peritus, angegeben.286 Die mit der Koloniegründung eingetretene Zäsur in der Geschichte Antiochias zeigt sich auch in der Transformation des städtischen Lebensraums (s. u. Abb. 7; Abb. 8). Die beiden hellenistischen Hauptstraßen, die man gemäß der traditionellen Begrifflichkeit decumanus maximus und cardo maximus nennt, blieben zwar bestehen, wurden jedoch neu angelegt. Eine Inschrift, die in der Nähe der zum Sebasteion hinaufführenden Stufen angebracht wurde, informiert darüber, 284 Vgl. Strab. XIV 2,29 (§ 663). 285 Vgl. Kern, Magnesia, Nr. 79–81. 286 Vgl. Collas-Heddeland, Famille, 171.

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Abb. 7: Das pisidische Antiochia (Grundriss)

dass der Ädil T. Baebius Asiaticus für Pflasterarbeiten auf einer Länge von 3000 römischen Fuß aufgekommen war.287 Das entspricht in etwa der Länge der städtischen Hauptachsen; der Ädil dürfte also der Sponsor des Straßenausbaus gewesen sein. Das Projekt wurde vermutlich um die Zeitenwende realisiert. In dieser Zeit reger Bautätigkeit wurde auch die Stadtbefestigung erneuert. Weil sie vielfach überbaut wurde, sind jedoch von der augusteischen Stadtmauer keine archäologischen Zeugnisse erhalten. Die in etwa zehn Meter breiten Hauptstraßen gingen an zwei Stellen zu plateae über, die Raum für das städtische Leben boten.288 Die Augusta Platea am Nordende des Cardo Maximus grenzte an das vermutlich in augusteischer Zeit erbaute Nymphäum. Ein monumentales Aquädukt (s. u. Abb. 9) führte das Wasser, die Quelle des antiochenischen Wohlstands, aus ca. 11 Kilometer Entfernung

287 Vgl. Harrington/Ossi, Infrastructure, 19; Mitchell/Waelkens, Antioch, 221 Nr. 3. 288 Die Bezeichnung plateae ist von örtlichen Inschriften übernommen. Möglicherweise wurden die Plätze in der Antike anders bezeichnet, vgl. Süss, Kaiserkult, 259 f Anm. 34.

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Abb. 8: Decumanus Maximus

aus dem benachbarten Gebirge direkt zur Stelle des Nymphäums, an das auch ein Reservoir angegliedert war. Die Kulisse der Brunnenanlage und die um die Augusta Platea herum angesiedelten Geschäfte, Tavernen und öffentlichen Einrichtungen machten den Platz zu einem der Zentren des sozialen Lebens der Stadt. Auf der östlichen Seite des Cardo Maximus verbindet in der Nähe der zentralen Kreuzung die Tiberia Platea die Hauptstraßen mit dem Vorplatz des Se­basteions. Auch dieser Platz war von Geschäften und Tavernen gesäumt. Vier kleine Brunnen am Fuße der Treppen zum Heiligtum versorgten Läden und Besucher des Platzes mit Wasser, das möglicherweise auch für kultische Zwecke gebraucht wurde. Die Anlage im Angesicht des Heiligtums bot sozialen Raum in der Stadtlandschaft. Sie wurde als Treffpunkt, Geschäftszentrum und zum ­gemeinsamen Zeitvertreib genutzt. In das Pflaster eingeritzte Würfelspielfelder lassen das heute noch erkennen.

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Abb. 9: Römisches Aquädukt bei Antiochia

Auch außerhalb der größeren Plätze bemühte man sich ab der augusteischen Zeit, ein ansprechendes Stadtbild zu schaffen. Ein Brunnen in der Nähe der zentralen Kreuzung der Hauptachsen wurde dekorativ überbaut. Dorische Säulenfragmente sind noch erhalten. Die Straßen wurden im Laufe der Zeit mehr und mehr mit Monumenten ausgestattet und die Fassaden kunstvoll verziert. Erhalten ist ein in das 1. Jh. n. Chr. zu datierender Kalksteinblock, der Reste eines Arkantusfrieses erkennen lässt. Die lateinische Inschrift eines dorischen Friesfragments nennt den Stifter eines Bauwerks. Seine Zugehörigkeit zur tribus Sergia macht eine Datierung ebenfalls in das 1. Jh. n. Chr. wahrscheinlich. Zwischen Stadtrand und der Hauptkreuzung liegt am decumanus maximus ein steinernes Theater (s. u. Abb. 10). Der Bau stammt bereits aus der Gründungszeit der Kolonie und geht vermutlich auf einen Vorgängerbau aus hellenistischer Zeit an dieser Stelle zurück. Eine nicht präzis zu datierende Inschrift spricht von der Errichtung eines weiteren, hölzernen Theaters in Antiochia. In diesem sponsorte der Priester Lucius Calpurnius Veranstaltungen im Kontext der Herrscherverehrung.289 Vermutlich wurde für die Spektakel eigens das hölzerne Theater er-

289 Vgl. Mitchell/Waelkens, Antioch, 224 f Nr. 7; ferner Witulski, Adressaten, 204–215 (Text und Übersetzung a. a. O. 205).

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Abb. 10: Rekonstruktion des Theaters im pisidischen Antiochia

richtet, da die aus Stein gebaute Spielstätte sich hierfür nicht eignete. Die Inschrift gibt einen Einblick in die Attraktionen, die im Umfeld des Kaiserkultes dem populus geboten wurden: Calpurnius venatione[s] cotidie omnis ge[ner-] [i]s et sparsiones dedi[t [et] gladiatorum paria [X]XXVI per dies octo, [et?] [con]summato mu[nere] [cenam po]p[ulo dedit?].290

Während einer achttägigen Festzeit spendierte der Priester täglich Tierhetzen (die dabei entstehenden Gerüche wurden mit parfümierten Kräutern überdeckt), dazu 26 (36?) Gladiatorenpaare sowie zum Abschluss eine Volksspeisung. Aufwändige Spektakel wie die hier gebotenen, die großen Bauprojekte, die Verwendung der lateinischen Sprache in öffentlichen und privaten Inschriften und schließlich die Aufteilung der Stadt in vici, die die Namen stadtrömi-

290 Z.10–16.

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scher Bezirke wie Venerius, Velabrus oder Tuscus trugen, zeigen, dass das frühkaiserzeitliche Antiochia sich mit Nachdruck als ein „little Rome at the border of ­Phrygia and Pisidia“291 inszenierte. Der damit verbundene Anspruch hatte zumindest innerhalb des regionalen Kontexts in der julio-claudischen Zeit eine gewisse Berechtigung.292 4.5.2.3 Eine neue provinziale Identität: Im Schatten des Sebasteions In der neueren Forschung finden verstärkt die einheimischen Traditionen unter den Bedingungen der römischen Herrschaft Aufmerksamkeit. Auch wenn in Antiochia, wie beschrieben, das römische Element in Gestalt der Siedler, der Entwicklung des städtischen Lebensraums und des öffentlichen Lebens machtvoll vertreten war, sollten auch die im Übergang zur römischen Zeit bestehenden Kontinuitäten gewürdigt werden. Denn die schätzungsweise 50 000 in Stadt und Territorium lebenden Phryger, Pisidier und Nachfahren der seleukidischen Siedler waren durch die Gründung der Provinz keineswegs vertrieben worden.­ Griechische Namen und die Verwendung der griechischen Sprache sind ununterbrochen bis in die Spätantike hinein belegt.293 Die Eliten der Einheimischen wurden an der Verwaltung der Kolonie beteiligt. Eine wenn auch nur kleine Gruppe Einheimischer erhielt in der Frühzeit der Kolonie das Bürgerrecht. Bekannt sind 18 römische Bürger mit den Gentilnamen Iulius oder Lollius, die auf eine Verleihung der civitas in augusteischer Zeit deuten. Ausgerechnet das größte Bauwerk, das in machtvoller Weise den Bezug zu Rom verkörperte, das Sebasteion, zeugt von einer städtischen Identität, die römische und einheimische Elemente zu vereinigen suchte.294 Vom cardo maximus aus gelangte man über Stufen zu einem 100 mal 85 Meter messenden Portico, der zum Teil  in den Fels geschnitten worden war (s. u. Abb. 11). Am Eingang stand ein dreigliedriges Propylon westlichen Stils, nach einem vergleichbaren Bau in Ephesus das zweite Gebäude seiner Art in Kleinasien. Eine Inschrift in bronzenen Lettern nennt den Imperator Divi Filius Caesar Augustus als denjenigen, dem der Komplex zu seinen Lebzeiten gewidmet war. Das hier erwähnte 22. (24.?) Tribunenamt und der im Text gebrauchte T ­ itel p­ ater patriae verweisen auf eine Bauzeit um die Zeitenwende. An den

291 Levick, Colonies, 78. 292 Als einzige der pisidischen Kolonien des Augustus prägte Antiochia Münzen (vgl.­ Rebuffat, L’Histoire, 376; ferner Krzyżanowska, Monnaies). 293 Vgl. etwa SEG VI 580. 294 Vgl. Rubin, Ruler Cult; Mitchell, Anatolia I, 104 f.107; Ders./Waelkens, Antioch, 113–173 (a. a. O. 147: Datierung der Widmungsinschrift im Jahr 2 v. Chr.); Vandeput, Tempel, 207 f.211; Witulski, Adressaten, 195 (Datierung der Widmungsinschrift in das Jahr 1/2 n. Chr.); Süss, Kaiserkult, 259 f.

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Abb. 11: Rekonstruktion des Sebasteions im pisidischen Antiochia

Innen­seiten des Durchgangs lasen die Passanten den Rechenschaftsbericht des Augustus, das Monumentum Antiochenum, das auch eine Verbindung zum Ancyraner Sebasteion herstellte, an dem ebenfalls der Tatenbericht zu lesen war.295 Die bildlichen Verzierungen der Toranlage verwiesen auf die Siege des Augustus (s. u. Abb. 12). Lokalgeschichtlich besonders interessant sind einige auffällige Details. Neben Angehörigen der kaiserlichen Familie, Victoria, geflügelten Genii und dem augusteischen Steinbock erscheint recht prominent auch Men, der Stadtgott Antiochias.296 Er ist als jugendlicher Krieger gestaltet und trägt gemäß den Kriegsmotiven des Propylons einen gehörnten Helm. Seine Darstellung an diesem Ort schafft eine Verbindung zwischen einheimischer Tradition und neuer Herrschaft, die ihrerseits das einheimische Bevölkerungselement bewusst zu integrieren suchte. Zwei weitere Reliefs zeigen vermutlich den Kaiser mit einem Gefangenen, eine sonst im westlichen Imperium bekannte Darstellung, sowie einen knienden Barbaren (s. u. Abb. 13), der entfernt an die pergamenischen Barbarendarstellungen erinnert. Möglicherweise spielen die Motive auf den Krieg gegen die aufständischen Homonadeis im Taurosgebirge an. Den Bewohnern Antiochias führten die Figuren die Durchsetzungskraft der römischen Herrschaft vor Augen. Der monumentale, von einer doppelten Säulenreihe umgebene Platz bot Raum für die Zusammenkünfte der Einwohner Antiochias und des Umlandes

295 S. u. 4.6. 296 S. u. 4.5.2.5.

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Abb. 12: Detail des Reliefs des Propylons des Sebasteions im pisidischen Antiochia

Abb. 13: Detail des Reliefs des Propylons des Sebasteions im pisidischen Antiochia

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anlässlich der Feierlichkeiten des Kaiserkults. Ärmere Festpilger konnten anschließend direkt im Säulengang beherbergt werden. Den reichen Bürgern boten sich hier zahlreiche Möglichkeiten, kostbare Weihegeschenke und Standbilder aufzustellen. Inmitten des Platzes erhob sich auf einem Podium der Tempel, der die Stadt überragte (s. u. Abb. 14; Abb. 15). Treppen führten zur zehn Meter breiten Front. Allein die Cella maß 13 mal 11 Meter. In der Nähe des Tempels wurden Fragmente eines kolossalen Kultbilds eines Mannes in Sandalen gefunden, bei denen es sich um die Reste des Kultbildes des Augustus handeln dürfte. Das Dekor des typischen korinthischen P ­ rostylos arbeitete mit Motiven, die in augusteischer Zeit beliebt waren und an das Bildprogramm der Ara ­Pacis in Rom erinnern. Ein Fries fällt durch die Darstellung von Kirschen und Granatäpfeln auf; Motive, die auf die Fruchtbarkeit des antiochenischen Umlandes anspielen. Wie bereits im Falle des Bildprogramms des Propylons wurden einheimische und ursprünglich im lateinischen Westen beheimatete Motive miteinander verbunden. Bei einer in der Nähe des Heiligtums gefundenen Inschrift handelt es sich um die Stiftungsdokumentation des Augusteums (s. u. Abb. 16).297 Der Text lautet: IOVI ∙ OPT ∙ MAX AUG ∙ ET ∙ GEN ∙ COL [vacat] EVEI

Der ursprüngliche Aufstellungsort ist unsicher; vermutlich war der Stein einst an einem Altar zu Füßen des Tempels angebracht. Aus dem fragmentarischen Text geht hervor, dass das Heiligtum Jupiter, Augustus und dem Genius der Kolonie gewidmet war. Dreifache Dedikationen kommen häufiger in Kleinasien vor, besonders im Westen und Südwesten der Halbinsel. Die antiochenische Dedikation folgt also kleinasiatischem, nicht westlichem Muster. Bei dem Genitiv Euei, einer latinisierten Form des griechischen Namens Euios, handelt es sich um den Vatersnamen des Stifters. Er selbst bleibt wegen der Zerstörung des Steins an dieser Stelle anonym. Rubin schlägt vor, in ihm einen der Vertreter der einheimischen Eliten zu sehen, die sich finanziell engagiert hatten. Offenbar gingen auch die großen Bauprojekte des römischen Antiochia von zugezogenen und ortsansässigen Eliten gemeinsam aus, die sich gleichermaßen an den Kosten beteiligten. Architektonisch und handwerklich ausgeführt wurden die Bauten, so legen es mehrere Stilelemente nahe, von Kleinasiaten. Neben den örtlichen waren für aufwändige Bauten wie in Antiochia externe Geldquellen nötig. Diesbezüglich profitierte die Kolonie von ihren guten Verbindungen zur kaiserlichen Familie und zu hohen römischen Militärs. Das zeigen in augusteischer Zeit bestehende Ehrenmagistraturen. Die auf diese Weise geehrten

297 Vgl. Rubin, Ruler cult, 53 f.

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Abb. 14: Sebasteion im pisidischen Antiochia, Augustustempel im Vordergrund

Abb. 15: Rekonstruktion des Inneren des Sebasteions im pisidischen Antiochia

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Abb. 16: Stiftungsinschrift des Sebasteions im pisidischen Antiochia

römischen Spitzenpolitiker sorgten für die Finanzierung der Stadtentwicklung, während Vertreter der örtlichen Oberschicht an Stelle ihrer Inhaber die Magistratsgeschäfte führten.298 In Antiochia lässt sich studieren, wie eine neue städtische Identität konzipiert wurde, die alle Bevölkerungsgruppen zu integrieren suchte. Dazu passt auch die Trias der im Zentralheiligtum verehrten Gottheiten: Jupiter/Zeus, dessen Verehrung einerseits in Pisidien nicht unbekannt war und durch den andererseits das örtliche Heiligtum auch als Capitolinum für die römischen Siedler diente; ferner Augustus als Beauftragten des Göttervaters, dessen Herrschaft sich nun auch auf Antiochia erstreckte. Die Kolonie schrieb sich schließlich ihrerseits durch ihren Ortsgenius in die göttliche Herrschaftshierarchie ein. 4.5.2.4 Bevölkerungspluralismus und soziale Mobilität Berührungspunkte von eingewanderten Siedlern und autochthoner Bevölkerung lassen sich aber nicht nur bei den großen Bauprojekten der Zeit beobachten. Dass etwa siedelnde Veteranen einheimische Frauen heirateten, war übliche Praxis. Leider erfahren wir in den Quellen nichts über diese Frauen, die offenbar im öffentlichen Leben der Stadt keine Rolle spielten.299 Die eben benannten Bemühungen um eine Einheimische und fremdstämmige Bewohner einende Identität Antiochias sind auch im Kontext gravierender sozio 298 Vgl. etwa die Ehrenmagistraturen des Drusus, Augustus’ Stiefsohn (ILS 7201), des Cn. Domitius Ahenobarbus, Vater des Nero (ILS 2696), der Generäle P. Sulpicius Quirinius und M. Servilius (ILS 9502). 299 Vgl. Collas-Heddeland, Famille, 170 f.

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ökonomischer Unterschiede in der Bevölkerung zu sehen. Denn die in der Zeit zwischen der Provinzialisierung Galatiens und dem Ende der julisch-claudischen Periode blühende und um Integration in das Imperium bemühte Stadt bot einigen der westlichen Einwanderer enorme soziale Aufstiegschancen, wie sie in der Heimat vermutlich nie vorgekommen wären, stammten doch offenbar einige der Zuzügler aus entlegenen Regionen, beispielsweise in Norditalien.300 Einige der Einheimischen konnten, wie es scheint, daran partizipieren – sonst hätten sie sich nicht als öffentliche Stifter hervortun können –, andere nicht. Ein Beispiel für den neu gewonnenen sozialen und ökonomischen Status westlicher Einwanderer liefert das Grabmonument des Zenturio Statius Anicius, der zur Generation der ersten Kolonen gehörte.301 Von seiner Grablege ist nur noch eine Widmungsinschrift erhalten. Das Monument bestand vermutlich aus einem kleinen tempelähnlichen Bau und umgebenden Gartenflächen. Aus der Inschrift geht hervor, dass die Kosten für die Grabanlage 800 Denare betrugen: eine beträchtliche Summe, die in etwa vier Jahresgehältern eines Legionärs in augusteischer Zeit entsprach. Zum Vergleich verweist C. Hoet-van Cauwenberghe auf das Grab, das Papas und Iman – es handelt sich um Träger phrygischer Namen – für ihren Vater angelegt hatten. Beide, so berichten sie, haben dafür zehn Denare ausgegeben. Den Nachkommen des reich verstorbenen Zenturios Statius Anicius gelang weiterer sozialer Aufstieg. C. Anicius schlug, nachdem er das städtische Duovirat innegehabt hatte, eine Offizierslaufbahn als Tribun der legio III Gallica ein. P. Anicius Maximus schließlich sollte nach einer Offizierslaufbahn am Ende des 1. Jh. n. Chr. einen Sitz im Senat erhalten. Bemerkenswert im Hinblick auf die sozialen Verhältnisse Antiochias ist noch, dass es sich beim Autor der Widmungsinschrift am Grab des Statius um Syneros, einen  – einheimischen oder griechischen? – Freigelassenen, handelte. Als Erbe des Statius hatte er sich um eine würdige Grabstätte zu kümmern und die beträchtliche Summe aus dem Erbe­ bezahlt. Auch in Südgalatien konnten offenbar einzelne liberti zu Vermögen kommen. Besonders zwei Familien hatten eine führende Stellung innerhalb der städtischen Elite Antiochias inne: die Sergii Paulli und die Caristanii.302 An ihrem Beispiel lässt sich das Grundmuster des sozialen Aufstiegs studieren, der einigen in 300 Salomies, Names, stellt fest, dass sich unter den römischen Namen Antiochias auffällig viele (fast) nur hier belegte finden: Ein Hinweis darauf, dass die antiochenischen Einwanderer aus abgelegenen Regionen stammten und in der vorherigen Heimat keinen großen Anteil am politischen oder wirtschaftlichen Leben gehabt hatten. 301 Vgl. zu den Anicii Hoet-van Cauwenberghe, Decurion; vgl. CMRDM III Nr.  120; Halfmann, Senatoren aus dem östlichen Teil, Nr. 35a; Christol/Drew-Bear, Legat; K ­ eppie, Origins, 133. 302 Vgl. Halfmann, Die ersten Senatoren; Christol/Drew-Bear, Sergii; Cheesman,­ Family; allgemein Brandt, Gesellschaft, 110.150–160.

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der Frühzeit der Kolonie eingewanderten Clans gelang. Zugleich stehen die Genannten zusammen mit den Anicii für die exponierte Stellung Antiochias unter den aufstrebenden Regionen des damaligen Kleinasiens: Versteht man den Aufstieg in den senatorischen Rang als höchste Stufe des Sozialprestiges, so fällt der bemerkenswerte Befund auf, dass bezogen auf die gesamte kleinasiatische Halbinsel nur noch aus Pergamon mehr Senatoren stammten als aus dem pisidischen Antiochia. Unter Tiberius erhielten bereits Q. und L. Sergius Paullus aus Antiochia Senatssitze; zwei oder drei weitere folgten ihnen in der flavischen Epoche nach. Durch den in der ganzen Provinz gestreuten Grundbesitz der Familien303 und den wirtschaftlichen Boom Antiochias, der vor allem auf dessen fruchtbares Territorium zurückging,304 waren die Voraussetzungen der steilen Karrieren der untereinander vernetzten homines novi aus Südgalatien gegeben. Eine seinerzeit übliche, d. h. zunächst städtische und dann ritterliche, Laufbahn hatte auch C. Caristanius Fronto Caesianus Iullus hinter sich, als er sich im Alter in seiner Heimat Antiochia zur Ruhe setzte.305 Einer seiner Nachkommen war in der kaiserlichen Verwaltung beschäftigt, und so hatte es sich der Ruhe­ ständler nicht nehmen lassen, anlässlich der öffentlich durchgeführten Fürbitten für das Wohlergehen des Claudius während seiner Britannienexpedition eine Stiftung zu geloben. Nach der erfolgreichen Rückkehr des Kaisers nach Rom erfüllte er das Gelübde, indem er eine überlebensgroße Statue des Kaisers anfertigen und vermutlich im Sebasteion aufstellen ließ. Die Inschrift der erhaltenen Basis dokumentiert, dass auch die Bevölkerung davon profitierte: Denn gestiftet wurden auch in diesem Fall Opfer, Spiele und Tierhetzen. 4.5.2.5 Das Menheiligtum Antiochias Stadtgott Antiochias war Men, der hier den Beinamen Askaenos trug.306 Die erste überlieferte Erwähnung des Kultes befindet sich in einem Brief des Antiochos III., der die Oberaufsicht über die Heiligtümer der Region regelte. Vermutlich hatten die Siedler der seleukdischen Zeit Men aus ihrer Heimat mit nach Antiochia gebracht. In Magnesia am Mäander wurde Men jedenfalls verehrt.307 Das auf einem Hügel gelegene Heiligtum war von der Stadt aus erreichbar, indem man über den etwa 3,5 Kilometer langen Pilgerweg die rund 370 Meter höher gelegene Anhöhe erklomm. Den Weg säumten die von den Pilgern im Fels

303 S. u. 6. 304 Vgl. De Giorgi, Space, 138; Levick, Colonies, 44 f. 305 Vgl. Christol u. a., L’empereur. 306 Vgl. Strab. XII 3,31 (§ 556); 8,14 (§ 577); ferner Raff, Architecture; Khatchadourian, Cult; Mitchell, Temple; Ders./Waelkens, Antioch, 37–90; Labarre, Origines, 399–403; Ders./Taşlialan, Devotion; Vandeput, Tempel, 205; Le Dinahet, Inscriptions; Lane, Men, 2164 f; Hardie, Shrine. 307 Vgl. Malay, Letter; Ders., Copy.

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hinterlassenen Reliefs. Sie zeigen kleine Naiskoi, in denen meist das nach oben gebogene Horn dargestellt war: das Attribut Mens, das für Unsterblichkeit stand. Bei dem Heiligtum handelt es sich um eine hellenistische Tempelanlage (s. u. Abb. 17). Der Temenos erstreckt sich auf einer Fläche von ca. 43 mal 70 Metern. Er ist von einer bis zu zwei Meter dicken Mauer und einem Säulengang eingefasst. Der westliche und der südliche Abschnitt der Mauer sind mit Dankinschriften versehen. Sie erlauben Rückschlüsse auf die Verehrerschaft Mens: auswärtige Pilger, Angehörige der einheimischen Eliten und städtische Amtsträger, Nachkommen der seleukidischen Siedler und Menschen, deren Namen auf eine Bürgerrechtsverleihung nach der Koloniegründung schließen lässt. Auffällig hoch ist insge­samt der Anteil lateinischer Namen und der tria nomina. Innerhalb der Mauern stand auf einer gestuften Krepis von stattlichen 31 mal 17 Metern ein ionischer Peripteros aus dunklem Kalkstein mit Kontrastelementen aus hellerem Gestein. Auf dem Areal rekonstruierbar sind zudem ein weiterer kleiner Tempel, Häuser für Verwaltung und Kultbetrieb (Versammlungen, Kultmähler, Versorgung der Pilger etc.). Der Baustil des Heiligtums verweist in das 2. vorchr. Jh. Antiochos III. hatte die Oberaufsicht über den Men-Tempel durch einen Stellvertreter wahrgenommen.308 Wahrscheinlich förderten die Attaliden Pergamons das Heiligtum nach dem Ende der Seleukidenherrschaft. Strabo weiß über die Verhältnisse der hellenistischen Zeit zu berichten, dass das Heiligtum über beträchtlichen Grundbesitz verfügte, der von ἱερόδουλοι bewirtschaftet wurde, eine Bezeichnung, die irreführenderweise oft mit „Tempelsklaven“ wiedergegeben wurde.309 Denn bei den Hierodoulen, die es in ähnlicher Form auch im sonstigen östlichen Mittelmeerraum gab, handelt es sich um frei geborene Bewohner eines Tempelterritoriums, die Abgaben aus ihrer landwirtschaftlichen Produktion an das Heiligtum abführten oder handwerklichen Tätigkeiten in den Tempelstädten nachgingen. Ihr Rechtsstatus entsprach weitgehend dem der λαοί der hellenistischen Königreiche: Menschen ohne Bürgerrechte, die persönlich frei waren, aber in abhängigen Erwerbsverhältnissen lebten. Die Pfründe aus der Arbeit der Hierodoulen durften – anders als im Fall der λαοί – aber nicht verkauft werden. Hierodoulen blieben vielmehr lebenslang im Dienst des Tempelstaats, waren sie doch der im jeweiligen Heiligtum verehrten Gottheit ‚geweiht‘ (ἱεροί). Im Zuge der Provinzialisierung Galatiens nahmen Augustus’ Gesandte die Kontrolle über Tempel und Besitztümer aus den Händen der offensichtlich mächtigen und reichen Priesterschaft. Wie das Heiligtum danach zunächst betrieben 308 S. o. 3.4.1. 309 Vgl. wiederum Strab. XII 8,14 (§ 577); dazu XII 2,3 (§ 535); 3,31 (§ 556); 3,34 (§ 558). Inschriftliche und literarische Quellen zur Hierodoulie in Kleinasien untersucht Hülsen, „Tempelsklaverei“; zu Strabos Angaben a. a. O. 108–114.160–174.180–182. Vgl. auch Marek,­ Geschichte, 636 f.

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Abb. 17: Rekonstruktion des Men-Heiligtums beim pisidischen Antiochia

wurde, ist unklar. Offensichtlich aber spielte der Stadtgott eine zentrale Rolle bei der Bemühung, einen Einheimische und Zuzügler einenden Lokalpatriotismus anzuregen,310 prangte doch ein Men in Kriegermontur am augusteischen Propylon des Sebasteions. Innerhalb des ersten Jahrhunderts nach Gründung der römischen Kolonie etablierte diese den Men-Kult als offiziellen Kult der Stadt. Es wurden Feste und Agone abgehalten. Die öffentlichen Men-Priesterämter wurden aus dem Kreis der örtlichen Oberschicht besetzt. Kolonen kümmerten sich als Kuratoren um die Angelegenheiten des Tempels. Ab der Regentschaft des Titus wird Men auch zum dominierenden Motiv der städtischen Münzprägungen.311 Von E. Lane stammt die Überlegung, ob die Römer den Kult des Men Askaenos von Antiochia nicht auch deshalb liebten und förderten, weil der lokale Beiname unweigerlich an Ascanius, den Sohn des sagenhaften römischen Gründervaters Aeneas, erinnerte.312 So oder so verehrten alteingesessene wie vor Kurzem zugezogene Kleinasiaten den Mondgott Antiochias.

310 S. o. 4.5.2.3. 311 Vgl. Rebuffat, L’Histoire. 312 Vgl. Lane, Men, 2171.

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4.6 Die keltischen Stämme unter römischer Herrschaft In den traditionellen Siedlungsgebieten der keltischen Galaterstämme fielen die Eingriffe der römischen Verwaltung zurückhaltender als in Südgalatien aus.313 Das betrifft sowohl die inneren Verhältnisse der Keltenstämme als auch die Präsenz römischer Offizieller. Da die römischen Statthalter, wie beschrieben,314 in Südgalatien wirkten, gab es zunächst keinen Grund, dauerhaft in Ancyra präsent zu sein. Ohnehin fehlte hier die städtische Infrastruktur, sodass zunächst weder ein dauerhafter Amtssitz des obersten Beamten noch ein Status als Verwaltungszentrum der Provinz in Frage kamen. Der Ausbau Ancyras wurde nicht vor der neronischen Zeit begonnen.315 Dementsprechend sind – abgesehen vom Augustus-/Romatempel (s. u.) – die ersten baulichen und inschriftlichen Zeugnisse der entstehenden Polis Ancyra in die Mitte des 1. Jh. n. Chr. zu datieren.316 Wann Ancyra zum permanenten Sitz des jeweiligen Statthalters wurde, lässt sich nicht mehr genau nachvollziehen. Erst ab dem 2. Jh. finden sich Ehrungen der Stadt oder einzelner Bürger für den Gouverneur.317 Römische Koloniegründungen wie in Südgalatien bald nach der Provinzialisierung im Jahre 25 v. Chr. fanden in Kerngalatien nicht statt. Die einzige römische Ansiedlung, Germa, an der Straße von Ancyra nach Pessinus gelegen, wurde in nachaugusteischer Zeit gegründet, möglicherweise unter Caligula. Offenbar legten weder sicherheitspolitische noch wirtschaftliche Aspekte es nahe, eine Südgalatien vergleichbare Koloniegründungswelle in den Galaterterritorien anzustoßen.318 Im Innern behielten die Galaterstämme auch als formale Untertanen Roms zunächst ihre gewohnte Autonomie. Anders als früher oft angenommen, wurde

313 Vgl. Coşkun, Ende, 155–157, der den Ausdruck ‚sanfte Provinzialisierung‘ der Galater prägte; Ders., Ankyraner Kaiserkult, 175; Ders., Belonging, 87–89; vgl. dagegen Strobel, Identität, 375–381 (a. a. O. 375: Metropolisstatus Ancyras als Sitz des galatischen Koinons nach der Provinzialisierung); Mitchell, Anatolia I, 86–89.103 (synchrone Städtegründungen und Beginn der Kaiserkulte; Arrondierungen und Beschneidung der Stammesgebiete zugunsten römischer Kolonien); Ders., Macht, 368–371, betont zwar, dass die Infrastruktur Kerngalatiens nach römischen Verwaltungsmaßstäben ungeeignet erschien, setzt aber voraus, dass Lollius in der ‚Hauptstadt‘ Ancyra sein Amt antrat; French, Inscriptions, 26; Deininger, Provinziallandtage, 20.66. Zur römischen Provinzialverwaltung allgemein Marek, Geschichte, 453–485. 314 S. o. 4.5.1. 315 Vgl. French, Inscriptions, 51. 316 Vgl. Coşkun, Forschungen zum Kaiserkult, 35 f Anm 5. 317 Die erste inschriftliche Erwähnung eines Statthalters in Ancyra ist um 138 n. Chr. anzusetzen (vgl. French, Inscriptions, Nr. 05). 318 Vgl. Coşkun, Ende, 150.154. Gegen eine Datierung in augusteischer Zeit sprechen das Schweigen Strabos und die Unvereinbarkeit mit der Angabe, Augustus habe Kolonien „in Pisidien“ gegründet (vgl. R. Gest. div. Aug. 28).

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ihnen eine kultische Ehrehrbietung gegenüber dem Kaiser im Zuge der Provinzialisierung keineswegs aufgezwungen.319 Strukturen der Stammesgesellschaft wurden offenbar kaum angetastet, sieht man vom Verlust des galatischen Königsamts ab. Beispielsweise im Polizei- und Justizwesen scheint die Provinzialisierung der Galater zunächst zu keinen Veränderungen geführt zu haben. Besuche von Gerichtskonventen, die grundsätzlich zur Aufgabe des Statthalters gehörten, sind in den Stammesgebieten nicht belegt.320 Die meist ländlich, in weit voneinander entfernt liegenden Siedlungen lebenden Galater wurden von der römischen Rechtsaufsicht offenbar nicht erreicht und waren daher faktisch von ihr ausgenommen. Gleiches gilt für das Steuerwesen. Auch hier finden sich im 1. nachchr. Jh. keine Zeugnisse, die für eine Besteuerung der Galater sprechen. Erst ab dem späten 2. Jh. kann ein Finanzbeamter in Ancyra nachgewiesen werden. Die traditionelle landwirtschaftliche Subsistenzwirtschaft, die weitgehend ohne Geld auskam, war zur Erhebung von Steuern schlicht nicht geeignet. Dementsprechend sind auch keine Nachrichten über Beschwerden galatischer Provinzialen über die römische Verwaltung überliefert, Vorgänge, die in anderen Provinzen häufig vorkamen. Auch wenn die römische Verwaltung in den Galatergebieten vermutlich kaum zu spüren war, war rund zwanzig Jahre nach der Überführung in eine Provinz den galatischen Eliten offenbar daran gelegen, ihrer Loyalität Rom gegenüber Ausdruck zu verleihen. So kommt im keltischen Galatien der frühen römischen Zeit dem Ancyraner Sebasteion ein Sonderstatus zu (s. u. Abb. 18).321 Es handelte sich um das eindrucksvollste Gebäude der Stadt und um eine der profiliertesten Loyalitätsbekundung in ganz Zentralkleinasien. Der Tempel erhob sich in einem Temenos von über 18 000 Quadratmetern auf einem Podium von 55 und 36 Metern Seitenlänge. Der Bau selbst, ein achtsäuliger korinthischer Pseudodipteros, maß 31 mal 12 Meter. Das schon durch seine Ausmaße im­posante Gebäude war zusätzlich überall mit goldener Farbe überzogen. An den Wänden kündete die lateinisch-griechische Bilingue von den Taten des Augustus. Inmitten der noch kaum ausgebauten Stadt und einer nur wenig urbanisierten Region muss der Roma und Augustus geweihte Tempel den Eindruck eines „Weltwunders“322 gemacht haben. Eine vorne an der linken Ante angebrachte Inschrift gibt einen lebendigen Einblick in die Etablierung des Kaiserkultes im Jahr 5/4 v. Chr., die Phase des Baubeginns zwei Jahre später und die Aktivitäten der ersten zwei

319 Vgl. Coşkun, Forschungen zum Kaiserkult, 62. 320 Vgl. Haensch, Capita, 277–281; Mitchell, Macht, 371. 321 Vgl. Coşkun, Ankyraner Kaiserkult; Ders., Forschungen zum Kaiserkult; Mitchell, Anatolia I, 103.107–113; Ders., Macht, 372 f; Süss, Kaiserkult, 114–119.209; French, Inscriptions, 38 f; vgl. Halfmann, Datierung, 39. 322 Mitchell, Macht, 372.

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Abb. 18: Ancyraner Sebasteion

Jahrzehnte des Kultbetriebs.323 Die Datierung der Amtsträger geschieht durch die Nennung der jeweiligen Statthalter. Im Mittelpunkt stehen die von den Kaiserpriestern (Γαλατῶν οἱ ἱερασάμενοι θεῶι Σεβαστῶι καὶ θεᾷ ῾Ρώμηι324) während 24 Amtsperioden gestifteten Wohltaten. Pylaimenes etwa, Sohn des Königs Amyntas, veranstaltete nicht nur ein fulminantes Festprogramm (Volksspeisungen, Agone, Wagen- und Pferderennen, Stierkämpfe, eine Schaujagd), sondern stellte auch die Grundstücke zur Verfügung, auf denen Kaisertempel, Festplatz

323 Text bei Krencker/Schede, Tempel, 52–54; Bosch, Quellen, Nr. 51; Herz, Kaiserkult, 68–70; Coşkun, Forschungen zum Kaiserkult, 39–44; vgl. Mitchell, Anatolia I, 108. Die hier vorgetragene, für das Verständnis der Gründung des Ancyraner Kults richtungsweisende Datierung der Priesterliste hat Coşkun, Ankyraner Kaiserkult, 176 f; Ders., Edikt; Ders., Ende, 153 f; Ders., Belonging, 88, Ders., Forschungen zum Kaiserkult, begründet. Nach Mitchell, Anatolia I, 103.107 f, war bislang eine Datierung der Ancyraner Liste und damit des Tempels in nachaugusteische Zeit geläufig (vgl. jetzt aber French/Mitchell, Ankara, Nr. 2). Der Beginn des Kultes wurde direkt im Jahr der Provinzialisierung (25 v. Chr.) angesetzt, wofür keine Überlieferungen vorlägen (vgl. jetzt aber Mitchell, Imperial Cult, 476–480). Coşkun, Edikt, weist demgegenüber nach, dass Sex. Sotidius Strabo, der Autor der sagalassischen Regelungen des öffentlichen Verkehrswesens war (s. o. 4.3) und dessen Name nicht in der Priesterliste genannt wird, unter Tiberius, nicht unter Augustus amtierte (vgl. dagegen Sherk, Galatia, 971). Für die Amtszeit der fünf inschriftlich am Sebasteion genannten Statthalter ergibt sich somit eine Datierung in augusteische Zeit. Der Kultbeginn kann damit auf 5 v. Chr., die Fertigstellung des Tempels auf 14 n. Chr. datiert werden. Die Inschrift dokumentiert demzufolge die ersten Jahre des Kaiserkultes. Zu den in der Inschrift genannten Priestern Coşkun, Histoire, 90–93. 324 Z.1–4.

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und zugehörige Wagenrennstrecke errichtet wurden.325 Aufgelistet werden ferner Veranstaltungen von Gladiatorenkämpfen, Tieropfern und Stiftungen von – aufwändig in das Hochland zu importierendem – Öl sowie von Getreide. Auffällig ist der vorausgesetzte enge Bezug des Kaiserkults zu den drei Galaterstämmen, auch wenn einzelne Priester  – ein Reflex der Vorgeschichte der Galaterdynastien – Phryger, Pontiker oder Paphlagonier waren.326 So befinden sich unter den verzeichneten Priestern prominente und notwendig wohlhabende Angehörige des galatischen Hochadels. Der bereits genannte Pylaimenes hatte zweimal das Priesteramt inne; ebenso begegnet auch Kastor, Sohn des (unbekannten) Königs Brigatos. Keiner der Priester tetrarchischer oder königlicher Herkunft besaß dagegen das römische Bürgerrecht, über das zwei der übrigen Priester ausweislich ihrer Namen verfügten. Die Ancyraner Kaiserverehrung blieb folglich auf die Galaterstämme beschränkt; eine die gesamte Provinz erfassende Kultgemeinschaft existierte nicht.327 Ancyra fungierte offensichtlich als gemeinsamer Zentralort der drei Hauptstämme. Wie eigens verzeichnet wird, gab Pylaimenes während seiner zweiten Amtszeit Volksspeisungen τοῖς τρισὶν ἔθνεσιν328, sprich: den Tektosagen, Tolistobogiern und Trokmern. Ancyra erhielt von ihm zusätzlich eine Hekatombe, munera und weitere Vergünstigungen. Verzeichnet wird eigens, dass unter dem Statthalter Silvanus (7/8–12 n. Chr.) Aktivitäten des Kaiserkults auch in Pessinus stattfanden. Der Priester Gallios stellte dort ein Standbild auf und finanzierte die üblichen Feierlichkeiten.329 Die Ancyraner Priesterliste dokumentiert, wie die göttliche Verehrung des Augustus und der Stattgöttin Roms etwa 20 Jahre nach Gründung der Provinz von Eliten der keltischen Galater – womöglich in Absprache mit der Reichszentrale, aber sicher nicht auf deren Anordnung  – initiiert und mit erheblichem Aufwand öffentlichkeitswirksam inszeniert wurde. Äußerer Anlass zur Kultund Tempelstiftung kurz vor der Zeitenwende könnten zeitgenössische Loyalitätsbekundungen in den Nachbarprovinzen gewesen sein. Auch der im Zuge der Angliederung Paphlagoniens an die Provinz Galatien abgelegte Kaisereid könnte die Anstrengung in Ancyra befördert haben.330 Die Prominenz des Kaiserkultes unter den Galatern ist als Fortsetzung der Romtreue der galatischen Aristokraten in der spätrepublikanischen Zeit zu verstehen, die nun in Form kultischer Ehren für den leiblichen Repräsentanten des Imperiums durchgeführt wurde.

325 Vgl. Z.19–29. 326 Vgl. Z.67 (Ioulios Pontikos); Z.86 (Pylaimenes, Sohn des Menas); dazu Coşkun, Ankyraner Kaiserkult, 198. 327 Vgl. Coşkun, Forschungen zum Kaiserkult, 47 f. 328 Z.49 f; vgl. Z.61 (ohne Trokmer; dazu Coşkun, Forschungen zum Kaiserkult, 51). 329 Vgl. Z.58–62. 330 Vgl. Coşkun, Forschungen zum Kaiserkult, 62.

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Die Priesterliste und die galatischen Münzemissionen der spätaugusteischen und der frühtiberischen Zeit lassen in Umrissen die politische Verfassung der keltischen Galater jener Zeit erkennen.331 Die Galaterstämme wurden bei der Provinzialisierung als „Polis mit drei Teilstämmen“332 organisiert. Sitz des Stammesverbandes war Ancyra. Der galatische Stammesverband war es wohl auch, der die galatischen Münzen der julisch-claudischen Zeit prägen ließ. Ihre Motive  – Kaiserbüsten, Tempel, der Zeus Taviums und die Mater von Pessinus  – drückten Tradition und Herrscherverehrung der Galater aus. Einendes Zentrum war das Ancyraner Sebasteion, das in Frontansicht abgebildete wurde. Dass es sich beim Ancyraner Verband der Galater um eine eher lockere Konföderation handelte, trug der gewachsenen Eigenständigkeit der Galaterstämme Rechnung. Pessinus und Tavium bildeten sich in der Folge als eigene Zentralorte heraus.333 Sie waren auf den Münzprägungen durch Abbildungen der Göttermutter bzw. des Zeus von Tavium repräsentiert. Unter dem Statthalter Afrinus (ca. 49/54) zeigten die pessinuntischen Münzen das Ancyraner Sebasteion, was im Zusammenhang erster Ansätze zu einer stärkeren Verzahnung der Galaterterritorien miteinander zu sehen ist. Dazu passt, dass erst in der Zeit Neros ein Koinon der Galater gegründet wurde, das Münzen unter eigenem Namen emittierte. Die Organisation blieb auf die keltischen Stämme beschränkt und wurde von ihren Eliten getragen. Gegen die Zuständigkeit des Provinziallandtags für Gesamt-­Galatien spricht nicht zuletzt die Existenz mehrerer Koina auf dem Boden der Provinz.334 Nachdem das vor allem seit der Flavierzeit ausgebaute­ Ancyra im Kontext der Armenien- und Partherkriege zur Metropolis aufgestiegen war, wurde die Münzprägung des galatischen Koinons schließlich unter Trajan eingestellt.335 Ansätze zu einer tiefergehenden Integration der keltischen Stammesgebiete in das Imperium zeigten sich erst im mittleren 1.  nachchr. Jh. In einer noch nicht lange bekannten Inschrift aus Mnizos, etwa 60 Kilometer westlich von Ancyra gelegen, präsentiert sich ein gewisser Rossolittanos als Priester des Kaiserkults.336 Er gehörte dem tolistobogischen Adel an. Seine Wirksamkeit in der

331 Vgl. RPC I, 3546–3553; Coşkun, Ankyraner Kaiserkult, 177–182.196–199. 332 A. a. O. 196. 333 Vgl. Mitchell, Anatolia I, 87; Strobel, Identität, 375–381; Leschhorn, Anfänge, 410–414. Tavium wurde später als die beiden Schwesterstädte, um 20 v. Chr., zum städtischen Zentralort. 334 Vgl. Coşkun, Forschungen zum Kaiserkult, 47 f. 335 Vgl. RPC I, 3563 f.3567; dazu Coşkun, Ankyraner Kaiserkult, 185–187.192–194; ebenso Deininger, Provinziallandtage, 69, der aber freilich ein provinzweites Koinon ab augusteischer Zeit voraussetzt. Zum Koinon vgl. auch die Mitgliederliste aus dem Jahr 98 n. Chr.: Coşkun, Histoire, 93–96. 336 Vgl. Mitchell, Imperial Cult, 471–476.

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Zeit des Claudius dokumentiert, dass nun auch im ländlichen Raum Stätten des Herrscherkults entstanden. Rossolittanos ist der erste bekannte galatische Funktionär des Kaiserkults nach den auf der Ancyraner Priesterliste genannten. Auch im Zentralort Ancyra wurde zu dieser Zeit der Herrscherkult aufgewertet:­ Zwischen claudischer und flavischer Herrschaft amtierten erstmals Hohepriester des Kults.337 Gleiches gilt für Pessinus. Zwei namentlich bekannte Hohepriester des galatischen Koinons sind Ti. Claudius Heras und sein Sohn Ti. Claudius Deiotaros.338 Der Vater bekleidete zwischen den Jahren 75 und 95 n. Chr. insgesamt sechsmal das Amt, der Sohn immerhin zweimal. Beide saßen auch im Priesterkollegium des pessinuntischen Heiligtums der Muttergöttin, das gemäß römischer Verfügung geordnet worden war. Ti. Claudius Heras hatte als junger Mann seine galatische Heimat verlasen, um Karriere im Militärdienst zu machen. Er wurde zunächst Präfekt einer ala, dann Tribun der Legionen XII Fulminata und III  Cyrenaica. Der nach seiner Rückkehr zum Hohenpriester Ernannte wurde u. a. für seinen Dienst im jüdischen Krieg mit den hasta pura und der corona muralis dekoriert. Nicht nur bei den Laufbahnen galatischer Adeliger, die mit den prestigeträchtigen Spitzenämtern Kerngalatiens belohnt wurden, sondern auch beim Ausbau der städtischen Infrastruktur und der Verkehrsverbindungen zeigt sich erst ab der zweiten Hälfte des 1. Jh. n. Chr., dass die Galaterterritorien sich sukzessive in die Strukturen des Imperiums integrierten bzw. integriert wurden.339 Die Urbanisierung und Erschließung der Territorien erfolgte aus den strategischen und politischen Notwendigkeiten der seit Nero verstärkt wahrgenommenen parthischen Bedrohung heraus. Ab hadrianischer Zeit ist die Residenz eines Statthalters in Ancyra belegt. Die Stadt nannte sich dann auch Metropolis der Provinz.340 Dass die Amtsträger des Kaiserkultes ab dem 2. Jh. im großen Stil Olivenöl spendierten, kann als Indiz für die nun vollends einsetzende Urbanisierung der Stadt

337 Vgl. a. a. O. 476–480. 338 Vgl. Strubbe, Inscriptions, Nr. 17 f; zur Datierung und Diskussion auch Mitchell, Imperial Cult, 480–483; ferner Strubbe, Imperial Cult. 339 Vgl. Coşkun, Belonging, 88. Vgl. etwa zur Straßenanbindung Taviums Strobel, Meilensteine. Die ersten Meilensteine aus dem Stadtterritorium Taviums sind auf das Jahr 97 n. Chr. zu datieren. Meilensteine an Straßen von und nach Ancyra wurden zu Beginn der 80er-Jahre n. Chr. aufgestellt (vgl. French, Galatia, Nr. 007.008.067.117[B].117[G]), darauf eine Reihe im Jahr 97 n. Chr. (a. a. O. Nr. 034.040.042.051[C].054[B].056.059[B].060.069[A]). Im späten 1. Jh. n. Chr. erhielt Ancyra ein Theater. Eine aus römischer Sicht adäquate städtische Infrastruktur entstand erst ab dem späten 2. Jh. n. Chr., als Thermen, eine Wasserversorgung und ein Gymnasium errichtet wurden (vgl. French, Inscriptions, 36.39). 340 Einen Einblick in die galatische Elite Ancyras in der hadrianischen Zeit gibt die Gedenk­ inschrift der Lateinia Kleopatra, vgl. Bosch, Quellen, Nr. 117; Coşkun, Romanisierung.

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angesehen werden.341 Die Partherkriege brachten erhebliche Veränderungen der Provinzgrenzen mit sich, die die Erhebung von Steuern auch bei den Galatern nach sich zogen. Im Laufe der Zeit wurden die Galater zu ‚normalen‘ Unter­tanen, sodass der Redner Themistios sie im 4.  Jh. als „wahrhafte Römer“ bezeichnen konnte.342 Dennoch gaben die Galater einen wichtigen Teil ihrer Identität und Kultur nicht auf, wurde Galatisch bzw. ein galatischer Dialekt bis weit in die Spätantike hinein gesprochen.343

4.7 Galatien als Gesamtprovinz Der Vergleich zwischen Südgalatien und den keltischen Territorien von der Frühzeit der Provinz Galatien bis in das mittlere 1. Jh. n. Chr. zeigt, wie unterschiedlich die Einbindung in das Imperium Romanum in den jeweiligen Regionen ausfiel: Hier greifbare Einschnitte durch die Gründung von Siedlungen, den Bau von Straßen, die Verwaltung des Statthalters, auch durch Kriege; dort keine aktive Herrschaftsausübung, aber aufwändige Loyalitätsbekundungen, die gemeinsam von den ansonsten eigenständigen Galaterstämmen getragen wurden. Die in der Forschung schon seit langem beobachtete Heterogenität344 der frühen Provinz Galatien erklärt sich einerseits aus ihrer Vorgeschichte. Amyntas hatte als Klientelkönig eine Reihe unterschiedlicher Territorien beherrscht. Eine­ Konsolidierung seines Reiches war aber noch nicht ansatzweise abgeschlossen, als es zur Provinz wurde. Andererseits schien es Rom auch nicht auf eine überall in gleicher Weise durchgeführte Provinzialisierung anzukommen. Das Vorgehen war an die jeweiligen regionalen Gegebenheiten angepasst und auf sie abgestimmt. Dementsprechend unterschiedlich wirkte sich die römische Herrschaft in den ersten Jahrzehnten in den Regionen der Provinz aus. Ein solches Vorgehen zeigt sich auch in den zahlreichen Gebietsveränderungen, denen die Provinz Galatien unterworfen war.345 Bereits fünf Jahre nach der Provinzialisierung wurde das Rauhe Kilikien, das zuletzt von Amyntas beherrscht worden war, abgeschnitten und Kappadokien angegliedert.346 Von nun an wuchs das Gebiet der Galatia stetig an. Zwischen den Jahren 6 v. Chr. und

341 Vgl. Ders., Forschungen zum Kaiserkult, 49. 342 Vgl. Them. or. 16,19 (§ 302). 343 S. o. Anm. 148. 344 Vgl. Haensch, Capita, 278; Coşkun, Ankyraner Kaiserkult, 179; Mitchell, Anatolia II, 151; Ders., Population, 1055. 345 Vgl. Coşkun, Ende, 136–138; Sänger, Adresse, 236 f; Koch, Geschichte, 584; Mitchell, Anatolia II, 151–157; Sherk, Galatia, 960–964; Brandt, Gesellschaft, 96–99; Grainger, Cities, 154 f; Marek, Stadt. 346 Vgl. Strab. XII 1,4 (§ 535); 2,10 (§ 540); XIV 4,6 (§ 671).

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38 n. Chr. erweiterten das paphlagonische Territorium des verstorbenen Deiotaros Philadelphos, des Urenkels des Deiotaros I., die Caranitis, Amaseia, Comana Pontica und Pontus Polemoniacus die Provinz Galatien im Norden.347 Von einer zentralen Regierung der Provinz Galatien von der Metropolis Ancyra aus kann im Vollsinn erst ab dem 2. Jh. n. Chr. gesprochen werden. Unter Claudius erfuhr die Provinz eine Phase erneuter Aufmerksamkeit aus römischer Sicht. So benannte sich nicht von ungefähr Ikonium in Südgalatien zu Ehren des Kaisers in Klaudikonion um.348 Zudem wurden in dieser Zeit erste Ansätze verfolgt, die Regionen der Provinz stärker als in den ersten Jahrzehnten nach der Provinzgründung miteinander zu vernetzen:349 Unter dem Statthalter Afrinus zeigten die Münzprägungen der Pessinuntier erstmals das Ancyraner Augusteum und nicht mehr die vor Ort verehrte Muttergöttin. Kurze Zeit später formierte sich in Ancyra das Koinon der Galater, das offenbar um eine engere Zusammenarbeit der Galaterstämme bemüht war. Auch außerhalb von Ancyra strebten nun galatische Adelige Karrieren im Militär an und demonstrierten ihren beanspruchten Status durch die Ausübung von prestigeträchtigen Ämtern in Galatien. Bemerkenswert ist, dass ebenfalls unter Afrinus Ikonium/Klaudikonium sich an einer von den Galatern herausgegebenen Münzserie beteiligte.350 Auch wenn sich in der Mitte des 1. nachchr. Jh. Ansätze zu einer inneren Konsolidierung der Gesamtprovinz erkennen lassen, waren dennoch ihre Grenzen weiterhin Anpassungen unterworfen (s. u. Abb. 19). Im Süden der Provinz beeinflusste die Gründung der Provinz Lykien unter Claudius das Gebiet der Galatia, denn dem neugeschaffenen Gebilde wurde im Jahr 43/44 n. Chr. Pamphylien angegliedert, sodass es – bis zum Jahr 69 – als Doppelprovinz Lycia et Pamphylia firmierte.351 Die Zugehörigkeit Südpisidiens südlich der Phrygia Paroreius zur Provinz Galatien ab claudischer Zeit ist umstritten. Unklar ist, ob der in Pisidien inschriftlich genannte Legat Petronius Umber ­Gouverneur Galatiens war. Immerhin arbeitete er aber mit dem auch für Galatien zuständigen Prokurator L. Pupius Praesens zusammen.352

347 Vgl. Strab. XII 3,9 (§ 544); 3,32–37 (§ 557–560); Strab. XII 3,41 (§ 562); Cass. Dio LIX 12,2. 348 Vgl. Coşkun, Ankyraner Kaiserkult, 182 f; RPC I 3541 f.3555–3561; Aulock, Lykaonien, Nr. 245–249 349 S. o. 4.6. 350 S. o. Anm. 331. 351 Vgl. Pomponius Mela I 14; Cass. Dio LX 17,3 (ἐς τὸν τῆς Παμφυλίας νομὸν ἐσέγραψεν); Suet. Claud. 25,3; dazu Brandt/Kolb, Lycia, 23 f (anders noch Brandt, Gesellschaft, 98 f). Vgl. auch Tac. hist. II 9,1 (zur Zeit Galbas); IK 57 Nr. 1 (Dedikation für Claudius, die möglicherweise im Zusammenhang mit der Errichtung der neuen Provinz steht). 352 Vgl. RECAM V Nr. 336; IGR III 263.335; ferner Brandt/Kolb, Lycia, 25; Sherk, Galatia, 977 f.

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Abb. 19: Provinzgrenzen im mittleren 1.Jh. n. Chr. (schematische Darstellung)

5. Juden in der Provinz Galatien In den Galatergebieten zweifellos jüdisch sind ein bei Germa gefundener353 Grabstein sowie weitere aus der Region von Tavium.354 Sie stammen aus dem 4./5. Jh. n. Chr. Andere Inschriften stehen in Zusammenhang mit der Verehrung des „höchsten Gottes“355 und sind nicht zweifelsfrei als jüdisch zu erkennen.356 Die Lage bei literarischen Belegen ist ähnlich unsicher. Zwar erwähnt die Vita des Theodot357 (6./7. Jh. n. Chr.) Juden in Ancyra, doch scheinen die – wenn auch spärlichen – jüdischen Grabstätten im galatischen Stammesland „die besten Be 353 Vgl. Ameling, Inscriptiones, Nr. 162. 354 Vgl. a. a. O. Nr. 163–166; Wallner, Inschriften, Nr. V.1. 355 S. u. 7.2. 356 Vgl. etwa RECAM II 209b; dazu Mitchell, Anatolia II, 36; ferner Ameling, Inscriptiones, 335 f mit Anm. 4. 357 Vgl. Vita S. Theodori 3.

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lege für jüdische Präsenz jenseits der Poleis zu sein“358. Möglich ist, dass Juden im galatischen Stammesland zu Hause waren. In die frühe Kaiserzeit da­tierbare Belege fehlen aber. Von größeren lebendigen Gemeinschaften erfahren wir in den Quellen nichts. Auch wenn hierfür die seltene Verwendung von Inschriften in ländlichen Räumen verantwortlich zu machen ist,359 liegt doch die Vermutung nahe, dass die galatischen Niederlassungen die Ansiedelungen von Juden im größeren Stil verhindert haben. In römischer Zeit kamen sicherlich Juden in die Landschaft Galatien. Entsprechend der zeitgenössischen Tendenzen mag eine solche Entwicklung im mittleren 1. Jh. n. Chr. langsam eingesetzt haben. Auch im Südteil der Provinz bietet der inschriftliche Befund keine reichhaltigen Quellen zu jüdischem Leben. Wahrscheinlich jüdisch waren die im lykaonisch-­ galatischen Grenzgebiet begrabenen Sophronios (λευίτης) und Joseph (?). Die Inschriften sind ab dem 4. Jh. n. Chr. anzusetzen.360 Sicher nach 212 n. Chr. datiert ein Grab in Laodikea.361 Nach dem Jahr 300 wurde ca. 22 km nördlich von Ikonium das Grab eines ᾿Ιωσήφ errichtet.362 Aus Ikonium erfahren wir – in einem ebenfalls in das 4. Jh. n. Chr. oder später zu datierendem Text – von einem σώφρων Παῦλος διάκονος.363 Die Anrufung Gottes τῶν φυλῶν τοῦ ᾿Ισραήλ macht wahrscheinlich, dass der gewisse Paulus jüdischer Herkunft war.364 Für die jüdische Diaspora im 1. Jh. n. Chr. aufschlussreich könnte der Grabstein der Debbora im phrygischen Apollonia sein.365 Er stammt wohl aus dem 1. oder 2. nachchr. Jh. Die Beigesetzte bezeichnet sich als ᾿Αντιοχίσσα. Ob hiermit die pisidische oder doch eher eine weiter entfernt liegende Stadt – was die inschriftliche Erwähnung erklären könnte – dieses Namens gemeint ist, lässt sich bislang nicht eindeutig klären. Bei den nicht-inschriftlichen Belegen ist die Gründungslegende Ikoniums, für welche bisweilen jüdischer Einfluss postuliert wurde, zu vernachlässigen. Sie ist älter als die ersten Spuren jüdischen Lebens in Kleinasien.366 Ein wichtiger Anhaltspunkt auf der Suche nach jüdischer Präsenz in Kleinasien aber ist die Nachricht der Ansiedelung 2000 jüdischer Familien durch Antiochos III. Vor dem Hintergrund der zeitgenössischen politischen Umstände 358 Ameling, Inscriptiones, 335 Anm. 1. Zum Folgenden ebd. – Die Erwähnung des Ancyraner Tempels in Jos, Ant 16,165 ist bei der Frage nach Juden im Galaterland wertlos, weil es sich dabei um eine Konjektur handelt (vgl. Doering, Schabbat, 299; anders Schuol, Augustus, 81 f.91.136). Vgl. Kahl, Galatians, 237 f. 359 S. o. 3.3. 360 Vgl. Ameling, Inscriptiones, Nr. 224 f. 361 Vgl. a. a. O. Nr. 227. Die Erwähnung der θεοῦ μήνιμα lässt an die geläufige Formulierung ὀργὴ θεοῦ und somit an jüdische Herkunft denken. 362 Vgl. Ameling, Inscriptiones, Nr. 228. 363 Vgl. a. a. O. Nr. 226, sowie CIG III 3998.3995b. 4001b. 364 Paulus war jedoch ein bei den frühen Christen beliebter Name (vgl. Breytenbach, name). 365 Vgl. Ameling, Inscriptiones, Nr. 180; Levinskaya, Book, 150. 366 Vgl. Trebilco, Communities, 88, unter Berufung auf den Beleg bei Herodas, Mimes III 1,10 (3. Jh. v. Chr.).

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liegt die Annahme nahe, dass die aus Babylon stammenden jüdischen Wein- und Ackerbauern u. a. in der Phrygia Paroreius ihren Lebensraum erhielten.367 Mithin scheint Südgalatien im mittleren 1. Jh. n. Chr. auf eine rund 250 Jahre bestehende jüdische Präsenz zurückblicken zu können, die auf die seleukidische Ansiedlungspolitik in Kleinasien zurückging. Dass die jüdischen Bewohner Südgalatiens zur Zeit der paulinischen Mission keine Spuren in den Inschriften hinterlassen haben, geht auf den epigraphic habit zurück: Die Inschriften konzentrieren sich chronologisch auf das 2. und 3. Jh. n. Chr. Zudem handelte es sich bei den jüdischen Bewohnern um zumindest zunächst ländlich lebende und wirtschaftende Zuzügler, von denen in der Regel keine epigraphischen Spuren ausgingen.368 Die These einer jüdischen Kolonisation in Südgalatien lässt sich durch die wichtigste Quelle in der Frage bestätigen: die Apostelgeschichte des Lukas, die in den Kap. 13 f im Zusammenhang mit der kleinasiatischen Mission des Barnabas und des Paulus mit wenigen Strichen ein detailreiches Bild jüdischer Gemeinschaften vor allem im pisidischen Antiochia und in Ikonium, aber auch in der Gegend Lystras und Derbes zeichnet.369 Genannt werden regelmäßige Zusammenkünfte am Sabbat, bei welchen Lesungen und Aussprachen stattfinden.370 Die Gemeinschaften aus Juden, Proselyten und Gottesfürchtigen371 trafen sich – gemäß lukanischem Sprachgebrauch372 – im συναγωγή genannten Gebäude. Der Versammlung standen ἀρχισυνάγωγοι vor.373 Soziologisch interessant ist, dass die jüdischen Gemeinschaften wohl durch Gottesfürchtige, hier insbesondere durch gesellschaftlich hochrangige – möglicherweise heimlich mit dem Judentum sympathi 367 S. o. 3.3. 368 Vgl. Ameling, Gemeinden, 31 f. 369 Die Heranziehung lukanischer Angaben ist methodisch zulässig, sofern Folgendes zum Quellenwert beachtet wird: Für den auctor ad Theophilum ist die paulinische Missionstätigkeit Voraussetzung und Anlass der Beschreibung der lokalen jüdischen (Synagogen-)­ Gemeinschaften. Die Verlässlichkeit der diesbezüglichen Angaben – insb. in den Kap. 13 f – wird in der exegetischen bzw. althistorischen Forschung allerdings kontrovers beurteilt. Wichtig ist an dieser Stelle aber, dass „die Weise, in der die Handlungsschauplätze in den Erzählungen in Apg 13 f. geschildert werden, Lokalkolorit aufzeigt und beachtliche geographische und lokale Kenntnisse beim Autor voraussetzt“ (Breytenbach, Paulus, 82). Auch lässt sich literarhistorisch zeigen, dass das lukanische Interesse an der Darstellung einer Heilsgeschichte keineswegs der zeitgenössisch üblichen Arbeit eines Historikers widersprechen muss (Plümacher, Apostelgeschichte, insb. 4; vgl. auch Backhaus, Lukas). Warum schließlich hätte Lukas jüdische Präsenz fingieren sollen, obwohl seine Behauptungen vor Ort überprüfbar gewesen sind? Somit kann den lukanischen Angaben über jüdische Gruppen in Südgalatien ein nicht unbedeutender Quellenwert zugeschrieben werden. Zur Forschungsdiskussion s. u. III 1. 370 Vgl. Act 13,14 f.42.44. 371 Vgl. Act 13,16 (ἄνδρες ’Ισραηλῖται καὶ οἱ φοβούμενοι τὸν θεόν).26.43 (πολλοὶ τῶν ’Ιουδαίων καὶ τῶν σεβομένων προσηλύτων).50; 14,4.19.16,1.3. Zum lukanischen Sprachgebrauch Koch, Proselyten, 94–96.105–107. 372 Vgl. Schrage, συναγωγή, 828 f; Catto, Synagogue, 195 f. 373 Vgl. Act 13,15.

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sierende374 – Frauen, durch die Anteilnahme von Nicht-Juden und durch Kontakte zur städtischen Regierung öffentliches Interesse erregen konnten.375 Unabhängig von der historischen Frage nach der sog. ersten Missionsreise (Act 13 f) kann das vom Autor der Apostelgeschichte über jüdische Synagogengemeinschaften in Südgalatien Berichtete als historisch plausibel gelten. Die Beschreibung der Synagogen und ihrer engeren Umgebung im Kontext der Stadt passt zu dem, was die Inschriften über jüdisches Leben in Kleinasien erkennen lassen.376 Jüdisches Leben im kaiserzeitlichen Kleinasien – wie überall in der Diaspora – war durch Integrations- und Abgrenzungsprozesse im Gegenüber zur Umwelt bestimmt, die aus der Herausforderung resultierten, zwischen praktikabler Pflege der eigenen ethnischen und religiösen Identität und dem bestehenden Assimilationsdruck zu leben.377 Dabei sind individuelle und gemeinschaftliche Ebenen zu trennen. So konnten einzelne Juden das Polisbürgerrecht, den Status von­ Metöken – dies betraf die Mehrzahl – oder das römische Bürgerrecht378 erhalten. Unabhängig davon ist der Status der örtlichen Synagogengemeinschaften zu sehen.379 Die Rechte der jüdischen Gemeinschaft entstammten nicht nur überregionalen, sondern auch lokalen Autoritäten.380 Die unterschiedlichen örtlichen Regelungen, Abkommen und Verfassungen der jüdischen Gemeinschaften spiegeln sich auch in den zahlreichen bekannten Benennungen wider (σύνοδος, κατοικία, λαός, συναγωγή, τόπος381). Auch bei den Titeln der jeweiligen Amtsträger fehlt eine Einheitlichkeit. Ziel der Bemühungen der jüdischen Gemeinschaften war die rechtliche und faktische Gleichstellung und Autonomie im Rahmen der Polis. Grundsätzliche reichsweite Regelungen gab es hier nicht.382 Bei Bedrängnissen innerhalb ihrer 374 So Wander, Gottesfürchtige, 191: Lukas verwende hier nicht den geprägten Gattungsbegriff (vgl. 13,16.26), sondern beschreibe durch das Verb σέβομαι die Verehrung, die die Frauen dem Gott Israels entgegenbrächten. 375 Vgl. Act 13,50; 14,1 f.19. 376 Vgl. Catto, Synagogue, 192; Levinskaya, Book, 195 f; Bru, Origine, 274 f. Vgl. auch Act 18,24–19,40; dazu Strelan, Paul, 165–273; zum jüdischen Leben in Ephesus Ameling, Inscriptiones, 147–162; Trebilco, Christians, 37–51. 377 Vgl. Sänger, Heiden, 189; vgl. auch Blanchetière, Juif; Frey, Ausbreitung, 93–95. 378 Vgl. exemplarisch Jos, Ant 14,231 f. Die Frage des Bürgerrechtsstatus des Juden Paulus aus Tarsus behandelt ausführlich Omerzu, Prozeß, 17–52; Dies., Bürgerrecht (vgl. auch­ Hengel, Paulus, 79–99; gegen Stegemann, Apostel; Noethlichs, Paulus). Die Autorin kommt zu dem Ergebnis, dass die in der Apostelgeschichte vorausgesetzte civitas Romana des Paulus (vgl. Act; 16,37 f; 21,39; 22,3.25; 23,27) als historisch zutreffend gelten kann, da sich alle Gegenargumente (Name des Paulus, Bestrafungen etc.) entkräften lassen. Mit den aus den paulinischen Selbstzeugnissen hervorgehenden historischen Erkenntnissen lässt sich ein römisches Bürgerrecht vereinbaren. Ein tarsisches Bürgerrecht hatte Paulus hingegen vermutlich nicht. 379 Vgl. Ameling, Gemeinden, 35. 380 Vgl. Wander, Gottesfürchtige, 15; ferner Pucci ben Zeev, Rights; Feldman, Jew, 84–122. 381 Vgl. Ameling, Inscriptiones, Nr. 26; vgl. auch Nr. 36. 382 Vgl. Ders., Gemeinden, 36; Trebilco, Communities, 10.

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Städte mussten jüdische Gemeinschaften immer in Rom Beschwerde einlegen, um ἰσοτέλεια, (partielle) Autonomie, zu erhalten.383 Mit dieser standen sie formal über den Metöken, das Bürgerrecht wurde ihnen aber pauschal nicht verliehen. Die Verfassung der Gemeinschaften ähnelte in Vielem derjenigen der collegia, die ihrerseits Grundstrukturen der Polisverwaltung nachbildeten. Auch andere Minderheitsgruppen waren in ähnlicher Art landsmannschaftlich verfasst.384 Die vereinsartige Konstitution spiegelte sich vor allem in der Existenz einer gemeinsamen Kasse wider.385 Der Rechtstatus sollte es gemäß Josephus ermöglichen, τὰ πάτρια τηρεῖν ἔθη καὶ κατὰ ταῦτα ζῆν ἐπιτρέπειν.386 Dies umfasste Befreiung von Kriegsdienst, die Veranstaltung von (kultischen) Zusammenkünften387 und die Feier des Sabbats. Ihre Loyalität gegenüber den römischen Herrschern durften die Juden ausdrücklich in geeigneter Form darbringen, die ihren Traditionen nicht zuwiderlief. Statt dem Kaiser opferte man für und zum Wohle des Sebastos/Augustus.388 Die relative Autonomie der Diasporagemeinden ermöglichte ferner den Bau von Synagogengebäuden, meist προσευχή genannt, wo es genügend Mittel und Interessenten gab.389 Daneben gab es private Versammlungsmöglichkeiten.390 Weiterhin besorgten die Gemeinschaften die Einsammlung der obligatorischen Tempelsteuer.391 Die Verfassung der vereinsähnlichen Synagogen führte auch zur Integration jüdischen Lebens in die Polis, ein Verhältnis, das bisweilen über die intendierte „friedliche Koexistenz“392 innerhalb einer Stadt hinausging. So waren Verfassung der Gemeinschaften und Bezeichnungen der Amtsträger denen kaiserzeitlicher Städte nachempfunden.393 Wie in den Stadtverwaltungen stand bei diesen ‚weltlichen‘ Funktionen der jüdischen Ge 383 Vgl. Jos, Ant 16,160 f. In diesem Zusammenhang sind auch die hinter den in Ant 14 aufgelisteten Anordnungen stehenden Ereignisse zu sehen. 384 Vgl. Ameling, Gemeinden, 35; Trebilco, Communities, 12 f; Öhler, Vereinsrecht, unter Verweis auf Jos, Ant 14,213–216.259–261; 16,162–165. Zum Verbot der collegia Boudewijn Sirks, Vereine, 21 mit Anm. 3. Zu anderen jüdischen Gruppierungen Baumgarten, Associations. 385 Vgl. Barclay, Money, 118; ferner Ameling, Inscriptiones, Nr. 43.154 (die Kasse der Juden nimmt neben dem fiscus Strafgelder ein). 386 Jos, Ant 14,223. 387 Vgl. Jos, Ant 14,260 (τὰς πατρίους εὐχὰς καὶ θυσίας τῷ θεῷ); vgl. aber Ameling, Diaspora, 268. 388 Vgl. Pucci Ben Zeev, Rights, 471–481. 389 Vgl. Catto, Synagogue, 22 f.47 f. Zum Beispiel Sardis vgl. van der Horst, Jews, 174 f; Bonz, Community; vgl. ferner Jos, Ant 14,223–267; 16,164. Zu Act 16,13 vgl. Hengel, Pro­ seuche, 175. 390 Vgl. Pillinger, Alltagskultur, 90 (hier am Beispiel von Ephesus). 391 Cicero verteidigte den Prokonsul der Asia L. Valerius Flaccus im Zusammenhang mit jüdischen Sammlungen (vgl. Cic. Flacc. 68 f). Zu den Sammlungen auch Trebilco, Communities, 12–16. 392 Wander, Gottesfürchtige, 19; zum Folgenden a. a. O. 21–28. 393 Vgl. Ameling, Gemeinden, 38 f.

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meinschaften, insbesondere bei ἀρχισυνάγωγοι und ἄρχοντες,394 die Suche nach Prestige im Vordergrund. Von den Inhaberinnen und Inhabern erwartete man die Zahlung hoher Geldsummen für Zwecke der Gemeinschaft.395 Auf Grund der Trennung säkularer und religiöser Ämter standen Funktionen innerhalb der Gemeinschaften auch Nicht-Juden offen, was die Verbindung zur Umwelt förderte. Hinzu kommt, dass einige Gemeinden nicht den zentral durch Interkalation definierten Festkalender befolgten, sondern sich nach dem der jeweiligen Stadt richteten.396 Die Teilnahme an den Agonen war möglich.397 Auch auf familiärer Ebene bestand Offenheit zur heidnischen Umwelt. Ehen zwischen Juden und Nicht-Juden gab es sicher,398 sie sind allerdings inschriftlich nie belegt. Der epigraphic habit der privaten, von Juden aufgestellten Inschriften entspricht weitgehend dem allgemeinen.399 Die Texte wurden meist auf ­Griechisch verfasst.400 Wie generell üblich, erscheinen Motive wie die Erfüllung von Gelübden, Furcht vor Gottes Zorn,401 Dank an Gott oder die Errichtung einer Grabstätte. Ebenfalls werden Grabschänder unter der Androhung von Strafen gewarnt.402 Separierte jüdische Friedhöfe gab es nicht.403 Die Aufsicht über die Gräber von Juden führten die örtlichen Behörden.404 Einige jüdische Inschriften weisen typische Variationen des allgemeinen Inschriftenformulars auf. Die übliche Drohung gegen Grabschänder wurde etwa mit dem Verweis auf die ἀραὶ ἐν τῷ Δευτερονομίῳ verschärft.405 Die im Gesetz offenbarte Weisheit oder die göttliche Vorsehung spielen ebenfalls in einigen Texten eine Rolle.406 Manche Inschriften wurden mit einem Segensgruß beendet, bisweilen in hebräischen Buchstaben.407 Neben der Offenheit gegenüber der Umwelt lassen sich auch Abgrenzungsprozesse des Diasporajudentums beobachten. Juden trugen oft Doppelnamen, um die Zugehörigkeit sowohl zur jüdischen Gemeinschaft als auch zur Hei 394 Dazu Ders., Inscriptiones, 39 f.49. 395 Vgl. exemplarisch a. a. O. Nr. 45.168. 396 Vgl. Ameling, Gemeinden, 37. 397 Vgl. Ders., Inscriptiones, Nr. 189 (2. Jh.). 398 Vgl. Act 16,1.3. 399 Vgl. Frey, Corpus; Ameling, Inscriptiones; zur Synthese auch Ders., Diaspora; Kolb, Stadt, 179. 400 Vgl. lediglich Ameling, Inscriptiones, Nr. 56.105–109.160.170. 401 Vgl. etwa a. a. O. Nr. 227. 402 Vgl. Ameling, Diaspora; vgl. exemplarisch Ders., Inscriptiones, Nr. 172–178.216, u.v.a; Trebilco, Communities, 60–83. 403 Vgl. etwa Ameling, Inscriptiones, Nr. 23 (Heroon des L. Aurelius Papias Iudas); Nr. 32– 34.44 f (Grabnischen); zu jüdischen Bestattungen Noy, Jews. 404 Vgl. Ameling, Inscriptiones, 191 f.435. 405 Vgl. a. a. O. Nr. 174.213. 406 Vgl. a. a. O. Nr. 63.80–85. 407 Vgl. a. a. O. Nr. 170.217.

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matstadt zum Ausdruck zu bringen.408 Die Mitgliedschaft in den gängigen Vereinen, in denen das soziale Leben der Stadt stattfand, war grundsätzlich problematisch. Auch am Euergesiewesen partizipierten Juden nicht in vollem Umfang: Weder spendeten Juden in vergleichbaren Maßen wie Nicht-Juden noch erhielten sie im großen Stil Zuwendungen von städtischen oder privaten Spendern.409 Ebenso waren (die oft städtischen) Opfer und Kulte tabu.410 Die genaue Rolle der ethnisch-religiösen Identitätsmerkmale, die aus Tora und Halacha resultierten,411 lässt sich vielfach nur annähernd bestimmen. Ein normiertes bzw. normierendes Judentum gab es noch nicht.412 Außerhalb der Vereinsstruktur existierten religiöse Ämter wie die des διάκονος, des ἱερεύς oder des Lehrers.413 Vorläufer von Rabbinen oder Propheten sind nicht belegt.414 Besondere religiöse Relevanz415 hatte die eingesammelte Tempelsteuer in Stellvertretung für die Teilnahme am Opferkult. Die Observanz des Sabbats416, der Speisegesetze417 und der Beschneidungspflicht lässt sich anhand von Notizen des Josephus annehmen, aber nicht näher beschreiben. Eine Inschrift erwähnt Passafeiern.418 Die Bedeutung der Septuaginta für die religiöse Identität kann kaum überschätzt werden.419 Dies liegt einerseits im Blick auf einige Teile der jüdischen Diaspora in der bereits gesunkenen Bedeutung des Jerusalemer Tempels begründet und andererseits in der durch die LXX eröffnete Möglichkeit, die eigenen Traditionen in der Sprache der Diaspora zu pflegen. Trotz der genannten Abgrenzungen jüdischer (Diaspora-)Identität trug auch die Sicht der nicht-jüdischen Umwelt zum offenen Verhältnis zwischen Diaspora­ gemeinschaft und Umwelt bei. Denn in der Fremdwahrnehmung waren die ins Land gekommenen Juden keine religiös Isolierten, sondern eine weitere Gruppe Fremder, die ihre heimatliche Religion mitgebracht hatte.420 Den beschriebenen Integrations- und Abgrenzungsprozessen standen auf Seite der Umwelt zwei Haltungen gegenüber: Bewunderung und Aggression. Lassen die integrierten, 408 Vgl. Ameling, Diaspora, 276. Zu den Personennamen in der jüdischen Diaspora insgesamt Ilan, Identität. 409 Vgl. Ameling, Diaspora, 272–274; Wander, Gottesfürchtige, 18 f; ferner zu den Verhältnissen im westlichen Reich Lichtenberger, Organisationsformen, 20. 410 Vgl. Jos, Ant 12,126; aber auch Ameling, Inscriptiones, Nr. 21; ferner die berühmten Theaterinschriften (a. a. O. Nr. 37–39; Wander, Gottesfürchtige, 104–110; Hommel, Juden). 411 Vgl. stellvertretend Arist. 139; dazu Feldmeier, Weise. 412 Vgl. Ameling, Diaspora, 253.278; Wander, Gottesfürchtige, 19–21. 413 Vgl. Ameling, Inscriptiones, Nr. 63. 414 Vgl. Cohen, Pharisees; ferner Ameling, Inscriptiones, 184. 415 Vgl. Jos, Ant 16.172 (ἃς ἕκαστος αὐτῶν ἐκ τῆς ἰδίας προαιρέσεως εὐσεβείας). 416 Vgl. exemplarisch Jos, Ant 14,242.245; allgemein Döring, Schabbat. 417 Vgl. Jos, Ant 14,226 (τροφῶν τῶν πατρίων); allgemein Löhr, Speisenfrage. 418 Vgl. Ameling, Inscriptiones, Nr. 196. 419 Vgl. Ders., Gemeinden, 42; Hanhart, Bedeutung. Vgl. die Aufschrift möglicherweise eines Toraschreins (Ameling, Inscriptiones, Nr. 131): εὕρων κλάσας ἀνάγνωθι φύλαξον. 420 Vgl. Ameling, Gemeinden, 43.

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florierenden Gemeinschaften zwar „insgesamt ein positives Verhältnis“421 zwischen Juden und Nicht-Juden erkennen, so war es dennoch auf lokaler Ebene, insbesondere seit der spätrepublikanischen Zeit, zu Spannungen zwischen beiden Gruppen gekommen. Diese standen im Zusammenhang mit den Wirren des Bürgerkrieges sowie der äußeren Bedrohung durch die Parther. Es kam zu Behinderungen von Seiten der städtischen Verwaltungen und zu Ausschreitungen in den Städten. Die von Josephus zusammengestellten Texte, die den Rechtstatus der Juden loben, wie etwa auch das anfangs zitierte Zeuxisschreiben, könnten eine Reaktion hierauf sein.422 In augusteischer Zeit beruhigte sich die Lage. Dennoch stieß die ethnisch-religiöse Selbstabgrenzung immer wieder auf Vorbehalte, die sich literarisch,423 handgreiflich oder administrativ424 niederschlugen. Rechte der jüdischen Gemeinschaften – wie etwa die Sammlung und Versendung der Tempelsteuergelder oder die Befreiung vom Kriegsdienst – lösten Neid aus. Dass auf der anderen Seite das Judentum Nicht-Juden attraktiv erschien, ist ein gemeinantikes Phänomen, das verschiedene religiöse wie lebensweltliche Gründe hat und jüdischen wie nicht-jüdischen Autoren bekannt ist.425 Man bewunderte die Altersdignität, die Ethik und das gepflegte Ethos, den ethnischen wie religiösen Zusammenhalt oder das Bestattungswesen. Dies gilt unbeschadet der Selbstabgrenzungstendenzen, wonach die – mögliche, aber aufwändige – Konversion von Heiden nicht in jüdischem Interesse stand, sodass das antike Judentum nicht als Missionsreligion verstanden werden kann.426 Die Offenheit der Synagogengemeinschaften hin zur Honoratiorenschicht der Städte ist bereits genannt worden. Belegt ist weiter, dass auch Nicht-Juden den jüdischen Gemeinden Zuwendungen machten.427 Verschiedene Grade der Nähe von geborenen Heiden zum Judentum lassen sich mit B. Wander ausmachen: „a) am Judentum interessierte Heiden im generellen Sinne, hier Sympathisanten genannt, b) Nachahmer jüdischer Bräuche, c) Gottesfürchtige, d) Proselyten“428. 421 Gauger, Beiträge, 151; ferner Trebilco, Communities, 7 f. 422 Vgl. Gauger, Beiträge, 151 f; Trebilco, Communities, 11; Ameling, Inscriptiones, 4. zu Bedrängnissen vgl. Ders., Gemeinden, 49. 423 Vgl. nur Jos, Bell 2,477 f; auch Ant 11,212 (ἔθνος […] ἄμικτον); Philo Virt. 141; Tac. Hist. V 5,1 f; vgl. etwa Schäfer, Judenhass; Feldman, Jew, 123–176. 424 Vgl. exemplarisch Jos, Ant 14,213. 425 Vgl. nur Jos, Ap II 282–285; Philo, VitMos II 20–24, oder als Hintergrund der Vorwürfe in Tac. hist. V 5,1 f. Wander, Gottesfürchtige, 188, versteht in diesem Zusammenhang die in Act 10,1 f gegebene Charakterisierung des Hauptmanns als „‚verstecktes Sympathisantentum‘“, vgl. auch a. a. O. 190 f, zu Act 13,50. Vgl. insgesamt Feldman, Jew, 177–287. 426 Vgl. Sänger, Heiden, 186; Wander, Gottesfürchtige, 29–32; Orrieux/Will, Prosé­ lytisme; Goodman, Mission. 427 Vgl. etwa Ameling, Inscriptiones, Nr. 27. 428 Wander, Gottesfürchtige, 30. Zum Folgenden auch Sänger, Heiden, 197 f mit Anm. 51; Ameling, Inscriptiones, 16–18; Koch, God-Fearers; Collins, Athens, 264–270; Levinskaya, Book, 51–82; Feldman, Jew, 342–382; Siegert, Gottesfürchtige.

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Während Proselyten als Konvertiten formal auf Seiten der Synagoge standen, galt vor allem den nach J. Bernays429 so genannten Gottesfürchtigen das Interesse der Forschung. Dieses speist sich aus der vergleichsweise präzisen Charakterisierung dieses Phänomens durch den auctor ad Theophilum.430 Zwar dienen die Erwähnungen der Gottesfürchtigen und Sympathisanten431 durchaus seinem literarischen und theologischen Konzept,432 doch insbesondere die als φοβούμενος τὸν θεόν bzw. σεβόμενος τὸν θεόν mit oder ohne weitere Charakterisierungen Bezeichneten433 zeigen, dass der Verfasser hier auf eine historische Größe im Umfeld der synagogalen Gemeinschaften rekurriert. Diese Annahme wird durch weiteres Material gestützt. Zu nennen sind mehr oder weniger explizite Angaben bei nicht-jüdischen Autoren,434 zudem der epigraphische Befund. Bei diesem ist zu beachten, dass θεοσεβεῖς u. ä. bzw. metuentes auch als Prädikationen von ­Juden (und Christen) verwendet werden konnten und somit nicht prinzipiell auf Gottesfürchtige im Sinne von Lukas verweisen müssen. Doch spätestens durch die Stiftungsinschrift aus Aphrodisias,435 die Juden, Proselyten und Gottesfürchtige als je eigene Gruppen nennt, dürfte die Existenz von Gottesfürchtigen nicht mehr bezweifelt werden. Aus allen Quellen geht hervor, dass es sich bei den Gottesfürchtigen um Menschen handelte, die sich der mit jüdischen Religion verbunden fühlten und dies öffentlich oder nur im Verborgenen auslebten. Zu ihnen zählten zahlreiche Frauen und Angehörige der Honoratiorenschicht, die – teilweise (sogar als Priester) neben anderen – den jüdischen Gott verehrten, gewisse Topoi jüdischen Lebens teilten und an synagogalen Zusammenkünften teilnahmen, aber nicht den Schritt der Konversion gingen. Ein möglicher Grund für das zuletzt Genannte mögen etwa heidnische kultische Verpflichtungen im Zusammenhang mit Ämtern gewesen sein. Innerhalb der jüdischen Integrationsbemühungen kam der Schicht der heidnischen Gottesfürchtigen eine Brückenfunktion zu, ermöglichte sie doch einen persönlichen, religiösen, aber auch finanziellen Austausch zwischen Synagogengemeinschaft und Umwelt. Einige Forscher436 warnen jedoch mit guten Gründen da 429 Vgl. Bernays, Gottesfürchtigen. 430 Vgl. zum Folgenden Wander, Gottesfürchtige, 180–203. 431 Vgl. Act 10,1 f; 13,16.26.50; 14,1; 16,14; 17,4.12.17; 18,4.7; daneben noch die pauschalen Angaben 13,44.48; 18,8; ferner Lk 7,5. 432 Dazu ausführlich Koch, Proselyten, der die Rolle der Gottesfürchtigen im Rahmen der theologischen Grundstrukturen der Apostelgeschichte „als eine Art Übergangsgröße bzw. als Zwischenglied zwischen Judentum und paganer Welt“ (a. a. O. 84) herausarbeitet. Vgl. auch Schröter, Diaspora, 259. 433 Vgl. Act 10,2; 13,16.26; 17,17; 18,7. 434 Hervorzuheben ist Iuv. XIV 96–106; weitere Belege bei Wander, Gottesfürchtige, 160–179. 435 Vgl. Ameling, Inscriptiones, Nr. 14; dazu ausführlich Wander, Gottesfürchtige, 121–128; van der Horst, Jews, 169; Reynolds/Tannenbaum, Jews. Vor diesem Hintergrund überholt: Overman, God-Fearers; Kraabel, Disappearance. 436 Vgl. Ameling, Gemeinden, 33; Ders., Diaspora, 272–274; Koch, God-Fearers, 68.75.

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vor, den Einfluss und die Rolle der Gottesfürchtigen zu überschätzen. Neben der immer noch nicht exakt erfassten Zu­ordnung der Terminologien in den jeweiligen Quellengruppen zu historischen Phänomenen437 ist in Rechnung zu stellen, dass auch zusammen mit der Menge der Gottesfürchtigen die Anzahl der Synagogenmitglieder und -anhänger nicht signifikant zunahm.438 Dies geht auch auf die fehlende Missionstätigkeit zurück. Weiterhin sind die zunächst etwa in der aphrodisischen Inschrift genannten Zuwendungen von Gottesfürchtigen im Rahmen des allgemeinen Euer­ge­sie­wesens zu relativieren: Die Stiftungen von Gottesfürchtigen haben keine Aussagekraft über ihre religiöse Orientierung; zudem partizipierten die Synagogengemeinschaften am Euergesiewesen nur eingeschränkt.439

6. Der ländliche Raum Stadt und Land waren im Altertum zwei zwar aufeinander bezogene, aber dennoch sich jeweils gerade in Abgrenzung vom Gegenüber verstehende Sphären.440 Die Inferiorität des Landlebens behaupten Schriftsteller ausdrücklich, um das eigene urbane Selbstverständnis zu pflegen. Dennoch kam dem ländlichen Raum eine eigenständige Rolle in Wirtschaft und Gesellschaft zu. Stadt und Umland waren in wirtschaftlicher Hinsicht aufeinander angewiesen. Der ländliche Raum war auf der kleinasiatischen Halbinsel in der Regel von den Bewohnern von Gehöften und Weilern besiedelt. Einzelgehöfte eigneten sich oftmals am besten für die Pflege arbeitsintensiver Kulturen. Die geschlossene Landgemeinde, ἡ κώμη, galt aus Sicht der Polis zwar als defizitär im Hinblick auf Befestigung, Autonomie und politische Ordnung, wies aber durchaus eine innere Verfasstheit auf. Sie verfügte über eigene Kompetenzen und  – je nach wirtschaftlicher und politischer Situation  – über Einkünfte, Grundbesitz und 437 Vgl. Collins, Athens, 265. 438 Vgl. grundsätzlich zu Zahlenschätzungen Ameling, Inscriptiones, 2. 439 Mitchell, Gottesfürchtigen; Ders., Thoughts, bringt die hier beschriebenen Gottesfürchtigen aus dem Umkreis der Diasporasynagoge mit den Hypsistarii, den Anhänger des spätantiken Trends zur Ein-Gott-Verehrung in den paganen Kulten in Verbindung. Zum Beleg der Identität von Gottesfürchtigen und Hypsistarii verweist Mitchell u. a. auf Act 16,13–18. Hier finde sich mit der Erwähnung der προσευχή (V.16) und der Charakterisierung der Apostel als δοῦλοι τοῦ θεοῦ τοῦ ὑψίστου hypsistarische Terminologie. Dagegen spricht, dass es sich bei Letzterem um eine von Lukas bevorzugte Ausdrucksweise handelt (vgl. etwa Lk 1,32.35; 2,14; 19,38), deren Gebrauch sich keineswegs auf Hypsistarii einschränken lässt (vgl. Bertram, ὕψιστος). Ähnliches gilt für die Erwähnung des Gebetsortes (vgl. Catto, Reconstructing). 440 Vgl. Dion Chrys. 47,10. Zum Folgenden Schuler, Siedlungen; Brandt, Gesellschaft, 129–133; Mitchell, Anatolia I, 148 f. 165–170.181–187; Kolb, Chora; Ders., Stadt; Nollé, Marktrechte; Chiai, Viaggio; French, Inscriptions, 58–60; Marek, Geschichte, 555–560.

Der ländliche Raum

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Ämter. Die Ausprägung der ländlichen Siedlungen konnte bis hin zu einem kleinen Zentralort gehen. Die Verfassungsorgane einer Polis gab es hier aber nicht. In der Kaiserzeit bemühten sich ländliche Siedlungen, wo es auf Grund der geographischen und wirtschaftlichen Lage möglich war, am Leben ihrer Territorialpolis teilzuhaben, etwa indem Dorfbewohner die städtischen Feste besuchten. Vor Ort versuchte man durch öffentliche Bauten, Feste und Ämter einen städtischen Lebensstil im Kleinen nachzuvollziehen. Städter engagierten sich ihrerseits etwa durch Stiftungen und die Übernahme von Ehrenämtern auf dem Land. In der Provinz Galatien existierten bis in die Kaiserzeit hinein eigenständige Landgemeinden, doch im 1. Jh. lag die Mehrzahl der ländlichen Siedlungen auf dem Territorium entweder einer Polis oder einer kaiserlichen oder privaten Domäne. Vormals Heiligtümern oder Adeligen gehörende Ländereien wurden mit der römischen Herrschaftsübernahme Städten zugeschlagen, so etwa im Fall des Men-Heiligtums bei Antiochia.441 Insgesamt war der Landbesitz noch recht breit gestreut, auch wenn seinerzeit die Oberschichten der Städte, sprich: einheimische oder eingewanderte vermögende Familien, begannen, im großen Stil Güter zu erwerben.442 Betrieben wurden meist Schafzucht, Getreide- oder Weinanbau. Das Wirtschaften orientierte sich offenbar an den Formen, wie sie auch die größeren Güter in der Zeit der Galaterfürsten wie Amyntas oder der Lokaldynasten der hellenistischen Zeit betrieben.443 Bemerkenswert sind die großflächigen Landerwerbungen nicht-kleinasiatischer Familien in julisch-claudischer Zeit. Diese Ankäufe sollten das wirtschaftliche Fundament der Familienclans bereitstellen, das es erlaubte, das selbst gesteckte Ziel zu erreichen: die Präsenz in der Führungsschicht des Imperiums.444 Die nötigen Geldmittel erbrachte der Handel mit den landwirtschaftlichen Produkten, die in den umliegenden Städten Südgalatiens verkauft oder – nicht zuletzt über die Römerstraßen – in weiter entfernt liegende Regionen exportiert wurden. Die inschriftlich überlieferten Personennamen geben einen, wenn auch begrenzten Einblick in die Lebenswelten des ländlichen Raums im Umfeld der Güter der städtischen Eliten oder des Kaiserhauses. Am häufigsten begegnen die singula nomina der nicht mit dem römischen Bürgerrecht ausgestatteten Landbewohner, die Pachtverträge mit den Gutsbetreibern abschlossen und für diese wirtschafteten. Ein festes Abhängigkeitsverhältnis zwischen Gütern und Bauern bestand nicht, sodass Letztere die Verträge kündigen konnten. Bei den durch dreigliedrige Namen als römische Bürger Gekennzeichneten handelte es sich 441 S. o. 4.5.2.5. 442 Vgl. Mitchell, Population, 1070–1080; Ders., Anatolia I, 149–158.163 f; Levick, Colonies, 42–55. 443 Vgl. Strab. XII 6,1.3 (§ 568 f). 444 S. o. 4.5.1; 4.5.2.4; die Steuerlast als Hintergrund der Landerwerbungen führt Mitchell, Anatolia I, 154, an; vgl. dagegen aber Frei, Geschichte, 480 f; French, Inscriptions, 58–60.

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meist um Veteranen oder Freigelassene, die im Auftrag der kaiserlichen domus oder der städtischen Landbesitzer die Prokura ausführten. Bekannt ist das Gut der Sergii Paulli aus Antiochia.445 Der in julio-claudischer Zeit erworbene Grundbesitz lag bei Vetissos westlich des Salzsees. Vermutlich war die Familie italischer Herkunft einst in das pisidische Antiochien gekommen, um entsprechenden Besitz zu erwerben und die sich in der vor kurzem romanisierten Region bietenden sozialen Aufstiegschancen zu nutzen. Überaus engagiert in der Landwirtschaft war auch M. Plancius Varus aus Perge. Er besaß Land gleich in mehreren Regionen Galatiens, in Nordwestgalatien und Südpisidien. Besonders beliebt bei Kaufinteressierten in der Provinz Galatien waren die Gegenden westlich des Salzsee, in der auch die Sergii Paulli ansässig waren, und das fruchtbare Umland des pisidischen Antiochia. Weniger Gelegenheit zur­ Anlage ausgedehnter Güter boten Isaurien und Teile der Taurosregion. Hier hatte einerseits der Krieg gegen die Homonadeis stattgefunden, andererseits bestanden hier schon in republikanischer Zeit angelegte Landgüter.

7. Gottheiten und ihre Verehrer im Zentralkleinasien der frühen Kaiserzeit 7.1 Die Gottheiten Religionshistorisch Interessantes verraten oftmals vor allem die Beinamen, die den Göttern Kleinasiens gegeben wurden.446 Bei zahlreichen Epitheta handelt es sich um lokale Bezeichnungen, die das zwischen jeder Siedlung, jedem Flur und Hain und der jeweiligen Gottheit bestehende reziproke Zuordnungsverhältnis zum Ausdruck brachten. Viele Götterbeinamen orientierten sich etwa an Ortsbezeichnungen. Strabo nennt das die Benennung (hier: der Muttergöttin) ἀπὸ δὲ τῶν τόπων.447 Andere Götterbeinamen verweisen auf vormals verehrte Stammesgottheiten, fiktive Gründer von Kulten oder reale Stifter. Manche der lokalen Gottheiten, etwa die Muttergöttin von Pessinus, konnten überregionale Bedeutung erlangen. An zahlreichen Orten verehrte man im antiken Kleinasien Götter des griechischen Pantheons. Einige der bei ihnen verwendeten Beinamen erinnern daran, dass sie auf ursprünglich autochthone Gottheiten zurückgingen. Zeuskulte etwa sind sowohl in Südgalatien (z. B. bei Lystra,448 im pisidischen Antiochien, in 445 S. o. 4.5.2.4. Zu dem Landgut auch Breytenbach, Paulus, 39 f; vgl. a. a. O. Anlage Nr. 7 (= RECAM II 355/MAMA VII 319); Nr. 8 (= MAMA VII 321). 446 Vgl. zum Folgenden Marek, Geschichte, 628–633; Mitchell, Anatolia II, 11–37; Woolf, Polis-Religion; Chiai, Ortsbezogenheit; Rüpke, Kult. 447 Strab. X 3,12 (§ 469). 448 Vgl. Breytenbach, Paulus, Anlage Nr. 1 (= MAMA VIII 1).

Gottheiten und ihre Verehrer im Zentralkleinasien der frühen Kaiserzeit 

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Perta449 und Laodikea450) als auch in den Galaterterritorien451 reich belegt.452 Bei vielen der inschriftlich bekannten Adoranten handelte es sich um Einheimische. Am Ostufer des Trogitis-Sees in Südgalatien befand sich vermutlich ein Zeustempel. Oft wurde Zeus zusammen mit Hermes angerufen, wie es auch Act 14,12 voraussetzt. Ovid lässt beide Götter in Phrygien wandeln.453 Ob dabei auf eine bestimmte Region angespielt wird, ist aber unsicher. Im von der hethitischen und phrygischen Kultur beeinflussten Zentralkleinasien hatte der griechische Göttervater den hethitischen Gott Tarchu(nt) zum Vorgänger; Hermes den Ru(nt). Die Zuständigkeit des Tarchu(nt) für das Wetter ermöglichte die Gleichsetzung.454 Dem Regen bringenden Zeus verdankten die Menschen die Ernte. Er wurde dementsprechend in vielfacher Variation als Καρποδότης, als Fruchtbringer, tituliert, worauf auch Act 14,17 anspielt.455 Neben Göttern des griechischen Pantheons wurden Gottheiten angerufen, die aus Kleinasien stammten. Von regionaler Bedeutung war etwa der bereits mehrfach genannte Mondgott Men, der im pisidischen Antiochia ein seit hellenistischer Zeit wichtiges Heiligtum hatte.456 Die vielleicht wichtigste Gottheit im antiken Kleinasien war die Muttergöttin, die unter unzähligen Namen und in mannigfacher Art und Weise durch die Jahrhunderte hindurch verehrt wurde. Die Phryger hatten eine weibliche Gottheit aus hethitischer Zeit übernommen, diese jedoch als Chefin des Pantheons und himmlische ‚Gemahlin‘ des irdischen Königs grundlegend neu interpretiert.457 Die Aufgabe der Matar zugeordneten religiösen Spezialisten bestand in der Prophetie.458 Ihre griechische Bezeichnung Γάλλοι kommt von γαλλάζειν, „prophezeien“.459 Schon vom 7. Jh. v. Chr. an gelangte die ‚phrygische‘ Göttin zu den ionischen Städten der Ägäisküste, nach Griechenland und in die griechischen Kolonien rund um das Mittelmeer. Ihre Verehrung wurde in der griechischen und dann 449 Vgl. MAMA VIII 259. 450 Vgl. MAMA I 7; MAMA VII 7a. 451 Vgl. 3.5.3; Strab. XII 5,2 (§ 567) zu Tavium. 452 Vgl. Breytenbach, Paulus, 32–38.69–73; Mitchell, Anatolia II, 23 f. 453 Vgl. Ov. met. VIII 614–629. 454 Vgl. Houwink ten Cate, population, 125–131. 455 Vgl. Drew-Bear/Naour, Divinités, 1949–1951. 456 S. o. 3.2.3; 4.5.2.5. 457 S. o. 3.2.2; 3.2.3. 458 Vgl. noch Pol. XXI 37,4–7 (Manlius Vulso wird von pessinuntischen Priestern der Galatersieg prophezeit); vgl. Liv. XXXVIII 18,9 f, und Serv. Aen. X 22 (Galli […] motu capitis comam rotantes, ululatu futura pronuntiabant); dazu Baslez, Galles, 241–243. 459 Vgl. etwa Kall. fr. 761; Plin. nat. XXI 31 [§ 182]: Halicacabi radicem bibunt qui vaticinari gallantesque vere ad confirmandas superstitiones aspici se volunt). Für eine phrygische Herkunft des Gallennamens gibt es keine Anhaltspunkte (vgl. Haas, Sprachdenkmäler, 161). Irrig erklärte man sich den Gallennamen vom Pessinus durchquerenden Fluss Gallus (vgl. Plin. nat. V 42; XXXI 5; Herodian. I 11,2; Alexander Polyhistor LXXIV; Ov. fast. IV 361–366) oder, so Lane, Name, von den in Kleinasien beheimateten Galli (= Celate/Gallograeci); vgl. ferner C ­ umont, Gallos, 675.

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in der römischen Welt rasch populär. Vorstellungen über die Göttin und die sich mit ihr verbindenden Kultformen durchliefen in der Entwicklung außerhalb Kleinasiens grundlegende Veränderungen. In Griechenland wurde die Muttergöttin zunächst als Κυβέλη, als wilde Naturund Erdgöttin in orgiastischen Kulten von Männern und Frauen verehrt.460 Im 5. vorchr. Jh. hielt die Göttin aber auch Einzug als Μήτηρ θεῶν in die Götterfamilien der Städte.461 In Athen erhielt die Göttermutter im ausgehenden 5. Jh. v. Chr. einen festen Kultplatz in einem vormals durch die βουλή und nun noch als Archiv für offizielle Texte der Stadt genutzten Gebäude.462 An der Ägäisküste wurde die Muttergöttin als Beschützerin der Städte wichtig. Eine besonders wirkmächtige Gestalt der weiblichen Hauptgöttin war freilich die Artemis von Ephesus. Ab dem 4. Jh. v. Chr. wurde in Griechenland die Verehrung des Gottes Attis als Gefährte der Göttin populär. Auch die griechischen Städte der kleinasiatischen Ägäisküste übernahmen Attis.463 Gestaltet wurde Attis gemäß dem zeitgenössischen griechischen Perser- bzw. Orientalenbild. Später wurde er unter Einfluss des trojanischen Hirten Paris und auch des Gottes Pan zum orientalischen, ‚phrygischen‘ Hirten. Es entstanden Kybele-Attis-Mythen.464 Sie nahmen Motive griechischer und orientalischer Sagenkränze auf.465 In mehreren Versionen erzählten sie von der Theogonie der Kybele466 und der Liaison von Kybele und Attis.467 Die Geschichten wurden in Lydien und in Phrygien, der Heimat der Göttin, angesiedelt. In einigen Versionen wurde Attis für seine Untreue bestraft und musste daher zum Kastraten werden.468 Die Vorstellung, bei den Γάλλοι/galli handele es sich um Eunuchen, kam bei den Griechen auf.469 Sie ging historisch darauf zurück, 460 Vgl. Pind. P. III 77–79; Eur. Bacch. 120–166 (vgl. auch 233–248); Eur. Hel. 1301–1368; Demosth. or. XVIII 260; die Anarchasis-Anekdote Hdt. IV 76; Plut. Marcellus XX; dazu­ Sfameni Gasparro, Soteriology, 9–10; Pachis, L’Élément. 461 Vgl. zuerst Hom. h. XIV; zum Folgenden vgl. Roller, Search, 119–259; Shear, Bouleuterion, 172–176; Sanders, Kybele, 266–275. 462 Vgl. Shear, Bouleuterion, 188 (vgl. Miller, Metroon, 137.142 f; Sickinger, Records). 463 Vgl. Rieger, Tradition, 24, bezüglich der griechischen und römischen Attisdarstellungen: „[C]es statues ne disent rien à propos d’une véritable vénération d’Attis à Pergame, où pas une figurine de ce dieu attribuée avec certitude n’a été conservée“. Vgl. ferner Roller, Search, 212–216; Paz de Hoz, Kulte, 54; zu ikonographischen Zeugnissen Neumann, Ikonographie, 239–246; Berndt-Ersöz, Origin; Lancelotti, Attis. 464 Vgl. die Zusammenstellungen bei Hepding, Attis; Strubbe, Inscriptions. Paus. VII 17,9 nennt Hermesianax (3. Jh. v. Chr.) als Quelle des Stoffs. 465 Vgl. Hes. theog. 183–200; Plat. symp. 189e–190d sowie das hethitische Lied des Ullikummi (Pritchard, Texts, 121–125) und den Mythos des Kumarbi (Hoffner, Myths, 40–43). 466 Vgl. Diod. III 58; Paus. VII 17,10 f; Arnob. V 5–7. 467 Vgl. Paus. VII 17,9–12; Serv. Aen. IX 115; Diod. III 58 f; Ov. fast. IV 223–244; Arnob. V 7. Dazu auch Colpe, Struktur. 468 Vgl. Paus. VII 17,12; Serv. Aen. IX 115; Arnob. V 7; Tert. apol. XV 5. 469 Mit Baslez, Galles. Vgl. Anth. Gr. VI 31; 94; 217–220; 234; 237 (dazu auch Pachis, Élément; Gow, Gallus); Catull. 63,5 ; Mart. III 81,3; Val. Max. VII 7,6; Plin. nat XXXI 5; XXXV 46.

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dass die Diener der Göttin θαλαμηπόλοι, Kammerdiener, genannt wurden;470 eine Bezeichnung, die aus dem Hofstaat an orientalischen Höfen stammt. Gemäß griechischer Vorstellung waren die Bediensteten an den Höfen östlicher Reiche Eunuchen,471 daher wurde auch von den Gallen Entsprechendes behauptet. Das Eunuchentum erklärte aus griechischer Sicht auch, warum die Gallen tanzten, sangen, besondere Gewänder und Haarmoden trugen und möglicherweise auch sexuelle Enthaltsamkeit pflegten. Ursprünglich gehörte all dies freilich zum Rollenbild der religiösen Spezialisten, wie es im Orient üblich war.472 Bereits im Jahr 204 v. Chr. war der heilige Stein der Μήτηρ (römisch: Magna Mater) nach Rom transferiert worden.473 Ob der Import aus Pessinus oder Pergamon kam, ist nicht mehr sicher zu eruieren. Beide Kultorte dürften eine Rolle gespielt haben.474 Mater zählten die Römer zu ihrer eigenen trojanischen Vergangenheit. Sie sollte den Sieg gegen Karthago garantieren. Der auf die urbs bezogene MagnaMater-Kult wurde mit jährlichen Riten und eigenem Tempel auf dem Palatin offiziell in das sakrale Leben integriert.475 Ihre römischen Verehrer versprachen sich von Mater vor allem Fruchtbarkeit bzw. Zeugungskraft.476 Die galli erfreuten sich in Teilen der römischen Elite und speziell bei Kaisern großer Beliebtheit.477 Das ist erstaunlich, da die behaupteten oder tatsächlichen Kultpraktiken den traditionellen Vorstellungen von Kult und Moral zuwiderliefen.478 Aussehen und Verhalten der Priester empfand man als effeminiert und daher verabscheuungswürdig.479

470 Vgl. Ant. Gr. VI 220,3; vgl. Eur. Bacch. 120 (θαλάμευμα). 471 Vgl. Guyot, Eunuchen, 69–91. 472 Vgl. Haas, Orakel, 7 f (zur Hethiterzeit); ferner Huffmon, Company; Nissinen, Role; Ders., Prophets; zu 1Sam 10,5 (‫ )חבל נביאים‬vgl. Eaton, Dancing. 473 Vgl. u. a. Liv. XXIX 10 f; Amm. XXII 9; Arnob. VII 49; Strab. XII 5,3 (§ 567); Diod. XXXIV 33,1 f; Herodian. I 11,3; App. civ. VII 9,56. Zum Folgenden vgl. Roller, Search, 263–325; Rieger, Tradition, 8–26; Sanders, Kybele, 275–289; Blomart, evocatio, 106; Carcopino, Reforme; Thomas, Mater; Graillot, Culte; Kloft, Mysterienkulte, 58–67; Hidén, Erzählung; Vermaseren, Cybele, 96–112. Vgl. allgemein zu östlichen Kultimporten nach Rom Schörner, Opferritual, 77–79. 474 Vgl. Arr. takt. XXXIII 4; Arnob. VII 49; Varro ling. VI 15; Ov. fast. IV 264; dazu Rieger, Tradition, 10; vgl. Roller, Search, 314 f; ferner Rüpke, Einführung, 24; Strobel, Pessinus, 659; Strubbe, Inscriptions, IX; Borgeaud, Mère, 108. 475 Vgl. Lucr. II 601–643 (dazu Summers, Cybele); Ov. fast. IV 179–372; Verg. Aen. VI 784– 787; IX 617–620; X 156–158; XII 97–100 (a. a. O. 99: semiviri Phrygis); Catull. LXIII (4: Deuolsit ilei acuto sibi pondera silice); ferner Clem. Al. Protrepticus XV 3. Zum Ritus des taurobolium Sfameni Gasparro, Aspects, 107–118; Klauck, Umwelt, 107 f; Duthoy, Taurobolium. 476 Vgl. etwa nur CCCA III, 68–77; auch Ov. fast. IV 299. 477 Augustus entsandte liberti in die Priesterschaft (vgl. Borman/Henze, Inscriptiones, Nr. 496). Claudius erlaubte römischen Bürgern die Mitgliedschaft im Priesterkollegium (vgl. Lyd. mens. IV 59). Vgl. Mekacher, Priesterschaft. 478 Vgl. Kunst, Priester. 479 Der Oberpriester aus Pessinus löste in Rom Befremden aus (vgl. Diod. XXXVI 13). Vgl. auch Roller, Search, 308; ferner die Darstellung des Gallen in den Attis-Mysterien (Parsons,

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Die angebliche Selbstkastration in Trance, die bevorzugt mit einer Tonscherbe durchgeführt worden sein soll,480 steht nicht nur dem Herrschafts- und Männlichkeitsideal, das den pater familias zum Vorbild hat, entgegen,481 sondern auch der Forderung, ein Priester müsse körperlich unversehrt sein. Rigorismus, wie er bei den galli empfunden wurde, war der römischen Religion fremd. Mit den Göttern kommunizierte man nicht in Trance, sondern rational. Auf die galli reagierten einige Autoren, insbesondere die christlichen Schriftsteller der Spätantike,482 mit Polemik: In Wahrheit prophezeiten die Gallen nicht, sondern seien auf die Spendengelder der Gläubigen aus. Davon lebten sie im Luxus und gäben sich sexuellen Ausschweifungen hin, was Eunuchen allgemein unterstellt wurde. Ob die Aufnahme in die Mater-Priesterschaft tatsächlich mittels Selbstkastration vollzogen wurde, ist fraglich. Denn nicht wenige Angehörige der römischen Oberschicht hatten entsprechende Priesterämter inne.483 In der kleinasiatischen Heimat der Muttergöttin sind ab der hellenistischen Zeit zahlreiche Μήτηρ-Kulte belegt, die meist in Verbindung zu einer Stadt oder Ortschaft standen.484 Der Lokalbezug wurde mittels entsprechender Epitheta hergestellt; ebenfalls etablierten sich Bezeichnungen wie Μήτηρ Πατρωίη, Μήτηρ Φρυγία etc.485 An zahlreichen Orten wurde die Göttin gemäß alter Tradition außerhalb der Siedlungen als Berggöttin verehrt.486 In den ionischen Städten (Smyrna, Kolophon, Erythrai) war eine Μήτηρ dagegen nach dem griechischen Vorbild Stadtgöttin.487 Pergamon vereinte beide Formen: die außerhalb wohnende Berggöttin und die Stadtbeschützerin mit der typischen Mauerkrone.488 Auch abseits der Ägäisküste rief man etwa ab dem 4. vorchr. Jh. die jeweilige Μήτηρ auf Griechisch an.489 Ebenfalls kamen Beinamen auf, die den Bezug zum

Papyri XLII, Nr. 3010, 14); ferner Dion. Hal. ant. II 19,4; Varro Men. Nr. 132–140 (Nr. 140: semiviri […] galli); Ov. fast. IV 181–190 (183: semimores; 184: molli […] cervice); Plaut. Truc. 610 f; Plaut. Poen. 1317 f; Verg. Aen. IX 614–620; Sen. Herc. f. 469 f; Mart. III 81; VI 39.21. 480 Vgl. Iuv. VI 513; Mart. III 81; Plin. nat. XXXV 46, 165. 481 Vgl. Obseq. XLIVa; Val. Max. VII 7,6. 482 Vgl. Sanders, Galles. 483 Bezüglich der Selbstkastration kommt Auffahrt, Religio, 8, zu dem Ergebnis: „Il ne s’appliquait pas à la communauté des adorateurs et ne fut par la suite plus obligatoire pour l’accession à la prêtrise“. 484 Zum Folgenden vgl. Roller, Search, 187–216.327–343. 485 Vgl. Strab. X 3,12 (§ 469); ferner Paz de Hoz, Kulte, 29 f. 486 Vgl. exemplarisch Paus. III 22,4; V 13,7 (am Berg Sipylos zwischen Symrna und Sardes); Naumann, Ikonographie, 214–216 (außerhalb von Ephesus). 487 Für Smyrna vgl. Strab XIV 1,37 (§ 646), für Kolophon CCCA I, Nr. 599. Hier wurden Beschlüsse des Rates im Heiligtum aufbewahrt (vgl. CCCA I, Nr. 602: ἀναγράψαι δὲ τόδε τὸ ψήφισμα εἰς στήλην λιθίνην καὶ εἰς τὸ ἱερὸν τῆς Μητρός). Dies gilt als Vorbild für die Praxis des Athener Rates. Vgl. ferner Graf, Kulte; Akalın, Traces. 488 Vgl. CCCA I, Nr. 286.348–426; ferner Varro ling. VI 15. 489 Vgl. zum Folgenden Roller, Search, 189–198.

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Ort des Kultes herstellten.490 Auch ῎Αγδιστις491 erscheint als typischer Name. Die bildlichen Darstellungen der Muttergöttin in den alten Phrygerstädten spiegeln den hellenistischen Einfluss wider.492 Der Fruchtbarkeitskult der römischen Mater und der als effeminatus dargestellte Attis fehlen hier aber fast vollständig.493 Insgesamt finden sich nicht nur keine Belege für Kastrationspraktiken in den Μήτηρ-Kulten Kleinasiens, sondern auch nicht für den aus griechisch-römischer Sicht kennzeichnenden Orgiasmus des Kultes der ‚phrygischen‘ Göttin.494 Nachdem alte phrygische Städte wie Gordion an Bedeutung verloren hatten, wurde Pessinus in hellenistischer Zeit zum Zentralort der Μήτηρ-Vereh­ rung.495 Die phrygische Göttin wurde hier in Gestalt eines schwarzen Baitylos verehrt.496 Der Kult war aus dem nahen Gebirge in das hellenistische Heiligtum importiert worden. Pessinus wurde von den Attaliden Pergamons gefördert.497 Der Briefwechsel zwischen den Attalidenherrschern und dem galatischen Oberpriester von Pessinus aus dem 2. vorchr. Jh. lässt auf Pergamons strategisches Interesse an dem im Galaterland gelegenen, aber autonomen Tempelstaat schließen.498 Die dynastischen Oberpriester nannten sich Attis (bzw. Battakes),499 ein Titel, der auch in der altphrygischen Königsideologie eine Rolle spielte. Die Kybele-und-Attis-Mythen der hellenistischen Zeit enthalten Motive, die auf die Riten der pessinuntischen Priesterschaft anspielen. In ihnen scheint das Gedenken an die Trauerriten anlässlich des Todes des Königs eine Rolle gespielt zu haben.500 (Selbst-) Kastration praktizierten die Μήτηρ-Priester in Pessinus nicht.501 In einer Zeit, als der Tempelstaat freilich von den Römern längst aufgehoben und 490 Vgl. Strab. X 3,12 (§ 469). 491 Vgl. ebd.; XII 5,3 (§ 567). 492 S. o. 3.2.3. 493 Einer der seltenen Belege für einen effeminiert dargestellten Verehrer der Muttergöttin, der sich als Attis bezeichnet, stammt aus Cyzikos aus dem Jahr 46 v. Chr. (vgl. Roller, Search, 332 f). Eine Rezeption der Attismythen ist in Dokimeion festzustellen, vgl. Stat. silv. I 5,37 f; II 2,87–89: Die rötliche Maserung des dort abgebauten Marmors rühre von Blutstropfen des eben kastrierten Attis her. 494 Drew-Bear/Naour, Divinités, 1945: Die lokalen kaiserzeitlichen Kulte „ne comportent aucun élément qui permette de conclure que leurs cultes possédaint un caractère orgiastique“. 495 Vgl. Roller, Search, 341–343; Strobel, Identität, 377–380; Ders., Pessinus; Ders., Kultzentrum; Strubbe, Inscriptions; Devreker/Waelkens, Fouilles, 13–25; Berns, Midasstadt, 60; Belke, Galatien, 171; Berns, Midasstadt, 60; Belke, Galatien, 171 (vgl. dagegen noch Gressmann, Religionen, 57; Helck, Betrachtungen, 248 f). 496 Vgl. Fick, Bedeutung; Wilhelm, Gleichsetzungstheologie, 58 f. 497 Vgl. Strab. XII 5,3 (§ 567). 498 Vgl. Strubbe, Inscriptions, Nr. 1–5; Welles, Correspondence, 241–253. 499 Vgl. Pol. XXI 37,5. 500 Vgl. Paus. VII 17,9; Diod. III 59; Serv. Aen. IX 115 (defunctum sepelierunt. Cuius ut perpetua maneret memoria, Mater Magna instituit ut quotannis in sacris plangeretur); Arr. takt. XXXIII 4. 501 Vgl. Baslez, Galles, 239 f. Dass Strabo nichts über Kastratentum in Pessinus berichtet, ist angesichts seiner Erwähnung des – vermeintlichen? – Beschnittenseins der ephesinischen

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eine Polis der Tolistobogier geworden war,502 amtierten im von den Römern geordneten Priesterkollegium die Galater Tiberius Claudius Heras und sein Sohn Tiberius Claudius Deiotaros.503 Das Oberpriesteramt war prestigeträchtig und Angehörigen der Oberschicht vorbehalten.504 Dass Kastratentum die Zulassungsbedingung in den Priesterstand war, erscheint ausgeschlossen. Das wichtigste Μήτηρ-Heiligtum in Südgalatien befand sich bei Laodikea in Zizima.505 Vermutlich handelt es sich um einen alten, seit (vor- [?]) phrygischer Zeit bestehenden Kultort. Die erhaltenen Inschriften zeugen von seiner regional großen Bedeutung. Verehrt wurde die zizimenische Muttergöttin auch in der nahe gelegenen Stadt Ikonium.

7.2 Religiöse Kommunikation Über die Interaktion zwischen Menschen und den Göttern geben vor allem private Inschriften Auskunft.506 Meist handelt es sich um Weihungen. Das Gros dieser Texte stammt aus Lydien und Phrygien, meist aus dem 2. und 3. Jh. n. Chr. Vereinzelt gibt es aber auch schon entsprechende Belege aus dem Jahrhundert davor. Die Textbefunde dürfen nicht einfach auf die Situation in Galatien im mittleren 1. Jh. n. Chr. übertragen werden. Doch reflektieren sie weitverbreitete religiöse Praktiken und setzen Vorstellungen voraus, die denen in Galatien nicht völlig fremd gewesen sein können. Grundsätzlich waren die Götter in der Lebenswelt der Menschen präsent, erfahr- und ansprechbar. Dieses zentrale Charakteristikum brachten Beinamen wie der des Men ’Επιφανής507 zum Ausdruck. Die Götter gaben Ernte, Kinderreichtum, schützten die Nutztiere, retteten und heilten. Wie es schon in den alten hethitischen Texten vorausgesetzt wird,508 überschauten die Götter die Erde, wachten über die Einhaltung von Recht und Gesetz. So übten sie die Herrschaft über die ihnen zugeordneten Städte und Dörfer aus. Dementsprechend wurden sie als βασιλεύς, τύραννος, κύριος, κατέχων oder προεστώς tituliert. Auf individueller Ebene fand die Rechtsaufsicht der Götter statt, indem sie bei Vergehen – etwa durch Priester um so aussagekräftiger (Strab. XIV 1,23 [§ 641]; dazu Smith, Priests); vgl. auch die Notiz zu den ἀπόκοπτοι Γάλλοι des Ploutoneion, eines Heiligtums bei Hierapolis. Zu den AttisPriestern Pol. XXI 37,4–7; Liv. XXXVIII 19,9 f. 502 S. o. 4.6. 503 Vgl. Strubbe, Inscriptions, Nr. 17 f; zur Datierung und Diskussion auch Mitchell, Imperial Cult, 480–483. 504 Vgl. Roller, Search, 342. 505 S. o. 4.2; vgl. Mitchell, Anatolia II, 18.23; Rehrenböck, Epiklesen, 444–446. 506 Vgl. Belayche, Rites, 93; Mitchell, Anatolia I, 195; Chiai, Götter; Drew-Bear/Naour, Divinités; ferner Rüpke, Kommunikationssysteme. 507 Vgl. CMRDM III, 78 f. 508 S. o. 3.1.

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Krankheit – straften. Wurde man von irgendjemandem geschädigt, konnte man sie bitten, Rache auszuüben. Besonders häufig wurde der Schutz von Gräbern in ihre Hände gelegt; Men etwa wachte über zahlreiche Grabstätten in Südgalatien.509 In der Gott-Mensch-Beziehung hatte der Verehrer πίστις entgegenzubringen. So wurde die umfassende Macht (δύναμις) und Herrschaft der Götter, die sie ausübten, anerkannt.510 Wichtig war, sich den Göttern ausführlich vorzustellen. Man nannte Namen, Herkunftsort, Beruf, ggf. den Bürgerrechtsstatus und identifizierte sich als Ehefrau, Sohn oder Schwester. Manche Familien – bisweilen sogar ganze Dörfer – verfassten gemeinsam Weihungstexte. Bilder konnten die Selbstvorstellung der Adoranten und ihre Anliegen illustrieren. Sklaven, Kinder und Frauen hatten uneingeschränkten Zugang zu den lokalen Heiligtümern. Die Götter konnten um Rat und Auskunft gebeten werden, etwa indem man Gebete an sie richtete.511 Zum Gebet gehörte der Gestus der erhobenen Hand, der auch mehrfach ikonographisch dargestellt wird.512 Dass die Götter die Gebete erhörten, bringen Götterbeinamen wie ’Επήκοος513 zum Ausdruck. Die Götter erschienen im Traum514 oder δι’ ἀνγέλου515 (möglicherweise spielt der Ausdruck auf die Beteiligung von Priestern an). Eine Antwort konnte auch in einem Orakelspruch erfolgen. Die Priesterinnen516 und Priester führten die entsprechenden Rituale durch.517 Eine besondere Textgruppe bilden die sog. Beichtinschriften.518 Die meisten der gefundenen Texte stammen, wie insgesamt die religiösen Inschriften, aus dem 2. und 3. Jh., der älteste aber aus dem Jahr 57/58 n. Chr.519 Ihr Vorkommen ist geographisch stark auf das nordöstliche Lydien und einzelne Gegenden in Phrygien eingegrenzt. Eine einzelne Beichtinschrift wurde jedoch nahe der Grenze der Provinz Galatien gefunden; möglicherweise ein Hinweis darauf, dass die in den Beichtinschriften vorausgesetzten Praktiken und Vorstellungen weiter verbreitet waren, als es die Fundsituation erkennen lässt.520 509 Vgl. CMRDM I 143–151.154.156; II AD 5 f (?). Dazu auch Strubbe, Cursed; Ders., Imprecations. 510 Vgl. etwa Petzl, Beichtinschriften, Nr.  12 (μὴ πιστεύουσα τῷ θεῷ); vgl. allgemein­ Belayche, Rites, 78–90. 511 Vgl. etwa Petzl, Beichtinschriften, Nr. 73.75 (ἐπιζητεῖν). 512 Vgl. Belayche, Rites, 76 f. 513 Vgl. CMRDM III, 78 f. 514 Vgl. etwa Petzl, Beichtinschriften, Nr. 11.106 (καὶ ὀνείροις μοι παρεστάθη καὶ εἶπεν). 515 Petzl, Beichtinschriften, Nr. 3. Die Schreibweise findet sich so im Quellentext. 516 Vgl. a. a. O. Nr. 62. 517 Vgl. a. a. O. Nr. 6. 518 Vgl. die Zusammenstellung von Petzl, Beichtinschriften. Einen Überblick über ältere Ausgaben und Untersuchungen gibt Klauck, Beichtinschriften, 57–60. Zur Beschreibung der sog. Beichtinschriften a. a. O. 60–81; Mitchell, Anatolia I, 191–195; Labarre, Origines, 403–405; Ameling, Paränese, 246 f; Niebuhr, Ethos, 266–271; Chaniotis, Tempeljustiz. 519 Vgl. Petzl, Beichtinschriften, Nr. 56. 520 Vgl. Ricl, Confession-Inscription, insb. 36.

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Die Beichtinschriften sind religions- wie gattungsgeschichtlich mit den Heilungsberichten (etwa den epidaurischen) und den tabellae defixiones verwandt, die im 2. und 1. Jh. v. Chr. im südwestkleinasiatischen Knidos belegt sind.521 Vorausgesetzt wird in den Beichtinschriften eine vorsätzlich oder unbewusst begangene Tat (ἁρματία), die als Tabubruch ritueller oder sozialer Art gewertet wird. Dabei geht es beispielsweise um den Missbrauch heiliger, dem Gott bzw. Tempel gehörender Güter, die Missachtung kultischer Reinheitsgebote oder die Nichteinlösung eines Gelübdes. Bei den zwischenmenschlichen Delikten handelte es sich um Taten wie Verleumdung, Diebstahl oder Ehebruch. In einigen Fällen zieht der Übeltäter sich als göttliche Strafen (κολάζω/κόλασις) gedeutete Krankheiten oder andere Übel zu, die ihn dazu bringen, ein Geständnis (ἐξομολόγησις) vor der Gottheit abzulegen. Oft musste dann ein λύτρον in Form von Lebensmitteln oder Geld  – eine wichtige Einnahmequelle der Heiligtümer  – bezahlt werden, das den Zorn der Gottheit hinwegnehmen (αἴρω) sollte. Nachdem die Schuld abgelöst und die Gottheit gnädig (εἴλεος) gestimmt worden war, galt die Schuld als gesühnt (ἱλάσκομαι). In der aufgestellten Stele pries der Geläuterte den Gott (εὐλογεῖν bzw. εὐχαριστεῖν) und machte seinen Fall auf diese Weise öffentlich, um die δυνάμεις des Gottes zu bekennen und um andere potentielle Übertreter abzuschrecken. In anders gelagerten Fällen konnten auch Verwandte für einen Verstorbenen postum eine Versöhnung mit der Gottheit – meist übrigens Men oder Apoll, oft an der Seite einer Muttergöttin  – erwirken. Bestrafte Übeltäter wandten sich entweder an das Heiligtum, um den Prozess der Buße in Gang zu setzen; oder es fand – durch Priester – eine Untersuchung begangener Vergehen statt, sodass der Urheber ausfindig gemacht wurde. In manchen causae fanden auch Anhörungen im Heiligtum statt. Zur Illustration soll ein Text zitiert werden, bei dem ein Verwandter mit der Wiedergutmachung befasst war. Zur Debatte steht der Missbrauch heiligen Gehölzes. Der Text war auf einer knapp einen Meter hohen Giebelstele aus weißem Marmor angebracht. Als Abfassungsjahr wird das Jahr 276 der sullanischen Ära (= 191/192 n. Chr.) angegeben. Der Fund stammt aus dem Hermostal in­ Lydien.522 Groß ist [sic] der aus Zwillingseichen gegründete Zeus und die Manifestationen seiner Macht! – Da Menophilos heiliges Gehölz gekauft hatte, wurde er deswegen von dem Gott bestraft; und als er viel erlitten hatte, befahl er (d. h. der Gott) danach, daß sein Sohn Menophilos die Schuld des Vaters wiedergutmachen sollte. Er verkündet allen Menschen, daß man über den Gott nicht gering denken darf. Das Zeugnis hat er aufgestellt im Jahre 276, am 30. des Monats Daisios. 521 Vgl. zu diesem in der griechischen, später in der lateinischen Welt weitverbreiteten Phänomen Versnel, Fluch, 4–14. Man kennt etwa 1600 derartiger Täfelchen. Zu Unterschieden zu den sog. Beichtinschriften vgl. Chaniotis, Tempeljustiz, 366. 522 Vgl. Petzl, Beichtinschriften, Nr. 9.

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Der Ζεὺς ἐκ Διδύμων Δρυῶν ist nach seinem Kultort benannt. Ein Schwerpunkt des Textes und damit der Wiedergutmachung des Menophilos Junior liegt auf der öffentlichen Mahnung zur Achtung der göttlichen Macht. Die Texte der rund 130 bekannten Beichtinschriften folgen keinem starren Formular. Mal berichten sie ausführlich über die begangenen Missetaten. Der notorische Delinquent Theodoros etwa listet auf, drei Mal unerlaubten Sex gehabt zu haben:523 zwei Fälle außerehelichen Geschlechtsverkehrs und ein Mal unter Missachtung des Enthaltsamkeitsgebotes während einer Dienstzeit im Heiligtum. Für die erste Übertretung fielen als Bußleistungen ein Schaf, ein Reb­ huhn und ein Maulwurf an; das zweite Delikt verlangte nach einem Ferkel und einem Thunfisch; schließlich wurden ein Huhn, ein Spatz und eine Taube, Getreide und Wein fällig. Vermerkt wird, dass Weizen und Wein den Priestern übergeben wurden; wem die übrigen Opfer zugute kamen, wird nicht gesagt. Mal fassen sich die Texte kurz und resümieren bloß wie im Fall der Glykia:524 Glykia, Tochter des Iulius, des Sohnes des Agrios, von der Artemis ἐγ Μητρώ an ihrem Gesäß bestraft, hat nachgefragt und die Weihung dargebracht.

Artemis wird hier mit einem lokalen Beinamen benannt, der auf den Eigennamen des Kultgründers oder der Kultgründerin zurückgeht. Offenbar hatte sich die erkrankte Glykia von sich aus an das Heiligtum gewandt. Das von der als Strafe verstandenen Krankheit befallene Körperteil hat sie, wie es öfter vorkommt, bildlich auf der Stele darstellen lassen (s. u. Abb. 20). Die in den Beichtinschriften dokumentierte priesterliche Aufsicht über Moral und Kultregeln hatte in den kleineren Heiligtümern im ländlichen Raum ihren Ort.525 Das kultische Leben des Heiligtums war für die Identität der ländlichen Siedlungen wichtig. Daher kam der Sanktionierung im Fall der Übertretung ritueller Gebote eine wichtige Rolle zu. Für die Bewohner zahlreicher Dörfer und Gehöfte stellten die Tempel die Infrastruktur schlechthin dar: Hier wurde Handel getrieben, Geld verliehen und Ländereien wurden verpachtet. Von daher überrascht es nicht, dass man sich auch in der Untersuchung bzw. Beurteilung von Fällen wie Diebstahl oder Ehebruch an die Priester wandte. Das schloss das Anrufen der – ­römisch überwachten – Gerichtsbarkeit aber keineswegs aus. In den Beichtinschriften ist von der Verfolgung von Kapitalverbrechen keine Rede. Solche Fälle wurden der regionalen Profanjustiz übergeben. Auffällig häufig dagegen müssen die Heiligtümer Fälle von Meineid klären, denn diese wurden öffentlich nicht geahndet. Insgesamt übten die ländlichen Tempel also eine der Lebenswelt 523 Vgl. a. a. O. Nr.  5; Chaniotis, Tempeljustiz, 357–360. Der Text stammt aus dem Jahr 235/236 n. Chr. 524 Vgl. Petzl, Beichtinschriften, Nr. 75. Der Text gibt keine Datierung an. 525 Vgl. Chaniotis, Tempeljustiz; Ricl, Society (die die priesterlichen Aktivitäten stärker in Opposition zur profanen Rechtspflege sieht); Schuler, Siedlungen, 253–255; Petzl, Beicht­ inschriften, XIII; Horstkotte, Strafrechtspflege.

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Grundzüge historischer Lebenswelten im römischen Galatien 

Abb. 20: Giebelstele aus weißgrauem Marmor, gefunden bei Kula (?), undatiert

angepasste, ritualisierte Form der Konfliktbewältigung aus, bei welcher auf die Einhaltung eines strikten Moralcodes geachtet wurde. Von einer umfassenden Sakraljustiz, die an Stelle der profanen Rechtspflege stand oder gar in O ­ pposition zu ihr arbeitete, kann aber keine Rede sein, auch wenn Vokabular und Verfahrensregeln der Beichtinschriften sich an den Gebräuchen der öffentlichen Justiz orientierten. Die von den ländlichen Heiligtümern wahrgenommenen Aufgaben und die Fundkonzentration der zugehörigen Texte sind Spezifika im kaiserzeitlichen Phrygien und Lydien.526 Sowohl die zu Grunde liegenden religiösen Vorstellungen als auch die rituellen Praktiken waren aber keineswegs auf diese Regionen 526 Vgl. Petzl, Beichtinschriften, VII.

Gottheiten und ihre Verehrer im Zentralkleinasien der frühen Kaiserzeit 

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beschränkt. Sie kommen in der einen oder anderen Form in einer Vielzahl antiker Kulturen vor und stellen daher keine kleinasiatische Besonderheit dar.527 So wurde etwa in den griechischen sog. judicial prayers einer Gottheit zugetraut, Rache für einen erlittenen Schaden zu nehmen,528 wie es auch zu den in den Beichtinschriften Apoll oder Men zugeschriebenen Kompetenzen gehörte. Dass die Gottheit alles überblickt und das Leben der Menschen kontrolliert, gehört ebenfalls zu üblichen Vorstellungen antiker Religiosität. Auch im Judentum ist der Gedanke verbreitet.529 Konzepte göttlicher Strafe,530 unterschiedlicher Sühnemöglichkeiten und Formen ritueller Sündenvergebung waren fester Bestandteil der mediterranen religiösen Koine. Platon kritisierte das ‚magische‘ Denken, dem zufolge es „Lösungen (λύσεις) und Reinigungen (καθαρμοί) von Verbrechen durch Opfer und ergötzliche Spiele gebe“531. Heilungen von Krankheit gewährten nicht nur die Götter wie Asklepios, sondern auch unzählige weitere, sofern man ihnen eine Stiftung zukommen ließ.532 Auch hier begegnen Elemente und Formulierungen, wie sie auch in den Beichtinschriften vorkommen. Ferner blieb die Gattung der sog. Beichtinschriften keineswegs auf Kleinasien beschränkt. Unter den sabäischen Texten gibt es ebenfalls Beichtinschriften, die in inhaltlicher und formaler Hinsicht enge Parallelen zu den späteren kleinasiatischen Pendants­ aufweisen.533 Die Beichtinschriften sind eine Form der Artikulation religiöser Bedürfnisse der Menschen des kaiserzeitlichen Kleinasiens. Im 1. nachchr. Jh. setzte eine im darauf folgenden Jahrhundert zur vollen Entfaltung kommende Entwicklung ein, die sich als individuelle religiöse Suchbewegung verstehen lässt.534 Menschen erhofften sich verstärkt die Begegnung mit dem Göttlichen innerhalb ihrer privaten bzw. alltäglichen Lebenswelt. Auf die eigene Person bezogenes Heil und Lebensorientierung wurden auf Pilgerschaft535 oder in privatwirtschaftlich536 oder nun auch öffentlich betriebenen Orakelstätten537 gesucht. Durch Gebete, Offenbarungen und Engelsbotschaften kommunizierten Götter und Menschen.538 Bei 527 Vgl. Belayche, stèles, insb. 71 f. Dafür spricht auch die Beobachtung, dass die Beicht­ inschriften, nicht zuletzt den in ihnen vorkommenden Anthroponymen nach zu urteilen, in einem kulturell durchaus als hellenisiert zu bezeichnenden Milieu aufgestellt wurden (vgl. a. a. O. 70 f). 528 Vgl. dazu Versnel, Cursing. 529 Vgl. etwa Ps 33,13.18; 2Makk 7,6.35 530 Dazu Speyer, Religionen, 145–156, zu griechischen und römischen Vorstellungen. 531 Plat. rep. II 364e. 532 Vgl. CIL VI 68 (Rom, kaiserzeitlich); zitiert bei Rüpke, Einführung, 158. 533 Vgl. TUAT II, 449 f (7.); TUAT NF VI, 354 f (1.3.5.1). 534 Vgl. Marek, Geschichte, 627 f. 535 S. o. 4.5.2.5. 536 Vgl. Lukians Schrift Alexandros. 537 Vgl. Nollé, Losorakel. 538 Vgl. Belayche, Hypsistos, 42 f; Hirschmann, Menschen.

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den Götterbildern entwickelte sich eine Tendenz, Größe und Macht der jewei­ ligen Gottheit zu betonen. Mit Gottesbezeichnungen wie „höchster Gott“ erreichten auch heidnische Kulte, vor allem des 4. und 5. Jh. n. Chr., damit eine Art des „‚pantheonalen Monotheismus‘“539. Von komplexen und heute nur schwer rekonstruierbaren Interaktionsprozessen zwischen Juden-, Christen- und Heidentum ist auszugehen. Am Anfang der Geschichte des Christentums in Kleinasien aber standen der Besuch zweier Missionare aus dem syrischen Antiochia – und der Gal als ältestes Dokument christlicher Gemeinden in ­Kleinasien.540

8. Resümee Wie sich zeigt, wirkte sich die Provinzialisierung im Jahre 25 v. Chr. durch Augustus zunächst vor allem auf die Lebenswelten in den südlichen Regionen der neuen Verwaltungseinheit aus. Zumindest in der Anfangszeit waren hier Truppen stationiert. Augustus ließ zehn mehr oder weniger große Kolonien in Süd­ galatien gründen, die Raum für die nach den Bürgerkriegen anstehenden Deduzierungen gaben und mithalfen, Südgalatien endgültig im Sinne Roms zu befrieden. Denn Amyntas hatte bis zu seinem Tod noch nicht alle Gegenden der Taurosregion unter Kontrolle bringen können. P. Sulpicius Quirinius gelang es bis zum Jahr 4 n. Chr., die aufständischen Homonadeis zu besiegen und deren Stammesverband aufzulösen. Bis auf einen Aufstand zwei Jahre später in Isaurien sind keine Unruheherde in Galatien bekannt. Die Truppenpräsenz konnte rasch wieder abgebaut werden. Ein deutliches Zeichen der römischen Herrschaftsausübung in Südgalatien waren die neugeschaffenen Straßenverbindungen über die Via Sebaste, die die südgalatischen Kolonien mit den west- und südlichen Küsten Kleinasiens verbanden. Auf den neuen, für Wagenverkehr geeigneten Straßen bewegten sich nicht nur Truppen, sondern auch römische Offizielle, für deren Transport und Beherbergung die Einheimischen zu sorgen hatten. Handel und private Reisen profitierten gleichermaßen von den neuen Trassen. In den Städten und Kolonien Südgalatiens begannen die Bewohner, insbesondere die Oberschichten, an der entstehenden Provinzialkultur zu partizipieren. Man pflegte Kontakte zu römischen Spitzenpolitikern, ehrte Beamte und vor allem den Kaiser. Einige große Bauprojekte wurden angestoßen, die auch mit Hilfe römischer Gönner finanziert wurden. Der einsetzende Wirtschaftsboom, die Möglichkeit, rentable Landgüter zu erwerben und die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben 539 Wischmeyer, ΘΕΟΣ, 153. Zu dem Phänomen a. a. O.; Mitchell, Gottesfürchtigen; Ders., Cult; Ders., Thoughts; Schrage, Einheit, 35–40. Gegen Mitchells These einer ‚verfassten‘ Religion der Verehrer des „höchsten Gottes“ vgl. Stein, Verehrung; Wischmeyer, ΘΕΟΣ, 156–158; Ameling, Inscriptiones, 19–21. 540 S. u. III.

Resümee

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verschafften einigen nach Südgalatien gekommenen italischen Familien einen bemerkenswerten gesellschaftlichen Aufstieg. Als prominentestes Beispiel dieser Aufbruchjahre kann das pisidische Antiochia gelten. Die Ausgangsvoraussetzungen für eine dynamische Entwicklung in der julisch-claudischen Epoche waren hier, nicht zuletzt auf Grund der klimatischen Gegebenheiten, besonders günstig. Der römische Einfluss in der Verwaltung war in einer Kolonie wie Antiochia freilich groß, doch es zeigt sich, dass sich die Gemeinschaft um die Ausbildung einer Einheimische und Zuzügler einenden lokalen Identität bemühte. Nicht nur römische Bürger, auch Angehörige der einheimischen Oberschichten trugen zur Finanzierung der städtischen Bauprojekte bei. Man arbeitete an einem ansprechenden urbanen Stadtbild, das vom Sebasteion dominiert wurde. Im Bildprogramm dieser Anlage zeigte sich eine Verbindung von römischen, lokalen und anderen ostmediterranen Motiven. Die Bevölkerung von Kolonie und Umland nahm am Kaiserkult durch den Besuch der Feierlichkeiten und der gestifteten Spektakel teil. Sozialgeschichtlich fallen einige Angehörige der führenden Familien Antiochias durch die Zurschaustellung großen Reichtums und die Absolvierung zielstrebiger Karrieren bis in höchste Ämter in Rom auf. Im Vergleich zu Südgalatien wurden die keltischen Galater erst später von der Provinzialisierung Galatiens beeinflusst. Eine direkte römische Verwaltung fand hier zunächst gar nicht statt. Die Galater bekundeten ihrerseits in der Tradition der Klientelfürsten ihre Loyalität gegenüber Rom; das genügte. Ein lockerer Verband der galatischen Stämme organisierte in Ancyra den Kaiserkult in einem monumentalen Augusteum. Urbane Strukturen fehlten aber weitgehend in den Galaterregionen. Von einem Zuzug von Ausländern im großen Stil ist nichts bekannt. Die inneren Verhältnisse der Galaterstämme blieben in der Frühzeit der Provinz offenbar unangetastet. Erst seit Claudius ist belegt, dass Angehörige der galatischen Eliten Karrieren im römischen Heer machten. In diese Zeit fallen auch Ansätze, die inhomogenen Regionen der Provinz Galatien stärker zu­ vernetzen. Bei den Spuren jüdischen Lebens zeigte sich ein deutliches Nord-Süd-­Gefälle innerhalb der Provinz. Literarisch oder epigraphisch sind Juden in den Galatergebieten im untersuchten Zeitraum nicht belegt. Aus Südgalatien kennen wir demgegenüber jüdische Inschriften des 1.  oder 2.  Jh. n. Chr. Zusammen mit dem in Act 13 f über örtliche Synagogengemeinden Erzählten und der vermutlich in der Phrygia Paroreius und benachbarten Regionen erfolgte Ansiedlung durch Antiochos III. sprechen sie für ein ausgeprägtes jüdisches Leben in Südgalatien. Aus dessen Innensicht verfügen wir aber nur über wenige Nachrichten. Allgemein waren Juden im kaiserzeitlichen Kleinasien als landsmannschaftliche Vereine organisiert und genossen relative Autonomie bei der Pflege ihres Lebensstils. Sie partizipierten in spezifischer Weise am Leben ihrer Heimatstädte und zogen die Aufmerksamkeit nicht weniger interessierter Heiden auf sich.

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Auch wenn Stadt und Land im Altertum grundsätzlich unterschiedliche Lebenswelten waren, hatte der ländliche Raum im kaiserzeitlichen Kleinasien kulturell und wirtschaftlich Anteil am Leben der Städte. Als rückständig und ärmlich kann das ländliche Leben keineswegs pauschal bezeichnet werden. Eine spezifische Erscheinung in einigen Landschaften Galatiens waren die Landgüter des kaiserlichen Hauses und einiger reicher Einwandererfamilien. Die Ländereien, deren Erwerb in Kleinasien möglich war, stellten für sie die für den sozialen Aufstieg nötigen Einnahmequellen dar. Im Umkreis der Kolonien ernährten sich die Familien der deduzierten Soldaten von ihren landwirtschaftlichen Betrieben. Als Götter von Städten und Siedlungen verehrten die Menschen in der Provinz Galatien griechische Gottheiten, vor allem Zeus und Apoll, die vielfach jeweils an ältere vorgriechische Götter anknüpften. Die wichtigsten einheimischen Gottheiten waren Men und die Muttergöttin. Auch wenn seit Beginn des Prinzipats die Tempelstaaten nicht mehr als solche weiter existierten, behielten einige Kultstätten dieser Gottheiten ihre überregionale Bedeutung. Sowohl Einheimische als auch Zuzügler brachten den örtlichen Göttern Verehrung entgegen. Im Fall der Göttermutter ist zu beachten, dass die in Galatien, vor allem in Pessinus und Zizima, praktizierten Kulte nicht mit denen der Mater in Rom übereinstimmten. Der Parhedros Attis und die – nicht sicher belegte – Selbst-Kastration der Priester sind keine Kennzeichen der kleinasiatischen Kulte der Muttergöttin. Die Zeugnisse über Akte religiöser Kommunikation stammen vor allem aus dem 2. und 3. Jh., erlauben aber Rückschlüsse auf allgemein verbreitete Vorstellungen und Praktiken. Grundsätzlich agierten die Götter im Leben der Menschen, heilten und straften und waren etwa durch Gebete ansprechbar. Sie teilten sich durch Engel, Orakelsprüche oder im Traum mit. Eine besondere Form der Wirksamkeit der Götter reflektieren die sog. Beichtinschriften, die dokumentieren, wie an ländlichen Heiligtümern Konflikte rituell gelöst und Krankheiten gedeutet wurden. Übertretungen kultischer oder sozialer Gebote beantworteten die Götter durch als Strafe verstandene Krankheiten oder sogar den Tod. Übertreter oder deren Verwandte konnten durch die Benennung der Sünden und die Stiftung von Opfern die Schuld ablösen. Eine institutionalisierte Sakraljustiz bestand aber nicht. Die Häufung der Beichtinschriften kann als Spezifikum ­Westkleinasiens gelten. Die in ihnen vorausgesetzten Götterbilder und rituellen Praktiken gehen aber über das im Rahmen der mediterranen religiösen Koine Übliche nicht heraus.

III Die südgalatische Lokalisierung der galatischen Gemeinden

1. Die Lokalisierungsfrage: Problemstellung und Forschungsstand Angesichts einer gewissen Stagnation der klassischen Forschungsdebatte um die Lokalisierung der Paulusgemeinden und damit der Empfänger des Gal in Kleinasien – dazu ausführlicher im Folgenden – neigt ein Teil der Forscher dazu, die Relevanz der diskutierten Frage zu minimieren. Mehrere neuere Studien zur Kontextualisierung des Gal verzichten sogar bewusst auf eine Positionierung auf dem Feld der möglichen Antworten. Gerade Ansätze, die die Briefadressaten und ihren Hintergrund als Teil des Kommunikationsgeschehens ernst zu nehmen fordern, suchen so die Frage ‚Nord- oder Südgalatien‘ hinter sich zu lassen. Kulturelle Prägungen machten an Verwaltungs- bzw. Regionalgrenzen keinen Halt, daher komme die Erkundung der lebensweltlichen Kontexte des Gal ohne Bezugnahme auf die konkreten Wohnorte der Briefadressaten aus, so die Begründung. Ein entscheidender Erkenntnisgewinn sei von der kleinteiligen Debatte über die geographische Verortung nicht zu erwarten.1 Doch im Rahmen einer Kontextualisierung des Gal ist eine Verständigung über die Wohnorte der Adressaten des Schreibens nicht nur auf Grund der forschungsgeschichtlich vorgegebenen Einleitungsdiskussion unerlässlich. Einerseits besteht aus der Sicht der Ereignis-, Theologie- und Literaturgeschichte des frühen Christentums ein begründetes historisches Interesse an der Lokalisierung der paulinischen Mission in Kleinasien, dem gegenüber eine Untersuchung zum Gal in gewisser Bringschuld steht. Andererseits gehört eine Lokalisierung zu den Voraussetzungen einer Überprüfung, ob durch lokale Gegebenheiten bedingte lebensweltliche Prägungen der Adressaten die galatische Krise und die Kommunikation zwischen P ­ aulus und den Galatern beeinflusst haben.2 Zusätzlich ist in umgekehrter Richtung zu fragen, ob nicht von lebensweltlichen Kontexten her Argumente für die jeweiligen Lösungsmöglichkeiten in der Adressatenfrage zu gewinnen sind. Innerhalb der einleitungswissenschaftlichen Forschung zum Gal ist umstritten, wo die Adressaten des Briefes in der römischen Provinz Galatien zu lokali 1 Vgl. Elliott, Cutting, 6 f; Arnold, Astonished, 430. Einen Sonderweg, sich der Erörte­rung der Lokalisierung der Adressatenschaft zu entledigen, geht Vouga, Essay, 244. Ihm zufolge sind die Adressaten eine literarische Fiktion (dazu s. u. IV Anm. 2). Vgl. auch Schlier, Galater, 17 Anm. 1. 2 S. u. IV.

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sieren sind.3 In Zusammenhang damit steht die Frage, bei welcher Gelegenheit Paulus die angeschriebenen Gemeinden gründete.4 Zur Diskussion stehen einerseits die nordgalatische5 Lösung – die sog. Landschaftshypothese –, der zufolge die Angeschriebenen in den traditionellen keltischen Siedlungsgebieten um die Hauptorte Pessinus, A ­ ncyra und Tavium zu finden sind. Andererseits vertreten die Anhänger der süd­galatischen oder Provinzhypothese die Auffassung, bei den Adressaten des Briefes handele es sich um in den nicht-keltischen Regionen, speziell im Süden der römischen Provinz Lebende. Innerhalb des Gal sprechen 1,2 und 3,1 die Adressaten auf ihre Lokalisierung hin an. Allein das Verständnis der Verse ist umstritten. Während die Befürworter der südgalatischen Einordnung der paulinischen Gemeinden darauf hinweisen, dass nach dem Zeugnis zeitgenössischer Quellen sowohl die Ortsangabe ἡ Γαλατία (vgl. 1,2) als auch das Ethnikon οἱ Γαλάται (vgl. 3,1) für nichtkeltische Gebiete bzw. ihre Bewohner innerhalb der römischen Provinz Galatien verwendet wurden,6 bezieht sich für Vertreter der Landschaftshypothese die Anrede in 3,1 auf Hörer, die ‚galatischer‘ i. S. v. keltischer Herkunft waren.7 Möchte man das Verständnis der strittigen Passagen aus dem Sprachgebrauch des Paulus heraus klären, erscheint die Tatsache, dass Paulus in seinen Briefen überwiegend Provinzbezeichnungen verwendet,8 als Stütze der südgalatischen Variante. Die Landschaftshypothese wiederum scheint der Umstand zu stützen, dass Paulus gerade im Gal von seiner Gewohnheit abweicht und an drei Stellen keine Provinz-, sondern anderweitige Territorial­bezeichnungen verwendet,9 im Falle Arabiens (1,17; 4,25), Judäas (1,22) und der „Gebiete Syriens und Kilikiens“ (1,21). Die jeweils gewählten Formulierungen lassen sich aber innerhalb ihres Kontextes plausibel machen:10 Judäa hat einerseits als Region für Paulus auf Grund seiner Vita einen besonderen Stellenwert.11 Andererseits setzt Gal 1,22 voraus, dass Judäa eine 3 Überblicke zur Diskussion und z. T. eigene Stellungnahmen verzeichnen Becker, Galater, 14–16; Ders., Paulus, 286–288; Bruce, Problems; Broer, Einleitung, 411–418; Frey, Galaterbrief, 200–205; Koch, Geschichte, 296–301; Longenecker, Galatians, lxiii–lxxii; Sänger, Galaterbrief, 201–203; Ders., Adresse, 231–235; Schäfer, Paulus, 293–297; Schnelle, Paulus, 287–291; Ders., Einleitung, 113–116; Witulski, Adressaten, 13–45; Bauer, Paulus 174–181. 4 Vgl. Gal 1,8 f; 3,1; 4,13 f.19. 5 Koch, Geschichte, 295, weist darauf hin, dass „‚mittelgalatische‘“ Theorie der passendere Terminus wäre, erstreckte sich die Provinz Galatien doch in nördlicher Richtung über die Keltengebiete hinweg (s. o. II 4.7). 6 S. u. 1.3; 1.4. 7 Vgl. de Boer, Galatians, 3–5.169; Martyn, Galatians, 15 f; Schnelle, Einleitung, 115. 8 S. u. 1.3. 9 Vgl. Becker, Galater, 15: Paulus verwendet im Gal „nur Landschaftsbezeichnungen […] Sollte er davon Gal 1,2 (‚an die Gemeinden Galatiens‘) abweichen, wie es die südgalatische Hypothese erfordert?“. 10 Vgl. Sänger, Adresse, 245–248; Witulski, Adressaten, 23–33. 11 Vgl. Röm 15,31; 2Kor 1,16; 1Thess 2,14.

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selbstständige Einheit innerhalb der Großprovinz Syrien war.12 Mit ­„ Arabien“ meint Paulus weiter das Reich der Nabatäer und in 1,21 unterscheidet er korrekt Gebiete innerhalb der Großprovinz Syrien vom ebenfalls zum Großraum dieser Provinz gehörenden, vorher genannten Jerusalem (1,18). Belastbare Hinweise für ein Verständnis „Galatiens“ (vgl. 1,2) im Sinne der historischen Landschaft lassen sich auf diesem Wege also ebenso wenig gewinnen wie 3,1 zwingend auf die Kelten in Kleinasien hinweist. Mit Hilfe des Gal alleine lässt sich keine sichere Aussage über die Wohnorte der Angeschriebenen machen. Dagegen verweist die gewichtige Überlieferung der Apostelgeschichte auf Südgalatien als diejenige Region, in welcher Barnabas und Paulus in der Zeit vor dem Apostelkonvent Mission betrieben und Gemeinden gründeten (13,14–14,25), an die Paulus später den Gal richtete.13 Traditionell bezweifelte insbesondere die deutschsprachige Exegese,14 sofern sie den auctor ad Theophilum nicht für einen Augenzeugen der Geschehnisse hielt,15 entgegen der Auffassung v. a. der englisch­ sprachigen Althistoriker,16 den historischen Wert des in Act 13 f Berichteten. Heute begegnen die meisten Ausleger Act 13 f mit weniger Vorbehalten. Insbesondere die enthaltenen Ortstraditionen, die sich mittels externer Quellen plausibel machen lassen, werden nun gewürdigt.17 Zur Unterstützung dieser Sichtweise kann mit einem Seitenblick auf den Gal angeführt werden, dass die Schilderung des Apostelkonvents in Jerusalem (Act 15/Gal 2,1–10) umso verständlicher erscheint, wenn sie eine Missionsreise von Barnabas und Paulus bereits voraus 12 Vgl. Suet. Claud. 28; Jos, Ant 18,2; Bell 2,117; dazu auch Vitale, Koinon, 32; Eck, Rom, 24–51: Das Gebiet des Archelaos, das (die Landschaft) Iudaea, Idumaea und Samarien umfasste, wurde nach dem Tod des Dynasten im Jahr 6 n. Chr. der Großprovinz Syrien angegliedert. Innerhalb der Provinz bildete es eine eigenständige Verwaltungseinheit, die den Namen „Iudaea“ trug, und war – mit Ausnahme des Intermezzos unter Agrippa in den Jahren 41–44 – einem praefectus ritterlichen Standes unterstellt. Als solcher amtierte in den Jahren 26–36­ Pontius Pilatus, der den Titel praefectus Iudaeae trug (vgl. auch RECAM II 186). 13 Vgl. Lémonon, Galates, 31–33; Longenecker, Galatians, lxx; Riesner, Frühzeit, 243; Schäfer, Paulus, 308–310. V. a. auf Grund des Fehlens des sog. Aposteldekrets (vgl. v. a. Act 15,29) in Gal 2,1–10 identifiziert zuletzt wieder Forbes, Galatians, 246, das in Gal 2,1–10 Erzählte mit der in Act 11,27–30 berichteten Reise und hält daher offenbar die Gal-Frühdatierung für notwendig (vgl. dazu aber II Anm. 6). 14 Vgl. E. Haenchen, Apostelgeschichte, 359 f; Ders., Quelle; Conzelmann, Apostel­ geschichte, 80 f; Ders., Geschichte, 12.74. 15 Vgl. Hengel/Schwemer, Paulus, 10–18; Thornton, Zeuge (insb. 343 f); vgl. auch­ Hemer, Book, 411–413. Zur Forschungslage und -geschichte Lüdemann, Christentum, 9–11; Breytenbach, Paulus, 5–15; Levinskaya, Book, 52. 16 Vgl. Ramsay, Commentary, 322 et passim; Mitchell, Anatolia II, 3–10. 17 Vgl. Breytenbach, Paulus, 96 f; Broer, Einleitung, 176 f. Rothschild, Antioch, bestreitet nun die (zumindest grundsätzliche) historische Zuverlässigkeit des in Act 13 f berichteten Südgalatienaufenthaltes. Dabei verweist die Autorin auf die Modellhaftigkeit der Episode in Antiochia (Act 13,13–51; vgl. a. a. O. 340 f), ein Argument, das sich durch das in Kap. 14 Berichtete relativiert.

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setzt.18 Denn bei dem in Jerusalem unter Beteiligung von Paulus und Barnabas (!) diskutierten Evangelium (2,1) handelte es sich dann um das u. a. unter den Galatern verkündigte. Paulus fürchtete seinerzeit, „ins Leere zu laufen oder gelaufen zu sein“ (2,1): Der rückblickende letzte Versteil bezöge sich dann auch auf die Mission in Südgalatien. Paulus vertrat seiner Darstellung gemäß in Jerusalem seine Position, damit die später in der Vereinbarung anerkannte (2,7–9) „Wahrheit des Evangeliums bei euch [d. h. den Briefadressaten] verbleibe“ (2,5).19 Dass aber die Reise zu den Galatern im autobiographischen Rückblick von Gal 1 f nicht explizit erwähnt wird, ließe sich der vorgestellten Sichtweise zufolge damit erklären, dass sie den Adressaten bekannt gewesen war.20 Demgegenüber berufen sich die Vertreter der klassischen Landschaftshypothese auf Act 16,6; 18,23 und lesen die beiden Verse als Beleg für die Gründung von später erneut aufgesuchten Gemeinden im keltischen Siedlungsgebiet.21 Die philologischen, semantischen und traditionskritischen Probleme der Aussagen sind bekannt.22 Nur wenn man Φρυγίαν (16,6) als Substantiv auffasst, könnte man das genannte „galatische Land“ auf die keltischen Siedlungsgebiete beziehen. Die Hauptprobleme bestehen jedoch darin, dass von Gemeindegründungen in den Notizen keine Rede ist und dass Lukas weder über präzise Ortskenntnis in Zentralkleinasien noch über eine genaue Vorstellung von den paulinischen Reise­ routen nach Troas bzw. Ephesus verfügt. Sein erzählerisches Interesse gilt doch im Zusammenhang mit dieser Reise vielmehr dem Aufweis, wie D.-A. Koch formuliert, „dass der Übergang der christlichen Botschaft nach Europa direkt durch den Geist veranlasst ist“23. Dass Paulus durch Gal 4,13 schließlich b ­ estätige, dass 18 Die vorgeschlagene Lesart von Gal 2,1–10 verträgt sich freilich nicht mit der Datierung der Galatienmission nach der Apostelzusammenkunft, die Öhler, Barnabas, 58–65, vertritt. 19 Die Personalpronomina sind im Gal sehr bewusst gewählt (vgl. etwa das inkludierende ἡμεῖς in 2,15). In fast in allen Abschnitten des Briefes spricht Paulus seine Adressaten mit Verboder Pronominalformen der 2.  Person direkt an (vgl. 1,3.6–9.11.13.20; 2,5; 3,1–5.7.26 f.29; 4,6–21.28; 5,1 f.4.7 f.10.12 f.15–18; 6,1 f.7.11–13.18). Hinzu kommen nicht nur die vielen Fälle, in welchen Paulus die Adressaten in Formulierungen der 1.  Pers. Pl. einschließt, sondern auch die direkten Anreden als „Brüder“, „Kinder“ oder „Galater“ (vgl. 1,11; 3,1; 4,12.19.28.31; 5,11.13; 6,1.18). Die Formulierung in 2,5 („bei euch“) ist daher eine echte Anrede an die Galater. Die Annahme, dass es sich bei dem im 2,5 Vorausgesetzten um eine tatsächlich bei den Galatern bereits erfolgte Mission handelte, ist die nächstliegende Lösung. Zudem stellt Paulus über die Stichwörter „Wahrheit (des Evangeliums)“ (2,5) und „Freiheit“ (2,4) eine Verbindung zur Gegenwart der Adressaten her (vgl. 2,14; 4,16; 5,1.7). 20 Vgl. Riesner, Frühzeit, 254; skeptisch Koch, Geschichte, 299 f. 21 Vgl. Jewett, Mapping, 5; Löning, Galaterbrief, 133; Murphy-O’Connor, Paul, 26 (woher der Autor von einer Mission des Paulus [ausschließlich!] in Pessinus weiß, bleibt offen, vgl. a. a. O. 191–193); Oepke, Galater (bearb. Rohde), 25; Schnelle, Einleitung, 115 f; Suhl, Paulus, 92; Ders., Galaterbrief, 3069. 22 Vgl. Breytenbach, Paulus, 113–119; Riesner, Frühzeit, 250–254; Sänger, Adresse, 249–253; Schäfer, Paulus, 297–311; Witulski, Adressaten, 14–17. 23 Vgl. Koch, Geschichte, 575 (vgl. auch Act 10).

Lösungsversuche jenseits der klassischen Debatte

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er zweimal, d. h. in den Act 16,6; 18,23 notierten Reisen, die Galater besucht habe, geht aus seinem Selbstzeugnis nicht zwingend hervor: Der erwähnte Besuch τὸ πρότερον setzt nicht unbedingt einen vorherigen Besuch voraus. Die Angabe kann ebenso gut mit „früher“ übersetzt werden.24 Auch wenn Act 13 f in Kombination mit Gal 2,1–10 ein Übergewicht für die südgalatische Lösung bewirken,25 ist der Eindruck, die bis hierher umrissene klassische Nord-Südgalatien-Diskussion „trete auf der Stelle“26, nicht von der Hand zu weisen. Da ein zwingendes Argument in der Streitfrage aus dem paulinischen Selbstzeugnis nicht hervorgeht,27 stehen letztlich zwei lukanische Textkomplexe gegeneinander: Die südgalatische Mission in Act 13 f einerseits und die Reisesummarien in 16,6; 18,23 andererseits. Doch auch in diesen Texten finden sich keine hinreichenden Gründe für eine Entscheidung in die eine oder die andere Richtung. Zudem ist Lukas auf Grund der Entstehungszeit seines Werkes grundsätzlich ein sekundärer Quellenwert zuzuschreiben.28 Ohne zwingende Gründe kann sich eine Entscheidung also nur auf  – fundierte – Wahrscheinlichkeitsargumente berufen. Aus diesem Grund haben einige Autoren Lösungskonzepte mit Hilfe nicht auf den genannten Texten basierender Argumente ins Spiel gebracht. Zwei in diese Richtung gehende Vorschläge werden im nächsten Abschnitt besprochen.

2. Lösungsversuche jenseits der klassischen Debatte Mit Hilfe einer komplexen Argumentation vor dem Hintergrund der von Josephus29 aufgenommenen und für seine Leser aufbereiteten alttestamentlichen Liste der Söhne Noahs versucht James M. Scott, die südgalatische Adresse des Gal zu belegen.30 Er geht dabei von der – von den Vertretern der Provinzhypothese nicht geteilten – Prämisse aus, dass aus den zur Verfügung stehenden, bisher dis 24 Vgl. Bauer, Wörterbuch, s.v. πρότερος; Becker, Galater, 14.68; Schäfer, Paulus, 58–66. Suhl, Galaterbrief, 3073, hält Gal 4,13 ebenfalls für eine Reminiszenz an den Gründungsaufenthalt, auf den dann ein weiterer Besuch (vgl. Act 18,23) gefolgt sei. 25 Vgl. nur Bruce, Problems, 266. Breytenbach, Paulus, 168–171; Ders., Christians,12 f, Ders., name, weist auf ein weiteres Argument zugunsten Südgalatiens hin: auf die reichen Spuren des Christentums in Südgalatien in nachneutestamentlicher Zeit. 26 Sänger, Adresse, 235; vgl. Dunn, Galatians, 7 („[T]he evidence […] is actually decisive on neither side“). Von daher wird der Befund verständlich, dass die meisten der auch heute noch wesentlichen Argumente bereits seit über einem Jahrhundert bekannt sind und diskutiert werden (vgl. Steinmann, Leserkreis, 6–16). 27 Die Frage nach den Adressaten des Gal gehört zu jenen Fragen, die „mit keinem entscheidenden Argument“ beantwortet werden können (Vouga, Essay, 243). 28 Vgl. Witulski, Adressaten, 45. 29 Vgl. Jos, Ant 1,122–128; vgl. Gen 10; 1Chron 1,1–2,2. 30 Vgl. Scott, Paul.

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kutierten Quellen nicht gezeigt werden könne, dass sich die Anrede ­„Galater“ (Gal 3,1) auf Bewohner des nichtkeltischen Südteils der Provinz beziehe.31 Genau dieser Sprachgebrauch liege aber bei Paulus vor. Dabei sei er von alttestamentlich-­ früh­jüdischen Voraussetzungen abhängig. Scott verweist darauf, dass Josephus die Söhne Gomars mit den nun von den Griechen „Galater“ Genannten identifiziert.32 Mehr noch, dass sich unter den Söhnen Gomars Paphlagonier und ­Phryger – Einwohner der Provinz Galatien – befänden,33 lasse darauf schließen, dass Josephus in „Roman nomenclature“34 denke, d. h. aus josephischer Sicht sei „Galater“ ein Oberbegriff für die in der römischen Provinz lebenden Völkerschaften.35 Die Anrede „Galater“ (Gal 3,1) sei mithin offen für alle Provinzialen, sodass auf Grund von Act 13 f die Lokalisierung der galatischen Gemeinden in Süd­galatien nachweisbar sei. Die Argumentationslinie von Scott hat sich nicht durchgesetzt. Zu viele Einwände sowohl aus Sicht der Provinz- wie der Landschaftstheorie im Bezug auf die Einleitungsfragen zum Gal als auch zu Scotts globaler These lassen sich vorbringen.36 Angedeutet sei nur, dass gezeigt werden müsste, dass Paulus von den genannten Texten abhängig ist; ebenso, dass Josephus hier römische Verwaltungsstrukturen vor Augen hat und nicht, was aber der Fall ist, in üblicher Weise Traditionsgut weitergibt. Selbst wenn dies gegeben wäre, so Dietrich-Alex Koch, „wäre damit nur bewiesen, dass Paulus bei Γαλατία an die römische[] Gesamtprovinz Galatia denkt. Dass er dabei allerdings vorzugsweise oder gar ausschließlich deren Süden im Blick hat, kann auch Scott nicht beweisen“37. M. a. W.: Selbst wenn Scotts These belegbar wäre, wäre nur bestätigt, was ohnehin im Rahmen der südgalatischen Hypothese – mit belastbaren Gründen – vertreten wird. Ein zwingendes Argument gegen die nordgalatische und für die südgalatische ­Variante ließe sich so in keinem Fall gewinnen. Koch nähert sich seinerseits in seiner zuerst 2013 vorgelegten „Geschichte des Urchristentums“ von mehreren Seiten dem Problem der Paulusreisen in „Galatien“. Er lässt grundsätzlich die Authentizität der in Act 13 f erzählten Südgalatienmission als diejenige Voraussetzung, die zum Apostelkonvent beitrug, unangetastet.38 Bei den dort in Ikonium, Lystra, Derbe und sicher auch im pisidischen Antiochia gegründeten Gemeinden handele es sich aber nicht um die Adressaten 31 Vgl. a. a. O. 190–193. Dazu s. u. 4. 32 Vgl. Jos, Ant 1,123. 33 Vgl. Jos, Ant 1,126. 34 Scott, Paul, 202. 35 Vgl. a. a. O. 214. 36 Vgl. Donaldson, Geography, 125 (unter Hinweis auf Inkohärenzen des Entwurfs); Koch, Völkertafel; Magda, Territoriality, 8–11; Sänger, Adresse, 255 f; Schäfer, Paulus, 314 f (der Argumentation Scotts sollte „nicht allzu viel Gewicht zugesprochen werden“); Strecker, Logistik, 271 f. 37 Koch, Völkertafel, 137. 38 Vgl. Ders., Geschichte, 217–223.

Lösungsversuche jenseits der klassischen Debatte

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gemeinden des Gal. Diese lägen in den traditionellen Keltengebieten Kleinasiens. Zur Begründung führt Koch einerseits die Auffassung an, dass „Galatien“ zur Zeit des Paulus keine gängige Bezeichnung des gesamten Gebietes der 25 v. Chr. gegründeten Verwaltungseinheit gewesen sei.39 Das Ethnikon „Galater“ bezeichne die im entsprechend benannten Territorium lebende Bevölkerung.40 Andererseits, so Koch, setze der Gal eine alleinige Gemeindegründerschaft durch Paulus voraus. Von einer Gründung der angeschriebenen Gemeinden durch ­Barnabas und Paulus als antiochenische Missionare lasse der Brief nichts erkennen.41 Dass Paulus in der gegenwärtigen Krise die alleinige Autorität gegenüber der Gemeinde beansprucht, ist zweifellos richtig.42 Doch schließt diese Tatsache die Möglichkeit ein, dass Paulus nun, nach seiner Trennung von Antiochia, alleine zu Gemeinden spricht, die er einst zusammen mit seinem Mentor Barnabas gegründet hatte. Reflektiert doch gerade der Abschnitt 2,11–21, warum Paulus sich unter den gegebenen Umständen von seiner bisherigen Gemeindeheimat und seinem dortigen Missionspartner Barnabas um der theologischen Wahrheit willen trennen musste. Auch der Wechsel der 2. Pers. Pl. zu Sgl. in 2,10 („wir sollten gedenken […] ich habe mich bemüht“) spiegelt die Zusammenarbeit mit dem­ Zyprioten wider, die im Moment der Abfassung des Briefes der Vergangenheit angehört. Die gleiche Struktur liegt in 1,9 vor. Die frühere Verkündigung beschreibt Paulus mit προειρήκαμεν, gegenwärtig spricht nur er (λέγω).43 Beachtet man die Parallele zu 2,10, kann man davon ausgehen, dass die pluralische Formulierung sich gerade auf die einstige missionarische Zusammenarbeit mit Barnabas bezieht.44 Auch die übrigen, apostolische Autorität gegenüber den Adressaten beanspruchenden Passagen des Briefes schließen eine Gemeindegründung zusammen mit Barnabas nicht aus. So erklärt sich auch, warum­ Barnabas in den uns bekannten Paulustexten – abgesehen von der schmalen Notiz in 1Kor 9,6 – nur hier Erwähnung findet, und dies gleich mehrmals.45 Folglich schließt der Gal keineswegs aus, dass die angeschriebenen Gemeinden einst von Barnabas und Paulus gegründet worden sind. Gegenwärtig freilich muss Paulus in Folge seines Aufbruchs zu eigenständigem Missionswerk ohne den einstigen Co-Gründer seine Aufgabe wahrnehmen. Aus chronologischen Gründen ordnet Koch den von ihm postulierten alleinigen Gründungsaufenthalt des Paulus bei den Galatern der Zeit der ephesini­schen 39 S. u. 3. 40 Vgl. a. a. O. 295 f. 41 Vgl. a. a. O. 295.297; vgl. auch Ders., Barnabas; de Boer, Galatians, 5. 42 Vgl. nur 1,1; 4,11–20; 6,11–18. Zum Folgenden auch Fee, Galatians, 4; Longenecker, Galatians, lxxi; Schäfer, Paulus 67 f. 43 Der Vers zeigt, dass das sich auf die Gegenwart beziehende ἡμεῖς (V.8) auf einer anderen Ebene liegt. 44 Vgl. dazu Bachmann, Gal 1,9. 45 Vgl. Gal 2,1.9.13; ferner Riesner, Frühzeit, 257.

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Wirksamkeit (52–54/55 n. Chr.) zu.46 Während dieser Zeit sei Paulus auf Grund von Bedrängnissen und Strafmaßnahmen der Provinzialverwaltung (vgl. 1Kor 15,32) dazu genötigt worden, ostwärts zu fliehen und in der benachbarten Provinz Galatien Zuflucht zu nehmen. Diese Auffassung ist dadurch belastet, dass zum einen von einer vorübergehenden Flucht aus Ephesus gen Westgalatien in keiner der bekannten Quellen die Rede ist. In seinen Selbstzeugnissen spricht Paulus zwar sogar von mindestens einem drohenden Todesurteil während des Aufenthalts in (Haft in) Ephesus.47 Fluchtgedanken oder -pläne deuten sich aber nirgends an. Zum anderen ist nach den antiken Straßenverbindungen und den möglichen Fluchtwegen eines Paulus fugens zu fragen. Hätte er sich nach Nordgalatien orientieren wollen, wäre er von Ephesus aus zunächst in das 90 km (Luftlinie) entfernt liegende Sardis gelangt. Wie der Weg in die rund 300 km entfernt liegende Region von Pessinus aussah, ist unklar. Denn eine von den Römern zu Verwaltungszwecken der Provinz Asia angelegte gepflasterte Straße ist nur bis­ Dorylaion in Phrygien bekannt.48 Von dort wäre Pessinus nach über 100 km weiteren Weges erreichbar gewesen. Dabei handelte es sich um Pfade und – auch für einen Wanderer, noch dazu einen flüchtenden, beschwerliche  – ungepflasterte Trassen. Denn der Aufbau der Straßeninfrastruktur in der Landschaft Galatien begann erst rund 30 Jahre nach Paulus’ Missionsreisen.49 Ebenso hätte aber auch die Möglichkeit bestanden, von Ephesus aus der mindestens seit der Perserzeit bestehenden Route der alten κοινὴ ὁδός zu folgen, die sich im fraglichen Streckenabschnitt mit dem sog. persischen Königsweg deckte.50 Die traditionelle Fernstraße wurde von den Römern befestigt. Vom caput viae der Provinz Asien, Ephesus, aus war Apamea über in republikanischer Zeit angelegte Straßen erreichbar.51 Von hier aus bestand zumindest theoretisch über Synnada die Anbindung nordwärts an den Halys. Folgt man aber weiter der Fernstraße der κοινὴ ὁδός, erreicht man – laut Strabo – nach insgesamt 310 km Wegstrecke die Phrygia Paroreius. Über die nach der Provinzialisierung Galatiens neu angelegte Via Sebaste bestand eine bequeme Anbindung an die pisidischen Kolonien.52 Wäre es also Paulus darum gegangen, auf Grund der Bedrängnisse in der Stadt der Artemis „die Provinz Asia Richtung Osten zu verlassen“53, wie es Koch rekonstruiert, erscheint die Annahme eines angesichts einer üblichen Tagesreise von etwa 46 Vgl. Koch, Geschichte, 300 f. 47 Mit Koch (a. a. O. 307 f), zu 1Kor 15,32; 2Kor 1,8 f; Phil 1,21–26; vgl. Röm 16,4. 48 Vgl. French, Road-system, 707; Mitchell, Administration, 18–21. 49 Vgl. French, Acts, 56; Ders., Pilgrim’s Road, 32; Marek, Geschichte, 464 f („[f]ür keine einzige vorrömische Straße außerhalb von Siedlungen und Nekropolen ist Steinpflasterung nachgewiesen“); Pilhofer, Albanien, 20–22 (zur Zeit des Paulus hat es in den keltischen Galaterregionen ein Netz gepflasterter Straßen „noch gar nicht gegeben“ [a. a. O. 22]). 50 Vgl. II 3.4.1. 51 Vgl. French, Road-system, 707. 52 Vgl. II 3.4.1; 4.3. 53 Koch, Geschichte, 300 f.

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30 km54 rund zehn Tage dauernden Fußmarsches über durchweg gepflasterte Straßen nach Südgalatien durchaus sinnvoller als die der von Koch vorgeschlagenen Reise zu den Galatern, die weit mehr Zeit beansprucht hätte. Der direkte „Fluchtweg“ aus Ephesus – dass Paulus einen solchen nahm, ist nicht überliefert – führte zur Zeit des Apostels geradewegs nach Südgalatien. Hinzu kommt, dass Koch zur Unterstützung seiner These einer Gründung der galatischen Gemeinden während der ephesinischen Zeit des Paulus eine Verbindung zwischen dem postulierten Aufenthalt in der Provinz Galatien und dem­ Lykostal herstellt. In diesem verortet er das Wirken des Epaphras (vgl. Phlm 23), der die Gemeinden von Kolossä, Laodikea und Hierapolis gegründet habe (vgl. Kol 1,7; 4,12 f).55 Eben diese Mission verknüpft Koch mit dem mutmaßlichen Aufenthalt des Paulus in Galatien, liege doch, so Koch, „das Lykostal auf dem Wege nach Pessinus und Germa“56. Auch bei diesem Argument bleibt festzuhalten, dass Südgalatien von der Gegend um Kolossä, Hierapolis und Laodikea etwa 200 km (Luftlinie) entfernt lag und leicht über Apameia über die Via Sebaste zu erreichen war. Dagegen beträgt die Entfernung bis zum Halys in die Region um Pessinus knapp 300 km. Angesichts der Straßenverbindungen läge also eine Anbindung nach Südgalatien auf der Hand, während eine Flucht des Paulus an die Halysschleife mit beträchtlichen Hindernissen belegt gewesen wäre. Auch aus dieser Sicht erscheint der – anregende und bedenkenswerte – Vorschlag Kochs als nicht hinreichend plausibel.

3. Phrygia Paroreius, Pisidien, Lykaonien: „Galatien“ Die südgalatische Lokalisierung der Paulus-Gemeinden setzt voraus, dass Gal 1,2 auf die Provinz „Galatien“ referiert und dabei Gebiete außerhalb der Landschaft Galatien einschließt. Zeitgenössische Evidenzen zeigen, dass der Begriff „Galatien“ zur Zeit des Paulus nicht nur als Name der 25 v. Chr. gegründeten Gesamtprovinz diente, sondern als solcher auch explizit diejenigen Gebiete inkludieren konnte, die nicht zu den traditionellen Keltengebieten gehörten.57 Der Provinzname Γαλατία/Galatia erscheint in literarischen wie epigraphischen Texten.58 54 Vgl. Schnelle, Paulus, 139. 55 Vgl. a. a. O. 300. Zur Verfasserfrage des Kol Broer, Einleitung, 480–483. Huttner, Lycus Valley, 116, lässt die Verfasserfrage offen. 56 Koch, Geschichte, 302. 57 Vgl. Breytenbach, Paulus, 150 f; Hemer, Book, 290–305; Mitchell, Anatolia II, 4; Ramsay, Commentary, 75 f; Riesner, Frühzeit, 255 f; Steinmann, Leserkreis, 43–49.61–76; Sänger, Adresse, 239–242; Schäfer, Paulus, 311–314; Scott, Paul, 190–193; Witulski, Adressaten, 18–23. 58 Vgl. Eutr. VII 10 (Galatia […] provinicia facta est); ILS 9499 (genannt wird der legatus provinciae Galaticae C. Rutilius Gallicus in neronischer Zeit).

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Der ältere Plinius versteht unter „Galatien“ zwar zunächst – offenbar ältere Quellen rezipierend  – exklusiv die Galaterterritorien.59 Doch im selben Atemzug (praeter hos […]) zählt er auch eindeutig nicht-keltische Gebiete zu „Galatien“, so­ Seleucia, Neapolis oder Lystra im Süden der Provinz, die der Terminus in seiner Diktion offenbar einschließen konnte. Für den im 2. Jh. n. Chr. lebenden Geographen Claudius Ptolemaios erstreckte sich „Galatien“ von der Schwarzmeer- bis zur Mittelmeerküste.60 Auch für ihn gehören die nicht-keltischen Länder zum Gesamt der (Provinz) Galatia. Inschriften der julisch-­claudischen Zeit dokumentieren schließlich, dass auch aus einer Binnenperspektive ein die nichtkeltischen Regionen einschließender Gebrauch von „Galatien“ stattfand. Ikonium und I­ sauria ehrten römische Offizielle, die für die Provinz zuständig waren.61 Die Stadt Ikonium verewigte L. Pupius Praesens, den obersten Finanzaufseher der Provinz.62 Er wird bezeichnet als ἐπίτροπος Καίσαρος […] Γαλατικῆς ἐπαρχείας. Dabei ist­ vorausgesetzt, dass die in Lykaonien beheimateten Autoren sich selber zur genannten Eparchie, und das heißt hier: zur Gesamtprovinz, zugehörig fühlten. Dass ­Paulus also mit seiner in Gal 1,2 gebrauchten Formulierung den Brief an Gemeinden innerhalb der Gesamtprovinz Galatien adressieren konnte, ist ausweislich der genannten Texte als unbedingt möglich einzustufen.63 Ein weiteres Argument zugunsten dieses Verständnisses von Gal 1,2 ist der Sprachgebrauch des Paulus in seinen Selbstzeugnissen (hier insbesondere: außerhalb des Gal).64 So übermittelt er, um nur wenige Beispiele zu nennen, in dem 59 Vgl. Plin. nat. V 24 (§ 95); 42 (§ 146). Dazu Coşkun, Verfassung, 693; Ders., Annäherungen, 85; Ders., Tetrarchie, 170.176. 60 Vgl. Ptol. Geographia V 4,1–12. 61 Vgl. IGRR III 262; CIL III 288. 62 Vgl. CIG III 3991 (= IGR III 263). 63 Gegen Vielhauer, Geschichte, 107. Eine Argumentation mit dem Koinon in Ancyra zugunsten von „Galatien“ als Namen der Gesamtprovinz und somit als Beleg für ein ‚provinziales‘ Verständnis von Gal 1,2 (vgl. Hemer, Book, 293 f Anm. 49) ist schwierig. Denn anders als bislang angenommen (vgl. Deininger, Provinziallandtage, 69), war der Einzugsbereich des A ­ ncyraner Provinziallandtages auf die Gebiete der keltischen Galater beschränkt. Wie die Galaterforschung zeigt, ist der Ancyraner Kaiserkult unmittelbar als Folge der seit der Republik bestehenden­ Römerfreundschaft der Galater zu verstehen (Coşkun, Kaiserkult, 177–182.196–199; Ders., Histoire, 93–96; s. o. II 4.6). Zudem zeigt der Vergleich mit einer Ehreninschrift aus T ­ yros, die einen gewissen Diodorus als Gymnasiarchen „der vier Eparchien“ (Syriens) vorstellt (vgl. ­Vitale,­ Koinon, 47; auch a. a. O. 49–57), dass Koina auf die Unterabteilungen von Großprovinzen (dazu s. u.) bezogen waren. Schon Steinmann, Leserkreis, 56, hatte richtig bemerkt, dass es den Römern „vollständig fernlag, verschiedene Stämme in ein einziges commune zu zwingen“ (i. O. hervorgehoben). Schließlich bestätigt der sog. Kaisereid von Gangra, dass in diesem Teil der Provinz Galatien „eine schon unter Augustus neugebildete administrative Einheit mit Namen Paphla­ gonia, deckungsgleich mit dem Gebiet eines Provinziallandtages [!]“ (Marek, Stadt, 78; vgl. auch Herrmann, Kaisereid, 97 f; Cancik, Kaisereid, 32–34; Mitchell, Macht, 374 f), bestand (zur Forschungsgeschichte a. a. O. 73–77; Text bei Ehrenberg/Jones, Documents, Nr. 315). 64 Vgl. folgende Provinznamen bei Paulus: Achaia (Röm 15,26; 1Kor 16,15; 2Kor 1,1; 9,2; 11,10; 1Thess 1,7 f); Asia (Röm 16,5; 2Kor 1,8); Illyrien (Röm 15,19); Makedonien (Röm 15,26;

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in Ephesus geschriebenen 1Kor (vgl. 16,8), Grüße der Gemeinden65 τῆς Ἀσίας (16,19). Gemeint ist hier zweifelsohne die etablierte römische Provinz dieses Namens. Ebenfalls spricht er summarisch von den Bedrängnissen, die ihm in dieser Provinz widerfuhren (2Kor 1,8). Paulus kann aus rhetorischen Gründen Provinzen sogar als personifizierte Größen anführen, um die dort jeweils beheimateten Gemeinden zu bezeichnen: „Makedonien“ und „Achaia“ haben nach Röm 15,26 beschlossen, eine gemeinsame Spende für die Jerusalemer Gemeinde bereit zu stellen.66 Dass Paulus in Gal 1,2 auf die Provinz Galatien referiert, liegt von seiner festgestellten Bevorzugung der Provinznamen her also nahe.67 Für die mit der Formulierung in Gal 1,2 wörtlich identische Erwähnung der „Gemeinden Galatiens“ in 1Kor 16,1 gilt das Gleiche. Nicht vom paulinischen, sondern vom verwaltungstechnischen Sprachgebrauch der Römer her bestreitet Koch die Gültigkeit der vorgetragenen Sichtweise, um die von ihm favorisierte nordgalatische Hypothese zu begründen.68 Koch anerkennt, dass die 25 v. Chr. geschaffene Gesamtprovinz zunächst als Gesamtorgan Galatia genannt werden sollte. Diese Intention spiegele sich in den gerade zitierten – meist im Sinne der Südgalatienhypothese angeführten – literarischen und epigraphischen Belegen. Die häufigen Veränderungen des Gebietes der­ Galatia69 habe die Globalbezeichnung „Galatien“ aber als nicht mehr sachgemäß erscheinen lassen, sodass sie nach der claudischen Epoche aufgegeben worden sei. Das sei aus den Amtsbezeichnungen der römischen Offiziellen zu schließen. Während hier nämlich Asia ohne Probleme die bereits im 2. Jh. v. Chr. gegründete Provinz im Westen Kleinasiens bezeichne, sei man im Hinblick auf die später gegründeten Provinzen Zentral-/Ostkleinasiens dazu übergegangen, alle Regionen separat aufzuzählen.70 Koch hält es daher für „wenig wahrscheinlich“71, dass Paulus in Gal 1,2 „einen Sprachgebrauch voraussetzt, der sich in dem infrage kommenden Gebiet selber nicht durchsetzen konnte“72.

1Kor 16,5; 2Kor 1,16; 2,13; 7,5; 8,1; 9,2 (dazu s. u. 4.); 11,9; Phil 4,15; 1Thess 1,7 f; 4,10). Dazu Riesner, Frühzeit, 257; Magda, Territoriality, 89; Sänger, Adresse, 245–248; Witulski, Adressaten, 28–31; Ramsay, Commentary, 44 f. Die Erwähungen Galatiens in 1Petr 1,1 und 2Tim 4,10 beziehen sich ebenfalls auf die römische Provinz, stehen sie doch in einer Reihe mit weiteren Provinzen (dazu Sänger, Adresse, 244 f). 65 Vgl. 2Kor 2,12 (Troas); Act 20,15 (Milet); ferner Kol 1,1 f.4,13 (Kolossä, Laodikea und Hierapolis. Zu den Gemeindegründungen im Lykostal s. o. 2. 66 Vgl. auch 1Kor 16,15; 2Kor 9,2; Röm 16,5; dazu Donaldson, Geography, 115. 67 Mit dieser Begründung entscheidet sich Magda, Territoriality, 90, für die südgalatische Lösung. 68 Vgl. Koch, Geschichte, 583–589; ähnlich Löning, Galaterbrief, 132 Anm. 4. 69 S. o. II 4.7. 70 Vgl. ILS 268; IEph 5102. 71 Koch, Geschichte, 589. 72 Ebd.

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Koch weist zu Recht auf den Unterschied in der Terminologie zwischen länger etablierten Provinzen wie Asien und den sich verändernden Großprovinzen wie Galatien hin. Doch gegenüber den hieraus gezogenen Konsequenzen müssen zwei Einwände bedacht werden. Der eine betrifft den grundsätzlichen Sprachgebrauch der römischen Provinzialverwaltung. Provincia, das bekanntlich zunächst einen amtlichen Zuständigkeitsbereich, ein ‚Kommando‘, bezeichnete, wurde in Bezug auf die außeritalischen Territorien Roms – mit Ausnahme der bereits längere Zeit schon etablierten Größen wie Asia – in einem doppelten Sinn verwendet: Einerseits zur Bezeichnung einer Gesamtprovinz (z. B. Provinz Galatien, Provinz Syrien); andererseits nannten sich auch die Unterabteilungen73 einer Großprovinz provinciae (bzw. ἐπαρχίαι). Bei Letzteren handelte es sich meist um im Laufe der Zeit zur Großprovinz hinzugekommene, vorher von Dynasten beherrschte Gebiete.74 Der Name des Untergebiets, das die Urzelle der Großprovinz bildete, war auch die Bezeichnung der Großprovinz („Galatien“). Zwei Inschriften zu P. Sulpicius Quirinius, der, nachdem er in Südgalatien die Homonadeis ausgelöscht hatte,75 syrischer Statthalter wurde, illustrieren diesen Umgang mit Territorialbezeichnungen.76 Der titulus Tiburtinus genannte Text berichtet von der Laufbahn des Quirinius und nennt zuletzt seine Funktion als legatus pro praetore von Syria und Phoenice,77 zwei Untereinheiten der Groß­ provinz Syrien.78 Möglicherweise ist zusätzlich auf dem heute nicht mehr lesbaren Teil der Inschrift noch die Untereinheit Kilikien zu ergänzen. Eine andere Inschrift nennt denselben Quirinius schlicht le[gatus] C[a]esaris Syriae.79 In­ sofern aber sein gesamter Amtsbereich dabei vorausgesetzt wird, und nicht nur seine – faktisch freilich auch bestehende – Herrschaft über Kernsyrien, handelt es sich hier bei Syria um die „Kurzformel“80, die als „gängige Bezeichnungsweise der Statthalterprovinz Syria“81 fungierte. Dass aber beide Verwendungsweisen von Syria, sowohl als Kurzformel für die Gesamtprovinz als auch als ­Untereinheit der Gesamtprovinz, gleichzeitig und dazu bereits in augusteischer Zeit belegt sind, macht Kochs These einer Veränderung der Verwendungsweise von Galatia durch die zeitgeschichtlichen Umstände unwahrscheinlich.

73 Marek, Geschichte, 449–451, nennt diese Unterabteilungen „Eparchien“, ein angenehmerer, aber durch die Äquivalenz zum lateinischen provincia möglicherweise missverständlicher Begriff. 74 Vgl. a. a. O. 449 f; Vitale, Koinon, 175. 75 S. o. II 4.4. 76 Vgl. Vitale, Koinon, 36 f. 77 Vgl. CIL XIV 3613 (= ILS 918): [legatus pro praetore] / divi Augusti iterum Syriam et Pho[enicen --- optinuit]. 78 Vgl. Cass. Dio XXXVII 6 f. 79 Vgl. CIL III 6687 (= ILS 2683). 80 Vitale, Koinon, 37. 81 Ebd.

„Galater“ in Südgalatien

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Akzeptiert man diesen Einwand nicht, bleibt dennoch das chronologische Problem bestehen, dass Koch nur Texte aus nachpaulinischer Zeit anführen kann. Ein Rückschluss auf Gal 1,2 ist daher mit Unsicherheiten verbunden.82 Mithin kann sowohl von Texten aus und zu Galatien selber als auch vom Vergleich mit der syrischen Titulatur des Quirnius her die Voraussetzung der süd­gala­tischen Hy­ pothese, dass Paulus mit „Galatien“ (vgl. Gal 1,2) die Gesamtprovinz bezeichnet haben kann, ausdrücklich bestätigt werden.

4. „Galater“ in Südgalatien Nachdem der auf der Textebene den retrospektiven Bericht vom Mahlkonflikt im syrischen Antiochia bildende83 Passus Gal 2,11–21 etwas abrupt abgebrochen ist, wendet Paulus sich in 3,1 direkt an die Adressaten, indem er den Fragesatz mit der Anrede Ὦ ἀνόητοι Γαλάται beginnt. Dieser Auftakt zum nun beginnenden Abschnitt erregt Aufmerksamkeit, zumal die Rezipienten länger nicht mehr direkt angesprochen worden waren, zuletzt in 2,21 mittelbar, in 2,5 beiläufig und zuvor deutlicher in dem Abschnitt 1,6–9 und am Beginn der Erzählung in 1,11. Dass mit dem Ausdruck Γαλάται in 3,1 die Briefadressaten, d. h. die Angehörigen der in der Anschrift genannten „Gemeinden Galatiens“ (1,2), angesprochen werden, ist unstrittig. Angesichts der einleitungswissenschaftlichen Kontroverse um die Lokalisierung der Briefempfänger kommt der Anrede „Galater“ in 3,1 eine besondere Bedeutung zu. Oft wird die Stelle zu Gunsten der nordgalatischen Theorie angeführt und als größte Schwäche der südgalatischen Lösung präsentiert:84 Paulus spreche hier Menschen keltischer Herkunft an, insofern Γαλάται Synonym von Κελτοί ist. Nach allem, was über die Vita des Paulus bekannt ist, kämen dabei nur die kleinasiatischen Galater, die Nachfahren der keltischen Einwanderer um Pessinus, Ancyra und Tavium in Frage. Insbesondere für sie hat sich gemäß ihrer „Sonderstellung“85 in Kleinasien der Name ­„Galater“ eingebürgert.86 C. Breytenbach teilt die Voraussetzung, Gal 3,1 richte sich an Menschen keltischer Herkunft, dreht das Argument aber zugunsten der südgalatischen Lösung um. Dass Kelten angesprochen würden, verrate „nichts über den Wohnort der An 82 Vgl. in diesem Sinne bereits Hemer, Book, 296; auch Mitchell, Anatolia II, 4; Steinmann, Leserkreis, 61–64. 83 Vgl. zur Textabgrenzung Holmstrand, Markers, 157–165. 84 Vgl. Marxsen, Einleitung, 58; Kümmel, Einleitung, 259; Oepke, Galater (bearb. Rohde), 24; ferner de Boer, Galatians, 3–5.169; Martyn, Galatians, 15 f; Schnelle, Paulus, 290; Ders., Einleitung, 115; Scott, Paul, 193; Strobel, Geschichte und Eigenart, 118 f; Bauer, Paulus, 180. Vgl. auch die Einschätzung von Riesner, Frühzeit, 255: Im Vergleich zur NichtErwähnung der Südgalatienmission in Gal 1 f sei die ethnische Deutung von Gal 3,1 ein „stärkeres Argument“ zugunsten der Landschaftshypothese. 85 Strobel, Identität, 390. 86 Vgl. II 3.5.1.

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geredeten!“87. Zu Recht macht Breytenbach darauf aufmerksam,88 dass es sich bei der Einwohnerschaft sowohl der in der Landschaft Galatien gelegenen Städte als auch der Poleis und Kolonien Südgalatiens um eine Mischbevölkerung handelte. Dass speziell Galater in den phrygischen, pisidischen und lykaonischen Gebieten der Provinz lebten, lässt sich durch die Herrschaft des Amyntas in diesen Regionen wahrscheinlich machen.89 Daher handele es sich bei den Adressaten des Gal um Gemeinden, die in den Häusern keltischer Familien in Südgalatien entstanden seien.90 Dieser Schluss ist sicher möglich. Seine Plausibilität leidet aber angesichts der gerade festgestellten Vielschichtigkeit der Bevölkerung Südgalatiens. Denn Paulus hätte demzufolge an mehreren Orten (vgl. Gal 1,2!) ausschließlich in den Häusern von Galatern verkehren müssen. Vielleicht sind die Verhältnisse nicht unmittelbar auf Südgalatien zu übertragen, aber die korinthische Korrespon­ denz zeigt doch beispielhaft die Vielschichtigkeit der dortigen Gemeinde. Die­ Eingrenzung auf ein bestimmtes ethnisch-soziales Milieu wäre angesichts dessen erstaunlich (vgl. auch Gal 3,28). Zu prüfen ist daher, ob die Voraussetzung, dass Gal 3,1 nur Menschen keltischer Abstammung im Blick hat, zutrifft. Aus Sicht der Kommunikationspartner formuliert: Konnten Bewohner südgalatischer Städte, gleich welcher Herkunft, sich als „Galater“ angesprochen fühlen? Externe Belege, die für eine positive Beantwortung der Frage sprechen, existieren, wenn es auch nicht viele sind. Tacitus spricht im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen mit den Parthern von P ­ ontica et Galatarum Cappadocumque auxilia.91 Dass die galatischen den pontischen und kappadokischen – im Blick sind jeweils die politischen Entitäten – Truppen beigeordnet werden, zeigt, dass der Historiker unter G ­ alatae die Einwohner der Gesamtprovinz dieses Namens versteht.92 Aus dem ­pisidischen Pednelissos stammt der inschriftlich erhaltene Text einer lokalen lex sacra, die Rechte und Pflichten einer Priesterin definiert.93 Die Inschrift wird in das 1. vorchr. Jh., sicher in die römische Zeit, datiert, mithin der frühen Zeit der Provinz Galatien zugeordnet. Die Stadt, in deren Diensten die Priesterin stand, bezeichnet sich hier als ἡ πόλις 87 Breytenbach, Paulus, 153. 88 Vgl. a. a. O. 154–167. 89 Vgl. II 3.4; 3.5.4. Breytenbach, Paulus, 156 f, rechnet zudem damit, dass Legionäre des Amyntas nach der Überführung ihrer Einheit in eine legio iusta am Krieg gegen die Homo­ nadeis (vgl. II 4.4) beteiligt waren. Daher bestehe die Möglichkeit, dass sie bei Kriegsende ihre Dienstzeit vollständig abgeleistet hatten, worauf sie sich in Südgalatien hätten niederlassen können. Die Umstände der Aufnahme der Truppen des Amyntas sind jedoch unklar und werden in der althistorischen Forschung kontrovers diskutiert (vgl. II 4.2). Unabhängig davon bleibt die Annahme, dass in Südgalatien auch Galater lebten, plausibel. 90 Vgl. Breytenbach, Paulus, 153. 91 Vgl. Tac. ann. XV 6,3. 92 Vgl. Sänger, Adresse, 240; Steinmann, Leserkreis, 70 f; Ramsay, Commentary, 75 f. 93 Vgl. SEG II 710; LSAM 79; dazu Weiss, Sklave, 36; Chaniotis, Tempeljustiz, 372 Anm. 102 (vgl. Breytenbach, Paulus, 154; Sänger, Adresse, 241).

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Γαλατῶν.94 Auch wenn die Bezeichnung „Galater“ für Einwohner der Gesamtprovinz Galatien weniger weit verbreitet erscheint als die Bezeichnung Galatia,95 ist ein solcher Sprachgebrauch des Paulus keinesfalls auszuschließen. Methodisch ist zudem zu fragen, ob für Paulus und seine intendierten Erstadressaten nur eine Terminologie angenommen werden kann, die sich auch in anderen der insgesamt wenigen erhaltenen Quellen der Zeit nachweisen lässt. Ist Paulus nicht vielmehr zuzutrauen, dass er seine Anrede der Briefadressaten (Gal 3,1) analog zur üblichen Bezeichnung der Gesamtprovinz formulierte? Denn angesichts der Inhomogenität der Provinz, sowohl hinsichtlich der in ihr versammelten Gebiete als auch innerhalb einzelner Städte, war „Galater“ der­ jenige Terminus, der alle Hörer unabhängig von ihrer ethnischen Herkunft inkludierte, insofern sie Einwohner der Provinz Galatien waren.96 Ein weiterer Aspekt kommt hinzu. Die beginnende Integration der Galaterstämme in das römische Imperium und die claudischen Münzprägungen in der Amtszeit des Statthalters Afrinus zeigen, dass sich im mittleren 1. Jh. n. Chr. Ansätze regten, die unterschiedlichen historischen Regionen der Provinz stärker zu vernetzen.97 Emittierte Münzen machten ein solches Ansinnen in der alltäglichen Lebenswelt der Menschen sichtbar. Zeitlich liegen die genannten Phänomene nahe an der Abfassungszeit des Gal.98 Ob Paulus über solche Tendenzen unterrichtet war, ist freilich nicht zu belegen. Auszuschließen ist es aber nicht. Dass er den Ausdruck „Galater“ als Anrede für Bewohner der Provinz Galatien verwendet, sei es nach allgemein üblichem Sprachgebrauch, sei es als spontane Neuschöpfung, erscheint vor dem Hintergrund einer beginnenden provinzgalatischen Identität um so plausibler. Folgt man der vorgeschlagenen Erklärung, wie Gal 3,1 zu Stande kam, nicht, kann möglicherweise die – auch unabhängig davon zu stellende – Frage weiterhelfen, ob Paulus aus inhaltlichen Gründen seine Adressaten als „Galater“ anredete. Zu Recht nicht mehr im Gespräch ist die Ansicht Ramsays, Paulus habe die Adressaten auf ihren kulturellen Zivilisierungsgrad verpflichten wollen, indem er sie als Provinziale statt als peregrini charakterisiert habe.99 Dem steht die 94 Z.10. Einwände gegen die Entstehung des Textes in Pednelissos sind nicht bekannt. Vgl. zur Sache auch MAMA IV 140: Ein Mann aus dem phrygischen Apollonia dankt Zeus für Heimbringung ins „Land der Galater“ (καὶ Γαλατῶν γαίης ἤγαγες ἐς πατρίδα). 95 S. o. 3. 96 Vgl. Sänger, Adresse, 242 f; Bruce, Problems, 264; Witherington, Grace, 4 (ohne das Ethnikon eigens zu diskutieren). In seiner rezenten Darstellung zur Geschichte Kleinasien urteilt im Hinblick auf Gal 3,1 Marek, Geschichte, 652, „daß ‚Galater‘ die Bewohner der römischen Provinz namens Galatia bezeichnet, in erster Linie also Bürger der [in Act 13 f; Verf.] erwähnten, mehrmals besuchten Städte, und nicht etwa die alten Siedlungsgebiete der Kelten um Ankyra und Tavium, die der Apostel wohl niemals gesehen hat“. 97 S. o. II 4.7. 98 S. o. II Anm. 6. 99 Vgl. Ramsay, Commentary, 77–79.

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Beobachtung entgegen, dass Elemente der einheimischen Kultur im Rahmen der römischen Herrschaftsausübung gerade nicht als minderwertig stigmatisiert und beseitigt werden sollten, sondern vielmehr positiv in die entstehenden provinzialen Identitäten aufgenommen wurden.100 Zu überprüfen ist dagegen der Vorschlag, dass Paulus, indem er die Galater als ἀνόητοι apostrophiere, sich der traditionellen Barbarentopik bediene, um seiner Unmutsbezeugung verstärkten Ausdruck zu verleihen.101 Richtig ist, dass die­ Galater in Literatur und Kunst seit der hellenistischen Zeit verächtlich gemacht, ja als kaum menschliche Gewalttäter dargestellt wurden. Besonders die Attaliden Pergamons schlugen propagandistisches Kapital aus ihren Siegen über die plündernden Kelten, die in der Tradition des griechischen Perserbildes als Repräsentanten der Chaosmächte gezeigt wurden. Die Römer erbten diese Tradition und stellten sich ihrerseits als endgültige Besieger der Galater dar.102 Die einschlägigen Texte und Bilder heben auf die Gewalttätigkeit und angebliche Unzivilisiertheit der Galater ab. Motive, die zu einer Etikettierung als „unverständig“ (vgl. Gal 3,1) passen könnten, fehlen aber. Als Beleg für eine literarische Tradition des unverständigen Galaters gilt eine Passage aus dem Hymnus auf Delos des Kallimachos. In dem Text, der die Tötung aufständischer keltischer Söldner durch Ptolemaios II. als Sieg über die Chaosmächte legitimiert,103 wird davon gesprochen, dass den „unverständigen Galatern“ (Γαλάτῃσι […] ἄφρονι φύλῳ) die Konsequenzen ihrer Untaten aufgezeigt werden (indem die Schilde getöteter Galater ausgestellt werden).104 Die gleiche auf die Galater bezogene Bezeichnung begegnet noch in einem weiteren Text der hellenistischen Zeit.105 Weitere Belege gibt es nicht.106 Dass Torheit zu den üblichen, Galatern bzw. Kelten insgesamt beigelegten Stereotypen zählte, lässt dieser Befund nicht erkennen. Kriegs- und Angriffslust waren 100 Vgl. II 4.5.2.3. 101 Vgl. Mitchell, Anatolia II, 4; Stanley, Context, 199; zurückgewiesen von Löning,­ Galaterbrief, 140; Strobel, Geschichte und Eigenart, 120 f. 102 Vgl. II 3.5.1; umfassend auch Kremer, Bild; Kistler, Keltenbilder. 103 Vgl. a. a. O. 215 f. 104 Vgl. Kall. h. IV 184. 105 Vgl. SH 958,9 (ὑβρισταί τε καὶ ἄφρονες). Es handelt sich um eine Elegie, die einen Galatersieg thematisiert und möglicherweise (wie der Kallimachoshymnus) aus Ägypten stammt. 106 Zwei weitere Texte sprechen noch vom Unverstand in Bezug auf Kelten: In einer Anekdote des Valerius Maximus nennt der Sprecher seine gallischen Nachbarn töricht, da sie an die Unsterblichkeit der menschlichen Seelen glauben (Val. Max. II 6,10: dicerem stultos). ­Lukian spottet über den Senator Severianus, der im Vertrauen auf einen Orakelspruch des Lügen­ propheten Alexander eine Niederlage in Armenien erlitt, und nennt ihn ὁ ἠλίθιος ἐκεῖνος Κελτός (Lukian. Alexandros XXVII 10). Sicher waren Kelten ein bevorzugtes Spottobjekt. Eine feste Verbindung zu einem sprichwörtlichen Unverstand ergibt sich aber nicht aus den Texten. Die unterstellte Torheit resultiert aus Sicht der zitierten Autoren jeweils aus konkreten­ Verhaltensweisen.

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dagegen die sprichwörtlich gewordenen Assoziationen, die mit Kelten in Verbindung gebracht wurden.107 Dieser blinde Kampfesmut konnte zwar auch als unüberlegt gebrandmarkt werden.108 Eine geprägte sprichwörtliche und in literarische Texte eingeflossene Tradition, nach der Kelten rundweg unverständig waren, aus der Paulus hätte schöpfen können, existierte aber nicht. Dass in der Formulierung von Gal 3,1 zwar keine Keltentopoi, aber andere geprägte Vorstellungen mitschwingen, ist dennoch möglich. Denn innerhalb der uns bekannten Paulustexte ist die Verwendung des Ethnikons „Galater“ auffällig, werden die galatischen Gemeinden doch ansonsten durch ihre Herkunftsregion gekennzeichnet.109 Auch mit anderen Ethnika ist Paulus sparsam und scheint sie mit Bedacht zu verwenden. So begegnen in 2Kor 9,2 die makedonischen Christen als Μακεδόνες.110 Ihnen gegenüber habe er, schreibt Paulus, die Spendenbereitschaft der Briefadressaten gelobt. Um sein Ziel, zu einer großzügigen Spende zu ermuntern,111 zu erreichen, verwendet Paulus möglicherweise bewusst das Ethnikon und nicht den Provinznamen.112 Dabei ist die traditionelle Rivalität zwischen den ethnischen Makedonen und den Griechen Achaias vorausgesetzt,113 auf die Paulus durch die Verwendung des Ethnikons anspielen könnte. Somit ergäbe sich für die Hellenen umso mehr Motivation, vor den alten Rivalen gut dazustehen. Hinsichtlich Gal 3,1 legt diese Beobachtung nahe, dass auch hier dem Ethnikon eine bestimmte semantische Konnotation beiliegt. Hinweise dazu geben zwei Spuren. Dass die Galater eine „barbarische“ Vergangenheit haben, gehört zur Zeit des Paulus zum Allgemeinwissen.114 Noch im 4. Jh. n. Chr. kann der Redner Themistios im Rückblick auf die Geschichte der Galater feststellen: 107 Vgl. etwa Liv. XXXVIII 17. 108 Vgl. Aristot. eth. Eud. 1229b; eth. Nic. 1115b. Ebenso gibt es keine belastbaren Belege für die gegenteilige (ebenfalls vorurteilsgeleitete)  Behauptung, die Galater hätten sich durch Schläue ausgezeichnet (vgl. Lightfoot, Galatians, 14 f, der keinen Bezug zu Gal 3,1 herstellt). 109 Vgl. Gal 1,2; 1Kor 16,1. Da es sich hier um den Provinznamen handelt, liegt das Ethnikon „Galater“ auf einer anderen semantischen Ebene und löst andere Assoziationen aus (anders­ Hemer, Book, 299). Daher lässt sich das von Löning, Galaterbrief, 140; Strobel, Geschichte und Eigenart, 120 f, vorgebrachte Argument gegen eine inhaltliche Bedeutung der Anrede­ „Galater“ (Gal 3,1) entkräften: Den Autoren zufolge muss die gleiche inhaltliche Dimension auch in Gal 1,2; 1Kor 16,1 mitschwingen. Das ist tatsächlich nicht der Fall, aber kein Argument gegen das vorgetragene Verständnis von Gal 3,1. 110 Vgl. auch 2Kor 9,2; ansonsten aber Röm 15,26; 1Kor 16,5; 2Kor 1,16; 2,13; 7,5; 8,1; 11,9. 111 Vgl. Klein, Begründung, 114 f. 112 Vgl. Stanley, Context, 200. 113 Vgl. Auffahrt, Pausanias, insb. 222; Mari, Macedonians. 114 Zum Barbarenbegriff Timpe, Rom. Als Instrument des Identitätsmanagements ging das Barbaren-Konzept wohl aus der ionischen Kolonisation hervor (vgl. a. a. O. 36). Zur hellenistischen Zeit ausführlich Hengel, Juden, 77–93. Der römische Barbarenbegriff setzt Kultur­ kontakte zu den nördlichen Nachbarn voraus und blüht insbesondere im Zeitalter der Expansion nach Norden.

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„Weder Pompeius noch Lucullus vernichtete sie, obwohl es ihnen gut möglich gewesen wäre, auch nicht Augustus und seine Nachfolger, sondern sie verziehen ihnen ihr Unrecht und integrierten sie in das römische Reich. Keiner würde wohl heute noch die Galater als Barbaren bezeichnen, sondern vielmehr als wahrhafte Römer“115.

Da das Wissen um die Herkunft der Galater vorausgesetzt werden kann, ist eine Anspielung auf ihre barbarische Herkunft in Gal 3,1 grundsätzlich möglich. Auch wenn Paulus, wie gezeigt, nicht ausschließlich Menschen keltischer Herkunft anspricht,116 kalkuliert er bei der Anrede „Galater“ Anspielungen auf die barbarische Vergangenheit derjenigen Völkerschaft mit ein, die der Provinz ihren Namen gab. In diese Richtung weist auch die Kombination von Γαλάται und ἀνόητοι. Die Apostrophierung als „unverständig“ erklärt sich freilich völlig aus dem Kontext heraus.117 Schon in Gal 1,6 hatte Paulus dem Briefauftakt keinerlei captatio benevolentiae folgen lassen, sondern vielmehr mit einem entrüsteten θαυμάζω den Ton des folgenden Abschnitts (1,6–10) angeschlagen. Der Abschnitt Gal 3,1–5 führt den Galatern die Inkonsequenz ihres Verhaltens vor Augen: Obwohl sie allein durch die Predigt des Glaubens vollgültig den Geist erhielten, meinen sie nun im Sinne der Beschneidungsforderung nachkorrigieren zu müssen. Folglich zweifelt Paulus – zumindest auf der rhetorischen Ebene – gegenwärtig an ihrem Verstand, was er sich nur durch schlechten Einfluss von außen erklären kann (3,1).118 3,3 expliziert den Vorwurf des Unverstands (οὕτως ἀνόητοί ἐστε). Entgegen der gemachten Erfahrung wollen die Galater nun die Beschneidung auf sich nehmen.119 Jenseits der intratextuellen Ebene finden sich aber Hinweise, dass bei der Vokabel ἀνόητος eine subtile Anspielung auf barbarische Konnotationen mitschwingen sollte.120 Röm 1,14 spricht von Paulus’ Dienst an „Griechen und Barbaren“ (῞Ελλησίν τε καὶ βαρβάροις). Der zweite Versteil präzisiert: Die Arbeit des Missionars gilt σοφοῖς τε καὶ ἀνοήτοις. Nun weiß Paulus freilich, dass es auch gebildete Barbaren und törichte Griechen gibt,121 doch scheint es hier mehr um stereotype Bilder zu gehen.122 Denn nimmt man die – ironisch gebrochene – Aussage 115 Them. or. XVI 19 (§ 302); vgl. auch Greg. Nyss. epist. XX 1; dazu Stupperich, Beschreibung, 158. 116 Anders zuletzt de Boer, Galatians, 169. 117 Vgl. Witherington, Grace, 201; Betz, Galaterbrief, 240.244. 118 Zu den galatischen Konkurrenzmissionaren s. u. IV 1. 119 Vgl. auch die Frage in Gal 4,21. 120 Der übrige neutestamentliche Sprachgebrauch ist dagegen unauffällig, vgl. Lk 24,25; 1Tim 6,9; Tit 3,3. 121 So der Einwand von Cranfield, Romans, 83 f, der für eine strikte Trennung der beiden Versteile plädiert. Allerdings setzt er voraus, dass der Dienst an den „Barbaren“ sich ausschließlich auf die geplante Spanienreise bezieht. Vgl. aber V.15. Gal 3,1 will den Lesern nicht wirklichen Unverstand unterstellen (so richtig Betz, Galaterbrief, 240), sondern legt mit Hilfe der Anspielung auf das Barbaren-Motiv eine Deutung des Verhaltens der Galater vor. 122 Zum Motiv des barbarischen Unverstands in der römischen Literatur Dauge, Barbare, 424–426. NHC VI,2 16,4 f setzt ähnliche Stereotypen wie Röm 1,14 voraus.

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hinzu, dass die „Griechen die σοφία suchen“ (1Kor 1,22), zeigt sich, dass Paulus in Röm 1,14 voraussetzt, dass das ἀνόητος ein plausibles Attribut für Barbaren schlechthin ist.123 Dass er dies nicht zwingend abwertend versteht, zeigt Röm 1,14, betont er doch seine Schuldigkeit auch gegenüber den Barbaren. Kombiniert man aber dieses Verständnis mit den zitierten Assoziationen, die das Wort „Galater“ auslöste, liegt die Annahme nahe, dass Gal 3,1 in negativer Weise auf Barbarentopik anspielt. Den Adressaten machte die Formulierung klar, wie Paulus ihr Verhalten bewertete: als rational handelnden Menschen nicht angemessen. Das Problem, das die Anrede „Galater“ der südgalatischen Hypothese zu bereiten scheint, lässt sich von mehreren Seiten her klären. Externe Texte zeigen, dass, analog zum Namen „Galatien“ der Gesamtprovinz, deren Einwohner, gleich welcher Herkunft, als „Galater“ bezeichnet werden konnten. Zudem ist Paulus zuzutrauen, eine solche Anrede auch ohne eine Vielzahl an Vorbildern aus der Umwelt zu formulieren. Darin ging er mit der im mittleren 1. Jh. n. Chr. einsetzenden Bemühung konform, Galatien stärker als bislang ein Profil als Gesamtprovinz zu verleihen. Wenn auch keine literarische Tradition des ‚unverständigen Galaters‘ existierte, benutzte Paulus schließlich möglicherweise bewusst den Galaternamen und die mit ihm verbundene Barbarenvorstellung, um den Adressaten seine Sicht der Dinge vor Augen zu führen. Er setzt voraus, dass man­ ‚Barbaren‘ üblicherweise als „unverständig“ charakterisieren konnte.

5. Südgalatien als Schauplatz der paulinischen Mission Vor dem Hintergrund der Rekonstruktion lebensweltlicher Gegebenheiten in der römischen Provinz Galatien stellt sich die Frage, ob sich aus festzustellenden­ regionalen Eigenheiten Folgerungen für die einleitungswissenschaftliche Diskussion um die Wohnorte der Gal-Adressaten ergeben.124 Insofern von der paulinischen Mission in Kleinasien freilich keine historischen Quellen außerhalb der neutestamentlichen Texte zeugen, kann es dabei nur um Wahrscheinlichkeitsurteile gehen. Auf die Schwierigkeiten der Annäherung an antike Lebenswelten war eingangs bereits hingewiesen worden.125 123 Abgesehen davon zeichnet ein Barbar sich für Paulus durch Fremdsprachigkeit aus (vgl. 1Kor 14,11). Die – nicht mehr vollständig zu erhellende – Erwähnung der Barbaren in Kol 3,11 unterstützt die Annahme, dass das Thema der ‚Barbaren‘ im frühkaiserzeitlichen Kleinasien eine Rolle spielte. Zu Kol 3,11 Huttner, Lycus Valley, 134–137. 124 Dieser Fragestellung geht auch Witulski, Adressaten, nach. Dazu s. u. IV 2.1.1; 2.2. 125 S. o. I 5.  Vgl. dagegen noch Ramsay, Commentary, 200, der mit dem Geschichtsoptimismus seiner Zeit angesichts der zu klärenden Nord- oder Südgalatien-Frage dem Historiker die Aufgabe stellte, „[t]o collect the historical and antiquarian evidence bearing on the question, to try to show Galatia as it really was about A. D. 50, is the proper method of treating this subject“.

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Regionale Unterschiede auf dem Gebiet der römischen Herrschaftsausübung waren schon seit Längerem in der am historischen Kontext interessierten exegetischen Literatur zum Gal wahrgenommen worden, so etwa die ungleiche Verteilung von Kolonien oder die Tendenz des Imperiums, regionale Eigenständigkeit zu wahren.126 Dennoch wurde meist eine Art Zentralregierung der Provinz ­Galatien in den Tagen des Paulus vorausgesetzt.127 Mit Rückschlüssen von mentalitätsgeschichtlichen und sozialhistorischen Erkenntnissen auf die Lokalisierung der Adressaten des Gal halten sich die meisten Autoren indes zurück.128 Wie sich im Rahmen des Überblicks über das römische Galatien zeigte, kann von einer die Lebenswelten der Menschen nachhaltig beeinflussenden römischen Herrschaftsausübung nur im Südteil der Provinz die Rede sein.129 Allein der Bau der Fernstraßenverbindungen erleichterte nicht nur Reisen, sondern brachte  – wie Koloniegründungen und Truppenstationierungen  – die Bevölkerung Süd­ galatiens mit fremden Menschen und Ideen in Kontakt. Der Zuzug aus dem lateinischen Westen sorgte für eine Neudefinition der Stadtbevölkerungen und der städtischen Identitäten.130 Höchstwahrscheinlich stellte sich Südgalatien aus der Sicht des (Barnabas und des) Paulus als strukturell für die Mission sehr gut geeignetes Gebiet heraus. Das gilt erstens auf Grund der Erschließung und Urbanisierung der Region hinsichtlich der Infrastruktur.131 Die Bereisung Südgalatiens dürfte zudem durch die Kontakte zur Familie der Sergii Paulli erleichtert worden sein.132 Zweitens gilt das hinsichtlich der Bevölkerungsstruktur. Wie Beispiele zeigen, wählte Paulus im Laufe seiner Missionstätigkeit im römischen Osten nach seiner Tätigkeit in Südgalatien schwerpunktmäßig Anlaufstellen, die ein ähnliches Setting aufwiesen.133 Zu nennen ist natürlich die Kolonie Philippi.134 Sie lag wie die pisidischen

126 Vgl. Koch, Geschichte, 587, zu den Kolonien; Steinmann, Leserkreis, 41.59, zur Aussparung der Galater von direkter römischer Verwaltung und insgesamt zum fehlenden Zentralismus in der Provinz. 127 Vgl. Lémonon, Galates, 32 („le gouverneur de la province réside à Ancyre“); vgl. auch Koch, Geschichte, 583; Steinmann, Leserkreis, 51. 128 Vgl. Lémonon, Galates, 32: Das kulturelle Milieu Südgalatiens spricht für die paulinische Wirksamkeit hier. 129 S. o. II 4.2; 4.3; 4.7. 130 S. o. II 4.5.2.3; 4.5.2.4. 131 Zu Details der Route über die Via Sebaste Wilson, Route. 132 S. u. 6. mit Anm. 165. 133 Breytenbach, Christians, 4, spricht von der „preference for Roman military colonies“ des Paulus. 134 Vgl. Koch, Geschichte, 258–260; Pilhofer, Philippi I; Ders., Philippi II; Bormann, Philippi. Der Vorschlag von Jobes, 1 Peter, 19–41 (vgl. Dies., Foreigners), die in 1Petr 1,1 Angeschriebenen ausschließlich in römischen Kolonien zu lokalisieren, ist einleitungswissenschaftlich schwierig und hilft daher bei der Rekonstruktion der paulinischen Tätigkeit im­ Umfeld der pisidischen Kolonien leider nicht weiter.

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Kolonien an einer Fernstraße, der Via Egnatia. Wie Philippi und Südgalatien handelte es sich auch bei Korinth um eine noch nicht lang zurückliegende römische Gründung.135 Auch wenn Paulus nicht ausschließlich Kolonien  – und mit Ephesus eine der traditionsreichen Poleis in der Provinz Asien – besuchte, zeugen seine Reisen doch von einem Hang zu solchen Orten des römischen Ostens, die nicht auf eine starke griechische Tradition zurückblickten. Vielmehr boten die Lebenswelten der sich seit spätrepublikanischer Zeit bzw. seit Augustus neu formierenden Städte einen sozialen Rahmen, in dem die Botschaft vom gekreuzigten und auferstandenen Christus (vgl. nur Gal 3,1) auf offene Ohren stieß und Gemeinschaften von Christusgläubigen entstehen ließ. Als Erklärung kann mit G. Theißen angeführt werden,136 dass Strukturen und Sozialformen, in denen der christliche Glaube lebte, mit den grundlegenden Strukturen der Gesellschaft parallel gingen. Er war – wie auf anderer Ebene der Kaiserkult – an eine historische, nicht physisch anwesende Person geknüpft, nämlich Jesus Christus. Die entstehenden Gemeinschaften waren bewusst interethnisch. Die Herkunft wurde bewusst zugunsten des Gruppenethos relativiert (vgl. Gal 3,28). Dass dies in einem bevölkerungs­pluralen Milieu137 praktikabel und attraktiv war, ist vorstellbar. Demgegenüber hätten die Galaterterritorien138 wesentlich schwierigere Rahmenbedingungen für eine paulinische Mission geboten, nicht nur hinsichtlich des fehlenden Straßennetzes.139 Bevölkerungspluralismus, die Neudefinition städtischer Identitäten und des städtischen Lebensraums sowie die Bemühung um Teilhabe an der entstehenden Provinzialkultur waren hier allenfalls in Ansätzen vorhanden. Zwar sind in der Zeit der paulinischen Mission erste Ansätze zu einer stärkeren Einbeziehung der Landschaft Galatien in die Provinzialkultur zu verzeichnen; doch blickt Südgalatien zu diesem Zeitpunkt bereits auf rund 75 Jahre veränderter Lebenswelten zurück. Im Hinblick auf das Regionengefälle in der Provinz hat die Lokalisierung der Adressaten des Gal in Südgalatien die besseren Argumente auf ihrer Seite.

135 Vgl. Koch, Geschichte, 262 f. 136 Vgl. Theissen, Judentum 355 f mit Anm. 41. Dazu s. u. V 2. 137 S. o. II 4.5.2.4. 138 S. o. II 4.6. 139 Zu Recht führt Pilhofer, Albanien, 20–22, die zur Zeit des Paulus „,kümmerlichen‘“ (a. a. O. 20) Straßenverbindungen rund um Ancyra als Grund gegen eine Mission in Nord­ galatien an. Zum von Pilhofer (a. a. O. 19) damit in Verbindung gebrachten Plan der Spanienmission s. u. 6.

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6. Die geplante Spanienmission: eine Idee aus Südgalatien? Ein neuer Ansatz zur Klärung der offenen Lokalisierungsfrage der „galatischen“ Gemeinden des Gal, den es zu prüfen gilt, stammt aus der Lokalgeschichte der Kolonie Antiochia.140 Die im Kontext der römischerseits anvisierten Befriedung der Taurosgebiete Pisidiens gegründete Kolonie war Garnisonsstadt der Truppen des Gründungsstatthalters der Provinz Galatien Lollius.141 Der Hauptteil der in der Frühzeit der Provinz bereit stehenden Soldaten gehörte den Legionen V Gallica und VII (später: Claudia pia fidelis) an. Inschriftlich bekannt sind die Namen von elf Angehörigen dieser Einheiten, die entweder während der activitas oder, nachdem sie sich als Veteranen vor Ort niedergelassen hatten, in Antiochia verstarben.142 Der gängigen Forschungsmeinung zufolge stammten die Männer, die zu den Kolonen der ersten Stunde gehörten, ursprünglich aus Etrurien, Kampanien und dem Diesseitigen Gallien.143 Begründet wird diese Auskunft mit den italischen Gentilnamen wie Campusius144 oder Cissonius145. Aber selbst die Verfasserin eines der grundlegenden Bücher zu Antiochia, B. Levick, macht darauf aufmerksam, dass die Herkunftsangabe nicht sicher ist. Denn es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Vorfahren der Soldaten ihre Heimatregionen verlassen haben, um sich dann als Träger norditalischer Namen andernorts anzusiedeln.146 An diese Möglichkeit knüpft der Vorschlag des französischen Althistorikers H. Bru an, der entgegen der vorherrschenden Meinung für eine spanische Herkunft der antiochenischen Veteranen eintritt.147 Er schlägt vor, die Einheiten, deren Veteranen in Antiochia angesiedelt wurden, mit den beiden Truppen zu identifizieren, die M. Terentius Varro, im Jahr 49 v. Chr. Legat, rekrutierte, bevor er vor Caesar kapitulierte.148 Diese Rekrutierung fand in Spanien in der Gegend von Italica statt.149 Durch diesen Herkunftsort erklären sich aus Brus Sicht auch die italischen Familiennamen der antiochenischen Veteranen. Denn bei den von Varro engagierten Kämpfern habe es sich um die Nachfahren der einst von 140 Vgl. II 4.5.2. Die folgenden Überlegungen stammen aus dem Aufsatz John, Paulus. 141 Vgl. II 4.2. 142 Vgl. Christol/Drew-Bear, Vétérans. 143 Vgl. Levick, Colonies, 56–67; Mitchell/Welkens, Antioch, 9; Strobel, Legionen, 54; Breytenbach, Paulus, 47. 144 Vgl. Christol/Drew-Bear, Vétérans, Nr.  3 (= CIL Suppl 6824; ILS 2237); dazu Schulze, Eigennamen, 115. 145 Vgl. Christol/Drew-Bear, Vétérans, Nr. 1 (= CIL III Suppl 6826); a. a. O. Nr. 6 (= CIL III Suppl 6825; ILS 2238); zum Namen Schulze, Eigennamen, 305. 146 Vgl. Levick, Roman Colonies, 67. 147 Vgl. Bru, L’Origine. 148 Vgl. Caes. civ. II 18. 149 Vgl. Richardson, Spain, 111 f.

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M. Iunius Pera in Italien rekrutierten Männer gehandelt, die im Zuge des Zweiten Punischen Krieges von Scipio im späteren Italica angesiedelt wurden.150 Zur Vita des Paulus schlägt eine spanische Familienherkunft einiger Bewohner Antiochias bei Pisidien insofern eine Brücke, als sich mit dem in Röm 15,24.28 geäußerten Plan des Apostels, nach Spanien zu reisen, eine grundlegende histo­ rische Schwierigkeit verbindet.151 Warum Paulus sich, als er seine Tätigkeit im östlichen Mittelmeerraum für abgeschlossen hält,152 dieses Reiseziel aussuchte, lässt sich angesichts der Länge der angestrebten Reise und auf Grund dessen, was wir von Paulus wissen, kaum erklären.153 Dass Paulus als Berufener zur Mission „zu den Völkern“ (vgl. Gal 1,15 f) sich der weltweiten rechtfertigungstheologisch fundierten154 Evangeliumsverkündigung verpflichtet weiß, ist bekannt;155 ebenso, dass er auf das seit dem Beginn156 der selbstständigen Missionstätigkeit Geleistete voller Stolz blickt (vgl. 1Kor 15,10). Auch das befürchtete Ende der Kollektenaktion für Jerusalem157 und die an mehreren Orten gegen Paulus arbeitende Opposition158 legten schließlich die Wende nach Westen nahe. Dass P ­ aulus nach Rom, der Heimat zahlreicher seiner Bekannten und Freunde,159 reisen möchte, und daher den Röm vorausschickt,160 ist verständlich. Warum Paulus sich aber konkret Spanien als Fernziel vornimmt, bleibt letztlich rätselhaft. Nahe hätte es gelegen, sich wie bisher (vgl. Röm 15,19) von Region zu Region bzw. Provinz zu Provinz zu bewegen, etwa von Rom aus nach Norditalien oder in die Provinz Gallien.161 Angesichts dessen ist zu fragen, ob Paulus sein Spanienvorhaben nicht besonderer Anregung verdankt. Sollte es tatsächlich in Antiochia Nachfahren spanischstämmiger Veteranen gegeben haben, könnte die Begegnung mit ihnen dafür verantwortlich sein, dass Paulus das auffällige Reiseziel auf seine Agenda

150 Vgl. Liv. XXIII 14,1–4. 151 Zu Röm 15,14–33 (vgl. Röm 1,1–15) Müller, Grundlinien; zur paulinischen Missionstätigkeit Hofius, Missionar; Hengel, Ursprünge; Zeller, Mission. 152 Vgl. Röm 15,19–23. 153 Vgl. Koch, Hinweise, 699; Jewett, Romans, 924. Zum Spanienvorhaben auch Dewey, Future; Wander, Paulus. 154 Vgl. Hahn, Theologie I, 301. 155 Vgl. Röm 1,5.14 (vgl. 15,16.18 f). Vgl. auch 2,Kor 2,14: Der Geruch der Erkenntnis­ Gottes muss „an jedem Ort offenbar“ werden; ferner Röm 10,18 (zit. Ps 18,5LXX: εἰς πᾶσαν τὴν γῆν; vgl. Act 1,8; Mt 28,19). 156 Ausgelöst durch den Streit im syrischen Antiochia, vgl. Gal 2,11–21 (vgl. Act 15,36–40). 157 Vgl. Röm 15,25–27.30 f; vgl. Sänger, Kollekte, 335 f. 158 Vgl. nur Theissen, Gegenmission. 159 Vgl. Röm 16,1–16 (zur literarischen Integrität Broer, Einleitung, 443–445); ferner 1Kor 16,19; Act 18,2; und die Absichtserklärung in Act 19,21. 160 Vgl. Röm 15,24. Die Entfaltung des paulinischen Evangeliums im Brief bereitet unmittelbar die Verkündigung in Rom vor (vgl. Sänger, Verkündigung, 94 f). 161 Vgl. Koch, Hinweise, 700 Anm. 8; Riesner, Frühzeit, 271.

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setzte.162 Wenn auch nicht aus eigener Anschauung, so doch durch die ihren Familientraditionen entstammenden Erzählungen verfügten sie über Wissen über das westliche Land und die dortigen Reisemöglichkeiten. Dies führte dazu, dass Paulus eine Spanienmission, die zu seinem Anspruch, das Evangelium allerorten auszubreiten, passte, projektierte und konkret in Angriff nahm. Diese vorgeschlagene Lösung des historischen Problems, warum Paulus zur iberischen Halbinsel strebte, gewinnt einerseits dadurch an Plausibilität, dass von anderswoher keine Erklärung des fraglichen Reiseplans zu finden ist. Andererseits lässt sich durch Analogie zeigen, dass Paulus Destinationen auf Grund persönlicher Kontakte und Vermittlung ansteuerte: Der Übergang von Zypern nach Südkleinasien im Rahmen der Kollegialmission von Barnabas und Paulus war möglicherweise ursprünglich nicht geplant, sondern die Apostel erhielten die Anregung, Südgalatien zu bereisen, erst im Laufe ihrer Reise. Dafür spricht, dass Johannes Markus laut Lukas noch die Schiffspassage mitmachte, sich dann aber von seinen Kollegen trennte und ostwärts über Land abreiste.163 Dass ­Paulus ihm dies verübelte, gibt für Lukas sogar die Erklärung ab, warum er sich schließlich von Barnabas trennte.164 Die Anregung zu einer Missionstätigkeit in Südgalatien aber stammte vermutlich von dem an der Evangeliumsverkündigung interessierten Statthalter Sergius Paulus.165 Denn seine Familie hatte in der Kolonie ­Antiochia ihre patria. Sie gehörte dort zu den führenden Geschlechtern.166 Die Annahme, dass der Statthalter Reise- und Unterkunftsmöglichkeiten für 162 Die Erklärungen, wonach Paulus sich auf Grund seiner Lektüre bestimmter Schriftstellen dazu entschlossen habe, nach Spanien zu reisen, überzeugen nicht. Für Aus, Travel Plans (vgl. auch Jewett, Romans, 924), entnimmt Paulus Jes 66,19 das Reiseziel Tartessos in Spanien (vgl. Hdt. I 163). Die Identifikation mit dem biblischen Tharsis ist aber unsicher (vgl. Riesner, Frühzeit, 223 f; Das, Paul, 62–71; Dewey, Future, 325). Zu Scott, Paul, 141 f, der mit dem Territorium der Japhetiten argumentiert, s. o. 2. Vgl. auch Ellis, „Das Ende der Erde“, der eine Frühdatierung der Act voraussetzt, um eine – erfolgte! – Reise unter dem Motto von Act 1,8 nach Spanien wahrscheinlich zu machen. Wenn die von Pilhofer, Antiochien, vertretene Annahme, Paulus’ Kennenlernen der römischen Kultur in Philippi habe den spanischen Reiseplan ermöglicht, zuträfe, wäre damit eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung benannt. Von einer korinthischen Herkunft des Spanienplans spricht Breytenbach, Christians, 4. Wright, Project, bringt das Reiseziel Spanien mit dem antiimperialen Aspekt der paulinischen Theologie in Verbindung. 163 Vgl. Act 13,13. 164 Vgl. Act 15,36–40 (vgl. aber Gal 2,13). 165 Vgl. Act 13,4–12; zur Vermittlung des Übergangs nach Südgalatien Breytenbach, Paulus, 42 f. Bei dem zypriotischen Statthalter handelt es sich vermutlich um Lucius Sergius Paulus (vgl. a. a. O. 180 Anlage Nr. 5 [= CIL VI 31545; ILS II/I 5926]), dessen Bruder Quintus, Prokonsul auf Zypern unter Caligula, inschriftlich bekannt ist (vgl. a. a. O. 181 Anlage Nr. 6 [= SEG XX 302; IGRR III 935]). Letzterer war nach Campbell, Attestation; Kapera, anthypathos, Gesprächspartner von Barnabas und Paulus. Campbell muss für seine Theorie aber die Amtszeit und die erste Missionsreise unter Tiberius datieren. 166 Vgl. II 4.5.2.4.

Die geplante Spanienmission: eine Idee aus Südgalatien? 

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die Apostel aus Syrien bereitstellen ließ und zu einer Mission in Südgalatien ermunterte, erklärte nicht nur die gewählte Reiseroute, sondern spräche auch dafür, dass Barnabas und Paulus Zugangsmöglichkeiten zu Angehörigen der städtischen Elite erhielten. Dass die diesen Kreisen angehörenden Nachfahren der spanischstämmigen Kolonisten den Anstoß zur Westmission gaben, würde erklären, wie der ansonsten nur schwer zu kontextualisierende Reiseplan zu Stande kam. Kann als Ausgangspunkt des Vorhabens aber das pisidische Antiochien ausgemacht werden, wäre ein handfester Beleg für den Aufenthalt des Paulus in dieser Stadt gefunden. Bei dieser Erklärung handelt es sich freilich um eine Hypothese. Sie kann zwar nicht durch Primärzeugnisse aus der Feder des Paulus abgesichert werden, wird aber durch eine Reihe von Indizien und insbesondere durch die Unableitbarkeit des in Röm 15,24.28 erwähnten Vorhabens gestützt. Gegenstand lokal- und militärhistorischer Forschung wird weiterhin die Frage sein, woher die antiochenischen Siedler stammten. Die im Laufe der Zeit veränderten Beinamen der Einheiten erschweren die Arbeit ebenso wie die Praxis, Truppen aufzulösen oder mit anderen Einheiten zusammenzulegen. Die offenen Fragen kreisen insbesondere um die legio V Gallica. Eine 5. Legion dieses Beinamens ist nur aus Antiochia bekannt.167 Genauere Informationen über die Frühzeit der legio V Gallica fehlen. Der gängigen Auffassung zufolge zählte sie zu den Stammlegionen Caesars in Gallien.168 Die beiden in Caes. Civ. II 18 erwähnten Einheiten, die Bru mit den antiochenischen Legionen identifiziert, überließ Caesar dem Gouverneur Cassius Longinus.169 Gegen die vorgeschlagene Rekonstruktion, Varro habe die beiden fraglichen Einheiten aus den Reihen italischer Siedlerfamilien aufgestellt, spricht deren Beiname vernacular. Denn hierbei handelte es sich um einheimische Hispanier.170 Die Forschungsdiskussion über die Herkunft der antiochenischen Veteranen wird weitergehen. Für eine historische Verbindung der wichtigsten pisidischen Kolonie mit Spanien lassen sich aber weitere Hinweise anführen. Bru macht darauf aufmerksam, dass das um das Jahr 129 n. Chr. im pisidischen Antiochia errichtete Stadttor­ Hadrian gewidmet war.171 Er stammte aus dem spanischen Italica, dem möglichen Herkunftsort der Kolonisten der ersten Stunde, die demnach die Beziehung in die alte Heimat aufrecht erhielten. Zudem war Hadrian von Haus aus in die tribus Sergia eingeschrieben, der auch die Siedler und die übrigen römischen Bürger in Antiochia angehörten. Für eine Anwesenheit spanischstämmiger Sol 167 S. o. II 4.2. Anm. 218. 168 Vgl. Ritterling, Legio, 1571.1614; Strobel, Legionen 58; L. Keppie, Making, 206; kritisiert von Bru, L’Origine, 265 Anm. 8. Eine 5. Legion wird erstmals in Bell. Afr. 1,5 genannt. 169 Vgl. Bell. Alex. 48,1; 50,2 f; 53,5; 54,2. 170 Vgl. Fear, Legion. 171 Vgl. Bru, L’Origine, 263 f.

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daten in Antiochia zur Zeit des Paulus spricht schließlich, dass im frühen 1. Jh. in Pisidien die cohors I Hispanorum hier eingesetzt war, bekannt durch einen Grabstein aus Olbasa.172

7. Resümee Die eingangs konstatierte Stagnation der klassischen Einleitungsdebatte erklärt sich aus der Quellenlage. Aus dem Gal selber sind keine Angaben über die Wohnorte der Angeschriebenen innerhalb der Provinz Galatien zu entnehmen. Beide Lösungsansätze berufen sich daher notwendig auf die lukanischen Angaben. Doch ihnen kommt nur ein sekundärer Status im Hinblick auf die paulinischen Gemeinden in Kleinasien zu. Dennoch erscheint nach Abwägung der Argumente die Annahme die ungezwungenste zu sein, dass die angeschriebenen Gemeinden Galatiens (vgl. Gal 1,2) in dem Gebiet zu suchen sind, von dessen Missionierung durch Barnabas und Paulus in Act 13 f erzählt wird. Die jenseits der bisherigen Debatte angesiedelten Klärungsversuche von Scott und Koch hatten sich als nicht tragfähig erwiesen. Kochs anregende Behandlung des Themas muss die Rolle des Barnabas im Gal minimieren und auf eine nicht naheliegende bzw. als solche nicht existente Reiseroute von Ephesus nach Nordgalatien zurückgreifen. Durch die bisher rekonstruierten lebensweltlichen Gegebenheiten konnten Argumente gefunden oder profiliert werden, die für die südgalatische Lösung sprechen. So zeigt ein Seitenblick auf Statthalterinschriften der Provinz Syrien, dass aus mehreren Regionen zusammengesetzte, historisch angewachsene Provinzen pars pro toto mit dem Namen ihrer Stammregion bezeichnet wurden. Die 25 v. Chr. gegründete Provinz hieß in ihrer Gesamtheit „Galatien“. Die Angabe des Paulus in Gal 1,2 lässt also eine Lokalisierung in Südgalatien mit Sicherheit zu. Der oft als gewichtiger empfundene Einwand, die direkte Anrede des Publikums in Gal 3,1 könne sich nur auf die Nachkommen der im 3. Jh. v. Chr. nach Kleinasien gekommenen Einwanderer beziehen, kann unter Hinweise auf lebensweltliche Faktoren entkräftet werden. Einerseits zeigen – einige wenige – Texte, dass zur Zeit des Paulus „Galater“ als Bezeichnung der Einwohner der eben charakterisierten Provinz verwendet wurde. Zudem besteht aus lexikalischer Sicht die Möglichkeit, dass Paulus die Anrede „Galater“ als bewusstes rhetorisches Mittel gebraucht, also weniger auf die Geographie bzw. den ethnischen Hintergrund 172 Vgl. Mitchell, Anatolia I, 74; M. A. Speidel, development, 615; M. P. Speidel, Discoveries, 281.300. Ein ephesinischer Text (IK XIII 715) erwähnt die Tätigkeit der Hilfstruppe zumindest im Zusammenhang mit dem Legaten Galatiens und Kappadokiens in den Jahren 56–64 (vgl. M. P. Speidel, Discoveries, 14).

Resümee

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der so Titulierten Bezug nimmt. Denn der aus Sicht der griechisch-römischen Welt barbarische Hintergrund der „Galater“ Kleinasiens war auch nach der erfolgten Integration der Gallograeci in die hellenistische Welt und in das römische Imperium nicht in Vergessenheit geraten. Zwar lässt sich ein literarischer Topos des ‚unverständigen Galaters‘ nicht belegen. Der Vergleich mit Röm 1,14 legt jedoch nahe, dass Paulus in Gal 3,1 (vgl. V.3) den Galaternamen als Reminiszenz an das Nichtgriechische der Galater gebraucht. D. h., Gal 3,1 erzwingt keineswegs die nordgalatische Lösung. Die Formulierung greift auf gängige Terminologie zurück und benutzt aus rhetorischen Gründen den Galaternamen. Er wird verwendet, um den Adressaten Paulus’ Urteil über ihr Verhalten vor Augen zu führen. Nachdem einige Bedenken und Einwände gegen die südgalatische Lokalisierung entkräftet werden konnten, muss die Position der ohnehin nahe liegenden, sich auf Act 13 f berufenden Einordnung der Gal-Adressaten als bekräftigt angesehen werden. Dies bestätigen zwei weitere Argumentationsgänge: Einerseits sprechen die in Süd- und Nordgalatien unterschiedlich ausfallenden lebensweltlichen Gegebenheiten für eine Lokalisierung in Südgalatien. Die Umgebung bot sich nicht nur infrastrukturell, sondern auch von der Bevölkerung her für eine paulinische Mission an. Andererseits führt eine lokalgeschichtliche Spur in das pisidische Antiochia. Die dort deduzierten Veteranen stammten vermutlich nicht aus Norditalien, wie traditionell angenommen, sondern aus Spanien.­ Hieraus ergibt sich ein möglicher Konnex mit der Vita des Paulus, wenn man den in Röm 15,24.28 geäußerten Plan, nach Spanien zu reisen, einbezieht. Denn eine historische Erklärung, wie dieses Vorhabens zustande kam, gibt es nicht. Die Annahme, dass Paulus die Anregung zu seiner geplanten Mission im äußersten Westen durch einen Anstoß aus dem Kreis der Nachkommen der südgalatischen Kolonisten erhielt, bietet aber eine hinreichende Bedingung für das Zustandekommen des Projekts. Dieser Zusammenhang weist dann darauf hin, dass P ­ aulus in Südgalatien wirkte. Eine  – möglicherweise von den militärgeschichtlichen Voraussetzungen her weiter zu diskutierende – Möglichkeit, jenseits der klassischen Debatte die Adressaten des Gal in Südgalatien zu verorten.

IV „Hausgemacht“? – Zu Entstehung und Charakter der galatischen Krise

1. Die Beschneidungskrise und die Frage ihrer Einordnung Die Frage nach der im Gal vorausgesetzten Situation, die man als ‚galatische Krise‘ bezeichnet, ergibt sich aus heutiger Sicht aus dem Brief selbst. Dass das PaulusSchreiben an die Gemeinden Galatiens auf eine tatsächliche Problemstellung reagiert, wie es umrisshaft dem Text zu entnehmen ist,1 kann vorausgesetzt werden.2 Bekannt ist die Prämisse, unter welcher die Rekonstruktion steht. Der Gal ist freilich von Standpunkt und Aussageabsicht seines Verfassers geprägt und kein um Neutralität bemühter Bericht.3 Deutlich erkennbar ist, dass nach Paulus’ Darstellung Beschnittene4 die angeschriebenen Galater5 – sofern männlich6 – dazu be 1 Vgl. etwa Klaiber, Galaterbrief, 201: „In Grundzügen lässt sich relativ klar erkennen, was Paulus veranlasst hat, diesen Brief zu schreiben“. Eine Minderheit der Ausleger ist skeptisch und beurteilt die Kenntnisse des Paulus über die galatische Situation zum Zeitpunkt der Abfassung des Briefes als mangelhaft (und stellt damit jede Rekonstruktion der galatischen Situation unter Generalverdacht). Paulus habe die Sachlage sogar völlig missverstanden (vgl. etwa ­Thurén, Paul, 314–320; dazu auch Bauer, Paulus, 182 f). Erkennbar sei dies an den übertrieben heftigen Angriffen, die Paulus gegen seine Gegner im Brief führe. Dagegen lässt sich fragen, ob Paulus sich in einer für ihn offenkundig eminent wichtigen Angelegenheit auf bruchstückhafte Informationen gestützt hätte. Zudem spricht gegen die Missverständnisthese der übliche Nachrichtenaustausch zwischen Gemeinden und Apostel (vgl. etwa 1Kor 5,9; 7,1). Auf welchen Wegen Paulus über die galatische Krise informiert wurde, kann aber nur Gegenstand von ­Spekulation sein (vgl. etwa Ramsay, Commentary, 180–182, der Timotheus als Überbringer von Briefen der galatischen Gemeinden ausmacht). Schließlich ist unter Berücksichtigung der intendierten Adressaten zu bezweifeln, Paulus hätte sich bei der Abfassung des Briefes auf unsichere Nachrichten aus Galatien gestützt oder die Situation maßlos übertrieben dargestellt. Der Brief hätte so die beabsichtigte Wirkung völlig verfehlt. Indizien dafür gibt es keine. 2 Anders Vouga, Essay, 244 f.250: Die Galater und ihre Situation würden im Text nur marginal porträtiert und wären daher als literarische Fiktion einzuordnen. Der Gal sei also kein echter Brief, sondern (als letzter der erhaltenen Briefe) als theologisches Testament des Paulus, zu dem ein fiktiver Situationshintergrund geschaffen worden sei, zu begreifen. Eine Ansicht, die u. a. Passagen wie Gal 1,2.6–10; 3,1–5; 4,8–10.11–20; 5,1–12 gegen sich hat. Vgl. auch Mitternacht, Forum, 46. 3 Vgl. Bauer, Paulus, 181 f (Gal als „tendenziöse Quelle“ [a. a. O. 181]). Zum allgemeinen Problem Frey, Ausbreitung, 89. 4 Vgl. Gal 6,13 (οἱ περιτεμνόμενοι). S. u. Anm. 40. 5 Vgl. Gal 1,2; 3,1. Die Adressaten werden im Laufe des Briefes immer wieder direkt angesprochen (s. o. III Anm. 19). 6 Die Beschneidungsforderung bezieht sich ausschließlich auf Männer. Eine Beschneidung von Frauen kennt das Judentum grundsätzlich nicht. Die entsprechende Behauptung von Strab. XVI 4,9 (§ 771) ist „definitiv falsch“ (Blaschke, Beschneidung, 329).

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„Hausgemacht“? – Zu Entstehung und Charakter der galatischen Krise 

wegen möchten, sich ihrerseits beschneiden zu lassen.7 Auf die Identität der ‚Beschneidungsleute‘ geht der Brief – aus strategischen Gründen8 – nicht näher ein. Sie werden schlicht τινές genannt.9 Ihrer Initiative schreibt der Brief offenbar auch zu,10 dass die Empfänger des Schreibens beabsichtigten, bestimmte Festtage und -zeiten zu beachten.11 Die Abfassung des Briefes setzt voraus, dass die Galater – nach dem Wissensstand des Verfassers  – den Forderungen der Anonymi noch nicht nachgekommen sind. Andernfalls hätte sich das Schreiben erübrigt.12 Zudem zeigen die – als konativ13 zu bestimmenden – Präsensformen, mit denen die Handlungsabsichten der Galater14 wie der Anonymi15 zum Ausdruck kommen, dass die galatische Krise noch in der Schwebe und zu keinem eindeutigen Ergebnis gekommen ist.16 Das Ziel der Argumentation des Briefes besteht angesichts der skizzierten Situation darin, die Adressaten doch noch davon zu überzeugen, das Beschneidungsansinnen nicht in die Tat umzusetzen. Zu diesem Zweck entfaltet P ­ aulus einen auf mehreren Ebenen angesiedelten Diskurs. Die Anonymi versucht er durch heftige Angriffe zu desavouieren.17 Ihr ‚Evangelium‘ ist für Paulus in Wahrheit nur ein Pseudo-Evangelium.18 Immer wieder betont er die Autorität seines gottgegebenen Apostolats und expliziert seine Legitimität insbesondere in den 7 Vgl. Gal 5,2 f.6.10–12; 6,12 f.15; auch 2,1–10. 8 Paulus charakterisiert die Anonymi nicht näher, um ihnen dadurch nicht „eine Art­ publicity frei Haus“ (Betz, Galaterbrief, 107) zu liefern. 9 Gal 1,7; vgl. 4,17; 5,7–10.12; 6,12 f. 10 Gal 1,6 (εἰς ἕτερον εὐαγγέλιον) zeigt, dass es sich Paulus’ Wahrnehmung zufolge um einen Problemkomplex handelte. Dazu s. u. 2.1.3. 11 Vgl. Gal 4,10. Der Vergleich zu den in III Anm. 19 genannten Stellen legt nahe, dass dem Beschneidungsproblem für Paulus höchste Priorität zukam. Das dürfte auch der Tatsache geschuldet gewesen sein, dass die Beschneidung, wenn überhaupt, nur mit sehr aufwändigen Mitteln rückgängig gemacht werden konnte (vgl. Blaschke, Beschneidung, 139–144.350–356). Die Erzählung vom Mahlkonflikt im syrischen Antiochia (Gal 2,11–21) lässt darauf schließen, dass in Galatien auch die Forderung – jüdische – Speisevorgaben zu erfüllen im Raum stand (vgl. Sänger, Strategien, 278 f mit Anm.  10; Theissen, Gegenmission, 287; Zimmermann, Gott, 49), insbesondere wenn man einen jüdischen Kontext der galatischen Konkurrenzmission voraussetzt (dazu s. u.). 12 Vgl. Hardin, Galatians, 117. 13 Vgl. BDR § 319; vgl. auch Sänger, Strategien, 295. 14 Vgl. Gal 1,6; 3,3; 4,9 f; 5,2.4; vgl. auch 4,9.21. 15 Vgl. Gal 1,7; 4,17; 5,10.12; 6,12 f. 16 Vgl. auch Bauer, Paulus, 169. 17 Vgl. Gal 1,6 f; 5,1–12; 6,12 f. 18 Vgl. Gal 1,6 f. Vgl. Nikolakopoulos, Aspekte, 200. ἄλλο (V.7) nimmt ἕτερον auf (vgl. BDR § 306 Anm.  8). Der Relativsatz stellt die Nicht-Existenz des zuvor Gesagten sicher. Es handelt sich um die rhetorische Figur der correctio (vgl. 3,4; 4,9). Dass Paulus es in positiver Weise nennen kann (so etwa Standhartinger, Freiheit, 289 f Anm. 9), scheint an­ gesichts seiner ablehnenden Haltung der gegnerischen Verkündigung gegenüber unwahrscheinlich.

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autobiographischen Rückblicken.19 Den Briefadressaten begegnet der Text analog zu der sich in der Schwebe befindlichen Situation ambivalent.20 Einerseits gehören sie gegenwärtig zur Geschwisterschar der Glaubenden.21 Sie hatten nicht nur den seinerzeit kranken Paulus fürsorglich aufgenommen, sondern die Glaubenspredigt hatte auch kraftvoll Wirkung an ihnen gezeigt.22 Andererseits haben sie nun törichterweise den Beschneidungsforderungen ihr Ohr geliehen.23 Damit drohen sie ihre im Modus des Glaubens realisierte Annahme des Evangeliums und damit ihren Heilsstand zu verlieren (vgl. Gal 3,3 f). Der ambivalenten Situation begegnet Paulus mit autobiographischen und theologischen Reflexionsebenen, um die Angeschriebenen auf seiner Seite zu halten und sie über ihr Ansinnen, wie es sich aus seiner Sicht darstellt, aufzuklären.24 Zunächst macht Paulus anhand dreier im Hinblick auf die galatische Situation erzählter Episoden seiner Vita die Gottunmittelbarkeit seines Apostolats und dessen Übereinstimmung mit der „Wahrheit des Evangeliums“25 klar.26 Diese Frohbotschaft konkretisiert sich in der Hinwendung „zu den Völkern“ (Gal 1,16), der Beschneidungsfreiheit getaufter Heiden27 und dem Verzicht auf die Darstellung jüdischer Identität im Rahmen der Versammlungen der Christusgläubigen (vgl. Gal 2,14–16). In diesem Rahmen führt Paulus das in der Forschung ausführlich diskutierte Oppositionspaar „Werke des Gesetzes“ vs. „Glaube an Christus“ ein.28 Anhand dieser Grundopposition und ihrer Variationen29 erinnert Paulus, als er in Gal 3,1 die Adressaten direkt anspricht, im Sinne eines „Evidenzarguments“30 an das Woher ihrer christlichen Identität: aus der Sphäre des Glaubens, nicht des Gesetzes.31 Ebenso rechnet der Apostel in seiner Exegese von Gen 15,6 19 Vgl. Gal 1,1.8–10.11–24; 2,1–10.11–21; 5,1; 6,11–18; ferner Frey, Galaterbrief, 209 f; Zimmermann, Gott, 23.40; Vorholt, Dienst, 168. 20 Vgl. Gal 1,6 f; 3,1–5.26–29; 4,6–10.11–20; 5,1–12. 21 Vgl. Gal 1,2; 1,11; 4,12.19.28.31; 5,11.13; 6,1.18. 22 Vgl. Gal 3,2.5; 4,9.13 f; 5,7. 23 Vgl. Gal 1,6 f; 3,1–5; 4,21. Dass die Galater das Pseudoevangelium der Anonymi für ein Alternativevangelium halten, das das einst Gehörte und Angenommene ersetzen oder komplettieren könnte, ist für Paulus Anlass zum tadelnden θαυμάζω (1,6), das er sowohl innerhalb des Satzes als auch des Abschnittes an exponierte Stelle setzt (vgl. Nikolakopoulos, Aspekte, 199). 24 Vgl. Frey, Galaterbrief, 212; Wischmeyer, Abraham, 127. 25 Vgl. 2,5.14; vgl. 4,16; 5,7. 26 Vgl. Gal 1,11–24; 2,1–10.11–21. „Every episode in the revelatory history is narrated for the sake of its pertinence to developments in Galatia“ (Martyn, Galatians, 230). Das im unmittelbaren Kontext „überraschend[e]“ (Hofius, Wahrheit, 17 Anm. 2) πρὸς ὑμᾶς (2,5) bezieht die Adressaten in die erzählte Welt mit ein. 27 Vgl. Gal 2,3 (vgl. V.14; 6,12) und 2,7–9. 28 Vgl. Gal 2,15; dazu zuletzt Zimmermann, Gott, 48–50. 29 Vgl. Sänger, Argumentationstrategie, 122. 30 A. a. O. 125. 31 Vgl. Gal 3,2 f.5; dazu Zimmermann, Gott, 41. Die Sphäre des Glaubens steht der schon im Präskript genannten „bösen gegenwärtigen Zeit“ (vgl. Gal 1,4) entgegen (dazu Sänger, Argumentationsstrategie, 120 f; Zimmermann, Gott, 34). Die beiden folgenden Abschnitte 3,6–9.10–14

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Abraham der Seite des Glaubens und damit alle Glaubenden – auch die Galater, sofern sie glauben – der Nachkommenschaft des Stammvaters zu.32 Nach der Erörterung der Rolle des Gesetzes im Lichte des Christusgeschehens33 bekräftigt 3,26–29 den Ist-Zustand der glaubenden und getauften Galater als Gottessöhne, Nachkommen Abrahams und als in einer an egalitären Idealen ausgerichteten Gemeinschaft Lebender.34 Unter Aufnahme einiger in den vorherigen Abschnitten angelegter Gedanken zeichnet Gal 4,1–10 die Lebenswende und das gegenwärtige Ansinnen der Galater in die Erlösungsgeschichte durch die Sendung des Gottessohnes ein. Das theologische Oppositionspaar Gesetz/Glaube wendet­ Paulus schließlich auf die Hagar-Sara-Allegorie an.35 Gal 5,1–12 ordnet die beiden gegenwärtigen Handlungsmöglichkeiten der Galater je einer Seite des Oppositionspaares aus 2,15 zu und fordert eindringlich zum Festhalten an der Seite des Glaubens auf. Das Idealbild des Ethos einer aus Glauben an Christus lebenden Gemeinschaft rundet den Hauptteil des Briefes ab.36 Wie dieser geraffte Überblick zeigt, bleibt die im Gal vorausgesetzte Situation aus heutiger Sicht freilich an einigen Stellen unklar. Die meisten dieser Leerstellen sind sicher der Tatsache geschuldet, dass Paulus den intendierten Erstadressaten nicht zu schreiben brauchte, was diese ohnehin wussten. Manch Ungenanntes wird auch schlicht dadurch zu erklären sein, dass der zum Zeitpunkt der Briefabfassung von den Galatern räumlich getrennte37 Paulus nicht über alle Details der Situation informiert war.38 Im Hinblick auf die Anonymi, die den Adressaten die Beschneidung nahe legten, konzentrieren sich die offenen Fragen auf ihre Provenienz und Absichten. Handelt es sich um von außerhalb in die Gemeinden eingedrungene Gegner, oder hatten sie schon früher in Beziehung zu den Angeschriebenen gestanden, sodass sich ihr Wirken aus dem Umfeld der Adressaten selbst heraus entwickelt hätte? Für die zuerst genannte Option votieren insbesondere diejenigen Ausleger, die die galatische Krise im Kontext des Konflikts zwischen der paulinischen und einer konkurrierenden judenchristlichen Mission verstehen.39 Dass es sich bei den Konkursind der Grundopposition, die in 3,1–5 formuliert wurde, chiastisch zugeordnet. 3,6–9 thematisiert die in den V.2.5 zuletzt genannte Pistis; 3,10–14 den Nomos (vgl. Sänger, Verständnis des Gesetzes, 167). 32 Vgl. Gal 3,6–9; dazu Wischmeyer, Abraham, 134–137; Zimmermann, Gott, 58–61. 33 Dazu Sänger, Verständnis des Gesetzes, 168–172; Zimmermann, Gott, 62–73. 34 Vgl. Wischmeyer, Abraham, 142 f. 35 Vgl. Gal 4,21–31; dazu Wolter, Paulus, 417–424; Sänger, Sara. 36 Vgl. Gal 5,13–6,10. 37 Vgl. Gal 4,20; dazu Vgl. Wilhelmi, ἀλλάξαι. 38 Vgl. aber Anm. 1. 39 Vgl. Becker, Galater, 12–14 („Judaistenthese“: Fremdmissionare aus Judäa, die angesichts der dortigen Zeitgeschehnisse Bedrängnis zu vermeiden suchten, indem sie für die Beschneidung eintraten); Betz, Galaterbrief, 43; Klaiber, Galaterbrief, 201–203; Sänger, Galaterbrief, 196 (Gegner aus Judäa bzw. Jerusalem); Ders., Verständnis des Gesetzes, 162; Jewett, ­Agitators

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renzmissionaren um Judenchristen handelte, kann mit Gal 1,6 und 6,12 begründet werden. Die Anonymi präsentierten Paulus’ Worten gemäß als Beschnittene40 ein anderes „Evangelium“.41 Als ihre „historischen Vorläufer“42 lässt Paulus die Gegner der Beschneidungsfreiheit der Heidenchristen am Rande der Jerusalemer Apostelkonferenz auftreten.43 Insgesamt sind die häufigen Erwähnungen Jerusalems bzw. Judäas als Indiz dafür zu verstehen, dass die Gegner dort zu verorten sind.44 Dass Paulus gegen eine bestimmte Strömung des Judenchristentums, für die christliches Leben nur innerhalb des durch jüdische Identitätsmerkmale sich abgrenzenden Gottesvolkes Israel denkbar erschien, argumentiert, geht insbesondere aus der Tatsache hervor, dass in Galatien die Rolle der jüdischen Identitätsmarker schlechthin zur Debatte stand: Beschneidung,45 Speisegebote46 und Festkalender.47 Diese kurz umrissene judenchristliche Kontextualisierung der galatischen Krise, die zumindest innerhalb der deutschsprachigen Forschung überwiegt, wurde in den letzten Jahren durch einige Gegenentwürfe in Frage gestellt. Sie kommen zu unterschiedlichen, teils miteinander unvereinbar bleibenden, teils sich inhaltlich überschneidenden Rekonstruktionen der galatischen Krise. Gemeinsam ist ihnen, dass sie weniger die Autor-Gegner-Perspektive betonen, sondern vielmehr von den Adressaten des Schreibens ausgehen und von ihnen her die Problemlage zu klären suchen. Eine Leitfrage, auf die die judenchristliche Kontextualisierung des Gal aus Sicht ihrer Opponenten keine befriedigende Antwort liefern konnte, ist dabei, wie die Galater dazu kommen konnten, den Schritt der Beschneidung auf sich zu nehmen,48 war doch die Beschneidung in der Antike, besonders für Erwachsene, nicht nur schmerzhaft und riskant, sondern auch in griechisch-­römi­ scher Perspektive ein körperlicher und sozialer Makel, den niemand freiwillig auf (Druck der zelotischen Bewegung auf Judenchristen, worauf diese auf Heidenchristen Druck ausübten); Zimmermann, Gott, 1; Koch, Geschichte, 308 f; Bauer, Paulus, 191; Söding, Gegner; Oh, Setting, 17; Barclay, Mirror-Reading, 378. Zu den galatischen Gegnern im Kontext einer übergreifenden Gegnerfront Gunther, Opponents; Ellis, Opponents, 292 f; Elmer, Paul; Theissen, Gegenmission. Die Thesen, in Galatien seien nichtchristliche jüdische ‚Missionare‘ (vgl. Walter, Paul; Ders., Opponents; Tyson, Opponents) bzw. Heidenchristen (vgl. Munck, Paulus, 79 f) aufgetreten, müssen hier nicht weiter diskutiert werden (dazu Alvarez Cineira, Religionspolitik, 297–299; Bauer, Paulus, 184–189). 40 Das Präsenspartizip οἱ περιτεμνόμενοι (Gal 6,13) ist als mediale Form kausativ zu verstehen („die, die die Beschneidung fordern“). Vgl. Becker, Galater, 100; Jewett, Agitators, 338 f. 41 Gal 1,6; vgl. a. a. O. 337. 42 Betz, Galaterbrief, 43; vgl. auch Becker, Galater, 34. 43 Vgl. Gal 2,4. 44 Vgl. Gal 1,17–19.22; 2,1–10.11 f; 4,21–31. Dazu Theissen, Gegenmission, 288 f. 45 Vgl. Blaschke, Beschneidung, 19–322. 46 Vgl. Löhr, Speisenfrage. 47 Das geht aus Gal 4,10 hervor. Das Verständnis dieses Verses ist umstritten, s. u. 2.1.3. Zum jüdischen Festkalender (vgl. nur Lev 23,2–8.16.27.34.39; äthHen 82,4.7–10) Berner, Jahre, 12–14. 48 Vgl. Winter, Welfare, 137.141; Elliott, Cutting, 13; Arnold, Astonished, 429; Wisch­ meyer, Abraham, 148.

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sich nahm.49 Die bei den Kontexten der Adressaten ansetzenden Erklärungsmodelle versuchen letztlich zu zeigen – und darin besteht der Grunddissens zur eingangs skizzierten judenchristlichen Einordnung des Gal, der auch Auswirkungen in hermeneutischer Perspektive hat –, dass die galatische Krise nicht als theologiegeschichtlicher, sondern als primär sozialer Konflikt zu verstehen sei.50 Bei den Versuchen, Antworten auf die Frage nach der Entstehung der galatischen Krise innerhalb der Adressatenmilieus zu formulieren, zeichnen sich hauptsächlich drei Faktoren ab, die zur Erklärung herangezogen wurden. Alle drei rechnen damit, dass lebensweltlichen Gegebenheiten der Briefadressaten eine ausschlaggebende Rolle beim Zustandekommen der galatischen Krise zukam. Insbesondere B. W. Winter und J. Hardin haben vorgeschlagen, den Konflikt maßgeblich vor dem Hintergrund des Kaiserkults in Galatien zu verstehen.51 Ein Sonderinteresse verfolgt Th. Witulski, der auch mit dem Kaiserkult als Anhaltspunkt operiert, dabei aber Rückschlüsse auf die geographische Lokalisierung der galatischen Gemeinden erwartet.52 An der religiösen Landschaft im Umfeld der Galater sind ferner S. Elliott und C. E. Arnold interessiert.53 Für die Autoren erklären sich sowohl Genese der galatischen Krise als auch bestimmte Passagen des Briefes durch religiöse Vorstellungen und Rituale im antiken Galatien. M. D. Nanos und C. Breytenbach haben schließlich in je eigenständiger Weise den Kontext der örtlichen jüdischen Diasporasynagogen ins Spiel gebracht und erkennen hier ausschlaggebende Faktoren, die ihnen zufolge zur Entstehung der galatischen Krise führten.54

2. Die galatische Krise und die Verehrung der römischen Herrscher 2.1 Galaterbrief und Kaiserkult? Wie die Analyse der Grundzüge historischer Lebenswelten im antiken Galatien ergibt, prägte zweifelsohne die kultische Verehrung des römischen Herrschers das Leben der Menschen in der Provinz im Herzen Kleinasiens.55 In Ancyra strahlte das goldfarbene Sebasteion, das auf einem immensen Temenos stand. Es muss, um eine Formulierung Mitchells zu wiederholen, den Eindruck eines „Weltwunders“56 49 Vgl. Blaschke, Beschneidung, 331–350. 50 Vgl. etwa Hardin, Galatians, 111. 51 Vgl. Winter, Welfare, 123–143; Ders., Imperial Cult; Hardin, Galatians. 52 Vgl. Witulski, Adressaten. 53 Vgl. Elliott, Cutting; Arnold, Astonished. 54 Vgl. Breytenbach, Paulus, 127–148; Nanos, Irony. 55 Vgl. II 4.5.2.3; 4.6. 56 Mitchell, Macht, 372; vgl. auch Ebner, Stadt, 150 f.

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gemacht haben. Der zugehörige Kult wurde von den Eliten der Galaterstämme getragen. Gleiches gilt für den Filialkult in Pessinus. Das Sebasteion im pisidischen Antiochia mit einer Grundfläche von beinahe einem Hektar machte Besuchern und Bewohnern offensichtlich, wem die Kolonie ihre Existenz verdankte und wem sie dafür ihre Dankbarkeit zum Ausdruck zu bringen hatte: Augustus bzw. seinen Nachfolgern. Dem lokalen Identitätskonzept zufolge ordnete man sich in einen göttlichen Kosmos ein: Verehrt wurden Jupiter als Göttervater, sein zur göttlichen Sphäre gezählter Agent Augustus und der Genius der Kolonie, der auf das Wirken des Princeps und dadurch auf Jupiter selbst bezogen war. Die Komplexe in Ancyra und Antiochia wurden um die Zeitenwende errichtet und in Betrieb genommen. An beiden Orten waren die Tatenberichte des Augustus weithin sichtbar angebracht. Die bestehenden Parallelen zwischen dem Hauptort der Galaterstämme und der wichtigsten der pisidischen Kolonien zeigen, dass mit dem Kaiserkult ein provinziales Bewusstsein einherging, auch wenn die Initiative zur Etablierung der Kulte, die Organisation des Betriebs und die Errichtung der Gebäude von der lokalen Ebene ausging. Texte wie die Ancyraner Priesterliste57 oder die antiochenische Holztheaterinschrift58 lassen erkennen, welche öffentlichen Veranstaltungen mit der Herrscherverehrung verknüpft waren: Opfer, Speisungen, ferner Spektakel wie Tierhetzen, Gladiatorenkämpfe oder Wagenrennen. Die Beispiele zeigen nicht nur, dass die Aktivitäten rund um den Kaiserkult ein bestimmender Faktor des urbanen Lebens in den Städten des römischen Ostens waren. Sondern hinzu kommen auch die Ausrichtung des städtischen (Fest-)Kalenders an den Feierlichkeiten zu Ehren Roms, des Prinzeps und seiner Familie sowie eine handfeste ökonomische Dimension. Erhebliche Geldmittel der regionalen oder lokalen Elite flossen in Gebäude, Opfer und Stiftungen. Opfertiere wurden benötigt, Besucher von außerhalb mussten beherbergt werden. Dienstleister aller Art machten ihr Geschäft mit den Feierlichkeiten.59 Der Kaiserkult erreichte die Bewohner von Stadt und Umland, sodass sie sich dazu verhalten mussten. Dass diese Tatsache auch für Christusgläubige galt, liegt auf der Hand.60 In den Quellen erfahren wir von Konflikten, in denen Christen Aberglaube und mangelnde Loyalität vorgeworfen wurde, weil sie das Opfer für den Kaiser verweigerten, um nicht gegen das Alleinverehrungsgebot Gottes zu verstoßen. Die zeitge­schichtlichen Anspielungen in Texten wie Apk 1361 oder die Pliniuskorres 57 Vgl. Krencker/Schede, Tempel, 52–54; Bosch, Quellen, Nr. 51; Mitchell, Anatolia I, 108. Dazu Coşkun, Kaiserkult, 176 f; Ders., Forschungen zum Kaiserkult. 58 Vgl. Mitchell/Waelkens, Antioch, 224 f Nr. 7; Witulski, Adressaten, 204–215. 59 Vgl. Herz, Herrscherverehung; Ders., Kaiserkult. 60 Mitchell, Anatolia II, 10, spricht vom Kaiserkult als dem „obstacle which stood in the way of the progress of Christianity“. 61 Vgl. nur Esch-Wermeling, Brückenschläge; umfassend auch Witulski, Johannesoffenbarung.

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pondenz62 geben einen Einblick in derartige Konflikte im späten 1./frühen 2. Jh. n. Chr.63 Kennzeichnend für die Zeit nach 70 n. Chr. ist die zunehmende Kriminalisierung – mit Plinius des Christseins als solchem (nomen ipsum64) –, da die römischen Reaktionen auf den Jüdischen Krieg die Christen mit betrafen.65 Zu fragen ist aber, welche Konflikte es in der Zeit des Paulus zwischen Gemeinden und römischen Behörden gab und ob die galatische Krise hiermit in einen Zusammenhang zu bringen ist.66 Dass der Kaiserkult eine lebensweltliche Gegebenheit in der Umwelt der galatischen Gemeinden des Paulus war, wurde festgestellt. Ob die Herrscherverehrung der Mehrheitsgesellschaft und das sich daraus für die Christen ergebende Konfliktpotential ein Problem für Paulus und seine galatischen Gemeinden war, ist daher zu überprüfen. Konkret ist zu fragen, ob der Kaiserkult zu den Entstehungsvoraussetzungen der galatischen Krise zählte und ob der Gal Spuren eines Konflikts mit römischen Behörden zu erkennen gibt. Dem Schreiben ist zu entnehmen, dass seine Adressaten auf ihre Mitmenschen außerhalb der Gemeinde bezogen waren und dass diese Beziehung im Rahmen des Gruppenethos der Ekklesia von Belang war. In seinen Ausführungen zum Ethos der Christusgläubigen (Gal 5,13–6,10) fasst Paulus am Ende einer Reihe locker verbundener Mahnungen (6,1–9) zusammen: Allen sollten die Christusgläubigen Gutes tun, „am meisten aber den Hausgenossen des Glaubens“ (6,10). Die Praxis der Nächstenliebe, die die Menschen in der lebensweltlichen Um­gebung bewusst inkludierte und die sich in der Beachtung allgemeingültiger Wertvorstellungen manifestierte, galt prinzipiell πρὸς πάντας, wenn auch nicht im selben Umfang wie im Binnenraum der Ekklesia.67 Dass diese Haltung aber auch strukturelle Konflikte mit den nichtgläubigen Mitmenschen voraussetzt, ließe die Formulierung zu, legt es aber nicht nahe.68 Über lokale, gar behördliche Bedrängnisse oder deren Hintergründe erfahren wir hier nichts. 62 Vgl. zuletzt Thraede, Plinius (Lit.). 63 Vgl. Alvarez Cineira, Religionspolitik, 91 (Lit.). Ob und wenn ja, welche Verfolgungen der 1Petr voraussetzt, ist umstritten. Vahrenhorst, Leiden, rekonstruiert eine Situation der Bedrängnis, nicht der – auf Anzeige agierenden – behördlichen Verfolgung, wie sie etwa in Plin. epist. X 96 zu erkennen ist. Anders u. a. Reichert, praeparatio. 64 Plin. epist. X 96,2. 65 Vgl. Stegemann/Stegemann, Sozialgeschichte, 274–284; Koch, Geschichte, 459–501. 66 Die knappen Andeutungen des Paulus über seine eigenen Konflikte mit öffentlichen Behörden (vgl. 2Kor 1,8; 6,5; 11,23.25; Phlm 9.13; Phil 1,7 u.ö.) beziehen sich auf seine propagandistische Tätigkeit. Ihm wurde vermutlich vorgeworfen, die städtische Ordnung zu stören (vgl. Stegemann/Stegemann, Sozialgeschichte, 273). Zum galatischen Konflikt passt diese Problemlage nicht (s. o. 1.). Bei den in 1Thess 2,14 (vgl. 1Thess 1,6; 3,3 f.7) implizierten Bedrängnissen der Gemeinde von Thessalonich wird ausdrücklich von keinem Konflikt mit Institutionen, sondern mit „Landsleuten“ gesprochen. 67 Vgl. 1Thess 3,12; Röm 12,18; hierzu auch Wolter, Paulus, 316. 68 Vgl. Röm 12,14.

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Aus der Verehrung des göttlichen Prinzeps in der Umwelt hervorgegangene Probleme thematisiert der Gal an keiner Stelle explizit. Interpretationsmodelle, die dennoch mit dem Kaiserkult als dem entscheidenden Entstehungsfaktor der galatischen Krise rechnen, müssen daher eine Verhältnisbestimmung zwischen im Brief vorausgesetzter Beschneidungskrise und externer Kaiserkultproblematik vornehmen. Diskutiert werden muss dann die Frage der Einheitlichkeit des Briefes und der im Schreiben vorausgesetzten Situation.

2.1.1 Die literarkritische Lösung Eindeutige Hinweise für die These, die galatische Krise drehe sich (auch) um das Problem des Kaiserkults, erblicken einige Autoren in den Versen Gal 4,8–10.69 Mit der Passage verbinden sich einige Unklarheiten. V.8 nimmt zunächst die vorchristliche Zeit der Galater in den Blick, als sie noch keine Erkenntnis Gottes hatten. Damals leisteten sie (‚Sklaven‘-)Dienst τοῖς φύσει μὴ οὖσιν θεοῖς. Die Formulierung, die die Predigt des Paulus nachklingen lässt70 und den Charakter des frühen Christentums als Bekehrungsreligion vor Augen führt,71 erinnert sowohl an alttestamentlich-frühjüdische Aussagen zu heidnischen Göttern72 als auch an die euhemeristische Unterscheidung zwischen φύσει und bloß menschlicher Satzung gemäß existierender Götter.73 An welche von den vorchristlichen Galatern verehrte Götter dabei zu denken ist, bleibt offen. In der Umwelt der Galater wurden griechische Gottheiten ebenso verehrt wie hellenistisch überformte einheimische Götter wie etwa Men oder die Göttermutter.74 Die traditionelle Redeweise, die Paulus wählt, hat an ihnen kein tiefergehendes Interesse. Vielmehr kommt er auf die Jetztzeit nach der Lebenswende der Galater zu sprechen. Obwohl sie Gotteserkenntnis erhalten haben,75 wollen sie sich jetzt erneut (πάλιν)76 den „schwachen und armseligen“ στοιχεῖα zuwenden, um ihnen wieder zu dienen (V.9). Dass die Galater auf diese Weise faktisch einen unmündigen Zustand anstrebten, ist Gegenstand der paulinischen Kritik. Grundsätzlich sind unter στοιχεῖα die vier physikalischen Elemente Feuer, Wasser, Erde, Luft zu verstehen.77 69 Vgl. Witulski, Adressaten, 158–168; Hardin, Galatians, 122–127; kritisch Zimmermann, Gott, 91; Bergmeier, Gerechtigkeit, 68; Lémonon, Galates, 32. 70 Vgl. 1Kor 8,4 f (vgl. 10,20); 12,2; 1Thess 1,9; 4,5. 71 Vgl. Wolter, Identität, 132.136. 72 Vgl. nur Dtn 32,21; Jes 37,19 f; Jer 2,11; 5,7; 16,20; 2Chron 13,9; ferner Philo Virt 179. 73 Vgl. ausführlich Woyke, Götter, 322–341; Betz, Galaterbrief, 372–374. 74 Vgl. II 3.2.2; 3.2.3; 4.5.2.5; 7.1; auch Zimmermann, Gott, 88–91. 75 Diese Tatsache wird in der Gesamtargumentation des Gal vorausgesetzt. 76 Vgl. Bachmann, Sünder, 123–129, der den restitutiven Charakter des zweifach gesetzten „wieder“ herausarbeitet. 77 Vgl. Woyke, Götter, 341 f; Zimmermann, Gott, 94; Delling, στοιχεῖον; Blinzler, Lexikalisches; Rusam, Belege. Als Geistwesen verstehen Arnold, Domains; Betz, Galaterbrief, 358, die paulinische Formulierung. Lexikalisch ist diese Interpretation nur schwer zu belegen.

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Das Problem der genauen Bedeutung des Terminus im Gal ist jedoch bislang nicht „eindeutig gelöst“78. Denn im vorherigen Argumentationsschritt, auf den 4,8–10 aufbaut,79 hatte Paulus – sich als Jude inkludierend (ἡμεῖς) –80 die vorbaptismale Zeit als (‚Sklaven‘-) Dienst ὑπὸ τὰ στοιχεῖα τοῦ κόσμου bezeichnet. Dieser Zustand unter dem Nomos veränderte sich aber (ἐξαγοράσῃ; V.5) durch die Sendung des Gottessohns in die Sphäre des Nomos hinein (V.4 f). Bringt dann aber Paulus seine vorchristliche Zeit „unter dem Gesetz“ über die Stichwortverbindung (V.3.9) in die Nähe dessen, was er als (Rückwendung der Galater zum) Götzendienst bezeichnet (V.8)? Da dies aus der Sicht von Th. Witulski eine für Paulus „denkbar untypisch[e]“81 Aussage wäre, trennt er Gal 4,8–20 literarkritisch vom restlichen Brief ab. Die Erwähnung der στοιχεῖα τοῦ κόσμου in 4,3 gehe auf den Eingriff eines Redaktors zurück, so Witulski.82 Für das herausgenommene Fragment 4,8–20 sei eine von der im sonstigen Text vorausgesetzten Beschneidungskrise differierende Entstehungssituation zu rekonstruieren: die erneute Hinwendung der Adressaten zum heidnischen Kult.83 4,9 lege nahe, dass es sich dabei nicht um eine simple Rückkehr zum vorchristlichen Götterkult handele, vielmehr hätten die Galater ‚neue‘ Götter verehren wollen: den römischen Kaiser und sein Umfeld. Auf diese ‚Nicht-Götter‘ (V.8) beziehe sich der Ausdruck στοιχεῖα (V.9).84 Neben dem methodischen Risiko, das eine literarkritische Operation mit sich bringt, wirft die These noch weitere Probleme auf. Einen Beleg für die Verwendung des Terminus στοιχεῖον in Texten, die mit dem Kaiserkult in Zusammenhang stehen, gibt es nicht.85 Die Identifikation des Problemhorizonts von 4,8–20 mit einer Beteiligung am Kaiserkult ist daher keineswegs zwingend und auch nicht nahe liegend. Das sich aus 4,3.9 ergebende Interpretationsproblem lässt sich ferner durchaus unter Voraussetzung der literarischen Einheitlichkeit des Briefes angehen. Zu beachten ist, dass Paulus nicht von der erneuten Aufnahme des 78 So Zimmermann, Gott, 94. 79 Sowohl in Gal 4,1–7 als auch in den V.8–10 liegt das soteriologische Kontrastschema zu Grunde (vgl. Tachau, Predigtschema, 127 f). Eine Zäsur erfolgt nach V.10, nicht vor V.8 (mit Woyke, Götter, 323–328 [Lit.]), auch wenn beim Übergang zu V.8 ein Wechsel in die 2. Pers. erfolgt und mit ἀλλά der Beginn eines neuen Unterabschnitts der Gedankenführung angezeigt wird. 80 Für Bergmeier, Gerechtigkeit, 61 f, spricht Paulus ausschließlich über den vorkonversionalen Zustand der Judenchristen; anders Burchard, Galater 4,1–11, 45. 81 Witulski, Adressaten, 57. 82 Vgl. a. a. O. 71–81. 83 Vgl. a. a. O. 48 f; ähnlich bereits Lütgert, Gesetz 79. 84 Vgl. Witulski, Adressaten, 141–152. 85 Die von Witulski (a. a. O. 150) angeführte Kalenderinschrift von Priene (vgl. OGIS II 458; Sherk, Documents, Nr.  65) spricht vom Geburtstag (!) des Kaisers als der ἀρχή des Lebens (Z.10). Die Terminologie wird ausdrücklich als metaphorisch bezeichnet (Z.6: εἰ μὴ τῆι φύσει). Von einer Ineinssetzung Σεβαστός = στοιχεῖον ist im Text nicht die Rede.

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Götzendienstes spricht, sondern vom Rückfall in die Verehrung der „Elemente“ (V.9),86 was freilich den gleichen Effekt hervorruft wie die Verehrung der heidnischen Götter. Auf Gal 4,3 angewendet heißt das, dass Paulus den nicht-christlichen Juden also keineswegs Götzendienst unterstellt.87 Vielmehr zielt die paulinische Argumentation auf das tertium comparationis des Elemente-Dienstes der vorchristlichen Juden (V.3), der Götzenverehrung der Heiden (V.8) und des jetzt von den Galatern Intendierten (V.9[f]) ab: Alle drei sind Zustände der­ Unmündigkeit!88 Der Terminus στοιχεῖον in Gal 4,9 ist ferner innerhalb seines literarischen Kontextes verständlich, ohne eine Bezugnahme auf den Kaiserkult voraussetzen zu müssen. Der Ausdruck bewegt sich „im Rahmen dessen, was durch die Rezeption hellenistischen Gedankenguts durch das hellenistische Judentum im ­Milieu der hellenistisch-römischen Welt zur Verständigung mit Nicht-Juden bereitsteht“89, und eignet sich daher besonders, um das aus Paulus’ Sicht Gemeinsame der drei Vergleichsgrößen zu benennen. Wie Johannes Woyke gezeigt hat, verwendet Paulus den Begriff „Element“ in einer kosmologisch-anthropologischen Perspektive, wie sie sich sinngemäß auch bei Philo findet.90 Für die philonische Anthropologie bilden die Grundstoffe die irdischen Leiber. Hier bewirken die Elemente die Affekte des Menschen und bewahren daher seine Seele im irdischen Gefängnis.91 Als solche sind die Urstoffe in soteriologischer Hinsicht defizitär. Sie sind lediglich das göttliche Mittel, mit Hilfe dessen die Menschen im unmündigen Zustand gestraft werden. Christiane Zimmermann weist in diesem Zusammenhang auf Weish 7,17 und 2Makk 7,21 f hin.92 Die Texte sprechen von der Konstitution des menschlichen Körpers aus den „Elementen“. Darf man in Gal 4,3.9 dieses Bedeutungsspektrum voraussetzen, dann kritisiert Paulus, dass im Zuge des Elemente-Dienstes die kosmischen bzw. physischen Gegebenheiten verehrt werden, sprich: die Schöpfung und nicht der Schöpfer.93 ‚Körperliche‘ Belange – auch die Beschneidung von Heiden? – verdeckten so die Anerkenntnis Gottes. Endzeitliches Heil sei auf diese Art nicht zu erwarten. Gal 4,9 erklärt sich somit intratextuell.94 Eine Herauslösung von Gal 4,8–20, für die es abgesehen von den literarkritischen Einwänden auch keine textgeschicht 86 Vgl. Zimmermann, Gott, 93 f. 87 Vgl. a. a. O. 97. 88 Vgl. Gal 4,1.3; auch 3,1.3. Dazu u. a. de Boer, Galatians, 271.275. 89 Löning, Galaterbrief, 143. 90 Vgl. Woyke, Götter, 346–359; Ders. Elementen. Zu Kol 2,8.20 zuletzt Huttner, Lycus Valley, 126 f. 91 Vgl. Philo Her 267–283 (τὰς τέτταρας ἀρχάς τε καὶ δυνάμεις, ἐξ ὧν συνέστηκεν ὁ κόσμος, γῆν ὕδωρ ἀέρα καὶ πῦρ [281]). 92 Vgl. Zimmermann, Gott, 97. 93 Vgl. Röm 1,25; vgl. Zimmermann, Gott, 97–99. 94 Vgl. auch Bachmann, Rez. Witulski.

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lichen Hinweise gibt, lässt sich nicht begründen. Denn eine Bezugnahme auf eine vierte Größe neben dem vorchristlichen Leben jeweils der Heiden- und der Judenchristen und dem angestrebten Proselytenstatus der Galater wird nicht ersichtlich.

2.1.2 Beschneidung statt Kaiserkult? Teilt Witulski den Gal literarkritisch in zwei Textkomplexe, für die er einen je eigenständigen Problemhintergrund annimmt, gehen andere Autoren, die auch mit der Verehrung des römischen Herrschers argumentieren, von der literarischen Integrität des vorliegenden Textes aus. Angezweifelt wird dann die Einheitlichkeit der dem Brief vorausgehenden Situation. Für B. W. Winter stammte das galatische Problem aus der Mitte der Gemeinden. Gal 6,12 f enthalte den Schlüssel zum Verständnis der galatischen Krise.95 Bei den galatischen Gemeinden handele es sich um „mixed association[s]“96 aus geborenen Heiden und Juden. Der judenchristliche Anteil, von Paulus hier περιτεμνόμενοι (V.13) genannt, sei es, der die übrigen Christusgläubigen zur Beschneidung gedrängt habe.97 Der Grund: Als eine Gruppe von Menschen pa­ ganer und jüdischer Herkunft seien die galatischen Christen in den Augen der römischen Behörden nicht mehr als Teil der Diasporasynagoge erschienen. Daher hätten die Autoritäten von den Christusgläubigen als Loyalitätsbezeugung die Teilnahme am Kaiserkult eingefordert. Die jüdischen Gemeinden seien dagegen von der Verpflichtung suspendiert gewesen. (An dieser Stelle korrigiert Hardin, dass die Diasporajudenschaft nicht von dieser Pflicht befreit gewesen sei, sondern ihr lediglich in geeigneter Form nachzukommen hatte.98) Um der Teilnahmepflicht am Kaiserkult zu entgehen bzw. in geeigneter Form nachzukommen und auf diese Weise Konflikte zu vermeiden (vgl. V.12), hätten die örtlichen Judenchristen ihre paganstämmigen Glaubensgeschwister zur Beschneidung gedrängt.99 Der innerhalb des eigenhändig geschriebenen Schlussteils des Briefes100 angesiedelte Vers Gal 6,12 enthülle die wahren Absichten des judenchristlichen Gemeindeteils. Die grundsätzlichen theologischen Erörterungen über die Rolle der Beschneidung innerhalb der Gemeinschaft der Christusgläubigen seien so zu erklären, 95 Vgl. Winter, Welfare; Ders., Imperial Cult; aufgegriffen und modifiziert von Hardin, Galatians, 102–110. 96 Winter, Welfare, 137. Dazu auch ausführlicher in Abschnitt 4. Das Modell Winters ist strukturell den dort vorgestellten vergleichbar, charakterisiert aber das Motiv, die Galater in den Synagogenverband zu integrieren, auf andere Weise. 97 Ähnlich Thurén, Paul, 314; vgl. auch Schäfer, Paulus, 73 (ohne Bezugnahme auf den Kaiserkult). 98 Vgl. Hardin, Galatians, 102–114, unter Bezugnahme auf Pucci Ben Zeev, Rights, 471–481. Vgl. auch Krauter, Bürgerrecht, 211–214. 99 Vgl. Winter, Welfare, 137; ähnlich Nanos, Context, 398; Ders., Irony, 265 f. 100 Vgl. Gal 6,11–18.

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dass die örtlichen Judenchristen theologische Gründe vorgeschoben hätten, um ihr ­wahres – eigennütziges – Anliegen zu verschleiern.101 Die von Winter vorgeschlagene Rückführung der Beschneidungsforderung auf die für Christen problematische Teilnahmepflicht am Kaiserkult kollidiert mit einigen Charakteristika des Gal. Jede Aufteilung der in der adscriptio genannten Adressatenschaft in toraobservante Judenchristen und qua Herkunft unbeschnittene Gemeindeglieder muss erklären, warum die briefliche Kommunikation keine solche Differenzierung innerhalb des Zielpublikums erkennen lässt.102 Das Schreiben richtet sich ausdrücklich an die „Gemeinden Galatiens“ (Gal 1,2) und nicht etwa nur an einen bestimmten Teil von ihnen. Gleiches gilt für die kollektive Anrede als „Galater“ (Gal 3,1). Keine der Stellen, an denen die Adressaten direkt angeredet werden, lässt die unterstellte Binnendifferenzierung erkennen.103 Eine Verlesung des Briefes vor der gesamten Ekklesia ist offensichtlich intendiert. Sowohl das in 1Thess 5,27 Geforderte als auch der situative Kontext von Gal 2,11–21 – im syrischen Antiochia ist die gesamte Gemeinde zum Mahl versammelt – ­zeigen, dass dies ohnehin selbstverständliche Praxis war.104 Zu diesem Kommunikationsrahmen passt, dass die paulinischen Formulierungen auch die ungeteilte Adressatenschaft mit den gegenwärtig strittigen Fragen in Verbindung bringen.105 Folgt man Winters Modell, müsste man davon ausgehen, dass sich der Gal ausschließlich an den heidenchristlichen Teil der Gemeinden wendet, und zwar als diejenige homogene Gruppe, die sich innerhalb der ἐκκλησίαι τῆς Γαλατίας (vgl. Gal 1,2) befindet. Ihre judenchristlichen Mitglieder, die die Beschneidung propagierten, wären dann jene Anonymi, die Paulus als τινές εἰσιν οἱ ταράσσοντες ὑμᾶς (Gal 1,7) und unter dem Fluch stehend bezeichnet.106 Sie zählten dann nicht mehr zur Gemeinde der Christusgläubigen.107 Zu fragen wäre dann aber, warum Paulus nicht gerade sie unmittelbar anspricht und versucht, sie zu einer Verhaltensänderung zu bewegen, statt sie heftig zu attackieren. Man müsste sich vorstellen, Paulus hätte die Spaltung in zwei Lager und den spektakulären Ausschluss eines vermeintlich nennenswerten Teils der Gemeinden im Sinn gehabt,108 eine Annahme, die sowohl von Gal 3,28 als auch von 5,13–6,10 her betrachtet mehr 101 Vgl. Winter, Welfare, 136. 102 Vgl. Alvarez Cineira, Religionspolitik, 299. 103 Vgl. III Anm. 19. Zu Gal 4,21 s. u. 2.1.3. 104 Vgl. auch Gal 2,14: ἔμπροσθεν πάντων. Zu Gemeindeversammlungen und zur Vorlesepraxis im frühen Christentum vgl. Becker, Autorität, 73–81. 105 Vgl. Gal 1,6; 3,3; 4,21; 5,1–4. 106 Vgl. Gal 1,8 f; vgl. 6,16. 107 Mit dieser Möglichkeit rechnet Hardin, Galatians, 93: „Perhaps originally coming from within the Galatian churches, the agitators later broke ties with Paul’s readers or excluded themselves (or the Galatians) from fellowship“. Warum aber sollten dann die eine eigene Gemeinschaft bildenden Judenchristen Bedrängnisse auf Grund der Unbeschnittenheit einer von ihnen getrennten heidenchristlichen Gruppe befürchten? Zum Profil der Gemeinden s. u. 4. 108 Ähnlich zeichnet Thurén, Paul, 313 f, die Situation.

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als unwahrscheinlich erscheint. Das in diesen Texten geforderte egalitäre Ethos innerhalb der Ekklesiai stünde im krassen Widerspruch zu der behaupteten Spaltungsabsicht des Briefes. Eine solche Inkonsequenz aber passt nicht zum sorgfältigen Aufbau des Textes. Zudem lobt Gal 5,7 ausdrücklich den zurückliegenden Werdegang der Gemeinden als ganze. Schließlich ist daran zu erinnern, dass Paulus im brieflichen Hauptteil auf mehreren theologischen Ebenen den Galatern seine Sicht auf die Beschneidung im Lichte des Christusglaubens darlegt. Es erscheint kaum vorstellbar, dass Paulus mit diesen langen Ausführungen darauf reagiert, dass die galatischen Judenchristen die entsprechenden theologischen Begründungen pro Beschneidung angeführt hätten.

2.1.3 Beschneidung und Kaiserkult? Gal 4,10 weitet den Problemkreis der galatischen Krise aus auf die Beachtung (bestimmter) Tage, Monate, Jahreszeiten und Jahre. Eine Kalenderobservanz wird im restlichen Brief nirgends angesprochen – und reizt daher zu exegetischen Erklärungsversuchen. Der Briefsteller seinerseits konnte davon ausgehen, dass die Adressaten wussten, worauf er anspielte. Der Mehrheitsmeinung der Exegese zufolge richtet sich Gal 4,10 gegen die intendierte109 Übernahme eines weiteren jüdischen Identitätsmerkmals neben der Beschneidung und dem Einhalten der Speisegebote, nämlich die Beachtung des jüdischen (Fest-)Kalenders.110 Hardin kritisiert diese Auffassung und meint, Paulus werfe in Gal 4,10 einem Teil der galatischen Heidenchristen vor, sich aktiv am Kaiserkult zu beteiligen. Konkret kritisiere Gal 4,10 die Beachtung von Festzeiten – wie etwa des Kaisergeburtstags oder der jährlichen Agone –111 und die Zeitrechnung nach dem imperialen Kalender.112 Ein anderer Gemeindeteil sei, wie Winter es bereits angenommen hatte, von den örtlichen Judenchristen zur Beschneidung gedrängt worden, um auf diese Weise vor den römischen Autoritäten tadellos zu erscheinen (vgl. Gal 6,12). Bei einem Teil der galatischen Heidenchristen sei die Beschneidungsforderung auf offene Ohren gestoßen. Diejenigen, die zu Paulus’ Missbilligung die Beschneidung konkret erwogen hätten, bezeichne der Brief als „jene, die unter dem Gesetz sein wollen“ (Gal 4,21).113 Hardin reagiert auf mögliche Einwände gegen seine Rekonstruktion, indem er etwa darauf hinweist, dass das Eingangsstatement des Paulus, die Galater hätten 109 Mit Bergmeier, Gerechtigkeit, 66 f Anm. 279, ist das Präsens παρατηρεῖσθε (V.10; vgl. auch V.9) als de conatu zu bestimmen (s. o. Anm. 13). 110 S. o. Anm. 47. Zu Gal 4,10 Bergmeier, Gerechtigkeit, 60; Lührmann, Tage; Becker, Galater, 66. Vgl. Kol 2,16: Umstritten ist, was der Vers zur Interpretation von Gal 4,10 beiträgt. 111 Vgl. nur Ameling, Kaiserkult, 28–32.36–44. 112 Vgl. Hardin, Galatians, 122–127; vgl. auch Witulski, Adressaten, 152–168. 113 Schon Lütgert erkannte in diesem Vers eine Aufteilung des galatischen Konflikts in zwei „Fronten“ (s. o. I 4.1).

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sich zu einem „anderen Evangelium“ (Gal 1,6) hingewandt, auch auf Probleme im Zusammenhang des Kaiserkultes anspielen könne, sei εὐαγγέλιον doch auch ein üblicher Begriff innerhalb des Kaiserkults.114 Die Schwierigkeiten, eine Binnendifferenzierung innerhalb der intendierten Adressatenschaft des Gal auszumachen, wurden bereits aufgezeigt.115 Hardin verkompliziert dieses Modell dahingehend, dass er von drei beteiligten Gruppen – Kaiserkultteilnehmer, Beschneidungsprediger und Beschneidungswillige  – und zwei Problemstellungen ausgeht. Doch nötigt die partizipiale Wendung οἱ ὑπὸ νόμον θέλοντες εἶναι in Gal 4,21 keineswegs dazu, eine einheitliche Situation aller Adressaten zu negieren. Auch mit Gal 1,6 kommt die Behauptung eines mehrfach geschichteten Problemhorizonts unweigerlich in Konflikt. Denn die Rede ist hier von einem „anderen Evangelium“, das nach Paulus’ Darstellung dem von ihm einst Verkündeten entgegensteht. Dass hier auch die Tendenz zum Kaiserkult im Blick gewesen sein könnte, erscheint ausgeschlossen. Hardins Annahme von zwei völlig entgegengesetzten Reaktionen innerhalb der Gemeinde – Kaiserkultteilnahme und Vermeidung von Kaiserkult durch Beschneidung – hat am Gal keinen Anhalt und erscheint als historischer Hintergrund unwahrscheinlich.

2.2 Die Evidenz aus der Umwelt der Gemeinden In einem zweiten Schritt ist nun zu überprüfen, ob die Nachrichten über Lebenswelten im antiken Galatien es erlauben, eine Verbindung zwischen Kaiserkult und galatischer Krise herzustellen. Einen direkten historischen Bezug zwischen der in Gal 4,8–20 vorausgesetzten Situation und Daten aus der Umwelt der Adressaten sieht Witulski.116 Das von ihm literarkritisch ermittelte Brieffragment habe auf die „erstmalige[] öffentlichkeitswirksame[] Kaiserverehrung“117 vor Ort reagiert. Die Einführung des Kaiserkults sei in der antiochenischen Holztheaterinschrift dokumentiert, die den Priester Calpurnius als Erbauer eines hölzernen Theaters und Stifter zahlreicher Spektakel rühmt.118 Mit Ramsay datiert Witulski den von ihm detailliert besprochenen Text in die Mitte des 1. nachchr. Jh.119 Damals sei der Kaiserkult in Antiochia coram publico etabliert worden. Allein Gründe dafür gibt es keine.120 Ramsay ordnete die Inschrift grob in das mittlere 1. Jh. n. Chr. ein, ohne genauere Anhaltspunkte angeben zu können. Denn 114 Vgl. Hardin, Galatians, 139. 115 S. o. 2.1.2. 116 Vgl. Witulski, Adressaten, 176–221. 117 Witulski, Adressaten, 204. Hervorhebung vom Vf. Zum Folgenden a. a. O. 177–221. 118 Vgl. II 4.5.2.2; Vgl. Mitchell/Waelkens, Antioch, 224 f Nr.  7; ferner Witulski, Adressaten, 204–215. 119 Vgl. a. a. O. 214; Ramsay, Inscriptions, 179. 120 Vgl. auch die Kritik von Hardin, Galatians, 131.

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solche liegen nicht vor.121 Ob der Text für die paulinische Zeit und damit für die Entstehungssituation von Gal 4,8–20 relevant ist, muss daher offen bleiben. Dass bereits vor der möglichen Abfassung des vermeintlichen Brieffragments der Kaiser öffentlich verehrt wurde, zeigt sicher nicht nur die monumentale Kaiserkultstätte, die um die Zeitenwende geweiht wurde,122 sondern auch das Kaiserbild des C. Caristanius Fronto Caesianus Iullus aus claudischer Zeit.123 Es verdankt sich einem Gelübde des Ritters Fronto aus Antiochia. Zusätzlich spendierte er auch Opfer, Spiele und Tierhetzen. Die Holztheaterinschrift kann für die Einführung öffentlicher Veranstaltungen im Rahmen des Kaiserkults nicht länger exklusiv in Anspruch genommen werden. Weder lässt sich eine Verbindung des fraglichen Abschnitts mit dieser Inschrift noch eine Lokalisierung der aus Gal 4,8–20 erschlossenen Adressaten – und mithin des ‚restlichen Gal‘ – auf diesem Weg plausibel machen. Dass der Kaiserkult in den Lebenswelten der galatischen Christen präsent war, ist aber unbestritten. Loyalität und Dankbarkeit gegenüber der Reichszentrale waren feste Bestandteile des städtischen Selbstverständnisses. Der Rombezug war durch die bauliche Gestaltung des öffentlichen Raumes nicht zu übersehen und durch Feste und Spektakel Teil  des öffentlichen Lebens.124 Doch von einer womöglich behördlich überwachten zwangsweisen Teilnahme an Veranstaltungen des Kaiserkults ist in den Quellen nirgends die Rede.125 Im Gegenteil erscheint es auf Grund der Strukturen römischer Herrschaftsausübung mehr als zweifelhaft, dass im Galatien der claudischen Zeit irgendwelche Autoritäten hätten überprüfen können, wer etwa für den Kaiser opfert oder nicht. Eine dafür notwendige Infrastruktur existierte nicht, und ihre Etablierung war römischerseits auch nicht vorgesehen.126 Die kleinen Gruppen Christusgläubiger, von denen wir in paulinischer Zeit ausgehen können, mussten sich daher nicht erst als Juden ‚tarnen‘, um sich den üblichen Praktiken des Kaiserkults zu entziehen. Zu fragen ist zudem, ob eine solche ‚Tarnung‘ als Proselytengruppe mit dem Status der örtlichen Diasporagemeinden vereinbar gewesen wäre. Unser Wissen über die Synagogengemeinden ist bruch 121 Vgl. erneut Ramsay, Inscriptions, 179. 122 Vgl. II 4.5.2.3. 123 Vgl. Christol u. a., L’empereur; vgl. II 4.5.2.4. 124 Vgl. II 4.5.1; 4.5.2.3. 125 Vgl. auch Bauer, Paulus, 188. Der Kaisereid von Gangra in Paphlagonien spricht zwar idealtypisch davon, „alle“ Bewohner der Region hätten am Kaiseropfer teilgenommen, dass dies realiter auch so war, ist ganz unwahrscheinlich (s. o. II Anm. 281). Für die griechischen Poleis zeigt Krauter, Bürgerrecht, 230–264, dass von einer „umfassende[n] Pflicht zur Teilnahme am Poliskult“ (264) keine Rede sein kann (vgl. aber Ebner, Stadt, 24 f). Der Befund ist auch bei der Beurteilung der Situation der kaiserzeitlichen Städte des römischen Ostens zu berücksichtigen. 126 Vgl. II 4.5.1. Dieser Sachlage entspricht, dass auch der Statthalter Plinius nicht nach Christen fahndete, sondern ausschließlich auf Grund von Anzeigen handelte (vgl. Plin. epist. X 96,2.4; 97,1). Trajan bestätigte ausdrücklich die Rechtmäßigkeit dieser Praxis, wenngleich er anonyme Anzeigen ausschloss (Plin. epist. X 97,2).

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stückhaft. Alle Anzeichen sprechen aber dafür, dass ihnen viel an den Rechtsprivilegien lag und sie daher auf mögliche Störungen unmittelbar reagierten.127 Größere Proselytengruppen, die die gleichen Rechte für sich reklamierten – noch dazu unter Beteiligung Ehemaliger aus den eigenen Reihen –, dürften sie kaum toleriert haben. Gerade in der Situation des Drucks seitens des Imperiums waren die Synagogen auf Distanzierung von den christlichen ‚Unruhestiftern‘ aus.128

2.3 Ergebnis Auch wenn, wie eingangs festgestellt,129 der Gal kein vollständiges Bild von der in ihm vorausgesetzten Krise bietet, ist der Textbefund doch präzise genug, um eine Fraktionierung der Adressatenschaft auszuschließen.130 Damit scheiden diejenigen Modelle aus, die die galatische Krise auf einen sozialen Konflikt zwischen Untergruppen der galatischen Gemeinden zurückführen und ihn vor dem Hintergrund der Forderung interpretieren, am Kaiserkult teilzunehmen. Auch auf andere Weise bietet das Schreiben keinen Raum für die These, die Herrscherverehrung sei mitverantwortlich für die galatische Krise. Gleiches gilt für die literarkritische Lösung. Die Argumente für einen abweichenden Problemhorizont von Gal 4,8–20 lassen sich entkräften. Auch die Strukturen römischer Herrschaft in Kleinasien sprechen gegen den Kaiserkult als Auslöser des galatischen Konflikts. Genauso wenig lässt sich mit hinreichenden Gründen ein unmittelbarer Bezug zur antiochenischen Holztheaterinschrift plausibel machen. Soziale Probleme, die den Gemeinden aus vermeintlichen Ansprüchen der kultischen Verehrung des Σεβαστός/Augustus erwuchsen, kommen als Entstehungsfaktoren der galatischen Krise nicht in Betracht.

3. Die galatische Krise und die Götterkulte Kleinasiens 3.1 Die ‚orientalischen‘ Kulte in der Umwelt der Galater Die kleinasiatische Halbinsel gilt seit jeher als Vermittlerin zwischen exotischer ‚orientalischer‘ und mittelmeerisch-‚europäischer‘ Kultur. Im Hinblick auf die griechisch-römische Antike weckten besonders die ins Römerreich aus dem Osten ‚eingewanderten‘, fremdartig erscheinenden Religionen das Interesse der religionsund kulturhistorisch ausgerichteten Forschung. Die dabei vorausgesetzte europa 127 Vgl. II 5. 128 Vgl. Theissen, Gegenmission, 285. 129 S. o. 1. 130 Vgl. Jewett, Agitators, 334: Paulus „dealt with the congregation as a more or less homogenous group“.

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zentrierte Perspektive ist offensichtlich.131 Ungeachtet der historischen Wurzeln des Christentums wurde in der Forschungsgeschichte allzu oft ein Gegensatz zwischen den vermeintlich die griechisch-römische Kultur zur Dekadenz verführenden östlichen Kulten und dem – hier: protestantisch verstandenen – Christentum konstruiert. Sogar das antike Judentum glaubte man dabei der Seite der Dekadenz zurechnen zu müssen.132 Ausläufer derartiger Geschichtsdeutungen lassen sich auch in der Exegese des Gal beobachten, und zwar dort, wo Autoren nach dem kleinasiatischen Kontext des Schreibens fragen. Da Gal 4,8 f an den Einzelheiten des kultischen Umfelds der Galater völlig uninteressiert ist – einzige Kennzeichen paganer Götter sind aus Paulus’ Sicht ihre Nichtexistenz und ihr Unvermögen –133, galt es, Erkenntnisse über die Umwelt der Galater für die Exegese des Briefes fruchtbar zu machen. Postuliert wurde, dass Zentralkleinasien eine Hochburg des Aberglaubens, archaisch-‚wilder‘ Riten und des Rigorismus religiöser Gesetze gewesen sei. Als Belege wurden beispielsweise das von einigen Kulten überlieferte Verbot, Schweine­fleisch zu essen, angeführt, ferner die Festtage134 oder die vermeintlichen Selbstkastrationsriten des Kybele-Kults. An dieses religiöse Klima hätte die Gesetzespredigt der Konkurrenzmissionare in Galatien anknüpfen und die Galater erneut zur ihnen vertrauten strengen Observanz religiöser Gebote – diesmal jüdisch grundiert – bringen können.135 Gal 5,12 sei als Anspielung auf die Entmannungsriten der Priester der Göttermutter in Pessinus und daher auch als Argument zugunsten der nordgalatischen Lokalisierung der Gemeinden zu verstehen.136 Mit ähnlichem Ansatz, aber jenseits der klischeehaften Charakterisierung der Lebenswelten im antiken Kleinasien verbinden einige neuere Beiträge die gala­ tische Krise und den Gal mit kultischem Leben in der Umwelt der Galater. Die entsprechenden Vorschläge gilt es anhand der Analyse der Lebenswelten der­ Galater zu überprüfen. 131 Vgl. Auffahrt, Religio, 336. 132 Vgl. a. a. O. 337. 133 Vgl. Woyke, Götter, 450 f; Wischmeyer, Abraham, 145. 134 Vgl. Oepke, Galater (bearb. Rohde), 26.  Ob das Verbot, Schweinefleisch zu genießen (Strab. XII 8,9 [§ 575]; Paus. VII 17,10), überhaupt in der Lebenswelt der galatischen Gemeinden eine Rolle spielte, ist ebenso unklar wie die Frage, ob eine Verbindung zur galatischen Krise besteht. Über einen spezifischen Festkalender der Kulte der Muttergöttin in Kleinasien ist nichts bekannt (vgl. II 7.1). 135 Vgl. Oepke, Galater (bearb. Rohde), 27: „Das Heidentum aller Zeiten neigt von sich aus zu gesetzlicher Auffassung derartiger Bräuche. Trat hier die altheilige Autorität der jüdischen Tora und die durch die Predigt des Paulus geweckte Sorge um das Seelenheil hinzu, so ist verständlich, daß die Galater drauf und dran waren, den Einflüsterungen der judaistischen Agitatoren zu folgen“. 136 Vgl. Lütgert, Gesetz, 81 f, der insbesondere Gal 4,8–20 als Reaktion auf einen Abfall in heidnische, enthusiastische Kulte liest (vgl. a. a. O. 74–84); ferner Oepke, Galater (bearb. Rohde), 163 f; auch Martyn, Galatians, 478; Arnold, Astonished, 447; Nanos, Irony, 204. Zur Lokalisierung der Galater s. o. III.

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3.2 Furcht vor den Göttern Einige Autoren kommen bei dem Studium der – hauptsächlich epigraphischen – Quellen über das religiöse Leben im antiken Galatien zu dem Ergebnis, die Menschen hätten zur Zeit des Paulus in einem „climate of respect for and fear of the gods“137 gelebt. Dies gehe aus den zahlreichen privaten Inschriften hervor, die über die religiöse Kommunikation Auskunft geben.138 Besonders die Gruppe der sogenannten Beichtinschriften sei aussagekräftig.139 In ihnen würden die Götter als überaus mächtig und das Leben der Menschen unmittelbar kontrollierend dargestellt.140 Krankheit und Tod seien als Strafen für selbst oder von Angehörigen begangene Übertretungen kultischer oder sozialer Gebote gedeutet worden. Nur durch Schuldbekenntnisse, Spenden und Gelübde habe der göttliche Zorn besänftigt und Straferlass erreicht werden können. Insofern hätten die Menschen in ständiger Sorge vor Verletzung der zahlreichen Tabus gelebt und sich stets die größte Mühe geben müssen, durch tadellose Lebensführung den Göttern zu gefallen. Diese für Zentralkleinasien typischen141 religiösen Sitten seien auch für die Entstehung der galatischen Krise verantwortlich zu machen. Zumindest sei mit ihnen zu erklären, weswegen die galatischen Christen den judenchristlichen Agitatoren Gehör geschenkt hätten. So werde verständlich, warum die heidenchristlichen Galater bereit gewesen seien, die ansonsten in der griechisch-römischen Welt geächtete Beschneidung sowie sämtliche anderen rituellen und ethischen Toragebote zu beachten.142 Da die Galater mit den rigorosen Anforderungen kultischer und sozialer Tabuisierungen vertraut gewesen seien, sei es den Agitatoren ein Leichtes gewesen, sie auf die Beschneidung143 und die Beachtung von Feiertagen144 zu verpflichten.145 Mit der den Galatern bekannten Bemühung, ein vor den Augen der 137 Arnold, Astonished, 435; vgl. auch Lémonon, Galates, 33; Elliott, Cutting, 62–88; Oh, Setting, 48–56. Betz, Galaterbrief, 37, spricht vom „heidnische[n] Aberglauben und der Furcht vor Göttern und Dämonen, für die die Leute dieser Gegend bekannt waren“. 138 Vgl. II 7.2. 139 Vgl. Petzl, Beichtinschriften; Klauck, Beichtinschriften; Mitchell, Anatolia I, 191–195; Labarre, Origines, 403–405; Ameling, Paränese, 246 f; Niebuhr, Ethos, 266–271. 140 Vgl. Arnold, Astonished, 434: „All of the inscriptions represent the deities as austere, powerful gods who take offence at the transgressions of their worshippers. It does not matter if the sins are witting or unwitting; they still solicit the harsh response of the deity“. 141 Arnold, Astonished, 435, spricht von einer „traditional mentality“. Während andernorts die in den Beichtinschriften vorausgesetzten Kompetenzen der Götter nur in der Volksfrömmigkeit verbreitet gewesen seien, seien sie in Zentralkleinasien „important and official part of cult practice“ (a. a. O. 437) gewesen. 142 Vgl. Oh, Setting, 74 f. 143 Vgl. Gal 5,2; 6,12 f. 144 Vgl. Gal 4,10. 145 Vgl. Arnold, Astonished, 438 f.

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strengen Götter nicht zu beanstandendes Leben zu führen, habe ferner die Forderung der galatischen Konkurrenzmissionare korrespondiert, sämtliche Tora­ gebote einzuhalten.146 Wie dem Gal zu entnehmen sei,147 hätten die Anonymi vom göttlichen Fluch und der göttlichen Gerechtigkeit geredet und dabei Begriffe, die den Galatern aus ihrer Umwelt bekannt gewesen seien, verwendet.148 Fraglich erscheint zunächst, ob Texte wie die Beichtinschriften für die Lebenswelten der galatischen Gemeinden als repräsentativ gelten können. Immerhin ist zu beachten, dass das Gros der Inschriften doch aus deutlich nachneutestamentlicher Zeit – aus dem 2./3. Jh. n. Chr. – stammt. Die Fundorte konzentrieren sich auf Lydien und Phrygien. Auch das eine, in das 1. Jh. n. Chr. zu datierende Fund­ exemplar,149 und die im phrygisch-galatischen Grenzgebiet zu Tage geförderte Inschrift150 belegen noch nicht, dass die mit den Beichtinschriften verbundenen rituellen Praktiken in Südgalatien gängig waren. Einige Indizien sprechen aber dafür, dass die in den Texten vorausgesetzten religiösen Vorstellungen – wie etwa die den Göttern zugeschriebenen Kompetenzen – geläufiger waren, als es die lokale Verbreitung der bisher bekannten Beichtinschriften nahezulegen scheint.151 Mit Vorsicht sind also Rückschlüsse auf die religiöse Umwelt der Galater möglich. Schwieriger mit der galatischen Krise zu verbinden ist die sozialgeschichtliche Einsicht, dass die Frömmigkeit der Beichtinschriften eine typische Erscheinung des ländlichen Raums gewesen ist.152 Denn viel spricht dafür, die paulinischen Gemeinden eher im städtischen Milieu anzusiedeln.153 Immerhin aber ist Griechisch die Sprache der Beichtinschriften. Auch ist nicht anzunehmen, dass im ländlichen Raum verbreitete religiöse Überzeugungen in den Städten völlig fehlten. Manches des in den Texten Genannten dürfte also den galatischen Christen aus ihrer Umwelt und der eigenen Sozialisierung vertraut gewesen sein. Klar gegen eine Verbindung der galatischen Krise mit den vermuteten kleinasiatischen Frömmigkeitsformen spricht aber ein formaler und inhaltlicher Vergleich. (1) Richtig ist, dass in den Kulten des antiken Kleinasiens großer Wert auf rituelle, vor allem kultische Reinheit betreffende Gebote gelegt wurde. Wirkliche Parallelen zu den in den galatischen Gemeinden geforderten jüdischen Riten lassen sich aber nicht beibringen. Eine operative Veränderung am Körper aus religiösen Gründen kommt in den kleinasiatischen Texten nirgends vor. Ein Pendant zur Beschneidung als Zeichen der Zugehörigkeit zum Bundesvolk154 existiert nicht. 146 Vgl. a. a. O. 441.445; ähnlich Oh, Setting, 74 f. Die Annahme passt nicht zu Gal 5,3. 147 Vgl. Gal 1,8 f; 2,16; 3,6.8.10.13. 148 Vgl. Arnold, Astonished, 447; Oh, Setting, 90–97; Zimmermann, Gott, 51 f.88 f. 149 Vgl. Petzl, Beichtinschriften, Nr. 56. 150 Vgl. Ricl, Confession-Inscription. 151 Vgl. etwa Chiai, Götter. 152 Vgl. Chaniotis, Tempeljustiz, 353; Petzl, Beichtinschriften, VII. 153 Vgl. III 5.; V 2.; auch Betz, Galaterbrief, 36; Ebner, Stadt, 17–27. 154 Vgl. nur Gen 17,10 f.

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Die für die jüdische Beschneidungstheologie zentrale Identitätsfrage155 stellt sich hier an keiner Stelle. Auch spielt die Beachtung von Festzeiten und Feiertagen156 in den Beichtinschriften keine Rolle. Thematisiert werden hier vielmehr individuelle Vergehen wie die Benutzung geweihter Güter, unerlaubte Tätigkeiten im Heiligtum, öffentliche Verächtlichmachung der Gottheit oder Gewalt gegen Menschen.157 Von Übertretungen wie etwa dem Abholzen eines heiligen Hains158 oder dem Geschlechtsverkehr innerhalb des Heiligtums,159 die vom örtlichen Kult­ personal geahndet wurden, ist keine Verbindungslinie zur Beschneidungsforderung in Galatien zu erkennen. (2) Die in den kleinasiatischen Kultstätten geltenden Reinheitsvorschriften sollten heilige Orte und Gegenstände schützen. Hingegen kannten die paulinischen Gemeinden ein Reinheitskonzept, das sich ausschließlich auf das zu praktizierende Ethos der Christusgläubigen bezog.160 Vergleichbar ist lediglich die Terminologie, sprich: die Bildhälfte der jeweiligen Metaphorik. Eine Sachparallele besteht nicht. (3) Dass im Rahmen der judenchristlichen Agitation in den galatischen Gemeinden unter Hinweis auf die strikten Moral­ vorstellungen der kleinasiatischen Kulte die Beachtung sämtlicher Toragebote gefordert wurde, ist von Gal 5,3 her unwahrscheinlich.161 (4) Auch andere Passagen des Gal, die man als Paulus’ – mit den Fremdmissionaren konkurrierende – Antwort auf die religiösen Bedürfnisse der Galater lesen kann, illustrieren die Unvereinbarkeit mit dem uns über die Religiosität Kleinasiens Bekannten. Mehrmals und eindringlich versichert Paulus seinen Adressaten, dass sie auf Grund ihres Glaubens Kinder Gottes und damit mündig sind.162 Dadurch leben sie in der Hoffnung auf Rettung aus dem „gegenwärtigen bösen Äon“ (Gal 1,4). Diese ist durch die Sendung des Gottessohnes bereits geschehen163 und den Glaubenden in der Taufe zugeeignet.164 Der sündhafte Zustand hat damit ein Ende gefunden und die Gerechtsprechung ist schon in Geltung gesetzt.165 Diese wird sich im künftigen Gericht als „endzeitliche Rechtfertigung durch Gott“166 realisieren.167 Die Texte der kleinasiatischen Kulte kennen nun aber keine Gerechtsprechung mit­ 155 Vgl. Blaschke, Beschneidung, 320 f. 156 Vgl. Gal 4,10. 157 Vgl. Petzl, Beichtinschriften, XII. 158 Vgl. a. a. O. Nr. 9. 159 Vgl. a. a. O. Nr. 5; Chaniotis, Tempeljustiz, 357–360. 160 Mit Huttner, Lycus Valley, 134. Vgl. Röm 1,24; 6,19; 1Kor 7,14; 2Kor 12,21; Gal 5,19 (vgl. 2Kor 6,17). 161 Vgl. Jewett, Agitators, 337. 162 Vgl. Gal 1,3 f; 3,7.26.29; 4,5–7.28. Zimmermann, Gott, 152, spricht von der Vaterschaft als der „zentrale[n] Qualität Gottes“ im Gal. 163 Vgl. Gal 1,3 f; 4,4 f. 164 Vgl. Gal 3,26 f. 165 Vgl. Gal 2,16 (δικαιοῦται ἄνθρωπος […] διὰ πίστεως ’Ιησοῦ Χριστοῦ). 166 Zimmermann, Gott, 48. 167 Vgl. Gal 2,16 (ἵνα δικαιωθῶμεν ἐκ πίστεως Χριστοῦ […] δικαιωθήσεται); 5,5.10.

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eschatologischer Gültigkeit durch eine Gottheit, keine Berufung der an sie bzw. ihre Agenten Glaubenden und keine endzeitliche Hoffnungsperspektive.168 Vergebung der Sünden erfolgt hier individuell und stets weltimmanent. Nach dem Tod ist offenbar allein der Schutz der Grabstätte wichtig.169 Vorstellungen von der postmortalen Existenz spielten wohl keine Rolle. Will man nicht annehmen, die Konkurrenzmissionare hätten den Boden der jüdisch-apokalyptischen Endzeithoffnung – der prinzipiell auch die Beschneidung zugeordnet werden kann –170 gänzlich verlassen, ist die Annahme, sie hätten an bestimmte Theologumena der Umwelt der Galater angeknüpft, nicht aufrechtzuerhalten. Relativiert werden muss schließlich auch die Annahme eines Klimas der besonders tief sitzenden Furcht vor den Göttern in Kleinasien. Die Beichtinschriften spiegeln eine Art der Konfliktbewältigung, die auf den ländlichen Raum zugeschnitten war.171 Das Spektrum der behandelten Vergehen sowie der Strafverfolgungsmöglichkeiten der ländlichen Tempel war eng begrenzt. Von einer Art Sakraljustiz kann keine Rede sein. Schwere Fälle fielen selbstverständlich in die Kompetenz der öffentlichen Rechtspflege. Kann institutionalisierte Konfliktbewältigung durch das Kultpersonal der Heiligtümer zwar als Spezifikum des ländlichen Kleinasiens gelten, so gehören die damit verbundenen religiösen Annahmen doch zum Allgemeingut der Alten Welt.172 Dass übermäßige Furcht vor den Göttern ein Spezifikum der Menschen in Zentralkleinasien war, ist daher eine Fehldeutung, die wohl von der großen Anzahl der gefundenen Beicht­ inschriften herrührt. Der Annahme einer Verbindung der lokalen paganen Frömmigkeitsströmungen mit der galatischen Beschneidungsforderung fehlt die Grundlage. Vielmehr trafen sowohl Paulus als auch die Konkurrenzmissionare in Galatien auf Menschen, die prinzipiell die gleichen kulturellen und religiösen Vorprägungen aufwiesen wie ihre Zeitgenossen andernorts im Mittelmeerraum. Hätten die galatischen Anonymi die Galater mit dem Verweis auf göttliche Sanktion als Drohgebärde von der Notwendigkeit der Beschneidung und dem Halten der Tora überzeugen wollen, hätten sie jüdischem Selbstverständnis zuwider gehandelt. Denn die Erfüllung der Tora wurde als Freude und Privileg verstanden.173 168 Diese Beobachtung ist auch als Anfrage an die These von Schnabel, tyranny, zu stellen, derzufolge das Aufkommen der Beichtinschriften als Reaktion auf die Ausbreitung des frühen Christentums zu Stande gekommen sei. 169 S. o. II 7.2. 170 Vgl. Blaschke, Beschneidung, 279 f, zu Bill. II 719 f. 171 Vgl. II 7.2. 172 Vgl. II Anm. 526–533. Die Auffassung Arnolds, in den Kulten Zentralkleinasien wären Götterbilder verbreitet gewesen, die andernorts nur in der Volksfrömmigkeit jenseits der ‚offiziellen‘ Kulte angesiedelt gewesen seien (s. o. Anm. 141), kollidiert mit dem viel komplexeren antiken Diskurs über die Götter und ihre Kompetenzen (vgl. etwa Woyke, Götter, 140–151). 173 Vgl. etwa Ps 1,1 f; 68,4; 97,11; 112,1; 119,14.111. Zu rabbinischen Texten Avemarie, Tora, 284–290.

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3.3 Beschneidung und Kastration S. Elliott verknüpft die galatische Krise nicht mit religiösen Vorstellungen kleinasiatischer Kulte, sondern mit von ihr rekonstruierten rituellen Praktiken in der Umwelt der Galater.174 Im Zentrum ihres Entwurfs steht dabei die kleinasiatische Muttergöttin, ohne Zweifel eine der am weitesten verbreiteten Gottheiten Kleinasiens.175 Nach Elliott hat die unter verschiedenen Epiklesen verehrte Μήτηρ von ihren auf Bergen gelegenen Kultstätten herab die darunter befindlichen Orte, insbesondere Tempelstaaten, beherrscht und beschützt.176 Kennzeichen der „‚Anatolian zone‘“177 – eine geographische Eingrenzung nimmt Elliott nicht vor – sei das absolute Regime der Göttin gewesen. Daher sei sie auch mit dem ‚Gesetz‘ assoziiert worden.178 Dementsprechend habe sie in Poleis, in denen ihr Heiligtümer geweiht waren, über die Gesetze der Stadt gewacht, so etwa im Fall des Metroons in Athen. Bei den galli, den religiösen Spezialisten im Kult der Muttergöttin, handelt es sich Elliott zufolge um junge Männer, die sich durch die in Trance ausgeübte Selbstkastration dem lebenslangen Dienst der Muttergöttin geweiht haben. Als Beleg für diese Ansicht verweist Elliott auf die Erzählung Lukians über das Heiligtum der Dea Syria im antiken Hierapolis Bambyke. Hier wird berichtet, dass die Priester dieser mit Matar/Μήτηρ gleichzusetzenden Göttin sich im Rahmen eines Initiationsrituals selbst verletzt und schließlich entmannt hätten.179 Durch ihre Emaskulation hätten die galli eine Art liminalen Zustand erreicht, der sie, sei es als umherziehende Propheten, sei es als Kultpersonal, in den Heiligtümern zu geachteten Repräsentanten der Muttergöttin gemacht habe. Die galatische Krise sei mit den galli zu verbinden, da rituelle Selbstkastration und die jüdische Beschneidung den Galtern als „ritually analogous“180 erschienen seien. In beiden Fällen handele es sich um Veränderungen an den männlichen Geschlechtsorganen. Beides evoziere religiöse Erfahrung und markiere die Aufnahme in eine neue Gemeinschaft. Das Bedrohliche aus Paulus’ Sicht am Wirken der Konkurrenzmissionare sei die Attraktivität der Beschneidung für die Galater gewesen. Sie hätten sich von der Beschneidung Ähnliches versprochen wie die galli-Kandidaten von der Entmannung. Die Beschneidung der Galater wäre aus Paulus’ Sicht letztlich ein Rückschritt in das überwundene, versklavende Heidentum gewesen.181 174 Vgl. Elliott, Cutting; Dies., Mother. 175 Vgl. II 3.2.2; 7.1. 176 Vgl. Elliott, Cutting, 113–116. 177 A. a. O. 93. 178 Vgl. a. a. O. 120. 179 Vgl. a. a. O. 162, zu Lukian. De Dea Syria 50 f. Dazu auch Drijvers, Dea Syria. 180 Vgl. a. a. O. 245. 181 Vgl. a. a. O. 257. Elliott spricht von „Paul’s identification of circumcision with the galli’s self-castration“ (a. a. O. 350).

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Von hier aus ergibt sich für Elliott eine neue Lesart einiger Aussagen des Gal, etwa in 4,25 f.182 Mit der Hagar-Sara-Allegorie (Gal 4,21–31) habe Paulus eigentlich die Bergmuttergöttin und die Praktiken ihres Kultes treffen wollen. Die Passage setze die Gegebenheiten der „‚Anatolian zone‘“183 voraus. Hagar (V.24 f) repräsentiere in Wirklichkeit Μήτηρ. Mit dem „jetzigen Jerusalem“ (V.25) seien die Tempelstaaten der Bergmuttergöttin gemeint, die ihre Einwohner im Sklavenstand hielten. Nur weil die Bermuttergöttin in Kleinasien als das personifizierte Gesetz gegolten habe, habe Paulus in V.24 den Sinaibund eingeführt und ihn der negativen Seite zugeordnet, eine Assoziation, die ansonsten dem Juden Paulus nicht zuzutrauen wäre.184 Dem Buch Elliotts kommt das Verdienst zu, den religiösen Hintergrund der Galater zum Gegenstand eines Gesamtentwurfs zur galatischen Krise gemacht zu haben. Doch das Modell der Rückführung der galatischen Krise auf die vermeintliche Selbstkastrationspraxis der Kybele-Priester hat sich in der Forschungsdiskussion nicht durchgesetzt und muss daher als Sondermeinung gelten.185 Das liegt zu einem guten Teil an der Kühnheit der historischen Rekonstruktion und auch der Gal-Exegese. Denn nur mit einem als allegoretisch – im Sinne von Ent-Rätselung (vgl. Gal 4,24) –186 zu bezeichnenden Verfahren sei der Text zu verstehen. Ausschließlich eingeweihten, weil über die Sachhälfte informierten Rezipienten sei das Schreiben zugänglich. Kastration und Beschneidung sind ebenso wenig vergleichbar, wie es die religiösen Vorstellungen der kleinasiatischen Kulte mit den jüdischen Identitätsmerkmalen sind.187 Die Ausführungen zu den Lebenswelten im antiken Kleinasien188 stehen in Spannung zu einigen der Eckpunkte des von Elliott rekonstruierten extratextuellen Referenzrahmens des Gal. Dass beispielsweise die Einwohner der Tempelstaaten der Gottheit bzw. den Oberpriestern als Sklaven dienten, muss aus einer sozialgeschichtlichen Sicht relativiert werden. Als abhängig Beschäftigte gingen die frei geborenen Hierodoulen landwirtschaftlicher und handwerklicher Tätigkeit nach.189 Darüber hinaus erscheint fraglich, ob die Institution der Tempelstaaten in der Umwelt der galatischen Gemeinden eine so große Rolle spielte, wie Elliott es nahelegt. Mit der Provinzialisierung hatten die Römer das Men-Heiligtum im pisidischen Antiochia unter ihre Kontrolle ge 182 Vgl. a. a. O. 258–263. Oh, Setting, 97–108, hält hier ebenfalls die pagane Vorstellung der Berge als Wohnstätten der Götter für vorausgesetzt. Die weiteren Thesen Elliotts teilt er nicht. 183 Elliott, Cutting, 93. 184 Vgl. a. a. O. 283. 185 Vgl. Zimmermann, Gott, 89 Anm.  18; a. a. O. 107 f Anm.  8; Oh, Setting, 102–107; Hardin, Galatians, 5–8. 186 Dazu Sellin, Allegorese, 12–15. 187 S. o. 3.2. 188 S. o. II. 189 Vgl. Hülsen, „Tempelsklaverei“, 108–114.160–174.180–182.

Die galatische Krise und die Götterkulte Kleinasiens

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bracht. Die von den Erträgen aus dem weitläufigen Grundbesitz profitierende priesterliche Elite wurde dabei entmachtet, das Heiligtum eng an die neu geschaffene römische Kolonie angebunden.190 Für das in der Landschaft Galatien gelegene Pessinus gilt Ähnliches.191 Den Quellen zufolge gab es in Südgalatien, dem Schauplatz der paulinischen Mission,192 zur Zeit des Paulus keine Tempelstaaten nach dem früher praktizierten Modell mehr. Im Hinblick auf den Kult der Bergmuttergöttin halten mindestens zwei der von Elliott postulierten Charakteristika einer kritischen Prüfung nicht stand. Dass die Göttin mit dem ‚Gesetz‘ assoziiert worden sei, wodurch Paulus erst zum Vergleich des Sinaibundes mit einer ihre Kinder versklavenden Mutter (Hagar, in Wahrheit Μήτηρ bezeichnend) angeregt worden sei,193 lässt sich für Zentralkleinasien nicht belegen. Richtig ist, dass in Athen ein ehemaliges Ratsgebäude, in dem weiterhin (auch legislative)  Texte der Stadt archiviert wurden, als Metroon diente.194 Ein innerer Zusammenhang zwischen dem Kult der Mutter und der Gesetzgebung bestand aber nicht. Schließlich muss bezweifelt werden, ob die rituelle Selbstkastration der galli, die Elliott für die Entstehung der galatischen Beschneidungskrise für entscheidend hält, in Zentralkleinasien überhaupt eine Rolle spielte. Keine der Quellen, die Auskunft über kultische Praktiken in Kleinasien gewähren, erwähnt diesen Ritus. Er findet sich nur in griechisch-römischen Darstellungen der ‚phrygischen‘ Priester. Was Lukian aus Syrien mitteilt, darf nicht einfach auf Zentralkleinasien übertragen werden. Die Aufgabe der religiösen Spezialisten der kleinasiatischen Bergmuttergöttin bestand in der Prophetie. Eunuchentum unterstellten ihnen die Griechen und Römer auf Grund ihrer rituellen Tänze und ihrer fremdartig erscheinenden Bekleidung und Haartracht.195 Ein orgiastischer Charakter, als dessen Gipfel den griechisch-römischen Autoren die rituelle Entmannung galt, fehlte dem Kult im kleinasiatischen Heimatmilieu der Mutter­göttin.196 Auch wenn mit der römischen Herrschaft Motive aus den hel­le­nis­tischen Kybele-­ Attis-­Mythen in Kleinasien sich auszubreiten anfingen, blieb dieser Expansionsprozess doch de facto auf die Städte der Ägäisküste begrenzt. In Lydien z. B. ist erstmals im 2./3. Jh. n. Chr. eine Attisdarstellung belegt, die auf die Selbstkastration anspielt.197 Aus dem 1. Jh. n. Chr. sind zwei Priester des pessinuntischen 190 Vgl. II 4.5.2.5. 191 Vgl. II 4.6. 192 Vgl. III. 193 Vgl. Gal 4,24. Oh, Setting, 102, weist zudem darauf hin, dass in Paulus’ Worten Hagar δουλεύει γὰρ μετὰ τῶν τέκνων αὐτῆς (Gal 4,25). Im Modell Elliotts müsste Hagar/die Berg­ muttergöttin Subjekt der Versklavung ihrer ‚Kinder‘ und nicht selbst versklavt sein. Der Text des Gal lässt sich mit dem postulierten extratextuellen Referenzrahmen nicht vereinbaren. 194 Vgl. Shear, Bouleuterion, 188 (vgl. Miller, Metroon, 137.142 f). 195 Vgl. Baslez, Galles. 196 Vgl. II Anm. 494. 197 Vgl. Roller, Search, 330–336.341 f.

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Μήτηρ-Heiligtums inschriftlich bekannt. Dass es sich bei Ti. ­Claudius Heras und Ti. Claudius ­Deiotaros um Vater und Sohn handelt – für eine nicht-leibliche Vater­schaft gibt es keine Hinweise – und dass sie Ehrenämter auf höchster provinzialer Ebene innehatten, spricht deutlich dagegen, dass sie Eunuchen waren.198 Von ekstatischen Ritualen, deren Teilnehmer sich in Trance selbst kastrierten, fehlt auch in Südgalatien jede Spur. Aus der Sicht historischer Lebenswelten in Kleinasien kann die Genese der galatischen Krise daher nicht mit solchen Praktiken in Zusammenhang gebracht werden. Damit scheidet die Erklärung, die Galater hätten die Beschneidung erwogen, da sie ihnen aus ihrem lebensweltlichen Kontext vertraut gewesen sei, aus. Dass eine Affinität der Galater zum Ritual der Beschneidung überhaupt bestand, ist zudem fraglich.199 Immerhin hatten sie, als Paulus den Brief schrieb, diesen entscheidenden Schritt noch nicht getan.200 Möglicherweise erschien­ ihnen das Programm der Anonymi plausibel. Doch zögerten sie noch, sich der Beschneidung zu unterziehen. Ebenfalls fehlt der bisweilen vertretenen Ansicht, die polemische Bemerkung201 in Gal 5,12 referiere auf die Selbstentmannungsrituale in der Umwelt der Gal-Adressaten, die exegetische und historische Grundlage.202 Vielmehr bringt der Vers in sarkastischer Absicht die Beschneidung  – eines der zentralen jüdischen Identitätsmerkmale – in die Nähe der in der griechisch-römischen Welt verachteten und für Juden tabuisierten203 Kastration per se.204 Vergleichbare Beschneidungspolemik findet sich in paganen Texten.205 Aus dem Arsenal rheto­ rischer Diffamierung bedient Paulus sich auch in Phil 3,2. Dort bezeichnet er die zur „falschen“ Beschneidung Auffordernden als ἡ κατατομή. Bezugspunkt ist jeweils die Kastration allgemein. Eine Bezugnahme auf lokale Selbstentmannungspraktiken ergibt sich im Hinblick auf Gal 5,12 nicht.206

198 Vgl. Strubbe, Inscriptions, Nr. 17 f; dazu Mitchell, Imperial Cult, 480–483. 199 Vgl. Löning, Galaterbrief, 145: „Daß die Galater von sich aus ein besonderes Interesse an der Beschneidung als Ritual gezeigt hätten, läßt sich am Text des Gal nicht erhärten“. 200 Vgl. Hardin, Galatians, 7. 201 Tolmie, Galatians 5:12, 93, charakterisiert die Aussage auf Grund ihres Kontexts zu Recht „as a harsh form of irony, namely as sarcasm“. 202 „[T]here is no real need to posit such [d. h. Kastrations-; Verf.] allusions here […] The primary aim of Paul’s utterance may thus be identified as a sarcastic dismissal of the opponents’ insistence on circumcision“ (ebd.). Elliott, Cutting, 235, verweist im Hinblick auf Gal 5,12 auf die allgemeine Beschneidungspolemik, bringt den Vers aber nicht mit den (vermeintlichen) Verschneidungspraktiken der Umwelt der Galater in Verbindung. 203 Vgl. nur Dtn 23,2. 204 Vgl. Longenecker, Galatians, 234 f. 205 Vgl. Hor. sat. I 9,70 (curtis Iudaeis); vgl. auch 6,105. Dazu Blaschke, Beschneidung, 338 f; Wander, „Gegner“ 53 Anm. 1. 206 Vgl. Strobel, Galater, 122 Anm. 27; Löning, Galaterbrief, 145.

Einfluss der jüdischen Diasporagemeinden und Profil der galatischen Gemeinden 187

3.4 Ergebnis Keiner der bisherigen Versuche, den paganen Hintergrund der galatischen Christen als ursächlich für die von Paulus diagnostizierte Krise zu erweisen, vermag zu überzeugen. Das Ansinnen der Briefadressaten, sich beschneiden zu lassen und andere religiöse Verpflichtungen zu übernehmen, lässt sich weder auf bestimmte Frömmigkeitsstrukturen im antiken Kleinasien noch auf die (vermeintlichen) Selbstkastrationspraktiken der Priester der Göttermutter zurückführen. Den Beichtinschriften liegt ein Regelwerk sozialer und religiöser Vorstellungen zu Grunde, das auf einer anderen Ebene als die Forderungen der in Galatien aktiven Fremdmissionare angesiedelt ist. Von der – in Kleinasien nicht belegten – Selbstentmannung im Kybelekult führt ebenfalls kein Weg zur galatischen Krise. Die Analyse der lebensweltlichen Prägungen der Galater hat ergeben, dass die in Zentralkleinasien begegnenden religiösen Vorstellungen keineswegs zu den Spezifika dieses Raumes gehörten.207 Sie entsprachen vielmehr Anschauungen, die in der Antike weit verbreitet waren. Eine speziell ‚zentralkleinasiatische‘ Prägung der galatischen Gemeinden, von der bereits in der älteren Forschung ausgegangen worden war208 und die für die galatische Krise mitverantwortlich gemacht wurde, erweist sich als ein nicht tragfähiges Konstrukt.

4. Zum Einfluss der jüdischen Diasporagemeinden und zum Profil der galatischen Gemeinden In einem letzten Schritt bleibt nun zu fragen, ob und inwieweit örtliche Diaspora­ synagogen mit der galatischen Krise in Zusammenhang zu bringen sind. Jüdische Gemeinden waren zweifelsohne in der südgalatischen209 Lebenswelt der galatischen Gemeinden präsent. Vieles spricht dafür, dass in der seleukidischen Zeit eine nennenswerte Anzahl jüdischer Familien in Südgalatien angesiedelt wurde.210 Zur Zeit des Paulus dürfte Südgalatien daher auf eine rund zweieinhalb Jahrhunderte alte Ansässigkeit von Juden zurückgeblickt haben.211 Während in der Landschaft Galatien jeder Beleg fehlt, datieren die ersten inschriftlichen Dokumente jüdischen Lebens in Südgalatien in das 1./2. Jh. n. Chr. Die Apostel­ geschichte des Lukas setzt jüdische Gemeinschaften im pisidischen Antiochia und in Ikonium voraus.212 207 Vgl. II 7.2. 208 S. o. 3.1. 209 Vgl. III. 210 Vgl. Jos, Ant 12,147–153; dazu II 3.3. 211 Vgl., auch zum Folgenden, II 5. 212 Vgl. Act 13,14–14,7.

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Verbindungen der galatischen Christusgläubigen zu den örtlichen Synagogen­ gemeinden werden in der Forschung zumeist mit dem aus dem Brief und weite­ ren Evidenzen rekonstruierten Profil der Gemeinden begründet. Relativ unstrittig ist, dass es sich bei den Adressaten des Gal um geborene Heiden handelt.213 Gal 4,8 spricht von der einstigen fehlenden Kenntnis Gottes der Galater und der Verehrung von Götzen, eine Charakterisierung, die Paulus im Hinblick auf jüdische Hörer nicht angewendet hätte.214 Zudem setzt die in den Gemeinden erhobene Beschneidungsforderung ein  – sofern männlich  – nichtbeschnittenes Publikum voraus.215 Ungeachtet dessen erkennen einige Ausleger im Gal Anzeichen entweder für die Präsenz – einer Minderheit – von Juden in den angeschriebenen Gemeinden216 oder dafür, dass die Galater oder ein Teil von ihnen vor der paulinischen Mission zur Gruppe der Sympathisanten bzw. der Gottesfürchtigen gehörten.217 Dass sich unter den Adressaten des Gal geborene Juden befanden, wird angesichts von Gal 4,8 aber kaum plausibel zu machen sein. Auch aus Gal 3,28 (οὐκ ἔνι ’Ιουδαῖος οὐδὲ ῞Ελλην) geht das nicht zwingend hervor. Richtig ist, dass Gal 3,28 auf den Erfahrungshorizont und das praktizierte Ethos der Galater Bezug nimmt.218 Als Argument wäre der Satz ansonsten kontraproduktiv. Dass dauerhaft Juden zu den Ekklesiai gehörten, wird dadurch aber nicht zur notwendigen Annahme. Denn die Erfahrung, „einer in Christus“ zu sein, können die Angeschriebenen auch in der gemeinsamen Zeit mit den geborenen Juden ­Barnabas und Paulus gemacht haben.219 Auch sind weitere Besuche von Judenchristen denkbar.220 Falls die Anonymi von außen kamen, was überaus wahrscheinlich ist,221 sind sie ein Beispiel dafür. Die auffällige Gleichrangigkeit des „Juden“ und des „Griechen“ in Gal 3,28 dürfte dagegen ein Echo der Verhältnisse in Paulus’ einstiger Heimatgemeinde im syrischen Antiochia enthalten, woher der traditionelle Satz wahrscheinlich stammt.222 213 Vgl. Nanos, Irony, 78; Bauer, Paulus, 167. 214 Paulus versteht die von den Galatern früher verehrten φύσει μὴ οὖσιν θεοί (Gal 4,8) in Opposition zu Jahwe, ὁ ὤν (Ex 3,14LXX). Dazu Zimmermann, Gott, 87. 215 S. o. 1. 216 Vgl. Schäfer, Paulus, 73–75; Wischmeyer, Abraham, 147. 217 Vgl. Burchard, Glaubensgerechtigkeit, 244 Anm.  16; Wischmeyer, Abraham, 148; Nanos, Irony, 14; Ciampa, Presence, 266. 218 Vgl. den Versteil πάντες γὰρ ὑμεῖς εἷς ἐστε ἐν Χριστῷ ’Ιησοῦ. 219 Vgl. Gal 1,8 f; 3,1–5; 4,13–15. Zum Aufenthalt des Barnabas und des Paulus in Galatien s. o. III 2. 220 Vgl. Gal 2,11. Dass es Petrus war, der die Galater besucht hat, wird dabei freilich nicht­ vorausgesetzt. 221 Vgl. Gal 1,7; 4,17; 5,7–10.12; 6,12 f. 222 Vgl. Becker, Galater, 59 f; Hellholm, Tauftraditionen, 436–439. Der traditionelle Charakter von Gal 3,26–28 zeigt sich in der hier eingeführten Bekleidungsmetaphorik, dem Wechsel in die 2. Pers. in V.26 und in der Inclusio („ihr seid alle …“). Vgl. auch 1Kor 7,18–22; 12,13.

Einfluss der jüdischen Diasporagemeinden und Profil der galatischen Gemeinden 189

Für den Sympathisanten-/Gottesfürchtigenstatus könnte sprechen, dass die Attraktivität jüdischer Gemeinden für Heiden in Kleinasien belegt ist,223 ­Lukas die südgalatische Mission im synagogalen Umfeld verortet224 und schließlich dass die Galater offenbar mit Texten der Septuaginta vertraut waren.225 „‚Beweise‘“226 lassen sich aber nicht vorbringen. Bestehende Kontakte der Galater mit den örtlichen Synagogen wären insbesondere dann wahrscheinlich zu machen, wenn sich die im Brief vorausgesetzte Situation von den Diasporagemeinden beeinflusst zeigte. Entsprechende Interpretationsmodelle haben in je eigenständiger Weise Breytenbach und Nanos vorgelegt.227 Beide gehen davon aus, dass die Beschneidung der Galater und Beachtung der Festzeiten228 dazu dienen sollten, die galatischen Christusgläubigen vollgültig in die lokalen Synagogen zu integrieren. Durch die Aufnahme einer als deviant erscheinenden Gruppe in den eigenen Reihen, die sich zum selben Gott wie sie bekannte, hätten die jüdischen Gemeinschaften ihren Status sichern wollen.229 Nanos siedelt darüber hinaus den Konflikt gänzlich innerhalb der synagogalen Strukturen an, zu denen die galatischen Christusgläubigen bereits als „Christ-believing subgroups“230 gehört hätten. Dass die Galater qua Beschneidung nach Absicht der Anonymi primär in die örtlichen Synagogengemeinden integriert werden sollten, kollidiert mit der Tatsache, dass der Gal das verhandelte Problem im binnengemeindlichen Raum ansiedelt.231 Das zeigen die performativ zu verstehenden Anreden der Adressaten als „Gemeinden“ (Gal 1,2), als „Brüder“ und als „Kinder Gottes“.232 Richtig ist zwar, dass die Beschneidung primär die Zugehörigkeit zum Bundesvolk Israel markiert.233 Gal 2,7.9 und v. a. 2,3 lassen aber erkennen, dass die Frage der Beschneidung von geborenen Heiden innerhalb der christusgläubigen Gemeinschaft bereits vor der galatischen Krise Gegenstand einer Übereinkunft war, weil sie – wie auch jetzt – strittig diskutiert wurde. Der in Gal 2,11–21 erzählte Mahlkonflikt im syrischen Antiochia ist schließlich dann für die Argumentation des Gal produktiv,234 223 Angedeutet bei Frey, Ausbreitung, 96; vgl. II 5. 224 Zimmermann, Gott 9 Anm. 31, geht zwar davon aus, dass die paulinische Verkündigung in Südgalatien von einem synagogalen Kontext ausging, bestreitet aber eine Anbindung der galatischen Christusgläubigen an jüdische Gemeinden. 225 Vgl. Gal 3,6–9.10–29; 4,21–31. In diesem Sinne auch Reiser, Heiden, 82 f. 226 Wischmeyer, Abraham, 148. 227 Vgl. Breytenbach, Paulus, 128–133.140–144; Nanos, Irony; Ders., Context. 228 S. o. 1. 229 Vgl. Breytenbach, Paulus, 143 f; Nanos, Context, 396. 230 Vgl. Nanos, Irony, 14. 231 Vgl. Sänger, Sara, 311. 232 Vgl. III Anm. 19. 233 Vgl. Breytenbach, Paulus, 128–133. 234 Gal 2,1–10.11–21 kann Nanos nur in sein Modell integrieren, weil er die Passage marginalisiert. Zur Kritik Sänger, Rez. Nanos, 1194; Bachmann, „Gegner“, 101.

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wenn die Adressaten ihn als Modellfall für ihre gegenwärtige Situation verstanden. Da ein innerekklesialer Konflikt erzählt wird, der sich um die Relevanz jüdischer Identitätsmerkmale für Heidenchristen drehte, muss auch die galatische Krise als innergemeindliches Phänomen begriffen werden. Wie in Antiochia, so darf man schließen, kamen die Gegner von außerhalb.235 Dass es in Galatien um die Aufnahme der Christusgläubigen in den – ungeachtet seiner Attraktivität auf Heiden nicht aktiv missionierenden – Synagogenverbund ging, ist schließlich angesichts des Bekenntnisses der Galater zu einer gekreuzigten messianischen Gestalt unwahrscheinlich.236 Weiter sprechen mindestens zwei Beobachtungen gegen eine bereits vor der galatischen Krise bestehende Einbindung der Galater in synagogale Strukturen, die auch im Zusammenhang mit der Entstehung der galatischen Krise angeführt werden könnte. (1) Die Vertrautheit mit Schrifttraditionen ist einerseits gut durch (Barnabas’ und) Paulus’ Predigt237 erklärbar und spricht daher nicht zwingend für eine Vorbildung der Galater als Gasthörer in den örtlichen Synagogen.238 Andererseits fand in den Gemeinden Südgalatiens eine institutionalisierte Form des Unterrichts im „Wort“ (Gal 6,6) statt.239 Damit ist primär das Evangelium von Jesus Christus gemeint.240 Dessen Verkündigung und Auslegung ging urchristlicher Tradition gemäß mit der christologischen Exegese der Schriften Israels einher.241 Ähnliches ist auch bei den in Südgalatien belegten Lehrern (Gal 6,6) vorauszusetzen, wer auch immer sie waren. Dass zu diesem Zweck systematisch eine Schriftensammlung angelegt wurde, war auf Grund des in der Antike üblichen Umgangs mit Texten offenbar nicht nötig.242 (2) Wenn die lukanische Erzählung – zumindest sekundären – Quellenwert hinsichtlich der paulinischen Mission in Südgalatien beanspruchen darf, bestätigt sie, dass Barnabas und Paulus nicht nur zu Juden und Gottesfürchtigen sprachen, sondern auch nennenswerte Missionserfolge unter den Heiden erzielen konnten.243 So erregte besonders die Menge der Heiden, die die Botschaft der Missionare hören wollten, den Ärger 235 Vgl. Gal 2,12. Dazu Theissen, Gegenmission, 286 Anm.  23. Theißen (ebd.) verweist auch auf die Parallelität von Gal 4,14 und 1,8: An beiden Stellen geht es um von außen in die Gemeinden gekommene „Engel“. 236 Vgl. Gal 3,13; dazu Sänger, Rezeption. 237 Vgl. Gal 1,8 f; 3,1–5; 4,13–15. 238 Zugestanden auch von Ciampa, Presence, 270. Zudem ist zu beachten, dass Paulus durch den Gal auch eine indirekte Auseinandersetzung mit den Konkurrenzmissionaren führte. Das gilt möglicherweise insbesondere für die schrifttheologischen Passagen. Dazu Bauer, Paulus, 379–383. 239 Vgl. 1Kor 12,28 f. 240 Vgl. Gal 1,6; 3,1 f; vgl. Röm 15,18; 1Kor 1,5.18; 2Kor 8,7. 241 Vgl. nur Lk 24,27; Act 8,35. 242 Vgl. Becker, Autorität, 81–89. 243 Vgl. Arnold, Astonished, 438. Reiser, Heiden, 89, hält das Argument für weniger aussagekräftig.

Resümee

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örtlicher Juden.244 Auch in Ikonium konnten Lukas zufolge Barnabas und Paulus Anhänger aus Juden und Griechen gewinnen (vgl. Act 14,1). Die Lystraepisode spielt schließlich gänzlich im paganen Milieu (vgl. Act 14,8–18). Die den beiden Missionaren in den Mund gelegten Worte (Act 14,15) richten sich an Heiden, die pagane Kulte praktizieren, und nicht an Sympathisanten oder Gottesfürchtige. Der lukanischen Formulierung entspricht terminologisch und sachlich 1Thess 1,9, ein Satz, der ebenfalls die Bekehrung „ursprünglich in der Volksreligiosität behaftete[r] Heiden“245 im Blick hat. Gal 4,8 weist so enge Berührungspunkte mit 1Thess 1,9 auf,246 dass hier das Gleiche gemeint sein muss: die Bekehrung ‚unmittelbar aus dem Heidentum heraus‘. 1Thess 1,10 macht zudem klar, dass die dort vorausgesetzte Lebenswende hin zu dem Gott geschah, der Christus auferweckte, sodass die Rettung vom kommenden Zorn in Aussicht steht. Eine Formulierung, die an Gal 1,1.4 erinnert und dort möglicherweise auf die ähnlich lautende Gründungspredigt des Barnabas und des Paulus anspielt. Ergebnis: Es spricht alles dafür, dass es sich bei den galatischen Christusgläubigen um vormalige Anhänger paganer Kulte handelte, nicht um Gottesfürchtige, die sich bereits vorher von den angestammten Göttern distanziert hatten. Dass die galatischen Gemeindeglieder – in nennenswertem Umfang – Verbindungen zu den örtlichen Synagogen hatten, legt sich weder vom Gal noch von sonstigen Texten her nahe. Demzufolge sprechen auch keine positiven Gründe dafür, die Forderung nach Beschneidung, Beachtung von Festzeiten und Speisegeboten mit den örtlichen Diasporasynagogen in Verbindung zu bringen. Lässt man das lukanische Modell der Paulus-Mission außer Acht, fällt auf, dass wir nichts über das Verhältnis der paulinischen Gemeinden zu den örtlichen Synagogen wissen. Die Annahme eines Einflusses auf die galatischen Gemeinden bleibt hypothetisch und kann auf keine konkreten Überlieferungen verweisen.

5. Resümee Die Aufgabe, Charakter und Entstehung der galatischen Krise zu erhellen, ergibt sich durch die aus heutiger Sicht im paulinischen Text bestehenden Leerstellen. Die Mehrheit der Forschung beschreibt den galatischen Konflikt als einen theologischen zwischen der paulinischen, beschneidungsfreien Mission und anderen – in Judäa beheimateten – Teilen des Judenchristentums. Demgegenüber halten einige Rekonstruktionen das Problem der Galater für ein soziales, das primär 244 Vgl. Act 13,44 f.47 f. 245 Woyke, Götter, 153; vgl. a. a. O. 132–154. 246 An beiden Stellen geht es um das jeweilige δουλεύειν, entweder den Nicht-Göttern/Götterbildern oder (dem wahren) Gott. Der Wechsel von einem Zustand in den anderen wird jeweils mit ἐπιστρέφειν ausgedrückt.

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aus lokalen Gegebenheiten heraus zu erklären und als Konflikt zwischen Paulus und den Gemeinden – nicht externen Gegnern – zu verstehen sei. Angesichts der frühchristlichen Konfliktgeschichte mit dem Römischen Reich verbinden einige Interpretationsmodelle den galatischen Konflikt mit der kultischen Verehrung des Kaisers. Dem exegetischen Problem, dass keine Passage des Gal diesen Problemhorizont explizit voraussetzt oder nahelegt, wurden drei Auswegmöglichkeiten gegenübergestellt, die sich aber als nicht gangbar erweisen. Gegen die literarkritische Lösung, Gal 4,8–20 vom restlichen Brief abzutrennen, spricht, dass der Ausdruck τὰ ἀσθενῆ καὶ πτωχὰ στοιχεῖα247 im Kontext des Briefes verständlich gemacht werden kann. Die Formulierung bezeichnet das aus Paulus’ Sicht bestehende tertium des vorbaptismalen Lebens von Juden und Heiden und des angestrebten Status: den Zustand der Unmündigkeit. Die Herauslösung von 4,8–20 kommt daher einer petitio principii gleich. Wie sich weiter zeigt, setzt der Gal eine homogene Adressatenschaft und einen einheitlichen Prob­lemhintergrund voraus. Daher erweist sich die Interpretation, Gal 6,12 f bzw. 4,10 setze die drohende bzw. bereits erfolgte Teilnahme am Kaiserkult und damit die Spaltung der galatischen Gemeinden voraus, als nicht tragfähig. Schließlich ergibt die Rekonstruktion der lebensweltlichen Gegebenheiten im antiken Kleinasien, dass einerseits bereits vor der Zeit der paulinischen Mission kultische Verehrung des Prinzeps und zugehörige öffentliche Veranstaltungen stattfanden, die galatische Krise also nicht auf die Etablierung des Kaiserkults in Galatien reagiert. Andererseits macht die indirekte Herrschaftsausübung seitens der Römer einen Zusammenhang zwischen einer Pflicht zur Teilnahme am Kaiserkult und galatischer Krise unwahrscheinlich. Andere Interpretationsmodelle gehen von einem Klima der übersteigerten religiösen Furcht in Zentralkleinasien aus und versuchen damit zu erklären, warum die galatischen Christusgläubigen als geborene Heiden den Forderungen der Ano­ nymi offenbar aufgeschlossen begegneten. Die theologischen Gehalte und die rituellen Praktiken der kleinasiatischen Götterkulte und des Juden(christen)tums sind nicht vergleichbar oder kongruent. Ein innerer Konnex von galatischer Krise und religiöser Umwelt der Galater muss daher als unwahrscheinlich bezeichnet werden. Zudem ist die Ansicht zu revidieren, übersteigertes reli­giöses Empfinden und Affinität zu Ritualen seien Kennzeichen des frühkaiserzeitlichen Kleinasiens gewesen. In Bezug auf Kulte, Götter und Moral dachten die Menschen im antiken Galatien ähnlich wie die Bewohner des übrigen Mittelmeerraums. Die rituelle Selbstentmannung bei den Μήτηρ-Priestern lässt sich in Zentralkleinasien nicht belegen. In Gal 5,12 liegt daher keine Bezugnahme auf derartige Praktiken vor. Schließlich ist auch zu bezweifeln, dass Gal 4,21–31 auf die kleinasisatische Bergmuttergöttin und ihre Kulte anspielt. Entsprechende Belege, etwa für eine Identifizierung der Muttergöttin mit dem ‚Gesetz‘, fehlen. 247 Gal 4,9; vgl. 4,3.

Resümee

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Schließlich stellt sich die Frage nach dem Einfluss der lokalen Diasporasynagogen auf die galatische Krise und, damit zusammenhängend, ob die galatischen Christusgläubigen vor und/oder nach ihrem Christ-Werden als Sympathisanten oder Gottesfürchtige sich zu den jüdischen Gemeinden hielten. Einwände gegen die Auffassung, von Gal 4,8 f her sei grundsätzlich an Heiden außerhalb des Einflussbereichs der Synagoge zu denken, lassen sich entkräften. Auch Gal 3,28 setzt nicht zwingend die permanente Anwesenheit von Judenchristen in den galatischen Gemeinden voraus. Dass die Beschneidungsforderung der (vollständigen) Integration in den Synagogenverband habe dienen sollen, ist vom Charakter des Gal her abwegig: Er versucht angesichts des innergemeindlichen Problems Identität und Ethos der Ekklesiae zu festigen. Insgesamt wird man sagen können, dass es vor allem das im Gal Vorausgesetzte selbst ist, das sich nicht mit externen Evidenzen aus der Lebenswelt der Erstadressaten verknüpfen lässt. Je enger Ausleger Einzelheiten des Briefes mit Gegebenheiten der kleinasiatischen Umwelt zu verzahnen versuchen, desto hypo­ thetischer werden die Modelle. Ein innerer Bezug zwischen galatischer Krise und den lebensweltlichen Gegebenheiten der galatischen Gemeinden ist nicht zu finden und wird vermutlich auch nicht zu finden sein. Das bedeutet umgekehrt, dass die galatischen Gemeinden zwar auf ihre Umwelt bezogen waren,248 von ihrem Selbstverständnis und ihren (Problemen und) Strukturen her aber im Kontext der sie umgebenden Lebenswelten als ein eigenständiges Phänomen zu begreifen sind. Aus Sicht der Umwelt der Gemeinden handelt es sich folglich bei der Beschneidungsfrage um ein „hausgemachtes“ Problem. Die galatische Krise lässt sich am ehesten durch externen judenchristlichen Einfluss erklären, der vermutlich aus Palästina stammte. Die bei den Kontexten der Briefadressaten einsetzenden Rekonstruktionsvorschläge erweisen sich demgegenüber als nicht weiterführend. Wenngleich es unsachgemäß erscheint, soziale und theologische Aspekte der galatischen Krise gegeneinander auszuspielen – welche Theologie steht nicht im Zusammenhang mit einer bestimmten Sozialform?  –, ist der Konflikt in Galatien doch primär als ein theologischer Grunddissens zwischen Paulus und den einer anderen Strömung des Judenchristentums angehörenden Anonymi zu verstehen, in deren Einflussbereich die Galater stehen. Im Hinblick auf Paulus und seine Theologie bestätigt dieses Ergebnis die Auffassung, dass es unsachgemäß erscheint, von einer Alternativentscheidung zwischen dem ‚jüdi­ schen‘ und dem ‚hellenistischen‘ Kontext des Apostels zu sprechen.249 Paulus ist als jüdischer Christusgläubiger und als berufener Völkermissionar250 in die theologischen Diskurse seiner Zeit eingebunden. Mit ihm sind es seine Gemeinden, auch und gerade wenn sie, wie im Fall Galatiens, ein aus geborenen Heiden bestehen. 248 S. o. 2. zu Gal 6,10. 249 Vgl. Engberg-Pedersen, Paul, 3. 250 Vgl. Gal 1,16; auch Röm 1,5.14; vgl. 15,16.18 f.

V Die Lebenswelten der galatischen Christusgläubigen

1. Ekklesia und Lebenswelt Die bisherige Untersuchung legt eine südgalatische Lokalisierung der Adressaten nahe und gibt erste Anhaltspunkte für den regionalen Kontext der paulinischen Gemeinden in Kleinasien.1 Wie sich in den vorangegangenen Abschnitten zeigte,2 setzt der Gal Gemeinden aus geborenen Heiden voraus,3 die sich durch den gemeinsamen Glauben an Jesus Christus und die sich daraus speisende Hoffnung auf die endzeitliche Rettung durch Gott definierten,4 ein auf Egalität hin angelegtes Gruppenethos praktizierten5 und von den theologischen Konflikten innerhalb des seinerzeitigen Judenchristentums beeinflusst wurden.6 Ebenfalls wird deutlich, dass die galatische Krise zwar durch die Forderung, jüdische Identitätsmerkmale zu übernehmen, nicht aber durch lebensweltliche Gegebenheiten in der direkten Umwelt der galatischen Christen veranlasst wurde. Die Frage nach den paulinischen Gemeinden in Kleinasien innerhalb ihres lokalen Kontexts, d. h. nach den Lebenswelten der galatischen Christusgläubigen, ist damit aber noch nicht vollständig beantwortet. Zu rekonstruieren sind diese Lebenswelten innerhalb ihres geographischen, sozialen, kulturellen und religiösen Kontextes. Das ergibt sich aus der Tatsache, dass die paulinischen Gemeinden aus dem heraus entstanden, was später zu ihrer „Umwelt“ wurde,7 sodass eine Verhältnisbestimmung nach außen nötig wurde. Historisch bestätigt diesen Sachverhalt die Aufforderung, „gegenüber allen das Gute zu wirken, am meisten aber gegenüber den Hausgenossen des Glaubens“ (Gal 6,10), ein Satz, der den Bezug zur nichtchristlichen Umwelt impliziert und gleichzeitig auf das nach innen gerichtete Gruppenethos verweist.8 Die historische Rekonstruktion der Lebenswelten der galatischen Christen wird einerseits dadurch erschwert, dass wir nicht nur keine Überlieferungen von ihnen besitzen, die den Charakter von Selbstzeugnissen beanspruchen könnten,9

1 S. o. III. 2 S. o. IV. 3 Vgl. Gal 1,2; 3,1; 4,3.8 f. 4 Vgl. Gal 1,1.3–5; 2,16–21; 3,1–5.10–13.26–29; 4,26.28; 5,2.4 f; 6,15.18. 5 Vgl. Gal 5,6; 5,13–6,10. 6 Vgl. Gal 1,6–9; 2,1–10.11–21; 4,9–11; 5,1–12; 6,12–18. 7 Vgl. Gal 4,8 f. 8 Vgl. IV 2.1. 9 Vgl. I 5.

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sondern überhaupt keine Quellen aus der Sicht der Adressaten des Gal. Andererseits bietet der Gal die Perspektive eines intimen Kenners der Gemeinden (vgl. Gal 4,13 f), der auf der Basis des von ihm eingeschärften Selbstverständnisses der Angeschriebenen argumentiert.10 Da auszuschließen ist, dass Paulus zur Zeit der Abfassung des Gal die inneren Verhältnisse der ihm bekannten Gemeinden völlig missverstanden hat,11 muss der Gal als ergiebige Quelle über die Lebenswelten der galatischen Christen begriffen werden. Die hieraus gewonnen Erkenntnisse können dann in Beziehung zu den rekonstruierten Grundzügen der lebensweltlichen Gegebenheiten in der Umwelt der galatischen Gemeinden12 gesetzt werden. Dass es dabei nur um Grundstrukturen gehen kann, ergibt sich aus der Quellenlage. Wie sich zeigen wird, ist das Verhältnis zwischen dem Selbstverständnis der galatischen Gemeinden, soweit erkennbar, und ihrer Umwelt als ambivalent zu bezeichnen. Einerseits partizipierten die Lebenswelten der galatischen Christen an Grundstrukturen der Lebenswelten ihrer Mitmenschen, andererseits beharrten sie auf Deutungsmustern, die gesellschaftlichen Gegebenheiten entgegen liefen.

2. Gemeinden Galatiens. Strukturanleihen an der außerchristlichen Umwelt Die Analyse der außerchristlichen lebensweltlichen Gegebenheiten in Südgalatien zeigt,13 wie diese Region durch den Beginn der Römerherrschaft beeinflusst wurde. Einerseits blieb in Vielem Kontinuität zum Vorherigen bestehen. Die zu Provinzialen gewordenen Einheimischen versuchte man bewusst in das Neue zu integrieren. Eine alle alltäglichen Belange erfassende Verwaltung durch die Römer fand nicht statt, vielmehr übten diese ihre Herrschaft weitgehend indirekt aus. Andererseits sind die mit der Provinzialisierung im Jahr 25 v. Chr. eintretenden Veränderungen nicht zu übersehen. Die gewaltsame Befriedung der Taurusregion, der Bau von Straßen und die Anlage von römischen Kolonien stellten das Ambiente bereit, in welchem den neudefinierten bzw. nun römisch gewordenen Poleis und Kolonien ein wirtschaftlicher und sozialer Aufstieg gelang, der im damaligen Zentralkleinasien singulär war. Angehörige der einheimischen Eliten sowie die neu Zugezogenen nutzten die nicht zuletzt durch das Klima begünstigten landwirtschaftlichen Bedingungen, um an diesem Boom zu partizipieren. Wie das besonders deutlich römisch geprägte pisidische Antiochien zeigt, brachten die Städte durch die Transformation des öffentlichen Raumes die Bezugsgrößen 10 S. o. IV 1. 11 Vgl. IV Anm. 1. 12 S. o. II. 13 Vgl. II 4.

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ihrer neudefinierten Identität zum Ausdruck. Man ordnete sich dem göttlichen Agenten Augustus/Sebastos unter, der als (Neu-)Gründer und Beschützer gefeiert wurde. In die neu formierte Identität wurden zugewanderte Italiker, Veteranen und die einheimischen Bewohner ausdrücklich integriert.14 Der Gal spricht seine Adressaten ganz selbstverständlich als Bewohner des von der Römerherrschaft beeinflussten Südgalatiens an. Denn laut adscriptio richtete sich der Brief an Gemeinden, die in der Provinz Galatia angesiedelt waren.15 Neben die außeralltägliche Selbstverortung als Teil der christusgläubigen Ekklesia (dazu später) tritt die alltagslebensweltliche Identität der Bewohner der römischen Provinz.16 Paulus setzt voraus, dass diese Selbstverortung zentraler Bestandteil der Lebenswelten seiner Adressaten war und jene von den politischen und kulturellen Entwicklungen ihrer Umgebung zwangsläufig geprägt wurden. Das gilt umso mehr, als bei den Adressaten des Gal primär an Stadtbewohner zu denken ist, denn die Städte waren die Trägerinnen der entstehenden Provinzialkultur. Letztere sorgte für Bevölkerungspluralismus, soziale Mobilität17 und Infrastruktur und bot so auch für die paulinische Mission ein geeignetes Feld.18 Nicht zuletzt fanden die reisenden Apostel in den Städten Unterkunfts- und Erwerbsmöglichkeiten.19 Zu bedenken ist aber auch, dass der ländliche Raum im Prinzipat keineswegs pauschal als kulturell rückständig bezeichnet werden darf.20 In Südgalatien bewirtschafteten zahlreiche Zugezogene – oder ihre Angestellten – prosperierende Landgüter im Umkreis der Städte. Ob Barnabas und Paulus auch im Umland der Städte gewirkt haben oder ob die christliche Botschaft zur Zeit der Abfassung des Gal schon von den Poleis in die Chora ausgestrahlt hatte,21 muss offen bleiben. Bei seiner Einordnung der Gemeinden in ihren Alltagskontext greift Paulus in der Umwelt der Galater bekannte Identitätskonstruktionen auf und nutzt sie für seine Sache. Denn wie sich zeigt,22 spielt Paulus bei der Anrede der Adressaten mit dem Ethnikon „Galater“ (Gal 3,1) auf semantische Konnotationen des Galaternamens an, von dem die Provinz ihre Bezeichnung erhalten hatte.23 Dabei setzt Gal 3,1 nicht nur in allgemeiner Weise Barbarentopik voraus,24 sondern rekurriert auf zeitgenössisch vertretene Ideologumena. In claudischer Zeit 14 Vgl. II 4.5.2. 15 Vgl. Gal 1,2. Zum Terminus „Galatien“ allgemein und im Gal vgl. III 3. 16 Zum Außeralltäglichen als dem sozialen Ort der paulinischen Gemeinden Wolter, Paulus, 262 f. 17 S. o. II 4.5.1; 4.5.2.4. 18 S. o. III 5. 19 Vgl. 1Kor 9,6. 20 S. o. II 6. 21 Vgl. 1Thess 1,6–8; 2Kor 1,1. 22 Vgl. III 4. 23 Vgl. III 3. 24 Vgl. hier etwa Röm 1,14; dazu insbesondere III Anm. 121.

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sind die ersten Bemühungen zu verzeichnen, die einzelnen Regionen der Provinz stärker als bisher zu vernetzen und ein gesamtprovinziales Bewusstsein zu erzeugen.25 Wie dies inhaltlich gefüllt werden konnte, zeigt ein Aspekt des städtischen Selbstverständnisses der römischen Kolonie Antiochia. Hier war die Abgrenzung von – der römischen Herrschaft gegenüber widerständigen – ‚Barbaren‘ Teil des offiziellen Bildprogramms. Am Propylon eingangs des dortigen Sebasteions waren der erfolgreich ‚befriedende‘ Prinzeps nebst einem Gefangenen und einem knienden Barbaren dargestellt.26 Die Darstellung spielt möglicherweise auf die zeitnahe Niederschlagung der aufständischen Taurusvölker an.27 Der Outsider, so die Botschaft, wird als kulturell und militärisch Unterlegener vorgeführt. Indem Paulus seine Adressaten ironisch als unverständige ‚Barbaren‘ präsentiert, redet er freilich nicht der römischen Herrschaftsideologie das Wort. Entscheidend ist auch nicht die Motivparallele zwischen Gal 3,1 und dem Barbaren des antiochenischen Propylons. Im Hinblick auf die lebensweltliche Einordnung der galatischen Gemeinden ist vielmehr von Interesse, dass offenbar Grundmuster der Umwelt im binnenchristlichen Diskurs produktiv gemacht und sachlich auf die eigenen Anliegen bezogen werden konnten. Ähnlich wie beim Terminus ἐκκλησία28 werden auch hier Motive aus der Sphäre des Politischen aufgegriffen und in den christlichen Sprachgebrauch überführt.29 Dass die frühen Christen in mehrfacher Hinsicht Anleihen bei den Strukturen des Imperium Romanum und seiner Welt machten, ist ein bekanntes30 und angesichts des angesprochenen alltagsweltlichen Kontexts der Gemeinden naheliegendes Faktum. Es lässt sich auch im Hinblick auf die galatischen Gemeinden beobachten. So kam das Evangelium von Jesus Christus buchstäblich über die Wege des Imperiums nach Lykaonien, Phrygien und in die angrenzenden Regionen, nämlich über die im Rahmen der römischen Herrschaftsausübung in Galatien angelegten Trassen der Via Sebaste.31 Dabei war die Straßenanbindung ein nicht 25 Vgl. II 4.7. Zu denken ist etwa an die seinerzeitige Münzprägung (Klaud-)Ikoniums. 26 Vgl. II 4.5.2.3. 27 Vgl. II 4.4. 28 Dazu u. a. Stegemann/Stegemann, Sozialgeschichte, 228–230; Ebner, Stadt, 86–88. 29 Eine Analogie ist darin zu sehen, dass antike Vereine oft die Bezeichnungen für ihre Funktionäre der politischen Sphäre entlehnten, offenbar auch um denjenigen in ihren Reihen, die niemals ein Amt im städtischen Beamtenapparat bekleiden konnten, eine Art Ersatz anzubieten (vgl. Stegemann/Stegemann, Sozialgeschichte, 243; Ebner, Stadt, 192 f). Zur Organisation der Synagogengemeinden s. o. II 5.; zum Vereinswesen vgl. auch Gutsfeld/Koch (Hg.), Vereine. 30 Vgl. Ebner, Stadt, 365: „Jesusgläubige nutzten […] nicht nur die Infrastruktur des Römischen Reiches für die rasante Verbreitung ihrer Botschaft und die gegenseitige Vernetzung der entstehenden Gruppen, sondern auch bewährte Organisationsformen und religiöse Denkmuster, um ihren Glauben förmlich ‚einzunisten‘ und ihm in bereits Vorhandenem Sprach- und Sozialgestalt zu geben“. 31 Vgl. Frey, Ausbreitung, 103; zu den Straßenverbindungen s. o. II 4.3.

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nur physisch und logistisch die frühchristliche Mission erleichternder Faktor, sondern sie steht auch symbolisch für die Übernahme des Gedankens einer überregionalen, potentiell ökumeneweiten Vernetzung, wie sie das Imperium seinerseits durch Verwaltung, Heer und Infrastrukturpolitik anstrebte.32 Die von den Christen aufgegriffene Idee einer ‚globalen‘ Verflechtung spiegelt sich u. a. in der paulinischen Mission in Südgalatien wider. Der Apostel stützte sich auf eine innerhalb des Imperiums gut vernetzte, von einem Bevölkerungspluralismus geprägte Region als geeignetes Terrain für eine Mission „unter den Heiden“33. Seine von Antiochia unabhängige Verkündigungstätigkeit setzte er später in Griechenland und in der Provinz Asien in einem vergleichbaren Rahmen fort.34 Nicht zuletzt verdankte er wahrscheinlich dem vielschichtigen Milieu Südgalatiens den Anstoß zu dem Plan, einmal an das andere Ende des Imperiums nach Spanien zu reisen,35 den er in den Selbstanspruch, Apostel aller Völker zu sein, integrierte.36 Die Nutzung der infrastrukturellen Gegebenheiten des Römerreiches fiel so mit dem universalen (Verkündigungs-)Anspruch des Evangeliums in der apostolischen Existenz des Apostels zusammen. Südgalatien hat dabei einen nicht unwesentlichen Beitrag geleistet. Den galatischen Gemeinden bot das von (Barnabas und) Paulus verkündigte Evangelium analog zum Imperium Romanum eine Möglichkeit, sich lebensweltlich in einen übergreifenden Kontext einzuordnen,37 der über die auf Familie und Polis bezogene Alltagswelt hinausging.38 Sorgte der imperialen Ideologie zufolge der Kaiser für Frieden und Heil und fungierte als das Reich einender Bezugspunkt, schrieben die Glaubenden Christus vergleichbare Attribute zu. Im Christusglauben war eine ebenfalls universale Heilsmöglichkeit gegeben.39 Der gemeinsame Glaube einte nicht nur die versammelte Gemeinde (vgl. Gal 3,26–28), sondern stellte auch eine Beziehung zu den übrigen Ekklesiai her.40 Auch wenn sachlich und terminologisch von einer gesamtkirchlichen Konzeption erst in 32 Vgl. etwa Cancik u. a. (Hg), Zentralität; Ders./Rüpke (Hg.), Reichsreligion. 33 Vgl. Gal 1,16 (vgl. 2,7–9). 34 Vgl. III 5. 35 Vgl. III 6. 36 Vgl. Röm 1,5.14 (vgl. 15,16.18 f); ferner Act 1,8; Mt 28,19. 37 Vgl. Frey, Ausbreitung, 106. 38 Vgl. Merkt, Ideologie, 307; Meeks, Urchristentum, 225–232. Zu Haus und Stadt als den Brennpunkten der lebensweltlichen Orientierung Ebner, Stadt, 27 f.35–39. Das Bewusstsein, Teil einer überregionalen Struktur zu sein, teilten die frühen Christen mit den Isis- und Mithrasund Bacchuskulten, die religiöse Alternativen zur ortsbezogenen Polis-Religion bereithielten (vgl. Ebner, Stadt, 239; Woolf, Polis-Religion, 73), sowie mit dem Diasporajudentum (vgl. II 3.3; 5). Im Gespräch des Diasporajudentums mit Heiden war besonders die Abrahamgeschichte wichtig. Zu Abraham in Gal 3 im Kontext der frühjüdischen Abrahambilder ­Wisch­meyer, Abraham; Konradt, Abrahamtraditionen. 39 Vgl. Gal 2,16. Zur Strukturanalogie zwischen Glaube der frühen Christen und der Herrscherideologie Theissen, Judentum 355 f mit Anm. 41; Auffahrt, Herrscherkult. 40 Vgl. Wischmeyer, Abraham, 146.

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nachpaulinischer Zeit gesprochen werden kann,41 waren die Gemeinden wie die in Galatien innerchristlich vernetzt. Innerhalb Südgalatiens standen die Gruppen der Christusgläubigen in Kontakt, sodass externe Besucher wie die Konkurrenzmissionare,42 Nachrichten und Briefe unter ihnen zirkulieren konnten (vgl. Gal 1,2). Ihre Entstehung verdankten die galatischen Gemeinden der von Syrien ausgehenden Mission.43 Was sie waren, waren sie auch auf Grund der Ereignisse des frühen Christentums in Syrien und Judäa, die Paulus in den autobiographischen Abschnitten des Gal in Erinnerung ruft.44 Besonderer Stellenwert kam – zumindest aus Paulus’ Sicht – der Kollekte für die Jerusalemer Gemeinde zu.45 Die Geldsammlung war Ausdruck der in Jerusalem erreichten κοινωνία und der festgestellten theologischen Gleichrangigkeit der unterschiedlichen Missionsweisen (vgl. Gal 2,1–10). Paulus hielt an der zugesagten Hilfsaktion auch nach Beginn seiner selbstständigen Verkündigungstätigkeit fest.46 1Kor 16,1 spricht von der an die Gemeinden Galatiens ergangenen „Anordnung“, entsprechende Mittel zusammenzulegen. Auf den erfolgreichen Abschluss der Spendensammlung blickt Gal 2,10 zurück.47 Die Galater hatten sich offenbar an der Kollekte beteiligt, wohl nicht zuletzt aus innerchristlicher Verbundenheit heraus. Für die Verflechtung der galatischen Ekklesiai mit den übrigen Christusgläubi­ gen steht schließlich auch die zur Zeit der Abfassung des Gal von Paulus diagnostizierte Krise. Sie entstand durch die damaligen innerjudenchristlichen Konflikte.48 Aus der Sicht des Paulus brachte sie die heidenchristlichen Galater in Gefahr, nicht mehr Ekklesiai zu sein.

3. Gemeinden Galatiens. Gegenstrukturen zur umgebenden Welt Ungeachtet der Integration in die Umgebungsgesellschaft darf nicht übersehen werden, dass das frühe Christentum Strukturen aufwies, die denen der Umwelt zuwiderliefen und ein Gegengewicht zu ihnen bildeten. Exemplarisch lässt sich dieses Proprium an den galatischen Christen nachvollziehen. Bereits von seinem gesellschaftlichen Ort her – zwischen den klassischen Bezugspunkten Haus und 41 Vgl. Wolter, Paulus, 268 f. 42 S. o. IV 1. 43 Vgl. Gal 1,8 f; 2,5; 3,1–5.27–29; 4,8 f.13 f; 5,7. S. o. III 2. 44 Vgl. Gal 1,13–24 (V.13: ’Ηκούσατε …); 2,1–10 (V.5: … ἵνα ἡ ἀλήθεια τοῦ εὐαγγελίου διαμείνῃ πρὸς ὑμᾶς).11–21. 45 Dazu Sänger, Kollekte. 46 Vgl. Gal 2,11–14; Röm 15,25–28. 47 Vgl. Sänger, Adresse, 256–258. 48 S. o. IV.

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Stadt – ist das frühe Christentum in den Kontext zeitgenössischer gesellschaftlicher Entwicklungen einzuordnen, die tendentiell kritisch auf die faktische Beendigung der städtischen Eigenständigkeit49 durch das Imperium Roma­num reagierten.50 Die – auch in Galatien stattfindende – Marginalisierung der Polis-‚Politik‘, die Umorientierung des kulturellen Lebens hin auf imperiale Repräsentation und die symbolische Teilhabe der örtlichen Eliten an der Herrschaftsausübung im Römischen Reich ließen in jenem Zwischenraum zwischen Haushalt und Stadt neue soziale Formen blühen. Es entstanden Vereine aller Art, philo­so­ phische Schulen und Zirkel, zudem rituell-kultische Institutionen wie Mysterien-, Heil- und Orakelkulte.51 An dieser den gesellschaftlichen Trends des Imperiums zuwiderlaufenden Entwicklung partizipierten die urchristlichen Ekklesiai,52 die  – wie ihre ‚Mitbewerber‘ auch  – Strukturmerkmale der Ebenen Haus und Stadt aufwiesen.53 Innerhalb dieses sozialen Raums zeichneten sich die Christusgläubigen durch eine besondere Wirklichkeitsdeutung und ein eigenes Ethos aus. Beide standen im betonten Widerspruch zur umgebenden Umwelt und bargen damit ein kritisches Potential, das in seiner Konzentration jenes der übrigen Vereine, Philosophenschulen und Kulte übertraf.54 An die Stelle der bisher in ‚Sklavenarbeit‘ verehrten und nun als schwach und armselig (vgl. Gal 4,9) entlarvten Götter trat Gott als der Vater Jesu sowie der Glaubenden, die durch ihre Lebenswende in einen Zustand von Mündigkeit und Erkenntnis versetzt wurden (vgl. Gal 4,7–9). An die Stelle des „Sohnes Gottes“, des kultisch überhöhten römischen Kaisers, trat der Gottessohn Jesus Christus,55 der von Gott gesandt war, und – wie es Abraham im Voraus angekündigt worden war (vgl. Gal 3,28) – so die an ihn Glaubenden zu Kindern Gottes machte.56 An die Stelle der „Evangelien“57 der römischen Kaiser trat das Evangelium von Christus geradezu als eine „Antibotschaft“58 zum Gewohnten. Der den jü 49 S. o. II 4.5.1. 50 Vgl. Ebner, Stadt, 35–40. Auf den Machtverlust der Poleis in der Kaiserzeit verweist zu Recht Ossa, Jerusalem. Der Gal ist aber nicht, wie behauptet, als Verteidigung der Polisdemokratie zu verstehen, sondern reagiert auf ein spezifisches innerekklesiales Problem (s. o. IV). 51 S. o. II 7.2. 52 Vgl. Merkt, Ideologie, 308; Meeks, Urchristentum, 159–180. 53 Mit der Bezugsgröße Haus etwa verbanden sich die Organisationsform der Hausgemeinden, die verwendete Familienmetaphorik und das gemeinsame Mahl; mit der Stadttradition die Selbstbezeichnung als ἐκκλησία (s. o. Anm. 28). 54 Ebner, Stadt, 365, spricht davon, dass die Christen „gängige[] Muster“ durchbrochen hätten, um so das „Besondere ihres Glaubens zum Ausdruck zu bringen“. 55 Zu den Anleihen an und Umwidmungen der „Sprache“ des Kaiserkultes durch die frühe Christologie Auffahrt, Herrscherkult. 56 Vgl. Gal 1,1–5; 3,7–9.16–18.26–29; 4,4–6. 57 Vgl. OGIS II 458; Sherk, Documents, Nr. 65, Z.40. 58 Ebner, Stadt, 159; vgl. auch W. Popkes, Deutung, 859.

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dischen Messiasvorstellungen59 und dem gesellschaftlichen Wertesystem zuwiderlaufende60 Glaube an einen von römischen Behörden als Verbrecher Gekreuzigten bewirkte für die glaubenden Juden und Heiden ihre „Kreuzigung“ (vgl. Gal 2,19) im Hinblick auf die „bösartige gegenwärtige Welt“ (Gal 1,4). Die Lebenswelt des Glaubenden verlief zwar weiterhin im gewohnten Rahmen der außerchristlichen Alltagswirklichkeit.61 Sie wurde aber durch Christus, der nun als der eigentliche Bezugspunkt der Wirklichkeit begriffen wurde,62 grundlegend neu gedeutet und auf die Hoffnung auf die endzeitliche Errettung hin orientiert (vgl. Gal 1,4). Auch bei den Vorstellungen von der Kommunikation zwischen Gott und Mensch lässt sich beobachten, dass die frühen Christen beanspruchten, das Vorfindliche zu überbieten und auf eine neue Ebene zu führen. Wie in ihrer Umwelt auch63 gehörte für die Christusgläubigen die gegenseitige Ansprache zwischen Gottheit und ihren Verehrern zu den zentralen Aspekten der Gottesbeziehung.64 Analog zur außerchristlichen religiösen Kommunikation mit dem Göttlichen, über die die privaten Inschriften des kaiserzeitlichen Kleinasiens Auskunft geben,65 teilte sich der Christengott mit, etwa durch Offenbarungen66 und Engel67. Die Christen radikalisierten den Gedanken der Kommunikation zwischen Mensch und Gott aber so stark, dass sie sich von den analogen Konzepten in der Umwelt ab­ setzten. Während die paganen Götter angerufen werden wollten, (be)rief Gott, so lasen es die galatischen Christen, seine Kinder zur glaubenden Existenz.68 Wie im Fall der im Zuge der Lebenswende der galatischen Christen gewonnen „Erkenntnis“ geht die Aktivität auch hier von Gott aus (vgl. Gal 4,9). Sein an Abraham ergangenes Verheißungswort, das Pro-Evangelium für alle Glaubenden,69 fand in der glaubenweckenden Evangeliumsverkündigung durch Paulus seinen Weg zu den Galatern.70 Ihrerseits sprachen sie Gott nun als ihren „Vater“ (Gal 4,6) an. 59 Vgl. Sänger, Rezeption. 60 Vgl. Ebner, Stadt, 365. 61 Vgl. Gal 2,20 (ὃ δὲ νῦν ζῶ ἐν σαρκί). 62 Vgl. ebd. (ζῇ δὲ ἐν ἐμοὶ Χριστός). 63 S. o. II 7.2. 64 Vgl. Zimmermann, Gott, 155–159. 65 Engel geben in der Darstellung einiger Inschriften den Willen von Göttern – wie etwa Men – kund (vgl. etwa Petzl, Beichtinschriften, Nr. 3,8; 38,5). Dazu auch Chiai, Götter, 93 f; Hirschmann, Menschen. 66 Vgl. Gal 1,12.16; 2,2; 3,23. 67 Vgl. Gal 1,8 (vgl. 3,19; 4,14). Dazu Arnold, Astonished, 447 f; sowie Tolmie, Angels, der die Erwähnungen von Engeln im Gal und bei Paulus insgesamt größtenteils als argumentative Hilfsfiguren begreift und daher die Engelsvorstellungen des Apostels als von nicht eigenständiger Bedeutung beurteilt. 68 Vgl. Gal 1,6–8; 3,1–5; 5,8.13. 69 Vgl. 3,8.16.19. 70 Vgl. Gal 1,7 f.11.16.23; 2,2.5.7.14; 3,2.5; 4,13.

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Als die am deutlichsten sichtbare Gegenstruktur zur Umwelt ist die außeralltägliche Sozialgestalt der Gemeinden anzusprechen, die ihren Ort primär in der gottesdienstlichen Versammlung hatte.71 Die außerchristliche Alltagswelt der galatischen Christen war geprägt von sozialen Separationen. Das lässt sich auf unterschiedlichen Feldern beobachten. War es doch insbesondere in römischen Kolonien der Unterschied zwischen coloni und incolae, der über die Grundrechte eines Bewohners und dessen gesellschaftliche Partizipationsmöglichkeiten entschied.72 Auch in der religiösen Kommunikation spielte der soziale Status eine zentrale Rolle. Vor der Gottheit galt es, sich ausführlich unter Angabe seines familiären und gesellschaftlichen Kontexts vorzustellen.73 Die in Südgalatien beheimateten Synagogengemeinden waren ihrerseits darauf bedacht, die jüdische Identität unter den Bedingungen der Diaspora zu bewahren und – auch durch partielle soziale Abgrenzung – zum Ausdruck zu bringen.74 Wer in der paganen Mehrheitsgesellschaft ein hohes Sozialprestige beanspruchte, repräsentierte sein Selbstverständnis auf vielfältige Weise öffentlich. Wie sich zeigt, waren es die ­Eliten von Einheimischen und Zugezogenen, die die entstehende Provinzialkultur in den Städten trugen, die Um- und Ausgestaltung des öffentlichen Raumes sponserten und darauf in Inschriften aufmerksam machten.75 Wer vom sozialen Aufschwung Südgalatiens in der frühen Kaiserzeit profitierte, demon­ strierte sein Vermögen durch aufwändige Grabanlagen, deren immens hohe Kosten in den zugehörigen Inschriften beziffert wurden.76 Auffällig ist schließlich auch eine geschlechtsspezifische Segregation in der Gesellschaft. Über die große Gruppe einheimischer Frauen, die zugezogene Männer heirateten, erfahren wir in den Quellen nichts. Offensichtlich war für sie im öffentlichen Leben keine Rolle ­vorgesehen.77 Innerhalb dieser Umwelt boten die Gemeinden dem Individuum die „Einfügung in eine Gemeinschaft“78 an. Sie praktizierten ein Gruppenethos, das sie nach außen hin abgrenzte und das im Binnenraum die lebensweltliche (Neu-) Orientierung der Christen zur Anschauung brachte. Institutioneller Ort waren die Versammlungen (ἐκκλησίαι). Hier kam die gesamte Gemeinde (vgl. Gal 2,14) zusammen und stellte im Herrenmahl (vgl. Gal 2,12) den gemeinsamen Christus­ bezug und -glauben dar. In die Christusbeziehung war der Einzelne mit dem „Anziehen“ Christi in der Taufe hineingenommen worden.79 Daraus ergab sich 71 Vgl. Wolter, Paulus, 262–288. 72 Vgl. II 4.5.2.2. 73 Vgl. II 7.2. 74 Vgl. II 5. 75 Vgl. II 4.5.1; 4.5.2.2; 4.5.2.3. 76 Vgl. II 4.5.2.4. 77 Vgl. ebd. 78 Frey, Ausbreitung, 96. 79 Vgl. Gal 3,27. Dazu Strecker, Theologie, 192 f.195–199.

Gemeinden Galatiens. Gegenstrukturen zur umgebenden Welt

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innerhalb des Gruppenethos eine Relativierung der Zuschreibungen bezüglich des ethnischen, kulturellen und geschlechtsspezifischen Status,80 von denen das außerchristliche Leben geprägt war. Weil alle Getauften in eine Person, Christus, inkorporiert waren, waren sie ‚einer‘ und damit zugleich externen Identitätszuschreibungen enthoben.81 Von den gesellschaftlichen Segregationsmerkmalen sollten die gottesdienstlichen Zusammenkünfte folglich unbeeinflusst bleiben.82 Paulus spricht von der Freiheit, die die Glaubenden auf Grund ihres Glaubens besitzen.83 Hier waren Frauen im Gegensatz zu den Verhältnissen in der Umwelt nicht ausgeschlossen.84 Der Status innerhalb des Gruppenlebens orientierte sich nicht – wie es in den Vereinen in der Umwelt durchaus vorkam – nach dem von der Mehrheitsgesellschaft definierten Rang.85 Im Kontakt der geborenen Heiden mit Jüdischstämmigen wie Barnabas und Paulus machte der gemeinsame Glaube die Separation zwischen Juden und Heiden hinfällig.86 Insbesondere die Beschneidung und die jüdischen Speisegebote verloren – zumindest im Einflussbereich des Paulus – ihren Charakter als Differenzmerkmal87 und wurden als zusätzliches Konstituens der christlichen Identität strikt abgelehnt.88 Im Umgang untereinander pflegten die Christusgläubigen ein Ethos, das auf Egalität und Reziprozität hin angelegt war.89 Die praktizierte Egalität im Hinblick 80 Vgl. Gal 3,28. Zur Diskussion Strecker, Theologie, 351–358; zur gegenwärtigen Forschung zu dem Vers Tolmie, Tendencies. 81 Vgl. Strecker, Theologie, 202 f. 82 Vgl. nur Gal 2,12–14. 83 Vgl. Gal 5,1. Arnold, Astonished, 444; Betz, Galaterbrief, 37, beschreiben die Lebenswende der Galater als Befreiungserfahrung. 84 Vgl. Frey, Ausbreitung, 104; Merkt, Ideologie, 295 f. Neutel, Ideal, arbeitet die­ antiken Assoziationsmöglichkeiten zu der Aussage in Gal 3,28 heraus und ordnet vor diesem Hintergrund Paulus in Diskurse über Utopien bzw. das ideale Leben ein. Zu Recht warnt die Autorin vor einer vorschnellen Übertragung neuzeitlicher Egalitäts- und Inklusionsideale auf die paulinischen Gemeinden auf Grund von Gal 3,28 (vgl. a. a. O. 237). Zu fragen ist auch, ob οὐκ ἔνι ἄρσεν καὶ θῆλυ in Gal 3,28 nicht primär auf Ehelosigkeit und weniger auf die Inklusion von Frauen in den Gemeinden abzielt (vgl. auch Strecker, Theologie, 385 f.388 f). Angesichts der aus den Paulusbriefen bekannten Konflikte ist überdies der Einschätzung (vgl. Neutel, Ideal, 71), die soziale Realität in den Adressatengemeinden sei allzu oft hinter dem Idealbild zurückgeblieben, freilich zuzustimmen. Dass Vorstellungen wie in Gal  3,28 aber gänzlich ohne Auswirkungen auf das Miteinander der Christusgläubigen blieben, ist unwahrscheinlich. Hierfür dürfte doch nicht zuletzt die aktive Partizipation von Frauen in den Gemeinden ein Indiz sein (vgl. nur Frey, Ausbreitung, 106). Das Ideal der „neuen Schöpfung“ (Gal 6,15) war – notwendig ansatzweise – verwirklicht (so auch Neutel, Ideal, 241). Zu christlichen Frauen in L ­ykaonien in der nachpaulinischen Zeit jetzt Zimmermann, Christinnen. 85 Vgl. Merkt, Ideologie, 307. 86 S. o. IV 4. 87 Vgl. Strecker, Theologie, 359–361. 88 S. o. IV. 89 Vgl. Gal 5,13–6,10. Dazu auch Wolter, Paulus, 321–325.

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Die Lebenswelten der galatischen Christusgläubigen 

auf den jeweiligen Status der Christusgläubigen und auf ihre ethische Ausrichtung stellte somit so etwas wie eine „Kontrastgesellschaft“90 im Kleinen dar. Sie beseitigte freilich die alltägliche Welt nicht, stellte aber ihre Geltungsansprüche innerhalb der Lebenswelten der Christusgläubigen radikal in Frage; nicht zuletzt dadurch, dass sie in die Alltagswelt ausstrahlte.91 Aus Binnensicht entspricht dem das Selbstverständnis, bereits jetzt (vgl. Gal 1,4) Gottes „neue Schöpfung“ (Gal 6,15) zu sein.

90 Merkt, Ideologie, 307. 91 Vgl. Strecker, Theologie, 358. Strecker macht darauf aufmerksam (vgl. a. a. O. 354), dass – etwa auf Ritualvollzüge eingegrenzte – Egalität, die durch Aufhebung der gesellschaftlichen Rolleneingrenzungen hergestellt wurde, in der außerchristlichen Antike nicht unbekannt war. Die skizzierte inhaltliche Füllung und ihr Ort innerhalb der lebensweltlichen Gegeben­ heiten können aber als Spezifika der paulinischen Gemeinden gelten.

VI Zusammenfassung und Ertrag

Das Ziel dieser Arbeit besteht in einem Beitrag zur Kontextualisierung des Gal, eine Aufgabe, die einerseits aus der Wirkungsgeschichte dieses Paulus-Schreibens und aus der einschlägigen Forschungsdiskussion zum Gal andererseits resultiert.1 Üblicherweise werden der Gal und der im Text vorausgesetzte Problemhintergrund als Teil eines theologischen Konflikts zwischen konfligierenden Strömungen innerhalb des Judenchristentums beschrieben, der beschneidungsfreien paulinischen sowie der sich innerhalb des durch die jüdischen Identitätsmerkmale abgesteckten Rahmens bewegenden Evangeliumsverkündigung. Anlässlich der in den galatischen Gemeinden aufgekommenen Fragen nach der Übernahme jüdischer Identitätsmarker habe Paulus mit Nachdruck seine Vorstellung eines christlichen Selbstverständnisses formuliert, das allein durch den Glauben an Christus (Gal 2,16) konstituiert werde und bestehende Identitätszuschreibungen kategorial überbiete (Gal 3,28; 6,15).2 Seit rund zwanzig Jahren wird diskutiert, ob der Auslegung des Gal und der Einordnung der von Paulus diagnostizierten Krise nicht alternativ zum judenchristlichen Kontext ein anderer historischer Referenzrahmen zu Grunde zu legen ist. Zu beachten sei, dass der Gal primär ein Dokument der Kommunikation zwischen Paulus und den Galatern sei. Der kulturelle Hintergrund der zuletzt Genannten werde in der Gal-Exegese aber faktisch ausgeblendet, obwohl er doch den Ausgangspunkt einer Kontextualisierung des Briefes bilden müsse.3 Diese Programmforderung geht von grundsätzlich berechtigten Prämissen aus. Neben den in der Exegese längst ernst genommenen Erkenntnissen der Rezeptionästhetik sprechen für eine erneute Frage nach der Kontextualisierung des Gal innerhalb des Milieus seiner Adressaten die beträchtlichen Fortschritte der althistorischen Kleinasienforschung in den zurückliegenden Jahrzehnten, die es für die Exegese auszuwerten gilt. Im interdisziplinären Gespräch mit den Altertumswissenschaften sollte zudem der Gal als Quelle des ältesten Christentums in Kleinasien profilierter wahrgenommen werden als bislang.4 Der Beschreibung der historischen Kontexte, die für eine Einordnung des Gal in Frage kommen, liegt in dieser Arbeit das Konzept der Lebenswelt zu Grunde. Es verweist auf den umfassenden Charakter menschlicher Wirklichkeitsdeutung. Gerade weil sie mit historischen Mitteln, insbesondere im Hinblick auf die Antike, so schwer zu

1 S. o. I 1. 2 S. o. I 2. 3 S. o. I 3.; 4. 4 S. o. I 3.

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Zusammenfassung und Ertrag

fassen ist, sollte sie dennoch nicht aus dem Blick geraten. Es liegt auf der Hand, dass der Einblick in historische Lebenswelten im antiken Kleinasien zur Zeit der paulinischen Mission auf Grund der Quellenlage stark eingeschränkt ist. Dennoch erlaubt die kulturelle Übergangssituation des 1. Jh. n. Chr. Rückschlüsse auf Grundzüge dortiger Lebenswelten.5 Der zu behandelnde Raum in Zentralkleinasien, der Kerngalatien sowie den Südteil der römischen Provinz zur Zeit des Paulus umfasst, ist von seinen natürlichen Voraussetzungen her vor allem durch die lykaonische Steppe und das Tauros­gebirge im Süden geprägt. Lebensgrundlagen waren ausreichend vorhanden. Insbesondere die Landwirtschaft in den am Fuße des Gebirges gelegenen Regionen profitierte von den klimatischen Gegebenheiten.6 Einige der im frühkaiserzeitlichen Kleinasien belegten kulturellen Traditio­ nen – etwa Kultstätten und religiöse Vorstellungen, aber auch Sprachen – gehen auf die Zeit der Assyrer, Hethiter und Phryger zurück, durchliefen aber durch den persischen und hellenistischen Einfluss tiefgreifende Transformationen.7 Juden lebten in den meisten Regionen des vorrömischen Kleinasiens. Die von Antiochos III. betriebene Ansiedlung jüdischer Familien fand aus strategischen und wirtschaftlichen Gründen vermutlich in Phrygien am Gebirge statt. Während die frühkaiserzeitlichen jüdischen Inschriften nur begrenzt aussagekräftig sind, bestätigt Act 13 f, dass Südgalatien zur Zeit des Paulus auf eine etablierte jüdische Präsenz zurückblickte.8 Die im 3. Jh. v. Chr. als Söldner nach Kleinasien gekommenen Galater prägten den zentralkleinasiatischen Raum. Sie verbanden sich mit der phrygischen Vorbevölkerung und erhielten ihre Eigenidentität bis in die Spätantike hinein. Hellenistischen Einflüssen gegenüber öffneten sie sich nur bedingt. Bemerkenswert ist ihre Romtreue seit dem Ende der römisch-pergamenischen Allianz. ­Deiotaros und insbesondere seinem Nachfolger Amyntas gestattete Rom, die südlich an Kerngalatien angrenzenden Territorien zu kontrollieren.9 Über die Bewohner dieser Gebiete ist relativ wenig bekannt. Durch die Lage an einer wichtigen Ost-West-Verbindung und durch die Fruchtbarkeit der Gegend erlangte die Phrygia Paroreius besondere Bedeutung, was sich auch in der Gründung makedonischer und seleukidischer Kolonien ausdrückte. Pisidien weist eine ausgeprägte urbane Tradition auf. Lykaonien war in geringerem Maß städtisch besiedelt und stand nach dem Ende des Alexanderreiches unter wechselnder Oberherrschaft, zuletzt unter römischer. Kulturelle Traditionen erhielten sich (auch) hier bis in die Kaiserzeit (vgl. Act 14,11). In den pisidischen und isaurischen ­Tauros­ regionen lebten in schwer zugänglichen Gebieten Stämme, die fremde Herrschaft

5 S. o. I 5. 6 S. o. II 1.; 2. 7 S. o. II 3.1; 3.2. 8 S. o. II 3.3. 9 S. o. II 3.5.

Zusammenfassung und Ertrag

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nicht akzeptierten und weitgehend abzuwehren wussten. Erst nach mehreren Anläufen gelang es den Römern, das in republikanischer Zeit blühende kilikischisaurische Seeräuberwesen zu bekämpften. Amyntas, der letzte König der Galater, kam bei dem Versuch, die Taurusregion vollends zu unterwerfen, um sein Leben.10 Augustus reagierte im Jahr 25 v. Chr. mit der Gründung der Provinz Galatien, die die von Amyntas beanspruchten Gebiete einschloss. Insbesondere hier, in Südgalatien, bewirkte der Beginn der Römerherrschaft eine Zäsur in den Lebenswelten der Menschen. An insgesamt elf Orten wurden die bestehenden Gemeinwesen in römische Kolonien umgewandelt oder Kolonisten innerhalb der Städte angesiedelt. Die Teilstücke der Via Sebaste verbanden die Kolonien untereinander und das Hinterland mit der Ägäis- und der pamphylischen Küste. Einem statt­halterlichen Edikt zufolge hatten die Einwohner Südgalatiens römischen Funktionären Hand- und Spanndienste zu leisten und Unterkünfte zur Verfügung zu stellen. Die als letzte noch Widerstand leistenden Taurusbewohner, die H ­ omonadeis, besiegte der Statthalter P. Sulpicius Quirinius in fast zehn Jahre dauernden Auseinandersetzungen. Im Normalfall übten die Römer ihre Herrschaft aber mit indirekten Mitteln aus. Wie die neuere althistorische Forschung zeigt, gab es eine zentrale Provinzverwaltung bis weit in das 1. Jh. n. Chr. ­hinein in Galatien nicht. Die Statthalter hielten sich entsprechend ihren Tätigkeitsschwerpunkten in dieser Zeit in Südgalatien auf.11 Die Städte Südgalatiens wurden zu Trägerinnen der entstehenden Provinzial­ kultur. Der Wegfall der politischen Eigenständigkeit führte zu einer Schwerpunktverlagerung hin auf das kulturelle Leben, Spektakel, Repräsentation und auf die symbolische Teilhabe am Imperium. Enge Kontakte bestanden zu führenden römischen Politikern und Militärs. Der entstehenden Oberschicht, die sich aus Einheimischen und neu aus dem lateinischen Westen Hinzugezogenen rekrutierte, gelang ein rasanter wirtschaftlicher und sozialer Aufstieg. Ein Brennpunkt dieser Entwicklungen war das pisidische Antiochien. Trotz der Überführung in eine Kolonie, des hier besonders betonten Rombezugs und der Absetzung der priesterlichen Elite des nahegelegenen Men-Heiligtums sollten Peregrine und eingewanderte Römer in das koloniale Selbstverständnis integriert werden. Men blieb Stadtgott. Zu seinem Tempel pilgerten Autochthone wie Zugewanderte. Das Stadtbild Antiochias wurde repräsentativ umgestaltet. Dominiert wurde es vom groß angelegten Sebasteion. Inschriftenfunde zeigen, dass auch Einheimische den Bau sponserten. Trotz der Bemühungen, den kleinasiatischen Bevölkerungsteil zu integrieren, waren es doch vor allem die Angehörigen der führenden zugezogenen Familien Antiochias, die ihren sozialen Status verbessern konnten und ihn zur Schau stellten.12 Im Vergleich zu Südgalatien fielen die Auswirkungen der Provinzialisierung auf die Lebenswelten in Kerngalatien weitaus geringer aus. Die ihre Eigeniden 10 S. o. II 3.4. 11 S. o. 4.1; 4.2; 4.3; 4.4. 12 S. o. II 4.5.

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Zusammenfassung und Ertrag

tität pflegenden Keltenstämme wurden von der römischen Herrschaftsausübung kaum erfasst. Ihre Loyalität gegenüber der Reichszentrale brachten sie durch den monumentalen Ancyraner Kaisertempel zum Ausdruck, mit dessen Bau – neuen Forschungserkenntnissen zufolge  – rund zwei Jahrzehnte nach der Provinzia­ lisierung begonnen wurde.13 Erst im mittleren 1. nachchr. Jh. nahmen die Bemühungen zu, die Keltengebiete stärker in das Imperium zu integrieren. Ebenfalls regen sich in dieser Zeit erste Ansätze – etwa durch Münzprägungen –, die unterschiedlichen Regionen der Provinz stärker zu verknüpfen und ein gesamtprovinziales Bewusstsein zu erzeugen.14 Eine wichtige Rolle in der lebensweltlichen Orientierung kam der Verehrung der Götter zu. Kulte gab es für die Gottheiten des griechischen Pantheons, die autochthone Götter in sich aufgenommen hatten, ferner für Men und die Bergmuttergöttin. Die Menschen begriffen ihr Leben als von den Göttern überwacht und gelenkt. Kontaktaufnahmen fanden durch Gebete, Orakel, Offenbarungen und Engelsbotschaften statt. Beobachten lässt sich eine Hinwendung zu Formen individueller Religiosität – Mantik, Therapie etc. –, die offenbar auf ein Bedürfnis nach persönlicher religiöser Orientierung reagierten. Eine Besonderheit stellt die gesellschaftliche Funktion der ländlichen Heiligtümer dar, die in Inschriften dokumentiert ist. Krankheiten wurden als Strafe der Götter für begangene kultische und soziale Vergehen verstanden. Die Priesterschaft stellte Untersuchungen der Fälle an. Durch finanzielle oder materielle Zuwendungen an den Tempel konnte die Schuld abgelöst werden. Auffällig ist die Konzentration der ent­sprechenden Inschriften; die den Göttern zugeschriebenen Kompetenzen entsprechen aber gemeinantiken Vorstellungen und sind daher kein Spezifikum Zentralkleinasiens.15 Im Rahmen einer historischen Kontextualisierung des Gal stellt sich zuerst die Frage nach den Wohnorten seiner Adressaten innerhalb der Provinz. Allein mit Hilfe des Gal lässt sich zunächst keiner der Lösungsvorschläge – Kern- oder Südgalatien – hinreichend belegen. Das – wenn auch von seinem Quellenwert her gegenüber den paulinischen Texten sekundäre – Zeugnis der Apostelgeschichte spricht dafür, die Adressaten des Gal in den von Barnabas und Paulus laut Act 13 f bereisten Gebieten zu verorten. Der Einwand, der Gal setze eine Gründung der angeschriebenen Gemeinden ohne Beteiligung des Barnabas voraus, lässt sich unter Hinweis auf Gal 1,8 f; 2,2 f.10 entkräften. Gal 2,5 spricht dagegen für die Gründung der Gemeinden im Vorfeld des Aposteltreffens, d. h. in Südgalatien. Der Vorschlag Kochs, eine Flucht des Paulus aus der Provinz Asien hätte zur Evangeliumspredigt in (der Landschaft!) Galatien geführt, ist mit den zeitgenössischen Straßenverbindungen nur schwer vereinbar. Denn neuen Erkenntnissen zufolge 13 S. o. II 4.6. 14 S. o. II 4.7. 15 S. o. II 7.

Zusammenfassung und Ertrag

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führten die Ostverbindungen von Ephesus aus durch Südgalatien.16 Die südgalatische Lösung kann darüber hinaus durch einige weitere Beobachtungen vor dem Hintergrund historischer Lebenswelten gestützt werden. (1) Wie ein Seitenblick auf die Verhältnisse in Syrien bestätigt, war „Galatien“ (vgl. Gal 1,2) gängiger (Kurz-) Name der im Jahr 25 v. Chr. gegründeten Provinz.17 (2) Wie Vergleichstexte zeigen, bezieht sich die Anrede „Galater“ (Gal 3,1) nicht zwangsläufig auf Gallograeci von Herkunft. Zudem kann Paulus diese Formulierung analog zur Bezeichnung Galatia auch selbst gebildet haben, zumal in seiner Zeit eine gesamtprovinziale Identität in Galatien im Entstehen begriffen war. Unter Einbeziehung von Röm 1,14; 1Kor 1,22 ist schließlich mit der Möglichkeit zu rechnen, dass Paulus in Gal 3,1 seine Adressaten ironisch als ‚Galater‘, d. h. Menschen ‚barbarischer‘ Herkunft titulierte, um seine Aussageintention zu unterstreichen.18 (3) Die lebensweltlichen Gegenbenheiten in Südgalatien zur Zeit des Paulus legen nahe, dass Barnabas und Paulus hier missionierten. Während der kerngalatische Norden nur in Ansätzen romanisiert und daher als Reisegebiet schwierig war, stellte Südgalatien ein Ambiente bereit, wie Paulus es später auch andernorts aufsuchte (Philippi, Korinth).19 (4) Neuen althistorischen Forschungen zufolge stammten die im pisidischen Antiochia angesiedelten Veteranen aus Spanien. Der in Röm 15,24.28 geäußerte Reiseplan des Paulus, für dessen Zustandekommen ansonsten keine hinreichenden Gründe beigebracht werden können, wäre dann gut erklärbar, wenn das Vorhaben durch Kontakte mit den spanischstämmigen Bewohnern Antiochias angestoßen worden wäre.20 Das Hauptinteresse der Forschungen zum kleinasiatischen Kontext des Gal gilt der im Text vorausgesetzten Situation, der von Paulus konstatierten Beschneidungskrise. Abweichend vom relativen Forschungskonsens plädieren einige Arbeiten dafür, das Problem auf den Einfluss des Kaiserkults, der paganen Kulte in der Umgebung der Gemeinden oder der örtlichen Synagogengemeinden zurückzuführen. Als ein solches lokales Phänomen erscheine der galatische Konflikt primär als soziales – nicht: theologisches – Problem.21 Zur Debatte stehen mehrere Ansätze, den Einfluss des Kaiserkults mit dem Text des Gal zu vereinbaren. Die literarkritische Herauslösung von Gal 4,8–20 als Fragment eines auf das Problem der Herrscherverehrung reagierenden Briefs scheidet aus, da der diskutierte Ausdruck τὰ ἀσθενῆ καὶ πτωχὰ στοιχεῖα (Gal 4,9; vgl. V.3) innerhalb des Kontexts verständlich ist. Andere Interpretationsmodelle stellen eine Verbindung her zwischen der Pflicht zur Teilnahme am Kaiserkult und den Rechten der Diasporasynagogen, die sich nur in abgeschwächter Form an der 16 S. o. III 1.; 2. 17 S. o. III 3. 18 S. o. III 4. 19 S. o. III 5. 20 S. o. III 6. 21 S. o. IV 1.

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Zusammenfassung und Ertrag

Herrscherverehrung beteiligen mussten. Durch die Beschneidung hätte der judenchristliche Gemeindeanteil die geborenen Heiden unter den Christus­gläubigen von dem Erwartungsdruck, am Kaiserkult teilzunehmen, entlasten wollen. Gegen diese Rekonstruktion spricht, dass der Gal die Gemeinden als ganze anspricht und eine Differenzierung innerhalb der Adressatenschaft ausschließt. Von den lebensweltlichen Gegebenheiten her legt sich im Übrigen die Herrscherverehrung als Problemhintergrund in Galatien nicht nahe. Eine flächendeckende Erfassung, wer an den Loyalitätsbekundungen teilnimmt oder nicht, war nicht vorgesehen und wäre auch nicht durchzuführen gewesen. Die Situation nach der Kriminalisierung des Christentums zu Beginn des 2. Jh. n. Chr. (vgl. Plin. epist. X 96) darf nicht in die Lebenswelt der zahlenmäßig kleinen christlichen Hausgemeinden zur Zeit des Paulus rückprojiziert werden.22 Ebenfalls ein Negativbefund ergibt sich bei der Suche nach dem Einfluss paganer Kulte auf die galatische Krise. Denn wie ein Vergleich zeigt, lassen sich die in Kleinasien vertretenen religiösen Vorstellungen kaum mit dem verbinden, was die Konkurrenzmissionare den Galatern nahelegten. Zwar spielten rituelle und moralische Regeln auch in den Kulten in der Umwelt der galatischen Gemeinden eine Rolle, doch mit dem identitätsstiftenden jüdischen Bundeszeichen der Beschneidung und dem Halten der Tora sind die paganen Gebote nicht vergleichbar. Auch kann ausgeschlossen werden, dass ein übersteigertes religiöses Empfinden der Bewohner Zentralkleinasiens die galatischen Christen zur Beschneidung getrieben habe. Denn weder bei den den paganen Göttern zugeschriebenen Funktionen noch beim Umgang mit Übertretungen göttlicher Gebote gehen die im Innern der kleinasiatischen Halbinsel anzutreffenden Vorstellungen über das in der Antike allgemein Verbreitete hinaus. Schließlich ist eine Verbindung der galatischen Beschneidungskrise mit Kastrationspraktiken der galli, den religiösen Spezialisten der Bergmuttergöttin, zu bestreiten. Denn weder lässt sich eine entsprechende Erklärung mit dem Brief vereinbaren, noch erschienen jüdische Beschneidung und rituelle Selbstentmannung den Galatern als vergleichbare Größen. Zudem sind Emaskulationsriten in Kleinasien nicht belegt und dürften in der Lebenswelt der Adressaten des Gal keine Rolle gespielt haben.23 Diasporagemeinden waren in Südgalatien zur Zeit des Paulus seit mehr als zwei Jahrhunderten beheimatet und daher etablierte Größen. Dass die Beschneidungsforderung von den örtlichen Synagogen ausgegangen ist, wie in der Forschung bisweilen vertreten, ist jedoch ebenso wenig wahrscheinlich wie die Annahme, ein nennenswerter Anteil an Judenchristen bzw. Gottesfürchtigen hätte sich in den Reihen der galatischen Gemeinden befunden (vgl. Gal 4,8). (1) Gal 3,28 setzt nicht voraus, dass geborene Juden dauerhaft zu den Ekklesiai gehörten. Die Erfahrung der Gemeinschaft mit Judenchristen kann auch von Besuchen wie 22 S. o. IV 2. 23 S. o. IV 3.

Zusammenfassung und Ertrag

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denen des Paulus und des Barnabas herrühren. (2) Die offensichtliche Vertrautheit der Galater mit Schrifttraditionen mag auf die Predigten des Barnabas und des Paulus sowie den innergemeindlichen Unterricht im „Wort“ (vgl. Gal  6,6) zurückgehen und muss nicht auf eine synagogale Vorbildung verweisen. (3) Gal 2,3.7.9.11–21 weist auf das Problem, welchen Status den jüdischen Identitätsmerkmalen innerhalb der Gemeinden zukommt, hin.24 Insgesamt ist im Hinblick auf das galatische Beschneidungsproblem festzustellen, dass seine Entstehung aus dem kleinasiatischen Kontext des Gal heraus nicht plausibel zu machen ist. Sowohl vom Brief an die Galater als auch von externen Evidenzen her erweisen sich die entsprechenden Interpretationsmodelle als unbegründet. Je mehr Einzelheiten in der Auslegung des Gal mit Gegebenheiten aus der Umwelt der Gemeinden verbunden wurden, desto hypothetischer werden die jeweiligen Rekonstruktionen. Ein innerer Bezug zwischen der galatischen Krise und den uns zur Verfügung stehenden Nachrichten aus der Umwelt der Gemeinden ist nicht aufzuweisen und wird es vermutlich auch nie sein. Aus der Sicht der kleinasiatischen Kultur- und Religionsgeschichte bedeutet dieses Ergebnis, dass die galatischen Gemeinden und mit ihnen die Beschneidungskrise Phänome­ suorum generum darstellten. Im Hinblick auf den Kontext des Gal und der paulinischen Theologie liegt es vor dem Hintergrund dieses (Negativ-) Befundes nahe, mit der Mehrheit der Forschung weiterhin vom jüdischen Kontext des frühen Christentums als Referenzrahmen der Rekonstruktion der galatischen Krise auszugehen. Historisch erscheint der galatische Konflikt des Paulus primär als auf einer theologischen – nicht sozialen – Ebene angesiedelt. Die Kontroverse entzündete sich an der Frage, was die christliche Identität hinreichend konstituiert. Im Hinblick auf die in der Forschung kontrovers diskutierte Alternative, das paulinische Christentum – das sich freilich so noch nicht nannte – eher in Kontinuität oder Diskontinuität mit seiner jüdischen Umwelt zu charakterisieren,25 ist den erarbeiteten Ergebnissen zufolge angesichts der galatischen Krise einerseits auf den innerjudenchristlichen (Konflikt-)Hintergrund26 – und dessen Bearbeitung durch Paulus – zu verweisen, der sich auf die heidenchristlichen Galater auswirkte. Andererseits, und das ist das Entscheidende, tritt Paulus angesichts der Krise pointiert für eine christliche Identität ein, die sich nur durch Glauben an Christus definiert (Gal 2,16) und die die christliche Gemeinschaft außerhalb des durch die jüdischen Identitätsmerkmale abgesteckten Rahmens ansiedelt (Gal 2,3.7.9.11–21).

24 S. o. IV 4. 25 S. o. I 2. 26 Frey, Ausbreitung, 93, nennt das frühe Christentum „eine jüdische und in den Grundzügen ihres Denkens wie z. B. dem elementaren Schriftbezug und der entstehenden Christologie eine ganz vom zeitgenössischen Judentum bestimmte Bewegung“.

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Zusammenfassung und Ertrag

In einem letzten Schritt ist auf die Briefadressaten und ihre Lebenswelten innerhalb ihrer Umwelt zurückzukommen. Ein Vergleich zwischen den im Gal erkennbaren Grundstrukturen der lebensweltlichen Orientierung der Angeschriebenen und den externen Evidenzen ergibt ein ambivalentes Bild.27 Zum einen waren die galatischen Christen in ihrer Alltagswelt auf die Umgebungsgesellschaft bezogen (vgl. nur Gal 6,10). Paulus spricht sie selbstverständlich als Bewohner der Provinz Galatien an (vgl. Gal 1,2). Er setzt voraus, dass sie als solche von den zeitgenössischen kulturellen und politischen Zäsuren geprägt waren. In den Lebenswelten der galatischen Christen lassen sich eine Reihe von Anleihen an den Strukturen der Umgebungsgesellschaft beobachten. So spielt Paulus auf den antiken Barbarendiskurs an (vgl. Gal 3,1), der den Adressaten aus ihrer Umwelt vertraut war. Ferner bot das von Barnabas und Paulus verkündigte Evangelium die auf anderer Ebene auch vom Imperium Romanum eröffnete Möglichkeit, sich in einen übergreifenden, ‚globalen‘ Kontext einzuordnen. Die galatischen Christen wussten um ihre Einbindung in das Christentum vor und neben ihnen. Anstelle des Kaisers war Christus für sie der Retter und der gemeinsame Bezugspunkt.28 Zum anderen unterschieden sich die galatischen Christen in Bezug auf Wirklichkeitsauffassung und Ethos gravierend von ihrer Umwelt. In der Ablehnung der paganen Götter und der Radikalisierung des Gedankens der Kommunikation zwischen Gott und Menschen bildeten die Christen ein Gegengewicht zur Umwelt. An die Stelle der Identitätsstiftung durch die entstehende Provinzialkultur trat das Selbstverständnis, zu den Kindern Gottes zu gehören. Die vorfindliche Welt verlor ihren Alleingültigkeitsanspruch, hofften doch die Christen auf das endzeitliche Heil (Gal 1,4). Am auffälligsten der Umgebungsgesellschaft zuwiderlaufend war die gottesdienstliche Sozialgestalt der christlichen Versammlung, bei welcher alle zum gemeinsamen Mahl zusammen kamen. Die praktizierte Egalität relativierte die im Alltagsleben gültigen Identitätszuschreibungen durch den gemeinsamen Glauben an Christus.29 Als Gesamtergebnis der Arbeit ist festzuhalten, dass die Einbeziehung der Adressaten und ihrer kulturellen, religiösen und gesellschaftlichen Prägung einen produktiven und unverzichtbaren Beitrag zur Kontextualisierung des Gal leistet. Die Analyse der historischen Lebenswelten bestätigt die Lokalisierung der paulinischen Gemeinden in Südgalatien. Der galatische Beschneidungskonflikt erscheint auf dem rekonstruierten Hintergrund als binnenekklesiales Phänomen. Die Lebenswelt der Gemeinden Galatiens (vgl. Gal 3,1) lässt sich innerhalb ihrer Kontexte profilieren. Die Christusgläubigen waren in ihre alltagsweltliche Umgebung eingebunden. Gleichzeitig bildeten sie der Umwelt zuwiderlaufende und diese – aus ihrer eigenen Sicht – entscheidend relativierende Strukturen aus. 27 S. o. V 1. 28 S. o. V 2. 29 S. o. V 3.

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Abbildungen Abb. 1 Zentralkleinasien (Ausschnitt) Jürgen Süß, MediaCultura; Reliefkarte: maps-for-free.com Abb. 2 Relief der phrygischen Matar. Bei Ankara, 7. Jh. v. Chr. Museum der anatolischen Zivilisation, Ankara In: Roller, Search, 57 Abb. 3 Terrakottastatue der thronenden Muttergöttin Gordion, 3./2. Jh. v. Chr. In: Roller, Search, 191 Abb. 4 Südgalatien Jürgen Süß, MediaCultura; Reliefkarte: maps-for-free.com Abb. 5 Römische Kopie der pergamenischen Darstellung des sog. sterbenden Galliers. Kapitolinische Museen, Rom Aufnahme: Anthony Majanlahti (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Dying_gaul. jpg; abgerufen am 17.2.2016 [CC BY 2.0]). Abb. 6 Die südgalatischen Kolonien Jürgen Süß, MediaCultura; Reliefkarte: maps-for-free.com Abb. 7 Das pisidische Antiochia (Grundriss) Jürgen Süß, MediaCultura; nach einer Zeichnung von A. J. Ossi, in: Harrington/ Ossi, Infrastructure, 17 Abb. 8 Decumanus Maximus Aufnahme: Jens Börstinghaus (9. September 2001, Dia-Nr. JB2001/6/2) Abb. 9 Römisches Aquädukt bei Antiochia Aufnahme: Jens Börstinghaus (8. September 2001, Dia-Nr. JB2001/6/31)

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Abbildungen

Abb. 10 Rekonstruktion des Theaters im pisidischen Antiochia In: Demirer/Mallampati, Architecture, 65 Abb. 11 Rekonstruktion des Sebasteions im pisidischen Antiochia Jürgen Süß, MediaCultura Abb. 12 Detail des Reliefs des Propylons des Sebasteions im pisidischen Antiochia In: Rubin, Ruler Cult, 43 Abb. 13 Detail des Reliefs des Propylons des Sebasteion im pisidischen Antiochia Jürgen Süß, MediaCultura Abb 14 Sebasteion im pisidischen Antiochia, Augustustempel im Vordergrund Aufnahme: Jens Börstinghaus (9. September 2001, Dia-Nr. JB2001/7/27) Abb 15 Rekonstruktion des Inneren des Sebasteions im pisidischen Antiochia Jürgen Süß, MediaCultura Abb. 16 Stiftungsinschrift des Sebasteions im pisidischen Antiochia In: Rubin, Ruler Cult, 53 Abb. 17 Rekonstruktion des Men-Heiligtums beim pisidischen Antiochia In: Raff, Architecture, 138 Abb. 18 Ancyraner Sebasteion Jürgen Süß, MediaCultura Abb. 19 Provinzgrenzen im mittleren 1. Jh. n. Chr. (schematische Darstellung) Jürgen Süß, MediaCultura; Reliefkarte: maps-for-free.com Abb. 20 Giebelstele aus weißgrauem Marmor, gefunden bei Kula (?), undatiert In: Petzl, Beichtinschriften, Nr. 75

Stellenregister (in Auswahl) Altes Testament Gen 10 137 15,6 24, 163 17,10 f 180 Ex 3,14 188 Lev 16,10 39 16,21 f 39 23 165 Dtn 23,2 186 32,21 169 1Sam 10,5 121 1Chron 1 137

2Chron 13,9 169 Est 3,6 47 3,8 47 Ps 1,1 f 182 33 129 68,4 182 Jes 37,19 f 169 66,19 156 Jer 2,11 169 5,7 169 16,20 169 Hab 2,4 24

Frühjüdische Literatur Arist. 139 113 äthHen 82,4 165 82,7–10 165 Jos, Ant 1,122–128 137 11,212 114 12,119 46 12,126 113 12,147–153 46, 187 13,374 51 14,110 46

14,213 114 14,213–216 111 14,223 111 14,226 113 14,231 f 111 14,242 113 14,245 113 14,260 111 16,160 f 111 16,162–165 111 16,165 108 16,172 113 18,1 f 79 18,2 135

250

Stellenregister (in Auswahl)

Jos, Bell 1,88 51 2,117 135 2,477 f 114 1Makk 15,22 f

Philo Her 267–283 171 Philo LegGai 245 47 281 47

47

Philo Virt 141 114 179 169

2Makk 7,6 129 7,21 f 171 7,35 129

Philo VitMos II 20–24

Philo Flacc 46 47

114

Weish 7,17 171

Neues Testament Mt 28,19 198 Lk 2,1 79 24,25 150 24,27 190 Act 1,8 156, 198 2,9 47 6,9 47 8,35 190 10 136 10,1 f 114 10,2 115 11,27–30 135 13 f 24, 109, 135, 137 f, 147, 158 f 13,4–12 156 13,13 156 13,13–51 135 13,14 49 13,14 f 109 13,14–14,7 187 13,16 109 f, 115 13,26 110, 115 13,42 109 13,44 109 13,44 f 191

13,47 f 191 13,50 75, 109 f, 114 14 135 14,1 191 14,1 f 110 14,4 75, 109 14,8–18 191 14,11 49 14,12 119 14,15 191 14,17 119 14,19 109 f 15 135 15,36–40 155 f 16,1 109, 112 16,3 109, 112 16,6 23 f, 136 16,13 111 16,13–18 116 16,14 47 16,37 f 110 17,17 115 18,2 155 18,7 115 18,12–17 79 18,23 23 f, 135, 137 19,21 155 20,15 143 21,39 110 22,3 110

Stellenregister (in Auswahl) 22,25 110 23,27 110 Röm 1,1–15 155 1,5 155, 193, 198 1,14 150 f, 155, 159, 193, 196, 198 1,24 181 1,25 171 6,19 181 10,18 155 12,15 168 15,14–33 155 15,16 193 15,18 190 15,18 f 193 15,19 142 15,19–23 155 15,24 155, 159 15,26 142 f 15,28 155, 159 15,31 134 15,32 140 16,1–16 155 16,4 140 16,5 142 f 1Kor 1,5 190 1,18 190 1,22 151 7,14 181 7,18–22 188 8,4 f 169 9,6 139, 196 12,12 169 12,13 188 12,28 190 14,11 151 15,10 155 15,19 155 15,25–28 199 16,1 143, 149, 199 16,5 143 16,15 142 f 16,19 143, 155 2Kor 1,1 1,8

142, 196 142 f

251

1,8 f 140 1,16 134, 143 2,12 143 2,13 143 2,14 155 6,17 181 7,5 143 8,1 143 8,7 190 9,2 142 f, 149 11,9 143 11,10 142 12,21 181 Gal 1,1 139, 191 1,1–5 200 1,2 17, 134 f, 142 f, 145 f, 149, 158, 161, 173, 189, 194, 196, 198 1,3 f 181 1,4 163, 180, 191, 200, 204 1,6 150, 162 f, 165, 173, 175, 190 1,6 f 13, 24, 162 1,6–8 201 1,6–10 25, 150 1,7 162, 173, 188 1,7 f 201 1,8 190, 201 1,8 f 134, 173, 180, 188, 190, 199 1,9 24, 139 1,11 201 1,11–24 163 1,12 201 1,13 16 1,13–24 199 1,15 155 1,16 163, 193, 198, 201 1,17 134 1,17–19 165 1,18 135 1,21 134 1,22 134, 165 1,23 201 2,1 136, 139 2,1–10 135–137, 162 f, 165, 189, 198 f

252

Stellenregister (in Auswahl)

2,2 201 2,3 163, 189 2,4 136, 165 2,5 135 f, 199, 201 2,7 189 2,7–9 136, 198 2,9 139, 189 2,10 139, 199 2,11 188 2,11–14 15, 199 2,11–21 139, 145, 155, 162 f, 173, 189, 199 2,12 190, 202 2,13 139, 156 2,14 136, 173, 202 2,14–16 163 2,14–21 24 2,15 163 f 2,16 180 f, 198 2,19 200 2,20 201 3,1 17, 134 f, 138, 145–151, 153, 158 f, 161, 173–175, 196 f 3,1 f 190 3,1–5 150, 164, 188, 190, 199, 201 3,2 201 3,2 f 163 3,3 150, 162, 173 3,3 f 163 3,5 163, 201 3,6 24, 180 3,6–9 163, 189 3,7 181 3,7–9 200 3,8 180, 201 3,10 180 3,10–14 163 3,10–29 189 3,11 24 3,13 11, 180, 190 3,16 201 3,16–18 200 3,19 201 3,23 201 3,26 f 181 3,26–28 188, 198 3,26–29 164, 200

3,28

25, 146, 153, 173, 188, 193, 200, 202 f 3,29 181 4,1–10 164 4,3 170, 192, 194 4,4 f 170, 181 4,4–6 200 4,5–7 181 4,7–9 200 4,8 170, 188, 191 4,8 f 178, 193 f 4,8–10 169 f 4,8–20 27, 29, 175–178, 191 4,9 170 f, 192, 200 f 4,9 f 162 4,10 162, 165, 174, 179, 181, 192 4,11–20 139 4,13 136 f, 201 4,13 f 134, 195 4,13–15 188, 190 4,14 190, 201 4,16 136 4,17 162, 188 4,19 134 4,20 164 4,21 150, 173–175 4,21–31 164 f, 184, 189, 192 4,24 184 f 4,25 134, 185 4,25 f 184 4,28 181 5,1 136, 202 5,1–4 173 5,1–12 162, 164 5,2 13, 162, 179 5,2 f 162 5,3 24, 180 f 5,4 162 5,5 181 5,6 f 26, 161 5,7 24, 136, 173 f 5,7–10 188 5,8 201 5,10 162, 181 5,10–12 162 5,11 24 f 5,12 25 f, 162, 178, 186, 188, 192 5,13 201

253

Stellenregister (in Auswahl) 5,13–6,10 164, 168, 173, 203 5,19 181 5,21 23 6,1–9 168 6,6 190 6,7 23 6,10 193 f 6,11–18 139, 172 6,12 165, 174 6,12 f 162, 179, 188, 191 f 6,13 161, 165 6,15 162, 204 6,16 173

1Thess 1,6–8 196 1,7 f 142 f 1,9 169, 191 1,10 191 2,14 134, 168 3,12 168 4,5 169 4,10 143 5,27 173

Phil 1,21–26 140 3,2 186 4,15 143

2Tim 4,10 143

Kol 1,1 f 143 1,7 141 2,16 174 4,12 f 141 4,13 143

1Tim 6,9 150

Tit 3,3 150 Phlm 23 141 1Petr 1,1

143, 152

Alte Kirche Arnob. V 7 VII 49

120 121

Augustin, exp. Gal. I 1–6 XVIII 3

17 17

Basilius von Caesarea, Briefe 207,1 61 Clem. Al. Protrepticus XV 3

121

Expositio totius mundi et gentium 41 37 Greg. Nyss. epist. XX 1

61, 150

Hier. Comm. ad Gal. II, p. 83

61

Sokr. V 23,8

44

Soz. VII 17,12

44

Tert. apol. XV 5

120

Vita S. Euthymii 147 61 Vita S. Theodori 3 107

254

Stellenregister (in Auswahl)

Griechisch-römische Texte Ail. nat. XVII 19

60

Alexander Polyhistor LXXIV 119 Amm. XXII 9

63, 121

Anth. Gr. VI 31 VI 94 VI 173 VI 220 VII 492

120 120 42 120 57

App. civ. V 75 VII 9,56

67 121

App. Mithr. 63,262 51 75,326 52 75,430 52 92,421 51 App. Syr. 65 57 Aristot. eth. Eud. 1229b 149 Aristot. eth. Nic. 1115b 149 Arr. an. I 28

53

Arr. takt. XXXIII 4

121, 123

Bell. Alex 34,4 66 48,1 157 50,2 f 157 67 54 68,1 66

Caes. civ. II 18 III 4

154, 157 54, 66

Caes. Gall. VI 14 VI 16

59 56

Cass. Dio XXXVII 6 f XLVII 48,2 XLIX 32,3 LIII 26,3 LV 28,3 LIX 12,2 LX 17,3

144 67 67 68, 70 79 106 106

Catull. 63

120 f

Cic. ad Q. fr. II 8,2

66

Cic. Att. V 15,3 V 17,3 V 21,2 V 21,9 VI 1,114

52 66 65 50, 52 66

Cic. Deiot. 9–13 66 14 65 f 17 66 21 66 27 65 Cic. div. I 15,26 f II 36,76

60 60

Cic. Flacc. 68 f

111

Cic. har. resp. XIII 28

54, 63

255

Stellenregister (in Auswahl) Cic. leg. agr. 2,50 54 11,50 54

IV 76 V 52–54 VII 26–44 VII 73

120 49 49 40

Cic. rep. III 9,15

56

Cic. Sest. XXVI 56

Herodas, Mimes III 1,10

108

63

Curt. III 1,11

Herodian. I 11,2

119, 121

61

Hes. theog. 183–200 120

Demosth. or. XVIII 260 Diod. III 58 III 59 V 24,3 V 29,2–5 XVIII 22 XVIII 45,5 XXII 3,2–4 XXII 9,1–5 XXXI 13 XXXIV 33,1 f

Hom. h. XIV 210 Hor. sat. I 9,70

186

Iust. XXIV 4,3 XXIV 6 XXIV 6–8 XXV 2,8–11 XXV 2,10 XXV 2,11 XXXII 3,6–8 XXXVII 1

60 57 55 55 56 54 55 50

Dion Chrys. 47,10 116

Iuv. VI 513 XIV 96–106

122 115

Dion. Hal. ant. II 19,4

122

Kall. fr. 761 119

Eur. Bacch. 120–166

120 f

Kall. h. IV 184

148

Liv. X 26,11 XXIII 14,1–4 XXIX 10 f XXXIII 21,3 XXXVII 40,14 XXXVII 54 XXXVII 56,6 XXXVIII 12,3–6 XXXVIII 15,9 XXXVIII 16

56 155 63, 121 58 49 50 49 64 53 55–58

120 123 54 56 51 53 55 55 56 63, 121

Diog. Laert. I 60

Eur. Hel. 1301–1368 120 Eutr. VII 10

71, 141

Frontin. strat. III 7,1

52

Hdt. I 14

41

256

Stellenregister (in Auswahl)

XXXVIII 17 XXXVIII 17,1–5 XXXVIII 17,9 XXXVIII 18,1 XXXVIII 18,4 XXXVIII 18,8 XXXVIII 18,9 f XXXVIII 18,10–12 XXXVIII 18,11–14 XXXVIII 19,9 f XXXVIII 21 XXXVIII 24,1 XXXVIII 47,9–13 XXXVIII 48,1 f XLV 19 f

149 56 54, 61 60 37 37 119 61 46 124 56 62 56 56 64

Lucan. VII 540

53

Lucr. II 601–643

121

Lukian. Alexandros 27 148 51 61 Lukian. De Dea Syria 50 f

183

Lukian. Zeuxis 8–11 57 Mart. III 81,3 VI 39 VI 21

120, 122 122 122

Memnon Frgm. 11

55–57

Obseq. XLIVa 122 Ov. fast. IV 179–372 IV 181–190 IV 223–244 IV 264 IV 299 IV 361–366

121 122 120 121 121 119

Ov. met. VIII 614–629

119

Paus. I 3,5 I 4,1–5 I 4,5 I 8,1 I 25,2 III 22,4 V 13,7 VII 17,9 VII 17,9–12 VII 17,10 X 3,4 X 15,2 f X 19,5–23 X 19,6–12 X 30,9 X 32,4

55 54 f 57, 62 57 58 122 122 123 120 178 54 55 55 54 57 57

Pind. P. III 77–79

120

Plat. rep. II 364e

129

Plat. symp. 189e–190d 120 Plaut. Poen. 1317 f

122

Plaut. Truc. 610 f

122

Plin. epist. X 96 X 97

168, 176 176

Plin. nat. V 23 V 24 V 25 V 42 V 94 X 39 XIV 11 XXI 31 XXIX 9 XXXI 5

51, 53, 78 142 67, 74 53, 119, 142 49 60 37 119 37 120

257

Stellenregister (in Auswahl) XXXI 45 XXXV 46

37 120, 122

Sall. hist. Frgm. II 87

52

Plut. Crassus 17,1 f

66

Sen. Herc. f. 469 f

122

Serv. Aen. IX 115 X 22

120, 123 119

Plut. Lukullus 14,1 65 Plut. Marcellus XX 120 Plut. mor. 257e–258c 60, 65 259a–b 65 Plut. Themistocles 30 53 Pol. IV 46,1 V 73 V 77,2–78 V 78,1 V 107,4 VIII 15–21 XVIII 37,9 XVIII 41,6–9 XXI 37,4–7 XXI 37,5 XXI 43 XXI 45 XXXI 2

55 53 58 54 49 49 57 58 119, 124 123 63 49 64

Polyain. VIII 39

60

Polyp. V 53,3

60, 65

Pomponius Mela I 14

106

Poseid. 116 56 Ptol. Geographia V 4,1–12

142

R. Gest. div. Aug. 28

73, 99

SH 958,9 148 Suet. Claud. 25,3 106 28 135 Stat. silv. I 5,37 f II 2,87–89 Strab. I 3,21 (§ 61) II 5,31 (§ 130) IV 4,5 (§ 197 f) VII 7,2 (§ 295) X 3,12 (§ 469) XII 1,4 (§ 525) XII 2,3 (§ 535) XII 2,10 (§ 540) XII 3,9 (§ 544) XII 3,31 (§ 556) XII 3,32–37 (§ 557–560) XII 3,34 (§ 558) XII 3,41 (§ 562) XII 5,1 (§ 566) XII 5,2 (§ 567) XII 5,3 (§ 567) XII 6,1 (§ 568) XII 6,2 (§ 568) XII 6,3 (§ 569) XII 6,4 (§ 569) XII 6,5 (§ 569) XII 7,1–3 (§ 569–571) XII 7,2 (§ 570) XII 7,3 (§ 571) XII 8,1 (§ 571) XII 8,2 (§ 572) XII 8,9 (§ 575) XII 8,13 f (§ 576 f)

123 123 41 54 56 40 118, 122 f 52, 105 97 105 106 43, 96, 97 106 97 106 55, 57, 61 61, 63, 66, 119 41, 62 f, 67, 121, 123 36, 50, 65, 74, 117 50, 52 52, 67 f 49, 67 f, 71 73, 79 53 37, 78 67 41 40 178 48

258

Stellenregister (in Auswahl)

XII 8,14 (§ 577) XII 8,20 (§ 580) XIII 8,14 (§ 577) XIV 1,23 (§ 641) XIV 1,37 (§ 646) XIV 2,29 (§ 663) XIV 4,6 (§ 671) XIV 5,6 (§ 671) XIV 5,24 (§ 679) XVI 4,9 (§ 771) XVII 1,12 (§ 797)

37, 43, 49, 96 f 43 71, 73 124 122 48, 84 105 67, 70 52 161 73

Suda s.v. Galatai s.v. Ikonion

55 74

Tac. Agr. XXI 81

II 6,10 VII 7,6

148 120, 122

Varro ling. VI 15

121 f

Varro Men. 132–140 122 Varro rust. I 1,10

66

Verg. Aen. VI 784–787 IX 617–620 X 156–158 XII 97–100

121 121 f 121 121

Xen. an. I 1,11 I 2,1 I 2,19 II 2,23

53 53, 74 74 53

Tac. ann. III 48 XV 6,3

79 146

Tac. hist. II 9,1 V 5,1 f

106 114

Them. or. 16,19 (§ 302)

Xen. hell. I 4,1 II 1,13

43 53

105, 150

Val. Max. I 4

60

Xen. Kyr. II 1,5 VI 2,10 VIII 6,7

43 50 43

Inschriften und Münzen Bosch, Quellen Nr. 51 Nr. 117

101, 167 104

CIG III 3991 III 3998 III 3995b III 4001b

142 108 108 108

CIL III 288 III 6687 III 6831

142 144 72

III Suppl 6825 III Suppl 6826 VI 68 VI 31545 XIV 3613

154 154 129 156 144

French, Inscriptions Nr. 05

99

French/Mitchell, Ankara Nr. 2 101 IEph 5102 143

259

Stellenregister (in Auswahl) IGR III 262 III 263 III 335 III 797 III 1473 III 1476

75, 142 106, 142 106 72 75 74

IK 57,1 106 57,166 76 ILS 268 143 918 144 2237 154 2238 154 2683 144 2696 94 2727 72 7201 94 9499 141 9502 f 82, 94 MAMA I 7 I 93 IV 140 VII 7a VII 319 VII 321 VIII 1 VIII 3 VIII 94 VIII 259 VIII 327

119 60 147 119 118 118 118 74 72 119 72

Mitchell/Waelkens, Antioch 224 f Nr. 7 87 OGIS 269 58 275 f 58

315 60 347 66 458 170, 200 748 57 765 57 Petzl, Beichtinschriften Nr. 9 126 Nr. 75 127 RPC I 3541 f I 3546–3553 I 3555–3561 I 3563 f I 3567

106 103 106 103 103

RECAM II 186 II 188 II 203 f II 209b II 355 III 155.3 IV 236 V 328 V 335 V 336

135 66 60 107 118 76 82 82 76, 80 106

SEG II 696 II 710 VI 580 VI 646 XX 302

82 146 89 82 156

Strubbe, Inscriptions Nr. 17 f

104

Wallner, Inschriften Nr. V.1

107