Der Erwerb eigener Aktien nach §§ 71 ff. AktG: Deregulierungs- und Liberalisierungsbestrebungen im europäischen Gesellschaftsrecht [1 ed.] 9783428514496, 9783428114498

Der Erwerb und die Veräußerung eigener Aktien stellen für die Aktiengesellschaft ein wichtiges Finanzierungsinstrument d

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Der Erwerb eigener Aktien nach §§ 71 ff. AktG: Deregulierungs- und Liberalisierungsbestrebungen im europäischen Gesellschaftsrecht [1 ed.]
 9783428514496, 9783428114498

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Beiträge zum Europäischen Wirtschaftsrecht Band 27

Der Erwerb eigener Aktien nach §§ 71 ff. AktG Deregulierungs- und Liberalisierungsbestrebungen im europäischen Gesellschaftsrecht

Von

Christian P. Lüken

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

CHRISTIAN P. LÜKEN

Der Erwerb eigener Aktien nach §§ 71 ff. AktG

Beiträge zum Europäischen Wirtschaftsrecht Herausgegeben im Auftrag des Instituts für Europäisches Wirtschaftsrecht der Universität Erlangen-Nürnberg durch die Professoren Dr. Dr. Stefan Grundmann und Dr. Karl Albrecht Schachtschneider

Band 27

Der Erwerb eigener Aktien nach §§ 71 ff. AktG Deregulierungs- und Liberalisierungsbestrebungen im europäischen Gesellschaftsrecht

Von

Christian P. Lüken

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Julius-Maximilians-Universität Würzburg hat diese Arbeit im Jahre 2003 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2004 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: L 101 Mediengestaltung, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0947-2452 ISBN 3-428-11449-3 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort Auf europäischer Ebene wird seit Jahren der Frage nachgegangen, wie die bestehenden gesellschaftsrechtlichen Regelungen modernisiert und reformiert werden können. Bereits im Jahr 1999 hat eine von der EU-Kommission berufene Expertengruppe im Rahmen von SLIM („Simpler Legislation for the Internal Market“) Vorschläge zur Deregulierung der Zweiten gesellschaftlichen Richtlinie von 1976 vorgelegt, die u. a. die Vorschriften über den Erwerb eigener Aktien durch die Aktiengesellschaft betrafen. Trotz zahlreicher positiver Stellungnahmen aus Praxis, Politik und Wissenschaft wandte sich die Kommission in der Folgezeit zunächst anderen, als dringlicher eingestuften Fragen zu. Mit der Vorlage des Abschlussberichtes der von der europäischen Kommission eingesetzten hochrangigen Expertengruppe auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts („High Level Group“) vom 4. November 2002 sowie der Veröffentlichung eines Aktionsplans der Kommission zur Modernisierung des Gesellschaftsrechts und Verbesserung der Corporate Governance vom 21. Mai 2003 ist nun wieder Bewegung in die Diskussion um eine Neuordnung und Modernisierung des europäischen Gesellschaftsrechts gekommen. Das Manuskript der vorliegenden Arbeit wurde Mitte 2002 abgeschlossen und von der Juristischen Fakultät der Bayerischen Julius-Maximilians-Universität Würzburg im Sommersemester 2003 als Dissertation angenommen. Literatur und Rechtsprechung konnten im Wesentlichen bis Ende 2002, vereinzelt auch darüber hinaus, berücksichtigt werden. Vor Drucklegung wurde ergänzend ein Überblick über den Abschlussbericht der High Level Group vom 4. November 2002 sowie den entsprechenden Aktionsplan der EUKommission vom 21. Mai 2003 eingearbeitet. Mein Dank gilt meinem verehrten Doktorvater Herrn Prof. Dr. Günter Christian Schwarz für die Freiheit, die er mir bei der Bearbeitung des Dissertationsthemas gelassen hat, für seine hilfreichen Anmerkungen sowie für die auch sonst hervorragende Betreuung. Herr Prof. Dr. Christoph Weber hat es freundlicherweise übernommen, das Zweitgutachten zu erstellen. Die Hanns-Seidel-Stiftung e. V. hat die vorliegende Arbeit durch die Gewährung eines Stipendiums aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gefördert; für die Unterstützung und das in mich gesetzte Vertrauen möchte ich mich an dieser Stelle bedanken.

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Vorwort

Ganz besonderen Dank schulde ich meiner Freundin, Frau Claudia Peter, M.A. Sie hat mir während der Anfertigung der vorliegenden Arbeit stets überaus liebevoll zur Seite gestanden und mir fortwährend die Kraft und Motivation gegeben, die für einen erfolgreichen Abschluss unerlässlich waren. Ich danke ihr von ganzem Herzen für ihre Unterstützung, ihr Verständnis und vor allem auch für ihre große Geduld. Mehr als Dank gebührt meinen Eltern, die mich in allen meinen Vorhaben immer ermutigt, im Rahmen des Möglichen gefördert und in jeder Hinsicht selbstlos unterstützt haben. Sie waren mir in den schwierigen Phasen während des Entstehens dieser Arbeit eine unschätzbare Hilfe. Ihnen ist diese Arbeit gewidmet. Hamburg, im Dezember 2003

Christian P. Lüken

Inhaltsübersicht Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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A. Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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B. Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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C. Gang der Untersuchung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Erster Teil Rahmenbedingungen des Erwerbs eigener Aktien § 1 Gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen im Hinblick auf den Erwerb eigener Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Kapitalmarkt und Unternehmensfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Globalisierung der Kapitalmärkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Strukturschwäche des deutschen Kapitalmarktes als Wettbewerbsnachteil für deutsche Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 2 Der Erwerb eigener Aktien im Spannungsverhältnis von Gesellschaftsund Kapitalmarktrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Verhältnis von Aktien- und Kapitalmarktrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Rechtsstellung des Aktionärs zwischen Verbandsmitgliedschaft und Anlegerstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Kapitalmarktorientierung des Aktienrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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37 37 42 43 48 49 53 55

Zweiter Teil Grundlagen des Erwerbs eigener Aktien

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§ 3 Historische und aktuelle Entwicklung des Erwerbs eigener Aktien . . . . . 58 A. Die historische Entwicklung des Erwerbs eigener Aktien . . . . . . . . . . . . . . 58 B. Der Einfluss der europäischen Gesetzgebung auf die Regelung des Erwerbs eigener Aktien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 § 4 Gründe für den Erwerb eigener Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Der Erwerb eigener Aktien als Instrument des Finanzmanagements . . . . . B. Veränderung der Beteiligungsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Erleichterung der Aufnahme von Venture Capital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Übernahmefinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Erwerb im Geschäftsbetrieb von Kreditinstituten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsübersicht

§ 5 Risiken infolge des Erwerbs eigener Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Gefährdung der Gesellschaft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Gefährdung der Gläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Gefährdung der Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Gefährdung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes. . . . . . . . . . . . . . . .

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§ 6 Bewertung des Erwerbs eigener Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Gegenüberstellung der Vorteile und Risiken des Aktienrückerwerbs . . . . B. Befragung deutscher Aktiengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Dritter Teil Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien § 7 Erwerb eigener Aktien nach der europäischen Kapitalrichtlinie von 1976 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Entstehungsgeschichte der Kapitalrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Zielsetzung und Gegenstand der Kapitalrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Erwerb eigener Aktien durch die Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Wiederveräußerung eigener Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Ausnahme: Investmentgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 8 Die aktienrechtliche Regelung des Erwerbs eigener Aktien in den §§ 71 ff. AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Der Erwerbstatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Dogmatische Bedenken gegen den Erwerb eigener Aktien. . . . . . . . . . . . . C. Die §§ 71 ff. AktG als kapitalschützende Normen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Zulässigkeit des Erwerbs eigener Aktien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Erwerb eigener Aktien auf Grund einer Ermächtigung der Hauptversammlung nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Publizität und Transparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . G. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 9 Kapitalmarktrechtliche Behandlung des Erwerbs und der Veräußerung eigener Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Europäisches Kapitalmarktrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Kapitalmarktrechtliche Relevanz des Erwerbs und der Veräußerung eigener Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Staatliche Marktaufsicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Insiderrechtliche Behandlung des Erwerbs und der Veräußerung eigener Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Allgemeine Publizitätspflichten in Bezug auf den Erwerb und die Veräußerung eigener Aktien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsübersicht

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F. Anwendbarkeit des WpÜG auf öffentliche Angebote zum Erwerb eigener Aktien (Self Tender Offers) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 G. Sonderkonstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 § 10 Der Einsatz des Erwerbs eigener Aktien im Rahmen öffentlicher Übernahmeangebote. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 A. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 B. Abwehr einer Übernahme durch die Zielgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 C. Der Erwerb eigener Aktien als Instrument zur Abwehr einer unfreundlichen Übernahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 D. Der Erwerb eigener Aktien zur Übernahmefinanzierung . . . . . . . . . . . . . . 296 E. Die kreditfinanzierte Unternehmensübernahme (Leveraged Buyout) . . . . 300 F. Insiderrechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien im Rahmen von Übernahmesachverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 Vierter Teil Untersuchung der Möglichkeiten zur Deregulierung und Liberalisierung des Erwerbs eigener Aktien

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§ 11 Reform durch Deregulierung und Liberalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 A. Markt und Ökonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 B. Bedeutung von Regulierung und Deregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 C. Gesamtwirtschaftliche Auswirkungen von Regulierungs- und Deregulierungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 § 12 Ökonomische und rechtliche Möglichkeiten der Deregulierung und Liberalisierung des Erwerbs eigener Aktien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 A. Empirische Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 B. Ökonomische Analyse des Erwerbs eigener Aktien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 C. Überblick über die Behandlung des Aktienrückerwerbs im angloamerikanischen Rechtsraum. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 D. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336 § 13 Vorschläge und rechtliche Umsetzung von Deregulierungs- und Liberalisierungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 A. Ansatzpunkte von Deregulierungs- und Liberalisierungsmaßnahmen . . . 338 B. Darstellung der Reformvorhaben der Bundesregierung und der EUKommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 C. Untersuchung von Maßnahmen zur künftigen Neuregelung des Erwerbs und der Veräußerung eigener Aktien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356 D. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 390 Zusammenfassende Schlussbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Gang der Untersuchung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Erster Teil Rahmenbedingungen des Erwerbs eigener Aktien § 1 Gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen im Hinblick auf den Erwerb eigener Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Kapitalmarkt und Unternehmensfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Begriff des Kapitalmarktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die gesamtwirtschaftliche Bedeutung des Kapitalmarktes. . . . . . . 2. Dimensionen des Kapitalmarktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Funktionen des Kapitalmarktes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Grundprinzipien der Unternehmensfinanzierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Eigen- und Fremdkapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Innen- und Außenfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Globalisierung der Kapitalmärkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Strukturschwäche des deutschen Kapitalmarktes als Wettbewerbsnachteil für deutsche Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Strukturschwäche des deutschen Kapitalmarktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gründe für die Strukturschwäche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gründe auf Anlegerseite. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gründe auf Unternehmensseite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Fazit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 2 Der Erwerb eigener Aktien im Spannungsverhältnis von Gesellschaftsund Kapitalmarktrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Verhältnis von Aktien- und Kapitalmarktrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Gegenstand und Regelungszweck des Aktienrechts. . . . . . . . . . . . . . . . II. Gegenstand und Regelungszweck des Kapitalmarktrechts . . . . . . . . . . 1. Funktionsschutz des Kapitalmarktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anlegerschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Rechtsstellung des Aktionärs zwischen Verbandsmitgliedschaft und Anlegerstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Kapitalmarktorientierung des Aktienrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis Zweiter Teil Grundlagen des Erwerbs eigener Aktien

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§ 3 Historische und aktuelle Entwicklung des Erwerbs eigener Aktien . . . . . A. Die historische Entwicklung des Erwerbs eigener Aktien. . . . . . . . . . . . . . I. Rechtsentwicklung bis 1931 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Generelles Verbot des Rückerwerbs durch Notverordnung von 1931 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Lockerung des Verbots auf Grund der Umsetzung der EG-Kapitalrichtlinie von 1976 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Reform des Rückkaufs durch das KonTraG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Der Einfluss der europäischen Gesetzgebung auf die Regelung des Erwerbs eigener Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Einfluss der EU-Rechtsetzung auf die Entwicklung des nationalen Gesellschafts- und Aktienrechts. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der Erwerb eigener Aktien als Regelungsgegenstand der EGKapitalrichtlinie von 1976. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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§ 4 Gründe für den Erwerb eigener Aktien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Der Erwerb eigener Aktien als Instrument des Finanzmanagements . . . . I. Veränderung der Kapitalstruktur durch die Ausschüttung von Eigenmitteln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verbesserung der Gesamtkapitalrendite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verbesserung der Eigenkapitalrendite. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der Erwerb eigener Aktien als Alternative zur Ausschüttung von Dividenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Der Erwerb eigener Aktien zur zeitweiligen Kapitalherabsetzung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Endgültige Kapitalherabsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Erwerb eigener Aktien zur Beeinflussung des Börsenkurses der eigenen Anteile. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Signalling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Erwerb eigener Aktien als Mittel zur Kursbeeinflussung . . . . . . . III. Notierungen an ausländischen Börsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Veränderung der Beteiligungsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Beeinflussung der Unternehmenskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Erwerb eigener Aktien zur Abwehr einer unfreundlichen Übernahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Mitarbeiterbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Minimierung von Shareholder Serving Costs. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Going Private. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Geschlossene Aktiengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Erleichterung der Aufnahme von Venture Capital. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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D. Übernahmefinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 E. Erwerb im Geschäftsbetrieb von Kreditinstituten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 § 5 Risiken infolge des Erwerbs eigener Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 A. Gefährdung der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 I. Minderung des verfügbaren Eigenkapitals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 II. Verlust des Vertrauens in das Management . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 B. Gefährdung der Gläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 I. Exkurs: Begriff und Funktion des Grundkapitals . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 1. Die Funktion des Grundkapitals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 2. Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 II. Gefährdung der Aufbringung des Haftungskapitals . . . . . . . . . . . . . . . . 86 III. Gefährdung der Erhaltung des Haftungskapitals. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 1. Entgeltlicher Erwerb eigener Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 a) Eigenständiger Vermögenswert eigener Aktien? . . . . . . . . . . . . 88 b) Entgeltlicher Erwerb aus Gewinn oder freien Rücklagen . . . . 89 c) Entgeltlicher Erwerb aus dem Grundkapital oder gebundenen Rücklagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 d) Exkurs: Gläubigerschutz trotz Aktienrückerwerb aus dem Haftungskapital?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 e) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 2. Überhöhter Kaufpreis als verdeckte Einlagenrückgewähr . . . . . . . 92 C. Gefährdung der Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 I. Minderung des Kapitals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 II. Einflussnahme auf Eigentümerstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 III. Gefahr der Ungleichbehandlung der Aktionäre. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 IV. Wiederveräußerung mit Verlust. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 V. Abwehr feindlicher Übernahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 D. Gefährdung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes . . . . . . . . . . . . . . . . 98 I. Gefahr der Kursbeeinflussung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 1. Erwerb eigener Aktien zur Kurspflege und Kursstützung . . . . . . . 98 2. Auswirkungen der Kursmanipulation auf die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 II. Insiderhandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 III. Mangelnde Markttransparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 IV. Verringerung der im Umlauf befindlichen Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 § 6 Bewertung des Erwerbs eigener Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 A. Gegenüberstellung der Vorteile und Risiken des Aktienrückerwerbs. . . . . 104 B. Befragung deutscher Aktiengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 C. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107

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Inhaltsverzeichnis Dritter Teil Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

§ 7 Erwerb eigener Aktien nach der europäischen Kapitalrichtlinie von 1976 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Entstehungsgeschichte der Kapitalrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Zielsetzung und Gegenstand der Kapitalrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ausschüttung an Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rückgewähr verbotener Leistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Erwerb eigener Aktien durch die Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Verbot des originären Erwerbs eigener Aktien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Derivativer Erwerb eigener Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Formelle Voraussetzungen des Erwerbs eigener Aktien . . . . . . . . 2. Materielle Voraussetzungen des Erwerbs eigener Aktien . . . . . . . a) Beschränkung des Umfangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erhaltung des Grundkapitals und der gebundenen Rücklagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Voll eingezahlte Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Einhaltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes . . . . . . . . . . . . . 3. Ausnahmen von den Beschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ausnahmenkatalog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Veräußerungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Durchführung des Aktienrückerwerbs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Rechtsfolgen des Verstoßes gegen Erwerbsschranken . . . . . . . . . . . . . IV. Rechtsfolgen des Erwerbs eigener Aktien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ruhen der Stimmrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bilanzierung eigener Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Publizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Umgehungsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Mittelbare Stellvertretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vorschuss, Darlehen, Sicherheit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Inpfandnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Erwerb durch abhängige und in Mehrheitsbesitz stehende Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Rückerwerbbare Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Wiederveräußerung eigener Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Ausnahme: Investmentgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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§ 8 Die aktienrechtliche Regelung des Erwerbs eigener Aktien in den §§ 71 ff. AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 A. Der Erwerbstatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 B. Dogmatische Bedenken gegen den Erwerb eigener Aktien. . . . . . . . . . . . . 129

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C. Die §§ 71 ff. AktG als kapitalschützende Normen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 I. Sicherstellung der Kapitalaufbringung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 II. Sicherstellung der Kapitalerhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 D. Zulässigkeit des Erwerbs eigener Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 I. Wortlautauslegung des § 71 Abs. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 II. Systematische Auslegung des § 71 Abs. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 III. Teleologische Auslegung des § 71 Abs. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 IV. Richtlinienkonforme Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 V. Fazit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 E. Erwerb eigener Aktien auf Grund einer Ermächtigung der Hauptversammlung nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 I. Erwerbsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 1. Ermächtigungsbeschluss durch Hauptversammlung. . . . . . . . . . . . . 138 a) Kompetenzzuweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 b) Inhalt des Ermächtigungsbeschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 aa) Mindestinhalt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 bb) Zweckangabe in der Ermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 cc) Regelung von Einzelheiten bezüglich des Erwerbs . . . . . . 141 dd) Einziehungsermächtigung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 2. Kapitalgrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 3. Aktien voll eingezahlt (§ 71 Abs. 2 S. 3 AktG) . . . . . . . . . . . . . . . 143 II. Schranken des Erwerbs eigener Aktien nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 1. Erwerbsvolumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 2. Erwerbszweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 a) Zulässige Erwerbszwecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 b) Verbot des Handels in eigenen Aktien: Kompetenzvorschrift oder Verhaltenspflicht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 c) Tatbestandliche Reichweite des „Handels in eigenen Aktien“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 3. Bestandsschranke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 III. Durchführung des Rückkaufs eigener Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 1. Gleichbehandlung beim Rückerwerb eigener Aktien . . . . . . . . . . . 152 a) Chancengleichheit oder Andienungsrecht der Aktionäre? . . . . 153 b) Benachteiligung der vom Rückerwerb ausgeschlossenen Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 2. Untersuchung der verschiedenen Rückerwerbsmethoden . . . . . . . . 156 a) Rückkauf über die Börse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 aa) Gleichbehandlung beim Rückkauf über die Börse. . . . . . . 157 bb) Erwerb nur im Börsenhandel? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 b) Öffentliches Rückkaufangebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 aa) Fixed Price Tender Offer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 bb) Dutch Auction Tender Offer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161

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Inhaltsverzeichnis cc) Transferable Put Rights. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Anwendbarkeit des § 71 Abs. 1 u. 2 AktG auf den Rückerwerb durch Ausgabe von Transferable Put Rights? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Gleichbehandlung der Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Individuell ausgehandelter Rückkauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ungleichbehandlung der Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Sachliche Rechtfertigung der Ungleichbehandlung . . . . . cc) Verminderung der Missbrauchsgefahren . . . . . . . . . . . . . . . 3. Einlagenrückgewähr infolge des Erwerbs der eigenen Aktien zu einem überhöhten Erwerbspreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Börsennotierte Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Rückerwerb über die Börse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Erwerb außerhalb des Börsenhandels. . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Nicht börsennotierte Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Rechtsfolgen eines überhöhten Erwerbspreises . . . . . . . . . . . . . d) Kein Schutz gutgläubiger Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Erwerbstatbestände des § 71 Abs. 1 Nr. 1–7 AktG . . . . . . . . . . . . . . . 1. Schrankenloser Rückerwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) § 71 Abs. 1 Nr. 5 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) § 71 Abs. 1 Nr. 6 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Eingeschränkter Rückerwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) § 71 Abs. 1 Nr. 4 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) § 71 Abs. 1 Nr. 2, 3 und 7 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Weitere Aspekte des Erwerbs eigener Aktien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechte aus eigenen Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsfolgen unzulässigen Erwerbs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Veräußerungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Umgehungstatbestände. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Finanzierungs- und Hilfsgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erwerb eigener Aktien in mittelbarer Stellvertretung . . . . . . . c) Inpfandnahme eigener Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Abhängige und in Mehrheitsbesitz stehende Unternehmen . . aa) Erwerb durch ein abhängiges oder im Mehrheitsbesitz stehendes Unternehmen der Aktiengesellschaft. . . . . . . . . bb) Erwerb in mittelbarer Stellvertretung für ein abhängiges oder im Mehrheitsbesitz stehendes Unternehmen der Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Auswirkungen der §§ 71 ff. AktG auf wechselseitige Beteiligungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Wiederveräußerung eigener Aktien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Veräußerung nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG erworbener Aktien .

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a) Veräußerung über die Börse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 b) Veräußerung an alle Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 c) Veräußerung ohne Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nach § 53a AktG („andere Veräußerung“). . 196 aa) Veräußerung gegen Barleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 (1) Veräußerungspreis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 (2) Kapitalgrenze des § 186 Abs. 3 S. 4 AktG . . . . . . . . . 198 (3) Anrechnung sonstiger Fälle des § 186 Abs. 3 S. 4 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 (4) Anrechnung auf den Schwellenwert des § 202 Abs. 3 S. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 (5) Erfordernis der Zustimmung durch den Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 bb) Veräußerung gegen Sachleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 cc) Alternative Veräußerungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . 201 (1) Aktieneinführung an ausländischen Börsen . . . . . . . . . 202 (2) Bedienung von Teilschuldverschreibungen mit Wandel- und Optionsrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 (3) Verwendung im Rahmen von Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 (4) Einsatz als Akquisitionswährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 d) Bezugsrecht bei Wiederveräußerung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 2. Veräußerung eigener, nach § 71 Abs. 1 Nr. 1–7 AktG erworbenen Aktien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 3. Einlagenrückgewähr durch Wiederveräußerung unter Marktwert?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 F. Publizität und Transparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 I. Bilanzierung gehaltener eigener Aktien und Angaben im Anhang der Bilanz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 1. Berücksichtigung des Rückerwerbs in der Bilanz . . . . . . . . . . . . . . 208 a) Erwerb zur späteren Wiederveräußerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 b) Erwerb zum Zweck der Einziehung oder auf Grund einer eingeschränkten Erwerbsermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 2. Angaben im Anhang der Bilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 3. Bilanzierung der von einer Tochtergesellschaft gehaltenen eigenen Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 II. Bekanntmachung der Tagesordnung zur Hauptversammlung . . . . . . . 212 III. Unterrichtung der Hauptversammlung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 G. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 § 9 Kapitalmarktrechtliche Behandlung des Erwerbs und der Veräußerung eigener Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 A. Europäisches Kapitalmarktrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 B. Kapitalmarktrechtliche Relevanz des Erwerbs und der Veräußerung eigener Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217

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Inhaltsverzeichnis C. Staatliche Marktaufsicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Insiderrechtliche Behandlung des Erwerbs und der Veräußerung eigener Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Insiderrechtliche Regelungssystematik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Insiderhandelsverbot (§§ 12–14 WpHG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Legaldefinition der Insidertatsache (§ 13 Abs. 1 WpHG). . . a) Der Tatsachenbegriff im Sinne von § 13 Abs. 1 WpHG . . . . b) Fehlende öffentliche Bekanntgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Emittenten- oder Wertpapierbezogenheit der Tatsache . . . . . . d) Eignung der Tatsache zur erheblichen Kursbeeinflussung . . . aa) Beurteilungsmaßstab. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Bemessung der Erheblichkeit des Kursbeeinflussungspotentials . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Erwerb und die Veräußerung eigener Aktien als Insidertatsache. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Durchführung des Erwerbs bzw. der Veräußerung eigener Aktien als Insiderhandel? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Pflicht zur Ad-hoc-Publizität beim Erwerb eigener Aktien . . . . 1. Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Keine Ad-hoc-Publizitätspflicht bei Aktienrückkaufprogrammen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der Tatbestand der Ad-hoc-Publizitätspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Das Tatbestandsmerkmal der „Auswirkungen“ auf die Lage der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Entstehungszeitpunkt der Pflicht zur Ad-hoc-Publizität beim Erwerb eigener Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Überblick über den Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) „Auswirkungen“ erst mit Abschluss der verbandsinternen Willensbildung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Ergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Konkretisierung der Vorschriften zur Ad-hoc-Publizität . . . . . . . . . . . V. Schadenersatzpflicht bei der verspäteten, unterlassenen oder unrichtigen Veröffentlichung kursbeeinflussender Tatsachen . . . . . . . VI. Unterrichtung der BAFin nach § 71 Abs. 3 S. 3 AktG . . . . . . . . . . . . VII. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Allgemeine Publizitätspflichten in Bezug auf den Erwerb und die Veräußerung eigener Aktien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Börsenrechtliche Regelpublizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Jahresabschluss und Lagebericht (§ 39 Abs. 1 Nr. 3 BörsG i. V. m. § 65 BörsZulVO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zwischenbericht (§ 40 BörsG i. V. m. § 55 BörsZulVO). . . . . . . . II. Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten bei Veränderung des Stimmrechtsanteils an börsennotierten Gesellschaften . . . . . . . . . . . . .

218 219 221 222 223 223 225 226 226 227 228 229 232 232 233 235 237 237 239 240 241 243 246 247 248 249 250 251 251 252 252 253

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1. Aktienrechtliche Relevanz der §§ 21 ff. WpHG . . . . . . . . . . . . . . . 255 2. Mitteilungspflichten des Meldepflichtigen (§ 21 WpHG) . . . . . . . 255 a) Mitteilungspflicht der Gesellschaft selber . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 b) Mitteilungspflichten der Inhaber von Stimmrechtsanteilen im Falle des Erwerbs oder der Veräußerung eigener Aktien durch die Gesellschaft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 3. Veröffentlichungspflicht der börsennotierten Gesellschaft (§ 25 WpHG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 a) Besondere Erklärung bei Erwerb oder Veräußerung eigener Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 b) Zurechnung von Stimmrechten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 III. Die Ad-hoc-Publizität des § 15 WpHG und ihr Verhältnis zur Regelpublizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 F. Anwendbarkeit des WpÜG auf öffentliche Angebote zum Erwerb eigener Aktien (Self Tender Offers) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 I. Unmittelbare oder analoge Anwendbarkeit des WpÜG . . . . . . . . . . . . 259 II. Anwendbarkeit einzelner Vorschriften des WpÜG. . . . . . . . . . . . . . . . . 262 1. Nicht anwendbare Vorschriften. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 2. Anwendbare Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 III. Verhältnis des § 10 WpÜG zu § 15 WpÜG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 IV. Fazit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 G. Sonderkonstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 I. Handel mit Aktienpaketen börsennotierter Unternehmen . . . . . . . . . . . 268 1. Begriff des Pakethandels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 2. Kapitalmarktrechtliche Behandlung des Pakethandels . . . . . . . . . . 269 II. Erwerb eigener Aktien zur Kurspflege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 1. Grundsätzliche Zulässigkeit von Kurspflegemaßnahmen . . . . . . . . 271 2. Kapitalmarktrechtliche Grenzen der Kurspflege. . . . . . . . . . . . . . . . 272 a) Insiderrechtliche Bewertung von Kurspflegemaßnahmen . . . . 272 b) Verbot der Kurs- und Marktpreismanipulation . . . . . . . . . . . . . . 273 § 10 Der Einsatz des Erwerbs eigener Aktien im Rahmen öffentlicher Übernahmeangebote. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 A. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 I. Begriffsdefinitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 II. Unternehmensübernahmen als Instrument der strategischen Unternehmensführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 III. Ökonomische und rechtliche Bewertung von Unternehmensübernahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 IV. Regelung von Unternehmensübernahmen im europäischen und deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 B. Abwehr einer Übernahme durch die Zielgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 I. Mögliche Abwehrmaßnahmen der Zielgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . 282 II. Gesetzliche Regelung von Abwehrmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 1. Aktienrechtliche Regelung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283

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Inhaltsverzeichnis 2. Übernahmerechtliche Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Der Erwerb eigener Aktien als Instrument zur Abwehr einer unfreundlichen Übernahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Auswirkungen des Erwerbs eigener Aktien im Zusammenhang mit einer möglichen Übernahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtliche Beurteilung des Erwerbs eigener Aktien zur Übernahmeabwehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Präventiver Erwerb eigener Aktien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Erwerb eigener Aktien in einer konkreten Übernahmesituation . a) Aktienrechtliche Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Übernahmerechtliche Behandlung von Vorratsbeschlüssen . . c) Ermächtigung des Vorstands zum Aktienrückerwerb nach Abgabe eines Übernahmeangebotes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Bedingte Wirksamkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Sonderfall: Greenmail . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Der Erwerb eigener Aktien zur Übernahmefinanzierung. . . . . . . . . . . . . . . I. § 71 Abs. 1 Nr. 3 AktG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Geltung des Übernahmegesetzes beim Erwerb eigener Aktien als Akquisitionswährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Durchführung der Akquisition unter Einsatz eigener Aktien . . . . . . . E. Die kreditfinanzierte Unternehmensübernahme (Leveraged Buyout) . . . . F. Insiderrechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien im Rahmen von Übernahmesachverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

285 286 286 287 288 288 289 291 291 292 294 295 295 296 296 297 297 299 299 300 300

Vierter Teil Untersuchung der Möglichkeiten zur Deregulierung und Liberalisierung des Erwerbs eigener Aktien § 11 Reform durch Deregulierung und Liberalisierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Markt und Ökonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Bedeutung von Regulierung und Deregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Gesamtwirtschaftliche Auswirkungen von Regulierungs- und Deregulierungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 12 Ökonomische und rechtliche Möglichkeiten der Deregulierung und Liberalisierung des Erwerbs eigener Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Empirische Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Ökonomische Analyse des Erwerbs eigener Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Flexibilisierung der Unternehmensfinanzierung. . . . . . . . . . . . . . . . . .

303 304 304 304 306 306 307 309 310

Inhaltsverzeichnis

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II. Abbau von Informationsasymmetrien durch Signalling . . . . . . . . . . . . 310 III. Steuerung der Zusammensetzung der Anteilseigner . . . . . . . . . . . . . . . 311 IV. Verbesserung der Unternehmenskontrolle (Principal-AgentBeziehung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 V. Verbesserung der Funktionsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Kapitalmarktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 VI. Fazit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 C. Überblick über die Behandlung des Aktienrückerwerbs im angloamerikanischen Rechtsraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 I. Erwerb eigener Aktien nach US-amerikanischem Recht . . . . . . . . . . . 315 1. Allgemeines. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 2. Nennwert und Grundkapital. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 3. Gesellschaftsrechtliche Regelung des Aktienrückerwerbs . . . . . . . 318 a) Gläubigerschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 b) Schutz der Aktionäre. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 c) Redeemable Shares . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 4. Kapitalmarktrechtliche Regelung des Aktienrückerwerbs . . . . . . . 323 a) Open Market Repurchase. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 b) Self Tender Offer und Negotiated Repurchase . . . . . . . . . . . . . . 324 c) Manipulations- und Täuschungsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . 325 d) Vorliegen eines Übernahmeangebotes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 e) Going Private . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 II. Erwerb eigener Aktien nach englischem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 1. Das Kapital der Company . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 2. Gesellschaftsrechtliche Ausgestaltung des Erwerbs eigener Anteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 a) Redeemable Shares . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 b) Rückerwerb eigener Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 3. Kapitalmarktrechtliche Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 a) Off-Market Purchase. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 b) Market Purchase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 c) Contingent Purchase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 d) Transparenz und Publizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 e) Börsenrechtliche Bestimmungen und Übernahmeregeln . . . . . 333 III. Zusammenfassende Würdigung der Behandlung des Aktienrückerwerbs im US-amerikanischen und englischen Recht . . . . . . . . . . . . . 334 D. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336 § 13 Vorschläge und rechtliche Umsetzung von Deregulierungs- und Liberalisierungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 A. Ansatzpunkte von Deregulierungs- und Liberalisierungsmaßnahmen . . . . 338 I. Flexibilisierung des Kapitalmanagements . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338 II. Anleger- und Kapitalmarktorientierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339

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Inhaltsverzeichnis B. Darstellung der Reformvorhaben der Bundesregierung und der EUKommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Bericht der Regierungskommission „Corporate Governance“ . . . . . . 1. Vorschläge zur Deregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Prämienzahlung im Rahmen eines öffentlichen Rückkaufangebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Weitergabe an der Aktiengesellschaft nahestehende Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Erwerb eigener Aktien zu Abfindungszwecken. . . . . . . . . . . . . d) Erwerb eigener Aktien der Muttergesellschaft durch eine Tochtergesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einführung rückerwerbbarer Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Bericht der SLIM-Arbeitsgruppe der EU-Kommission . . . . . . . . . . . . 1. Aufhebung der Bestandsgrenze des Art. 19 Abs. 1 lit. b der Kapitalrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Schutz der Aktionäre vor Ungleichbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Erweiterung des Handlungsspielraums des Vorstands . . . . . . . . . . 4. Erleichterung der finanziellen Unterstützung des Aktienrückerwerbs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Abschlussbericht der High Level Group of Company Law Experts („Winter-Gruppe“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeine Themen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Reform der Regelungen zur Kapitalbildung und Kapitalerhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Erwerb eigener Aktien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Finanzielle Unterstützung beim Aktienerwerb. . . . . . . . . . . . . . 3. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Aktionsplan der EU-Kommission zur Modernisierung des Gesellschaftsrechts und Verbesserung der Corporate Governance . . . . . . . . C. Untersuchung von Maßnahmen zur künftigen Neuregelung des Erwerbs und der Veräußerung eigener Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Untersuchung einer gesetzgeberischen Reform der §§ 71 ff. AktG unter Berücksichtigung der Vorgaben der Kapitalrichtlinie . . . . . . . . 1. Abbau gesellschaftsrechtlicher Beschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . a) Inhaltliche Beschränkungen der Erwerbsermächtigung . . . . . . aa) Erwerbsschranke (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 1 AktG) . . . . . . . bb) Handel in eigenen Aktien (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 2 AktG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bestandsgrenze von 10 v. H. des Grundkapitals (§ 71 Abs. 2 S. 1 AktG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Beurteilung des Erfordernisses einer Bestandsgrenze . . . bb) Rückerwerb ohne Bestandsgrenze. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Einführung rückerwerbbarer Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

341 342 342 343 344 344 345 346 347 348 349 349 349 350 351 351 352 353 354 354 354 356 357 357 358 358 359 360 361 362 363

Inhaltsverzeichnis

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c) Ausgabe von Aktien an Organmitglieder (§ 71 Abs. 1 Nr. 2 AktG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 d) Erwerb eigener Aktien zu Abfindungszwecken (§ 71 Abs. 1 Nr. 3 AktG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 366 e) Vereinfachter Erwerb durch Tochtergesellschaften . . . . . . . . . . 367 2. Verbesserung des Aktionärsschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369 a) Rückerwerb über ein öffentliches Rückkaufangebot (Self Tender Offer). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370 b) Rückerwerb über ein individuell ausgehandeltes Rückkaufangebot (Negotiated Repurchase) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372 c) Rückerwerb zur Abwehr einer unfreundlichen Übernahme. . . 373 3. Verbesserung des Kapitalmarkt- und Anlegerschutzes . . . . . . . . . . 373 a) Rückerwerb im Börsenhandel (Open Market Repurchase) . . . 375 b) Rückerwerb außerhalb des Börsenhandels . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377 4. Durchführung der Wiederveräußerung eigener Aktien . . . . . . . . . . 378 a) Aktionärsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378 b) Kapitalmarkt- und Anlegerschutz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380 II. Ansatzpunkt für eine Neuregelung der Kapitalrichtlinie. . . . . . . . . . . . 381 1. Abbau aktienrechtlicher Beschränkungen des Aktienrückerwerbs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 a) Für den Rückerwerb verwendbares Gesellschaftsvermögen . . 382 b) Aufhebung der Bestandsgrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 384 c) Zuständigkeit für den Erwerb und die Veräußerung . . . . . . . . . 384 d) Finanzielle Unterstützung des Aktienrückerwerbs . . . . . . . . . . . 387 2. Verbesserung des Anleger- und Kapitalmarktschutzes . . . . . . . . . . 388 D. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 390 Zusammenfassende Schlussbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

391

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

396

Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

412

Abkürzungsverzeichnis a. A. a. a. O. Abb. abgedr. ABl. EG abl. Abs. AcP ADHGB a. E. AG AG-Sonderheft, 1997 AktG Art. Aufl. BAFin BAnz BAWe BB Begr. RefE Begr. RegE Beschl. BFHE BFuP BGB BGBl. BGH BGHZ BörsG BR-Drucks. Bsp. BT-Drucks. BVerfG bzgl.

anderer Ansicht am angegebenen Ort Abbildung/Abbildungen abgedruckt Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften ablehnend Absatz Archiv für die civilistische Praxis Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch am Ende Die Aktiengesellschaft Die Aktiengesellschaft, Sonderheft: Die Aktienrechts-Reform 1997, August 1997 Aktiengesetz Artikel Auflage Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Bundesanzeiger Bundesamt für den Wertpapierhandel Betriebs-Berater Begründung des Referentenentwurfs Begründung des Regierungsentwurfs Beschluss Sammlung der Entscheidungen und Gutachten des Bundesfinanzhofs Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Börsengesetz Bundesrats-Drucksachen Beispiel Bundestags-Drucksachen Bundesverfassungsgericht bezüglich

Abkürzungsverzeichnis bzw. CA ca. Cal.Gen.Corp.L. DAI DAV DAX DB Del.Gen.Corp.L. DOK. KOM. E EG Einl. endg. EStG EU EUR EuZW EWG EWiR f. FAZ ff. FFG Fn. FS GG ggf. GmbH GmbHG grds. Großkomm. HGB h. M. HS. i. d. R. i. E. insges. IPO i. S. i. V. m.

27

beziehungsweise Companies Act circa California General Corporation Law Deutsches Aktieninstitut e. V. Deutscher Anwaltsverein Deutscher Aktienindex Der Betrieb Delaware General Corporation Law Dokument der Kommission der Europäischen Gemeinschaft Entwurf Europäische Gemeinschaften; Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften Einleitung endgültig Einkommensteuergesetz Europäische Union Euro Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht folgende Frankfurter Allgemeine Zeitung fortfolgende Gesetz zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland Fußnote Festschrift Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland gegebenenfalls Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaft mit beschränkter Haftung grundsätzlich Großkommentar Handelsgesetzbuch herrschende Meinung Halbsatz in der Regel im Ergebnis insgesamt Initial Public Offering (Erstemission) im Sinne in Verbindung mit

28 Jura JW JZ Kölner Komm. AktG KonTraG

Abkürzungsverzeichnis

Juristische Ausbildung Juristische Wochenschrift Juristenzeitung Kölner Kommentar zum Aktiengesetz Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich krit. kritisch LG Landgericht M.B.C.A. Model Business Corporation Act Mio. Million/Millionen mit Nachw. mit Nachweisen Mrd. Milliarde/Milliarden Münch. Hdb. GesR IV Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 4: Aktiengesellschaft MünchKomm. Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch NaStraG Gesetz zur Namensaktie und zur Erleichterung der Stimmrechtsausübung NEMAX Neuer-Markt-Index n. F. neue Fassung NJW Neue Juristische Wochenschrift Nr. Nummer NStZ Neue Zeitschrift für Strafrecht N.Y.Bus.Corp.L. New York Business Corporation Law NZG Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht ÖJT Österreichischer Juristentag OLG Oberlandesgericht OWiG Gesetz über Ordnungswidrigkeiten RabelsZ Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht RefE Referentenentwurf RegE Regierungsentwurf RGBl. Reichsgesetzblatt RGZ Reichsgerichtsentscheidungen in Zivilsachen RIW Recht der Internationalen Wirtschaft R.M.B.C.A. Revised Model Business Corporation Act Rn. Randnummer S. Seite; Satz s. a. siehe auch SEA Securities Exchange Act SEC Securities and Exchange Commission sog. sogenannt S & P 500 Standard and Poor’s Composite Index u. und

Abkürzungsverzeichnis u. a. UmwG u. U. v. Verf. vgl. v. H. Vorbem. WM WPg WpHG WpÜG ZBB ZEuP ZGR ZHR Ziff. ZIP ZRP z. Zt.

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unter anderem; und andere Umwandlungsgesetz unter Umständen vom Verfasser vergleiche vom Hundert Vorbemerkung Wertpapier-Mitteilungen Die Wirtschaftsprüfung Wertpapierhandelsgesetz Gesetz zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft Zeitschrift für europäisches Privatrecht Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht Ziffer Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Rechtspolitik zur Zeit

Einleitung A. Problemaufriss Die internationale Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft hängt im Wesentlichen von der Funktionsfähigkeit ihrer Finanzmärkte ab. Der Finanzierungsbedarf der deutschen Wirtschaft lässt sich aber nur decken, wenn neben den heimischen Anlegern auch ausländische Investoren gewonnen werden können. Die Aktiengesellschaften finanzieren sich zunehmend auf den internationalen Kapitalmärkten und stehen damit in unmittelbarem Wettbewerb mit anderen Risikokapitalnachfragern weltweit. Infolge der zunehmenden Öffnung der Märkte und dem verstärkten internationalen Wettbewerb um Kapital können die nationalen Finanzmärkte nicht länger isoliert betrachtet werden1. Der internationale Wettbewerb der Kapitalmärkte und kapitalsuchenden Unternehmen verschärft sich fortlaufend. Der Aufrechterhaltung und Verbesserung der Attraktivität des deutschen Finanzplatzes wird daher eine große Bedeutung zugemessen2. Insbesondere ein kraftvoller Kapitalmarkt ist volkswirtschaftlich erforderlich und stellt den Unternehmen das notwendige Kapital zur Verfügung, um international wettbewerbsfähig zu sein. Auf Grund der Konkurrenzsituation ist eine stärkere Orientierung der Unternehmensstrategie auf die Anleger als Kapitalgeber unerlässlich. Das erfordert insbesondere die Herbeiführung einer langfristigen Wertsteigerung der Anteile, eine intensive Kommunikation unter den Marktteilnehmern sowie mehr Transparenz und Publizität in allen Bereichen3. Die Flexibilisierung aktienrechtlicher Instrumente zur Unternehmensfinanzierung ist Voraussetzung für eine Verbesserung der Attraktivität des deutschen Kapitalmarktes4. Dies gilt auch auf europäischer Ebene: Ein Abbau bestehender Beschränkungen ist Voraussetzung für die globale Wettbewerbsfähigkeit eines europäischen Kapitalmarktes. Es wird deutlich, dass der Finanzplatz Deutschland sich einem zunehmenden internationalen Anpassungsdruck vor allem im Aktien-, Börsen- und Kapitalmarktrecht ausgesetzt sieht5. 1 Begr. RegE zum 2. FFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 33; Begr. RefE zum 4. FFG, BT-Drucks. 14/8017, S. 62; Kübler, Aktie, S. 15. 2 Begr. RegE zum 2. FFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 33; Begr. RefE zum 4. FFG, BT-Drucks. 14/8017, S. 62; Wastl, Kreditwesen 1997, 1217. 3 Begr. RefE zum KonTraG, ZIP 1996, 2129. 4 Escher-Weingart, S. 271.

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Einleitung

Bezüglich des Aktienrechtes geht es vor allem darum zu überprüfen, wie das rechtliche Gefüge der Aktiengesellschaft im Hinblick auf die wirtschaftspolitische Funktion der Kapitalallokation zu verbessern ist6. Einen Ansatzpunkt für die Flexibilisierung aktienrechtlicher Vorschriften unter Berücksichtigung der Anforderungen des Kapitalmarktes bietet die rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien. Der Erwerb eigener Aktien ermöglicht es der Gesellschaft, ihr Kapital kurzfristig und äußerst flexibel an die Geschäftsentwicklung des eigenen Unternehmens und der aktuellen Lage des Kapitalmarktes anzupassen. Die mit der Zulässigkeit des Erwerbs eigener Aktien einhergehende Flexibilisierung des Kapitalmanagements hat nicht nur positive Auswirkungen auf die Kursentwicklung der eigenen Aktien, sondern führt auch zu einer Belebung und der Steigerung der Attraktivität des Kapitalmarktes7. Angesichts der Tatsache, dass es sich bei dem US-amerikanischen Kapitalmarkt um den weltweit aktivsten und potentesten nationalen Kapitalmarkt handelt, verdient der dort bereits seit langem und in großem Umfang praktizierte Erwerb eigener Aktien besonderes Interesse8. Die hierzulande mit Erlass der Zweiten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie der EG vom 13. Dezember 1976 (sog. „Kapitalrichtlinie“)9 aufgekommene Diskussion um den Rückerwerb eigener Aktien hat sich daher stets auch vom Beispiel des US-amerikanischen Rechts inspirieren lassen10. Trifft die Annahme zu, dass das Recht der Vereinigten Staaten ein höherentwickeltes Regelungsmodell repräsentiert, das den aktuellen Anforderungen an die Leistungsfähigkeit der Unternehmensfinanzierung und des Kapitalmarktes in besonderer Weise entspricht, wäre daraus zu schließen, dass für das deutsche Aktienund Kapitalmarktrecht von einem beträchtlichen Nachhol- und Modernisierungsbedarf auszugehen ist. Die Notwendigkeit der Anpassung könnte sich nicht zuletzt aus der zunehmenden Europäisierung und Internationalisierung bislang nationaler Kapitalmärkte ergeben11. Ein erster Schritt erfolgte 1998 5

Begr. RegE zum NaStraG, BT-Drucks. 14/4051. Albach/Corte/Friedewald/Lutter/Richter, S. 23 ff.; Kübler, Aktie, S. 15. 7 Dazu unten Seite 307 ff. 8 Kübler, Aktie, S. 15. 9 Zweite Richtlinie 77/91/EWG des Rates vom 13. Dezember 1976 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages (jetzt: Art. 48 EG) im Interesse der Gesellschaften sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten; ABl. EG Nr. L 26 v. 31.1.1977, S. 1–13 (abgedr. bei Schwarz, Textsammlung, Signatur 2). 10 Vgl. nur die rechtsvergleichenden Untersuchungen bei Kübler; Hampel; Wastl/ Wagner/Lau; Escher-Weingart/Kübler, ZHR 162 (1998), S. 537 ff.; Benckendorff. 11 Kübler, Aktie, S. 65. 6

Einleitung

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mit der Neuregelung des Erwerbs eigener Aktien durch das Gesetz zur Kontrolle im Unternehmensbereich (KonTraG)12 mit dem Ziel, das Finanzierungsinstrumentarium der deutschen Gesellschaften in diesem Punkt an die international übliche Praxis anzugleichen, um die internationale Konkurrenzfähigkeit des deutschen Kapitalmarktes sowie der deutschen Emittenten zu stärken13.

B. Zielsetzung Ziel der Arbeit ist die Untersuchung der Regelungen des Erwerbs eigener Aktien im deutschen und europäischen Aktienrecht im Hinblick auf mögliche Deregulierungs- und Liberalisierungsmöglichkeiten. In aktienrechtlicher Hinsicht sind insbesondere kapitalmarktpraktische Überlegungen und die Auswirkungen auf den Kapitalmarkt von wesentlicher Bedeutung. Ergänzend sind Überlegungen zu der kapitalmarktrechtlichen sowie der übernahmerechtlichen Behandlung des Erwerbs und der Veräußerung eigener Aktien anzustellen. Es ist dabei auch darzustellen, inwieweit die bestehende Regelung des Erwerbs eigener Aktien den Interessen der Gläubiger und der Aktionäre der Aktiengesellschaft und auch dem Funktionenschutz des Kapitalmarktes Rechnung trägt. Wie noch zu zeigen sein wird, nutzt die durch das KonTraG vorgenommene Reform der Regelung des Aktienrückerwerbs die an sich schon sehr restriktiven, durch die EU-Kapitalrichtlinie vorgegebenen, gesetzgeberischen Spielräume nicht vollständig aus. Anhand der bestehenden Regelung ist zu untersuchen, ob durch weitere Deregulierungs- und Liberalisierungsmaßnahmen die Ausrichtung des Aktienrechts auf den Kapitalmarkt gefördert und damit die Stärkung der Märkte und eine Verbesserung der Finanzierungsmöglichkeiten über den Kapitalmarkt erreicht werden kann. Dabei ist insbesondere auf die Regelung des Aktienrückerwerbs in der US-amerikanischen Rechtsordnung einzugehen, wo schon seit langem die den Aktienrückerwerb betreffenden rechtlichen Rahmenbedingungen unter maßgeblicher Berücksichtigung der Erfordernisse des Kapitalmarktes fortentwickelt werden. Abschließend soll der mögliche Umfang weitergehender Reformen des Erwerbs eigener Aktien in Bezug auf seine aktien- und kapitalmarktrechtliche Ausgestaltung untersucht werden, der erforderlich ist, um die mit diesem Institut bezweckten Vorteile in vollem Umfang für die Aktiengesell12 Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich v. 27.4.1998, BGBl. I 1998, 786. 13 Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 13 (abgedr. in ZIP 1997, 2059 ff.); Wastl, Kreditwesen, 1997, 1217.

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Einleitung

schaften fruchtbar zu machen, ohne zugleich berechtigte Interessen der Aktionäre und der Gläubiger und den Schutz der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes außer Acht zu lassen14. Im Hinblick auf das KonTraG bedarf es einer weiteren progressiven Reformdiskussion, die u. U. mittelfristig auch zu einer Änderung der europarechtlichen Vorgaben führen könnte. Möglicherweise könnte es für den deutschen Gesetzgeber sinnvoll sein, den ihm durch europäisches Recht eröffneten aber gegebenenfalls noch ungenutzten Regelungsspielraum in weiterem Umfang als bisher zu nutzen. Dabei ist insbesondere zu untersuchen, ob auf Grund der engen Grenzen, die dem Gesetzgeber durch europäisches Recht gesetzt werden, eine „große“ Reform auf europäischer Ebene zu bevorzugen ist, um bestehende strukturelle Defizite beheben zu können. Gerade auch in der rechtsvergleichenden Betrachtung der Vor- und Nachteile einer weiteren Liberalisierung des Rechts zum Erwerb eigener Aktien dürfte einer der entscheidenden Ansatzpunkte für die praxisorientierte Gestaltung eines über die EU-rechtlichen Beschränkungen der Kapitalrichtlinie hinausgehenden Reformmodelle zu sehen sein15.

C. Gang der Untersuchung Im ersten Teil der vorliegenden Arbeit werden die ökonomischen Rahmenbedingungen dargestellt, die für den Aktienrückerwerb bestimmend sind. Dabei ist auf die Bedeutung eines funktionsfähigen Kapitalmarktes für die Unternehmensfinanzierung und die Gesamtwirtschaft einzugehen. Relevanz für die Untersuchung des Aktienrückerwerbs haben dabei insbesondere die zunehmende Globalisierung der Kapitalmärkte und der Unternehmensfinanzierung sowie die nicht unbeträchtliche Strukturschwäche des deutschen Kapitalmarktes im Vergleich zu den Kapitalmärkten anderer Volkswirtschaften. Eine wichtige Voraussetzung für die nachfolgende Untersuchung ist auch die Darstellung der Stellung des Aktienrechts im Hinblick auf kapitalmarktrechtliche und kapitalmarktpraktische Fragestellungen. Im zweiten Teil wird der bestimmende Einfluss der historischen Entwicklung sowie der stetig zunehmenden EU-weiten Rechtsangleichung, die vor allem im Bereich des Gesellschafts- und Aktienrechts bereits weit fortgeschritten ist, auf die bestehende Regelung des Aktienrückerwerbs im deutschen Aktiengesetz dargestellt. Daran schließt sich die Untersuchung der mit dem Erwerb verbundenen Auswirkungen auf die Kapital- und Eigentümerstruktur der Gesellschaft sowie die damit verbundenen Vorteile für die Aktionäre an. Den Vorteilen des 14 Die steuerrechtliche Behandlung des Aktienrückerwerbs soll nicht Gegenstand dieser Arbeit sein. Vgl. dazu Giger; Klingenberg, BB 1998, 1579 ff. 15 So auch Wastl, DB 1997, 461, 466.

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Aktienrückerwerbs werden die damit verbundenen Risiken im Hinblick auf die Gesellschaft selbst, ihre Gläubiger und ihre Aktionäre gegenübergestellt. Die mit dem Aktienrückerwerb verbundenen Risiken sind bei möglichen Deregulierungs- und Liberalisierungsmaßnahmen zu berücksichtigen. Im dritten Teil erfolgt die Darstellung und Untersuchung der bestehenden rechtlichen Regelungen des Erwerbs eigener Aktien nach der europäischen Kapitalrichtlinie von 1976 sowie den zuletzt durch das KonTraG von 1998 reformierten aktienrechtlichen Normen der §§ 71 ff. AktG. Die Untersuchung soll zum einen die Reichweite der bestehenden Regulierung des Aktienrückerwerbs deutlich machen, widmet sich daneben aber auch zahlreichen, bisher wenig beachteten Einzelproblemen. So bestehen z. B. weiterhin rechtliche Unsicherheiten bezüglich der Frage der Zulässigkeit der verschiedenen in den USA praktizierten Rückkaufvarianten, wobei insbesondere die Rückkaufvariante des frei ausgehandelten Rückkaufs einer genaueren Untersuchung bedarf. Gleiches gilt für die spätere Durchführung der Wiederveräußerung der eigenen Aktien. Die aktienrechtliche Untersuchung wird ergänzt durch die Untersuchung der kapitalmarktrechtlichen Behandlung des Aktienrückerwerbs. Dabei wird vor allem auf die insiderrechtliche Regelung sowie die Frage nach der Transparenz und die einzuhaltenden Publizitätspflichten hinsichtlich der Erwerbs- und Veräußerungsvorgänge einzugehen sein. Es folgt die Darstellung des Aktienrückerwerbs im Rahmen öffentlicher Übernahmeangebote, eines Einsatzgebietes des Aktienrückerwerbs, das insbesondere im Rahmen internationaler Transaktionen auch für deutsche Unternehmen zunehmend Bedeutung erlangt. Der vierte Teil der Arbeit widmet sich der Frage nach den konkreten Möglichkeiten einer Deregulierung und Liberalisierung des Erwerbs eigener Aktien. Dabei ist zunächst auf Grundlage der vorangegangenen Untersuchung der bestehenden Rechtslage in Deutschland und einer rechtsvergleichenden Betrachtung der Behandlung des Aktienrückerwerbs in den Vereinigten Staaten und Großbritannien zu untersuchen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang überhaupt ein Reformbedarf im Hinblick auf die §§ 71 ff. AktG besteht. Aus der rechtsvergleichenden Darstellung können wertvolle Rückschlüsse gezogen werden, in welcher Richtung und in welchem Umfang eine mögliche Reform des europäischen Aktien- und Kapitalmarktrechts in der Frage des Erwerbs eigener Aktien erfolgen könnte und welche praktischen Auswirkungen eine solche Reform auf die Märkte hätte. Die Untersuchung möglicher Reformvorschläge unterteilt sich in die Betrachtung der Reform der §§ 71 ff. AktG im Rahmen der Vorgaben der EUKapitalrichtlinie und, in einem zweiten Schritt, in die Untersuchung eines Reformpotentials im Hinblick auf die Kapitalrichtlinie selbst. Die verschie-

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Einleitung

denen Reformmaßnahmen sind daraufhin zu überprüfen, ob sie die festgestellten Defizite beseitigen können ohne dabei zu einer Gefährdung schützenswerter Interessen von Aktionären und Gläubigern oder der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes zu führen. Abschließend erfolgt eine Zusammenfassung der erarbeiteten Ergebnisse sowie ein Ausblick auf die daraus abzuleitende künftige Fortentwicklung des Verhältnisses zwischen Gesellschaftsrecht und Kapitalmarktrecht.

Erster Teil

Rahmenbedingungen des Erwerbs eigener Aktien § 1 Gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen im Hinblick auf den Erwerb eigener Aktien Es besteht ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes und der Attraktivität des Finanzmarktes einer Volkswirtschaft. Mit dem Erwerb eigener Aktien steht der Aktiengesellschaft ein Instrument des Finanzmanagements zur Verfügung, durch das auf die verbandsinterne Struktur der Aktiengesellschaft eingewirkt werden kann und das zugleich die Gesellschaft zu einem Anbieter und Nachfrager von Aktien am (sekundären) Kapitalmarkt macht. Auf diese Weise kann die Gesellschaft direkten Einfluss auf das Geschehen an den Märkten ausüben, an denen die eigenen Aktien durch das Anlegerpublikum gehandelt werden. Daher sollen zunächst die Begriffe des Kapitalmarktes und der Unternehmensfinanzierung kurz erläutert und eine Bestandsaufnahme des Kapitalmarktes im Hinblick auf gesamtwirtschaftliche Zusammenhänge vorgenommen werden. Auf Grund der Beziehungen zwischen der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes und des Aktienrückerwerb einerseits und der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes und der Attraktivität des Standortes Deutschland andererseits besteht Anlass zu untersuchen, inwieweit die bestehende Regelung des Aktienrückerwerbs ursächlich ist für eine negative Bestandsaufnahme des Kapitalmarktes und welche Maßnahmen zu treffen sind, um mittels möglicher Reformmaßnahmen im Bereich des Aktienrückerwerbs zu einer Verbesserung der Attraktivität des gesamtwirtschaftlich relevanten Kapitalmarktes beizutragen.

A. Kapitalmarkt und Unternehmensfinanzierung I. Der Begriff des Kapitalmarktes Die Finanzierung kapitalsuchender Unternehmen findet über die Finanzmärkte statt. Diese lassen sich nach der Laufzeit der gehandelten Anlagetitel in Kapitalmarkt und Geldmarkt unterscheiden. Während am Geldmarkt

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1. Teil: Rahmenbedingungen des Erwerbs eigener Aktien

der Handel in Zentralbankgeldguthaben und kurzfristigen Geldmarktpapieren abgewickelt wird, dient der Kapitalmarkt der Umschichtung von längeroder mittelfristig anlagesuchenden Geldmitteln in Kapitalanlagen1. Als Anlagetitel werden am Kapitalmarkt vor allem Aktien und Schuldverschreibungen2 gehandelt. 1. Die gesamtwirtschaftliche Bedeutung des Kapitalmarktes

Die Grundentscheidung für die Rechts- und damit auch für die Wirtschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland ist im Grundgesetz niedergelegt3. Eine bestimmte Wirtschaftsordnung schreibt das Grundgesetz nicht vor, es überlässt die freie Auseinandersetzung und die Ausgestaltung im Rahmen der durch das Verfassungsrecht gezogenen Grenzen dem Gesetzgeber. Diesem kommt die Aufgabe zu, eine jeweils sachgemäße Wirtschaftspolitik zu verfolgen4. Der durch das Grundgesetz eröffnete Gestaltungsspielraum wird u. a. durch das Gesellschafts- und das Kapitalmarktrecht ausgefüllt. Auf diese Weise werden die wesentlichen Strukturen der Rechtsund Wirtschaftsordnung definiert. Grundlage der bestehenden Wirtschaftsordnung in der Bundesrepublik Deutschland ist das System der sozialen Marktwirtschaft, dessen zentrales Element und Leitgedanke das Prinzip des freien Wettbewerbs ist5. An den einzelnen Märkten werden die Angebots- und Nachfrageentscheidungen der Wirtschaftsteilnehmer unter Wettbewerbsbedingungen koordiniert6. Sie beinhalten Lenkungs-, Anreiz- und Verteilungsfunktion; sie stimulieren zu 1 Im Gegensatz zum Kapitalmarkt, der von den Anlegern unter Zwischenschaltung der Kreditinstitute in Anspruch genommen werden kann, ist der Geldmarkt im Wesentlichen nur ein Markt der Kreditinstitute und der Bundesbank; ausführlich dazu Kümpel, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 8.8 ff. 2 Schuldverschreibungen im Sinne der §§ 793 ff. BGB sind insbesondere mündelsichere Pfandbriefe und Kommunalschuldverschreibungen sowie die von großen Unternehmen emittierten Industrieobligationen; vgl. Kümpel, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 8.10. Sie sind nicht Gegenstand der weiteren Darstellung. 3 Ausf. Eisenhardt, Rn. 7: Das Grundgesetz enthält Grundrechte, die das Wirtschaftsleben entscheidend prägen, wie die Garantie des Privateigentums (Art. 14 Abs. 1 GG), die Sozialbindung des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG), die Vereinigungsfreiheit (Art. 9 GG) und die Berufsfreiheit (Art. 12 GG). 4 Zur wirtschaftspolitischen Neutralität des Grundgesetzes vgl. BVerfGE 4, 7, 18; 50, 290, 338. Siehe auch Hesse, § 1 III 2a. Eine totale Planwirtschaft würde allerdings gegen das Grundgesetz verstoßen; vgl. Eisenhardt, Rn. 7. 5 Eine auf Marktwirtschaft und Wettbewerb gegründete Wirtschaftsordnung ist nach allgemeiner, durch historische Erfahrung bestätigter Auffassung an sich besser als andere Lenkungsmechanismen geeignet, günstige gesamtwirtschaftliche Ergebnisse zu produzieren; dazu Koppensteiner, in: ÖJT 1995, S. 7. 6 Pauger, in: ÖJT 1995, S. 37.

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Leistung und führen im Zusammenspiel der dezentralen Entscheidungsprozesse zu einer optimalen Allokation der Ressourcen bei minimalen Koordinationskosten und schaffen wirtschaftlichen Fortschritt. Außerdem fördert der Wettbewerb die Anpassungsflexibilität und den technischen und wirtschaftlichen Fortschritt einer Volkswirtschaft7. Kapitalanbieter und Kapitalnachfrager werden am Kapitalmarkt zusammengeführt. Auf diese Weise können die Ersparnisse privater Anleger für die Unternehmen erschlossen werden, um weiteres Wachstum zu ermöglichen. Der Markt wirkt wie ein Sammelbecken für Kapital und ermöglicht Investitionen, die andernfalls auf Grund fehlender Finanzmittel nicht möglich wären. Besonders wichtig ist die Effizienz des Kapitalmarktes, denn die gesamtwirtschaftliche Bedeutung des Kapitalmarktes ergibt sich unmittelbar aus seinem Stellenwert für die Finanzierung der Unternehmen und der öffentlichen Hand8. Das gesamte Wohlstandsniveau der modernen Industriegesellschaft wäre ohne einen Kapitalmarkt nicht möglich. Die Optimierung der institutionellen Rahmenbedingungen des Kapitalmarktes ist deshalb eine gesamtwirtschaftlich und sozialpolitisch notwendige Aufgabe. Einem funktionierenden und effizienten Kapitalmarkt kommt daher unmittelbare gesamt- bzw. volkswirtschaftliche Bedeutung zu9. Jedes Unternehmen ist in einer marktwirtschaftlich orientierten Wirtschaftsordnung direkt oder indirekt auf den Kapitalmarkt angewiesen. Das gilt insbesondere für Aktiengesellschaften, die ihre Finanzierung durch die Ausgabe von Aktien, die Aufnahme von Krediten oder die Emission von Anleihen sicherstellen. 2. Dimensionen des Kapitalmarktes

Der Kapitalmarkt ist zu unterscheiden in den Primärmarkt, welcher der Emission der Wertpapiere durch die Emittenten dient, und den Sekundärmarkt, in dem bereits emittierte Wertpapiere von den bisherigen Kapitalanlegern an andere Anleger verkauft werden10. Auf dem Primärmarkt stehen sich Kapitalgeber und Kapitalnachfrager unmittelbar gegenüber. Die investierten Mittel fließen dem Nachfrager unmittelbar zu. Das ist etwa der Fall, wenn die Aktiengesellschaft neue Aktien im Rahmen einer Kapitalerhöhung ausgibt oder einen Kredit aufnimmt11. 7

Wenglorz, S. 6 mit Nachw. Schwark, in: FS Stimpel, S. 1091. 9 Kübler, GesellschaftsR, S. 372. 10 Kümpel, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 8.60. 8

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1. Teil: Rahmenbedingungen des Erwerbs eigener Aktien

Der Sekundärmarkt ermöglicht den Wechsel der Kapitalgeber eines Unternehmens, ohne dessen Bestand zu gefährden. So werden Finanztitel unter den Anlegern gehandelt, ohne dass der ursprüngliche Kapitalnachfrager von diesem Wechsel seiner Eigentümer bzw. Gläubiger betroffen ist. Die Sekundärmärkte lassen sich wiederum unterscheiden in solche, die börslich organisiert sind und außerbörsliche Märkte12. An der Börse werden Wertpapiere in drei Marktsegmenten gehandelt: Amtlicher Markt, Geregelter Markt und Freiverkehr13. Im Börsenhandel erfolgt über die Feststellung des Aktienkurses die fortlaufende Bewertung der zum Handel zugelassenen Gesellschaften. Der gesamtwirtschaftliche Sinn dieser Wertermittlung am Sekundärmarkt besteht darin, dass dadurch die Bedingungen festgelegt werden, zu denen das Unternehmen am Primärmarkt neues Eigenkapital aufnehmen kann14. Die am Sekundärmarkt getroffenen Entscheidungen beeinflussen so unmittelbar die allokative Funktionsfähigkeit des Primärmarktes. 3. Funktionen des Kapitalmarktes

Dem Kapitalmarkt kommt in erster Linie die Aufgabe zu, die Interessen von Kapitalanbietern und Kapitalnachfragern zur Deckung zu bringen, um auf diese Weise das Kapital der Anleger für den Kapitalbedarf der Unternehmen zu erschließen. Der Kapitalmarkt stellt die Rahmenbedingungen auf, unter denen den Gesellschaften die Finanzierung möglich ist. Um seiner Aufgabe gerecht zu werden, muss der Kapitalmarkt gewisse Transformationsfunktionen erfüllen: Die Losgrößentransformation bezweckt, die von den Kapitalgebern zur Verfügung gestellten Mittel in ihrem Umfang an den Kapitalbedarf der Kapitalnachfrager anzupassen. Die Fristentransformation reguliert die unterschiedlichen Anlagezeiträume und Nachfragezeiträume. Die Risikotransformation verteilt das wirtschaftliche Risiko eines Unternehmens auf viele Anleger; der Anleger kann durch Diversifikation sein Risiko minimieren. 11 Eine Neuemission wird jedoch nicht nur am Primärmarkt abgewickelt, denn es besteht auch die Möglichkeit, dass sich ein Alteigentümer auf dem Weg über die Börse von seinen Aktien trennt. 12 Kümpel, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 8.69. 13 Der Börsenrat der Frankfurter Wertpapierbörse hat am 19.11.2002 eine neue Segmentierung des Aktienmarktes beschlossen. Mit der Neustrukturierung, die mit der Börsenordnung zum 1.1.2003 in Kraft getreten ist, entstehen für Aktien und aktienvertretende Zertifikate zwei neue Börsenzulassungssegmente: Im Segment General Standard müssen Unternehmen die gesetzlichen Mindestanforderungen des Amtlichen Marktes oder Geregelten Marktes erfüllen; im Segment Prime Standard müssen Unternehmen über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinaus zusätzlich hohe internationale Transparenzanforderungen erfüllen. 14 Kübler, GesellschaftsR, S. 372.

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Nur ein hinreichend funktionierender Kapitalmarkt vermag die an ihn gestellten Aufgaben in zufriedenstellendem Umfang zu erfüllen. II. Grundprinzipien der Unternehmensfinanzierung In der Unternehmensfinanzierung ist ein Teilaspekt des Kapitalmarktes zu sehen. Im Rahmen der Unternehmensfinanzierung ist es den Unternehmen möglich, ihren Bedarf an Finanzmitteln am Kapitalmarkt zu decken15. Dabei sind Eigenkapital und Fremdkapital sowie Innen- und Außenfinanzierung zu unterscheiden16. 1. Eigen- und Fremdkapital

Eigenkapital ist das von den Aktionären auf Dauer zur Verfügung gestellte haftende Kapital. Es ist am Unternehmenserfolg beteiligt, d.h. der Gewinn steht den Aktionären zu. Allerdings ist die Höhe und damit die Rendite ungewiss. Ein Verlustrisiko tragen die Eigenkapitalgeber aber nur insoweit, als sich der wirtschaftliche Wert des Eigenkapitals und somit das Vermögen der Eigenkapitalgeber vermindern kann. Eine Pflicht diese Verluste auszugleichen, besteht jedoch nicht. Fremdkapital wird der Gesellschaft zu festgelegten Konditionen und zeitlich begrenzt zur Verfügung gestellt. Es handelt sich dabei um Kredite oder Anleihen. Eine geringe Eigenkapitalausstattung bedeutet geringe Sicherheiten für die Aufnahme von Fremdkapital. Damit kann es in wirtschaftlichen Krisensituationen, aber auch in Zeiten raschen Wachstums, zu Liquiditätsengpässen kommen. 2. Innen- und Außenfinanzierung

Neben die eben vorgenommene Differenzierung zwischen Eigen- und Fremdkapital tritt die Unterscheidung von Innen- und Außenfinanzierung. Bei der Innenfinanzierung werden vom Unternehmen selbst erwirtschaftete Finanzmittel einbehalten. Die Innenfinanzierungskraft ist auf diese Mittel begrenzt. Bei der Außenfinanzierung greift das Unternehmen auf Kapitalquellen außerhalb des Unternehmens zurück. Die Außenfinanzierung ist daher grundsätzlich in unbegrenzter Höhe möglich und somit im Hinblick auf eine Verbesserung der Eigenkapitalausstattung der Unternehmen von besonderer Bedeutung17. 15 16

Wöhe/Bilstein, S. 2. Wöhe/Bilstein, S. 12 ff.

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1. Teil: Rahmenbedingungen des Erwerbs eigener Aktien

Mit dem Erwerb und der Veräußerung eigener Aktien steht der Aktiengesellschaft ein Finanzierungsinstrument zur Verfügung, das auf externe Kapitalquellen zurückgreift und zugleich die Bilanzziffer des Eigenkapitals berührt. Es handelt sich folglich um ein Instrument der Außenfinanzierung durch Eigenkapital.

B. Globalisierung der Kapitalmärkte Auf Grund der zunehmenden Internationalisierung der Kapitalmärkte stehen die Unternehmen in einem unmittelbaren Wettbewerb mit anderen Kapitalnachfragern weltweit. Die Anleger bieten ihr Kapital nicht länger auf voneinander abgeschotteten nationalen Kapitalmärkten an. Sie beabsichtigen vielmehr, dort zu investieren, wo sie die maximale Rendite auf das von ihnen eingesetzte Kapital erhalten können18. In diesem Zusammenhang stellt Möllers treffend fest: „Im Zuge der Globalisierung ist nichts so scheu, wie das Geld.“19 Die börsennotierten Gesellschaften unterliegen zunehmend der Kontrolle durch die Kapitalmärkte, die im Hinblick auf die Bewertung der Gesellschaften äußerst sensibel und einschneidend reagieren. Eine negative Marktbewertung schädigt das Ansehen des Unternehmens und verschlechtert seine Finanzierungsmöglichkeiten nachhaltig20. Das kann dazu führen, dass notwendige Investitionen nicht oder nicht in vollem Umfang durchgeführt werden können oder auch die Gefahr der Übernahme durch ein fremdes Unternehmen besteht. Infolge der Konkurrenz der Gesellschaften um Kapital muss die Unternehmensstrategie sich stärker als bisher auf die Anleger als Kapitalgeber orientieren. Die veränderte Kapitalmarktsituation erfordert ein erhebliches Mehr an Handlungsspielraum, an Flexibilität und Beweglichkeit für das Finanzmanagement der Gesellschaft, als ihr bisher durch das rigide Gerüst des traditionellen Aktienrechts eingeräumt wird. Dazu bedarf es insbesondere der Herbeiführung einer langfristigen Wertsteigerung der Anteile, einer intensiven Kommunikation unter den Marktteilnehmern sowie mehr Transparenz und Publizität in allen Bereichen21.

17

Wöhe/Bilstein, S. 14. Begr. RefE zum KonTraG, ZIP 1996, 2129; Wastl, Kreditwesen 1997, 1217; Wymeersch, NZG 2001, 294, 296 ff. 19 Möllers, AG 1999, 433, 442. 20 Begr. RefE zum KonTraG, ZIP 1996, 2129. 21 Begr. RefE zum KonTraG, ZIP 1996, 2129; so auch Möllers, AG 1999, 433, 442. 18

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C. Strukturschwäche des deutschen Kapitalmarktes als Wettbewerbsnachteil für deutsche Unternehmen Die internationale Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft hängt im entscheidenden Maße von der Funktionsfähigkeit ihrer Finanzmärkte ab22. Eine zentrale Stellung kommt dabei den Kapitalmärkten zu. Ein funktionierender und entwickelter Kapitalmarkt ist für den Standort Deutschland insbesondere im Hinblick auf die zunehmende Globalisierung der Kapitalmärkte unverzichtbar. Denn nur mit einem entsprechend dimensionierten und funktionsfähigen Kapitalmarkt kann der Kapitalbedarf der großen Industrieunternehmen gedeckt werden23. In einem starken Kapitalmarkt erhöht sich die Allokationseffizienz des für Investitionen zur Verfügung stehenden Kapitals. Eine übermäßige Volatilität der Marktpreise wird vermieden und es sinken die Emissionskosten, was gerade auch die Finanzierung kleinerer und auch innovativer Gesellschaften überhaupt erst ermöglicht24. I. Strukturschwäche des deutschen Kapitalmarktes Der deutsche Kapitalmarkt ist im internationalen Vergleich insgesamt als strukturschwach einzustufen. Insbesondere im Vergleich mit den konkurrierenden Märkten des anglo-amerikanischen Rechtsraums kann der deutsche Kapitalmarkt nur als unterdurchschnittlich bezeichnet werden25. Die Zahl aller Aktiengesellschaften ging von 1965 bis 1985 von 2508 auf 2141 zurück. Im selben Zeitraum hat die Zahl der börsennotierten Gesellschaften von 618 auf gerade noch 451 abgenommen26. Allerdings ist seit Mitte der achtziger Jahre ein leichter Anstieg der Zahl der in der Rechtsform der Aktiengesellschaften geführten Unternehmen zu verzeichnen. Im Jahre 1991 existierten 2806 Aktiengesellschaften, von denen 509 an der Börse notiert waren27. Die Zahl der börsennotierten Aktiengesellschaften stieg auf ca. 800 im Jahre 199928. Dennoch wird die deutsche Aktienrechtsordnung im internationalen Vergleich – insbesondere mit Großbritannien, Japan und den USA – nicht in 22

Begr. RegE zum 2. FFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 33. Escher-Weingart, S. 22 mit Nachw. 24 Escher-Weingart, S. 22; Kübler, Aktie, S. 55; ders., WM 1990, 1853, 1858. 25 Escher-Weingart, S. 22 ff. 26 Assmann, in: Großkomm. AktG, Einl. Rn. 295; Escher-Weingart, S. 23 mit Nachw. s. a. DAI-Factbook, Abb. 01-1 u. 02-1. 27 Assmann, in: Großkomm. AktG, Einl. Rn. 295. 28 Karsch, Die Bank 2000, 55, 56; vgl. Übersicht in DAI-Factbook, Abb. 01-1 u. 02-1. 23

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1. Teil: Rahmenbedingungen des Erwerbs eigener Aktien

ausreichendem Maße genutzt. Die Zahl der Aktiengesellschaften, die Zugang zum Kapitalmarkt haben, ist vergleichsweise gering. Ende März 1998 waren in den USA 7.835, in Japan 3.079 und in Großbritannien 2.450 Aktiengesellschaften an der Börse notiert. In Deutschland waren es zum selben Zeitpunkt gerade einmal 702 Gesellschaften29. Auch im Hinblick auf die Marktkapitalisierung sind deutliche Unterschiede zu erkennen: Der Gesamtbetrag der Kurswerte aller börsennotierten Gesellschaften betrug im August 2000 in Deutschland 726 Mrd. EUR, während zu diesem Zeitpunkt die Börsenkapitalisierung in Großbritannien 1.442 Mrd. EUR, in Japan 2.022 Mrd. EUR und in den USA sogar über 9.032 Mrd. EUR betrug30. Demzufolge ist hierzulande die Börsenkapitalisierung mit ca. 68 v. H. des Bruttoinlandsproduktes und die Eigenkapitalquote der börsennotierten Unternehmen mit durchschnittlich 35 v. H. vergleichsweise gering31. Das geringe Volumen des Aktienmarktes äußert sich auch in der Verteilung des deutschen Aktienvermögens. Nur 17 v. H. des Aktienvermögens befinden sich in den Händen von Privataktionären, die wiederum nur 12,9 v. H. der Bevölkerung ausmachen. Die Zahl der Privataktionäre ist in anderen Ländern weitaus höher: In Schweden sind es über 35 v. H., in Kanada 20 v. H., in den USA 25,4 v. H. sowie in Großbritannien 23 v. H. der Bürger32. Das den Bürgern in der Bundesrepublik Deutschland zur Verfügung stehende private Geldvermögen ist lediglich zu ca. 9 v. H. in Aktien angelegt33. Gleichzeitig führt die Enge des Marktes zu einer erhöhten Volatilität der Marktpreise der Aktien, was sich nachteilig auf das Vertrauen des Anlegerpublikums auswirkt. Hinzu kommt, dass der deutsche Kapitalmarkt nur schwach informationseffizient ist. Das bedeutet, dass er zwar sämtliche Informationen über das Marktgeschehen der Vergangenheit widerspiegelt, nicht jedoch alle aktuell öffentlich zugänglichen Informationen34. 29 Rosen, Journal of Financial Regulation and Compliance, Vol. 6, No 3, p. 241; DAI-Factbook, Abb. 01-1, 02-1 u. 02-3-a. 30 DAI-Factbook, Abb. 05-1; Escher-Weingart, S. 23. Vgl. Assmann, in: Großkomm. AktG, Einl. Rn. 297, zum Stand Ende 1984. 31 DAI-Factbook, Abb. 04-2 (Stand: Ende 1999). In Großbritannien beträgt die Börsenkapitalisierung ca. 200 v. H., in den Vereinigten Staaten ca. 181 v. H.; die durchschnittliche Eigenkapitalquote liegt jeweils über 50 v. H. 32 Jeweils 25 v. H. des Aktienvermögens gehören ausländischen Anlegern, institutionellen Investoren sowie deutschen Großunternehmen. Zudem haben mehr als ein Drittel der Privataktionäre die Aktien als Belegschaftsaktionäre erworben. Vgl. DAI-Factbook, Abb. 07.1-2-a; DAI-Kurzstudie. s. a. Assmann, in: Großkomm. AktG, Einl. Rn. 307 ff., insbes. 312; Hampel, S. 73. 33 DAI-Kurzstudie 1999 (Stand: 1998). Im Jahr 1960 waren es noch 24,2 v. H.; der Tiefpunkt war 1980 erreicht mit 4,8 v. H.

§ 1 Gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen

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II. Gründe für die Strukturschwäche Die Strukturschwäche beruht im Wesentlichen auf dem weitgehenden Desinteresse der Unternehmen und Anleger am Aktienmarkt. Des Weiteren beeinflussen strukturelle Schwierigkeiten wie die Problematik des Insiderhandels, der Ringverflechtungen und der Frage nach take overs die Attraktivität des Aktienmarktes35. 1. Gründe auf Anlegerseite

Der Anleger trifft seine Anlageentscheidung in erster Linie nach der Höhe der zu erwartenden Rendite36. Bei Aktien erhält er zum einen die laufende Rendite aus den Dividendenzahlungen und zum anderen profitiert er von dem Kursgewinn. Die laufende Rendite der am deutschen Kapitalmarkt gehandelten Aktien ist im Verhältnis zu ihrem Kurswert und zu anderen Anlageformen äußerst gering und wird zudem durch die Nebenkosten des Erwerbs und der Veräußerung belastet. Die Anlage von Kapital in Aktien ist unter Renditeaspekten nur dann sinnvoll, wenn der Gewinn aus Kursanstiegen realisiert wird37. Auf Anlegerseite ist daher als Grund für die geringe Akzeptanz der Aktie als Anlageform insbesondere die geringe laufende Rendite der Kapitalanlage in Gestalt der Dividendenzahlung und der Kursgewinne zu nennen. Die Anleger geben folglich anderen Anlageformen den Vorzug oder investieren die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel an ausländischen Kapitalmärkten38. Hinzu kommt, dass in Deutschland ein wesentlicher Teil des freien Kapitals der privaten Investoren für Bausparverträge, die Tilgung von Hypothekenkrediten für den Eigenheimerwerb und für die Altersvorsorge in Form von Lebensversicherungen verwendet wird, so dass kein bzw. nur wenig Vermögen vorhanden ist, das in Aktien investiert werden könnte. Dem Anleger steht auf Grund der Abzüge, die unmittelbar vom Lohn vorgenommen werden, generell weniger freies Kapital zur Verfügung als z. B. in den Vereinigten Staaten39. Dementsprechend gering ist auch das dem Kapitalmarkt 34

Kopp, S. 101; Escher-Weingart, S. 282. Dazu ausführlich Escher-Weingart, S. 22 sowie 33 ff. Zu dem Phänomen der Überkreuz- bzw. wechselseitigen Beteiligungen vgl. Wastl/Wagner/Lau, S. 43 ff.; Wastl, NZG 2000, 505, 509 f. 36 Escher-Weingart, S. 25 mit zahlreichen Nachw. 37 Dem Kleinanleger, dem die für die Gewinnrealisierung erforderliche ständige Beobachtung des Marktes nicht möglich ist, steht der Rückgriff auf Aktienfonds offen, die aber wiederum mit einem eigenen Kursrisiko behaftet sind; vgl. EscherWeingart, S. 26. 38 Assmann, in: Großkomm. AktG, Einl. Rn. 304; Hampel, S. 74. 35

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1. Teil: Rahmenbedingungen des Erwerbs eigener Aktien

zur Verfügung stehende Potential. Erst in jüngster Zeit beginnt auch hier ein Prozess des Umdenkens. So besteht zumindest in kleinem Umfang die Möglichkeit, Geld für die Altersvorsorge nicht nur in staatliche Vorsorgesysteme sondern alternativ auch am Kapitalmarkt zu investieren40. Insgesamt lässt sich feststellen, dass der deutsche Kapitalmarkt bei Finanzierungs- und Anlageentscheidungen im internationalen Vergleich nur unterdurchschnittlich Berücksichtigung findet41. Das mangelnde Interesse der Anleger an der Investition in Aktien ist bisher vor allem auf die Knappheit an freiem Kapital und die schlechten Renditeerwartungen zurückzuführen. Eine Veränderung kann daher nur herbeigeführt werden, wenn – neben einer Reform der sozialen Sicherungssysteme – die gesellschafts- und kapitalmarktrechtlichen Rahmenbedingungen entsprechend angepasst werden42. 2. Gründe auf Unternehmensseite

Die im internationalen Vergleich zurückbleibende Nutzung der Unternehmensfinanzierung durch Eigenkapital in der Rechtsform der Aktiengesellschaft liegt darin begründet, dass diese Gesellschaftsform als wenig attraktiver Rahmen unternehmerischer Aktivitäten angesehen wird. Gründe dafür sind das stark regulierte Aktienrecht sowie die rechtsformspezifischen Kapitalmarktzugangskosten43. Vor allem viele mittelständische Unternehmen meiden daher die Rechtsform der Aktiengesellschaft, wodurch ihnen der Weg zur Eigenkapitalgewinnung über den Kapitalmarkt versperrt bleibt44. Aber auch das Interesse bereits bestehender Aktiengesellschaften an der Schaffung von Eigenkapital durch die Neuemission von Aktien ist eher gering. Die Neuemission ist ein schwerfälliges Verfahren, das nicht flexibel 39

Außerdem wird der Anleger für das wenige ihm verbleibende Kapital eine Anlageform mit einem minimalen Risiko – wie z. B. festverzinsliche Schuldverschreibungen – bevorzugen; Escher-Weingart, S. 27. 40 Die staatliche Sozialversicherung, die weitgehend die Altersversorgung im Rahmen der Großfamilie ersetzt hat, wird auf Grund der demographischen Entwicklung zukünftig nicht ohne eine Ergänzung und Entlastung durch private Altersversorgung über den Kapitalmarkt auskommen; vgl. Kümpel, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 8.181. 41 Escher-Weingart, S. 24. 42 Ein nicht unerheblicher Einfluss kommt außerdem der steuerrechtlichen Behandlung der Aktie als Anlageform zu. 43 Die Unternehmen wollen insbesondere die weitgehende Einflussnahme der Gesellschafter und die obligatorische Mitbestimmung vermeiden. Die Reformmaßnahmen zur sog. „Kleinen Aktiengesellschaft“ bringen insoweit Erleichterungen; vgl. Assmann, in: Großkomm. AktG, Einl. Rn. 303; Hommelhoff, ZGR-Sonderheft, Nr. 12, S. 67. 44 Hommelhoff, ZGR-Sonderheft, Nr. 12, S. 66.

§ 1 Gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen

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und zeitnah eingesetzt werden kann. Zudem birgt die immer noch geringe Zahl anlagebereiter Anleger das Risiko, Neuemissionen nicht am Markt unterbringen zu können45. Eine deutliche Verbesserung hinsichtlich der Bereitschaft der Unternehmen zur Eigenkapitalfinanzierung hat – trotz der zuletzt gezeigten Schwächen46 – die Einführung des Börsensegments „Neuer Markt“ gebracht. Dennoch sind weitergehende Maßnahmen seitens des Gesetzgebers erforderlich, um die Umstellung von der Selbst- und Fremdfinanzierung auf die Eigenkapitalfinanzierung herbeizuführen. III. Fazit Dem Erfordernis eines funktionierenden Kapitalmarktes kommt aus betriebs- und insbesondere aus volkswirtschaftlicher Sicht in immer stärkerem Maße Bedeutung zu47. Ein leistungsfähiger Kapitalmarkt ist volkswirtschaftlich erforderlich und stellt den Unternehmen das erforderliche Kapital zur Verfügung, um international wettbewerbsfähig zu sein. Zudem wird in einem funktionierenden Markt die effiziente Allokation des eingesetzten Kapitals sichergestellt. Viele potentielle Kapitalgeber werden von der Nutzung des Aktienmarktes als Anlagemöglichkeit abgehalten, wenn die erzielbaren Risikoprämien ihrer Ansicht nach zu niedrig liegen. Die Rendite kann einerseits mit Transaktionskosten belastet sein. Andererseits enthalten viele Unternehmen erhebliche Mittel der Allokation des Kapitalmarktes vor, indem sie erzielte Gewinne thesaurieren anstatt sie an ihre Aktionäre auszuschütten und sie dadurch für eine u. U. effizientere Verwendung freizugeben48. Die angesprochenen Probleme führen zu Nachteilen für das Gemeinwesen, weil das Geldvermögen der privaten Haushalte für den Kapitalmarkt und die Institution der Aktiengesellschaft nicht in volkswirtschaftlich relevanter Dimension erschlossen wird. Es steht weder den etablierten Aktiengesellschaften, die Kapital für weiteres, gegebenenfalls globales Wachstum benötigen, noch in dem so bedeutenden Gründungs- und Entwicklungssta45 Zudem ist Fremdkapital auf Grund der steuerlichen Rahmenbedingungen für die Gesellschaft in der Regel günstiger als Eigenkapital. Das liegt insbesondere an der steuerlichen Absetzbarkeit der Aufwendungen für Zinszahlungen; vgl. EscherWeingart, S. 32. 46 Dazu Claussen, BB 2002, 105 ff.: Ab Ende März 2000 schrumpften die Börsenumsätze auf 1 v. H. der Spitzenumsätze ab. Der Nemax All Share Index, der am 10.3.2000 bei 8559 Indexpunkten notierte, sank bis Ende 2001 auf etwa 1000 Punkte ab. 47 Wastl, Kreditwesen 1997, 1217. 48 Hampel, S. 74.

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1. Teil: Rahmenbedingungen des Erwerbs eigener Aktien

dium von jungen Unternehmen zur Verfügung. Das ist auch ein Standortproblem, weil andere Länder diese Defizite nicht haben49. Aus diesem Grund sieht sich der Finanzplatz Deutschland einem zunehmenden internationalen Anpassungsdruck vor allem im Aktien-, Börsen- und Kapitalmarktrecht ausgesetzt50. Der Abbau der rigiden aktienrechtlichen Vorschriften, die vor allem durch eine hohe Regelungsdichte sowie dem umfassenden Prinzip der Satzungsstrenge gekennzeichnet sind, und die damit einhergehende Flexibilisierung des aktienrechtlichen Instrumentariums, ist Voraussetzung für die Steigerung der Akzeptanz der Aktie als Kapitalanlage sowie einer erhöhten Emissionsneigung auf Seiten der Unternehmen. Ein Ansatzpunkt für eine weitere Flexibilisierung des Finanzmanagements ist insbesondere hinsichtlich der Regelung des Aktienrückerwerbs zu sehen. Die dadurch erhoffte Belebung des Kapitalmarktes sollte zu einer Verbesserung der Attraktivität des deutschen Kapitalmarktes und damit einer Verbesserung der Attraktivität des Finanzplatzes Deutschland führen51.

§ 2 Der Erwerb eigener Aktien im Spannungsverhältnis von Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Die gesetzlichen Rahmenbedingungen für den Erwerb und die Veräußerung eigener Aktien werden durch das Aktienrecht und das Kapitalmarktrecht gesetzt. Diese beiden Rechtsgebiete weisen grundsätzlich sehr unterschiedliche Zielrichtungen auf. Eine Abgrenzung ist jedoch in zunehmendem Maße und in beide Richtungen als durchlässig anzusehen. Das gilt insbesondere für das Aktienrecht, das sich zunehmend der Berücksichtigung kapitalmarktpraktischer Interessenlagen öffnen muss. Durch den Erwerb eigener Aktien werden zum einen die mitgliedschaftlichen Rechte der Aktionäre als Verbandsmitglieder berührt, zum anderen berührt der Rückerwerb die Interessen der Aktionäre als Kapitalanleger, indem die Aktiengesellschaft mit der Durchführung von Erwerb und Veräußerung eigener Aktien direkt am Kapitalmarkt tätig wird und damit das Marktgeschehen in nicht unbeträchtlichem Umfang beeinflussen kann. Das Zusammenwirken von Aktien- und Kapitalmarktrecht ist daher in diesem Zusammenhang von besonderer Bedeutung.

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Claussen, AG-Sonderheft 1997, 108, 109. Begr. RegE zum NaStraG, BT-Drucks. 14/4051. Escher-Weingart, S. 270.

§ 2 Spannungsverhältnis von Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht

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A. Verhältnis von Aktien- und Kapitalmarktrecht Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht sind in der Bundesrepublik Deutschland traditionell nicht sehr intensiv aufeinander abgestimmt, geschweige denn synchronisiert. Diese Rechtsgebiete bestehen vielmehr weitgehend unabhängig voneinander52. Die herkömmliche verbandsrechtliche Betrachtungsweise sieht den Kapitalmarkt lediglich als ein Hilfsmittel der unterschiedlichen Interessenstopoi und erklärt diesen Bereich zur „Marginale des Gesellschaftsrechts“53. Analog zur Entwicklung im US-amerikanischen Recht, welches den Aktionär vorrangig durch das Kapitalmarktrecht anstatt durch Gesellschaftsrecht schützt, entwickelt sich das Aktien- und Börsenrecht nach neuerer Ansicht zum Kapitalmarktrecht fort. Danach ist das Gesellschaftsrecht letztlich lediglich eine Ergänzung des Kapitalmarktrechts54. Eine weitere, vermittelnde Auffassung betont die Rolle der Aktiengesellschaft als Kapitalsammelstelle und die Stellung des Aktionärs als Kapitalanleger. Dem Gesellschaftsrecht wird entgegen der rein verbandsrechtlichen Sicht auch Funktionsschutz für den Kapitalmarkt zuerkannt. Einige gesellschaftsrechtliche Vorschriften lassen sich danach zumindest auch anlegerschützend deuten55. Auf Grundlage dieser Ansicht würde dem Gesellschaftsrecht in verbandsrechtlicher Hinsicht dort ein eigener Anwendungsbereich verbleiben, wo es um den Aktionär als Mitgesellschafter geht. Der im Aktienrecht bereits angelegte kapitalmarktliche Funktionsschutz würde durch das Kapitalmarktrecht eine Ergänzung erfahren56. I. Gegenstand und Regelungszweck des Aktienrechts Das Aktiengesetz umfasst inhaltlich Regelungen über die Organisationsform der Aktiengesellschaft, deren Gründung und Beendigung, ihre innere Struktur sowie die privatrechtlichen Beziehungen der Gesellschaft zu au52

Claussen, AG 1991, 10, 14. So noch in der Vorauflage K. Schmidt, GesellschaftsR, S. 10. Vgl. aber ders., a. a. O., 4. Aufl., S. 13: „Nicht Gegenstand des Gesellschaftsrechts ist das sogenannte Kapitalmarktrecht“. 54 Vgl. nur die Nachw. bei Möllers, ZGR 1997, 334 (in Fn. 3 u. 5) sowie bei Grundmann, RabelsZ, 54 (1990), 283, 285 (in Fn. 1). 55 Möllers, ZGR 1997, 334, 336; Grundmann, RabelsZ, 54 (1990), 283, 286; Hopt, ZHR 141 (1977), S. 389, 400 ff.; ausdrücklich Hommelhoff, ZGR 2000, 748, 758 ff.; Kübler, GesellschaftsR, S. 369; Wiedemann, BB 1975, 1591, 1595 ff.; ders., GesellschaftsR, § 9 (S. 472 ff.). 56 Möllers, ZGR 1997, 334, 336; Hommelhoff, ZHR 153 (1989), 181, 191 ff.; Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, vor § 21 Rn. 13. 53

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1. Teil: Rahmenbedingungen des Erwerbs eigener Aktien

ßenstehenden Dritten57. Weitere gesellschaftsrechtliche Regelungen die Aktiengesellschaft betreffend finden sich u. a. im Handelsgesetzbuch, im Bilanzrichtliniengesetz, im Mitbestimmungsgesetz und im Umwandlungsgesetz58. Die traditionelle verbandsrechtliche Betrachtungsweise geht davon aus, das Aktienrecht habe sich nur mit der Binnenstruktur der Aktiengesellschaft, nicht hingegen mit ihren kapitalmarktrechtlichen Außenbeziehungen zu befassen59. Es enthält Struktur-, Organisations- und Verhaltensnormen im Verband und lässt sich daher auch als das Recht der Verbandsverfassung beschreiben60. Die bestimmenden Wertungsprinzipien sind der Individualschutz, der Minderheitenschutz und die Berücksichtigung der Gläubigerund Arbeitnehmerinteressen61. Die Finanzierungsfunktion der Gesellschafter, der Anlegerschutz sowie die außerhalb der Gesellschaft liegenden Probleme der Kapitalbeschaffung und -nutzung bleiben gesellschaftsrechtlich weitgehend unberücksichtigt62. II. Gegenstand und Regelungszweck des Kapitalmarktrechts Regelungsobjekt des Kapitalmarktrechts sind die börslichen und außerbörslichen Kapitalmärkte, an denen Wertpapiere und ihnen gleichstehende unverbriefte Mitgliedschafts- und Forderungsrechte mit entsprechender Laufzeit gehandelt werden63. Das Kapitalmarktrecht umfasst die Gesamtheit aller Normen und Grundsätze, die im Hinblick auf den Vertrieb und Umlauf der Anlagetitel an den Kapitalmärkten den Funktionsschutz des Kapitalmarktes und den Individualschutz der Kapitalanleger sicherstellen64. Obwohl am Kapitalmarkt rechtsformabhängige Wertpapiere gehandelt werden, sind die für das Funktionieren des Marktes erforderlichen kapitalmarktrechtlichen Regeln rechtsformunabhängig und lediglich an den Besonderheiten des Primär- und Sekundärmarktes innerhalb der jeweils vorgegebenen Marktsegmente zu unterscheiden65. 57

Einsenhardt, Rn. 2; Assmann, in: Großkomm. AktG, Einl. Rn. 244 u. 353. Einsenhardt, Rn. 3. 59 Schwark, in: FS Stimpel, 1985, 1087, 1090; Umfassende Darstellung bei Assmann, in: Großkomm. AktG, Einl. Rn. 343 ff. 60 Schwark, in: FS Stimpel, 1985, 1087, 1090; Hopt, ZHR 141 (1977), S. 389, 390. 61 Wiedemann, GesellschaftsR, S. 357 ff. 62 Schwark, in: FS Stimpel, 1985, 1087, 1090; ders., ZGR 1976, 271, 275; Mülbert, S. 69. 63 Kümpel, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 1.5. Vgl. auch Assmann, in: Großkomm. AktG, Einl. Rn. 354 f., 361. 64 Hopt, ZHR 141 (1977), 389, 431; Kümpel, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 1.7 u. 8.4; Assmann, in: Großkomm. AktG, Einl. Rn. 356. 58

§ 2 Spannungsverhältnis von Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht

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Dem Kapitalmarktrecht kommt ein eigener Platz neben dem Aktien- und Börsenrecht zu. Die kapitalmarktrechtlichen Normen sind im Aktiengesetz, Börsengesetz, Wertpapierhandelsgesetz und in weiteren Spezialgesetzen zu finden. Sie werden ergänzt durch privatautonome Vereinbarungen und das entsprechende Richterrecht66. Auf gesellschaftsinterne Abläufe hat das Kapitalmarktrecht keinen bzw. allenfalls mittelbaren Einfluss67. Adressaten der kapitalmarktrechtlichen Normen sind die in den Märkten agierenden Kreditinstitute und Makler, aber auch die Emittenten und sogar Dritte, wie z. B. bei den Bestimmungen, die den Insiderhandel betreffen68. 1. Funktionsschutz des Kapitalmarktes

Auf Grund seiner besonderen Bedeutung für eine marktwirtschaftlich orientierte Volkswirtschaft kommt einem effizienten, reibungslosen und manipulationsfreien Funktionieren des Kapitalmarktes eine besondere Bedeutung zu und ist daher vorrangiges Schutzgut des Kapitalmarktrechts69. Denn das Funktionieren eines Kapitalmarktes hängt im Wesentlichen vom Vertrauen der Anleger in die Seriosität und Integrität des Marktes ab70. Nur wenn die Anleger einen seriösen und fairen Kapitalmarkt vorfinden, werden sie das für die Gesamtwirtschaft erforderliche Investitionsvolumen auch tatsächlich am Markt zur Verfügung stellen71. Das Kapitalmarktrecht hat die Voraussetzungen zu schaffen, die erforderlich sind, um eine effiziente und manipulationsfreie Verteilung privater Ersparnisse in unterschiedliche Verwendungsmöglichkeiten zu erreichen. Es muss zudem gewährleisten, dass die knappen Ressourcen der verfügbaren Ersparnisse dorthin fließen, wo der jeweils dringendste Bedarf an Investitionsmitteln die höchste Rendite bei ausreichender Sicherheit der Anlage verspricht (Allokationsfunktion des Kapitalmarktes)72. Damit ist sichergestellt, dass das Kapital der Anleger grundsätzlich den Unternehmen zufließt, die unter marktrationalen Gesichts65

Assmann, in: Großkomm. AktG, Einl. Rn. 356. Kümpel, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 8.219 ff.; Claussen, AG 1991, 10, 14; vgl. auch Lutter, in: FS Zöllner, S. 363, 364. 67 Schwark, in: FS Stimpel, 1985, 1087, 1091. 68 Kümpel, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 8.6. 69 Caspari, ZGR 1994, 530, 532 f.; Kümpel, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 8.178 ff. 70 Begr. RegE zum 2. FFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 1, 33; Möllers, AG 1999, 433, 434; Schwark, in: FS Stimpel, 1985, S. 1087, 1093; Assmann, in: GK AktG, Einl. Rn. 357. 71 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 8.175. 72 Assmann, in: Assmann/Schütze, § 1 Rn. 24. Assmann, in: Großkomm. AktG, Einl. Rn. 356, 361, 364; Kübler, GesellschaftsR, S. 372; ders., AG 1977, 85, 89. 66

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1. Teil: Rahmenbedingungen des Erwerbs eigener Aktien

punkten für die Anlage am attraktivsten sind. Nur so kann das Vertrauen der Anleger in die Integrität und Fairness des Kapitalmarktes gewonnen und gestärkt werden, ohne das Investitionen ausbleiben würden und der Kapitalmarkt seine Finanzierungsfunktion nicht mehr gewährleisten könnte73. Neben der Allokationsfunktion sind auch die institutionelle und operationelle Funktionsfähigkeit als Aspekte des Funktionsschutzes zu berücksichtigen74. Die operationelle Funktionsfähigkeit ist abhängig von den Transaktionskosten, die infolge der Intransparenz des Marktes entstehen und sich negativ auf die Anlegerrendite und die Wettbewerbsfähigkeit des Gutes „Eigenkapital“ auswirken75. Mit sinkenden Transaktionskosten steigt die Akzeptanz des Marktes76. Die zur Erlangung der für die Anlage erforderlichen Informationen aufzuwendenden Kosten können durch eine Verbesserung der Markttransparenz und der Publizitätsvorschriften verringert werden77. Die Transparenz ist daher Mittel, nicht Selbstzweck78. Der Funktionsschutz als institutioneller Anlegerschutz sichert das Vertrauen der Anleger in den Kapitalmarkt und ermöglicht zudem die allokativ effiziente Verteilung des Kapitals. Die institutionelle Funktionsfähigkeit wird durch die Bereitstellung der Grundvoraussetzungen für einen wirksamen Marktmechanismus sichergestellt. Dazu zählen der ungehinderte Marktzugang von Anlegern und Emittenten, typisierte Anlageformen, Aufnahmefähigkeit und Stabilität des Marktes. Effizienz lässt sich nur herstellen, wenn das Kapitalmarktrecht die Voraussetzungen für unverzerrte Wettbewerbsbedingungen am Kapitalmarkt schafft. Nur auf diese Weise wird das Vertrauen der Investoren in die Stabilität und Integrität des Marktes und seiner Institutionen gefestigt und die Berechenbarkeit der Risikofaktoren der am Markt angebotenen Anlagen gewährleistet79.

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Schwark, in: FS Stimpel, 1985, 1087, 1091; Escher-Weingart, S. 178; Caspari, ZGR 1994, 530, 532 f.; Möllers, AG 1999, 433, 434. 74 Kümpel, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 8.185 ff.; Assmann, in: Assmann/ Schütze, § 1 Rn. 24; Kübler, GesellschaftsR, S. 372; ders., AG 1977, 85, 89. 75 Assmann, in: Großkomm. AktG, Einl. Rn. 359. In einem transparenten Markt sinken die Transaktionskosten, was die Kapitalbeschaffung für die Gesellschaft verbilligt. Vgl. Möllers, ZGR 1997, 334, 337. 76 Kümpel, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 8.197. 77 Assmann, in: GroßKomm. AktG, Einl. Rn. 364 ff.; ders., in: Assmann/Schütze, § 1 Rn. 54 f.; Möllers, AG 1999, 433, 434. 78 Hüffer, AktG, § 22 Anh § 25 WpHG Rn. 1. 79 Assmann, in: Großkomm. AktG, Einl. Rn. 360.

§ 2 Spannungsverhältnis von Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht

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2. Anlegerschutz

Weiteres Schutzgut der kapitalmarktrechtlichen Normen ist der Anlegerschutz. Allerdings wird der Schutz des breiten Anlegerpublikums im Sinne der Gesamtheit aller potentiellen Anleger, die unmittelbar oder mittelbar Zugang zum Kapitalmarkt haben, davon nicht erfasst. Denn dies wird bereits durch den Funktionsschutz berücksichtigt, der gerade auch dem Zusammenführen und effizienten Ausgleich von Kapitalangebot und -nachfrage dient80. Unter Anlegerschutz ist demnach der Schutz der Individualinteressen der Anleger zu verstehen81. Dieser soll die Entscheidung des einzelnen Anlegers zur Investition in Aktien fördern und damit gewährleisten, dass die Aktiengesellschaft ein wirksames Instrument zur Aufbringung von Risikokapital darstellt82. Der funktionierende individuelle Anlegerschutz wirkt auf den institutionellen Anlegerschutz zurück. Denn das reibungslose Funktionieren dieses Marktes hängt wesentlich vom Vertrauen der Anleger ab. Ohne das Vertrauen der Anleger in die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes bleiben Investitionen aus, und der Kapitalmarkt kann seine Finanzierungsfunktion nicht gewährleisten83.

B. Die Rechtsstellung des Aktionärs zwischen Verbandsmitgliedschaft und Anlegerstellung Die Rechtsstellung des Aktionärs beschränkt sich nicht mehr nur auf seine Stellung als Mitglied einer Gesellschaft, das seine mitgliedschaftlichen Rechte im Rahmen des Verbandes ausübt84. Der heutige Aktionär ist 80

Kümpel, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 8.204. Das schließt allerdings nicht aus, dass eine Norm, die dem Schutz der Allgemeinheit dient, nicht auch zugleich den Schutz von Individualinteressen bezweckt. 81 Tippach, WM 1993, 1269, 1272; Assmann, ZGR 1994, 494, 499; Kümpel, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 8.208; Escher-Weingart, S. 184. Der Individualschutz verfolgt ein sozial-politisches Ziel, weil dadurch die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür verbessert werden, dass der einzelne Anleger durch Anlage seiner Ersparnisse Vorsorge für künftige Bedürfnisse bei Krankheit und Alter treffen kann; vgl. Kübler, GesellschaftsR, S. 371; Kümpel, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 8.181. 82 Mülbert, S. 66. 83 Die Erwägungsgründe 2, 32, 41 und 42 der Richtlinie 93/22/EWG v. 10.5.1993 (ABl. Nr. L 141, 27 v. 11.6.1993, „Wertpapierdienstleistungsrichtlinie“) betonen die doppelte Zielrichtung. Dazu Schwark, Anlegerschutz, S. 1 ff.; ders., in: FS Stimpel, 1985, 1087, 1091 f.; Escher-Weingart, S. 184; Möllers, AG 1999, 433, 434; ders., ZGR 1997, 334, 337; Kümpel, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 8.205; Kübler, GesellschaftsR, S. 371.

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1. Teil: Rahmenbedingungen des Erwerbs eigener Aktien

in erster Linie Anleger am Kapitalmarkt und tritt damit vor allem in der Außenbeziehung bei Kauf und Verkauf von Anteilen in Erscheinung85. Die begriffliche Trennung beruht darauf, dass mit der gesteigerten Bedeutung der Kapitalmärkte eine wachsende Gruppe von Anlegern lediglich an der Rendite ihrer Vermögensanlage interessiert ist, sich aber nicht durch die Wahrnehmung ihrer mitgliedschaftlichen Rechte innerhalb der Gesellschaft engagieren will. Anstatt die ihnen gewährten Mitverwaltungsrechte auszuüben, um auf diese Weise die Unternehmenspolitik zu überwachen, minimieren diese Anleger ihr Risiko durch eine Diversifikation ihres Portefeuilles86. Sie verkaufen die entsprechenden Anteile, wenn ihnen der von der Unternehmensleitung angestrebte Kurs missfällt. Auf die ihnen durch das Gesellschaftsrecht bzw. Aktienrecht zur Verfügung gestellten Instrumentarien greifen sie nicht zurück. Die Gesellschaft an sich interessiert in diesem Zusammenhang nur noch im Hinblick auf die Beurteilung des Risikos und des möglichen Ertrags der Kapitalanlage87. Um eine rationale Anlageentscheidung treffen zu können, bedarf der Aktionär, der in einem Aktienerwerb in erster Linie eine Kapitalanlage sieht, Zugang zu ausreichenden und wahrheitsgemäßen Informationen über die von ihm gehaltenen Anteile und außerdem die Gewähr eines funktionierenden und fairen Handels. Die Ausgestaltung seiner gesellschaftlichen Mitverwaltungsrechte ist für ihn dagegen lediglich von untergeordnetem Interesse, was allerdings nicht bedeutet, dass eine Aufgabe seiner verbandsrechtlichen Position in Frage käme88. Daher bedarf es des Individualund Minderheitenschutzes, um die ihm zustehenden mitgliedschaftlichen Rechte, und dabei besonders die Mitverwaltungsrechte, im Innenverhältnis sicherzustellen89. In Bezug auf die Diskrepanz zwischen der verbandsrechtlichen Stellung des Aktionärs und derjenigen als Kapitalanleger kann man daher auch von einer „hybriden Aktionärsstellung“90 sprechen. Durch die Verknüpfung von 84 So die traditionell verbandsrechtliche Sichtweise; vgl. Lutter, AcP 180 (1980), 84, 97 ff. 85 Wymeersch, ZGR 2001, 294, 289; Escher-Weingart, S. 199; Mülbert, S. 67 f., 101. Die von Ekkenga, S. 15, vorgenommene Unterscheidung in den an der Dividende und den an der Wertsteigerung interessierten Aktionär hilft in dogmatischer Hinsicht nicht weiter, da der „Anleger-Aktionär“ sowohl eine Dividende als auch eine Wertsteigerung erreichen will. 86 Escher-Weingart, S. 199. 87 Martens, AG-Sonderheft 1997, 83; Mertens, AG 1990, 49, 52; Immenga, S. 28; Blair, S. 35. 88 Möllers, ZGR 1997, 334, 337; Escher-Weingart, S. 200. 89 Dazu ausführlich Wiedemann, GesellschaftsR, S. 357 ff. 90 Mülbert, S. 101.

§ 2 Spannungsverhältnis von Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht

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mitgliedschaftlicher Rechtsstellung und Kapitalmarktausrichtung bei der normtypischen Aktiengesellschaft treten die Vermögensrechte der Aktionäre gegenüber den Kontroll- und Mitwirkungsrechten in den Vordergrund91.

C. Kapitalmarktorientierung des Aktienrechts Das Aktienrecht – wie auch das übrige Gesellschaftsrecht – ist in der Vergangenheit von den beiden Regelungstopoi des Minderheiten- und des Gläubigerschutzes beherrscht worden. So bedeutsam diese Interessenbereiche auch sein mögen, sie erschöpfen das in der Aktiengesellschaft gebündelte Interessenspektrum bei weitem nicht. Die traditionelle Betrachtungsweise wird der wirtschaftlichen Komplexität der Aktienrechtswirklichkeit nicht mehr gerecht92. Angesichts der Dominanz kapitalmarktpolitischer bzw. kapitalmarktpraktischer Überlegungen können gesellschafts- und insbesondere aktienrechtliche Fragestellungen heute nicht mehr isoliert vom rein gesellschaftsrechtlichen Standpunkt aus betrachtet werden. Es bedarf zunehmend auch der Berücksichtigung der komplexen kapitalmarktrelevanten Zusammenhänge und mithin interdisziplinären Anstrengungen und Überlegungen93. Bei aktienrechtlichen Reformvorhaben gewinnt daher eine kapitalmarktorientierte Sichtweise des Gesellschafts- und insbesondere des Aktienrechts zunehmend an Gewicht94. Die Aktiengesellschaften, deren wachsender Kapitalbedarf durch die Fremdkapitalaufnahme bei weitem nicht zu decken ist, sehen sich heute auf dem Kapitalmarkt einem internationalen Wettbewerb ausgesetzt. Es treffen dort der auf die Maximierung der Rendite seiner Anlage bedachte Kapitalanleger und die um das Anlegerkapital konkurrierenden Aktiengesellschaften aufeinander. Im Mittelpunkt der zukünftigen Entwicklung steht der renditebewusste Aktionär, dessen primäres Interesse auf umfassende Information über seine Gesellschaft und auf eine ertragreiche Kapitalanlage gerichtet ist. Sein Betätigungsfeld ist der Kapitalmarkt ohne nationale Grenzen, auf dem er je nach den konkreten Erfolgsaussichten beliebig zwischen den verfügbaren Kapitalanlagen auswählt. Dabei spielt natürlich auch die wirtschaftliche und strukturelle Bewertung der Gesellschaft eine Rolle, aber 91

Mülbert, S. 65. Martens, AG 1996, 337, 338. 93 Wastl, Kreditwesen, 1997, 1217, 1222; ders., NZG 2000, 505, 506. Zur zunehmenden Verknüpfung von Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht vgl. Mülbert, passim.; Escher-Weingart, S. 22 ff.; Lutter, in: FS Zöllner, S. 363 ff.; Hommelhoff, in: FS Lutter, 2000, S. 95, 99 ff.; Wymeersch, ZGR 2001, 294, 299. 94 So auch Wastl, Kreditwesen, 1997, 1217. 92

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1. Teil: Rahmenbedingungen des Erwerbs eigener Aktien

im Wesentlichen nur unter den Aspekten der Risikobeurteilung und der Ertragsprognose. Die Art und Weise der Geschäftsführung oder die Qualität der Produktpalette interessiert dagegen weniger, bietet sich doch jederzeit die Möglichkeit einer „Flucht“ aus der Gesellschaft. Werden die Aktionärsinteressen nicht ausreichend befriedigt, trennt sich dieser von seinem Engagement und wendet sich anderen Gesellschaften oder Anlageformen zu. Die zunehmende Globalisierung der Finanz- und Kapitalmärkte und eine ständig fortschreitende Europäisierung des Wirtschaftsrechts beschleunigen diese Entwicklung noch zusätzlich95. Um das Aktienrecht hinreichend wettbewerbsfähig zu erhalten, muss es sich diesen neuen Anforderungen stellen. Stärker als bisher müssen daher die Verbindungslinien zwischen (innerer) Unternehmensorganisation und (externem) Unternehmensverhalten einerseits und kapitalmarktlichen Elementen andererseits Beachtung finden96. Die an der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes ausgerichteten Überlegungen führen zu der Einsicht, dass dieses Ziel nur zu verwirklichen ist, wenn Verbands- und Kapitalmarktrecht aufeinander abgestimmt und im Zusammenhang gesehen werden97. Dabei ist die Bedeutung funktionierender Kapitalmärkte für eine positive volkswirtschaftliche Entwicklung der entscheidende Grund dafür, das Aktienrecht verstärkt unter dem Blickwinkel der Kapitalmarktorientierung zu betrachten98. Allerdings bedeutet eine Kapitalmarktorientierung des Aktienrechts nicht, dass alle systematischen Unterschiede zwischen beiden Rechtsgebieten vollständig eingeebnet werden sollen99. Vielmehr ist es auf Grund der zunehmenden Ausrichtung der Unternehmen auf die globalen Kapitalmärkte und der Vorgaben durch das EU-Wirtschaftsrecht erforderlich, eine möglichst sinnvolle Verzahnung von Aktienrecht und Kapitalmarktrecht herbeizuführen100. Dem Aktienrecht kommt dabei die Aufgabe zu, das Instrumentarium zur Verfügung stellen, das den Gesellschaften den Zugang und die Akzeptanz auf dem Kapitalmarkt erleichtert101. Denn auf Grund der Satzungsstrenge des § 23 Abs. 5 AktG ist es den Gesellschaften nicht möglich, die erforderliche gesellschaftsrechtliche Flexibilität in Eigenregie herbeizuführen. Dabei 95

Möllers, ZGR 1997, 334, 336 f. Assmann, in: Großkomm. AktG, Einl. Rn. 346. 97 Zu der Frage, ob das Kapitalmarktrecht das Gesellschaftsrecht substituiert oder beide Rechtsgebiete nebeneinander ihre Berechtigung haben, vgl. Assmann, in: Großkomm. AktG, Einl. Rn. 348. 98 Wastl, Kreditwesen 1997, 1217. Zur kapitalmarktorientierten Auslegung des Aktienrechts vgl. Larenz/Canaris, S. 145 ff., 170 ff. 99 Schiessl, AG 1999, 442, 443. 100 Möllers, ZGR 1997, 334, 336 f. 101 Martens, AG 1996, 337, 338. 96

§ 2 Spannungsverhältnis von Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht

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gilt es jedoch, einen angemessenen Ausgleich zwischen den bisher geschützten Interessen und der Flexibilisierung des Kapitalgesellschaftsrechts zu finden102. Der deutsche und insbesondere auch der europäische Gesetzgeber geben zu erkennen, dass sie die Ausrichtung des Gesellschaftsrechts anhand kapitalmarktpolitischer und kapitalmarktpraktischer Erwägungen für unumgänglich halten. Es ist unübersehbar, dass der Gesetzgeber das Bestehen eines internationalen Anpassungsdrucks für deutsche Aktiengesellschaften und den Finanzplatz Deutschland erkannt hat und zunehmend bestrebt ist, die Ausrichtung der Publikumsgesellschaften auf die internationalen Finanzmärkte gesetzlich aktiv zu begleiten.

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Escher-Weingart, S. 198.

Zweiter Teil

Grundlagen des Erwerbs eigener Aktien § 3 Historische und aktuelle Entwicklung des Erwerbs eigener Aktien A. Die historische Entwicklung des Erwerbs eigener Aktien Die Darstellung der historischen Entwicklung ist erforderlich, weil die rechtspolitischen Wertungen des Gesetzgebers und folglich auch die derzeitige Regelung des Erwerbs eigener Aktien größtenteils auf historischen Erfahrungen beruhen. Der historische Abriss wird dabei vor allem die Gründe offenbaren, die zu der bestehenden gesetzgeberischen Regelung beigetragen haben und entsprechende Rückschlüsse zulassen für die Frage, wie eine zukünftige Behandlung des Aktienrückerwerbs erfolgen sollte. I. Rechtsentwicklung bis 1931 Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts kam der Rechtsform der Aktiengesellschaft im deutschsprachigen Raum nur eine untergeordnete Rolle als Gesellschaftsform zu1. Erst ab der Mitte des 19. Jahrhunderts wurden vermehrt Aktiengesellschaften errichtet2. Mit dem verstärkten Aufkommen der Rechtsform der Aktiengesellschaft setzten in der Praxis schon bald Rückkäufe eigener Aktien ein, vornehmlich zum Zweck der Amortisation der Aktien. Auf Grund der geringen Bedeutung der Aktiengesellschaft vor 1800 enthielt das Allgemeine Preußische Landrecht diesbezüglich keine besonderen Regelungen3. Auch das Allgemeine Deutsche Handelsgesetzbuch (ADHGB) enthielt in seiner Urfassung keine Vorschrift, die den Erwerb eigener Aktien regelte. 1

Zur Geschichte der Aktiengesellschaft siehe Lehmann, S. 75 ff. 1825 gab es in Preußen 25 Aktiengesellschaften, vor 1871 waren es 203 Aktiengesellschaften. Von 1871 bis 1873 wurden 843 neue Aktiengesellschaften errichtet. Vgl. Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages, Drucks. Nr. 21/1884, 237; s. a. Peltzer, WM 1998, 324; Bödecker, S. 10 mit Nachw. 3 Peltzer, WM 1998, 324. Zur Behandlung des Aktienrückerwerbs in der Rechtsliteratur vgl. Pöhls, S. 250 f.; Renaud, S. 680. 2

§ 3 Historische und aktuelle Entwicklung

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Der Erwerb eigener Aktien wurde erstmalig mit dem Bundesgesetz betreffend die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktiengesellschaften vom 11. Juni 1870 gesetzlich normiert. Art. 215 Abs. 3 ADHGB bestimmte ein ausnahmsloses Verbot: „Die Aktiengesellschaft darf eigene Aktien nicht erwerben. [. . .]“. Als Begründung des Gesetzgebers wurde festgestellt, dass der Rückkauf eigener Aktien mit dem Wesen der Aktiengesellschaft nicht im Einklang stehe, da die Aktiengesellschaft nicht zugleich als eine von den Aktionären zu unterscheidende Persönlichkeit und dann wiederum selbst als Aktionär erscheinen könne. Außerdem wurde auf die Problematik der Ausübung der Rechte aus den Aktien durch den Vorstand hingewiesen4. Rechtsfolge eines Verstoßes gegen das Erwerbsverbot war die Unwirksamkeit der auf den Erwerb eigener Aktien gerichteten Rechtsgeschäfte5. Unter dem Eindruck der Kritik, die in der Folgezeit gegen das Verbot des Rückkaufs eigener Aktien vorgebracht wurde6, hat der Gesetzgeber Art. 215 Abs. 3 ADHGB in der Aktienrechtsnovelle von 1884 in die Sollvorschrift des § 215d ADHGB geändert. Nach der Neufassung sollte die Aktiengesellschaft eigene Aktien „im geschäftlichen Betriebe“ nicht erwerben oder zum Pfand nehmen, es sei denn, dass es sich dabei um eine Einkaufskommission handelte. Erlaubt war der Erwerb zur Amortisation und Kaduzierung sowie außerhalb des – eng ausgelegten – „regelmäßigen Geschäftsbetriebes“. Ein Verstoß führte nicht mehr zur Unwirksamkeit des zu Grunde liegenden Rechtsgeschäfts, sondern nur noch zur Schadenersatzpflicht von Vorstand und Aufsichtsrat. Zur Begründung wurde auf die liberale Regelung in England verwiesen, nach der der Erwerb eigener Aktien nicht grundsätzlich verboten war. Außerdem wurde das bisherige Verbot als zu weitgehend eingestuft7. Die Fassung des § 215d ADHGB wurde unter einigen Änderungen mit Verabschiedung des HGB 1897 in dessen §§ 226, 227 übernommen. Nach dem neuen § 226 HGB 1897 durften nur noch voll eingezahlte Aktien zurückerworben werden. Insbesondere die Auslegung des Begriffs des „regelmäßigen Geschäftsbetriebs“ war äußerst umstritten. Nach überwiegender Ansicht war der Gesellschaft ein Aktienrückerwerb aber praktisch nicht verwehrt. Sogar der Rückerwerb zur ständigen Kurspflege sollte danach zulässig sein8. 4 Eigentlicher Anlass für das Verbot waren wohl betrügerische Spekulationen mit zurückgekauften eigenen Aktien vor 1869 in Wien; dazu Peltzer, WM 1998, 324 mit Nachw. 5 ROHG 17, 381, 384 f.; 22, 191 ff. 6 Vgl. nur Peltzer, WM 1998, 324 mit Nachw. 7 Wastl/Wagner/Lau, S. 73 f.

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2. Teil: Grundlagen des Erwerbs eigener Aktien

Erhebliche praktische Auswirkungen zeigte die Handhabung des Rückerwerbs erst während der Weltwirtschaftskrise von 1929 bis 1931. Zunächst hatte eine Vielzahl von Aktiengesellschaften geglaubt, den niedrigen Börsenkurs nutzen zu können, um die nach ihrer Meinung zu gering bewerteten eigenen Aktien zurückzuerwerben9. Ziel des Rückerwerbs war es, das Kapital herabzusetzen und damit die Voraussetzungen für höhere Dividendenzahlungen zu schaffen10. Als die Aktien auf Grund des schwieriger werdenden wirtschaftlichen Umfelds weiter an Wert verloren, versuchten die Aktiengesellschaften, den Kursverfall ihrer Aktien mit massiven Stützungskäufen zu verhindern11. Dabei kam es zu einer drastischen Verkürzung des Grundkapitals, was zum Teil bis zu einer völligen Vermögenslosigkeit der Gesellschaften führte12. In der Krise boten die eigenen Aktien, deren Wertansätze in der Bilanz wegen der fallenden Börsenkurse ständig nach unten korrigiert werden mussten, den Gläubigern und Aktionären der Gesellschaft keinerlei Befriedigungsmöglichkeiten13. Die erheblichen Liquiditätsprobleme der Gesellschaften führten daraufhin zum Zusammenbruch einiger Unternehmen14. II. Generelles Verbot des Rückerwerbs durch Notverordnung von 1931 Am 19. September 1931 kam es zum Erlass einer Notverordnung15 durch den Reichspräsidenten als Reaktion auf die anhaltende Liquiditätskrise der Unternehmen16. Im ersten Abschnitt, deren Gegenstand der Erwerb eigener Aktien war, wurde der Wortlaut des § 226 Abs. 1 HGB 1897 stark überar8

Aha, AG 1992, 218, 219; Wastl/Wagner/Lau, S. 75; Benckendorff, S. 37. Vgl. die Darstellung der verschiedenen Ansichten bei Peltzer, WM 1998, 325 mit Nachw. 9 Ziebe, S. 65; Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 71 Rn. 5; Rosen/Helm, AG 1996, 434. 10 Benckendorff, S. 40. 11 Ziebe, S. 67; Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 71 Rn. 5; Rosen/Helm, AG 1996, 434. 12 Vgl. die Übersicht bei Ziebe, S. 65. 13 Ziebe, S. 67; Escher-Weingart/Kübler, ZHR 162 (1998), S. 537, 539. 14 Peltzer, WM 1998, 325 mit Nachw.; Günther/White/Muche, RIW 1998, 337, 339; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 3; Piepenburg, BB 1996, 2582; Escher-Weingart/Kübler, ZHR 162 (1998), S. 537, 539 mit Nachw. 15 Der Erlass von Notverordnungen nach Art. 48 Abs. 2 der Weimarer Verfassung war in der Weimarer Republik ein gängiges Instrument der Rechtsetzung durch den Reichspräsidenten ohne Mitwirkung des Parlaments; vgl. dazu Haugg, S. 128 ff. 16 Verordnung des Reichspräsidenten über Aktienrecht, Bankenaufsicht und über Steueramnestie vom 19. November 1931, RGBl. I, 493. Da die Neufassung des § 226 HGB 1897 durch Notverordnung erlassen wurde, fehlt es sowohl an einer

§ 3 Historische und aktuelle Entwicklung

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beitet: Der Erwerb eigener Aktien war danach grundsätzlich unzulässig. Ausnahmsweise konnte die Gesellschaft eigene Aktien erwerben, wenn der Erwerb zur Abwehr eines schweren Schadens notwendig war, wenn voll eingezahlte Aktien zum Zweck der Einkaufskommission erworben wurden oder wenn der Erwerb voll eingezahlter Aktien zur Einziehung erfolgen sollte. Im ersten und letzten Fall durfte der Gesamtnennbetrag der Aktien 10 v. H. des Grundkapitals nicht übersteigen, wobei bereits gehaltene Aktien zu berücksichtigen waren17. Neu war auch die Gleichstellung des Erwerbs eigener Aktien mit dem Erwerb durch einen Dritten für Rechnung der Gesellschaft bzw. unter Übernahme einer Kursgarantie durch die Gesellschaft (§ 226 Abs. 3 HGB). Außerdem wurde das Erwerbsverbot auf abhängige Gesellschaften ausgedehnt (§ 226 Abs. 4 HGB). Nur bei nicht voll eingezahlten Aktien war schon der Erwerb unwirksam. Der Erwerb voll eingezahlter Aktien unter Verstoß gegen das Erwerbsverbot machte den Erwerb dagegen nicht nichtig, sondern führte zu einer Schadenersatzpflicht von Aufsichtsrat und Vorstand (§ 226 Abs. 2 HGB). In § 226 Abs. 5 HGB wurde festgeschrieben, dass der Gesellschaft keine Stimm- und Dividendenrechte aus eigenen Aktien zustehen sollten18. Zudem wurden erstmals Bilanzierungsvorschriften für den Erwerb eigener Aktien aufgestellt19. Der durch die Notverordnung neugefasste § 226 HGB bildete die systematische Grundlage für die weitere Rechtsentwicklung. Der § 226 HGB wurde ohne erhebliche sachliche Änderung als § 65 in das Aktiengesetz von 193720 und als § 71 in die Aktienrechtsnovelle von 196521 übernommen. amtlichen Begründung als auch an veröffentlichten parlamentarischen Beratungen; vgl. Pinner, S. 13. 17 Aha, AG 1992, 218, 219; Peltzer, WM 1998, 325 f. mit Nachw. Zum Hintergrund der Einführung einer Grenze von 10 v. H. vgl. Benckendorff, a. a. O., S. 41 f. 18 So die h. M. seit RGZ 103, 64. 19 Nach § 260 a Abs. 3 Nr. 2 HGB 1897 bestand die Pflicht, im Geschäftsbericht den Bestand an eigenen Aktien offenzulegen. Eigene Aktien der Gesellschaft waren in der Bilanz im Umlaufvermögen gemäß § 261 a Abs. 1 A IV Nr. 5 HGB 1897 als eigenständiger Posten anzuführen. 20 Gesetz über die Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien (Aktiengesetz) vom 30. Januar 1937, RGBl. I, 107. 21 Durch das Gesetz über die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln und über die Gewinn- und Verlustrechnung vom 23.12.1954 (BGBl. 1959 I, S. 789 ff.) wurde der Text der Vorschrift gestrafft und der Erwerb auch zum Zweck der Ausgabe an eigene Arbeitnehmer zugelassen. Mit der Aktienrechtsreform von 1965 durch Gesetz vom 6.9.1965 (BGBl. I 1965 S. 1089) wurde die Regelung des Aktienrückerwerbs, nunmehr als § 71 AktG, einer redaktionellen Neufassung durch die enumerative Aufzählung der Ausnahmen unterzogen. Als weitere Ausnahmetatbestände kamen der Erwerb zur Abfindung außenstehender oder ausgeschiedener Aktionäre sowie durch Gesamtrechtsnachfolge hinzu. Kreditinstituten wurde die Inpfandnahme

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2. Teil: Grundlagen des Erwerbs eigener Aktien

III. Lockerung des Verbots auf Grund der Umsetzung der EG-Kapitalrichtlinie von 1976 In der Kapitalrichtlinie der EG vom 13. Dezember 1976 wurde der Erwerb eigener Aktien ausführlich in den Art. 19 bis 24 geregelt22. Die Richtlinie wurde stark vom geltenden deutschen Aktienrecht mitgeprägt, so dass bei der erforderlichen Transformation in innerstaatliches Recht an der bisherigen Systematik des Aktienrückerwerbs weitgehend festgehalten werden konnte23. Der Rückerwerb blieb damit nach deutschem Recht grundsätzlich unzulässig, wenn nicht einer der neugefassten und ergänzten Ausnahmetatbestände vorlag. Der deutsche Gesetzgeber machte keinen Gebrauch von der nach der Richtlinie zulässigen Aufnahme einer Vorschrift, nach der der Rückerwerb ohne Vorliegen eines besonderen Grundes kraft Ermächtigung des Vorstands durch die Hauptversammlung zulässig ist. Das wurde unter anderem mit dem Hinweis auf die Systemwidrigkeit sowie den zweifelhaften Wert, den die Möglichkeit des Erwerbs eigener Aktien ganz allgemein habe, begründet24. Der Erwerb eigener Aktien durch die Gesellschaft ist seit der Reform in den §§ 71 bis 71e AktG geregelt. In den §§ 71a bis 71e AktG sind zum einen bereits in § 71 AktG a. F. enthalten gewesene Tatbestände gesondert und umfassender geregelt worden, zum anderen wurden neue Verbotstatbestände geschaffen, wie der des Umgehungsgeschäftes in § 71a AktG. Eine inhaltliche Neuerung brachte u. a. § 71 Abs. 2 S. 2 AktG, wonach der Erwerb nur dann zulässig ist, wenn die Gesellschaft in der Lage ist, gemäß § 150a AktG (dem heutigen § 272 Abs. 4 HGB) aus frei verfügbaren Mitteln eine Rücklage für die erworbenen eigenen Aktien zu bilden. Verbotswidrig erworbene Aktien sind wieder zu veräußern (§ 71c AktG). Außerdem wurden die Möglichkeiten zum Rückerwerb nicht voll eingezahlter Aktien weiter eingeschränkt (§ 71 Abs. 2 S. 3 AktG), eine Berichtspflicht des Vorstands über den Rückerwerb statuiert (§ 71 Abs. 3 S. 1 AktG) sowie Kreditgeschäfte, die der Umgehung des Erwerbsverbotes dienen sollen, einbezogen. eigener Aktien gestattet. Vgl. ausführlich Benckendorff, Erwerb eigener Aktien, 1998, S. 44. 22 Nachw. in Fn. 9 (Einleitung). 23 Begr. RegE zum 2. KoordG, BT-Drucks. 8/1678, S. 10; Die Umsetzung erfolgte durch Gesetz zur Durchführung der Zweiten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts vom 13. Dezember 1978, BGBl. I 1978, 1959. Dazu Müller, WPg 1978, 565 ff.; Zilias/Lanfermann, WPg 1980, 61 ff. und 89 ff.; Ziebe, AG 1982, 175 f. 24 Begr. RegE zum 2. KoordG, BT-Drucks. 8/1678, S. 14. Vgl. auch Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 6/3070, S. 3.

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In der Folgezeit wurden nur noch punktuelle Änderungen vorgenommen, die durch andere Gesetzgebungsvorhaben erforderlich wurden25. IV. Reform des Rückkaufs durch das KonTraG Erst mit dem Referentenentwurf eines Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) vom November 199626 rückte die Frage nach der Zulässigkeit und Ausgestaltung des Rückerwerbs eigener Aktien wieder verstärkt in die Diskussion. Im November 1997 legte die Bundesregierung ihren Gesetzentwurf zum KonTraG vor27. Ein Bestandteil der Reform war die Neuregelung des Erwerbs eigener Aktien, wobei gewisse Erleichterungen und Erweiterungen vorgesehen waren. Dem Regierungsentwurf, der im Vergleich zum ursprünglichen Referentenentwurf nur geringfügige Änderungen enthielt, stimmten der Bundestag am 5. März 1998 und der Bundesrat am 27. März 1998 zu28. Eine entscheidende Änderung stellt die Einführung einer Nr. 8 in § 71 Abs. 1 AktG dar. Durch Einführung dieser Vorschrift ist es der Aktiengesellschaft möglich, auf Grund eines entsprechenden Hauptversammlungsbeschlusses voll eingezahlte eigene Aktien bis zu einem Volumen von 10 v. H. des Nennkapitals außerhalb der durch § 71 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 AktG festgelegten Tatbestände zurückzuerwerben.

B. Der Einfluss der europäischen Gesetzgebung auf die Regelung des Erwerbs eigener Aktien I. Einfluss der EU-Rechtsetzung auf die Entwicklung des nationalen Gesellschafts- und Aktienrechts Die durch den EG-Vertrag29 garantierten Grundfreiheiten können nur dann in vollem Umfang verwirklicht werden, wenn Hemmnisse beseitigt werden, die aus rechtlichen Unterschieden in den Mitgliedstaaten resultieren (vgl. Art. 3 lit. c EG)30. Selbst wenn die innerstaatlichen Vorschriften dem EG-Vertrag nicht entgegenstehen, kann es aber auf Grund der unter25 Dazu Benckendorff, S. 45; vgl. auch BGBl. 1985 I, 2355 (Bilanzrichtliniengesetz); BGBl. 1994 I, 1749 (Zweites Finanzmarktförderungsgesetz); BGBl. 1994 I, 3210 (Umwandlungsbereinigungsgesetz). 26 Abgedr. in ZIP 1996, 2129 ff. 27 BT-Drucks. 13/9712 (abgedr. in ZIP 1997, 2059 ff.). 28 BR-Drucks. 203/98. 29 Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft v. 25. März 1957 (BGBl. II Nr. 23 1957, 766).

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schiedlichen Ausgestaltung in den Mitgliedstaaten zu einer Beeinträchtigung des gemeinsamen Marktes kommen. Aus diesem Grund ist es eine ausdrückliche Aufgabe der Gemeinschaft, Unterschiede in den mitgliedschaftlichen Rechtsvorschriften durch deren Angleichung zu beseitigen, soweit dies für das Funktionieren des gemeinsamen Marktes erforderlich ist (Art. 3 lit. h EG). Der EG-Vertrag enthält dagegen keine Rechtsgrundlage für eine umfassende Rechtsvereinheitlichung; eine Vereinheitlichung der nationalen Vorschriften wäre wohl auch weder technisch noch sachlich zu verwirklichen31. Das Handels- und Gesellschaftsrecht zählt zu den zentralen Gebieten der Bemühungen um eine Rechtsangleichung seitens der EU32. Nach Art. 44 Abs. 2 lit. g EG haben Rat und Kommission die Schutzbestimmungen zu koordinieren, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne von Art. 48 Abs. 2 EG im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese gleichwertig zu gestalten33. Daraus lässt sich die konkrete und effektive Notwendigkeit zur Angleichung gesellschaftsrechtlicher Bestimmungen in den Mitgliedstaaten ableiten. Dass das Aktienrecht im Mittelpunkt der bisherigen Harmonisierungsbestrebungen steht, hat seinen Grund insbesondere in der Bedeutung und Verbreitung, die die Rechtsform der Aktiengesellschaft in den Mitgliedschaften der Gemeinschaft einnimmt34. Die Rechtsangleichung auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts kann ausschließlich durch den Erlass von Richtlinien im Sinne von Art. 249 Abs. 3 EG erfolgen (Art. 44 Abs. 1 EG). Eine Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, ihr innerstaatliches Recht an die Gemeinschaftsbestimmungen anzupassen (Art. 249 Abs. 3 EG). Die durch eine Richtlinie vorgegebenen materiellen Inhalte sind für jeden Mitgliedstaat hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich. Dem nationalen Gesetzgeber wird jedoch die Wahl seiner Form und der Mittel der erforderlichen Umsetzung in innerstaatliches Recht freigestellt, so dass den Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Richtlinie 30 Vgl. Art. 23 ff., 30 ff. EG (Warenverkehr); Art. 39 ff., 43 ff. EG (Personenverkehr); Art. 49 ff. EG (Dienstleistungsfreiheit); Art. 56 ff. EG (Kapital- und Zahlungsverkehr). 31 Ziebe, S. 162 u. 163. 32 Assmann, in: Großkomm. AktG, Einl. Rn. 242; Meier-Schatz, WuR 1989, 84. Zur europarechtlichen Harmonisierung des Gesellschafts- und Kapitalmarktrechts vgl. Schwarz, Rn. 1 ff. 33 Siehe Beutler/Bieber, S. 391. 34 Ziebe, S. 164. Obwohl die Kapitalgesellschaft in Form der Aktiengesellschaft, gemessen an ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, die zentrale Rechtsform in den europäischen Volkswirtschaften ist, fehlt es der Europäischen Gemeinschaft an einem konsistenten Konzept im Hinblick auf die Integration durch Rechtsangleichung. Vgl. Assmann, in: Großkomm. AktG, Einl. Rn. 271.

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regelmäßig ein Gestaltungsspielraum bleibt35. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass vorrangiges Ziel der Richtlinie nicht die Rechtsvereinheitlichung, sondern die Rechtsangleichung ist36. Damit bleibt das Gesellschaftsrecht der einzelnen Mitgliedstaaten auch im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft grundsätzlich einzelstaatliches Recht. Obwohl kein europäisches Gesellschaftsrecht an seine Stelle tritt, so ist doch die Entwicklung hin zu einer zunehmenden Europäisierung der mitgliedstaatlichen Gesellschaftsrechte unverkennbar37. Hat die Gemeinschaft von ihrer Rechtssetzungsbefugnis zur Rechtsangleichung Gebrauch gemacht und einen bestimmten Bereich abschließend geregelt, so dürfen die Mitgliedstaaten hinsichtlich desselben Regelungsgegenstandes nicht mehr tätig werden. Die auf Grund der Richtlinie angepassten Rechtsvorschriften stehen nicht mehr zur uneingeschränkten Disposition des mitgliedstaatlichen Gesetzgebers; sie können nicht mehr entgegen den Vorgaben der Richtlinie abgeändert werden38. Von Rechtsangleichungsmaßnahmen auf europäischer Ebene werden auch die Rechtsanwendung in den einzelnen Mitgliedstaaten beeinflusst. Denn das eine Richtlinie umsetzende mitgliedstaatliche Recht ist auf Grund des in Art. 10 Abs. 1 EG angeordneten „effet utile“ im Rahmen des nach dem Wortlaut der Bestimmung Möglichen richtlinienkonform auszulegen39. Die von der EU ausgehenden Bemühungen zur Vereinheitlichung des Gesellschaftsrechts zwingen den deutschen Gesetzgeber zu umfangreichen Anpassungsmaßnahmen im Aktienrecht. Das ist insbesondere deshalb problematisch, weil die Richtlinien in der Regel zum einen nur einen ganz speziellen Regelungsbereich betreffen 35 Die Mitgliedstaaten müssen allerdings die Handlungsform bei der Umsetzung wählen, die für die Gewährleistung der praktischen Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts am besten geeignet ist („effet utile“, vgl. Art. 10 Abs. 1 EG). Soweit ein Mitgliedstaat die Richtlinie nicht fristgerecht oder ordnungsgemäß umsetzt, leitet die Kommission regelmäßig das Vertragsverletzungsverfahren nach 226 EG ein. Außerdem können in einem solchen Fall einzelne Bestimmungen der Richtlinie im Verhältnis vom Einzelnen zum Mitgliedstaat unmittelbar anwendbar sein, ohne dass es zuvor eines Umsetzungsaktes bedarf. Vgl. dazu EuGH, Slg. 1976, 497, 517; EuGH Slg. 1970, 1213. 36 Zum Konzept der Rechtsintegration durch Harmonisierung vgl. Schwarz, Rn. 5 ff. Als wenig erfolgversprechend im Hinblick auf die Rechtsangleichung erweist sich dabei das Konzept der Mindestharmonisierung, da abzusehen ist, dass nicht alle Mitgliedstaaten den europarechtlichen Vorgaben in vollem Umfang folgen werden; dazu Drygala, AG 2001, 291, 299. 37 Schwarz, Rn. 3. 38 Beutler/Bieber, S. 197. 39 St. Rspr. des EuGH, etwa EuGH Slg. 1990, 4135 – Marleasing; EuGH Slg. 1995, 4165 – Gebhard; dazu auch Assmann, AG 1994, 196, 200; Beutler/Bieber, S. 197. Zu den Detailfragen der Auslegung angeglichenen nationalen Rechts vgl. Everling, ZGR 1992, 376, 386 ff.; Lutter, a. a. O., 593, 604 ff.

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2. Teil: Grundlagen des Erwerbs eigener Aktien

und zum anderen keine Rücksicht auf die grundlegende Systematik des Rechts der einzelnen Mitgliedstaaten nehmen. II. Der Erwerb eigener Aktien als Regelungsgegenstand der EG-Kapitalrichtlinie von 1976 Die Zweite gesellschaftsrechtliche Richtlinie vom 13. Dezember 197640 in der Fassung der Änderungsrichtlinie vom 23. November 199241 hat die Vereinheitlichung der Kapitalverfassung der Aktiengesellschaft zum Ziel. Sie geht im Wesentlichen zurück auf eine Untersuchung von Lutter zur Ausfüllung von Art. 54 Abs. 3 lit. g EG a. F. aus dem Jahre 196442. Die Kapitalrichtlinie enthält in ihren Art. 18 bis 24a sowie Art. 39 eine ausführliche Regelung des Erwerbs eigener Aktien durch die Aktiengesellschaft. Mit dem Ziel, Möglichkeiten zur Vereinfachung der Vorschriften zum Binnenmarkt zu finden, hat die Kommission der Europäischen Union im Mai 1996 die SLIM-Initiative – Simpler Legislation for the Internal Market (Vereinfachung der Rechtsvorschriften im Binnenmarkt) – eingesetzt43. Im Oktober 1998 gab die Kommission den Start der vierten Phase der SLIMInitiative bekannt44. Diese Phase konzentriert sich auf die Rechtsvorschriften in den Bereichen Gesellschaftsrecht, Richtlinie über gefährliche Stoffe und Richtlinien über Erzeugnisse und Fertigpackungen. Diese Bereiche waren in Absprache mit den Mitgliedstaaten, dem Europäischen Parlament, dem Wirtschafts- und Sozialausschuss und Vertretern der Wirtschaft ausgewählt worden. Der abschließende Bericht enthält zahlreiche Deregulierungsvorschläge hinsichtlich der in der Ersten und Zweiten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie enthaltenen Regelungen, so u. a. auch den Vorschlag zu einer weiteren Erleichterung des Erwerbs eigener Aktien sowie der finanziellen Unterstützung zu einem solchen Erwerb45. 40 Zweite Richtlinie 77/91/EWG des Rates vom 13. Dezember 1976 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages (jetzt: Art. 48 EG) im Interesse der Gesellschaften sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten; ABl. EG Nr. L 26 v. 31.1.1977, S. 1–13. 41 Richtlinie 92/101/EWG des Rates vom 23. November 1992 zur Änderung der Richtlinie 77/91/EWG über die Gründung der Aktiengesellschaft sowie die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals ABl. EG Nr. L 347 v. 28.11.1992, S. 64–66. Dazu Schwarz, Rn. 566 ff. 42 Lutter, Kapital. 43 KOM(2000) 56 endg., S. 2. 44 SEK(1998) 1944. 45 KOM (2000) 56 endg., S. 5 u. 15. Dazu Neye, ZIP 1999, 1944 ff. sowie unten Seite 347 ff.

§ 4 Gründe für den Erwerb eigener Aktien

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§ 4 Gründe für den Erwerb eigener Aktien In der Vergangenheit haben viele deutsche Unternehmen die Bildung stiller Reserven der Ausschüttung von Liquidität an die Aktionäre vorgezogen. Bereits seit längerem zeichnet sich aber eine Entwicklung ab, wonach die Ausrichtung der Unternehmenspolitik auf die Aktionäre größere Bedeutung erlangt, da sich der klassische Anleger im Sinne eines Aktionär-Eigentümers zunehmend zu einem renditebewussten Kapitalanleger-Aktionär wandelt. Die zunehmende Kontrolle börsengehandelter Unternehmen durch die Kapitalmärkte und die Konkurrenz zu anderen Kapitalnachfragern erfordern eine stärkere Orientierung der Unternehmensstrategie an einer langfristigen Wertsteigerung für die Anteilseigner46. Der Vorstand einer Aktiengesellschaft ist daher bestrebt, den Renditeinteressen der Aktionäre bei der Unternehmensführung ausreichend Rechnung zu tragen. Dabei steht die Wertsteigerung der Aktie im Mittelpunkt dieser am shareholder value ausgerichteten Geschäftspolitik, denn eine negative Marktbewertung schädigt das Ansehen eines Unternehmens, verschlechtert seine Finanzierungsmöglichkeiten nachhaltig und macht es übernahmeanfällig47. Aktionäre, deren Renditeerwartungen enttäuscht werden, wenden sich möglicherweise anderen Investitionen zu. Das führt auf längere Sicht zu einer Verwässerung des Unternehmenswertes48 und einer Unterbewertung der Gesellschaft. Das schlägt sich letztendlich in erhöhten Kapitalkosten bei einer Neuemission nieder, denn die jungen Aktien können nicht ihrem wirklichen Wert nach platziert werden. Im Mittelpunkt des shareholder-value-Ansatzes steht die Senkung der Kapitalkosten. Dazu bietet sich insbesondere das Instrument des Erwerbs eigener Aktien an49. Der Rückerwerb ermöglicht es, die Kapitalstruktur zu Gunsten der Aktionäre zu optimieren, indem diese an den tatsächlichen Bedarf angepasst wird, überschüssige Liquidität auszukehren und die Aktionärsstruktur im Sinne einer Unternehmenswertsteigerung zu beeinflussen. Der Erwerb eigener Aktien ist eine Maßnahme, die auch im Interesse des Unternehmens, aber vorwiegend im Interesse der Aktionäre liegt50. Je stärker der Wertzuwachs der Aktie am Kapitalmarkt ausfällt, desto größer wird das Interesse der Marktteilnehmer sein, in das betreffende Unternehmen zu investieren. Das verstärkt wiederum die Stellung der Gesellschaft auf dem 46

Begr. RefE zum KonTraG, ZIP 1996, 2129. Begr. RefE zum KonTraG, ZIP 1996, 2129; Martens, AG 1996, 337, 338. Zum Shareholder-Value-Ansatz aus rechtlicher Sicht vgl. Mülbert, ZGR 1997, 129 ff. 48 Escher-Weingart/Kübler, ZHR 162 (1998), 537, 556. 49 Kindl, DStR 1999, 1276, 1277 mit Nachw.; Benckendorff, S. 59. 50 Martens, AG 1996, 338. 47

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2. Teil: Grundlagen des Erwerbs eigener Aktien

Kapitalmarkt und verbessert die Finanzierungsmöglichkeiten der Gesellschaft erheblich51. Die Gründe, die die Unternehmensleitung mit dem Aktienrückerwerb im Einzelfall verfolgt, können höchst unterschiedlicher Natur sein, wobei die Gesellschaft auch mehrere Erwerbsgründe gleichzeitig im Blick haben kann52.

A. Der Erwerb eigener Aktien als Instrument des Finanzmanagements Der Erwerb eigener Aktien ist insbesondere in den Vereinigten Staaten schon seit langem ein selbstverständlich und routinemäßig eingesetztes Instrument des Finanzmanagements der Unternehmen, das mit dem Ziel betrieben wird, die für die Kapitalbeschaffung aufzuwendenden Kosten zu minimieren53. I. Veränderung der Kapitalstruktur durch die Ausschüttung von Eigenmitteln Der Kapitalbedarf und die Kapitalhöhe einer Gesellschaft sind abhängig von der Betriebsgröße, der Kosten- und Absatzentwicklung und den vorhandenen Investitionsmöglichkeiten. Da diese Größen ständigen Veränderungen unterliegen, ist die Kapitalstruktur fortlaufend an den tatsächlichen Kapitalbedarf anzupassen. Eine Unterkapitalisierung, die zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen kann, ist ebenso zu vermeiden, wie das Ansammeln überschüssiger Liquidität54. Durch den Erwerb eigener Aktien kann die Gesellschaft nicht benötigtes Kapital an die Aktionäre ausschütten. Eine formelle Kapitalherabsetzung hat gegenüber dem Aktienrückerwerb den Nachteil, dass sie regelmäßig mit 51

Martens, AG 1996, 338; Benckendorff, S. 60; Peltzer, WM 1998, 322, 323; Rosen/Helm, AG 1996, 434, 437 f. Vgl. auch das Beispiel bei Claussen, AG 1996, 481, 490. 52 Hampel, S. 5; Escher-Weingart/Kübler, ZHR 162 (1998), 537, 553; Kopp, S. 38; Benckendorff, S. 49 mit Nachw. Zur Anwendung des Erwerbs eigener Aktien im Zusammenhang mit Verschmelzungen, wechselseitigen Beteiligungen oder Abfindung außenstehender Aktionäre bei Konzernierung vgl. Kübler, Aktie, 1989, S. 42 f.; Benckendorff, Erwerb eigener Aktien, 1998, S. 66 ff. 53 Kübler, Aktie, 1989, S. 42; Escher-Weingart/Kübler, ZHR 162 (1998), 537, 553. Die Kapitalkosten der einzelnen Kapitalarten entsprechen den unterschiedlich hohen Renditeforderungen der jeweiligen Kapitalgeber. 54 Die Reduzierung überschüssiger Liquiditätspositionen verringert zudem die Gefahr teurer Fehlinvestitionen seitens des Unternehmens; vgl. Wöhe/Bilstein, S. 339 f.

§ 4 Gründe für den Erwerb eigener Aktien

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einer Kapitalherabsetzung aus Sanierungsgründen in Verbindung gebracht wird und außerdem auf Grund ihrer Anwendungsvoraussetzungen in ihrer Durchführung weitaus schwerfälliger ist55. Zudem kann die Kapitalherabsetzung nur durch eine formelle Kapitalerhöhung unter Ausgabe neuer Aktien rückgängig gemacht werden. Die Ausschüttung von Eigenmitteln an die Aktionäre kann sich allerdings dann als nachteilig für den Börsenkurs des Unternehmens erweisen, wenn das Management nicht ausreichend deutlich macht, dass mit der Ausschüttung von Eigenmitteln in erster Linie eine an der Wertsteigerung der Aktie orientierte Kapitalstrukturmaßnahme erfolgt, sondern bei den Anlegern der Eindruck entsteht, dem Management fehle auch in Zukunft der Blick für lohnende Investitionsmöglichkeiten. 1. Verbesserung der Gesamtkapitalrendite

Mit überschüssigem Kapital, das mangels rentabler Investitionsmöglichkeiten von einem Unternehmen nicht sinnvoll eingesetzt werden kann, wird regelmäßig nicht die von den Kapitalgebern geforderte Rendite erwirtschaftet56. Arbeitet aber das im Geschäftsbetrieb eingesetzte Kapital mit einer höheren Rendite als das überschüssige und kurzfristig angelegte Kapital, vermindert sich die Rendite auf das insgesamt eingesetzte Kapital entsprechend. Die Differenz zwischen der Rendite auf das eingesetzte Kapital und der Rendite auf das überschüssige Kapital entspricht den Kosten für das Vorhalten von überschüssiger Liquidität57. 2. Verbesserung der Eigenkapitalrendite

Durch den Erwerb eigener Aktien kann ein Unternehmen seine Eigenkapitalrendite steigern, indem es ungenutzte Verschuldungskapazität ausnutzt, wobei es den Anteil des Eigenkapitals am Gesamtkapital zu Gunsten billig aufgenommenen Fremdkapitals reduziert. Ein Rückerwerb bietet sich daher vor allem während einer Niedrigzinsphase an, in der die Gesellschaft verbilligtes Fremdkapital am Kapitalmarkt aufnehmen kann58. Diese Wirkung wird noch verstärkt, wenn der Rückerwerb statt mit überschüssigen liquiden Mitteln durch zusätzlich aufgenommenes Fremdkapital finanziert wird59. 55

Benckendorff, S. 50. Denn die liquiden Mittel werden als Bankguthaben von den Kreditinstituten nur sehr niedrig verzinst; Benckendorff, S. 50. 57 Vgl. Benckendorff, S. 50 mit Nachw; Bezzenberger, Rn. 73. 58 Posner, AG 1994, 312, 314; Kübler, Aktie, S. 43; Escher-Weingart/Kübler, ZHR 162 (1998), 537, 554. 56

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2. Teil: Grundlagen des Erwerbs eigener Aktien

Wenn die Verzinsung des Gesamtkapitals höher ist als der zu entrichtende Fremdkapitalzins, kommt der mit dem Fremdkapital über den Fremdkapitalzins hinaus erwirtschaftete Ertrag dem Eigenkapitalanteil zugute. Die Eigenkapitalrendite wird umso größer, je geringer der Eigenkapitalanteil am Gesamtanteil ist, d.h. je höher der Verschuldensgrad der Gesellschaft ist. Auf Grund der vom Anteil des ersetzten Eigenkapitals abhängigen Hebelwirkung des Fremdkapitals steigt die erwartete Rendite auf das eingesetzte Eigenkapital (sog. „Leverage-Effekt“). Diese Hebelwirkung kommt den verbleibenden Aktionären in Form höherer Renditen zugute. Damit steigt die Eigenkapitalrendite mit der Veränderung des Verhältnisses von Eigen- durch Fremdkapital, solange die Gesamtkapitalrendite höher als der Fremdkapitalzins ist60. Gleichzeitig kann das Unternehmen durch die Umwandlung von Eigenin Fremdkapital trotz eines erhöhten Verschuldungsgrades seine Kapitalkosten senken. Werden liquide Mittel, die das Unternehmen in Hochzinsphasen oder auf Grund eines vormals hohen Kapitalbedarfs aufgenommen hat, durch den Erwerb eigener Aktien reduziert, kann dies zu einer Befreiung von teuren Zahlungsverpflichtungen gegenüber den Eigenkapitalgebern führen61. Der Erwerb eigener Aktien zur Verbesserung der Eigenkapitalrendite wird durch die negative Auswirkungen eines erhöhten Verschuldungsgrades der Gesellschaft auf die Einschätzung der Anleger und Analysten begrenzt62. 3. Der Erwerb eigener Aktien als Alternative zur Ausschüttung von Dividenden

Will eine Gesellschaft einen Teil ihres Gesellschaftsvermögens an ihre Aktionäre ausschütten, steht ihr dafür grundsätzlich die Möglichkeit der Dividendenzahlung zur Verfügung. Soll das Ausschüttungsvolumen erhöht werden, kann die Dividende angehoben werden. Das ist allerdings dann problematisch, wenn die erhöhte Ausschüttung nur einmalig erfolgen soll oder in den Folgejahren nicht ausreichend liquide Mittel für eine Ausschüttung in dieser Höhe zur Verfügung stehen. Denn Dividendenkürzungen füh59

Benckendorff, S. 51. Zum Leverage-Effekt siehe nur Wöhe/Bilstein, S. 351 ff.; Rams, Die Bank 1997, 216, 217 f.; Hampel, S. 6 f. mit Nachw.; Kübler, Aktie, S. 43. 61 Merkt, Rn. 471. Zudem mindern die auf das Fremdkapital zu zahlenden Zinsen im Gegensatz zu Dividendenzahlungen als Aufwand den zu versteuernden Nettogewinn der Gesellschaft, was den Effekt weiter verstärkt; vgl. Benckendorff, S. 52. 62 Mit zunehmendem Risiko steigen sowohl die für den Leverage-Effekt relevanten Fremdkapitalzinsen, wie auch die Renditeforderungen der Aktionäre deutlich an. 60

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ren in der Regel zu einem Absinken des Börsenkurses63. Daher wird die Gesellschaft die Dividende nur dann erhöhen, wenn sichergestellt ist, dass die Erhöhung in den Folgejahren beibehalten werden kann64. Eine über einen längeren Zeitraum gleichbleibende Dividende führt dagegen zu einer geringeren Volatilität der Aktie, so dass die vom Aktionär erwartete Risikoprämie geringer ausfällt, was die Kapitalkosten einer geplanten Kapitalerhöhung senkt65. Daher wird die Gesellschaft bestrebt sein, die Dividendenzahlungen stabil zu halten. Da die Gesellschaft in erster Linie beabsichtigt, überschüssige Liquidität an ihre Aktionäre zurückzugeben, führen die ihr zur Verfügung stehenden bilanziellen Möglichkeiten, die Dividendenkontinuität sicherzustellen, nicht den gewünschten Erfolg herbei66. Die Ausschüttung von Gesellschaftskapital durch den Erwerb eigener Aktien eignet sich dabei insbesondere für die Durchführung einmaliger Ausschüttungen mit „Sondercharakter“67. Die Auszahlung der Dividende erfolgt regelmäßig und zu einem bestimmten Zeitpunkt und ist ihrem Umfang nach bekannt. Im Gegensatz zur Zahlung von Dividenden ermöglicht der Aktienrückerwerb der Gesellschaft, Ausschüttungen jederzeit und insbesondere unabhängig während des ganzen Jahres und unabhängig vom Termin der Hauptversammlung vornehmen zu können68. Der Aktionär kann dabei grundsätzlich selber entscheiden, ob er seine Aktien an die Gesellschaft zu einem günstigen Kurs zurückveräußert oder sie weiterhin hält, um an den mit einem Rückkaufprogramm regelmäßig verbundenen Kurssteigerungen zu partizipieren69. Im Gegensatz dazu ist es dem Aktionär nicht möglich, auf die Zahlung der Dividende zu verzichten und statt dessen eine Kurssteigerung seiner Aktien zu wählen70. Wird das Rückerwerbsprogramm beendet, etwa weil neuer Investitionsbe63 Kindl, DStR 1999, 1276, 1277; Hampel, S. 11; Skog, ZGR 1997, 306, 309; Benckendorff, S. 55 mit Nachw. Allerdings ist diese These nicht unwidersprochen geblieben: Auf einem professionellen Aktienmarkt würden Dividendenerhöhungen, selbst wenn sie nur vorübergehend sind, richtig gedeutet, zumal wenn die Gesellschaft die Gründe dafür veröffentliche; so Skog, ZGR 1997, 306, 309; Leithaus, S. 33. 64 Skog, S. 309. 65 Vgl. Hampel, S. 11; Benckendorff, S. 55. 66 So aber Leithaus, S. 33. Die bilanziellen Maßnahmen mögen die Dividendenkontinuität sicherstellen, führen mangels Ausschüttung aber gerade nicht zu einer Verringerung einer überschüssigen Liquidität bei der Gesellschaft. Leithaus (a. a. O.) scheint dagegen davon auszugehen, dass die Dividendenkontinuität Hauptanliegen der Gesellschaft beim Rückerwerb sei. 67 Escher-Weingart/Kübler, ZHR 162 (1998), 537, 554; Benckendorff, S. 56; Bezzenberger, Rn. 74. 68 Skog, S. 309. 69 Rosen/Helm, AG 1996, 434, 437; Kindl, DStR 1999, 1276, 1277.

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2. Teil: Grundlagen des Erwerbs eigener Aktien

darf besteht oder ein Gewinnrückgang zu verzeichnen ist, bleibt die Dividendenausschüttung weiterhin konstant und es wird deutlich, dass das Unternehmen langfristig profitabel wirtschaftet. 4. Der Erwerb eigener Aktien zur zeitweiligen Kapitalherabsetzung

Der Aktienrückerwerb ermöglicht quasi eine „Kapitalherabsetzung auf Zeit“71. Die von der Gesellschaft zurückerworbenen und von ihr gehaltenen Aktien gleichen ihrer Form nach einer Art genehmigten Kapitals. Benötigt die Gesellschaft wieder mehr verfügbares Eigenkapital, etwa weil Investitionen geplant sind, kann sie die zurückerworbenen Aktien, soweit sie diese noch in ihrem Vermögen hält, wieder veräußern. Da bei börsennotierten Gesellschaften davon auszugehen ist, dass die Aktien in der Regel zu vernünftigen Bedingungen am Markt platziert werden können, ermöglicht das Zusammenspiel von Erwerb und die Veräußerung die Flexibilisierung der Eigenkapitalbasis der Gesellschaft. Es muss daher keine formelle Kapitalerhöhung durchgeführt werden, wenn zu einem späteren Zeitpunkt Bedarf nach Liquidität entsteht72. 5. Endgültige Kapitalherabsetzung

Liquide Mittel können sich aber nicht nur wegen fehlender Investitionsmittel ansammeln. Es ist ebenso denkbar, dass die Gesellschaft ihr operatives Geschäft verkleinern will und daher ihr Eigenkapital entsprechend reduzieren möchte73. Um Kapitalkosten zu sparen, ist es finanzwirtschaftlich sinnvoll, durch die Rückführung des nicht mehr benötigten Eigenkapitals an die Aktionäre die Kapitalstruktur den tatsächlichen Verhältnissen anzupassen und damit die Kapitalkosten zu senken74. II. Erwerb eigener Aktien zur Beeinflussung des Börsenkurses der eigenen Anteile Die Renditen zu akquirierender Papiere steigen mehrheitlich mit der Ankündigung eines Rückkaufprogramms und bleiben auch nach Abschluss des Programms in der Regel auf einem gegenüber dem Zeitraum vor der An70

Skog, S. 309. Diese Flexibilität ist insbesondere aus steuerlichen Gründen für den Aktionär von Interesse; vgl. Benckendorff, S. 54 f.; Hampel, S. 10 f. 71 Kindl, DStR 1999, 1276, 1277. 72 Dazu Kindl, DStR 1999, 1276, 1277; Huber, in: FS Kropff, S. 109, 110 f. 73 Denkbar ist auch der Rückerwerb zur Beseitigung einer Unterbilanz durch buchtechnische Sanierung; vgl. dazu Wöhe/Bilstein, S. 93 ff. 74 Benckendorff, S. 53.

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kündigung höheren Niveau75. Im außerbörslichen Erwerb werden den Anteilseignern häufig über den Kaufpreis hinaus teilweise erhebliche Prämien geboten, um die Attraktivität des Rückkaufangebots zu steigern. Der Kursanstieg ist einerseits auf das Phänomen des signalling, was den durch den Aktienrückerwerb herbeigeführten Abbau von Informationsasymmetrien zwischen Management und Anlegern meint, und andererseits auf die Beeinflussung des Marktmechanismusses von Angebot und Nachfrage zurückzuführen. Mit dem Erwerb eigener Aktien erhält die Gesellschaft ein Instrument zur Einflussnahme auf den Börsenkurs der eigenen Aktien. Es ist ihr auf diese Weise möglich, die Konditionen für die Aufnahme neuen Eigenkapitals über die Börse zu verbessern, weil die Risiken der Anleger im Hinblick auf die Wertentwicklung ihrer Investition minimiert werden. 1. Signalling

Hält das Management die Aktien der eigenen Gesellschaft für unterbewertet, kann dies an einer asymmetrischen Informationsverteilung zwischen Anlegern und Management liegen. Es wird davon ausgegangen, dass dieses über weitaus bessere Informationen über die Aussicht der Gesellschaft verfügt, als es die Anleger tun76. Durch die Ankündigung eines Rückerwerbs macht die Unternehmensleitung deutlich, dass auf Grund der ihr zur Verfügung stehenden Informationen der tatsächliche Wert der Aktie den gegenwärtigen Kurswert übertrifft77. Durch den Rückerwerb der eigenen Aktien wird das Vertrauen des Managements in die von ihr geführte Gesellschaft deutlich78. Es wird im Allgemeinen davon ausgegangen, dass die Anleger dem Signal Vertrauen schenken und ebenfalls Aktien der Gesellschaft erwerben werden. Die Gefahr eines falschen signalling ist dagegen als gering einzustufen. Sendet das Management ein falsches Signal an den Kapitalmarkt, wirkt sich dies regelmäßig negativ auf die weitere Kursentwicklung der Ak75 Dazu mit umfangreichem empirischen Material Hampel, S. 4 ff. Vgl. auch Schander, ZIP 1998, 2089; Escher-Weingart/Kübler, ZHR 162 (1998), 537, 554 jeweils mit Nachw. Zweifelnd Skog, ZGR 1997, 306, 309; Leithaus, S. 33: Ein Kursanstieg könne nur herbeigeführt werden, wenn die Zahl der Aktien proportional stärker falle als das Kapital, was beim Erwerb eigener Aktien aber zumeist nicht zutreffe. 76 Posner, AG 1994, 312, 314. 77 Posner, AG 1994, 312, 314 mit Nachw.; Benckendorff, S. 56; Hampel, S. 6; Kindl, DStR 1999, 1276, 1277. 78 Posner, AG 1994, 312, 314; Bezzenberger, Rn. 79.

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tie aus, was deutliche Nachteile für die Gesellschaft im Hinblick auf eine spätere Kapitalbeschaffung nach sich ziehen würde. Durch die Möglichkeit, eine Unterbewertung der eigenen Aktien am Kapitalmarkt mittels des signalling zu korrigieren, können auch die Kapitalkosten der Gesellschaft gesenkt werden, da der Gesellschaft bei einer späteren Neuemission verhältnismäßig mehr Eigenkapital zufließt. Die Zulässigkeit des Aktienrückerwerbs erweitert somit auch die Finanzierungsspielräume auf dem Primärmarkt. Das signalling als offensives Instrument zur aktiven Beeinflussung des Kurses sollte jedoch ergänzt werden durch eine Verbesserung der Kommunikation mit den Kapitalanlegern, um eine möglichst weitgehende Transparenz herzustellen. Auf diese Weise kann von vorneherein verhindert werden, dass es überhaupt zu einer Fehlbewertung kommt. Ein späteres signalling ist dann nicht mehr erforderlich, was insbesondere dann von Vorteil ist, wenn ein Aktienrückerwerb mangels ausreichender Mittel nicht möglich ist79. 2. Erwerb eigener Aktien als Mittel zur Kursbeeinflussung

Der Erwerb eigener Aktien ermöglicht es der Gesellschaft den Börsenkurs der eigenen Aktie maßgeblich zu beeinflussen, indem eine erhöhte Nachfrage am Markt erzeugt wird und die verfügbaren Aktien verknappt werden, um so den Börsenkurs der eigenen Aktien in die Höhe zu treiben. Die Einflussnahme auf den Börsenkurs der eigenen Aktien dient in erster Linie dazu, extreme Kursschwankungen und ein plötzliches Abfallen des Kurses zu verhindern. Durch den Rückerwerb eigener Aktien verringert sich die Volatilität der Aktie, was vor allem dem Interesse der Aktionäre an einem stabileren Börsenkurs entspricht80. Der Erwerb eigener Aktien zur Kursstabilisierung ist damit als defensives Instrument der Kursbeeinflussung zu charakterisieren, das dem Verhalten der Märkte angepasst ist und das Vertrauen der Anleger in die Aktie erhöht. Auf diese Weise kann die Stellung der Gesellschaft am Kapitalmarkt erheblich gestärkt und können die Finanzierungsinteressen der Gesellschaft wesentlich begünstigt werden81. 79 Skog (ZGR 1997, 306, 310) ist der Ansicht, bei einem Signalling handele es sich um eine unzulässige Manipulation der Nachfrage. Eine Unterbewertung sei durch eine bessere Informationspolitik zu vermeiden. Die Unternehmensleitung müsse durch eine Erhöhung der Dividende auf eine ihrer Meinung nach bestehende Unterbewertung hinweisen. 80 Kübler, Aktie, S. 43; Rosen/Helm, AG 1996, 434, 437; Hampel, S. 7; Kopp, S. 46 ff. 81 Martens, AG 1996, 337, 338; Benckendorff, S. 58.

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Abgesehen von der betriebswirtschaftlich motivierten Kurspflege wirkt sich ein stabiles Kursniveau der eigenen Aktie auch positiv auf den gesamten Kapitalmarkt aus. Plötzliche drastische Kursverluste eines Börsenwertes können die Aktien der gesamten Branche und schlimmstenfalls den ganzen Kapitalmarkt erfassen. So konnten die US-amerikanischen Unternehmen, die während der drastischen Kurseinbrüche, die die weltweiten Aktienmärkte am 19. Oktober 1987 zu verzeichnen hatten, bereits mit Aktienrückkäufen begonnen hatten oder in unmittelbarer Folge einen Rückerwerb eigener Aktien ankündigten, ihre Kursverluste in Grenzen halten. Die Möglichkeit, Rückerwerbsprogramme zu initiieren, hat maßgeblich dazu beigetragen, dass die Kursverluste an den US-amerikanischen Kapitalmärkten hinter denen ausländischer Märkte zurückgeblieben sind82. III. Notierungen an ausländischen Börsen Eine Aktiengesellschaft kann ihre Aktien an einer ausländischen Börse notieren lassen, wenn sie die Voraussetzungen für eine Zulassung erfüllt. Der Handel ihrer Aktien an der ausländischen Börse erhöht ihren Bekanntheitsgrad und verbessert den Zugang zu dem ausländischen Kapitalmarkt. Das erleichtert der Gesellschaft die spätere Aufnahme neuen Eigen- und/ oder Fremdkapitals. Außerdem wird die Durchführung von Mitarbeiterbeteiligungen in dem fremden Land erleichtert. Da die Neuemission an einer ausländischen Börse regelmäßig mit einem großen Aufwand verbunden ist, kann es für die Gesellschaft einfacher sein, entweder eine Kapitalerhöhung durchzuführen, eigene Aktien zurückzuerwerben oder sich von einem Altaktionär die entsprechenden Aktien bereitstellen zu lassen83. Hat die Gesellschaft keinen gesteigerten Kapitalbedarf, erweist sich eine Kapitalerhöhung als unwirtschaftliche Alternative. Zudem ist bei einer Kapitalerhöhung u. U. ein Bezugsrecht der Altaktionäre zu beachten. Der Erwerb eigener Aktien bietet die Möglichkeit, eine Auslandsemission durchzuführen, ohne eine Kapitalerhöhung durchführen oder der Rücksicht auf ein etwaiges Bezugsrecht nehmen zu müssen84.

82 Escher-Weingart/Kübler, ZHR 162 (1998), 537, 554 mit Nachw.; vgl. auch die empirischen Daten bei Hampel, S. 27 f. 83 Ausf. Benckendorff, S. 57 f. mit Nachw. 84 Benckendorff, S. 58. Bei der Wiederveräußerung eigener Aktien besteht kein Bezugsrecht der Altaktionäre; vgl. unten Seite 205.

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B. Veränderung der Beteiligungsverhältnisse Jeder Erwerb eigener Aktien, der nicht entsprechend der Höhe der jeweiligen Kapitalbeteiligung der Aktionäre vorgenommen wird, hat eine Veränderung der Eigentümerstruktur der Gesellschaft zur Folge. I. Beeinflussung der Unternehmenskontrolle Mit dem Aktienrückerwerb kann der Vorstand eine Verschiebung in der Eigentümerstruktur der Gesellschaft herbeiführen und so die Verteilung der Kontrollrechte der verschiedenen Aktionärsgruppen und deren Einfluss in den verschiedenen Kontrollgremien der Gesellschaft – insbesondere in der Hauptversammlung – beeinflussen oder die Zahl der Aktionäre insgesamt dezimieren85. So können Konflikte zwischen der Verwaltung und ihren Aktionären bereinigt werden, indem Aktien von den Aktionären erworben werden, die mit der Unternehmensleitung nicht mehr zufrieden sind. Der Rückerwerb der Aktien opponierender Aktionärsgruppen beseitigt ihren Einfluss auf die Unternehmensführung und verhindert damit, dass sie wichtige Entscheidungen blockieren oder ihre Anteile an einen Übernehmer veräußern können86. II. Erwerb eigener Aktien zur Abwehr einer unfreundlichen Übernahme Der Erwerb eigener Aktien trägt maßgeblich dazu bei, die latente Gefahr einer feindlichen Übernahme möglichst gering zu halten87. Damit eine Übernahme Aussicht auf Erfolg hat, muss die bietende Gesellschaft eine ausreichend hohe Kapitalbeteiligung an der Zielgesellschaft erwerben können. Auf Grund der hohen Verfügbarkeit von Aktien können Dritte sehr leicht Anteile mit dem Ziel einer Beteiligung oder sogar der Übernahme der Kontrolle über die Gesellschaft erwerben. Der Erwerb der Aktien kann nicht nur über den Börsenhandel, sondern auch direkt von den Aktionären der Zielgesellschaft erfolgen. Die Verringerung der Zahl der für den Bieter erreichbaren Aktien (free float) und die Verteuerung der erreichbaren Anteile kann dazu führen, dass dem Bieter der Zugriff auf die Mehrheit der Aktien erschwert oder sogar 85

Zu den Konsequenzen vgl. ausf. Hampel, S. 28 ff., 43 ff. Kübler, Aktie, S. 43; Hampel, S. 8; Schander, ZIP 1998, 2089. 87 Escher-Weingart/Kübler, ZHR 162 (1998), 537, 555; Kindl, DStR 1999, 1276, 1277 mit Nachw.; Bezzenberger, Rn. 77. Zum Erwerb eigener Aktien im Zusammenhang dem Versuch einer unfreundlichen Übernahme vgl. unten Seite 276 ff. 86

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unmöglich gemacht wird88. Der Rückerwerb kann eine Übernahmeabwehr selbst dann noch ermöglichen, wenn bereits ein konkretes Übernahmeangebot vorliegt. Der Erwerb eigener Aktien kann aber auch dazu genutzt werden, dem Bieter die von ihm bereits erworbenen Aktien abzukaufen (sog. „greenmailing“)89. Zudem mindert sich durch eine Verringerung freier Mittel der Anreiz für fremdfinanzierte Übernahmen durch außenstehende Unternehmen90. Denn der Bieter benötigt in der Regel die liquiden Mittel der Zielgesellschaft, um nach einer Übernahme seine Verbindlichkeiten zu erfüllen91. III. Mitarbeiterbeteiligung Die Erfolgsbeteiligung von Mitarbeitern ist ein probates Mittel, um Leistungsanreize zu schaffen92. Vor allem in US-amerikanischen Unternehmen ist es die Regel, die Vergütung von Führungskräften zu einem nicht unerheblichen Teil mit Aktienoptionen vorzunehmen. Auch deutsche Unternehmen wählen zunehmend diesen Weg, um durch eine international übliche Entlohnungsform ausländische Führungskräfte gewinnen zu können. Es wird erwartet, dass sich die Mitglieder der Verwaltung die Interessen der Aktionäre auf Grund des eigenen Aktienbesitzes zu eigen machen93. Aber auch die Beteiligung einer breiten Arbeitnehmerschicht durch die Ausgabe von Belegschaftsaktien ist wünschenswert, da auf diese Weise alle Mitarbeiter am Erfolg des Unternehmens partizipieren. Die erhoffte Wirkung liegt in der stärkeren Bindung der Arbeitnehmer an „ihr“ Unternehmen, worin ein Anreiz zur Leistungssteigerung gesehen wird94. Die Unter88

Posner, AG 1994, 312, 315; Schander, ZIP 1998, 2089; Kübler, Aktie, S. 43. Dazu unten Seite 295 f. 90 Hampel, S. 7. Kübler, Aktie, S. 43; Schander, ZIP 1998, 2089; Escher-Weingart/Kübler, ZHR 162 (1998), 537, 554. Auf Grund der Beschränkung des Nennwertes bzw. rechnerischen Wertes der erworbenen eigenen Aktien auf 10 v. H. des Grundkapitals nach § 71 Abs. 2 S. 1 AktG kommt der Übernahmeabwehr in Deutschland eine sehr viel geringere Bedeutung zu als beispielsweise in den Vereinigten Staaten (dazu Aha, AG 1992, 218, 220 mit Nachw.). 91 Einzelheiten bei Benckendorff, S. 61 mit Nachw. 92 Kübler, Aktie, S. 42; Nach Benckendorff (S. 63) und Lutter (in: Kölner Komm. AktG, § 71 Rn. 34) ist die Beteiligung von Mitarbeitern am Produktivvermögen auch aus sozialpolitischen Gründen wünschenswert. 93 Kühnberger/Keßler, AG 1999, 453 ff. mit Nachw. und einer ausführlicher Erörterung der betriebswirtschaftlichen Notwendigkeit eines anreizkompatiblen Vergütungssystems zur Abschwächung des bestehenden Interessengegensatzes zwischen principal und agent. 94 Posner, AG 1994, 312, 315 mit Nachw.; Kübler, Kapitalmarkt, 1989, S. 42. 89

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nehmen können ihren Mitarbeitern eigene Aktien entweder unmittelbar zum Bezug anbieten oder den Bezug über einen stock-options-Plan regeln95. Um Aktien unmittelbar an die Mitarbeiter ausgeben oder ausgeübte Optionen aus einem stock-options-Plan erfüllen zu können, hat das Unternehmen die Wahl, eigene Aktien zurückzuerwerben oder eine Kapitalerhöhung durchzuführen96. Eine Kapitalerhöhung ist dabei allerdings stets mit einer Erhöhung des Eigenkapitals verbunden. Außerdem können u. U. Bezugsrechte der Altaktionäre bestehen. Als Alternative bietet sich daher der Rückerwerb eigener Aktien an. Damit wird auch der durch die Bewilligung von genehmigtem Kapital (vgl. § 202 Abs. 1 AktG) zur Durchführung eines Aktienoptionsprogramms eintretende „Kapitalverwässerungseffekt“ vermieden97. IV. Minimierung von Shareholder Serving Costs Bei vielen deutschen Aktiengesellschaften befindet sich ein Großteil der Anteile im Streubesitz, d.h. in den Händen von unzähligen Kleinaktionären98. Durch den Rückerwerb eigener Aktien kann die Zahl der Kleinaktionäre verringert und die Kosten eingespart werden, die die Gesellschaft aufwenden muss, um mit ihren Aktionären in Kontakt zu treten und diese zu betreuen. Die shareholder serving costs werden insbesondere durch die Herstellung der Jahresberichte, die Durchführung der Hauptversammlung sowie die Auszahlung von Dividenden verursacht. Sie hängen somit im Wesentlichen mit der Zahl der Aktionäre und nicht mit der Zahl der Anteile zusammen. Sie sind für jeden Aktionär gleich, unabhängig von den von ihm gehaltenen Anteile. Ein hoher Anteil von Aktien im Streubesitz führt daher zu hohen shareholder serving costs. Es ist daher sinnvoll, den Streubesitz zu reduzieren oder sogar ganz zu beseitigen, um die genannten Aufwendungen zu ver95

Aus einem stock-options-Plan erhält der einzelne Mitarbeiter die Option, bei Eintritt bestimmter Bedingungen Aktien der Gesellschaft zu einem vorher festgelegten Preis zu erwerben. Der Erwerbspreis wird entsprechend niedrig angesetzt, so dass bei positiver Entwicklung des Börsenpreises eine Wertdifferenz entsteht, in der sich die Erfolgsbeteiligung realisiert. Zu Aktienoptionsplänen vgl. nur Hüffer, ZHR 161 (1997), S. 214 ff; Weiß, WM 1999, 353 ff.; Feddersen, ZHR 161 (1997), S. 269 ff. (kapitalmarktrechtliche und steuerliche Behandlung). 96 Kallmeyer, AG 1999, 97, 99 ff.; Paefgen, AG 1999, 67, 73 f. Es wird jedoch der Weg über die Schaffung von bedingtem Kapital als vorzugswürdig angesehen; vgl. Claussen, DB 1998, 177, 180. 97 Geßler, AktG, § 71 Rn. 27 e. 98 Von Streubesitz spricht man, wenn die Aktien der Gesellschaft zu einem großen Teil von Aktionären gehalten werden, von denen jeder weniger als 100 Aktien besitzt; vgl. Benckendorff, S. 65.

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ringern. Ein Rückerwerb von Aktien, die sich im Streubesitz befinden, ist insbesondere dann ratsam, wenn die shareholder serving costs im Verhältnis zum Unternehmenswert relativ hoch sind99. Mit einem Rückkauf der sich im Streubesitz befindlichen Aktien kann zugleich ein going private vorbereitet werden. Durch ein going private wird eine public corporation in eine close corporation transformiert. Diese Vorbereitung kann einen späteren management buy out erleichtern100. V. Going Private Hat eine Aktiengesellschaft einen Börsengang durchgeführt und ihre Aktien öffentlich angeboten (going public bzw. initial public offering [IPO]), werden ihre Aktien an der Börse öffentlich gehandelt. Wird diese Prozedur rückgängig gemacht, indem die Aktionäre ausgekauft oder abgefunden werden, nennt man diesen Vorgang going private101. Er hat letztendlich zur Folge, dass der offizielle Börsenhandel mit den Aktien des Unternehmens eingestellt wird (delisting)102. Der Rückerwerb eigener Aktien kann dazu dienen, ein delisting vorzubereiten103. Durch den Erwerb eigener Aktien wird die Anzahl der ausgegebenen Aktien verringert und der Gesellschaft somit die Durchführung eines going private erleichtert. Durch einen Erwerb der im Umlauf befindlichen eigenen Aktien erhöht sich zwar der Kurswert, es verringert sich aber zugleich die Anzahl der Aktien, die in der letzten Phase des going private aufzunehmen sind104. VI. Geschlossene Aktiengesellschaften Eine geschlossene Aktiengesellschaft hat in der Regel nur wenige Aktionäre, die jeweils größere Anteile halten105. Bei einer geschlossenen Aktiengesellschaft fehlt es an einem Markt für Beteiligungen, da die Anteile nicht 99

Hampel, S. 7; Escher-Weingart/Kübler, ZHR 162 (1998), 537, 553; Skog, ZGR 1997, 306, 311; Schander, ZIP 1998, 2089; Bezzenberger, Rn. 81. 100 Escher-Weingart/Kübler, ZHR 162 (1998), 537, 553. 101 Kübler, Aktie, S. 44 (dort Fn. 202). 102 Zu den Gründen für die Durchführung eines going private vgl. Benckendorff, S. 65. 103 Schander, ZIP 1998, 2090; Claussen, DB 1998, 177, 179. 104 Kübler, Aktie, S. 44. 105 Skog, ZGR 1997, 306, 311. Diese geschlossene Form der Aktiengesellschaft findet man insbesondere bei Familiengesellschaften, bei denen die beherrschende Stellung der Familie sichergestellt bleiben soll. Dazu und zu dem Abschluss von Poolverträgen unter den Familienangehörigen Benckendorff, S. 64 mit Nachw.

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öffentlich gehandelt werden. Will ein Aktionär seine Anteile an der Gesellschaft veräußern, hat er in der Regel die Wahl zwischen den anderen Gesellschaftern und der Gesellschaft selbst106. Ein Kurswert, anhand dessen ein angemessener Erwerbspreis festgelegt werden könnte, existiert nicht. Indem die Gesellschaft selbst die Aktien zurückerwirbt, kann verhindert werden, dass die verbleibenden Gesellschafter in einen Wettbewerb um den Erwerb der freiwerdenden Anteile treten und es gegebenenfalls zu einer nicht erwünschten Veränderung der Beteiligungsverhältnisse kommt, etwa weil einer der Gesellschafter die Schwelle zu einer Sperrminorität oder zur beherrschenden Mehrheit überschreiten würde. Ein Erwerb durch die Gesellschaft stellt sicher, dass die Anteile auch nicht an einen Außenstehenden verkauft werden; das ist insbesondere bei Familiengesellschaften bedeutsam. Der Rückerwerb durch die Gesellschaft ermöglicht ein Ausscheiden auch dann, wenn den anderen Gesellschaftern die Mittel zu einem Erwerb der Anteile fehlen107.

C. Erleichterung der Aufnahme von Venture Capital Für junge Aktiengesellschaften, die Kapital für eine schnelle Expansion ihrer Geschäftstätigkeit benötigen, ist die Suche nach Kapitalgebern mangels eigener Liquidität oder ausreichender Sicherheiten nicht immer einfach. In vielen Fällen springen sogenannte venture capital firms bzw. institutionelle Anleger ein. Diese investieren in der Regel in mehrere junge, innovative Unternehmen in der Hoffnung, zumindest bei einigen dieser Unternehmen eine weit überdurchschnittliche Rendite auf das eingesetzte venture capital zu erhalten108. Das Engagement dieser Investoren ist jedoch nicht langfristig angelegt. Die venture capital firms wollen vielmehr die von ihnen gehaltenen Anteile im Rahmen des IPO gewinnbringend an der Börse platzieren. Es ist jedoch nicht immer möglich, die Anteile wie geplant zu einem entsprechenden Emissionspreis abzusetzen, etwa wegen eines schlechten Bör106

Merkt, Rn. 472. Hampel, S. 8; Merkt, Rn. 472; Benckendorff, S. 64; Kübler, Aktie, S. 43. Neben dem Erwerb eigener Aktien bietet das Aktienrecht mit der vinkulierten Namensaktie gemäß § 68 Abs. 2 AktG eine wirkungsvolle Möglichkeit, den Charakter einer geschlossenen Aktiengesellschaft zu erhalten. Neben der Vinkulierung können sich die Aktionäre auch noch ein schuldrechtliches Vorkaufsrecht einräumen lassen (vgl. Leithaus, S. 32; Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 68 Rn. 23). Allerdings bleibt in diesem Fall das Risiko bestehen, dass die Aktionäre den Anteil des Ausscheidenden nicht selbst übernehmen können oder wollen. 108 Im Deutschen zumeist missverständlich mit „Risikokapital“ übersetzt; besser ist die Bezeichnung als „Wagniskapital“. 107

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senumfeldes für Neuemissionen. Die Zulässigkeit des Erwerbs eigener Aktien durch die Gesellschaft ermöglicht es, die Wagnisfinanzierung über einen längeren Zeitraum zu strecken. Die Investoren können die Aktien, die nicht durch das Publikum gezeichnet wurden, später an die Gesellschaft veräußern109. Die Möglichkeit des Aktienrückerwerbs erleichtert folglich die Aufnahme von venture capital bei den Wagniskapitalgebern.

D. Übernahmefinanzierung Um eine Beteiligung an einem anderen Unternehmen bis hin zur Unternehmenskontrolle zu erwerben, kann die Gesellschaft in ausreichendem Umfang eigene Aktien zurückerwerben, um bei bevorstehenden Akquisitionen den Aktionären der Zielgesellschaft ein günstiges Tauschangebot unterbreiten zu können. Die eigenen Aktien werden in Übernahmen damit als „Akquisitionswährung“ eingesetzt110. Die zur Finanzierung einer Beteiligung oder Übernahme erforderlichen Aktien könnten auch durch eine Kapitalerhöhung (oder Emission aus dem genehmigten Kapital im Sinne von § 202 Abs. 1 AktG) beschafft werden. Allerdings kann sich dieses Vorgehen gegenüber dem Rückerwerb eigener Aktien auf Grund der vorliegenden Marktsituation oder anderweitiger Gründe für die Gesellschaft auch nachteilig auswirken111.

E. Erwerb im Geschäftsbetrieb von Kreditinstituten Die deutschen und europäischen Kreditinstitute nehmen als Universalbanken grundsätzlich alle Bankgeschäfte wahr112. Damit börsennotierte Kreditinstitute ihren Kunden einen umfassenden Service im Wertpapiergeschäft bieten können, ist es für sie erforderlich, eigene Aktien zurückzuerwerben. Andernfalls könnten diese Institute keine Aufträge für ihre Kunden abwickeln, die die eigenen Aktien zum Gegenstand haben113. 109

Skog, ZGR 1997, 306, 311. Schander, ZIP 1998, 2089 (dort Fn. 40); Kindl, DStR 1999, 1276, 1277. Dazu ausf. unten Seite 296 ff. 111 Escher-Weingart/Kübler, ZHR 162 (1998), 537, 553. 112 Anders im US-amerikanischen Trennbanksystem; vgl. Benckendorff, S. 68 mit Nachw. 113 Das Kreditinstitut nimmt das Ausführungsgeschäft als Kommissionär im eigenen Namen und für Rechnung des Kunden wahr (Nr. 1 Abs. 1 der Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte). Bei einer Einkaufskommission kommt es so zu einem Durchgangserwerb bei dem Kreditinstitut, da sich die Kommission auch auf die Vornahme des dinglichen Rechtsgeschäfts erstreckt. Bei einer Verkaufskommission kommt es nicht zu einem Durchgangserwerb, da der dingliche Erwerb erst stattfin110

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Im außerbörslichen over-the-counter-Markt (OTC-Markt) handeln Finanzinstitute und institutionelle Anleger. Dazu bedienen sie sich spezieller Marktteilnehmer, sogenannter market maker, die die Kurse stellen. Um als market maker die Liquidität der gehandelten Aktien zu gewährleisten und einen funktionierenden Handel sicherzustellen, ist es erforderlich, eigene Aktien zu erwerben und zu veräußern. Denn die Marktteilnehmer erwarten die Existenz eines liquiden Marktes auch für die eigenen Aktien des Kreditinstituts114.

§ 5 Risiken infolge des Erwerbs eigener Aktien Die Zulässigkeit des Erwerbs eigener Aktien führt nicht nur zu den beschriebenen positiven Auswirkungen, sondern birgt auch zahlreiche Risiken. Um das Institut des Erwerbs eigener Aktien umfassend beurteilen zu können, werden im Folgenden die möglichen Risiken, die ein Rückerwerb möglicherweise nach sich ziehen kann, den zuvor dargestellten Vorteilen gegenübergestellt. Es lassen sich insoweit vier Bereiche unterscheiden: Auf Grund des Erwerbs eigener Aktien kann es zu negativen Auswirkungen auf die Gesellschaft selbst, ihre Gläubiger, ihre Aktionäre sowie auf die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes kommen, wobei in der Regel mehrere dieser Komplexe gleichzeitig betroffen sind.

A. Gefährdung der Gesellschaft I. Minderung des verfügbaren Eigenkapitals Indem die Gesellschaft bei dem Aktienrückerwerb liquide Mittel an die Aktionäre ausschüttet anstatt diese in Rücklagen einzustellen, kann es im laufenden Geschäftsbetrieb zu einem Liquiditätsengpass kommen. Die mangelnde Liquidität beeinträchtigt die Fähigkeit der Gesellschaft, wirtschaftliche Schwierigkeiten aus eigener Kraft zu überwinden. Denn sie hat in einer solchen Situation regelmäßig keine Möglichkeit, neues Kapital durch eine Wiederveräußerung oder eine Neuausgabe eigener Aktien aufzunehmen115. Erwirbt die Gesellschaft daraufhin bei einem sinkenden Aktienkurs weitere det, wenn das Kreditinstitut die Wertpapiere kraft Verfügungsermächtigung nach § 185 Abs. 1 BGB dem Erwerber übereignet; vgl. auch Aha, AG 1992, 218, 221. 114 Kübler, Aktie, S. 43. Zum Handel von Optionen auf Aktien und Indizes vgl. Benckendorff, S. 70. 115 Benckendorff, S. 88; Leithaus, S. 29; Giger, S. 12 f.; Rosen/Helm, AG 1996, 434, 437; Ziebe, S. 55 ff. Da die Eigenkapitalausstattung deutscher Unternehmen in 1994 durchschnittlich nur ca. 33 % beträgt, ist eine solche Gefahr immanent (Rosen/ Helm, a. a. O., 438).

§ 5 Risiken infolge des Erwerbs eigener Aktien

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eigene Aktien zurück, um so den eigenen Börsenkurs zu stützen, führt dies nur dazu, dass sich die Krise weiter verstärkt116. Es ist aber zu bedenken, dass nicht nur der Erwerb eigener Aktien, sondern alle Investitionen des Unternehmens von der Risikoeinschätzung der Verwaltung abhängig sind. Das Risiko einer wirtschaftlichen Fehleinschätzung, die zum vollständigen Verlust des eingesetzten Kapitals führen kann, besteht nicht nur bei der Entscheidung, eigene Aktien zurückzuerwerben, sondern gilt für alle Investitionsvorhaben. Angesichts der unternehmerischen Freiheit der Gesellschaft, auch wirtschaftlich risikoreiche Investitionen tätigen zu können, muss es daher trotz des immanenten Risikos der Krisenanfälligkeit auch möglich sein, eigene Aktien zurückzuerwerben. Zudem besteht das Risiko, das mit der Ausschüttung von Gesellschaftsvermögen verbunden ist, unabhängig von der gewählten Form der Ausschüttung. Insoweit besteht kein Unterschied zwischen dem Rückerwerb eigener Aktien und der Ausschüttung von Dividenden. Die nachteilige Wirkung, die bereits die bloße Möglichkeit von Unternehmenszusammenbrüchen auf das Vertrauen des Anlegerpublikums in die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes ausübt, macht es aber erforderlich, das Rückerwerbsvolumen zu beschränken, etwa indem für den Rückerwerb nur die auch für Dividendenzahlungen zur Verfügung stehenden Mittel verwendet werden dürfen117. Eine völlige Ablehnung des Rückerwerbs auf Grund der Gefährdung der Liquidität ist jedoch nicht sachgemäß118.

II. Verlust des Vertrauens in das Management Erwirbt die Aktiengesellschaft eigene Aktien zurück, um auf diese Weise ungenutztes Kapital an ihre Aktionäre zurückzugeben, kann seitens der Analysten und des Anlegerpublikums der Verdacht aufkommen, dem Management der Gesellschaft fehle die Fähigkeit zum Erkennen besserer Investitionsalternativen119. Verfestigt sich diese Ansicht, kann es zu negativen Auswirkungen auf den Börsenkurs der Aktie kommen, was letztlich die Eigenkapitalbeschaffung der Gesellschaft verteuert oder sogar unmöglich macht.

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Posner, AG 1994, 312, 318. Vgl. Rosen/Helm, AG 1996, 434, 438. 118 Benckendorff, S. 88 mit Nachw. 119 Posner, AG 1994, 312, 318; allerdings kann daraus auch geschlossen werden, dass die Gesellschaft etabliert sei und aus diesem Grund keine Möglichkeit sehe zu investieren. 117

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Verglichen mit den negativen Auswirkungen einer Thesaurierung nicht sinnvoll im Unternehmen einsetzbaren Kapitals sind die Auswirkungen der Rückgabe von freien Mitteln an die Aktionäre wegen fehlender bzw. nicht erkannter Investitionsmöglichkeiten aber wohl weitgehend zu vernachlässigen.

B. Gefährdung der Gläubiger Dem Gläubigerschutz kommt im deutschen Gesellschaftsrecht ein hoher Stellenwert zu. Nach § 1 Abs. 2 S. 2 AktG haftet den Gesellschaftsgläubigern nur das Gesellschaftsvermögen. Die Aktionäre sind von jeglicher Haftung befreit120. Als Ausgleich für den Ausschluss der persönlichen Haftung der Gesellschaft soll den Gläubigern zumindest ein dem Grundkapital entsprechendes Gesellschaftsvermögen als Haftungsmasse zur Verfügung stehen121. Vor dem Hintergrund der Erfahrungen, die auf Grund der Weltwirtschaftskrise von 1929 bis 1931 gesammelt wurden, wird vertreten, der Erwerb eigener Aktien führe zu einer massiven Gefährdung der Interessen der Gläubiger an einem Erhalt des Haftungskapitals. Der Erwerb eigener Aktien komme wirtschaftlich einer Einlagenrückgewähr an die Aktionäre gleich und mindere das Haftungskapital der Gläubiger und die zur Begleichung der Verbindlichkeiten erforderliche Liquidität122. Im Folgenden ist daher zu untersuchen, ob diese Bedenken sachlich berechtigt sind und inwieweit der Aktienrückerwerb die Interessen der Gläubiger der Gesellschaft zu gefährden vermag. I. Exkurs: Begriff und Funktion des Grundkapitals Die Aktiengesellschaft hat ein in Aktien zerlegtes Grundkapital (§ 1 Abs. 2 AktG). Das Grundkapital bezeichnet den Kapitalbetrag, der bei der Gründung der Aktiengesellschaft durch Eigenmittel der Gründer mindestens aufzubringen ist (§§ 29, 36 Abs. 2 AktG) und dessen Nennbetrag mindestens 50.000 EUR betragen muss (§ 6 Abs. 1, § 7 AktG)123. 120

Vgl. nur Hüffer, AktG, § 1 Rn. 8. Wiedemann, GesellschaftsR, S. 557; Kübler, GesellschaftsR, S. 148 f.; Hüffer, AktG, § 1 Rn. 10. 122 Vgl. nur Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 71 Rn. 10; Geßler, AktG, § 71 Rn. 3; Peltzer, WM 1998, 322, 326 f.; Ziebe, S. 48; Hueck, S. 256. 123 Hüffer, AktG, § 6 Rn. 1; Kübler, GesellschaftsR, S. 160. Da das Grundkapital in Aktien zerlegt ist, ergibt sich seine Höhe durch Multiplikation des Aktiennennbetrags (§ 8 Abs. 1 u. 2 AktG) mit der Zahl der ausgegebenen Aktien. Sollte die Ak121

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Nennwert und Grundkapital haben im deutschen Recht traditionell die Funktion, nicht nur die Aufbringung, sondern auch die Erhaltung des Grundkapitals zum Schutz vor allem der Gläubiger sicherzustellen. Es geht dabei vor allem darum, zu verhindern, dass das zur Berichtigung der Gesellschaftsschulden erforderliche Gesellschaftsvermögen an die Aktionäre ausgeschüttet wird124. 1. Die Funktion des Grundkapitals

Der Nennbetrag des Grundkapitals ist eine von den Aktionären fixierte rechnerische Größe. Demzufolge ist das Grundkapital seiner Rechtsnatur nach nichts als eine satzungsmäßig fixierte Bilanzziffer, die im Jahresabschluss als Passivposten auszuweisen ist (§ 266 Abs. 3 A I HGB)125. Das Grundkapital der Aktiengesellschaft ist das verfassungsmäßige Garantiekapital der Gesellschaft126. Auf Grund der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung in § 1 Abs. 1 S. 2 AktG haftet für Verbindlichkeiten der Aktiengesellschaft nur das Gesellschaftsvermögen; die Gläubiger können sich gerade nicht an die Aktionäre halten. So treffen Verluste zunächst stets das Eigenkapital und dann erst das Fremdkapital. Die Existenz eines in der Satzung bezifferten Grundkapitals garantiert, dass die Aktiengesellschaft über Vermögenswerte verfügen muss, deren Gesamtwert wenigstens dem Betrag des Grundkapitals entsprechen127. 2. Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung

Das Aktienrecht sieht zahlreiche Regelungen vor, um sicherzustellen, dass das Gesellschaftsvermögen in Höhe der Grundkapitalziffer ordnungsgemäß aufgebracht und in der Folgezeit nicht zum Nachteil der Gläubiger an die Aktionäre zurückgezahlt wird. tiengesellschaft Aktien mit unterschiedlichen Nennbeträgen ausgegeben haben, folgt das Grundkapital aus der Addition der Teilprodukte. Bei Stückaktien tritt der auf die einzelne Aktie entfallende anteilige Betrag an die Stelle des Aktiennennbetrags (§ 8 Abs. 1 u. 3 AktG). 124 Kübler, Aktie, S. 36; Bezzenberger, Rn. 9 ff. 125 Kübler, GesellschaftsR, S. 160; Hüffer, AktG, § 1 Rn. 10. 126 Kübler, GesellschaftsR, S. 161. 127 Hüffer, AktG, § 1 Rn. 10. Vom Grundkapital streng zu unterscheiden ist das Gesellschaftsvermögen. Unter dem Gesellschaftsvermögen versteht man die Summe aller der Aktiengesellschaft zustehenden Vermögenspositionen. Der Wert des Gesellschaftsvermögens schwankt auf Grund laufender Gewinne und Verluste, etwa hervorgerufen durch geschäftliche Transaktionen der Gesellschaft oder Wertänderungen der Vermögensgegenstände. Vgl. Kübler, GesellschaftsR, S. 160.

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Über die Festschreibung des Grundkapitals in der Satzung hinaus ist dafür Sorge zu tragen, dass ein der Grundkapitalziffer entsprechendes Vermögen auch tatsächlich aufgebracht wird128. Des Weiteren gilt das Prinzip der Kapitalerhaltung, um das Gesellschaftsvermögen in Höhe des satzungsmäßig festgelegten Grundkapitals zum Schutz der Gläubiger zu erhalten. Es besteht daher das Verbot jeglicher Einlagenrückgewähr und Gewährung von Zinsen (§ 57 Abs. 1 und 2 AktG). An die Aktionäre darf nur der im Jahresabschluss festgestellte Bilanzgewinn ausgeschüttet werden (§ 57 Abs. 3 AktG). Jede Leistung an den Aktionär, die auf Grund seiner Mitgliedschaft erfolgt und nicht Verteilung von Bilanzgewinn ist, stellt demnach eine verbotene Einlagenrückgewähr dar129. Anders als bei § 30 GmbHG kommt es auch nicht darauf an, ob das zur Erhaltung des Grundkapitals erforderliche Gesellschaftsvermögen angegriffen wird130. Ebenfalls der Kapitalerhaltung dient die Bildung einer gesetzlichen Rücklage (§ 150 AktG), indem gebundenes Vermögen geschaffen wird, das dem zur Deckung des Grundkapitals erforderlichen Vermögen quasi als Pufferzone vorgelagert ist. Sie verhindert, dass geschäftliche Rückschläge das Gesellschaftsvermögen sofort unter den Betrag des Grundkapitals absinken lassen131. Dieses gebundene Vermögen steht für eine Ausschüttung an die Aktionäre nicht zur Verfügung (§§ 57 Abs. 3, 58 Abs. 4, 150 Abs. 3 und 4 AktG), sondern dient vielmehr dem bilanziellen Ausgleich zukünftig etwa entstehender Verluste. Daneben ist die freiwillige Bildung freier Rücklagen möglich, die nach Belieben wieder aufgelöst werden können. § 57 AktG dient nicht allein der Erhaltung des Grundkapitals, sondern gewährleistet eine Vermögensbindung schlechthin132. II. Gefährdung der Aufbringung des Haftungskapitals Bereits die Aufbringung des Grundkapitals der Gesellschaft wäre gefährdet, wenn die Gesellschaft eigene Aktien erwerben könnte, auf die der Nennbetrag oder der höhere Ausgabebetrag (Agio) noch nicht voll geleistet 128 Dafür stellt das Aktiengesetz strenge Voraussetzungen und Regelungen auf. Vgl. die Übersicht bei Hüffer, AktG, § 1 Rn. 11. 129 H.M.; vgl. RGZ 77, 11,13; 107, 161, 168; 149, 385, 400; OLG Frankfurt AG 1996, 324, 325; OLG Hamburg AG 1980, 275, 278; KG NZG 1999, 161; OLG Koblenz AG 1977, 231; Wiedemann, GesellschaftsR, S. 562; Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 57 Rn. 5; Hüffer, AktG, § 57 Rn. 2. 130 So schon RGZ 149, 385, 400. 131 Hüffer, AktG, § 150 Rn. 1; K. Schmidt, GesellschaftsR, S. 882; Kübler, GesellschaftsR, S. 202. 132 Vgl. nur Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 57 Rn. 5; Leithaus, S. 33.

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ist. Die Forderung der Gesellschaft auf Leistung der Einlage würde infolge Konfusion erlöschen, so dass der Kapitalziffer kein entsprechender Vermögenswert gegenüberstünde133. Dem Gläubiger stünde letztlich keine dem aus der Bilanz ersichtlichen Kapital entsprechenden Vermögenswerte zur Befriedigung seiner Forderungen zu Verfügung. Im Interesse des Gläubigerschutzes ist der Rückerwerb grundsätzlich auf voll eingezahlte Aktien zu beschränken (vgl. § 71 Abs. 2 S. 3 AktG). Nachteilig wirkt sich einer solche Beschränkung aber auf Gesellschaften aus, deren Aktien noch nicht oder nur teilweise eingezahlt sind; sie wären von der Durchführung eines Rückerwerbs ausgeschlossen134. III. Gefährdung der Erhaltung des Haftungskapitals Werden voll eingezahlte eigene Aktien zurückerworben, besteht infolge der Rückführung von Gesellschaftsvermögen an die Aktionäre die Gefahr, dass das zu Gunsten der Gläubiger bestehende Haftungskapital gemindert wird. Der Bestand des Haftungskapitals kann sowohl durch den Rückerwerb der Aktien an sich als auch durch die Zahlung eines überhöhten Erwerbspreises herbeigeführt werden. Ein unentgeltlicher Erwerb kann die Gläubiger jedoch nicht gefährden, da es in diesem Fall nicht zu einem Abfluss von Gesellschaftsvermögen an die Aktionäre kommt135. 1. Entgeltlicher Erwerb eigener Aktien

Erfolgt ein Erwerb eigener Aktien aus Gesellschaftsmitteln, handelt es sich dabei begrifflich um eine Einlagenrückgewähr im Sinne von § 57 AktG. Denn jede Verteilung von Gesellschaftsvermögen an die Aktionäre, die nicht aus dem ausschüttungsfähigen Bilanzgewinn stammt, ist nach § 57 AktG eine Einlagenrückgewähr, selbst wenn der Erwerb durch frei verfügbare Rücklagen gedeckt ist und das Grundkapital somit nicht angegriffen wird. Diese umfassende Vermögensbindung garantiert das Vorhandensein eines Haftungsfonds zu Gunsten der Gläubiger, der im Falle des Zusammenbruchs der Gesellschaft zur Befriedigung der Gläubiger zur Verfügung steht. Um den Erwerb eigener Aktien nicht von vornherein an der Rückerstattungspflicht nach § 62 AktG scheitern zu lassen, stellt § 57 133

Peltzer, WM 1998, 322, 327 mit Nachw. Benckendorff, Erwerb eigener Aktien, 1998, S. 86. 135 Leithaus, S. 52; Benckendorff, S. 85; Wiedemann, GesellschaftsR, S. 564; Hefermehl/Bungeroth, in: Geßler/Hefermehl, AktG, § 71 Rn. 105; Ziebe, S. 49. 134

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Abs. 1 S. 2 AktG die Fiktion auf, dass ein nach §§ 71 ff. AktG zulässiger Aktienrückerwerb nicht gegen § 57 Abs. 1 S. 1 AktG verstößt136. a) Eigenständiger Vermögenswert eigener Aktien? Es besteht zunächst kein Unterschied zwischen dem entgeltlichen Erwerb eigener Aktien und dem entgeltlichen Erwerb sonstiger Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens, insbesondere dem Kauf von Anteilen eines anderen Unternehmens. Die mit dem Erwerb einhergehende Reduzierung liquider Mittel gefährdet die Gläubiger nicht mehr und nicht weniger als der Kauf sonstiger Wirtschaftsgüter. Erwirbt die Aktiengesellschaft Anteile an einer anderen Gesellschaft, erhält sie gegen die Zahlung des Kaufpreises eine entsprechende Anzahl fremder Aktien, die gemäß §§ 266 Abs. 2 B III 3, 253, 255 HGB in der Bilanz als Umlaufvermögen zu aktivieren sind. Da die fremden Aktien einen Anteil am Vermögen der anderen Gesellschaft repräsentieren, fließt der erwerbenden Gesellschaft als Ausgleich für den gezahlten Kaufpreis mit den Aktien der anderen Gesellschaft ein entsprechender Vermögenswert zu137. Der Unterschied zwischen dem Erwerb eigener Aktien und sonstigen Wirtschaftsgütern besteht darin, dass die eigenen Aktien einen Anteil am eigenen Gesellschaftsvermögen repräsentieren. Die Gesellschaft erhält für ihren Kaufpreis einen Vermögensgegenstand, der in seinem Wert von dem Gesellschaftsvermögen, dem er zufließt, abhängig ist – und damit letztendlich auch von dem eigenen Wert. Die Behauptung, eigene Aktien hätten im Gegensatz zu sonstigen Wirtschaftsgütern – und hier insbesondere Aktien fremder Gesellschaften – keinen Vermögenswert, ist daher zumindest ungenau138. Ob den eigenen Aktien ein eigenständiger Wert zukommt, entscheidet die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft139. Solange sich diese positiv dar136

Hüffer, AktG, § 57 Rn. 20; Benckendorff, S. 85. Das gilt auch, wenn die Aktien zur Einziehung erworben werden oder auf Grund eines Hauptversammlungsbeschlusses nur mit Zustimmung der Hauptversammlung wieder veräußert werden dürfen. In diesen Fällen erfolgt zwar keine Aktivierung, sondern die offene Absetzung des Nennwertes bzw. rechnerischen Wertes der erworbenen eigenen Aktien vom gezeichneten Kapital und die Verrechnung der Differenz zum Kaufpreis mit frei verfügbaren Gewinnrücklagen (§ 272 Abs. 1 S. 4– 6 HGB). Aber auch in diesen Erwerbsfällen repräsentieren die Aktien einen entsprechenden Vermögenswert. Es wird lediglich auf bilanziellem Wege die tatsächliche Kürzung des Eigenkapitals aus Gründen der Bilanzklarheit vorweggenommen. 138 Benckendorff, S. 333. So aber ausdrücklich Ziebe, S. 47 f.; Würdinger, S. 60; Bezzenberger, Rn. 59; vgl. auch Martens, AG 1996, 337. 137

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stellt, ist es der Gesellschaft möglich, die eigenen Aktien wieder zu veräußern und einen entsprechenden Gegenwert zu erlösen140. Erst im Krisenfall zeigt sich der widersprüchliche Charakter der eigenen Aktien als aktivierungsfähiges Wirtschaftsgut einerseits und als Verkörperung der Beteiligung an der eigenen Gesellschaft andererseits. In einer Krise ist es der Gesellschaft nicht möglich, die Aktien zu dem bilanzierten Wert zu veräußern141. Die eigenen Aktien sind für die Gesellschaft vielmehr wertlos, da sie die Beteiligung am ohnehin geschrumpften bzw. aufgezehrten Gesellschaftsvermögen darstellen. Sie weisen angesichts des Risikos der Wertminderung keine kompensatorische Wertstabilität auf142. Bis zum Eintritt der Krise ist die Position der Gläubiger aber trotz des besonderen Charakters der eigenen Aktien nicht stärker beeinträchtigt als beim Erwerb anderer Wirtschaftsgüter143. b) Entgeltlicher Erwerb aus Gewinn oder freien Rücklagen Da aber das Grundkapital gerade für den Fall der Krise gedacht ist, in der den eigenen Aktien aber in der Regel eben kein eigenständiger Vermögenswert zukommt, könnte von einer generellen Gläubigergefährdung infolge des Rückerwerbs gesprochen werden, da das Garantiekapital zwar nicht unmittelbar gefährdet ist, seiner Funktion aber weitgehend beraubt wird. Gegen eine solche Schlussfolgerung spricht jedoch folgende Überlegung: Zwar handelt es sich bei dem Erwerb eigener Aktien um eine Ausschüttung von Gesellschaftsmitteln an die Aktionäre, die nicht als Dividendenzahlung aus dem Bilanzgewinn erfolgt, so dass begrifflich eine Einlagenrückgewähr im Sinne des § 57 Abs. 1 S. 1 AktG vorliegt, selbst wenn das Grundkapital dadurch nicht angetastet wird. Bei wirtschaftlicher Betrachtung liegt jedoch die Ausschüttung von Gesellschaftsvermögen vor, vergleichbar mit der Zahlung einer Dividende144. Erfolgt der Erwerb der eige139

Benckendorff, S. 84. Huber, in: FS Duden, S. 101, 137 u. 139, sieht in dieser Möglichkeit keinerlei Wert, da der Gesellschaft ohnehin jederzeit das Recht zustehe, im Wege der Kapitalerhöhung am Kapitalmarkt Kapital aufzunehmen. 141 Martens, AG 1996, 337, 341. 142 Vgl. Martens, AG 1996, 337. 143 So auch Benckendorff, S. 84; von Rosen/Helm, AG 1996, 434, 437 (in Fn. 39) u. 438. 144 Bezzenberger, Rn. 63 ff.; Hampel, S. 77; Günter/Muche/White, RIW 1998, 337, 341. Außer der Pflicht zur Rücklagenbildung beim Aktienrückerwerb, bei der es sich aber lediglich um einen erfolgsneutralen Passivtausch handelt, besteht handelsrechtlich kein materieller Unterschied zu der Ausschüttung liquider Mittel über die Dividendenzahlung. 140

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nen Aktien aus dem Bilanzgewinn oder frei verfügbaren Rücklagen, so bleibt das den Gläubigern als Haftungsgrundlage zugesicherte Kapital trotz des Aktienrückerwerbs unberührt. Von einer irregulären Liquidation von Gesellschaftsvermögen kann daher nicht gesprochen werden, solange der für den Rückkauf verwendete Betrag auch als Dividende hätte ausgeschüttet werden können145. Soweit der Erwerb der eigenen Aktien aus denselben Mitteln erfolgt, wie sie für Dividendenzahlungen zur Verfügung stehen, sind die Gläubigerinteressen nicht stärker gefährdet als bei der Auszahlung von Dividenden146. c) Entgeltlicher Erwerb aus dem Grundkapital oder gebundenen Rücklagen Erfolgt der entgeltliche Erwerb eigener Aktien dagegen zu Lasten des Grundkapitals oder der nicht für Ausschüttungen verfügbaren Rücklagen, fehlt es an der Vergleichbarkeit mit der Ausschüttung im Rahmen von Dividendenzahlungen. Indem das Haftungskapital angegriffen wird und die Gesellschaft als Gegenleistung für die ausgeschütteten Mittel mit den eigenen Aktien keine im Krisenfall realisierbaren Vermögenswerte erhält, wird das den Gläubigern der Gesellschaft garantierte Haftungskapital substantiell beeinträchtigt. Es steht in der wirtschaftlichen Krise der Gesellschaft nicht mehr zur Befriedigung der Gläubigerforderungen zur Verfügung. In diesem Fall liegt eine Gefährdung der Interessen der Gläubiger vor. Durch eine entsprechende Regelung muss daher sichergestellt werden, dass es nicht zu einer Ausschüttung aus dem Grundkapital oder aus gebundenen Rücklagen der Gesellschaft kommt. d) Exkurs: Gläubigerschutz trotz Aktienrückerwerb aus dem Haftungskapital? Im US-amerikanischen Rechtskreis herrscht die Ansicht vor, auf ein festes Grundkapital, das auf der Passivseite der Bilanz als gezeichnetes Kapital zum Nennwert ausgewiesen wird, könne verzichtet werden, da es im 145

Benckendorff, S. 85; Kübler, Aktie, S. 45. Hefermehl/Bungeroth, in: Geßler/ Hefermehl, AktG, § 71 Rn. 3; Ziebe, S. 48 und Huber, in: FS Duden, S. 137 wenden ein, es handele sich um die Teilliquidation von Gesellschaftsvermögen, übersehen aber, dass für die Dividendenzahlung das gleiche gilt. Ebenso wie die Dividendenzahlung geht auch der Rückerwerb zu Lasten des Gesellschaftsvermögens, so dass auf die Aktien nach erfolgter Ausschüttung ein geringerer anteiliger Betrag entfällt. 146 So auch Benckendorff, S. 85; Martens, AG 1996, 337, 341; Rosen/Helm, AG 1996, 434, 439; i. E. auch Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 71 Rn. 10.

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Hinblick auf den Gläubigerschutz funktionslos sei147. Das wird insbesondere mit dem scheinbar irreführenden Konzept des Nennkapitals begründet, das den Gläubigern keinen effektiven Schutz zu gewährleisten vermöge. So biete das Vorhandensein eines der Kapitalziffer entsprechenden Gesellschaftsvermögens keinen wirklichen Schutz gegen Verlustrisiken. Auch sei die gesetzlich vorgeschriebene Mindestkapitalausstattung nicht auf den effektiven Finanzbedarf und die Risiken eines bestimmten unternehmerischen Vorhabens ausgerichtet. Zudem könnten die Gläubiger ihre Interessen durch vertragliche Vereinbarungen mit der Gesellschaft in ausreichendem Maße sicherstellen: Denkbar seien dingliche bzw. persönliche Sicherheiten oder gegenüber kreditgebenden Banken sogar die Verpflichtung, sich einem bestimmten Finanzierungsverhalten zu unterwerfen148. Der Erhaltung des Gesellschaftsvermögens zum Schutz der Gläubiger soll entgegen der klassischen Konzeption, die eine Ausschüttung an die Aktionäre durch die Passivierung des Grundkapitals zum Nennwert in der Bilanz zu verhindern sucht, durch flexible Ausschüttungssperren sichergestellt werden. Damit sind u. a. die insolvency statues gemeint, die dem § 6.40 R.M.B.C.A. zu Grunde liegen. Ohne auf traditionelle Begriffe des Nennwertes oder Grundkapitals Bezug zu nehmen, wird allein darauf abgestellt, dass eine Ausschüttung von Gesellschaftskapital weder die Zahlungsfähigkeit (insolvency in equity) noch die Überschuldung (bankruptcy in law) der Gesellschaft bewirken darf149. Auf Grund des in der Praxis höheren Aussagewertes dieser Regelung und eines Zugewinns an Klarheit und Übersichtlichkeit wird der damit einhergehenden Reduzierung des Gläubigerschutzes nur geringe materielle Bedeutung beigemessen150. Nach US-amerikanischem Rechtsverständnis können sich die Gläubiger auf vertraglichem Wege wirksam selber schützen. Außerdem nützen die wirtschaftlichen Vorteile eines erweiterten Handlungsspiel147

Dazu Kübler, Aktie, S. 30 f. mit Nachw. Dazu unten Seite 316 ff. Vgl. ausf. Kübler, Aktie, S. 31 f. mit Nachw. Hinsichtlich Forderungen aus unerlaubter Handlung oder vergleichbaren gesetzlichen Schuldverhältnissen stehe dem Gläubiger ein unbeschränkt haftender Schuldner in Person des Handelnden zur Verfügung. Darüber hinaus sei eine Gesellschaft gegen fast alle Haftungsrisiken ausreichend versichert. Ansonsten besteht im US-amerikanischen Recht Einigkeit, dass die finanziellen Folgen darüber hinausgehender Schäden, wie Umweltschäden oder weitreichende Produktionsfehler, nicht durch generelle Kapitalisierungsvorschriften aufgefangen werden sollten. 149 Dazu ausf. Kübler, Aktie, S. 39. Eine modifizierte Regelung besteht in Kalifornien, wo nach § 500 Cal. Gen. Corp. Law eine Ausschüttung erst dann möglich ist, wenn frühere Verluste durch nachfolgende Gewinne ausgeglichen worden sind und die Aktiva die Passiva nach der Ausschüttung um das Eineinviertelfache übersteigen. 150 Kübler, Aktie, S. 40. 148

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raums des Finanzmanagements der Gesellschaft langfristig auch den Gläubigern151. Es wird deutlich, dass selbst der Erwerb eigener Aktien, der zu Lasten des Grundkapitals oder gebundener Rücklagen geht, nicht zwangsläufig zu einer Gefährdung der Gläubiger der Gesellschaft führen muss. Voraussetzung ist aber, dass – neben der generellen Aufgabe des traditionellen Nennkapitalsystems – alternative Ausschüttungsregelungen zur Verfügung stehen, die verhindern, dass das zur Berichtigung der Gesellschaftsschulden erforderliche Gesellschaftsvermögen als Gewinn an die Aktionäre abgeführt wird, und somit sicherstellen, dass ein Mindestmaß an Gläubigerschutz erhalten bleibt. e) Fazit Dem Gläubigerschutz wird bei dem entgeltlichen Erwerb eigener Aktien jedenfalls dann ausreichend Rechnung getragen, wenn der Erwerb mit Gesellschaftsvermögen erfolgt, das auch im Wege einer Dividendenzahlung an die Aktionäre hätte ausgeschüttet werden können; die Gläubiger haben keine gesicherte Aussicht auf den Zugriff auf diese Mittel152. Für sie macht es keinen Unterschied, ob das dabei verwendete Gesellschaftsvermögen im Wege der Dividendenzahlung oder durch einen Rückerwerb eigener Aktien an die Aktionäre zurückgegeben wird153.

2. Überhöhter Kaufpreis als verdeckte Einlagenrückgewähr

Gefahren für die Gläubiger können auch aus der Festsetzung eines überhöhten Erwerbspreises resultieren. Da der Erwerb eigener Aktien grundsätzlich eine Einlagenrückgewähr im Sinne von § 57 AktG ist, stellt § 57 Abs. 1 S. 2 AktG die Fiktion auf, die einen nach §§ 71 ff. AktG zulässigen Aktienrückerwerb von dem Verbot des § 57 Abs. 1 S. 1 AktG ausnimmt. Die Ausnahme bezieht sich jedoch allein auf den Erwerbsanlass und nicht auf die Frage der Preisgestaltung. Daher ist ein Erwerb zu einem erhöhten Erwerbspreis auf Grund des objektiven Missverhältnisses von Leistung und Gegenleistung eine verdeckte Einlagenrückgewähr und bleibt auch dann unzulässig, wenn dem Erwerbspreis frei verfügbare Rücklagen in gleicher Höhe gegenüberstehen154. 151

Kübler, Aktie, S. 40. Benckendorff, S. 86; Martens, AG 1996, 337, 341; Rosen/Helm, AG 1996, 434, 439. Der Erwerb eigener Aktien führt also gerade nicht zu einer Erhöhung des finanziellen Risikos der Gläubiger; so aber Posner, WM 1994, 312, 318. 153 Dazu schon oben Seite 89. 152

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In der Praxis bestehen insbesondere Schwierigkeiten bei der Preisgestaltung des Aktienrückkaufs. Besonderes Augenmerk ist daher auf die Angemessenheit des Erwerbspreises zu legen, damit es nicht zu einer verdeckten Einlagenrückgewähr an die verkaufenden Aktionäre zu Lasten der Gläubiger kommt.

C. Gefährdung der Aktionäre Der Erwerb eigener Aktien kann insbesondere auch mit Risiken für die Aktionäre der Gesellschaft verbunden sein. Der Aktienrückerwerb wirkt sich in erster Linie auf die Kapitalstruktur und das Vermögen der Gesellschaft aus. Daneben kann es zu einer Veränderung der Eigentümerstruktur kommen. Die Aktionäre können daher sowohl wirtschaftlich als auch in ihren Aktionärsrechten beeinträchtigt werden. I. Minderung des Kapitals Infolge des Erwerbs eigener Aktien kommt es zu einer Verringerung des der Gesellschaft zur Verfügung stehenden Eigenkapitals. Die dadurch herbeigeführte Beeinträchtigung der Fähigkeit der Gesellschaft eine wirtschaftliche Krise auf Grund fehlender Liquidität aus eigener Kraft zu überwinden, betrifft letztlich die Aktionäre als Eigentümer der Gesellschaft. Für sie besteht das Risiko, das in die Gesellschaft eingebrachte Kapital zu verlieren155. Dem stehen allerdings Wohlfahrtsgewinne des Aktionärs gegenüber, der entweder durch Teilnahme an dem Rückerwerb an der Ausschüttung des Gesellschaftsvermögens oder aber an zu erwartenden Kursgewinnen partizipiert. Außerdem kann das Risiko der Aktionäre dadurch gering gehalten werden, dass der Rückerwerb nur aus Mitteln erfolgt, die auch im Rahmen von Dividendenzahlungen hätten ausgeschüttet werden können. II. Einflussnahme auf Eigentümerstruktur Das Instrument des Erwerbs eigener Aktien verschafft der Verwaltung die Möglichkeit, auf die Eigentümerstruktur der Gesellschaft und damit auf die Stimmrechtsverhältnisse in der Hauptversammlung Einfluss zu nehmen156. 154 Hüffer, AktG, § 57 Rn. 8 ff. u. 20; Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 57 Rn. 33. Anders Bezzenberger, Rn. 67, der in dem Erwerb eigener Aktien über Marktpreis allein ein Problem der Gleichbehandlung von veräußernden und verbleibenden Aktionären sieht. 155 Leithaus, S. 28, 34.

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Indem die Verwaltung die eigenen Aktien nur von einzelnen Aktionären zurückerwirbt, verändern sich die Stimmrechtsanteile der anderen Aktionäre entsprechend. So ist es z. B. möglich, die Stellung eines der Verwaltung wohlgesinnten (Groß-)Aktionärs in der Hauptversammlung zu stärken. Außerdem kann die Eigentümerstruktur durch das gezielte Auskaufen unliebsamer Aktionäre beeinflusst werden157. Schließlich besteht die Möglichkeit, eigene Aktien im Rahmen der Wiederveräußerung nur an bestimmte Aktionäre zu veräußern, was ebenfalls eine Veränderung der Stimmrechtsverhältnisse in der Hauptversammlung zur Folge hat158. An den möglichen Vorgehensweisen ist bedenklich, dass sie der Verwaltung ermöglichen, Einfluss auf die eigene Kontrolle zu nehmen, indem sie opponierende oder unliebsame Aktionäre aus der Aktiengesellschaft herausdrängen kann. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Gesellschaft den Aktionären den Rückerwerb nur anbietet. Eine Pflicht zum Verkauf der Aktien seitens der Aktionäre besteht nicht. Dass gerade unzufriedene und opponierende Aktionäre frühzeitig zu einem Verkauf ihrer Anteile bereit sind, hängt damit zusammen, dass sie den Aktien in der Regel nur einen sehr geringen Wert zumessen und daher bereits einen geringen Erwerbspreis akzeptieren. Dennoch sollte der Handlungsspielraum der Verwaltung dahingehend eingeschränkt werden, dass ihr planmäßige Strukturveränderungen nicht möglich sind. Ein gänzliches Verbot des Rückerwerbs eigener Aktien kommt angesichts der für die Anleger zu verzeichnenden Vorteile nicht in Betracht. Durch die Regelung des Erwerbs- und Veräußerungsverhaltens könnte verhindert werden, dass die Verwaltung auf die Zusammensetzung der Gesellschafter Einfluss nehmen kann, ohne aber ihren Handlungsspielraum über Gebühr einzuschränken. In Frage kommen insbesondere gesteigerte Publizitätspflichten und die Verpflichtung zur strikten Einhaltung des aktienrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes159. Die mitgliedschaftlichen Rechte der Aktionäre könnten auch beeinträchtigt werden, wenn die Verwaltung die Stimmrechte aus zurückerworbenen eigenen Aktien für die Gesellschaft ausüben dürfte. Denn dadurch würde sie sich in der Hauptversammlung selber (mit-)kontrollieren und es könnte gegebenenfalls zu einer völligen Unabhängigkeit der Verwaltung kommen160. Als Lösung des Kompetenzkonflikts zwischen der Verwaltung und den Anteilseignern der Gesellschaft kommt nur das Ruhen der Stimmrechte für den Zeitraum, in dem die Gesellschaft die eigenen Aktien hält, in Betracht (vgl. § 71b AktG)161. 156 157 158 159 160

Peltzer, WM 1998, 322, 327. Hampel, S. 7 f.; Rosen/Helm, AG 1996, 434, 438. Benckendorff, S. 89. So auch Benckendorff, S. 90. Hefermehl/Bungeroth, in: Geßler/Hefermehl, AktG, § 71 Rn. 5.

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III. Gefahr der Ungleichbehandlung der Aktionäre Durch den Erwerb oder die Veräußerung eigener Aktien kann es auch ohne die gezielte Einflussnahme der Verwaltung auf die Eigentümerstruktur zu einer Ungleichbehandlung der Aktionäre kommen. Das geschieht immer dann, wenn die Aktionäre beim Erwerb der eigenen Aktien nicht entsprechend der Höhe ihrer jeweiligen Kapitalbeteiligung berücksichtigt werden. Nach dem in § 53a AktG normierten aktienrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz sind alle Aktionäre unter den gleichen Voraussetzungen gleich zu behandeln162. Der aktienrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz dient in erster Linie dem Schutz der Mitgliedschaft des einzelnen Aktionärs und der damit verbundenen Rechte vor Eingriffen der Gesellschaftsorgane, wenn diesen kein schutzwürdiges Interesse der Gesellschaft zu Grunde liegt163. Der einzelne Aktionär soll vor einer sachlich nicht gerechtfertigten und mithin willkürlichen Ungleichbehandlung geschützt werden. Erwirbt die Gesellschaft die Anteile nur von einzelnen Aktionären zurück oder erfolgt der Rückerwerb nicht entsprechend der individuellen Beteiligungsquoten, werden die Aktionäre benachteiligt, die keine Möglichkeit haben, ihre Aktien an die Gesellschaft zurückzuveräußern164. Selbst wenn der Rückerwerb allen Aktionären angeboten wird, kann es durch die Zahlung eines über dem Börsenkurs liegenden Preises zu einer ungerechtfertigten Bevorzugung der verkaufenden Aktionäre und damit zu einer Ungleichbehandlung kommen165. Eine Ungleichbehandlung der Aktionäre kann ebenso im Rahmen der Wiederveräußerung eigener Aktien auftreten, wenn die Gesellschaft ihre eigenen Aktien nur an einzelne Aktionäre ausgibt oder die Aktien den Aktionären zu unterschiedlichen Veräußerungspreisen anbietet. 161 Für ein striktes Verbot der Einflussnahme: Martens, AG 1996, 337; Claussen, DB 1998, 177, 179. 162 Hüffer, AktG, § 53 a Rn. 4; Lutter/Zöllner, in: Kölner Komm. AktG, § 53 a Rn. 6 ff. Die Vorschrift des § 53 a AktG hat lediglich klarstellenden Charakter, weil das Gleichbehandlungsgebot ein allgemeiner Grundsatz des Gesellschaftsrechts ist (BGHZ 33, 175, 186; 44, 245, 256; 120, 141, 150 f.; Hüffer, a. a. O., Rn. 1 mit Nachw.). 163 Hüffer, AktG, § 53a Rn. 4; Lutter/Zöllner, in: Kölner Komm. AktG, § 53 a Rn. 19. 164 Bedeutsam ist die Bevorzugung einzelner Aktionäre in einer wirtschaftlichen Krisensituation. Die verkaufenden Aktionäre können ihr Kapital noch vor dem Zusammenbruch der Gesellschaft retten. Auf diese Weise können insbesondere der Verwaltung nahestehende Aktionäre zum Schaden der verbleibenden Aktionäre der Gesellschaft Vermögen entziehen; vgl. Ziebe, S. 54. 165 Giger, S. 12 f.; Benckendorff, S. 90.

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Um eine Ungleichbehandlung zu verhindern, ist sicherzustellen, dass das Angebot zum Erwerb oder zur Veräußerung der eigenen Aktien an alle Aktionäre gleichermaßen gerichtet ist. Im Falle der Überzeichnung kann durch Repartieren die Gleichbehandlung sichergestellt werden. Eine Ungleichbehandlung ist nur dann zuzulassen, wenn eine sachliche Rechtfertigung gegeben ist. Eine Beschränkung auf bestimmte Rückerwerbs- oder Veräußerungsmethoden ist bei Geltung des allgemeinen aktienrechtlichen Gebotes der Gleichbehandlung nicht erforderlich. Die zulässigen Methoden lassen sich aus diesem ableiten166. Ergänzend kann durch umfassende Publizitätspflichten dafür gesorgt werden, dass alle Aktionäre gleichermaßen über die Umstände des geplanten Rückerwerbs informiert sind und ihr Anlageverhalten darauf entsprechend abstimmen können. IV. Wiederveräußerung mit Verlust Im Rückkauf eigener Aktien ist eine Investitionsentscheidung zu sehen, die – wie andere Investitionen auch – mit einem gewissen Risiko behaftet ist. Es besteht stets die Gefahr, dass die Verwaltung einer Fehleinschätzung im Hinblick auf die Entwicklung des Kurses der eigenen Aktien unterlegen ist167. Werden die eigenen Aktien später zu einem Preis veräußert, der unter dem Kaufpreis liegt, schmälert dies den auf jeden Aktionär entfallenden Gewinnanteil. Dieses Risiko besteht jedoch bei allen wirtschaftlichen Entscheidungen des Managements und ist nicht auf den Rückerwerb eigener Aktien beschränkt. Negative Kursschwankungen auf Grund von Fehleinschätzungen des Managements sind daher im hier erörterten Zusammenhang nicht weiter beachtlich. V. Abwehr feindlicher Übernahmen Da es der Verwaltung mit dem Erwerb eigener Aktien möglich ist, die Zusammensetzung der Aktionäre zu beeinflussen, steht ihr ein Instrument zur Abwehr einer Übernahmen der eigenen Gesellschaft durch ein anderes Unternehmen zur Verfügung168. Durch ein Übernahmeangebot versucht das 166 Zu den verschiedenen Rückerwerbsmethoden vgl. unten Seite 156 ff.; a. A. Rosen/Helm, AG 1996, 434, 439 sowie Martens, AG 1996, 337, 339, die für eine Beschränkung börsennotierter Gesellschaften auf einen Rückerwerb über die Börse eintreten. 167 Benckendorff, S. 88. 168 Rosen/Helm, AG 1996, 434, 438. Zum Erwerb eigener Aktien im Zusammenhang dem Versuch einer unfreundlichen Übernahme vgl. unten Seite 276 ff.

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bietende Unternehmen so viele Aktien der Zielgesellschaft zu erwerben, dass es genügend Stimmrechte auf sich vereint, um die Kontrolle in der Zielgesellschaft ausüben zu können169. Der Erwerb eigener Aktien eignet sich insbesondere deshalb als Abwehrinstrument, weil dadurch die für den Bieter erreichbaren Aktien verringert werden und auf Grund der Verknappung der frei verfügbaren Aktien der Börsenkurs gesteigert wird. Gelingt es der Zielgesellschaft, ausreichend eigene Aktien zurückzuerwerben kann eine Übernahme verhindert werden, weil das bietende Unternehmen nicht die für die Kontrolle erforderliche Stimmmehrheit erreicht oder eine Übernahme zu teuer wird170. Abwehrmaßnahmen der Zielgesellschaft können negative Auswirkungen für die Aktionäre nach sich ziehen, wenn sie von der Verwaltung der Gesellschaft genutzt werden, um die im Falle einer erfolgreichen Übernahme gefährdete eigene Position abzusichern171. Eine Übernahmeabwehr, die ausschließlich im Eigeninteresse des Managements erfolgt, verhindert den Austausch von ineffizienten Unternehmensleitungen und verbraucht Ressourcen, die der laufenden Geschäftstätigkeit der Gesellschaft nicht zur Verfügung stehen. Der Versuch des Managements, sich gegen äußere Einflüsse abzukapseln, reduziert die Wohlfahrt von Aktionären, die nicht am Rückkauf beteiligt sind172. Es kommt dann zu einem Kompetenzkonflikt zwischen der Verwaltung und den Aktionären als den eigentlichen Adressaten des Übernahmeangebotes. Allerdings würde ein Verbot des Aktienrückerwerbs im Rahmen von Übernahmesachverhalten den Handlungsspielraum der Gesellschaft über Gebühr einschränken. Es sind Situationen denkbar, in denen ein gewichtiges Interesse der Gesellschaft und ihrer Aktionäre besteht, eine Übernahme durch ein anderes Unternehmen abzuwehren173. Allerdings ist zu verhindern, dass es zu einem eigenmächtigen Vorgehen der Verwaltung der Zielgesellschaft kommt. Daher sollte der Einsatz des Aktienrückerwerbs zur Abwehr einer Übernahme an die Mitwirkung der Hauptversammlung gebunden werden. Nur so können die Aktionäre als die Adressaten des Übernahmeangebots ihre Interessen gegenüber einem eigenmächtigen Handeln des Vorstands wahren. Auch eine Beschränkung des Rückerwerbsvolumens könnte den Einsatz des Aktienrückerwerbs als Abwehrinstrument zumindest limitieren. 169

Leithaus, S. 31. Dazu unten Seite 287 ff. 171 Hampel, S. 78. 172 Hampel, S. 56. 173 Denkbar ist z. B., dass die Übernahme lediglich erfolgen soll, um einen unangenehmen Wettbewerber zu beseitigen. 170

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2. Teil: Grundlagen des Erwerbs eigener Aktien

D. Gefährdung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes Der Erwerb eigener Aktien ist geeignet, die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes negativ zu beeinflussen. Bereits im Vorfeld der Durchführung eines Rückerwerbs besteht wegen der zu erwartenden positiven Entwicklung des Börsenkurses die Gefahr, dass es zu einem Insiderhandel kommt. Der Erwerb eigener Aktien kann auch zu einer Manipulation der Marktpreise eingesetzt werden. Der Eingriff der Gesellschaft in das Marktgeschehen kann zu negativen Auswirkungen auf die Transparenz des Marktes führen. I. Gefahr der Kursbeeinflussung Der Markt kann den Ausgleich von Anbietern und Nachfragern nur dann möglichst effizient herbeiführen und damit eine bestmögliche Allokation der verfügbaren Mittel gewährleisten, wenn das Marktgeschehen frei von externen und u. U. auch manipulativen Einflüssen ist. Zudem können Eingriffe in das Marktgeschehen zu einem massiven Vertrauensverlust der Anleger führen. Indem die Gesellschaft ihre eigenen Aktien zurückerwirbt, greift sie in das Marktgeschehen ein. Sie beeinflusst Angebot und Nachfrage und die Bildung des Marktpreises der eigenen Anteile. Infolge der Beeinflussung der Preisbildung des Marktes beruht der Preis der Aktien nicht mehr allein auf dem Aufeinandertreffen von Angebot und Nachfrage des Anlegerpublikums. Sie kann für eine unnatürlich große Nachfrage bzw. ein ungewöhnliches Angebotsvolumen sorgen. Als verschiedene Formen der Kursbeeinflussung lassen sich die Kurspflege, die Kursstützung und die Kursmanipulation unterscheiden174. 1. Erwerb eigener Aktien zur Kurspflege und Kursstützung

Durch marktausgleichende An- und Verkäufe der eigenen Aktien kann die Gesellschaft zu einer beständigen Kursentwicklung beitragen. Der Erwerb eigener Aktien verhindert auf Grund seiner kurssteigernden Wirkung ein Absinken der Kurse. Umgekehrt kann die Gesellschaft zurückerworbene eigene Aktien veräußern, um auf diese Weise unerwünschte und überzogene Kurssteigerungen zu verhindern. Eine solche Kurspflege dient vor allem 174 Zu dieser terminologischen Unterscheidung vgl. Schäfer, WM 1999, 1345. Die Kurspflege wird – außer im Zusammenhang mit dem Erwerb eigener Aktien – insbesondere im Rahmen des Emissions- und Konsortialgeschäfts, zur Abwehr feindlicher Übernahmen, zum Erreichen eines bestimmten Kurses zu Bilanzstichtagen sowie zur Stabilisierung des Gesamtmarktes genutzt.

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dazu, das Vertrauen der Anleger durch Glättung unregelmäßiger Kursentwicklungen im Sekundärmarkt zu stärken175. Greift die Gesellschaft entgegen der generellen Tendenz des Marktes in den Handel ein, um einen Kursrückgang der eigenen Aktien zu vermeiden oder zumindest abzuschwächen, spricht man von einer Kursstützung. Dieser Eingriff ist wesentlich nachdrücklicher als der durch die Kurspflege herbeigeführte176. Die Unterscheidung zwischen kurspflegenden und kursstützenden Maßnahmen ist nicht immer genau zu treffen. Die Grenze ist insbesondere dann fließend, wenn ein genereller Markttrend nicht auszumachen ist177. 2. Auswirkungen der Kursmanipulation auf die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes

Hinsichtlich ihrer Wirkungsweise und Funktion sind Kurspflege- und Kursstützungsmaßnahmen abzugrenzen von der Kursmanipulation. Eine punktuelle Kurspflege bzw. -stützung kann wesentlich zu einer Stabilisierung des Kapitalmarktes beitragen und hat daher durchaus seine volkswirtschaftliche Berechtigung hat178. Der Bereich der Kurspflege wird jedoch verlassen, wenn die Gesellschaft den Erwerb eigener Aktien nutzt, um den Börsenkurs auf ein Niveau zu erhöhen oder ihn auf einem erhöhten Niveau zu halten, das allein auf Grund der freien Kräfte des Marktes nicht zu erreichen wäre179. Eine Kursmanipulation liegt in Anlehnung an § 20a WpHG dann vor, wenn die Zuverlässigkeit und Wahrheit der Preisbildung an den Börsen und 175 Kümpel, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 9.36. Kurssteigernde Kurspflegemaßnahmen können z. B. auch ergriffen werden bei der Abwehr von unfreundlichen bzw. feindlichen Übernahmeangeboten oder zum Erreichen eines bestimmten Kurses zu Bilanzstichtagen. Zur Kurspflege im Zusammenhang mit Bilanzierungsfragen vgl. Schäfer, WM 1999, 1345, 1346. 176 Schäfer, WM 1999, 1345; Kümpel, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 9.37. 177 Bedenken gegen die Zulässigkeit von Kurspflegemaßnahmen bestehen insbesondere, wenn sie gegen den Markttrend erfolgen und die Gefahr besteht, dass die Markt- bzw. Börsenpreise eine übergroße Differenz zum wahren Wert der Aktien aufweisen; Leithaus, S. 29. Zu den sch Schwierigkeiten bei der Bestimmung des Markttrends vgl. Bruchner/Pospischil, in: Hdb. Konzernfinanzierung, Rn. 11.56 ff. 178 Dazu unten Seite 271 ff. s. a. Begr. RegE zum 4. FFG, BT-Drucks. 14/8017, S. 90; Kraft/Altvater, NZG 1998, 448, 450. 179 Benckendorff, S. 91 f.; Giger, S. 10. Ausf. Weber, NZG 2000, 113 ff. Leithaus, S. 29, will die Grenze zwischen der Kursbeeinflussung und Kursmanipulation erst dort ziehen, wo sich die Verwaltung durch den Erwerb eigener Aktien dem Vorwurf des Insiderhandels aussetzt. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass eine Kursmanipulation nicht zwingend auf dem Gebrauch von Insiderinformationen beruhen muss; vgl. Assmann/Cramer, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 14 Rn. 35 f. mit Nachw.

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Märkten bewusst beeinträchtigt wird. Das ist regelmäßig dann der Fall, wenn eine bestimmte Kursentwicklung nur herbeigeführt werden kann, indem die Marktteilnehmer seitens der Gesellschaft über den tatsächlichen Wert der Aktie oder damit zusammenhängende kursrelevante Tatsachen getäuscht werden180. Damit unterscheidet sich die Kursmanipulation von dem gleichfalls verbotenen Insiderhandel, bei dem Verstöße lediglich durch das Ausnutzen – und nicht durch das bewusste Schaffen – von Informationsungleichgewichten herbeigeführt werden181. Die Gründe für eine Kursmanipulation sind vielfältiger Natur. Anlass kann die schlechte wirtschaftliche Lage der Gesellschaft sein. Ein erhöhter Kurs verdeckt die wirkliche Situation und erleichtert es der Gesellschaft in Krisenzeiten, neues Kapital von den Anlegern zu erhalten, das diese bei Kenntnis der wahren Sachlage niemals in die Gesellschaft investieren würden182. Außerdem ist die Kursmanipulation in Zusammenhang mit der Vergütung der Verwaltungsmitglieder durch stock options zu sehen. Durch das Herbeiführen einer Kurssteigerung können diese unmittelbaren Nutzen ziehen183. Die Möglichkeit von Kursmanipulationen beeinträchtigt in höchstem Maße das Vertrauen der Anleger in den Preisbildungsmechanismus der Börse184. Diese Gefahr besteht bereits dann, wenn die Anleger von der bloßen Möglichkeit von Manipulationen ausgehen. Außerdem besteht das Risiko, dass nach bekannt werden einer Manipulation der Börsenkurs der betreffenden Aktie stark einbricht und die Aktionäre, die zu einem überhöhten Preis gekauft oder ihre Aktien im Vertrauen auf eine stabile Kursentwicklung nicht verkauft haben, geschädigt werden. Auch potentielle Investoren werden bei ihren Investitionsentscheidungen über den wirklichen Marktwert, die Nachfrage und die voraussichtliche Entwicklung des Kurses getäuscht185. Damit schaden Manipulationen unmittelbar der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes, der die ihm zugewiesenen Aufgaben unter diesen Voraussetzungen nicht mehr erfüllen kann. Aus den genannten Gründen sind Kursmanipulationen unter allen Umständen zu verhindern. Das lässt sich durch präventive Maßnahmen, wie die Kopplung des Erwerbspreises an Preise vorangegangener Börsentage, ein 180

Schäfer, WM 1999, 1352. Schäfer, WM 1999, 1345 mit Nachw. Zur insiderrechtlichen Behandlung des Aktienrückerwerbs vgl. unten Seite 222 ff. 182 Benckendorff, S. 92; Giger, S. 10. 183 So wirkt sich ein möglicher Spekulationsgewinn seitens der Gesellschaft positiv auf eine mögliche Gewinnbeteiligung des Vorstands aus; vgl. Leithaus, S. 29. 184 Rosen/Helm, AG 1996, 434, 439; Benckendorff, S. 92. 185 Peltzer, WM 1998, 322, 327; Rosen/Helm, AG 1996, 434, 437. 181

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weitgehendes Verbot des laufenden Handels mit eigenen Aktien oder verstärkte Publizitätspflichten, aber auch durch ein repressives Vorgehen in Form von Strafvorschriften erreichen186. II. Insiderhandel Für den Insiderhandel ist charakteristisch, dass Marktteilnehmer Informationsvorsprünge zu ihrem persönlichen Vorteil ausnutzen187. Insiderhandel gilt bereits seit Anfang der dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts als Funktionsproblem des Kapitalmarktes und damit als rechtliches Regelungsproblem188. Ebenso wie bei der Problematik der Kursmanipulation wirkt sich auch beim Insiderhandel bereits die bloße Möglichkeit eines Vorkommens äußerst negativ auf das Vertrauen der Anleger in die Funktionsfähigkeit der Finanzmärkte aus. Das Fehlen eines Insiderhandelsrechts wird als Zeichen eines zurückgebliebenen Kapitalmarktregelungs- und -aufsichtssystems angesehen. Es besteht die Gefahr, dass infolge des Vertrauensverlustes die Reputation des Finanzplatzes ernsthaft Schaden nimmt und damit die internationale Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt werden kann189. Der Erwerb eigener Aktien ermöglicht es der Gesellschaft, den Börsenkurs positiv zu beeinflussen190. Die Kenntnis eines bevorstehenden Rückerwerbsprogramms ermöglicht es Insidern, wie z. B. den Mitgliedern der Verwaltung, ihren Informationsvorsprung zum Nachteil uninformierter Anleger zu nutzen. Um Informationsunterschiede, die einen Insiderhandel überhaupt erst möglich machen, zu egalisieren, ist ein hohes Maß an Markttransparenz erforderlich. Dies kann in erster Linie durch weitreichende Publizitätspflichten hergestellt werden. Kursrelevante Informationen dürfen nicht im exklusiven Besitz der Insider bleiben, sondern müssen unverzüglich veröffentlicht werden191. In dem Maße, in dem der Umfang an Informationen, die der Investor von der jeweiligen Gesellschaft erhält, erweitert wird, reduziert sich der Informationsvorsprung des Insiders. Publizitätspflichten zur 186

So auch Martens, AG 1996, 337, 338 u. 339; Benckendorff, S. 92. Benckendorff, S. 93; Begr. RegE zum 2. FFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 33. 188 Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, Vor § 12 Rn. 2. Bis zum Erlass des WpHG als Bestandteil des 2. FFG (BGBl. I 1994, S. 1749) gehörte Deutschland zu den wenigen Staaten weltweit mit einem entwickelten Kapitalmarkt, die über kein gesetzliches Insiderrecht verfügten. Das Anfang der siebziger Jahre eingeführte System der Selbstregulierung erfasste die betroffenen Kreise nur lückenhaft. 189 Vgl. Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, Vor § 12 Rn. 11. 190 Zahlen unten Seite 307 ff. 191 Hampel, S. 75; Rosen/Helm, AG 1996, 434, 440; Wastl, DB 1997, 461, 466. 187

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Verbesserung der Markttransparenz sind zusätzlich durch ein repressives Verbot zu ergänzen, um einen umfassenden Schutz sicherzustellen192. III. Mangelnde Markttransparenz Das Funktionieren des Marktes hängt im Wesentlichen vom Vertrauen der Kapitalanleger in die Seriosität und Integrität des Marktes ab193. Von großer Bedeutung ist die Transparenz des Marktgeschehens. Nur wenn den Anlegern alle relevanten Informationen vollständig und wahrheitsgemäß zur Verfügung stehen und die Informationsverteilung möglichst ausgeglichen ist, sind sie in der Lage, eine rationale Anlageentscheidung zu treffen. Auf einem transparenten Kapitalmarkt minimieren sich die Risiken der Anleger hinsichtlich des von ihnen investierten Kapitals, was wiederum ihr Vertrauen in den Markt stärkt. Durch den Erwerb und die Veräußerung eigener Aktien greift die Aktiengesellschaft unmittelbar in das Marktgeschehen ein. Die Planung und Durchführung der Maßnahme kann eine nicht unerhebliche Auswirkung auf den Marktwert der eigenen Aktien zur Folge haben. Daher besteht ein Interesse der Anleger, möglichst frühzeitig und umfassend über den Erwerb oder die Veräußerung der Aktien informiert zu werden, um das Marktgeschehen korrekt interpretieren und ihr zukünftiges Anlageverhalten entsprechend anpassen zu können. Ein früher Zeitpunkt der Veröffentlichung ist außerdem im Hinblick auf den Beseitigung von Insiderwissen relevant. Auf diese Weise wird dem betreffenden Sachverhalt die Qualität einer Insiderinformation genommen, so dass kein Marktteilnehmer einen Informationsvorsprung zum Nachteil anderer Anleger ausnutzen kann. Zum Schutz des Anlegerpublikums ist daher die umfassende Publizität des Erwerbs- bzw. Veräußerungsvorhabens im Vorfeld der konkreten Durchführung erforderlich. Nachträgliche Veröffentlichungs- und Bilanzierungspflichten dienen in erster Linie der Transparenz des Vorstandshandelns gegenüber der Hauptversammlung. Für das Verhalten des Anlagepublikums sind sie grundsätzlich nur von nachrangiger Bedeutung, da diese Informationen im Zeitpunkt der Anlageentscheidung (noch) nicht zur Verfügung stehen. Auch der bei einem Rückerwerb nach § 71 Abs. 1 Nr. 7 und Nr. 8 AktG zu treffende Hauptversammlungsbeschluss schafft nicht die erforderliche Transparenz. Zum einen wird durch die verbandsinterne Beschluss192 A.A. Hampel, S. 76: Der Aktienrückerwerb sei aus der allgemeinen Insiderproblematik auszunehmen, da ansonsten anreizfördernde Effekte für das Management beschnitten würden. 193 Begr. RegE zum 2. FFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 1, 33; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 8.175.

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fassung keine Information der Märkte bezweckt und auch nicht erreicht. Und zum anderen schafft er nur die Ermächtigung für ein Vorstandshandeln. Eine konkrete Verpflichtung, in einem bestimmten Zeitraum eine bestimmte Anzahl von Aktien zurückzuerwerben, ist damit in den meisten Fällen nicht verbunden, so dass stets weitere Informationen erforderlich sind, wenn die diesbezüglichen Planungen des Vorstands abgeschlossen sind. Um eine hinreichende Transparenz zu gewährleisten, sind die Aktiengesellschaften bereits im Vorfeld eines Rückerwerbs zu einer umfassenden Publizität zu verpflichten. Die entsprechenden Publizitätspflichten sollten bereits zu einem möglichst frühen Zeitpunkt entstehen. Es ist zu überlegen, ob die Schaffung einer gesonderten Publizitätspflicht für den Tatbestand des Erwerbs bzw. der Veräußerung eigener Aktien die erforderliche Transparenz besser gewährleisten kann als die bestehenden allgemeinen Publizitätspflichten194. IV. Verringerung der im Umlauf befindlichen Aktien Der Erwerb eigener Aktien verringert die Anzahl der am Kapitalmarkt verfügbaren Anteile. Betrachtet man den Gesamtmarkt, kommt es lediglich zu einer Umschichtung von Kapital, das in neue Anlagetitel investiert wird. Das einzelne Unternehmen mag zwar die Zahl seiner am Markt verfügbaren Anteile reduziert haben. Die den Aktionären zurückgegebenen Mittel verbleiben aber regelmäßig am Kapitalmarkt. Das auf diese Weise zurückgegebene ungenutzte Kapital wird dort investiert, wo es dingender benötigt wird und daher eine höhere Rendite erwirtschaftet. Eine Problem für den Kapitalmarkt würde sich nur dann ergeben, wenn alle am Sekundärmarkt gehandelten Unternehmen so viele eigene Aktien zurückerwerben würden, dass praktische keine Aktien mehr am Markt verfügbar wären. Die fehlende Liquidität des Marktes würde zu starken Kursschwankungen führen, den jederzeitigen Kauf und Verkauf verhindern und die Preisbildung erschweren. Die Funktionsfähigkeit des Marktes wäre damit nicht mehr gegeben. Dieses Risiko ist um so geringer, je breiter der Markt ausgebildet ist. In einem traditionell eher engen Kapitalmarkt, wie dem deutschen Markt, kann einer fehlenden Liquidität durch eine Beschränkung der maximal zu erwerbenden eigenen Aktien vorgebeugt werden.

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Zu den Publizitätspflichten vgl. unten Seite 251 ff.

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§ 6 Bewertung des Erwerbs eigener Aktien Der Erwerb eigener Aktien ist an vielen wichtigen Finanzmärkten der Welt ein etabliertes Finanzinstrument. Neben den anglo-amerikanischen Märkten, an dem der Rückerwerb bereits seit vielen Jahren praktiziert wird, können Gesellschaften u. a. auch in Japan, der Schweiz oder den Niederlanden eigene Aktien zurückerwerben195. In Deutschland wurde die Problematik des Erwerbs eigener Aktien nach Überwindung der Weltwirtschaftskrise von 1929 bis 1931 intensiv aufgearbeitet196. Die Diskussion beschränkte sich jedoch im Wesentlichen auf die möglichen Gefahren, die dem Erwerb eigener Aktien innewohnen. Dementsprechend wurde dieser hierzulande überwiegend negativ beurteilt. Die Vorteile, die der Erwerb eigener Aktien mit sich bringt, wurden nicht gesehen, die wenigen Ausnahmen vom Erwerbsverbot lediglich als notwendiges Übel akzeptiert197. Die Erkenntnis, dass die Attraktivität des deutschen Kapitalmarktes im Hinblick auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Finanzplatzes gesteigert und den Unternehmen mehr Flexibilität im Bereich des Finanzmanagements zugestanden werden muss, um eine mehr an den Interessen der Aktionäre ausgerichtete Unternehmenspolitik verfolgen zu können, hat seit den 1990er Jahren zu einem Umdenken in der Bewertung des Aktienrückerwerbs geführt198.

A. Gegenüberstellung der Vorteile und Risiken des Aktienrückerwerbs Durch die Möglichkeit, eigene Aktien zurückerwerben zu können, erhält das Finanzmanagement der Gesellschaft ein erhebliches Mehr an Handlungsspielraum, Flexibilität und Bewegungsfreiheit. Die Verwaltung wird in die Lage versetzt, rasch auf sich verändernde Kapitalmarktsituationen zu reagieren. Insbesondere die Möglichkeit zur Ausschüttung ungenutzter Liquidität bei stabilen Dividenden ist hierbei zu erwähnen. In Kombination 195 Vgl. die Nachw. bei Benckendorff, S. 93 f. Zum Erwerb eigener Aktien in Japan vgl. Takahashi/Kirchwehm, RIW 2003, 757 ff. 196 Nachw. bei Peltzer, WM 1998, 322 ff. 197 Vgl. nur Huber, in: FS Duden, 1977, S. 109, 137 ff.; Ziebe, S. 52 ff.; Hueck, S. 256 f. 198 Vgl. nur Kübler, Aktie, S. 62 ff.; Claussen, AG 1991, 10, 11; Eberstadt, WM 1996, 1809; Wastl/Wagner/Lau, S. 21 ff.; Martens, AG-Sonderheft, S. 83 ff. Zur Gültigkeit amerikanischer Erklärungsmuster in Deutschland vgl. Bezzenberger, Rn. 82 ff.

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mit der späteren Wiederveräußerung der eigenen Aktien ist es möglich, eine „vorübergehende Kapitalherabsetzung“ durchzuführen. Außerdem bietet der Aktienrückerwerb größere Gestaltungsspielräume bei der Gestaltung der Eigentümerstruktur der Gesellschaft. Die Zulässigkeit des Erwerbs eigener Aktien ist u. a. auch von großer Bedeutung bei der Übernahmeabwehr bzw. -finanzierung oder im laufenden Geschäftsbetrieb von Kreditinstituten. Zugleich verbessert die Möglichkeit des Aktienrückerwerbs die Funktionsfähigkeit und damit die Attraktivität des Kapitalmarktes. Die Allokationseffizienz des Kapitalmarktes wird durch den Aktienrückerwerb deutlich erhöht, da unternehmerisch nicht sinnvoll einsetzbare Liquidität an die Aktionäre ausgeschüttet wird und dem Kapitalmarkt für neue Investitionen zur Verfügung steht, anstatt ohne gewinnversprechende Investitionsmöglichkeit in der Gesellschaft zu verbleiben. Weitere positive Effekte sind in der Verringerung der Volatilität und der Verbesserung der Informationseffizienz der Märkte zu sehen. Die Verbesserung der Funktionsfähigkeit des deutschen Kapitalmarktes erleichtert den Gesellschaften die Aufnahme von Eigenkapital und stärkt ihre Position im internationalen Wettbewerb um die Anleger und deren Kapital. Allerdings birgt die Zulässigkeit des Aktienrückerwerbs auch gewisse Risiken. Betroffen sind der Gläubiger- und Aktionärsschutz, die Liquidität der Gesellschaft sowie die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes. Die Ausschüttung von Gesellschaftsvermögen durch den Aktienrückerwerb verringert die Liquidität der Gesellschaft und steigert den Verschuldungsgrad, was die Gesellschaft anfälliger für wirtschaftliche Krisen macht. Die Interessen der Gläubiger an einem Erhalt des ihnen zugesagten Garantiekapitals sind betroffen, da bei einem entgeltlichen Aktienrückerwerb Gesellschaftsvermögen an die Aktionäre ausgeschüttet wird und es damit faktisch zu einer Rückgewähr der Einlagen kommt. Ein uneingeschränkt zulässiger Aktienrückerwerb kollidiert damit zwangsläufig mit dem Prinzip des Gläubigerschutzes. Die Rechtsstellung der Aktionäre kann vor allem durch eine Ungleichbehandlung oder einen Eingriff der Verwaltung in die Aktionärsstruktur negativ berührt werden. Ein möglicher Konflikt zwischen den Aktionärsinteressen und den Interessen der Verwaltung kann auch bei einem Einsatz des Aktienrückerwerbs zur Übernahmeabwehr entstehen, da es möglich ist, dass die Verwaltung, entgegen der Interessen der Aktionäre oder des Unternehmens, die eigenen Aktien nur erwirbt, um dadurch die eigene Position zu sichern. Nicht von der Hand zu weisen sind auch die Risiken für die Funktionsfähigkeit der Märkte. Der Erwerb eigener Aktien kann zu einer Beeinflussung des Kurses genutzt werden, einen Insiderhandel ermöglich oder Intransparenz herbeiführen. Es besteht daher die Gefahr, dass die Funktionsfähigkeit

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des Kapitalmarktes durch den Aktienrückerwerb Schaden nimmt und das Vertrauen der Anleger verloren geht. Die Gegenüberstellung der Vorzüge und Risiken des Aktienrückerwerbs macht deutlich, dass das bisherige, restriktive Verständnis über die Zulässigkeit des Erwerbs eigener Aktien zumindest als deutlich überzogen einzustufen ist199. Im Hinblick auf die internationalen Anpassungszwänge, denen sich der deutsche Kapitalmarkt ausgesetzt sehen und die zunehmende globale Konkurrenz der Aktiengesellschaften um die Mittel der Anleger versprechen die mit dem Aktienrückerwerb einhergehenden Vorzüge eine deutliche Verbesserung zu bringen. Die mit dem Rückerwerb verbundenen betriebs- und volkswirtschaftlichen Vorteile überwiegen die möglichen Risiken bei weitem. Ein effektiver Schutz der Interessen von Anlegern und Gläubigern lässt sich durch entsprechende gesetzliche Vorkehrungen gewährleisten.

B. Befragung deutscher Aktiengesellschaften Das Deutsche Aktieninstitut e. V. hat Mitte des Jahres 1999 eine Befragung unter deutschen Aktiengesellschaften über den Erwerb eigener Aktien durchgeführt. Bei der Befragung gaben 77 von 337 ausgewerteten Aktiengesellschaften an, über eine Ermächtigung der Hauptversammlung zum Erwerb eigener Aktien zu verfügen, wobei zehn Gesellschaften bereits von der Ermächtigung Gebrauch gemacht hatten. Weitere 72 Unternehmen gaben an, noch 1999 bzw. 2000 eine Ermächtigung der Hauptversammlung einzuholen. Immerhin 77 Unternehmen wollten auch in Zukunft keine Ermächtigung der Hauptversammlung einholen. 16 von 28 Gesellschaften des DAX 30 hatten bereits eine solche der Hauptversammlung erhalten bzw. wollten der nächsten Hauptversammlung eine Erteilung vorschlagen. Erst zwei DAX-Gesellschaften hatten bereits bis Mai 1999 von der Ermächtigung Gebrauch gemacht und ein Rückkaufprogramm angekündigt (Schering AG, BASF AG)200. Die 77 Unternehmen, die bereits eigener Aktien verfügten, gaben als Aktien zurückzuerwerben, um diese können, dadurch die Kapitalstruktur 199

über eine Ermächtigung zum Erwerb Motiv dafür hauptsächlich an, eigene als Akquisitionswährung einsetzen zu verändern oder auf diese Weise über-

So Martens, AG 1996, 337, 338. DAI, Untersuchung, S. 7; vgl. auch Kellerhals/Rausch, AG 2000, 222, 224. Im DAX 100 verfügten Mitte 1999 insgesamt 25 Gesellschaften über eine Ermächtigung zum Aktienrückkauf; fünf Unternehmen hatten davon schon Gebrauch gemacht. Weitere zwanzig Unternehmen planten eine Ermächtigung in nächster Zeit. Eine Studie von Pellens/Schremper (BFuP 2000, 132 ff.), die von Dezember 1998 bis März 1999 durchgeführt wurde, erbrachte ähnliche Ergebnisse. 200

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schüssige Liquidität ausschütten zu können201. Als die bevorzugte Rückerwerbsmethode wurde der Erwerb über die Börse genannt. Von den zehn Unternehmen, die bereits eigene Aktien zurückerworben hatten, erfolgte der Erwerb in acht Fällen über die Börse und in zwei Fällen mittels eines Preisspannenangebots. Bemerkenswert ist, dass immerhin 64 Unternehmen eine Ermächtigung über den Erwerb von maximal 10 v. H. des Grundkapitals erhalten haben, womit der durch § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG gezogenen Spielraum vollständig ausgeschöpft wurde202. Der Preisrahmen ist im Allgemeinen so festgesetzt, dass von dem durchschnittlichen Börsenkurs an einer gewissen Zahl von Börsentagen vor dem Erwerbszeitpunkt in bestimmten prozentualen Grenzen nach oben und unten abgewichen werden kann, wobei die Spannweite von 5 v. H. bis 50 v. H. reicht203. Das Gesamtvolumen der betrachteten Rückerwerbsprogramme betrug ca. 15 Mrd. EUR, was 1,6 v. H. der Marktkapitalisierung und damit fast dem US-amerikanischen Niveau entspricht (ca. 1,9 v. H.), obwohl 109 der untersuchten Unternehmen noch keine Entscheidung über die Nutzung des Aktienrückerwerbs getroffen hatten204. Anhand der Untersuchung wird deutlich, dass der Aktienrückerwerb seit seiner Liberalisierung durch das KonTraG von 1998 von immer mehr deutschen Unternehmen genutzt wird und auch hierzulande bereits ein bedeutendes Volumen erreicht hat. Die Gesellschaften sehen dabei vor allem die mit dem Rückerwerb einhergehenden Vorteile und sind bestrebt diese in möglichst großem Umfang zu nutzen.

C. Fazit Die durch das Deutsche Aktieninstitut e. V. durchgeführte Befragung bestätigt die zuvor vorgenommene positive Einschätzung des Aktienrückerwerbs. Die bestehenden Einschränkungen, denen die Gesellschaft im Hinblick auf den Aktienrückerwerb unterliegt, sind daher einer kritischen Überprüfung zu unterziehen. Internationales Anlagekapital fließt vor allem in die Märkte, die optimale Rahmenbedingungen bieten. Der Wettbewerb um internationales Anlagekapital hat nur dann Erfolg, wenn ein funktionsfähiger Markt vorhanden ist 201

DAI, Untersuchung, S. 10 f. u. 13. Erst ein Unternehmen, das bereits eigene Aktien zurückerworben hatte, hatte den durch die Ermächtigung eingeräumten Rahmen für den Aktienrückerwerb bereits in vollem Umfang ausgenutzt. 203 DAI, Untersuchung, S. 10 f. Am häufigsten wurde eine prozentuale Abweichung von 5 v. H. und 10 v. H. genannt. 204 DAI, Untersuchung, S. 17. 202

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und die Interessen der Anleger nach einer Maximierung ihrer Renditen ausreichend berücksichtigt werden. Der Erwerb eigener Aktien kann auf Grund seiner vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von der Gesellschaft insbesondere im Hinblick auf eine an den Aktionärsinteressen orientierten Unternehmenspolitik und eine Stärkung der Position der Gesellschaft am Kapitalmarkt genutzt werden. Durch die damit einhergehende Steigerung der Akzeptanz der Aktie als Anlageform kommt es zugleich zu einer Stimulierung und Kräftigung des Kapitalmarktes an sich, was zu einer wesentlichen Verbesserung des Umfelds für die Eigenkapitalbeschaffung über den Kapitalmarkt führt. Im Rahmen der weiteren Untersuchung dürfen angesichts der Vorzüge jedoch nicht die Risiken außer Acht gelassen werden, die der Rückerwerb eigener Aktien insbesondere für die Aktionäre und Gläubiger der Gesellschaft sowie das Anlegerpublikum birgt.

Dritter Teil

Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien § 7 Erwerb eigener Aktien nach der europäischen Kapitalrichtlinie von 1976 Die Zweite gesellschaftsrechtliche Richtlinie vom 13. Dezember 1976 (sog. „Kapitalrichtlinie“)1 enthält eine ausführliche Regelung des Erwerbs eigener Aktien durch die Aktiengesellschaft2. Soweit die Kapitalrichtlinie diesbezüglich Mindestvoraussetzungen aufstellt, ist die betreffende Regelungsmaterie der Disposition des deutschen Gesetzgebers entzogen. Eine Regulierung oder Deregulierung ist dem deutschen Gesetzgeber damit nur in den durch die Richtlinie gesetzten Grenzen zulässig. Die europarechtliche Regelung des Aktienrückerwerbs ist darüber hinaus auch für die richtlinienkonforme Auslegung der entsprechenden Bestimmungen der §§ 71 bis 71e des deutschen Aktiengesetzes von wesentlicher Bedeutung.

A. Entstehungsgeschichte der Kapitalrichtlinie Der Rat der Europäischen Gemeinschaften hat die Kapitalrichtlinie am 13. Dezember 1976, gestützt auf seine Ermächtigung nach Art. 44 Abs. 2 lit. g EG (Art. 54 Abs. 3 lit. g EG a. F.)3, erlassen. Die Kapitalrichtlinie ist Teil der Koordinierungsmaßnahmen, die bereits acht Jahre zuvor mit der Ersten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie vom 9. März 1968 (Publizitätsrichtlinie)4 begonnen wurden und später ihre Fortsetzung in weiteren Richtlinien zum Gesellschaftsrecht fanden5. 1

Nachw. in Fn. 40 f. (2. Teil). Überblick bei Schwarz, Rn. 599 ff. 3 Nach Art. 44 Abs. 2 lit. g EG erlässt der Rat Richtlinien, um die Niederlassungsfreiheit innerhalb der Europäischen Gemeinschaft durch die Koordination der Bestimmungen, die zum Schutz von Gesellschaftern und Gesellschaftsgläubigern in dem Mitgliedstaaten bestehen, zu verwirklichen. Als Gesellschaften in diesem Sinne gelten nach Art. 48 Abs. 2 EG (Art. 58 Abs. 2 EG a. F.) die Gesellschaften des bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts einschließlich der Genossenschaften sowie die sonstigen juristischen Personen des öffentlichen und privaten Rechts mit Ausnahme solcher, die keinen Erwerbszweck verfolgen. 2

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

Bereits im März 1970 hatte die Kommission einen Vorschlag zum Erlass einer Zweiten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie erarbeitet6. Nach Stellungnahmen des Europäischen Parlaments7 und des europäischen Wirtschaftsund Sozialausschusses8 wurde der geänderte Vorschlag erst im November 1972 dem Rat zugeleitet. Dort nahmen ab dem 1. Januar 1973 die drei neuen Mitgliedstaaten Dänemark, Irland sowie Großbritannien an den Verhandlungen teil. Die Sachverständigen der neuen Mitgliedstaaten waren nicht an den Vorarbeiten der Arbeitsgruppe „Gesellschaftsrecht“ beteiligt gewesen. Daher fanden auf Grund der englische Rechtstradition neue Elemente in die Diskussion Einzug, die auf teilweise völlig anderen rechtlichen und wirtschaftlichen Gegebenheiten beruhten, als sie in den sechs alten, kontinentaleuropäischen Mitgliedstaaten vorhanden waren9. Die Umsetzung der Richtlinie in deutsches Recht erfolgte durch das Durchführungsgesetz vom 13. Dezember 1978, das am 1. Juli 1979 in Kraft getreten ist10. Die bisher einzige Änderung der Kapitalrichtlinie wurde auf Vorschlag der Kommission durch eine Änderungsrichtlinie vom 23. November 1992 vorgenommen11. Bereits in der ursprünglichen Richtlinie von 1976 sind die Beschränkungen des Rückerwerbs eigener Aktien durch die Gesellschaft auch auf Personen ausgedehnt worden, die in mittelbarer Stellvertretung für die Gesellschaft handeln. Durch den neu eingefügten Art. 24a wird nun auch der Erwerb durch andere Gesellschaften, an denen die Aktiengesellschaft mehrheitlich beteiligt ist oder bei der sie über einen beherrschenden Einfluss verfügt, den Beschränkungen der Richtlinie unterworfen. Damit soll verhindert werden, dass sich die Aktiengesellschaft einer anderen Gesellschaft bedient, um eigene Aktien zu erwerben. Eine entsprechende Regelung wurde vom deutschen Gesetzgeber bereits im Rahmen der Umsetzung der Kapitalrichtlinie von 1976 getroffen12. Eine 4 Erste Richtlinie des Rates v. 9. März 1968 (68/151/EWG) zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten, ABl. EG Nr. L 65 v. 14.3.1968; in deutsches Recht umgesetzt durch Gesetz vom 15.08.1969, BGBl. I S. 1146. 5 Ein umfassender Überblick über alle gesellschaftsrechtlichen Richtlinien findet sich bei Wiesner, ZIP 2000, 1792, 1799 ff. 6 KOM (70) 232 endg. = ABl. EG Nr. C 48 v. 24.4.1970, S. 8 ff. 7 ABl. Nr. C 114 v. 11.11.1971, S. 18 ff. 8 ABl. Nr. C 88 v. 6.9.1971, S. 1 ff. 9 Vgl. insges. Begr. RegE zum 2. KoordG, BT-Drucks. 8/1678, S. 9. 10 BGBl. I 1978, 1959. 11 Nachw. in Fn. 41 (2. Teil).

§ 7 Erwerb nach der europäischen Kapitalrichtlinie von 1976

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Umsetzung der Änderungsrichtlinie in deutsches Recht war daher nicht erforderlich13.

B. Zielsetzung und Gegenstand der Kapitalrichtlinie Die Kapitalrichtlinie verfolgt das Ziel, die Schutzbestimmungen, die im Interesse der Gesellschafter und Dritter, insbesondere der Gläubiger, im Hinblick auf die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Grundkapitals bestehen, zu koordinieren. Dadurch soll im Regelungsbereich der Richtlinie ein Mindestmaß an Gleichwertigkeit sowie ein einheitliches Mindestschutzniveau für (Minderheits-)Aktionäre und Gesellschaftsgläubiger in den Mitgliedstaaten hergestellt werden14. Um dieses Ziel zu erreichen, trifft die Richtlinie eine Grundentscheidung zu Gunsten des kontinentalen Systems eines festen und unantastbaren Eigenkapitals15. Dabei beschränkt sich die Richtlinie auf die Rechtsform der Aktiengesellschaft des deutschen Rechts bzw. ihr rechtlich und wirtschaftlich gleichstehende Gesellschaftsformen der anderen Rechtsordnungen16. Bei dieser Rechtsform werden rechtsangleichende Maßnahmen als besonders wichtig angesehen, weil sie in der wirtschaftlichen Praxis der Mitgliedstaaten eine vorherrschende Stellung einnehmen und ihre Aktivitäten häufig die Grenzen der Mitgliedstaaten überschreiten17. Im Einzelnen betreffen die Koordinierungsmaßnahmen die Bereiche der Gründung der Gesellschaft (Art. 2 bis 5), der Höhe des Grundkapitals (Art. 6), der Kapitalaufbringung (Art. 7 bis 14) und Kapitalerhaltung (Art. 15 bis 24a) sowie der Erhöhung und Herabsetzung des Grundkapitals (Art. 25 bis 40). Außerdem wird eine Sonderregelung für die Ausgabe von Belegschaftsaktien getroffen (Art. 41) sowie der Grundsatz der Gleichbehandlung der Aktionäre betont (Art. 42). Regelungsschwerpunkt der Richtlinie ist die Harmonisierung der Rechtsvorschriften über die Kapitalerhal12

Vgl. BGBl. I 1978, S. 1959. Schwarz, Rn. 567. 14 Richtlinie 77/91/EWG, ABl. EG Nr. L 26 v. 30.1.1977, S. 1. 15 Leithaus, S. 38 f.; Lutter, Europäisches Unternehmensrecht, S. 35. 16 Vgl. Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie. Die GmbH wurde nicht einbezogen, weil sie in wesentlichen Punkten anderen Grundsätzen folgt als die Aktiengesellschaften. Die KGaA wurde nicht einbezogen, weil sie in anderen Mitgliedstaaten z. T. als Personengesellschaft eingestuft wird. Die private companies des britischen und irischen Rechts fanden keine Berücksichtigung, weil sie – obwohl rechtlich Aktiengesellschaften – ihrer Zahl und wirtschaftlichen Funktion nach eher der GmbH gleichzustellen sind. Vgl. dazu Begr. RegE zum 2. KoordG, BT-Drucks. 8/1678, S. 9 f. 17 Richtlinie 77/91/EWG, ABl. EG Nr. L 26 v. 30.1.1977, S. 1. 13

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

tung18. Dabei nehmen die Vorschriften über den Erwerb eigener Aktien durch die Gesellschaft breiten Raum ein.

C. Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung Art. 6 bis 14 der Richtlinie enthalten Vorschriften zur Kapitalaufbringung. Sie legen eine feste – rechnerische – Kapitalziffer fest und stellen sicher, dass diese Kapitalziffer mit einem dem nominellen Betrag des Grundkapitals entsprechenden und der Gesellschaft tatsächlich zur Verfügung stehenden Vermögenswert ausgefüllt ist19. Die Art. 15 bis 24a enthalten Regelungen über die Kapitalerhaltung bei der Aktiengesellschaft20. Dabei wird zwischen der Ausschüttung von Gesellschaftskapital an die Aktionäre (Art. 15 und 16) und dem Erwerb eigener Aktien durch die Gesellschaft (Art. 18 bis 24a) unterschieden. Innerhalb der Vorschriften über den Erwerb eigener Aktien wird jedoch verschiedentlich auf die Bestimmungen über die Ausschüttung von Kapital verwiesen21. Den Ausschüttungsregelungen kommt daher grundlegende Bedeutung für die Systematik der europarechtlichen Kapitalerhaltung zu, in die auch der Erwerb eigener Aktien eingebettet ist. I. Ausschüttung an Aktionäre Um die Kapitalerhaltung sicherzustellen, setzt Art. 15 der Richtlinie abschließend Schranken für die Ausschüttung von Gesellschaftskapital an die Aktionäre fest22. Zentrale Vorschrift ist Art. 15 Abs. 1 lit. a der Richtlinie. Danach darf eine Ausschüttung an die Aktionäre nur erfolgen, wenn dadurch das bei Abschluss des letzten Geschäftsjahrs vom Jahresabschluss ausgewiesene Nettoaktivvermögen das Grundkapital zuzüglich der durch Gesetz oder Satzung zu bildende Rücklagen, aus denen keine Zahlung an Aktionäre erfolgen darf, nicht unterschreitet oder infolgedessen unterschreiten würde. Durch diese Regelung soll eine Minderung des Grundkapitals oder gesetzlicher bzw. gesellschaftsvertraglich festgesetzter Rücklagen 18

Richtlinie 77/91/EWG, ABl. EG Nr. L 26 v. 30.1.1977, S. 1. Dazu Leithaus, S. 39. 20 Dazu Schwarz, Rn. 595. 21 Verweise finden sich in Art. 19 Abs. 1 lit. c; 20 Abs. 1 lit. h; 20 Abs. 3; 23 Abs. 2; 39 lit. d, lit. g. 22 Unter einer Ausschüttung im Sinne der Richtlinie ist insbesondere die Zahlung von Dividenden und Zinsen an die Anteilseigner zu verstehen (Art. 15 Abs. 1 lit. d). Im vorliegenden Zusammenhang nicht relevant ist die Regelung des Art. 15 Abs. 2 und 3, der die Vornahme von Abschlagszahlungen auf Dividenden und die Durchführung der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln betrifft. 19

§ 7 Erwerb nach der europäischen Kapitalrichtlinie von 1976

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durch eine Ausschüttung von Gesellschaftsvermögen verhindert werden. Der verfügbare Betrag ergibt sich folglich aus dem Überschuss des Nettoaktivvermögens über die Summe aus gezeichnetem Kapital und gebundenen Rücklagen23. Flankiert wird diese Regelung von Art 15 Abs. 1 lit. c, der die Ergebnisverwendung betrifft. Der Betrag, der für eine Ausschüttung vorgesehen ist bzw. verwendet wird, darf den Betrag des nach Abschluss des letzten Geschäftsjahres erzielten Ergebnisses zuzüglich des Gewinnvortrags und der Entnahmen aus für eine Ausschüttung verfügbaren Rücklagen und vermindert um die Verluste aus früheren Geschäftsjahren sowie die nach Gesetz oder Satzung in Rücklagen einzustellenden Beträge nicht übersteigen. Auf diese Weise stellt die Richtlinie sicher, dass der Anteil des Ergebnisses, der kraft gesetzlicher oder statuarischer Anordnung in Rücklagen einzustellen ist, ebenso wenig für eine Ausschüttung verwendet werden kann, wie der Betrag, der zur Deckung eines Verlustvortrag aus vorangegangenen Geschäftsjahren erforderlich ist. Dagegen erhöhen ein Gewinnvortrag oder Entnahmen aus zur Ausschüttung verfügbaren Rücklagen den Betrag, der für eine Ausschüttung zur Verfügung steht. II. Rückgewähr verbotener Leistungen Wird Gesellschaftskapital entgegen der dargestellten Beschränkungen an die Aktionäre ausgeschüttet, ist der entsprechende Betrag von den Aktionären, die an der Ausschüttung teilgenommen haben, zurückzugewähren (Art. 16). Die Gesellschaft muss beweisen, dass den Aktionären der Verstoß gegen die Beschränkungen bekannt war oder sie darüber nach den gegebenen Umständen nicht in Unkenntnis sein konnten. Die Richtlinie lässt die Pflicht zur Rückgewähr damit bereits bei einfacher Fahrlässigkeit eintreten24. Die Beweislast folgt den allgemeinen Regeln: Die Gesellschaft muss das Vorliegen der Kenntnis oder fahrlässigen Unkenntnis als eine ihr günstige anspruchsbegründende Tatsache beweisen25.

23

Wird der Betrag des gezeichneten Kapitals, das noch nicht eingezahlt ist, nicht auf der Aktivseite der Bilanz ausgewiesen, so ist der Betrag des gezeichneten Kapitals um den Betrag des ausstehenden Kapitels zu vermindern (Art. 15 Abs. 1 lit. b). 24 So auch Begr. RegE zum 2. KoordG, BT-Drucks. 8/1678, S. 14; Hüffer, AktG, § 62 Rn. 1, 11 mit Nachw. 25 Hüffer, AktG, § 62 Rn. 12.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

D. Erwerb eigener Aktien durch die Aktiengesellschaft Vor Inkrafttreten der Richtlinie unterschied sich die Behandlung des Aktienrückerwerbs in den Mitgliedstaaten zum Teil erheblich26. Um ein europaweit einheitliches Mindestschutzniveau für das Gesellschaftskapital zu etablieren, war es daher erforderlich, den Aktienrückerwerb zu reglementieren. Die Einführung eines generellen Verbotes wurde von der Kommission ebenso wenig befürwortet, wie eine allgemeine Zulässigkeit27. Daher wurden die geltenden Regelungen der Mitgliedstaaten zu einer einheitlichen Regelung verbunden, wobei das deutsche Aktienrecht maßgeblichen Einfluss ausgeübt hat. I. Verbot des originären Erwerbs eigener Aktien Nach Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie darf die Gesellschaft keine eigenen Aktien zeichnen; der originäre Erwerb ist ihr untersagt. Dieses Verbot gilt dem Schutz der realen Kapitalaufbringung, denn der originäre Erwerb der Aktien würde zu einem Erlöschen der Einlageforderung durch Konfusion führen. Dem betreffenden Anteil am Grundkapital würde kein entsprechender Vermögenswert gegenüberstehen und das gezeichnete Kapital seine Funktion als Haftungskapital verlieren. Die Richtlinie ordnet jedoch nicht die Nichtigkeit des Erwerbs der eigenen Aktien an28. Vielmehr dehnt Art. 18 Abs. 3 die Haftung bei einem Verstoß gegen das Erwerbsverbot auf die Gründer der Gesellschaft, für den Fall der Kapitalerhöhung auf die Verwaltungsmitglieder, aus. Diese sind bei einem originären Erwerb eigener Aktien durch die Aktiengesellschaft verpflichtet, die entsprechenden Einlagen zu leisten. Die Mitgliedstaaten können in ihren jeweiligen Rechtsvorschriften jedoch eine Ausnahme vorsehen: Erbringt der Betroffene den Nachweis, dass ihn persönlich kein Verschulden an dem Verstoß trifft, wird er von einer Verpflichtung befreit. 26 In Ländern wie Großbritannien, Irland, Griechenland und Deutschland gab es ein generelles Rückerwerbsverbot mit nur einer geringen Zahl von Ausnahmen; in Belgien, Frankreich, Luxemburg und Italien galt der Grundsatz, dass Aktien niemals zu Lasten des Grundkapitals und immer nur aufgrund einer Ermächtigung durch die Hauptversammlung erworben werden durften, wobei teilweise eine Erwerbsgrenze von 10 v. H. des gezeichneten Kapitals bestand; in den Niederlanden durften die Gesellschaften dagegen bis zu 50 v. H. ihrer eigenen Aktien ohne Beschränkung auf frei verfügbare Gesellschaftsmittel zurückerwerben. Vgl. ausf. Ziebe, AG 1982, 175, 181 ff.; Leithaus, S. 44 f. 27 Erläuterung der Kommission zum Vorschlag der 2. Richtlinie, KOM (70) 232 endg. = ABl. EG Nr. C 48 v. 24.4.1970, S. 12; Leithaus, S. 45. 28 Benckendorff, S. 189.

§ 7 Erwerb nach der europäischen Kapitalrichtlinie von 1976

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Um eine Umgehung auszuschließen und die Kapitalaufbringung sicherzustellen, wird das Verbot auf den originären Erwerb durch Dritte, die Aktien in mittelbarer Stellvertretung für die Gesellschaft erwerben, ausgedehnt (Art. 18 Abs. 2). Der Erwerb gilt als für eigene Rechnung des mittelbaren Stellvertreters vorgenommen; dieser haftet persönlich für die Einlageforderung der Gesellschaft. II. Derivativer Erwerb eigener Aktien Die Art. 19 und 20 der Richtlinie enthalten eine detaillierte Regelung der Voraussetzungen und Ausnahmetatbestände für den Fall, dass ein Mitgliedstaat in seinen nationalen Rechtsvorschriften die Zulässigkeit des Erwerbs eigener Aktien vorsieht. In Abgrenzung zu Art. 18 der Richtlinie betriff diese Regelung nur den derivativen Erwerb eigener Anteile durch die Gesellschaft. Nach Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie ist es den Mitgliedstaaten überlassen, den Aktiengesellschaften den Erwerb eigener Aktien zu ermöglichen, wobei eine solche Regelung zahlreichen Mindestanforderungen unterworfen wird. Aus dem Vorschlag der Kommission29 und der Stellungnahme des europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses30 geht hervor, dass auf europäischer Ebene die Möglichkeit des Rückerwerbs eigener Anteile durchaus positiv beurteilt wird. Auch die Erwägungsgründe der Richtlinie sprechen nur von einer Begrenzung der Möglichkeiten des Erwerbs31. Dennoch lässt sich der Richtlinie weder eine generelle Verpflichtung der Mitgliedstaaten, den Erwerb eigener Aktien zuzulassen, noch ein diesbezügliches Verbot entnehmen. Die Richtlinie gibt keine Antwort auf die Frage nach der Zulässigkeit oder dem Verbot des Erwerbs eigener Aktien, sondern stellt Voraussetzungen für den Fall auf, dass ein Erwerb im konkreten Fall gestattet ist32. Die zentrale Frage – ob nämlich der Erwerb eigener Aktien in den Mitgliedstaaten überhaupt gestattet sein soll – bleibt damit der Entscheidung jedes einzelnen Mitgliedstaates vorbehalten33. Die mitgliedstaatliche Regelung kann demzufolge den Erwerb eigener Aktien unter den 29

KOM (70) 232 endg. = ABl. EG Nr. C 48 v. 24.4.1970, S. 12. ABl. EG Nr. C 88 v. 6.9.1971. 31 Richtlinie 77/91/EWG, ABl. EG Nr. L 26 v. 30.1.1977, S. 1. 32 Bezzenberger, Rn. 29. Benckendorff, S. 189, ist dagegen der Ansicht, die Richtlinie gehe nicht von einem Verbot des Erwerbs eigener Aktien aus, sondern statuiere eine Erlaubnis des Erwerbs unter gewissen Beschränkungen. 33 Erläuterungen der Kommission zum Vorschlag zur 2. Richtlinie, KOM (70) 232 endg. = ABl. EG Nr. C 48 v. 24.4.1970, S. 12; Skog, ZGR 1997, 306, 312; Leithaus, S. 46. 30

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

genannten Voraussetzungen generell zulassen oder etwa als Verbot mit Erlaubnistatbestand ausgestalten. Da es das Ziel der Richtlinie ist, ein Mindestschutzniveau sicherzustellen, steht es den Mitgliedstaaten frei, eine Regelung treffen, die weit über die in der Richtlinie statuierten Voraussetzungen hinausgeht. Eine mitgliedstaatliche Regelung, die ein generelles Verbot des Aktienrückerwerbs vorsieht, ist zulässig, fällt mangels „Gestattung“ jedoch nicht in den Regelungsbereich der Art. 19 ff. der Richtlinie. Die umfangreichen und detaillierten Vorgaben der Art. 19 und 20 der Kapitalrichtlinie lassen dem mitgliedstaatlichen Gesetzgeber auf den ersten Blick ansonsten allerdings nur wenig Regelungsspielraum für die Umsetzung in nationales Recht34. 1. Formelle Voraussetzungen des Erwerbs eigener Aktien

Der Erwerb eigener Aktien ist der Gesellschaft nur möglich, wenn der Erwerb zuvor von der Hauptversammlung genehmigt wurde (Art. 19 Abs. 1 lit. a). Darin liegt eine Kompetenzzuweisung zu Gunsten der Hauptversammlung35. Die Geschäftsführungsbefugnis der Verwaltung wird durch diese formelle Voraussetzung entsprechend eingeschränkt. Der Beschluss der Hauptversammlung muss den in Art. 19 Abs. 1 lit. a der Richtlinie genannten Mindestanforderungen genügen. In dem förmlichen Beschluss sind die Einzelheiten des vorgesehenen Erwerbs festzulegen. Insbesondere muss der Beschluss die Höchstzahl der zu erwerbenden Aktien, die Geltungsdauer der Genehmigung und bei entgeltlichem Erwerb den niedrigsten und höchsten Erwerbspreis enthalten. Das schließt nicht aus, dass der Beschluss der Hauptversammlung weitere Einzelheiten regeln kann, wie z. B. spezielle Modalitäten oder eine bestimmte Vorgehensweise des Vorstands bei Erwerb der eigenen Aktien. Die Geltungsdauer der Genehmigung darf achtzehn Monate ab dem Zeitpunkt der Beschlussfassung nicht überschreiten. Da die Geltungsdauer konkret angegeben werden muss, kann auf Grund des insoweit eindeutigen Wortlautes der Richtlinie bei einem Fehlen der Angabe in dem Beschluss nicht durch Auslegung auf die Höchstfrist von achtzehn Monaten zurückgegriffen werden. Nach Ablauf der Geltungsdauer erlischt die Genehmigung. Der Vorstand muss, will er darüber hinaus Aktien zurückerwerben, eine neue Genehmigung von der Hauptversammlung einholen. 34 35

Benckendorff, S. 189. Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19 d.

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Problematisch ist die Pflicht zur Angabe eines niedrigsten und höchsten Erwerbspreises insbesondere bei börsennotierten Gesellschaften. Bei der Untergrenze besteht die Gefahr, dass der Kurs unter diesen Wert absinkt. Die Höchstgrenze kann am Markt den Eindruck erwecken, seitens der Gesellschaft – und insbesondere des Vorstands – werde ein weiteres Ansteigen des Kurses nicht erwartet. Eine Festsetzung derartiger Erwerbskurse könnte sich äußerst negativ auf den Börsenkurs der eigenen Aktien auswirken. Die Bestimmung der Richtlinie ist daher so zu verstehen, dass der Pflicht zur Festlegung eines niedrigsten und höchsten Erwerbspreises auch durch die Angabe prozentualer Abweichungen von dem zum Zeitpunkt der Ankündigung des Rückerwerbs aktuellen Börsenkurses erfüllt wird36. Die Mitgliedstaaten können gemäß Art. 19 Abs. 2 S. 1 auf das Erfordernis der vorherigen Genehmigung durch die Hauptversammlung verzichten, sofern der Erwerb notwendig ist, um „einen schweren unmittelbar bevorstehenden Schaden“ von der Gesellschaft abzuwenden. Dadurch soll dem Vorstand die Möglichkeit eröffnet werden, schnell auf ein unvorhergesehenes Ereignis zu reagieren, ohne zunächst eine außerordentliche Hauptversammlung einberufen zu müssen37. In diesem Fall muss die nächste Hauptversammlung durch den Vorstand über die Gründe und den Zweck des Erwerbs, die Zahl und den Nennbetrag bzw. rechnerischen Wert der erworbenen Aktien, über deren Anteil am Grundkapital sowie über den Gegenwert der Aktien informiert werden (Art. 19 Abs. 2 S. 2). Eine Genehmigung ist auch dann nicht erforderlich, wenn Aktien zurückerworben werden, um sie an Arbeitnehmer der Gesellschaft oder verbundene Unternehmen auszugeben (Art. 19 Abs. 3 S. 1). In diesem Fall entfällt auch eine Unterrichtungspflicht der nächsten Hauptversammlung. Allerdings müssen die Aktien innerhalb von 12 Monaten, gerechnet vom Zeitpunkt des Erwerbs, an die Arbeitnehmer ausgegeben werden (Art. 19 Abs. 3 S. 2). 2. Materielle Voraussetzungen des Erwerbs eigener Aktien

Materielle Beschränkungen des Rückerwerbs eigener Aktien enthält Art. 19 Abs. 1 lit. b bis lit. d der Richtlinie. Die Einhaltung dieser materiellen Voraussetzungen des Rückerwerbs sind von den Mitgliedern der Verwaltungs- und Leitungsorgane zum Zeitpunkt des Erwerbs zu beachten (Art. 19 Abs. 1 lit. a S. 2).

36 37

Leithaus, S. 47. Leithaus, S. 50.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

a) Beschränkung des Umfangs Nach Art. 19 Abs. 1 lit. b darf der Nennbetrag der von der Aktiengesellschaft zurückerworbenen und noch gehaltenen Aktien oder, falls es sich nicht um Nennbetragsaktien handelt, ihr rechnerischer Wert nicht mehr als 10 v. H. des gezeichneten Kapitals betragen38. Dabei sind der Nennbetrag bzw. der rechnerische Wert der gerade erworbenen Aktien und der bereits früher erworbenen und von der Gesellschaft zum Zeitpunkt des Neuerwerbs noch gehaltenen Aktien zusammenzuzählen39. Aktien, die die Gesellschaft bereits wieder veräußert hat oder Aktien, die nach dem Erwerb ihre Wirksamkeit verloren haben, zählen nicht mit. b) Erhaltung des Grundkapitals und der gebundenen Rücklagen In Art. 19 Abs. 1 lit. c verweist die Richtlinie auf die Kapitalerhaltungsvorschrift des Art. 15 Abs. 1 lit. a. Danach dürfen für den Erwerb eigener Aktien nur Mittel verwendet werden, die auch nach der für alle Ausschüttungen an die Aktionäre geltenden allgemeinen Kapitalgrenze hätten ausgeschüttet werden können. Daher darf die Gesellschaft eigene Aktien nur zurückerwerben, wenn das Nettoaktivvermögen größer ist als der Betrag des gezeichneten Kapitals zuzüglich der gesetzlichen und satzungsmäßigen Rücklagen40. Der Rückerwerb eigener Aktien unterfällt den Regelungen zur Erhaltung des Kapitals wie sie generell bei Ausschüttungen an die Aktionäre gelten. Die Richtlinie stellt somit einheitliche Vorgaben hinsichtlich des für Ausschüttungen an die Aktionäre zur Verfügung stehenden Gesellschaftsvermögens auf. c) Voll eingezahlte Aktien Die Gesellschaft darf grundsätzlich nur bereits voll eingezahlte Aktien erwerben (Art. 19 Abs. 1 lit. d). Durch diese Beschränkung wird verhindert, dass die Forderung der Gesellschaft auf Leistung der Einlage infolge Konfusion erlischt, Das würde gegen den Grundsatz der Kapitalaufbringung verstoßen, weil das Kapital auf seinen ursprünglichen Betrag festgesetzt bliebe41. 38 Der ursprüngliche Richtlinienentwurf sah sogar eine Grenze von 25 v. H. vor. Die Grenze von 10 v. H. galt ursprünglich nur beim Erwerb eigener Aktien zur Vermeidung von schweren Schäden für die Gesellschaft. Vgl. Vorschlag der Kommission zur 2. Richtlinie, KOM (70) 232 endg. = ABl. EG Nr. C 48 v. 24.4.1970, S. 12 f. u. 19. 39 Zzgl. der Aktien, die der Gesellschaft zuzurechnen sind; vgl. unten Seite 124. 40 Vgl. ausf. oben Seite 112.

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d) Einhaltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes Der Grundsatz der Gleichbehandlung der Aktionäre ist in Art. 42 für den gesamten Regelungsbereich der Richtlinie festgeschrieben. Daher darf die Gesellschaft eigene Aktien nicht ausschließlich oder vorrangig oder zu einem überhöhten Preis von bestimmten Aktionären zurückerwerben42. Der Wirtschafts- und Sozialausschuss hat darauf hingewiesen, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz zumindest bei einem Erwerb über die Börse gewahrt bleibe43, was so ausdrücklich allerdings keinen Niederschlag in der endgültigen Richtlinie gefunden hat. 3. Ausnahmen von den Beschränkungen

Hinsichtlich der in Art. 20 der Richtlinie aufgeführten Erwerbstatbestände ist es den Mitgliedstaaten freigestellt, ob sie den Erwerb eigener Aktien den formellen und materiellen Beschränkungen des Art. 19 unterwerfen. Nachdem in dem ursprünglichen Vorschlag der Kommission als Ausnahme nur der Erwerb eigener Aktien im Zuge einer Kapitalherabsetzung, durch Fusion sowie im Wege der Gesamtrechtsnachfolge vorgesehen war, wurde der Katalog bis zur endgültigen Verabschiedung der Richtlinie noch erheblich ausgeweitet44. Es werden Tatbestände geregelt, die entweder den Grundsatz der Kapitalerhaltung nicht beeinträchtigen, die nicht rechtsgeschäftlicher Natur sind oder die einen Erwerb aus berechtigten Interessen des Unternehmens zwingend erforderlich machen45. a) Ausnahmenkatalog Die in Art. 20 Abs. 1 lit. a der Kapitalrichtlinie genannte Ausnahme betrifft den Erwerb eigener Aktien im Zuge einer Kapitalherabsetzung. Diese Ausnahme korrespondiert mit der Regelung in Art. 15 Abs. 1 lit. a der Richtlinie, wonach sich eine Kapitalherabsetzung nicht innerhalb der Kapitalgrenze halten muss. Das Vermögen wird durch diese Maßnahme nicht (mehr) angetastet. Bereits als rückerwerbbar ausgegebene Aktien müssen 41 Erläuterung der Kommission zum Vorschlag der 2. Richtlinie, KOM (70) 232 endg. = ABl. EG Nr. C 48 v. 24.4.1970, S. 13. 42 Vgl. Leithaus, S. 49. 43 Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Vorschlag der Kommission, ABl. EG Nr. C 88/1 ff. v. 6.9.1971, S. 4. 44 Erläuterung der Kommission zum Vorschlag der 2. Richtlinie, KOM (70) 232 endg. = ABl. EG Nr. C 48 v. 24.4.1970, S. 19; dazu Leithaus, S. 51. 45 Benckendorff, S. 192; Leithaus, S. 52.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

ebenfalls nicht den Beschränkungen des Art. 19 unterworfen werden; sie unterliegen den detaillierten Vorschriften des Art. 39 der Richtlinie (Art. 20 Abs. 1 lit. a). Des Weiteren kann hinsichtlich des Erwerbs eigener Aktien durch Gesamtrechtsnachfolge (Art. 20 Abs. 1 lit. b) und des Zwangserwerbs zu Gunsten von Minderheitsaktionären im Rahmen einer Unternehmensumstrukturierung (Art. 20 Abs. 1 lit. d) von einer Anwendung des Art. 19 abgesehen werden. Dadurch wird vermieden, dass die Gesellschaft auf Transaktionen, mit denen auch ein Erwerb eigener Aktien verbunden ist, verzichten muss46. Auch der unentgeltliche Erwerb eigener Aktien durch die Gesellschaft kann ohne Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 19 erfolgen, wenn diese nur voll eingezahlt sind. Eine Gefährdung des Grundkapitals ist bei einem unentgeltlichen Erwerb grundsätzlich ausgeschlossen. Voll eingezahlte eigene Aktien können auch von Banken oder anderen Finanzinstituten ohne die Beschränkungen des Art. 19 erworben werden, wenn der Erwerb im Rahmen einer Einkaufskommission geschieht (Art. 20 Abs. 1 lit. c). Der Erwerb zur Abfindung von Minderheitsaktionären verbundener Gesellschaften tangiert das Vermögen der Gesellschaft nur kurzfristig. Aus diesem Grund kann ein Erwerb eigener Aktien zu diesem Zweck ebenfalls von den Voraussetzungen des Art. 19 der Richtlinie ausgenommen werden (Art. 20 Abs. 1 lit. f). Der Erwerb eigener Aktien zur Erfüllung von gegenüber der Gesellschaft bestehenden Verbindlichkeiten ist Gegenstand des Art. 20 Abs. 1 lit. e und lit. g. Diese Regelung erfasst den Erwerb eigener Aktien von einem Aktionär, der seine Einlage nicht leistet, sowie den Erwerb eigener Aktien zur Kompensation einer offenen Forderung gegen den Aktionär, wenn diese im Rahmen einer gerichtlichen Versteigerung von dem Aktionär erworben werden. Die Aktien müssen dann allerdings voll eingezahlt sein. Art. 20 Abs. 1 lit. h betrifft schließlich den Erwerb voll eingezahlter eigener Aktien durch Investmentgesellschaften47. b) Veräußerungspflicht Die in den Fällen der Art. 20 Abs. 1 lit. b bis lit. g erworbenen eigenen Aktien – nicht erfasst ist der Rückerwerb im Rahmen einer Kapitalherabsetzung – sowie rückerwerbbare Aktien (Art. 39) oder eigene Aktien, die von 46

Leithaus, S. 52. Diese Regelung erfolgte mit Rücksicht auf die bestehenden gesetzlichen Besonderheiten in Irland und Großbritannien; dazu Leithaus, S. 52. 47

§ 7 Erwerb nach der europäischen Kapitalrichtlinie von 1976

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einer Investmentgesellschaft erworben wurden (Art. 20 Abs. 1 lit. h), müssen spätestens drei Jahre nach ihrem Erwerb wieder veräußert worden sein, wenn ihr Nennwert oder ihr rechnerischer Wert zuzüglich des Wertes der aus früheren Erwerbsvorgängen gehaltenen eigenen Aktien 10 v. H. des Grundkapitals übersteigt (Art. 20 Abs. 2). Damit wird gewährleistet, dass die Gesellschaft zwar vorübergehend eigene Aktien von mehr als 10 v. H. des gezeichneten Kapitals erwerben kann, diese Grenze aber nicht auf Dauer überschritten wird48. Werden die Aktien innerhalb dieser Frist nicht veräußert, müssen sie für nichtig erklärt werden (Art. 20 Abs. 3 S. 1). Die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten können die Nichtigerklärung von der Herabsetzung des gezeichneten Kapitals um einen entsprechenden Betrag abhängig machen (Art. 20 Abs. 3 S. 2). Eine Herabsetzung hat zwingend zu erfolgen, wenn der Erwerb der für nichtig zu erklärenden Aktien dazu geführt hat, dass das Nettoaktivvermögen den in Art. 15 Abs. 1 lit. a der Richtlinie genannten Betrag unterschreitet (Art. 20 Abs. 3 S. 3). Der Richtlinientext enthält jedoch nur eine sehr ungenaue Bezeichnung der zu veräußernden Aktien: Danach erstreckt sich die Veräußerungspflicht auf sämtliche Aktien, die nach Art. 20 Abs. 1 lit. b bis lit. h rechtmäßig erworben wurden, wenn es insgesamt zu einer Überschreitung der Grenze von 10 v. H. kommt. Eine dem Zweck der Erwerbsgrenze entsprechende Auslegung ergibt allerdings, dass nur die Aktien von der Veräußerungspflicht betroffen sind, die über die Grenze von 10 v. H. des gezeichneten Kapitals hinaus von der Gesellschaft gehalten werden49. Einen Sonderfall stellt die Veräußerungspflicht nach Art. 19 Abs. 3 S. 2 der Richtlinie dar. Danach müssen Aktien, die erworben werden, um sie an die Arbeitnehmer der Gesellschaft auszugeben, innerhalb von zwölf Monaten, vom Erwerb der Aktien an gerechnet, an die Arbeitnehmer ausgegeben worden sein. c) Durchführung des Aktienrückerwerbs Die Richtlinie macht den Mitgliedstaaten keine Vorgaben, wie die Durchführung des eigentlichen Erwerbsvorgangs zu erfolgen hat. Es steht den Mitgliedstaaten frei, ob sie den Gesellschaften die Erwerbsmethoden im Einzelnen vorschreiben wollen oder es den Gesellschaften überlassen, im Rahmen des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art. 42 der Kapitalricht48

Leithaus, S. 54. In diesem eingeschränkten Sinn wurde diese Bestimmung in sämtlichen Mitgliedstaaten umgesetzt; siehe Begr. RegE zum 2. KoordG, BT-Drucks. 8/1678, S. 16. Vgl. auch Leithaus, S. 54 mit Nachw. 49

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

linie) eigene Methoden zu entwickeln, wie sie ihre Aktien zurückerwerben wollen. III. Rechtsfolgen des Verstoßes gegen Erwerbsschranken Für einen Verstoß gegen die Erwerbsschranken der Art. 19 oder 20 sieht die Richtlinie in Art. 21 ein zweistufiges Verfahren vor50: Auf der ersten Stufe wird eine Veräußerungspflicht angeordnet für alle Aktien, „die unter Verletzung der Artikel 19 und 20“ erworben wurden; diese sind innerhalb einer Frist von einem Jahr, vom Zeitpunkt des Erwerbs an gerechnet, zu veräußern (Art. 21 S. 1). Das betrifft alle eigenen Aktien, die unter Verstoß gegen die Vorgaben des Art. 19 erworben wurden, wenn kein Ausnahmetatbestand nach Art. 20 vorgelegen hat. Das gleiche gilt, wenn zwar ein Ausnahmetatbestand nach Art. 20 Abs. 1 lit. c, lit. g oder lit. h gegeben ist, aber die erworbenen Aktien nicht voll eingezahlt sind. Auf der zweiten Stufe sind die betreffenden eigenen Aktien für nichtig zu erklären, wenn die Veräußerung nicht in ausreichender Zahl oder nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist erfolgt ist (Art. 21 S. 2 i. V. m. Art. 20 Abs. 3). Das kann mit einer Kapitalherabsetzung verbunden sein; die Maßnahme muss mit einer Kapitalherabsetzung gekoppelt werden, wenn der Erwerb der eigenen Aktien mit gebundenen Mittel durchgeführt worden war (Art. 21 S. 2 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 S. 3). Eigene Aktien, die nach Art. 20 ohne Einhaltung der Beschränkungen des Art. 19 der Richtlinie erworben werden durften, sind nur dann zu veräußern, wenn der Nennbetrag bzw. rechnerische Wert der von der Gesellschaft gehaltenen Aktien durch den Erwerb mehr als 10 v. H. des gezeichneten Kapitals beträgt. In diesem Fall beträgt die Veräußerungsfrist für die die Grenze übersteigenden Aktien drei Jahre (Art. 20 Abs. 2)51.

IV. Rechtsfolgen des Erwerbs eigener Aktien Hält die Gesellschaft eigene Aktien in ihrem Vermögen, stellt sich die Frage, welche Rechtsfolgen sich aus der Mitgliedschaft der Gesellschaft an sich selbst ergeben.

50 51

Vgl. Benckendorff, S. 194. Vgl. oben Seite 120.

§ 7 Erwerb nach der europäischen Kapitalrichtlinie von 1976

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1. Ruhen der Stimmrechte

Gestatten die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates den Rückerwerb, hat nach Art. 22 Abs. 1 lit. a das Stimmrecht aus zurückerworbenen eigenen Aktien zu ruhen. Damit wird sichergestellt, dass dem Vorstand aus dem Erwerb der Aktien keine zusätzlichen Herrschaftsrechte zukommen und sie nicht Einfluss auf die eigene Kontrolle ausüben können. Ob weitere Rechte aus eigenen Aktien, wie z. B. die Vermögensrechte, ebenfalls ruhen, ist der Entscheidung der Mitgliedstaaten überlassen52.

2. Bilanzierung eigener Aktien

Für den Fall, dass die Aktien auf der Aktivseite der Bilanz ausgewiesen werden, ist auf der Passivseite ein entsprechender Betrag in die Kapitalrücklage einzustellen (Art. 22 Abs. 1 lit. b). Das wird damit begründet, dass eigene Aktien, zumindest in einer wirtschaftlichen Krise der Gesellschaft, keinen eigenständigen Wert repräsentieren. Durch die Bildung einer entsprechenden Rücklage auf der Passivseite der Bilanz wird der Bilanzposten der aktivierten eigenen Aktien neutralisiert. Dadurch wird verhindert, dass durch die Aktivierung ein rechnerischer Gewinn entsteht, der wiederum an die Aktionäre ausgeschüttet werden könnte53.

3. Publizität

Nach Art. 22 Abs. 2 der Richtlinie sind die Gesellschaften zur Verbesserung der Publizität verpflichtet, in ihrem Lagebericht gewisse Mindestangaben über die erworbenen eigenen Aktien zu machen. Diese Angaben betreffen die Rückerwerbsgründe, die Zahl und den Nennbetrag bzw. rechnerischen Wert der erworbenen und veräußerten eigenen Aktien und ihren Anteil am gezeichneten Kapital der Gesellschaft, bei entgeltlichem Erwerb oder entgeltlicher Veräußerung den Gegenwert der Aktien sowie die Zahl und den Nennbetrag bzw. rechnerischen Wert aller gehaltenen eigenen Aktien und ihren Anteil am gezeichneten Kapital.

52

Leithaus, S. 53. Erläuterung zum Vorschlag der Kommission zur 2. Richtlinie, KOM (70) 232 endg. = ABl. EG Nr. C 48 v. 24.4.1970, S. 13. 53

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

V. Umgehungsschutz 1. Mittelbare Stellvertretung

Die Vorschriften der Richtlinie erfassen neben dem Eigenhandeln der Aktiengesellschaft immer auch den Fall der mittelbaren Stellvertretung54. Eigene Aktien der Gesellschaft, die durch für Rechnung der Gesellschaft handelnde Personen erworben werden, sind so zu behandeln, als wären sie von der Gesellschaft selbst erworben worden. Der Erwerb dieser von einem mittelbaren Stellvertreter erworbenen Aktien unterliegen daher denselben Beschränkungen wie der Erwerb eigener Aktien durch die Gesellschaft. Außerdem sind die von einem mittelbaren Stellvertreter gehaltenen Aktien bei der Berechnung des Bestandes an eigenen Aktien bei der Gesellschaft mitzurechnen (vgl. Art. 19 Abs. 1 lit. b und Art. 20 Abs. 2).

2. Vorschuss, Darlehen, Sicherheit

Art. 23 der Richtlinie betrifft den Erwerb der Aktien der Gesellschaft durch einen Dritten, wobei die Gesellschaft Unterstützung leistet. Nach Art. 23 Abs. 1 darf die Gesellschaft einem Dritten für den Erwerb ihrer Aktien keine Vorschüsse geben, Darlehen gewähren oder Sicherheiten leisten. Durch diese Bestimmung soll verhindert werden, dass ein Dritter mit finanzieller Unterstützung der Gesellschaft deren Aktien erwirbt. Denn auf diese Weise trägt die Gesellschaft, die den Aktienrückerwerb finanziert, ein dem unmittelbaren Erwerb vergleichbares Risiko. Nach ihrem Sinn und Zweck erfasst diese Vorschrift nicht nur den Erwerb, sondern auch die Zeichnung von Aktien durch Dritte55. Nach Art. 23 Abs. 2 sind die laufenden Geschäfte der Banken und anderer Finanzinstitute sowie Investmentgesellschaften von dem Verbot des Abs. 1 ausgenommen. Das Verbot gilt auch nicht für Geschäfte, die den Arbeitnehmern der Gesellschaft oder verbundener Gesellschaften einen Erwerb ermöglichen sollen. Durch die Mittelgewährung bzw. Sicherheitsleistung dürfen jedoch weder das Grundkapital noch die gebundenen Rücklagen angegriffen werden.

54 Vgl. Art. 19 Abs. 1; Art. 19 Abs. 1 lit. b; Art. 19 Abs. 3; Art. 20 Abs. 2; Art. 22 Abs. 1 u. 2; Art. 24 Abs. 1. 55 Leithaus, S. 57 mit Nachw.

§ 7 Erwerb nach der europäischen Kapitalrichtlinie von 1976

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3. Inpfandnahme

Die Inpfandnahme eigener Aktien durch die Gesellschaft oder Personen, die im eigenen Namen, aber für Rechnung der Gesellschaft handeln, wird durch Art. 24 Abs. 1 dem Erwerb nach Art. 19, 20 Abs. 1, 22 und 23 der Richtlinie grundsätzlich gleichgestellt. Damit soll verhindert werden, dass einem Dritten ein Darlehen zum Erwerb der Aktien gewährt wird, das durch ein Pfandrecht an diesen Aktien gesichert wird. Bei wirtschaftlicher Betrachtung führt dies zu einer verkappten Ausschüttung von Eigenkapital, wenn der Dritte außer den Aktien keine Sicherheiten bieten kann56. Ausnahmen gelten nur für die laufenden Geschäfte von Banken und anderen Finanzinstituten (Art. 24 Abs. 2). 4. Erwerb durch abhängige und in Mehrheitsbesitz stehende Unternehmen

Die Vorschrift des Art. 24a wurde erst 1992 durch die Änderungsrichtlinie 92/101/EWG57 in die Kapitalrichtlinie eingefügt. Art. 24a stellt den Erwerb von Aktien der Gesellschaft durch eine Tochtergesellschaft dem Erwerb eigener Aktien durch die Gesellschaft gleich58. Durch die Ausdehnung der Vorschriften der Art. 18 bis 24 auf eine Tochtergesellschaft soll verhindert werden, dass eine Gesellschaft ihren beherrschenden Einfluss auf eine andere Gesellschaft nutzt, um eigene Aktien zu erwerben, und so die Vorschriften über den Erwerb eigener Aktien umgehen kann59. Art. 24a sieht vor, dass die Stimmrechte aus den von der Tochtergesellschaft gehaltenen Aktien der Muttergesellschaft ruhen und die von der Tochter gehaltenen Aktien bei der Berechnung der 10 v. H.-Grenze bei der Muttergesellschaft zu berücksichtigen sind. Die Abs. 2, 4, 5 und 6 der Art. 24a der Richtlinie enthalten diverse Ausnahmen von der Ausdehnung der Vorschriften auf Tochtergesellschaften60. Der deutsche Gesetzgeber hatte eine den Vorgaben des Art. 24a entsprechende Regelung bereits bei der Umsetzung der Kapitalrichtlinie in das Aktienrecht aufgenommen (§ 71d S. 2 AktG), so dass kein Umsetzungsbedarf hinsichtlich der Änderungsrichtlinie bestand61. 56

Leithaus, S. 57. Nachw. in Fn. 41 (2. Teil). 58 Zum Begriff der Tochtergesellschaft im Sinne der Änderungsrichtlinie vgl. ausf. Benckendorff, Erwerb eigener Aktien, 1998, S. 202 f. 59 Dritter Erwägungsgrund der Änderungsrichtlinie 92/101/EWG, ABl. EG Nr. L 347 v. 28.11.1992, S. 64. 60 Dazu Benckendorff, S. 203 f. 57

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

VI. Rückerwerbbare Aktien Bei rückerwerbbaren Aktien hat sich die Gesellschaft bereits im Moment der Ausgabe den Rückerwerb bei Eintritt bestimmter Voraussetzungen vorbehalten62. Sehen die Vorschriften eines Mitgliedstaates die Ausgabe rückerwerbbarer Aktien vor, so wird ein Rückerwerb gewissen Mindestvoraussetzungen unterworfen (Art. 39)63. Der Rückerwerb muss bereits vor der Zeichnung der entsprechenden Aktien in der Satzung der Gesellschaft vorgesehen (lit. a), die Aktien müssen zum Zeitpunkt des Rückerwerbs voll eingezahlt (lit. b) und die Bedingungen über die Art und Weise der Durchführung des Rückerwerbs im voraus in der Satzung festgelegt sein (lit. c). Der Rückerwerb ist nur zulässig, wenn die Gesellschaft Mittel verwendet, die nach Art. 15 Abs. 1 der Kapitalrichtlinie für Ausschüttungen an die Aktionäre zur Verfügung stehen (lit. d). Die Gesellschaft kann den Erwerb aber auch mit dem Erlös finanzieren, den sie bei der Emission von Aktien erzielt hat, deren Ausgabe zum Zweck der Finanzierung des Erwerbs der rückerwerbbaren Aktien erfolgt ist64. Auf der Passivseite der Bilanz ist nur eine Rücklage in Höhe des Nennwertes bzw. rechnerischen Wertes der erworbenen Aktien zu bilden (lit. e)65. Die Bildung einer Rücklage ist dann entbehrlich, wenn der Rückerwerb mit dem Erlös einer Neuemission finanziert worden ist (lit. f). Eine Prämienzahlung darf zu Gunsten der Aktionäre nur vorgesehen werden, wenn dieser aus Mitteln stammt, die entweder nach Artikel 15 Absatz 1 ausgeschüttet werden dürfen oder einer anderen als der unter Art. 39 lit. e genannten Rücklage entnommen werden können (lit. g). Nach Durchführung des Rückerwerbs besteht eine Offenlegungspflicht nach Art. 3 der Publizitätsrichtlinie66 (lit. h). Die Art. 19 bis 24a der Kapitalrichtlinie sind auf rückerwerbbare Aktien im Sinne von Art. 39 nicht anwendbar67. Es bedarf daher insbesondere 61 Allerdings ist mit Einführung des Art. 24 a der Kapitalrichtlinie der § 71 d S. 2 AktG nun richtlinienkonform auszulegen. 62 Diese Vorschrift beruht auf englischem Recht, nach dem die Ausgabe rückerwerbbarer Aktien bereits seit 1929 zulässig ist. Dazu unten Seite 329. 63 Die Ausgabe von rückerwerbbaren Aktien ist erlaubt in Belgien, Dänemark, Irland, Luxemburg sowie in Großbritannien; vgl. Leithaus, S. 58 (dort in Fn. 207). 64 In diesem Fall kann ein Rückerwerb auch dann durchgeführt werden, wenn der Gesellschaft ausreichende Mittel im Sinne von Art. 15 Abs. 1 nicht zur Verfügung stehen; siehe Benckendorff, S. 198. Die Rücklage darf nur dazu verwendet werden, durch Umwandlung das gezeichnete Kapital zu erhöhen. 65 Das ist zumindest dann als unzureichend anzusehen, wenn die Aktien mit einem Wert aktiviert werden, der den Nennbetrag überschreitet, nach dem eindeutigen Wortlaut der Richtlinie aber hinzunehmen; vgl. Benckendorff, S. 198. 66 Nachw. in Fn. 4 (3. Teil).

§ 8 Die aktienrechtliche Regelung in den §§ 71 ff. AktG

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nicht eines den Erwerb genehmigenden Hauptversammlungsbeschlusses. Auch eine Begrenzung des Erwerbsvolumens auf 10 v. H. des gezeichneten Kapitals besteht nicht.

E. Wiederveräußerung eigener Aktien Bis zu einer Höhe von 10 v. H. des gezeichneten Kapitals besteht weder eine Veräußerungs- noch Einziehungspflicht für eigene Aktien, solange diese nicht unter Verstoß gegen das Erwerbsverbot erworben worden sind. Nach der Kapitalrichtlinie steht es der Gesellschaft frei, ob sie die erworbenen eigenen Aktien halten, einziehen oder zu einem späteren Zeitpunkt wieder veräußern will68. Eine explizite Regelung des Verfahrens der Wiederveräußerung eigener Aktien enthält die Kapitalrichtlinie nicht. Eine Wiederveräußerung kann jedoch nur unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes des Art. 42 erfolgen. Ein Bezugsrecht der Altaktionäre bei der Wiederveräußerung der eigenen Aktien lässt sich aus der Kapitalrichtlinie nicht herleiten69.

F. Ausnahme: Investmentgesellschaften Nach Art. 1 Abs. 2 der Kapitalrichtlinie müssen die Mitgliedstaaten die Richtlinie nicht auf Investmentgesellschaften mit veränderlichem Kapital anwenden. Für Investmentgesellschaften mit festem Kapital ist die Kapitalrichtlinie zwar verbindlich, es gelten aber die Ausnahmen der Art. 15 Abs. 4, 20 Abs. 1 lit. h sowie Art. 23 Abs. 3.

§ 8 Die aktienrechtliche Regelung des Erwerbs eigener Aktien in den §§ 71 ff. AktG Der Erwerb, das Halten und die Veräußerung eigener Aktien durch eine Aktiengesellschaft ist im deutschen Recht in den §§ 71 bis 71e AktG geregelt70. Die Vorschriften bezwecken in erster Linie den Schutz des Kapitals der Aktiengesellschaft71. Des Weiteren dienen sie der Stärkung der Stellung 67 Escher-Weingart/Kübler, ZHR 162 (1998), 537, 542; wohl auch Leithaus, S. 58. 68 Benckendorff, Erwerb eigener Aktien, 1998, S. 196. 69 Piepenburg, BB 1996, 2582, 2584; Benckendorff, S. 197. 70 Begr. RegE zum 2. KoordG, BT-Drucks. 8/1678, S. 14. 71 Begr. RegE zum 2. KoordG, BT-Drucks. 8/1678, S. 9 u. 15.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

der Aktionäre durch den Schutz der Kompetenzverteilung zwischen Hauptversammlung und Vorstand72. Es handelt sich bei den §§ 71 ff. AktG in vollem Umfang um nicht dispositives und damit zwingendes Recht (§ 23 Abs. 5 AktG)73. Eine von den gesetzlichen Vorgaben der §§ 71 ff. AktG abweichende Regelung des Erwerbs eigener Aktien in der Satzung ist nicht möglich.

A. Der Erwerbstatbestand Unter dem Erwerb einer eigenen Aktie im Sinne der §§ 71 ff. AktG ist der abgeleitete (derivative) Erwerb, also der dauerhafte oder nur vorübergehende Übergang einer bereits existierenden Mitgliedschaft in der Aktiengesellschaft von einem Rechtsvorgänger auf die Gesellschaft selbst zu verstehen74. Nicht betroffen ist der unmittelbare (originäre) Erwerb eigener Aktien75, der durch die insoweit speziellere Vorschrift des § 56 Abs. 1 AktG untersagt ist76. Ein abgeleiteter Erwerb im Sinne von §§ 71 ff. AktG wird von jedem Rechtsgeschäft herbeigeführt, das die Aktiengesellschaft auf Dauer oder vorübergehend zum Inhaber oder Mitinhaber der eigenen Aktien macht oder einen schuldrechtlichen Titel für einen solchen Erwerb schafft77. Ein Erwerb liegt dagegen nicht vor, wenn die Aktiengesellschaft nicht zum Inhaber oder Mitinhaber der Aktie wird, sondern nur Verfügungsbefugnis über diese erlangen soll, denn in diesem Fall findet keine Übertragung der Mitgliedschaft auf die Aktiengesellschaft statt. Verwaltungstreuhand und Legitimationsübertragung fallen also nicht unter den Begriff des Erwerbs78. 72

Begr. RegE, in: Kropff, S. 90; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 1. Hüffer, AktG, § 71 Rn. 1. 74 Ziebe, AG 1982, 175, 176; Benckendorff, S. 33; Hampel, S. 1. Nach Bezzenberger, Rn. 54 ff., ist der Erwerb eigener Aktien kein Austauschvertrag zwischen zwischen der Gesellschaft und dem veräußernden Aktionär, sondern ein Auseinandersetzungs- und Ausschüttungsvertrag. 75 Ein originärer Erwerb liegt vor, wenn die Gesellschaft die Aktien im Rahmen der Gründung oder bei der Kapitalerhöhung unmittelbar erwirbt (vgl. § 56 u. § 215 Abs. 1 AktG); vgl. Hüffer, AktG, § 56 Rn. 3. 76 Vgl. nur Geßler, AktG, § 71 Rn. 1. Nach h. M. kommt es bei einer fälschlich eingetragenen Kapitalerhöhung zu einer Heilung nichtiger Zeichnungserklärungen (Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 56 Rn. 9 mit Nachw.; zweifelnd Hüffer, AktG, § 56 Rn. 5). Eine ausdrückliche Regelung für von der Aktiengesellschaft erworbene eigene Aktien fehlt. Es sind daher §§ 71 b, 71 c AktG analog anzuwenden, so dass die Gesellschaft aus den eigenen Aktien keine Mitgliedschaftsrechte zustehen und sie binnen Jahresfrist zu veräußern sind (Lutter, a. a. O., § 56 Rn. 11 f. u. § 71 c Rn. 5; Hüffer, a. a. O., § 56 Rn. 6 u. § 71 c Rn. 3). 77 Hüffer, AktG, § 71 Rn. 4; Henn, S. 26 (dort in Fn. 150). 73

§ 8 Die aktienrechtliche Regelung in den §§ 71 ff. AktG

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Die Ausgestaltung des zu Grunde liegenden schuldrechtlichen Rechtsgeschäfts ist dagegen ohne Bedeutung. So kann es sich dabei um Kauf, Tausch, Schenkung, Sicherungs- oder sonstige Treuhandabrede, unregelmäßige Verwahrung oder Zuschlag in der Zwangsvollstreckung handeln79. Der Erwerb eigener Aktien ist jedoch begrifflich abzugrenzen von dem Erwerb sog. „rückerwerbbarer“ Aktien. Bei Letzterem handelt es sich um den Rückerwerb eigener Aktien, der von vorneherein mit den Aktionären für den Eintritt bestimmter Ereignisse vertraglich vereinbart wurde80. Der Erwerb eigener Aktien im Sinne von §§ 71 ff. AktG meint dagegen den Erwerb „normaler“ Stamm- oder Vorzugsaktien der Gesellschaft, ohne dass diesbezüglich zuvor eine Vereinbarung über einen Rückerwerb getroffen worden wäre81.

B. Dogmatische Bedenken gegen den Erwerb eigener Aktien Mit dem Erwerb eigener Aktien führt die Aktiengesellschaft den Übergang der Mitgliedschaft auf sich selbst herbei. In der Vergangenheit wurde in dogmatisch-konstruktiver Hinsicht gegen einen Wechsel der Mitgliedschaft auf die Gesellschaft vorgebracht, dass eine Körperschaft nicht ihr eigenes Mitglied werden könne; dies sei mit dem Wesen der Aktiengesellschaft unvereinbar82. Die Aktiengesellschaft könne sonst letztendlich zu einem eigentümerlosen Unternehmen werden83. Aus ihrer Struktur als Kapitalgesellschaft ergebe sich, dass die Gesellschaft nicht als eine von den Aktionären zu unterscheidende Rechtspersönlichkeit und zugleich als ihr eigener Aktionär erscheinen könne. Auch könne die Aktiengesellschaft keine Rechte und Pflichten sich selbst gegenüber innehaben84. Der Erwerb eigener Aktien sei eine rechtliche Unmöglichkeit und daher unzulässig85. Mit dem Hinweis auf den Wertpapiercharakter der die Mitgliedschaft verkörpernden Aktie wurde der Konflikt weitgehend entschärft86. Das Aktiengesetz lässt zudem in § 71 AktG den Rückerwerb unter gewissen Voraus78

Hüffer, AktG, § 71 Rn. 6. Hüffer, AktG, § 71 Rn. 4. 80 Nach US-amerikanischem Recht ist den corporations die Ausgabe von rückerwerbbare Aktien erlaubt. Im deutschen Recht ist diese Aktienform bislang nicht vorgesehen. Dazu unten Seite 322 f. 81 Hampel, S. 4; Merkt, S. 282. 82 Schön, S. 38 ff; Teichmann/Koehler, § 65 Rn. 1. 83 Dazu Claussen, AG 1991, 10, 13. 84 Ziebe, S. 49 f. mit Nachw.; krit. auch Hettlage, AG 1981, 92, 96. 85 Brodmann, § 226 HGB Rn. 1 a). 86 Bandte, Jura 1987, 465, 466; Baumbach/Hueck, AktG, § 71 Rn. 3; EscherWeingart/Kübler, ZHR 162 (1998), 537, 538; Escher-Weingart, S. 286. 79

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

setzungen zu und geht somit von der grundsätzlichen Möglichkeit des Erwerbs eigener Aktien aus87. Rechtskonstruktive Bedenken gegen den Erwerb eigener Aktien sind angesichts der insoweit eindeutigen Gesetzeslage überholt. Als Argument gegen die Zulässigkeit des Aktienrückerwerbs wurde auch vorgebracht, der Vorstand könne die Stimmrechte der Aktien, die der Aktiengesellschaft selber gehören, ausüben und sich somit der Kontrolle der Aktionäre entziehen88. Auf Grund der in § 71b AktG getroffenen Regelung, wonach der Gesellschaft aus den eigenen Aktien keine Rechte zustehen, ist das Entstehen von sog. „Verwaltungsaktien“ ausgeschlossen. Den dogmatischen Bedenken gegen den Aktienrückerwerb kommt daher heute keine praktische Bedeutung mehr zu89. Die vorstehende Diskussion wurde bereits in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts zurückgedrängt und überlagert von dem wirtschaftlichen Bedürfnis der Kapitalgesellschaften, eigene Aktien erwerben zu können90. Auch die heute gegen die Zulässigkeit des Erwerbs eigener Aktien vorgebrachten Einwände beruhen in erster Linie auf den mit dem Aktienrückerwerb einhergehenden wirtschaftlichen Risiken. Eine wichtige Frage der weiteren Untersuchung wird sein, ob und inwieweit die gesetzliche Regelung der §§ 71 ff. AktG ausreichende Vorkehrungen zum Schutz der betroffenen Interessen vorsieht.

C. Die §§ 71 ff. AktG als kapitalschützende Normen Die §§ 71 ff. AktG betreffen nicht nur den Erwerb, das Halten und die Veräußerung eigener Aktien, sie sind auch Bestandteil des Kapitalschutzes im Aktiengesetz. Der Erwerb eigener Aktien kann das zu Gunsten der Ge87

Hüffer, AktG, § 71 Rn. 1; Benckendorff, S. 34. Vgl. Leithaus, S. 9: Im Rahmen des ihm zustehenden Ermessensspielraums kann der Gesetzgeber auch rechtstheoretisch unmögliche Konstruktionen zulassen. 88 Kübler, GesellschaftsR, S. 13. Um eine rasche Reaktion auf akute Finanzierungsbedürfnisse des Unternehmens und günstige Bedingungen am Kapitalmarkt zu ermöglichen, war es üblich, neue Aktien im Wege der ordentlichen Kapitalerhöhung als Vorratsaktien an ein treuhänderisch agierendes Kreditinstitut abzugeben, um sie bei Bedarf am Markt zu platzieren. Damit sollte die Durchführung des zeitraubenden Verfahrens der ordentlichen Kapitalerhöhung durch eine Vorverlagerung umgangen werden. Heute besteht die Finanzierungsform des genehmigten Kapitals, um die rasche Emission neuer Aktien durchzuführen; vgl. Kübler, a. a. O., S. 224. 89 H.M. Vgl. nur RGZ 103, 64, 66 (zur GmbH); Hüffer, AktG, § 71 Rn. 3; Barz, in: Großkomm. AktG, § 71 Rn. 1; Hefermehl/Bungeroth, in: Geßler/Hefermehl, AktG, § 71 Rn. 11; Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 71 Rn. 17 jeweils mit Nachw. 90 Im Zuge dieser Entwicklung trat verstärkt die Betrachtung der mit dem Aktienrückerwerb verbundenen wirtschaftlichen Gefahren in den Vordergrund. Vgl. Brodmann, § 226 HGB Rn. 1 a); Stein, S. 13 ff.; Nürnberger, S. 2 ff.

§ 8 Die aktienrechtliche Regelung in den §§ 71 ff. AktG

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sellschaftsgläubiger bestehende Haftungskapital dadurch gefährden, dass im Zuge des Rückerwerbs Gesellschaftsvermögen an die Aktionäre ausgeschüttet wird. Die Aufbringung und Erhaltung des den Gläubigern garantierten Kapitals muss jedoch auch bei der Durchführung eines Aktienrückerwerbs sichergestellt sein. I. Sicherstellung der Kapitalaufbringung Das für die Aktiengesellschaft bestehende Zeichnungsverbot des § 56 Abs. 1 AktG sichert die ordnungsgemäße Aufbringung des Grundkapitals. Eine in wirtschaftlicher Hinsicht vergleichbare Situation entstünde, wenn es der Gesellschaft möglich wäre, eigene Aktien zurückzuerwerben, auf die die Einlagen nicht oder nicht in voller Höhe eingezahlt worden sind. Durch den Eigenerwerb würde die Einlagenforderung der Gesellschaft durch Konfusion erlöschen91. Daher beschränkt § 71 Abs. 2 S. 3 AktG den Rückerwerb für die meisten Erwerbstatbestände auf voll eingezahlte Aktien. Das trägt zu einer Einhaltung des Prinzips der vollständigen Kapitalaufbringung bei92. II. Sicherstellung der Kapitalerhaltung Die §§ 71 ff. AktG sind in Zusammenhang mit den §§ 57, 58 Abs. 2, 62 AktG zu sehen, die der Erhaltung des Grundkapitals dienen93. Nach § 57 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 AktG ist jede Zahlung an die Aktionäre, die auf Grund ihrer Mitgliedschaft erfolgt und nicht aus dem Bilanzgewinn stammt, eine grundsätzlich verbotene Rückgewähr geleisteter Einlagen. Der Begriff der Einlage im Sinne von § 57 AktG umfasst das Gesellschaftsvermögen als Ganzes und nicht nur das Grundkapital und gewährleistet somit eine Vermögensbindung schlechthin. Durch das Verbot der Einlagenrückgewähr soll die ungehemmte Verteilung des Gesellschaftsvermögens an die Aktionäre verhindert werden94. Bei einem Erwerb eigener Aktien durch die Gesellschaft würden die verkaufenden Aktionäre unter Rückzahlung ihrer Einlage aus dem mitglied91

Benckendorff, S. 232. Wastl, DB 1997, 461, 462; Benckendorff, S. 210. 93 Begr. RegE, in: Kropff, S. 73; Hefermehl/Bungeroth, in: Geßler/Hefermehl, AktG, § 71 Rn. 3; Hüffer, AktG, § 57 Rn. 1; Aha, AG 1992, 218, 219. 94 Begr. RegE, in: Kropff, S. 90; RGZ 107, 161, 168; 149, 385, 400; OLG Koblenz, AG 1977, 231; OLG Hamburg, AG 1980, 275, 278; LG Düsseldorf, AG 1979, 290, 291; Hüffer, AktG, § 57 Rn. 2 f. mit Nachw.; Kübler, GesellschaftsR, S. 149; Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 57 Rn. 5. 92

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

schaftlichen Risiko entlassen werden. Die Gegenleistung in Form des gezahlten Kaufpreises, die dem Aktionär aus dem Gesellschaftsvermögen geleistet wird, stammt nicht aus einer Verteilung des Bilanzgewinns. Damit ist der entgeltliche Rückerwerb grundsätzlich als verbotene Einlagenrückgewähr im Sinne von § 57 Abs. 1 S. 1 AktG zu qualifizieren95. Durch die Fiktion des § 57 Abs. 1 S. 2 AktG wird der zulässige Erwerb eigener Aktien jedoch ausnahmsweise von den Rechtsfolgen verbotener Einlagenrückgewähr ausgenommen. Diese Konstruktion verhindert, dass ein Erwerb eigener Aktien von vorneherein an dem Verbot der Einlagenrückgewähr gemäß § 57 Abs. 1 S. 1 AktG scheitert. Ob ein zulässiger Erwerb eigener Aktien gegeben ist, bestimmt sich nach dem Vorliegen der Voraussetzungen des § 71 Abs. 1 u. 2 AktG. Den Vorschriften über die Zulässigkeit des Rückerwerbs kommt daher die Aufgabe zu, die dadurch entstehende Lücke zu füllen und ihrerseits die Kapitalerhaltung sicherzustellen. Nach § 71 Abs. 2 S. 2 AktG ist der entgeltliche Rückerwerb daher grundsätzlich nur zulässig, wenn eine Rücklage für eigene Aktien (§ 272 Abs. 4 HGB) gebildet werden kann, ohne dadurch eine nach Gesetz oder Satzung zu bildende Rücklage zu mindern. Damit wird sichergestellt, dass der Erwerb eigener Aktien nur mit ausschüttungsfähigen Gewinnen und frei verfügbaren Rücklagen erfolgen kann96. Im Umkehrschluss zu der für den zulässigen Erwerb aufgestellten Fiktion ergibt sich, dass, sollte der Rückerwerb nicht den Voraussetzungen des § 71 Abs. 1 u. 2 AktG entsprechen, die Zahlung des Erwerbspreises eine verbotene Einlagenrückgewähr darstellt (arg. § 57 Abs. 1 S. 2 AktG)97.

D. Zulässigkeit des Erwerbs eigener Aktien Obwohl nach heutigem Verständnis in dogmatischer Hinsicht nichts dagegen spricht, dass Aktiengesellschaften ihre eigenen Aktien zurückerwerben, ist dennoch die Frage nach der Zulässigkeit des Aktienrückerwerbs im Hinblick auf die in den §§ 71 ff. AktG getroffene Regelung äußerst umstritten. 95 Hüffer, AktG, § 71 Rn. 1; Günther/Muche/White, RIW 1998, 337, 339; Piepenburg, BB 1996, 2582. Der Erwerb eigener Anteile gefährdet die Kapitalerhaltung nur dann, wenn es sich um einen entgeltlichen Erwerb handelt, dem Aktionär also eine Gegenleistung für den Erwerb erbracht wird. Erfolgt der Rückerwerb unentgeltlich, d.h. ohne Gegenleistung seitens der Gesellschaft, liegt dagegen keine Einlagenrückgewähr vor (Hefermehl/Bungeroth, in: Geßler/Hefermehl, AktG, § 71 Rn. 12; Piepenburg, a. a. O.). 96 Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 71 Rn. 10; Aha, AG 1992, 218, 219; Benckendorff, S. 210. 97 Dazu unten Seite 171 ff.

§ 8 Die aktienrechtliche Regelung in den §§ 71 ff. AktG

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Während der Weltwirtschaftskrise vor 1931 war es in Deutschland zu teilweise massiven Rückkäufen eigener Aktien gekommen, die häufig den Zusammenbruch der Unternehmen zur Folge hatten. Auf Grund dieser praktischen Erfahrungen kam es 1931 durch den Erlass einer Notverordnung zu einem grundsätzlichen Verbot des Rückerwerbs, von dem nur wenige Ausnahmen zugelassen waren98. Dieses grundsätzliche Verbot wurde ohne größere sachliche Änderung in das Aktiengesetz von 193799 und die Aktienrechtsnovelle von 1965100 übernommen. Bis zur Änderung der Rückerwerbsvorschriften durch das KonTraG vom 27. April 1998101 war es unstreitig, dass der Erwerb eigener Aktien einem allgemeinen Verbot unterfiel, von dem nur abschließend geregelte Ausnahmen gemacht wurden102. Insbesondere unter Berufung auf die historischen Ursprünge des § 71 Abs. 1 AktG wird von weiten Teilen der Literatur vertreten, dass auch die heutige Fassung der Vorschrift einen Verbotstatbestand mit Erlaubnisvorbehalt enthalte103. Die Einführung des § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG durch das KonTraG könnte jedoch Anlass zu einer Neubewertung geben. So nehmen neuere Stimmen in der Literatur die Erweiterung des § 71 Abs. 1 AktG zum Anlass, eine Aufhebung bzw. zumindest eine erhebliche Lockerung des vorher geltenden grundsätzlichen Verbots anzunehmen104. I. Wortlautauslegung des § 71 Abs. 1 AktG Der Wortlaut des § 71 Abs. 1 AktG bestimmt: „Die Gesellschaft darf eigene Aktien nur erwerben, wenn“ der Rückerwerb einen der in den Nr. 1 bis 8 aufgeführten Tatbestände erfüllt. In § 71 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 sowie 6 und 7 AktG sind sehr spezielle, im Einzelnen genau definierte Erwerbs98

Vgl. zur historischen Entwicklung bereits oben Seite 58 ff. § 65 des Gesetzes über Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien (Aktiengesetz) vom 30. Januar 1937, RGBl. I, 107. 100 Gesetz v. 6. September 1965, BGBl. I 1965, 1089. 101 Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich v. 27.4.1998, BGBl. I 1998, 786. 102 Vgl. nur Wastl, DB 1997, 461 mit Nachw.; Piepenburg, BB 1996, 2582; Claussen, AG 1991, 10, 13. 103 Hüffer, AktG, § 71 Rn. 3; einschränkend Claussen, DB 1998, 177, 179, sowie Peltzer (WM 1998, 322,323), der darauf hinweist, dass mit § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG zwar nicht von der systematischen Einordnung des § 71 Abs. 1 AktG als Verbotstatbestand mit Erlaubnisvorbehalt abgerückt werde, die Nr. 8 aber eine weitaus größere Freiheit biete als bisher. 104 Wastl, DB 1997, 461, 462; Kraft/Altvater, NZG 1998, 448, 449; Geßler, AktG, § 71 Rn. 4; Escher-Weingart/Kübler, ZHR 162 (1998), 537, 542; Lingemann/ Wasmann, BB 1998, 853, 860; Benckendorff, S. 210; wohl auch Kindl, DStR 1999, 1276. 99

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

zwecke umschrieben. Auch die Nr. 4 und 5 setzen mit einem unentgeltlichen Erwerb und einem Erwerb durch Gesamtrechtsfolge spezielle Erwerbsgründe voraus105. Eine Formulierung, die einen Erwerb nur unter gewissen Voraussetzungen ermöglicht, impliziert, dass in allen anderen Fällen der Erwerb verboten ist. Auf Grund des Wortlautes kommt den einzelnen Ziffern des Abs. 1 der Charakter von Ausnahmeregelungen zu. Daher könnte die Vorschrift ein Verbot des Erwerbs eigener Aktien bereits voraussetzen. Demgegenüber ermöglicht die durch das KonTraG in § 71 Abs. 1 AktG eingeführte Nr. 8 den Erwerb eigener Aktien „aufgrund einer [. . .] Ermächtigung der Hauptversammlung“. Einen besonderen Zweck muss die Gesellschaft mit dem Rückerwerb im Gegensatz zu den in den Nr. 1 bis Nr. 7 genannten Fällen nicht verfolgen106. Die Ergänzung des Wortlauts des § 71 Abs. 1 AktG durch die Nr. 8 könnte dafür sprechen, dass ein zuvor geltendes grundsätzliches Verbot des Erwerbs eigener Aktien aufgehoben und in eine, wenn auch begrenzte, generelle Gestattung geändert worden ist107. Der Wortlaut des § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG spricht gerade nicht für einen Ausnahmetatbestand im Sinne einer Einzelfallregelung. Der Rückerwerb wird vielmehr nur von einem Hauptversammlungsbeschluss als einer lediglich formellen Voraussetzung abhängig gemacht. Ein spezieller Erwerbsgrund im Sinne einer ausdrücklich umschriebenen Ausnahme ist in der gewählten Formulierung gerade nicht zu sehen. Vielmehr kann die Gesellschaft einen Aktienrückerwerb durchführen, ohne auf einen speziellen Erwerbszweck bzw. -grund nach § 71 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 AktG beschränkt zu sein108. Im Zusammenhang mit seiner Nr. 8 erhält der Wortlaut des § 71 Abs. 1 AktG eine entschieden andere Bedeutung. Auf Grund der Erweiterung des § 71 Abs. 1 AktG ist der Erwerb eigener Aktien grundsätzlich zulässig; ein bestimmter Zweck muss dabei nicht verfolgt werden. Dass § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG gewisse formelle Voraussetzungen für einen Erwerb vorsieht, ändert an dieser Beurteilung nichts. II. Systematische Auslegung des § 71 Abs. 1 AktG Die §§ 71 ff. AktG sind im Hinblick auf das Verbot der Einlagenrückgewähr nach § 57 Abs. 1 S. 1 AktG streng auszulegen109. Es handelt sich bei 105

Kraft/Altvater, NZG 1998, 448, 449; Kindl, DStR 1999, 1276 (dort in Fn. 4). Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 13; Kindl, DStR 1999, 1276. Nur der Handel in eigenen Aktien ist als Zweck ausgeschlossen (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 2 AktG); vgl. unten Seite 144 ff. 107 Wastl, DB 1997, 461, 462. 108 Benckendorff, S. 210. 106

§ 8 Die aktienrechtliche Regelung in den §§ 71 ff. AktG

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dem zulässigen Erwerb eigener Aktien um eine Ausnahme vom Verbot der Einlagenrückgewähr. Den §§ 71 ff. AktG kommt auch die Aufgabe zu, den Schutz des Gesellschaftskapitals sicherzustellen. Auf Grund dieser Funktion könnte die Interpretation als Verbotsnorm geboten sein, um die Kapitalerhaltung umfassend garantieren zu können. Ein generelles Rückerwerbsverbot, das eine Gefährdung der Gläubigerinteressen von vorneherein ausschließen würde, ist aber ausweislich der Fiktion des § 57 Abs. 2 S. 2 AktG gerade nicht gewollt. Außerdem kann der Kapitalschutz durch entsprechende Voraussetzungen und Schranken in ausreichendem Maße auch bei einer generellen Zulässigkeit des Rückerwerbs sichergestellt werden. III. Teleologische Auslegung des § 71 Abs. 1 AktG Mit der Anfügung der Nr. 8 an § 71 Abs. 1 AktG hat der deutsche Gesetzgeber das Ziel verfolgt, „das Finanzierungsinstrumentarium der deutschen Gesellschaften [. . .] an die international übliche Praxis in einem weiteren Punkt“ anzugleichen110. Der Hinweis auf die international übliche Praxis dürfte sich dabei insbesondere auf die positiven Erfahrungen in den Vereinigten Staaten beziehen, wo der Erwerb eigener Aktien grundsätzlich zulässig und bereits seit längerem ein Routineinstrument des Finanzmanagements vieler corporations ist111. Der Rückerwerb eigener Aktien soll zudem zu einer „Belebung des Börsenhandels“ beitragen und so die „Attraktivität des deutschen Finanzplatzes“ steigern112. Der Gesetzgeber hatte es im Zuge der Umsetzung der Kapitalrichtlinie noch ausdrücklich abgelehnt, den Erwerb eigener Aktien ohne Vorliegen eines besonderen Grundes zuzulassen. Hauptsächliches Gegenargument, war der „zweifelhafte Wert“, der einem Aktienrückerwerb zukomme113. Diese Ansicht hat der Gesetzgeber mit Erlass des KonTraG ganz offensichtlich revidiert. Die Neuregelung soll zu einer Erweiterung der Finanzierungsmöglichkeiten der Gesellschaften und einer verstärkt an der Steigerung des Aktienwertes ausgerichteten Geschäftspolitik führen114. Aus diesen Beweggründen ist der Nr. 8 ausdrücklich kein Katalog zulässiger Zwecke beigegeben worden. Die Festlegung des Erwerbszwecks soll viel109

Hüffer, AktG, § 71 Rn. 3; Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 71 Rn. 5. Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 13. 111 Kindl, DStR 1999, 1276, 1277. 112 Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 13. 113 Begr. RegE zum 2. KoordG, BT-Drucks. 8/1678, S. 14. 114 Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 13; Kindl, DStR 1999, 1276, 1277. 110

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

mehr Gegenstand der Geschäftsführung sein, soweit dieser nicht durch den Beschluss der Hauptversammlung festgelegt worden ist115. Die vom Gesetzgeber mit Einführung der Nr. 8 verfolgten Regelungsziele sprechen dafür, dass der Handlungsspielraum deutscher Unternehmen am Kapitalmarkt und darüber hinaus der Kapitalmarkt an sich gestärkt werden sollte. Aus diesem Grund war ganz offensichtlich beabsichtigt, in Anlehnung an internationale Gepflogenheiten, das bestehende Verbot nicht lediglich zu lockern, sondern den Aktienrückerwerb in weitem Umfang zuzulassen. IV. Richtlinienkonforme Auslegung Der Gesetzgeber hat mit der Einfügung des § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG von der ihm durch Art. 19 Abs. 1 der Kapitalrichtlinie eingeräumten Befugnis Gebrauch gemacht, den Erwerb eigener Aktien ohne Vorliegen eines besonderen Grundes zuzulassen. Die Norm ist daher im Lichte der Kapitalrichtlinie auszulegen116. Art. 19 Abs. 1 der Kapitalrichtlinie befugt den nationalen Gesetzgeber, unter gewissen Voraussetzungen den Erwerb eigener Aktien durch die Gesellschaft zuzulassen, ohne dass ein konkreter Erwerbszweck vorliegen müsste. Die Richtlinie überlässt es jedoch dem einzelstaatlichen Gesetzgeber, ob und in welcher Form er von dieser Befugnis Gebrauch macht. Der deutsche Gesetzgeber war danach weder verpflichtet, den zweckfreien Erwerb generell zuzulassen noch den zweckfreien Erwerb überhaupt zu ermöglichen. Er hätte es auch bei einem Verbot mit Erlaubnistatbestand belassen können. Diesbezüglich sind Art. 19 Abs. 1 keinerlei Vorgaben zu entnehmen. Der Richtlinientext befasst sich gerade nicht mit der Frage, ob der Rückerwerb generell zulässig sein soll oder aber unzulässig ist, sondern stellt lediglich Mindestvoraussetzungen auf für den Fall, dass der Erwerb auf Grund eines Hauptversammlungsbeschlusses erfolgen kann117. V. Fazit Der Regelfall des Erwerbs eigener Aktien ist heute in § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG normiert. Inhaltlich kommt dem § 71 Abs. 1 AktG daher nicht mehr 115

Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 13. Zur Regelung des Erwerbs eigener Aktien durch die Kapitalrichtlinie vgl. oben Seite 114 ff. 117 Siehe oben Seite 115. Anders wohl Benckendorff, S. 210, der von der Kapitalrichtlinie auf die grundsätzliche Zulässigkeit des Rückerwerbs nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG schließen will. 116

§ 8 Die aktienrechtliche Regelung in den §§ 71 ff. AktG

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die Funktion eines Erwerbsverbotes zu. Mit Einführung des § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG wird eine Neubewertung des § 71 Abs. 1 AktG als der zentralen Vorschrift über den Erwerb eigener Aktien erforderlich. Im Gegensatz zu § 71 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 AktG enthält die neu eingefügte Nr. 8 keinen Ausnahmetatbestand, sondern ermöglicht den Erwerb nur auf Grund eines Hauptversammlungsbeschlusses und ohne dass ein spezieller Erwerbsgrund gegeben sein müsste118. Der Erwerb eigener Aktien ist daher unter den in § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG genannten Voraussetzungen grundsätzlich zulässig119. Damit ist die Gesellschaft prinzipiell jederzeit in der Lage, ihre eigenen Aktien zurückzuerwerben. Die gesetzgeberische Konzeption des § 71 Abs. 1 AktG als Verbotstatbestand mit Erlaubnisvorbehalt wird somit nur noch formal, nicht aber inhaltlich aufrechterhalten120. Die Ausnahmetatbestände der Nr. 1 bis 7 behalten ihre Berechtigung für den Fall, dass ein spezieller Erwerbsgrund gegeben ist und ein Erwerb nach Nr. 8 nicht möglich ist, etwa weil ein entsprechender Hauptversammlungsbeschluss nicht vorliegt121.

E. Erwerb eigener Aktien auf Grund einer Ermächtigung der Hauptversammlung nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG Nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG ist es einer Aktiengesellschaft möglich, eigene Aktien zurückzuerwerben, ohne dass einer der in § 71 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 genannten Zwecke vorliegen oder der Erwerber einer bestimmten Branche angehören müsste wie nach § 71 Abs. 1 Nr. 7 AktG, wenn die formellen und materiellen Voraussetzungen nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 und § 71 Abs. 2 vorliegen122. Der Erwerb eigener Aktien auf Grund einer Ermächtigung der Hauptversammlung nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG meint den entgeltlichen Erwerb. Das geht schon daraus hervor, dass die Hauptversammlung den „niedrigsten und höchsten Gegenwert“ in ihrem Ermächtigungsbeschluss festlegen muss. Außerdem sind der unentgeltliche Erwerb sowie der Erwerb durch Gesamtrechtsnachfolge auch ohne das Vorliegen einer Ermächtigung bereits in Rahmen der schrankenlosen Nr. 4 und Nr. 5 des § 71 Abs. 1 AktG mög118

Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 13; Kindl, DStR 1999,

1276. 119 Benckendorff, S. 210 u. 223; Wastl, DB 1997, 461, 462; Escher-Weingart/ Kübler, ZHR 162 (1998), S. 537, 542; Bezzenberger, Rn. 32. 120 Kindl, DStR 1999, 1276; Peltzer, WM 1998, 322, 323. 121 Kraft/Altvater, NZG 1998, 448, 449. 122 Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19 c.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

lich123. Der entgeltliche Erwerb ist deshalb für die weitere Untersuchung von nicht unbeträchtlicher Bedeutung, da er einerseits gerade zu den bereits skizzierten Risiken führt und andererseits nicht die Nutzung der mit der Reakquisition verbundenen Vorteile ermöglicht. I. Erwerbsvoraussetzungen Voraussetzung für den Erwerb eigener Aktien nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG ist eine Ermächtigung des Vorstands durch Beschluss der Hauptversammlung. Außerdem muss eine Rücklage für die eigenen Aktien nach § 272 Abs. 4 HGB gebildet werden können und der Ausgabebetrag auf die Aktien muss voll geleistet sein. 1. Ermächtigungsbeschluss durch Hauptversammlung

Formelle Voraussetzung des Erwerbs eigener Aktien nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG ist das Vorliegen eines Ermächtigungsbeschlusses der Hauptversammlung124. Dieser Beschluss erfordert mangels anderweitiger gesetzlicher Vorgaben eine einfache Stimmenmehrheit gemäß § 133 Abs. 1 AktG, wenn nicht die Satzung eine abweichende Regelung trifft125. Soweit die Aktiengesellschaft bereits eigene Anteile hält, stimmt sie selber nicht mit (vgl. § 71b AktG). a) Kompetenzzuweisung Grundsätzlich wäre der Vorstand im Rahmen seiner Geschäftsführungsbefugnis nach §§ 76, 77 AktG für den Erwerb eigener Aktien zuständig. Mit dem Erfordernis eines Ermächtigungsbeschlusses wird die Kompetenz, über den Erwerb eigener Aktien zu entscheiden, der Hauptversammlung zugewiesen126. Die Durchführung des Rückerwerbs im Rahmen des durch den Beschluss definierten Spielraums verbleibt jedoch im Zuständigkeitsbereich des Vorstands, der im Rahmen der Geschäftsführung die tatsächlichen und rechtsgeschäftlichen Tätigkeiten für die Aktiengesellschaft vornimmt127. Durch die Kompetenzzuweisung zu Gunsten der Hauptversammlung wird 123 Die unentgeltlich erworbenen Aktien müssen allerdings voll eingezahlt sein (§ 71 Abs. 2 S. 3 AktG). 124 Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19 d. 125 Kindl, DStR 1999, 1276, 1278; Kraft/Altvater, NZG 1998, 448, 449; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19 d. Soweit die Aktiengesellschaft bereits eigene Aktien hält, kann sie nicht mitstimmen (§ 71 b AktG). 126 Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19 d; Martens, AG-Sonderheft 1997, 83, 86. 127 Mertens, in: Kölner Komm. AktG, § 77 Rn. 2; Hüffer, AktG, § 77 Rn. 3.

§ 8 Die aktienrechtliche Regelung in den §§ 71 ff. AktG

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der Gefahr vorgebeugt, dass der Vorstand durch den Erwerb eigener Aktien Einfluss auf die Eigentümerstruktur der Gesellschaft und damit auf die eigene Kontrolle nehmen kann. b) Inhalt des Ermächtigungsbeschlusses aa) Mindestinhalt Der Ermächtigungsbeschluss der Hauptversammlung muss den in § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 1 AktG bestimmten Mindestinhalt aufweisen. In zeitlicher Hinsicht muss in dem Beschluss eine konkrete Frist für die Durchführung des Rückerwerbs gesetzt werden, die achtzehn Monate nicht überschreiten darf128. Die zeitliche Befristung der Gültigkeit des Hauptversammlungsbeschlusses lässt die Dauer, für die die Gesellschaft eigene Aktien halten kann, unberührt129. In dem Ermächtigungsbeschluss ist weiterhin eine Festlegung des niedrigsten und höchsten Gegenwertes zu treffen. Diese Spanne kann nicht nur betragsmäßig, sondern auch durch eine relative Anbindung an den zukünftigen Börsenkurs festgelegt werden130. Dadurch ist es der Hauptversammlung möglich, dem Vorstand mehr Flexibilität im Hinblick auf zukünftige Kursbewegungen einzuräumen. Außerdem ist der Anteil am Grundkapital, der höchstens zurückerworben werden darf, anzugeben (sog. „Erwerbsgrenze“). Der so festgesetzte Nennwert bzw. rechnerische Wert bei nennwertlosen Aktien darf 10 v. H. des Grundkapitals nicht übersteigen131. Mit der Erwerbsgrenze setzt die Hauptversammlung das Gesamterwerbsvolumen fest, für das die Ermächtigung gilt. Die Erwerbsgrenze bezieht sich auf das von der Gesellschaft in sämtlichen Erwerbsvorgängen auf Grund des Beschlusses insgesamt zurückerworbene Erwerbsvolumen und nicht auf den Gesamtbestand gehaltener eigener 128 Mögliche Formulierungen bei Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19 e. Fehlt eine entsprechende Fristsetzung in dem Beschluss, kann nicht durch Auslegung auf die gesetzliche Höchstfrist zurückgegriffen werden. Der Beschluss ist vielmehr nichtig gemäß § 241 Nr. 3 AktG (Hüffer, a. a. O.). 129 Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 13; Kindl, DStR 1999, 1276, 1278; Lingemann/Wasmann, BB 1998, 853, 860. Soll eine achtzehn Monate gültige Ermächtigung nicht auslaufen, muss sie auf der jährlichen Hauptversammlung immer wieder erneuert werden (Kindl, a. a. O.). 130 Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 13; Lingemann/Wasmann, BB 1998, 853, 860; Kindl, DStR 1999, 1276, 1278; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19 e. 131 Diese Obergrenze war im Referentenentwurf zum KonTraG (ZIP 1996, 2129) noch nicht vorgesehen. Sie ist auch in der Kapitalrichtlinie nicht zu finden.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

Aktien. Erreicht die Summe der erworbenen eigenen Aktien die festgesetzte Erwerbsgrenze, ist ein weiterer Zukauf von der Ermächtigung auch dann nicht gedeckt, wenn infolge zwischenzeitlicher Verkäufe der Gesamtbestand der von der Gesellschaft gehaltenen eigenen Aktien einen Erwerb wieder zulassen würde132. Die ebenfalls vertretene Ansicht, die in der Begrenzung des Anteils eine Bestandsobergrenze erblickt133, vermag nicht zu überzeugen. Danach soll auch das mehrmalige Ausschöpfen der Erwerbsgrenze des § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 1 AktG möglich sein. Entscheidendes Argument sei der Regelungszweck der Kapitalrichtlinie sowie der Wortlaut des § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG. Darüber hinaus sehe die Richtlinie keine weitere Einschränkung vor. Dagegen spricht, dass der deutsche Gesetzgeber nicht gehindert war, das Schutzniveau gegenüber dem Richtlinientext zu verschärfen, soweit es sich nur um Mindestschutzbestimmungen handelt. Durch die Verpflichtung, eine Erwerbsgrenze in dem Ermächtigungsbeschluss zu nennen, wird der Einfluss der Hauptversammlung gestärkt, ohne den Handlungsspielraum des Vorstands übermäßig einzuschränken. Zudem wird die Gefahr missbräuchlicher Kursbeeinflussung reduziert134. Der Wortlaut des § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 1 AktG, nach welchem die Ermächtigung „den Anteil am Grundkapital, der 10 v. H. nicht überschreiten darf“, festlegt, spricht jedenfalls nicht gegen die Auslegung als Erwerbsgrenze. Die in dem Ermächtigungsbeschluss anzugebende Erwerbsgrenze ist daher streng zu unterscheiden von der Bestandsgrenze nach § 71 Abs. 2 S. 1 AktG135. Die Festsetzung eines maximalen Erwerbvolumens ist aber nicht nur zwingender Bestandteil des Ermächtigungsbeschlusses, sondern zugleich eine Schranke des zulässigen Aktienrückerwerbs136. Sollte der Ermächtigungsbeschluss nicht den durch § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG bestimmten Mindestinhalt aufweisen, ist der Beschluss nichtig gemäß § 241 Nr. 3 AktG137. bb) Zweckangabe in der Ermächtigung Es ist nicht erforderlich, dass die Hauptversammlung in ihrem Ermächtigungsbeschluss einen bestimmten Erwerbszweck vorsieht138. Die Bestim132 Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 13; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19 e; Kindl, DStR 1999, 1276, 1278; Kraft/Altvater, NZG 1998, 448, 450. 133 Bosse, WM 2000, 806, 807 f. 134 Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19 e; Martens, AG 1996, 337, 338 f. 135 Kraft/Altvater, NZG 1998, 448, 450. Dazu unten Seite 150 f. 136 Dazu unten Seite 143 ff. 137 Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19 e.

§ 8 Die aktienrechtliche Regelung in den §§ 71 ff. AktG

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mung des konkreten Zwecks ist dann Geschäftsführungsaufgabe des Vorstands, der durch Beschluss (§ 77 Abs. 1 AktG) darüber entscheidet139. Um einem Missbrauch vorzubeugen, erklärt § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 2 AktG den Handel in eigenen Aktien als Zweck des Rückerwerbs ausdrücklich für unzulässig140. Der Hauptversammlung steht es frei, dem Vorstand in dem von ihr gefassten Ermächtigungsbeschluss einen oder mehrere Erwerbszwecke im Einzelfall verbindlich vorzuschreiben141. Die Vorgabe eines Erwerbszwecks ist zulässig, da die Ermächtigung dadurch lediglich hinsichtlich ihres Umfangs eingeschränkt wird142. cc) Regelung von Einzelheiten bezüglich des Erwerbs Der Ermächtigungsbeschluss kann hinsichtlich des Aktienrückerwerbs auch weitere Einzelheiten regeln. Hierzu gehören etwa eine zeitliche Vorgabe, wie lange die Aktien gehalten werden dürfen, sowie die spätere Verwendung und das Verfahren der Rückführung143. Insbesondere kann die Hauptversammlung das Handeln des Vorstands im Rahmen ihres Ermächtigungsbeschlusses an die Zustimmung des Aufsichtsrates binden144. Denkbar ist es auch, dass die Hauptversammlung sich die Zustimmung zu der späteren Wiederveräußerung vorbehält (§ 182 Abs. 1 S. 1 AktG analog)145. 138

LG Berlin, NZG 2000, 944. Anders noch der RefE zum KonTraG (ZIP 1996, 2129, 2130), wonach der Beschluss der Hauptversammlung den Zweck des Rückerwerbs zwingend festlegen musste. Aufgrund der kritischen Stellungnahmen (vgl. nur Baums, AG-Sonderheft 1997, 26, 35), die darauf hingewiesen haben, dass eine Zweckfestsetzung zum Schutz der Aktionärsrechte nicht erforderlich sei und zudem eine gewisse Rechtsunsicherheit berge, wurde darauf im Regierungsentwurf verzichtet. Im Übrigen ist eine solche Zweckbindung auch durch die Kapitalrichtlinie nicht vorgesehen. 139 Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 13. Zwar kann die Hauptversammlung einen Ermächtigungsbeschluss ohne Zweckvorgabe fassen, es ist aber zu bedenken, dass Spekulationen über die mit einem Aktienrückerwerb möglicherweise verfolgten Zwecke den Kurs der Aktie negativ beeinflussen können; vgl. Bosse, NZG 2000, 923, 924. 140 Dazu unten Seite 144 ff. 141 Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 13; Kindl, DStR 1999, 1276, 1278; Geßler, AktG, § 71 Rn. 26. 142 Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19 f. 143 Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 13. 144 Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19 f. Eine fehlende Zustimmung führt aber nur zu einer Pflichtwidrigkeit, nicht dagegen zur Unzulässigkeit des Erwerbs. 145 Vgl. § 272 Abs. 1 S. 5 AktG. Dazu Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19 g; Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 26.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

Eine ausdrückliche Pflicht, in der Ermächtigung die konkrete Form der Durchführung des Erwerbs eigener Aktien festzulegen, besteht nicht146. Es ist der Hauptversammlung allerdings möglich, dem Vorstand für sein Handeln einen oder mehrere alternative Wege des Rückerwerbs vorzugeben147. dd) Einziehungsermächtigung Der Vorstand kann von der Hauptversammlung nicht nur zum Erwerb der eigenen Aktien, sondern auch zu ihrer Einziehung ermächtigt werden (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 6 AktG). Infolge dieser Einziehungsermächtigung entscheidet der Vorstand nach pflichtgemäßem Ermessen, ob von der Einziehungsermächtigung Gebrauch gemacht wird. Eines gesonderten Hauptversammlungsbeschlusses, wie er nach § 222 AktG i. V. m. § 237 Abs. 2 S. 1 oder nach § 237 Abs. 4 S. 1 AktG erforderlich wäre, bedarf es dazu nicht148. Die Hauptversammlung kann die Einzugsermächtigung in ihrem Beschluss jedoch an Auflagen knüpfen. 2. Kapitalgrenze

Nach § 71 Abs. 2 S. 2 AktG ist der Erwerb eigener Aktien nur zulässig, „wenn die Gesellschaft die nach § 272 Abs. 4 HGB vorgeschriebene Rücklage für eigene Aktien bilden kann, ohne das Grundkapital oder eine nach Gesetz oder Satzung zu bildende Rücklage zu mindern“. Diese Voraussetzung für den Rückerwerb eigener Aktien wird als „Kapitalgrenze“ bezeichnet149. Die Aktiengesellschaft muss in der Lage sein, eine Rücklage für eigene Aktien gemäß § 272 Abs. 4 HGB in Höhe des Nennwertes bzw. rechnerischen Wertes der zurückerworbenen eigenen Anteile bilden zu können150. Dadurch wird verhindert, dass die Gesellschaft eigene Aktien mit Mitteln erwerben kann, die durch das Grundkapital oder eine nach dem Gesetz oder der Satzung zu bildende Rücklage gebunden 146 Zu möglichen Varianten der Durchführung des Rückerwerbs vgl. unten Seite 151 ff. 147 Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 13; Lingemann/Wasmann, BB 1998, 853, 860; So i. E. auch Wastl, DB 1997, 461, 462; Wastl/Wagner/ Lau, S. 23 ff. 148 Reichert/Harbarth, ZIP 2001, 1441, 1450; a. A. Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19 l, der zumindest einen Sonderbeschluss nach § 222 Abs. 2 AktG bei verschiedenen Aktiengattungen für erforderlich hält. 149 Begr. RegE zum 2. KoordG, BT-Drucks. 8/1678, S. 15. 150 Werden die zurückerworbenen Aktien in der Bilanz aktiviert, wird der Bilanzposten durch die Bildung einer Rücklage für eigene Aktien auf der Passivseite der Bilanz (§ 266 Abs. 2 B III 2 AktG) neutralisiert. Dazu ausf. unten Seite 208 ff.

§ 8 Die aktienrechtliche Regelung in den §§ 71 ff. AktG

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sind. Die Rücklage für eigene Aktien kann nur mit ausschüttungsfähigen Gewinnen und frei verfügbarer Rücklagen gebildet werden. Die Kapitalgrenze als Voraussetzung für den Rückerwerb eigener Aktien dient somit der Kapitalerhaltung151. 3. Aktien voll eingezahlt (§ 71 Abs. 2 S. 3 AktG)

Auf die Aktien, die die Gesellschaft nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG zurückerwirbt, muss der Ausgabebetrag voll eingezahlt sein (§ 71 Abs. 2 S. 3 AktG). Der Ausgabebetrag bemisst sich nach dem Nennbetrag oder dem höheren Ausgabebetrag und umfasst auch ein Agio, weil sich dieses aus der Satzung ergibt152. Diese Voraussetzung stellt die Kapitalaufbringung sicher.

II. Schranken des Erwerbs eigener Aktien nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG Der Erwerb eigener Aktien nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG wird gesetzlich beschränkt durch die Höhe des Bestands der bereits gehaltenen eigenen Aktien, durch den im Ermächtigungsbeschluss festgelegten Erwerbsumfang sowie durch das Verbot des Handels in eigenen Aktien.

1. Erwerbsvolumen

Das von der Hauptversammlung in ihrem Ermächtigungsbeschluss festgelegte Erwerbsvolumen beschränkt die vom Vorstand der Aktiengesellschaft auf Grund der Ermächtigung insgesamt erwerbbare Zahl eigener Aktien. Dabei besteht jedoch ein grundlegender Unterschied zu der Beschränkung, wie sie § 71 Abs. 1 Nr. 7 AktG vornimmt: Kredit- und Finanzinstituten ist der fortlaufende Handel in eigenen Aktien unter der Einschränkung gestattet, dass der Handelsbestand am Ende jedes Tages 5 v. H. des Grundkapitals der Gesellschaft nicht übersteigt. Das durch den Beschluss der Hauptversammlung nach Nr. 8 vorgegebene Erwerbsvolumen kann jedoch nur einmal ausgeschöpft werden. Eine zwischenzeitliche Veräußerung der eigenen Aktien hat auf die Höhe des Rückerwerbsvolumens keinen Einfluss153.

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Wastl, DB 1997, 461, 462; Kraft/Altvater, NZG 1998, 448, 451; kritisch hinsichtlich der praktischen Wirksamkeit der Kapitalgrenze Bezzenberger, Rn. 121 ff. 152 Benckendorff, S. 232; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 20. 153 Kraft/Altvater, NZG 1998, 448, 450; Bezzenberger, Rn. 44.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien 2. Erwerbszweck

Grundsätzlich ist jeder Rückerwerbszweck zulässig. Ein Katalog zulässiger Zwecke wurde vom Gesetzgeber bewusst nicht festgelegt154. Eine Ausnahme macht § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 2 AktG, wonach als Zweck der Handel in eigenen Aktien unzulässig ist. Eine Einschränkung der zulässigen Erwerbszwecke war im Referentenentwurf zum KonTraG nicht vorgesehen. Die daraufhin folgende Kritik an dieser Regelung wurde insbesondere damit begründet, dass dem Vorstand die Spekulation mit Aktien der Gesellschaft und der Gesellschaft selber die Kursmanipulation durch ein ständiges An- und Verkaufen eigener Aktien ermöglicht werde. Die Kurspflege sei überdies nicht Aufgabe des Vorstands oder Sinn unternehmerischer Tätigkeit. Als Konsequenz wurde das ausdrückliche Verbot des Handels in eigenen Aktien gefordert155. Unter dem Eindruck dieser Kritik wurde das Verbot des Handels in eigenen Aktien in den Regierungsentwurf eingefügt. Damit soll ein „fortlaufender Kauf und Verkauf eigener Aktien und der Versuch, Trading-Gewinne zu machen“, als Zweck des Rückerwerbs ausscheiden156. a) Zulässige Erwerbszwecke Erwirbt der Vorstand eigene Aktien zu den in den Nr. 1 bis 6 des § 71 Abs. 1 AktG genannten Zwecken, ist ein vorheriger Beschluss der Hauptversammlung nicht erforderlich; ein Erwerb ist ohne Rückgriff auf die Ermächtigung möglich157. Er wirkt sich auch nicht auf das durch den Beschluss vorgegebene Erwerbsvolumen nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG aus. Allerdings können auch die im Rahmen von § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG erworbenen Aktien vom Vorstand zu den sonst in § 71 Abs. 1 AktG genannten Zwecken verwendet werden158. Ist die dem Vorstand durch die Hauptversammlung erteilte Ermächtigung dagegen auf einen oder mehrere Erwerbszwecke beschränkt, ist der Vorstand an den Inhalt der Ermächtigung gebunden und darf nicht zu anderen Zwecken erwerben159. Ein Erwerb zu anderen als den in der Ermächtigung bestimmten Zwecken wäre von § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG nicht gedeckt und damit unzulässig160. 154 Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 13; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19 g. 155 Lutter, AG-Sonderheft 1997, 52, 56; Huber, in: FS Kropff, S. 109, 120 ff. 156 Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 13. 157 Martens, AG 1996, 337, 342. 158 Martens, AG 1996, 337, 342. 159 Zur Beschränkung der Ermächtigung durch die Hauptversammlung vgl. oben Seite 140 f.

§ 8 Die aktienrechtliche Regelung in den §§ 71 ff. AktG

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Liegt eine Ermächtigung ohne Zweckbestimmung vor, ist die Zweckbestimmung grundsätzlich Aufgabe der Geschäftsführung durch den Vorstand161. Dabei stellt sich die Frage, ob der Vorstand an die in § 71 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AktG normierten Erwerbszwecke gebunden ist. Dagegen spricht jedoch, dass es nicht einsichtig wäre, die für einen Rückerwerb erforderlichen Voraussetzungen nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG von einem Hauptversammlungsbeschluss abhängig zu machen, bei dem Erwerb letztendlich aber doch nur auf die in Nr. 1 bis 6 genannten Erwerbszwecke zurückgreifen zu können. Es wäre widersprüchlich, den Vorstand bei einem Erwerb auf Grund einer Ermächtigung ohne Zweckbestimmung an die Erwerbzwecke des § 71 Abs. 1 AktG zu binden, obwohl der Vorstand danach die Aktien auch ohne eine Ermächtigung der Hauptversammlung erwerben könnte162. Allerdings unterliegt der Vorstand bei Vornahme der Zweckbestimmung allgemeinen aktienrechtliche Grundsätzen wie der Neutralitätspflicht und der Pflicht zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung163. Einschränkungen sind im Hinblick auf den Erwerb zum Zweck der Einziehung und des Wertpapierhandels zu machen: Bei einem Rückerwerb zur Einziehung nach § 71 Abs. 1 Nr. 6 AktG ist zu beachten, dass das Vorliegen eines Einziehungsbeschlusses durch die Hauptversammlung Tatbestandsvoraussetzung für die Befugnis des Vorstands ist, eigene Aktien zurückzuerwerben. Somit können die nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG zurückerworbenen Aktien ohne einen solchen Beschluss nicht zur Einziehung verwendet werden. Auf Grund des insoweit eindeutigen Wortlautes der Nr. 6 („auf Grund eines Beschlusses der Hauptversammlung zur Einziehung nach den Vorschriften über die Herabsetzung des Grundkapitals“) muss der Einziehungsbeschluss bereits vor der Durchführung des Rückerwerbs erfolgen164. Der fehlende Beschluss kann jedoch durch eine Ermächtigung des Vorstands, die eigenen Aktien auch ohne Hauptversammlungsbeschluss einzuziehen, ersetzt werden (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 6 AktG). Die Ermächtigung zu der späteren Durchführung der Einziehung gewährt dem Vorstand ein größeres Maß an Flexibilität165. Infolge dieser Einziehungsermächtigung entscheidet der Vorstand nach pflichtgemäßem Ermessen, ob er von der Einziehungsermächtigung Gebrauch machen will166. 160

Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19 f. Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 13; Hüffer, AktG, Rn. 19 f. 162 I.E. ebenso Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19 g. 163 Kindl, DStR 1999, 1276, 1278. 164 Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 13; Kindl, DStR 1999, 1276, 1278. 165 Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 13; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19 g. 161

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

Hat die Hauptversammlung jedoch bereits die Einziehung der für die Veräußerung vorgesehenen Aktien beschlossen, so ist der Vorstand insoweit an den Hauptversammlungsbeschluss gebunden167. Außerhalb von § 71 Abs. 1 Nr. 7 AktG bleibt ein Eigenhandel auf Grund des Verbots des Handels in eigenen Aktien unzulässig. Ein Wertpapierhandel kann also von einem nicht in Nr. 7 genannten Finanzinstitut auch bei Vorliegen einer Ermächtigung durch die Hauptversammlung nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG nicht betrieben werden. b) Verbot des Handels in eigenen Aktien: Kompetenzvorschrift oder Verhaltenspflicht? Unklar ist, ob es sich bei dem Handelsverbot des § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 2 AktG um eine die Beschlusskompetenz der Hauptversammlung einschränkende Vorschrift oder eine den Vorstand betreffende Verhaltenspflicht handelt168. Auf Grund des Wortlautes der Vorschrift ist es der Hauptversammlung verwehrt, den Rückkauf eigener Aktien zum Zwecke des Handels zu beschließen169. Es wird folglich die Beschlusskompetenz der Hauptversammlung begrenzt. Das Verbot richtet sich aber auch an den Vorstand und schränkt dessen unternehmerischen Handlungsspielraum ein. Obwohl die §§ 71 ff. AktG nicht die Verhaltenspflichten des Vorstands betreffen und daher aus systematischen Gründen die Annahme einer echten Sorgfaltspflicht problematisch wäre, trägt die Regelung zu einer Konkretisierung der allgemeinen Verhaltenspflichten des Vorstands bei. Der Rückerwerb unterliegt, sofern die Ermächtigung keinen Erwerbszweck vorgibt, der alleinigen Verantwortung des Vorstands (§ 119 Abs. 2 AktG). Die Kompetenzbeschränkung hat somit Ausstrahlungswirkung auf die generellen Verhaltenspflichten des Vorstands und bindet ihn entsprechend. Das Verbot des Handels in eigenen Aktien beschränkt daher die Beschlusskompetenz der Hauptversammlung und ist gleichzeitig eine vom Vorstand bei der Geschäftsführung zu beachtende Verhaltenspflicht170. 166 Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19 l. Eines Hauptversammlungsbeschlusses, wie er nach § 222 AktG i. V. m. § 237 Abs. 2 S. 1 oder nach § 237 Abs. 4 S. 1 AktG erforderlich wäre, bedarf es dazu nicht; a. A. Kindl, DStR 1999, 1276, 1278 und Bezzenberger, Rn. 46 mit Hinweis auf Art. 30, 37 Abs. 1 der Kapitalrichtlinie. 167 Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 71 c Rn. 25; Reichert/Harbarth, ZIP 2001, 1441, 1449. 168 Dazu Claussen, AG-Sonderheft 1997, 83, 86. 169 Diese Möglichkeit ist recht abwegig, worauf bereits Martens (AG-Sonderheft 1997, 83, 86) zutreffend hingewiesen hat.

§ 8 Die aktienrechtliche Regelung in den §§ 71 ff. AktG

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c) Tatbestandliche Reichweite des „Handels in eigenen Aktien“ Die Normierung eines Verbotes, mit eigenen Aktien zu handeln, ist in der Literatur vielfach auf Ablehnung gestoßen171. Ansatzpunkt der Kritik ist in erster Linie die Unbestimmtheit des Rechtsbegriffs „Handel in eigenen Aktien“, wie er in § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 2 AktG gebraucht wird. Die Aktiengesellschaft kann als Formkaufmann stets nur Handelsgeschäfte abschließen (§§ 6 HGB, 3 Abs. 1 AktG). Jeder An- und Verkauf eigener Aktien ist ein Handelsgeschäft im Sinne von § 343 HGB. Es wäre jedoch äußerst widersprüchlich, den Rückerwerb eigener Aktien zunächst zuzulassen, aber bereits in einem einmaligen An- und Verkauf ein verbotenes Handelsgeschäft zu sehen172. Auch der Handel an sich, also die Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen Wirtschaftssubjekten, kann nicht verboten sein. Denn ein solcher liegt – mangels späterer Veräußerung – in der Regel nur dann nicht vor, wenn der Aktienerwerb zur Einziehung erfolgt. Auch ist der Begriff des Wertpapierhandels gesetzlich nicht definiert173. Der Begriff des „Handels“ bleibt also seinem Wortlaut nach unscharf. Das Verbot des Handels in eigenen Aktien nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 2 AktG wurde erst im Regierungsentwurf eingeführt. Aus der Begründung geht hervor, dass der Eigenerwerb „nicht der kontinuierlichen Kurspflege und dem Handel in eigenen Aktien“ dienen darf174. Das Verbot soll den fortlaufenden, d.h. dauerhaften An- und Verkauf eigener Aktien, wie auch den Rückerwerb in der Absicht, Spekulationsgewinne zu erzielen, erfassen175. Auf diese Weise sollen Spekulationsgeschäfte durch den Vorstand 170

So auch Lingemann/Wasmann, BB 1998, 853, 860; Bosse, WM 2000, 806,

808 f. 171 Vgl. nur Claussen, DB 1998, 177, 180; Kraft/Altvater, NZG 1998, 448, 450; Martens, AG-Sonderheft 1997, 83, 86; Wiese, DB 1998, 609; s. a. Bosse, WM 2000, 806 ff. 172 Martens, AG-Sonderheft 1997, 83, 86. 173 Eine Definition findet sich auch nicht im WpHG. Eine Wertpapierdienstleistung im Sinne von § 2 WpHG meint den Handel „für andere“ und erfasst somit nicht den Erwerb eigener Aktien; vgl. Assmann, in: Assmann/Schneider, § 1 Rn. 1; Kraft/Altvater, NZG 1998, 448, 450. 174 Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 13; es muss unterschieden werden zwischen dem Handel in eigenen Aktien und der Kurspflege. Dagegen bezieht Martens (DB 1998, 177, 180) das in der Begründung zum RegE ausgesprochene Verbot der kontinuierlichen Kurspflege auf den Handel mit eigenen Aktien. Ihm folgend differenziert die Lit. nicht mehr ausdrücklich zwischen Kurspflege und Handel, vgl. nur Kraft/Altvater, NZG 1998, 448, 450; Kindl, DStR 1999, 1276, 1279. 175 Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 13. Soweit der Gesetzgeber allerdings Anglizismen verwendet („Trading“) hilft er der Auslegung nicht wirklich weiter (so auch Wiese, DB 1998, 609).

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

unterbunden und die andauernde Beeinflussung des Marktes wegen des damit verbundenen möglichen Verlustpotentials und kapitalmarktpolitischer Bedenken ausgeschlossen sein176. Der Begriff der Spekulation ergibt sich aus einem Rückgriff auf § 23 Abs. 2 Nr. 1 WpHG. Danach setzt ein Spekulationstatbestand voraus, dass Aktien gehalten werden oder die entsprechende Absicht besteht, „um bestehende oder erwartete Unterschiede zwischen Erwerbspreis und dem Veräußerungspreis kurzfristig zu nutzen“. Maßgebliches Kriterium für das Vorliegen eines Spekulationsgeschäfts ist die Absicht der Gewinnerzielung aus Preisunterschieden, die sich zwischen An- und Verkaufsgeschäft bilden177. Ob dem Geschäft ein spezifisches Risiko anhaftet, ist ohne Belang178. Als „kurzfristig“ ist ein Zeitraum anzunehmen, der jedenfalls weniger als ein Geschäftsjahr währt. Für die Frage, ob die Kursunterschiede „kurzfristig“ genutzt werden sollen, ist die Vorstellung der Gesellschaft im Zeitpunkt des Aktienerwerbs maßgeblich179. Übertragen auf die Regelung des § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 2 AktG bedeutet dies, dass ein unzulässiges Handeltreiben zumindest dann vorliegt, wenn die Gesellschaft eigene Aktien in der Absicht an- und verkauft, bestehende oder zu erwartende Unterschiede zwischen Erwerbs- und Veräußerungspreis innerhalb eines Zeitraums von weniger als einem Geschäftsjahr Dauer zu nutzen180. Ebenso wie ein fortlaufendes Kaufen und Verkaufen eigener Aktien kann auch das Erzielen von Kurs- bzw. Veräußerungsgewinnen auf die Unzulässigkeit des Erwerbszwecks hinweisen181. Erfüllt der Aktienrückerwerb die Voraussetzungen für den Spekulationstatbestand, müssen dennoch die im Einzelfall vorliegenden konkreten Veräußerungsgründe Berücksichtigung finden182. Ein Verstoß gegen das Handelsverbot des § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 2 AktG liegt nur dann vor, wenn die kurzfristige Realisierung von Kurs- bzw. Veräußerungsgewinnen alleiniger 176

Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 13; Claussen, AG-Sonderheft 1997, 83, 85; ders., DB 1998, 180; Kraft/Altvater, NZG 1998, 448, 450; Bosse, WM 2000, 806, 807; Saria, NZG 2000, 458, 462; Mick, DB 1999, 1201, 1204; Wiese, DB 1998, 609. 177 U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, § 23 Rn. 51; Bosse, WM 2000, 806, 807; Schwark, BörsenG, § 89 Rn. 2. 178 Bosse, WM 2000, 806, 807. 179 Vgl. § 23 Abs. 3 S. 1 WpHG; dazu U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 23 Rn. 53. 180 Bosse, WM 2000, 806, 807; Bezzenberger, Rn. 161. Allerdings kann sich ein Spekulationsverhalten gerade auch durch seine Planmäßigkeit und Dauer auszeichnen; vgl. Martens, AG-Sonderheft 1997, 83, 86. 181 Wiese, DB 1998, 609; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19 i. 182 Martens, AG-Sonderheft 1997, 83, 86.

§ 8 Die aktienrechtliche Regelung in den §§ 71 ff. AktG

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Zweck des Rückerwerbs war. Werden in erster Linie andere, zulässige Zwecke verfolgt, ist die Tatsache, dass die Gesellschaft einen Gewinn erzielt, unbedenklich183. Denn es kann der Gesellschaft nicht verwehrt werden, eigene Aktien (auch) in der Erwartung aufzukaufen, sie nach Steigerung des Börsenkurses mit Gewinn zu veräußern. Ein allgemeines Spekulationsverbot ist mit dem Handelsverbot nicht beabsichtigt184. Um sich gar nicht erst der Gefahr auszusetzen, einen unzulässigen Handel in eigenen Aktien vorzunehmen, sollte der Vorstand der Hauptversammlung einen Ermächtigungsbeschluss vorlegen, der eine oder mehrere Zweckvorgaben enthält. Im Gegensatz zu dem Spekulationstatbestand, der durch die Absicht der Gesellschaft geprägt ist, kurzfristig bestehende oder erwartete Unterschiede zwischen dem Erwerbspreis und dem Veräußerungspreis zu nutzen, spielt die Gewinnerzielungsabsicht bei einem Erwerb eigener Aktien zu kursbeeinflussenden Maßnahmen – wenn überhaupt – nur eine untergeordnete Rolle, da es der Gesellschaft in erster Linie auf die Herbeiführung der mit einer (zumeist maßvollen) Beeinflussung des Börsenkurses verbunden Vorteile ankommt185. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes liegt jedenfalls dann vor, wenn die Kursbeeinflussung dauerhaft erfolgt oder durch manipulative Eingriffe herbeigeführt wird, deren Wirkung auf der Täuschung des Marktes beruht186. Aus der Begründung des Regierungsentwurfs zum KonTraG geht hervor, dass der Gesetzgeber eine massive Beeinflussung des Marktes infolge kontinuierlicher Kurspflegemaßnahmen wegen der negativen Auswirkungen auf den Kapitalmarkt missbilligt187. Dagegen soll der Rückerwerb zum Zweck der kurzfristigen Kurspflege nicht gegen das Handelsverbot verstoßen188. Dem ist zuzustimmen, denn zum einen ließe sich in der Praxis eine Unterscheidung zwischen einer kurzfristigen Beeinflussung des Kurses und „normalen“ Kursschwankungen auf Grund eines zulässigen Erwerbs bzw. Veräußerung eigener Aktien nur schwerlich treffen. Zum anderen ist eine kurzfristige Kursstabilisierung an183 Bosse, WM 2000, 806, 808; Bezzenberger, Rn. 162. Allerdings muss es der Gesellschaft möglich sein, aus wirtschaftlichen Erwägungen den ursprünglich mit dem Rückerwerb verfolgten Erwerbszweck aufzugeben und die eigenen Aktien mit einem Buchgewinn zu veräußern, sofern keine Vorgaben des Ermächtigungsbeschlusses dem entgegenstehen; vgl. Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19 i mit Nachw. 184 Martens, AG-Sonderheft 1997, 83, 86. 185 Vgl. oben Seite 72 ff. 186 Vgl. oben Seite 98 ff. 187 Claussen, AG-Sonderheft 1997, 83, 85; Kraft/Altvater, NZG 1998, 448, 450; Bosse, WM 2000, 806, 807. 188 Claussen, DB 1998, 177, 180; Kindl, DStR 1999, 1276, 1279.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

gesichts einer übergroßen Volatilität des Marktes ein volkswirtschaftlich sinnvoller und erwünschter Zweck des Rückerwerbs189. 3. Bestandsschranke

Der Erwerb eigener Aktien nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG unterliegt der Bestandsschranke des § 71 Abs. 2 S. 1 AktG. Danach darf der Nennwert bzw. rechnerische Wert der Aktien, die die Gesellschaft hält oder in Pfand genommen hat (§ 71e Abs. 1 AktG) 10 v. H. des Grundkapitals nicht überschreiten. In diese Rechnung fließen auch die eigenen Aktien der Aktiengesellschaft ein, die ein von ihr abhängiges oder in ihrem Mehrheitsbesitz stehendes Unternehmen hält oder in Pfand genommen hat (§§ 71d S. 2, 71e Abs. 1 AktG). Das gilt auch für Aktien, die ein Dritter hält, wenn die Zurechnungsvoraussetzungen nach § 71d S. 1 oder 2 AktG gegeben sind. Zweck dieser Regelung ist es, dass die Gesellschaft zu keinem Zeitpunkt eigene Aktien im Nennwert bzw. rechnerischen Wert von mehr als 10 v. H. des Grundkapitals direkt oder indirekt hält. Der Gesetzgeber bewertet die von einem Aktienrückerwerb ausgehenden Gefahren als so erheblich, dass er den Rückerwerb durch eine absolute Obergrenze beschränkt und nicht von der finanziellen Leistungsfähigkeit der betreffenden Aktiengesellschaft abhängig macht190. Für die Berechnung der Bestandsgrenze kommt es auf die Grundkapitalziffer an, wie sie sich aus dem Bilanzposten des gezeichneten Kapitals (§ 266 Abs. 3 A I HGB) zum Zeitpunkt des Erwerbs ergibt. Bedingtes und genehmigtes Kapital finden keine Berücksichtigung191. Ein mehrmaliger Erwerb eigener Aktien ist danach zulässig, solange ein Gesamtbestand von 10 v. H. nicht überschritten wird. Früher erworbene Aktien sind nur insoweit von Bedeutung, als sie von der Gesellschaft noch gehalten werden192. Es ist aber durchaus möglich, den Bestand an gehaltenen eigenen Aktien auf mehr als 10 v. H. des Grundkapitals auszudehnen, weil das Erwerbsgeschäft trotz des Verstoßes gegen § 71 Abs. 2 S. 1 AktG nicht unwirksam ist (§ 71 Abs. 4 S. 1 AktG)193. Allerdings ist die Gesellschaft binnen eines Jahres ab dem Erwerbszeitpunkt zur Veräußerung verpflichtet (§ 71c Abs. 1 AktG)194. Da jedoch das Erwerbsgeschäft grundsätzlich nichtig ist (§ 71 189

Kraft/Altvater, NZG 1998, 448, 450. Benckendorff, S. 228. 191 Hüffer, AktG, § 71 Rn. 21; Benckendorff, S. 227; Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 71 Rn. 54; Hefermehl/Bungeroth, in: Geßler/Hefermehl, AktG, § 71 Rn. 31. 192 Huber, in: FS Kropff, S. 101, 110; Benckendorff, S. 228; Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 71 Rn. 53; Martens, AG-Sonderheft 1997, 83, 85. 193 So i. E. auch Huber, in: FS Kropff, S. 101, 110. 190

§ 8 Die aktienrechtliche Regelung in den §§ 71 ff. AktG

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Abs. 4 S. 2 AktG), ist die Zahlung des Erwerbspreises eine verbotene Einlagenrückgewähr, mit der Rechtsfolge des § 62 AktG. Außerdem können die Mitglieder der Verwaltung schadenersatzpflichtig sein (§§ 93, 116 AktG). Um einem unzulässigen Überschreiten der Bestandsgrenze von 10 v. H. vorzubeugen, liegt bei einem Verstoß eine Ordnungswidrigkeit nach § 405 Abs. 1 Nr. 4 lit. a AktG vor195. III. Durchführung des Rückkaufs eigener Aktien Bei der rechtlichen Beurteilung des Rückerwerbs eigener Aktien ist zwischen der allgemeinen aktienrechtlichen Zulässigkeit und der Durchführung des Erwerbs der Aktien zu unterscheiden. Denn die Feststellung, dass ein Erwerb eigener Aktien zulässig ist, lässt die Frage unberührt, wie dieser Erwerb durchzuführen ist196. In den Vereinigten Staaten wird der Rückerwerb eigener Aktien schon seit langem von den Gesellschaften praktiziert197. Anhand der nach USamerikanischen Recht zulässigen Rückerwerbsmethoden wird das Spektrum möglicher Erwerbsmethoden sowie die damit im Einzelnen verbundenen Vor- und Nachteile deutlich. Es scheint daher geboten, sich an den in den Vereinigte Staaten erprobten Rückerwerbsmethoden zu orientieren und diese anhand des deutschem Aktienrechts auf ihre aktienrechtliche Zulässigkeit zu untersuchen. Es haben sich im Wesentlichen drei unterschiedliche Methoden für die Durchführung des Rückerwerbs eigener Aktien herausgebildet, die nach US-amerikanischem Recht als zulässig angesehen werden: Der Rückerwerb über die Börse (open market repurchase), der Rückerwerb mittels eines öffentlichen Angebots an alle Aktionäre (self tender offer) und der mit einzelnen Aktionären oder Aktionärsgruppen in direkten Verhandlungen individuell ausgehandelte Rückerwerb (negotiated repurchase)198. Im Gegensatz zum US-amerikanischen Gesellschaftsrecht, das vergleichsweise geringe Anforderungen an die Durchführung des Rückerwerbs stellt, 194 Veräußert die Gesellschaft die betreffenden Aktien nicht rechtzeitig, sind diese nach § 237 AktG einzuziehen (§ 71 c Abs. 3 AktG). 195 Hüffer, AktG, § 71 Rn. 24. 196 So auch Rosen/Helm, AG 1996, 434, 437; Günther/Muche/White, RIW 1998, 337, 338. 197 Vgl. die Zahlen bei Posner, AG 1994, 312, 313; Günther/Muche/White, RiW 1998, 337, 338. Die gesetzliche Regelung des Erwerbs eigener Aktien in den Vereinigten Staaten wird ausführlich unten Seite 315 ff. dargestellt werden. 198 Vgl. dazu Posner, AG 1994, 312, 316 ff.; Rosen/Helm, AG 1996, 434, 437; Huber, in: FS Kropff, 101, 114 ff.; Günther/Muche/White, RiW 1998, 337 f.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

sind die nach deutschem Aktienrecht bestehenden Voraussetzungen, insbesondere im Hinblick auf den Schutz der Gläubiger und die Aktionäre der zurückerwerbenden Gesellschaft, sehr viel strenger. Das macht es erforderlich, die in den USA praktizierten Rückerwerbsmethoden in Bezug auf die Gleichbehandlung der Aktionäre und das zum Schutz der Gläubigerinteressen bestehende Verbot der Einlagenrückgewähr einer kritischen Prüfung zu unterziehen199. 1. Gleichbehandlung beim Rückerwerb eigener Aktien

Das Aktiengesetz enthält keine gesetzlichen Verfahrensvorschriften für die Durchführung des Rückerwerbs. Nach der Begründung des Gesetzgebers soll der Schutz der Aktionäre bereits durch das aktienrechtliche Gleichbehandlungsgebot sichergestellt sein, ohne weitergehende gesetzliche Verfahrensvorschriften aufzustellen zu müssen200. Für den Rückerwerb auf Grund eines Hauptversammlungsbeschlusses nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG wird in § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 AktG auf die strikte Geltung des aktienrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes gemäß § 53a AktG hingewiesen. Da es sich bei der in § 53a AktG normierte Pflicht der Gesellschaft, ihre Aktionäre unter gleichen Bedingungen gleich zu behandeln, um einen allgemeinen aktienrechtlichen Grundsatz handelt, kommt der Hervorhebung in § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 AktG lediglich klarstellende Bedeutung zu201. Ergänzt wird die Anordnung der Gleichbehandlung durch die Interpretationsregel des § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 4 AktG, der den Rückkauf über die Börse als ein mögliches Verfahren nennt202. Infolge dieser „klarstellenden“203 Interpretation durch das Gesetz selber soll der Erwerb der eigenen Aktien im Börsenhandel stets den Anforderungen des § 53a AktG genügen204. 199

Zu der Rechtslage nach US-amerikanischem Recht vgl. unten Seite 315 ff. Begr. RefE zum KonTraG, ZIP 1996, 2129, 2131; Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 13; Wastl, DB 1997, 461, 463; Paefgen, AG 1999, 67, 68. 201 Martens, AG-Sonderheft 1997, 83, 85; Wastl, DB 1997, 461, 463; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19 j. Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 71 Rn. 15; Benckendorff, S. 245. Bereits vor In-Kraft-Treten des § 53 a AktG galt im Aktienrecht der Grundsatz der Gleichberechtigung (vgl. RGZ 41, 97, 99; 52, 287, 293). 202 Kraft/Altvater, NZG 1998, 448, 449; Bosse, NZG 2000, 16; Hillebrandt/ Schremper, BB 2001, 533, 535. 203 Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 13. 204 So ausdrücklich Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 13: „so ist Erwerb [. . .] über die Börse die Methode der Wahl zur Wahrung der Gleichbehandlung“; s. a. Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19 j. An dieser Regelung ist jedoch aus dogmatischen Gründen zu bemängeln, dass es sich bei dem Gleichbehandlungsgrundsatz um europäisches Recht handelt (Art. 42 der Kapitalrichtlinie), das durch Gesetz vom 13. Dezember 1978 (BGBl. I 1978, 1959) umgesetzt wurde. Dem natio200

§ 8 Die aktienrechtliche Regelung in den §§ 71 ff. AktG

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a) Chancengleichheit oder Andienungsrecht der Aktionäre? Bei der Durchführung des Rückerwerbs stellt sich die Frage, ob für die formelle Gleichbehandlung der Aktionäre bereits die bloße Möglichkeit der Teilnahme an dem Rückerwerbsprogramm im Sinne einer Chancengleichheit ausreichend ist205, oder ob jedem Aktionär ein veräußerliches „Andienungsrecht“ zusteht, das selbstständig handelbar ist und auf Grund dessen er einen subjektiven Anspruch hat, Aktien an die Gesellschaft zu veräußern206. Es wird vertreten, dass die bloße Möglichkeit zur Teilnahme an dem Aktienrückerwerb dem Gleichbehandlungsgebot nicht genüge. Um die Gleichbehandlung der Aktionäre sicherzustellen, sei jedem Aktionär ein „Andienungsrecht“ im Sinne eines „umgekehrten Bezugsrechts“ zu gewähren, das dem einzelnen Aktionär das Recht gibt, an Aktienrückkäufen in Höhe seiner Kapitalbeteiligung (pro rata) teilzunehmen207. Dem Aktiengesetz liege eine einheitliche Systematik zum Schutz der Aktionäre vor einer Beeinträchtigung ihrer Vermögensposition bei Kapitalmaßnahmen zu Grunde. Damit es nicht zu einer Beeinträchtigung oder Verwässerung der wirtschaftlichen Position der Altaktionäre kommen könne, sei bei Kapitalerhöhungen ein Bezugsrecht der Aktionäre vorgesehen (§§ 186, 221 Abs. 4 AktG). Dementsprechend müsse man den Aktionären bei einem Aktienrückerwerb, bei dem es sich in seinen wirtschaftlichen Auswirkungen um das umgekehrte Äquivalent der Kapitalherabsetzung handele, ein Wahlrecht im Sinne eines „umgekehrten Bezugsrechts“ geben, entweder Aktien an die Gesellschaft zu veräußern oder den inneren Wert dieses Rechts durch den Verkauf am Markt zu realisieren. Obwohl ein solches „Andienungsrecht“ im Aktiengesetz nicht ausdrücklich geregelt sei, lasse es sich doch aus der in den § 53a und §§ 186 Abs. 1, 221 Abs. 4 AktG zum Ausdruck kommenden gesetzlichen Wertung ableiten208. Soll der Erwerb nicht über die Börse oder nicht pro rata erfolgen, sei der Erwerb nur unter den für den Bezugsrechtsausschluss geltenden Regelungen möglich. In diesem Fall bestehe auf nalen Gesetzgebers ist insoweit daher die Vornahme einer verbindlichen Interpretation nicht möglich; vgl. Huber, in: FS Kropff, 101, 113. 205 So die h. M.; vgl. nur Benckendorff, S. 242 ff.; Wastl, DB 1997, 461, 464; Rosen/Helm, AG 1996, 434, 439 f.; Wastl/Wagner/Lau, S. 134 ff.; Bezzenberger, Rn. 136. 206 Paefgen, AG 1999, 67 ff.; Sieber/Kiem, Rn. 905; wohl auch Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19 k. Andere Stimmen in der Literatur bezeichnen die Möglichkeit, den Aktionären Andienungsrechte zuzuteilen, als die geeignetste Möglichkeit des Rückerwerbs, ohne aber grundsätzlich zu der Problematik Stellung zu nehmen; vgl. Huber, FS Kropff, S. 101, 115 f.; Kindl, DStR 1999, 1276, 1279. 207 Paefgen, AG 1999, 67, 68. 208 Paefgen, AG 1999, 67, 68 f.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

Grund des zwingenden Wortlautes des § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 4 AktG ausnahmsweise kein „Andienungsrecht“. Gegen die vorstehende Ansicht spricht, dass die Pflicht, die Aktionäre unter gleichen Bedingungen gleich zu behandeln, dem Schutz der Mitgliedschaft des Aktionärs vor Eingriffen der Gesellschaftsorgane dient. Es handelt sich daher um ein Instrument der Einwirkungskontrolle im Sinne einer mitgliedschaftlichen Abwehrbefugnis und nicht etwa um ein neben der Mitgliedschaft bestehendes subjektives Recht209. Der aktienrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß § 53a AktG garantiert lediglich die Gleichbehandlung und gewährleistet den Aktionären keine vermögensrechtliche Gleichwertigkeit bei mehreren zur Wahl stehenden Alternativen. Eine dem Bezugsrecht nach § 186 Abs. 1 AktG entsprechende Regelung fehlt in den §§ 71 ff. AktG. Der § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 5 AktG betrifft den Veräußerungsvorgang und ordnet ausdrücklich nur die entsprechende Anwendung des § 186 Abs. 3 und 4 AktG an. Auch aus der Systematik der die Kapitalmaßnahmen betreffenden aktienrechtlichen Vorschriften lässt sich ein „Andienungsrecht“ nicht ableiten. Bei einer Kapitalerhöhung ist der Schutz vor einer Verwässerung der mitgliedschaftlichen Rechte durch das Bezugsrecht nach § 186 Abs. 1 AktG erforderlich, weil ein Verstoß gegen die Gleichbehandlung der Aktionäre nach § 53a AktG nicht vorliegt, wenn alle Aktionäre von der Kapitalerhöhung ausgeschlossen werden. Die Aktionäre wären ansonsten verpflichtet, an der Kapitalerhöhung teilzunehmen, um einen Eingriff in ihre Mitgliedschaft zu verhindern. Beide Gründe treffen auf den Aktienrückerwerb gerade nicht zu. So richtet sich der Rückerwerb ausschließlich an Aktionäre der Gesellschaft. Nichtaktionäre können an der Rückerwerbsmaßnahme nicht beteiligt sein, so dass die Pflicht zur Gleichbehandlung im Sinne von § 53a AktG ausreichenden Schutz gewährt. Haben alle Aktionäre die Möglichkeit, an dem Aktienerwerb teilzunehmen, können sie im Gegensatz zu einer Kapitalerhöhung ohne eigenen Kapitaleinsatz über eine Teilnahme entscheiden. Das für den Schutz der Mitgliedschaft des Aktionärs bei der Kapitalerhöhung entwickelte Bezugsrecht kann daher nicht als Begründung für das Bestehen eines „Andienungsrechts“ bei dem Erwerb eigener Aktien herangezogen werden. Bei der Durchführung des Rückerwerbsprogramms ist die Pflicht zur formellen Gleichbehandlung der Aktionäre daher im Sinne einer Chancengleichheit aller Aktionäre zu interpretieren. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz liegt nicht vor, wenn jedem Aktionär die Teilnahme an dem Rückerwerbsprogramm ermöglicht wird. Ein über das Recht auf Teilnahme an dem Rückerwerb hinausgehendes, handelbares Recht, eine 209 Allg. M.; vgl. nur Hüffer, AktG, § 53 a Rn. 4; Lutter/Zöllner, in: Kölner Komm. AktG, § 53 a Rn. 7.

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bestimmte Anzahl Aktien an die Aktiengesellschaft veräußern zu dürfen, lässt sich dem Aktiengesetz dagegen nicht entnehmen. b) Benachteiligung der vom Rückerwerb ausgeschlossenen Aktionäre Im Zuge der Durchführung des Aktienrückerwerbs kommt es nur dann zu einer unzulässigen Ungleichbehandlung im Sinne von § 53a AktG, wenn der Ausschluss von der Teilnahme am Rückerwerb die davon betroffenen Aktionäre gegenüber den teilnehmenden Aktionären in ihren mitgliedschaftlichen Rechten tatsächlich benachteiligt. Durch den Ausschluss einzelner Aktionäre oder die Missachtung der Höhe ihrer individuellen Beteiligung am Grundkapital wird ihnen das Wahlrecht genommen, entweder an dem Rückerwerb teilzunehmen oder aber an Kurssteigerungen zu partizipieren, die sie infolge des Rückerwerbs realisieren können210. Dieses Wahlrecht ist ein Vermögensvorteil, der dem Aktionär durch den Aktienrückerwerb zugewendet wird. Denn nach Ablauf der Spekulationsfrist sind Gewinne aus Aktienveräußerungen steuerfrei (§ 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG), während Dividendenzahlungen der Einkommensteuer unterworfen sind (§ 20 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 5 EStG)211. Das Wahlrecht, am Rückerwerb und damit an einer einkommensteuerfreien Ausschüttung teilzunehmen oder durch das Halten der Aktien an Steigerungen des Aktienkurses und weiteren Dividendenausschüttungen zu profitieren, hat einen Vermögenswert. Das Recht des einzelnen Aktionärs am Aktienrückerwerb teilnehmen zu können, ist daher als selbständiges Vermögensrecht einzuordnen, so dass der einzelne Aktionär, der keine Gelegenheit zu einer Teilnahme an dem Rückerwerb erhält, in diesem mitgliedschaftlichen Recht verletzt ist212. Nicht überzubewerten ist dagegen die Entlassung der Aktionäre, die an dem Rückerwerb teilnehmen, aus ihrem, auf die Einlage nach § 1 Abs. 1 S. 2 AktG beschränkten mitgliedschaftlichen Risiko213. Einen funktionierenden Kapitalmarkt vorausgesetzt, ist es zumindest den Aktionären börsennotierter Gesellschaften in der Regel jederzeit möglich, ihre Aktien zu angemessenen Preisen zu veräußern. Relevanz erlangt dieser Punkt aber dann, wenn die Gesellschaft nicht börsennotiert ist oder auf Grund eines engen Marktes die Veräußerung größerer Aktienpakete über die Börse faktisch unmöglich ist. Insbesondere in letzteren Fällen besteht der Vorteil der am Rückerwerb teilnehmenden Aktionäre in der Möglichkeit, ihre Aktien an 210 211 212 213

Peltzer, WM 1998, 322, 327. Vgl. Schmidt, EStG, § 20 Rn. 54 u. § 23 Rn. 42. Bosse, NZG 2000, 16, 17. Dazu Geßler, AktG, § 71 Rn. 3.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

die Aktiengesellschaft abzugeben, was einen entsprechenden Nachteil für die übrigen Aktionäre zur Folge hat214. 2. Untersuchung der verschiedenen Rückerwerbsmethoden

Bei den Erwerbsverfahren lassen sich der Rückkauf eigener Aktien über die Börse (open market repurchase) und der Erwerb außerhalb des Börsenhandels unterscheiden. Ein Erwerb außerhalb des Börsenhandels kann mittels eines öffentlichen Rückkaufangebotes an die Aktionäre (self tender offer) oder durch den mit einzelnen Aktionären individuell ausgehandelten Rückerwerb (negotiated repurchase) erfolgen215. Die letztgenannte Akquisitionsform unterscheidet sich von den zuvor erwähnten dadurch, dass Rückkaufangebote nicht gegenüber allen Aktionären, sondern lediglich einem ausgesuchten und abgegrenzten Personenkreis gegenüber abgegeben werden216. a) Rückkauf über die Börse Bei dem Rückkauf über die Börse (open market repurchase) kauft die Gesellschaft eigene Aktien direkt über die Börse zurück217. Sie nimmt am Börsenhandel wie jeder andere Marktteilnehmer teil und tritt anonym auf218. Da die Gesellschaft zum jeweils aktuellen Börsenkurs kauft, ist es ihr nicht möglich, eine zusätzliche Verkaufsprämie an die Aktionäre zu zahlen. Die Signalwirkung, die von diesem Rückerwerb ausgeht, ist daher als eher gering einzustufen. Der Rückkauf über die Börse ist die in den Vereinigten Staaten am häufigsten praktizierten Rückerwerbsvariante. Durch sie ist es der Gesellschaft möglich, über einen relativ langen Zeitraum von mehreren Monaten oder auch Jahren geringe Mengen von Aktien zurückzuerwerben. Da die Gesellschaft nicht zum Rückkauf verpflichtet oder zeitlich eingeschränkt ist, besteht eine größtmögliche Flexibilität219. Der Rückkauf über die Börse wird durch § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 4 AktG ausdrücklich als zulässige Erwerbsmethode genannt. Der Rückerwerb erfolgt 214 Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 71 Rn. 15; Hefermehl/Bungeroth, in: Geßler/Hefermehl, AktG, § 71 Rn. 125; Bosse, NZG 2000, 16, 17. 215 Überblick bei Wastl/Wagner/Lau, S. 23 ff. 216 Wastl, DB 1997, 461, 463. 217 Vgl. Wastl/Wagner/Lau, S. 24; Günther/Muche/White, RIW 1998, 337, 338; Benckendorff, 73 f.; Hampel, 12 f. jeweils mit Nachw. 218 Benckendorff, S. 73 mit Nachw. 219 Huber, in: FS Kropff, S. 101, 114; Hampel, S. 12; Benckendorff, S. 73 mit Nachw.

§ 8 Die aktienrechtliche Regelung in den §§ 71 ff. AktG

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wie ein normaler Kauf anonym und zum gültigen Marktpreis und kann in allen in- und ausländischen Marktsegmenten durchgeführt werden220. aa) Gleichbehandlung beim Rückkauf über die Börse Das Gesetz enthält in § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 4 AktG einen deklaratorischen Verweis auf § 53a AktG, den es bei dem Erwerb eigener Aktien über die Börse als gewahrt ansieht. Ein Verstoß gegen das aktienrechtliche Gleichbehandlungsgebot gemäß § 53a AktG soll bei dieser Form der Reakquisition von vorneherein ausscheiden221. Die Gleichbehandlung der Aktionäre wird bei dem Erwerb eigener Aktien im Börsenhandel bereits durch die Chancengleichheit hergestellt, die der Börsengang nach § 10 Abs. 1 S. 1 BörsG auslöst222. Jeder Aktionär erhält auf diese Weise die Möglichkeit, seine Aktien an die Gesellschaft zu verkaufen. Alle Aktionäre unterliegen in gleicher Weise den Chancen und Risiken des Börsenhandels, da jeder Aktionär die Wahl hat, durch einen Verkauf über den Markt am Rückerwerbsprogramm zu partizipieren oder seine Aktien nicht zu verkaufen und von weiteren Kurssteigerungen zu profitieren223. Die willkürliche Bevorzugung oder Benachteiligung einzelner Aktionäre durch die Gesellschaft ist ausgeschlossen; die formelle Gleichbehandlung der Aktionäre ist gewährleistet224. Es ist im Hinblick auf das Prinzip der Gleichbehandlung dagegen nicht von Bedeutung, dass die Gesellschaft je nach Kurslage die Aktien zu unterschiedlichen Preisen von den Aktionären zurückerwirbt. Denn eine materielle Ungleichbehandlung im Sinne des § 53a AktG liegt nur vor, wenn 220 Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 13; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19 k. 221 Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 13; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19 j; Kraft/Altvater, NZG 1999, 448, 449; Kindl, DStR 1999, 1276, 1279; Wastl, DB 1997, 461, 464; Geßler, AktG, § 71 Rn. 27. Krit. angesichts der Vorgaben durch die Kapitalrichtlinie Huber, in: FS Kropff, S. 101, 113. 222 Claussen, DB 1998, 177, 180. 223 Begr. RefE zum KonTraG, ZIP 1996, 2129, 2131; Martens, AG 1996, 337, 339; Rosen/Helm, AG 1996, 434, 439; Hillebrandt/Schremper, BB 2001, 533, 535. A.A. Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19 j; Paefgen, AG 1999, 67, 68 f.: Bei § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 4 AktG handele es sich um eine „missglückte“ bzw. „sachlich problematische“ Regelung, da dem Gleichbehandlungsgrundsatz nicht allein dadurch Genüge getan sei, dass der Erwerb eigener Aktien über die Börse erfolge. Die Pflicht zur Gleichbehandlung erfordere es, den Aktionären sog. „Andienungsrechte“ bzw. „umgekehrte Bezugsrechte“ zu gewähren. Das werde durch die Regelung des § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 4 AktG ignoriert, wenngleich die Vorschrift aufgrund ihres eindeutigen Wortlautes de lege lata zu akzeptieren sei. 224 Huber, in: FS Kropff, 1997, S. 101, 113; Bezzenberger, Rn. 137.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

eine Maßnahme, die sich an alle Aktionäre richtet, diese in ihren mitgliedschaftlichen Rechten unterschiedlich trifft. Es ist keine Frage der materiellen Gleichbehandlung, sondern dem Verantwortungsbereich des Aktionärs zuzuordnen, welchen Zeitpunkt er für die Veräußerung seiner Aktien wählt225. bb) Erwerb nur im Börsenhandel? Bereits der Referentenentwurf zum KonTraG stellte fest, dass „der Rückkauf nicht auf börsennotierte Gesellschaften beschränkt“ sei226. Dennoch wurde im Anschluss an die Veröffentlichung des Entwurfs in der Literatur vereinzelt die Forderung nach einer generellen Bindung des Rückerwerbs an den Börsenhandel erhoben. Nur durch die strikte Verpflichtung, eigene Aktien nur über die Börse zu erwerben, könne die Gleichbehandlung der Aktionäre vollumfänglich gewährleistet werden und es so nicht zu einer Benachteiligung einzelner Aktionäre kommen227. Es ist aber nicht einzusehen, warum der Rückerwerb eigener Aktien ausschließlich für börsennotierte Gesellschaften möglich sein soll228. Denn gerade bei geschlossenen Aktiengesellschaften, kann eine „Steuerung“ der Eigentümerstruktur – auch hinsichtlich eines Generationenwechsels – von besonderer Bedeutung sein229. Ein Ausschluss lässt sich bei der sogenannten „kleinen AG“ rechtspolitisch kaum rechtfertigen, betrachtet man die für die GmbH geltende und weitaus liberalere Regelung des § 33 GmbHG230. Zudem würde die unternehmerische Entscheidungsfreiheit hinsichtlich der Durchführungsmodalitäten des Rückerwerbs über Gebühr eingeschränkt. 225

Krit. im Hinblick auf nicht vorherzusehende Kursbewegungen infolge großer Rückerwerbsvolumina Huber, FS Kropff, 1997, S. 101, 113; Kübler, Aktie, S. 47 f. 226 Begr. RefE zum KonTraG, ZIP 1996, 2129, 2131. 227 So ausdrücklich Martens, AG 1996, 337, 339 f.; wohl auch Rosen/Helm, AG 1996, 434, 437 f. u. 439 für börsennotierte Gesellschaften. Vgl. auch Kübler, Aktie, S. 45. Ablehnend Huber, in: FS Kropff, 1997, 101, 113; Peltzer; WM 1998, 322, 329. 228 Als Argument wurde u. a. vorgebracht, Zielsetzung des Rückerwerbs sei die positive Beeinflussung des Börsenkurses, so dass ein Ausschluss von nicht börsennotierten Gesellschaften unproblematisch sei. Außerdem profitierten diese Unternehmen bei einem späteren Börsengang auch von der gesteigerten Attraktivität des Börsenhandels; vgl. Rosen/Helm, AG 1996, 434, 439; Huber, in: FS Kropff, 1997, S. 101, 115. 229 Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 13; Wastl, DB 1997, 461, 463. 230 Wastl, DB 1997, 461, 464. Nach § 33 GmbHG kann die GmbH nahezu sämtliche eigenen Anteile erwerben, soweit nur dem Grundsatz der Kapitalerhaltung Rechnung getragen wird (vgl. nur Lutter/Hommelhoff, § 33 Rn. 5 ff.). Zur kleinen AG vgl. Seibert/Kiem; Kiem, ZIP 2000, 209 ff.

§ 8 Die aktienrechtliche Regelung in den §§ 71 ff. AktG

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Folgerichtig hat der Gesetzgeber den in der Literatur erhobenen Forderungen, den Erwerb ausschließlich über die Börse zuzulassen, nicht nachgegeben231. Die allgemeine Geltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes stellt den Schutz der mitgliedschaftlichen Rechte der Aktionäre in ausreichendem Umfang sicher. Das Gesetz nennt den Erwerb über die Börse daher nur als exemplarische und nicht als ausschließliche Variante des Rückerwerbs. Andere Wege sind zulässig, soweit sie mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz zu vereinbaren sind. So erwähnt die Begründung zum Regierungsentwurf ausdrücklich den Rückerwerb im Wege eines öffentlichen Rückkaufangebotes („Tender-Verfahren“)232. Dass die Gesetzesbegründung nur einzelne Rückerwerbsmethoden erwähnt, spricht auch nicht für die Unzulässigkeit anderer Vorgehensweisen233. So können sich vor allem auch die Aktiengesellschaften der Möglichkeit des Aktienrückerwerbs bedienen, deren Aktien nicht an einer in- oder ausländischen Börse notiert sind234. b) Öffentliches Rückkaufangebot Neben dem Rückerwerb über die Börse haben sich in den Vereinigten Staaten auch andere Rückerwerbsmethoden außerhalb des Börsenhandels herausgebildet. Mit einem öffentlichen Rückkaufangebot (self tender offer) erhalten alle Aktionäre die Möglichkeit, ihre Aktien an die Gesellschaft zu veräußern. Dabei bedient sich die Gesellschaft nicht des Börsenhandels. Vielmehr wird den Aktionären öffentlich angeboten, eigene Aktien zu einem Kaufpreis zurückzuerwerben, der über dem aktuellen Börsenkurs liegt, also eine Verkaufsprämie für die Aktionäre beinhaltet, womit die Gesellschaft hofft, eine große Anzahl eigener Aktien innerhalb eines kleinen Zeitraums erwerben zu können235. Es lassen sich drei verschiedene Formen unterscheiden: das Angebot an die Aktionäre, zu einem Festpreis (fixed price tender offer) oder mittels eines Preisspannenangebots zu erwerben (dutch auction tender offer), so231 Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 14: „Der Rückkauf ist nicht auf börsennotierte Gesellschaften beschränkt.“; Wastl, DB 1997, 461, 464; Kindl, DStR 1999, 1276, 1279. 232 Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 13. 233 Bosse, NZG 2000, 16, 19. 234 Kindl, DStR 1999, 1276, 1279; s. a. Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 14. 235 Das durchschnittliche Rückerwerbsvolumen durch self tender offers US-amerikanischer Unternehmen liegt bei durchschnittlich ca. 15 v. H.; vgl. Benckendorff, S. 74 mit Nachw.; Rosen/Helm, AG 1996, 434, 437; Hampel, S. 13; Huber, in: FS Kropff, S. 101, 114.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

wie der Rückerwerb unter Ausgabe von Verkaufsoptionen (transferable put rights)236. Im Rahmen dieser drei Verfahren macht die Gesellschaft allen Aktionären entsprechend der jeweiligen Höhe ihrer Beteiligung am Grundkapital ein Angebot zu gleichen Konditionen. Unterschiedliche Erwerbspreise oder gar Zuschläge für Aktionäre mit besonders hohen Anteilen am Grundkapital werden nicht gezahlt237. Auch wird von vorneherein ein hohes Maß an Transparenz und Publizität geschaffen, indem die Angebote notwendigerweise an alle Aktionäre gleichermaßen gerichtet werden. aa) Fixed Price Tender Offer Die einfachste der in den Vereinigten Staaten praktizierten Formen des öffentlichen Rückerwerbs ist das Angebot, eine vorher festgelegte Anzahl Aktien zu einem Festpreis zurückzukaufen (fixed price tender offer). Den Aktionären wird dabei zumeist eine Frist von mehreren Wochen, regelmäßig aber nicht mehr als einem Monat, eingeräumt238. Der Aktionär muss sich bis zum Ablauf der Frist entscheiden, ob er das Angebot der Gesellschaft annimmt oder nicht. Die Gesellschaft behält sich in der Regel vor, die Aktien nur insoweit zurückzuerwerben, als die angebotene Anzahl nicht größer ist als das ursprünglich geplante Rückkaufkontingent239. Der den Aktionären angebotene Rückkaufpreis liegt in der Regel erheblich über dem aktuellen Börsenpreis, um den Aktionären einen Anreiz zu geben, das Rückkaufangebot anzunehmen240. Die Festsetzung eines Erwerbspreises, zu dem die Aktiengesellschaft genau die gewünschte Anzahl eigener Aktien angeboten bekommt, ist praktisch unmöglich. Da die Gesellschaft aber auch nicht riskieren will, auf Grund einer zu niedrig festgesetzten Prämie zu wenige Aktien angeboten zu bekommen, wird sie den Preis höher als erforderlich wählen. Diese Rückkaufvariante ist angesichts der Prämienzahlung als relativ teuer für die 236 Vgl. Wastl/Wagner/Lau, 24 ff.; Hampel, S. 13 ff.; Posner, AG 1994, 312, 316; Günther/Muche/White, RiW 1998, 337, 338; Benckendorff, S. 74 jeweils mit Nachw. 237 Posner, AG 1994, 312, 316. 238 Posner, AG 1994, 312, 317; Benckendorff, S. 75 mit Nachw. 239 Posner, AG 1994, 312, 317. Das Angebot kann jedoch auch die Möglichkeit vorsehen, dass die Gesellschaft sich später entscheidet, mehr als die zunächst genannte Anzahl an Aktien zurückzuerwerben; dazu Benckendorff, S. 75 mit Nachw. 240 Kindl, DStR 1999, 1276, 1279; Huber, in: FS Kropff, S. 101, 114. Posner, AG 1994, 312, 317 spricht von einer der teuersten Möglichkeiten des Rückkaufs eigener Aktien. Die von US-amerikanischen Unternehmen angebotene Prämie liegt bei ca. 23 v. H.; vgl. Benckendorff, Erwerb eigener Aktien, 1998, S. 74.

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Gesellschaft einzustufen241. Kommt es bei einer hohen Prämie zu einer Überzeichnung, kann die Gesellschaft die Angebote der Aktionären nur anteilig berücksichtigen. Das kann zu einer gewissen Unzufriedenheit der Aktionäre mit der Gesellschaft führen, die ihnen offensichtlich mehr versprochen hat, als sie letztendlich halten kann242. Daher wird diese Rückkaufvariante eher selten eingesetzt, obwohl ihr eine beträchtliche Signalwirkung auf den Börsenkurs zukommt243. Mit einem öffentlichen Erwerbsangebot wird allen Aktionären der Gesellschaft die Teilnahme an dem Rückkaufprogramm zu den gleichen Konditionen ermöglicht. Jeder Aktionär hat die Wahl, an dem Rückerwerb teilzunehmen oder die Aktien weiterhin zu halten. Da sich das Angebot der Gesellschaft an alle Aktionäre richtet und diesen gleichrangig und zu den selben Konditionen die Beteiligung an dem Rückerwerb ermöglicht wird, scheidet ein Verstoß gegen das Gebot der Gleichbehandlung des § 53a AktG offensichtlich aus244. Auch der Gesetzgeber macht in der Begründung des Regierungsentwurfes zum KonTraG deutlich, dass er den Gleichbehandlungsgrundsatz bei dem Erwerb durch ein Festpreisangebot an alle Aktionäre als gewahrt ansieht245. Kommt es zu einem Angebot seitens der Aktionäre, das über dem Rückerwerbsvolumen liegt, hat die Aktiengesellschaft die Angebote der Aktionäre entsprechend ihrer Beteiligung am Grundkapital (pro rata) zu berücksichtigen246. bb) Dutch Auction Tender Offer Um das Problem der Repartierung zu umgehen, wird in den Vereinigten Staaten das Verfahren des dutch auction tender offer gewählt. Es handelt sich um die am häufigsten angewandte Methode der tender offers247. Bei dem dutch auction tender offer bietet die Gesellschaft allen Aktionären den Rückkauf einer bestimmten Zahl eigener Aktien an. Der endgültige 241 Posner, AG 1994, 312, 316 f. Ein teures Rückerwerbsprogramm muss kein Nachteil sein, wenn die Gesellschaft mit dem Rückerwerb beabsichtigt, Kapital an ihre Aktionäre auszuschütten; Huber, in: FS Kropff, 1997, S. 101, 114 f. A.A. Martens, AG 1996, 337, 340. Mit dem Verfahren des dutch auction tender offer und der Ausgabe von transferable put rights stehen jedoch Verfahren zur Verfügung, die eine optimale Prämienhöhe gewährleisten können. 242 Kindl, DStR 1999, 1276, 1279; Huber, in: FS: Kropff, S. 101, 115. 243 Kraft/Altvater, NZG 1999, 448, 449. 244 H.M.; vgl. nur Hillebrandt/Schremper, BB 2001, 533, 535; Wastl, DB 1997, 461, 464; Benckendorff, S. 244 jeweils mit Nachw.; a. A. Paefgen, AG 1999, 67, 69. 245 Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 13. 246 Vgl. Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 14. 247 Benckendorff, S. 77 mit Nachw.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

Kaufpreis wird von der Gesellschaft zunächst offengelassen. Die Gesellschaft gibt eine Preisspanne an, in der sich die Verkaufspreise der Aktionäre bewegen müssen, sowie die Frist, in der Angebote bei ihr eingehen müssen. Während des Fristlaufes bieten die Aktionäre der Gesellschaft eine bestimmte Anzahl eigener Aktien an und setzen einen Preis fest, den sie mindestens bei einer Veräußerung erzielen wollen und der innerhalb der von der Gesellschaft gesetzten Bandbreite liegen muss. Nach Ablauf der Frist ermittelt die Gesellschaft den geringsten Kurs, zu dem sie genau die Anzahl von Aktien zurückerwerben kann, die sie vorher bekannt gegeben hat248. Zu dem festgestellten Erwerbspreis werden dann alle Aktien, die die Gesellschaft innerhalb des Kontingents zurückkauft, abgerechnet249. Diese Rückerwerbsmethode ist auf Grund der Preisbildung durch das Auktionsverfahren ca. 30 v. H. billiger als ein fixed price tender offer, da die gezahlte Prämie um diesen Anteil geringer ist250. Verkaufsbereite Aktionäre werden ihren Kurs nicht zu hoch ansetzen, da ihr Angebot ansonsten keine Berücksichtigung findet251. Die Signalwirkung auf den Börsenkurs, die von einem dutch auction tender offer ausgeht, ist allerdings geringer als bei dem Rückkauf zum Festpreis252. Erfolgt der Erwerb der eigenen Aktien im Wege des dutch auction tender offer, erhalten alle Aktionäre die Möglichkeit, zu denselben Konditionen an dem Rückerwerbsprogramm teilzunehmen. Die Chancengleichheit wird auch nicht dadurch beeinträchtigt, dass die von ihnen zu treffende Entscheidung über die Höhe des Angebots darüber bestimmt, ob ihr Gebot letztlich zum Zuge kommt oder nicht. Diese Problematik trifft alle Aktionäre gleichermaßen und hat somit keine nachteiligen Auswirkungen auf die mitgliedschaftlichen Rechte einzelner Aktionäre. Außerdem ist, wie schon beim fixed price tender offer, bei einem Überangebot gleichmäßig zu repartieren, um dem Maß der Beteiligung am Grundkapital als Maßstab der Gleichbehandlung Rechnung zu tragen253. Der Rückerwerb im Wege des dutch auction tender offer wahrt daher die Gleichbehandlung der Aktionäre gemäß § 53a AktG. 248 Hampel, S. 14 f.; Wastl/Wagner/Lau, S. 26; Benckendorff, S. 76 jeweils mit Nachw.; Posner, AG 1994, 312, 317; Günther/Muche/White, RiW 1998, 337, 338; Kopp, S. 38. Aus der Auktion wird ein überzeichnetes Festpreisangebot, wenn die Bereitschaft der Aktionäre, zu dem Mindestbandbreitenpreis zu verkaufen, volumenmäßig das gesamte geplante Rückkaufkontingent der Gesellschaft übersteigt (prorata Rückerwerb); vgl. Posner, a. a. O., 317. 249 Vgl. § 14(d)(7) SEA. 250 Hampel, S. 15 f.; Posner, AG 1994, 312, 317 mit Nachw. 251 Posner, AG 1994, 312, 317; Huber, in: FS Kropff, S. 101, 115; Benckendorff, S. 76 mit Nachw. 252 Vgl. unten Seite 307 ff. 253 Rosen/Helm, AG 1996, 434, 439; Hüffer, AktG, § 53 a Rn. 6.

§ 8 Die aktienrechtliche Regelung in den §§ 71 ff. AktG

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Der wesentliche Vorteil dieser Methode liegt darin, dass unzufriedene Aktionäre, die ihren Anteilen nur einen geringen Wert zumessen, sich mit einer niedrigen Prämie zufrieden geben und ihre Anteile der Gesellschaft zu einem sehr niedrigen Kaufpreis anbieten werden254. Den Aktionären, deren Gebote nicht berücksichtigt werden können, wird das Gefühl vermittelt, trotzdem an einem „gerechteren“ Verfahren als dem schematischen Repartierungsverfahren teilgenommen zu haben255. Problematisch ist dieses Verfahren aus Anlegersicht lediglich deshalb, weil die Gesellschaft die Aufgabe der Preisbestimmung auf den Aktionär verlagert. Es verlangt den Aktionären die äußerst komplexe und schwierige Entscheidung ab, in welcher Höhe sie ein Angebot gegenüber der Gesellschaft abgeben sollen. Der gewöhnliche Anleger wird mit dieser Frage wohl überfordert sein256. Dieser Umstand spricht jedoch nicht gegen die aktienrechtliche Zulässigkeit dieser Rückerwerbsvariante. Auch der Gesetzgeber macht deutlich, dass zum Rückerwerb Preisspannen-Angebote möglich sind257. cc) Transferable Put Rights258 Bei einem fixed price tender offer besteht für die Gesellschaft das Problem, den Kaufpreis so festzusetzen, dass sie genau die Anzahl Aktien angeboten bekommt, die sie letztendlich erwerben will. Obwohl die Methode des dutch auction tender offer dazu führt, dass die Aktionäre, deren Verkaufsangebot von der Gesellschaft angenommen wird, grundsätzlich die volle Anzahl der von ihnen angebotenen Aktien abgeben, kann dennoch nicht ausgeschlossen werden, dass viele Aktionäre mit der Preisbestimmung überfordert werden. Angesichts dieser Nachteile hat sich in den letzten Jahren in den Vereinigten Staaten mit der Ausgabe übertragbarer Verkaufsoptionen (transferable put rights) eine weitere Rückkaufmethode etabliert259. 254 In den Vereinigten Staaten spielt das Motiv des Managements eine große Rolle, Aktien von Aktionären zu erwerben, die bereits bei einer niedrigen Prämie verkaufsbereit sind, denn sie sind die natürliche Zielgruppe für feindliche Übernahmeangebote; vgl. Huber, FS Kropff, S. 101, 115 (Fn. 83). 255 Huber, in: FS: Kropff, S. 101, 115 mit Nachw. 256 Hampel, S. 16 mit Nachw.; Huber, FS Kropff, 1997, S. 101, 115; Benckendorff, S. 76. 257 Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 14. 258 Zur aktienrechtlichen Zulässigkeit des Einsatzes von Put-Optionen zum Aktienrückerwerb vgl. Paefgen, AG 1999, 67, 70. Zum umgekehrten Anwendungsfall des Kaufs von Call-Optionen von den Aktionären, die das Recht gewähren, eigene Aktien von den Aktionären zurückkaufen zu können, vgl. Mick, DB 1999, 1201, 1202. 259 Vgl. nur Hampel, S. 17 f.; Posner, AG 1994, 312, 317 f.; Günther/Muche/ White, RiW 1998, 337, 338; Kopp, S. 37 jeweils mit Nachw. Will die Gesellschaft

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

Der Rückerwerb wird dadurch eingeleitet, dass jeder Aktionär entsprechend seiner Kapitalbeteiligung eine bestimmte Anzahl Verkaufsoptionen (put rights; put options) erhält, die während der Ausübungsfrist an der Börse gehandelt werden können. Die Anzahl der ausgegebenen Verkaufsrechte bemisst sich nach dem Anteil am Grundkapital, den das Unternehmen zurückerwerben möchte260. Jede dieser Optionen verbrieft das Recht, innerhalb einer vorgegebenen Frist eine Aktie zu einem Basispreis an die Gesellschaft zu veräußern. Die Aktionäre, die keine Aktien verkaufen wollen, können das ihnen dazu eingeräumte Recht veräußern und so an der Prämie partizipieren, ohne die Aktie selber abgeben zu müssen261. Der Basispreis, zu dem die Aktien an die Gesellschaft veräußert werden können, liegt in der Regel deutlich über dem aktuellen Börsenpreis262. In ökonomischer Hinsicht handelt es sich bei den übertragbaren Verkaufsrechten um „umgekehrte Bezugsrechte“ bzw. Put-Optionen (Verkaufsoptionen), deren innerer Wert sich in erster Linie aus der Differenz zwischen dem höheren Ausübungspreis und dem Börsenkurs der Aktie im Zeitpunkt der Ausgabe des Verkaufsrechts errechnet263. Die Vorteile dieser Vorgehensweise liegen auf der Hand: Die Ausgabe einer bestimmten Anzahl von transferable put rights stellt sicher, dass der Gesellschaft genau die Zahl eigener Aktien zu einem vorher festgelegten Kaufpreis angeboten wird, die diese insgesamt zurückerwerben möchte. Dabei kommt es weder zum Problem der Überzeichnung (wie beim fixed price tender offer), da nur so viele Optionen ausgegeben wurden, wie die Gesellschaft Aktien zurückerwerben will, noch kommen letztlich nur einige Aktionäre zum Zuge (wie beim dutch auction tender offer). Für die Aktiengesellschaft hat die Ausgabe von transferable put rights gegen Zahlung einer Optionsprämie den wesentlichen Vorteil, dass diese von den Aktionären, die ihrem Investment einen hohen Wert zumessen (hoher reservation durch mit der Ausgabe übertragbarer Verkaufsoptionen z. B. 10 v. H. ihrer Aktien zurückerwerben, erhält jeder Aktionär für jeweils zehn Aktien das Recht, innerhalb einer bestimmten Ausübungsfrist eine Aktie zu einem vorher festgelegten Preis an die Gesellschaft zu verkaufen, wobei der Basispreis im Allgemeinen über dem aktuellen Börsenpreis liegt; Beispiel bei Huber, in: FS Kropff, 1997, S. 101, 116. 260 Hillebrandt/Schremper, BB 2001, 533, 535; Kindl, DStR 1999, 1276, 1279. Dabei soll der professionelle Handel im Wege des Agiotagehandels dafür sorgen, dass alle Optionen ausgeübt werden; vgl. Huber, in: FS Kropff, S. 101, 116. 261 Posner, AG 1994, 312, 317; Huber, in: FS Kropff, S. 101, 116; Huber, in: FS Kropff, S. 101, 116; Benckendorff, S. 75 mit Nachw. 262 Huber, in FS Kropff, S. 101, 116. 263 Huber, in: FS Kropff, 1997, S. 101, 116; Kraft/Altvater, NZG 1998, 448, 450; Paefgen, AG 1999, 67, 67: Einen geringen Einfluss hat zudem eine Zeitwertkomponente entsprechend dem wahrscheinlichkeitstheoretisch gewichteten Wert möglicher Kurssteigerungen bis zum Ablauf der Bezugsfrist.

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value) vor allem an Aktionäre mit niedrigem reservation value verkauft werden und vornehmlich letztere von der Optionen Gebrauch machen werden, ihre Aktien zu dem garantierten Preis zu verkaufen264. Wie beim dutch auction tender offer verbleiben nach Beendigung der Aktienrücknahme nur noch Aktionäre mit höherem Mindestverkaufskurs265. Zudem kann durch die Vereinnahmung der Put-Prämie der cash flow verbessert und damit die Unterverzinslichkeit der liquiden Mittel beseitigt werden, ohne dass die Überschussliquidität endgültig aufgegeben wird266. (1) Anwendbarkeit des § 71 Abs. 1 u. 2 AktG auf den Rückerwerb durch Ausgabe von Transferable Put Rights? Der Anwendungsbereich des § 71 AktG erfasst den „Erwerb“ eigener Aktien durch die Aktiengesellschaft. Daher stellt sich die Frage, ob die Ausgabe von übertragbaren Verkaufsrechten bereits als „Erwerb“ im Sinne des § 71 AktG anzusehen ist. Nach zutreffender Ansicht kann mit „Erwerb“ im Sinne des § 71 Abs. 1 und 2 AktG jedoch nur das dingliche Rechtsgeschäft gemeint sein. Erst bei einem Verstoß gegen § 71 Abs. 1 oder 2 AktG wird auch das schuldrechtliche Rechtsgeschäft nichtig. Solange ein dinglicher Erwerb nicht erfolgt, ist das schuldrechtliche Rechtsgeschäft selbst dann wirksam, wenn der spätere Erwerb nicht den in § 71 Abs. 1 und 2 AktG aufgestellten Voraussetzungen entspricht. Erst die Erfüllung der Verpflichtung unter Missachtung der Voraussetzungen des § 71 Abs. 1 oder 2 AktG lässt das schuldrechtliche Geschäft nichtig werden267. Doch selbst wenn man der wohl herrschenden Auffassung folgt, die den Erwerbstatbestand sowohl auf schuldrechtliche als auch auf dingliche Rechtsgeschäfte anwendet, bleibt zweifelhaft, ob die Einräumung eines Verkaufsrechts bereits als ein auf den Erwerb von eigenen Aktien gerichtetes schuldrechtliches Rechtsgeschäft eingestuft werden kann. Denn das Verkaufsrecht gewährt nur einen schuldrechtlichen Anspruch des Inhabers auf den Verkauf von Aktien an die Gesellschaft. Erst bei Ausübung des Verkaufsrechts kommt es zu dem Abschluss des eigentlichen Kaufvertrags, der mit der zeitlich vorgelagerten Gewährung eines Verkaufsrechts nicht identisch ist268. Eine am Schutzzweck des § 71 AktG orientierte Auslegung 264

Posner, AG 1994, 312, 317; Benckendorff, S. 78; Bezzenberger, Rn. 142. Dadurch wird sich eine Unternehmensübernahme zwangsläufig verteuern; siehe unten Seite 282 ff. 266 Paefgen, AG 1999, 67, 73. 267 Vgl. Mick, DB 1999, 1201, 1203; a. A. Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 71 Rn. 18; s. a. Hüffer, AktG, § 71 Rn. 4, wonach § 71 AktG zumindest mittelbar auch auf das dem Erwerb zu Grunde liegende schuldrechtliche Rechtsgeschäft anwendbar sein soll. 265

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn es besteht zunächst nicht die Gewissheit, dass ein Verkaufsrechts ausgeübt wird und die Gesellschaft die eigenen Aktien tatsächlich erwerben muss269. Ein Aktienrückerwerb, der durch die Ausgabe von übertragbaren Verkaufsrechten erfolgt, muss daher nicht in den Schranken des § 71 Abs. 1 und 2 AktG erfolgen. Da aber davon auszugehen ist, dass alle Verkaufsrechte auf Grund der damit verbundenen Prämie später tatsächlich ausgeübt werden, sollte die Gesellschaft bereits bei der Ausgabe der transferable put rights auf die Einhaltung der Voraussetzungen des § 71 Abs. 1 und 2 AktG achten. (2) Gleichbehandlung der Aktionäre Obwohl die Gewährung eines Verkaufsrechts nicht in den Anwendungsbereich des § 71 AktG fällt, ist dennoch § 53a AktG als übergeordnete Schutznorm zu Gunsten der Aktionäre von der Aktiengesellschaft stets zu beachten270. Die transferable put rights sind den Aktionären daher entsprechend ihrer Beteiligung am Grundkapital pro rata zuzuteilen. Jeder Aktionär hat daraufhin die Wahl, ob er die Verkaufsrechte veräußern und damit ihren wirtschaftlichen Wert realisieren möchte oder ob er nach Ablauf der Frist das gewährte Optionsrecht ausübt und eine entsprechende Anzahl an Aktien an die Gesellschaft veräußert271. Mit dieser Form des Rückerwerbs ist die Chancengleichheit aller Aktionäre gewährleistet272. Im Gegensatz zu den übrigen Rückerwerbsformen besteht bei dem Einsatz von transferable put rights die Möglichkeit, gesellschaftsfremde NichtAktionäre einzubeziehen. Denn der Erhalt eines Verkaufsrechts ist grundsätzlich nicht an eine Aktionärsstellung gebunden. Begünstigt die Gesellschaft auf diese Weise einen Nichtaktionär unter Ausschluss aller Aktionäre, so sind letztere hiervon gleichermaßen betroffen273. Da Ausgabe von 268

Heinrichs, in: Palandt, BGB, vor § 504 Rn. 16; Mick, DB 1999, 1201, 1203. Mick, DB 1999, 1201, 1203. 270 Mick, DB 1999, 1201, 1204. Da es sich bei § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 AktG nur um eine Klarstellung des Gesetzgebers handelt, ist § 53 a AktG unabhängig von der Anwendbarkeit des § 71 AktG zu prüfen. 271 Kindl, DStR 1999, 1276, 1279. Ebenso wie beim dutch auction tender offer wird diese Methode dem Interesse des Managements gerecht, in erster Linie Aktien von verkaufswilligen Aktionären zurückzuerwerben. 272 Kraft/Altvater, NZG 1998, 448, 450; Kindl, DStR 1999, 1276, 1279; Huber, in: FS Kropff, S. 101, 116. Weitergehend Paefgen, AG 1999, 67, 68 f, der dieses Verfahren im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz als zwingend geboten ansieht. 273 Mick, DB 1999, 1201, 1205: Denkbar ist aber ein Pflichtverstoß des Vorstandes nach § 93 AktG. 269

§ 8 Die aktienrechtliche Regelung in den §§ 71 ff. AktG

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Verkaufsrechten an einen Nicht-Aktionär keine Ungleichbehandlung der Aktionäre darstellt, liegt ein Verstoß gegen § 53a AktG nicht vor. Der Nicht-Aktionär, in der Regel ein Finanzdienstleister, kann die Verkaufsrechte an die Aktionäre verkaufen oder am Markt Aktien kaufen, um die Verkaufsrechte selber auszuüben. Technisch kommt dem Nichtaktionär somit die Funktion eines Vermittlers bei dem Aktienrückerwerbsprogramm zu. Die Aktionäre haben die Wahl, ob sie an dem Rückerwerb durch die Veräußerung ihrer Aktien an den bisherigen Nicht-Aktionär teilnehmen oder die Aktien behalten möchten274. c) Individuell ausgehandelter Rückkauf Im US-amerikanischen Recht wird neben den bisher dargestellten Rückerwerbsformen außerdem noch der mit einzelnen Aktionären oder Aktionärsgruppen individuell ausgehandelte Rückerwerb als zulässig erachtet (negotiated repurchase)275. Allerdings ist diese Methode eher selten anzutreffen. Die konkreten Bedingungen für den Rückkauf werden zwischen den Parteien ausgehandelt. An den veräußernden Großaktionär wird in der Regel eine hohe Prämie in Form eines Zuschlags zum Börsenkurs (Paketzuschlag) gezahlt276. Im Gegensatz zu den anderen Formen können bei dem negotiated repurchase die Verhandlungen auch von Seiten der Aktionäre ausgehen277. Ihre Stärke liegt darin, Aktienpakete von einzelnen Großaktionären übernehmen zu können, ohne dabei eine größere Aufmerksamkeit zu erwecken (sog. „Pakethandel“). Diese Rückkaufvariante lässt sich besonders effektiv im Rahmen einer Übernahmeabwehr einsetzen278. An dem individuell ausgehandelten Rückerwerb ist insbesondere problematisch, dass nicht alle Aktionäre die Möglichkeit erhalten, an dem Rückkauf teilzunehmen, und zudem ein Kaufpreis gezahlt wird, der regelmäßig deutlich über dem Marktwert der Aktien liegt279.

274 Damit gleicht diese Vorgehensweise dem Erwerb der eigenen Aktien durch ein fixed price tender offer. 275 Hampel, S. 16; Kopp, S. 38; Wastl/Wagner/Lau, S. 27; Rosen/Helm, AG 1996, 434, 437; Posner, AG 1994, 312, 316 jeweils mit Nachw. 276 Huber, in: FS Kropff, 1997, S. 101, 116; Benckendorff, S. 78 mit Nachw. 277 Posner, AG 1994, 312, 316. 278 Benckendorff, S. 79 mit Nachw. 279 Bosse, NZG 2000, 16.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

aa) Ungleichbehandlung der Aktionäre Ein mit einem oder mehreren Aktionären individuell ausgehandelter Rückerwerb stellt stets eine formelle Ungleichbehandlung im Sinne von § 53a AktG dar, da es den übrigen Aktionären der Gesellschaft verwehrt ist, an dem Rückerwerbsprogramm teilzunehmen. Durch einen individuell ausgehandelten Rückerwerb wird ihnen das Wahlrecht zur Teilnahme an dem Rückerwerb genommen. Dieses Wahlrecht ist ein selbständiges Vermögensrecht des Aktionärs. Erhält ein Aktionär keine Gelegenheit zu einer Teilnahme an dem Aktienrückerwerb, ist er folglich in seinen mitgliedschaftlichen Rechten verletzt280. Ein Teil der Literatur ist daher der Ansicht, diese Rückerwerbsform sei schlicht unzulässig, da sie mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß § 53a AktG nicht zu vereinbaren sei281. bb) Sachliche Rechtfertigung der Ungleichbehandlung Der Grundsatz der Gleichbehandlung steht der Reakquisition im Wege eines negotiated repurchase jedoch nicht generell entgegen. Ein individuell ausgehandelter Rückerwerb kann dann zulässig sein, wenn die Ungleichbehandlung sachlich gerechtfertigt und verhältnismäßig ist und damit nicht den Charakter der Willkür trägt282. Die Zulässigkeit des individuell ausgehandelten Erwerbs eigener Aktien wird folglich in weiten Teilen der Literatur grundsätzlich bejaht, wobei dabei insbesondere auf die Bindung der Gesellschaftsorgane an den Grundsatz der Gleichbehandlung und auf das praktische Bedürfnis nach dieser Rückerwerbsform hingewiesen wird283. Obwohl die mit dem Rückerwerb verfolgten Zwecke in der Regel bereits mittels der zuvor dargestellten Erwerbsformen regelmäßig in vollem Umfang erreicht werden können, sind verschiedene Sachverhalte denkbar, bei 280

Vgl. bereits oben Seite 155. Peltzer, WM 1998, 322, 329. Für einen zwingenden Rückerwerb börsennotierter Aktiengesellschaften über die Börse bzw. einen organisierten Markt: Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 71 Rn. 15; Martens, AG 1996, 337, 340; Peltzer, WM 1998, 322, 329. 282 BGHZ 33, 175, 186; 71, 40, 44; 120, 141, 150. 283 Benckendorff, S. 245; Bosse, NZG 2000, 16, 19; Escher-Weingart/Kübler, ZHR 162 (1998), S. 537, 547; Kindl, DStR 1999, 1276, 1279; Wastl/Wagner/Lau, S. 137; Wastl, DB 1997, 461, 464; ders., NZG 2000, 505, 508 f.; Günther/Muche/ White, RIW 1998, 338, 342; Kraft/Altvater, NZG 1998, 448, 449 f.; Bezzenberger, Rn. 144; einschränkend Huber, in: FS Kropff, S. 101, 116. Auch der Gesetzgeber weist auf das Erfordernis des individuell ausgehandelten Rückerwerbs hin (Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 14). 281

§ 8 Die aktienrechtliche Regelung in den §§ 71 ff. AktG

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denen sachliche Gründe vorliegen, die die mit dem negotiated repurchase notwendigerweise einhergehende formale Ungleichbehandlung der Aktionäre rechtfertigen können, so dass ein Verstoß gegen § 53a AktG nicht in Betracht kommt284. Dies ist anhand einer Einzelfallprüfung festzustellen. Einer der wichtigsten Anwendungsfälle des individuell ausgehandelten Rückerwerbs eigener Aktien ist die Übernahme von Anteilen bei Ausscheiden eines Aktionärs aus einer geschlossenen Aktiengesellschaft285. Die Übernahme der Aktien durch die Gesellschaft hat den Vorteil, dass die anderen Gesellschafter die Anteile des Ausscheidenden nicht selbst übernehmen müssen. Das ist insbesondere dann unumgänglich, wenn den verbleibenden Aktionären die erforderliche Liquidität für eine Übernahme der Anteile fehlt oder nicht alle Aktionäre zu einer Übernahme in der Lage sind, so dass es zu einer Verschiebung der Stimmrechte kommen würde. Bei einer börsennotierten Gesellschaft ist dagegen stets vorrangig die Möglichkeit der Veräußerung über die Börse zu prüfen286. Der individuell ausgehandelte Rückerwerb eigener Aktien steht dem Vorstand nicht als Instrument der Einflussnahme auf die Eigentümerstruktur der Gesellschaft zur Verfügung287. Die Wertung des § 53a AktG verpflichtet ihn den Aktionären gegenüber zur strikten Einhaltung der Neutralität, so dass insbesondere der Auskauf opponierender Aktionäre als sachliche Rechtfertigung der Ungleichbehandlung nicht in Frage kommt. Denkbar ist lediglich der Rückkauf eigener Aktien von Kleinaktionären, um den Streubesitz zu eliminieren und die Verwaltungskosten zu senken288. Der Erwerb eigener Aktien ist eine mögliche Strategie zur Verhinderung feindlicher Übernahmeversuche289. Die Gefahr, dass die Aktiengesellschaft durch ein anderes Unternehmen gegen den Willen der Verwaltung übernommen wird, kann eine Ungleichbehandlung der Aktionäre allerdings in der Regel nicht rechtfertigen. Nur in Ausnahmefällen wird die Übernahme im Interesse der abwehrenden Gesellschaft geboten sein. Ein mit einem oder mehreren Großaktionären individuell ausgehandelter Rückerwerb ver284 Wastl (DB 1997, 461, 463) nennt als Beispiele für eine sachliche Rechtfertigung: Die im Interesse der Gesellschaft und der verbleibenden Aktionäre liegende Abwehr eines feindlichen Übernahmeversuchs und sonstige infolge eines zirkulierenden und letztlich unverkäuflichen Aktienpakets für das Unternehmen entstehende Nachteile. 285 So ausdrücklich Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 13. 286 Benckendorff, S. 245 f.; Bosse, NZG 2000, 16, 18. 287 Hopt, ZGR 1993, 534, 545 f.; Bosse, NZG 2000, 16, 18; Wastl, DB 1997, 461, 464. 288 Bosse, NZG 2000, 16, 19. Allerdings wird ein diesbezüglicher Rückkauf in der Regel mittels einem öffentlichen Angebot an alle Aktionäre erfolgen. 289 Dazu unten Seite 286 ff.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

stößt daher in diesem Fall grundsätzlich gegen das Gleichbehandlungsgebot des § 53a AktG290. cc) Verminderung der Missbrauchsgefahren Auch wenn die mit dem individuell ausgehandelten Rückerwerb einhergehenden Ungleichbehandlung der Aktionäre sachlich gerechtfertigt sein sollte, ist die Gefahr eines Missbrauchs nicht auszuschließen. Auf Grund der formellen Ungleichbehandlung der Aktionäre besteht insbesondere die Gefahr, dass die Verwaltung einzelnen Aktionären über den Erwerb der eigenen Aktien einen unzulässigen Sondervorteil in Form eines überhöhten Kaufpreises zukommen lässt. Ein ausreichender Schutz der Aktionärsinteressen kann jedoch durch eine Beschränkung der Höhe der maximal für den Rückerwerb zu zahlenden Prämie herbeigeführt werden. Es wird vorgeschlagen, zu diesem Zweck den in § 186 Abs. 3 und Abs. 4 AktG angelegten Rechtsgedanken auf den vorliegenden Sachverhalt zu übertragen291. Der individuell ausgehandelte Rückerwerb darf demnach allenfalls zu einem Kaufpreis erfolgen, der den Börsenschlusskurs des Tages „nicht wesentlich“ überschreitet, an dem es zum Vertragsschluss kommt (vgl. § 186 Abs. 3 S. 4 AktG). Eine derartige Höchstgrenze stellt sicher, dass es zumindest in materieller Hinsicht zu keiner wesentlichen Ungleichbehandlung kommt292. Indem der Rückkaufpreis in der Nähe des Börsenkurses festgesetzt wird, können die Aktionäre, die nicht an dem Rückerwerb teilnehmen, ihre Aktien am Kapitalmarkt zu annähernd den selben Konditionen veräußern. Damit entfällt zumindest die materielle Ungleichbehandlung der Aktionäre293. 290

Bosse, NZG 2000, 16, 18 f. Hillebrandt/Schremper, BB 2001, 533, 536; Wastl/Wagner/Lau, S. 141 (dort in Fn. 334); Wastl, NZG 2000, 505, 509; Bosse, NZG 2000, 16, 19. Ein individuell ausgehandelter Rückerwerb hat für die ausgeschlossenen Aktionäre materiell eine vergleichbare Wirkung wie ein Bezugsrechtsausschluss. Das Bezugsrecht aus § 186 Abs. 1 S. 1 AktG, das das subjektive Recht auf Teilhabe an der Kapitalerhöhung begründet, ist ebenso wie die Möglichkeit zur Teilnahme an einem Aktienrückkaufprogramm ein geldwerter Vorteil des Aktionärs; vgl. Bosse, a. a. O., 20. 292 Wastl/Wagner/Lau, S. 141 sehen als Obergrenze 10 v. H. des Börsenschlusskurses an; der Gesetzgeber und große Teile der Literatur (Ausschussbericht, BTDrucks. 12/7848, S. 9; Marsch-Barner, AG 1994, 532, 537; Hüffer, AktG, § 186 Rn. 39 d) gehen bei § 186 Abs. 3 S. 4 AktG von höchstens 5 v. H. aus. Ist die Gesellschaft nicht börsennotiert, ist ein zumindest mittelbarer Schutz dadurch gewährleistet, dass in dem nach § 57 Abs. 1 S. 2 AktG zulässigen Erwerb eigener Aktien im Falle eines überhöhten Erwerbspreises eine verbotene Einlagenrückgewähr zu sehen ist, die den Erwerber gemäß § 62 AktG zur Rückerstattung verpflichtet; dazu unten Seite 183. 291

§ 8 Die aktienrechtliche Regelung in den §§ 71 ff. AktG

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Entsprechend der Vorschrift des § 186 Abs. 3 S. 4 AktG hat der Vorstand der Hauptversammlung einen schriftlichen Bericht über den sachlichen Grund der Ungleichbehandlung vorzulegen und zu erklären, warum nicht alle Aktionäre an dem Rückerwerb teilnehmen können. Die Aktionäre können auf diese Weise überprüfen, ob wirklich eine sachliche Rechtfertigung gegeben ist oder die formelle Ungleichbehandlung willkürlich geschehen ist. Die Gefahr eines Missbrauchs des individuell ausgehandelten Rückerwerbs durch den Vorstand wird außerdem durch die Begrenzung des Rückerwerbs auf 10 v. H. des Grundkapitals (vgl. § 71 Abs. 2 S. 1 AktG) sowie die organschaftliche Treuepflicht des Vorstands gegenüber den Aktionären und die der Transparenz des Rückerwerbsvorgangs dienenden Vorschriften stark eingeschränkt294. 3. Einlagenrückgewähr infolge des Erwerbs der eigenen Aktien zu einem überhöhten Erwerbspreis

Auch wenn die formellen und materiellen Voraussetzungen für den Erwerb eigener Aktien gegeben sind und die gewählte Durchführungsvariante nicht gegen § 53a AktG verstößt, so unterliegt der Rückerwerb doch grundsätzlich dem Verbot der Einlagenrückgewähr gemäß § 57 Abs. 1 S. 1 AktG. Der Erwerb eigener Aktien bedeutet grundsätzlich einen Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr des § 57 Abs. 1 S. 1 AktG, da die Gesellschaft das Geschäft nur mit ihren Aktionären schließen kann und es sich bei der Zahlung nicht um die Verteilung von Bilanzgewinnen handelt. Damit der Aktienrückerwerb nicht an der Rückerstattungspflicht des § 62 AktG scheitert, nimmt § 57 Abs. 1 S. 2 AktG den zulässigen Erwerb eigener Aktien von dem Verbot aus. Den Vorschriften über die Zulässigkeit des Rückerwerbs kommt daher die Aufgabe zu, diese Lücke zu füllen und ihrerseits die Kapitalerhaltung sicherzustellen. Da die Zulässigkeit des Erwerbs nach §§ 71 ff. AktG nicht von der Höhe des Erwerbspreises abhängt, ist die mit der Zahlung eines erhöhten Erwerbspreises zusammenhängende Gefährdung des Gesellschaftsvermögens nicht ausgeschlossen295. Daher umfasst die Ausnahmeregelung des § 57 Abs. 2 S. 1 AktG nicht die Frage der Preisgestaltung des Erwerbs. Bei dem Erwerb eigener Aktien zu einem überhöhten Erwerbspreis handelt es sich folglich um eine verbotene Einlagenrückgewähr, selbst wenn der Erwerb an sich nach §§ 71 ff. AktG zulässig ist296. 293 Bosse, NZG 2000, 16, 20; vgl. auch Wastl/Wagner/Lau, S. 141 (Fn. 334). Insges. kritisch Saria, NZG 2000, 458, 461. 294 Wastl/Wagner/Lau, S. 144; Wastl, DB 1997, 461, 464. Dazu unten Seite 207 ff. 295 Joost, ZHR 149 (1985), 419, 431.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

a) Börsennotierte Gesellschaften Zur Konkretisierung des äquivalenten Erwerbspreises wird auf die objektive Wertäquivalenz von Leistung und Gegenleistung abgestellt. Bei Bestehen von Marktpreisen sind diese für die Bestimmung der objektiven Wertäquivalenz heranzuziehen. Ansonsten sind zeitnahe Anschaffungspreise anzusetzen297. Werden die Aktien der Gesellschaft an der Börse gehandelt, liegt regelmäßig ein aktueller Börsenkurs vor. Der im Börsenhandel gebildete Kurs ist der Marktpreis der gehandelten Aktie298. aa) Rückerwerb über die Börse Der Rückerwerb eigener Aktien über die Börse erfolgt zu den jeweils aktuellen Börsenkursen. Dabei kann bei einem Aktienrückerwerb nicht auf ein hypothetisches Geschäft mit einem Dritten abgestellt werden, da die Aktiengesellschaft Aktien stets nur von ihren Aktionären kaufen kann. Die Vorschrift des § 57 AktG ist daher unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Aktienrückerwerbs auszulegen299. Die börsennotierte Aktie ist durch ihre Verkehrsfähigkeit geprägt. Sie wird an der Börse gehandelt und erfährt dort aus dem Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage eine Wertbestimmung, an der sich die Aktionäre bei ihren Investitionsentscheidungen orientieren. Insbesondere den Kleinaktionären steht auch gar kein anderer Maßstab zur Wertbemessung zur Verfügung300. Der Börsenkurs entspricht dem Preis, zu dem die Aktien der Gesellschaft von allen Teilnehmern des Börsenhandels gehandelt werden. Auch wenn nicht auf ein hypothetisches Geschäft mit einem Dritten abgestellt werden kann, so kann der Börsenpreis zur Beurteilung der Wertäquivalenz im Sinne von § 57 AktG herangezogen werden. Die objektive Wertäquivalenz von Leistung und Gegenleistung ist gewährleistet, wenn sich der von der Gesellschaft gezahlte Erwerbspreis an dem Börsenkurs der eigenen Aktien orientiert301. Der Erwerb über die Börse ist insoweit als rechtlich unproblematisch anzusehen302. 296 Wastl/Wagner/Lau, S. 138 (dort in Fn. 323); Wastl, DB 1997, 461, 464 (dort in Fn. 45); Benckendorff, S. 237; Bosse, NZG 2000, 16, 18; Hüffer, AktG, § 57 Rn. 20; Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 57 Rn. 33. Nach h. M. ist das Vorliegen eines objektiven Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung ausreichend; subjektive Elemente müssen nach dagegen nicht vorliegen; vgl. nur Hüffer, AktG, § 57 Rn. 10 f. mit Nachw. 297 Hüffer, AktG, § 57 Rn. 9; Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 57 Rn. 17 ff. 298 Benckendorff, S. 237. 299 BFH, WM 1985, 537; Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 57 Rn. 21; Bosse, NZG 2000, 16, 18. 300 BVerfG, NZG 1999, 931, 932 mit Anm. Behnke. 301 Martens, AG 1996, 337, 340.

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Problematisch könnte jedoch sein, dass der Börsenkurs nicht immer den wirklichen Wert der Aktien und damit des Unternehmens widerspiegelt. Es wird daher vertreten, der bloße Hinweis auf den Börsenkurs sei als Nachweis der Unbedenklichkeit des Erwerbsvorgangs grundsätzlich nicht ausreichend. Denn die alleinige Maßgeblichkeit des Börsenkurses als Beurteilungsmaßstab setze voraus, dass der Börsenkurs stets dem wahren Wert der Aktien entspreche303. Liege der Börsenpreis über dem wahren Wert der Aktie, sei „eindeutig“ eine Verletzung des § 57 AktG gegeben304. Tatsächlich sorgt aber bereits die Ineffizienz der Märkte und die damit in Zusammenhang stehende Volatilität der Aktienkurse für Kursschwankungen, die in keiner Beziehung zu dem wirklichen Wert der Anteile bzw. des Unternehmens stehen müssen305. Die Wertpapierkurse richten sich vielmehr nach Angebot und Nachfrage und diese wiederum nach den Erwartungen der Käufer und Verkäufer an die künftige Kursentwicklung306. Das macht deutlich, dass der Aktiengesellschaft für den Erwerb ein gewisser preislicher Spielraum eingeräumt werden muss, innerhalb dessen Abweichungen vom wahren Wert der Anteile noch korrekt sind307. Erfolgt der Rückerwerb über die Börse, liegt somit selbst dann keine verbotene Einlagenrückgewähr vor, wenn der von der Gesellschaft an die Aktionäre zu zahlende Kaufpreis in Höhe des Börsenkurs über dem wahren Wert der Aktie liegt. bb) Erwerb außerhalb des Börsenhandels Eine börsennotierte Gesellschaft, die ihre eigenen Aktien außerhalb des Börsenhandels zurückerwerben will, wird ihren Aktionären eine Prämie auf den Börsenkurs anbieten, um sie zu motivieren, ihre Aktien an die Gesellschaft zu verkaufen308. Die Aktionäre fordern eine solche Prämie, denn ansonsten könnten sie die Aktien auch über die Börse, an einen beliebigen Dritten oder überhaupt nicht veräußern. Je höher die Prämie ist, desto mehr Aktionäre werden sich zu einem Verkauf ihrer Aktien an die Gesellschaft entschließen309. Handelt es sich um einen Pakethandel, bei dem ein einzelner Aktionär eine große Anzahl Aktien an die Gesellschaft verkauft, spielt außerdem eine Rolle, dass der Wert des Pakets größer ist, als die Summe 302

Benckendorff, S. 237. Saria, NZG 2000, 458, 459. Dazu BVerfG, NZG 1999, 931, 932 f. mit Anm. Behnke. 304 Saria, NZG 2000, 458, 460. 305 Saria, NZG 2000, 458, 459. 306 Weber, NZG 2000, 113. 307 Ähnlich Lutter, in: Kölner Komm. Akt, § 57 Rn. 18. 308 Bosse, NZG 2000, 16, 18. 309 Benckendorff, S. 237. 303

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

der Einzelwerte310. Dieser Paketzuschlag ist jedoch lediglich eine spezielle Form der Prämienzahlung. Der Großaktionär verliert wesentliche Beteiligungsrechte, was sich bei ihm stärker auswirkt als bei den Kleinaktionären. Er wird daher einen höheren Aufschlag als Kompensation verlangen. Außerdem spart der Paketerwerb der Gesellschaft Zeit und Kosten im Vergleich zu anderen Methoden, was sich zusätzlich auf den Preis auswirkt311. Es könnte aber problematisch sein, dass der Erwerbspreis bei dem Erwerb außerhalb der Börse in der Regel deutlich über dem Börsenkurs der eigenen Aktien liegt. Bei der Frage, ob eine unzulässige Einlagenrückgewähr im Sinne des § 57 AktG vorliegt, sind jedoch die Besonderheiten des Aktienrückkaufs zu berücksichtigen. So hat die Bezahlung einer Prämie bei einem Erwerb außerhalb der Börse, der in einem „Markt für eigene Aktien“ stattfindet, eine wesentliche Bedeutung für den Erfolg dieser Maßnahme312. Außerhalb des Marktbereiches der Börse gilt zudem ein anderer Preisfindungsmechanismus, der sich wesentlich von der des Börsenhandels unterscheidet313. Zu dem Verkehrswert der Aktie haben außerbörslich gezahlte Preise regelmäßig keine Beziehung314. Man muss vielmehr Art und Struktur des konkreten Geschäfts und die allgemeinen Mechanismen der Preisbildung berücksichtigen315. Der Börsenkurs stellt die absolute Preisuntergrenze dar, während sich die Obergrenze aus den Faktoren Rückerwerbszeitraum und Rückerwerbsmenge ergibt. Der Marktpreis auf diesem außerbörslichen Sekundärmarkt enthält bereits die von den Aktionären geforderte Prämie. Auf dem Markt für eigene Aktien wird sich daher stets ein über dem Börsenkurs liegender Marktpreis bilden. Diesen Preis muss die Gesellschaft zahlen, will sie eigene Aktien außerhalb des Börsenhandels erwerben. Der „Erwerbspreis“ im Sinne von § 57 Abs. 1 S. 2 AktG meint in diesem Fall den Kaufpreis unter Einschluss einer angemessenen Prämie. Es liegt daher grundsätzlich kein Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr vor, wenn die Gesellschaft einen Erwerbspreis an die Aktionäre zahlt, der sich aus dem Börsenpreis und einer Rückerwerbsprämie zusammensetzt316. Die Prämie darf jedoch in ihrer Höhe nicht beliebig gewählt werden. Denn auch bei einem außerbörslichen Rückerwerb gilt, dass der Erwerb zu 310

Wastl, NZG 2000, 505, 506. Benckendorff, S. 238 f. 312 Bosse, NZG 2000, 16, 18. 313 Benckendorff, S. 238. Behnke, NZG 1999, 934: „Wenn ein außerbörslicher Handel stattfindet, wird auch dort zwischen verschiedenen Teilnehmern ein Marktpreis ausgehandelt.“ 314 So BVerfG, NZG 1999, 931, 932 mit Anm. Behnke. 315 Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 57 Rn. 20. 316 Bosse, NZG 2000, 16, 18; Benckendorff, S. 238. 311

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einem überhöhten Preis als verdeckte Leistung eine unzulässige Einlagenrückgewähr ist. Ein objektives Missverhältnis zwischen Erwerbspreis und außerbörslichem Marktwert der eigenen Aktien liegt vor, wenn die an die Aktionäre gezahlte Prämie unangemessen hoch ausfällt. Die zu der Frage der Angemessenheit vorgeschlagenen Grenzwerte variieren sehr stark317. Vertretbar ist es, eine Prämie von 5 v. H. über dem Börsenkurs als angemessen anzusehen. Bei einer Prämie von mehr als 10 v. H. dürfte dagegen in aller Regel der Tatbestand der verbotenen Einlagenrückgewähr erfüllt sein, wobei aber in Ausnahmefällen auch eine darüber liegende Prämie auf Grund der besonderen Umstände des Einzelfalls durchaus angemessen sein kann318. Diese Regelung lässt genügend Spielraum für die Zahlung von Rückerwerbsprämien und dürfte selbst den Rückerwerb eines Aktienpaketes nicht zu stark behindern. b) Nicht börsennotierte Gesellschaften Bei Aktiengesellschaften, die nicht an der Börse notiert sind und für deren Aktien folglich kein Börsenkurs besteht, ist ein zeitnaher Anschaffungspreis zu ermitteln, um ein objektives Missverhältnis auszuschließen319. Allerdings kann dieser im Hinblick auf § 57 AktG nur eine Orientierung geben für die Beurteilung des von der Aktiengesellschaft gebotenen Kaufpreises. Auch bei der nicht börsennotierten Aktiengesellschaft besteht ein „Markt für eigene Aktien“. Auf Grund des teilweise sehr kleinen Aktionärskreises werden häufig nur wenige Aktionäre der Aktiengesellschaft ihre Aktien zum Kauf anbieten. In diesen Fällen ist wegen der geringen Zahl der Marktteilnehmer besondere Vorsicht bei der Preisfindung geboten, damit es nicht zu einer unzulässigen Einlagenrückgewähr kommen kann. Mangels anderer Orientierungspunkte ist gegebenenfalls eine Bewertung des Unternehmens nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen durchzuführen und auf dieser Grundlage ein Erwerbspreis für die Aktien zu ermitteln. c) Rechtsfolgen eines überhöhten Erwerbspreises Hat die Gesellschaft eigene Aktien zu einem überhöhten Preis zurückerworben, liegt eine verdeckte Leistung an die Aktionäre vor, die als Ein317 Teilweise wird in der Praxis eine Prämie von 25 v. H. noch für angemessen gehalten; vgl. Bosse, NZG, 2000, 16, 18 (Fn. 30). 318 Bosse, NZG 2000, 16, 18. 319 Hüffer, AktG, § 57 Rn. 9; Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 57 Rn. 19; Saria, NZG 2000, 458, 459 mit Nachw.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

lagenrückgewähr gemäß § 57 Abs. 1 S. 1 AktG unzulässig ist320. Der Verstoß gegen § 57 Abs. 1 AktG bewirkt die Nichtigkeit des Verpflichtungsgeschäfts gemäß § 134 BGB321. Dagegen bewirkt ein Verstoß gegen das gesetzliche Verbot der Einlagenrückgewähr nach herrschender Ansicht nicht die Nichtigkeit des Erwerbsgeschäfts, so dass die Aktiengesellschaft trotz des Verstoßes gegen § 57 Abs. 1 AktG Inhaberin der Mitgliedschaftsrechte wird322. Die Rechtsfolgen des wegen § 57 Abs. 1 S. 1 AktG, § 134 BGB nichtigen Verpflichtungsgeschäftes ergeben sich aus § 62 AktG. Danach haben die Aktionäre der Gesellschaft die verbotswidrig erlangten Leistungen – insbesondere der Kaufpreis – in vollem Umfang zurückzugewähren323. Irrelevant ist dabei, ob die Voraussetzungen der §§ 71 ff. AktG erfüllt sind. Bereicherungsrechtliche Ansprüche nach §§ 812 ff. BGB werden durch § 62 AktG als der spezielleren Norm ausgeschlossen324. Auf Grund der aktienrechtlichen Natur des Anspruchs können die §§ 818 ff. BGB keine Anwendung finden. Der Empfänger der verbotswidrigen Leistung hat seinerseits Bereicherungsansprüche, mit denen er allerdings nicht aufrechnen kann325. d) Kein Schutz gutgläubiger Aktionäre Gutgläubige Empfänger eines überhöhten Erwerbspreises können sich nicht darauf berufen, dass sie auf die Rechtmäßigkeit der Höhe des Erwerbspreises vertraut haben. Es kommt im Rahmen des § 57 Abs. 1 S. 1 AktG gerade nicht darauf an, ob der Aktionär von dem objektiven Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung Kenntnis hatte. Ansonsten würde der von § 57 Abs. 1 S. 1 AktG verfolgte Schutzzweck ausgehöhlt326. Auch lässt sich die Vorschrift des § 62 Abs. 1 S. 2 AktG, nach der sich der Aktionär darauf berufen kann, empfangene Beträge gutgläubig als Ge320

Hüffer, AktG, § 57 Rn. 20; Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 57 Rn. 33. Ganz h. M.; vgl. nur RGZ 149, 385, 400; Hüffer, AktG, § 57 Rn. 23; Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 57 Rn. 62 f. jeweils mit Nachw. 322 § 71 Abs. 4 S. 1 AktG ist nicht anwendbar, da im Falle einer verbotenen Einlagenrückgewähr kein Verstoß gegen § 71 Abs. 1 oder Abs. 2 AktG vorliegt. Vgl. Barz, in: Großkomm. AktG, § 57 Rn. 15; Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 57 Rn. 70 mit Nachw.; wohl auch Hüffer, § 57 Rn. 23. Zum Streitstand vgl. Benckendorff, S. 239 ff. 323 Hüffer, AktG, § 62 Rn. 9. Zur Mindermeinung vgl. ausführlich Benckendorff, S. 240 f. 324 Benckendorff, S. 239; Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 57 Rn. 62; Hüffer, AktG, § 62 Rn. 10. 325 Aha, AG 1992, 218, 224; Hüffer, AktG, § 62 Rn. 9. 326 Benckendorff, S. 242. 321

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winnanteile bezogen zu haben, nicht entsprechend auf den Erwerb eigener Aktien anwenden. Der Erwerb eigener Aktien stellt gerade keine reguläre Form der Ausschüttung von Gesellschaftsvermögen dar, so dass es an einer Schutzwürdigkeit des Aktionärs fehlt327. IV. Erwerbstatbestände des § 71 Abs. 1 Nr. 1–7 AktG Neben dem nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG zulässigen Erwerb eigener Aktien auf Grund eines Ermächtigungsbeschlusses der Hauptversammlung sieht § 71 Abs. 1 AktG in den Nr. 1 bis 7 zahlreiche weitere Erwerbstatbestände vor. Im Gegensatz zu dem Erwerb nach Nr. 8 kann der Vorstand nach den Nr. 1 bis 6 eigene Aktien zu den dort genannten Erwerbszwecken auch ohne Ermächtigung der Hauptversammlung zurückerwerben. Es lassen sich schrankenlose und uneingeschränkte Erwerbstatbestände unterscheiden. Der Erwerb eigener Aktien nach § 71 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 und 7 AktG ist nur dann zulässig, wenn der Erwerb nicht gegen die in dem jeweiligen Erwerbstatbestand und die in § 71 Abs. 2 AktG angeordneten Beschränkungen verstößt. Dagegen ist der Erwerb nach § 71 Abs. 1 Nr. 5 und 6 AktG bei Vorliegen des Erwerbszwecks ohne weitere Einschränkungen zulässig. Die in § 71 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 AktG genannten Erwerbstatbestände sind durch die Einführung des § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG, der bei Vorliegen eines entsprechenden Hauptversammlungsbeschlusses den Rückerwerb ohne einen der ausdrücklich genannten Rückerwerbsgründe zulässt, nicht bedeutungslos geworden. Liegen die Voraussetzungen für einen Rückerwerb im Sinne von § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG nicht vor, kann die Gesellschaft eigene Aktien bei Vorliegen des entsprechenden Erwerbszwecks im Rahmen der Nr. 1 bis 7 zurückerwerben, ohne dass die formellen und materiellen Voraussetzungen für einen Rückerwerb nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG vorliegen müssten328. 1. Schrankenloser Rückerwerb

Kann der Zweck des Aktienrückerwerbs durch die Gesellschaft den Tatbeständen des § 71 Abs. 1 Nr. 5 und 6 AktG zugeordnet werden, ist der Erwerb ohne jede Einschränkung möglich.

327 328

Benckendorff, S. 242; Hüffer, AktG, § 62 Rn. 11. Kraft/Altvater, NZG 1998, 448, 449.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

a) § 71 Abs. 1 Nr. 5 AktG Der § 71 Abs. 1 Nr. 5 AktG betrifft den Erwerb eigener Aktien im Wege der Gesamtrechtsfolge. Dadurch soll sichergestellt sein, dass die Gesamtrechtsnachfolge nicht am Erwerb eigener Aktien scheitert329. Erfasst werden alle Fälle, in denen die Nachfolge in einen Inbegriff von Vermögensgegenständen ohne einzelne Übertragungsakte erfolgt330. b) § 71 Abs. 1 Nr. 6 AktG Ebenfalls uneingeschränkt zulässig ist der Erwerb eigener Aktien, wenn dieser zur Einziehung nach den Vorschriften über die Herabsetzung des Grundkapitals erfolgt (§ 71 Abs. 1 Nr. 6 AktG), was einen entsprechenden Beschluss der Hauptversammlung erfordert (§§ 237 Abs. 2 S. 1, 222 AktG). Der Rückerwerb muss der Durchführung dieses Beschlusses dienen331. Die Einziehung eigener Aktien durch Erwerb ist in § 237 Abs. 1 Alt. 2 AktG geregelt. Die §§ 237 Abs. 2 S. 2 sowie 222 bis 228 AktG sind in ihrer Anwendung eher schwerfällig und daher für Zwecke der Kapitalstrukturänderung nur von untergeordneter Bedeutung. Deutlich flexibler ist das Instrument der Kapitalherabsetzung durch Rückerwerb von Aktien dann einsetzbar, wenn die Voraussetzungen des § 237 Abs. 3 Nr. 2 AktG gegeben sind332. Dazu muss der Ausgabebetrag auf die eigenen Aktien voll geleistet sein und die Einziehung zu Lasten des Bilanzgewinns oder einer anderen frei verfügbaren Gewinnrücklage erfolgen können. Das Fehlen jeglicher Rückerwerbsschranken in § 71 Abs. 1 Nr. 6 AktG erklärt sich damit, dass die Einziehungsvorschriften der §§ 237 ff., 222 ff. AktG den Schutz der Gläubiger und Aktionäre bereits in ausreichendem Maße berücksichtigen.

329

Hüffer, AktG, § 71 Rn. 18; Begr. RegE, in: Kropff, S. 91. Gesamtrechtsnachfolge durch Erbfolge nach § 1922 BGB, Verschmelzung nach §§ 20 Abs. 1 Nr. 1, 73 UmwG (s. a. § 202 Abs. 1 Nr. 1 UmwG) sowie Vermögensübergang in unmittelbarer oder entsprechender Anwendung des § 140 Abs. 1 S. 2 HGB. Aktien, die zum Vermögen der Personengesellschaft gehören können also auf diesem Wege auf die Mitglieds-Aktiengesellschaft übergehen (Hüffer, AktG, § 71 Rn. 18; Hefermehl/Bungenroth, in: Geßler/Hefermehl, AktG, § 71 Rn. 118; Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 71 Rn. 65). 331 Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19. 332 Günther/Muche/White, RIW 1998, 337, 341; Bezzenberger, Rn. 36 ff. 330

§ 8 Die aktienrechtliche Regelung in den §§ 71 ff. AktG

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2. Eingeschränkter Rückerwerb

Neben den uneingeschränkten Erwerbstatbeständen gibt es Tatbestände, bei denen der Erwerb eigener Aktien nur dann zulässig ist, wenn ein in § 71 Abs. 1 Nr. 1, 2, 3, 4 oder 7 AktG normierter Erwerbszweck vorliegt und außerdem die gesetzlich normierten formellen und materiellen Beschränkungen eingehalten werden. a) § 71 Abs. 1 Nr. 4 AktG Der Erwerb eigener Aktien ist nach § 71 Abs. 1 Nr. 4 AktG ausnahmsweise zulässig, wenn er unentgeltlich erfolgt oder ein Kreditinstitut im Sinne der §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 KWG diesen in Ausführung einer konkreten Einkaufskommission durchführt333. Die erste Alternative dieser Vorschrift umfasst alle Formen des Erwerbs, bei denen die Gesellschaft für die eigenen Aktien keine Gegenleistung zu erbringen hat. Als Hauptanwendungsfall wird die Schenkung zwecks Sanierung der Aktiengesellschaft angesehen. Diese Alternative ist jedoch praktisch bedeutungslos334. Erfolgt der Erwerb eigener Aktien durch ein Kreditinstitut in Ausführung einer Einkaufskommission, erwirbt sie ihre eigenen Aktien in eigenem Namen aber für Rechnung des Kommittenten (§ 383 HGB)335. Es kommt damit notwendigerweise zu einem Durchgangserwerb bei dem als Kommissionär tätigen Kreditinstitut. Scheitert das Abwicklungsgeschäft des Kreditinstituts mit dem Kommittenten, wird der Erwerb dadurch jedoch nicht nachträglich unzulässig336. Der unentgeltliche Erwerb und der Erwerb eines Kreditinstituts als Einkaufskommissionär ist nur zulässig, wenn auf die eigenen Aktien der Ausgabebetrag voll geleistet ist (§ 71 Abs. 2 S. 3 AktG). Außer dieser Restriktion, durch die die Kapitalaufbringung sicherstellt wird, bestehen keine wei333

Hüffer, AktG, § 71 Rn. 16; Geßler, AktG, § 71 Rn. 22. Dazu Hüffer, AktG, § 71 Rn. 16; Ziebe, AG 1982, 175, 177; Hefermehl/Bungeroth, in: Geßler/Hefermehl, AktG, § 71 Rn. 105 ff. Z. B. Schenkung, Leihe, Verwahrung, Darlehen, Bürgschaft. Eine Belastung der Gesellschaft mit Schenkungsoder Erbschaftssteuer schließt die Unentgeltlichkeit des Erwerbsgeschäfts nicht aus; vgl. Hüffer, a. a. O. 335 Der Erwerb eigener Aktien in Ausführung einer Einkaufskommission ist seit jeher als Ausnahme anerkannt; siehe Begr. RegE zum 2. KoordG, BT-Drucks. 8/ 1678, S. 15. Beim Erwerb eigener Aktien im Rahmen einer Verkaufskommission greift § 71 Abs. 1 AktG schon tatbestandlich nicht ein; vgl. Aha, AG 1992, 218, 221. 336 Hüffer, AktG, § 71 Rn. 17. 334

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

teren Einschränkungen. Da in der Regel davon auszugehen ist, dass auf die zu erwerbenden Aktien der Ausgabebetrag bereits in voller Höhe entrichtet wurde, ist der Erwerb der eigenen Aktien nach § 71 Abs. 1 Nr. 4 AktG grundsätzlich den schrankenlosen Erwerbstatbeständen gleichzusetzen. b) § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG Eigene Aktien können nach § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG dann zurückerworben werden, „wenn der Erwerb notwendig ist, um einen schweren, unmittelbar bevorstehenden Schaden von der Gesellschaft abzuwenden“. Unter einem schweren Schaden ist jede Vermögenseinbuße im Sinne von §§ 249 ff. BGB zu verstehen, auch hervorgerufen durch Folgeschäden (wie z. B. entgangener Gewinn), die im Hinblick auf Größe und Finanzkraft der Gesellschaft nicht unbeachtlich ist337. Dieser Schaden muss der Aktiengesellschaft selber unmittelbar bevorstehen, wofür ein in überschaubarer Zukunft konkret erwartbarer Schaden ausreichend ist338. Der Erwerb eigener Aktien muss tauglich zur Schadensabwehr und bei objektiver Betrachtung ohne vernünftige, aber nicht die einzige Alternative sein339. Der Erwerb eigener Aktien nach § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG ist nur zulässig, wenn dadurch die Bestandsgrenze des § 71 Abs. 2 S. 1 AktG nicht überschritten wird, die nach §§ 71 Abs. 2 S. 2 AktG, 272 Abs. 4 HGB geforderte Rücklage gebildet werden kann und die Aktien voll eingezahlt sind (§ 71 Abs. 2. S. 3 AktG). c) § 71 Abs. 1 Nr. 2, 3 und 7 AktG Weitere Erwerbstatbestände finden sich in § 71 Abs. 1 Nr. 2, 3 und 7 AktG. aa) Nach § 71 Abs. 1 Nr. 2 AktG kann die Gesellschaft eigene Aktien zurückerwerben, wenn diese später als Belegschaftsaktien an die eigenen Arbeitnehmer oder Arbeitnehmer eines verbundenen Unternehmens (§ 15 AktG) ausgegeben werden sollen. Die Ausgabe von Belegschaftsaktien ist aus sozialpolitischen Gründen erwünscht340. 337 Vgl. nur Hüffer, AktG, § 71 Rn. 7 mit Nachw.; Lutter, Kölner Komm. AktG, § 71 Rn. 22 f. 338 Günther/Muche/White, RIW 1998, 337, 340. Ein drohender Schaden für die Aktionäre ist nicht ausreichend (vgl. nur BFHE 122, 52, 54). 339 Hüffer, AktG, § 71 Rn. 8; Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 71 Rn. 31; vgl. auch Hefermehl/Bungeroth, in: Geßler/Hefermehl, AktG, § 71 Rn. 48 ff.; Barz, in: Großkomm. AktG, § 71 Rn. 8. Siehe auch Günther/Muche/White, RIW 1998, 337, 340.

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Entscheidend für das Vorliegen des Erwerbszwecks ist die ernstliche Absicht des Vorstands, die Aktien an die Belegschaft auszugeben341. Die Ausgabe an Organmitglieder wird nicht erfasst342. Der Rückerwerb ist beschränkt auf voll eingezahlte eigene Aktien, deren Nennwert bzw. rechnerischer Wert zusammen mit dem der bereits gehaltenen eigenen Aktien nicht mehr als 10 v. H. des Wertes des Grundkapitals beträgt (§ 71 Abs. 2 S. 1 u. 3 AktG). Es muss die nach §§ 71 Abs. 2 S. 2 AktG, 272 Abs. 4 HGB vorgeschriebene Rücklage gebildet werden können. Der Erwerb wird nicht nachträglich unzulässig, wenn die Aktien später nicht als Belegschaftsaktien ausgegeben werden. Es besteht die Pflicht zur Wiederveräußerung (§ 71c Abs. 1 AktG analog), wenn nicht zugleich ein anderer Erwerbstatbestand erfüllt ist343. bb) Der Erwerb eigener Aktien ist nach § 71 Abs. 1 Nr. 3 AktG zulässig, wenn die ernstliche Absicht seitens der Aktiengesellschaft gegeben ist, die eigenen Aktien für die Abfindung von Aktionären zu verwenden. Das ermöglicht den Erwerb eigener Aktien für den Fall, dass die Aktiengesellschaft als begünstigter Teil eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages verpflichtet ist, den außenstehenden Aktionären im Vertrag eigene Aktien anzubieten (§ 305 Abs. 2 Nr. 1 AktG) sowie für den Fall, dass ausgeschiedene Aktionäre bei einer Gesellschaft einen Anspruch auf Gewährung von Aktien der Hauptgesellschaft erhalten (§ 320b AktG). Außerdem ist der Erwerb zulässig, um die eigenen Aktien im Rahmen einer Verschmelzung (§ 29 Abs. 1 UmwG) oder eines Formwechsels (§ 207 Abs. 1 UmwG) erwerben zu können. Bei einem Erwerb nach § 71 Abs. 1 Nr. 3 AktG darf der Umfang der durch den Rückerwerb insgesamt gehaltenen eigenen Aktien 10 v. H. des Grundkapitals nicht überschreiten. Die Rücklage nach § 272 Abs. 4 HGB 340

Geßler, AktG, § 71 Rn. 11. Zum Erwerbstatbestand des § 71 Abs. 1 Nr. 2 AktG ausf. Bosse, NZG 2001, 594 ff. 341 Geßler, AktG, § 71 Rn. 13. Der begünstigte Personenkreis ist allerdings nicht abschließend genannt. Die Arbeitnehmer müssen nicht unbedingt in einem laufenden Arbeitsverhältnis zu der Gesellschaft stehen. Es ist ausreichend, wenn in der Vergangenheit ein solches bestand; das ermöglicht die Ausgabe von Belegschaftsaktien an Betriebsrentner oder Ruheständler. Außerdem können die Begünstigten zu der Aktiengesellschaft oder dem mit ihr verbundenen Unternehmen in einem vergleichbaren Verhältnis stehen; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 12; Begr. RegE zum 2. FFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 83 („vor allem“). 342 Hüffer, AktG, § 71 Rn. 12; Geßler, AktG., § 71 Rn. 4. Anders noch der RefE zum KonTraG, ZIP 1996, 2129, 2130. Zur Kritik am RefE vgl. Martens, AG-Sonderheft, 83 f. 343 Hüffer, AktG, § 71 Rn. 13 u. 23. Auch nach Ablauf der Jahresfrist des § 71 Abs. 3 S. 2 AktG bleibt die Pflicht zur Ausgabe der Aktien an die Belegschaft bestehen; Geßler, AktG, § 71 Rn. 13.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

muss gebildet werden können, ohne gebundenes Kapital zu mindern (§ 71 Abs. 2 S. 1 u. 2 AktG). Es ist allerdings auch der Rückerwerb nicht voll eingezahlter Aktien möglich; eine entsprechende Beschränkung ist in § 71 Abs. 2 S. 3 AktG nicht enthalten. cc) Ein Kreditinstitut (§§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 KWG), Finanzdienstleistungsinstitut (§§ 1 Abs. 1 a, 2 Abs. 6 KWG) oder Finanzunternehmen (§ 1 Abs. 3 KWG) darf gemäß § 71 Abs. 1 Nr. 7 AktG eigene Aktien zurückerwerben, wenn mit dem Erwerb der Wertpapierhandel bezweckt wird. Das ermöglicht es, den Wertpapierhandel auch ohne konkreten Handelsauftrag zu betreiben344. Damit soll dem Eigenhandel in seinen verschiedenen Erscheinungsformen eine gesicherte Rechtsgrundlage gegeben werden345. Es ist ein Ermächtigungsbeschluss der Hauptversammlung erforderlich, der bestimmt, dass die eigenen Aktien dem Handelsbestand zugeführt werden, dass dieser Bestand 5 v. H. des Grundkapitals nicht übersteigen darf – bezogen auf das Ende eines jeden Kalendertages – und dass der Erwerbspreis zwischen festgelegtem Mindest- und Höchstpreis liegt. Die Ermächtigung darf höchstens achtzehn Monate gelten. Allerdings kann die Ermächtigung während des Fristlaufs erneuert werden, was wegen des Termins der Hauptversammlung auch erforderlich ist, wobei die Frist aber insgesamt achtzehn Monate nicht übersteigen darf346. Es dürfen nur voll eingezahlte Aktien zurückerworben werden (§ 71 Abs. 2 S. 3 AktG). Der Umfang der zu einem Zeitpunkt insgesamt gehaltenen Aktien darf 10 v. H. des Grundkapitals nicht überschreiten (§ 71 Abs. 2 S. 1 AktG). Unabhängig von der Bestimmung des § 71 Abs. 2 S. 1 AktG ist der Tageshandelsbestand auf 5 v. H. des Grundkapitals beschränkt347. Es ist die nach § 272 Abs. 4 HGB erforderliche Rücklage zu bilden, ohne gebundenes Kapital anzugreifen (§ 71 Abs. 2 S. 2 AktG).

344

Geßler, AktG, § 71 Rn. 24. Begr. RegE zum 2. FFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 83 f. Zu dem Meinungsstand vor Einführung des § 71 Abs. 1 Nr. 7 AktG vgl. Aha, AG 1992, 218, 220 ff., wo bei Vorliegen gewisser Voraussetzungen ein schwerer Schaden im Sinne von § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG bejaht wurde. Nach der Einführung der spezielleren Nr. 7 ist ein Rückgriff auf § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG wohl nicht mehr zulässig (so Hüffer, AktG, § 71 Rn. 11). 346 Begr. RegE zum 2. FFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 84. 347 Geßler, AktG, § 71 Rn. 25. 345

§ 8 Die aktienrechtliche Regelung in den §§ 71 ff. AktG

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V. Weitere Aspekte des Erwerbs eigener Aktien 1. Rechte aus eigenen Aktien

Nach § 71b AktG kann die Gesellschaft aus gehaltenen eigenen Aktien keine Rechte geltend machen. Der Gesellschaft stehen insbesondere keine Stimmrechte aus den eigenen Aktien zu348. Obwohl die Gesellschaft keine Mitgliedsrechte geltend machen kann, verliert sie nicht die Mitgliedschaft als solche349. § 71b AktG gilt nicht nur beim unzulässigen, sondern auch beim zulässigen Erwerb eigener Aktien350. Die Vorschrift dient dem Schutz der Kompetenzverteilung. Denn grundsätzlich würde der Vorstand im Rahmen der Geschäftsführung die Rechte aus eigenen Aktien für die Gesellschaft ausüben. Die Kompetenzverteilung zwischen Vorstand und Hauptversammlung ginge verloren351. Das würde die Interessen der Aktionäre in nicht hinnehmbarem Umfang beeinträchtigen. 2. Rechtsfolgen unzulässigen Erwerbs

Hat die Gesellschaft eigene Aktien erworben, ohne dass die Voraussetzungen für einen Erwerb nach § 71 Abs. 1 oder Abs. 2 AktG gegeben waren, oder hat sie bei dem Erwerb die nach diesen Vorschriften einzuhaltenden Beschränkungen missachtet, ist das dingliche Erwerbsgeschäft ausweislich des § 71 Abs. 4 S. 1 AktG nicht unwirksam. Die Gesellschaft hat trotz des unzulässigen Erwerbs eigener Aktien rechtmäßiges Eigentum an diesen erlangt352. Das dem Eigentumserwerb zu Grunde liegende schuldrechtliche Geschäft ist bei einem Verstoß gegen § 71 Abs. 1 oder Abs. 2 AktG grundsätzlich nichtig (§ 71 Abs. 4 S. 2 AktG); ein Anspruch auf Erfüllung entsteht nicht. Ausnahmen bestehen nur nach § 29 Abs. 1 S. 1 Hs. 2, § 125 S. 1 sowie § 207 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 UmwG353. Hat die Aktiengesellschaft trotz der Nichtigkeit des schuldrechtlichen Geschäfts den Erwerbspreis gezahlt, ist darin eine verbotene Einlagenrückgewähr zu sehen, die nach § 62 AktG zu348 Zu den Mitgliedspflichten enthält § 71 b AktG keine Regelung. Auch sie bestehen nicht, solange die Aktiengesellschaft eigene Aktien hält (Allg. M.; vgl. Hüffer, AktG, § 71 b Rn. 1 ff.; Hefermehl/Bungeroth, in: Geßler/Hefermehl, AktG, § 71 b Rn. 16 ff.; Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 71 b Rn. 21). 349 Sonst könnte sie keine eigenen Aktien halten und sie auch nicht gemäß § 71 c AktG veräußern (Hüffer, AktG, § 71 b Rn. 2). 350 Hüffer, AktG, § 71 b Rn. 2. 351 Günther/Muche/White, RIW 1998, 337, 339. 352 Es besteht aber die Pflicht, die unzulässig erworbenen Aktien innerhalb eines Jahres vom Zeitpunkt des Erwerbs an zu veräußern. Vgl. im folgenden Seite 184 ff.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

rückzugewähren ist. Die Aktionäre können ihre Aktien nach den §§ 812 ff. BGB herausverlangen, wobei eine Verknüpfung der beiden Rechtsverhältnisse nicht in Frage kommt354. Erfolgt ein Erwerb unter Verstoß gegen § 71 Abs. 1 oder 2 AktG können die Verwaltungsmitglieder schadenersatzpflichtig sein (§§ 93, 116 AktG). Zudem liegt darin eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 405 Abs. 1 Nr. 4 lit. a AktG355. 3. Veräußerungspflichten

Sowohl ein verbotswidriger als auch ein zulässiger Aktienrückerwerb kann die Pflicht zu einer Veräußerung der erworbenen Anteile nach sich ziehen (§ 71c Abs. 1 und 2 AktG). Für den Fall, dass die Gesellschaft dieser Pflicht nicht rechtzeitig nachkommt, wird zudem die Pflicht zur Einziehung angeordnet (§ 71c Abs. 3 AktG). Damit wird der Zustand hergestellt, wie er vor bzw. ohne den Erwerb bestanden hat. Ziel des § 71c Abs. 1 AktG ist die Sanktionierung des verbotswidrigen Erwerbs eigener Aktien. Die unter Verstoß gegen eine Voraussetzung oder Beschränkung des § 71 Abs. 1 oder 2 AktG erworbenen eigenen Aktien sind binnen Jahresfrist wieder zu veräußern356. Die Veräußerungspflicht besteht auch dann, wenn ein Erwerbsanlass nach Abs. 1 gegeben ist, der Erwerb aber gegen die Schranken des Abs. 2 verstößt357. Im Gegensatz zu § 71c Abs. 2 AktG, wo es nur darauf ankommt, dass die Bestandsgrenze nicht überschritten wird, betrifft die Veräußerungspflicht die einzelnen verbotswidrig erworbenen Stücke, soweit diese individualisierbar sind358. War der Erwerb der eigenen Aktien zwar zulässig, überschreitet der Bestand an eigenen Aktien infolge dessen aber 10 v. H. des Grundkapitals, sind nach § 71c Abs. 2 AktG diejenigen Aktien innerhalb von drei Jahren zu veräußern, die diesen Satz übersteigen. Mit der Pflicht zur Veräußerung will der Gesetzgeber sicherstellen, dass der Bestand an eigenen Aktien nicht dauerhaft über 10 v. H. des Grundkapitals liegt. Es ist allerdings zu 353 Fraktionsbegründung, BT-Drucks. 12/6699, S. 94 u. 146; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 24. Nach Bezzenberger, Rn. 176 ff., sollen zudem die Gutglaubensregeln auf Aktienrückkäufe entsprechend anzuwenden sein. 354 So die h. M., vgl. Hüffer, AktG, § 71 Rn. 24; Aha, AG 1992, 218, 223. Zum Verhältnis von Aktienrecht und bürglichem Bereicherungsrecht vgl. Bezzenberger, Rn. 168 ff. 355 Hüffer, AktG, § 71 Rn. 24. Ausführliche Darstellung bei Benckendorff, S. 257 f. 356 Die Fristberechnung folgt aus §§ 187, 188 BGB (Hüffer, AktG, § 71 Rn. 5). 357 Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 71 c Rn. 6; Hüffer, AktG, § 71 c Rn. 2. 358 Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 71 c Rn. 18.

§ 8 Die aktienrechtliche Regelung in den §§ 71 ff. AktG

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beachten, dass in den Fällen des § 71 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 sowie 7 und 8 AktG eine Überschreitung der Bestandsgrenze bereits nach § 71 Abs. 2 S. 1 AktG unzulässig ist und ein solcher Erwerb der Veräußerungspflicht nach § 71c Abs. 1 AktG unterfällt. Die Veräußerungspflicht nach § 71c Abs. 2 AktG erfasst denn auch nur den Erwerb nach den Nr. 4 bis 6 des § 71 Abs. 1 AktG359. Für die Berechnung des Bestandes an gehaltenen eigenen Aktien sind nur zulässig erworbene Aktien zu rechnen. Die verbleibenden, unzulässig erworbenen Aktien unterliegen bereits der Veräußerungspflicht des § 71c Abs. 1 AktG und sind daher nicht mehr mitzuzählen360. Bei der Wiederveräußerung auf Grund der Veräußerungspflicht nach § 71c Abs. 1 AktG muss die Aktiengesellschaft die Aktionäre vorrangig bedienen, die wegen der Nichtigkeit des Kausalgeschäfts einen Bereicherungsanspruch nach §§ 812 ff. BGB gegen die Gesellschaft haben, will sie nicht der verschärften Haftung der §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 989, 992 BGB ausgesetzt sein. Etwas anderes gilt nur, wenn der Transaktionspartner nicht mehr feststellbar ist, was beim Erwerb über die Börse regelmäßig der Fall sein dürfte, oder wenn der bereicherungsrechtliche Anspruch gemäß § 814 BGB ausgeschlossen ist. Solche Bindungen bestehen bei einer Veräußerungspflicht nach § 71c Abs. 2 AktG grundsätzlich nicht361. Wurden die eigenen Aktien nicht rechtzeitig veräußert, sind sie unverzüglich einzuziehen (§ 71c Abs. 3 AktG)362. Maßgeblich für die Einziehung ist § 237 AktG, wobei das vereinfachte Verfahren gewählt werden kann (§ 237 Abs. 3 bis 5 AktG). Scheitert die Einziehung, muss der Vorstand die betroffenen eigenen Aktien unverzüglich veräußern. Aber auch nach einem Fristablauf hat der Vorstand die Möglichkeit, durch die unverzügliche Veräußerung die Einziehung zu vermeiden, solange die Hauptversammlung noch keinen Einziehungsbeschluss gefasst hat. Denn § 71c Abs. 3 AktG bestimmt nicht, dass die ausschließliche Methode nach Fristablauf die Einziehung wäre363.

359 Hüffer, AktG, § 71 c Rn. 4; Hefermehl/Bungeroth, in: Geßler/Hefermehl, AktG, § 71 c Rn. 8; Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 71 c Rn. 8. 360 Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 71 c Rn. 13 mit Nachw.; Hüffer, AktG, § 71 c Rn. 4. 361 Benckendorff, S. 279; Hüffer, AktG, § 71 c Rn. 7; ders., NJW 1979, 1065, 1069; Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 71 c Rn. 7 u. 21; Hefermehl/Bungeroth, in: Geßler/Hefermehl, § 71 c Rn. 15. 362 Entscheidend ist, dass die Mitgliedschaftsrechte aus den Aktien und die Aktienurkunde beseitigt werden; vgl. Begr. RegE zum 2. KoordG, BT-Drucks. 8/1678, S. 16; Benckendorff, S. 193. 363 Hüffer, AktG, § 71 c Rn. 8; Hefermehl/Bungeroth, in: Geßler/Hefermehl, AktG, § 71 c Rn. 24 ff.; Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 71 c Rn. 38 f.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

Veräußert der Vorstand die betreffenden eigenen Aktien nicht innerhalb der gesetzten Frist, handelt er ordnungswidrig gemäß § 405 Abs. 1 Nr. 4 lit. b AktG. Wird die Einziehung nicht eingeleitet, liegt eine Ordnungswidrigkeit nach § 405 Abs. 1 Nr. 4 lit. c AktG vor. Vorstand und Aufsichtsrat können sich darüber hinaus schadenersatzpflichtig machen nach §§ 93, 116 AktG364. 4. Umgehungstatbestände

a) Finanzierungs- und Hilfsgeschäfte Finanzierungs- und Hilfsgeschäfte, mit denen die Aktiengesellschaft einem Dritten den Erwerb eigener Aktien ermöglicht oder mit denen eigene Aktien durch einen Dritten erworben werden, sind nichtig (§ 71a Abs. 1 AktG). Die Vorschrift geht zurück auf Art. 23 der Kapitalrichtlinie. Das Finanzierungsverbot greift auch dann ein, wenn der Erwerb für die Gesellschaft nach § 71 Abs. 1 AktG zulässig gewesen wäre. Diese Regelung verhindert die Umgehung der zwingenden Rückerwerbsregelungen und hat darüber hinaus kapitalschützenden Charakter365. § 71a Abs. 1 S. 1 AktG erfasst jegliche Form von Vorschuss, Darlehen und Sicherheiten sowie Leistungen an Dritte, die dem Erwerber zuzurechnen sind, als verbotene Finanzierungsgeschäfte, wenn sich diese auf den Erwerb von Aktien der Aktiengesellschaft beziehen. Nach dem Zweck der Norm werden sowohl Geschäfte erfasst, die vor dem Erwerb der Aktien abgeschlossen werden, als auch solche, in denen die – ausdrückliche oder konkludente – Einigung erst später erfolgt366. Nach § 71a Abs. 1 S. 1 AktG ist lediglich das Kausalgeschäft zwischen Aktiengesellschaft und Drittem nichtig; das Erfüllungsgeschäft bleibt dagegen wirksam367. Von den Rechtsfolgen des § 71a Abs. 1 S. 1 AktG werden Rechtsgeschäfte, die im Rahmen der laufenden Geschäfte von Kreditinstituten (§§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 KWG) oder Finanzdienstleistungsinstituten (§§ 1 Abs. 1 a, 2 Abs. 6 KWG) getätigt werden, ausgenommen. Damit soll verhindert wer364 Hüffer, AktG, § 71 c Rn. 6 ff. Ausführliche Darstellung bei Benckendorff, S. 257 f. 365 Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 71 a Rn. 6; Hüffer, AktG, § 71 a Rn. 1 u. 3. 366 Das ergibt sich aus dem Wortlaut des Art. 23 der Kapitalrichtlinie („im Hinblick auf den Erwerb“). Str., vgl. Hüffer, AktG, § 71 a Rn. 3; Fleischer, AG 1996, 494, 500 f.; Lutter/Wallers, AG 1989, 1, 9; Schroeder, 194 ff. Dadurch wird verhindert, dass das Unternehmensvermögen für die Finanzierung der Übernahme selbst genutzt wird (sog. „leveraged buyout“; dazu Klaas, S. 131 ff. sowie unten Seite 300). 367 Hüffer, AktG, § 71 a Rn. 4; Hefermehl/Bungeroth, in: Geßler/Hefermehl, AktG, § 71 a Rn. 10; Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 71 a Rn. 8.

§ 8 Die aktienrechtliche Regelung in den §§ 71 ff. AktG

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den, dass für diese die Wahl der Rechtsform der Aktiengesellschaft zum Wettbewerbsnachteil wird368. Außerdem werden Finanzierungsgeschäfte und Sicherheitsleistungen, die den Erwerb von Belegschaftsaktien bezwecken, nicht erfasst (§ 71a Abs. 1 S. 2 Hs. 1 AktG)369. Dann muss die Gesellschaft jedoch sicherstellen, dass sie in der Lage wäre, die nach § 71 Abs. 2 S. 2 AktG, § 272 Abs. 4 HGB erforderliche Rücklage zu bilden, den Erwerbspreis also aus eigenen Mitteln bezahlen könnte (§ 71a Abs. 1 S. 2 Hs. 2 AktG). b) Erwerb eigener Aktien in mittelbarer Stellvertretung Nach § 71a Abs. 2 Alt. 1 AktG sind außerdem Rechtsgeschäfte nichtig, aus denen ein Dritter berechtigt oder verpflichtet sein soll, eigene Aktien für Rechnung der Aktiengesellschaft als deren mittelbarer Stellvertreter zu erwerben370, wenn die Aktiengesellschaft im Falle eines unmittelbaren Erwerbs gegen § 71 Abs. 1 oder Abs. 2 AktG verstoßen würde. Dadurch wird eine Umgehung der Rückerwerbsvorschriften durch die Einschaltung eines mittelbaren Stellvertreters unterbunden. Das Außenverhältnis bleibt davon unberührt. Der mittelbare Stellvertreter hat die Aktien daher wirksam erworben, weil die Aktiengesellschaft die Auslieferung der Aktien mangels gültigem Innenverhältnis nicht fordern kann und zur Abnahme auch nicht verpflichtet ist371. § 71a Abs. 2 AktG enthält jedoch nicht nur ein Verbot, sondern in den tatbestandlichen Grenzen des § 71 Abs. 1 und Abs. 2 AktG zugleich die Erlaubnis zur mittelbaren Stellvertretung. Ohne diese Sonderregelung wäre ein Aufwendungsersatz (§ 670 BGB, § 396 Abs. 2 HGB) stets als verbotene Einlagenrückgewähr im Sinne von § 57 Abs. 1 AktG zu behandeln372. Die Regelung des § 71a Abs. 2 Alt. 1 AktG wird ergänzt durch § 71d S. 1 AktG. Danach darf ein im eigenen Namen, aber für Rechnung der Gesellschaft handelnder Dritter Aktien der Gesellschaft nur erwerben oder be368

So Hüffer, AktG, § 71 a Rn. 5. Das Gesetz bezweckt die Privilegierung des Erwerbs von Belegschaftsaktien; vgl. Hüffer, AktG, § 71 a Rn. 5. 370 Bei einem solchen, auf den Erwerb von Aktien der Gesellschaft in mittelbarer Stellvertretung gerichteten Rechtsgeschäft kann es sich um einen Auftrag (§§ 662 ff. BGB), eine Geschäftsbesorgung (§ 675 BGB) oder eine Kommission (§§ 383 ff., 406 HGB) handeln. Auf eine Geschäftsführung ohne Auftrag muss § 71 a Abs. 2 AktG aufgrund des Normzwecks entsprechende Anwendung finden; Hüffer, AktG, § 71 a Rn. 8 mit Nachw. 371 Hüffer, AktG, § 71 a Rn. 9. 372 Hüffer, AktG, § 71 a Rn. 8; Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 71 a Rn. 13. 369

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

sitzen, soweit dies auch der Gesellschaft nach § 71 Abs. 1 Nr. 1 bis 5, 7 und 8 sowie § 71 Abs. 2 AktG gestattet wäre. Im Gegensatz zu § 71a Abs. 2 Alt. 1 AktG, der das Innenverhältnis betrifft, regelt § 71d S. 1 und 3 bis 6 AktG die Rechtsfolgen des Erwerbs durch Dritte373. Bei der Nichtigkeit des Auftrags- und Geschäftsbesorgungsverhältnisses bleibt § 71d S. 3 bis 6 AktG unanwendbar, soweit der in seiner Rechtsfolge weitergehende § 71a Abs. 2 Alt. 1 AktG reicht. Das ist insbesondere der Fall, wenn der Erwerb durch die Aktiengesellschaft an sich schon gegen § 71 Abs. 1 oder 2 AktG verstoßen würde374. Ist das Auftrags- oder Geschäftsbesorgungsverhältnis dagegen gültig, hätte die Aktiengesellschaft die Aktien nach § 71 Abs. 1 und 2 AktG also selber erwerben dürfen, gelten die in § 71d S. 3 bis 6 AktG statuierten Regelungen: Die Aktien sind der Aktiengesellschaft zuzurechnen (§ 71d S. 3 AktG); die Vorstandspflichten des § 71 Abs. 3 sind zu beachten; die § 71a bis § 71c AktG kommen sinngemäß zur Anwendung (§ 71d S. 4 AktG)375; der Aktiengesellschaft ist auf ihr Verlangen das Eigentum an den Aktien gegen eine Erstattung des Gegenwertes zu verschaffen (§ 71d S. 5 und 6 AktG). Handelt der Dritte dagegen für eigene Rechnung oder im Namen der Gesellschaft, so kommt entweder § 71a Abs. 1 AktG oder § 71 AktG zur Anwendung376. c) Inpfandnahme eigener Aktien Dem Erwerb eigener Aktien nach § 71 Abs. 1 und 2 AktG wird die Inpfandnahme gleichgestellt (§ 71e Abs. 1 S. 1 AktG). Das gilt auch in den Fällen des § 71d AktG, der den Erwerb durch mittelbare Stellvertreter der Gesellschaft sowie abhängige oder in Mehrheitsbesitz der Gesellschaft stehende Unternehmen erfasst. Allerdings können Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute im Rahmen ihrer laufenden Geschäftstätigkeit eigene Aktien inpfandnehmen, ohne diesen Einschränkungen zu unterliegen. Sie haben lediglich die Bestandsgrenze von 10 v. H. des Grundkapitals nach § 71 Abs. 2 S. 1 AktG einzuhalten (§ 71e Abs. 1 S. 2 AktG). 373 Zu dem problematischen Verhältnis von § 71 a Abs. 2 Alt. 1 und § 71 d S. 1 AktG vgl. Hüffer, AktG, § 71 d Rn. 9. 374 Hüffer, AktG, § 71 d Rn. 9; Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 71 d Rn. 63; Hefermehl/Bungeroth, in: Geßler/Hefermehl, AktG, § 71 d Rn. 67 ff.; a. A. Zilias/ Lanfermann, WPg 1980, 61, 66 u. 68. 375 § 71 Abs. 4 AktG kommt nicht zur Anwendung, da ein Verstoß gegen 71 Abs. 1 oder 2 AktG gerade nicht vorliegt. Einzelheiten bei Hüffer, AktG, § 71 d Rn. 12. 376 Benckendorff, S. 259.

§ 8 Die aktienrechtliche Regelung in den §§ 71 ff. AktG

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Ein Verstoß gegen diese Regelung macht die Inpfandnahme nur dann unwirksam, wenn die Aktien noch nicht voll eingezahlt sind (§ 71e Abs. 2 S. 1 AktG). Das der Inpfandnahme zu Grunde liegende schuldrechtliche Geschäft ist nichtig (§ 71e Abs. 2 S. 2 AktG). d) Abhängige und in Mehrheitsbesitz stehende Unternehmen Nach § 71d S. 2 Alt. 1 AktG gelten die in S. 1 der Norm aufgestellten Voraussetzungen gleichfalls für den Erwerb oder den Besitz von Aktien der Aktiengesellschaft durch ein von ihr abhängiges oder in ihrem Mehrheitsbesitz stehendes Unternehmen (§§ 16, 17 AktG). Dieses Unternehmen wird im Ergebnis wie ein mittelbarer Stellvertreter der herrschenden Aktiengesellschaft behandelt377. Der Erwerb eigener Aktien der Muttergesellschaft durch ein Tochterunternehmen würde zu einer mittelbaren Selbstbeteiligung führen. Zudem könnte die Muttergesellschaft mittelbar über ein Tochterunternehmen Einfluss auf die Entscheidungen der eigenen Hauptversammlung nehmen. § 71d S. 2 AktG dient daher dem Kapitalschutz der Muttergesellschaft sowie der Kompetenzverteilung innerhalb der Gesellschaft378. aa) Erwerb durch ein abhängiges oder im Mehrheitsbesitz stehendes Unternehmen der Aktiengesellschaft Die von dem Tochterunternehmen gehaltenen Aktien gelten bei der Berechnung der Bestandsgrenze in § 71 Abs. 2 S. 1 AktG und in § 71c Abs. 2 AktG als solche der Aktiengesellschaft (§ 71d S. 3 AktG)379. Durch die Zurechnung wird der Spielraum der Aktiengesellschaft für eigene Rückerwerbsprogramme eingeschränkt. Der Vorstand muss in der nächsten Hauptversammlung auch über den Erwerb von Aktien der Gesellschaft durch eine Tochtergesellschaft berichten, 377 Da die Aktien der herrschenden Aktiengesellschaft durch ein Tochterunternehmen nur erworben werden dürfen, wenn die Voraussetzungen des § 71 Abs. 1 und 2 AktG erfüllt sind, und überdies der Veräußerungspflicht des § 71 c i. V. m. § 71 d S. 4 AktG unterliegen, können wechselseitige Beteiligungen im Sinne von § 19 Abs. 2 AktG nur noch vorübergehender Natur sein. Bei beiderseitig qualifizierter wechselseitiger Beteiligung nach § 19 Abs. 3 AktG ist wegen Perplexität davon auszugehen, dass Aktienbestände gehalten werden dürfen, aber die Mitgliedsrechte des § 71 b AktG nicht gegeben sind. Vgl. Hüffer, AktG, § 71 d Rn. 7. 378 Benckendorff, S. 269 379 Es zählen auch die Aktien mit, die das Tochterunternehmen bereits gehalten hat, bevor es in Abhängigkeit oder Mehrheitsbesitz geriet; vgl. Hüffer, AktG, § 71 d Rn. 13.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

wenn dieser zum Zweck der Schadensabwehr erfolgt ist, wobei der Schaden der Aktiengesellschaft und nicht der Tochter drohen muss (§ 71d S. 4 AktG). Das Ausgabegebot des § 71 Abs. 3 S. 2 AktG richtet sich nach bestrittener Ansicht an die herrschende Aktiengesellschaft (§ 71d S. 4 AktG)380. Ist der Erwerb der Aktien durch das Tochterunternehmen nach § 71 Abs. 1 oder Abs. 2 AktG unzulässig, folgt aus der sinngemäßen Geltung des § 71 Abs. 4 i. V. m. § 71d S. 4 AktG, dass das Erwerbsgeschäft gleichwohl wirksam, das Kausalgeschäft aber nichtig ist. Weder das Tochterunternehmen noch der Veräußerer haben also Erfüllungsansprüche381. Nach § 71a Abs. 1 i. V. m. § 71d S. 4 AktG sind Finanzierungsgeschäfte, mit denen das Tochterunternehmen anstelle der Aktiengesellschaft einem Dritten den Aktienerwerb ermöglichen will, nichtig, wenn nicht eine der Ausnahmen des § 71a Abs. 1 S. 2 AktG vorliegt. Das Tochterunternehmen kann keine Mitgliedsrechte aus den von ihm erworbenen Aktien geltend machen (§ 71b i. V. m. § 71d S. 4 AktG). Die Neutralisierung eigener Aktien betrifft damit auch auf den der Aktiengesellschaft zugerechneten Drittbesitz382. § 71d S. 4 AktG erstreckt die Veräußerungs- und Einziehungspflichten des § 71c AktG auch auf Aktien, die von Tochterunternehmen gehalten werden. Schuldner dieser Pflichten ist jedoch nicht die Tochter, sondern die Aktiengesellschaft selber. Denn nur sie kann der Einziehungspflicht des § 71c Abs. 3 AktG nachkommen; dazu ist sie auch in der Lage, da sie sich das Eigentum an den Aktien von dem Tochterunternehmen nach § 71d S. 5 AktG beschaffen kann. Die Verschaffungspflicht rechtfertigt sich aus der Einschränkung, die der eigene Handlungsspielraum der Aktiengesellschaft durch § 71 Abs. 2 S. 1 i. V. m. § 71d S. 3 AktG erfährt383. Das Tochterunternehmen hat allerdings nach § 71d S. 6 einen Anspruch 380

Hefermehl/Bungeroth, in: Geßler/Hefermehl, AktG, § 71 d Rn. 20; Zilias/ Lanfermann, WPg 1980, 61, 66; a. A. Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 71 d Rn. 18: Eine Pflicht trifft zunächst das Tochterunternehmen und erst nach Erwerb der Aktien (§ 71 d S. 5 AktG) die herrschende Aktiengesellschaft. Es ist zu unterscheiden zwischen dem durch die herrschende Aktiengesellschaft veranlassten und dem autonomen Erwerb durch das Tochterunternehmen; im letzteren Fall bleibe es bei dem bloßen Erwerbsrecht des § 71 d S. 5 AktG, so dass die Ausgabepflicht die Aktiengesellschaft erst vom Erwerbszeitpunkt an trifft. Vgl. Hüffer, AktG, § 71 d Rn. 15. 381 LG Göttingen, WM 1992, 1373, 1374; Hüffer, AktG, § 71 d Rn. 16. 382 Hüffer, AktG, § 71 d Rn. 18. 383 Begr. RegE zum 2. KoordG, BT-Drucks. 8/1678, S. 17; Hefermehl/Bungeroth, in: Geßler/Hefermehl, AktG, § 71 d Rn. 51; Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 71 d Rn. 38; Hüffer, AktG, § 71 d Rn. 19.

§ 8 Die aktienrechtliche Regelung in den §§ 71 ff. AktG

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auf den Gegenwert der Aktien. Es ist der Verkehrswert im Übertragungszeitraum zu erstatten384. bb) Erwerb in mittelbarer Stellvertretung für ein abhängiges oder im Mehrheitsbesitz stehendes Unternehmen der Aktiengesellschaft Die Regelung des § 71a Abs. 2 Alt. 2 AktG, der die Nichtigkeit des im Innenverhältnisses bestehenden Rechtsgeschäfts anordnet, wird durch die Vorschrift des § 71d S. 2 Alt. 2 AktG ergänzt. Es ergibt sich daher die gleiche Problematik, wie bei der mittelbaren Stellvertretung der Aktiengesellschaft selbst385. Nach § 71d S. 2 Alt. 2 AktG darf ein mittelbarer Stellvertreter für ein abhängiges oder im Mehrheitsbesitz der Aktiengesellschaft stehendes Unternehmen Aktien der Gesellschaft nur erwerben oder besitzen, soweit dies auch der Gesellschaft nach § 71 Abs. 1 Nr. 1 bis 5, 7 und 8 sowie § 71 Abs. 2 AktG gestattet wäre386. Ist das Geschäftsbesorgungs- oder Auftragsverhältnisses gültig, gelten für die vom mittelbaren Stellvertreter des Tochterunternehmens gehaltenen Aktien die in § 71d S. 3–6 AktG angeordneten Rechtsfolgen. Bei Nichtigkeit des Geschäftsbesorgungs- oder Auftragsverhältnisses findet § 71d S. 3–6 AktG dagegen grundsätzlich keine Anwendung387. 5. Auswirkungen der §§ 71 ff. AktG auf wechselseitige Beteiligungen

Eine wechselseitige Beteiligung im Sinne von § 19 AktG liegt vor, wenn Kapitalgesellschaften (Aktiengesellschaft, KGaA, GmbH) mit Sitz im Inland dadurch untereinander verbunden sind, dass jedem Unternehmen mindestens 25 v. H. der Anteile des anderen Unternehmens gehört. Derartige Gestaltungen sollen vor allem die Abstimmung der Geschäftspolitik der verflochtenen Unternehmen verbessern und gleichzeitig die Übernahme eines beteiligten durch ein außenstehendes Unternehmen verhindern388. 384

H.M.; vgl. Hüffer, AktG; § 71 d Rn. 22; Hefermehl/Bungeroth, in: Geßler/ Hefermehl, AktG, § 71 d Rn. 63 ff.; Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 71 d Rn. 56. A.A. Zilias/Lanfermann, WPg 1980, 61, 67: Zu erstatten sind die historischen Anschaffungskosten. 385 Oben Seite 187. 386 Hüffer, AktG, § 71 d Rn. 6. 387 Es bleibt dann bei den bereits dargestellten Rechtsfolgen; dazu Hüffer, AktG, § 71 d Rn. 23 f. 388 Adams, AG 1994, 149; Escher-Weingart, S. 38.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

Die einfache wechselseitige Beteiligung im Sinne von § 19 Abs. 1 AktG und die qualifizierte wechselseitige Beteiligung im Sinne von § 19 Abs. 2 oder 3 AktG unterscheiden sich dadurch, dass bei ersterer im Gegensatz zu letzterer keine Mehrheitsbeteiligung und kein Abhängigkeitsverhältnis bestehen darf389. Der § 19 AktG bezweckt den Schutz der Gläubiger und Aktionäre vor einer Kapitalverwässerung, die dadurch entsteht, dass bei wechselseitiger Zeichnung wirtschaftlich nur eine Einlage erbracht, bei wechselseitigem Aktienerwerb durch Zahlung des Erwerbspreises ein der verbotenen Einlagenrückgewähr nach § 57 AktG vergleichbares Ergebnis erzielt wird. Außerdem soll die Begrenzung bzw. der Ausschluss von Verwaltungsstimmrechten herbeigeführt werden, durch die der Einfluss und die Kontrolle der anderen Aktionäre in der jeweiligen Hauptversammlung rechtlich über Gebühr beschränkt würden390. Das Verhältnis zwischen § 19 Abs. 2 und 3 AktG und den §§ 71 ff. AktG ist problematisch391. § 19 Abs. 2 und 3 AktG setzt voraus, dass der Erwerb der Aktien des beherrschenden Unternehmens durch die abhängige Aktiengesellschaft in einer Größenordnung von mehr als 25 v. H. grundsätzlich zulässig ist. Dagegen begründet § 71d S. 2 AktG für „ein abhängiges oder ein im Mehrheitsbesitz der Gesellschaft stehendes Unternehmen“ ein Erwerbsverbot, wenn nicht die Voraussetzungen des § 71 Abs. 1 und 2 AktG vorliegen. Das beherrschte Unternehmen ist gemäß § 71c i. V. m. § 71d S. 4 AktG außerdem verpflichtet, verbotswidrig erworbene Aktien binnen Jahresfrist und zulässig erworbene Aktien oberhalb der Bestandsgrenze von 10 v. H. innerhalb von drei Jahren zu veräußern. Nach zutreffender Ansicht finden die §§ 71 ff. AktG dennoch grundsätzlich Anwendung392. Bei einer einseitig qualifizierten wechselseitigen Beteiligung im Sinne von § 19 Abs. 2 AktG muss die Beteiligung des beherrschten Unternehmens daher durch Übertragung der Aktien auf die herrschende Aktiengesellschaft und anschließende Veräußerung auf höchstens 10 v. H. des Grundkapitals abgebaut werden (§§ 71c, 71d S. 4 bis 6 AktG). Die verbleibende Beteiligung vermittelt keine Rechte mehr (§ 71b i. V. m. § 71d S. 4 AktG). Einfache wechselseitige Beteiligungen im Sinne von § 19 Abs. 2 AktG können daher nur vorübergehender Natur sein393. 389

Zur den Einzelheiten vgl. nur Hüffer, AktG, § 19 Rn. 2 ff. Begr. RegE, in: Kropff, S. 34 ff.; Bayer, in: Münch. Komm. AktG, § 19 Rn. 2 ff.; Emmerich, NZG 1998, 622 f.; Wastl/Wagner, AG 1997, S. 241. 391 Für die einfache wechselseitige Beteiligung nach § 19 Abs. 1 AktG stellt sich dieses Problem nicht, da § 71 d AktG nur auf den Erwerb durch abhängige oder im Mehrheitsbesitz stehende Unternehmen Bezug nimmt. 392 Einzelheiten bei Bayer, in: Münch. Komm. AktG, § 19 Rn. 49 f.; Hefermehl/ Bungeroth, in: Geßler/Hefermehl, AktG, § 71 d Rn. 7 f.; Koppensteiner, in: Kölner Komm. AktG, § 19 Rn. 7; Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 71 d Rn. 46 ff.; Krieger, Münch. Hdb. GesR IV, § 68 Rn. 107. 390

§ 8 Die aktienrechtliche Regelung in den §§ 71 ff. AktG

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Bei einer qualifizierten wechselseitigen Beteiligung im Sinne von § 19 Abs. 3 AktG erlaubt § 71d AktG dagegen keine Entscheidung darüber, welche der beiden Gesellschaften ihre Beteiligung an der anderen abbauen muss394. Es ist daher anzunehmen, dass auf Grund Perplexität keine Übertragungs- und Rückführungspflicht besteht und es nur bei dem Ausübungsverbot des § 71b AktG verbleibt395. VI. Wiederveräußerung eigener Aktien Ebenso wie der Erwerb eigener Aktien ist auch deren Wiederveräußerung von erheblicher praktischer Relevanz. Dabei ist in erster Linie die Veräußerung von eigenen Aktien von Bedeutung, die zuvor auf Grund eines Ermächtigungsbeschlusses der Hauptversammlung nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG zurückerworben wurden. Zwar wirkt sich die Wiederveräußerung wirtschaftlich wie eine Erhöhung des Eigenkapitals der Gesellschaft aus396. Im Gegensatz zu einer Kapitalerhöhung, bei der sich das Grundkapital der Gesellschaft um den Gesamtnennbetrag der ausgegebenen jungen Aktien erhöht, führt die Wiederveräußerung jedoch nicht zu einer Erhöhung des Grundkapitals. Allerdings leben mit der Wiederveräußerung die wegen § 71b AktG neutralisierten Mitgliedsrechte und -pflichten wieder auf397. Die Aktiengesellschaft ist grundsätzlich nicht verpflichtet, die erworbenen und von ihr gehaltenen Aktien wieder zu veräußern. Sie kann sie vielmehr auf unbestimmte Zeit halten398. Einer Pflicht zur Veräußerung der eigenen Aktien unterliegt der Vorstand nur dann, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 71c bzw. des § 71 Abs. 3 S. 2 AktG gegeben sind oder ein Beschluss der Hauptversammlung vorliegt, durch den der Vorstand hinsichtlich der Veräußerung der Aktien gebunden wird (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 5 AktG)399. Die Hauptversammlung 393

Hüffer, AktG, § 71 d Rn. 7. Schuldnerin der Pflichten aus § 71 c AktG ist nicht die Tochtergesellschaft, sondern die Aktiengesellschaft selbst; vgl. oben Seite 189 f. 394 Cahn/Farrenkopf, AG 1984, 178, 179. 395 Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 71 d Rn. 48 f.; Hüffer, AktG, § 19 Rn. 8 u. § 71 d Rn. 7. 396 Huber, in: FS Kropff, S. 101, 120. 397 Hüffer, AktG, § 71 c Rn. 3 u. 6. Zur bilanziellen Behandlung der Wiederausgabe eigener Aktien vgl. Bezzenberger, Rn. 127 ff. 398 Benckendorff, S. 279. 399 Denkbar ist, dass die Hauptversammlung die Modalitäten der Wiederveräußerung der eigenen Aktien detailliert festsetzt, indem sie etwa den Veräußerungszeitpunkt bzw. -zeitraum angibt oder sich aus dem in dem Ermächtigungsbeschluss der Hauptversammlung festgesetzten Rückerwerbszweck oder dem Veräußerungsbe-

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

kann auch einen Beschluss des Inhalts fassen, dass eine Wiederausgabe der Aktien durch den Vorstand erst nach erneutem Beschluss der Hauptversammlung zulässig sein soll. Die Entscheidungskompetenz der Hauptversammlung umfasst auch die Möglichkeit, sich die Entscheidung für einen späteren Zeitpunkt vorzubehalten400. 1. Veräußerung nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG erworbener Aktien

Eine Aktiengesellschaft hat grundsätzlich die Möglichkeit, die zurückerworbenen eigenen Aktien über die Börse zu veräußern. Diese Möglichkeit wird den Interessen der Gesellschaft vielfach nicht gerecht, etwa wenn die eigenen Aktien in Zusammenhang mit einem Unternehmenserwerb als Akquisitionswährung eingesetzt werden oder bei einem einzelnen Finanzinvestor platziert werden sollen401. Die Entscheidung, die eigenen Aktien wieder zu veräußern, ist grundsätzlich eine Maßnahme der laufenden Geschäftsführung, die in den Zuständigkeitsbereich des Vorstands fällt402. Der Vorstand ist dabei an die Grundsätze ordnungsgemäßer Geschäftsführung gemäß § 93 AktG gebunden und daher in materieller Hinsicht verpflichtet, die eigenen Aktien im Interesse der Aktionäre bestmöglich zu verwerten403. Die zum Erwerb ermächtigenden Hauptversammlungsbeschlüsse erhalten regelmäßig – teilweise sehr detaillierte – Regelungen zur Veräußerung der eigenen Aktien, wobei meist auch die Veräußerung außerhalb des Börsenhandels vorgesehen ist404. An diese Vorgaben der Hauptversammlung ist schluss ergibt, wie lange die Aktien gehalten werden dürfen; gleiches gilt für einen Beschluss über das Verfahren für eine Wiederveräußerung. Dazu Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 13; Benckendorff, S. 284. 400 Huber, in: FS Kropff, S. 101, 117. a. A. Reichert/Harbarth, ZIP 2001, 1442, 1446. 401 So kann die kurzfristige Deckung eines Kapitalbedarfs durch die Veräußerung einer größeren Anzahl eigener Aktien in der Regel kursschonender durch die Platzierung bei einem einzelnen Investor geschehen; vgl. Reichert/Harbarth, ZIP 2001, 1441, 1442. 402 H.M., Benckendorff, S. 279; Hefermehl/Bungeroth, in: Geßler/Hefermehl, AktG, § 71 c Rn. 22; Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 71 c Rn. 16. A.A. Huber, in: FS Kropff, S. 101, 119, der in der Wiederausgabe der Aktien materiell eine Kapitalerhöhung erblickt, zu der es einer Ermächtigung der Hauptversammlung bedürfe, die als actus contrarius zum Erwerbsbeschluss mit einfacher Mehrheit zu fassen sei. 403 Jedoch ist ein Verkauf unter Einräumung deutlicher Abschläge gegenüber dem aktuellen Börsenkurs mit § 93 AktG nicht vereinbar. Im Einzelfall kann eine Sorgfaltspflichtverletzung auch dann vorliegen, wenn sich der Veräußerungspreis zwar am aktuellen Börsenkurs orientiert, dieser aber weit unter dem Kurs vorangegangener Börsentage liegt; vgl. Reichert/Harbarth, ZIP 2001, 1441.

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der Vorstand bei der Durchführung gebunden. Eine dem § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 1 AktG entsprechende gesetzliche Vorschrift, auf Grund der ein Beschluss der Hauptversammlung über den niedrigsten und höchsten Gegenwert der zu veräußernden eigenen Aktien zu fassen wäre, existiert jedoch nicht. Mangels näherer Angeben im Gesetz ist der Beschluss über die Wiederveräußerung in seiner zeitlichen Wirkung nicht begrenzt. a) Veräußerung über die Börse Grundregel der Veräußerung eigener Aktien ist § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 AktG. Danach muss die Veräußerung dem aktienrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz im Sinne von § 53a AktG genügen405. Letztlich kommt dem § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 AktG nur klarstellende Funktion zu, da der Gleichbehandlungsgrundsatz nach § 53a AktG ein allgemeiner Grundsatz des Aktienrechts ist, der auch ohne ausdrückliche Normierung Geltung beansprucht406. Nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 4 AktG genügt die Veräußerung der eigenen Aktien im Börsenhandel dem aktienrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz nach § 53a AktG407. Durch diese Interpretationsregel soll die Veräußerung über die Börse inhaltlich unangreifbar gemacht werden408. b) Veräußerung an alle Aktionäre Die Aktiengesellschaft kann die nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG zurückerworbenen Aktien auch außerhalb des Börsenhandels an ihre Aktionäre oder nicht zum Kreis der Aktionäre zählende Dritte veräußern. Entscheidet sich der Vorstand dabei für die Veräußerung an die Aktionäre, hat er den Gleichbehandlungsgrundsatz des § 53a AktG zu beachten (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 AktG). Damit soll eine Beeinträchtigung der mitgliedschaftlichen Rechte der Aktionäre, die keine Möglichkeit zur Teil404 Vgl. etwa die Hauptversammlungsbeschlüsse von Allianz (BAnz v. 2.6.2001, TOP 9), Bayer (BAnz v. 15.3.2001, TOP 6), Bayerische Hypotheken- und Vereinsbank (BAnz v. 11.4.2001, TOP 8), Continental (BAnz v. 11.4.2001, TOP 6), DaimlerChrysler (BAnz v. 1.3.2001, TOP 7), Deutsche Bank (BAnz v. 3.4.2001, TOP 7) sowie Siemens (BAnz v. 16.4.2001, TOP 11). 405 Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19 j. 406 Dazu bereits oben Seite 152. 407 Die Veräußerung eigener Aktien über die Börse meint die Abwicklung des Geschäfts in allen Marktsegmenten, auch im Ausland; Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 13. 408 Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19 j. Bei der Veräußerung über die Börse sind die für den Bezugsrechtsausschluss geltenden Regeln nicht entsprechend anwendbar. Nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 5 AktG gilt § 186 Abs. 3 und 4 AktG nur dann entsprechend, wenn „eine andere Veräußerung“ als die Veräußerung über die Börse erfolgen soll.

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nahme an der Wiederveräußerung haben, vermieden werden. Dabei hat die Gesellschaft die Aktien grundsätzlich zu einheitlichen Konditionen anzubieten409. Das Gebot der Gleichbehandlung meint eine Chancengleichheit der Aktionäre, die gewahrt ist, wenn jeder Aktionäre die Möglichkeit hat, an der Wiederveräußerung der eigenen Aktien entsprechend der Höhe seiner Beteiligung teilzunehmen410. c) Veräußerung ohne Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nach § 53a AktG („andere Veräußerung“) Eine „andere Veräußerung“ liegt immer dann vor, wenn bei der Veräußerung vom Grundsatz gleichmäßiger Zuteilung nach § 53a AktG abgewichen werden soll411. Entspricht die Veräußerung nicht dem Gleichbehandlungsgrundsatz des § 53a AktG, finden die den Ausschluss des Bezugsrechts betreffenden Normen des § 186 Abs. 3 und 4 AktG sowie § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 5 AktG) entsprechende Anwendung412. Eine „andere Veräußerung“ kann nur die Hauptversammlung beschließen (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 5 AktG). Der Vorstand kann sich also nicht darauf berufen, dass die Ungleichbehandlung objektiv zu rechtfertigen ist. Nach seinem Wortlaut deckt § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 5 AktG nicht nur solche Veräußerungen ab, die in ihren Einzelheiten von der Hauptversammlung beschlossen wurden, sondern auch solche, bei denen der Vorstand durch die Hauptversammlung ermächtigt wird, selbst über Umfang, Zeit und Modalitäten zu entscheiden. Dass die Hauptversammlung eine andere Veräußerung als eine solche unter Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes beschließen kann, umfasst sprachlich sowohl die Entscheidung der Hauptversammlung, die Modalitäten der Veräußerung selbst festzulegen, als auch diese der Entscheidung des Vorstands zu überlassen413. Wie schon bei dem Erwerb eigener Aktien im Wege eines individuell ausgehandelten Rückerwerbs, muss die Ungleichbehandlung der Aktionäre 409 Benckendorff, S. 282 f. Die Veräußerung kann durch ein entsprechendes Angebot an alle Aktionäre erfolgen. In Betracht kommt ein persönliches Anschreiben, wenn die Aktionäre der Gesellschaft persönlich bekannt sind, ein öffentliches Angebot oder die Ausgabe von Kaufoptionen auf die Aktien. 410 Ggf. ist entsprechend zu repartieren. Vgl. Benckendorff, S. 283. 411 Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 13; Bezzenberger, Rn. 151. 412 Dazu Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 14. Benckendorff, S. 279. 413 Reichert/Harbarth, ZIP 2001, 1441, 1446. A.A. Huber, in: FS Kropff, S. 101, 119: dieser Fall sei gesetzlich nicht geregelt; zwar nicht der Form, aber der Sache nach verfüge der Vorstand über „genehmigtes Kapital“, so dass die §§ 202 ff. AktG analog anzuwenden seien.

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im Interesse der Gesellschaft sachlich gerechtfertigt und verhältnismäßig sein. Die Veräußerung an Dritte oder einzelne Aktionäre ist wirtschaftlich vergleichbar mit einem Bezugsrechtsausschluss bei der Erhöhung des Kapitals. Es ist daher rechtspolitisch gerechtfertigt, wenn eine „andere Veräußerung“ wie ein Bezugsrechtsausschluss behandelt wird414. Nach der Begründung des Gesetzgebers soll die entsprechende Anwendung des § 186 Abs. 3 und 4 AktG auf die Fälle der Abweichung von der Gleichbehandlung der Aktionäre beschränkt bleiben415. Dennoch müssen die Regelungen über den Bezugsrechtsausschluss auch dann entsprechende Anwendung finden, wenn die eigenen Aktien unter Ausschluss sämtlicher Aktionäre an einen NichtAktionär veräußert werden. In diesem Vorgehen ist zwar keine Ungleichbehandlung der Aktionäre zu sehen, weil keiner von ihnen eigene Aktien von der Gesellschaft erhält und somit alle Aktionäre gleich behandelt werden416. Die drohende Verwässerung der Rechtsposition der Altaktionäre erfordert jedoch auch in einem solchen Fall die (entsprechende) Anwendung der für den Bezugsrechtsausschluss geltenden Regelungen des § 186 Abs. 3 und 4 AktG417. aa) Veräußerung gegen Barleistung (1) Veräußerungspreis Der Veräußerungspreis darf den Börsenpreis der eigenen Aktien nicht wesentlich unterschreiten (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 5 i. V. m. § 186 Abs. 3 S. 4 AktG)418. Weil das Gesetz auf die Festlegung eines Stichtags verzichtet, 414 Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 13; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19 k; Reichert/Harbarth, ZIP 2001, 1441, 1442. 415 Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 13. 416 Vgl. nur Benckendorff, 1998, S. 282; Würdinger, S. 62. Soweit im Schrifttum (Hüffer, AktG, § 186 Rn. 5) in § 186 AktG ein Ausdruck des aktienrechtlichen Gleichbehandlungsgebots im Sinne von § 53 a AktG gesehen wird, ist damit gemeint, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz verlangt, dass alle Aktionäre pro rata zu berücksichtigen sind, sofern die Aktionäre überhaupt ein Bezugsrecht erhalten. 417 Reichert/Harbarth, ZIP 2001, 1442, 1441 (Fn. 5). Der Beschluss der Hauptversammlung, dass die Verwaltung die Aktien in Abweichung von § 53 a AktG frei oder an bestimmte Dritte veräußern kann, ist in entsprechender Anwendung des § 186 Abs. 3 und 4 AktG zu fassen. Insbesondere bedarf es daher einer sachlichen Rechtfertigung; Zudem gilt auch die Erleichterung durch § 186 Abs. 3 S. 4 AktG. Vgl. Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 13. Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19 k; Reichert/Harbarth, ZIP 2001, 1441, 1442; Martens, AG 1996, 337, 342; Bezzenberger, Rn. 153. 418 Die Aktien müssen einen Börsenpreis haben, also zum Amtlichen Handel (§§ 30 ff. BörsG), Geregelten Markt (§§ 49 ff. BörsG) oder zum Freiverkehr (§ 57

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wird insoweit auf einen Durchschnittsbetrag abgestellt, der sich aus den in einem bestimmten Zeitraum festgestellten Kursen errechnet. Dabei werden fünf Börsentage in der Regel für ausreichend erachtet419. Die Unterschreitung des Börsenkurses durch den Veräußerungspreis sollte höchstens bei 5 v. H. liegen, während 3 v. H. als Regelabschlag angesehen wird420. (2) Kapitalgrenze des § 186 Abs. 3 S. 4 AktG Neben einem börsennahen Veräußerungspreis ist nach § 186 Abs. 3 S. 4 AktG weiterhin erforderlich, dass der Anteil der zu veräußernden Aktien 10 v. H. des Grundkapitals nicht übersteigt, wobei auf den Gesamtnennbetrag bzw. den rechnerischen Gesamtwert der Aktien abzustellen ist421. Bei der Veräußerung eigener Aktien kommen als mögliche Zeitpunkte zur Bemessung des Grundkapitals grundsätzlich die Beschlussfassung, das Wirksamwerden des Beschlusses oder die Veräußerung der eigenen Aktien in Betracht422. Im Rahmen der unmittelbaren Anwendung des § 186 Abs. 3 S. 4 AktG wird für die Bemessung der Kapitalgrenze die Kapitalziffer der Satzung, wie sie zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bezugsrechtsausschluss besteht, herangezogen. Bei genehmigtem Kapital ist dagegen auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Ermächtigung abzustellen, also auf die Eintragung in das Handelsregister (arg. e § 203 Abs. 3 S. 1 AktG)423. Allerdings sprechen die besseren Gründe dafür, für die Berechnung der Kapitalgrenze auf die Kapitalverhältnisse zum Zeitpunkt der Veräußerung BörsG) zugelassen sein; vgl. Hüffer, AktG, § 186 Rn. 39 c; Marsch-Barner, AG 1994, 532, 533. Die Frage, ob die Aktie im Inland notiert sein muss., ist umstritten; dafür Hüffer, a. a. O.; dagegen Lutter, a. a. O.; Marsch/Barner, a. a. O. 419 Hüffer, AktG, § 186 Rn. 39 d; Lutter, AG 1994, 429, 442; Reichert/Harbarth, ZIP 2001, 1441, 1442; a. A. Marsch-Barner, AG 1994, 532, 536 f.; Trapp, AG 1997, 115, 120. Eine abschließende Klärung dieser Frage steht noch aus (vgl. Wiedemann, Großkomm. AktG, § 186 Rn. 153: „nicht zu lange vor der Kapitalerhöhung ermittelte Referenzperiode“). 420 BT-Drucks. 12/7848, S. 9. So auch Hüffer, AktG, § 186 Rn. 39 d; MarschBarner, AG 1994, 532, 537. Nach Lutter (AG 1994, 429, 442) sind 3 v. H. die Obergrenze. Nach Schwark (in: FS Claussen, S. 357, 372 f.) ist aufgrund der sehr unterschiedlichen Volatilität der einzelnen Werte und der im Einzelfall bestehenden Marktlage nicht auf starre Grenzen abzustellen. 421 Groß, DB 1994, 2431, 2432; Marsch-Barner, AG 1994, 532, 534; Reichert/ Harbarth, ZIP 2001, 1441, 1443. 422 Vgl. Reichert/Harbarth, ZIP 2001, 1441, 1443. 423 Hüffer, AktG, § 186 Rn. 39 c; Groß, DB 1994, 2431, 2432 f.; Marsch-Barner, AG 1994, 532, 534; Reichert/Harbarth, ZIP 2001, 1441, 1443.

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der eigenen Aktien abzustellen. Die Kapitalgrenze soll es den Altaktionären ermöglichen, ihren relativen Anteil am Grundkapital durch den freien Zukauf an der Börse aufrechtzuerhalten424. Ein möglicher Zukauf erfolgt aber nicht zum Zeitpunkt der Beschlussfassung, sondern erst bei Veräußerung der eigenen Anteile. Im Interesse der von dem Bezugsrechtsausschluss betroffenen Aktionäre muss die Berechnung von 10 v. H. des Grundkapitals daher zu dem Zeitpunkt erfolgen, in dem der Verwässerungseffekt letztlich eintritt, also erst bei Durchführung der Wiederveräußerung. (3) Anrechnung sonstiger Fälle des § 186 Abs. 3 S. 4 AktG Da neben die Veräußerung eigener Aktien weitere Anwendungsfälle (z. B. Durchführung einer Kapitalerhöhung; Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen) des Bezugsrechtsausschlusses nach § 186 Abs. 3 S. 4 AktG treten können, stellt sich die Frage, ob die Kapitalgrenze ein- oder mehrmals ausgeschöpft werden darf. Nach der Regierungsbegründung zum KonTraG darf die Kapitalgrenze des § 186 Abs. 3 S. 4 AktG insgesamt nur einmal ausgeschöpft werden425. Dabei bleibt allerdings offen, ob dies lediglich für die Wiederveräußerung eigener Aktien gilt oder alle möglichen Anwendungsfälle des § 186 Abs. 3 S. 4 AktG in die Berechnung einzubeziehen sind. Um einen wirksamen Schutz gegen eine Verwässerung der Rechtsposition der Altaktionäre zu gewährleisten, darf es infolge weiterer Fälle eines Bezugsrechtsausschlusses nicht zu einer mehrfachen Ausnutzung der Kapitalgrenze des § 186 Abs. 3 S. 4 AktG kommen. Eine parallele Kapitalerhöhung nach §§ 182 ff. und §§ 202 ff. AktG unter jeweiliger Ausnutzung der Kapitalgrenze ist daher unzulässig426. (4) Anrechnung auf den Schwellenwert des § 202 Abs. 3 S. 1 AktG Nach § 202 Abs. 3 S. 1 AktG darf der Nennbetrag des genehmigten Kapitals die Hälfte des Grundkapitals, das zur Zeit der Ermächtigung vorhanden ist, nicht übersteigen. Auf Grund der wirtschaftlichen Ähnlichkeit der Veräußerung eigener Aktien mit der Verwendung genehmigten Kapitals zur 424 Begründung des Rechtsausschusses zum RegE eines Gesetzes für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts, ZIP 1994, 247, 253; Krieger, in: Münch Hdb. GesR IV, § 56 Rn. 76. 425 Vgl. Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 13. 426 Vgl. – auch zu verschiedenen Konstellationen des Zusammentreffens der Veräußerung eigener Aktien und der Ausnutzung genehmigten Kapitals – Reichert/ Harbarth, ZIP 2001, 1441, 1443 f. A.A. Groß, DB 1994, 2431, 2432.

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Ausgabe neuer Aktien stellt sich die Frage, ob die Veräußerung eigener Aktien auf diese Kapitalgrenze von 50 v. H. des Grundkapitals anzurechnen ist. Eine Veräußerung eigener Aktien hätte zu unterbleiben, soweit der Nennbetrag bzw. rechnerische Wert der Anteile zusammen mit dem Nennbetrag des genehmigten Kapitals 50 v. H. des Grundkapitals der Gesellschaft übersteigen würde. Gegen eine derartige Anrechnung spricht das beredte Schweigen des Gesetzes in § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG, der ausdrücklich nur auf die § 186 und § 193 AktG Bezug nimmt, § 202 AktG dagegen nicht erwähnt. Die Veräußerung eigener Aktien kann daher neben die vollständige Ausschöpfung des Schwellenwertes des § 202 Abs. 3 S. 1 AktG treten427. (5) Erfordernis der Zustimmung durch den Aufsichtsrat Für die Veräußerung eigener Aktien unter entsprechender Anwendung des § 186 Abs. 3 S. 4 AktG sieht § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG kein Erfordernis der Zustimmung durch den Aufsichtsrat vor und nimmt auch keine diesbezügliche Verweisung vor. Ein solches Zustimmungserfordernis könnte sich allenfalls aus einer entsprechenden Anwendung der Vorschriften über die Ausnutzung eines genehmigten Kapitals ergeben, die an mehreren Stellen eine Zustimmung des Aufsichtsrates vorsehen (§ 202, Abs. 3 S. 2; § 204 Abs. 1 S. 1 i. V. m. S. 2 Hs. 1; § 203 Abs. 2 S. 1 i. V. m. § 204 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 AktG)428. Jedoch spricht schon die in § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG fehlende Bezugnahme gegen eine entsprechende Anwendung dieser Vorschriften. Allein die Ähnlichkeit zwischen der Veräußerung eigener Aktien und der Ausnutzung genehmigten Kapitals rechtfertigt es nicht, auch ohne eine solche Bezugnahme eine entsprechende Anwendung der Vorschriften anzunehmen429.

427 Reichert/Harbarth, ZIP 2001, 1441, 1445. Dafür spricht auch, dass im Referentenentwurf eine – später gestrichene – Bezugnahme auf § 205 AktG enthalten war; vgl. Begr. RefE zum KonTraG, ZIP 1996, 2129, 2130; Huber, in: FS Kropff, 1997, S. 101, 104. 428 Zu der entsprechenden Anwendbarkeit auf die Veräußerung eigener Aktien vgl. ausf. Reichert/Harbarth, ZIP 2001, 1441, 1445 f. 429 Zudem ist das Schutzbedürfnis im Falle der Veräußerung sehr viel geringer als bei der Ausnutzung von genehmigtem Kapital; vgl. Reichert/Harbarth, ZIP 2001, 1441, 1445 u. 1446.

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bb) Veräußerung gegen Sachleistung Die Regelung des § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 5 AktG, nach der die Hauptversammlung eine „andere Veräußerung“ als über die Börse beschließen kann, deckt auch den dort nicht ausdrücklich genannten Fall der Veräußerung gegen Sachleistung430. Nach der – inzwischen überholten – Rechtsprechung des BGH zur Kapitalerhöhung bei Sacheinlagen mussten bereits bei der Beschlussfassung der Hauptversammlung über den Bezugsrechtsausschluss oder über die diesbezügliche Ermächtigung des Vorstands ganz konkrete Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss vorliegen, die mit Blick auf ein tatsächlich beabsichtigtes Vorhaben die Überprüfung der sachlichen Rechtfertigung ermöglichten431. Mit der „Siemens/Nold“Entscheidung hat der BGH diese Rechtsprechung aufgegeben432. Nunmehr soll es genügen, wenn die Maßnahme, zu der das Bezugsrecht der Aktionäre ausgeschlossen werden soll, der beschließenden Hauptversammlung allgemein und in abstrakter Form bekannt gegeben wird und im wohlverstandenen Interesse der Gesellschaft liegt433. Auf Grund des Verweises des § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 5 AktG auf § 186 Abs. 3 S. 4 AktG gilt bei der Veräußerung eigener Aktien gegen Sachleistung der gleiche Maßstab wie bei Kapitalerhöhungen gegen Sacheinlagen. Bei der Veräußerung eigener Aktien gegen Sacheinlagen ist daher auf die Grundsätze der „Siemens/Nold“-Entscheidung des BGH abzustellen434. cc) Alternative Veräußerungsmöglichkeiten In der Praxis sind neben der Veräußerung gegen Bar- oder Sachleistung auch die Veräußerung zu der Einführung der eigenen Aktien an ausländischen Börsen, die Verwendung zur Bedienung von Teilschuldverschreibungen mit Wandel- und Optionsrechten sowie die Verwendung im Rahmen von Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen von Bedeutung.

430 Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 14; Reichert/Harbarth, ZIP 2001, 1441, 1447. 431 BGHZ 83, 319, 321 ff.; vgl. auch Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 58 Rn. 17. 432 BGHZ 136, 133; dazu Hirte, EWiR 1997, 1013. Vgl. auch Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 58 Rn. 18; Volhard, AG 1998, 397, 402 f. 433 Vgl. auch LG München I BB 2001, 748, 749, dazu Bungert, BB 2001, 742 ff. 434 So Kiem, ZIP 2000, 209, 215; Reichert/Harbarth, ZIP 2001, 1441, 1447.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

(1) Aktieneinführung an ausländischen Börsen Die Hauptversammlungsbeschlüsse sehen häufig die Möglichkeit vor, eigene Aktien zur Einführung von Aktien der Gesellschaft an ausländischen Börsen zu verwenden, an denen sie zuvor nicht zugelassen waren435. Durch die Einführung der Aktien an einer ausländischen Börse werden die Möglichkeiten der Gesellschaft, jederzeit Eigenkapital zu angemessenen Bedingungen am Markt aufnehmen zu können, verbessert. Werden eigene Aktien für die Aktieneinführung an einer ausländischen Börse genutzt, liegt ein Fall der Veräußerung im Sinne von § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 5 AktG vor. Zwar steht der Umstand, dass es sich um einen ausländischen Börsenplatz handelt, der Anwendung von Satz 4 nicht entgegen436. Allerdings geht die Regierungsbegründung zum KonTraG erkennbar davon aus, dass es sich bei der Einführung an einer ausländischen Börse um den Fall einer Veräußerung gegen Barleistung unter Ausschluss der Altaktionäre gemäß § 186 Abs. 3 S. 4 AktG handelt. Für die Anwendung des § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 5 AktG spricht, dass die Aktien bei der Börseneinführung häufig mit einem Abschlag gegenüber zeitnahen Kursen an anderen Börsen platziert werden. Daher kommt es in der Regel zu einer stärkeren wertmäßigen Verwässerung als bei der Veräußerung über einen Börsenplatz, an dem die Aktie bereits zum Handel zugelassen war437. (2) Bedienung von Teilschuldverschreibungen mit Wandel- und Optionsrechten Die Emission von Anleihen mit Wandel- und/oder Optionsrechten auf Aktien der Gesellschaft ermöglicht die Kapitalbeschaffung zu attraktiven Konditionen. Nach § 221 AktG kann die Hauptversammlung die Ermächtigung zur Ausgabe von Schuldverschreibungen mit eben diesen Rechten erteilen438. Die zur Bedienung der Wandel- und Optionsrechte erforderlichen Aktien können durch bedingtes Kapital nach § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG bereitgestellt werden439. Es ist allerdings auch möglich, zur Bedienung der Wandel- und Optionsrechte eigene Aktien zu verwenden, die zuvor nach 435

Vgl. nur Allianz (BAnz v. 2.6.2001, TOP 9) und DaimlerChrysler (BAnz v. 1.3.2001, TOP 7). Von der Zulässigkeit dieser Veräußerungsmöglichkeit ging bereits die Regierungsbegründung aus; vgl. Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/ 9712, S. 14. 436 Vgl. die Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 13. 437 Reichert/Harbarth, ZIP 2001, 1441, 1448. 438 Überblick bei Hüffer, AktG, § 221 Rn. 1 ff. 439 Zu der Frage, ob der Bestand an eigenen Aktien und der Umfang des bedingten Kapitals nach § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG im Hinblick auf die Bestandsgrenzen

§ 8 Die aktienrechtliche Regelung in den §§ 71 ff. AktG

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§ 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG zurückerworben wurden und diesem Zweck unter Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre zugeführt werden440. Voraussetzung ist aber das Vorliegen eines Hauptversammlungsbeschlusses gemäß § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 5 AktG441. Auch wenn Schuldverschreibungen nicht gegen Bar-, sondern gegen Sachleistungen ausgegeben werden, etwa gegen Verrechnung mit einer Forderung oder gegen Einbringung eines Unternehmens oder Lieferung von Waren, ist der Rückgriff auf eigene Aktien zu der Erfüllung der Wandelund Optionsrechte möglich442. Sollen Schuldverschreibungen als Akquisitionswährung eingesetzt werden, ist die Ermächtigung zur Ausgabe von Wandel- und Optionsschuldverschreibungen auf Sachleistungen zu erstrecken und das Bezugsrecht insoweit auszuschließen. (3) Verwendung im Rahmen von Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen Der Erwerb eigener Aktien zum Zweck der Ausgabe von Mitarbeiteraktien ist in § 71 Abs. 1 Nr. 2 AktG ausdrücklich vorgesehen. Einer entsprechenden Ermächtigung nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG bedarf es daher nicht443. Der Erwerb nach § 71 Abs. 1 Nr. 2 AktG kommt allerdings nicht für die Bedienung von Aktienoptionsprogrammen für Führungskräfte in Betracht, da darin keine nach der ratio legis dieser Regelung erforderliche Ausgabe von Belegschaftsaktien aus sozialpolitischen Gründen zu sehen ist444. Mit der Einführung des § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG besteht nun die Möglichkeit, ein Aktienoptionsprogramm auch für Führungskräfte aufzulegen, das die Ausgabe nackter Optionen und deren Bedienung durch rückerworbene Akdes § 71 Abs. 2 S. 1 und § 192 Abs. 3 AktG aufeinander anzurechnen sind, vgl. Mutter, ZIP 2002, 295. 440 Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19 g, § 192 Rn. 24; Reichert/Harbarth, ZIP 2001, 1441, 1448. 441 Vgl. etwa den Hauptversammlungsbeschluss der Allianz (BAnz v. 2.6.2001, TOP 9). 442 Zwar ist das Leitbild der Wandelschuldverschreibungen gemäß § 221 AktG auf Leistungen in bar ausgerichtet. Zulässig ist es aber auch, die für eine Wandeloder Optionsschuldverschreibung erforderliche Leistung im Rahmen einer Sachleistung zu erbringen; vgl. Hüffer, AktG, § 194 Rn. 4. Zu den Schwierigkeiten, die sich aus einer Sachleistung im Zusammenhang mit der Ausgabe von Wandel- und Optionsanleihen ergeben, vgl. Reichert/Harbarth, ZIP 2001, 1441, 1448. 443 Allerdings können Aktien, die zu anderen, später nicht weiter verfolgten Zwecken im Rahmen eines Ermächtigungsbeschlusses nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG erworben wurden, auch zum Zweck der Mitarbeiterbeteiligung verwendet werden; dazu oben Seite 144 f. 444 Hüffer, ZHR 161 (1997), S. 214, 242 f.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

tien vorsieht. Durch die Verweisung in § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 5 AktG auf § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG sowie das Regelungskonzept des Gesetzgebers wird klargestellt, dass der Erwerb zur Ausgabe an die Mitglieder der Gesellschaft sowie Arbeitnehmer sowohl der ausgebenden Aktiengesellschaft als auch deren Tochtergesellschaften möglich ist. Die Ausgabe an Aufsichtsratsmitglieder ist dagegen nicht möglich445. Sollen die eigenen Aktien zur Bedienung von Aktienoptionsprogrammen verwendet werden, sind die Erfordernisse, wie sie auch für das zur Bedienung dieser Mitarbeiterbeteiligungsprogramme verwendbare bedingte Kapital gelten, einzuhalten: Die Bezugsrechte sind auf Mitglieder der Geschäftsführung und Arbeitnehmer aufzuteilen; die Erfolgsziele, Erwerbs- und Ausübungszeiträume und die Wartezeit bis zur erstmaligen Ausübung des Optionsrechts, mindestens zwei Jahre, sind festzulegen (§ 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG)446. Eine entsprechende Ermächtigung nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG kann aber erst dann genutzt werden, wenn die Voraussetzungen für die Bedienung von Ansprüchen aus stock-options-Plänen vorliegen. (4) Einsatz als Akquisitionswährung Der Einsatz der Aktien als Akquisitionswährung muss gemäß § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 5 AktG von der Hauptversammlung beschlossen werden. Dabei findet § 186 Abs. 3 und 4 AktG entsprechende Anwendung, weil die Veräußerung an Dritte wie ein Bezugsrechtsausschluss für die Aktionäre wirkt447. Auf Grund der Schwere des Eingriffs in die Mitgliedschaft der Altaktionäre ist eine sachliche Rechtfertigung der Ausgabe der Aktien an gesellschaftsfremde Dritte erforderlich448. Sollen die Aktien im Rahmen der Übernahmefinanzierung eingesetzt werden, ist in der Regel davon auszugehen, dass die Nichtberücksichtigung der Altaktionäre im Interesse der Gesellschaft liegt und ihr Einsatz zu diesem Zweck auch geeignet, erforderlich und angemessen ist449. Nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 5 i. V. m. § 186 Abs. 3 S. 4 AktG ist die Veräußerung außerhalb des Börsenhandels an gesell445

Weiß, WM 1999, 353, 360 f.; Bosse, NZG 2001, 594, 596. Vgl. nur Hüffer, AktG, § 193 Rn. 9. Zur Frage der analogen Anwendung des § 186 Abs. 3 u. 4 AktG bei Aktienoptionsprogrammen vgl. Weiß, WM 1999, 353, 361. Die Geltung des § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG stellt klar, dass Optionsrechte aus eigenen Aktien bedient werden dürfen, soweit dies durch den Ermächtigungsbeschluss abgedeckt ist; werden die Optionen gerade dadurch „ins Geld“ gebracht, liegt ein missbräuchlicher Erwerb vor, der im Einzelfall unzulässig sein kann (§ 242 BGB); vgl. Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19 k. 447 Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 13; Reichert/Harbarth, ZIP 2001, 1441, 1442; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19 k. 448 Grundlegend BGHZ 71, 40, 43 ff.; s. a. Hüffer, AktG, § 186 Rn. 25. 446

§ 8 Die aktienrechtliche Regelung in den §§ 71 ff. AktG

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schaftsfremde Dritte insbesondere zulässig, wenn dabei der Börsenpreis nicht wesentlich unterschritten wird450. In diesem Fall muss sich die Bewertung der den Aktionären zum Tausch angebotenen Aktien an dem bei Veröffentlichung des Angebots aktuellen Börsenpreis orientieren. d) Bezugsrecht bei Wiederveräußerung? Es wird vertreten, über die entsprechende Anwendbarkeit des § 186 Abs. 3 und 4 AktG hinaus stehe den Aktionären bei der Wiederveräußerung eigener Aktien ein Bezugsrecht gem. § 186 Abs. 1 S. 1 AktG bzw. §§ 202, 203, 186 AktG zu. Eine Ausnahme gelte kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung nur für die Veräußerung über die Börse (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 4 AktG). Es sei bei einer Veräußerung der eigenen Aktien ebenso wie bei der Kapitalerhöhung die Verwässerung des Beteiligungswertes und die Beeinträchtigung der Stimmrechte der Altaktionäre zu befürchten. Die Gesellschaft sei daher in entsprechender Anwendung der für die Kapitalerhöhung geltenden Vorschriften verpflichtet, die Aktien zunächst den eigenen Aktionären anzubieten451. Gegen ein Bezugsrecht spricht zunächst der eindeutige Wortlaut des § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 5 AktG, der ausdrücklich nur auf den § 186 Abs. 3 und 4 AktG verweist. Auch wirkt sich die Wiederveräußerung der eigenen Aktien nicht ähnlich nachteilig auf die Beteiligung der Aktionäre aus, wie das bei einer Kapitalerhöhung durch Bareinlage der Fall ist. Die Gesellschaft gibt keine neuen Aktien aus, sondern veräußert die von ihr gehaltenen eigenen Aktien. Durch den Rückerwerb hat sich die Beteiligungsquote der Aktionäre am gezeichneten Kapital nicht verändert. Ihnen stehen nur proportional mehr Rechte zu, da die Gesellschaft aus den von ihr gehaltenen Aktien keine solchen geltend machen kann (§ 71b AktG). Mit der Wiederveräußerung der eigenen Aktien wird die alte Gewichtung der Beteiligung lediglich wieder hergestellt. Auch die Gefahr der Verwässerung der Vermögenswerte erfordert nicht unbedingt die Anerkennung eines Bezugsrechts, wie auch schon aus § 186 Abs. 3 S. 4 AktG hervorgeht, wonach der Ausschluss des Bezugsrechts insbesondere dann zulässig ist, wenn der Ausgabepreis den Börsenpreis nicht wesentlich unterschreitet und der Anteil 10 v. H. des 449 Einer sachlichen Rechtfertigung bedarf es nur dann nicht, wenn die betroffenen Aktionäre der Maßnahme zustimmen, was aber in der Regel bei einer Publikumsgesellschaft nicht zu erreichen sein wird. 450 Die in § 186 Abs. 4 S. 3 AktG genannte Begrenzung auf 10 v. H. des Grundkapitals wird wegen der Bestandsgrenze des § 71 Abs. 2 S. 1 AktG in der Regel nicht relevant sein. 451 Huber, in: FS Kropff, S. 101, 119; Martens, AG 1996, 337, 342 f.; DAV, ZIP 1997, 163, 172; Bezzenberger, Rn. 145 ff.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

Grundkapitals nicht übersteigt452. Da somit keine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der Aktionäre vorliegt, lässt sich das Bestehen eines Bezugsrechts nicht rechtfertigen. Ein Bezugsrecht der Altaktionäre besteht bei der Wiederveräußerung eigener Aktien daher nicht453. 2. Veräußerung eigener, nach § 71 Abs. 1 Nr. 1–7 AktG erworbenen Aktien

Der Vorstand entscheidet unter Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes des § 53a AktG im Rahmen seiner Pflicht zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung (§ 93 AktG) über die Veräußerung der zu den in § 71 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 AktG genannten Zwecken erworbenen Aktien. Der Vorstand kann allerdings gehalten sein, den Besonderheiten des Erwerbszwecks Rechnung zu tragen454. In den Fällen des § 71 Abs. 1 Nr. 2, 3, 4 (Alt. 2) und 7 AktG gibt der Erwerbszweck die spätere Verwendung der eigenen Aktien durch den Vorstand vor. An diese Zweckvorgaben ist der Vorstand gebunden. Gibt der Erwerbszweck keine bestimmte Verwendung der Aktien vor, wie in § 71 Abs. 1 Nr. 1, 4 Alt. 1, 5 und 6 AktG, liegt die Veräußerung dagegen im pflichtgemäßen Ermessen des Vorstands. Auf der Grundlage eines entsprechenden Hauptversammlungsbeschlusses sind auch die zuvor dargestellten Veräußerungsvarianten möglich. Die Zulässigkeit der Veräußerung gemäß § 186 Abs. 3 S. 4 AktG ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung von § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 5 AktG. Es lassen sich keine stichhaltigen Gründe finden, die gegen eine Übertragung des lediglich in § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG erwähnten Rückgriffs auf § 186 AktG auf die Veräußerung von Aktien spricht, die auf Grund anderer Rechtsgrundlagen erworben wurden. Ebenso muss auch die Übertragung der in der „Siemens/Nold“-Entscheidung des BGH herausgearbeiteten Grundsätze auf die Veräußerung von Aktien, die auf einer anderen Grundlage als § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG erworben wurden, möglich sein455. 3. Einlagenrückgewähr durch Wiederveräußerung unter Marktwert?

Zu einer Einlagenrückgewähr im Sinne von § 57 AktG kann nicht nur der Rückkauf eigener Aktien zu einem zu überhöhten Preis führen, sondern auch ein Verkauf zu einem unangemessen niedrigen Preis456. 452

Benckendorff, S. 281. H.M., vgl. Reichert/Harbarth, ZIP 2001, 1441; Martens, AG 1996, 337, 342; Benckendorff, S. 197 u. 281; Hüffer, AktG, § 186 Rn. 3. 454 Vgl. Hüffer, AktG, § 71 c Rn. 7. 455 So Reichert/Harbarth, ZIP 2001, 1441, 1449. 453

§ 8 Die aktienrechtliche Regelung in den §§ 71 ff. AktG

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Unproblematisch ist zunächst der Fall, dass die Aktiengesellschaft die eigenen Aktien an einen Altaktionär veräußert. Dann ist das Verbot der Einlagenrückgewähr unzweifelhaft anwendbar. Fraglich ist dagegen, wie der Verkauf der eigenen Aktien an einen Nichtaktionär zu behandeln ist. Denn dann fällt der Zeitpunkt der Begründung der Aktionärsstellung mit der Erbringung der für die Beurteilung einer Einlagenrückgewähr relevanten Leistung zusammen457. Zwar setzt § 57 Abs. 1 S. 1 AktG seinem Wortlaut nach Leistungen der Aktiengesellschaft an ihre Aktionäre voraus. Dem gleichzusetzen sind nach Sinn und Zweck der Vorschrift aber auch Leistungen an Dritte, wenn sie an einen Nichtgesellschafter auf Grund dessen zukünftiger Aktionärseigenschaft erfolgen bzw. wenn der Dritte gerade wegen der Leistung Aktionär der Gesellschaft wird458. Die Leistung, die in dem Verkauf der Aktien unter Wert besteht, erfüllt dieses Kriterium, denn der Dritte wird durch den Erwerb der Aktien zum Aktionär der veräußernden Aktiengesellschaft459. Wann ein unangemessen niedriger Veräußerungspreis vorliegt, bemisst sich in einer Zusammenschau mit der Vorschrift des § 186 Abs. 3 S. 4 AktG, die bei einer Veräußerung, die nicht über den Börsenhandel erfolgt, anzuwenden ist460. Demnach liegt eine Einlagenrückgewähr zumindest dann nicht vor, wenn der Abschlag nicht mehr als 5 v. H. des Durchschnittskurses der letzten fünf Börsentage vor Durchführung der Veräußerung beträgt461.

F. Publizität und Transparenz Durch die Publizität des Erwerbs eigener Aktien soll gewährleistet sein, dass die Aktionäre hinreichend über den Erwerb und den Bestand an eigenen Aktien informiert sind. Infolge der Publizitätspflichten können sich die Aktionäre ein Bild von der wahren Vermögenslage der Gesellschaft ma456 Barz, in: Großkomm. AktG, § 57 Rn. 15; Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 57 Rn. 18 u. 28; Saria, NZG 2000, 458, 461. 457 Saria, NZG 2000, 458, 461. 458 Hüffer, AktG, § 57 Rn. 14; Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 57 Rn. 40; Saria, NZG 2000, 458, 461. 459 Saria, NZG 2000, 458, 461; Barz, in. Großkomm. AktG, § 57 Rn. 4 u. 7. 460 Erfolgt die Veräußerung nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG, geht die Anwendbarkeit des § 186 Abs. 3 S. 4 AktG bereits aus § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 5 AktG hervor; § 186 Abs. 3 S. 4 AktG wird aber auch bei der Veräußerung von anderweitig erworbenen Aktien entsprechend anzuwenden sein, um die Rechte der Aktionäre vor einer Verwässerung zu schützen. 461 Entsprechendes gilt für die Wahl des Preises bei dem Rückerwerb eigener Aktien; dazu oben Seite 171 ff.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

chen. Sie können außerdem überprüfen, ob das Gebot der Gleichbehandlung gemäß § 53a AktG vom Vorstand eingehalten wurde. Eine größtmögliche Transparenz trägt damit zu einer besseren Kontrolle der Verwaltung durch die Aktionäre bei462. Neben den aktienrechtlichen Publizitätspflichten unterliegt der Erwerb eigener Aktien außerdem kapitalmarktrechtlichen Publizitätspflichten, die den Schutz der Kapitalanleger zur Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes bezwecken463. I. Bilanzierung gehaltener eigener Aktien und Angaben im Anhang der Bilanz Die Aktiengesellschaft hat die Bilanzierungsvorschriften der §§ 265 Abs. 3 S. 2, 266 Abs. 2 B III 2, 272 Abs. 1 u. 4 HGB zu beachten. Zudem gehören Angaben zu erworbenen und von der Gesellschaft gehaltenen eigenen Aktien zu den Pflichtangaben im Anhang der Bilanz (§ 160 Abs. 1 Nr. 2 AktG). 1. Berücksichtigung des Rückerwerbs in der Bilanz

Die bilanzielle Behandlung zurückerworbener eigener Aktien ist in den §§ 265 Abs. 3 S. 2, 266 Abs. 2 B III 2, 272 Abs. 1 u. 4 HGB geregelt464. a) Erwerb zur späteren Wiederveräußerung Grundsätzlich sind die erworbenen eigenen Aktien als eigener Posten im Umlaufvermögen zu aktivieren (§§ 265 Abs. 3 S. 2, 266 Abs. 2 B III 2 HGB). Die Bewertung der eigenen Aktien richtet sich nach §§ 253 Abs. 1 und 3, 255 Abs. 1 HGB465. Der Rückerwerb führt lediglich zu einer Um462

Benckendorff, S. 245 f.; Wastl, DB 1997, 461, 465; Claussen, DB 1998, 177,

180. 463 Dazu gehören die Pflicht zur Unterrichtung des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel (§ 71 Abs. 3 S. 3 AktG), die börsenrechtliche Regelpublizität (§ 39, 40 BörsG), die Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten bei der Veränderung des Stimmrechtsanteils an börsennotierten Gesellschaften (§§ 21, 25 WpHG) und die Ad-hoc-Publizität (§ 15 Abs. 1 WpHG). Dazu unten Seite 250 ff. 464 § 272 Abs. 1 HGB wurde durch Art. 2 Nr. 1 des KonTraG um die S. 4–6 erweitert. Zur Bilanzierung vgl. ausf. Pellens/Schremper, BFuP 2000, 132, 138 ff. Zur bilanziellen Behandlung der Wiederausgabe eigener Aktien vgl. Bezzenberger, Rn. 127 ff. 465 Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19 m. Die eigenen Aktien dürfen höchstens mit ihren Anschaffungskosten, vermindert um Abschreibungen, die aus einem niedrigeren Börsenpreis am Abschlussstichstag der Bilanz oder aus nach vernünftiger kaufmän-

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schichtung der Aktivseite der Bilanz (sog. „Aktivtausch“), was keine Auswirkung auf den ausschüttungsfähigen Bilanzgewinn hat. Damit durch die Aktivierungspflicht nicht die Kapitalgrenze des § 71 Abs. 2 S. 2 AktG unterlaufen wird, ist der Aktivposten für die eigenen Aktien durch die Bildung einer „Rücklage für eigene Anteile“ (§ 266 Abs. 3 A III 2 HGB) in gleicher Höhe zu neutralisieren (§ 272 Abs. 4 HGB)466. Die Rücklagenbildung wirkt damit als Ausschüttungssperre, die bewirkt, dass die für den Rückerwerb aufgewendeten Mittel im Rahmen der Gewinnverwendung nicht mehr zur Verfügung stehen467. Der in die Rücklage nach § 272 Abs. 4 HGB einzustellende Betrag muss dem auf der Aktivseite der Bilanz für die eigenen Aktien anzusetzenden Betrag entsprechen. Die Rücklage kann aus einem Jahresüberschuss, einem Gewinnvortrag oder frei verfügbaren Gewinnrücklagen gebildet werden (§ 272 Abs. 4 S. 3 HGB). Im Hinblick auf den Jahresüberschuss ist ein Vorabzug des für den in die Rücklage für eigene Aktien einzustellenden Betrags nicht angezeigt, da es sich bei dieser Rücklage nicht um eine gesetzliche Rücklage im Sinne von § 58 Abs. 1 S. 3 AktG bzw. § 58 Abs. 2 S. 4 AktG handelt. Die Bildung der Rücklage für eigene Aktien aus dem Jahresüberschuss geht damit allein zu Lasten der der Hauptversammlung verbleibenden Hälfte des Jahresüberschusses und damit zu Lasten des ausschüttungsfähigen Bilanzgewinns468. Die Rücklage für eigene Aktien darf nur aufgelöst werden, soweit die eigenen Aktien wieder ausgegeben, veräußert oder eingezogen werden bzw. wenn auf Grund einer nach § 253 Abs. 3 HGB vorzunehmenden Abschreibung auf der Aktivseite ein niedrigerer Betrag anzusetzen ist (§ 272 Abs. 4 S. 2 HGB). b) Erwerb zum Zweck der Einziehung oder auf Grund einer eingeschränkten Erwerbsermächtigung Nicht zu aktivieren sind eigene Aktien dann, wenn sie nach § 71 Abs. 1 Nr. 6 oder Nr. 8 AktG zum Zweck der späteren Einziehung zurückerworben worden sind (§ 272 Abs. 1 S. 4 HGB). Das gilt auch für Aktien, die nicht zur nischer Beurteilung in nächster Zukunft zu erwartenden Wertschwankungen resultieren, aktiviert werden (§ 253 Abs. 1 S. 1 und 3 HGB). Zu den Anschaffungskosten zählen die Aufwendungen für den Erwerb der eigenen Aktien sowie Nebenkosten und nachträgliche Anschaffungskosten (§ 255 Abs. 1 HGB). 466 Die Pflicht zur Bildung einer Rücklage für eigene Aktien gilt auch für Anteile eines herrschenden oder eines mit Mehrheit beteiligten Unternehmens (§ 272 Abs. 4 S. 4 HGB). 467 Begr. RegE zum 2. KoordG, BT-Drucks. 8/1678, S. 17. 468 Benckendorff, S. 229 f.; Hüffer, NJW 1979, 1065, 1069.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

Einziehung erworben worden sind, deren spätere Wiederveräußerung aber von einem Hauptversammlungsbeschluss in entsprechender Anwendung des § 182 Abs. 1 S. 1 AktG abhängig gemacht wurde469. Auch eine Rücklage für eigene Aktien gemäß § 272 Abs. 4 HGB ist nicht zu bilden, da diese durch die Aktivierung der eigenen Aktien bedingt ist470. Der Nennbetrag oder, wenn dieser nicht vorhanden ist, der rechnerische Wert der erworbenen eigenen Aktien ist statt dessen in der Vorspalte offen von dem Passivposten des gezeichneten Kapitals (§ 266 Abs. 3 A I HGB) als „Kapitalrückzahlung“ abzusetzen (§ 272 Abs. 1 S. 4 AktG a. E.)471. Die Differenz zwischen ihrem Nennbetrag oder dem rechnerischen Wert und dem Kaufpreis ist mit dem Posten „andere Gewinnrücklagen“ (§ 266 Abs. 3 A III 4 HGB) zu verrechnen, wobei weitergehende Anschaffungskosten als Aufwand des Geschäftsjahrs zu berücksichtigen sind (§ 272 Abs. 1 S. 6 HGB). Infolge einer solchen offenen Absetzung unterschreitet das in der Bilanz ausgewiesene gezeichnete Kapital (§ 266 Abs. 3 A I HGB) die in der Satzung gemäß § 23 Abs. 3 Nr. 3 AktG fixierte Grundkapitalziffer. In Verbindung mit der Verrechnung der Differenz zwischen dem Nenn- oder rechnerischen Wert der Aktien mit den „anderen Gewinnrücklagen“ oder als Aufwand kommt es auf diese Weise bilanziell zu einer Kürzung des Eigenkapitals in Höhe des Erwerbspreises, wodurch die wirtschaftliche Wirkung der Einziehung bereits im Zeitpunkt des Rückerwerbs eintritt472. 2. Angaben im Anhang der Bilanz

Ergänzend zu den Angaben über erworbene eigene Aktien in der Bilanz selber besteht die Pflicht zum Bericht im Bilanzanhang (§ 160 Abs. 1 Nr. 2 AktG)473. Die Aktiengesellschaft muss in dem Anhang zunächst den Bestand an eigenen Aktien angeben, die unter den in § 160 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 AktG 469 Zur Zulässigkeit einer Einschränkung der Erwerbsermächtigung durch eine veräußerungsbehindernde Auflage nach § 182 Abs. 1 S. 1 AktG analog vgl. oben Seite 139 ff. 470 Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19 m. 471 Ein Ausweiswahlrecht wie es nach § 272 Abs. 1 S. 3 HGB für nicht eingeforderte und noch ausstehende Einlagen gilt, besteht nicht; vgl. Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19 m. 472 Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 26; Kindl, DStR 1999, 1276, 1278. Insoweit ungenau Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19 m. 473 Diese Pflicht umfasst auch die eigenen Aktien, die durch ein von der Gesellschaft abhängiges oder in Mehrheitsbesitz stehendes Unternehmen derivativ erworben oder in Pfand genommen oder durch einen Dritten für die Gesellschaft oder eines der genannten Unternehmen erworben worden sind (§ 160 Abs. 1 Nr. 2 Hs. 1 AktG).

§ 8 Die aktienrechtliche Regelung in den §§ 71 ff. AktG

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genannten Voraussetzungen erworben oder als Pfand genommen worden sind. Dabei ist die Zahl der eigenen Aktien, der auf sie insgesamt entfallende Betrag des Grundkapitals sowie der entsprechende Anteil am Grundkapital zu nennen. Im Gegensatz zur Inpfandnahme muss im Falle des Rückerwerbs außerdem über den Erwerbszeitpunkt und die Erwerbsgründe berichtet werden. Weitere Angaben sind zu machen bei Erwerb oder Veräußerung während des Geschäftsjahres (§ 160 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 AktG): Neben den zuvor genannten Angaben ist außerdem der Erwerbs- oder Veräußerungspreis sowie, bei Veräußerung, die Art und Weise der Erlösverwendung anzugeben. Erlös meint den erzielten Verkaufspreis, Verwendung die tatsächliche und bilanzielle Behandlung474. Die Praxis lässt Monatszusammenfassungen im Hinblick auf die ergänzenden Angaben des § 160 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 AktG zu. Begründet wird diese Erleichterung mit der Belastung, die bei umfangreichem Handel mit eigenen Aktien aus einer Berichtspflicht erwächst475. Das vermag aus zweierlei Gründen nicht zu überzeugen. Zum einen spricht bereits der insoweit eindeutige Wortlaut des § 160 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 AktG („Zeitpunkt“) gegen eine derartige Auslegung. Zudem ist ausweislich § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 2 AktG der Handel in eigenen Aktien ausdrücklich als Erwerbszweck ausgeschlossen. Es besteht zwar die Möglichkeit, dass auch andere Erwerbszwecke zu einer gewissen Häufigkeit der Erwerbs- und Veräußerungshandlungen führen können. Aus der Belastung, die aus einem – unzulässigen – Handel in eigenen Aktien resultiert, ist eine die Berichtspflicht einschränkende Auslegung allerdings nicht zu rechtfertigen476. 3. Bilanzierung der von einer Tochtergesellschaft gehaltenen eigenen Aktien

Hinsichtlich der Bilanzierung der Aktien einer herrschenden oder mehrheitlich beteiligten Aktiengesellschaft stellt § 272 Abs. 4 S. 4 HGB klar, dass bei der Tochtergesellschaft für diese trotz der durch § 71d S. 3 und 4 AktG vorgenommenen Zurechnung zur Mutter eine Rücklage für eigene Anteile nach § 272 Abs. 4 S. 1 HGB zu bilden ist. Im Anhang der Bilanz der Muttergesellschaft ist der Bestand an eigenen Aktien, den ein beherrschtes oder im Mehrheitsbesitz der Gesellschaft ste474

Adler/Dürig/Schmaltz, § 160 Rn. 21; Hüffer, AktG, § 160 Rn. 6. OLG Frankfurt AG 1984, 25, 26; Adler/Dürig/Schmaltz, § 160 Rn. 32; Ellrott, in: Beck’scher BilKomm., § 284 Rn. 42; Hüffer, AktG, § 160 Rn. 9. 476 So aber OLG Frankfurt WM 1983, 1071; Hüffer, AktG, § 160 Rn. 9; Keßler/ Suchan, BB 2000, 2529, 2533 mit Nachw. 475

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

hendes Unternehmen erworben oder als Pfand genommen hat, anzugeben477. Gleiches gilt für die eigenen Aktien, die ein mittelbarer Stellvertreter der Gesellschaft oder einer Tochtergesellschaften hält oder als Pfand genommen hat (§ 160 Abs. 1 Nr. 2 AktG). Anzugeben sind die Zahl der Aktien, der auf sie entfallende Betrag des Grundkapitals sowie deren Anteil am Grundkapital. Für erworbene Aktien sind zudem der Erwerbszeitpunkt und die Erwerbsgründe anzugeben (§ 160 Abs. 1 Nr. 2 Hs. 2 AktG). Sind die Aktien während des Geschäftsjahres erworben oder veräußert worden, ist zusätzlich noch über den Erwerbs- und Veräußerungspreis sowie über die Verwendung des Erlöses zu berichten (§ 160 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 AktG). II. Bekanntmachung der Tagesordnung zur Hauptversammlung Durch die Bekanntmachung der Tagesordnung zur Hauptversammlung (§ 124 AktG) gelangt den Aktionären und – bei börsennotierten Gesellschaften – auch den Kapitalmarktteilnehmern die Absicht des Vorstands, eigene Aktien zurückzuerwerben, zur Kenntnis478. III. Unterrichtung der Hauptversammlung Nach § 71 Abs. 3 S. 1 AktG hat der Vorstand in den Fällen des § 71 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 8 AktG die Aktionäre in der nächsten Hauptversammlung umfassend zu unterrichten479. Die Unterrichtungspflicht erstreckt sich auf die Gründe und den Zweck des Erwerbs sowie die Zahl der erworbenen Aktien, den auf sie entfallenen Betrag des Grundkapitals, den Anteil am Grundkapital und den Erwerbspreis der Aktien. Die Unterrichtung muss substantiiert erfolgen; ein bloßer Verweis auf die gesetzliche Vorschrift genügt nicht480. Trotz des insoweit eindeutigen Wortlautes des § 71 Abs. 3 S. 1 AktG („Erwerb“) gilt die Unterrichtungspflicht auch für die Veräußerung eigener Aktien auf Grund einer Veräußerungsermächtigung nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 5 AktG481. § 71 Abs. 3 S. 1 nimmt auf die Nr. 8 insgesamt Bezug. Unter Transparenzgesichtspunkten ist die Unterrichtung über die Veräußerung 477 Soweit allerdings die Nichtigkeitsfolge des § 71 a Abs. 2 AktG reicht, wird seitens der Aktiengesellschaft nichts erworben, so dass auch kein Bericht im Bilanzanhang erfolgen darf; Hüffer, AktG, § 160 Rn. 7. 478 Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 14. 479 Hüffer, AktG, § 71 Rn. 22; Peltzer, WM 1998, 322, 329; Wastl, DB 1997, 461, 465. 480 BGHZ 101, 1, 17. 481 Wastl, DB 1997, 461, 465.

§ 8 Die aktienrechtliche Regelung in den §§ 71 ff. AktG

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eigener Aktien durch die Gesellschaft für die Aktionäre ebenso von Bedeutung wie der Erwerb. Entsprechen die nach § 160 Abs. 1 Nr. 2 AktG im Anhang der Bilanz gemachten Angaben in allen Einzelheiten der Berichtspflicht des § 71 Abs. 3 S. 1 AktG, darf eine gesonderte Unterrichtung der Hauptversammlung unterbleiben, wenn diese auch den Anhang entgegennimmt482. Eine eigenständige Bedeutung kommt der Pflicht des § 71 Abs. 3 S. 1 AktG daher nur dann zu, wenn die eigenen Aktien in dem Zeitraum zwischen dem Bilanzstichtag und der nächsten ordentlichen Hauptversammlung erworben werden oder wenn die nächste Hauptversammlung eine außerordentliche ist483.

G. Zusammenfassung Die bei dem Erwerb eigener Aktien in aktienrechtlicher Hinsicht anzutreffenden Risiken betreffen nahezu ausschließlich die Kapitalerhaltung, die Gleichbehandlung der Aktionäre und die Verselbstständigung der Unternehmensverwaltung. Diese werden jedoch mit dem bestehenden gesetzlichen Regelungsmodell, wenn nicht gänzlich, so doch weitestgehend vermieden484. Der Schutz der Aktionäre bei dem Erwerb und der Veräußerung eigener Aktien wird in erster Linie durch die aktienrechtliche Pflicht zur Gleichbehandlung im Sinne von § 53a AktG sichergestellt. Dadurch wird der Bestand der mitgliedschaftlichen Rechte der Aktionäre umfassend gewahrt. Die Art und Weise der Durchführung des Erwerbs oder der Wiederveräußerung der eigenen Aktien kann der Gesellschaft überlassen bleiben. Zum Schutz der Aktionäre ist eine Ungleichbehandlung nur möglich, wenn die Gesellschaft einen sachlichen und verhältnismäßigen Grund vorweisen kann und ein entsprechender Beschluss der Hauptversammlung nach § 186 Abs. 3 vorliegt. Indem die Gesellschaft ihre eigenen Aktien entweder nur auf Grund eines in § 71 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AktG detailliert festgeschriebenen Erwerbszwecks oder auf Grund eines Hauptversammlungsbeschlusses im Sinne von § 71 Abs. 1 Nr. 7 oder Nr. 8 AktG zurückerwerben kann, ist der Kompetenzkonflikt zu Gunsten der Hauptversammlung und damit im Interesse der Aktionäre gelöst worden. Darüber hinaus ruhen die Rechte aus den eigenen 482 Begr. RegE zum 2. KoordG, BT-Drucks. 8/1678, S. 15; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 22; ders., NJW 1979, 1065, 1068 f.; Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 71 Rn. 33 mit Nachw. 483 Keßler/Suchan, BB 2000, 2529, 2533. 484 Wastl, DB 1997, 461, 462.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

Aktien, die die Gesellschaft zurückerworben hat, so dass Verwaltungsaktien, die die Position des Vorstands gegenüber der Hauptversammlung stärken würden, gar nicht erst entstehen können. Die §§ 71 ff. AktG stellen die Kapitalerhaltung umfassend sicher. Der Erwerb ist nur zulässig, wenn die Gesellschaft eine Rücklage für eigene Aktien in Höhe des Gesamtnennbetrags oder des rechnerischen Wertes der zu erwerbenden eigenen Aktien bilden kann, ohne das Grundkapital oder eine nach Gesetz oder Satzung zu bildende Rücklage zu mindern. Damit ist zum Schutz der Gläubiger sichergestellt, dass nur ausschüttungsfähige Mittel für den Rückerwerb verwendet werden können. Der Verstoß gegen die Erwerbsvorschriften wird mit strengen Veräußerungs- und Einziehungspflichten sanktioniert. Die Umgehung der Bestimmungen über den Erwerb eigener Aktien durch die Einschaltung Dritter wird umfassend unterbunden, indem auch der mittelbare Erwerb den Erwerbsvorschriften bei der Aktiengesellschaft selbst unterworfen wird. Das Verbot der Einlagenrückgewähr verhindert außerdem, dass die Aktiengesellschaft die eigenen Aktien zu überhöhten Preisen zurückerwerben kann. Die Zahlung einer angemessenen Erwerbsprämie oder eines Paketzuschlags ist von dem Verbot allerdings nicht betroffen. Die Publizität beschränkt sich im Wesentlichen auf die umfassende nachträgliche Unterrichtung der Aktionäre und des Anlegerpublikums über die Durchführung des Erwerbs und der Veräußerung sowie den momentanen Bestand an eigenen Aktien. Im Hinblick auf den Aktionär als Verbandsmitglied ist die nachträgliche Veröffentlichung der relevanten Informationen grundsätzlich als ausreichend anzusehen, da auf diese Weise – in Verbindung mit dem vorangegangenen Ermächtigungsbeschluss – die umfassende Kontrolle des Handelns der Verwaltung im Hinblick auf den Erwerb und die Veräußerung eigener Aktien möglich ist. Für den Aktionär als Kapitalanleger ist eine Offenlegung der Angaben ex post jedoch nicht ausreichend. Die Veröffentlichung der Daten erfolgt regelmäßig mit großem zeitlichen Abstand zu der konkreten Durchführung der Kapitalmaßnahme. Die Informationen können somit nicht unmittelbar für die Investitionsentscheidungen der Anleger herangezogen werden. Keine Beachtung schenkt die aktienrechtliche Regelung dem Umstand, dass es auch bei einem Rückerwerb von deutlich weniger als 10 v. H. des Grundkapitals der Gesellschaft zu einer Beeinträchtigung des Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes und damit zu einem Vertrauensverlust des Anlegerpublikums kommen kann. Das ist auch aktienrechtlich insoweit von Bedeutung, als sich dadurch die Finanzierungsbedingungen für die Gesellschaft deutlich verschlechtern können.

§ 9 Kapitalmarktrechtliche Behandlung

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§ 9 Kapitalmarktrechtliche Behandlung des Erwerbs und der Veräußerung eigener Aktien Bei der Frage der Durchführung des Rückerwerbs bzw. der Wiederveräußerung treffen die gesellschafts- bzw. aktienrechtliche Beurteilung und die kapitalmarktrechtliche Regelung der Durchführung aufeinander485. Nachdem zuvor bereits die verschiedenen Erwerbsmethoden auf ihre aktienrechtliche Zulässigkeit hin untersucht wurden, befasst sich der folgende Teil der Arbeit mit der kapitalmarktrechtlichen Behandlung des Rückerwerbs bzw. der Wiederveräußerung eigener Aktien. Während die aktienrechtliche Regelung Mechanismen zum Schutz der Interessen der Gläubiger der Aktiengesellschaft sowie der Aktionäre als Verbandsmitglieder statuiert, dient das Kapitalmarktrecht dem Schutz der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes und der dort engagierten Anleger. Im Gegensatz zu dem Aktienrecht, das die Aktionäre immer noch in erster Linie als Verbandsmitglied betrachtet, erfasst das Kapitalmarktrecht den Aktionär als Anleger, der seine Ersparnisse möglichst optimal investieren möchte. Die kapitalmarktrechtlichen Vorschriften bezwecken daher vor allem die umfassende Publizität und Transparenz der Erwerbs- bzw. der Veräußerungsmaßnahmen sowie die Verhinderung von Insidergeschäften. Das Verbot, Insiderkenntnisse auszunutzen, dient ebenso der Vertrauensbildung am Kapitalmarkt wie die Pflicht zur Publikation kursbeeinflussender Tatsachen und zur Offenlegung der gesellschaftsinternen Machtverhältnisse bei einer Veränderung maßgeblicher Stimmrechtsanteile486. Ein hinreichendes Maß an Transparenz lässt sich nur erreichen, wenn die Gesellschaften zu einer umfassenden Publizität hinsichtlich marktrelevanter Vorgänge verpflichtet sind. Die vor Durchführung der Maßnahme erfolgte Veröffentlichung soll sicherstellen, dass allen Anlegern die betreffenden Informationen in ausreichendem Umfang und rechtzeitig zur Verfügung stehen, damit diese eine rationale und optimale Anlageentscheidung treffen können. Die nachträgliche Veröffentlichung von Informationen stellt sicher, dass sich die Kapitalmarktteilnehmer stets ein zutreffendes Bild über die wirtschaftliche Lage der Aktiengesellschaft machen können. Die kapitalmarktbezogene Informationsvermittlung mindert Zeit und Kosten, die für die Informationsbeschaffung aufgewendet werden müssen, was die Effizienz des Marktes fördert487. 485

Rosen/Helm, AG 1996, 434, 437; Günther/Muche/White, RIW 1998, 337, 338. Vgl. Cahn, ZHR 162 (1998), S. 1, 2. Die Zielsetzung des deutschen Gesetzgebers deckt sich mit den Vorgaben der mit dem WpHG umgesetzten EG-Richtlinien; vgl. Erwägungsgründe 2 bis 7 zur Insiderrichtlinie und den Erwägungsgrund zur Transparenzrichtlinie (Nachw. in Fn. 492 (3. Teil)). 486

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

A. Europäisches Kapitalmarktrecht Die Schaffung eines Gemeinsamen Marktes (Art. 2 f. EWGV) und später die Vollendung des Binnenmarktes (Art. 8 EWGV) durch die Europäische Gemeinschaft beinhaltete zwangsläufig auch die Herstellung eines einheitlichen Kapitalmarktes488. Allerdings ist die europäische Rechtsangleichung auf dem Gebiet des Kapitalmarktrechts immer noch unvollkommen, was insoweit verwunderlich ist, als bereits in den sechziger Jahren eine von der EG-Kommission beauftragte Sachverständigenrunde Voraussetzungen für einen funktionsfähigen europäischen Kapitalmarkt erarbeitete. Der sog. „Segré-Bericht“ von 1966 legte den Grundstein für ein europäischen Konzept der Kapitalmarktintegration489. Der Bericht wurde später in modifizierter Form im sog. „Weißbuch zur Vollendung des Binnenmarktes“490 und der Einheitlichen Europäischen Akte vom 17./28.2.1986491 umgesetzt. Durch ihm wurden viele spätere EG-Richtlinien im Bereich des Banken-, Börsen-, Investment- und Gesellschaftsrechts maßgeblich beeinflusst492. Es ist nicht zu übersehen, dass das deutsche, den organisierten Kapitalmarkt betreffende Kapitalmarkrecht seine entscheidenden Modernisierungsimpulse aus den Modernisierungsmaßnahmen der EU erhält493. Grundlage des europäischen Kapitalmarktrechts ist der Schutz des Anlegers durch Information494. In den europarechtlichen Vorgaben kommen vor allem Regelungsansätze zum Tragen, die den anglo-amerikanischen – von einigen Mitgliedstaaten bereits übernommenen – Leitbildern der Ordnung und Überwachung von Kapitalmärkten verpflichtet sind. Durch die Übernahme teilweise neuartiger Regelungselemente in das deutsche Kapitalmarktrecht 487 Kümpel, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 16.216; Wittich, AG 1997, 1; Kübler, GesellschaftsR, S. 371 f. 488 Zum europäischen Kapitalmarktrecht vgl. ausführlich Assmann, in: Assmann/ Schütze, § 1 Rn. 81 ff. 489 EWG-Kommission, Europäischer Kapitalmarkt. S.a. Weber, NJW 1994, 2849. 490 EG-Kommission, Vollendung des Binnenmarktes, Weißbuch der Kommission an den Europäischen Rat, DOK KOM (85) 310 endg. 491 Schlussakte Bulletin EG 1986, Beil. 2 = EuR 1986, 175; BGBl. 1986 II, 1102, 1104; in Kraft seit dem 1.7.1987. 492 Vgl. nur Richtlinie 88/627/EWG v. 12.12.1986 über die bei Erwerb und Veräußerung einer bedeutenden Beteiligung an einer börsennotierten Gesellschaft zu veröffentlichen Informationen (sog. Transparenzrichtlinie, ABl. EG Nr. L 348 v. 17.12.1988, S. 62); Richtlinie 89/592/EWG v. 13.11.1989 zur Koordination der Vorschriften betreffend Insidergeschäfte (sog. Insiderrichtlinie, ABl. EG Nr. L 334 v. 18.11.1989, S. 30; abgedr. bei Assmann/Schneider, WpHG, S. 554); Richtlinie 93/22/EWG v. 10.5.1993 über Wertpapierdienstleistungen (sog. Wertpapierdienstleistungsrichtlinie, ABl. EG Nr. L 141 v. 11.6.1993, S. 27). 493 Assmann, Harmonisierung, S. 105 ff. 494 EWG-Kommission, S. 267 ff.; Möllers, AG 1999, 433, 434.

§ 9 Kapitalmarktrechtliche Behandlung

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kommt es jedoch zunehmend zu Überschneidungen oder auch Lücken innerhalb des gewachsenen deutschen Rechts, weil die neuartigen Regelungselemente dort auf einen völlig anderen systematischen Regelungsansatz treffen495.

B. Kapitalmarktrechtliche Relevanz des Erwerbs und der Veräußerung eigener Aktien Mit dem Erwerb oder der Veräußerung eigener Aktien führt die Gesellschaft nicht nur Veränderungen in ihrer Kapitalstruktur und ihrer Aktionärsstruktur herbei. Sie greift vielmehr unmittelbar in das Geschehen des Sekundärmarktes ein, an dem ihre Aktien gehandelt werden, indem sie als Nachfrager oder Anbieter mit eigenen Angeboten auftritt. Dadurch nimmt die Gesellschaft direkten Einfluss auf die Liquidität und die Preisbildung der eigenen Aktie. Die Zulässigkeit des Erwerbs eigener Aktien geht einher mit einer Stärkung und Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes und einer Steigerung der Attraktivität der Aktie als Anlageform, hervorgerufen durch die Belebung des Handels, die Verminderung der Volatilität sowie die Verbesserung der Allokationseffizienz des eingesetzten Kapitals. Allerdings kann der Erwerb und die Veräußerung eigener Aktien auch zu einer massiven Gefährdung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes und des Vertrauens der Anleger führen. Problematisch sind dabei insbesondere die Möglichkeit des Insiderhandels und die mangelhafte Markttransparenz, wobei diese Bereiche insoweit zusammengehören, als in einem vollständig transparenten Markt mangels Informationsasymmetrien zwischen den Marktteilnehmern kein Insiderhandel möglich ist. Von besonderer kapitalmarktrechtlicher Relevanz ist der Rückkauf eigener Aktien auf Grund eines Hauptversammlungsbeschlusses nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG, da hierbei die Gefahren besonders evident werden können. Eine explizite Regelung des Erwerbs oder der Veräußerung eigener Aktien findet sich im Kapitalmarktrecht nicht. Es bestehen aber zahlreiche kapitalmarktrechtliche Normen, die auch im Rahmen des Erwerbs bzw. der Veräußerung eigener Aktien anwendbar sind. Für den Fall des Erwerbs eigener Aktien nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG hat das Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel in einem Schreiben an die Vorstände der börsennotierten Aktiengesellschaften die einzuhaltenden Vorschriften und ihre Voraussetzungen konkretisiert496.

495

Vgl. Assmann, in: Assmann/Schütze, § 1 Rn. 30 ff. u. 100 ff.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

C. Staatliche Marktaufsicht Einer umfassenden, effizienten und ausländischen Standards genügenden staatlichen Marktaufsicht an den Wertpapierbörsen und für den außerbörslichen Wertpapierhandel kommt die Aufgabe zu, die Einhaltung der zum Schutz der Wertpapiermärkte bestehenden Vorschriften zu überwachen und gegebene Verstöße zu sanktionieren, um die Funktionsfähigkeit der Märkte sicherzustellen. Sie ist im Hinblick auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Kapitalmarktes unabdingbar497. Die staatliche Marktaufsicht erfolgt auf Bundesebene durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin), die durch das Gesetz über die integrierte Finanzdienstleistungsaufsicht vom 22. April 2002, zum 1. Mai 2002 gegründet wurde498. Unter dem Dach dieser neuen Anstalt sind die Aufgaben der ehemaligen Bundesaufsichtsämter für das Kreditwesen, das Versicherungswesen und den Wertpapierhandel zusammengeführt worden. Damit existiert in Deutschland eine staatliche Aufsicht über Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute und Versicherungsunternehmen, die sektorübergreifend den gesamten Finanzmarkt umfasst499. Der BAFin übernimmt auf dem Gebiet des börslichen und außerbörslichen Wertpapierhandels die zentrale Aufsichtsfunktion, die zuvor das Bundesamt für den Wertpapierhandel (BAWe) innehatte. Sie ist dafür verantwortlich, die Funktionsfähigkeit der deutschen Märkte für Wertpapiere und Derivate nach dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) sicherzustellen500. Zu den Hauptaufgaben gehören die Überwachung der Verhaltensregeln des WpHG, Aufdeckung und Verfolgung von Insiderverstößen, Überwachung der Meldepflichten bei Erwerb bedeutender Beteiligungen börsennotierter Gesellschaften sowie die Zusammenarbeit mit den Wertpapieraufsichtsbehörden in und außerhalb der EU. Ihr obliegt außerdem die Kontrolle von 496 Schreiben des BAWe (heute BAFin) betreffend den Rückerwerb eigener Aktien nach § 71 Abs. 1 S. 1 Nr. 8 AktG an die Vorstände der börsennotierten Aktiengesellschaften vom 28.6.1999. Dazu Bosse, ZIP 1999, 2047 ff. 497 Kümpel, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 18.163. 498 Gesetz über die integrierte Finanzdienstleistungsaufsicht v. 22.4.2002 (BGBl. I 2002, 1310). Das Errichtungsgesetz der Anstalt befasst sich hauptsächlich mit organisatorischen Fragen, die aus der Zusammenführung der bisherigen Aufsichtsinstitutionen erwachsen. Eine Neufassung materiellen Aufsichtsrechts ist damit nicht verbunden. 499 Die BAFin ist eine rechtsfähige bundesunmittelbare Anstalt des öffentlichen Rechts im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen. Sie hat ihre Dienstsitze in Bonn und Frankfurt am Main. 500 Das Wertpapierhandelsgesetz ist durch das Zweite Finanzmarktförderungsgesetz vom 26.7.1994 (BGBl. I 1994, 1749) mit Wirkung zum 1.1.1995 neu eingeführt worden.

§ 9 Kapitalmarktrechtliche Behandlung

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Unternehmensübernahmen auf der Grundlage des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes (WpÜG)501. Die staatliche Aufsicht sorgt für ein ordnungsgemäßes Übernahmeverfahren und überwacht die Veröffentlichungspflichten der Bieter502. Den Ländern obliegt die Rechtsaufsicht über die Börsen sowie eine umfassende Marktaufsicht mit entsprechenden Kontrollmöglichkeiten. Außerdem sind an der staatlichen Marktaufsicht die sog. „Handelsüberwachungsstellen“ beteiligt, die jede Börse nach Maßgabe der Börsenaufsichtsbehörde als eigenständiges Börsenorgan einzurichten und in Kooperation mit der jeweiligen Landesaufsicht den Handel der Börse und die Geschäftsabwicklung zu überwachen haben503.

D. Insiderrechtliche Behandlung des Erwerbs und der Veräußerung eigener Aktien Das Vorhandensein einer gesetzlichen Insiderregelung wird als ein sinnvoller und integraler Bestandteil der rechtlichen Ordnung von Kapitalmärkten angesehen. Diese Ansicht wird von der Vorstellung getragen, dass Insidergeschäfte das Vertrauen der Anleger in die Integrität des Kapitalmarktes und die Chancengleichheit der Marktteilnehmer erschüttern und daher eine Gefahr für die institutionelle Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes darstellen504. Denn bereits angesichts der bloßen Möglichkeit des Vorliegens von Insiderhandel passen die Nichtinsider ihre Kauf- und Verkaufsstrategie ent501 Gesetz zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen v. 20.12.2001 (BGBl. I 2001, 3822). 502 Assmann, in: Assmann/Schütze, § 1 Rn. 35 f. Einzelheiten im Internet unter http://www.bafin.de. 503 Vgl. dazu Kümpel, Rn. 17.195 ff. 504 Begr. RegE des 2. FGG, BT-Drucks. 12/6679, S. 33; Kümpel, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 16.49; Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, Vor § 12 Rn. 38; Escher-Weingart, S. 33. Das Insiderrecht dient allerdings ausschließlich der Sicherung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes und nicht dem Schutz der Individualinteressen der Anleger. Dafür spricht der erkennbare Wille des Gesetzgebers, wonach Wertpapiere, die nur an Börsen in Staaten außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes zugelassen sind oder an keiner Börse gehandelt werden, keine durch das Insiderrecht geschützten Insiderpapiere sind (vgl. § 12 WpHG). Um einen umfassenden Individualschutz sicherzustellen, hätten diese aber einbezogen werden müssen (Begr. RegE zum 2. FGG, BT-Drucks. 12/6679, S. 57; Beschluss des Finanzausschusses des Bundestages, BT-Drucks. 12/7918, S. 102; so auch die h. M., vgl. Kümpel, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 16.70; Caspari, ZGR 1994, 530, 532 u. 534; a. A. Tippach, WM 1993, 1269, 1272). Die Insidernormen entfalten aber mittelbar auch Schutzwirkungen zu Gunsten der Anleger, denn die vertrauensbildende Maßnahme der Unterbindung von Insidergeschäften dient auch dem effizienten Ausgleich von Kapitalangebot und -nachfrage (Beschlussempfehlung und Bericht des

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

sprechend an. Dabei kommt es zu dem Effekt der sog. „adverse selection“, der zu einem Rückzug der Nichtinsider und einer Erhöhung des Marktanteils der Insider führt. Der Rückzug der Nichtinsider vom Kapitalmarkt auf Grund der Befürchtung von Insiderhandel wird vor allem kleine Kapitalgesellschaften mit geringer Marktkapitalisierung treffen, bei denen das Risiko von Kursausschlägen besonders groß ist505. Ein Finanzplatz, der Insidergeschäfte nicht wirkungsvoll unterbindet, muss daher mit einem Ansehensverlust für seine Kapitalmärkte rechnen, unabhängig davon, ob sich wirklich Insidergeschäfte zugetragen haben. Denn schon die Gefahr, dass Insider einen Informationsvorsprung zum Nachteil uninformierter Anleger ausnutzen, gefährdet das Vertrauen der Marktteilnehmer in die Zusicherung der Gleichbehandlung und den Schutz vor der unrechtmäßigen Verwendung von Insiderinformationen. Auf diese Weise kommt es zu einer negativen Beeinträchtigung der Kapitalsammelfunktion des Kapitalmarktes, da die Anleger, die sich unfair behandelt fühlen, ihre Anlagetätigkeiten auf andere Investitionsvorhaben verlagern werden506. Der Erwerb eigener Aktien durch die Gesellschaft kann einen insiderrechtlich relevanten Tatbestand erfüllen. Denn in der Regel ist bereits die Ankündigung eines Aktienrückkaufprogramms geeignet, den Börsenkurs der betreffenden Aktie nicht unerheblich zu beeinflussen. Das ermöglicht es Insidern, wie z. B. den Mitgliedern der Verwaltung oder den an der Ausarbeitung des Rückkaufplans beteiligten Beratern, ihre frühzeitige Kenntnis von dem zukünftigen Aktienrückkauf der Gesellschaft zum Nachteil der uninformierten Kapitalanleger zu nutzen. Um Insiderverstöße, die im Zusammenhang mit dem Erwerb eigener Aktien stehen, zu verhindern, sind vor allem Maßnahmen erforderlich, die eine weitgehende Transparenz des mit dem Aktienrückerwerb zusammenhängenden Vorgehens der Gesellschaft herstellen. Der Abbau bestehender Informationsdefizite und Informationsasymmetrien zwischen den Marktteilnehmern reduziert den Kreis potentieller Insider und dient somit der Chancengleichheit aller Anleger507. Die soFinanzausschusses des Bundestages, BT-Drucks. 12/7918, S. 102; Kümpel, a. a. O., Rn. 16.71; Kübler, GesellschaftsR, S. 372). 505 Escher-Weingart, S. 34 mit Nachw. 506 5. und 6. Erwägungsgrund der EG-Insiderrichtlinie (abgedr. bei Kümpel/Hammen/Ekkenga, KapitalmarktR, Rn. 930, S. 1); Caspari, ZGR 1994, 530, 533; Kümpel, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 16.64; Escher-Weingart, S. 34. 507 Gegen das Modell der halbstrengen Informationseffizienz, nach dem sich nur alles öffentlich zugängliche Wissen in den Börsenkursen reflektiert und an das die Ad-hoc-Publizität anknüpft, wird eingewendet, es führe zu einer Bevorzugung der Marktinsider, also der berufsmäßig mit dem Kapitalmarkt befassten Anleger (Schneider, DB 1993, 1429, 1430). Obwohl die entsprechenden Informationen über die Kursentwicklung grundsätzlich allen Anlegern zugänglich ist und diese ihr Anlageverhalten darauf einstellen können, ist der Informationswert für die Kleinanleger

§ 9 Kapitalmarktrechtliche Behandlung

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fortige Veröffentlichung von Insidertatsachen ist aus diesem Grund für einen funktionsfähigen Kapitalmarkt unverzichtbar508. I. Insiderrechtliche Regelungssystematik Der deutsche Gesetzgeber hat für die Insiderregelung keinen unternehmensorientierten oder gesellschaftsrechtlichen Ansatz gewählt, sondern sich entsprechend der EG-Insiderregelung509 für eine markt(funktions)bezogene Regelungsperspektive entschieden, um entsprechend der Erwartung des Anlegerpublikums eine staatlich geregelte und überwachte Gleichbehandlung aller Marktteilnehmer beim Zugang zu Insiderinformationen zu gewährleisten510. Ein unternehmensorientierter oder gesellschaftsrechtlicher Ansatz hätte die Reichweite der Tatbestände verbotenen Insiderhandels im Hinblick auf den erfassten Personenkreis sehr stark eingeschränkt. Auf Grund der Marktbezogenheit der Insidernormen können Insider somit auch Personen sein, die weder zum Unternehmensbereich der Gesellschaft gehören noch in irgendeinem Verhältnis zu dieser zu stehen brauchen511. Zu den Insiderpapieren gehören alle Wertpapiere, die an einer inländischen Börse zum Amtlichen Handel oder zum Geregelten Markt zugelassen oder in den Freiverkehr einbezogen sind oder in einem anderen Mitgliednur sehr gering. Infolgedessen verschiebt sich der begünstigte Personenkreis von den Insidern im Sinne des Insidergesetzes zu den Marktinsidern. Daher ist auch in diesem Punkt ein Adverse-selection-Prozess zu befürchten. Allerdings erhalten viele Kleinanleger über den Erwerb von Fondsanteilen Zugang zu einem Marktinsider und können auf diese Weise von der Ad-hoc-Publizität profitieren; vgl. auch Escher-Weingart, S. 35. 508 Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses des Bundestages, BT-Drucks. 12/7918, S. 93, 96, 102; BAWe-Leitfaden, S. 26; Kümpel, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 16.216, 16.223 f.; Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, Vor § 12 Rn. 26 ff.; Pananis, WM 1997, 460. 509 Die EG-Insiderrichtlinie (Nachw. in Fn. 492 (3. Teil)) ist als Teil des Gesetzes über den Wertpapierhandel und zur Änderung börsenrechtlicher und wertpapierrechtlicher Vorschriften (Zweites Finanzmarktförderungsgesetz) 1994 in deutsches Recht umgesetzt worden (BGBl. I 1994, S. 1749). Bis zu diesem Zeitpunkt gehörte Deutschland weltweit zu den wenigen Staaten, die zwar über einen entwickelten Kapitalmarkt, aber über kein gesetzliches Insiderrecht verfügten; vgl. Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, Vor § 12 Rn. 1. 510 Assmann, AG 1994, 196, 201 f.; ders., ZGR 1994, 494, 499. 511 Kümpel, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 16.53 ff.; Assmann, AG 1994, 237, 239; ders., in: Assmann/Schneider, WpHG, Vor § 12 Rn. 42. Auf gesellschaftsrechtlicher Ebene werden die Insidernormen ergänzt durch das Bestehen von gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten der Gesellschaft gegenüber ihren Aktionären (§ 24 BGB). Zwar können Insiderverstöße zugleich eine Verletzung dieser Treuepflichten darstellen, was allerdings dann nicht weiterhilft, wenn der Geschädigte nicht Aktionär der Gesellschaft ist; vgl. Kümpel, a. a. O.; Brandes, WM 1992, 465, 468.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

staat des Europäischen Wirtschaftsraumes zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind (§ 12 Abs. 1 WpHG)512. Das Insiderrecht setzt Insidergeschäften ein repressiv wirkendes Insiderhandelsverbot (§§ 12–14 WpHG) entgegen, dessen Einhaltung von der BAFin (früher BAWe) überwacht wird (vgl. §§ 15–19 und 4 ff. WpHG). Das Insiderhandelsverbot gilt nicht nur hinsichtlich des Börsenhandels, sondern auch dann, wenn im außerbörslichen Handel mit Insiderpapieren eine Vertragspartei eine nur ihr bekannte Insidertatsache ausnutzen kann513. Das Insiderhandelsverbot wird ergänzt durch die präventive Pflicht zur Ad-hoc-Publizität (§ 15 WpHG)514. Die Ad-hoc-Publizität ist im unmittelbaren Anschluss an die insiderrechtlichen Vorschriften des WpHG geregelt. Nach der EG-Insiderrichtlinie ist die Ad-hoc-Publizität keine insiderrechtliche, sondern in erster Linie eine kapitalmarktrechtliche Informationspflicht515. Der deutsche Gesetzgeber hat die Ad-hoc-Publizität im Rahmen der Umsetzung zugleich als Präventivmaßnahme zur Bekämpfung von Insidergeschäften ausgestaltet. Durch die Pflicht zur Veröffentlichung bisher unveröffentlichter, für die Bewertung der Aktie erheblicher Informationen zu einem möglichst frühen Zeitpunkt soll dem Insiderhandel in sachlicher und zeitlicher Hinsicht die Grundlage entzogen werden516. II. Insiderhandelsverbot (§§ 12–14 WpHG) Die Vornahme von Insidergeschäften lässt sich dadurch verhindern, dass Insidertatsachen vor ihrer Veröffentlichung einem Verwertungsverbot unterworfen werden517. Das Insiderrecht sieht daher in § 14 WpHG ein Verbot 512 Kümpel, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 16.74. Mit Einbeziehung der im (nicht staatlich, sondern privatrechtlich organisierten) Freiverkehr gehandelten Werte hat der deutsche Gesetzgeber eine strengere Regelung getroffen als der entsprechende Art. 6 der EG-Insiderrichtlinie (Nachw. in Fn. 492 (3. Teil)); vgl. Kümpel, a. a. O., Rn. 16.83. 513 H.M., vgl. Assmann/Cramer, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 14 Rn. 29 mit Nachw.; Assmann, AG 1994, 237, 246; Wastl, NZG 2000, 505, 510. 514 Assmann, ZGR 1994, 494, 527; Kümpel, in: Bank- und KapitalmarktR, Rn. 16.213. 515 Begr. RegE zur Börsengesetznovelle 1986 zur Umsetzung der EG-Börsenzulassungsrichtlinie (79/279 EWG), BT-Drucks. 10/4696, S. 16; Wölk, AG 1997, 73. 516 Begr. RegE zum 2. FFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 48; Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses des BT, BT-Drucks. 12/7918, S. 96; Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, Vor § 12 Rn. 34; Kümpel, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 15 Rn. 18 f. Aus diesem Grund ist die Regelung der Ad-hoc-Publizität aus dem bisherigen Kontext der kapitalmarktrechtlichen Informationspflichten der §§ 44 ff. BörsenG herausgenommen und als § 15 WpHG eingefügt worden; vgl. Kümpel, AG 1997, 66; Fürhoff/Wölk, WM 1997, 449.

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von Insidergeschäften vor, d.h. die Kenntnis und Verwertung einer Insidertatsache durch einen Insider am Markt518. Das Insiderhandelsverbot ist strafbewehrt (§ 38 WpHG). Bei dem Erwerb und der Veräußerung eigener Aktien handelt es sich um einen zeitlich gestreckten Vorgang, der, beginnend mit den ersten Planungen in den zuständigen Abteilungen des Unternehmens, mehrere Entscheidungsebenen durchlaufen muss, bis es schließlich zu der tatsächlichen Durchführung der Maßnahme dem tatsächlichen Rückerwerb der Anteile kommt. Im Hinblick auf den Verbotstatbestand ist im Zusammenhang mit dem Erwerb und der Veräußerung der eigenen Anteile vor allem die Bestimmung desjenigen Zeitpunktes problematisch, in dem die tatbestandlichen Voraussetzungen der in § 13 Abs. 1 WpHG normierten Insidertatsache erfüllt sind519. 1. Die Legaldefinition der Insidertatsache (§ 13 Abs. 1 WpHG)

Unter einer Insidertatsache versteht das Gesetz eine nicht öffentlich bekannte Tatsache, die sich auf einen oder mehrere Emittenten von Insiderpapieren oder auf Insiderpapiere bezieht und die geeignet ist, im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Kurs der Insiderpapiere erheblich zu beeinflussen (§ 13 Abs. 1 WpHG). a) Der Tatsachenbegriff im Sinne von § 13 Abs. 1 WpHG Nach § 13 Abs. 1 WpHG setzt der Begriff einer Insidertatsache das Vorliegen einer „Tatsache“ voraus520. Unter dem Begriff der „Tatsache“ ist 517 Vgl. 5. Erwägungsgrund der EG-Insiderrichtlinie, (abgedruckt bei Kümpel/ Hammen/Ekkenga, KapitalmarktR, Rn. 930, S. 1); Begr. RegE zum 2. FGG, BTDrucks. 12/6679, S. 33; Caspari, ZGR 1994, 530, 533; Kümpel, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 16.58 u. 16.62. 518 Das Insiderrecht kennt zwei Kategorien von Insidern: Primär- und Sekundärinsider. Die Primärinsider haben direkten Zugang zu Insiderinformationen oder können darüber verfügen (§ 13 Abs. 1 Nr. 1–3 WpHG). Sekundärinsider ist jede Person, die Kenntnis von einer Insidertatsache hat, ohne Primärinsider zu sein (vgl. § 14 Abs. 2 WpHG). Während ein Primärinsider Insiderinformationen nicht ausnützen oder weitergeben darf und ein Empfehlungsverbot besteht (§ 14 Abs. 1 WpHG), gilt für den Sekundärinsider nur das Verbot des Ausnutzens von Insiderinformationen (§ 14 Abs. 2 WpHG). Vgl. nur Kümpel, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 16.135 ff., 155 ff. 519 Zum den weiteren Voraussetzungen des Insiderhandelsverbots gemäß § 14 WpHG vgl. nur BAWe-Leitfaden, S. 18 ff. 520 Der deutsche Gesetzgeber hat mit dem Begriff der „Tatsache“ den von der Insiderrichtlinie (Nachw. in Fn. 492 (3. Teil)) in Art. 1 Abs. 1 verwendeten Termi-

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nach herrschender Ansicht ein konkreter vergangener oder gegenwärtiger Vorgang oder Zustand zu verstehen, der Gegenstand der sinnlichen Wahrnehmung sein oder als innerer Sachverhalt zu äußeren Erscheinungen in Beziehung treten kann und damit dem Beweis zugänglich ist521. Der Erwerb eigener Aktien ist eine unternehmerische Maßnahme, die nicht auf einem einzigen Ereignis beruht, sondern sich über einen längeren Zeitraum erstreckt und generell einem mehrstufigen Entscheidungsprozess unterworfen ist. Seinen Abschluss findet der Gesamtvorgang in der konkreten Durchführung des Aktienrückerwerbs. Darin ist zwar unzweifelhaft eine Tatsache im Sinne von § 13 Abs. 1 WpHG zu sehen. Das Insiderhandelsverbot wäre aber de facto wirkungslos, wenn es nur den Abschluss des mehrstufigen Aktienrückerwerbs erfassen würde. Nur durch die frühzeitige Annahme einer Insidertatsache wird eine wirksam Unterbindung eines Insiderhandels ermöglicht522. Folgerichtig sind auch Pläne, Absichten und Vorhaben als einer Überprüfung zugängliche Umstände (innere) Tatsachen und erfüllen den insiderrechtlichen Tatsachenbegriff523. Eine am Schutzzweck des § 13 WpHG orientierte Auslegung ergibt, dass der eigentlichen Vornahme des Erwerbs zahlreiche andere Sachverhalte vorgelagert sind, die ebenfalls den Tatsachenbegriff des § 13 Abs. 1 WpHG erfüllen können. So ist bereits der durch den Vorstand getroffene Beschluss, in Zukunft eigene Aktien zurückzuerwerben, eine (innere) Tatsache, auch wenn sich daran noch ein mehrstufiger Entscheidungsprozess anschließt. Das Handeln eines Gesellschaftsorgans in einem bestimmten Stadium des Gesamtvorhanus „präzise Information“ umgesetzt. Mit dieser Formulierung verfolgt die Insiderrichtlinie den Zweck, die Spekulation aufgrund subjektiver Einschätzungen und Prognosen sowie bloßer Vermutungen und Gerüchte aus dem Anwendungsbereich des Insiderrechts auszuklammern. Vgl. Cahn, ZHR 162 (1998), S. 1, 12 mit Nachw. 521 BAWe-Leitfaden, S. 30; Deutsche Börse AG, WM 1994, 2038, 2043; Fürhoff/ Wölk, WM 1997, 449, 450; Wölk, AG 1997, 73, 77; Kümpel, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 16.86; Burgard, ZHR 162 (1998), 51, 63; Pananis, WM 1997, 460, 461. 522 Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 13 Rn. 36a; ders., WM 1996, 1337, 1340 f.; Kümpel, AG 1997, 66, 68; Pananis, WM 1997, 460, 462; Schockenhoff/Wagner, AG 1999, 548, 550 f.; Fürhoff/Wölk, WM 1997, 449, 450; Wölk, AG 1997, 73, 77; Kiem/Kotthoff, DB 1995, 1999, 2000. 523 Zutreffend Cahn, ZHR 162 (1998), S. 1, 12 ff. mit Nachw. in Fn. 54; Burgard, ZHR 162 (1998), S. 51, 63; a. A. wohl Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 13 Rn. 35 f.; Kümpel, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 15 Rn. 54 (nur wenn „hohe Wahrscheinlichkeit für Eintritt des prognostizierten Ereignisses“ bestehe); Weber, ZGR 2000, 113, 117 ff., u. insbes. 121 (innere Tatsache seien keine „Tatsachen“ im Sinne von § 13 Abs. 1 WpHG, da es keinen Vorfeldtatbestand zum Eigennutzungsverbot gebe). Künftige Ereignisse werden dagegen vom Tatsachenbegriff nicht erfasst; sie können nur in Gestalt von Plänen und Absichten Tatsachen darstellen; vgl. Cahn, a. a. O., S. 15.

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bens ist geschehen und stellt ein dem Beweis zugängliches Faktum dar, selbst wenn die Maßnahme rechtlich reversibel ist oder das Gesamtvorhaben auf einer späteren Stufe noch scheitert, etwa weil die Hauptversammlung oder der Aufsichtsrat den Rückerwerb eigener Aktien ablehnen. Es ist damit Tatsache im Sinne von § 13 Abs. 1 WpHG524. Aus dem gleichen Grund ist auch der Beschluss des Vorstands bzw. des Aufsichtsrates, der Hauptversammlung einen Ermächtigungsbeschluss nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG vorzuschlagen, oder die entsprechende Beschlussfassung der Hauptversammlung Tatsache im Sinne von § 13 Abs. 1 WpHG. Ist für den Beschluss des Vorstands, demnächst mit dem Rückerwerb zu beginnen, auf Grund statuarischer Regelung oder der Vorgaben des Ermächtigungsbeschlusses der Hauptversammlung die Zustimmung des Aufsichtsrates erforderlich, hat deren Erteilung ebenfalls Tatsachenqualität525. Die Wahrscheinlichkeit der späteren Umsetzung des Erwerbs der eigenen Aktien ist dagegen für die Einordnung eines vorgelagerten Sachverhalts als Tatsache nicht von Bedeutung. Selbst wenn die Realisierungswahrscheinlichkeit eines Vorhabens nur gering ist, ändert dies nichts daran, dass der über das Vorhaben Informierte Sonderwissen von einem tatsächlich bestehenden Tatbestand hat526. b) Fehlende öffentliche Bekanntgabe Damit eine Insidertatsache vorliegen kann, darf der in Frage stehende Sachverhalt noch „nicht öffentlich bekannt“ sein (§ 13 Abs. 1 WpHG). Eine Tatsache ist öffentlich bekannt, wenn eine unbestimmte Anzahl von Personen von ihr Kenntnis nehmen kann527. Ausreichend ist es aber, wenn die sog. „Bereichsöffentlichkeit“ hergestellt wird, die vorliegt, wenn die 524

Pananis, WM 1997, 460, 462; Kümpel, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 16.94; Schockenhoff/Wagner, AG 1999, 548, 550, 551. 525 Vgl. Bosse, ZIP 1999, 2047, 2048; Im Hinblick auf das Verfahren nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG nehmen Schockenhoff/Wagner (AG 1999, 548 ff.) eine weitere Unterteilung vor: Beschluss des Vorstands, der Hauptversammlung einen Ermächtigungsbeschluss vorzuschlagen; übereinstimmender Beschluss des Aufsichtsrates, der Hauptversammlung einen Ermächtigungsbeschluss vorzuschlagen; Bekanntmachung in den Gesellschaftsblättern; Ermächtigung durch die Hauptversammlung; Beschluss des Vorstands zum Erwerb eigener Aktien; Zustimmung des Aufsichtsrates zur Durchführung des Ermächtigungsbeschlusses; Durchführung des Aktienrückkaufes. 526 Cahn, ZHR 162 (1998), S. 1, 14 u. 15; Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 13 Rn. 36. Zudem werden zukünftige Sachverhalte vom Tatsachenbegriff selbst dann nicht erfasst, wenn ihr Eintritt wahrscheinlich ist; vgl. Pananis, WM 1997, 460, 462. 527 Begr. RegE zum 2. FFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 46; BAWe-Leitfaden, S. 35; Wittich, AG 1997, 1, 3.

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Marktteilnehmer von dieser Tatsache Kenntnis nehmen können. Die Marktteilnehmer beziehen daraufhin die Information in ihre Dispositionen ein und sorgen so dafür, dass die Tatsache in die Marktpreisbildung einfließt und Insiderhandel nicht mehr möglich ist. Es ist daher nicht erforderlich, dem breiten Anlegerpublikum die Informationen ebenfalls zur Kenntnis zu geben528. In der Regel gilt eine kursrelevante Tatsache aus der Unternehmenssphäre aber erst dann als öffentlich, wenn eine Veröffentlichung durch die Gesellschaft oder einem Bericht in den Medien erfolgt ist529. In allen Stadien des Aktienrückerwerbs fehlt es an einer öffentlichen Bekanntgabe, solange nicht das Unternehmen sein Vorhaben veröffentlicht oder die Medien davon unterrichtet. Öffentliche Bekanntheit kann eine Tatsache aber auch erlangen, wenn sie auf anderem Wege an die (Bereichs-) Öffentlichkeit gelangt, etwa indem der Vorstand an der Börse auf Grund einer Ermächtigung durch die Hauptversammlung die eigenen Aktien tatsächlich zurückkauft530. c) Emittenten- oder Wertpapierbezogenheit der Tatsache Die Insidertatsache muss sich auf einen oder mehrere Emittenten von Insiderpapieren oder auf Insiderpapiere beziehen (§ 13 Abs. 1 WpHG). Die mit dem Erwerb eigener Aktien zusammenhängenden Tatsachen treten unmittelbar im Tätigkeitsbereich der die Aktien emittierenden Gesellschaft ein, so dass die Emittentenbezogenheit ohne weiteres zu bejahen ist. Zudem betrifft eine mit dem Rückerwerb zusammenhängende Tatsache auch die Aktie selbst. d) Eignung der Tatsache zur erheblichen Kursbeeinflussung Als entscheidendes Kriterium für die Beantwortung der Frage, zu welchem Zeitpunkt der Erwerb eigener Aktien ein insiderrechtlich relevantes 528 Begr. RegE zum 2. FFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 46; Deutsche Börse AG, WM 1994, 2038, 2044; Benckendorff, S. 288; Kiem/Kotthoff, DB 1995, 1999, 2000; Fürhoff/Wölk, WM 1997, 449, 451; Kümpel, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 16.108. a. A. Assmann, AG 1994, 196, 237, 252 mit Hinweis auf die EG-Börsenzulassungsrichtlinie (ABl. EG Nr. L 66 vom 16.3.1979). 529 BAWe-Leitfaden, S. 35 f.; Kümpel, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 16.104; Fürhoff/Wölk, WM 1997, 449, 451. Selbst die Öffentlichkeit der Hauptversammlung einer großen Publikumsgesellschaft darf dabei nicht gleichgesetzt werden mit der Bereichsöffentlichkeit im Sinne des WpHG; vgl. Hopt, ZGR 1991, 18, 30. 530 Eine Insidertatsache liegt dann nicht mehr vor, wenn sie – auch unter Verstoß gegen das in § 15 Abs. 2 u. 3 WpHG angeordnete Veröffentlichungsverfahren – öffentlich gemacht wurde; Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 13 Rn. 38 u. 40 ff.

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Stadium erreicht hat, ist auf das Kriterium der Eignung einer Tatsache abzustellen, im Falle ihres Bekanntwerdens den Kurs der Aktien „erheblich“ zu beeinflussen (vgl. § 13 Abs. 1 WpHG). Die Beschränkung auf Insidertatsachen mit einem erheblichen Kursbeeinflussungspotential bezweckt, Bagatellfälle, die zu keinen oder nur zu geringfügigen Kursbewegungen führen können, aus dem Insiderhandelsverbot auszuschließen531. aa) Beurteilungsmaßstab Die Beurteilung, ob eine Tatsache im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens geeignet ist, die Kurse von Insiderpapieren erheblich zu beeinflussen, beurteilt sich allein anhand objektiver Maßstäbe und muss aus einer nachträglichen ex-ante-Betrachtung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls heraus erfolgen, wobei insbesondere alle bekannten Marktverhältnisse, wie z. B. Marktenge, Volatilität und Kurstrends, zu berücksichtigen sind532. Auf Grund der objektiv-nachträglichen Perspektive kann als Beurteilungsmaßstab nicht auf die subjektive Sichtweise der Insider abgestellt werden. Statt dessen gilt als Maßstab der „verständige Anleger“, der mit den Marktgegebenheiten und -gesetzlichkeiten vertraut ist533. Wegen des Prognosecharakters der Beurteilung stellt sich die Frage nach dem Wahrscheinlichkeitsgrad, mit dem zum Zeitpunkt des Insiderhandels erwartet werden konnte, dass die Veröffentlichung der bisher unbekannten Tatsache zu einer erheblichen Kursveränderung führen würde. Die Terminologie ist in dieser Frage sehr uneinheitlich. Überwiegend wird weder die bloße Möglichkeit als ausreichend erachtet, noch eine hohe Wahrscheinlichkeit vorausgesetzt534. Nicht entscheidend für das Vorliegen des Tatbestandsmerkmals der erheblichen Kursrelevanz ist dagegen, ob der Kurs durch das spätere Bekanntwerden der Tatsache tatsächlich erheblich beeinflusst worden ist535. 531 Begr. RegE, BT-Drucks. 12/6679, S. 47; Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 13 Rn. 62; ders., AG 1994, 244. 532 Ganz h. M.; vgl. nur Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 13 Rn. 65 a ff.; ders., ZGR 1994, 494, 514; ders., AG 1994, 237, 243 f.; Weber, BB 1995, 163. Der Gesetzgeber spricht von einer Prognose unter Zugrundelegung der „allgemeinen Lebenserfahrung“, vgl. Begr. RegE zum 2. FFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 48. 533 Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 13 Rn. 65 c; Kümpel, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 16.119; ders., WM 1996, 653, 655; ders., AG 1997, 66, 67 f. Nach der Begründung des Gesetzgebers hat der Emittent ggf. fachkundigen Rat (z. B. von dem kreditbegeleitenden Kreditinstitut) einzuholen; vgl. Begr. RegE zum 2. FFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 48. 534 Ausf. dazu Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 13 Rn. 65 e. 535 BAWe-Leitfaden, S. 37; Deutsche Börse AG, WM 1994, 2045; Caspari, ZGR 1994, 530, 540; Kübler, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 16.114.

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bb) Bemessung der Erheblichkeit des Kursbeeinflussungspotentials Die Erheblichkeit des Kursbeeinflussungspotentials bemisst sich nach der Höhe des zu erwartenden Kursausschlages, wobei auf den Zeitpunkt der Vornahme des Insidergeschäfts abzustellen ist536. Welche Kursveränderung als erheblich einzuschätzen ist, lässt das Gesetz offen. Zur Konkretisierung der Erheblichkeitsschwelle befürworten der Gesetzgeber und große Teile der Literatur die generalisierende Verwendung fester Grenzwerte537. Als Orientierungshilfe sehen die Gesetzesmaterialien eine zu erwartende Veränderung des Kurswertes der Aktie von 5 v. H. vor538. Die Handelsusancen der deutschen Wertpapierbörsen sehen bei Abweichungen von mehr als 5 v. H. die Pflicht zu entsprechenden Plus- oder Minusankündigungen der mit der Preisfeststellung beauftragten Händler vor539. Das mache deutlich, dass unter den Marktteilnehmern Einvernehmen bestehe, bei Kursausschlägen in der genannten Größenordnung für die erforderliche Transparenz zur Wahrung der Chancengleichheit zu sorgen. Eben diese Zielsetzung verfolge auch das Insiderrecht. Für eine Erheblichkeitsschwelle von 5 v. H. spreche auch die Wertentscheidung des Gesetzgebers zu § 186 Abs. 3 AktG, der den erleichterten Bezugsrechtsausschluss regelt: Eine erhebliche Kursveränderung ist dann anzunehmen, wenn der Kursabschlag bei der Ausgabe neuer Aktien 5 v. H. überschreitet540. Ausgehend von einem festen Grenzwert seien aber auch marktbedingte Kursschwankungen sowie anderweitige Marktgegebenheiten bei der Bestimmung der Kurserheblichkeit zu berücksichtigen541. 536 Begr. RegE zum 2. FFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 47; Claussen, ZBB 1992, 267, 278; Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 13 Rn. 67; Kümpel, WM 1996, 653, 655; Fürhoff/Wölk, WM 1997, 449, 455. 537 Begr. RegE zum 2. FFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 47; Assmann, in Assmann/ Schneider, WpHG, § 13 Rn. 68 f., 72; ders., AG 1994, 237, 244 (5 v. H.); Wittich, AG 1997, 1, 3; Hopt, ZHR 159 (1995), S. 135, 154 f. (5 v. H.; im Einzelfall sollen aber auch Kursausschläge von weniger als 5 v. H. erheblich sein); Caspari, ZGR 1994, 530, 541 (grds. 5 v. H., bei Aktienkursen bis einschließlich 2,50 EUR jedoch erst ab einer zu erwartenden Veränderung von 10 v. H.); Assmann, ZGR 1994, 494, 515 (erhebliches Kursbeeinflussungspotential liege vor bei einer zu erwartenden Veränderung des Kurswertes um 5 v. H.; diese Grenze entspreche der Entscheidung des Gesetzgebers bei dem erleichterten Bezugsrechtsausschluss nach § 186 Abs. 3 AktG). 538 Begr. RegE zum 2. FFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 47. 539 Vgl. § 8 Abs. 1 der Bedingungen für Geschäfte an den deutschen Wertpapierbörsen (abgedr. bei Kümpel/Hammen/Ekkenga, KapitalmarktR, Rn. 450). 540 Ausschussbericht, BT-Drucks. 12/7848, S. 9: Obergrenze liegt bei 5 v. H. während 3 v. H. den Regelabschlag bilden; vgl. auch Hüffer, AktG, § 186 Rn. 39 d. 541 Deutsche Börse AG, S. 19; BAWe-Leitfaden, S. 37 f.; Assmann, in: Assmann/ Schneider, WpHG, § 13 Rn. 69 a. E.; Hopt, ZHR 159 (1995), S. 135, 155.

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Zwar würde es die Festsetzung eines Schwellenwertes erleichtern, Insidertatsachen festzustellen. Ein Blick in die Praxis zeigt jedoch, dass ein fester Prozentsatz nicht immer geeignet ist, die Kurserheblichkeit festzustellen. So können bei hochliquiden Werten des DAX schon Abweichungen von 2 v. H. einen erheblichen Kursausschlag darstellen. Bei Wertpapieren mit einer geringeren Liquidität sind dagegen Schwankungen über 5 v. H. nicht ungewöhnlich542. Ein absoluter Prozentsatz hätte zudem den Nachteil, dass bei vielen hochliquiden Aktien nur noch in extremen Ausnahmefällen Ad-hoc-Veröffentlichungen zu erfolgen hätten, da kurssensible Sachverhalte bei diesen in der Regel keine Kursveränderung von 5 v. H. oder mehr erwarten lassen. Stellt man unabhängig von einem festen Schwellenwert auf den von einer nicht öffentlich bekannten Tatsache ausgehenden Kauf- oder Verkaufsanreiz ab, den diese auf einen die Tatsache kennenden und rational handelnden Anleger ausübt, hat das den Vorteil, dass der objektiven Erheblichkeitsprognose ein Test zu Grunde gelegt wird, der für jeden potentiellen Insider fassbar ist543. Mit dem Entscheidungskriterium, dass sich das Insidergeschäft für den Betroffenen „lohnen muss“, lässt sich in der Mehrzahl der Fälle eine Abgrenzung zwischen kurserheblichen und nicht kurserheblichen Tatsachen durchführen. Es ist daher darauf abzustellen, ob ein rational handelnder Anleger die Aktie trotz des damit verknüpften Kursrisikos und unter Berücksichtigung der bekannten Marktdaten kaufen oder verkaufen würde, weil er auf Grund der Kenntnis der Tatsache mit einem entsprechenden Kursausschlag rechnet. Kann diese Frage bejaht werden, ist das einer Tatsache innewohnende Kursbeeinflussungspotential grundsätzlich als erheblich einzustufen544. Den genannten Schwellenwerten kann dabei allerdings eine Indizfunktion zukommen. 2. Der Erwerb und die Veräußerung eigener Aktien als Insidertatsache

Bei dem Erwerb bzw. der Veräußerung eigener Aktien können verschiedene, der eigentlichen Durchführung vorgelagerte Sachverhalte den Tatsa542 BAWe-Leitfaden, S. 38; Kümpel, AG 1997, 66, 70 mit Nachw. Skeptisch gegenüber einem festen Grenzwert auch Deutsche Börse AG, WM 1994, 2038, 2045; Peltzer, ZIP 1994, 746, 749; Pananis, WM 1997, 460, 464. 543 Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 13 Rn. 72. 544 Deutsche Börse AG, WM 1994, 2038, 2045; Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 13 Rn. 71; Kümpel, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 16.122; ders., WM 1996, 653, 656; ders., AG 1997, 66, 71; Hopt, ZHR 159 (1995), 135, 155; Fürhoff/Wölk, WM 1997, 449, 455; Wölk, AG 1997, 73, 79; Cahn, ZHR 162 (1998), S. 1, 17: In Anbetracht der Kosten, wird sich die Wertpapiertransaktion bei einem zu erwartenden Kursausschlag von weniger als 5 v. H. für den Anleger kaum lohnen; dazu Burgard, ZHR 162 (1998), S. 51, 69.

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chenbegriff nach § 13 Abs. 1 WpHG erfüllen. Eine Insidertatsache liegt jedoch nur dann vor, wenn der Tatsache – neben der Emittentenbezogenheit und fehlenden öffentlichen Bekanntgabe – ein erhebliches Kursbeeinflussungspotential zukommt545. Das für den Erwerb eigener Aktien Gesagte gilt dabei entsprechend für die Durchführung der Veräußerung eigener Aktien. Im Allgemeinen bewerten die Marktteilnehmer das Erwerbsvorhaben der Gesellschaft bereits als vollzogenen Rückerwerb, wenn die hinreichend sichere Erwartung einer Umsetzung besteht. Eine entsprechende Erwartung wird meist schon mit dem Beschluss des Vorstands verbunden, aus dem der endgültige Entschluss der Verwaltung zum Erwerb eigener Aktien eindeutig hervorgeht. Schließt der Vorstand die Planungsphase mit einem konkreten Beschluss zur Durchführung des Aktienrückerwerbs ab, erwartet das Anlegerpublikum mit einiger Sicherheit, dass dieser ohne wesentliche Änderungen umgesetzt wird. Auf Grund der zu erwartenden positiven Auswirkungen des Aktienrückerwerbs kommt bereits dem Beschluss ein erhebliches Kursbeeinflussungspotential zu. Ein mit den Marktgegebenheiten vertrauter Anleger wird bereits in diesem Zeitpunkt einen Kursanstieg der Aktie erwarten, soweit nicht besondere Umstände des Einzelfalls, wie ein negatives Marktumfeld oder inhaltliche Besonderheiten des Rückkaufplans, dem entgegenstehen. Dagegen spricht auch nicht, dass der Rückerwerb gegebenenfalls noch der Zustimmung des Aufsichtsrates oder der Ermächtigung des Vorstands durch die Hauptversammlung bedarf. Ebenso ist der Vorstandsbeschluss keinesfalls rechtlich irreversibel. Entscheidend ist die Einschätzung der Marktteilnehmer, die letztlich für die Kursentwicklung verantwortlich sind. Aus den vorliegenden empirischen Daten für den US-amerikanischen Kapitalmarkt geht hervor, dass bereits unmittelbar nach der Ankündigung bzw. Bekanntwerden eines Aktienrückerwerbs deutliche Kurszuwächse für die betreffende Aktie zu verzeichnen sind546. Die Kurse verbleiben regelmäßig auch nach Ablauf des Rückerwerbsprogramms auf einem im Vergleich zum Zeitraum vor der Ankündigung signifikant höheren Niveau. Somit wird bereits die Ankündigung des Erwerbs eigener Aktien von den Marktteilnehmern als äußerst kursrelevant eingestuft, was einen erheblichen (positiven) Einfluss auf die Entwicklung des Börsenkurses ausübt547. Ist bereits bei Bekanntwerden des Vorstandsbeschlusses, ein Rückerwerbsprogramm zu initiieren, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit mit ei545 Dabei sind insbesondere auch das Volumen des Rückkaufplans, eine Marktenge oder die Konzentration auf einen bestimmten Erwerbszeitpunkt in die Überlegungen mit einzubeziehen. 546 Dazu Hampel, S. 20 ff. sowie oben Seite 72 ff. 547 I.E. auch Benckendorff, S. 290.

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nem deutlichen Kursanstieg der Aktie des Unternehmens zu rechnen, so ist bereits in dem Beschluss eine Insidertatsache zu sehen. Folglich stellen in der Regel schon die Beschlüsse des Vorstands und des Aufsichtsrates, der Hauptversammlung vorzuschlagen, den Vorstand zum Rückkauf eigener Aktien gemäß § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG zu ermächtigen, auf Grund der aus Anlegersicht zu erwartenden erheblichen Kursbeeinflussung dieser Maßnahme eine Insidertatsache dar548. Es kann ratsam sein, bereits frühzeitig die Öffentlichkeit über den geplanten Aktienrückerwerb zu informieren, um einem verbotenen Insiderhandel vorzubeugen. Aus Sicht der BAFin (früher BAWe) ist es nicht zu beanstanden, wenn die Insidertatsache gleichzeitig mehreren Nachrichtenagenturen zugeleitet wird, wenn diese die Nachricht umgehend über ihre elektronischen Informationssysteme veröffentlichen und somit an eine Vielzahl angeschlossener Zeitungsredaktionen weiterleiten549. Eine Insidertatsache liegt jedenfalls dann nicht mehr vor, wenn sie – auch unter Verstoß gegen das in § 15 Abs. 2 u. 3 WpHG angeordnete Veröffentlichungsverfahren – öffentlich gemacht wurde550. Um den Schutzzweck des Insiderhandelsverbots zu gewährleisten, ist auch jede neue Tatsache, die im weiteren Verlauf der Umsetzung des Aktienrückerwerbs eintritt, auf ihr Potential zur erheblichen Kursbeeinflussung hin zu untersuchen. Im Hinblick auf den Erwerb eigener Aktien nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG gilt das sowohl für den Beschluss der Hauptversammlung, durch den der Vorstand zu dem Erwerb eigener Aktien ermächtigt wird, als auch für den Beschluss des Vorstands, mit dem Erwerb zu beginnen. Liegt erhebliches Kursbeeinflussungspotential vor, ist dieser ebenfalls als Insidertatsache zu qualifizieren. Eine Insidertatsache liegt insbesondere auch dann vor, wenn der Vorstand sich nach erfolgter Ermächtigung entscheidet, auf Grund der Marktgegebenheiten den Rückkauf zu verschieben und erst ein Jahr später damit zu beginnen oder den Rückkauf ganz auszusetzen551.

548 BAWe-Schreiben, Ziff. 2 lit. b; Bosse, ZIP 1999, 2047, 2048, 2049; ebenso Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 14. Dagegen liegt eine Insidertatsache mangels Kurserheblichkeit dann regelmäßig nicht vor, wenn der Zeitpunkt und Umfang des Rückerwerbs unbestimmt sind und dem Vorstand einen weitreichenden Handlungsspielraum zugestehen. 549 BAWe-Schreiben, Ziff. 2 lit. b. 550 Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 13 Rn. 38 u. 40 ff. 551 So Schockenhoff/Wagner, AG 1999, 548, 551.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien 3. Durchführung des Erwerbs bzw. der Veräußerung eigener Aktien als Insiderhandel?

Plant die Gesellschaft den Erwerb oder die Veräußerung eigener Aktien, so handelt es sich bei der Ausführung dieses Vorhabens um die Durchführung von unternehmerischen Plänen und Entscheidungen. Die im Rahmen des Erwerbs eigener Aktien auftretenden kurssensiblen Sachverhalte sind von der Gesellschaft infolge einer unternehmerischen Entscheidung selbst geschaffene Insidertatsachen. Darin kann jedoch kein tatbestandliches „Ausnutzen“ einer Insidertatsache im Sinne von § 14 Abs. 1 WpHG gesehen werden, selbst wenn diese für Dritte eine solche darstellen552. Wird der Erwerbs- bzw. Veräußerungszeitpunkt jedoch vom Wissen der Vorstände um eine andere, den Emittenten betreffende Insidertatsache bestimmt, kommt ein Verstoß gegen das Insiderhandelsverbot des § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG in Betracht. Der Vorstand kann sich nicht darauf berufen, in Ausführung einer unternehmerischen Entscheidung gehandelt zu haben, sondern ist als Erwerber bzw. Veräußerer der Insiderpapiere nicht anders zu behandeln als andere Marktteilnehmer. Es kann sich daher anbieten, die geplante Maßnahme frühzeitig zu publizieren und alle kursrelevanten Tatsachen aufzudecken553. 4. Zwischenergebnis

Ein Verstoß gegen das Insiderhandelsverbot des § 14 WpHG setzt die Kenntnis und Verwertung einer Insidertatsache durch einen Insider am Markt voraus. Hinsichtlich des Erwerbs eigener Aktien liegt eine Insidertatsache spätestens dann vor, wenn der Vorstand die konkrete Durchführung des Rückerwerbs beschließt. Allerdings wird eine Insidertatsache regelmäßig bereits zu einem früheren Zeitpunkt gegeben sein. Erfolgt der Rückerwerb gemäß § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG unter Einbeziehung der Hauptversammlung, ist der Beschluss des Vorstands oder des Aufsichtsrates, der Hauptversammlung einen Ermächtigungsbeschluss vorzuschlagen, eine Insidertatsache. Bereits zu diesem Zeitpunkt besteht ein erhebliches Kursbeeinflussungspotential. 552

Begr. RegE zum 2. FFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 47; Deutsche Börse AG, WM 1994, 2038, 2044; Benckendorff, S. 93; Leithaus, S. 29; Wastl, NZG 2000, 505, 510; Cahn, ZHR 162 (1998), S. 1, 18 f.; Caspari, ZGR 1994, 530, 542. Kritisch Weber, NZG 2000, 113, 117 ff. u. insbes. 121, der bei der Ausführung eigener unternehmerischer Entscheidungen, deren Insiderrelevanz allein auf innere Tatsachen gestützt werden kann, bereits das Vorliegen einer „Tatsache“ im Sinne des § 13 Abs. 1 WpHG verneint. 553 Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 14 Rn. 27 b; Rosen/Helm, AG 1996, 434, 440; Wastl, NZG 2000, 505, 510.

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Entstehen später weitere, nicht öffentliche Tatsachen, etwa wenn der Vorstand beschließt, mit dem konkreten Rückkauf der Aktien zu beginnen oder den Rückkauf zu stoppen bzw. auszusetzen, kann darin eine neue Insidertatsache zu sehen sein, sofern diesem Sachverhalt die Eignung zur erheblichen Kursbeeinflussung zukommt. Die Durchführung des Rückerwerbs durch die Gesellschaft fällt allerdings nicht unter das Insiderhandelsverbot nach § 14 WpHG, da darin kein „Ausnutzen“ der Insiderkenntnis zu sehen ist, sondern lediglich eine eigene unternehmerische Entscheidung umgesetzt wird. Das gilt jedoch dann nicht, wenn der Erwerb gerade auf Grund der Kenntnis des Vorstands um eine den Emittenten betreffende Insidertatsache durchgeführt wurde. Wie auch beim Erwerb kommt bereits dem durch den Vorstand getroffenen Beschluss, eigene Aktien zu veräußern, Tatsachenqualität im Sinne von § 13 Abs. 1 WpHG zu, auch wenn sich daran erst ein mehrstufiger Entscheidungsprozess anschließt. Erfordert die Veräußerung eigener Aktien einen Beschluss der Hauptversammlung oder die Zustimmung des Aufsichtsrates sind auch dies Tatsachen im vorgenannten Sinne. Mit der Veräußerung der eigenen Aktien gehen die mit dem Rückerwerb einhergehenden positiven Effekte – zumindest teilweise – wieder verloren, was sich äußerst negativ auf die Bewertung des Unternehmenswertes und der Anteile des Unternehmens am Markt auswirken wird. Bereits dem Beschluss des Vorstands, eigene Aktien zu veräußern, dürfte daher ein erhebliches Kursbeeinflussungspotential zukommen, so dass schon in diesem Zeitpunkt eine Insidertatsache gegeben ist. Es kann daher geraten sein, spätestens mit dem Beschluss des Vorstands, den Bestand an eigenen Aktien durch Veräußerung abzubauen, die Öffentlichkeit zu informieren, um einem verbotenen Insiderhandel vorzubeugen. III. Die Pflicht zur Ad-hoc-Publizität beim Erwerb eigener Aktien Nach § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG muss ein Emittent554, dessen Wertpapiere an einer inländischen Börse zum Amtlichen Handel, zum Geregelten Markt oder zum Neuen Markt555 zugelassen sind (§ 2 Abs. 1 WpHG), unter den 554 Zum Begriff des Emittenten als Normadressat vgl. Hopt, ZHR 159 (1995), 135, 151 f. 555 Begr. RegE zum 2. FFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 48; Potthoff/Stuhlfraut, WM 1997, Sonderbeilage, Nr. 3, 7. Um am neuen Markt notiert zu werden, müssen die Wertpapiere das öffentlich-rechtliche Zulassungsverfahren zum Geregelten Markt durchlaufen haben. Auf diese Zulassung stellt der gesetzliche Tatbestand des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG für seinen Anwendungsbereich ab; vgl. Kümpel, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 16.234.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

in der Vorschrift genannten Voraussetzungen unverzüglich neue Tatsachen mit einem erheblichen Kursbeeinflussungspotential veröffentlichen (sog. „Ad-hoc-Publizität“)556. Die im Freiverkehr gehandelten Wertpapiere werden von der Ad-hoc-Publizität dagegen nicht erfasst557. Schutzzweck der Ad-hoc-Publizität ist, ebenso wie bei dem Insiderhandelsverbot, allein die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes und nicht der Schutz der Individualinteressen der Anleger558. Die Pflicht zur Ad-hoc-Publizität des § 15 Abs. 1 WpHG soll in erster Linie die Transparenz des Kapitalmarktes steigern und dadurch zu einer korrekten Preisbildung durch die Beseitigung fehlerhafter oder unvollständiger Informationen des Marktes beitragen. Die handelsrechtliche Regelpublizität stellt den Kapitalmarktteilnehmern die erforderlichen Informationen in der Regel nicht zeitnah zur Verfügung559. Die Ad-hoc-Publizität verbessert die für die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes erforderliche Informationstransparenz, indem sie erhebliche markt- und kursrelevante Informationen allen Marktteilnehmern durch eine unverzügliche Veröffentlichung zugänglich macht. Die Ad-hoc-Publizitätspflicht dient zugleich der Prävention des Insiderhandels, indem sie den Kreis nicht öffentlich bekannter Tatsachen, die sich für Insidergeschäfte ausnützen lassen, möglichst klein hält. Durch die frühzeitige Veröffentlichung einer kursbeeinflussenden Tatsache wird die Rechtsqualität als Insidertatsache beseitigt und so verhindert, dass die mit den publizitätspflichtigen Sachverhalten vertrauten Insider zu Lasten uninformierter Anleger missbräuchlich Vorteile aus ihrem Informationsvor556

Das Institut der Ad-hoc-Publizität hat seine Wurzeln bereits in der europäischen Börsenzulassungsrichtlinie (Richtlinie des Rates vom 5.3.1979 zur Koordinierung der Bedingungen für die Zulassung von Wertpapieren zur amtlichen Notierung an einer Wertpapierbörse, ABl. EG Nr. L 66 vom 16.3.1979, S. 21); umgesetzt durch das Börsenzulassungsgesetz v. 16.12.1986 (BGBl. I 1986, 2478). Die Veröffentlichung ist grundsätzlich in mindestens einem überregionalen Börsenpflichtblatt oder über ein elektronisch betriebenes, weit verbreitetes Informationsverbreitungssystem in deutscher Sprache vorzunehmen (§ 15 Abs. 3 WpHG). 557 Vgl. nur BAWe-Leitfaden, S. 30. Die Ausklammerung war möglich, weil Art. 7 der EG-Insiderrichtlinie (Nachw. in Fn. 492 (3. Teil)) nur Wertpapiere erfasst, die in einem Markt gehandelt und von einer staatlich anerkannten Stelle reglementiert werden; dazu Kümpel, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 16.231 ff. 558 Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses des Bundestages, BT-Drucks. 12/7918, S. 99; BAWe-Leitfaden, S. 26; Kümpel, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 15 Rn. 15. Eine ausdrückliche Klarstellung findet sich in § 15 Abs. 6 S. 1 WpHG. Danach ist der Emittent nicht zum Ersatz des aus der Verletzung seiner Ad-hoc-Publizitätspflicht entstehenden Schadens verpflichtet. Schadenersatzansprüche, die auf anderen Rechtsgrundlagen beruhen, bleiben davon allerdings unberührt (§ 15 Abs. 6 S. 2 WpHG). Vgl. Kümpel, a. a. O., Rn. 188 ff. 559 Fürhoff/Wölk, WM 1997, 449, 450; Hopt, WM 1994, 29, 31.

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sprung erlangen können. Die Ad-hoc-Publizität ist damit das präventive Gegenstück zu dem Insiderhandelsverbot des § 14 WpHG560. Für die Überwachung der Ad-hoc-Publizitätspflicht und Verfolgung sowie Ahndung von Verstößen ist die BAFin zuständig561. Eine Verletzung der Mitteilungs- und Veröffentlichungspflicht stellt eine Ordnungswidrigkeit dar und kann mit einer Geldbuße bis zu 1,5 Mio. EUR geahndet werden (§ 39 WpHG)562. Obwohl die bestehende Regelung im Wesentlichen bereits in § 44a BörsG enthalten war, sind in den Jahren 1987 bis 1994 lediglich sechs Meldungen erfolgt. Mit dem 1.1.1995, als die Neuregelung der Ad-hoc-Publizität in § 15 WpHG in kraft trat, hat sich die Informationspraxis der Emittenten zugelassener Wertpapiere grundlegend geändert. Bereits im Jahr 1995 gingen 1.001 Meldungen nach § 15 WpHG bei dem neugeschaffenen BAWe (heute BAFin) ein; im Jahr 2000 gingen 5.693, im Jahr 2001 5.421 Meldungen ein563. 1. Problemaufriss

Ein Emittent börsennotierter Wertpapiere ist nach § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG verpflichtet, unverzüglich neue, nicht öffentlich bekannte Tatsachen aus seinem Tätigkeitsbereich zu veröffentlichen, wenn diese wegen ihrer Auswirkungen auf die Vermögens- oder Finanzlage oder auf den allgemeinen Geschäftsverlauf des Emittenten geeignet sind, den Börsenpreis der Wertpapiere erheblich zu beeinflussen564. 560 Begr. RegE zum 2. FFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 35, 48; Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses des Bundestages, BT-Drucks. 12/7918, S. 96; Kümpel, in: Bank- und KapitalmarktR, Rn. 16.221; ders., AG 1997, 66; Hopt, ZHR 159 (1995), S. 135. 147; Cahn, ZHR 162 (1998), S. 1, 21. 561 Zur besseren Überwachung muss der Emittent die zu veröffentlichende Tatsache schon vor der Veröffentlichung der Geschäftsführung der jeweiligen Börsen sowie der BAFin mitteilen (§ 15 Abs. 2 WpHG). 562 Sanktionen sind nicht auf den Emittenten beschränkt, dem als juristische Person das Handeln des vertretungsberechtigten Organs nach § 30 OWiG zugerechnet wird. Gemäß § 9 OWiG können Geldbußen ebenso gegen den Vorstand als vertretungsberechtigtem Organ oder einzelne Organmitglieder verhängt werden. § 9 Abs. 2 OWiG eröffnet die Möglichkeit, Geldbußen auch gegen andere beim Emittenten tätige und auch gegen dritte Personen zu verhängen, wenn diesen die konkrete Entscheidungsbefugnis übertragen worden ist. Vgl. BAWe-Leitfaden, S. 46 f. 563 Die Zahlen finden sich auf der Homepage des ehemaligen BAWe (http:// www.bawe.de/statistik.htm). Als Gründe lassen sich die empfindliche Erhöhung der Bußgeldandrohung von bisher 100.000 DM auf jetzt bis zu 1,5 Mio. EUR (§ 39 WpHG) sowie den durch das Insiderhandelsverbot und die Errichtung des BAWe herbeigeführten Bewusstseinswandel im Hinblick auf die Informationspolitik der Gesellschaften identifizieren; s. a. Pananis, WM 1997, 460; Kümpel, in: Assmann/ Schneider, WpHG, § 15 Rn. 12.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

Der Umstand, dass die Ad-hoc-Publizität vom Gesetzgeber als insiderrechtliche Präventivmaßnahme ausgestaltet wurde, lässt nicht den Schluss zu, dass jede Insidertatsache grundsätzlich auch veröffentlichungspflichtig ist565. Die Frage nach den Grenzen der Veröffentlichungspflicht des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG stellt sich vor allem im Hinblick auf Pläne und Vorhaben des Emittenten, die bis zu ihrer Realisierung mehrstufige Vorbereitungs- und Entscheidungsprozesse unter Beteiligung verschiedener Gesellschaftsgremien durchlaufen. Auf Grund der im rechtlichen Ordnungsrahmen der Aktiengesellschaft angelegten Form der Entscheidungsfindung, an der in der Regel mehrere Organe beteiligt sind, verdichtet sich die Entscheidungsfindung stetig zu einem wahrscheinlichen Ergebnis, wobei eine rechtsverbindliche Entscheidung aber erst nach Durchlaufen der letzten Stufe vorliegt566. Bei dem Erwerb bzw. der Veräußerung eigener Aktien handelt es sich nicht um einen Vorgang tatsächlicher Art, sondern vielmehr um eine unternehmerische Entscheidung, die eine entsprechende Entscheidungsfindung über einen mehr oder weniger langen Zeitraum voraussetzt. Während sich der Anleger auf Entwicklungen im Unternehmen einstellen möchte und daher auch zwischen den Stichtagen der Regelpublizität möglichst zeitnah informiert werden will, sobald die Phase unverbindlicher Vorüberlegungen verlassen wird, ist die Gesellschaft regelmäßig daran interessiert, dass eine Veröffentlichungspflicht erst spät (gegebenenfalls nach Realisierung des Vorhabens) eintritt567. Eine allzu frühe Veröffentlichung könnte den angestrebten Geschäftsabschluss oder selbstgeschaffene Wettbewerbsvorsprünge gefährden568. Diese berechtigten Interessen der Gesellschaft widerstreiten dem Interesse der Kapitalmarktteilnehmer an einer möglichst vollkommenen Transparenz aller kursbeeinflussenden Sachverhalte. Die zentrale Fragestellung der weiteren Untersuchung wird daher die Bestimmung des Zeitpunktes sein, in dem die mehrstufige Maßnahme des Aktienrückerwerbs 564 Zu den für Schuldverschreibungen geltenden Sonderregelungen des § 15 Abs. 1 S. 1 letzter Hs. WpHG vgl. Kümpel, in: Assmann/Schneider, § 15 Rn. 35 ff. 565 Kümpel, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 16.235; ders., WM 1996, 653, 654; Fürhoff/Wölk, WM 1997, 449. 566 Vgl. Cahn, ZHR 162 (1998), S. 1, 21. Zur Vorgabe der Mehrstufigkeit der Entscheidungsprozesse durch das Organisationsstatut der Aktiengesellschaft vgl. Kiem/Kotthoff, DB 1995, 1999. 567 Es sind allerdings auch Situationen denkbar, in denen auch seitens des Emittenten eine möglichst frühzeitige Information der Kapitalmarktteilnehmer angestrebt wird. Vgl. Cahn, ZHR 162 (1998), S. 1, 21 mit Nachw.; Kiem/Kotthoff, DB 1995, 1999, 2000; Fürhoff/Wölk, WM 1997, 449, 450. 568 So im Hinblick auf Forschungs- und Entwicklungsergebnisse: Begr. RegE zum 2. FFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 48; Hopt, ZHR 159 (1995), S. 135, 152; Burgard, ZHR 162 (1998), S. 51, 52.

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den Tatbestand des § 15 WpHG erfüllt und daher unverzüglich zu veröffentlichen ist. Die Ergebnisse lassen sich entsprechend auf die Durchführung der Wiederveräußerung eigener Aktien übertragen. 2. Keine Ad-hoc-Publizitätspflicht bei Aktienrückkaufprogrammen?

Gegen eine Ad-hoc-Publizitätspflicht bei Aktienrückkaufprogrammen wird vorgebracht, die Information der Aktionäre über die bevorstehende Durchführung könne das Unternehmen verpflichten, mit dem Erwerb auch tatsächlich zu beginnen, denn ohne eine Pflicht zur Durchführung sei auch die Ankündigungspflicht obsolet. Außerdem beeinträchtige die Publizitätspflicht die Gesellschaft in ihrem Vorhaben, da ein nicht unerheblicher Anstieg des Aktienkurses zu erwarten sei569. Dem ist entgegenzuhalten, dass es gerade dem Schutzzweck des § 15 WpHG entspricht, durch eine Veröffentlichung der kursrelevanten Tatsache die für angemessene Marktpreise erforderliche Transparenz herzustellen und durch den Abbau von Informationsunterschieden zugleich einen möglichen Insiderhandel zu verhindern. Auch der Umstand, dass die Absicht des Vorstands, mit dem Aktienrückerwerb zu beginnen, noch relativ unbestimmt sein kann, spricht nicht gegen eine frühzeitige Pflicht zur Publizität. Es könnte etwa die Mitteilung veröffentlicht werden, dass die Gesellschaft bei Erreichen eines bestimmten Kurses für einen gewissen Zeitraum eigene Aktien zurückkaufen wird570. Bei dem Erwerb eigener Aktien im öffentlichen Angebotsverfahren (self tender offer) kann allerdings § 10 WpÜG als speziellere Vorschrift dem § 15 WpHG vorgehen571. 3. Der Tatbestand der Ad-hoc-Publizitätspflicht

Trotz der tatbestandlichen Unterschiede weisen die Legaldefinition der Insidertatsache nach § 13 Abs. 1 WpHG und der Tatbestand der Ad-hocPublizität gemeinsame Kernmerkmale auf572. Im Hinblick auf den Tatsachenbegriff, die fehlende öffentliche Bekanntgabe sowie die Eignung zur erheblichen Kursbeeinflussung kann daher auf die Ausführungen zu § 13 Abs. 1 WpHG verwiesen werden573. Anders als eine Insidertatsache muss die ad-hoc-publizitätspflichtige Tatsache jedoch im Tätigkeitsbereich des 569

Peltzer, WM 1998, 322, 330. Dazu Schäfer, WM 1999, 1347, 1349. 571 Vgl. unten S. 267. 572 Hopt, ZHR 159 (1995), 135, 149; Caspari, in: Baetge, S. 67; Kümpel, Bankund KapitalmarktR, 16.235; ders., AG 1997, 66, 67; Pananis, WM 1997, 460. 570

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

Emittenten eingetreten574 und „wegen der Auswirkungen auf die Vermögens- oder Finanzlage oder auf den allgemeinen Geschäftsverlauf des Emittenten“ geeignet sein, den Börsenkurs der Wertpapiere des Emittenten erheblich zu beeinflussen (vgl. § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG). Ergibt sich die potentielle Kursrelevanz aus anderen Ursachen, so entfällt die Pflicht zur Ad-hoc-Publizität575. Damit sind die gegenüber der bloßen Insidertatsache engeren Merkmale einer ad-hoc-publizitätspflichtigen Tatsache umschrieben. Nicht jede Insidertatsache ist auch zugleich eine Tatsache, die der Adhoc-Publizität unterfällt, selbst wenn sie aus der Sphäre des Emittenten stammt. Es gibt daher Insidertatsachen, die überhaupt nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt nach § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG zu veröffentlichen sind576.

573 Vgl. nur Kümpel, in: Assmann/Schneider, § 15 Rn. 69 mit Nachw. Der Rückgriff lässt sich auch damit rechtfertigen, dass die Ad-hoc-Publizität neben ihrer Funktion als kapitalmarktrechtliche Informationspflicht auch der präventiven Bekämpfung von Insidervergehen dient; vgl. Kümpel, Bank- und KapitalmarktR, 16.237. Die Abweichung im Wortlaut („Kurs“, „Börsenpreis“) ist damit zu begründen, dass die Ad-hoc-Publizität an den engeren Wertpapierbegriff des § 2 WpHG anknüpft und ausnahmslos Papiere betrifft, für die ein Börsenpreis festgestellt wird, was für die Insiderregelung aufgrund ihres weiten Wertpapierbegriffes nicht der Fall ist; vgl. Pananis, WM 1997, 460, 461. Anders Hopt, ZHR 159 (1995), 135, 152 ff.; ders., ZGR 1997, 1, 24, der von einem engeren Tatsachenbegriff des § 15 WpHG ausgeht; eine Tatsache sei außerdem erst bei einer gewissen Realisierungswahrscheinlichkeit gegeben. Zudem komme dem Begriff der öffentlichen Bekanntgabe bei § 15 WpHG eine engere Bedeutung als bei § 13 WpHG zu, so dass das Herstellen einer Bereichsöffentlichkeit noch nicht ausreichend sei. 574 Mit dem Erfordernis der Emittentenbezogenheit der Tatsache wird dem Umstand Rechnung getragen, dass es Insidertatsachen geben kann, die zwar insiderrechtliche Kursrelevanz haben können, aber in keiner Beziehung zu der unternehmerischen Sphäre des Emittenten stehen. Der Emittent soll bzw. kann nicht verpflichtet werden, solche allgemeinen Marktdaten zu veröffentlichen (BAWe-Leitfaden, S. 35; Kümpel, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 16.88; Fürhoff/Wölk, WM 1997, 449, 451). Im Hinblick auf den Erwerb eigener Aktien kann das Tatbestandsmerkmal der Emittentenbezogenheit jedoch außer Betracht bleiben, denn die dabei auftretenden kurssensiblen Sachverhalte gehören bereits ex definitione zum Tätigkeitsbereich des Emittenten (Pananis, WM 1997, 460, 461. Vgl. auch Fürhoff/Wölk, a. a. O.; Wölk, AG 1997, 73, 77). 575 Fürhoff/Wölk, WM 1997, 449, 451; Kümpel, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 16.278; vgl. auch Pananis, WM 1997, 460, 463. A.A. Burgard, ZHR 162 (1998), S. 51, 59 f. Es ist denkbar, dass das Kursbeeinflussungspotential der Maßnahme allein auf der zu erwartenden Reaktion des Kapitalmarktes, nicht aber auf ihren spezifischen Auswirkungen auf die Vermögens- oder Finanzlage oder den allgemeinen Geschäftsverlauf beruht. 576 Burgard, ZHR 162 (1998), S. 51, 54.

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4. Das Tatbestandsmerkmal der „Auswirkungen“ auf die Lage der Gesellschaft

Bei der Auslegung der Begriffe „Auswirkungen auf die Vermögens- und Finanzlage sowie des allgemeinen Geschäftsverlaufs“ kann zunächst auf die aus dem Bilanzrecht bekannten Vorschriften zurückgegriffen werden. Danach wirkt sich der Rückerwerb eigener Aktien auf die Vermögens- und Finanzlage der Gesellschaft erst dann aus, wenn es nach Abschluss des Erwerbsvorgangs gemäß §§ 266 Abs. 2 B III 2, 272 Abs. 1 u. 4 HGB zu einem entsprechenden Buchungsvorgang für den handelsrechtlichen Jahresabschluss gekommen ist bzw. nach § 160 Abs. 1 Nr. 2 AktG die diesbezüglichen Angaben im Anhang der Bilanz zu machen sind577. Angesichts des Schutzzwecks des § 15 WpHG kann es nicht überzeugen, das Tatbestandsmerkmal der „Auswirkungen“ erst dann als gegeben anzunehmen, wenn der mehrstufige Entscheidungsprozess abgeschlossen und die an seinem Ende stehende Entscheidung rechtlich verbindlich geworden ist578. Viele Tatsachen wirken sich auf Grund des Realisationsprinzips (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB) erst zu einem Zeitpunkt buchungstechnisch aus, in dem sie aus Sicht des Kapitalmarktes nicht mehr interessant sind. Das würde der Anwendungsbereich des § 15 WpHG stark einschränken, da nur gänzlich in der Vergangenheit liegende Sachverhalte ad-hoc-publizitätspflichtig sein könnten. Der Markt reagiert aber bereits im Vorfeld mit Kursveränderungen, da die Marktteilnehmer auch solche Tatsachen berücksichtigen, die sich erst künftig auf die vermögensmäßige, finanzielle und geschäftliche Situation des Emittenten auswirken können579. Eine am Schutzzweck der Norm orientierte Auslegung ergibt daher, dass es ausreichend ist, wenn die Tatsache geeignet ist, die genannten Auswirkungen erst zu einem in der Zukunft liegenden Zeitpunkt zu entfalten580. 577 Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses des Bundestages, BT-Drucks. 12/7918, S. 96; Hopt, ZHR 159 (1995), 135, 150; BAWe-Leitfaden, S. 36; Kümpel, in Assmann/Schneider, WpHG, § 15 Rn. 33; Burgard, ZHR 162 (1998), S. 51, 64 f.: auch die nach § 325 HGB offenzulegenden Tatsachen. 578 Das könnte aber aus den insoweit missverständlichen Gesetzesmaterialien gefolgert werden, nach denen Ereignisse, deren Konsequenzen noch nicht feststehen, weil ihre Wirksamkeit noch durch andere Umstände aufgehoben werden kann oder noch wirksame Gegenmaßnahmen möglich sind, keine Tatsachen darstellten, die Auswirkungen auf die Vermögens- oder Finanzlage oder den allgemeinen Geschäftsverlauf der Gesellschaft haben; vgl. Begr. RegE zum 2. FFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 48; krit. dazu Kiem/Kotthoff, DB 1995, 1999, 2001 f.; Pananis, WM 1997, 460, 463; Schockenhoff/Wagner, AG 1999, 548, 550 f. 579 Kümpel, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 16.284; BAWe-Leitfaden, S. 36; Kiem/Kotthoff, DB 1995, 1999, 2001; Fürhoff/Wölk, WM 1997, 449, 453; Wölk, AG 1997, 73, 77.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

Durch diese Interpretation des Merkmals „Auswirkungen“ wird dem Zweck der Ad-hoc-Publizität als einer Ergänzung der umfassenden sonstigen kapitalmarktrechtlichen Informationspflichten im Sinne der Regelpublizität Rechnung getragen. Der Wortlaut des gesetzlichen Tatbestands, der fordert, dass die Tatsache im Tätigkeitsbereich des Emittenten „eingetreten“ sein muss, steht mit dieser Interpretation nicht im Widerspruch, sondern stellt lediglich klar, dass nur der Unternehmenssphäre des Emittenten zurechenbare Insidertatsachen erfasst werden581. Für die Ad-hoc-Publizitätspflicht einer Tatsache ist demnach ausreichend, wenn diese geeignet ist, sich zukünftig auf die Vermögens- oder Finanzlage oder den Geschäftsverlauf des Emittenten auszuwirken. 5. Entstehungszeitpunkt der Pflicht zur Ad-hoc-Publizität beim Erwerb eigener Aktien

Nach vorherrschender Ansicht soll das Tatbestandsmerkmal der „Auswirkungen“ herangezogen werden, um den Zeitpunkt zu bestimmen, in dem die Publizitätspflicht bei dem Erwerb eigener Aktien als einem mehrstufigen Entscheidungsprozess entsteht. Die in der Literatur geführte Diskussion um den Entstehungszeitpunkt der Veröffentlichungspflicht konzentriert sich vornehmlich auf die Frage nach dem Realisierungsgrad des Gesamtvorhabens bzw. der diesbezüglichen Erwartungshaltung des Börsenpublikums, dessen Maß entscheidend für das Entstehen der Publizitätspflicht sein soll582.

580 Deutsche Börse AG, WM 1994, 2038, 2044; BAWe-Leitfaden, S. 36; Kiem/ Kotthoff, DB 1995, 1999, 2003; Pananis, WM 1997, 460, 463; Kümpel, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 16. 284; ders., WM 1996, 653, 654; ders., AG 1997, 66, 69; Caspari, in: Baetge, S. 65, 77; Burgard, ZHR 162 (1998), S. 51, 76; Schander/ Lucas, DB 1997, 2109, 2110. 581 Vgl. Kümpel, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 15 Rn. 44; ders., AG 1997, 66, 68: Das Tatbestandsmerkmal „eingetreten“ wird schon vom Begriff der Tatsache, unter der bereits etwas „Geschehenes“ verstanden wird, mit erfasst und hat insoweit keine eigene rechtliche Bedeutung. A.A. Burgard, ZHR 162 (1998), S. 51, 71 ff. 582 Daher ist es auch nicht schlüssig, die Bestimmung des Zeitpunktes anhand des Tatbestandsmerkmals der „Tatsache“ (Kiem/Kotthoff, DB 1995, 1999, 2003 f.) bzw. der Kursrelevanz (Pananis, WM 1997, 460, 464; Schockenhoff/Wagner, AG 1999, 548, 551 ff.) vorzunehmen. Diese Tatbestandsmerkmale können gerade nicht von der Wahrscheinlichkeitsprognose des Emittenten im Hinblick auf die Verwirklichung des Gesamtvorhabens abhängen.

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a) Überblick über den Meinungsstand Es wird vertreten, die Publizitätspflicht entstehe in dem Zeitpunkt, in dem der Aktienrückerwerb das kurssensible Stadium erreicht habe, das aus Sicht der Ad-hoc-Publizität mit dem erforderlichen Grad der Wahrscheinlichkeit die endgültige Realisierung des Vorhabens und damit den Eintritt der genannten Auswirkungen erwarten lasse. Denn bei Vorhaben mit mehrstufigen Entscheidungsprozessen komme es für die Bestimmung des Zeitpunktes entscheidend auf den Grad der Wahrscheinlichkeit der Realisierung des Gesamtvorhabens und damit der künftigen Auswirkungen auf die Vermögensoder Finanzlage oder den allgemeinen Geschäftsverlauf des Emittenten an. Eine nach § 15 Abs. 1 WpHG veröffentlichungspflichtige Tatsache liege daher dann vor, wenn ein Stadium erreicht sei, das aus insiderrechtlicher Sicht der endgültigen Realisierung des Vorhabens gleichgesetzt werden könne583. Bei dem Erwerb eigener Aktien soll die Veröffentlichungspflicht je nach individueller Einschätzung des Vorstands bereits mit dessen Beschluss einsetzen, wenn auf Grund allgemeiner Erfahrungssätze die Ermächtigung durch die Hauptversammlung bzw. die Zustimmung des Aufsichtsrates mit hoher bzw. überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist584. Gegen eine Vorverlagerung der kapitalmarktrechtlichen Pflicht zur Adhoc-Publizität auf Grund einer prognostizierten Realisierungswahrscheinlichkeit spricht jedoch bereits der gesellschaftsrechtliche Ursprung der zu veröffentlichen Tatsachen. Ob die Zustimmung des Aufsichtsrates zu erwarten ist, könnte der für die Veröffentlichung zuständige Vorstand nur nach vorheriger Rücksprache hinreichend sicher feststellen. Wenn der Aufsichtsrat überhaupt bereit wäre, Auskunft zu geben, wäre nicht auszuschließen, dass er sich durch die erfolgte Veröffentlichung in seinem Abstimmungsverhalten gebunden fühlte. Das wäre selbst dann der Fall, wenn eine vorzeitige Veröffentlichung, wie auch im Hinblick auf das Abstimmungsverhalten der Hauptversammlung, nur auf der Prognose des Vorstands beruhen würde. Entscheidend ist aber, dass die Entschließungsfreiheit der zuständigen Entscheidungsträger durch die Veröffentlichung nicht beeinträchtigt wird585. 583

Deutsche Börse, WM 1994, 2038, 2043; BAWe-Leitfaden, S. 32; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 16.95; ders., AG 1997, 66, 68; Caspari, in: Baetge, S. 65, 77; Kiem/Kotthoff, DB 1995, 1999, 2002 ff.; Fürhoff/Wölk, WM 1997, 449, 452. 584 Burgard, ZHR 162 (1998), S. 51, 56; Fürhoff/Wölk, WM 1997, 449, 454; Wölk, AG 1997, 73, 78. Weitergehend Pananis (WM 1997, 460, 463), der eine Veröffentlichungspflicht unabhängig von der Realisierungswahrscheinlichkeit befürwortet. Bei hinreichender Wahrscheinlichkeit der Realisierung besteht ein erhöhtes Risiko von Insiderverstößen, was eine unverzügliche Veröffentlichung erfordere (Kiem/Kotthoff, DB 1995, 1999, 2002 f.; Schander/Lucas, DB 1997, 2109, 2110; Caspari, in: Baetge, S. 65, 77; ähnlich Wittich, AG 1997, 1, 3).

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

Außerdem würde die Pflicht zur Veröffentlichung einzelner Zwischenschritte des verbandsinternen Entscheidungsprozesses die Information des Publikums nicht erhöhen. Es würde vielmehr für Verwirrung sorgen, wenn die Maßnahme später doch noch gesellschaftsintern scheitern sollte. Funktion und Schutzzweck des § 15 WpHG gebieten es, eine Irreführung des Anlegerpublikums durch eine zu frühzeitige Veröffentlichung eines Sachverhalts zu vermeiden586. Eine Veröffentlichung soll vielmehr einen verlässlichen Einblick in die Vermögens- und Ertragslage des Emittenten vermitteln. Zudem wäre es nicht sinnvoll, den Tatbestand einer bußgeldbewehrten Norm (vgl. § 39 Abs. 1 Nr. 2 lit. a WpHG) von der Prognose des Normadressaten über die zukünftige Realisierungswahrscheinlichkeit des Aktienrückerwerbs abhängig zu machen587. Denn dann würde die Frage nach dem Zeitpunkt der Publizität letztlich auf einer nicht justiziablen Prognoseentscheidung des Vorstands beruhen588. Dem Vorstand wäre wohl kaum nachzuweisen, er habe die Situation leichtfertig verkannt oder die Veröffentlichung wider besseres Wissen unterlassen, als er Zweifel an der Zustimmung durch den Aufsichtsrat gehabt habe. Abzulehnen ist auch die Auffassung, wonach es im Hinblick auf den Zeitpunkt der Entstehung der Ad-hoc-Publizitätspflicht auf eine Abwägung von Realisierungswahrscheinlichkeit einerseits und ihrer Kursrelevanz andererseits ankomme (sog. „Probability-Magnitude-Formel“589). Die Durchfüh585 Happ, JZ 1994, 240, 243; Hopt, ZHR 159 (1995), S. 135, 152; Cahn, ZHR 162 (1998), S. 1, 25; a. A. Pananis, WM 1997, 460, 464: Der Konflikt zwischen aktienrechtlichen Normen und dem Schutzzweck der Ad-hoc-Publizität könne nicht einseitig zu Gunsten des Gesellschaftsrechts gelöst werden. Vgl. auch Burgard, ZHR 162 (1998), S. 51, 78, der auf die Bedeutung der Überwachungs- und Beratungsfunktion des Aufsichtsrates für die Aktienverfassung abstellt. Der empirische Befund, dass in großen Aktiengesellschaften der Aufsichtsrat regelmäßig dem Beschluss des Vorstands folge, sei nicht allgemeingültig und daher keine Rechtfertigung für eine Übergehung des Aufsichtsrates. 586 Kümpel, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 16.274 f.; Hopt, ZHR 159 (1995), S. 135, 152; Cahn, ZHR 162 (1998), S. 1, 25; a. A. Pananis, WM 1997, 460, 464. 587 So aber Kümpel, WM 1996, 653, 655; ders., AG 1997, 66, 69; Kiem/Kotthoff, DB 1995, 1999, 2002. Es sei sachgerecht, dem Vorstand aufgrund seiner Sachnähe die prognostische Einschätzung der Realisierungschancen seiner eigenen Entscheidung zuzumuten. 588 Cahn, ZHR 162 (1998), S. 1, 26; Burgard, ZHR 162 (1998), S. 51, 68. 589 Diese Formel wurde im US-amerikanischen Kapitalmarktrecht zu der Frage entwickelt, ob es sich bei einem noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt oder Entscheidungsprozess um eine wesentliche Information im Sinne des Insiderrechts handelt; vgl. Gruson/Wiegmann, AG 1995, 173, 178 f.; SEC v. Texas Gulf Sulphur Co. 401 f. 2 d 833, 849 (2nd Cir. 1968). Krit. zu der Anwendbarkeit auf § 15 WpHG: Burgard, ZHR 162 (1998), S. 51, 70 f.

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rung einer solchen Abwägung findet in § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG keine Grundlage und ist in der Praxis mit untragbaren Unsicherheiten behaftet590. b) „Auswirkungen“ erst mit Abschluss der verbandsinternen Willensbildung Bei der Bestimmung des Zeitpunktes, in dem die Pflicht zur Veröffentlichung des Aktienrückerwerbs entsteht, kommt es nicht auf die Realisierungswahrscheinlichkeit dieses Vorhabens an. Es ist vielmehr ein objektives Kriterium zu finden, anhand dessen dieser Zeitpunkt festzumachen ist. Unternehmerische Vorhaben, wie der Erwerb eigener Aktien, können bereits ein erhebliches Kursbeeinflussungspotential aufweisen, selbst wenn sie verbandsintern noch nicht verbindlich beschlossen oder gar umgesetzt sind. Schon vor der abschließenden Durchführung des Vorhabens können interne Tatsachen daher den Tatbestand des § 13 Abs. 1 WpHG erfüllen. Dennoch ist eine Veröffentlichungspflicht vor dem Abschluss des unternehmensinternen Entscheidungsprozesses trotz des insiderrechtlichen Präventivzwecks des § 15 Abs. 1 WpHG nicht geboten591. Für diese Ansicht spricht der insoweit eindeutige Wortlaut des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG, nach welchem die neue Tatsache dann zu veröffentlichen ist, „wenn sie wegen der Auswirkungen auf die Vermögens- oder Finanzlage oder den allgemeinen Geschäftsverlauf des Emittenten geeignet ist, den Börsenkurs der zugelassenen Wertpapiere erheblich zu beeinflussen“ (§ 15 Abs. 1 S. 1 WpHG; Hervorhebung durch Verf.). Das Merkmal der „Auswirkungen“ beschreibt die Ursache der zu erwartenden Kursbeeinflussung. Eine Veröffentlichungspflicht entsteht daher erst, wenn eine Tatsache vorliegt, die geeignet ist, den nach § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG erforderlichen Kausalverlauf in Gang zu setzen592. Dafür reichen Zwischenschritte eines verbandsintern, noch nicht abgeschlossenen Entscheidungsprozesses nicht aus. Sie sind für sich genommen nicht geeignet, die Verwirklichung von Vorhaben mit Auswirkungen auf die Lage der Gesellschaft und den Börsenkurs der von ihr emittierten Papiere herbeizuführen593. Zwar ist im Rahmen des Aktienrückerwerbs jeder Beschluss 590 Burgard, ZHR 162 (1998), S. 51, 69: „mit Art. 103 Abs. 2 GG, § 3 OWiG kaum zu vereinbarende Rechtsunsicherheit“. Dafür aber Pananis, WM 1997, 460, 464; Schander/Lucas, DB 1997, 2109, 2110; Kiem/Kotthoff, DB 1995, 1999, 2002 f. Das hätte zur Folge, dass bei einer überaus großen Kursrelevanz bereits ein Entscheidungsentwurf des zuständigen Fachressorts zu veröffentlichen wäre. 591 Cahn, ZHR 162 (1998), S. 1, 23; Peltzer, WM 1998, 322, 330; a. A. Kiem/ Kotthoff, DB 1999, 2001: „möglichst frühe Ansiedlung der Publizitätspflichtigkeit“. 592 Schockenhoff/Wagner, AG 1999, 548, 556; Cahn, ZHR 162 (1998), S. 1, 23; a. A. Burgard, ZHR 162 (1998), S. 51, 67 ff.: Auswirkungen hätten kein Einfluss auf die Frage, wann die Ad-hoc-Publizität entstehe.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

eines Organs der Gesellschaft notwendige Voraussetzung für eine nachfolgende Entscheidung anderer Organe; daraus kann jedoch nicht der Schluss gezogen werden, ein solcher Beschluss sei bereits Ursache für die anschließende Umsetzung des Vorhabens und damit als die nach § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG maßgebliche Tatsache anzusehen. Der Beschluss eines Entscheidungsträgers ist allenfalls Ursache dafür, dass sich weitere Entscheidungsträger mit der Sache befassen. Den Inhalt der nachfolgenden Entscheidung kann der vorhergehende Beschluss nicht vorwegnehmen. Auf die rechtliche Unumkehrbarkeit kommt es dabei nicht an. Auch später kann die Realisierung des Vorhabens noch durch äußere Umstände vereitelt oder infolge gegenläufiger Entscheidungen unterbrochen oder rückgängig gemacht werden594. Die in diesem Punkt missverständliche Gesetzesbegründung595 lässt sich dahingehend interpretieren, dass die Veröffentlichungspflicht erst dann eingreifen soll, wenn die zuständigen Organe über das betreffende Vorhaben abschließend entschieden und es damit „aus dem Bereich des Unverbindlichen herausgehoben haben“596. Die Realisierung kann zwar immer noch vereitelt werden, was jedoch nichts daran ändert, dass die ex ante zu erwartenden Auswirkungen auf die Lage der Gesellschaft und den Börsenpreis der von ihr emittierten Wertpapiere auf einer abgeschlossenen Entscheidung der zuständigen Gremien beruht. Treten Umstände ein, die eine Umsetzung der Entscheidung verzögern oder verhindern, so kann es sich hierbei um eine neue Tatsache handeln, die ihrerseits nach § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG zu veröffentlichen sein kann597. Auch die Befreiungsmöglichkeit des § 15 Abs. 1 S. 2 WpHG steht dieser Auslegung nicht entgegen, denn sie behält einen erheblichen eigenen Anwendungsbereich. Zwischen der Beschlussfassung und Umsetzung eines 593 Cahn, ZHR 162 (1998), S. 1, 23. So auch Schockenhoff/Wagner (AG 1999, 548, 556), die das Merkmal der „Auswirkungen“ allerdings als bloßes Kausalitätsmerkmal interpretieren. 594 Pananis, WM 1997, 460, 463; Schockenhoff/Wagner, AG 1999, 548, 550 f.; Kiem/Kotthoff, DB 1995, 1999, 2001; Burgard, ZHR 162 (1998), S. 51, 67 f.; missverständlich Begr. RegE zum 2. FFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 48. 595 Begr. RegE zum 2. FFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 48: „Ereignisse, deren Konsequenzen noch nicht feststehen, weil ihre Wirksamkeit noch durch andere Umstände aufgehoben werden kann oder weil noch andere Gegenmaßnahmen in Betracht kommen, sind keine Tatsachen, die Auswirkungen auf die Vermögens- oder Finanzlage oder den allgemeinen Geschäftsverlauf haben.“ (Hervorhebung durch Verf.). Häufig wird nur der erste Teil dieser gesetzgeberischen Definition wiedergegeben, so dass der Eindruck entsteht, erst im Falle der Endgültigkeit der Gesamtmaßnahme solle überhaupt der Tatsachenbegriff des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG erfüllt sein. 596 Cahn, ZHR 162 (1998), S. 1, 24. 597 Schockenhoff/Wagner, AG 1999, 548, 551; Cahn, ZHR 162 (1998), S. 1, 25.

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Vorhabens kann nämlich ein beträchtlicher Zeitraum liegen, in dem die Verwirklichung des Planes durch seine Veröffentlichung noch vereitelt werden könnte598. Erst mit dem abschließenden Beschluss des Vorstands, mit dem Erwerb eigener Aktien konkret zu beginnen, wird die verbandsinterne Willensbildung vervollständigt. Darf der Aktienrückkauf nur mit Zustimmung des Aufsichtsrates durchgeführt werden, entsteht die Publizitätspflicht folglich erst dann, wenn die entsprechenden Beschlüsse des Vorstandes und des Aufsichtsrates vorliegen. Erst dann liegt die von § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG vorausgesetzte Kausalität zwischen der Tatsache und den Auswirkungen auf die Vermögens- und Finanzlage der Gesellschaft vor599. Dagegen ist in den Beschlüssen des Vorstands und des Aufsichtsrates, der Hauptversammlung vorzuschlagen, den Vorstand zum Erwerb eigener Aktien zu ermächtigen, ebenso wie in dem Ermächtigungsbeschluss der Hauptversammlung regelmäßig keine ad-hoc-publizitätspflichtige Tatsache zu sehen. Ausnahmsweise kann aber schon zu diesem frühen Zeitpunkt die Pflicht zur unverzüglichen Veröffentlichung bestehen, wenn die Entscheidung im Einzelfall so wesentlich fortgeschritten ist, dass keine Gefahr der Irreführung der Kapitalmarktteilnehmer zu befürchten ist. Allerdings muss die Erklärung in diesem Fall den Hinweis erhalten, dass diese unter dem Vorbehalt der Zustimmung durch die Hauptversammlung und der Durchführung durch den Vorstand erfolgt600. Zu veröffentlichen ist der wesentliche Inhalt des Rückkaufbeschlusses, wobei auf die Ermächtigung der Hauptversammlung Bezug zu nehmen ist, sofern der Erwerb nach § 71 Abs. 1 Nr. 7 oder 8 AktG erfolgt. 598 Cahn, ZHR 162 (1998), S. 1, 27. Zum Tatbestand des § 15 Abs. 1 S. 2 WpHG vgl. nur Kümpel, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 15 Rn. 76 ff.; Fürhoff/ Wölk, WM 1997, 449, 457 ff.; Wölk, AG 1997, 77, 79. Ein berechtigtes Interesse des Emittenten auf Befreiung von der Pflicht zur Ad-hoc-Publizität liegt nur dann vor, wenn das Interesse an einer vorübergehenden Geheimhaltung des Erwerbsbeschlusses schutzwürdiger ist, als die Interessen der Marktteilnehmer an einer unverzüglichen Publizierung. Ein berechtigtes Interesse besteht regelmäßig im Zusammenhang mit Sanierungsmaßnahmen. Erwirbt die Gesellschaft daher eigene Aktien zurück, um diese einzuziehen, wird ein Geheimhaltungsinteresse grundsätzlich zu bejahen sein. 599 BAWe-Leitfaden, S. 32; BAWe-Schreiben, Ziff. 2 lit. a; Cahn, ZHR 162 (1998), S. 1, 23 f. 600 Deutsche Börse AG, WM 1994, 2038, 2044; BAWe-Leitfaden, S. 32. Vgl. auch Hopt, ZHR 159 (1995), 135, 152; Bosse, ZIP 1999, 2047, 2049; Burgard, ZHR 162 (1998), S. 51, 78. Eine frühzeitige Veröffentlichungspflicht kann z. B. entstehen, wenn ein Mehrheitsaktionär hinter der Erwerbsermächtigung steht oder die erworbenen eigenen Aktien als Akquisitionswährung eingesetzt werden sollen und die rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen für die Akquisition bereits gelegt wurden. So i. E. auch BAWe-Schreiben, Ziff. 2 lit. a.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien 6. Ergebnis

Die Pflicht zur Veröffentlichung von Plänen und Vorhaben setzt erst ein, wenn der verbandsinterne Entscheidungsprozess abgeschlossen ist. Beim Erwerb eigener Aktien ist daher der Aktienrückkaufbeschluss des Vorstands zu veröffentlichen, wenn diesem – was regelmäßig der Fall sein wird – auch die erforderliche Kursrelevanz zukommt601. Ist für die Wirksamkeit die Zustimmung des Aufsichtsrats erforderlich, besteht die Publizitätspflicht nach § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG erst dann, wenn neben dem Beschluss des Vorstands die Zustimmung des Aufsichtsrates tatsächlich vorliegt602. Die Publizitätspflicht erfordert die Bekanntgabe des wesentlichen Inhalts des Rückkaufbeschlusses, gegebenenfalls unter Bezugnahme auf die Ermächtigung der Hauptversammlung603. Sollen eigene Aktien über einen längeren Zeitraum zurückgekauft werden, muss eine Ankündigung zu Beginn des Rückkaufprogramms als ausreichend angesehen werden604. Entsprechendes gilt für die Durchführung der Veräußerung eigener Aktien: Eine publizitätspflichtige Tatsache liegt regelmäßig in dem Beschluss des Vorstands, mit der Wiederveräußerung eigener Aktien zu beginnen. Ist außerdem ein entsprechender Beschluss des Aufsichtsrats erforderlich, entsteht die Publizitätspflicht erst dann, wenn dieser ebenfalls vorliegt. Sowohl im Rahmen des Erwerbs als auch bei der Veräußerung eigener Aktien kann bereits vor dem Entstehen der Veröffentlichungspflicht eine Insidertatsache vorliegen. Die sachliche Beschränkung der publizitätspflichtigen Insidertatsachen durch das Erfordernis der Auswirkungen auf die Finanz- oder Vermögenslage oder den allgemeinen Geschäftsverlauf des Emittenten bedingt zugleich eine zeitliche Verschiebung der Ad-hoc-Publizität gegenüber dem Insiderhandelsverbot. Es verbleibt daher ein nicht unerheblicher Zeitraum, in dem die Gefahr von Insidergeschäften besteht. Das ist im Hinblick auf den insiderrechtlich-präventiven Zweck des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG nicht unproblematisch. Dieses Problem darf jedoch nicht überbewertet werden, da die betroffene Gesellschaft selbst ein Interesse daran hat, die Gefahr von Insiderverstößen zu minimieren, um den im Falle einer Auf601 BAWe-Schreiben, Ziff. 2 lit. a; Deutsche Börse AG, WM 1994, 2038, 2043; Cahn, ZHR 162 (1998), S. 1, 26; Bosse, ZIP 1999, 2047, 2049; Happ, JZ 1994, 240, 242 f.; Schockenhoff/Wagner, AG 1999, 548, 554; Hopt, ZHR 159 (1995), S. 135, 152; Bezzenberger, Rn. 159. 602 BAWe-Schreiben, Ziff. 2 lit. a; Cahn, ZHR 162 (1998), 1, 26; Hopt, ZHR 159 (1995), 135, 152; Peltzer, WM 1998, 322, 330; a. A. Schockenhoff/Wagner, 548, 556; Pananis, 460, 463 f. 603 BAWe-Schreiben, Nr. 2 lit. a. 604 Benckendorff, S. 289. Danach fehlt es wohl an dem Merkmal der „neuen“ Tatsache.

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deckung entstehenden massiven Ansehensverlust zu verhindern. Sie wird alle Anstrengungen unternehmen, um sowohl die Vertraulichkeit von Insiderinformationen zu wahren, als auch die Frist, innerhalb der die Vertraulichkeit gewahrt werden muss, nach Möglichkeit zu verkürzen605. Zudem darf man – auch wegen der Strafandrohung des § 38 WpHG – in einem gewissen Maße die vertrauliche Behandlung und Nichtausnutzung der Insiderinformationen voraussetzen606. IV. Konkretisierung der Vorschriften zur Ad-hoc-Publizität Infolge der Neuregelung des § 15 WpHG durch das Vierte Finanzmarktförderungsgesetz607 wurden Umfang und Inhalt der im Wege der Ad-hocPublizität durch den Emittenten zu veröffentlichenden Mitteilung konkretisiert, um die Transparenz am Kapitalmarkt zu verbessern. Bei dem Erwerb und der Veräußerung eigener Aktien ist insbesondere darauf zu achten, dass bei der Bekanntgabe eines kurserheblichen Sachverhalts nur solche Kennzahlen und Begrifflichkeiten verwendet werden, die im Geschäftsverkehr gebräuchlichen sind und darüber hinaus keine weiteren, überflüssigen Angaben gemacht werden. Nach § 15 Abs. 1 S. 2 WpHG müssen die von der Gesellschaft in einer Ad-hoc-Mitteilung gebrauchten Kennzahlen im Geschäftsverkehr üblich sein und einen Vergleich mit den zuletzt genutzten Kennzahlen ermöglichen. Dadurch soll verhindert werden, dass die Gesellschaft negative Entwicklungen durch den Gebrauch von „Fantasiekennzahlen“ oder durch den Wechsel zuvor benutzter Kennzahlen verschleiern kann. Das soll gewährleisten, dass die Kapitalmarktteilnehmer ein klares Bild der veröffentlichungspflichtigen Tatsache erhalten608. Sonstige Angaben, die die Voraus605

Es bietet sich insbesondere eine freiwillige Veröffentlichung des Vorhabens nach § 15 WpHG analog an. Zur Anwendbarkeit des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG analog vgl. Fürhoff/Wölk, WM 1997, 449, 455, 456 f.; Wölk, AG 1997, 73, 79. 606 Burgard, ZHR 162 (1998), S. 51, 79. Wenn mit einem Bekanntwerden vor Abschluss des gesellschaftsinternen Entscheidungsprozesses gerechnet werden muss, kann der Tatbestand des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG gegeben sein, der nach § 38 Abs. 1 Nr. 2 WpHG strafbewehrt ist. Vgl. Burgard, a. a. O., S. 51, 80 ff. 607 Gesetz zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland (sog. „Viertes Finanzmarktförderungsgesetz“), in Kraft getreten am 21.6.2002 (BGBl. I S. 2010). Ziel des Gesetzes ist es, den Anlegerschutz durch die Erhöhung der Marktintegrität und der Markttransparenz sowie die Erweiterung und Flexibilisierung der Handlungsmöglichkeiten der Marktteilnehmer zu verbessern, um so die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatz Deutschland und die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes im Hinblick auf wirtschaftliches Wachstum und Beschäftigung zu stärken. Vgl. auch Fleischer, NJW 2002, 2977 ff. 608 Begr. RegE zum 4. FFG, BR-Drucks. 936/01, S. 243.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

setzungen einer veröffentlichungspflichtigen Tatsache nicht erfüllen, dürfen nicht, auch nicht im Zusammenhang mit einer ad-hoc-publizitätspflichtigen Tatsache, veröffentlicht werden (§ 15 Abs. 1 S. 3 WpHG). Auf diese Weise soll die Veröffentlichung überflüssiger Ad-hoc-Meldungen vermieden werden, damit die Marktteilnehmer ausschließlich kursrelevante Informationen erhalten, auf Grund derer sie sachgerechte Anlageentscheidungen treffen können609. Bereits veröffentlichte unwahre Tatsachen sind unverzüglich durch eine weitere Ad-hoc-Meldung zu berichtigen, selbst wenn sie nicht die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG erfüllen (§ 15 Abs. 1 S. 4 WpHG). Das gilt auch für die nach § 15 Abs. 2 S. 1 WpHG vorzunehmende Mitteilung (§ 15 Abs. 2 S. 2 WpHG). V. Schadenersatzpflicht bei der verspäteten, unterlassenen oder unrichtigen Veröffentlichung kursbeeinflussender Tatsachen Die durch das Vierte Finanzmarktförderungsgesetz610 in das WpHG neu aufgenommenen §§ 37b und 37c schaffen eine eigenständige Anspruchsgrundlage für Anleger, die durch die unterlassene oder verspätete Veröffentlichung oder die unrichtige Behauptung potentiell kurserheblicher Tatsachen durch den Emittenten bei ihren Wertpapiergeschäften einen Schaden erlitten haben611. Nach § 37b Abs. 1 WpHG ist ein Emittent von Wertpapieren, dessen Wertpapiere an einer inländischen Börse zum Amtlichen oder Geregelten Markt zugelassen sind, einem Dritten gegenüber schadenersatzpflichtig, wenn er Tatsachen, die nach § 15 WpHG ad-hoc-publizitätspflichtig sind, verspätet veröffentlicht oder eine unverzüglichen Veröffentlichung unterlassen hat612. Der Anleger ist so zu stellen, als ob der Emittent seine Pflicht ordnungsgemäß erfüllt hätte. Die Haftung des Emittenten ist auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt, wobei eine Beweislastumkehr vorgenommen wird (§ 37b Abs. 2 WpHG). Ein Anspruch besteht nicht, wenn der Anspruchsteller die nicht veröffentlichte Tatsache zum Zeitpunkt des Erwerbs bzw. der Veräußerung der Wertpapiere kannte (§ 37b Abs. 3 WpHG). Der Anspruch verjährt in einem Jahr von dem Zeitpunkt an, zu dem der 609

Begr. RegE zum 4. FFG, BR-Drucks. 936/01, S. 244. Vgl. Fn. 607 (3. Teil). 611 Der geänderte § 15 Abs. 6 S. 1 E-WpHG verweist nun für ein pflichtwidriges Verhalten auf die §§ 37 b und 37 c E-WpHG. Gleichzeitig unterstreicht § 15 Abs. 6 S. 1 E-WpHG, dass es sich bei § 15 WpHG nicht um ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB handelt, sondern dieser allein der Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte dient; vgl. Begr. RegE zum 4. FFG, BR-Drucks. 936/01, S. 245. 612 Begr. RegE zum 4. FFG, BR-Drucks. 936/01, S. 260. 610

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Anspruchsteller von der Unterlassung des Emittenten Kenntnis erlangt, spätestens jedoch in drei Jahren seit der Unterlassung (§ 37b Abs. 4 WpHG). Enthält eine Mitteilung des Emittenten über potentiell kursbeeinflussende Tatsachen unwahre Angaben, ist § 37c WpHG einschlägig. Die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen des § 37c Abs. 1 WpHG entsprechen denen des § 37b Abs. 1 WpHG. Mit der Einführung der §§ 37b und 37c WpHG ist der Emittent, der bei dem Erwerb oder der Veräußerung eigener Aktien gegen eine der in § 15 Abs. 1 bis 3 WpHG festgeschriebenen Pflichten verstößt, den Anlegern zum Ersatz des ihnen dadurch entstehenden Schadens verpflichtet. Auf diese Weise wird auf das oft unzureichende Publizitätsverhalten der Emittenten eingewirkt und der bei der unterlassenen oder verspäteten Veröffentlichung bzw. der Behauptung einer unrichtigen Tatsache bisher nur sehr unzureichende Schutz der Anleger deutlich verbessert613. VI. Unterrichtung der BAFin nach § 71 Abs. 3 S. 3 AktG Die Vorschrift des § 71 Abs. 3 S. 3 AktG stellt eine Ergänzung der Adhoc-Publizität des § 15 WpHG dar. Nach § 71 Abs. 3 S. 3 AktG hat die Aktiengesellschaft die BAFin unverzüglich (§ 121 Abs. 1 S. 1 BGB) zu unterrichten, wenn die Hauptversammlung einen Ermächtigungsbeschluss gemäß § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG gefasst hat. Das ermöglicht der Aufsichtsbehörde die Untersuchung von auffälligen Handelsbewegungen. In seinem Schreiben an die Vorstände der börsennotierten Unternehmen hat das BAWe (heute BAFin) ausdrücklich auf diese sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebende Pflicht hingewiesen. Die Meldung wird spätestens an dem auf die Hauptversammlung folgenden Geschäftstag erwartet614. Eine Vorabinformation ist erforderlich, damit die BAFin ihrer Funktion als Marktaufsichtsbehörde überhaupt nachkommen kann. Denn eine Veröffentlichung des Aktienrückerwerbs wegen der Pflicht zur Ad-hoc-Publizität erfolgt in der Regel erst, wenn der Vorstand auf Grund der Ermächtigung den Rückkauf der Aktien beschließt. Ein wirkungsvolles Handeln der BAFin ist dann aber nur noch schwer möglich. Entgegen dem Wortlaut des § 71 Abs. 3 S. 3 AktG, der eine Unterrichtungspflicht ohne Rücksicht auf die Zulassung der Aktiengesellschaft zum Börsenhandel vorsieht, besteht eine Unterrichtungspflicht nur dann, wenn die Gesellschaft an einer inländischen Börse zum Amtlichen Handel, zum Geregelten Markt oder zum Neuen Markt zugelassen ist. Zweck der Vor613 614

Begr. RegE zum 4. FFG, BR-Drucks. 936/01, S. 177. BAWe-Schreiben, Ziff. 1.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

schrift ist die Ergänzung der Ad-hoc-Publizität durch Vorfeldinformation. Daher ist der § 71 Abs. 3 S. 3 AktG einschränkend im Sinne von § 15 Abs. 1 WpHG auszulegen615. Die Unterrichtungspflicht besteht also nur dann, wenn die Gesellschaft an einer inländischen Börse zum Amtlichen Handel, zum Geregelten Markt oder zum Neuen Markt zugelassen ist. Eine Unterrichtungspflicht besteht nicht nur bei einer Erwerbsermächtigung gemäß § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 1 AktG, sondern auch im Falle einer Veräußerungsermächtigung nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 5 AktG. Das lässt sich damit begründen, dass § 71 Abs. 3 S. 3 AktG auf die Nr. 8 insgesamt Bezug nimmt616. Auch Veräußerungsgeschäfte können einen Insiderhandel ermöglichen, dessen Bekämpfung durch die unverzügliche Benachrichtigung der BAFin erleichtert wird617. VII. Fazit Die Gefahr von Insidergeschäften wird durch das Zusammenwirken einer präventiven Pflicht zur Ad-hoc-Publizität und einem repressiven Insiderhandelsverbot weitgehend minimiert. Als kapitalmarktrechtliches Instrument gegen den Missbrauch von Insiderinformationen muss die Ad-hoc-Publizität allerdings bereits in einem möglichst frühen Zeitpunkt einsetzen, damit sie ihren präventiven Zweck nicht verfehlt618. Eine zu frühzeitige Information des Marktes ist dabei als kontraproduktiv einzustufen, da dadurch selbstgeschaffene Wettbewerbsvorsprünge zum Nachteil der Gesellschaft offengelegt werden könnten und eine Verunsicherung des Anlegerpublikums eintreten würde, wenn der Erwerb später nicht oder in anderer Form als zuvor veröffentlicht erfolgt. Daher kann die Auslegung des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG nicht so weit überspannt werden, dass die Pflicht zur Ad-hoc-Veröffentlichung in ein Stadium vorverlagert wird, in dem zwar aus Sicht des Marktes bereits eine potentielle Kursrelevanz und damit auch die Gefahr von Insiderverstößen gegeben ist, in dem die Tatsache aber noch nicht als Ursache der Auswirkungen auf die Lage der Gesellschaft angesehen werden kann. Problematisch ist insoweit, dass das Entstehen der Publizitätspflicht zusammenfallen kann mit dem Zeitpunkt des Erwerbs- bzw. Veräußerungsbeginns. Eine rechtzeitige Information, die es den Anlegern ermöglicht, ihr Anlageverhalten entsprechend abzustimmen, ist dann nicht garantiert. Es ist 615

Hüffer, AktG, § 71 Rn. 23. Hüffer, AktG, § 71 Rn. 23a. 617 Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 14. 618 Kiem/Kotthoff, DB 1995, 1999, 2001; Wölk, AG 1997, 73, 78; vgl. auch Hopt, ZHR 159 (1995), 135, 147; Pananis, WM 1997, 460, 463. 616

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nicht gewährleistet, dass alle Anleger umfassend und gleichmäßig über die Durchführung des Erwerbs bzw. der Veräußerung informiert sind. Nur eine Regelung, die die Gesellschaft verpflichten würde, eine entsprechende Mitteilung mindestens eine ausreichende Zahl von Handelstagen (ca. 20–30) vor dem Beginn der Maßnahme bekanntzugeben, könnte das Vorgehen der Gesellschaft hinreichend transparent gestalten und eine Überraschung der Aktionäre ausschließen, ohne eine zu frühzeitige Veröffentlichung herbeiführen zu müssen. Ein erster Schritt hin zu mehr Publizität und Transparenz ist in den auf den Aktienrückerwerb anwendbaren Vorschriften des WpÜG zu sehen619. Auch das Vierte Finanzmarktförderungsgesetz hat zu einer Weiterentwicklung des Anlegerschutzes und einer deutlichen Verbesserung der Marktintegrität und Transparenz beigetragen, indem eine Präzisierung der Tatbestandsmerkmale der Ad-hoc-Publizität vorgenommen worden ist und den Anlegern eine Anspruchsgrundlage für Schadenersatzansprüche bei der verspäteten, unterlassenen oder unrichtigen Veröffentlichung kursbeeinflussender Tatsachen zugestanden wird.

E. Allgemeine Publizitätspflichten in Bezug auf den Erwerb und die Veräußerung eigener Aktien Eine möglichst optimale Anlageentscheidung kann der Kapitalanleger nur treffen wenn ihm die Informationen zur Verfügung stehen, die für eine rationale Investitionsentscheidung erforderlich sind620. Publizitätspflichten schaffen das für das Anlagepublikum erforderliche Maß an Transparenz621.

I. Börsenrechtliche Regelpublizität Die börsenrechtliche Regelpublizität erfasst den Erwerb und die Veräußerung eigener Aktien im Rahmen des Jahresabschlusses und Lageberichts nach § 39 Abs. 1 Nr. 3 BörsG i. V. m. § 65 BörsZulVO sowie über die Zwischenberichtspflicht nach § 40 BörsG i. V. m. § 55 BörsZulVO.

619 Allerdings erfassen die Vorschriften des WpÜG lediglich den Aktienrückerwerb im Wege eines öffentlichen Angebotes. Dazu sogleich S. 259 ff. 620 Möllers, ZGR 1997, 334, 338; Assmann, in: Großkomm. AktG, Einl., Rn. 364 ff. 621 Hüffer, AktG, Anh § 22 § 21 WpHG Rn. 1.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien 1. Jahresabschluss und Lagebericht (§ 39 Abs. 1 Nr. 3 BörsG i. V. m. § 65 BörsZulVO)

Börsennotierte Gesellschaften unterliegen nach dem Börsengesetz periodischen Publizitätspflichten. Nach § 39 Abs. 1 Nr. 3 BörsG ist die Gesellschaft als Emittent verpflichtet, das Anlegerpublikum und die Zulassungsstelle über die Gesellschaft selbst und die von ihr emittierten Wertpapiere angemessen zu unterrichten. Durch § 65 BörsZulVO wird diese Pflicht dahingehend konkretisiert, dass die Gesellschaft ihren Jahresabschluss und den Lagebericht nach Feststellung durch Hinterlegung bei den Zahlstellen dem Publikum zur Verfügung stellen muss. Im Anhang des Jahresabschlusses hat die Gesellschaft den Bestand an eigenen Aktien sowie etwaige Erwerbs- und Veräußerungsvorgänge anzugeben (§ 160 Abs. 1 Nr. 2 AktG)622. Die Bestandsangabe umfasst die Zahl der eigenen Aktien und den auf sie entfallenden Betrag des Grundkapitals sowie deren prozentualen Anteil am Grundkapital. Wurden die Aktien von der Gesellschaft erworben und nicht bloß als Pfand genommen, sind außerdem der Erwerbszeitpunkt und die Erwerbsgründe anzugeben (§160 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 2. Hs. AktG). Ist der Erwerb oder die Veräußerung im laufenden Jahr erfolgt, ist neben der Zahl der Aktien und des auf sie entfallenden Betrages und Anteils am Grundkapital auch der für sie gezahlte Preis sowie die Verwendung des Erlöses zu berichten (§ 160 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 AktG). Die Berichtspflicht erstreckt sich auch auf eigene Aktien, die ein abhängiges oder in Mehrheitsbesitz der Gesellschaft stehendes Unternehmen erworben, als Pfand genommen oder veräußert hat. Die börsenrechtliche Publizitätspflicht stellt somit sicher, dass das Anlegerpublikum im nachhinein über den erfolgten Erwerb oder die Veräußerung eigener Aktien der Gesellschaft umfassend unterrichtet wird623. 2. Zwischenbericht (§ 40 BörsG i. V. m. § 55 BörsZulVO)

Nach § 40 Abs. 1 BörsG hat eine börsennotierte Gesellschaft innerhalb ihres Geschäftsjahres zumindest einen Zwischenbericht zu veröffentlichen, der anhand von Zahlenangaben und Erläuterungen ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Finanzlage und des allgemeinen Geschäftsganges im Berichtszeitraum wiedergibt. Die Verwendung liquider Mittel für den Erwerb eigener Aktien kann einen erheblichen Einfluss auf die Finanzlage der Gesellschaft haben. Der 622 Der Rechtsbegriff des Anhangs ist in § 264 Abs. 1 HGB legaldefiniert. Zu § 160 AktG vgl. Hüffer, AktG, § 160. 623 Benckendorff, S. 287.

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Zwischenbericht muss daher nähere Erläuterungen zu dem erfolgten Erwerb eigener Aktien enthalten, da nur so die Finanzlage der Gesellschaft angemessen dargestellt werden kann und die gebotene Transparenz gegenüber den Anlegern hergestellt werden kann624. Nach § 55 BörsZulVO, der die Zwischenberichtspflicht näher konkretisiert, sind Erläuterungen zu erworbenen sowie den veräußerten eigenen Aktien entsprechend der Vorgaben des § 160 Abs. 1 Nr. 2 und 5 AktG zu machen625. II. Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten bei Veränderung des Stimmrechtsanteils an börsennotierten Gesellschaften Mit der Regelung der Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten in den §§ 21 ff. WpHG ist die EG-Transparenzrichtlinie als ein Teil des Zweiten Finanzmarktförderungsgesetzes in deutsches Recht umgesetzt worden626. Die §§ 21 ff. WpHG sehen Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten vor, wenn es zu einer Veränderung des Stimmrechtsanteils an börsennotierten Gesellschaften gekommen ist. Durch die nachträgliche Offenlegung des Erwerbs oder Wegfalls von Beteiligungen an börsennotierten Aktiengesellschaften sollen die Marktteilnehmer über wesentliche Stimmrechtseinflüsse bei den Gesellschaften informiert werden627. Bei der Veränderung der Beteiligungsverhältnisse handelt es sich um marktrelevante Umstände, deren Kenntnis dem Anlegerpublikum eine bessere Beurteilung der Marktchancen ermöglicht. Pflichten zur Offenlegung von Beteiligungsverhältnissen bestehen sowohl im Aktiengesetz als auch im Wertpapierhandelsgesetz. Durch das Dritte Finanzmarktförderungsgesetz sind die aktien- und wertpapierhandelsrechtlichen Mitteilungspflichten nach §§ 20 f. AktG bzw. §§ 21 ff. WpHG weitgehend harmonisiert worden. Das Nebeneinander beider Mitteilungspflichten ist für börsennotierte Gesellschaften im Sinne des § 21 Abs. 2 WpHG zu Gunsten des Vorrangs der §§ 21 ff. WpHG beendet worden (§ 20 Abs. 8, § 21 Abs. 5 AktG)628. Die Aktien einer börsennotierten Ge624

Benckendorff, S. 288. Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 14; Keßler/Suchan, BB 2000, 2529, 2533. 626 Richtlinie über die bei Erwerb und Veräußerung einer bedeutenden Beteiligung an einer börsennotierten Gesellschaft zu veröffentlichenden Informationen vom 12.12.1988 – 88/627/EWG (ABl. EG Nr. L 348 vom 17.12.1988, S. 62). Umgesetzt als WpHG durch das Zweite Finanzmarktförderungsgesetz vom 26.7.1994 (BGBl. I 1994, 1749) mit Wirkung zum 1.1.1995; dazu M. Weber, NJW 1994, 2849 f. 627 Hüffer, AktG, Anh § 22 § 21 WpHG Rn. 1. 628 M. Weber, NJW 2000, 3461, 3462 (dort in Fn. 14). 625

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sellschaft werden von der Geltung der aktienrechtlichen Mitteilungspflichten ausgeschlossen. Nach § 21 Abs. 2 WpHG muss es sich um eine Aktiengesellschaft oder KGaA mit Sitz im Inland handeln, deren Aktien zum Amtlichen Handel an einer Börse in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union (§§ 30 ff. BörsG bzw. entsprechende ausländische Vorschriften) zugelassen sind. Die §§ 21 ff. WpHG sind daher nicht anzuwenden auf Gesellschaften, die im Geregelten Markt (§§ 49 ff. BörsG) oder im Freiverkehr (§ 57 BörsG) gehandelt werden629. Mit dem Inkrafttreten des deutschen „Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes“630 ist der Begriff der „börsennotierten Gesellschaften“ nach § 21 Abs. 2 WpHG geändert worden. Künftig sind nicht mehr nur inländische Gesellschaften erfasst, deren Aktien zum Amtlichen Handel zugelassen sind, sondern vielmehr alle Gesellschaften, deren Aktien zum organisierten Markt an einer Börse in einem EU-Mitgliedstaat oder einem anderen Staat des Europäischen Wirtschaftsraums zugelassen sind631. Dazu zählen nicht nur der Amtliche Handel (§§ 30 ff. BörsG), sondern auch der Geregelte Markt (§§ 49 ff. BörsG) sowie der Neue Markt. Dagegen werden Gesellschaften, deren Aktien im Freiverkehr gehandelt werden, auch weiterhin nicht erfasst632. Durch diese Änderung will der Gesetzgeber eine weitere Verbesserung der Transparenz sowie die Harmonisierung der §§ 21 ff. WpHG mit dem Anwendungsbereich des künftigen Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes herbeiführen633.

629 Hüffer, AktG, Anh § 22 § 21 WpHG Rn. 13; Benckendorff, S. 291; krit. U. H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 21 Rn. 50. Wastl, NZG 2000, 505, 511, sieht darin eine „bedauerliche Lücke unter dem Gesichtspunkt des Anlegerschutzes im Hinblick auf die aus kapitalmarktpraktischen Gründen wünschenswerte und möglichst weitgehende Transparenz“. 630 Nachw. in Fn. 501 (3. Teil). 631 Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 2 Rn. 95 f. Ein organisierter Markt ist gemäß § 2 Abs. 5 WpHG ein Markt, der von staatlichen Stellen überwacht wird, regelmäßig stattfindet und für das Publikum unmittelbar oder mittelbar zugänglich ist. 632 Erwirbt eine Gesellschaft, die im Freiverkehr (§ 57 BörsG) gehandelt wird oder nicht an einer Börse notiert ist, eigene Aktien zurück und berührt sie dabei die genannten Schwellenwerte, muss sie den Erwerb oder den Wegfall der wesentlichen Beteiligung auch nicht nach den §§ 20, 21 AktG offen legen. Danach beziehen sich die Mitteilungspflichten der Aktiengesellschaft nur auf den Erwerb oder den Wegfall einer wesentlichen Beteiligung an einem „anderen“ Unternehmen. Zurückerworbene eigene Aktien können eine Mitteilungspflicht nach §§ 20, 21 AktG daher nicht begründen. 633 Vgl. Begr. RegE zum WpÜG, BR-Drucks. 574/01, S. 176; Witt, AG 2001, 233, 234 f.

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1. Aktienrechtliche Relevanz der §§ 21 ff. WpHG

Die §§ 21 ff. WpHG sind auf Grund ihres Regelungszwecks und ihrer Ausgestaltung in erster Linie dem Kapitalmarktrecht zuzuordnen. Ihre aktienrechtliche Bedeutung zeigt sich bei den Sanktionen des § 28 WpHG, der den zeitweiligen Verlust oder das Ruhen der Stimmrechte anordnet, und dem Ausübungsverbot nach § 23 Abs. 4 WpHG. Auf diese Weise wird in den Kernbereich der Mitgliedschaft des Aktionärs und die freie Willensbildung der Hauptversammlung durch Beschluss eingegriffen634. 2. Mitteilungspflichten des Meldepflichtigen (§ 21 WpHG)

Nach § 21 Abs. 1 S. 1 WpHG sind die Aktionäre verpflichtet, bei Erwerb oder Veräußerung von Beteiligungen an börsennotierten Aktiengesellschaften, die bestimmte Schwellenwerte berühren, der Gesellschaft sowie dem Bundesaufsichtsamt unverzüglich (§ 121 Abs. 1 S. 1 BGB), spätestens jedoch sieben Kalendertage nach Kenntnisnahme, Mitteilung zu machen. Die Mitteilungspflicht entsteht, wenn ein Mitteilungspflichtiger durch Erwerb, Veräußerung oder auf sonstige Weise 5, 10, 25, 50 oder 75 v. H. der Stimmrechte erreicht bzw. über- oder unterschreitet. Bezugsgröße ist die Gesamtzahl der durch alle Aktien der Gesellschaft gewährten Stimmrechte. Die Höhe der Beteiligung am Nennwert ist dagegen nicht maßgeblich635. a) Mitteilungspflicht der Gesellschaft selber Bezugsgröße für die Mitteilungspflicht des § 21 Abs. 1 S. 1 AktG ist die Veränderung des Stimmrechtsanteils. Die Aktiengesellschaft kann aus gehaltenen eigenen Aktien keine Stimmrechte ausüben (§ 71b AktG). Infolge des Erwerbs oder der Veräußerung verändert sich der Stimmrechtsanteil der Gesellschaft gerade nicht. Die Schwellenwerte des § 21 Abs. 1 S. 1 WpHG können aus Sicht der Gesellschaft nicht berührt werden. Seinem Wortlaut nach findet § 21 Abs. 1 S. 1 AktG daher keine Anwendung auf den Erwerb oder die Veräußerung eigener Aktien durch die Gesellschaft636.

634

Hüffer, AktG, Anh § 22 § 21 WpHG Rn. 3. Hüffer, AktG, Anh § 22 § 21 WpHG Rn. 5 ff. Bei jeder Vornahme eines solchen auf die dingliche Übertragung der Aktien gerichteten Rechtsgeschäfts entsteht die Mitteilungspflicht erneut. 636 Benckendorff, S. 291; Bosse, ZIP 1999, 2047, 2050. Opitz, in: Schäfer, WpHG/BörsG/VerkProspG, § 21 WpHG Rn. 3. 635

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

b) Mitteilungspflichten der Inhaber von Stimmrechtsanteilen im Falle des Erwerbs oder der Veräußerung eigener Aktien durch die Gesellschaft Infolge des Erwerbs bzw. der Veräußerung eigener Aktien können jedoch die verbleibenden Aktionäre der Gesellschaft einer Mitteilungspflicht unterliegen. Der durch § 71b AktG angeordnete Entzug der Stimmrechte seitens der Gesellschaft hat zur Folge, dass sich die Stimmrechtsanteile der Aktionäre verschieben können, wenn der Rückerwerb nicht pro rata erfolgt637. Obwohl die effektive Stimmmacht nicht mehr dem Kapitalanteil der Aktien entspricht, sind die von der Gesellschaft gehaltenen eigenen Aktien der Gesamtzahl der Stimmen zuzurechnen638. Es ist dem einzelnen Aktionär jedoch grundsätzlich nicht zumutbar, sich laufend über den Bestand der von der Gesellschaft gehaltenen eigenen Aktien zu erkundigen. Bei einem Aktienrückkauf der Gesellschaft von Dritten müssen die übrigen Inhaber von Stimmrechtsanteilen daher nicht prüfen, ob sich ihr realer Stimmrechtsanteil so verändert hat, dass die Schwellenwerte berührt werden639. Diese Einschränkung der Transparenz kann nur dann nicht sachgerecht sein, wenn der Aktionär als Unternehmer laufend direkten Zugriff auf alle relevanten Daten hat640. Gleiches muss bei der Einziehung und anschließender Herabsetzung des Grundkapitals gelten. In diesen Fällen sind die Aktionäre verpflichtet, eine daraus resultierende Überschreitung der Schwellenwerte des § 21 WpHG zu prüfen und gegebenenfalls eine Mitteilung über die Veränderung der Stimmrechtsanteile gegenüber der Gesellschaft und der BAFin abzugeben641. 3. Veröffentlichungspflicht der börsennotierten Gesellschaft (§ 25 WpHG)

a) Besondere Erklärung bei Erwerb oder Veräußerung eigener Aktien Die Vorschrift des § 25 WpHG betrifft die Veröffentlichungspflichten der börsennotierten Aktiengesellschaft. Dadurch soll die von §§ 21 ff. WpHG verfolgte Informationsöffentlichkeit auch für die von der Gesellschaft erworbenen eigenen Aktien hergestellt werden642. Der § 25 WpHG dient der 637

Benckendorff, S. 292. So die h. M.; Burgard, BB 1995, 2069, 2071; Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 21 Rn. 34; Opitz, in: Schäfer, WpHG/BörsG/VerkProspG, § 21 WpHG Rn. 23. 639 So auch BAWe-Schreiben, Ziff. 4. 640 So Bosse, ZIP 1999, 2047, 2050. 641 Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 14; BAWe-Schreiben, Ziff. 4. 638

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Klarstellung, weil die Aktiengesellschaft wegen § 71b AktG keine Stimmrechte aus eigenen Aktien ausüben kann und der Wortlaut des § 21 WpHG somit nicht einschlägig ist. Zudem kann die Gesellschaft die nach § 21 WpHG angeordnete Mitteilung schlecht sich selber machen. Die Mitteilungspflicht ersetzt § 25 Abs. 1 S. 3 WpHG durch die Pflicht, die Informationsöffentlichkeit mittels einer besonderen Erklärung herzustellen. Erwirbt oder veräußert die Aktiengesellschaft eigene Aktien und führt dieser Vorgang dazu, dass die Stimmrechte der von der Gesellschaft gehaltenen eigenen Aktien die in § 21 WpHG festgesetzten Schwellenwerte erreichen, über- oder unterschreiten, ist eine entsprechende Meldung von der Gesellschaft in einem überregionalen Börsenpflichtblatt zu veröffentlichen (§ 25 Abs. 1 S. 3 WpHG). Der Inhalt dieser Erklärung richtet sich nach der Mitteilung im Sinne von § 21 WpHG643. Die börsennotierte Gesellschaft muss die Mitteilung unverzüglich (§ 121 Abs. 1 S. 1 BGB), spätestens aber innerhalb von neun Kalendertagen nachdem es zu der Berührung eines der Schwellenwerte gekommen ist, unter Angabe der Gesellschaft und ihres Sitzes in einem übergeordneten Börsenpflichtblatt veröffentlichen644. Der BAFin ist unverzüglich ein Beleg über die Veröffentlichung zu übersenden (§ 25 Abs. 1 S. 3 WpHG). Die eigentliche Informationspflicht gegenüber der BAFin folgt bereits aus § 71 Abs. 3 S. 3 AktG645. b) Zurechnung von Stimmrechten Um einer möglichen Umgehung der Mitteilungspflichten vorzubeugen, sieht § 22 WpHG vor, dass die Mitteilungspflicht nach § 21 Abs. 1 S. 1 WpHG auch dann entsteht, wenn durch Zusammenrechnung mit den direkt gehaltenen Aktien oder durch die zugerechneten Aktien allein die Schwellenwerte berührt werden. Denn marktrelevant und daher mitteilungspflichtig ist nicht nur die direkte Stimmberechtigung, die bestimmte Schwellenzahlen berührt, sondern auch die Möglichkeit, auf die Stimmrechtsausübung eines anderen Einfluss zu nehmen646. Im Wesentlichen erfasst § 22 Abs. 1 WpHG Sachverhalte, bei denen der Dritte zwar Aktionär ist, aber entweder bei der Ausübung seiner Stimmrechte gebunden ist (Nr. 1 bis 3) oder einer 642

Hüffer, AktG, Anh § 22 § 25 WpHG Rn. 1. Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 30; Hüffer, AktG, Anh § 22 § 25 WpHG Rn. 3; M. Weber, NJW 2000, 3461, 3462. 644 BAWe-Schreiben, Ziff. 3; Zur Befreiung von der Veröffentlichungspflicht gemäß § 25 Abs. 4 WpHG vgl. Hüffer, AktG, Anh § 22 § 25 WpHG Rn. 4. 645 Dazu oben Seite 249 ff. 646 Hüffer, AktG, Anh § 22 § 22 WpHG Rn. 1 f. 643

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

Erwerbsoption des Meldepflichtigen unterliegt (Nr. 6)647. Der in § 22 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 und 6 WpHG vorausgesetzte Begriff des kontrollierten Unternehmens wird in § 22 Abs. 3 WpHG legal definiert. Eine Absorption der Stimmrechte durch die Zurechnung findet nicht statt, so dass sowohl die Gesellschaft als auch der Dritte mitteilungspflichtig sind648. Die Mitteilung hat getrennte Angaben über die zuzurechnenden Stimmrechte geordnet nach Zurechnungssachverhalten zu machen (§ 22 Abs. 2 WpHG)649. III. Die Ad-hoc-Publizität des § 15 WpHG und ihr Verhältnis zur Regelpublizität Die Ad-hoc-Publizität ist neben ihrer Funktion als präventives Instrument des Insiderrechts zugleich Bestandteil der kapitalmarktrechtlichen Informationspflichten. Sie ergänzt die laufende Publizität in Form der periodischen aktienrechtlichen Rechnungslegung und der obligatorischen Zwischenberichterstattung (sog. „Regelpublizität“)650. Die unverzügliche Veröffentlichung von publizitätspflichtigen Tatsachen im Rahmen der Ad-hoc-Publizität bedeutet aus Sicht der Regelpublizität eine vorgezogene Veröffentlichung. Auf diese Weise soll den Kapitalmarktteilnehmern auch zwischen den Stichtagen der Regelpublizität der schnelle Zugang zu Informationen über wichtige Ereignisse aus der Unternehmenssphäre des Emittenten ermöglicht werden. Nur so können dem Anleger alle für die Beurteilung der Wertpapiere wichtigen Tatsachen bereits unverzüglich mit ihrem Eintreten zugänglich gemacht werden651. Die Ad-hoc-Publizität hat also einen eigenen Anwendungsbereich und kann durch die Regelpublizität nicht ersetzt werden. Allerdings beinhaltet die Ad-hoc-Mitteilung nur die Tatsache als solches; eine Berichterstattung im Umfang der Regelpublizität hat nicht zu erfolgen652. 647

Zu den Einzelheiten vgl. Hüffer, AktG, Anh § 22 § 22 WpHG Rn. 3 ff. Hüffer, AktG, Anh § 22 § 22 WpHG Rn. 6. Zur Vermeidung von Doppelmitteilungen durch Mutter- und Tochterunternehmen im Konzern ist es nach § 24 WpHG erlaubt, dass nur das Mutterunternehmen die erforderliche Mitteilung macht; dazu Hüffer, a. a. O., Anh § 22 § 24 WpHG Rn. 1. 649 Künftig als § 22 Abs. 4 WpHG; vgl. Begr. RegE zum WpÜG, BR-Drucks. 574/01, S. 177. 650 Begr. RegE zur Börsengesetznovelle 1986, BT-Drucks. 10/4696, S. 16; Wölk, AG 1997, 73; Assmann, ZGR 1994, 494, 528; Kümpel, in: Bank- und KapitalmarktR, Rn. 16.215; ders., in: Assmann/Schneider, WpHG, § 15 Rn. 21 mit Nachw. 651 Vgl. Begr. RegE zum 2. FFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 16; Kümpel, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 15 Rn. 21. 652 BAWe-Leitfaden, S. 31. Zur Abgrenzung zwischen Ad-hoc-Publizität und Regelpublizität vgl. Bekanntmachung des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapier648

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F. Anwendbarkeit des WpÜG auf öffentliche Angebote zum Erwerb eigener Aktien (Self Tender Offers) Das WpÜG653 regelt öffentliche Angebote zum Erwerb von Wertpapieren, die auf den Erwerb der Kontrolle an einer Zielgesellschaft gerichtet sind (Übernahmeangebote) oder eine bereits bestehende Kontrollmehrheit voraussetzen (Pflichtangebote)654. Darüber hinaus trifft es mit den §§ 10 bis 28 WpÜG Bestimmungen aber auch Regelungen für jegliche öffentliche Angebote zum Erwerb von Wertpapieren655. Der Rückerwerb eigener Aktien im Wege des öffentlichen Angebotsverfahrens (self tender offer) findet im WpÜG allerdings keine ausdrückliche Erwähnung. Auf Anfrage der Siemens AG hat das BAWe (heute BAFin) im April 2002 erklärt, auf öffentliche Angebote zum Erwerb eigener Aktien das WpÜG anwenden zu wollen656. Auch in der Literatur wird überwiegend von der Anwendbarkeit wesentlicher Vorschriften des WpÜG auf den Rückerwerb eigener Aktien ausgegangen657. Uneinigkeit besteht jedoch in der Frage, ob das WpÜG direkt anwendbar ist und einzelne Bestimmungen der §§ 10–28 WpÜG teleologisch zu reduzieren sind658, oder ob lediglich eine analoge Anwendung der Vorschriften möglich ist, die nicht von einer Dualität von Bieter und Zielgesellschaft ausgehen659. Von der Beantwortung dieser Frage hängt auch ab, welche Vorschriften des WpÜG letztlich auf den Erwerb eigener Aktien im öffentlichen Angebotsverfahren zur Anwendung kommen. I. Unmittelbare oder analoge Anwendbarkeit des WpÜG Der Anwendungsbereich des WpÜG umfasst nach § 1 WpÜG „Angebote zum Erwerb von Wertpapieren, die von einer Zielgesellschaft ausgegeben wurden und zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind.“ handel zum Verhältnis von Regelpublizität und Ad hoc-Publizität v. 9.7.1996, Bundesanzeiger Nr. 133/8167. 653 Nachw. in Fn. 501 (3. Teil). 654 Dazu ausf. unten Seite 276 ff. 655 Fleischer/Körber, BB 2001, 2589, 2591. 656 Vgl. AG 2002, R 199. 657 Lenz/Linke, AG 2002, 420 ff.; Baums/Stöcker, passim.; Fleischer/Körber, BB 2001, 2589 ff.; Oechsler, NZG 2001, 817 ff.; a. A. Angerer, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 1 WpÜG Rn. 99 ff.; Süßmann, AG 2002, 424 ff; Baum, ZHR 167 (2003), 580 ff. 658 Fleischer/Körber, BB 2001, 2589, 2592 ff.; Oechsler, NZG 2001, 817, 818; Lenz/Linke, AG 2002, 420, 422. 659 Baums/Stöcker, S. 53 f.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

Der Definition des Angebots in § 2 Abs. 1 WpÜG ist nicht zu entnehmen, dass ein Angebot im vorgenannten Sinne nicht von der Zielgesellschaft selbst abgegeben werden kann. Jede Zielgesellschaft im Sinne von § 2 Abs. 3 WpÜG kann demnach auch Bieter nach § 2 Abs. 4 WpÜG sein660. Der Wortlaut der §§ 1, 2 WpÜG steht daher nach einhelliger Ansicht in der Literatur einer Anwendbarkeit des WpÜG auf öffentliche Angebote zum Rückerwerb eigener Aktien nicht entgegen661. Die Gesetzesmaterialen schweigen zu der Frage der Anwendbarkeit des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien im Wege des öffentlichen Angebotes. Die Definition des „Angebots“ in Art. 2 lit. a S. 1 der gescheiterten Übernahmerichtlinie hatte Angebote der Zielgesellschaft zum Erwerb eigener Aktien ausdrücklich ausgeklammert662. Das Schweigen des deutschen Gesetzgebers lässt jedoch nicht den Schluss zu, er habe den Rückerwerb eigener Aktien durch ein öffentliches Angebot gerade in den Anwendungsbereich einbeziehen wollen663. Die herrschende Meinung in der Literatur leitet eine direkte Anwendbarkeit des WpÜG auf öffentlich Rückerwerbsangebote vielmehr aus dem Sinn und Zweck des WpÜG her664. Dabei stützt sie sich insbesondere auf die vom Gesetzgeber angeführten Ziele, der mit dem WpÜG Leitlinien für ein faires und transparentes Angebotsverfahren schaffen sowie Information und Transparenz für die Aktionäre und Arbeitnehmer der Zielgesellschaft verbessern wollte665. Von dieser Zielsetzung wird das Angebot der Gesellschaft ebenso erfasst wie das Angebot eines Dritten. Denn ebenso wie bei einem sonstigen Angebot im Sinne der §§ 10 ff. WpÜG bedarf der Aktionär auch bei einem Erwerb eigener Aktien umfassende Informationen über das Angebot der Gesellschaft sowie ausreichend Zeit, um auf Grundlage dieser Infor660

Vgl. Baums/Stöcker, S. 4; Lenz/Linke, AG 2002, 420, 421. Baums/Stöcker, S. 5; Lenz/Linke, AG 2002, 420, 421; Angerer, in: Geibel/ Süßmann, WpÜG, § 1 WpÜG Rn. 100; Fleischer/Körber, BB 2001, 2589, 2592; Oechsler, NZG 2001, 817, 818. 662 Vgl. Art. 2 lit. a S. 1 Übernahmerichtlinie i. d. F. des Gemeinsamen Standpunktes des Rates vom 19.06.2000 (unten Fn. 757 (3. Teil)). 663 Diese Schlussfolgerung liegt zumindest nicht ganz fern. Das WpÜG beschränkt sich, anders als die gescheiterte Übernahmerichtlinie, nicht auf die Regulierung von Angeboten im Zusammenhang mit einem Kontrollerwerb, sondern trifft in den §§ 10 ff. WpÜG Regelungen für jegliche öffentlichen Angebote zum Erwerb von Wertpapieren. Vgl. Baums/Stöcker, S. 5 f. 664 Lenz/Linke, AG 2002, 420, 422; Fleischer/Körber, BB 2001, 2589, 2592; Oechsler, NZG 2001, 817, 818. A.A. Süßmann, AG 2002, 424 f.: Aufgrund der Gleichheit von Bieter und Zielgesellschaft und der mit dem Rückkauf verfolgten Ziele bestehe das von der h. M. angeführte Schutz- und Informationsbedürfnis gerade nicht. 665 Begr. RegE zum WpÜG, BT-Drucks. 14/7034, S. 28. 661

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261

mationen eine Entscheidung darüber zu treffen, ob das Angebot angemessen ist und er seine Aktien an die Gesellschaft veräußern will oder nicht. Diese Entscheidung kann der Aktionär nur auf Grundlage einer umfassenden Angebotsunterlage treffen. Diesbezüglich ist kein Unterschied zwischen dem Angebot eines Dritten und dem Angebot der Gesellschaft selber zu sehen666. Außerdem dient der Erwerb eigener Aktien im Wege des öffentlichen Angebotsverfahrens als mögliche Verteidigungsmaßnahme in einem feindlichen Übernahmeverfahren. Der Grundsatz der Waffengleichheit gebietet es, dass die Offerte der Zielgesellschaft, die den Rückerwerb als Verteidigungsmittel einsetzt, den Vorschriften des WpÜG genügt667. Es besteht mit § 71 Abs. 1 S. 3 und 4 sowie § 71 Abs. 3 S. 1 und 3 AktG auch keine abschließende verfahrensrechtliche Regelung für den Rückerwerb auf Grund einer Ermächtigung durch die Hauptversammlung. Der Gesetzgeber hielt die Festlegung weiterer ausdrücklicher gesetzlicher Verfahrensvorschriften zum Ankauf eigener Aktien angesichts der strikten Geltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes gemäß § 53a AktG zwar für entbehrlich668. Es ist jedoch ein Bedürfnis nach kapitalmarktrechtlichem Schutz auf Grund des deutlichen Informationsgefälles zwischen dem Management der Gesellschaft einerseits und dem Anlegerpublikum andererseits unverkennbar. So konzentrieren sich die aktienrechtlichen Vorschriften im Wesentlichen auf die aktienrechtliche Zulässigkeit des Rückerwerbs („Ob“), während das WpÜG Vorschriften enthält, die insbesondere das Verfahren des Rückerwerbs regeln („Wie“)669. Allerdings gehen zahlreiche Vorschriften der §§ 3, 10 ff. WpÜG ausdrücklich von der Dualität von Bieter und Zielgesellschaft aus670. Es wird deutlich, dass jedenfalls einzelne Vorschriften des WpÜG nicht den Fall meinen, dass die Gesellschaft ihre eigenen Aktien im Wege des öffentlichen Angebots zurückerwirbt, sondern dass sich Bieter und Zielgesellschaft personenverschieden gegenüberstehen. Die betreffenden Vorschriften sind im Wege der teleologischen Reduktion dahingehend auszulegen, dass die auf den Erwerb eigener Aktien durch ein öffentliches Übernahmeangebot nicht bzw. nur eingeschränkt Anwendung finden671. Es können sich 666

Fleischer/Körber, BB 2001, 2589, 2592; Lenz/Linke, AG 2002, 420, 422. Vgl. Fleischer/Körber, BB 2001, 2589, 2592. 668 Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 13; vgl. auch Baums/ Stöcker, S. 7, 10 ff. 669 Fleischer/Körber, BB 2001, 2589, 2592 f. A.A. Angerer, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 1 WpÜG Rn. 101, der einen ausreichenden Schutz der Aktionäre bereits durch die §§ 53a, 71 ff. AktG gewährleistet sieht. 670 Fleischer/Körber, BB 2001, 2589, 2593; Baums/Stöcker, S. 12. Für Angerer, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, § 1 WpÜG Rn. 100, ein deutliches Indiz für die Nichtanwendbarkeit des WpÜG im Ganzen. 667

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

außerdem Abgrenzungsfragen im Verhältnis zu den Rückerwerbsvorschriften des Aktienrechts ergeben. So sind wohl die Zuteilungsregeln des § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 bis 5 AktG gegenüber § 19 WpÜG als leges speciales anzusehen672. II. Anwendbarkeit einzelner Vorschriften des WpÜG Die direkte Anwendbarkeit des WpÜG führt dazu, dass eine Gesellschaft bei der Planung und Durchführung des Rückerwerbs eigener Aktien durch self tender offer eine Vielzahl gesonderter gesetzlicher Vorgaben beachten muss. Es ist jedoch zunächst ein Überblick zu geben über die Vorschriften, deren Anwendbarkeit eindeutig eine Dualität von Bieter und Zielgesellschaft voraussetzt und die daher für das Rückerwerbsverfahren unbeachtlich sind673. 1. Nicht anwendbare Vorschriften

Nicht anwendbar ist zunächst § 3 Abs. 4 WpÜG. Nach dieser Vorschrift haben „Bieter und Zielgesellschaft [. . .] das Verfahren rasch durchzuführen“ und die Zielgesellschaft darf nicht über einen angemessenen Zeitraum hinaus in ihrer Geschäftstätigkeit behindert werden. Eine solche Behinderung kann aber durch das öffentliche Angebot zum Erwerb eigener Aktien nicht ausgelöst werden. 671 Fleischer/Körber, BB 2001, 2589, 2593; Lenz/Linke, AG 2002, 420, 422; Oechsler, NZG 2001, 817, 818. A.A. Baums/Stöcker, S. 15 ff.: Einzelne Vorschriften des WpÜG seien aus systematischen und verfassungsrechtlichen Gründen lediglich analog anzuwenden. Nicht anwendbar seien insbesondere die analogiefeindlichen Ermächtigungsgrundlagen zum Erlass belastender Verwaltungsaktie seitens des BAFin (vgl. §§ 4 Abs. 1 S. 3, 40 Abs. 1 WpÜG) und daran anknüpfende Bestimmungen sowie die gleichfalls nicht analogiefähigen Bußgeldvorschrift des § 60 WpÜG. 672 Vgl. Oechsler, NZG 2001, 817, 819; Fleischer/Körber, BB 2001, 2589, 2593. Fraglich ist allerdings, ob aktienrechtliche Regelungen, die einen hinreichenden Mitgliederschutz sicherstellen können, den entsprechenden Vorschriften des WpÜG vorgehen. Dagegen spricht der Schutzzweck des WpÜG, der allein an den Interessen eines funktionsfähigen Kapitalmarktes ausgerichtet ist. So sind etwa die Publizitätspflichten des § 11 WpÜG im Hinblick auf die Informationsbedürfnisse des Anlegerpublikums und eine größtmögliche Markttransparenz zu erfüllen. Vergleichbare Publizitätsvorschriften des Aktienrechts können im Einzelfall inhaltlich andere oder auch geringere Anforderungen stellen. Der Schutz des WpÜG darf den Anlegern daher nicht mit Verweis auf die mitgliederschützenden Charakter aktienrechtlicher Vorschriften entzogen werden. A.A. diesbezüglich Oechsler, NZG 2001, 817, 818 f. 673 Vgl. dazu im Einzelnen Lenz/Linke, AG 2002, 420, 423; Oechsler, NZG 2001, 817, 818; Fleischer/Körber, BB 2002, 2589, 2593.

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Ebenfalls unanwendbar ist § 10 Abs. 5 WpÜG, der die Pflicht des Bieters statuiert, dem Vorstand der Zielgesellschaft die Entscheidung zur Abgabe eines Angebots unverzüglich nach der Veröffentlichung schriftlich mitzuteilen, sowie § 10 Abs. 1 S. 2 und 3, Abs. 2 S. 3 und Abs. 4 S. 2 WpÜG; die dort geregelten Mitteilungspflichten setzen eine Dualität von Bieter und Zielgesellschaft voraus674. Die in den Angebotsunterlagen verlangten Angaben zum Namen und Anschrift bzw. Firma und Sitz sowie die Rechtsform des Bieters sind identisch mit denen der Zielgesellschaft. Daher sind Angaben nach § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und 2 WpÜG ebenso entbehrlich wie solche zu Geldleistungen und anderen geldwerten Vorteilen, die den Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern der Zielgesellschaft gewährt oder in Aussicht gestellt werden (§ 11 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 WpÜG)675. Nicht anwendbar ist auch § 14 Abs. 4 WpÜG, wonach der Bieter „die Angebotsunterlage dem Vorstand der Zielgesellschaft unverzüglich nach der Veröffentlichung nach Absatz 3 Satz 1 zu übermitteln“ hat. Die von dem sachlichen Regelungsgehalt dieser Vorschrift vorausgesetzte Dualität von Bieter und Zielgesellschaft liegt bei einem Rückerwerb eigener Aktien nicht vor. Der den Handelsbestand regelnde § 20 WpÜG setzt voraus, dass der Bieter grundsätzlich Stimmrechte aus den von ihm gehaltenen Aktien der Zielgesellschaft aktienrechtlich ausüben kann. Dem steht bei einem Rückerwerb eigener Aktien bereits § 71b AktG entgegen, wonach die Gesellschaft keine Rechte aus eigenen Aktien ausüben kann676. Nach § 26 WpÜG hat der Bieter, dessen Angebot durch die BAFin untersagt worden oder erfolglos geblieben ist, eine gewisse Sperrfrist einzuhalten, bevor er erneut ein öffentliches Angebot abgibt. Diese Vorschrift kann auf den Erwerb eigener Aktien keine Anwendung finden, da eine Störung der Geschäftstätigkeit der Zielgesellschaft in diesem Fall ausgeschlossen ist677. Schließlich setzt auch § 27 WpHG, der den Vorstand und Aufsichtsrat der Zielgesellschaft verpflichtet, eine begründete Stellungnahme zu dem (eigenen) Angebot abzugeben, die Dualität von Bieter und Zielgesellschaft voraus und ist daher unanwendbar auf den Aktienrückerwerb.

674 675 676 677

Lenz/Linke, AG 2002, 420, 423. Vgl. Lenz/Linke, AG 2002, 420, 423. Dazu oben S. 183. Lenz/Linke, AG 2002, 420, 423.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien 2. Anwendbare Vorschriften

Auf den Erwerb eigener Aktien durch Abgabe eines öffentlichen Angebots sind die materiellrechtlichen Regelungen des 3. Abschnitts, die Verfahrensvorschriften des 6. Abschnitts und die Vorschriften zum Rechtsmittelverfahren und zum Sanktionensystem der Abschnitte 7 und 8 des WpÜG anwendbar678. Im Einzelnen sind insbesondere folgende Vorschriften zu beachten: Die Pflicht zur Gleichbehandlung aller Aktionäre der Zielgesellschaft nach § 3 Abs. 1 WpÜG entspricht der schon in § 53a AktG aktienrechtlich normierten Pflicht. Nach § 3 Abs. 2 WpÜG müssen die Inhaber von Wertpapieren der Zielgesellschaft über genügend Zeit und ausreichende Informationen verfügen, um in Kenntnis der Sachlage über das öffentliche Angebot entscheiden zu können. Dieser Bedenkzeit bedürfen die Aktionäre unabhängig davon, ob es sich um das Angebot eines Dritten oder der Zielgesellschaft selber handelt. Nur so ist sichergestellt, dass die Aktionäre die in der Regel umfangreichen Angebotsunterlagen prüfen und auf dieser Grundlage eine fundierte Entscheidung treffen können679. Während des Angebotsverfahrens gilt selbstverständlich auch die allgemeine gesellschaftsrechtliche Pflicht des Vorstands und des Aufsichtsrates der Zielgesellschaft im Interesse ihrer Gesellschaft zu handeln (vgl. § 3 Abs. 3 WpÜG). Nach § 3 Abs. 5 WpÜG dürfen „beim Handel mit Wertpapieren der Zielgesellschaft [. . .] keine Marktverzerrungen geschaffen werden.“ Die Gesellschaft hat die in § 10 WpÜG normierten Mitteilungspflichten zu erfüllen. Auf Grund des grundsätzlich in der Rückerwerbsentscheidung des Vorstands liegenden Kursbeeinflussungspotentials ist eine frühzeitige Unterrichtung der Öffentlichkeit erforderlich, um das Ausnutzen besonderer Informationen zu verhindern. Die Verpflichtung zur Veröffentlichung entsteht erst mit der Entscheidung des Vorstands, mit der Durchführung des Rückkaufprogramms im Wege des öffentlichen Angebotsverfahrens zu beginnen (§ 10 Abs. 1 S. 1 WpÜG); die Ermächtigung durch die Hauptversammlung bedeutet dagegen noch keine Entscheidung im Sinne von § 10 Abs. 1 S. 1 WpÜG680. Die Entscheidung ist vorab den in § 10 Abs. 2 S. 1 WpÜG Genannten bekannt zu machen. Dabei ist insbesondere eine Mitteilung an die BAFin erforderlich, um die Überwachung der Einhaltung der Veröffentlichungspflicht sicherzustellen681. 678

Vgl. Lenz/Linke, AG 2002, 420, 423. Zu beachten sind auch die entsprechenden Vorschriften der WpÜG-Angebotsverordnung (AngVO) vom 27.12.2001, BGBl. I 2001, 4263. 679 Begr. RegE zum WpÜG, BT-Drucks. 14/7024, S. 35; Baums/Stöcker, S. S 20. 680 Oechsler, NZG 2001, 817, 818. So auch BAFin, Schreiben vom 26.4.2002 (Ad-hoc-Publizität und neues Übernahmerecht).

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Für die Aktionäre ist die Vorschrift des § 11 WpÜG über die Erstellung einer Angebotsunterlage von besonderer Bedeutung. Nach § 11 Abs. 1 WpÜG hat die Gesellschaft Unterlagen über das Angebot zu erstellen und zu veröffentlichen, die Angaben enthalten müssen, „die notwendig sind, um in Kenntnis der Sachlage über das Angebot entscheiden zu können. Die Angaben müssen richtig und vollständig sein.“ Außerdem ist die Angebotsunterlage in deutscher Sprache und in einer Form abzufassen, die ihr Verständnis und ihre Auswertung erleichtert. Um sachgerecht entscheiden zu können, benötigt der Aktionär richtige und vollständige Informationen über das Angebot. Dieses Bedürfnis besteht unabhängig davon, ob das Angebot von einem dritten Bieter oder der Zielgesellschaft selber abgeben wird. Von besonderem Interesse für die Entscheidung der Aktionäre sind die mit dem Angebot verfolgten Ziele, der genaue Inhalt des Angebots im Hinblick auf die Höhe der Gegenleistung und die Durchführungsmodalitäten (vgl. § 11 Abs. 2 S. 1 und 2 Nr. 3 bis 6 sowie S. 3 Nr. 1 WpÜG sowie § 11 Abs. 4 i. V. m. § 2 AngVO). Eine entsprechende aktienrechtliche Informationspflicht des Vorstands gegenüber den Aktionären besteht nicht682. Nach § 12 WpÜG haftet grundsätzlich derjenige, der die Verantwortung für die Angebotsunterlage übernommen hat bzw. diese veranlasst hat, für dort gemachte Angaben, die unrichtig oder unvollständig und für die Beurteilung des Angebots wesentlich sind683. Zu beachten ist außerdem § 13 WpÜG, wonach der Bieter verpflichtet ist, die Erfüllung des Angebots sicherzustellen. Zwar kann der Rückerwerb in den Fällen des § 71 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, 7 und 8 AktG ohnehin nur erfolgen, wenn ausreichend freie Mittel zur Finanzierung zur Verfügung stehen (§ 71 Abs. 2 S. 2 AktG)684. Die Aktionäre der Zielgesellschaft als Adressaten des Angebots bedürfen des Schutzes vor mangelnder Leistungsfähigkeit des Bieters allerdings unabhängig davon, ob es sich bei dem Bieter um einen Dritten oder um die Zielgesellschaft selbst handelt. Nach § 13 Abs. 1 S. 2 WpÜG muss die Gesellschaft eine Finanzierungsbestätigung eines unabhängigen Wertpapierdienstleistungsunternehmens vorweisen können. Außerdem sieht § 13 Abs. 2 WpÜG die Möglichkeit des Schadenersatzes vor. Der insoweit weitergehende Schutz des § 13 WpÜG darf den Aktionären aber nicht vorenthalten werden685. 681

Begr. RegE zum WpÜG, BT-Drucks. 14/7034, S. 40. Lenz/Linke, AG 2002, 420, 423; vgl. auch Baums/Stöcker, S. 23 ff.; a. A. wohl Oechsler, NZG 2001, 817, 818. 683 Oechsler, NZG 2001, 817, 818. 684 Vgl. oben S. 142. 685 Lenz/Linke, AG 2002, 420, 424; Oechsler, NZG 2001, 817, 818 f. 682

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

§ 14 WpÜG verpflichtet den Bieter zur Übermittlung der Angebotsunterlage an die BAFin (Abs. 1) und zur Veröffentlichung der Unterlage (Abs. 2 und 3). Unvollständige oder evident rechtswidrige Angebote müssen auch für den Fall der von der Gesellschaft selbst abgegebenen Angebote zum Erwerb eigener Aktien verhindert und die Adressaten derartiger Angebote geschützt werden. Die BAFin überprüft die Angebotsunterlage auf Vollständigkeit der nach § 11 Abs. 2 und Abs. 4 i. V. m. § 2 AngVO erforderlichen Angaben und daraufhin, dass die in der Unterlage enthaltenen Angaben nicht offensichtlich gegen Vorschriften des WpÜG oder der genannten Rechtsvorschriften verstoßen. Im Falle eines negativen Prüfergebnisses muss die BAFin das Angebot untersagen (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 und 2 WpÜG)686. Nach § 16 Abs. 1 WpÜG darf die Frist für die Annahme des Angebots nicht weniger als vier Wochen und nicht mehr als zehn Wochen betragen. Die Annahmefrist beginnt mit der Veröffentlichung der Angebotsunterlage gemäß § 14 Abs. 3 S. 1 WpÜG. Im Falle einer Änderung des Angebots verlängert sich die Frist entsprechend der Vorschrift des § 21 Abs. 5 WpÜG. Die Aktionäre, die das Angebot vor der Veröffentlichung einer Angebotsänderung angenommen haben, können von dem Vertrag bis zum Ablauf der Annahmefrist zurücktreten (§ 21 Abs. 4 WpÜG). Insbesondere die Mindestfrist von vier Wochen soll den Adressaten des Angebots ersichtlich Zeit geben, eine sachgerechte Entscheidung zu treffen. Eine derart lange Frist ist jedoch im Rahmen eines Rückerwerbs eigener Aktien nicht als sachdienlich anzusehen, denn anders als bei einer Übernahmesituation muss sich der Aktionär neben dem eigentlichen Angebot nicht noch mit einer weiteren Stellungnahme beschäftigen. Die Frist ist daher ähnlich dem § 186 Abs. 1 S. 2 AktG auf zwei Wochen zu verkürzen687. Nach § 18 WpÜG ist dem Bieter die Abgabe eines bedingten Angebotes nur begrenzt möglich; ein Angebot kann nicht mit einem Widerrufs- oder Rücktrittsvorbehalt versehen werden. Es gelten außerdem Verfahrensgarantien bei konkurrierenden Angeboten (§ 22 WpÜG)688. Schließlich ist auch im Rahmen des Rückerwerbs eigener Aktien durch ein öffentliches Angebot eine wirksame Überwachung durch die BAFin erforderlich. Im Rahmen seiner Zuständigkeit muss daher die Möglichkeit bestehen, hoheitliche Maßnahmen nach dem WpÜG zu ergreifen und diese notfalls mit Zwangsmitteln durchzusetzen bzw. durch die Verhängung von Bußgeld zu sanktionieren689. Das betrifft insbesondere die Untersagung des 686

Begr. RegE zum WpÜG, BT-Drucks. 14/7034, S. 45. Vgl. auch Fleischer/ Körber, BB 2001, 2589, 2593. 687 Vgl. Kiem, ZIP 2000, 209, 212; Baums/Stöcker, S. 35. 688 Oechsler, NZG 2001, 817, 819.

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Angebots nach § 15 WpÜG sowie das Verlangen nach Auskunft und Vorlage gemäß § 40 WpÜG. Soweit die Ordnungswidrigkeitstatbestände des § 60 WpÜG nicht ersichtlich von einer Dualität von Bieter und Zielgesellschaft ausgehen, kann die BAFin bei entsprechenden Verstößen Bußgelder gegen die Gesellschaft verhängen690. III. Verhältnis des § 10 WpÜG zu § 15 WpÜG Das BAWe (heute BAFin) hat in seinem Schreiben vom 26. April 2002691 klargestellt, dass § 10 WpÜG gegenüber § 15 WpHG lex specialis ist. Das Veröffentlichungsverfahren nach dem WpÜG sei dem bei Ad-hocMitteilungen nachgebildet. Auch die Veröffentlichung einer Entscheidung zur Abgabe eines Angebotes nach dem WpÜG solle der Markttransparenz dienen und auf diese Weise Insidergeschäfte unterbinden. Nach § 10 WpÜG komme es allerdings im Gegensatz zu § 15 WpHG weder auf die Kursrelevanz der Mitteilung noch die Auswirkung auf die Vermögens-, Finanz- oder Geschäftslage der Bietergesellschaft an. Die Grenze für mitteilungspflichtige Sachverhalte nach § 10 WpÜG ist damit deutlich weiter gezogen als bei der Ad-hoc-Publizität nach § 15 WpÜG und überdies nicht mit vergleichbaren Unsicherheiten im Hinblick auf den Entstehungszeitpunkt der Mitteilungspflicht belastet692. Richtigerweise umfasst der Vorrang des § 10 WpÜG aber nur den tatsächlich veröffentlichen Inhalt. Teilt der Bieter kursrelevante Tatsachen nicht mit, bleibt es insoweit bei der Pflicht zur sofortigen Publizität nach § 15 WpHG, soweit dessen Voraussetzungen ebenfalls gegeben sind693. IV. Fazit Die Anwendbarkeit zahlreicher Vorschriften des WpÜG auf öffentliche Rückerwerbsangebote für eigene Aktien (also bei Identität von Bieter und Zielgesellschaft) erscheint zunächst unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit als problematisch. Besser wäre es gewesen, wenn der Gesetzgeber diesen Anwendungsfall ausdrücklich im WpÜG kodifiziert oder zumindest durch eine ausdrückliche gesetzliche Regelung klargestellt hätte, welche Vorschriften des WpÜG auf den Erwerb eigener Aktien durch ein öffent689 A.A. im Hinblick auf verfassungsrechtliche Bedenken: Baums/Stöcker, S. 16 ff. 690 Lenz/Linke, AG 2002, 420, 424. 691 BAWe-Schreiben v. 26.4.2002. 692 Vgl. oben S. 240 ff. 693 BAWe-Schreiben v. 26.4.2002.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

liches Angebotsverfahren angewendet werden sollen694. Negativ zu beurteilen ist es auch, dass auf Grund der Anwendbarkeit des WpÜG eine erhöhte Regelungsdichte beim Aktienrückerwerb im Wege des öffentlichen Angebotsverfahrens festzustellen ist695.

G. Sonderkonstellationen Die kapitalmarktrechtliche Behandlung des Erwerbs und der Veräußerung eigener Aktien soll im folgenden an zwei Konstellationen näher betrachtet werden, in denen die Aktiengesellschaft besonders nachdrücklich in das Marktgeschehen eingreift. I. Handel mit Aktienpaketen börsennotierter Unternehmen 1. Begriff des Pakethandels

Das zunehmende Engagement institutioneller Anleger sowie die wachsende Zahl junger Unternehmen, die in der Rechtsform der Aktiengesellschaft geführt werden und deren Gründer und einige wenige Aktionäre den Großteil des verfügbaren Aktienkapitals halten, führt zum Entstehen größerer handelbarer Aktienpakete696. Angesichts dieser Entwicklung kommt dem Handel mit Aktienpaketen börsennotierter Unternehmen, z. B. für den Aufbau strategischer Beteiligungen oder der Durchführung „unfreundlicher“ bzw. „feindlicher“ Übernahmen eine stetig wachsende Bedeutung zu. Der Handel mit Aktienpaketen meint den Erwerb und/oder die Veräußerung einer größeren Anzahl von Aktien, deren Stimmrechtsanteil es ermöglicht, zumindest faktisch Einfluss auf die Gesellschaft und ihr unternehmerisches Handeln auszuüben. Zudem liegt der Wert des Pakets auf Grund besonderer Parameter in der Regel über der Summe der das Paket bildenden Aktien697. Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung ist jedoch nur der Erwerb und die Veräußerung eines Paketes eigener Aktien durch die Aktiengesellschaft von Interesse. Auch für diese spezielle Ausprägung des Pakethandels existiert ein weites Anwendungsspektrum: Der Erwerb eines größeren Aktienpaketes kann einem Aktionär den Ausstieg aus einer geschlossenen Gesellschaft ermöglichen, wenn die anderen Aktionäre die Beteiligung nicht 694

So auch Baums/Stöcker, S. 56. In diesem Sinne auch die grundsätzlichen Bedenken von Süßmann, AG 2002, 424, 425. 696 Wastl, NZG 2000, 505; Gerke/Rasch, Die Bank, 1992, 193. 697 Zum Pakethandels vgl. ausf. Wastl, NZG 2000, 505, 506. 695

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erwerben können oder vermieden werden soll, dass der Erwerb durch einzelne Aktionäre zu einer Verschiebung der Stimmrechtsanteile führt. Der Erwerb oder die Veräußerung eines größeren Aktienpaketes von oder an einen institutionellen Investor ermöglicht es der Gesellschaft, kurzfristig eine große Zahl eigener Aktien zu erwerben oder zu veräußern, ohne den Börsenhandel in Anspruch nehmen zu müssen. Hauptanwendungsfall des Erwerbs von Aktienpaketen wird jedoch die Abwehr eines konkreten Übernahmeversuches durch ein anderes Unternehmen sein698. Nachdem die aktienrechtliche Regelung des individuell ausgehandelten Rückerwerbs (negotiated repurchase) sowie die Veräußerung an einzelne Aktionäre bzw. Dritte bereits ausführlich dargestellt wurde699, sollen im Folgenden kurz die kapitalmarktrechtlichen Besonderheiten erläutert werden. 2. Kapitalmarktrechtliche Behandlung des Pakethandels

Der Handel mit größeren Aktienpaketen wird nahezu ausnahmslos außerbörslich abgewickelt. Das liegt darin begründet, dass es auf Grund der an der Börse vorherrschenden Preis- und Kursbildungsregeln in der Regel zu Kursverzerrungen kommen würde700. Außerdem besteht ein praktisches Bedürfnis der an dem Pakethandel beteiligten Parteien, eine vertrauliche Behandlung der wesentlichen Bedingungen sicherzustellen701. Der klassische Börsenhandel ist jedoch zumindest von mittelbarer Bedeutung, da der zu einem Stichtag festgestellte Börsenkurs oftmals als Bezugsgröße für die Festsetzung des konkreten Kaufpreises herangezogen wird. Ein Börsenzwang besteht für den Handel mit größeren Aktienpaketen nicht702. Das Insiderhandelsverbot des § 14 Abs. 1 S. 1 WpHG beschränkt sich nicht nur auf die Abwicklung der Geschäfte des Börsenhandels, sondern beansprucht auch Geltung, wenn im außerbörslichen Handel mit Insiderpapieren eine Partei eine nur ihr bekannte Insidertatsache ausnutzt703. Daher wird auch der regelmäßig außerbörslich abgewickelte Handel mit Aktienpaketen durch eine börsennotierte Gesellschaft von dem Verbot erfasst. 698

Dazu sogleich Seite 291 ff. Dazu oben Seite 167 ff. u. Seite 196 ff. 700 Gerke/Rasch, Die Bank 1992, 193, 194 f.; Wastl, NZG 2000, 505, 513. 701 Insbesondere hinsichtlich der Höhe der gehandelten Beteiligung sowie des vereinbarten Kaufpreises; vgl. Wastl, NZG 2000, 505, 513. 702 Der Einführung eines Börsenzwangs für den Pakethandel (dafür Gerke/Rasch, Die Bank 1992, 193) wird von weiten Teilen der Lit. strikt abgelehnt (vgl. nur Wastl, NZG 2000, 505, 513 mit Nachw.). 703 Wastl, NZG 2000, 505, 510; Assmann/Cramer, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 14 Rn. 29; Assmann, AG 1994, 237, 246. 699

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

Es ist allerdings fraglich, ob der Erwerb oder die Veräußerung eines Aktienpaketes überhaupt einen insiderrechtlich relevanten Sachverhalt im Sinne des § 14 Abs. 1 S. 1 WpHG darstellen kann. Zwar kann der unmittelbar bevorstehende Erwerb bzw. eine unmittelbar bevorstehende Veräußerung eines größeren Pakets eigener Aktien ein Umstand sein, der geeignet ist, den Börsenkurs der Gesellschaft erheblich zu beeinflussen704. Dennoch fällt der Handel mit Aktienpaketen nicht unter das Insiderhandelsverbot des § 14 Abs. 1 S. 1 WpHG, da es sich dabei um eine von den Vertragsparteien des Paketkaufs selbst geschaffene Insidertatsache handelt, die auf ihrer eigenen unternehmerischen Entscheidung beruht. Die Parteien handeln grundsätzlich nicht in Ausnutzung der damit verbundenen Insidertatsache705. Auf Grund der notwendigen Transparenz des Kapitalmarktgeschehens ergibt sich jedoch das Erfordernis, für den außerbörslichen Pakethandel ein besonderes Augenmerk auf die Publizitätspflichten der Beteiligten zu richten706. Der Erwerb oder die Veräußerung eines größeren Pakets eigener Aktien kann dazu führen, dass die in § 21 Abs. 1 WpHG normierten Schwellenwerte berührt werden, was Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten der beteiligten Vertragspartner nach §§ 21 ff. WpHG auslösen kann. Die Transparenz wird auch durch die Pflicht zur Veröffentlichung kursbeeinflussender Tatsachen gemäß § 15 WpHG gesteigert, die alle Börsensegmente mit Ausnahme des Freiverkehrs (§ 57 BörsG) erfasst. In der Regel wird der Erwerb oder die Veräußerung eines größeren Aktienpaketes die Voraussetzungen des § 15 WpHG erfüllen und eine entsprechende Ad-hoc-Publizitätspflicht begründen707. Zudem sind, soweit anwendbar, die Vorschriften hinsichtlich der börsenrechtlichen Regelpublizität zu beachten708.

704

Wastl, NZG 2000, 505, 510. Anders nur, wenn der Erwerbszeitpunkt vom Wissen der Vorstände um eine den Emittenten betreffende Insidertatsache bestimmt wird. Dann kommt ein Verstoß gegen das Insiderhandelsverbot des § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG in Betracht. Vgl. schon oben Seite 232. 706 Im Zusammenhang mit dem Erwerb eigener Aktien kann eine weitere Fragestellung ausgeklammert bleiben: Beim Pakethandel kann es oftmals dazu kommen, dass die Publizitäts- und Transparenzvorschriften das Erreichen der mit einem Pakethandel aus Sicht der beteiligten Parteien verbundenen Zwecksetzungen erheblich erschweren, wie z. B. beim Aufbau einer strategischen Beteiligung; dazu Wastl, NZG 2000, 505, 512. Diese Problematik spielt jedoch bei dem Rückerwerb oder der Veräußerung eigener Aktien durch die Gesellschaft regelmäßig keine Rolle. 707 So Wastl, NZG 2000, 505, 512. 708 Oben Seite 251 ff. 705

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II. Erwerb eigener Aktien zur Kurspflege Der § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG ermöglicht es dem Vorstand, auf Grundlage einer Ermächtigung durch die Hauptversammlung eigene Aktien der Gesellschaft zurückzuerwerben, solange der Zweck nicht im Handel mit eigenen Aktien besteht oder der Rückerwerb zu einer dauerhaften Kurspflege eingesetzt wird709. In Kombination mit anderen bewertungsrelevanten Faktoren führt der Rückerwerb in der Regel zu einer positiven Beeinflussung des Marktwertes der Aktien. Der Vorstand kann den Erwerb eigener Aktien somit (auch) zur kurzfristigen Beeinflussung des Börsenkurses der eigenen Gesellschaft einzusetzen. Die Steigerung des Börsenkurses bzw. die Aufrechterhaltung eines hohen Kursniveaus folgt zunächst den Forderungen der Aktionäre nach einer Steigerung ihres shareholder value. Ein hoher Aktienkurs in Verbindung mit einer großen Börsenkapitalisierung bietet zudem einen wirkungsvollen Schutz gegen feindliche Übernahmeversuche durch andere Unternehmen. Auch im Zusammenhang mit Bilanzierungsfragen oder zur Verbesserung der Marktbedingungen für die bevorstehende Emission bietet sich die Kurspflege durch den Erwerb eigener Aktien an710. Durch marktausgleichende An- und Verkäufe in der Emissionsphase soll ein Abgleiten der Kurse wie auch unerwünschte künstliche Kurssteigerungen vermieden werden. Die Marktpflege dient insoweit dem Erhalt des Emissionsstandings des Emittenten und der beteiligten Konsortialbanken und auch den Anlegerinteressen711. Denkbar ist auch, dass die Kurspflegemaßnahmen von einem Kreditinstitut im Auftrag und auf Rechnung der Aktiengesellschaft durchgeführt werden. Ein solcher Erwerb, bei dem es sich letztlich um ein Umgehungsgeschäft handelt, ist an den Vorgaben der §§ 71, 71d AktG zu messen712. 1. Grundsätzliche Zulässigkeit von Kurspflegemaßnahmen

Kurspflegemaßnahmen sind nicht grundsätzlich unzulässig. In den Erwägungen zur EG-Insiderrichtlinie wird die Kurspflege ausdrücklich erwähnt. Danach sollen Transaktionen, die allein mit dem Ziel vorgenommen wer709

Begr. RegE zum KonTraG, BR-Drucks. 872/97, S. 30. Begr. RegE zum 4. FFG, BT-Drucks. 14/8017, S. 90; Kübler, Aktie, S. 43; Kümpel, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 16.176. Bilanzielle Auswirkungen lassen sich erzielen, wenn beispielsweise der Börsenkurs positiv beeinflusst wird, um eine Wertsteigerung bereits gehaltener eigener Aktien zu erzielen; vgl. Schäfer, WM 1999, 1345, 1346 f. 711 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 16.176; Caspari, ZGR 1994, 530, 544. 712 Schäfer, WM 1999, 1345, 1346. 710

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

den, den Kurs von Wertpapieren zu regulieren, nicht schon als solche als Ausnutzung von Insiderinformationen gewertet werden713. Sowohl § 10 Abs. 5 S. 6, Abs. 5 a S. 6, Abs. 7 S. 5 KWG als auch die Begründungen zum Zweiten Finanzmarktförderungsgesetz und zum KonTraG erwähnen die Kurspflege in einer Form, die von einer generellen Zulässigkeit derselben ausgeht714. Das verdeutlicht, dass der Gesetzgeber auf europäischer wie auf nationaler Ebene die Kurspflege nicht generell für unzulässig hält715. 2. Kapitalmarktrechtliche Grenzen der Kurspflege

Neben den gesellschaftsrechtlichen Grenzen des Aktienrückerwerbs, insbesondere im Hinblick auf das Handelsverbot des § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 2 AktG, bestehen eine Reihe kapitalmarktrechtlicher Vorschriften, die die Zulässigkeit der Kurspflege begrenzen. Dazu zählen vor allem das Insiderhandelsverbot des § 14 WpHG, das Verbot der Kurs- und Marktmanipulation gemäß § 20a WpHG sowie die verhaltensrechtlichen Vorschriften der §§ 31 ff. WpHG716. a) Insiderrechtliche Bewertung von Kurspflegemaßnahmen Das Insiderhandelsverbot nach § 14 WpHG setzt das Vorliegen einer Insidertatsache im Sinne von § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG voraus. Es wird die Auffassung vertreten, eine bloße „Marktglättung“ sei zulässig, eine Kurspflege gegen den Markttrend verstoße dagegen gegen das Insiderhandelsverbot des § 14 WpHG717. Dogmatisch fragwürdig an dieser Ansicht ist, warum eine Kurspflege nur dann eine Insidertatsache darstellen soll, wenn sie gegen den Markttrend erfolgt718. Ein solcher Zusammenhang lässt sich 713 Erwägungsgrund Nr. 12 S. 2 der EG-Insiderrichtlinie (abgedr. bei Kümpel/ Hammen/Ekkenga, KapitalmarktR, Rn. 930, S. 1). 714 Begr. RegE zum 2. FFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 47; Begr. RegE zum KonTraG, BR-Drucks. 872/97, S. 30. 715 Schäfer, WM 1999, 1345, 1347. 716 Nach § 31 WpHG sind Finanzdienstleistungsunternehmen u. a. verpflichtet, Interessenkonflikte zu vermeiden. Die Glättung von Kursschwankungen kann zu einem Konflikt zwischen dem Finanzdienstleistungsunternehmens und seinen Kunden bei der Durchführung eines Rückkaufprogramms für einen dritten Kunden kommen, wenn andere Kunden des Dienstleisters gerade auf starke Kursschwankungen spekulieren. Dazu Schäfer, WM 1999, 1347, 1351; Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 31 Rn. 62. 717 Caspari, ZGR 1994, 530, 544; zur Megede, in: Assmann/Schütze, § 14 Rn. 48. 718 Assmann/Cramer, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 14 Rn. 35; Schäfer, in: WM 1999, 1347, 1350.

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dem Gesetz nicht entnehmen und dürfte in der Praxis zu evidenten Abgrenzungsschwierigkeiten führen. Der Entschluss zur Durchführung von Kurspflegemaßnahmen ist daher unabhängig von der konkreten Marktlage auf seine Eignung als Insidertatsache hin zu beurteilen. Beschließt der Vorstand Kurspflegemaßnahmen durchzuführen, liegt eine nicht öffentlich bekannte, kursrelevante Tatsache vor. Die Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 WpHG sind erfüllt; der Beschluss zur Kurspflege ist Insidertatsache. Allerdings ist nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG die Veräußerung von Insiderpapieren nur dann untersagt, wenn sie unter Ausnutzung der Kenntnis der Insidertatsache erfolgt. Der Entschluss zur Vornahme des Insidergeschäfts muss also kausal bedingt sein durch die Kenntnis der Insidertatsache719. Der Kauf eigener Aktien zur Durchführung von Kurspflegemaßnahmen ist ein selbstgefasster, unternehmerischer Entschluss und stellt somit kein Ausnutzen von Insidertatsachen dar720. Werden die Kurspflegemaßnahmen jedoch ihrerseits von anderweitigem Insiderwissen veranlasst, unterfallen diese, soweit die übrigen Voraussetzungen vorliegen, dem insiderrechtlichen Verwertungsverbot. Die Durchführung der Maßnahme ist in diesem Fall nicht nur durch die Umsetzung eigener Pläne und Entscheidungen veranlasst, sondern wird gerade unter Ausnutzung der Insiderkenntnisse vorgenommen721. Damit ist der Entschluss der Vornahme von Kurspflegemaßnahmen zwar als Insidertatsache zu qualifizieren. In der Durchführung des Rückkaufes seitens des Unternehmens ist dennoch in der Regel kein Verstoß gegen das Insiderhandelsverbot nach § 14 WpHG zu sehen. Das gilt auch für die Beauftragung eines Kreditinstituts, die Kurspflege für die Gesellschaft durchzuführen722. b) Verbot der Kurs- und Marktpreismanipulation Durch das Vierte Finanzmarktförderungsgesetz723 wurde mit den §§ 20a, 20b das Verbot der Kurs- und Marktpreismanipulation in das WpHG eingefügt724. Der § 20a WpHG ersetzt die bisherige Regelung des § 88 BörsG. 719

Schäfer, WM 1999, 1347, 1350. Dazu oben Seite 232. 721 Kümpel, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 16.176; Assmann/Cramer, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 14 Rn. 35 mit Nachw. 722 Schäfer, WM 1999, 1347, 1351. 723 Vgl. Fn. 607 (3. Teil). 724 Die Tathandlung ist als Ordnungswidrigkeit ausgestaltet; sie kann mit einer Geldbuße von bis zu 1,5 Mio. EUR sanktioniert werden (§ 39 WpHG). Wird durch eine der in § 20a Abs. 1 WpHG genannten Handlungen tatsächlich auf den inländi720

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

Die Zuständigkeit wird auf die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht übertragen (§ 20b WpHG)725. Der § 20a Abs. 1 WpHG verbietet sowohl die unrichtige Angabe als auch das Unterlassen einer entsprechenden Angabe über Umstände, die für die Bewertung von Aktien und anderen Vermögenswerten erheblich sind, die an einer inländischen Börse zugelassen oder in den Freiverkehr einbezogen oder an einem organisierten Markt in einem anderen Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraums zum Handel zugelassen sind726. Ebenfalls untersagt werden sonstige Täuschungshandlungen, die geeignet sind, auf den Preis der Aktien einzuwirken727. Ebenso wie bei dem früheren § 88 BörsG ist es nicht erforderlich, dass durch die Angaben oder Handlungen tatsächlich auf den Börsen- oder Marktpreis eingewirkt wird. Die Kurspflege durch den Erwerb oder die Veräußerung eigener Aktien wirkt auf den Börsen- oder Marktpreis der Aktien ein. Eine Manipulation kommt nur im Wege des Rückkaufs über die Börse in Betracht, da die Aktiengesellschaft nur auf diesem Weg unbemerkt eigene Aktien in einem anonymen Markt kaufen kann728. Zwar erfolgt die Einwirkung nicht über unrichtige Angaben oder das Verschweigen von bewertungserheblichen Umständen. Es könnte darin aber ein sonstiges Täuschungsmittel gesehen werden. Als sonstige Täuschungshandlung kommen die Erteilung mehrerer Kaufaufträgen zu sukzessive höheren Preisen oder eines Kaufauftrages mit einem besonders großen Volumen, der am Ende des Tages erteilt wird, in Betracht. Auch die künstliche Verknappung eines Wertes und die daraus resultierende Kontrolle über die Nachfrageseite, die ausgenutzt wird, um die Preise zu erhöhen, kann eine sonstige Täuschungshandlung darstellen729. Da die vorsätzliche Kursbeeinflussung Tatbestandsvoraussetzung des § 20a WpHG ist, werden allerdings nicht alle zur Kursbeeinflussung objektiv geeigneten Maßnahmen erfasst. Das gilt insbesondere für die nicht gezielt den Kurs manipulierende Kurspflegemaßnahmen730. schen Börsen- oder Marktpreis eines Vermögenswertes eingewirkt, liegt eine Straftat vor (§ 38 Abs. 1 Nr. 4 WpHG). 725 Die zur Erfüllung ihrer Aufgabe notwendigen Kompetenzen ergeben sich aus § 20b Abs. 2 und 3 WpHG. 726 Eine Rechtspflicht zur Offenbarung besteht beispielsweise bei der Pflicht zur Ad-hoc-Publizität nach § 15 WpHG; Begr. RegE zum 4. FFG, BR-Drucks. 936/01, S. 250. 727 Zu den sonstigen Täuschungshandlungen gehören insbesondere auch fiktive Geschäfte, die allein dem Zweck dienen, erhöhte Umsätze und eine entsprechende Liquidität vorzutäuschen; vgl. Begr. RegE zum 4. FFG, BR-Drucks. 936/01, S. 250. 728 Benckendorff, S. 312. 729 So ausdrücklich Begr. RegE zum 4. FFG, BR-Drucks. 936/01, S. 250. 730 Weber, NZG 2000, 113, 115.

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Nicht als Verstoß gegen das Verbot des § 20a WpHG gilt daher eine Kursbeeinflussung, wenn es sich um tatsächlich durchgeführte Geschäfte handelt und die Kursbewegungen durch das Handelsvolumen selbst hervorgerufen werden731. Auch ein der Order selbst anhaftender Informationswert, der schon an sich Kursveränderungen auslösen kann, macht den zu Grunde liegenden Kauf- oder Verkaufsauftrag nicht unzulässig. Denn selbst der bewusste Einsatz eines falschen Informationswertes kann nicht als Täuschungsmittel im Sinne von § 20a WpHG angesehen werden. Der Informationswert haftet der Order selbst an, während das Geschäft bereits infolge des Volumens oder der jeweiligen Marktsituation Kursrelevanz entfaltet732. In den vorgenannten Fällen liegt vielmehr ein ernstgemeinter Erwerb bzw. eine ebensolche Veräußerung vor, wobei es nur in der Konsequenz zu einer Veränderung der Kurse kommt. Ebenso ist auch die Kurspflege durch den An- und Verkauf eigener Aktien keine dem 20a WpHG unterfallende Verhaltensweise733. Dagegen können Kurspflegemaßnahmen, die sich über einen besonders langen Zeitraum erstrecken, oder die allein der Manipulation des Kurses dienen, den Tatbestand des § 20a WpHG erfüllen734. Die Grenzziehung zwischen zulässiger Kurs- und Marktpflege einerseits und unzulässiger Kursmanipulation kann Schwierigkeiten bereiten. Das ist schon deshalb problematisch, da es unter kapitalmarktrechtlichen Gesichtspunkten auch bei nur kurspflegenden Maßnahmen geboten erscheint, den wahren Informationswert des Geschäfts offenzulegen. Für unbeteiligte Marktteilnehmer ist kaum zu erkennen, ob es sich um eine Marktsituation handelt, in der die Marktteilnehmer die Geschäfte aus Eigeninteresse oder zur Darstellung einer geschönten Marktlage tätigen. Kurspflegemaßnahmen führen zu einer mangelnden Markttransparenz und großer Undurchsichtigkeit des Marktgeschehens. Aus diesem Grund ist eine Regelung erforderlich, die das Verhalten der Gesellschaft bei Kurspflegemaßnahmen regelt und aus der die Grenze zwischen zulässiger Kurs- und Marktpflege einerseits und unzulässiger Kursmanipulation andererseits deutlich wird735. 731 Nachw. zu § 88 BörsG: Schwark, BörsG, § 88 Rn. 8; Weber, NZG 2000, 113, 115; Caspari, ZGR 1994, 530, 544. Es darf allerdings kein Stornierungsvorbehalt gegeben sein. Außerdem darf es sich nicht um Schein- oder Leergeschäfte handeln; dazu Weber, a. a. O. 732 Vgl. Weber, NZG 2000, 113, 116. 733 Allg. M. zu § 88 BörsG; Schäfer, WM 1999, 1345, 1352; Weber, NZG 2000, 113, 116; Ledermann, in: Schäfer, WpHG/BörsG/VerkProspG, § 88 BörsG Rn. 12 mit Nachw. Auch wird in der Regel der erforderliche Manipulationsvorsatz fehlen, da der Kurs dadurch beeinflusst werden soll, zu bestimmten Kursen effektiv zu kaufen oder zu verkaufen. Es soll gerade kein anderer Marktteilnehmer über den aktuellen Kurs getäuscht werden. 734 Weber, NZG 2000, 113, 123. 735 Vgl. auch Schäfer, WM 1999, 1345, 1352.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

Zu diesem Zweck ermöglicht § 20a Abs. 2 WpHG die Konkretisierung des Tatbestands des Abs. 1 durch Rechtsverordnung, u. a. durch eine Beschreibung der Fälle sonstiger Täuschungshandlungen, bei deren Vorliegen von einer manipulativen Absicht auszugehen ist. Durch Rechtsverordnung kann außerdem festgelegt werden, wann in keinem Fall ein Verstoß gegen das Manipulationsverbot vorliegt (sog. „safe harbour“). Die Rechtsverordnung muss insbesondere der Umfang und zeitliche Rahmen der kursstabilisierenden Maßnahmen sowie die an die Markteingriffe zu stellenden Transparenzanforderungen geregelt werden736. Auf diese Weise werden den Marktteilnehmern verlässliche Leitlinien für ein marktkonformes Handeln an die Hand gegeben. Außerdem kann durch die Möglichkeit der Subdelegation sehr schnell auf neue Manipulationstechniken reagiert werden737.

§ 10 Der Einsatz des Erwerbs eigener Aktien im Rahmen öffentlicher Übernahmeangebote A. Allgemeines I. Begriffsdefinitionen Ein Übernahmeangebot liegt vor, wenn ein Kauf- oder Tauschangebot zum Erwerb von Wertpapieren, die von einer von der Bietergesellschaft verschiedenen Zielgesellschaft ausgegeben wurden und zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind, öffentlich an die Aktionäre der Zielgesellschaft abgegeben wurde und dieses auf den Erwerb der Kontrolle über die Zielgesellschaft gerichtet ist (vgl. § 29 Abs. 1 WpÜG)738. Dazu benötigt der Übernehmer zumindest eine einfache, teilweise aber auch eine qualifizierte Mehrheit in der Hauptversammlung739. Für den Erwerb der 736 Begr. RegE zum 4. FFG, BR-Drucks. 936/01, S. 251. Gotzens/Wegner, FAZ v. 6.4.2002 weisen zurecht darauf hin, dass durch Rechtsverordnung die Voraussetzungen der Strafbarkeit nicht bestimmt werden dürfen (s. a. BVerfG NStZ 1989, 229, 230). Was strafbar ist, entscheidet allein der Gesetzgeber durch förmliches Gesetz (Art. 103 Abs. 2 GG). Nach § 20a Abs. 2 WpHG könnte dagegen das Finanzministerium (oder sogar eine Bundesanstalt) den Umfang der Strafbarkeit flexibel bestimmen. Selbst wenn den Marktteilnehmern seitens der Behörde konkrete Leitlinien für ein marktkonformes und nicht gegen § 20a Abs. 1 WpHG verstoßendes Handeln an die Hand gegeben würden, wäre ein Gericht an diese (unverbindlichen) Vorgaben nicht gebunden. Ein entsprechender Verordnungsentwurf liegt inzwischen vor; vgl. Fn. 196 (4. Teil). 737 Begr. RegE zum 4. FFG, BR-Drucks. 936/01, S., S. 251. 738 Vgl. Körner, DB 2001, 367. 739 Allerdings wird der Erwerber dabei nicht auf das gesamte stimmberechtigte Kapital, sondern nur auf die bei der Hauptversammlung in der Regel präsenten

§ 10 Der Einsatz im Rahmen öffentlicher Übernahmeangebote

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Aktien kann der Übernehmer den Aktionären der Zielgesellschaft Geld oder auch eigene Aktien zum Tausch anbieten. Soll der Kontrollerwerb über das Zielunternehmen ohne oder gegen den Willen des Vorstands und/oder Aufsichtsrates erfolgen, ist das Angebot auf eine „feindliche“ bzw. „unfreundliche“ Übernahme gerichtet. Ein wesentliches Merkmal dieser Form der Übernahme ist, dass sie sich direkt zwischen dem Übernehmer und den Altaktionären vollzieht und die Verwaltung von der Entscheidung und Umsetzung ausgeschlossen bleibt740. Der Übernehmer möchte schnell und umfassend die direkte Kontrolle über die Zielgesellschaft übernehmen. Dazu werden nach erfolgreichem Abschluss einer unfreundlichen Übernahme die Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrates von dem Übernehmer in aller Regel schnellstmöglich ausgetauscht741. Im Gegensatz zu den Vereinigten Staaten oder Großbritannien kommen feindlichen Übernahmen in Deutschland eine deutlich geringere Bedeutung zu742. Verantwortlich dafür sind insbesondere die rechtliche Struktur der Aktiengesellschaft und ihrer Organe, die Arbeitnehmermitbestimmung, das Depotstimmrecht der Banken nach § 135 AktG und die im Vergleich relativ niedrige Zahl börsennotierter Unternehmen bei gleichzeitig hoher Konzernbildung743.

Stimmen abstellen und auch die bestehenden Machtverhältnisse berücksichtigen. Wird die vollständige Eingliederung der Zielgesellschaft beabsichtigt, so ist nach § 320 Abs. 1 S. 1 AktG der Erwerb von mindestens 95 v. H. des Grundkapitals erforderlich, um die Minderheitsaktionäre gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung aus der Gesellschaft zu drängen (sog. „squeeze out“, § 320 a S. 1 AktG). Für den Abschluss eines Unternehmensvertrages bedarf es nach § 293 Abs. 1 S. 2 AktG nur einer Mehrheit von 75 v. H. des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals. Vgl. Schanz, NZG 2000, 337, 339 f. Vgl. ebd. auch zu der Möglichkeit, die verbleibenden Aktionäre über ein Delisting zum Verkauf ihrer Anteile an den Übernehmer zu bewegen. 740 Klein, NJW 1997, 2085; Schanz, NZG 2000, 337, 338. 741 Hauschka/Roth, AG 1988, 181, 186; Schanz, NZG 2000, 337, 338. Die Besorgnis der Belegschaft, ihren Arbeitsplatz ebenfalls zu verlieren, wird regelmäßig auch im Falle einer freundlichen Übernahme evident und ist daher kein relevantes Entscheidungskriterium. 742 Zum Stellenwert und der rechtlichen Behandlung von Unternehmensübernahmen in den Vereinigten Staaten vgl. Körner, DB 2001, 367, 370. 743 Schanz, NZG 2000, 337 u. 342; Peltzer, ZIP 1989, 69, 72; statistische Angaben bei Rosen/Seifert, S. 277, 278 f.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

II. Unternehmensübernahmen als Instrument der strategischen Unternehmensführung Das Ziel einer freundlichen oder auch feindlichen bzw. unfreundlichen Übernahme ist vor allem die Schaffung und Nutzung von Synergieeffekten oder die Ausweitung der Geschäftstätigkeit durch den Bieter. Allerdings kann die Übernahme auch durch finanzielle Gründe motiviert sein. Das ist der Fall, wenn die Zielgesellschaft nach einer umfassenden Restrukturierung und/oder dem Austausch des Managements mit Gewinn wieder an die Börse gebracht werden soll744. Einem sogenannten „leveraged buyout“, d.h. dem Kauf eines Unternehmens, der in erster Linie mit Fremdkapital finanziert wird, steht der ausgeprägten Schutzes des Gesellschaftsvermögens im deutschen Aktienrecht durch das Prinzip der realen Kapitalaufbringung und -erhaltung entgegen745. Kann die Akquisition der Zielgesellschaft nicht in Abstimmung mit deren Management durchgeführt werden, kommen verschiedene Vorgehensweisen in Betracht. Die Auswahl der konkreten Maßnahmen ist von einer Vielzahl von Faktoren wie der Paketbildung und der Verkaufsbereitschaft von Großaktionären, dem Umfang des Streubesitzes oder den Machtverhältnissen im Aufsichtsrat abhängig. Halten einzelne Investoren Aktienpakete bietet sich die Möglichkeit des Direkterwerbs eines oder mehrerer Pakete an. Alternativ oder ergänzend zu einem Paketerwerb können Anteile oder Kaufoptionen über die Börse erworben werden. Der Erwerb von Aktien einer im Amtlichen Handel notierten Zielgesellschaft führt aber in jedem Fall zu den Meldepflichten nach §§ 21, 22 WpHG, so dass generell keine dieser Methoden geeignet ist, den Aufbau von größeren Beteiligungen durchzuführen, ohne die Marktteilnehmer informieren zu müssen746. 744 Eine Übernahme aus rein finanziellen Gründen kommt insbesondere in Betracht, wenn die Zielgesellschaft hohe Buchwerte in Relation zur Marktkapitalisierung bei gleichzeitig hohen stillen Reserven, einen starken cash flow, eine hohe Liquidität, ungenutzte Verschuldungsmöglichkeit oder ihre Aktien ein niedriges KursGewinn-Verhältnis aufzuweisen haben. Vgl. Schanz, NZG 2000, 337, 338. 745 Zu den wirtschaftlichen Vorteilen eines leveraged buyout vgl. Schanz, NZG 2000, 337 in Fn. 4. Die Verbindlichkeiten des Erwerbers gegenüber den veräußernden Aktionären werden mit Aktiva der übernommenen Gesellschaft besichert. Dabei handelt es sich jedoch um eine nach § 57 AktG verbotene Einlagenrückgewähr. Außerdem liegt eine Verletzung von § 71 a Abs. 1 Nr. 1 AktG vor, wenn die Gesellschaft ein Darlehen aufnimmt und diese Mittel zur Finanzierung der Akquisition an den Erwerber weiterleitet (Schanz, a. a. O.). Diese Rechtsfolgen können nur durch eine Verschmelzung mit der Zielgesellschaft verhindert werden, wobei allerdings ein Zugriff auf das Gesellschaftsvermögen durch die bestehenden Minderheiten- und Gläubigerschutzvorschriften erschwert wird; vgl. dazu Lutter/Wahlers, AG 1989, 1 ff. 746 Schanz, NZG 2000, 337, 339.

§ 10 Der Einsatz im Rahmen öffentlicher Übernahmeangebote

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Die Kontrolle über die Zielgesellschaft kann auch mittels der Abgabe eines öffentlichen Übernahmeangebots erlangt werden, durch das sich der Interessent direkt an die Aktionäre wendet und ihnen den Erwerb von Aktien zu festgesetzten Konditionen innerhalb eines bestimmten Zeitraums anbietet747. III. Ökonomische und rechtliche Bewertung von Unternehmensübernahmen Das Institut der Unternehmensübernahme ist in seiner rechtspolitischen Bewertung äußerst umstritten. Das gilt insbesondere dann, wenn es sich um eine unfreundliche bzw. feindliche Übernahme handelt. Dabei sprechen zahlreiche Aspekte für eine positive Beurteilung von Unternehmensübernahmen. Übernahmen von Aktiengesellschaften können von positiven Effekten wie Austausch ineffizienter Unternehmensleitungen, Wertsteigerungen für die Aktionäre, Synergien und Entwicklungspotentialen begleitet werden748. Auf Grund der Gefahr, Opfer einer feindlichen Übernahme zu werden, wird das Management dahingehend diszipliniert, seine Geschäftspolitik in erster Linie auf die Steigerung der Effizienz und der Ertragslage des Unternehmens auszurichten. Die Gefahr einer Übernahme kann daher dazu beitragen, die in den Unternehmen gebundenen Ressourcen zu aktivieren oder ihren Einsatz zu verbessern und so die Wettbewerbsfähigkeit und den Wettbewerb zu fördern. Die Kontrolle der Verwaltung durch die Aktionäre erfolgt damit sehr effektiv über den Kapitalmarkt (sog. „Markt für Unternehmenskontrolle“; market for corporate control)749. Die Verwaltung wird bestrebt sein, den Marktwert des Unternehmens und der Aktien zu steigern, um nicht die eigene Position auf Grund einer erfolgreich verlaufenden feindlichen Übernahme zu verlieren. Aber auch eine solche führt in der Regel zu einer Wohlstandsmaximierung der Aktionäre, da das Angebot des Bieters regelmäßig deutlich über dem aktuellen Börsenkurs liegt. Übernahmen führen zu einem in ökonomischer Hinsicht sinnvollen Zwang zur Reorganisation und tragen daher wesentlich zum Umbau ineffizienter Unternehmenskonglomerate bei. Vielfach werden auch Tochterge747 Ein solches Übernahmeangebot wird aber in der Regel erst veröffentlicht werden, nachdem bereits Vorkäufe erfolgt sind. Der Vorteil dieses Verfahrens liegt darin, dass der Erwerber innerhalb eines relativ kurzen Zeitraums die Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangen kann, ohne dabei den Börsenkurs zu sehr in die Höhe treiben zu müssen. Allerdings liegt der den Aktionären gebotene Kaufpreis meist deutlich über den aktuellen Börsenkurs. Vgl. Schanz, NZG 2000, 337, 339. 748 Schander, ZIP 1998, 2087, 2089; Bungert, NJW 1998, 488, 492. 749 Dazu Kirchner, AG 1999, 481; Körner, DB 2001, 367.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

sellschaften durch einen sog. „spin off“ an die Börse gebracht, so dass eine Konzentration auf das eigentliche Kerngeschäft des Unternehmens stattfindet und verkrustete Strukturen aufgebrochen werden. Die generelle Zulassung von feindlichen Übernahmen kann allerdings zu einer Fokussierung des Managements auf die kurzfristige Unternehmenspolitik führen, wodurch die strategische Ausrichtung vernachlässigt wird und die Handlungsfähigkeit massiv beeinträchtigt werden kann. So ist in den USA, wo es jedes Jahr zu zahlreichen feindlichen Unternehmensübernahmen kommt, zu beobachten, dass sich das Management statt um das Tagesgeschäft vorwiegend mit Angriffs- und Abwehrstrategien beschäftigt750. Wegen ihrer Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit des Kapitalmarktes sind Unternehmensübernahmen insgesamt als ein positives Gestaltungselement anzusehen, wenn sie in einem verlässlichen gesetzlichen Rahmen durchgeführt werden751. Bei einem öffentlichen Übernahmeangebot steht dem Bieter nicht ein einzelner, gut informierter Verkäufer gegenüber, sondern eine Vielzahl von Anlegern, die regelmäßig nur begrenzt in der Lage sind, die wirtschaftliche Dimension der Übernahme richtig zu beurteilen. Um die Voraussetzungen für ein faires und geordnetes Angebotsverfahren zu schaffen, ist eine Regelung auf freiwilliger oder gesetzlicher Grundlage erforderlich. Nur so ist der erforderliche Schutz der (Minderheits-) Aktionäre und die Chancengleichheit von Bietern und Zielgesellschaften zu gewährleisten. Dazu bedarf es gesteigerter Anforderungen an die Information und Transparenz für die betroffenen Kapitalanleger und Arbeitnehmer752. Ein verlässlicher gesetzlicher Rahmen für Unternehmensübernahmen sollte sich an internationalen Standards orientieren, um den Anforderungen der Globalisierung und der Finanzmärkte angemessen Rechnung zu tragen und hierdurch den Wirtschaftsstandort und Finanzplatz Deutschland auch im internationalen Wettbewerb zu stärken. Es muss der Zielgesellschaft und ihren Aktionären aber auch möglich sein, den Versuch einer unfreundlichen bzw. feindlichen Übernahme abzuwehren. Ein Übernahmeversuch ist sowohl aus Sicht der Aktionäre als auch der Unternehmensverwaltung immer dann unerwünscht, wenn er nicht durch eine schlechte Managementleistung der Zielgesellschaft veranlasst, sondern durch wachstumsstrategische Überlegungen beim Bieter motiviert ist753. Ebenso wie die Durchführung bedarf auch die Abwehr von unerwünschten Unternehmensübernahmen einer gesetzlichen Regelung. 750 Körner, DB 2001, 367. Ökonomische Untersuchung von feindlichen Übernahmen bei Romano, in: Hopt/Wymeersch, European Takeovers, 1992, S. 3 ff. 751 Körner, DB 2001, 367. 752 Vgl. Begr. RegE zum WpÜG, BR-Drucks. 574/01, S. 65; Körner, DB 2001, 367.

§ 10 Der Einsatz im Rahmen öffentlicher Übernahmeangebote

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IV. Regelung von Unternehmensübernahmen im europäischen und deutschen Recht Bereits seit 1974 gibt es auf europäischer Ebene Bestrebungen, einen einheitlichen europäischen Rechtsrahmen für Unternehmensübernahmen zu schaffen. Nach dem Scheitern eines ersten Entwurfs von 1974754 legte die Kommission erstmals 1989 einen Vorschlag für eine Dreizehnte Richtlinie auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts über Übernahmeangebote vor755. Nachdem der ursprüngliche Vorschlag mehrmals überarbeitet und gekürzt worden war756, verabschiedete der Rat am 19. Juni 2000 einen gemeinsamen Standpunkt zu dem stark verkürzten Vorschlag für eine Dreizehnte Richtlinie757. Am 13. Dezember 2000 beschloss das Europäische Parlament fünfzehn Änderungen des gemeinsamen Standpunktes des Rates. In dem nachfolgenden Vermittlungsverfahren, an dem Rat, Parlament und Kommission teilnahmen, wurde am 6. Juni 2001 ein gemeinsamer Entwurf vom Vermittlungsausschuss gebilligt. Am 4. Juli 2001 lehnte das Europäische Parlament den gemeinsamen Entwurf ab. Damit gilt die Richtlinie nach Artikel 251 Abs. 5 des EG-Vertrags als nicht erlassen. Europäische Vorgaben bestehen für den deutschen Gesetzgeber daher nicht758. Die von der Börsensachverständigenkommission beim Bundesministerium der Finanzen Ende der siebziger Jahre herausgegebenen Leitsätze für Unternehmensübernahmen blieben in der Praxis weitgehend unbeachtet. Am 1. Oktober 1995 ist der freiwillige Übernahmekodex in Kraft getreten, den allerdings von den 1016 börsennotierten inländischen Unternehmen (ohne Freiverkehr) bis zum 11. April 2001 lediglich 755 börsennotierte Gesellschaften, darunter 86 Unternehmen des DAX-100, anerkannt haben759. 753

Schander, ZIP 1998, 2087. Sog. „Pennington Entwurf“; DOK KOM XI/56/74-E. 755 Vorschlag für eine 13. Richtlinie des Rates auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts über Übernahmeangebote vom 19.1.1989 – KOM (88) 823 endg., ABl. EG Nr. C 64, S. 8 ff. (abgedr. in ZIP 1989, 606, 675). 756 Geänderter Vorschlag für eine 13. Richtlinie vom 10.9.1990 (Richtlinie betreffend Übernahmeangebote), ABl. EG Nr. C 240, S. 7 ff.; Vorschlag für eine 13. Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts über Übernahmeangebote, DOK KOM (95) 655 endg. (7.2.1996), ABl. EG Nr. C 162 S. 5 ff. (abgedr. in AG 1996, 217); Geänderter Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts über Übernahmeangebote – KOM (97) 565 endg. (10.11.1997), ABl. EG Nr. C, S. 10 ff. (abgedr. in ZIP 1997, 2173). 757 Rat der EU, DOK 8129/00 v. 19.6.2000 (abgedr. in AG 2000, 296 ff.). 758 Vgl. Begr. RegE zum WpÜG, BR-Drucks. 574/01, S. 63 f. Zur Entwicklung des europäischen Übernahmerechts vgl. ausführlich Weisner, ZPR 2000, 520, 524. 759 Vgl. Begr. RegE zum WpÜG, BR-Drucks. 574/01, S. 63. Da eine große Zahl börsennotierter Gesellschaften nicht bereit war, ihr Verhalten am Kapitalmarkt den 754

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

Eine im Frühjahr 2000 eingesetzte Expertengruppe hat sich auf zehn Eckpunkte für ein Übernahmegesetz verständigt, auf Grund dessen das im Gesetzgebungsverfahren federführende Bundesfinanzministerium einen Diskussionsentwurf erarbeitet hat, der am 29. Juni 2000 vorgestellt worden ist760. Aus dem Referentenentwurf vom 12. März 2001, der zahlreichen Anregungen der betroffenen Kreise berücksichtigte, wurde letztlich das „Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz“ (WpÜG) entwickelt, das am 20. Dezember 2001 als Art. 1 des „Gesetzes zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen“ in Kraft getreten ist761. Seit dem 1. Januar 2002 werden Unternehmensübernahmen auf der Grundlage des neuen Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes kontrolliert (vgl. § 68 WpÜG).

B. Abwehr einer Übernahme durch die Zielgesellschaft Eine Übernahme kann stets nur dann gelingen, wenn für den Bieter überhaupt eine ausreichende Anzahl von Aktien der Zielgesellschaft erreichbar sind und diese zu einem angemessenen Preis erworben werden können. Allen Abwehrmaßnahmen ist daher das Ziel gemeinsam, die Erlangung der Kontrolle über eine Gesellschaft durch Dritte zu verhindern oder zumindest zu erschweren. I. Mögliche Abwehrmaßnahmen der Zielgesellschaft Die effektivste Abwehr möglicher Übernahmeversuche erfolgt durch eine Steigerung des Unternehmenswertes. Durch die Optimierung der Ertragslage der Gesellschaft und eine angemessene Kommunikation mit dem Anlegerpublikum kann erreicht werden, dass sich der tatsächliche Unternehmenswert in dem Börsenkurs widerspiegelt, was eine feindliche Übernahme regelmäßig zu teuer und damit uninteressant werden lässt762. Durch die damit einhergehende laufende Überwachung des eigenen Börsenkurses lassen Regeln des Übernahmekodexes zu unterwerfen, hat er keine flächendeckende Anerkennung gefunden. Er ist daher nicht in dem gleichen Umfang zur Kapitalmarktusance geworden wie Selbstregulierungen in anderen Ländern, etwa der City Code on Takeovers and Mergers in Großbritannien. Zu den Regelungen des Kodexes im Einzelnen vgl. Weisner, ZPR 2000, 521 ff. mit Nachw. Aufgrund des In-Krafttretens des WpÜG zum 1. Januar 2002 und zur Vermeidung möglicher Kollisionen wurde der Übernahmekodex am 4. März 2002 mit sofortiger Wirkung außer Kraft gesetzt. 760 Diskussionsentwurf eines Gesetzes zur Regelung von Unternehmensübernahmen, vorgelegt vom BMF am 29.6.2000 (abgedr. in NZG 2000, 844). Vgl. dazu Riehmer/Schröder, NZG 2000, 820; Land/Hasselbach, DB 2000, 1747. 761 Nachw. in Fn. 501 (3. Teil).

§ 10 Der Einsatz im Rahmen öffentlicher Übernahmeangebote

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sich frühzeitig ungewöhnliche Kursschwankungen entdecken und Unterbewertungen korrigieren. Von Bedeutung ist auch die Beobachtung der eigenen Aktionärsstruktur sowie potentieller Käufer. Um eine Unternehmensübernahme unattraktiv zu gestalten, kann die Zielgesellschaft auch wesentliche, für den Bieter besonders bedeutsame Bestandteile des Gesellschaftsvermögens („crown jewels“) verkaufen763. Technische Maßnahmen, die auf eine präventive Abwehr durch die Veränderung der Kapitalstruktur gerichtet sind (sog. „poison pills“), können eine Übernahme bereits im Vorfeld erschweren bzw. unmöglich machen. Dabei dürfte die Schaffung genehmigten Kapitals das wohl effizienteste Mittel darstellen764. Liegt bereits ein konkretes Übernahmeangebot vor, verbleiben dem Vorstand autonome Maßnahmen, wie z. B. die Kapitalerhöhung im Wege des „genehmigten Kapitals“ unter Ausschluss des Bezugsrechts der Altaktionäre (§ 203 Abs. 2 AktG)765, der Erwerb eigener Aktien, die Suche nach anderen Bietern (sog. „white knights“) oder die Durchführung internationaler Roadshows und Anzeigenkampagnen. II. Gesetzliche Regelung von Abwehrmaßnahmen 1. Aktienrechtliche Regelung

Das deutsche Aktienrecht enthält keine ausdrückliche Regelung der Modalitäten der Übernahme selbst. Die §§ 311 ff. AktG normieren lediglich die Rechtsfolgen nach Durchführung einer Übernahme. Eine übernahmerechtliche Interpretation der aktienrechtlichen Pflichten des Vorstands ist nicht möglich766. 762 Schanz, NZG 2000, 337, 341; Schander, BB 1997, 1801 ff. Ausf. dazu Michalski, AG 1997, 152 ff. Diese Strategie ist insbesondere deswegen vorzugswürdig, weil sie im Gegensatz zu anderen Abwehrmaßnahmen nicht auf die Verringerung, sondern auf die Steigerung der Attraktivität der Gesellschaft gerichtet ist. 763 Vgl. Begr. RegE zum WpÜG, BR-Drucks. 574/01, S. 142. s. a. Michalski, AG 1997, 152, 160. 764 Vgl. Körner, DB 2001, 367, 368; Schanz, NZG 2000, 337, 343. Präventive Wirkung kommt zumeist Maßnahmen zu, die in die verfassungsmäßige Struktur der Gesellschaft eingreifen und daher in der Satzung zu regeln sind, wie die Ausgabe vinkulierter Namensaktien, die Schaffung genehmigten Kapitals; aber auch die Ausgabe von Wandel- und Optionsanleihen oder der Austausch des Managements. Von Bedeutung sind aber auch Werbemaßnahmen, wie im Vodafone/Mannesmann-Fall eindrucksvoll demonstriert wurde. Der betriebene Werbeaufwand wird auf ca. 700 Mio. DM geschätzt; vgl. FAZ vom 5.2.2000, S. 13. 765 Dazu BGH NJW 1997, 2815 = DB 1997, 1760 („Siemens/Nold“); dazu Bungert, NJW 1998, 488; Lutter, JZ 1998, 50. 766 Vgl. LG Düsseldorf, AG 2000, 233; dazu Krause, AG 2000, 217 ff.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

Ganz überwiegend wird die Unternehmensleitung für verpflichtet gehalten, sich hinsichtlich der Zusammensetzung der Anteilseigner neutral zu verhalten. Danach ist jede Intervention unzulässig, die nicht zuvor durch die Hauptversammlung gebilligt worden ist767. Ein autonomes Vorgehen ist nur dann zulässig, wenn es von der Geschäftsführungskompetenz des Vorstands nach § 76 AktG gedeckt ist und nicht in die Zuständigkeit der Hauptversammlung fällt768. Von zentraler Bedeutung bei der Bestimmung der Reichweite der Geschäftsführungskompetenz im Hinblick auf Abwehrmaßnahmen ist die aus § 53a AktG abzuleitende Neutralitätsverpflichtung und Treuepflicht des Vorstands. Gegen diese Pflichten verstößt der Vorstand, wenn er die eigene Position zielgerichtet durch die Inanspruchnahme von Unternehmensmitteln stärkt. Daher umfasst die Geschäftsführungskompetenz des Vorstands weder das Recht noch die Pflicht, die Zusammensetzung des Aktionärskreises zu beeinflussen769. Der Vorstand soll ausnahmsweise dann aktiv werden dürfen, wenn im Rahmen eines Übernahmekampfes eine konkrete und berechtigte Befürchtung besteht, dass der Angreifer die Gesellschaft durch Maßnahmen schädigen werde, die „nicht in den Bereich der den Aktionären zustehenden (Um-)Strukturierungs- und Desinvestitionsentscheidungen fallen“770. Fällt die Abwehrmaßnahme in den Zuständigkeitsbereich der Hauptversammlung, etwa weil sie eine Satzungsänderung erfordert, oder wird sie vom Vorstand auf Grund eines zuvor ausdrücklich gefassten Hauptversammlungsbeschlusses oder einer Satzungsregelung vorgenommen, ist sie aus aktienrechtlicher Sicht grundsätzlich als zulässig anzusehen771. Denn die Hauptversammlung ist als Organ der Gesellschafter weitgehend frei in der Wahl ihrer Mittel zur Abwehr von Übernahmeversuchen772. Der Hauptversammlungsbeschluss stellt sicher, dass die Entscheidung allein bei den Aktionären liegt. 767 Zur Neutralitätspflicht des Vorstands vgl. nur Schander/Posten, ZIP 1997, 1534 ff.; Krause, AG 2000, 217 ff.; Merkt, ZHR 165 (2001), S. 224, 232 ff. 768 Ebenroth/Daum, DB 1991, 1157. 769 Schanz, NZG 2000, 337, 340; Weisner, ZPR 2000, 520, 521; Ebenroth/Daum, AG 1991, 1157, 1158; Hopt, ZGR 1993, 543, 548 f.; Mertens, in: Kölner Komm. AktG, § 76 Rn. 26; Keßler, AG 1995, 120, 130; a. A. Thümmel, DB 2000, 461, 462 f. sowie Martens, in: FS Beusch, S. 529, 549 ff., nach dem der Vorstand bei Übernahmeversuchen eine aktive Haltung einnehmen darf. Einschränkend auch Körner, DB 2001, 367, 369: Der Vorstand müsse nach § 91 AktG geeignete Maßnahmen treffen, wenn es für das Unternehmen zu bestandsgefährdenden Entwicklungen komme. 770 Martens, in: Kölner Komm. AktG, § 76 Rn. 26. 771 Keßler, AG 1995, 120, 130. 772 Schanz, NZG 2000, 337, 340; Weisner, ZRP 2000, 520; Ebenroth/Daum, DB 1991, 1157; Körner, DB 2001, 367, 369.

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2. Übernahmerechtliche Regelung

Das WpÜG enthält in seinem vierten Abschnitt ausdrückliche Regelungen für die Laufzeit des Übernahmeangebots (vgl. §§ 29 ff. WpÜG)773. Abwehrmaßnahmen, die bereits vor der Abgabe des eigentlichen Übernahmeangebots erfolgen, unterfallen nicht dem Anwendungsbereich der §§ 29 ff. WpÜG774. Nach § 33 Abs. 1 WpÜG bedürfen Handlungen des Vorstands und des Aufsichtsrats der Zielgesellschaft, durch die der Erfolg des Angebots verhindert werden könnte, stets der Ermächtigung der Hauptversammlung. Ausgenommen sind Handlungen, die auch ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer Gesellschaft, die nicht von einem Übernahmeangebot betroffen ist, vorgenommen hätte, sowie die Suche nach einem konkurrierenden Angebot (§ 33 Abs. 1 S. 2 WpÜG). Dabei bedürfen Handlungen des Vorstands auf Grund einer Ermächtigung der Hauptversammlung der Zustimmung des Aufsichtsrats (§ 33 Abs. 2 S. 4 WpÜG). Dadurch soll den Eigentümern, als den eigentlichen Adressaten eines Übernahmeangebots, ermöglicht werden, selbst über ein Übernahmeangebot zu entscheiden. Diese Entscheidungsfreiheit würde eingeschränkt, wenn Vorstand oder Aufsichtsrat der Zielgesellschaft ohne weiteres durch eigenständige Entscheidungen den Erfolg eines Übernahmeangebots verhindern könnten. Dieser Regelung liegt, ohne es konkret auszusprechen, das Verbot erfolgsverhindernder Maßnahmen durch Vorstand und Aufsichtsrat zu Grunde775. Die noch im Referentenentwurf zum Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz festgeschriebene strikte Neutralitätspflicht („haben der Vorstand und der Aufsichtsrat der Zielgesellschaft alle Handlungen zu unterlassen, die geeignet sind, das Angebot zu verhindern“776) wurde nicht in den Re773

Vgl. Begr. RegE zum WpÜG, BR-Drucks. 574/01, S. 142. § 33 Abs. 1 S. 1. Ein solches Angebot kann auf den Erwerb der Kontrolle über die Zielgesellschaft gerichtet – d.h. als Übernahmeangebot ausgestaltet – sein; jedoch sind auch Angebote, die nicht auf einen Kontrollerwerb ausgerichtet sind, Angebote im Sinne des Gesetzes. Hat das Angebot den Kontrollerwerb zum Ziel, haben für dieses Angebot neben den für alle freiwilligen Angebote geltenden Vorschriften des Dritten Abschnitts (vgl. § 34) zusätzlich die Vorschriften des Vierten Abschnitts (§§ 29 ff.) Gültigkeit, die dem besonderen Schutzbedürfnis der Minderheitsaktionäre beim erstmaligen Entstehen einer Kontrollstellung bzw. einem Kontrollwechsel Rechnung tragen. 774 So auch Kort, in: FS Lutter, 2000, S. 1421 ff.; Körner, DB 2001, 367, 369. Zu den Auswirkungen der „Siemens/Nold“-Entscheidung des BGH vgl. Bungert, NJW 1998, 488, 492. 775 Begr. RegE zum WpÜG, BR-Drucks. 574/01, S. 142. § 33 Abs. 1 S. 1. 776 Begr. RefE zu § 33 Abs. 1 WpÜG (abrufbar unter http://www.rws-verlag.de/ volltext/01wueg01.htm).

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gierungsentwurf übernommen. Im Referentenentwurf wurde als Verstoß gegen die Neutralitätspflicht ausdrücklich der Erwerb eigener Aktien genannt (§ 33 Abs. 2 Nr. 2 RefE-ÜG)777. Der Aktienrückerwerb sollte ausnahmsweise nur dann erlaubt sein, wenn er auf Grund eines Hauptversammlungsbeschlusses erfolgte, der nach Veröffentlichung der Angebotsunterlagen getroffen wurde (§ 33 Abs. 3 Nr. 2 RefE-ÜG). Demgegenüber enthält der Regierungsentwurf eine Ausweitung der Vorstandskompetenzen: Ein Handeln der Verwaltung ist immer möglich, wenn nur eine entsprechende Ermächtigung der Hauptversammlung vorausgeht. Vorratsbeschlüsse sind daher möglich778. Je nach dem Grad des Einvernehmens zwischen Verwaltung und Hauptversammlung hat erstere damit einen großen Spielraum bei der Wahl der Abwehrmittel.

C. Der Erwerb eigener Aktien als Instrument zur Abwehr einer unfreundlichen Übernahme Der Erwerb eigener Aktien kann sowohl in der Angebotsphase zur Abwehr eines feindlichen Übernahmeangebots eingesetzt werden als auch zur Vorbeugung gegen mögliche Übernahmeversuche779. I. Auswirkungen des Erwerbs eigener Aktien im Zusammenhang mit einer möglichen Übernahme Liegt keine konkrete Übernahmesituation vor, kann durch den Erwerb eigener Aktien eine Veränderungen der Kapitalstruktur herbeigeführt werden. Dabei stellt der Abbau ungenutzter Liquidität eine zentrale Maßnahme dar780. Eine positive Bewertung des Unternehmens an der Börse, die in angemessener Relation zu dem wirklichen Wert des Unternehmens steht, ist ein wirksamer Schutz gegen Übernahmeangebote781. Wird der Rückkauf 777 Der EU-Gesetzgeber sah in seinem Entwurf ebenfalls eine strikte Neutralität des Vorstands während eines laufenden Übernahmeverfahrens vor (Art. 8 Richtlinienvorschlag). Als Ausnahme sollte lediglich die Suche nach einem white knight zulässig sein. 778 Zur Vorratsbeschlüssen vgl. Seite 292. 779 Schanz, NZG 2000, 337, 345 mit Nachw.; Kindl, DStR 1999, 1276, 1277 mit Nachw. 780 Kübler, Aktie, S. 43; Schander, ZIP 1998, 2089; Escher-Weingart/Kübler, ZHR 162 (1998), 537, 554. 781 Besitzt die Unternehmensleitung Aktien des eigene Unternehmens, so wächst mit dem Rückerwerb ihr relativer Anteil am Gesamtertrag der ausgegebenen Aktien und damit auch ihr Einfluss auf die Entwicklung des eigenen Aktienvermögens. Dadurch werden größere Anreize geschaffen, im Interesse der Aktionäre den Marktwert des Unternehmens zu steigern. Vgl. Schander, ZIP 1998, 2087, 2089.

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durch Fremdkapital finanziert, steigt zugleich der Verschuldungsgrad der Gesellschaft an, was die Attraktivität einer Übernahme deutlich reduzieren kann. Durch den Aktienrückerwerb kann außerdem die Zusammensetzung der Hauptversammlung beeinflusst werden, was es einem Bieter erschweren kann, die für eine Übernahme erforderliche Beteiligung an der Zielgesellschaft zu erreichen. Liegt bereits ein Übernahmeangebot vor, kann der Erwerb als Ad-hocMaßnahme wesentlich dazu beitragen, dass es dem Bieter nicht gelingt, die von ihm angestrebte Anzahl an Aktien zu erwerben, da die im freien Umlauf befindlichen Aktien (free float) verknappt werden. Zugleich trifft die verstärkte Nachfrage seitens des Bieters auf ein zunehmend geringeres Angebot am Markt782. Da als erstes die Aktionäre zu einem Verkauf bereit sind, die ihrem Anteil nur einen relativ geringen Wert zumessen, verbleiben die Aktionäre, die nicht bereit waren, ihre Aktien zu dem niedrigen Kaufpreis der abwehrenden Gesellschaft abzugeben, sondern ihren Anteilen einen höheren Wert zumessen. Es ist daher möglich, dass der Bieter sein Angebot angesichts des gestiegenen Börsenkurses der Aktie nachbessern muss und eine Situation eintritt, in der sich die Übernahme wegen des gestiegenen Kursniveaus nicht mehr rentiert783. Generell werden Aktienrückkäufe von den Marktteilnehmern als Signal aufgefasst, dass die Unternehmensleitung auf Grund der ihnen zur Verfügung stehenden Informationen die eigenen Aktien für unterbewertet hält. Der Signalling-Effekt führt in der Regel zu deutlichen Kursanstiegen ab dem Zeitpunkt der Bekanntgabe der Erwerbsabsicht784. II. Rechtliche Beurteilung des Erwerbs eigener Aktien zur Übernahmeabwehr Beim Erwerb eigener Aktien zur Abwehr feindlicher Übernahmeversuche ist zu unterscheiden zwischen dem präventiven Erwerb, der vor der Veröffentlichung einer Entscheidung zur Abgabe eines Übernahmeangebots erfolgt, und dem Rückerwerb zur Ad-hoc-Abwehr im Rahmen einer gegenwärtigen Übernahmesituation.

782

Posner, AG 1994, 312, 315; Schander, ZIP 1998, 2089; Kübler, Aktie, S. 43. Hampel, S. 8; Schäfer, WM 1999, 1346. Indem Aktien unzufriedener Aktionäre zurückgekauft werden, verbleibt zudem eine der Unternehmensleitung im Falle eines späteren Übernahmeversuchs loyale Aktionärsgruppe; dazu Skog, ZGR 1997, 311; Schander, ZIP 1998, 2087, 2089 f.; Benckendorff, S. 62 f. 784 Dazu oben Seite 73. 783

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien 1. Präventiver Erwerb eigener Aktien

Abwehrmaßnahmen, welche die Gesellschaft ohne das Vorliegen eines konkreten Übernahmeangebotes aus präventiven Gründen vornimmt, fallen nicht in den Anwendungsbereich des § 33 WpÜG. Die Zulässigkeit solcher Maßnahmen ist anhand der bereits dargestellten aktien- und kapitalmarktrechtlichen Regeln – und für den Fall, dass es sich um ein öffentliches Rückkaufangebot (self tender offer) handelt, anhand der entsprechenden Vorschriften der §§ 3, 10 ff. WpÜG – zu beurteilen Bei einem Erwerb eigener Aktien zum Zweck der Übernahmeabwehr wurde bisher auf § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG abgestellt, wonach der Erwerb zum Schutz der Gesellschaft zulässig ist785. Mit der Ergänzung der bisherigen legislatorischen Vorgaben durch § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG kann der Vorstand auf Grund einer Ermächtigung der Hauptversammlung eigene Aktien sehr viel flexibler zurückerwerben. a) § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG Nach § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG kann die Aktiengesellschaft eigene Aktien ohne eine Ermächtigung durch die Hauptversammlung zurückerwerben, wenn ein schwerer Schaden für die Gesellschaft unmittelbar bevorsteht und der Rückerwerb gerade für dessen Abwehr erforderlich ist. Dabei muss der Aktienerwerb zur Schadensabwehr bei objektiver Betrachtung notwendig sein; die subjektive Einschätzung des Vorstands ist dagegen nicht maßgeblich786. Streitig ist, ob eine drohende Überfremdung durch den Eintritt neuer Anteilseigner im Zuge einer Übernahme das Tatbestandsmerkmal des unmittelbar bevorstehenden Schadens erfüllen kann787. Denn der Schaden muss gerade der Aktiengesellschaft drohen; eine Beeinträchtigung einzelner Aktionäre oder Aktionärsgruppen ist nicht ausreichend. Daher kann eine drohende Übernahme grundsätzlich nicht in die Kategorie des Schadens im Sinne von § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG eingeordnet werden788. 785 Dazu Aha, AG 1992, 218, 219; Bandte, Jura 1987, 465; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 9; Piepenburg, BB 1996, 2582, 2584. 786 Dazu bereits oben Seite 180. 787 So Barz, in: Großkomm. AktG, § 71 Rn. 7; Kuhn, NJW 1973, 833, 834; abl. Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 71 Rn. 24. 788 H.M., vgl. BFHE 122, 52, 54; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 7 u. 9; Schanz, NZG 2000, 337, 345; Klein, NJW 1997, 2085, 2087; Michalski, AG 1997, 152, 155; Assmann/Bozenhardt, ZGR Sonderheft 9 („Übernahmeangebote“), S. 1, 33; Bezzenberger, Rn. 51. Mit anderen Argumenten auch Schander, ZIP 1998, 2087, 2088 mit Nachw.

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Es wird vertreten, der Erwerb nach § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG sei ausnahmsweise dann zulässig, wenn der Kontrollerwerb im Zuge der Übernahme alleine die Schädigung der Zielgesellschaft bezwecke, etwa durch eine Verdrängung vom Markt, eine Ausplünderung oder deren Liquidation. Da sich eine Schädigungsabsicht nur schwer positiv nachweisen lasse, soll es ausreichend sein, wenn der Vorstand Tatsachen nachweist, aus denen sich die ernsthafte Besorgnis einer Schädigungsabsicht objektiv ergibt789. Die vorgenannte Ansicht verkennt jedoch, dass der Bestand des Unternehmens auch angesichts einer drohenden Liquidation nicht geschützt ist790. Eine Beeinflussung der Eigentümerstruktur durch den Erwerb eigener Aktien nach § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG ohne das Vorliegen eines Hauptversammlungsbeschlusses würde die Grenzen des Zuständigkeitsbereiches des Vorstands überschreiten. Andere Absichten des Übernehmers dürften nur dann zu einem drohenden schweren Schaden für die Gesellschaft führen, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die mit der Übernahme verbundenen Nachteile weder konzernrechtlich vorgesehen noch ausgleichbar sind791. Eine drohende Überfremdung ist daher auch dann nicht als schwerer Schaden anzusehen, wenn das übernehmende Unternehmen die Absicht hat, die zu übernehmende Gesellschaft zu liquidieren oder auf sonstige Weise zu schädigen792. Liegt noch kein konkretes Übernahmeangebot vor, ist ein vorbeugender Rückerwerb nach § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG unabhängig von der Frage, ob in der drohenden Überfremdung ein „schwerer Schaden“ zu sehen ist, schon deshalb nicht möglich, weil es ohne ein konkretes Übernahmeangebot bereits an der Unmittelbarkeit eines etwaigen Schadenseintritts fehlt. b) § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG Nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG kann der Vorstand eigene Aktien der Gesellschaft zurückerwerben, wenn ein entsprechender Ermächtigungsbeschluss der Hauptversammlung vorliegt. Eine der besonderen Voraussetzungen der Nr. 1 bis 7 muss dazu nicht gegeben sein. 789 Hüffer, AktG, § 71 Rn. 9; Hefermehl/Bungeroth, in: Geßler/Hefermehl, AktG, § 71 Rn. 56; Schneider, AG 2002, 125, 130; Schander, ZIP 1998, 2087, 2088; Aha, AG 1992, 218, 219 f. 790 BGHZ 103, 184; WM 1980, 378 (für eine GmbH). Anders wohl noch BGHZ 33, 175, 186. 791 Aha, AG 1992, 218, 220; Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 71 Rn. 24: Z. B. drohende Übernahme durch Mafia-Organisation oder einen politisch exponierten Staat, die nachteilige, nicht ausgleichbare Reaktionen der Kunden zur Folge haben können. 792 Vgl. BGHZ 33, 175, 186; Bandte, Jura 1987, 465, 467 f.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

Die Hauptversammlung kann das Vorstandshandeln in dem von ihr gefassten Ermächtigungsbeschluss einschränken, indem sie dem Vorstand einen oder mehrere Erwerbszwecke verbindlich vorschreibt. Sieht der Ermächtigungsbeschluss als Erwerbszweck die Abwehr feindlicher Übernahmen vor, ist der Vorstand bei dem Aktienrückerwerb an diese Zweckbestimmung gebunden. Das gilt selbstverständlich auch für den umgekehrten Fall, dass der Erwerb zur Übernahmeabwehr gerade nicht als Erwerbszweck vorgesehen ist. Obwohl die Durchführung des Aktienrückerwerbs durch Beschluss des Vorstands erfolgt (§ 77 Abs. 1 AktG), bleibt die Zuständigkeit der Aktionäre auf Grund des Erfordernisses einer Ermächtigung durch die Hauptversammlung gewahrt. Es besteht nicht die Gefahr, dass der Vorstand den Rückerwerb gegen den Willen der Aktionäre zu einer Übernahmeabwehr einsetzt. Die Hauptversammlung ist jedoch nicht verpflichtet, in ihrem Ermächtigungsbeschluss einen bestimmten Erwerbszweck vorzusehen. Die Bestimmung des konkreten Zwecks des Rückerwerbs ist dann Geschäftsführungsaufgabe des Vorstands, der durch Beschluss darüber entscheidet. Der Aktienrückerwerb zum Zweck der Übernahmeabwehr muss jedoch von der Geschäftsführungskompetenz des Vorstands nach § 76 AktG gedeckt sein793. Die sich aus § 76 AktG ergebenden Vorstandskompetenzen umfassen im Hinblick auf die Neutralitätspflicht des § 53a AktG sowie die Treuepflicht des Vorstands weder das Recht noch die Pflicht, die Zusammensetzung des Aktionärskreises zu beeinflussen794. Will der Vorstand zur Abwehr einer möglichen Übernahme eigene Aktien zurückerwerben, bedarf er daher einer Ermächtigung durch die Hauptversammlung nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 1 AktG, die den Erwerb eigener Aktien zur Abwehr einer feindlichen Übernahme als Erwerbszweck ausdrücklich vorsieht. Der Erwerb eigener Aktien zur Übernahmeabwehr unterliegt den bereits dargestellten Erwerbsbeschränkungen. Da die Schranke des § 71 Abs. 2 S. 1 AktG den Bestand an gehaltenen eigenen Aktien auf maximal 10 v. H. des Grundkapitals begrenzt, sind die Einsatzmöglichkeiten und die Effizienz des Erwerbs eigener Aktien als Verteidigungsinstrument deutlich limitiert795. Der Aktiengesellschaft ist es aber möglich, erworbene Aktien bei befreundeten Investoren zu platzieren. Auf diese Weise kann die Aktiengesellschaft eigene Aktien auch über die Bestandsschranke hinaus dem Zugriff eines Bieters entziehen, vorausgesetzt, der befreundete Investor ist loyal und nicht zu einem Weiterverkauf bereit. Eine Veräußerung, die nicht über die Börse erfolgt, muss allerdings zuvor von der Hauptversammlung 793 794 795

Schanz, NZG 2000, 337, 340; Ebenroth/Daum, DB 1991, 1157. Nachw. in Fn. 769 (Teil 3). Vgl. Schanz, NZG 2000, 337, 345.

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beschlossen werden. § 186 Abs. 3 und 4 gilt in diesem Fall entsprechend (vgl. § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 5 AktG)796. Neben der Bestandsschranke des § 71 Abs. 2 S. 1 AktG ist auch das durch den Hauptversammlungsbeschluss festzusetzende maximale Erwerbsvolumen zu beachten (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 1 AktG). Die Ermächtigung darf höchstens einen Kapitalanteil von 10 v. H. des Grundkapitals umfassen. Ist das Erwerbsvolumen durch entsprechende Erwerbsvorgänge ausgeschöpft, bedarf der Vorstand einer erneuten Ermächtigung, um weitere eigene Aktien erwerben zu können. Das gilt auch dann, wenn die Gesellschaft die eigenen Aktien bereits wieder veräußert hat. 2. Erwerb eigener Aktien in einer konkreten Übernahmesituation

Der Erwerb eigener Aktien lässt sich jedoch nicht nur zur Prävention, sondern auch in einer konkreten Übernahmesituation als Abwehrinstrument einsetzen. Das Aktienrecht nimmt diesbezüglich keine Differenzierung vor. Neben den aktienrechtlichen Erwerbsvoraussetzungen des § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG797 müssen auch die Übernahmesituationen regelnden Vorschriften des vierten Abschnitts des WpÜG (§§ 29 ff.) beachtet werden. Nach § 33 Abs. 1 S. 1 WpÜG bedürfen Handlungen des Vorstands und des Aufsichtsrats der Zielgesellschaft, durch die der Erfolg des Angebots verhindert werden könnte, der Ermächtigung der Hauptversammlung, wenn diese in dem Zeitraum zwischen der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots und der Veröffentlichung des Ergebnisses nach Ablauf der Annahmefrist erfolgen sollen798. a) Aktienrechtliche Regelung Nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG macht es keinen Unterschied, ob der Erwerb der eigenen Aktien vorbeugend oder erst während eines laufenden Übernahmeangebotes erfolgt. Durch einen Hauptversammlungsbeschluss kann der Vorstand für die Dauer von höchstens achtzehn Monaten ermäch796

Schanz, NZG 2000, 337, 345. In der Regel dürfte sich ein Rückgriff auf § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG aufgrund der durch das KonTraG neu eingeführten Nr. 8 erübrigen. Zudem kann der Rückerwerb nach der Nr. 1 nach überwiegender Ansicht nur erfolgen, wenn bei objektiver Beurteilung die ernsthafte Besorgnis der Schädigungsabsicht durch den Bieter zu bejahen ist. Vgl. oben Seite 288 f. 798 Eine Ausnahme sieht § 33 Abs. 1 S. 2 WpÜG vor, wonach die Suche nach einem konkurrierenden Angebot sowie solche Handlungen ausgenommen sind, die auch ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer Gesellschaft, die nicht von einem Übernahmeangebot betroffen ist, vorgenommen hätte. 797

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

tigt werden, insgesamt eigene Aktien von bis zu 10 v. H. des Grundkapitals zurückzuerwerben, wenn die Voraussetzungen des § 71 Abs. 2 AktG gegeben sind. Außerdem ist der Erwerb zur Abwehr einer Übernahme als Erwerbszweck in der Ermächtigung anzugeben799. b) Übernahmerechtliche Behandlung von Vorratsbeschlüssen Aktienrechtlich wäre es unter den genannten Voraussetzungen und Beschränkungen durchaus möglich, den Vorstand mittels einer bereits vor Beginn des konkreten Übernahmeversuchs erteilten Ermächtigung in die Lage zu versetzen, weitgehend autonom über die Abwehr und die Abwehrmittel zu entscheiden (sog. „Vorratsbeschluss“)800. Zwar liegt auch in diesem Fall die Entscheidung über die Übernahmeabwehr zunächst bei den Aktionären. Im Gegensatz zu dem präventiven Erwerb eigener Aktien ändert sich die Beurteilung, wenn der Vorstandsbeschluss zum Rückerwerb in einen Zeitraum fällt, in dem bereits ein Übernahmeangebot seitens des Bieters vorliegt. Bei einem derartigen Beschluss besteht die Gefahr, dass den Aktionären die Entscheidungsfreiheit über Annahme oder Ablehnung bei einem künftigen Übernahmeangebot entzogen wird, da zum Zeitpunkt der Beschlussfassung durch die Hauptversammlung Bieter oder Inhalt des Angebots noch gar nicht bekannt waren801. Es wird dem Vorstand der Zielgesellschaft ermöglicht, auf Grund der „auf Vorrat“ erteilten Ermächtigung eigene Aktien zurückzuerwerben und durch diese autonome Entscheidungen den Erfolg eines Übernahmeangebots zu verhindern802. Die Entscheidungsfreiheit der Aktionäre und die Kontrolle des Vorstandshandelns wäre massiv eingeschränkt. Im Extremfall könnte der Vorstand eine für die Aktionäre vorteilhafte Übernahme verhindern. Angesichts der Komplexität eines Übernahmeangebotes dürfte es in der Regel auch nicht möglich sein, alle Eventualitäten schon in dem Ermächtigungsbeschluss zu berücksichtigen. Anders als im US-amerikanischen Recht ist eine so weitreichende Ermächtigung des Vorstands im deutschen Recht ein Fremdkörper803. Ein Vorratsbeschluss ist allerdings aktienrechtlich nicht zu beanstanden. Die Kontrolle und Entscheidungsfreiheit der Aktionäre ist bei der Behandlung eines Übernahmeangebotes aber unverzichtbar. Erfolgt eine solche Ermächtigung „auf Vorrat“, d.h. bevor ein öffentliches Angebot vorliegt, 799 800 801 802 803

Vgl. zuvor Seite 290. Vgl. dazu Winter/Harbart, ZIP 2002, 1, 12 f.; Zschocke, BB 2002, 79, 83. Begr. RegE zum WpÜG, BR-Drucks. 574/01, S. 144. So auch Begr. RegE zum WpÜG, BR-Drucks. 574/01, S. 143. Schäfer, AG 2002, 125, 131.

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müssen zum Schutz der Interessen der Aktionäre besondere Erfordernisse gelten. Aus diesem Grund hatte der Referentenentwurf zu einem Übernahmegesetz vorgesehen, dass „der Vorstand und der Aufsichtsrat der Zielgesellschaft alle Handlungen zu unterlassen (haben), die geeignet sind, den Erfolg des Übernahmeangebots zu verhindern.“804 Damit war insbesondere auch „der Erwerb eigener Aktien durch die Zielgesellschaft“ gemeint805, wenn dieser nicht „auf Grund eines Beschlusses der Hauptversammlung der Zielgesellschaft, der nach Veröffentlichung der Angebotsunterlage getroffen wurde“806, erfolgt ist. Die jetzige Regelung enthält diese Einschränkung nicht mehr. Vielmehr ist das Handeln der Verwaltung, durch die der Erfolg des Angebots verhindert werden könnte, grundsätzlich zulässig. Es ist jedoch an eine Ermächtigung durch die Hauptversammlung gebunden (§ 33 Abs. 1 S. 1 WpÜG)807. Voraussetzung ist, dass die Ermächtigung des Vorstand oder Aufsichtsrat im Zeitpunkt der Vornahme der Handlung vorliegt808. Dieser Ermächtigungsbeschluss kann – im Gegensatz zu der Regelung des Referentenentwurfes – somit bereits vor der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots erfolgen. Damit sind Vorratsbeschlüsse – im Gegensatz zu der im Referentenentwurf vorgeschlagenen Regelung – grundsätzlich zulässig809. Die Handlungen des Vorstands sind in der Ermächtigung im Einzelnen zu bestimmen (§ 33 Abs. 2 S. 1 WpÜG). „Blankettermächtigungen“ sind damit unzulässig. Eine solche Ermächtigung zur Durchführung von Abwehrmaßnahmen kann für höchstens achtzehn Monate erteilt werden (§ 33 Abs. 2 S. 2 WpÜG) und bedarf einer Mehrheit, die mindestens drei Viertel des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals umfasst (§ 33 Abs. 2 S. 3 WpÜG)810. Da der Erwerb eigener Aktien auf Grund seiner tatsächlichen Auswirkungen objektiv geeignet ist, den Erfolg eines Übernahmeangebots zu verhindern, erfordert ein entsprechendes Vorstandshandeln neben einem Ermächtigungsbeschluss der Hauptversammlung nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG zu804

Vgl. Begr. RefE zu § 31 Abs. 1 WpÜG (Nachw. in Fn. 776 (3. Teil)). Vgl. Begr. RefE zu § 31 Abs. 2 Nr. 2 WpÜG (Nachw. in Fn. 776 (3. Teil)). 806 Vgl. Begr. RefE zu § 31 Abs. 3 Nr. 2 WpÜG (Hervorhebung durch Verf.; Nachw. in Fn. 776 (3. Teil)). 807 Begr. RegE zum WpÜG, BR-Drucks. 574/01, S. 143 f.; Winter/Harbart, ZIP 2002, 1, 3. 808 Die Ermächtigung von Vorstand oder Aufsichtsrat muss bereits bei Vornahme der Handlung vorliegen, eine nachträgliche Zustimmung ist nicht ausreichend; vgl. Begr. RegE zum WpÜG, BR-Drucks. 574/01, S. 142 f. 809 So ausdrücklich Begr. RegE zum WpÜG, BR-Drucks. 574/01, S. 143 f. 810 Daher krit. hinsichtlich der praktischen Relevanz von Vorratsbeschlüssen: Winter/Harbart, ZIP 2002, 1, 12 f. 805

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

sätzlich noch eine Ermächtigung im Sinne von § 33 Abs. 1 S. 1 WpÜG, nach der der Vorstand zu Handlungen befugt ist, die den Erfolg von Übernahmeangeboten verhindern sollen. Der Aktienrückerwerb muss als Handlungsalternative explizit angeführt werden811. Darüber hinaus bedürfen alle Handlungen des Vorstands auf Grund einer solchen Ermächtigung der Zustimmung des Aufsichtsrats (§ 33 Abs. 2 S. 4 WpÜG). Die gesetzliche Regelung verhindert nicht, dass die Aktionäre den Vorstand, ohne das konkrete Übernahmeangebot zu kennen, zu Abwehrmaßnahmen ermächtigen und damit die Entscheidung über die Behandlung möglicher Übernahmeangebote aus der Hand geben. Die Interessen der Aktionäre werden jedoch durch das Erfordernis der Ermächtigung nach § 33 Abs. 1 S. 1 WpÜG geschützt, in welcher der Handlungsspielraum des Vorstands genau beschrieben werden muss. Eine zusätzliche Kontrolle des Vorstandshandelns bietet die Zustimmungspflicht des Aufsichtsrates zu den Abwehrmaßnahmen des Vorstands (§ 33 Abs. 2 S. 4 WpÜG).

c) Ermächtigung des Vorstands zum Aktienrückerwerb nach Abgabe eines Übernahmeangebotes Erfolgt die Ermächtigung des Vorstands zu Abwehrmaßnahmen nach § 33 Abs. 1 S. 1 WpÜG erst nach Abgabe eines Übernahmeangebotes, brauchen die Handlungen in der Ermächtigung nicht im Einzelnen bestimmt zu werden. Zudem ist eine Zustimmung des Aufsichtsrates zu den Handlungen des Vorstands nicht erforderlich (vgl. § 33 Abs. 2 S. 1 u. 4 WpÜG)812. Diese Regelung ist konsequent, bedenkt man, dass die Aktionäre in voller Kenntnis des Übernahmeangebotes ihre Entscheidung treffen. Ein Schutz der Aktionäre vor einem missbräuchlichen Verhalten des Vorstands durch die Verpflichtung zu einer detaillierten Eingrenzung seiner Handlungsalternativen oder der Zustimmungspflicht des Aufsichtsrates ist in einer konkreten Übernahmesituation nicht erforderlich. 811 Der Erwerb eigener Aktien fällt nicht unter die Ausnahme von dem Erfordernis der Ermächtigung gemäß § 33 Abs. 1 S. 2 WpÜG, da es sich dabei gerade nicht um eine Handlung handelt, die auch ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer Gesellschaft, die nicht von einem Übernahmeangebot betroffen ist, vorgenommen hätte. Diese Norm soll es dem Management in erster Linie ermöglichen, das Tagesgeschäft weiterzuführen und bereits eingeschlagene Unternehmensstrategien weiter zu verfolgen. Begr. RegE zum WpÜG, BR-Drucks. 574/01, S. 143. 812 Vgl. dazu Winter/Harbart, ZIP 2002, 1, 13 f.

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d) Bedingte Wirksamkeit Das Instrument des Aktienrückerwerbs erweist sich zur Abwehr eines bereits vorliegenden Übernahmeangebots als nur bedingt wirksam. Dazu trägt in erster Linie die Bestandsgrenze des § 71 Abs. 2 S. 1 AktG in Höhe von 10 v. H. des Grundkapitals bei. Wegen der Kürze der Zeit wird es dem Vorstand auch kaum gelingen, Umschichtungen in einem erforderlichen Umfang durchzuführen813. Ein weiterer nachteiliger Faktor ist die Schwerfälligkeit des Aktienrückerwerbs. Diesbezüglich kann allerdings ein Vorratsbeschluss weiterhelfen, der die Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien und zugleich die Ermächtigung zu Abwehr einer Übernahme enthält, wobei der Aktienrückerwerb ausdrücklich als Abwehrmaßnahme zu spezifizieren ist. Auf Grund der maximalen Geltungsdauer von 18 Monaten und des Erfordernisses einer Hauptversammlungsmehrheit von drei Vierteln der Stimmen dürfte einem Vorratsbeschluss in der Praxis aber nur geringe Bedeutung zukommen814. Liegt ein solcher Vorratsbeschluss nicht vor, sieht § 16 Abs. 4 WpÜG wesentliche Erleichterungen bezüglich der Vorbereitung einer Hauptversammlung vor, was eine kurzfristige Reaktion der Zielgesellschaft ermöglichen soll815. 3. Sonderfall: Greenmail

Die Gesellschaft kann das Institut des Erwerbs eigener Aktien auch dazu einsetzten, um die durch den Bieter bereits erworbenen eigenen Aktien zurückzukaufen. Der Erwerb dieses Aktienpakets wird allerdings in der Regel zu einem weit überhöhten Preis erfolgen816. Hat der Bieter sein Übernahmeangebot allein zu dem Zeck abgegeben, sein Aktienpaket an die Zielgesellschaft zu verkaufen, bezeichnet man diese Operation als greenmail. Es besteht dann in der Regel die Schwierigkeit, den Nachweis zu führen, dass ein solcher Rückerwerb im Interesse der Aktionäre getätigt wurde. Auf Grund des von der Bietergesellschaft geforderten Paketzuschlags zahlt die Gesellschaft mehr als den Kurswert der Aktien und verringert dadurch den Wert der Anteile der übrigen Aktionäre817. Ein greenmailing ist auch be813 Dazu wäre auch immer wieder eine erneute Ermächtigung der Hauptversammlung nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 1 AktG erforderlich, wenn das Erwerbsvolumen der gegebenen Ermächtigung ausgeschöpft ist. 814 Schneider, AG 2002, 125, 131. 815 Begr. RegE zum WpÜG, BR-Drucks. 574/01, S. 143. Dazu Schneider, AG 2002, 125, 131. 816 Schander, BB 1997, 1801, 1803; Benckendorff, S. 63 mit Nachw.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

denklich, weil es das gegenwärtige Management erhält, obwohl der Aktienkurs signalisiert, dass ein (durch die Übernahme herbeigeführter) Wechsel angebracht wäre818. III. Fazit Die verstärkte Nutzung des Erwerbs eigener Aktien als Abwehrinstrument gegen feindliche bzw. unfreundliche Übernahmen wird insbesondere durch die Bestandsgrenze des § 71 Abs. 2 S. 1 AktG eingeschränkt. Auf Grund der Begrenzung des Rückerwerbs auf einen Kapitalanteil von 10 v. H. des Grundkapitals kommt diesem Instrument im Hinblick auf die Übernahmeabwehr nur ein geringer Wirkungsgrad zu. Es besteht allerdings die Möglichkeit, dem Erfolg eines Übernahmeangebots durch eine Veränderung der Kapital- und Aktionärsstruktur vorzubeugen. Die Zusammensetzung der Aktionäre lässt sich effektiv nur durch eine Umplatzierung eigener Anteile zu loyalen Aktionären bewerkstelligen. Die Auswirkungen einer solchen Umplatzierung kann beträchtlichen Anteil am Erfolg einer Übernahmeabwehr haben819. Insgesamt ist zu konstatieren, dass die Einsatzmöglichkeiten und Effizienz des Aktienrückerwerbs zur Abwehr einer feindlichen bzw. unfreundlichen Übernahme deutlich limitiert sind. Bei mittelgroßen Transaktionen kann dennoch von einem gewissen Nutzen ausgegangen werden, da insbesondere die kurstreibende Wirkung nicht zu unterschätzen ist820.

D. Der Erwerb eigener Aktien zur Übernahmefinanzierung Neben dem Einsatz als Verteidigungsmittel kann der Erwerb eigener Aktien von der Gesellschaft aber auch als „Akquisitionswährung“ zur Finanzierung eigener Übernahmepläne eingesetzt werden. Von der Gesellschaft gehaltene eigenen Aktien können bei bevorstehenden Akquisitionen den Aktionären der Zielgesellschaft angeboten werden, um diese über ein günstiges Tauschangebot zu einer Veräußerung ihrer Anteile zu bewegen821. Auf 817

Merkt, Rn. 471; Escher-Weingart/Kübler, ZHR 162 (1998), 537, 555 mit Nachw. Greenmail kann zur Folge haben, dass der angebliche Übernehmer verpflichtet wird, seinen Gewinn (den Paketzuschlag) an die Zielgesellschaft abzuführen. 818 Merkt, Rn. 471. 819 Schanz, NZG 2000, 337, 345. 820 Schander, ZIP 1998, 2087, 2090; Schanz, NZG 2000, 337, 345. 821 Schander, ZIP 1998, 2087, 2089. Allerdings kann der gleiche Zweck auch erreicht werden durch eine entsprechende Zweckbestimmung im Rahmen einer be-

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diese Weise kann die Bietergesellschaft Beteiligungen an anderen Unternehmen bis hin zur Übernahme der Unternehmenskontrolle erwerben. Der Erwerb eigener Aktien ist daher auch ein wichtiges Instrument der Wachstums- und Investitionspolitik von Gesellschaften822. Nach der Rechtslage vor Einführung des § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG war es auf Grund der in § 71 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 AktG abschließend aufgezählten Erwerbsausnahmen nicht möglich, eigene Aktien zurückzuerwerben und zu bevorraten, um diese zum Umtausch im Rahmen einer Unternehmensübernahme zu verwenden823. I. § 71 Abs. 1 Nr. 3 AktG Ein Erwerb zum Zweck der Übernahmefinanzierung kann insbesondere nicht nach § 71 Abs. 1 Nr. 3 AktG erfolgen, der den Erwerb eigener Aktien zur Abfindung von Aktionären ermöglicht. Danach kann die Gesellschaft außenstehenden Aktionären im Rahmen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag eigene Aktien als Abfindung anbieten (vgl. § 305 Abs. 2 AktG) oder den infolge einer Eingliederung ausgeschiedenen Aktionären Aktien der Hauptgesellschaft gewähren (vgl. § 320b AktG). Die Aktiengesellschaft muss zudem bei Verschmelzung (§ 29 Abs. 1 UmwG), Formwechsel (§ 207 Abs. 1 UmwG) sowie Auf- und Abspaltung (§§ 29 Abs. 1, 125 S. 1 UmwG) in der Lage sein, eigene Aktien zu erwerben, soweit sie verpflichtet ist, einen solchen Erwerb anzubieten824. Damit erschöpft sich der Regelungszweck des § 71 Abs. 1 Nr. 3 AktG in der Erleichterung einer durch „Tausch“ realisierten Abfindung ausgeschiedener oder verdrängter Aktionäre. Die Regelung erfasst damit gerade keine Neuakquisitionen825. II. § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG Durch § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG wird der Erwerb eigener Aktien zum Zweck der Übernahmefinanzierung deutlich erleichtert. Auf Grund eines Ermächtigungsbeschlusses kann die Gesellschaft auch ohne das Vorliegen eines der gesetzlich vorgegebenen Erwerbszwecke eigene Aktien bis zur dingten Kapitalerhöhung (§ 192 Abs. 2 Nr. 2 AktG), vgl. Hüffer, AktG, § 192 Rn. 14; Krieger, in: Münch. Hdb. AG, § 57 Rn. 4. 822 Schander, ZIP 1998, 2087, 2089. 823 Dazu Schander, ZIP 1998, 2087, 2088 mit Nachw. 824 Vgl. ausf. Hüffer, AktG, § 71 Rn. 14 f. 825 Pipenburg, BB 1996, 2582, 2584; Kindl, DStR 1999, 1276, 1277; Schander, ZIP 1998, 2087, 2088.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

Höhe von 10 v. H. des Grundkapitals zurückerwerben. Der Einsatz als Akquisitionswährung kann als Erwerbszweck bereits durch den Ermächtigungsbeschluss der Hauptversammlung festgesetzt werden oder, falls mehrere alternative bzw. keine Zweckfestsetzungen erfolgt sind, durch Beschluss des Vorstand im Rahmen ihrer Geschäftsführungsbefugnis erfolgen. Der Erwerb von Beteiligungen und Unternehmen ist grundsätzlich von der Geschäftsführungsbefugnis des Vorstands mitumfasst, wenn der Gesellschaftszweck dies zulässt. Um die Finanzierung einer Unternehmensübernahme sicherzustellen, muss es dem Vorstand daher auch möglich sein, eigene Aktien der Gesellschaft zurückzuerwerben. Neben einer höchstens achtzehn Monate geltenden Ermächtigung des Vorstands durch die Hauptversammlung, Aktien in Höhe von maximal 10 v. H. des Grundkapitals zurückzuerwerben, sind auch die Voraussetzungen des § 71 Abs. 2 AktG einzuhalten. Nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 5 AktG muss eine Veräußerung eigener Aktien, die nicht über die Börse erfolgt, von der Hauptversammlung beschlossen werden. Dabei findet § 186 Abs. 3 und 4 AktG entsprechende Anwendung, weil die Veräußerung an Dritte wie ein Bezugsrechtsausschluss für die Aktionäre wirkt826. Es ist daher auf Grund der Schwere des Eingriffs in die Mitgliedschaft der Altaktionäre eine sachliche Rechtfertigung für die Abweichung vom Gleichbehandlungsgrundsatz durch die Ausgabe der Aktien an gesellschaftsfremde Dritte erforderlich827. Sollen die Aktien im Rahmen der Übernahmefinanzierung eingesetzt werden, ist in der Regel davon auszugehen, dass die Nichtberücksichtigung der Altaktionäre im Interesse der Gesellschaft liegt und ihr Einsatz zu diesem Zweck auch geeignet, erforderlich und verhältnismäßig ist828. Nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 5 i. V. m. § 186 Abs. 3 S. 4 AktG ist die Veräußerung außerhalb des Börsenhandels an gesellschaftsfremde Dritte insbesondere zulässig, wenn dabei der Börsenpreis nicht wesentlich unterschritten wird. Die Bewertung der den Aktionären zum Tausch angebotenen Aktien sollte sich daher an der durchschnittlichen Bewertung der Aktie in den letzten Tagen vor der Veröffentlichung des Angebots orientieren829.

826 Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 13; Reichert/Harbarth, ZIP 2001, 1441, 1442; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19 k. 827 Vgl. Nachw. in Fn. 448 (3. Teil). 828 Einer sachlichen Rechtfertigung bedarf es nur dann nicht, wenn die betroffenen Aktionäre der Maßnahme zustimmen, was aber in der Regel bei einer Publikumsgesellschaft nicht zu erreichen sein wird. 829 Zu den Schwierigkeiten der Bestimmung des Ausgabebetrages vgl. Hüffer, AktG, § 186 Rn. 39 d.

§ 10 Der Einsatz im Rahmen öffentlicher Übernahmeangebote

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III. Geltung des Übernahmegesetzes beim Erwerb eigener Aktien als Akquisitionswährung Der Erwerb eigener Aktien als Akquisitionswährung fällt nicht in den Anwendungsbereich der §§ 29 ff. WpÜG. Auch ein Erwerb während laufender Übernahmeverhandlungen wird nicht erfasst und unterliegt damit auch keinen übernahmerechtlichen Beschränkungen oder Auflagen. Erfolgt der Erwerb der eigenen Aktien im Wege des öffentlichen Angebotsverfahrens, sind die insoweit anwendbaren Vorschriften des WpÜG zu beachten830. IV. Durchführung der Akquisition unter Einsatz eigener Aktien Die Aktiengesellschaft kann zurückerworbene eigene Aktien ohne zeitliche Beschränkung in ihrem Bestand halten, wenn keine Veräußerungspflicht nach § 71c Abs. 1 und 2 AktG besteht831. Die Gesellschaft kann daher über einen längeren Zeitraum eigene Aktien zurückerwerben. Dadurch erhält der Vorstand ein großes Maß an Flexibilität, wenn sich kurzfristig die Möglichkeit einer Akquisition ergibt. Er kann die gehaltenen eigenen Aktien direkt zu der Finanzierung des Beteiligungserwerbs einsetzen. In Zeiten eines steigenden Börsenkurses ermöglicht es der Aufbau eines Bestandes an eigenen Aktien, von dem Kursanstieg unmittelbar zu profitieren. Werden die eigenen Aktien günstig erworben, können sie bei einer späterem Akquisition mit einem höheren Wert angesetzt werden, als die Gesellschaft selber als Kaufpreis dafür aufbringen musste. Ein solches Vorgehen fällt nicht unter § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 2 AktG, wonach der Zweck des Handels mit eigenen Aktien ausgeschlossen ist832. Ein hoher Bestand an eigenen Aktien verschafft dem Vorstand zudem ein großes Maß an Flexibilität, wenn sich kurzfristig die Möglichkeit einer Akquisition ergibt, indem er für die Finanzierung auch die gehaltenen eigenen Aktien einsetzen kann. Der Einsatz eigener Aktien im Rahmen eines Tauschangebots an die Aktionäre der Zielgesellschaft wird durch die Bestandsgrenze des § 71 Abs. 2 S. 1 AktG eingeschränkt. Das Angebot eigener Aktien bleibt daher grundsätzlich auf kleinere bis mittelgroße Transaktionen beschränkt oder muss in Kombination mit einem Geldbetrag erfolgen, um die Wertdifferenz auszugleichen. Der Erwerb eigener Aktien kann jedoch auch mit anderen Finan830

Vgl. oben S. 259 ff. Die Beschränkung auf achtzehn Monate in § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 1 AktG gilt nur für die Ermächtigung durch die Hauptversammlung, nicht aber für das Halten der Aktien; vgl. oben Fn. 129 (3. Teil). 832 Dazu oben Seite 144 ff. 831

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

zierungsinstrumenten aus dem Eigenkapitalbereich, wie z. B. der Schaffung bedingten Kapitals, kombiniert werden, um so die erforderliche Anzahl eigener Aktien zum Tausch anbieten zu können.

E. Die kreditfinanzierte Unternehmensübernahme (Leveraged Buyout) Leveraged buyout bezeichnet die kreditfinanzierte Unternehmensübernahme, wobei diese aus den Reserven der Zielgesellschaft gespeist wird. Der Bieter verfügt zunächst nur über einen Überbrückungskredit, um sein Angebot zu finanzieren. Sobald der Bieter die Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangt, führt er diesen aus den Mitteln der Zielgesellschaft zurück. Damit wird der Kredit für die Übernahme zumindest zum Teil von der Zielgesellschaft selber getragen833. Eine kreditfinanzierte Übernahme im Wege des leveraged buyout ist nach deutschem Aktienrecht nicht zulässig. § 71a Abs. 1 S. 1 AktG erfasst Finanzierungsgeschäfte, die sich auf den Erwerb von Aktien der Aktiengesellschaft beziehen. Das Verbot erfasst nicht nur Finanzierungsgeschäfte, die vor dem Erwerb der Aktien vereinbart werden, sondern auch solche, bei denen der Erwerbsvorgang im Zeitpunkt der Vereinbarung bereits abgeschlossen ist. Dadurch soll verhindert werden, dass sich die Zielgesellschaft mit gezeichnetem Kapital oder Rücklagen an der eigenen Übernahme durch die finanzielle Unterstützung des Aktienerwerbs des Bieters beteiligt. Das ergibt sich aus dem Zweck der Vorschrift, der darauf gerichtet ist, diese Erscheinungsform der Unternehmensübernahme zu verhindern bzw. zu begrenzen. Diese Auslegung wird gestützt durch den Wortlaut des Art. 23 der Kapitalrichtlinie, wonach es der Gesellschaft untersagt ist, Finanzierungshilfen „im Hinblick auf den Erwerb“ zu leisten834. Nach § 71a Abs. 1 S. 1 AktG ist demnach eine finanzielle Unterstützung des Erwerbs der eigenen Aktien aus der Gesellschaftskasse der Zielgesellschaft und damit de Durchführung eines leveraged buyout ausgeschlossen.

F. Insiderrechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien im Rahmen von Übernahmesachverhalten Werden eigene Aktien erworben, um auf diese Weise eine Übernahme der Gesellschaft zu verhindern oder einen Bestand eigener Aktien als 833 Drygala, AG 2001, 291, 294. Zu der Finanzierungstechnik des leveraged buyout vgl. Blair, S. 40 ff.; Lutter/Wahlers, AG 1989, 1 ff.; Peltzer, DB 1987, 973. 834 Schroeder, S. 92 ff.; Hüffer, AktG, § 71 a Rn. 3; Drygala, AG 2001, 291, 295; Lutter/Wahlers, AG 1989, 1, 9; a. A. Otto, in: Assmann/Schütze, § 26 Rn. 114.

§ 10 Der Einsatz im Rahmen öffentlicher Übernahmeangebote

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Tauschmittel für die Akquisition eines anderen Unternehmens aufzubauen, kann es sich um einen kursrelevanten Sachverhalt im Sinne des Insiderrechts darstellen835. Die insiderrechtliche Relevanz ist insbesondere abhängig von der Eignung der jeweiligen Insidertatsache zur erheblichen Beeinflussung des Börsenkurses der eigenen Aktien. Beim Vorliegen einer Insidertatsache besteht für alle Insider im Sinne von § 13 Abs. 1 WpHG ein Verbot von Insidergeschäften nach § 14 WpHG. Der Erwerb der Aktien durch die Gesellschaft unterliegt allerdings nicht dem Verbotstatbestand des § 14 Abs. 1 WpHG. Die Gesellschaft nutzt nicht das vorhandene Insiderwissen aus, sondern handelt in Ausführung eines eigenen unternehmerischen Entschlusses, den sie auch ohne Kenntnis der Insidertatsache vorgenommen hätte836. Erfüllt die Insidertatsache die Voraussetzungen für die Ad-hoc-Publizität, hat die Gesellschaft unverzüglich eine Ad-hoc-Mitteilung nach § 15 WpHG vorzunehmen. Erreicht der Bestand an gehaltenen eigenen Aktien ein Volumen von 5 v. H. bzw. 10 v. H. des Grundkapitals, hat die Gesellschaft zudem die Meldepflicht des § 25 Abs. 1 S. 3 WpHG zu beachten. Außerdem ist die BAFin über die Ermächtigung des Vorstands durch die Hauptversammlung nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 1 AktG zu unterrichten (§ 71 Abs. 3 S. 3 AktG). Komplizierter stellt sich die kapitalmarktrechtliche Behandlung eines Aktienrückerwerbs zur Übernahmeabwehr dar, wenn bereits ein Übernahmeangebot vorliegt, das noch nicht öffentlich bekannt gemacht wurde: Erfährt ein Mitglied eines Organs der Zielgesellschaft von einem geplanten Übernahmeangebot, etwa im Rahmen vorausgehender Verhandlungen über eine freundliche Übernahme, ist es bereits auf Grund seiner Organstellung im Zielunternehmen als Primärinsider nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 WpHG einzustufen. Liegen die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 WpHG vor, unterliegt das Organ als Insider somit dem Verbot von Insidergeschäften. Erwirbt das Organ für das Zielunternehmen Aktien desselben zurück, nutzt es die Kenntnis einer Insidertatsache aus und verstößt somit gegen das Insiderhandelsverbot nach 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG. Denn das Wertpapiergeschäft wird gerade deswegen getätigt, weil die Kenntnis der Insidertatsache gegeben ist837. Dem Verbot des Insiderhandels unterfällt aber auch die Aufforderung an ein befreundetes Unternehmen, einen sog. „white knight“, im eigenen Na835 Das häufigste Szenario, in dem Insidergeschäfte am Kapitalmarkt vorgenommen werden, spielt sich im Vorfeld öffentlicher Übernahmeangebote ab. Vgl. auch Schanz, NZG 2000, 337, 346. 836 Dazu oben Seite 232. 837 Assmann/Cramer, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 14 Rn. 27 f. u. 88.

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3. Teil: Rechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien

men und für eigene Rechnung Aktien des Zielunternehmens zu erwerben, noch bevor das Übernahmeangebot öffentlich gemacht wird. Darin ist die unbefugte Weitergabe von Insiderinformationen gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG bzw., wenn der Aufgeforderte auf Grundlage dieser Informationen Wertpapiergeschäfte tätigt, auch das Ausnutzen von Insiderinformationen zu sehen838. Als Konsequenz ergibt sich, dass der Erwerb eigener Aktien oder die Einschaltung eines white knight zur Abwehr der Übernahme vor der Veröffentlichung des Angebotes dem Verbot von Insidergeschäften unterliegt. Daher liegt es im Interesse der Zielgesellschaft, dass das Übernahmeangebot schnellstmöglich veröffentlicht wird. Gegebenenfalls muss sie selbst für eine Veröffentlichung Sorge tragen, um auf diese Weise dem Übernahmesachverhalt mit der Veröffentlichung den Charakter einer Insidertatsache zu nehmen. Auf diese Weise bewirkt das Insiderrecht, dass die Marktteilnehmer möglichst frühzeitig von der geplanten Übernahme Kenntnis nehmen und ihr weiteres Anlageverhalten darauf einstellen können.

838

Assmann/Cramer, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 14 Rn. 27 f. u. 88.

Vierter Teil

Untersuchung der Möglichkeiten zur Deregulierung und Liberalisierung des Erwerbs eigener Aktien Im Folgenden wird die Frage erörtert werden, ob eine Deregulierung und Liberalisierung des Aktienrückerwerbs zweckmäßig erscheint und in welchem Umfang entsprechende Maßnahmen getroffen werden sollten. Dazu bedarf es zunächst einer kurzen Einführung in die Zusammenhänge zwischen ökonomischen und juristischen Deregulierungsansätzen. Im Anschluss wird anhand ausgesuchter empirischer Daten das mögliche Potential des Aktienrückerwerbs im Hinblick auf seine Auswirkungen auf den Kapitalmarkt aufgezeigt werden. Diese Daten werden gestützt durch eine entsprechende ökonomische Analyse. Die tatsächlichen Auswirkungen des Aktienrückerwerbs werden im Wesentlichen bestimmt durch die rechtlichen Rahmenbedingungen. Es erfolgt daher die Darstellung des Aktienrückerwerbs im anglo-amerikanischen Rechtskreis. Gerade das US-amerikanischen Recht nimmt hinsichtlich des Erwerbs eigener Aktien eine äußerst liberale Haltung ein. Das englische Recht ist insoweit von Interesse, als dort trotz der Vorgaben der (kontinentaleuropäisch geprägten) Kapitalrichtlinie der Aktienrückerwerb in sehr weitem Umfang möglich ist. Abschließend werden Vorschläge zu einer Reform der bestehenden Regelung des Aktienrückerwerbs dargestellt. Als erstes ist auf mögliche gesetzgeberische Maßnahmen des deutschen Gesetzgebers im Rahmen der europarechtlichen Vorgaben der Kapitalrichtlinie einzugehen. Da seitens der EUKommission bereits über eine Überarbeitung der Kapitalrichtlinie nachgedacht wird1, ist es außerdem angebracht, die abschließende Untersuchung möglicher Reformen der den Erwerb und die Veräußerung eigener Aktien betreffenden Vorschriften nicht allein auf das deutsche Recht zu beschränken, sondern auch auf das entsprechende europäische Richtlinienrecht auszudehnen und Ansätze für eine gesetzgeberische Reform der EU-rechtlichen Vorgaben des Erwerbs eigener Aktien zu erarbeiten. 1 Zum derzeitigen Stand der SLIM-Initiative vgl. Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament v. 28.2.2000, DOK KOM (2000) 104 endg. s. a. Drygala, AG 2001, 291 ff.

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4. Teil: Deregulierung und Liberalisierung des Erwerbs eigener Aktien

§ 11 Reform durch Deregulierung und Liberalisierung Gegenstand der vorliegenden Untersuchung sind Möglichkeiten der Deregulierung und Liberalisierung des Gesellschaftsrechts im Bereich des Erwerbs eigener Aktien. Die Frage nach der Deregulierung und Liberalisierung des Rechts kann nur auf Grundlage der Kenntnis der ökonomischen Rahmenbedingungen und Zielsetzungen von Deregulierungs- und Liberalisierungsmaßnahmen beantwortet werden.

A. Markt und Ökonomie Im Mittelpunkt der ökonomischen Untersuchung eines möglichen Deregulierungs- und Liberalisierungspotentials steht der freie Wettbewerb sowie der Markt als einer Einrichtung, auf der die Angebots- und Nachfrageentscheidungen der Wirtschaftsteilnehmer unter Wettbewerbsbedingungen koordiniert werden. Dem Prinzip des freien Wettbewerbs kommt dabei eine zentrale Funktion zu, da er eine Lenkungs-, Anreiz- und Verteilungsfunktion beinhaltet und dadurch wirtschaftlichen Fortschritt schafft2. Eine auf Marktwirtschaft und Wettbewerb gegründete Wirtschaftsordnung ist nach allgemeiner, durch historische Erfahrung bestätigter Auffassung in besonderem Maße geeignet, günstige gesamtwirtschaftliche Ergebnisse zu produzieren3. Dabei liegt die eigentliche Faszination des Marktes in der Erwartung, die marktmäßige Steuerung des Wirtschaftsgeschehens führe über allokative Effizienz und dynamische Effizienz zu einem gesamtwirtschaftlich optimalen Ergebnis4. Theoretisch bedürfte es in einer solchen Wirtschaftsordnung keiner weitreichender staatlicher Eingriffe in das wirtschaftliche Geschehen. Diese könnten sich vielmehr darauf beschränken, den unabdingbaren Ordnungsrahmen dafür bereitzustellen, dass die Marktprozesse möglichst ungehindert ablaufen können.

B. Bedeutung von Regulierung und Deregulierung Aus ökonomischer Sicht bezweckt die Deregulierung die Öffnung der Märkte und die (Wieder-)Erlangung des Wettbewerbs. Das meint den Abbau von Vorschriften, die den Marktzugang und die Handlungsfreiheit von 2

Pauger, in: ÖJT 1995, S. 37; Wenglorz, S. 6 mit Nachw. Koppensteiner, in: ÖJT 1995, S. 7. 4 Vgl. auch Pauger, in: ÖJT 1995, S. 37: So werde im Sinne der neoklassischen Theorie auf dem Wege individueller Nutzenmaximierung das Gesamtwohl verwirklicht. Bei Marktgleichgewicht sei das Wohlfahrtsmaximum erreicht (sog. „ParetoOptimum“). Eine Wohlfahrtssteigerung des einen Marktteilnehmers könne nur noch zu Lasten eines anderen erfolgen. 3

§ 11 Reform durch Deregulierung und Liberalisierung

305

Wirtschaftssubjekten einschränken, um so eine Stärkung der Marktmechanismen und letztlich eine höhere Effizienz herbeizuführen5. Regelungen, die erforderlich sind, damit sich Wettbewerb und Marktwirtschaft überhaupt entfalten können, sind jedoch nicht als Regulierung zu verstehen, da sie den Wettbewerb erst ermöglichen und ihn nicht unterbinden6. Auf Grund besonderer Marktbedingungen kann es sein, dass ein freier Wettbewerb nicht möglich ist oder zu einem volkswirtschaftlich nachteiligen Ergebnis führt (sog. „Marktversagen“). Häufig reagiert der Gesetzgeber darauf mit zum Teil übermäßiger Gesetzgebung, die meist ohne bereichsübergreifende Koordination sektoral konzipiert ist7. Durch staatliche Eingriffe in den nicht oder nur vermeintlich nicht funktionierenden Wettbewerb wird das Ziel verfolgt, den freien Wettbewerb zu sichern oder wiederherzustellen8. Ist ein Marktversagen aber nur scheinbar gegeben oder sind die getroffenen Maßnahmen zur Beseitigung des Marktversagens nicht effizient, wozu auch zählt, dass die Kosten der Regulierung höher sind als die durch sie selbst erzielten Wohlfahrtsgewinne, ist die Regulierung ineffizient (sog. „Staatsversagen“)9. Während die ökonomische Betrachtung vom Leitbild eines intakten Wettbewerbs ausgeht, der durch gestaltende und/oder lenkende Einwirkungen auf die Marktstruktur, das Marktverhalten und/oder das Marktergebnis beschränkt wird, fragt die juristische Sichtweise nach Eingriffen in Freiheitsrechte10. In juristischer Hinsicht wird daher unter Deregulierung generell die Aufhebung oder der Abbau staatlicher Regelungen, die Eindämmung der Regelungsdichte, aber auch die Erneuerung von Normen verstanden11. Die Überregulierung eines Regelungsbereichs lässt sich in quantitativer sowie in qualitativer Hinsicht betrachten. Ein Regelungsbereich ist quantitativ überreguliert, wenn weniger Regeln möglich sind, eine qualitative Überregulierung liegt vor, wenn gemessen an einem hinreichend bestimmten Ziel 5

Lienhard, S. 109; Wrangell, S. 81 f.; Wenglorz, S. 9; Möschel, JZ 1988, 885,

888. 6 Wenglorz, S. 9; Pauger, in: ÖJT 1995, S. 39 mit Nachw. Zur (ökonomischen) Theorie der Regulierung vgl. Möschel, JZ 1988, 885, 890 ff. 7 Lienhard, S. 101u. 104 mit Nachw. 8 Wenglorz, S. 6. Ein durch staatliche Regulierung vorgenommener Eingriff in den freien Markt lässt sich ökonomisch vor allem durch die normative und positive Theorie der Regulierung rechtfertigen; dazu Wenglorz, S. 7 mit Nachw. 9 Pauger, in: ÖJT 1995, S. 41, 55 ff. 10 Pauger, ÖJT 1995, S. 40. Dem Gesetzgeber steht es frei, die ihm jeweils sachgemäß erscheinende Wirtschaftspolitik zu verfolgen, soweit er dabei das Grundgesetz beachtet; BVerfGE 4, 7, 18. Das Grundgesetz ist eine wirtschaftspolitisch neutrale, an liberalen und marktwirtschaftlichen Prinzipien orientierte Wirtschaftsverfassung; BVerfGE 50, 290, 338; 32, 305, 317). 11 Lienhard, S. 109 mit Nachw.

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oder Maßstab eine übermäßige Reglungsdichte und -intensität vorhanden ist. Es geht daher nicht allein um eine mengenmäßige Verringerung der Normen, sondern auch um eine Gesetzesoptimierung, Gesetzesverlagerung und den Verzicht auf Neuregulierung12. Zu einem weit verstandenen Deregulierungsbegriff gehören auch sämtliche Maßnahmen zur (Re-)Vitalisierung der Wirtschaft und zur Stärkung des Vertrauens in die Märkte, zum Ausbau des unternehmerischen Spielraums, zur Liberalisierung staatlicher Einflussnahme und zur Privatisierung staatlicher Tätigkeit13.

C. Gesamtwirtschaftliche Auswirkungen von Regulierungs- und Deregulierungsmaßnahmen Wohlstand und Wohlfahrt eines Landes hängen in erster Linie von einer leistungsfähigen Wirtschaft ab. Diese Leistungsfähigkeit wird durch staatliche Eingriffe teilweise erheblich herabgesetzt. Eine staatliche Regulierung kann zu vielfältigen Hemmnissen für die Unternehmen führen, was deren wirtschaftlichen Erfolg und Wettbewerbsbedingungen erheblich negativ beeinflussen kann. Kommt es infolge dessen zu einer Störung ihrer betriebswirtschaftlichen Handlungsfreiheit, kann dies negative volkswirtschaftliche Folgen nach sich ziehen. In der Summe kann staatliche Regulierung zu einem wirkungsvollen Hemmnis der marktwirtschaftlichen Dynamik führen. Der Abbau von Beschränkungen im Wirtschaftsleben ist daher vor allem aus volkswirtschaftlichen Gründen geboten14. Direkte staatliche Eingriffe, die sich nicht auf die Setzung geeigneter marktwirtschaftlicher Rahmenbedingungen beschränken, sind folglich abzulehnen.

§ 12 Ökonomische und rechtliche Möglichkeiten der Deregulierung und Liberalisierung des Erwerbs eigener Aktien Die Untersuchung der §§ 71 ff. AktG hat deutlich gemacht, dass der Erwerb eigener Aktien zahlreichen Beschränkungen unterliegt. Der Grund für die restriktive Haltung des Gesetzgebers lag lange Zeit in der negativen Beurteilung des Aktienrückerwerbs im Hinblick auf die damit verbundenen Gefahren für die Gläubiger, Aktionäre und den Kapitalmarkt. Die mit dem Erwerb eigener Aktien verbundenen Vorteile wurden dagegen kaum beachtet. 12

Lienhard, S. 114. Ggf. kann eine qualitative Deregulierung auch quantitativ indifferent ausfallen oder sogar eine Zunahme der Regelungen zur Folge haben. 13 Lienhard, S. 110. 14 Lienhard, S. 115 ff.

§ 12 Ökonomische und rechtliche Möglichkeiten

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Erst mit der Einführung des § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG durch das KonTraG im Jahr 1998 ist eine wesentliche Änderung in der Beurteilung des Aktienrückerwerbs auszumachen. Doch trotz der dadurch eröffneten Möglichkeit, eigene Aktien auch ohne Vorliegen eines besonderen Erwerbszwecks auf Grund eines Ermächtigungsbeschlusses der Hauptversammlung zurückerwerben zu können, bestehen weiterhin umfangreiche Hemmnisse, die die Einsatzmöglichkeiten des Aktienrückerwerbs stark limitieren und den Handlungsspielraum des Vorstands deutlich einschränken. Um die Attraktivität des deutschen Kapitalmarktes im Hinblick auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Finanzplatzes zu steigern, muss den Unternehmen jedoch mehr Flexibilität im Bereich des Finanzmanagements zugestanden werden. Eine Deregulierung und Liberalisierung der Regelung des Erwerbs eigener Aktien sollte aber nur erfolgen, wenn die bestehende Regelung ökonomisch ineffizient ist und der Abbau von Beschränkungen einen funktionierenden Wettbewerb nicht gefährdet, sondern übermäßige Eingriffe des Staates in den Markt abbaut und das Vertrauen in diesen stärkt. Es geht dabei nicht allein um ein „Weniger“ an Regelungen, sondern vor allem auch um eine Gesetzesoptimierung. Das mögliche Potential einer Deregulierung und Liberalisierung des Erwerbs eigener Aktien lässt sich am besten anhand der Rechtswirklichkeit im anglo-amerikanischen Rechtsraum darstellen, wobei insbesondere die Darstellung der US-amerikanischen Situation angesichts der Größe und Potenz des dortigen Kapitalmarktes von besonderem Interesse ist. Dazu soll zunächst anhand von empirischen Daten die Wirkung des Aktienrückerwerbs auf die börslichen Kapitalmärkte in den Vereinigten Staaten beschrieben werden. Es schließt sich eine Untersuchung des Aktienrückerwerbs unter ökonomischen Gesichtspunkten an. Schließlich erfolgt eine Darstellung der Regelung des Aktienrückerwerbs im US-amerikanischen und englischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht.

A. Empirische Daten Der Umfang des Aktienrückerwerbs und die mit ihm einhergehenden positiven Auswirkungen auf den Kapitalmarkt werden anhand einer Betrachtung der in den Vereinigten Staaten vorgenommenen empirischen Untersuchungen deutlich15. In den Vereinigten Staaten ist der Aktienrückkauf neben der Dividende ein gängiges Ausschüttungsinstrument. Der relative Anteil der Aktienrück15 Vergleichbare Daten stehen für den deutschen Markt – soweit ersichtlich – nicht zur Verfügung.

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käufe an den gesamten Ausschüttungen steigt deutlich stärker als der der Dividenden. So wurden im Jahr 1977 zwar 29,45 Mrd. US-$ als Dividenden, aber nur 3,361 Mrd. US-$ über den Erwerb eigener Aktien an die Aktionäre ausgeschüttet. Im Jahr 1987 waren es bereits 54,336 Mrd. US-$, bei Dividendezahlungen in Höhe von 83,051 Mrd. US-$, und im Jahr 1997 ca. 125 Mrd. US-$, die für den Erwerb eigener Aktien eingesetzt wurden16. Nach der Ankündigung eines Aktienrückerwerbsprogramms sind regelmäßig deutliche Renditezuwächse für die betroffenen Aktien zu verzeichnen. Obwohl nach Ablauf des Programms ein leichter Kursrückgang festzustellen ist, verbleiben die Kurse in der Regel aber auf einem höheren Niveau im Vergleich zum Zeitraum vor der Ankündigung des Rückerwerbs. Bei Rückkäufen über die Börse liegen die unmittelbaren Renditezuwächse im Mittel zwischen 2 v. H. und 3 v. H. bei einem durchschnittlich zurückerworbenen Anteil eigener Aktien am Gesamtbestand ausgegebener Aktien von ca. 5 v. H. Bemerkenswert ist, dass der Renditezuwachs im Durchschnitt auf ca. 6 v. H. steigt, wenn mehr als 20 v. H. der Aktien zurückgekauft werden17. Werden Aktien außerhalb des Börsenhandels zurückerworben, liegen die durchschnittlich gezahlten Prämien zwischen ca. 13,4 v. H. und 23 v. H., der durchschnittliche Anteil zurückerworbener Aktien zwischen 13,11 v. H. und 18,8 v. H. und die durchschnittliche zusätzliche Rendite zwischen 6,7 v. H. und 17,5 v. H., wobei die Zahlen je nach gewählter Form des Rückerwerbs variieren18. Bei einer Finanzierung durch Fremdkapital steigt sowohl die Zahl der zurückerworbenen Aktien als auch der Renditezuwachs nochmals an19. Anhand des Zahlenmaterials wird deutlich, dass der Erwerb eigener Aktien einen positiven Effekt auf die Wohlfahrt der Aktionäre der Gesellschaft ausübt, der je nach gewählter Erwerbsmethode unterschiedlich stark ausgeprägt ist. Die positiven Renditezuwächse sind durchweg langfristiger Natur; die Kurse verbleiben auch nach Abschluss des Rückerwerbsprogramms in der Regel auf einem signifikant höheren Niveau. Als Grund wird insbesondere die marktwertsteigernde Wirkung der Kapitalstrukturänderungen angenommen20. Einen Sonderfall stellt der mit einzelnen Aktionären individuell ausgehandelte Rückerwerb (negotiated repurchase) dar. Die durchschnittlich gezahlte Prämie beträgt 10,2 v. H. und der durchschnittlich zurücker16 Hampel, S. 9; Rosen/Helm, AG 1996, 434; Bezzenberger, Rn. 31 jeweils mit Nachw. Vgl. auch Escher-Weingart/Kübler, ZHR 162 (1998), S. 537, 552. 17 Hampel, S. 20 f.; Wastl/Wagner/Lau, S. 35 jeweils mit Nachw. 18 Wastl/Wagner/Lau, S. 36 mit Nachw. 19 Hampel, S. 22 f. mit Nachw. 20 Zu den Gründen vgl. Hampel, S. 28 ff.

§ 12 Ökonomische und rechtliche Möglichkeiten

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worbene Anteil eigener Aktien 9,8 v. H. Allerdings führt diese Form des Rückerwerbs zu negativen Renditezuwächsen, die durchschnittlich zwischen –3 v. H. und –4,5 v. H. liegen21. Negative Auswirkungen auf die zu erwartende Rendite sind auch dann zu verzeichnen, wenn die offizielle Ankündigung erfolgt, die eigenen Aktien in der Absicht zurückerwerben, um eine feindliche Übernahme abzuwehren22. Den dargestellten statistischen Daten entsprechende Werte ließen sich auch im Zusammenhang mit dem Börsencrash vom 19. Oktober 1987 beobachten. Die Ankündigung von umfangreichen Rückerwerbsprogrammen durch Unternehmen, deren Kurse besonders stark gefallen waren, hatte einen deutlich positiven Effekt auf die Entwicklung der Kurse der betreffenden Aktien zur Folge23.

B. Ökonomische Analyse des Erwerbs eigener Aktien Auf Grund der empirischen Befunde besteht Anlass zu untersuchen, ob und inwieweit ein Abbau staatlicher Regulierung des Aktienrückerwerbs positive ökonomische Auswirkungen zur Folge hat. Unter der Deregulierung im juristischen Sinne ist zunächst der Abbau staatlicher Eingriffe, die Reduzierung der Regelungsdichte sowie Gesetzesoptimierung zu verstehen. Die Frage nach der Erforderlichkeit an der Rechtsordnung ansetzender Regulierungs- und Deregulierungsmaßnahmen führt unmittelbar zu Fragen der Ökonomie, welche die wissenschaftlichen Grundlagen für die Ausgestaltung der Marktbedingungen unter Effizienzgesichtspunkten bestimmen24. Die Aktiengesellschaft kann eigene Aktien zu den verschiedensten Zwecken zurückerwerben. Damit ist aber noch nichts darüber ausgesagt, ob der Erwerb eigener Aktien an sich auch wirklich ökonomisch sinnvoll ist. Es ist denkbar, dass der Erwerbsgrund an sich zwar plausibel ist, der Erwerb der Aktien aber unter ökonomischen Gesichtspunkten nicht als effizient zu bewerten ist. Deregulierungsmaßnahmen des Gesetzgebers sind aber dann 21

Wastl/Wagner/Lau, S. 36. Hampel, S. 20 u. 23 ff. mit Nachw. 23 Hampel, S. 27; Escher-Weingart/Kübler, ZHR 162 (1998), S. 537, 554; Bezzenberger, Rn. 76 jeweils mit Nachw. Insgesamt haben 350 Gesellschaften, deren Aktien an der NYSE bzw. ASE gelistet waren, durchschnittlich 5,63 v. H. des Gesamtbestands ihrer eigenen Aktien zurückerworben. Die durchschnittlichen zusätzlichen Renditen betrugen zwischen dem Zeitpunkt der Ankündigung bis 40 Tage nach der Ankündigung 5,36 v. H. Vgl. auch die Zahlen bei Benckendorff, S. 94: Der S & P 500 ist in diesem Zeitraum nur um ca. 2 v. H. angestiegen. 24 Pauger, in: ÖJT 1995, S. 37. 22

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als kontraproduktiv anzusehen, wenn sie im Ergebnis die freie Entfaltung des Wettbewerbs verhindern oder sogar zu Marktversagen führen. I. Flexibilisierung der Unternehmensfinanzierung Der Zwang zur Thesaurierung hat in der Vergangenheit dazu geführt, dass die Mittel wieder in das eigene Unternehmen oder in den Aufbau von Beteiligungen investiert wurden, ohne dass eine dem Mitteleinsatz entsprechende Rendite erwartet werden konnte. Dieses ökonomisch ineffiziente Handeln wirkt sich negativ auf die Bewertung des Unternehmens an den Kapitalmärkten aus. Durch die Rückführung der Mittel an den Kapitalmarkt kann die Effizienz des Mitteleinsatzes dagegen um ein Vielfaches gesteigert werden25. Denn eine Reduzierung der ungebundenen Mittel, die unter unmittelbarer Kontrolle des Managements stehen, verhindert die Verschwendung dieser Mittel in unrentablen Projekten. Das hat auch positive Wohlfahrtseffekte zur Folge, da die Gesellschaft für spätere Investitionen der Kontrolle des Kapitalmarktes unterworfen wird26. Die Zulässigkeit des Aktienrückerwerbs schafft im Hinblick auf die Renditeerwartungen der Aktionäre den nötigen Anreiz, vom Unternehmen nicht benötigte Liquidität abzubauen und die ungenutzten Mittel an die Aktionäre zurückzuführen27. Die Ausschüttung liquider Mittel durch den Erwerb der eigenen Aktien bewahrt die Aktiengesellschaften davor, mangels lohnender Investitionsvorhaben fragwürdige Investitions- oder Diversifikationsentscheidungen zu treffen und dadurch den eigenen Aktienkurs zu verwässern. II. Abbau von Informationsasymmetrien durch Signalling Eine Unterbewertung der eigenen Aktien macht die Gesellschaft zum geeigneten Opfer feindlicher Übernahmeversuche. Zwar kann eine Übernahme dann ökonomisch sinnvoll sein, wenn sie sich darauf beschränkt, die Differenz zwischen Unterbewertung und wirklichem Wert abzuschöpfen und/ oder ein ineffizientes Management auszutauschen, weil sie damit zur Steigerung der Effektivität beiträgt. Allerdings wird das Management im Hinblick auf den Erhalt des eigenen Arbeitsplatzes versuchen, das Risiko einer 25 Skog, ZGR 1997, 306, 308; Escher-Weingart, S. 284; a. A. Kopp, S. 163 (Liquidität als „strategische Reserve“). So führte die Restrukturierung der Kapitalstruktur US-amerikanischer Unternehmen in den achtziger Jahren aufgrund der Ersetzung teuren Eigenkapitals durch billigeres Fremdkapital zu einem starken Anstieg der Verschuldung, brachte aber langfristig eine Gesundung für die betreffenden Unternehmen mit sich; Hampel, S. 58 mit Nachw. 26 Hampel, S. 52 u. 53; Escher-Weingart/Kübler, ZHR 162 (1998), 537, 556. 27 Skog, S. 308; Escher-Weingart/Kübler, ZHR 162 (1998), 537, 556.

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Übernahme dadurch zu verringern, dass es die Gesellschaft möglichst effizient führt, um so den Wert des Unternehmens und damit den Marktpreis der Aktien zu steigern. Auf Grund der Unvollkommenheit der Kapitalmärkte muss das Management ein Instrument erhalten, um die aus der ungleichen Verteilung der Informationen resultierenden negativen Auswirkungen auf den Kurswert der Aktien durch die Weitergabe „monopolistischer Informationen“ zu korrigieren (sog. „signalling“)28. Mit der Ankündigung des Aktienrückerwerbs übermittelt die Verwaltung dem Kapitalmarkt bisher privat gehaltene Informationen über den wahren Marktwert des Unternehmens und die zukünftige Geschäftsentwicklung. Die Anleger können davon ausgehen, dass das Management über weitaus bessere Informationen als sie selber verfügen. Die durch die Ankündigung des Aktienrückerwerbs übermittelten Informationen werden grundsätzlich als glaubwürdig eingestuft, da ein falsches signalling sich zumindest mittelfristig äußerst negativ auf den Kurs der Aktie auswirken würde29. Allerdings kann der Erwerb eigener Aktien zur Übernahmeabwehr nicht als vorrangiges ökonomisches Argument für die Zulässigkeit des Rückerwerbs herangezogen werden, da feindliche Übernahmen am deutschen Kapitalmarkt nur sehr vereinzelt vorkommen. Das liegt vor allem an der Schwäche des Kapitalmarktes und den vergleichsweise übernahmefeindlichen Umfeldbedingungen, die durch Mitbestimmung, Kapitalverflechtung und Aufteilung der Kompetenzen in Aufsichtsrat und Vorstand geprägt sind30. III. Steuerung der Zusammensetzung der Anteilseigner Die Verringerung des Streubesitzes durch den Erwerb eigener Aktien führt grundsätzlich zu einer Verbesserung der Kommunikation zwischen Aktiengesellschaft bzw. ihrem Vorstand und den Anlegern. Gleichzeitig werden die dafür erforderlichen Kosten reduziert. Es besteht das rechtspolitisches Ziel, den Anteil der Aktionäre in der Bevölkerung deutlich zu erhöhen. Denn der Aktienbesitz deutscher Haushalte ist im internationalen Vergleich immer noch relativ gering31. Auch ist die 28 Escher-Weingart, S. 278. Eine Reduzierung der Informationsasymmetrien zwischen Management und Anteilseignern trägt außerdem zu einer Verringerung der Agency-Kosten bei. Es entstehen geringere Hidden-Information-Probleme; die Gefahr eines Adverse-Selection-Effektes wird eingeschränkt; vgl. Hampel, S. 50 ff. 29 Dazu ausf. oben Seite 73. 30 Dazu Escher-Weingart, S. 282. 31 DAI-Factbook, Abb. 07.1-2-a: ca. 17,6 v. H. (1992).

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Steigerung des Aktienvermögens in breiten Bevölkerungsschichten nach hoffnungsvollen Ansätzen und dem Börsenboom in den Jahren 1999/2000 wieder deutlich ins Stocken geraten. Es wird vertreten, ein Aktienrückerwerb zur Reduzierung des Streubesitzes sei im Hinblick auf dieses gesetzgeberische Ziel als rechtspolitisch kontraproduktiv einzustufen32. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass durch den Verkauf zu einem hohen Kurs die Zufriedenheit mit der Anlageform der Aktie deutlich steigen wird. Die Aktionäre werden die aus dem Rückkaufprogramm erlangten Mittel in der Regel wieder in anderen Aktien investieren, was wiederum zu einer Verbesserung der Kapitalallokation und steigenden Renditen führen wird33. IV. Verbesserung der Unternehmenskontrolle (Principal-Agent-Beziehung) Halten die Mitglieder der Verwaltung Aktien der eigenen Gesellschaft, so wächst ihr relativer Anteil am Gesamtbestand der Aktien, wenn sie an einem Rückkaufprogramm nicht teilnehmen. Infolge dessen erhöht sich neben dem Einfluss ihrer Entscheidungen auf die eigene Wohlfahrt und das eigene Vermögen auch das persönliche Risiko. Das schafft größere Anreize, die eigenen Interessen stärker mit denjenigen der übrigen Aktionäre in Einklang zu bringen und eigentümerschädigende Handlungen zu minimieren. Damit reduzieren sich auch die Agency-Kosten, da sich die Notwendigkeit einer intensiven Kontrolle des Managements verringert34. Das trägt zu einer Steigerung des Marktwertes einer Gesellschaft in nicht unbeträchtlichem Maße bei35. Negativ fällt dagegen ins Gewicht, dass der Anteil des Managements an der eigenen Kontrolle steigt. Das erlaubt es dem Management, sich gegen die Ersetzung durch ein neues Management zur Wehr zu setzen, was sich negativ auf die Wohlfahrt der an dem Rückerwerb nicht beteiligten Aktionäre auswirkt. Diese Gefahr besteht vor allem bei einem individuell ausgehandelten Rückkauf (negotiated repurchase), wenn dieser durch die Abschottung gegen effizienzsteigernde Maßnahmen motiviert ist36. Auch wenn die Mitglieder der Verwaltung keine eigenen Aktien der Gesellschaft halten, wirkt sich ein Aktienrückerwerb in ökonomischer Hinsicht 32

Kopp, S. 155; Escher-Weingart, S. 283. Rosen/Helm, AG 1996, 434, 438. 34 Erfolgt der Erwerb eigener Aktien fremdfinanziert, wird das Management der Gesellschaft durch die Ausschüttung von Liquidität und die Erhöhung des Verschuldungsgrades im Sinne der Aktionäre diszipliniert, was wiederum die Notwendigkeit, ein nicht im Interesse der Aktionäre handelndes Management zu ersetzen, einschränkt. Vgl. Hampel, S. 55. 35 Hampel, S. 44. 36 Hampel, S. 56 f. mit Nachw. 33

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vorteilhaft aus. Denn die verbleibenden Anteile werden sich infolge des Aktienrückerwerbs in der Regel zunehmend in den Händen weniger Großaktionäre konzentrieren. Diese besitzen ein größeres Interesse an der Kontrolle des Managements als Kleinaktionäre, die ihre Anteile vorrangig als reine Anlageform betrachten. Als Disziplinierung des Managements wirkt gleichzeitig die Gefahr einer feindlichen Übernahme, die infolge der Konzentration größerer Anteilsbestände wächst37. V. Verbesserung der Funktionsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Kapitalmarktes Die mit dem Erwerb eigener Aktien einhergehenden betriebswirtschaftlichen Vorteile motiviert die Aktiengesellschaften liquide Mittel nicht zu thesaurieren, sondern – außerhalb der üblichen Dividendenzahlungen – an die Aktionäre auszuschütten. Die freiwerdenden Mittel werden von den auf die Maximierung ihrer Kapitalanlage bedachten Anlegern bei den Unternehmen investiert, wo es am meisten benötigt wird und die in Aussicht gestellte Rendite daher am höchsten ist. Die Umschichtung von Kapital am Kapitalmarkt unter Maßgabe einer Optimierung der Renditeerwartung der Anleger führt zu einer verbesserten Allokationseffizienz sowie einer deutlichen Aufwertung und Belebung des Kapitalmarktes38. Dazu trägt auch das in der Ankündigung des Erwerbs liegende, regelmäßig glaubwürdige Signal an den Kapitalmarkt bei, das auf eine Unterbewertung des Unternehmens an den Sekundärmärkten hinweist (signalling). Eine verbesserte Informationseffizienz führt zu einer Anpassung des Kurses an den wahren Wert der Aktie und verhindert damit eine Fehlallokation des Kapitals39. Die vorgenannten Gesichtspunkte tragen auch dazu bei, eine übermäßige Volatilität der Kurse zu vermeiden und das Kursrisiko für die Anleger zu reduzieren. Das ist insoweit von Bedeutung, als die Volatilität an dem engen deutschen Kapitalmarkt grundsätzlich weitaus größer ist als z. B. am US-amerikanischen Kapitalmarkt40. Insgesamt trägt der Aktienrückerwerb dazu bei, dass grundsätzlich die Zufriedenheit mit der Anlageform der Aktie steigt, was eine höhere Akzep37 Hampel, S. 45 f. Da eine Verbesserung der Kontrolle der Unternehmensleitung jedoch auch mit zusätzlichen Kosten verbunden ist, fallen die zusätzlichen Renditen nicht so hoch aus, wie im Falle der Anreizsteigerung aufgrund einer erhöhten Eigenbeteiligung der Verwaltung. 38 Escher-Weingart/Kübler, ZHR 162 (1998), 537, 556; Kübler, S. 55; vgl. auch Benckendorff, S. 51; Martens, AG 1996, 337, 339. 39 Escher-Weingart/Kübler, ZHR 162 (1998), 537, 556 f.; Escher-Weingart, S. 283. 40 Escher-Weingart, S. 283.

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tanz dieser Anlageform und eine Verbreiterung der Aktionärsbasis mit sich bringt41. Die von dem Aktienrückerwerb ausgehende belebende Wirkung auf den Kapitalmarkt erleichtert die Kapitalbeschaffung, weil auf einem höheren Kursniveau eine größere Nachfrage besteht42. Bei einer extensiven Nutzung des Aktienerwerbs kann es allerdings auch zu negativen Auswirkungen kommen. Es besteht das Risiko, dass in einer wirtschaftlichen Krisensituation dem Eigenkapital des Unternehmens nur die eigenen wertlosen Aktien gegenüberstehen. Eine unzureichende Deckung des Eigenkapitals kann in der Krise schnell zu einem Zusammenbruch des Unternehmens führen, was weitere Unternehmenspleiten nach sich ziehen kann43. Die Zulässigkeit des Aktienrückerwerbs beinhaltet zudem das Risiko einer manipulativen Kursentwicklung und des Handels von informierten Personen zu Lasten uninformierter Anleger, was nicht nur einen negativen Einfluss auf die Finanzierungsmöglichkeiten des Unternehmens ausübt, dessen Aktien davon betroffen sind, sondern sich auch äußerst nachteilig auf die Funktionsfähigkeit und Vertrauenswürdigkeit des Kapitalmarktes als Ganzes auswirkt. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Zulässigkeit des Aktienrückerwerbs im Hinblick auf den Kapitalmarkt zwar mit gewissen Risiken verbundenen ist, der Aktienrückerwerb aber andererseits sehr positive Auswirkungen zeigt, da er maßgeblich zur Belebung des Börsenhandels, zur Steigerung der Akzeptanz der Aktie als Anlageform, zu erhöhter Emissionsneigung und damit zur Attraktivität des deutschen Finanzplatzes beitragen kann44. VI. Fazit Die Zulässigkeit des Aktienrückerwerbs ist in ökonomischer Hinsicht insgesamt positiv zu beurteilen. Eine restriktive Haltung des Gesetzgebers ist insoweit nicht geboten. Sie schränkt die Handlungsfreiheit der Unternehmen über Gebühr ein und verhindert Wohlfahrtsgewinne. Es sind allerdings Regelungen erforderlich, um den freien Wettbewerb zu ermöglichen und zu sichern. Die weitreichende Zulässigkeit des Aktienrückerwerbs muss daher mit Vorschriften zum Schutz von Gläubigern und Aktionären sowie dem Vertrauen des Anlegerpublikums in die Funktionsfähigkeit der Märkte einher gehen. 41 Rosen/Helm, AG 1996, 434, 438; Martens, AG 1996, 337, 338; a. A. Kopp, S. 155. 42 Martens, AG 1996, 337, 339. 43 Rosen/Helm, AG 1996, 434, 438; Leithaus, S. 28 f. 44 Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, 13; Kindl, DStR 1999, 1276 f.

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In juristischer Hinsicht ist die staatliche Regulierung des Aktienrückerwerbs weitgehend abzubauen. Die quantitative Verringerung von staatlichen Eingriffen kann allein aber nicht den gewünschten Erfolg herbeiführen. Im Sinne einer qualitativen Deregulierung sind vielmehr zugleich umfassende (kapitalmarktrechtliche) Regelungen zum Schutz der betroffenen Interessen erforderlich, die sicherstellen, dass Marktprozesse möglichst ungehindert ablaufen können und ein freier Wettbewerb ohne die Benachteiligung einzelner Marktteilnehmer möglich ist.

C. Überblick über die Behandlung des Aktienrückerwerbs im anglo-amerikanischen Rechtsraum Die empirische Untersuchung des Aktienrückerwerbs hat anhand der in den Vereinigten Staaten erhobenen Daten deutlich gemacht, in welchem Umfang der Aktienrückerwerb sich auf den Marktwert der Aktien und den Kapitalmarkt auswirken kann. Es liegt die Vermutung nahe, dass eine wesentliche Ursache dafür in dem im US-amerikanischen Recht bestehenden Regelungsmodell zu suchen ist. Nachfolgend soll daher ein Überblick über die gesellschafts- und kapitalmarktrechtliche Behandlung des Erwerbs eigener Aktien nach US-amerikanischem Recht gegeben werden. Im Anschluss daran folgt eine kurze Darstellung des Aktienrückerwerbs nach englischem Recht, das insbesondere deshalb für die weiteren Überlegungen von Interesse ist, da es sich, wie auch die deutsche Regelung des Aktienrückerwerb, an die durch die Kapitalrichtlinie vorgegebenen Rahmenbedingungen halten muss. Die Darstellung der rechtlichen Behandlung des Aktienrückerwerbs im anglo-amerikanischen Rechtsraum zeigt anhand der dort bestehenden Regelungsmodelle alternative Ansätze für eine Deregulierung und Liberalisierung des Aktienrückerwerbs auf. Die so gewonnenen Erkenntnisse sind im Rahmen der Überlegungen für eine gesetzgeberische Reform der §§ 71 ff. AktG bzw. der Kapitalrichtlinie mit einzubeziehen. I. Erwerb eigener Aktien nach US-amerikanischem Recht 1. Allgemeines

Das US-amerikanische Gesellschaftsrecht ist nicht Bundesrecht, sondern Recht der Einzelstaaten45. Obwohl die Regelungen einem gemeinsamen Grundmuster entsprechen, sind im Detail gravierende Unterschiede auszu45

Kübler, Aktie, S. 16; Hampel, S. 60; Rosen/Helm, AG 1996, 437.

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machen. Einen starken Einfluss auf die einzelstaatlichen Vorschriften haben die Regelungen des staatenübergreifenden Model Business Corporation Act (M.B.C.A.; seit 1984: Revised Model Business Corporation Act, R.M.B.C.A), der durch die American Bar Association initiiert wurde46. Die Darstellung kann sich auf die besonders wichtigen Staaten Delaware, Kalifornien und New York, deren Bedeutung nicht selten aus ihrer stark ausgeprägten Liberalität resultiert, sowie auf die Musterregelung des R.M.B.C.A. konzentrieren. Das traditionelle Organisationsrecht wird bereits seit dem Beginn der 1930er Jahre in zunehmendem Maße durch das Kapitalmarktrecht des Bundes (securities regulations) überlagert. Dabei sind insbesondere der Securities Act von 1933 und der Securities Exchange Act von 1934 sowie die von der Securities and Exchange Commission (SEC) kraft der ihr in diesen Gesetzen eingeräumten Rechtssetzungsbefugnis erlassenen Verordnungen (rules) von Bedeutung47. 2. Nennwert und Grundkapital

In Bezug auf Nennwert und Grundkapital lassen sich in dem einzelstaatlich geregelten Gesellschaftsrecht zwei nebeneinander existierende Systeme unterscheiden. Dem traditionellen System liegt das Nennwertprinzip und das Konzept des gesetzlichen Grundkapitals zu Grunde48. Dagegen verfolgt das moderne System, das seit Beginn der achtziger Jahre bisher in zahlreichen US-Bundesstaaten eingeführt wurde, die Abkehr vom Nennwertprinzip, die Vereinfachung der Aktienausgabe sowie die Liberalisierung der Regelungen über die Gewinnausschüttung und Einlagenrückgewähr. Das moderne System wird seit 1980 auch vom R.M.B.C.A. angewandt49. 46

Der R.M.B.C.A. wird von der American Bar Association erarbeitet und hat erheblichen Einfluss auf die Gesetzgebung in den Einzelstaaten; vgl. Kübler, Aktie, S. 16; Benckendorff, S. 101 jeweils mit Nachw. 47 Kübler, Aktie, S. 17. 48 U. a. in Delaware (Art. IX, § 3 Del.Const. sowie §§ 152, 153, 156, 157 Del.Gen.Corp.L.) und in New York (§ 504 N.Y.Bus.Corp.L.). 49 U. a. in Kalifornien (§§ 205, 409, 418 Cal.Gen.Corp.L.) sowie im R.M.B.C.A. (§ 6.21. R.M.B.C.A.). Weitere Nachw. bei Merkt, Rn. 371. In den Vereinigten Staaten wird die Funktion eines festen Nennkapitals als gläubigerschützendes Institut schon seit langem in Frage gestellt. Es hat sich die Ansicht durchgesetzt, dass die Gläubiger, soweit sie nicht durch andere rechtliche Vorkehrungen hinreichend geschützt sind, selber in der Lage sind, für ihre Sicherung Sorge zu tragen. Hinweise auf Probleme oder Schwierigkeiten im Hinblick auf die weitgehende Beseitigung des gesetzlichen Gläubigerschutzes sind in der US-amerikanischen Rechtswirklichkeit nicht auszumachen. Die Erwartung, dass der Abbau des gesetzlichen Gläubigerschutzes durch die Mechanismen der securities regulations aufgefangen werden

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An das traditionelle System, das auf dem Nennwertprinzip basiert, schließt sich das Konzept des gesetzlichen Grundkapitals an. Das Grundkapital (capital, stated capital, legal capital) der corporation ergibt sich aus dem addierten Nennwert (par value) aller ausgegebenen Aktien (issued shares)50. Zu unterscheiden sind zur Ausgabe zugelassene Aktien (authorized shares), ausgegebene Aktien (issued shares) und in den Händen des Publikums befindliche Aktien (outstanding shares)51. Bereits ausgegebene Aktien, die von der corporation zurückerworben wurden, werden nach ihrem Rückerwerb als treasury shares oder treasury stock bezeichnet. Rechtlich sind treasury shares als authorized und issued zu qualifizieren. Sie befinden sich allerdings nicht in der Hand der Anleger, sondern werden von der corporation gehalten (non outstanding)52. Die corporation kann hinsichtlich der von ihr gehaltenen treasury shares keine Stimmrechte ausüben, und es wird auf diese Anteile auch keine Dividende gezahlt53. Im neuen kalifornischen General Corporation Law von 1977 wurde von Anfang an auf das Nennwertprinzip verzichtet. Auch der R.M.B.C.A. kennt seit der Überarbeitung von 1980 kein par-value System mehr, sondern wurde auf das nennwertlose System umgestellt54. Als Folge dieser Entwicklung gibt es kein gesetzlich bestimmtes Grundkapital mehr, da eine Addition des Nennwertes der ausgegebenen (nennwertlosen) Aktien nicht möglich ist. Allerdings steht es den Gründern frei, in den articles of corporation einen Nennwert festzusetzen55. Die Ausgabe von Aktien ohne Nennwert könnte, hat sich jedoch nicht bestätigt, denn die für die Gläubiger besonders riskante Phase der Gründung wird von den kapitalmarktrechtlichen Regelungen nicht erfasst. Vgl. Escher-Weingart/Kübler, ZHR 162 (1998), S. 537, 562; Benckendorff, S. 183; Kübler, Aktie, S. 35 u. 55 ff. 50 §§ 102(a)(12) N.Y.Bus.Corp.L. In den meisten Bundesstaaten, die dem traditionellen System folgen, können auch Aktien ohne Nennwert ausgegeben werden (no par stock). Einen erkennbaren Vorteil bieten no par shares im Vergleich zu Aktien mit einem geringen Nennwert (low par shares) jedoch nicht; vgl. Merkt, Rn. 376. 51 Merkt, Rn. 374. Werden mehr Aktien ausgegeben als die articles of corporation vorsehen, so sind die überzähligen Aktien ungültig (void). Daher werden in der Regel mehr Aktien zur Ausgabe genehmigt, als zunächst tatsächlich ausgegeben werden. 52 Merkt, Rn. 374; Escher-Weingart/Kübler, ZHR 162 (1998), 537, 548. Unter gewissen Umständen ist die corporation verpflichtet, treasury shares in den Zustand vor der Ausgabe zurückzuführen und ggf. die Zahl der authorized shares um die Zahl der treasury shares zu vermindern und damit das Grundkapital zu mindern. 53 Vgl. § 160(d) Del.Gen.Corp.L. 54 Merkt, Rn. 385 mit Nachw. (dort in Fn. 81). 55 § 2.02(b)(2)(iv) R.M.B.C.A. Lediglich zum Zweck der Besteuerung des Gesellschaftskapitals haben in Kalifornien sämtliche Aktien einen Nennwert von US-$ 1. Vgl. § 205 Cal.Gen.Corp.L.

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erfolgt gegen eine Einlage, deren Höhe vom board of directors zu bestimmen ist56. Als Gründe für die Reform werden einerseits die Komplexität und Unübersichtlichkeit des herkömmlichen Nennwertsystems angeführt. Außerdem wird davon ausgegangen, dass Nennwert und Grundkapital einen wirksamen Schutz der Gläubiger vor Ausschüttungen an die Aktionäre nicht wirklich leisten könnten. Der Gläubiger wiege sich in trügerischer Sicherheit, da für einen Außenstehenden nicht erkennbar sei, wie die corporation finanziell tatsächlich dastehe57. Abgeschafft wurde mit dem modernen System auch das Institut der treasury shares. Rückerworbene Aktien sind zwar weiterhin authorized, also zu Ausgabe zugelassen, gelten jedoch als nicht ausgegeben (unissued)58. Durch den Rückkauf wird der Emissionsakt rückgängig gemacht. In § 6.31 (a) des R.M.B.C.A. heißt es dazu: „A corporation may acquire its own shares and shares so acquired constitute authorized but unissued shares“59. Erst durch den Vorgang der Emission werden authorized shares wieder zu vollwertigen, mit Stimm- und Dividendenrechten ausgestatteten Beteiligungstiteln. 3. Gesellschaftsrechtliche Regelung des Aktienrückerwerbs

Der Erwerb eigener Aktien ist im US-amerikanischen Rechtsraum ein gebräuchliches Instrument des Finanzmanagements. Auf Grund des mit dem Rückerwerb verbundenen ökonomischen Nutzens stehen Aktionäre, Gesellschaften und die Kapitalmarktteilnehmer der Durchführung eines Aktienrückerwerbs überwiegend positiv gegenüber60. Im Gegensatz zum deutschen Recht hat sich in den Vereinigten Staaten die Erkenntnis durchgesetzt, dass ein Schutz vor Missbrauch nicht einen generellen Verbotstatbestand erfordert. Gesellschaftsrechtlich ist der Rückerwerb eigener Aktien (reacquisition; repurchase61) in allen Bundesstaaten kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung grundsätzlich erlaubt; die Frage nach der Durchführung bleibt den Unternehmen überlassen62. 56

Merkt, Rn. 387. Einzelheiten bei Merkt, Rn. 386. 58 § 6.31(a) R.M.B.C.A.; §§ 509, 510 Cal.Gen.Corp.L. Vgl. Merkt, Rn. 477. 59 „Eine Gesellschaft genießt das Recht, eigene Anteile zu erwerben und die so erworbenen Anteile haben den Status von genehmigtem (authorized), aber nicht emittiertem (unissued) Kapital“. Vgl. auch Escher-Weingart/Kübler, ZHR 162 (1998), 537, 548. 60 Benckendorff, S. 295. 61 Escher-Weingart/Kübler, ZHR 162 (1998), 537, 546: Je nach Verfahren sind repurchase, buyback oder reaquisition zu unterscheiden. Sie dienen unterschiedlichen Zwecken und werfen je eigene Regelungsprobleme auf. Überblick bei Brealey/Myers, Principles of Corporate Finance, 1984, S. 333. 57

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Der Erwerb eigener Aktien ist eine Maßnahme der Geschäftsführung. Ob und wie die Gesellschaft eigene Aktien zurückerwirbt, liegt daher grundsätzlich im Ermessen der directors. Aus gesellschaftsrechtlicher Sicht kommt der Verwaltung bei der Frage der Durchführung des Rückerwerbs ein weiter Handlungsspielraum zu. Die geringen gesellschaftsrechtlichen Restriktionen erlauben es, den Rückerwerb an die Bedürfnisse der Aktionäre und der Gesellschaft anzupassen. Das Gesellschaftsrecht überlässt es im Wesentlichen den Satzungen und der Rechtsprechung, den Aktionärsschutz auszugestalten63. Dabei wird von der wirklichkeitsnahen Vorstellung ausgegangen, dass der Rückerwerb einen Sonderfall der Ausschüttung von Gesellschaftsvermögen an die Aktionäre darstellt (distribution)64. In § 166 C.G.C.L. sowie § 1.40 (6) R.M.B.C.A. wird eine distribution definiert als „transfer of cash (money) or (other) property by a corporation to (or for the benefit of) its shareholders“ ohne Rücksicht darauf, ob es sich um die Auszahlung einer Dividende oder um den Rückkauf eigener Anteile handelt. Danach gelten die Auszahlungsgrenzen (financial limits) für jede Form der Verteilung von Kapital bzw. Gesellschaftsvermögen an die Aktionäre65. Demnach richtet sich der Rückerwerb von Aktien in den meisten US-Bundesstaaten nach den Vorschriften über Dividendenzahlungen66. Einige US-Bundesstaaten haben für den Rückerwerb spezielle financial limits eingeführt. So ist z. B. in Delaware der Rückerwerb dann ausgeschlossen, wenn dadurch das Gesellschaftskapital beeinträchtigt wird. Diese Regelung ist aber quasi wortgleich mit der Bestimmung über die Verteilung von Dividenden67. a) Gläubigerschutz Soweit es um den Gläubigerschutz geht, ist die Gleichstellung von Dividendenzahlungen und Aktienrückerwerb nicht in Frage zu stellen. Denn für 62 Escher-Weingart/Kübler, ZHR 162 (1998), 537, 547 f.; Günther/Muche/White, RIW 1998, 339; Rosen/Helm, AG 1996, 434, 437; Hampel, S. 60; Kübler, Aktie, S. 41; Posner, AG 1994, S. 312 ff.; Benckendorff, S. 185. Vgl. nur § 160(a) Delaware General Corporation Act; § 510 California Corporation Code; § 513(a) New York Business Corporation Law; § 6.31 R.M.B.C.A. 63 Benckendorff, S. 130 f. mit Nachw. 64 Kübler, Aktie, S. 44; Hampel, S. 77; Escher-Weingart/Kübler, ZHR 162 (1998), 537, 548; Bezzenberger, Rn. 88. 65 § 6.40(c) R.M.B.C.A.; Dieser Grundsatz kommt in §§ 510 (b) und 513 (a) N.Y.Bus.Corp.L. mittelbar zum Ausdruck, indem Dividendenzahlungen und Aktienrückkäufe gleichen Begrenzungen unterworfen werden; vgl. Escher-Weingart/ Kübler, ZHR 162 (1998), 537, 548 f. 66 Skog, ZGR 1997, 321; Merkt, Rn. 453. 67 § 160(a) Del.Gen.Corp.L. Vgl. Merkt, Rn. 476.

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die Gläubiger ist es gleichgültig, ob Gesellschaftsvermögen zum Zweck der Zahlung von Dividenden oder zum Rückerwerb eigener Aktien an die Aktionäre zurückgeführt wird68. Zum Schutz der Gläubiger bestehen jedoch außerdem zwingende Ausschüttungsregelungen69. Im traditionellen Nennwertsystem ist eine Ausschüttung an die Aktionäre nur dann zulässig, wenn dadurch das Grundkapital (stated capital) unangetastet bleibt und diese nicht zur Insolvenz der corporation führt70. In Delaware findet sich z. B. folgende Regelung: „Gesellschaften sind frei, eigene Anteile zu kaufen, einzuziehen, zu übernehmen oder sonst zu erwerben, sie zu halten und zu verkaufen, zu tauschen, zu übertragen oder sonst zu veräußern, es sei denn, der Kauf oder Erwerb erfolgte gegen Geld oder sonstiges Vermögen aus dem Grundkapital und das Grundkapital wäre gemindert oder eine Minderung träte im Zuge des Kaufs oder sonstigen Erwerbs ein (. . .)“71. Die Frage der Zahlungsunfähigkeit ist dagegen nur in den wenigsten Bundesstaaten im corporation statute enthalten72. Es gelten dann die allgemeinen konkursrechtlichen Gesetze, die sich mit dem Gläubigerschutz befassen73. Im modernen nennwertlosen System werden die Ausschüttungsgrenzen anhand der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft bestimmt. So kann nach dem California Corporations Code eine Verteilung von Gesellschaftsvermögen zunächst aus thesaurierten Gewinnen (retained earnings) erfolgen. Außerdem ist die Ausschüttung einer Dividende auch dann zulässig, wenn das Gesellschaftsvermögen nach der Ausschüttung mindestens 125 v. H. der Gesamtsumme der Verbindlichkeiten ausmacht und das Umlaufvermögen die laufenden Verbindlichkeiten deckt74. Der R.M.B.C.A. geht einen anderen Weg. Danach ist eine Ausschüttung an die Aktionäre zulässig, 68

Kübler, Aktie, S. 45. Kübler, S. 36 ff. Allerdings ist auch hinsichtlich der Ausschüttungsbestimmungen eine zunehmende Liberalisierung zu verzeichnen; vgl. Benckendorff, S. 183 f. 70 Unabhängig davon, ob die Ausschüttung aus thesaurierten Gewinnrücklagen (earned surplus) oder aus dem capital surplus erfolgt, darf dies nach dem Recht fast aller US-Bundesstaaten nicht zur Zahlungsunfähigkeit der corporation führen. Zum capital surplus zählen im wesentlichen die aus dem Agio bei der Überpariemission gebildeten Rücklagen (paid in surplus), die aus einer Höherbewertung von Anlagegütern gebildeten Rücklagen (revaluation surplus) und die aus einer Kapitalherabsetzung gebildeten Rücklagen (reduction surplus), so dass es eigentlich um die Ausschüttung von Gesellschaftskapital und nicht um eine Dividendenzahlung, also die Ausschüttung von Gewinnen, handelt. Entsprechende gesetzliche Regelungen bestehen in Delaware und New York. Vgl. Merkt, Rn. 457 ff. mit Nachw. 71 § 160 (a) D.G.C.L. 72 §§ 510(a), 102(a)(8) N.Y.Bus.Corp.L. 73 Ausführlich Merkt, Rn. 461. 74 § 500 Cal.Gen.Corp.L. 69

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wenn die corporation auch nach der Verteilung in der Lage ist, ihre Verbindlichkeiten entsprechend der Fälligkeit zu erfüllen (equity insolvency test) und nach der Verteilung die Gesamtverbindlichkeiten das Gesamtvermögen nicht übersteigen (balance sheet test)75. Im Unterschied zur kalifornischen Regelung wird also ein Kapitalpolster zu Gunsten der Gläubiger nicht verlangt. Zu den Gesamtverbindlichkeiten ist jedoch der Betrag hinzuzuziehen, der im Zeitpunkt der Verteilung der Dividende bei einer gedachten Auflösung der Gesellschaft erforderlich wäre, um sämtliche Vorzugsdividenden zu zahlen76. b) Schutz der Aktionäre Große Bedeutung wird dagegen dem Schutz der Aktionäre, von denen Eigenkapital erwartet wird, beigemessen. Denn im Gegensatz zu den Gläubigern kann es für die Aktionäre durchaus von Bedeutung sein, ob Gesellschaftsvermögen als Gewinn verteilt oder zum Zwecke des Erwerbs eigener Anteile ausgegeben wird77. So besteht bei einem Erwerb eigener Aktien, insbesondere wenn dieser im Wege des negotiated repurchase erfolgt, die Gefahr der schädigenden Ungleichbehandlung und damit der Beeinträchtigung der bestehenden Mitgliedschaftsrechte. Der Schutz der Aktionäre wird durch die fiduziarische Bindung der Verwaltung (fiduciary duties) gewährleistet, der die directors bei ihren Entscheidungen unterliegen78. Ausschlaggebend ist, ob der Zweck des Rückerwerbs mit den Aktionärsinteressen zu vereinbaren ist. Kann die Verwaltung einen stichhaltigen Geschäftszweck vorweisen, genießt die Entscheidung als kaufmännischer Entschluss den Schutz der „business judgement rule“. Nebensächlich ist dagegen, ob eine formale Ungleichbehandlung der Aktionäre vorliegt. Zwar gilt auch im US-amerikanischen Recht der allgemeine Grundsatz, nach dem alle Aktionäre einer Aktiengattung gleich zu behan75

§ 6.40(c)(1) R.M.B.C.A. § 6.40(c)(2) R.M.B.C.A. Diese Regelungen wurden inzwischen von Hawaii, Illinois, Minnesota, Montana und New Mexico übernommen. 77 Escher-Weingart/Kübler, ZHR 162 (1998) 537, 549. 78 Dabei handelt es sich insbes. um duty of care (Sorgfaltspflicht), duty of loyality (Treuepflicht) sowie business judgement rule; vgl. Merkt, Rn. 473; Benckendorff, S. 131 jeweils mit Nachw. Die Grundsätze der fiduziarischen Bindung gelten auch für die Mehrheitsmacht. Die fiduciary duties schränken dabei nicht die Vormachtstellung der Mehrheit ein, sondern ermöglichen durch den ausdifferenzierten Schutz der Minderheiten gerade erst die Entstehung unternehmerisch agierender Mehrheiten, wodurch das Management stärker diszipliniert und die Effizienz der Gesellschaft gesteigert wird. Dazu Hampel, S. 68; Kübler/Schmidt, S. 245. Folge dieser Regel kann auch sein, dass alle Verkaufswünsche pro rata berücksichtigt werden müssen; Vgl. Escher-Weingart/Kübler, ZHR 162 (1998), S. 537, 549 f. 76

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deln sind. Konsequenzen für die Stellung der Aktionäre beim Aktienrückerwerb wurden daraus bisher allerdings nicht abgeleitet79. Bei Gesellschaften, deren Anteile im Wege eines öffentlichen Angebots emittiert worden sind, gelten außerdem die bundesweit einheitlichen kapitalmarktrechtlichen Regeln, die die SEC im Rahmen ihrer Rechtsetzungsbefugnis durch den Securities Exchange Act 1934 zum Schutz der Aktionäre für den Erwerb eigener Aktien aufgestellten hat (securities regulations). Die an Stelle der ursprünglichen starren Regelungen tretenden Mechanismen der gerichtlich durchsetzbaren fiduciary duties und der securities regulations sind zwar sehr viel komplizierter, dafür aber weitaus effizienter und anpassungsfähiger, denn sie sehen nicht generelle Schranken vor, sondern sollen nur spezielle Formen des Missbrauchs verhindern80. c) Redeemable Shares Bei redeemable shares handelt es sich um ein in den Vereinigten Staaten verbreitetes Finanzierungsinstrument. Zurückerwerbbare Aktien bzw. redeemable shares sind dadurch gekennzeichnet, dass der Rückerwerb durch die Gesellschaft bereits bei der Ausgabe der Aktien durch eine entsprechende Regelung in den articles of incorporation festgelegt wurde und nur noch von der Ausübung eines der Gesellschaft oder dem Aktionär zustehenden Optionsrechts abhängig ist81. Die diesbezüglichen Rechte und Pflichten werden durch die Ausgabe rückerwerbbarer Aktien begründet und sind in der Mitgliedschaft verkörpert. Redeemable shares werden vor allem von mit Wagniskapital finanzierten Unternehmen eingesetzt, um für den Fall, dass bestimmte Ergebnisse erzielt werden, zu verhindern, dass die Investoren in einem vorab nicht in Betracht gezogenen Umfang von einer hervorragenden Entwicklung profitieren können. Es kann den Investoren aber auch ein Rückgaberecht der von ihnen bezogenen Aktien eingeräumt werden, um ihnen den Ausstieg aus der Ge79 Benckendorff, S. 131 ff.; Merkt, Rn. 473. Teilweise wird bei close corporations aufgrund einer besonderen Treuepflicht die Pflicht zur Gleichbehandlung angenommen, so dass Minderheitsaktionären die Möglichkeit der Teilnahme am Rückerwerb pro rata gewährt werden muss (Benckendorff, S. 135 f. mit Nachw.). 80 Kübler, Aktie, S. 57. Nach US-amerikanischer Überzeugung werden die beträchtlichen Kosten der Durchsetzung, die aufgrund der Komplexität der Regelungsmechanismen entstehen, durch den Nutzen höherer Effizienz der Unternehmen und des Kapitalmarktes kompensiert. 81 Escher-Weingart/Kübler, ZHR 162 (1998), S. 537, 547; Merkt, Rn. 400, 469. Liegt eine vorherige Vereinbarung über den Rückerwerb (redemption) vor, handelt es sich nicht um einen repurchase im rechtlichen Sinne; es finden spezielle gesetzliche Regelungen Anwendung.

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sellschaft zu sichern. Außerdem werden Vorzugsaktien oft als redeemable shares ausgegeben. 4. Kapitalmarktrechtliche Regelung des Aktienrückerwerbs

Den bundesweit einheitlichen kapitalmarktrechtlichen Rahmen für die Durchführung des Erwerbs eigener Aktien bestimmen insbesondere die bundesstaatlichen Regelungen der Securities and Exchange Commission (SEC) im Rahmen des Securities Exchange Act von 193482. Der Securities Exchange Act widmet sich praktisch allen Aspekten des Kapitalmarktes und des Anlegerschutzes außerhalb der Neuausgabe von Aktien83. Eine umfassende gesetzliche Regelung aller denkbaren Rückerwerbsformen, die die erwerbende Gesellschaft umfassenden Publizitätspflichten und erheblichen Erwerbsbeschränkungen unterwerfen würde, wurde nicht vorgenommen, da in den Vereinigten Staaten die Überzeugung besteht, eine derartige Beschränkung sei weder im Sinne der Investoren, noch der betroffenen Gesellschaften oder des Kapitalmarktes84. Dagegen sind die von der SEC kraft ihrer Rechtssetzungsbefugnis aufgestellten rules umfangreich und detailliert; sie setzen sich zusammen aus Normierungen für spezielle Transaktionen und aus generellen Manipulations- und Handlungsverboten85. a) Open Market Repurchase Der Rückerwerb eigener Aktien am regulären Markt muss durch die Gesellschaft zunächst vorher öffentlich angekündigt werden (rule 10b-17)86. Die SEC hat die rule 10b-18 (sog. „Safe Harbour Rule“) erlassen, die der Gesellschaft als Anhalt für eine sichere und gesetzlich korrekte Durchführung dienen soll und verhindert, dass eine Gesellschaft in Zusammenhang mit Aktienrückkäufen einer Haftung wegen Kursmanipulation nach § 9(a)(2) SEA 1934 bzw. nach rule 10b-5 ausgesetzt ist87. Durch rule 10b18 werden der Umfang und die zeitlichen Rahmenbedingungen des Rück82 Die SEC hat als staatliche Aufsichtsbehörde für den Wertpapierhandel vor allem die Aufgabe, den Wertpapiermarkt vor Manipulationen zu schützen und für die Investoren verlässliche Rahmenbedingungen des Wertpapierhandels zu schaffen. Sie hat das Recht, zivile Strafen zu verhängen und Marktteilnehmer zu sanktionieren. Dazu Hampel, S. 61 (dort in Fn. 224). 83 Merkt, US-GesR, Rn. 421. 84 Kübler, Aktie, S. 46 mit Nachw.; Hampel, S. 61; Jennings/Marsh, S. 808 f. 85 Escher-Weingart/Kübler, ZHR 162 (1998), 537, 550; Günther/Muche/White, RIW 1998, 338. 86 Posner, AG 1994, 312, 316; Rosen/Helm, AG 1996, 434, 437. 87 Hampel, S. 63 mit Nachw.; Kübler, Aktie, S. 46; Jennings/Marsh, 810 ff.

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4. Teil: Deregulierung und Liberalisierung des Erwerbs eigener Aktien

kaufprogramms genau festgelegt. Ziel ist, den auf dem Prinzip von Angebot und Nachfrage beruhenden Preismechanismus des Kapitalmarktes zu schützen88. Das Rückkaufvolumen an einem Tag darf maximal 25 v. H. des durchschnittlichen täglichen Handelsvolumens der vergangenen vier Wochen betragen89. Im Börsenhandel darf ein Aktienrückerwerb weder als Eröffnungstransaktion noch in der letzten halben Stunde des offiziellen Handels erfolgen. Damit soll eine Beeinflussung der Eröffnungs- und Schlusskurse verhindert werden. Außerdem bestehen Regelungen, die verhindern, dass der Rückerwerbspreis den generellen Marktpreis übersteigt90. Alle Transaktionen des Tages müssen über den gleichen Makler erfolgen, um den Eindruck einer breiten Nachfrage zu vermeiden. Auch darf der Rückkauf nicht dem Verkauf von Aktien durch Insider vorgelagert sein. Die strengen börsenaufsichtsrechtlichen Regeln zeigen, dass der Rückerwerb über die Börse als nicht unproblematisch eingestuft wird91. b) Self Tender Offer und Negotiated Repurchase Die für self tender offer geltenden Regelungen lassen sich in erster Linie der rule 13e-4 entnehmen92. Die Gesellschaft muss alle mit dem geplanten self tender offer zusammenhängenden Informationen an die SEC übermitteln (rule 13e-4(c)). Zudem müssen alle Aktionäre die Möglichkeit erhalten, sich rechtzeitig und umfassend über den Rückkauf und dessen Umfang zu informieren, wobei sowohl die direkte Information der Anteilseigner als auch die Veröffentlichung z. B. in Wirtschaftszeitungen möglich ist (rule 13e-4(e)). Die eigentliche Durchführung des self tender offer regelt rule 13e-4(f). Der Rückerwerb im Wege des self tender offer muss allen Aktionären der entsprechenden Aktiengattung gleichermaßen offen stehen (rule 13e4(f)(8)(i)). Das Angebot zum Rückerwerb muss für mindestens 20 Tage aufrechterhalten werden. Ist die Zahl der von den Aktionären angebotenen Aktien größer als das tatsächlich Rückerwerbsvolumen, so muss der Rückkauf anteilig (pro rata) erfolgen; das nimmt den Aktionären den Entscheidungsdruck93. Allerdings werden ausdrücklich die Aktionäre bevorzugt, die 88

Benckendorff, S. 170. Rückkäufe von Aktienblöcken, d.h. Aktienbeständen mit einem aggregierten Aktienvolumen von mindestens $ 50.000, sind von dieser Beschränkung ausgenommen; vgl. Hampel, S. 63; Posner, AG 1994, 312, 320 mit Nachw. 90 Dazu Benckendorff, S. 171. 91 Vgl. Huber, in: FS Kropff, S. 101, 114. 92 Dazu Baums/Stöcker, S. 51; Hampel, S. 62 mit Nachw.; Benckendorff, S. 177 ff. 93 Kübler, Aktie, S. 45; Benckendorff, S. 75 mit Nachw. 89

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ihren gesamten Aktienbestand anbieten, insbesondere wenn dieser kleiner als 100 Stück ist. Das fördert die Konzentration des Aktienbesitzes94. Während der Dauer des self tender offer und mindestens 10 Tage über das Enddatum hinaus darf die Gesellschaft keine weiteren Rückkäufe durchführen. Bei einem dutch auction tender offer erhalten alle Aktionäre, die Aktien zum Verkauf anbieten, gleichermaßen den höchsten von der Gesellschaft akzeptierten Rückkaufpreis (rule 14(d)(7)). Für die Rückerwerbsform des negotiated repurchase gelten grundsätzlich die selben Regelungen wie für tender offers95. c) Manipulations- und Täuschungsvorschriften Die Durchführung des Erwerbs im Wege des open market repurchase unterliegt ebenso wie der über ein self tender offer allgemeinen und speziellen Manipulations- und Täuschungsvorschriften der SEC, soweit dieser von einer Publikumsgesellschaften vorgenommen wird, deren Aktien an einer Börse oder am Over-the-Counter-Market gehandelt werden. Jeder Rückerwerb durch die corporation ist am Maßstab des allgemeinen Manipulationsund Täuschungsverbots der rule 10b-5 zu überprüfen. Die extensive Auslegung dieser Bestimmung durch die SEC und die Gerichte macht es erforderlich, dass die Gesellschaft den Aktionären alle für ihre Verkaufsentscheidung relevanten Umstände mit einiger Sorgfalt mitzuteilen hat. Die rule 10b-5 zählt zugleich zu den Rechtsgrundlagen des Insiderhandelsverbots96. Um zu verhindern, dass die corporation den Kurs der eigenen Aktien gezielt im Rahmen der Neuemission beeinflussen kann, darf die emittierende corporation das bestehende Kursniveau zwar stabilisieren, es ist ihr aber untersagt, den Kurs über den derzeitigen Markt- oder den von ihr festgelegten Emissionspreis nach oben zu treiben (rule 10b-7)97. Nach der rule 10b-6 dürfen die an einem Rückkaufprogramm mittelbar oder unmittelbar Beteiligten während des Rückkaufs nicht am Markt intervenieren98. Durch diese rules soll verhindert werden, dass es im Zuge des Rückerwerbs eigener Aktien zu einer Irreführung des Anlegerpublikums kommt.

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Hampel, S. 62. Hampel, S. 63. 96 Kübler, Aktie, S. 47; Benckendorff, S. 167; Escher-Weingart/Kübler, ZHR 162 (1998), S. 537, 551 f. 97 Kübler, Aktie, S. 46. 98 Hampel, S. 63. 95

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4. Teil: Deregulierung und Liberalisierung des Erwerbs eigener Aktien

d) Vorliegen eines Übernahmeangebotes Der Erwerb eigener Aktien wird insbesondere auch zur Prävention oder Abwehr eines feindlichen bzw. unfreundlichen Übernahmeangebots eingesetzt. Hat eine andere Gesellschaft jedoch bereits ein Übernahmeangebot abgegeben, ist es der Zielgesellschaft untersagt, einen Rückkauf eigener Aktien zu beginnen, wenn sie nicht der SEC die Notwendigkeit eines solchen glaubhaft machen kann und die Herkunft und den Betrag der dafür aufgewandten Mittel darlegt (rule 13e-1)99. Diese Vorschrift dient der Transparenz, damit die Anleger ein Ansteigen des Kurses nicht allein auf das Übernahmeangebot des Bieters zurückführen100. e) Going Private Die rule 13e-3 enthält eine ausführliche Regelung des Aktienrückerwerbs zum Zwecke des going private. Insbesondere werden der Gesellschaft weitreichende Informationspflichten gegenüber der SEC und den Aktionären auferlegt, die den Zweck, die Abwägung der Vor- und Nachteile sowie eine Erklärung, warum aus Sicht der Gesellschaft das Vorgehen gegenüber den Aktionären als fair bewertet wird, enthalten muss101. II. Erwerb eigener Aktien nach englischem Recht Das Recht der Kapitalgesellschaften (company law) ist im Wesentlichen im Companies Act von 1985 (CA 1985) geregelt. Trotz einer weitreichenden Konsolidierung der Gesetzestexte des company law kann jedoch nicht von einer Kodifikation im deutschen Sinne gesprochen werden, denn nach wie vor gilt als weitere bedeutende Rechtsquelle das Präzedenzfallsystem des common law102. Unter dem Begriff der company werden im englischen Recht die Kapitalgesellschaften zusammengefasst. Als Typen einer einheitlichen Kapitalgesellschaftsform lassen sich public company und privat company unter99

Kübler, Aktie, S. 46. Benckendorff, S. 180 mit Nachw. 101 Kübler, Aktie, S. 46 f. 102 Davies, S. 55 ff.; Triebel, Rn. 557 ff. Das Gesetz wird ergänzt durch Part V des Criminal Justice Act 1993 zur Bekämpfung von Insidergeschäften, dem Business Names Act 1985, dem Companies Consolidation (Consequential Provisions) Act 1985 und schließlich dem Companies Act 1989. Außerdem greift der Financial Services Act 1986 (FSA 1986), der insbesondere den Investitionsbereich reguliert, sowie der Insolvency Act 1986, der ausführlich Konkurs- und Zwangsabwicklungsverfahren regelt, in das company law hinein. Vgl. auch Triebel, Rn. 557. 100

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scheiden103. Auf beide sind die Companies Acts 1985 und 1989 grundsätzlich anwendbar104. 1. Das Kapital der Company

Der Nominalwert des authorized share capital (share capital; nominal capital) bezeichnet den Gesamtbetrag der Anteile, die die company insgesamt auszugeben berechtigt ist105. Von dieser Kennzahl ist das issued share capital zu unterscheiden, das der Summe der Nennwerte der tatsächlich ausgegebenen Aktien entspricht. Haftungssubstanz der company ist das issued share capital106. Die Differenz zwischen Nominal- und gezeichnetem Kapital wird als unissued share capital bezeichnet. Die company kann das unissued share capital, für das keine Haftungsgrundlage besteht, jederzeit durch außerordentlichen Gesellschafterbeschluss auflösen, soweit dies in den articles vorgesehen ist107. Die Ausgabe von Aktien, deren Gesamtbetrag das Nominalkapital übersteigt, ist unwirksam108. Die Erhöhung des authorized share capital ist nur durch eine entsprechende Änderung des memorandum möglich109. Die Anteile (shares) der Gesellschaft sind Bruchteile des authorized share capital. Sie sind also nicht Bruchteil der Haftungssubstanz, die durch das issued share capital dargestellt wird, sondern des im memorandum angegebenen authorized share capital, das nur zum Teil gezeichnet sein muss. Darüber hinaus verkörpern shares die Rechte der shareholders110. 103

Triebel, Rn. 554; Wastl/Wagner/Lau, S. 112. Triebel, Rn. 575, aber auch Rn. 578. 105 Das memorandum einer company muss das authorized share capital, die Stückelung und Nennbeträge der einzelnen Aktien enthalten (section 2 (5) CA 1985); Bödecker, S. 5. Eine company hat keine einheitliche Satzung. Ihre Verfassung besteht vielmehr aus dem memorandum of association und den articles of association; Das memorandum regelt dabei vor allem das Außenverhältnis der company, während sich die articles mit dem Innenverhältnis beschäftigen. Vgl. dazu Triebel, Rn. 602 f. 106 Bödecker, S. 5. Entgegen der Regelung bei public companies, die mindestens ein issued share capital von £ 50.000 (und die Pflicht zur Einzahlung von 25 v. H.) vorsieht, gibt es bei der private company keine Vorschriften, die ein Mindestkapital, eine Mindestzeichnung oder eine Mindesteinzahlung vorsehen. Die Haftungssituation einer private company lässt sich daher nur aus der Bilanz anhand des issued share capital ersehen. Shepard, p. 98; Triebel, Rn. 638. 107 Section 135 CA 1985. Vgl. Triebel, Rn. 634. 108 Bank of Hindustan, China and Japan Ltd. v. Alison (1871) L.R. 6 C.P. 222. 109 Section 121 CA 1985. Eine solche Änderung kann durch einen ordentlichen Beschluss der Gesellschafter herbeigeführt werden. 110 Dazu Triebel, Rn. 651 f. 104

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4. Teil: Deregulierung und Liberalisierung des Erwerbs eigener Aktien

Im englischen Gesellschaftsrecht gilt der Grundsatz vom Verbot der Dividendenzahlung zu Lasten des Grundkapitals111. Im Sinne der Kapitalerhaltung ist grundsätzlich jede Ausschüttung an die Aktionäre verboten, wenn sie nicht aus ausschüttungsfähigem Gewinn erfolgt112. Allerdings sieht das Gesetz einige Ausnahmen vor, so u. a. für den Rückerwerb eigener Aktien113. Eine public company unterliegt darüber hinaus einer weiteren Restriktion. Sie darf keinen Gewinn ausschütten, solange das Reinvermögen der Gesellschaft (net assets), also die Summe der Aktivposten abzüglich der Summe der Passivposten, nicht die Summe aus called-up share capital114 und der undistributable reserves115 übersteigt. Außerdem darf das Reinvermögen der Gesellschaft infolge der Ausschüttung nicht unter diese Summe absinken116. 2. Gesellschaftsrechtliche Ausgestaltung des Erwerbs eigener Anteile

Ausgangspunkt für die Behandlung des Erwerbs eigener Aktien im englischen Recht ist das Institut der redeemable shares, also der auf Grund vorheriger Vereinbarung zurückerwerbbaren Aktien. Auf die diesbezüglichen Regelungen baut der Erwerb eigener (gewöhnlicher) Anteile durch die Gesellschaft auf. Die von der EG-Kapitalrichtlinie aufgestellten Mindestvoraussetzungen sind entsprechend in nationales Recht transformiert worden.

111

Vgl. nur Bödecker, S. 34. Die englischen Gerichte deuteten diese Begriffe im Laufe der Zeit unterschiedlich: Bis 1889 galt nach Re Exchange Banking Company (1882), 21 Ch.D. 518 der Grundsatz strikter Kapitalerhaltung, dann nach Lee v. Neuchatel Asphalte Company (1889), 41 Ch.D. 1 das Verbot der Ausschüttung der fixed assets oder der Erlöse aus einem Verkauf. Seit 1980 gilt die Regelung des Companies Act 1980 in entsprechender Umsetzung der 2. EG Richtlinie. Vgl. zu dieser Entwicklung Bödecker, S. 35 ff.; Shepard, p. 117–119. 112 Section 263 CA 1985. Dabei versteht der Companies Act 1985 unter Gewinnen (profits available for distribution) die kumulativen und realisierten Gewinn abzüglich der kumulativen und realisierten Verluste (section 263 (3) CA 1985). Damit reicht ein nur jährlicher Gewinn nicht aus; die Gewinne des laufenden und der vorherigen Jahre müssen die Verluste seit Beginn der Geschäftstätigkeit übersteigen. Zudem muss es sich um realisierte Gewinne handeln (realised profit test). Vgl. Triebel, Rn. 647; Baedecker, S. 48. Ausführlich Shepard, p. 119. 113 Part V, Chapter VIII CA 1985. 114 Das called up share capital repräsentiert die Summe der noch nicht eingezahlten Anteile; vgl. Bödecker, S. 5. 115 Die undistributable reserves umfassen den share premium account, die capital redemtion reserve, die revaluation reserve und andere gebundene Rücklagen; dazu Shepard, S. 49 f. 116 Section 264 (2) CA 1985; Shepard, p. 110.

§ 12 Ökonomische und rechtliche Möglichkeiten

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a) Redeemable Shares Seit dem Companies Act 1929 kann eine company rückkaufbare Anteile (redeemable shares) ausgeben. Diese sind mit dem Zusatz versehen, dass die Gesellschaft sie zu einem bestimmten Zeitpunkt oder bei Eintritt einer bestimmten Bedingung wieder zurückerwirbt. Der Rückerwerb darf nur bei voll eingezahlten Aktien und gegen Bargeld erfolgen. Neben den redeemable shares müssen jedoch auch gewöhnliche shares ausgegeben werden und zum Zeitpunkt des Rückkaufs noch im Umlauf sein117. Wenn eine company eigene Aktien zurückerwirbt, werden diese nach dem Erwerb automatisch annulliert118. Das issued share capital vermindert sich damit um den Nominalwert der zurückerworbenen Anteile. Diese fallen quasi zurück in den Status des authorized share capital; in entsprechender Höhe können zukünftig neue Aktien ausgegeben werden. Hinsichtlich des Rückerwerb unterliegt die company Beschränkungen: Redeemable shares dürfen nur zurückgekauft werden, wenn der Preis aus verteilbarem Gewinn oder aus dem Erlös der Ausgabe junger Anteile bestritten werden kann119. Bei der Ausgabe junger Anteile verändert sich das issued capital nicht. Auswirkungen auf das Gesellschaftskapital hat dagegen der Rückerwerb aus dem Gewinn. Da die zurückerworbenen Anteile gelöscht werden, verringert sich das issued capital. Als bilanzielle Gegenmaßnahme ist in Höhe des Nominalwertes der zurückerworbenen Anteile eine Sonderrücklage zu bilden (capital redemption reserve), so dass das gebundene Kapital nicht reduziert wird120. b) Rückerwerb eigener Aktien Der entgeltliche Erwerb eigener Anteile durch die company wurde bereits 1887 als unzulässig erachtet121. Der Rückerwerb komme der Rückzahlung des gezeichneten Gesellschaftskapitals gleich und mache eine Umgehung 117

Section 159 (2) CA 1985; Shepard, p. 111. Section 160 (4) und section 162 (2) CA 1985; Shepard, p. 116. Vgl. Bezzenberger, Rn. 90, der in dieser Regelung einen Verstoss gegen Art. 30, 37 Abs. 1 der Kapitalrichtlinie sieht. 119 Section 160 (1) CA 1985; Shepard, p. 112. Bei der Ausgabe junger Anteile verändert sich das issued capital nicht. Ist der Nominalwert der jungen Anteile geringer als der Nominalwert der rückerworbenen Anteile, ist in Höhe der Differenz eine capital redemption reserve zu bilden. Wird eine Prämie gezahlt, muss diese grundsätzlich aus dem verteilbaren Gewinn bezahlt werden können. 120 Section 170 CA 1985. Diese Rücklage ist in gleicher Weise gebunden wie das Gesellschaftskapital und kann nur für die Ausgabe von eingezahlten Bonusaktien bei der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln aufgelöst werden (section 170 (4) CA 1985; vgl. Bödecker, S. 82 mit Nachw.). Dazu auch Wastl/Wagner/Lau, S. 114. 118

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4. Teil: Deregulierung und Liberalisierung des Erwerbs eigener Aktien

der strengen Kapitalherabsetzungsvorschriften möglich, was den Schutz der Gläubiger berühre. In den Companies Acts 1980–81 ist das grundsätzliche Verbot des Erwerbs eigener Anteile erstmals kodifiziert worden. Jedoch ist es der Gesellschaft zum einen erlaubt, rückerwerbbare Anteile (redeemable shares) auszugeben und unter vorher festgelegten Umständen zurückzuerwerben und zum anderen, eigene Aktien unter bestimmten Bedingungen (vgl. section 143 (3) CA 1985) entgeltlich zu erwerben122. Zurückerworbene eigene Aktien verkörpern keine Mitgliedschaft in der Gesellschaft mehr. Sie fallen vom issued capital zurück in den Status des authorized capital. Erst mit der erneuten Ausgabe werden die eigenen Aktien wieder zu einem vollwertigen Wertpapier mit den entsprechenden Mitgliedschaftsrechten. Die Beschränkung des Art. 19 Abs. 1 lit. b der Kapitalrichtlinie, dass nämlich die Gesellschaft nicht eigene Aktien von mehr als 10 v. H. des Grundkapitals halten darf, musste folglich nicht in englisches Recht transformiert werden. Da eigene Aktien nach dem Rückerwerb automatisch ihre Wirksamkeit verlieren, ist es der company denknotwendig verwehrt, eigene Aktien zu halten Eine Beschränkung des Umfangs gehaltener eigener Aktien war daher nicht erforderlich123. Die Regeln über die Kapitalerhaltung, die auf redeemable shares angewendet werden, gelten entsprechend auch für den Rückerwerb eigener Anteile. Das gilt insbesondere für die finanziellen Beschränkungen des Rückerwerbs124. Damit das Kapital nicht angegriffen wird, muss eine Kapitalreserve (capital redemption reserve) gebildet werden, soweit der Erwerb aus dem Gewinn der company erfolgt125.

121 Die Entscheidung Trevor v. Whitworth ([1887] 12 App. Cas. 409) verbietet nur den entgeltlichen Erwerb. Möglich bleibt der unentgeltliche Erwerb voll eingezahlter Anteile, da dieser das Gesellschaftsvermögen nicht beeinträchtigt (Re Castiglione’s Will Trusts. Hunter v. Mackenzie and others [1958] 1 All ER 480). Heute ist die Zulässigkeit des unentgeltlichen Erwerbs in section 143 (3) bis section 150 CA 1985 geregelt. Vgl. Bödecker, S. 81; Wastl/Wagner/Lau, S. 113. 122 Section 162 (1) CA 1985. 123 „Shares purchased should be cancelled so long as the same concessions are applied as those relating to capital duty on issues of further capital following redemption of redeemable shares“; Parlamentsvorlage des Secretary of State: The Purchase by a Company of its own Shares, a Consultative Document Presented to Parliament by the Secretary of State for Trade, her Majesty’s Stationary Office, June 1990, p. 17; Davies, S. 252. Vgl. auch Escher-Weingart/Kübler, ZHR 162 (1998), S. 537, 560; Wastl/Wagner/Lau, S. 114; Skog, ZGR 1997, 306, 320. 124 Section 133 (4) CA 1989; Shepard, p. 112; Bödecker, S. 85. 125 Section 162 CA 1985; Triebel, Rn. 643; Wastl/Wagner/Lau, S. 114.

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3. Kapitalmarktrechtliche Aspekte

Das englische Recht enthält spezielle Bestimmungen zu den einzelnen Formen des entgeltlichen Erwerbs eigener Aktien. Dabei wird zwischen einem off-market purchase, einem market purchase und einem contingent purchase unterschieden126. a) Off-Market Purchase Bei einem off-market purchase findet der Rückerwerb der eigenen Aktien außerhalb eines organisierten Marktes statt (section 163 (1) CA 1985). Diese Erwerbsform kann von allen Gesellschaften gewählt werden127. Dem off-market purchase unterfallen sowohl die Formen des tender offer als auch der Erwerb im Wege des negotiated repurchase. Allerdings wurden insbesondere für den negotiated repurchase besondere Voraussetzungen normiert, um den mit dieser Erwerbsform verbundenen Risiken unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung der Aktionäre Rechnung zu tragen. Es ist ein außerordentlicher Beschluss der Gesellschafter- bzw. Hauptversammlung für die Ermächtigung zum Abschluss eines off-market repurchase erforderlich, der mit einer Mehrheit von drei Vierteln zu fassen ist (section 164 (2) CA 1985), wobei die Bedingungen des Kaufvertrages mindestes 15 Tage vor der Gesellschafterversammlung allen Aktionären zugänglich gemacht werden müssen (section 164 (6) (a) CA 1985). Die Gültigkeitsdauer der Ermächtigung zum Abschluss des Kaufvertrages darf achtzehn Monate nicht überschreiten (section 164 (4) CA 1985). Aktionäre, die beabsichtigen, Aktien an die Gesellschaft zu veräußern, unterliegen einem Stimmrechtsausschluss (section 164 (5) CA 1985)128. Sind die Aktien der Gesellschaft an der Börse notiert, sehen die Listing Rules der Financial Service Authoroty besondere Voraussetzungen für den Fall vor, dass die Gesellschaft mehr als 15 v. H. ihres Aktienkapitals zurückerwerben will (§§ 15.7 und 15.8 der Listing Rules)129. Diese Einschränkungen führen dazu, dass börsennotierte Gesellschaften regelmäßig nur bis zu einer Höhe von 15 v. H. des Aktienkapitals im Wege des negotiated repurchase zurückerwerben können (§ 15.6 der Listing Rules)130. Allerdings 126 Dazu ausführlich Wastl/Wagner/Lau, S. 115 ff. mit Nachw. Vgl. auch Triebel, Rn. 663 ff. 127 Wastl/Wagner/Lau, S. 115 mit Nachw. 128 Wastl/Wagner/Lau, S. 115 f.; Baums/Stöcker, S. 53. 129 Dazu ausf. Baums/Stöcker, S. 53 f. 130 Sie ist demzufolge verpflichtet, entweder ein gleichmäßiges Angebot an alle ihre Aktionäre abzugeben oder ein tender offer über die Börse durchzuführen. Vgl. Wastl/Wagner/Lau, S. 117 mit Nachw.

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4. Teil: Deregulierung und Liberalisierung des Erwerbs eigener Aktien

kann auch ein Erwerb von weniger als 15 v. H. nur erfolgen, wenn der Erwerbspreis den durchschnittlichen Börsenpreis der rückzuerwerbenden Aktien an den dem Erwerb vorangehenden fünf Handelstagen nicht um mehr als 5 v. H. übersteigt131. b) Market Purchase Eine public company, deren Anteile an der Börse notiert sind, kann ihre eigenen Aktien auch über die Börse zurückerwerben (vgl. section 163 (3) CA 1985). Die Gefahr der Ungleichbehandlung der Aktionäre besteht hierbei grundsätzlich nicht. Erforderlich ist ein einfacher vorheriger Hauptversammlungs- bzw. Gesellschafterbeschluss, der mit einfacher Mehrheit zu fassen ist und durch den die Verwaltung zu dem Rückerwerb über die Börse ermächtigt wird (section 166 (1) CA 1985)132.

c) Contingent Purchase Der contingent purchase meint eine besondere Form des off-market purchase. Die Gesellschaften können den Rückerwerb eigener Aktien in der Form des negotiated repurchase oder eines self tender offer auch dergestalt abwickeln, dass sie mit einem oder mehreren Aktionären einen aufschiebend bedingten Vertrag über den Rückkauf der eigenen Aktien schließen. Mit dem Abschluss des Kaufvertrags entsteht nicht unmittelbar eine bindende Bezugs- bzw. Veräußerungsverpflichtung133. Da vergleichbare Risiken im Hinblick auf die Einhaltung des Gebots der Gleichbehandlung der Aktionäre wie bei einem off-market purchase bestehen, gelten grundsätzlich die gleichen strengen gesetzlichen Regelungen wie bei diesem134.

131

Baums/Stöcker, S. 53. In dem Beschluss muss die Höchstzahl der zu erwerbenden Anteile, der Höchst- und Mindestpreis und die Gültigkeitsdauer, die höchstens achtzehn Monate ab Beschlussfassung betragen darf, festgelegt sein (section 166 (3), (4) CA 1985). Vgl. Wastl/Wagner/Lau, S. 117; Baums/Stöcker, S. 51 mit Nachw. 133 Section 165 (1) CA 1985. Vgl. Wastl/Wagner/Lau, S. 118: Denkbar ist z. B. die Ausgestaltung als Call- oder als Put-Option. 134 Section 165 (2) CA 1985. verweist auf den für den off-market repurchase geltenden section 164 (3) bis (7) CA 1985. 132

§ 12 Ökonomische und rechtliche Möglichkeiten

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d) Transparenz und Publizität Bei allen entgeltlichen Rückerwerbsformen gelten die in section 169 CA 1985 und § 15.9 der Listing Rules normierten Regelungen zu einer umfassenden Sicherstellung der Transparenz des Erwerbsvorgangs135. Die Gesellschaft, die eigene Aktien zurückerwirbt, ist danach grundsätzlich verpflichtet, innerhalb von 28 Tagen ab dem Zeitpunkt der Übernahme der eigenen Aktien die wesentlichen Vertragsmodalitäten dem Gesellschaftsregister mitzuteilen136. Der Kaufvertrag bzw. die Zusammenfassung der wesentlichen Vertragsbedingungen ist am Sitz der Gesellschaft für zehn Jahre aufzubewahren und jedermann Einsicht zu gewähren, soweit es sich um eine public company handelt. Weitere Publizitätspflichten ergeben sich bei Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse notiert sind, durch die Stock Exchange Listing Rules137. e) Börsenrechtliche Bestimmungen und Übernahmeregeln Neben den Vorgaben des Gesetzes- und Fallrechts sind die Richtlinien über die Zulassung von shares an der London Stock Exchange (Listing Rules) und zum Verhalten bei Gesellschaftszusammenschlüssen (City Code on Takeovers and Mergers; Blue Book) von großer Bedeutung. So sind in rule 37.3 und 37.4 des City Code on Takeover and Mergers Bestimmungen zum Rückerwerb eigener Aktien vor oder während eines Übernahmeangebotes zu finden. Erforderlich ist grundsätzlich die Zustimmung einer hierzu einberufenen Hauptversammlung der Zielgesellschaft sowie die Einhaltung zahlreicher Publizitätsvorschriften138. Die Notierungsbestimmungen der London Stock Exchange, die wegen der gelben Farbe ihres Einbandes auch „Yellow Book“ genannt werden, sind keine außerrechtlichen Normen, sondern haben nach dem Financial Services Act von 1986 Gesetzeskraft. Darin werden Regelungen getroffen, die die Zulassung von Wertpapieren zum Börsenhandel sowie die Abwicklung eines ordnungsgemäßen Börsenhandels betreffen139. Nach den Stock Exchange Listing Rules ist der Erwerb eigener Aktien der Börsenleitung an dem auf den Vertragsschluss folgenden Tag mitzutei135

Vgl. Baums/Stöcker, S. 54. Bei einem contigent purchase besteht daher bis zur Ausübung der Option keine Mitteilungspflicht nach section 169 CA 1985. 137 Abrufbar auf der Homepage der für die Einhaltung der Stock Exchange Listing Rules unter: http://www.fsa.gov.uk/ukla/2_listinginfo.html. 138 Dazu ausf. Baums/Stöcker, S. 51 f. mit Nachw. 139 Triebel, Rn. 562. 136

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4. Teil: Deregulierung und Liberalisierung des Erwerbs eigener Aktien

len. Außerdem bestehen besondere Anforderungen an die Publizität des Erwerbs eigener Aktien, wenn die Gesellschaft beabsichtig, 15 v. H. oder mehr der eigenen Aktien zurückzuerwerben140. III. Zusammenfassende Würdigung der Behandlung des Aktienrückerwerbs im US-amerikanischen und englischen Recht Das US-amerikanische Gesellschaftsrecht bewertet den Aktienrückerwerb als unproblematisch. Ein Erwerbsverbot besteht konsequenterweise nicht. Das US-amerikanische Recht geht – ebenso wie auch das englische Recht – auf Grund einer wirtschaftlichen Betrachtung des Erwerbsvorgangs davon aus, dass durch die Reakquisition die Emission partiell rückgängig gemacht wird. Die Aktien fallen daher zurück in den Status von authorized capital. Außerdem wird der Erwerb eigener Aktien als Vermögensausschüttung an die Aktionäre behandelt, was besonders deutlich wird im R.M.B.C.A. und im California Corporations Code, wo Aktienrückerwerb und Dividendenzahlungen einheitlichen Ausschüttungsregelungen unterworfen werden. Diese Konstruktion hat den doppelten Vorteil, dass sie zusätzliche Regelungen, etwa den Ausschluss des Stimmrechts, erübrigt und zudem die wirtschaftlichen Zusammenhänge wirklichkeitsnah wiedergibt. Die Liberalisierung der den Aktienrückerwerb betreffenden Regelungen im US-amerikanischen Rechtssystem darf jedoch nicht als vereinzelte Maßnahme eines im übrigen unveränderten Regelungsgefüges gesehen werden. Sie steht vielmehr in engem Zusammenhang mit der weitgehenden Aufgabe des Nennkapitalsystems sowie großzügiger Ausschüttungsgrenzen141. So wird die Flexibilisierung der Unternehmensfinanzierung vor allem durch die funktionale Verknüpfung zwischen der Aufgabe von Nennwert und Grundkapital, der Liberalisierung der Ausschüttungsregelungen sowie der Möglichkeit, eigene Aktien zurückerwerben zu können, herbeigeführt. Auffällig ist insbesondere der weitreichende Abbau von Gläubigerschutzbestimmungen, der zur Folge hat, dass sich die Gläubiger der Gesellschaft kaum noch auf die Erhaltung der Substanz der von den Aktionären erbrachten Einlagen verlassen können. Dagegen werden die Aktionäre und das Anlegerpublikum durch ein hochdifferenziertes Normgefüge, bestehend aus der fiduziarischen Bindung der Verwaltungs- und Mehrheitsmacht und den von der SEC auferlegten Informations- und Verhaltenspflichten, geschützt, deren Funktionsmechanismus auf einen hochentwickelten Kapitalmarkt ein140 141

Wastl/Wagner/Lau, S. 119 mit Nachw. Kübler, Aktie, S. 55.

§ 12 Ökonomische und rechtliche Möglichkeiten

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gestellt ist. Die Begrenzung durch fiduziarische Pflichten und securities regulation hat sich als sehr viel flexibler als starre und pauschale Regelungen erwiesen. Gegenüber einem bloßen Verbotstatbestand verspricht die Konzentration auf ein kapitalmarktrechtliches Regelungsmodell ein größeres Maß an Flexibilität und Anpassungsfähigkeit an die sich ständig ändernden (wirtschaftlichen) Rahmenbedingungen142. Das englische Recht muss sich an die durch die Kapitalrichtlinie gezogenen Grenzen halten. Dennoch ist es in vielen Punkten dem US-amerikanischen Regelungsmodell sehr ähnlich. Es kennt ebenfalls das Institut des authorized capital, in das erworbene eigene Aktien zurückfallen. Auf Grund dieses Umstands kann das englische Recht auf die Bestandsschranke der Kapitalrichtlinie verzichten, wonach die Gesellschaft nicht mehr eigene Aktien als 10 v. H. des Grundkapitals erwerben und halten darf. Damit ist es einer Gesellschaft möglich, auch über diese Bestandsgrenze hinaus eigene Aktien zurückzuerwerben. Im englischen Recht bestehen differenzierte kapitalmarktrechtliche Informations- und Verhaltensregelungen für die verschiedenen Rückerwerbsmethoden. Es wird deutlich, dass es im Rahmen der Kapitalrichtlinie durch die Gewährleistung einer umfassenden Transparenz des Erwerbs- und Veräußerungsvorgangs möglich ist, die damit in Zusammenhang stehenden Risiken für das Anlegerpublikum und die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes zumindest weitgehend zu minimieren. Insbesondere im Hinblick auf den Erwerb im Wege des negotiated repurchase zeigt sich, dass auch ohne ein generelles Verbot die mit dieser Erwerbsform verbundenen Risiken im Wesentlichen vermieden werden können, ohne die damit verbundenen Vorteile von vorneherein auszuschließen143. Es wird deutlich, dass sowohl das US-amerikanische als auch das englische Regelungsmodell den Regelungsschwerpunkt im Bereich des Kapitalmarktrechts sehen. Durch umfangreiche und differenzierte Informationsund Verhaltenspflichten sowie Manipulations- und Insiderhandelsverbote wird dabei der Schutz des Anlegerpublikums sichergestellt. Den Gesellschaften werden insbesondere umfangreiche Publizitätspflichten auferlegt, um den Anlegern eine optimale Anlegeentscheidung nach rationalen Gesichtspunkten zu ermöglichen.

142

Benckendorff, S. 185 u. 296. Wastl/Wagner/Lau, S. 120. Es stellt sich allerdings die Frage, ob die strengen Regelungen auch auf den Erwerb im Wege des tender offer Anwendung finden müssen, da hier die Risiken, insbesondere im Hinblick auf die Gleichbehandlung der Aktionäre, weitaus geringer sind. 143

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4. Teil: Deregulierung und Liberalisierung des Erwerbs eigener Aktien

D. Ergebnis Der Erwerb und die Veräußerung eigener Aktien trägt nach US-amerikanischem Verständnis zu einer Belebung sowie zu einer verbesserten Stabilität und zu einer effizienteren Kapitalallokation bei. Gerade in dieser Hinsicht ist der deutsche Kapitalmarkt dem US-amerikanischen Markt weit unterlegen144. Es muss daher davon ausgegangen werden, dass die US-amerikanische Regelung des Aktienrückerwerbs den von den Kapitalmärkten ausgehenden Anforderungen deutlich besser gerecht wird als das deutsche Recht, ohne dabei jedoch die Gefahren zu verkennen, die von einem Aktienrückerwerb ausgehen. Angesichts der US-amerikanischen Rechtsentwicklung wird deutlich, dass die hierzulande bestehenden Vorbehalte gegen eine weitgehende Deregulierung wenig überzeugend sind145. Das US-amerikanische Regelungsmodell kann daher Auskunft über die im deutschen und europäischen Recht bestehenden Defizite bei der Behandlung des Aktienrückerwerbs geben und Ansatzpunkte für mögliche Reformen aufzeigen. Auffallend ist insbesondere die Kapitalmarktorientierung der US-amerikanischen Regelungen. Der Schutz des Vertrauens der Anleger in die Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte steht dabei im Mittelpunkt des rechtlichen Interesses. Entsprechend gering fällt dagegen der Schutz der Gesellschaftsgläubiger aus. Die rigiden und wenig flexiblen aktienrechtlichen Vorschriften der §§ 71 ff. AktG lassen ein an der Wertsteigerung der Aktie orientiertes Finanzmanagement nur in sehr geringem Umfang zu. Zudem müssen die Regelungen des Aktiengesetzes als wenig aktionärsfreundlich eingestuft werden. Indem sie sich verstärkt dem Gläubigerschutz widmen, verhindern sie mögliche positive Auswirkungen des Aktienrückerwerbs146. Kapitalmarktpraktische Erwägungen und der Schutz des Anlegerpublikums spielen hierzulande nur eine untergeordnete Rolle. Auf Grund dieser Einschränkungen bleiben die mit dem Erwerb eigener Aktien für den Kapitalmarkt angestrebten Vorteile zum Schaden der Unternehmen, ihrer Aktionäre und letztlich auch der Volkswirtschaft in großem Umfang ungenutzt147. Das starre Korsett des geltenden Aktienrechts macht es immer schwieriger, auf den internationalen Märkten eine Wettbewerbsgleichheit mit den Aktiengesellschaften aus dem angelsächsischen Rechtskreis herzustellen148. Es besteht aus kapitalmarktpraktischer Sicht ein erheblicher Bedarf nach Deregulierung und Liberalisierung der den Aktienrückerwerb betreffenden 144 145 146 147 148

Kübler, Aktie, S. 63; Escher-Weingart, S. 284 f. So auch Kübler, Aktie, S. 63. Escher-Weingart, S. 40; Hampel, S. 78. Wastl/Wagner/Lau, S. 127. Escher-Weingart/Kübler, ZHR 162 (1998), 537, 538.

§ 13 Vorschläge und rechtliche Umsetzung

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Regelungen des deutschen Rechts im Hinblick auf eine Verbesserung der Renditen, eine erhöhte Flexibilität und einen verbesserten Anlegerschutz149. Es hat sich herausgestellt, dass der Erwerb eigener Aktien ganz wesentlich zu einer Flexibilisierung des Finanzmanagements der Aktiengesellschaften und einer Belebung und Stärkung des Kapitalmarktes beitragen kann. Die in Zusammenhang mit dem Erwerb eigener Aktien diskutierten Risiken rechtfertigen die in Deutschland statuierte restriktive Behandlung des Aktienrückerwerbs nicht. Sie lassen sich, wie auch das englische Recht zeigt, durch entsprechende gesetzliche Vorkehrungen weitestgehend minimieren.

§ 13 Vorschläge und rechtliche Umsetzung von Deregulierungs- und Liberalisierungsmaßnahmen Auf Grund der restriktiven Behandlung des Aktienrückerwerbs nach deutschem Recht bleiben die damit einhergehenden Vorteile weitgehend ungenutzt. Das wirkt sich nachteilig auf die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes und auf die Finanzierungsmöglichkeiten der Gesellschaften aus. Ein Defizit in diesen Punkten schadet auch dem Ansehen des Finanzplatzes Deutschland. Eine den tatsächlichen Erfordernissen gerecht werdende gesetzgeberische Regelung des Erwerbs eigener Aktien ist dagegen geeignet, einen wesentlichen Beitrag zu der Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes zu leisten und die Wettbewerbsfähigkeit der Märkte und der Unternehmen um das internationale Anlegerkapital deutlich zu verbessern. Das Ziel einer Reform der bestehenden Regelung muss es daher sein, die Beschränkungen des Aktienrückerwerbs umfassend abzubauen, ohne dabei jedoch den Schutz der Gläubiger, Aktionäre, Anleger sowie die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes zu vernachlässigen. Eine Änderung der Vorschriften des deutschen Aktien- und Kapitalmarktrechts kann jedoch nur unter Berücksichtigung der entsprechenden Vorgaben der Kapitalrichtlinie erfolgen und ist daher in ihrer Wirksamkeit deutlich limitiert. Hinzu kommt, dass der deutsche Gesetzgeber mit dem KonTraG den ihm durch die Kapitalrichtlinie eröffneten Regelungsspielraum bereits weitgehend ausgeschöpft hat. Die Durchführung einer Reform auf Grundlage des geltenden europäischen Rechts kann daher nur eine „Minimallösung“ sein. Zu bevorzugen ist eine progressive Reformdiskussion, die auf die Änderung der EU-rechtlichen Vorgaben abzielt. Die Modernisierung der den Ak149

Wastl/Wagner/Lau, S. 126; Escher-Weingart, S. 40.

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4. Teil: Deregulierung und Liberalisierung des Erwerbs eigener Aktien

tienrückerwerb betreffenden Regelungen der Kapitalrichtlinie eröffnet die Möglichkeit, die für die Mitgliedstaaten bestehenden Einschränkungen zu beseitigen und so eine den heutigen Ansprüchen gerecht werdende Regelung des Aktienrückerwerbs zu treffen. Eine europarechtliche Reform des Aktienrückerwerbs sollte insbesondere auf die in diesem Zusammenhang bestehenden Gegebenheiten und Bedürfnisse der Kapitalmärkte Rücksicht nehmen.

A. Ansatzpunkte von Deregulierungs- und Liberalisierungsmaßnahmen Die Ansatzpunkte notwendiger Reformen der den Erwerb eigener Aktien betreffenden Vorschriften bestimmt sich nach ihren Zielen: Die Steigerung der Attraktivität der Kapitalmärkte sowie der Aktie als Anlageform. Das kann insbesondere durch eine gesteigerte Ausschüttung liquider Mittel, eine Flexibilisierung des Finanzmanagements der Aktiengesellschaft und der damit verbundenen Steigerung der Aktienrendite sowie einer Verbesserung des Aktionärs- und Anlegerschutzes erreicht werden150.

I. Flexibilisierung des Kapitalmanagements Die positiven Effekte, die mit dem Erwerb eigener Aktien zu erzielen sind, können nur dann in vollem Umfang genutzt werden, wenn die Erwerbsmöglichkeiten der Gesellschaft nicht durch unnötig restriktive Vorgaben eingeschränkt werden. Der Handlungsspielraum des Vorstands hinsichtlich des Erwerbs und der Veräußerung eigener Aktien sollte deutlich erweitert werden. Die kurze maximale Geltungsdauer von achtzehn Monaten und die inhaltlichen Anforderungen an die Ermächtigung durch die Hauptversammlung nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG schränken die Möglichkeiten der Gesellschaft ein. Zugleich ist der Erwerb eigener Aktien in weitaus größerem Umfang als bisher möglich zuzulassen. Die Beschränkung des Bestands gehaltener eigener Aktien auf 10 v. H. des Grundkapitals wirkt sich insbesondere in den Fällen äußerst negativ aus, wo der eigentliche Rückerwerbszweck auf Grund dieser Beschränkung nicht herbeigeführt werden kann, wie z. B. wenn eine Aktienpaket eines Großaktionärs übernommen werden oder ein going private durchgeführt werden soll. Aber auch sonst wirkt sich die Bestandsgrenze nachteilig aus, da sie die mit der Anzahl der zurückerwor150 Escher-Weingart, S. 30. Zur Deregulierung des Aktienrechts vgl. auch Spindler, AG 1998, 53 ff.

§ 13 Vorschläge und rechtliche Umsetzung

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benen Aktien deutlich zunehmenden unmittelbaren Renditezuwächse beschränkt151. Der Erwerb eigener Aktien erfolgt prinzipiell aus den gleichen Mitteln, die auch für Dividendenzahlungen zur Verfügung stehen. Statt den Aktienrückerwerb aber als Ausschüttungsmechanismus anzusehen, durch den Gesellschaftsvermögen gegen den Rückerwerb eigener Aktien an die Aktionäre zurückgeführt wird, betont das deutsche Aktiengesetz den Erwerb eigener Aktien als Einlagenrückgewähr. Der für den Erwerb eigener Aktien verwendbare Betrag wird durch die entsprechenden Regelungen begrenzt, so dass ein der Dividendenausschüttung vergleichbarer Schutz des Eigenkapitals herbeigeführt wird. Damit bleibt das Grundkapital unangetastet, soweit nicht eine Einziehung der zurückerworbenen eigenen Aktien erfolgt. Die Behandlung zurückerworbener eigener Aktien erfordert zahlreiche aktienrechtliche Vorschriften, um die mitgliedschaftlichen Rechte zu beseitigen und die Aktien bilanziell zu neutralisieren. Es wäre sehr viel unkomplizierter und würde den wirtschaftlichen Vorgängen eher entsprechen, wenn die eigenen Aktien bei ihrem Erwerb in den Status einer Aktienposition zurückfallen würden, die den authorized shares des US-amerikanischen und englischen Recht entspricht, und sich demzufolge das Grundkapital entsprechend mindern würde. Eine deutliche Verbesserung des Kapitalmanagements der Aktiengesellschaft würde auch die Einführung der Aktiengattung der rückerwerbbaren Aktien (redeemable shares) herbeiführen, wie sie in Art. 39 der Kapitalrichtlinie vorgesehen ist. II. Anleger- und Kapitalmarktorientierung Im Gegensatz zu der US-amerikanischen Regelung beschränkt sich das deutsche und auch das europäische Recht vor allem auf die gesellschaftsrechtliche Regelung des Aktienrückerwerbs. Ausdrückliche kapitalmarktrechtliche Vorschriften in Bezug auf den Aktienrückerwerb oder die Wiederveräußerung bestehen nicht. Die Betonung des Gläubigerschutzes und die nur geringe Ausrichtung auf die Interessen der Anleger an einem funktionierenden Kapitalmarkt verhindern mögliche positive Auswirkungen des Erwerbs eigener Aktien. Positive Auswirkungen auf den Kapitalmarkt werden aber nur zu erzielen sein, wenn die Erleichterung des Erwerbs eigener Aktien einhergeht mit 151 Hampel, S. 21: Der Renditezuwachs betrage zwischen 2 und 3 v. H. Mit der Zahl der reakquirierten Aktien steige der Renditezuwachs. So wachse die zusätzliche Rendite auf ca. 6 v. H., wenn mehr als 20 v. H. der Aktien zurückerworben werden.

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4. Teil: Deregulierung und Liberalisierung des Erwerbs eigener Aktien

einer Intensivierung des Schutzes der Aktionäre sowohl als Mitglieder der Aktiengesellschaft als auch als Teilnehmer am Kapitalmarkt, an dem die Aktien der Gesellschaft gehandelt werden. Anders als das deutsche Recht verfolgt die US-amerikanische Rechtsordnung im Bereich des Aktienrückerwerbs einen kapitalmarktorientierten Regelungsansatz. Die einzelstaatlichen Gesellschaftsrechtsordnungen sehen für den Erwerb und die Veräußerung eigener Aktien keine nennenswerten Einschränkungen vor. Insbesondere wird einer möglichen Gefährdung der Gläubiger- gegenüber den Aktionärsinteressen eine deutlich geringere Aufmerksamkeit entgegengebracht. Dagegen wird die Durchführung des Aktienrückerwerbs durch bundesweit einheitliche und teilweise äußerst detaillierte kapitalmarktrechtliche Vorschriften sehr genau und umfassend geregelt. Diese Sichtweise entspringt der Einsicht, dass bei dem Erwerb eigener Aktien vor allem die Schutzinteressen der Aktionäre sowie der Anleger als den Kapitalgebern der Gesellschaft zu berücksichtigen sind. Neben Vorschriften zur Wahrung der mitgliedschaftlichen Rechte der Aktionäre wird dem Schutz des Vertrauens der Anleger in die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes ein besonderes Gewicht beigemessen. Zum Schutz der Aktionäre sollte verhindert werden, dass die Verwaltung auf die Eigentümerstruktur der Gesellschaft einwirken bzw. einzelne Aktionäre gezielt bevorteilen kann. Der Gefahr einer Ungleichbehandlung der Aktionäre kann entgegengewirkt werden, indem alle Aktionäre gleichermaßen über die Erwerbsabsichten der Gesellschaft aufgeklärt und nach Möglichkeit entsprechend ihrer bisherigen Kapitalbeteiligung an dem Rückerwerb beteiligt werden152. Ein missbräuchliches Verhalten seitens der Verwaltung kann zudem durch spezielle Treuepflichten der Verwaltung gegenüber den Aktionären, ähnlich den fiduciary duties im US-amerikanischen Recht, sowie die Schaffung von Transparenz durch umfassende Publizitätspflichten verhindert werden. Die Funktionseffizienz des Kapitalmarktes setzt voraus, dass der Anleger seine Investitionsentscheidung auf Grund des Erwartungswerts der Rendite und der Risiken seiner Anlage trifft. Aus der asymmetrischen Informationsverteilung zwischen Anleger und Unternehmensverwaltung resultieren Informationsrisiken und damit erhöhte Transaktionskosten, die die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes negativ beeinträchtigen153. Die traditionellen verbandsrechtlichen Regelungen, die auf Mechanismen der Mitwirkungsbereitschaft und der verbandsinternen Koalitionsbildung aufbauen, können nur äußerst beschränkt zur Bewältigung der Kapitalanlegerrisiken eingesetzt 152 153

Hampel, S. 77. Assmann, in: Großkomm. AktG, Einl. Rn. 374.

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werden. Kapitalmarktrechtliche Regelungen müssen in diesem Bereich tradiertes Verbandsrecht teils ergänzen, teils ersetzen154. Ein verbesserter Anlegerschutz wird insbesondere durch eine erhöhte Transparenz, aber auch durch besondere Verhaltensregelungen, Manipulations- und Insiderhandelsverbote sowie entsprechende institutionelle Rahmenbedingungen herbeigeführt. Gerade eine möglichst weitgehende Transparenz der Erwerbs- und Veräußerungsvorgänge stärkt das Vertrauen des Anlagepublikums in die Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte weitaus effektiver als ein genereller Verbotstatbestand. Es sind daher Verhaltensvorschriften bzw. Durchführungsmodalitäten für den Erwerb eigener Aktien zum Schutz der Mitgliedschaft der Aktionäre, der Interessen der Anleger und der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes ausdrücklich zu normieren155. Eine kapitalmarktorientierte Regelung des Aktienrückerwerbs ermöglicht den weitgehenden Abbau von Rückerwerbsbeschränkungen mit dem Ziel, die Vorteile des Aktienrückerwerbs in vollem Umfang nutzbar zu machen. Der Rückerwerb wird nicht generell beschränkt, sondern differenzierten, auf die Erfordernisse des Marktes und den Schutz der Marktteilnehmer ausgerichteten Regeln unterworfen. Infolge des gesteigerten Vertrauens des Anlegerpublikums werden potentielle Kapitalgeber von der Nutzung des Aktienmarktes als Anlagemöglichkeit überzeugt; die Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit des Marktes dürfte sich deutlich verbessern.

B. Darstellung der Reformvorhaben der Bundesregierung und der EU-Kommission Die EU-Kommission und die deutsche Bundesregierung haben unabhängig voneinander Expertengremien berufen, die, mit ganz unterschiedlicher Aufgabenstellung, u. a. auch die Möglichkeiten zur Deregulierung des Erwerbs eigener Aktien untersucht haben. Die vorgelegten Vorschläge sind an dieser Stelle darzustellen und zu bewerten. Sie können wertvolle Aufschlüsse darüber liefern, welches Konzept die EU-Kommission bzw. die Bundesregierung bei einer zukünftigen Neuregelung des Aktienrückerwerbs verfolgen will. 154 So auch Assmann, in: GK AktG, 1992, Einl. Rn. 379. Durch die rechtliche Regelung eines vertriebsbezogenen und eines institutionellen Anlegerschutzes lässt sich ein transaktionskosten- und informationsbedingtes Marktversagen vermeiden. Ein solcherart verstandener Anlegerschutz dient der Schaffung eines funktionsfähigen Kapitalmarktes und der Verhinderung eines informationsbedingten Marktversagens. 155 Zur strafrechtlichen Absicherung als selbständiger Schutzfaktor vgl. Wastl/ Wagner/Lau, S. 133 f.

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4. Teil: Deregulierung und Liberalisierung des Erwerbs eigener Aktien

I. Bericht der Regierungskommission „Corporate Governance“ Am 29. Mai 2000 hat der Bundeskanzler die Regierungskommission „Corporate Governance – Unternehmensführung – Unternehmenskontrolle – Modernisierung des Aktienrechts“ eingesetzt und diese beauftragt, sich mit den Defiziten des deutschen Systems der Unternehmensführung und -kontrolle zu befassen und Vorschläge für eine Modernisierung des bestehenden rechtlichen Regelwerkes vor dem Hintergrund der durch Globalisierung und Internationalisierung der Kapitalmärkte stattfindenden Wandels zu unterbreiten. Durch diese Maßnahme will die Bundesregierung „den Finanzplatz Deutschland stärken, die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen weiter verbessern und die Chancen der Internationalisierung der Märkte [. . .] nutzen“156. Im Juli 2001 hat die Regierungskommission ihren Bericht der Bundesregierung vorgelegt. Erhebliche Bedeutung hat die Kommission den internationalen Entwicklungen und ähnlichen Reformplänen im Ausland zugemessen157. Die Kommission empfiehlt der Bundesregierung die möglichst umgehende Umsetzung der im Einzelnen von ihr entwickelten und begründeten Vorschläge. Dabei weist sie insbesondere darauf hin, dass die Umsetzung nur dann Erfolg haben wird, wenn die unterbreiteten Vorschläge als Teil eines Gesamtkonzeptes begriffen und behandelt werden158. 1. Vorschläge zur Deregulierung

Der vierte Teil des Kommissionsberichts beschäftigt sich unter dem Titel „Unternehmensfinanzierung“ u. a. mit dem Erwerb eigener Aktien159. Es werden verschiedene, teils sehr spezielle Fragestellungen herausgegriffen und einer kritischen Überprüfung unterzogen. Die Vorschläge zielen auf die Deregulierung und Flexibilisierung zwingender aktienrechtlicher Vorschriften und die stärkere Rücksichtnahme auf die besonderen Gestaltungsbedürfnisse der mit Wagniskapital finanzierten Unternehmen in der Rechtsform der Aktiengesellschaft. Soweit die Kommission zu dem Ergebnis kommt, 156 Regierungskommission, in: Baums, Abschnitt A (auch abgedr. in BT-Drucks. 14/7515 v. 14.8.2001). 157 Regierungskommission, in: Baums, Abschnitt C.1. 158 Regierungskommission, in: Baums, Abschnitt C.3. Die von der Kommission erarbeiteten Vorschläge beziehen sich auf die Untersuchung des deutschen Rechtsrahmens. Demzufolge wird, soweit überhaupt erforderlich, dem deutschen Gesetzgeber eine Neuregelung vorgeschlagen, die sich im Rahmen der Vorgaben des europäischen Rechts hält. 159 Regierungskommission, in: Baums, Rn. 203 ff.

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dass eine Änderung der bestehenden Regelung erforderlich ist, macht sie einen entsprechenden Änderungsvorschlag160. a) Prämienzahlung im Rahmen eines öffentlichen Rückkaufangebots Erfolgt der Erwerb eigener Aktien über ein öffentliches Rückkaufangebot, muss und wird die Gesellschaft den Aktionären regelmäßig eine Prämie auf den Börsenkurs zum Zeitpunkt des Erwerbs anbieten, um die gewünschte Anzahl eigener Aktien erwerben zu können. Das führt zu der oben bereits behandelten Frage, ob darin eine verbotene Einlagenrückgewähr an die Aktionäre zu sehen ist161. Die Kommission lehnt eine gesetzliche Definition des Marktpreises bei öffentlichen Rückkaufangeboten ab, da die Entscheidung, ob als Marktpreis der Börsenkurs der Aktien zum Zeitpunkt des Erwerbs oder der bei Geschäften außerhalb der Börse zwischen Dritten übliche Preis heranzuziehen ist, der Literatur und Rechtsprechung überlassen werden könne162. Dieser Vorschlag der Kommission ist zu begrüßen. Wie bereits dargestellt, hängt die Frage, wann (noch) ein angemessener außerbörslicher Marktpreises vorliegt, sehr stark von den konkreten Marktbedingungen ab und entzieht sich daher einer pauschalen Festsetzung. Mittels einer gesetzlichen Definition ist der Begriff des Marktpreises nur schwerlich zu erfassen. Die Überprüfung der Angemessenheit des für die eigenen Aktien im Rahmen eines außerbörslichen Rückerwerbs gezahlten Preises muss sich daher stets an den im Einzelfall vorliegenden Marktbedingungen orientieren. Wird unter diesen Prämissen eine unangemessen hohe Prämie gezahlt, handelt es sich um eine verbotene Einlagenrückgewähr nach § 57 Abs. 1 S. 1 AktG.

160 Die Kommission macht deutlich, dass es einer gesetzlichen Regelung der Wertpapierleihe als Form des außerbörslichen Erwerbs nicht bedürfe, da diese Erwerbsform bereits nach geltendem Recht zulässig sei, wenn der Gleichbehandlungsgrundsatz beachtet werde. Ebenfalls ohne gesetzliche Regelung befriedigend geregelt werden könne der Erwerb eigener Aktien zu der Erfüllung von schadenersatzoder versicherungsrechtlichen Ansprüchen aufgrund des gesetzlichen Übergangs von Ansprüchen oder Rechten bzw. eines Anspruchs auf Abtretung oder Übertragung erworbener Ansprüche auf die Übertragung eigener Aktien. Vgl. Regierungskommission, in: Baums, Rn. 209 f. 161 Dazu oben Seite 171 ff. 162 Regierungskommission, in: Baums, Rn. 203.

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4. Teil: Deregulierung und Liberalisierung des Erwerbs eigener Aktien

b) Weitergabe an der Aktiengesellschaft nahestehende Personen Nicht von § 71 Abs. 1 Nr. 2 AktG erfasst wird der Erwerb eigener Aktien zwecks Weitergabe an Handelsvertreter der Gesellschaft sowie Geschäftsführer oder Vorstände von Tochtergesellschaften. Es sei aber in diesen Fällen nicht praktikabel, den Erwerb auf Grund eines Ermächtigungsbeschlusses nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG durchzuführen, da dies die Offenlegung der gesamten Vergütungssystematik vor der Hauptversammlung erforderlich mache163. Zu Recht wird der Vorschlag, den Erwerb eigener Aktien nach § 71 Abs. 1 Nr. 2 AktG zum Zweck der Weitergabe an dem Unternehmen „nahestehende Personen“ zuzulassen, als zu unbestimmt abgelehnt164. Dieser Erwerbstatbestand beruht auf Art. 19 Abs. 3 S. 1 der Kapitalrichtlinie, wonach eine Ausnahme vom Erfordernis einer Hauptversammlungsermächtigung nur dann gemacht werden kann, wenn der Aktienrückerwerb nach Art. 19 Abs. 1 lit. a S. 1 der Richtlinie der Ausgabe der Aktien an die Arbeitnehmer der Gesellschaft oder einer mit dieser verbundenen Gesellschaft dient. Nach Art. 41 Abs. 1 der Kapitalrichtlinie kann allerdings vom Erfordernis einer Ermächtigung durch die Hauptversammlung auch dann abgesehen werden, „soweit dies für den Erlass oder die Anwendung von Vorschriften erforderlich ist, welche die Beteiligung der Arbeitnehmer oder anderer durch einzelstaatliches Recht festgelegter Gruppen von Personen am Kapital der Unternehmen fördern sollen“. Es ist daher vertretbar, wenn die Kommission vorschlägt, § 71 Abs. 1 Nr. 2 AktG dahingehend zu ergänzen, dass die Gesellschaft eigene Aktien ohne Hauptversammlungsbeschluss zurückerwerben kann, um sie Handelsvertretern, die ausschließlich für die Gesellschaft tätig sind, zum Erwerb anzubieten. Denn unter den Begriff der „Gruppe von Personen“ im Sinne des Art. 41 Abs. 1 der Richtlinie können auch ausschließlich für die Gesellschaft tätige Handelsvertreter gefasst werden, soweit es sich bei diesen um natürliche Personen handelt165. c) Erwerb eigener Aktien zu Abfindungszwecken In § 71 Abs. 1 Nr. 3 AktG, der den Erwerb eigener Aktien zu Abfindungszwecken betrifft, ist zum einen der Erwerb zwecks Abfindung auf die 163

Regierungskommission, in: Baums, Rn. 204. Regierungskommission, in: Baums, Rn. 204. 165 Regierungskommission, in: Baums, Rn. 204. Unter konzernrechtlichen Gesichtspunkten wird insbesondere die Einbeziehung der Geschäftsführer von Tochtergesellschaften als problematisch angesehen. Es bestehe die Gefahr, dass die Leitung der Tochtergesellschaft nicht mehr, wie rechtlich geboten, allein dem Eigeninteresse der Tochter diene. 164

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in der Vorschrift abschließend aufgezählten Fälle beschränkt, zum anderen ist auch die Abfindung von Aktionären verbundener Unternehmen nicht vorgesehen. Die Kapitalrichtlinie sieht in Art. 20 Abs. 1 lit. f für die Entschädigung der Minderheitsaktionäre verbundener Gesellschaften eine Ausnahme zum Erfordernis der Ermächtigung durch die Hauptversammlung vor, ohne diese auf bestimmte Abfindungsfälle zu beschränken. Die Kommission schlägt daher vor, diesen Spielraum zu nutzen und § 71 Abs. 1 Nr. 3 AktG so zu ändern, dass der Erwerb eigener Aktien ohne Hauptversammlungsbeschluss zur Abfindung von Aktionären der Gesellschaft und der mit der Gesellschaft verbundenen Unternehmen nach gesetzlichen Vorschriften zulässig ist166. Um jedoch die Entscheidungskompetenz der Hauptversammlung zu wahren, soll der Erwerb eigener Aktien ohne Hauptversammlungsermächtigung zur Abfindung von Aktionären nur im Zusammenhang mit Strukturmaßnahmen zulässig sein, an denen die Hauptversammlung beteiligt war. Dieser Vorschlag erweitert das Einsatzspektrum zurückerworbener eigener Aktien im Rahmen der durch die Kapitalrichtlinie eröffneten Möglichkeiten. Da der Vorstand die eigenen Aktien nach § 71 Abs. 1 Nr. 3 AktG ohne vorherigen Hauptversammlungsbeschluss zurückerwerben kann, ist es richtig, eine mögliche Gefährdung der mitgliedschaftlichen Rechte der Aktionäre dadurch zu begrenzen, dass die Abfindung mit eigenen Aktien im Rahmen einer Strukturmaßnahme erfolgt, der ein entsprechender Beschluss der Hauptversammlung vorangegangen ist. d) Erwerb eigener Aktien der Muttergesellschaft durch eine Tochtergesellschaft Beaufsichtigten Finanzdienstleistern soll es im Rahmen ihres PortfolioManagements möglich sein, die für fremde Rechnung erworbenen Aktien der Muttergesellschaft zu halten und zu verwalten167. Da bei dem Erwerb eigener Aktien durch ein abhängiges oder im Mehrheitsbesitz der Gesellschaft stehendes Unternehmen, das als Kreditinstitut mit dem Erwerb eine Einkaufskommission durchführt, die §§ 71 Abs. 1 Nr. 4, 71d S. 2 AktG gelten, sollte der Gesetzgeber nach Ansicht der Kommission von der Ermächtigung des Art. 24a Abs. 4 lit. a der Kapitalrichtlinie Gebrauch machen, und den Erwerb der Aktien der Muttergesellschaft durch die abhängige Tochtergesellschaft dann uneingeschränkt zulassen, wenn der Erwerb oder der Besitz auf Rechnung einer anderen Person als des Zeichners, Erwerbers oder Besitzers erfolgt, die nicht mit der Muttergesellschaft oder der 166 167

Regierungskommission, in: Baums, Rn. 205. Regierungskommission, in: Baums, Rn. 206.

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4. Teil: Deregulierung und Liberalisierung des Erwerbs eigener Aktien

Tochter identisch ist, und es sich bei der Tochtergesellschaft um einen beaufsichtigten Finanzdienstleister handelt168. Außerdem soll eine Tochtergesellschaft, die in ihrer Eigenschaft oder im Rahmen ihrer Tätigkeit als berufsmäßiger Wertpapierhändler Aktien zeichnet, erwirbt oder besitzt und Mitglied einer in einem Mitgliedstaat ansässigen oder tätigen Wertpapierbörse ist oder von einer für die Beaufsichtigung von berufsmäßigen Wertpapierhändlern – zu denen im Sinne dieser Richtlinie auch Kreditinstitute gehören können – zuständigen Stelle eines Mitgliedstaats zugelassen ist oder beaufsichtigt wird, von der Beschränkung der §§ 71 Abs. 1 Nr. 7, 71d S. 2 AktG ausgenommen werden. Die Kommission schlägt vor, diesbezüglich von der Ermächtigung des Art. 24a Abs. 4 lit. b der Kapitalrichtlinie Gebrauch zu machen. Allerdings wird als einschränkendes Kriterium das Erfordernis eines Hauptversammlungsbeschlusses der mit Mehrheit beteiligten oder herrschenden Gesellschaft gefordert169. Weiterhin wird vorgeschlagen, eine Ausnahme von der Einschränkung des zulässigen Erwerbszwecks in §§ 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 2, 71d S. 2 AktG – die EU-rechtlich nicht vorgesehen ist – für öffentlich beaufsichtigte Finanzdienstleister zu schaffen, um diesen den Erwerb eigener Aktien bzw. Aktien ihrer Muttergesellschaft zum Zwecke des asset managements zu ermöglichen170. Die vorgeschlagenen Maßnahmen erleichtern es einer Tochtergesellschaft, Aktien der Muttergesellschaft zu erwerben. Dafür besteht ein nicht unbeträchtliches Bedürfnis, wenn die Tochtergesellschaft als Finanzdienstleister bzw. berufsmäßiger Wertpapierhändler tätig ist. Die genannten Einschränkungen stellen in ausreichendem Umfang sicher, dass der von § 71d S. 2 AktG bezweckte Umgehungsschutz nicht ausgehöhlt wird. 2. Einführung rückerwerbbarer Aktien

Außerdem hat die Regierungskommission unterschiedliche Vorschläge zu in ausländischen Rechten eingeführten und erprobten Finanzierungs- und 168

Regierungskommission, in: Baums, Rn. 206. Regierungskommission, in: Baums, Rn. 207. 170 Regierungskommission, in: Baums, Rn. 208. Einer Gesellschaft ist der Erwerb eigener Aktien im Rahmen eines an einen Index (z. B. DAX) angelehnten Asset Managements nicht möglich, wenn und weil in diesem Zusammenhang der Tatbestand des Handels in eigenen Aktien im Sinne des § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 2 AktG erfüllt ist; das gilt nach § 71d S. 2 AktG auch für Tochtergesellschaften bezüglich des Erwerbs von Aktien der Muttergesellschaft. Nach Ansicht der Regierungskommission ist die Anwendbarkeit des § 71 Abs. 1 Nr. 7 AktG, der den Erwerb eigener Aktien zum Zweck des Wertpapierhandels betrifft, zumindest fraglich. 169

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Gestaltungsinstrumenten im Hinblick auf eine mögliche Übernahme in deutsches Recht untersucht171. Gegenstand der Untersuchung war u. a. auch das Institut der rückerwerbbaren Aktien (redeemable shares), die dem deutschen Recht bisher unbekannt sind172. Unter den in Art. 39 der Kapitalrichtlinie genannten Voraussetzungen können rückerwerbbare Aktien auch im deutschen Aktienrecht vorgesehen werden. Dieser Vorschlag ist zu begrüßen, führt er doch zu einer deutlichen Erweiterung der Gestaltungsmöglichkeiten bei der Unternehmensfinanzierung. Der Vorteil rückerwerbbarer Aktien ist insbesondere darin zu sehen, dass der Erwerb durch den Vorstand, soweit er durch die Satzung vorgesehen ist, ohne vorherige Ermächtigung der Hauptversammlung erfolgen kann. Zudem fallen rückerwerbbare Aktien nicht unter die Bestandsschranke des Art. 19 Abs. 1 lit. b der Kapitalrichtlinie, dem der § 71 Abs. 2 S. 1 AktG entspricht, so dass die Aktiengesellschaft mehr als 10 v. H. der eigenen rückerwerbbaren Aktien zurückerwerben und auch auf Dauer halten kann173. Nach Ansicht der Regierungskommission soll die Ausgabe von rückerwerbbaren Aktien entsprechend § 139 Abs. 2 AktG auf eine Höchstgrenze von 50 v. H. des Grundkapitals begrenzt werden. II. Bericht der SLIM-Arbeitsgruppe der EU-Kommission Aufgabe der SLIM-Arbeitsgruppe Gesellschaftsrecht war die Überprüfung der Bestimmungen von zwei Richtlinien zum Gesellschaftsrecht: der Ersten174 und der Zweiten Richtlinie auf eine Verschlankung des Rechts im Sinne von weniger komplizierten und leichter anzuwendenden Vorschriften sowie einer inhaltlichen Vereinfachung im Sinne des Abbaus materieller Regelungsdichte175. 171

Regierungskommission, in: Baums, Rn. 235 ff. Das deutsche Recht verfügt mit dem vereinfachten Einziehungsverfahren des § 237 Abs. 3 bis 5 AktG über ein im Ansatz vergleichbares Institut. Unterschiede bestehen aber darin, dass der Rückerwerb der rückerwerbbaren Aktien, soweit er durch die Satzung zugelassen ist, ohne Mitwirkung der Hauptversammlung erfolgen kann. Zudem geht mit der vereinfachten Einziehung zwangsläufig eine Kapitalherabsetzung einher, während erworbene rückerwerbbare eigene Aktien im Sinne des Art. 39 der Kapitalrichtlinie von der Gesellschaft auch gehalten werden können, ohne dass die Grenze des § 71 Abs. 2 S. 1 AktG eingreifen würde. 173 Vgl. dazu unten Seite 363 ff. 174 Nachw. in Fn. 4 (3. Teil). Die Erste Richtlinie befasst sich insbesondere mit der Pflicht zur Offenlegung wesentlicher Angaben über die Gesellschaften und mit deren allgemeiner Verfügbarkeit für Dritte. Die Entwicklungen in der Informationstechnologie waren Anlass, Möglichkeiten zu untersuchen, die Zusammenstellung und Verbreitung dieser Angaben zu vereinfachen und zu modernisieren. 172

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4. Teil: Deregulierung und Liberalisierung des Erwerbs eigener Aktien

Hinsichtlich der Zweiten Richtlinie, die sich u. a. mit der Gründung von Aktiengesellschaften, der Erhaltung oder Änderung ihres Kapitals und mit der Gleichwertigkeit des Schutzes von Aktionären und Gläubigern befasst, ist dabei deutlich geworden, dass einige ihrer Bestimmungen, insbesondere diejenigen über das Gesellschaftskapital, im Interesse einer größeren Flexibilität für die Gesellschaften und die Aktionäre einer Änderung bedürfen176. Dabei konzentrierte sich die Arbeitsgruppe auf Fragen der Sacheinlagen (Art. 10, 11 und 27), Nennwert von Aktien (Art. 8), Zwangseinziehung von Aktien (Art. 36), Erwerb eigener Aktien (Art. 19) sowie finanzielle Unterstützung (Art. 23). Der Bericht der Arbeitsgruppe schließt mit Schlussfolgerungen zum Gesellschaftsrecht. Danach bilden die Empfehlungen in ihrer Gesamtheit eine Gelegenheit zu einer beträchtlichen Vereinfachung und Modernisierung und zu einer Verringerung des Aufwands bei Kosten und Verfahren bei gleichzeitiger Wahrung der Interessen sowohl der Aktionäre als auch der Gläubiger177. Nachfolgend soll ein kurzer Überblick über die den Aktienrückerwerb betreffenden Punkte des Berichts gegeben werden. Eine Untersuchung und Auseinandersetzung mit den einzelnen Vorschlägen der SLIM-Arbeitsgruppe wird im Rahmen der Frage nach einer möglichen Reform der Kapitalrichtlinie erfolgen178. 1. Aufhebung der Bestandsgrenze des Art. 19 Abs. 1 lit. b der Kapitalrichtlinie

Der von der SLIM-Arbeitsgruppe erarbeitete Vorschlag sieht vor, den Erwerb eigener Aktien lediglich von der Höhe des verteilbaren Nettoaktivvermögens der Gesellschaft abhängig zu machen. Die Bestandsgrenze des Art. 19 Abs. 1 lit. b der Kapitalrichtlinie, wonach der Nennbetrag bzw. rechnerische Wert der von der Aktiengesellschaft zurückerworbenen und noch gehaltenen Aktien nicht mehr als 10 v. H. des gezeichneten Kapitals betragen darf, wird als unnötig restriktiv angesehen. Diese Regelung sei überflüssig, wenn die Gesellschaft über ein ausreichendes ausschüttungsfähiges Nettovermögen verfüge179. 175

Vgl. DOK KOM (2000) 104 endg., S. 3; Drygala, AG 2001, 291, 292. Dazu auch Neye, ZIP 1999, 1944 ff. 176 DOK KOM (2000) 56 endg., S. 3. 177 DOK KOM (2000) 56 endg., S. 6. 178 Dazu unten Seite 363 ff. 179 DOK KOM (2000) 56 endg., S. 5 u. 15 (Anhang 1); ZIP-Dokumentation, ZIP 1999, 1947 f.

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2. Schutz der Aktionäre vor Ungleichbehandlung

Zum Schutz der Aktionäre bei einem Aktienrückerwerb präferiert die SLIM-Arbeitsgruppe das Institut der aktienrechtlichen Gleichbehandlung. Diesbezüglich wird gefordert, dass Käufe stets zum letzten Kurs getätigt werden müssen. 3. Erweiterung des Handlungsspielraums des Vorstands

Die bisherige maximale zeitliche Grenze der Ermächtigung von achtzehn Monaten könne nach Ansicht der SLIM-Arbeitsgruppe leicht durch aufeinanderfolgende Genehmigungen umgangen werden. Es wird daher vorgeschlagen, die Geltungsdauer der Ermächtigung durch die Hauptversammlung von achtzehn Monate auf fünf Jahre zu verlängern, so dass der Vorstand in zeitlicher Hinsicht mehr Flexibilität bei der Durchführung des Rückerwerbsprogramms erhalte180. So würden die für die wiederholte Genehmigung erforderlichen schwerfälligen Formalitäten vermieden und der Handlungsspielraum des Vorstands deutlich erweitert. Der Handlungsspielraum des Vorstandshandelns soll bei börsennotierten Gesellschaften zudem dadurch erweitert werden, dass an Stelle der verbindlichen Festlegung des Preisrahmens für die zu erwerbenden Aktien durch den Ermächtigungsbeschluss der Hauptversammlung eine Orientierung am Marktpreis treten soll. Ausreichend soll eine durch die Hauptversammlung mit einfacher Mehrheit zu beschließende Generalermächtigung des Vorstands sein, in den Grenzen des ausschüttungsfähigen Nettovermögens eigene Aktien zum letzten Börsenkurs zurückzuerwerben. Voraussetzung ist allerdings, dass eine ausreichende kontinuierliche und periodische Offenlegung sichergestellt ist181. Weitere Formalitäten sind nicht vorgesehen. Durch die geplante Ausgestaltung als Soll-Vorschrift sind aber auch andere Verfahrensweisen nicht zwingend ausgeschlossen182. 4. Erleichterung der finanziellen Unterstützung des Aktienrückerwerbs

Der Vorschlag der SLIM-Arbeitsgruppe sieht vor, das Verbot der finanziellen Unterstützung des Erwerbs der eigenen Aktien durch einen Dritten auf ein praktikables Mindestmaß zu reduzieren, indem entweder die finan180 DOK KOM (2000) 56 endg., s. S. 5 u. 15 (Anhang 1). Es wird darauf hingewiesen, dass eine Frist von fünf Jahren auch für die Ausgabe von Aktien in den Grenzen des genehmigten Kapitals gilt. 181 DOK KOM (2000) 104 endg., S. 5. 182 Drygala, AG 2001, 291, 296.

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4. Teil: Deregulierung und Liberalisierung des Erwerbs eigener Aktien

zielle Unterstützung auf den Betrag des ausschüttungsfähigen Nettovermögens oder das Verbot der finanziellen Unterstützung auf die Zeichnung neuer Aktien beschränkt wird183. 5. Würdigung

Die seitens der SLIM-Arbeitsgruppe verfolgten Ziele der erleichterten Anwendung der untersuchten Vorschriften und der inhaltlichen Vereinfachung durch den Abbau der materiellen Regelungsdichte sind nicht immer leicht in Einklang zu bringen. Daher wurde der Schwerpunkt der Tätigkeit auf die materielle Deregulierung gelegt184. Der Einfluss der Bestimmungen der Kapitalrichtlinie auf die EU-Mitgliedstaaten hängt im Wesentlichen davon ab, ob es sich dabei um Höchstoder Mindeststandards handelt185. Nur soweit es sich um Höchststandards handelt, geht der Deregulierungseffekt von dem europäischen Gesetzgeber aus; ansonsten verbliebe die Entscheidung bei den Mitgliedstaaten. Bei der Regelung des Erwerbs eigener Aktien in der bestehenden Fassung der Kapitalrichtlinie handelt es sich grundsätzlich nur um eine Mindestharmonisierung. Daher brauchen die Mitgliedstaaten die diesbezüglichen Vorgaben der Richtlinie nicht zu übernehmen, sondern können Einzelfragen strenger regeln186. Eine weitere Deregulierung und Liberalisierung des Aktienrückerwerbs, wie es der Vorschlag der SLIM-Arbeitsgruppe vorsieht, führt zu einer wesentlichen Vergrößerung der Spielräume für die Mitgliedstaaten, soweit nur ein Konzept der Mindestharmonisierung verfolgt wird. Problematisch daran ist, dass nicht alle Mitgliedstaaten ihre nationalen Rechtsvorschriften in vollem Umfang entsprechend der Vorgaben der Kapitalrichtlinie anpassen werden. Dort wo sich die Mitgliedstaaten den Deregulierungsmöglichkeiten, die die Kapitalrichtlinie eröffnet, nicht oder nur teilweise anschließen, leidet letztendlich die Bestrebung nach einer europäischen Rechtsangleichung. Mit dem Spielraum für optionale Deregulierungsmaßnahmen wächst auch das Maß der Unterschiede in der rechtlichen Behandlung des Aktienrückerwerbs unter den Mitgliedstaaten der EU187. 183

DOK KOM (2000) 56 endg., S. 5. Drygala, AG 2001, 291, 292. 185 Dazu Lutter, Europäisches Unternehmensrecht, S. 25 ff.; Drinkuth, S. 165 ff. 186 Das generelle Verbot der finanziellen Unterstützung nach Art. 23 ist jedoch als Höchststandard ausgestaltet, so dass die Mitgliedstaaten bei der Transformation in nationales Recht diese Regelung übernehmen müssen. Drygala, AG 2001, 291, 294. Zur Rechtslage vor dem KonTraG vgl. Escher-Weingart, S. 270 ff. mit Nachw. 187 Vgl. Drygala, AG 2001, 291, 299. 184

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III. Abschlussbericht der High Level Group of Company Law Experts („Winter-Gruppe“) Im Herbst 2001 hat die Europäische Kommission eine „High Level Group of Company Law Experts“ unter dem Vorsitz von Jaap Winter eingesetzt. Diese hatte den Auftrag, der Kommission Vorschläge für eine Modernisierung des Gesellschaftsrechts in der EU zu unterbreiten. Die High Level Group hat ihren Abschlussbericht am 4. November 2002 verabschiedet und an die EU-Kommission übergeben188. Neben allgemeinen Ausführungen zur europäischen Politik im Bereich des Gesellschaftsrechts und der Corporate Governance behandelt die High Level Group u. a. das im vorliegenden Zusammenhang interessierende Thema „Kapitalbildung und Kapitalerhaltung“189.

1. Allgemeine Themen

Die High Level Group empfiehlt, die europäische Politik im Bereich des Gesellschaftsrechts in erster Linie auf die Erarbeitung und Umsetzung von gesellschaftsrechtlichen Mechanismen zur Steigerung von Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in Europa zu konzentrieren. Dazu sollen solche Regelungen zum Schutz der Aktionäre und Gläubiger, die eine unangemessene Behinderung darstellen, durch Mechanismen ersetzt werden, die zumindest ebenso wirksam, dabei aber weniger schwerfällig sind190. Es soll zudem die verstärkte Verwendung von sekundärrechtlichen Vorschriften sowie die Festlegung und Überwachung von Standards in Erwägung gezogen werden. Außerdem soll bei der Schaffung neuer gesellschaftsrechtlicher Vorschriften sorgfältig abgewägt werden, ob Offenlegungserfordernisse zur Erreichung des angestrebten Ziels nicht besser geeignet sind als materiell-rechtliche Regelungen.

188 Im Internet abzurufen unter http://europa.eu.int/comm/internal_market/en/ company/company/modern/consult/report_de.pdf. Vgl. dazu die Stellungnahme der Arbeitsgruppe Europäisches Gesellschaftsrecht („Lutter-Gruppe“) in ZIP 2003, 863 ff. sowie Maul, DB 2003, 27 ff.; Wiesner, BB 2003, 213 ff. 189 Außerdem befasst sich der Bericht mit der Einführung eines europaweiten Corporate Governance Systems, dem Regelungsbedarf bei Konzern- und Pyramidenstrukturen, der Vereinfachung von Unternehmensrestrukturierung und Unternehmensmobilität sowie der Notwendigkeit einer europäischen Privatgesellschaft. 190 Bericht der High Level Group, a. a. O., S. 29 f.; kritisch dazu Arbeitsgruppe Europäisches Gesellschaftsrecht, ZIP 2003, 863, 864.

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4. Teil: Deregulierung und Liberalisierung des Erwerbs eigener Aktien 2. Reform der Regelungen zur Kapitalbildung und Kapitalerhaltung

Im Hinblick auf das aktuelle System des Mindestnennbetrages sieht die High Level Group einen Spielraum für Verbesserungen und schlägt diesbezüglich einen zweistufigen Ansatz vor: Zunächst soll die Kapitalrichtlinie entsprechend der Empfehlungen der SLIM-Arbeitsgruppe und unter Berücksichtigung ergänzender Maßnahmen („SLIM-Plus“) reformiert werden191. Dadurch sollen die bestehenden Mängel nach Möglichkeit beseitigt und zugleich die Vorteile aufrechterhalten werden. In einer späteren Phase soll die Kommission prüfen, ob ein alternatives System nach anglo-amerikanischem Vorbild für den Gläubigerschutz im Rahmen der Kontrolle durch die Aktionäre praktikabel sein kann192. Dieser Ansatz beruht auf der Feststellung, dass der Mindestnennbetrag für die Gläubiger nur einen geringen Schutz gegen die Ausschüttung von Gesellschaftsvermögen und überhaupt keinen Schutz bietet, wenn das Kapital zur Berücksichtigung oder Abschreibung von Verlusten herabgesetzt wird. Nach Ansicht der High Level Group könnten Gläubiger und Aktionäre durch die Entwicklung einer angemessenen Solvenzprüfung weitaus besser geschützt werden193. Das letztgenannte System soll die Kapitalbindungsund -erhaltungsregeln der Kapitalrichtlinie mit den Änderungen gemäß den Vorschlägen „SLIM-Plus“ aber nicht unbedingt ersetzen, sondern den Mitgliedstaaten als Alternative angeboten werden. Dabei sollen die Ziele des Gläubiger- und Aktionärsschutzes mit dem alternativen System zumindest genauso wirkungsvoll erreicht werden wie mit dem System des Mindestnennbetrages194.

191

Die Empfehlungen zu „SLIM-Plus“ betreffen neben den im Weiteren dargestellten Punkten folgende Themen: Mindestkapital, Aktien ohne Nennwert, Bewertung von Sacheinlagen, Einschränkung von Bezugsrechten, Kapitalherabsetzung, Zwangseinziehung von Aktien sowie Konkursverschleppungshaftung und nachrangige Behandlung der Ansprüche von Insidern. Vgl. dazu den Bericht der High Level Group, a. a. O., S. 88 ff. 192 Vgl. dazu die Empfehlungen im Bericht der High Level Group, a. a. O., S. 94 ff. 193 Im Rahmen der Solvenzprüfung sollen vor der Ausschüttung zumindest eine Bilanz- und eine Liquiditätsprüfung durchgeführt werden; vgl. dazu Bericht der High Level Group, a. a. O., S. 94. Kritisch Wiesner, BB 2003, 213, 216; Schön, ZHR 166 (2002), S. 1 ff. 194 Ablehnend Arbeitsgruppe Europäisches Gesellschaftsrecht, ZIP 2003, 863, 872 u. 874.

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a) Erwerb eigener Aktien Die High Level Group schlägt vor, den Rückerwerb eigener Aktien nicht mehr auf einen willkürlich gewählten Prozentsatz des Grundkapitals zu beschränken, sondern den Erwerb innerhalb der Grenzen der ausschüttungsfähigen Rücklagen (Nettoaktivvermögen) zu erlauben195. Hinsichtlich der Deregulierungsvorschläge der SLIM-Arbeitsgruppe wird die Notwendigkeit betont, die Möglichkeit damit einhergehender Marktmanipulationen zu verhindern. Die High Level Group weist des Weiteren darauf hin, dass sich die vorliegenden Vorschläge möglicherweise nicht mit der Richtlinie über Marktmissbrauch vereinbaren lassen, in der „safe harbours“ für den Rückkauf eigener Aktien vorgesehen sind196. Zumindest für börsennotierte

195 Bericht der High Level Group, a. a. O., S. 91. Ablehnend Arbeitsgruppe Europäisches Gesellschaftsrecht, ZIP 2003, 863, 873: Die Höchstgrenze bilde einen nicht zu unterschätzenden Schutz gegen Kurs- und Marktpreismanipulationen. Statt einer Aufgabe der Höchstgrenze sei vielmehr zu erwägen, den Rückerwerb und die Wiederveräußerung durch zwingende Verfahrensvorschriften europaweit zu regeln. 196 Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation (Marktmissbrauch), ABl. Nr. L 096 vom 12. April 2003, S. 16–25. Während auf der ersten Stufe des Verfahrens – also in der eigentlichen Richtlinie – lediglich allgemeine Grundprinzipien festgeschrieben werden, sind die technischen Durchführungsmaßnahmen auf einer zweiten Stufe von der Kommission unter Mithilfe des europäischen Wertpapierausschusses (ESC) festzulegen: Der Richtlinienvorschlag ESC 22/2003 behandelt die Definition von Insider-Information und Marktmanipulation sowie deren Veröffentlichung durch Emittenten. Der Richtlinienvorschlag ESC 23/2003 behandelt die sachgerechte Darstellung von Empfehlungen sowie die Offenlegung von Interessen oder Interessenkonflikten. Der Verordnungsvorschlag ESC 24/2003 beinhaltet Ausnahmeregelungen („safe harbours“) für Aktienrückkaufprogramme und Maßnahmen zur Kursstabilisierung. Rückkaufprogramme dürfen lediglich dem Zweck dienen, das Kapital herabzusetzen oder Verpflichtungen aus der Umwandlung von Schuldtiteln in Beteiligungskapital bzw. aus der Zuteilung von Belegschaftsaktien zu erfüllen. Rückkaufprogramme müssen transparent gestaltet und in angemessener Weise bekannt gemacht werden sowie den speziellen Handelsbedingungen in Bezug auf Kurs, Handelsplatz und Handelsvolumen entsprechen. Der Verkauf von eigenen Aktien während der Laufzeit des Rückerwerbsprogramms, der Handel in bestimmten „closed periods“ (vor/nach der Veröffentlichung von Berichten) und Geschäfte, bei denen der Emittent die Bekanntgabe von Insiderinformationen aufschiebt, fallen nur bedingt unter die Regelung der „safe harbours“. Kursstabilisierungsmaßnahmen verstoßen dagegen nicht gegen das Verbot des Marktmissbrauchs, sofern sie zeitlich befristet sind, offengelegt werden und in einem festgelegten Verhältnis zum Emissions- bzw. Marktkurs erfolgen. Bei einer Überzeichnung oder Übernahme von Aktien über die vereinbarte Quote hinaus sind darüber hinaus zusätzliche Bedingungen einzuhalten. Der am 17. Juli 2003 unter Verweis auf die Verordnungsermächtigung des § 20a WpHG publizierte „Entwurf einer Verordnung zur Konkretisierung des Verbotes der Kurs- und Marktpreismanipulation“ des Bundesministeriums der Finanzen stimmt weitgehend mit dem am 9. Juli

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Gesellschaften sollte es nach Ansicht der High Level Group aber möglich sein, flexible Bestimmungen festzulegen. b) Finanzielle Unterstützung beim Aktienerwerb Eine finanzielle Unterstützung soll bei Vorliegen eines entsprechenden Aktionärsbeschlusses ebenfalls im Umfang der ausschüttungsfähigen Rücklagen möglich sein. Eine solche Lösung würde mit dem für den Aktienrückkauf verfolgten Ansatz übereinstimmen197. Außerdem soll die Hauptversammlung den Vorstandes für einen gewissen Zeitraum – beispielhaft genannt werden fünf Jahre – ermächtigen können, das Unternehmen insoweit innerhalb der genannten finanziellen Grenzen zu verpflichten. 3. Fazit

Anhand der Vorschläge der High Level Group wird das Bemühen deutlich, übermäßige Regulierungen im europäischen Gesellschaftsrecht nach Möglichkeit abzubauen. Den Vorzug gegenüber regulierenden Ge- und Verboten erthalten insbesondere Maßnahmen zur Verbesserung von Publizität und Transparenz, um so das erforderliche Vertrauen zu schaffen. Hinsichtlich der Regelung des Aktienrückerwerbs bestätigt die High Level Group den Ansatz der SLIM-Arbeitsgruppe. Insbesondere soll sich die Zulässigkeit des Rückerwerbs eigener Aktien nicht mehr an einem willkürlich festgesetzten Prozentsatz des gezeichneten Kapitals, sondern an den zur Ausschüttung zur Verfügung stehenden Rücklagen orientieren. IV. Aktionsplan der EU-Kommission zur Modernisierung des Gesellschaftsrechts und Verbesserung der Corporate Governance Der von der High Level Group in ihrem Abschlussbericht abgegebenen Empfehlung folgend hat die Europäische Kommission am 21. Mai 2003 einen „Aktionsplan zur Modernisierung des Europäischen Gesellschaftsrechts und Verbesserung der Corporate Governance in der Europäischen Union“ präsentiert198. Es bedürfe neuer Initiativen, um das bestehende Gesellschaftsrechtsinstrumentarium auf EU-Ebene zu modernisieren bzw. mit einer begrenzten Anzahl neuer, maßgeschneiderter Instrumente zu ergänzen. 2003 veröffentlichten Verordnungsvorschlag ESC 24/2003 überein. Vgl. auch http:// europa.eu.int/comm/internal_market/de/finances/mobil/market-abuse_de.htm. 197 Bericht der High Level Group, a. a. O., S. 92; vgl. auch Maul, DB 2003, 27, 30.

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Grund dafür seien die schädliche Auswirkung jüngster Finanzskandale, der wachsende Trend europäischer Gesellschaften zu grenzübergreifender Tätigkeit im Binnenmarkt, die anhaltende Integration der europäischen Kapitalmärkte, die rasante Entwicklung neuer Informations- und Kommunikationstechnologien sowie die bevorstehende Erweiterung der Europäischen Union um zehn neue Mitgliedstaaten. Mit dem Aktionsplan verfolgt die EU-Kommission das Ziel, im Bereich des europäischen Gesellschaftsrechts die Aktionärsrechte zu stärken, den Schutz Dritter zu verbessern sowie die Effizienz und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu fördern199. Der EU-Aktionsplan unterscheidet bei den geplanten Maßnahmen danach, ob diese kurzfristig (bis 2005), mittelfristig (bis 2008) oder langfristig umgesetzt werden sollen200. Da nach Ansicht der Kommission eine Vereinfachung der Kapitalrichtlinie auf Grundlage der Vorschläge und Empfehlungen der High Level Group („SLIM-Plus“) wesentlich zur Förderung der Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen beitragen würde, ohne dabei den Aktionärs- und Gläubigerschutz zu verringern, wird die Vorlage eines nach diesen Grundsätzen verfassten Änderungsvorschlags als kurzfristige Priorität angesehen201. Über die zu erwartenden Vor- und Nachteile sowie den Nutzen der Einführung eines alternativen Systems, das grundlegend vom bestehenden Kapitalerhaltungskonzept der Kapitalrichtlinie abweichen würde, soll mittelfristig eine Machbarkeitsstudie Auskunft geben. In einem Arbeitspapier vom 15. November 2003 hat die Generaldirektion Binnenmarkt einen ersten Überblick über die auf den Aktionsplan hin eingereichten Stellungnahmen veröffentlicht202. Es habe sich herausgestellt, dass die Vorschläge des Aktionsplans mehrheitlich als ein bedeutender 198

KOM(2003) 284 endg. Vgl. dazu Maul/Lanfermann/Eggenhofer, BB 2003, 1289 ff. sowie die kritischen Anmerkungen des DAV, ZIP 2003, 1909 ff. und von Wiesner, ZIP 2003, 977 ff. 199 KOM(2003) 284 endg., S. 9 f. Der Aktionsplan betrifft die folgenden Bereiche: Corporate Governance, Kapitalerhaltung und Kapitaländerung, Unternehmensgruppen und Unternehmenspyramiden, Unternehmensrestrukturierung und Unternehmensmobilität, die Europäische Privatgesellschaft, Genossenschaften und andere Unternehmensformen. 200 Vgl. die tabellarische Übersicht bei Wiesner, ZIP 2003, 977, 978 bzw. Maul/ Lanfermann/Eggenhofer, BB 2003, 1289, 1290. 201 KOM(2003) 288 endg., S. 21. Der Handelsrechtsausschuss des DAV (ZIP 2003, 1909, 1912) befürwortet die Vorschläge der SLIM-Arbeitsgruppe, soweit sie sich im Rahmen des geltenden Systems der Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung halten; ein alternatives System, das auf entsprechende Regeln verzichtet, wird abgelehnt. Wiesner (ZIP 2003, 977, 980) weist ergänzend auf die Gefahr einer Entharmonisierung infolge eines alternativen Kapitalerhaltungssystems hin.

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Schritt gesehen werden, das Gesellschaftsrecht zu modernisieren und damit das Vertrauen in die Kapitalmärkte der EU zu steigern und deren Effizienz zu stärken203. Die zügige Modernisierung der Kapitalrichtlinie werde in der Mehrzahl der Stellungnahmen unterstützt. Es bestehe ein generelles Einvernehmen, dass die entsprechenden Maßnahmen auf Grundlage der Vorschläge der SLIM-Arbeitsgruppe sowie der entsprechenden Anmerkungen und Ergänzungen der High Level Group getroffen werden sollten („SLIMPlus“). Bezüglich des Aktienrückerwerbs sei vereinzelt eingewandt worden, dass die durch eine Deregulierung zu erwartenden Vorteile im Vergleich zu den Nachteilen nur einen geringen Nutzen mit sich bringen würden. Auch müsse darauf geachtet werden, dass eine Neuregelung mit der Marktmissbrauchsrichtlinie vereinbar sei204. Die Bestrebungen der Kommission, eine Studie hinsichtlich eines alternativen Systems in Auftrag zu geben, sei auf große Zustimmung gestoßen205. Das Neue an den Vorschlägen des Aktionsplans ist, dass sich einige gesellschaftsrechtliche Maßnahmen – hier vor allem der Corporate Governance – ausschließlich an börsennotierte Gesellschaften richten206. Auffällig ist außerdem das Bemühen um eine Verbesserung der Transparenz sowie die nicht zu übersehende Tendenz, in wichtigen Bereichen – wie etwa der Kapitalerhaltung – anglo-amerikanische Regelungsmodelle in die Überlegungen einzubeziehen207.

C. Untersuchung von Maßnahmen zur künftigen Neuregelung des Erwerbs und der Veräußerung eigener Aktien Der Spielraum des deutschen Gesetzgebers zur Änderung bzw. Neufassung der den Erwerb und die Veräußerung eigener Aktien betreffenden gesetzlichen Regelungen wird beschränkt durch die Vorgaben der Art. 18 ff. der Kapitalrichtlinie. Seitens der Europäischen Kommission wird jedoch bereits über eine Reform der Kapitalrichtlinie nachgedacht. Diese Entwicklung bietet Anlass, die weitere Untersuchung nicht auf die Frage nach der Deregulierung und Liberalisierung der entsprechenden Teilbereiche des 202 Im Internet abzurufen unter http://europa.eu.int/comm/internal_market/en/ company/company/modern/governance-consult-responses_en.pdf. 203 Arbeitspapier der Generaldirektion Binnenmarkt, a. a. O., S. 5. 204 Arbeitspapier der Generaldirektion Binnenmarkt, a. a. O., S. 17 f. 205 Arbeitspapier der Generaldirektion Binnenmarkt, a. a. O., S. 19. 206 Die Kommission hält strengere Rahmenvorschriften für börsennotierte Gesellschaften für wünschenswert; vgl. KOM(2003) 288 endg., S. 9. 207 Maul/Lanfermann/Eggenhofer, BB 2003, 1289, 1295.

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deutschen Rechts zu beschränken, sondern auch Überlegungen zu einer Neuregelung der Bestimmungen auf europäischer Ebene anzustellen. Die Untersuchung konzentriert sich im Wesentlichen auf Möglichkeiten des Abbaus gesellschaftsrechtlicher Beschränkungen des Aktienrückerwerbs und Konzepte zur Verbesserung des Aktionärs- und Anlegerschutzes, ausgehend von der Vorstellung, dass ein entsprechender Schutz, zumindest soweit es sich um börsennotierte Aktiengesellschaften handelt, sehr viel besser auf kapitalmarktrechtlichem Wege sichergestellt werden kann. Ansätze für eine Neuregelung lassen sich insbesondere dem US-amerikanischen sowie dem englischen Recht entnehmen, wobei zumindest ersteres erwiesenermaßen ein Regelungsmodell anbietet, das effiziente gesetzliche Rahmenbedingungen für den Aktienrückerwerb durch die corporations zur Verfügung stellt. Eine weitgehend kritiklose Übernahme der US-amerikanischen Regelung empfiehlt sich auf Grund der sehr unterschiedlichen Rechtstraditionen und des andersartigen Rechtsverständnisses jedoch nicht208. I. Untersuchung einer gesetzgeberischen Reform der §§ 71 ff. AktG unter Berücksichtigung der Vorgaben der Kapitalrichtlinie Der deutsche Gesetzgeber ist bei der Regelung des Erwerbs und der Veräußerung eigener Aktien an die entsprechenden Vorgaben der Art. 18 ff. der Kapitalrichtlinie gebunden, soweit diese eine abschließende Regelung enthalten209. Obwohl der deutsche Gesetzgeber mit der Reform der §§ 71 ff. AktG durch das KonTraG den ihm durch die Kapitalrichtlinie eröffneten Regelungsspielraum bereits weitgehend ausgeschöpft hat, sehen die §§ 71 ff. AktG immer noch zahlreiche Einschränkungen vor, die EUrechtlich nicht geboten sind, da die Kapitalrichtlinie diesbezüglich keine oder eine weiter gefasste Regelung enthält bzw. die Möglichkeit vorsieht, von einer Umsetzung in nationales Recht abzusehen. 1. Abbau gesellschaftsrechtlicher Beschränkungen

Das deutsche Aktiengesetz schränkt den Erwerb eigener Aktien insbesondere aus Gründen der Kapitalerhaltung stark ein. Zu diesem Zweck werden zahlreiche detaillierte gesellschaftsrechtliche Regelungen getroffen, die den mittelbaren Erwerb, den Erwerb durch Tochtergesellschaften, Umgehungsgeschäfte und die Rechtsfolgen eines verbotswidrigen Erwerbs betreffen. Das US-amerikanische Recht, das eine kapitalmarktorientierte Regelungs208

So auch Wastl/Wagner/Lau, S. 148. Da es sich dabei grundsätzlich nur um Mindestvoraussetzungen handelt, ist es dem deutschen Gesetzgeber nicht verwehrt, strengere Regelungen vorzusehen. 209

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perspektive einnimmt, kennt derart zahlreiche und detaillierte gesellschaftsrechtliche Beschränkungen nicht210. Die Vorschriften des Aktiengesetzes sind daher daraufhin zu überprüfen, an welchen Stellen der Abbau gesellschaftsrechtlicher Schranken möglich ist, ohne den Schutz der Aktionäre und der Gläubiger der Gesellschaft über Gebühr zu beschneiden. a) Inhaltliche Beschränkungen der Erwerbsermächtigung Der Vorstand kann ohne das Vorliegen eines speziellen Erwerbstatbestands nach § 71 Abs. 1 bis 7 AktG eigene Aktien nur auf Grund eines Ermächtigungsbeschlusses der Hauptversammlung zurückerwerben. Die Hauptversammlung kann den Vorstand allerdings nur für einen Aktienrückerwerb bis zu einem Gesamterwerbsvolumen von 10 v. H. des Grundkapitals ermächtigen (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 1 AktG). Außerdem ist nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 2 AktG als Erwerbszweck der Handel mit eigenen Aktien unzulässig. Die Kapitalrichtlinie sieht dagegen weder eine solche Erwerbsschranke noch den Ausschluss eines bestimmten Erwerbszwecks vor. aa) Erwerbsschranke (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 1 AktG) Ohne die Beschränkung des Erwerbsvolumens durch § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 1 AktG könnte der Vorstand mehrmals hintereinander eigene Aktien erwerben und wieder veräußern, ohne dabei Gefahr zu laufen, ein in der Ermächtigung festgelegtes Gesamterwerbsvolumen zu überschreiten. Bislang muss der Vorstand sich in diesem Fall stets erneut durch die Hauptversammlung ermächtigen lassen, wenn das Erwerbsvolumen ausgeschöpft ist, was jedes Mal ein sehr schwerfälliges und zeitraubendes Verfahren erforderlich macht. Durch den Fortfall dieser Beschränkung bekäme der Vorstand unabhängig von der Bestandsobergrenze des § 71 Abs. 2 S. 1 AktG einen weitaus größeren Handlungsspielraum. So könnte der Vorstand mehrmals hintereinander größere Aktienpakete zurückerwerben und wieder veräußern, ohne dabei in Gefahr zu geraten, einer neuen Ermächtigung der Hauptversammlung zu bedürfen. Auch ohne das Erfordernis einer Festsetzung des Erwerbsvolumens im Sinne von § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 1 AktG wäre ein Kontrollverlust der Aktionäre bzw. Manipulationen des Managements durch die Berichtspflicht des § 71 Abs. 3 S. 1 AktG und die Bilanzierungspflichten weitgehend ausgeschlossen211. Auf Grund der Angaben in der Bilanz und die Pflicht zur umfassenden Unterrichtung der nächsten Hauptversammlung wären die Aktio210 211

Vgl. Benckendorff, S. 296. Vgl. auch Kraft/Altvater, NZG 1998, 448, 450.

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näre in der Lage, das Vorgehen des Vorstands umfassend nachzuvollziehen. Außerdem könnte die Hauptversammlung in ihrer Erwerbsermächtigung auch ohne eine ausdrückliche gesetzliche Vorgabe ein Gesamterwerbsvolumen vorsehen. bb) Handel in eigenen Aktien (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 2 AktG) Nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 2 AktG ist der Aktiengesellschaft ein Handel in eigenen Aktien untersagt, womit sowohl eine Spekulation in eigenen Aktien als auch eine langandauernde Kursbeeinflussung erfasst werden. Eine solche Einschränkung ist in der Kapitalrichtlinie nicht enthalten. Sie war auch im Referentenentwurf noch nicht vorgesehen und ist erst durch den Regierungsentwurf zum KonTraG eingeführt worden212. Das Verbot des § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 2 AktG beschränkt die Beschlusskompetenz der Hauptversammlung und ist gleichzeitig eine vom Vorstand bei der Geschäftsführung zu beachtende Verhaltenspflicht. Auf diese Weise soll die Spekulation in eigenen Aktien oder eine langfristige Kurspflege verhindert werden. Im Hinblick auf den Kapitalmarkt kann eine Stabilisierung des Kurses der eigenen Aktie jedoch durchaus ein mikro- und makroökonomisch erwünschter Zweck des Aktienrückerwerbs sein, weil auf diese Weise allzu große Kursausschläge verhindert und die Volatilität des Gesamtmarktes verringert werden kann. Das wirkt sich wiederum positiv auf die Finanzierungsmöglichkeiten der Gesellschaft aus213. Ein gesellschaftsrechtlicher Verbotstatbestand wirkt in diesem Zusammenhang kontraproduktiv. Die gesellschaftsrechtliche Kontrolle des Vorstands insbesondere im Hinblick auf ein spekulatives Verhalten ist bereits auf Grund der aktienrechtlichen Publizität und Rechnungslegung in ausreichendem Umfang sichergestellt. Erforderlich ist vielmehr eine an die Erfordernisse des Kapitalmarktes angepasste, flexible kapitalmarktrechtliche Regelung, wie das durch das Vierte Finanzmarktförderungsgesetz eingeführte Verbot der Kursund Marktmanipulation (§ 20a WpHG), die in der Lage ist, einen sehr viel sachnäheren und nachdrücklicheren Schutz der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes zu bieten, ohne aber die Handlungsfreiheit des Vorstands und der Hauptversammlung in gesellschaftsrechtlicher Hinsicht übermäßig zu beschränken214. Eine solche Einschränkung der Beschlusskompetenz ist zudem aus praktischen Erwägungen entbehrlich: Es entspricht angesichts der möglichen negativen Folgen des Handels in eigenen Aktien bereits der praktischen 212 213 214

Vgl. oben Seite 146 ff. Kraft/Altvater, NZG 1998, 448, 450. Dazu bereits oben Seite 98. Dazu oben Seite 273 ff.

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Vernunft der Hauptversammlung – und auch von Vorstand und Aufsichtsrat, die den Beschlussvorschlag formulieren würden –, einen entsprechenden Beschluss zu unterlassen. Denn das Bekanntwerden von Spekulationsgeschäften würde sich äußerst negativ auf den Kurswert der eigenen Aktie auswirken. Aus diesem Grund wird der Vorstand in der Regel bereits von sich aus keine derartige Geschäfte durchführen215. Die Begrenzung der Kompetenz der Hauptversammlung im Hinblick auf den Handel in eigenen Aktien ist daher nicht erforderlich. Sie belastet die Gesellschaften vielmehr über Gebühr und benachteiligt sie im Vergleich zum europarechtlichen Regelungsstandard216. b) Bestandsgrenze von 10 v. H. des Grundkapitals (§ 71 Abs. 2 S. 1 AktG) Ein wesentliches Hemmnis für den Aktienrückerwerb stellt die Begrenzung der Zahl der durch die Gesellschaft gehaltenen eigenen Aktien auf 10 v. H. des Grundkapitals dar (vgl. § 71 Abs. 2 S. 1 AktG). Die Erfahrungen mit dem Aktienrückerwerb in den Vereinigten Staaten zeigen, dass sich zahlreiche Vorteile erst mit dem Rückerwerb über die 10 v. H.-Grenze hinaus herbeiführen lassen. Auch halten die gegenüber den angelsächsischen Kapitalmärkten vergleichsweise niedrigen Ausschüttungen deutscher Gesellschaften potentielle Kapitalgeber von der verstärkten Nutzung des deutschen Aktienmarktes als Anlagemöglichkeit ab, da die erzielbaren Risikoprämien zu gering sind217. Es sind in diesem Zusammenhang aber auch rein praktische Erwägungen von Bedeutung: So ist es bei einer Beschränkung der gehaltenen eigenen Aktien auf 10 v. H. des Grundkapitals in der Regel nicht möglich, ein going private vorzubereiten oder die Aktienpakete von ausscheidenden oder opponierenden Großaktionären übernehmen zu können, was insbesondere in geschlossenen Aktiengesellschaften von Bedeutung ist218. 215 Besonders nachdrücklich sind die negativen Auswirkungen dann, wenn der Vorstand in Abhängigkeit von der Kursentwicklung entlohnt wird (Aktienoptionen, Boni etc.) oder er selber Anteile der Gesellschaft hält. Zudem folgt das Verbot spekulativen Verhaltens für den Vorstand der Gesellschaft schon aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen; vgl. DAV, ZIP 1997, 163, 171; Martens, AG-Sonderheft 1997, 83, 86 f.; Bosse, WM 2000, 806, 809. A.A. Lutter, AG-Sonderheft 1997, S. 52, 56, der ein ausdrückliches Verbot für erforderlich hält, um zu verhindern, dass der Vorstand mit dem Geld der Aktiengesellschaft spekuliert. 216 Martens, AG-Sonderheft 1997, 83, 86. So auch Kraft/Altvater, NZG 1998, 448, 450. 217 Hampel, S. 74. 218 Vgl. nur Escher-Weingart/Kübler, ZHR 162 (1998), S. 537, 559.

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aa) Beurteilung des Erfordernisses einer Bestandsgrenze Eine Begrenzung des Bestands an gehaltenen eigenen Aktien kennen die anglo-amerikanischen Rechtsordnungen nicht. Es stellt sich daher die Frage, ob eine solche Bestandsschranke in Höhe von 10 v. H. des Grundkapitals überhaupt erforderlich ist. Die Bestandsschranke könnte zunächst dem Schutz der Gläubiger dienen, damit es nicht zu einem Abfluss des ihnen garantierten Haftungskapitals kommen kann. Nach § 71 Abs. 2 S. 2 AktG besteht die Verpflichtung, für den Rückerwerb nur ausschüttungsfähige Mittel zu verwenden und das Grundkapital und das in den gesetzlich zu bildenden Rücklagen gebundene Kapital durch den Aktienrückerwerb nicht zu schmälern. Die eigenen Aktien dürfen auch nicht in der Bilanz aktiviert werden, ohne dass ein Ausgleich durch eine nicht für Ausschüttungen zur Verfügung stehende Rücklage in entsprechender Höhe auf der Passivseite der Bilanz geschaffen wird, um so die Aktivierung zu neutralisieren (vgl. § 272 Abs. 1 S. 4, Abs. 4 HGB)219. Die bilanzielle Lage des Unternehmens kann sich infolge des Aktienrückerwerbs somit nicht verbessern; tatsächlich findet ein Mittelabzug statt. So wird verhindert, dass die Gesellschaft Mittel an ihre Aktionäre ausschüttet, die für eine Dividendenzahlung nicht zur Verfügung stehen. Demgegenüber bietet die Bestandsgrenze nur einen weiteren, mittelbaren Schutz, der verhindert, dass die Aktiengesellschaft ihre gesamten ausschüttungsfähigen Mittel für den Rückerwerb verwenden kann. Einen wirklichen finanziellen Schutz der Gläubiger kann sie nicht gewährleisten. Denn die betroffenen Mittel könnten ohnehin im Rahmen der Dividendenzahlungen an die Aktionäre ausgeschüttet werden220. Von der Bestandsgrenze geht auch keine anlegerschützende Wirkung aus. Denn zum einen bietet die Begrenzung des Umfangs der gehaltenen eigenen Aktien keinen Schutz vor einem möglichen Insiderhandel zu Lasten uninformierter Anleger. Zum anderen kann sie auch nicht verhindern, dass es zu einer Manipulation des Aktienkurses kommen kann, da für eine Einflussnahme auf den Marktpreis regelmäßig bereits der Erwerb bzw. die Veräußerung eigener Aktien in sehr viel geringeren Mengen als 10 v. H. des Grundkapitals ausreichend ist221. 219 Benckendorff, S. 300; Escher-Weingart, S. 285. Aus Transparenzgründen wäre die völlige Herausnahme der eigenen Aktien aus der Bilanz und der damit verbundenen Bilanzverkürzung zu bevorzugen. Vgl. Escher-Weingart/Kübler, ZHR 162 (1998), 537, 559; Escher-Weingart, S. 286. 220 Leithaus, S. 48 f.; Benckendorff, S. 300. Die Bestandsgrenze hat historisch ihre Berechtigung, da das Aktiengesetz bis zur Umsetzung der Kapitalrichtlinie im Jahr 1978 keine finanzielle Beschränkung des Aktienrückerwerbs gekannt hat.

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bb) Rückerwerb ohne Bestandsgrenze Im englischem Recht, das ebenso wie das deutsche Recht an die Vorgaben der Kapitalrichtlinie gebunden ist, wird der in Art. 19 Abs. 1 lit. b der Kapitalrichtlinie vorgesehenen Bestandsgrenze keine Bedeutung zugemessen222. Nach englischem Recht fallen die eigenen Aktien durch den Rückerwerb in das Stadium eines authorized capital bzw. „Vorratskapitals“ zurück. Daher müssen sie später erst erneut auf den Markt gebracht werden, um wieder ein vollwertiges Wertpapier zu sein. Erworbene eigene Aktien können im Bestand des authorized capital beliebig lange gehalten und jederzeit wieder ausgegeben werden, verbriefen aber keine mitgliedschaftlichen Rechte. Nach Art. Art. 19 Abs. 1 lit. b der Richtlinie darf „der Nennbetrag oder, wenn ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, der rechnerische Wert der erworbenen Aktien einschließlich der Aktien, welche die Gesellschaft früher erworben hat und noch hält, sowie der Aktien, die Personen im eigenen Namen, jedoch für Rechnung der Gesellschaft erworben haben, [. . .] nicht höher als 10 v. H. des gezeichneten Kapitals sein“. Zurückerworbene eigene Aktien, die mit dem Erwerb in den Status von authorized capital zurückfallen, sind nicht mehr als selbständige Anteile vorhanden und stellen kein Eigenkapital der Gesellschaft dar. Sie werden als solche nicht von der Gesellschaft „gehalten“223. Die Gesellschaft muss zwar die Erwerbsvoraussetzungen nach Art. 19 lit. a, lit. c und lit. d einhalten, ist aber nicht an die Vorgabe des Art. 19 Abs. 1 lit. b gebunden, d.h. der Rückerwerb kann auch über die Bestandsgrenze von 10 v. H. des Grundkapitals hinaus erfolgen224. Der Vorteil der Rückführung zurückerworbener eigener Aktien in den Status von „Vorratskapital“ liegt vor allem darin, dass es dabei zu einer Bilanzverkürzung kommt225. Da keine Aktivierung in der Bilanz erfolgt, bedarf es auch keiner Rücklagenbildung; das Eigenkapital ist vielmehr ent221 Insbesondere dann, wenn es sich um einen sehr engen oder volatilen Markt handelt. Vgl. auch Benckendorff, S. 308 u. 313. A.A. wohl Leithaus, S. 48 f.; Wastl, DB 1997, 461, 464. 222 Vgl. oben Fn. 123 (4. Teil). 223 Escher-Weingart/Kübler, ZHR 162 (1998), 537, 560. Grds. auch Escher-Weingart (S. 289): generelle Schaffung von Vorratskapital im Rahmen einer großen Gesellschaftsrechtsreform. 224 Werden die zurückerworbenen Aktien zu authorized capital, ist dieser Vorgang vergleichbar mit einer Kapitalherabsetzung. Die Auslegung des Art. 19 Abs. 1 lit. b der Kapitalrichtlinie findet daher ihre Bestätigung in der ausdrücklichen Ausnahme von Art. 19 für den Fall der Kapitalherabsetzung (Art. 20 Abs. 1 lit. a; vgl. Escher-Weingart/Kübler, ZHR (162) 1998, S. 537, 560. 225 Das „Vorratskapital“ ist kein Bestandteil der Bilanz, sondern müsste im Anhang aufgeführt werden; vgl. Escher-Weingart, S. 286.

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sprechend zu mindern. Auf diese Weise ist ebenso wie im Wege der Rücklagenbildung sichergestellt, dass die Gesellschaft lediglich im Rahmen frei verfügbarer Mittel Aktienrückkäufe tätigen kann. Außerdem kann die Gesellschaft keine Rechte aus „Vorratskapital“ geltend machen. Eine gesonderte Vorschrift wie § 71b AktG ist daher nicht erforderlich. Die Gesellschaft kann bei erneutem Kapitalbedarf auf die bereits vorhandenen Aktienurkunden zurückgreifen, was die erneute Ausgabe gegenüber einer „echten“ Neuemission sehr vereinfacht. Angesichts der unbestreitbaren Vorzüge sollte ein dem authorized capital vergleichbares „Vorratskapital“ im deutschen Aktienrecht eingeführt werden. Eine solche Kapitalform wäre zwischen kaduzierten Aktien und genehmigtem Kapital anzusiedeln226. Da die erworbenen eigenen Aktien nicht von der Gesellschaft „gehalten“ würden, sondern „Vorratskapital“ wären, könnte auf die Bestandsgrenze des § 71 Abs. 2 S. 1 AktG verzichtet werden. Der Aktienrückerwerb wäre dann prinzipiell in unbeschränktem Umfang möglich. Wie gesehen wird der Schutz der Gläubiger durch die Kapitalgrenze des § 71 Abs. 2 S. 2 AktG in ausreichendem Umfang sichergestellt. Das gilt auch für die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes, die nicht durch eine Begrenzung des Bestandes an gehaltenen eigenen Aktien, sondern vielmehr durch eine umfassende Transparenz, besondere kapitalmarktorientierte Verhaltensregeln und kapitalmarktrechtliche Verbotstatbestände gewährleistet wird. cc) Einführung rückerwerbbarer Aktien Das Institut der rückerwerbbaren Aktien (redeemable shares) ist im anglo-amerikanischen Rechtskreis ein gebräuchliches Instrument des Finanzmanagements. Der Vorstand kann die eigenen, rückerwerbbaren Aktien zurückkaufen, sobald die durch die Satzung festgeschriebene Bedingung eintritt, ohne zuvor eine Ermächtigung der Hauptversammlung einholen zu müssen. Auch die Kapitalrichtlinie lässt die Emission einer solchen Aktiengattung grundsätzlich zu (vgl. Art. 39). Das deutsche Aktiengesetz kennt dieses Institut bislang nicht227. Für rückerwerbbare Aktien sind die Art. 19 bis 24a der Kapitalrichtlinie nicht anwendbar228. Es bedarf daher insbesondere nicht eines den Erwerb 226 Dazu Escher-Weingart, S. 286; Hampel, S. 79. Vgl. auch den Vorschlag von Bezzenberger, Rn. 91 u. 115 ff. 227 Dazu oben Fn. 172 (4. Teil). Schuldrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten bieten keinen adäquaten Ersatz für den Einsatz rückerwerbbarer Aktien, da auf diese Weise das Optionsrecht nicht dinglich mit der Mitgliedschaft verknüpft werden kann; Regierungskommission, in: Baums, Rn 235.

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genehmigenden Hauptversammlungsbeschlusses. Rückerwerbbare Aktien fallen auch nicht unter die Bestandsschranke des Art. Art. 19 Abs. 1 lit. b, so dass eine Bestandsgrenze im Sinne von § 71 Abs. 2 S. 1 AktG nicht vorgesehen werden müsste. Durch die Vorgaben der Richtlinie wird sichergestellt, dass der Erwerb der rückerwerbbaren Aktien nur zu Lasten vorhandener ausschüttungsfähiger Mittel erfolgen kann und so die Kapitalerhaltung zu Gunsten der Gesellschaftsgläubiger sichergestellt ist229. Durch das Erfordernis einer entsprechenden Satzungsbestimmungen für die Ausgabe rückerwerbbarer Aktien und die Geltung des aktienrechtlichen Gleichbehandlungsgebots des § 53a AktG werden die Interessen der Aktionäre gewahrt. Als Finanzierungsinstrument bieten rückerwerbbare Aktien zahlreiche Vorteile und Gestaltungsmöglichkeiten. So bietet sich vor allem bei Vorzugsaktien die Ausgabe als rückerwerbbare Aktien an. Da die Vorzugsaktien bei der Verteilung des Gewinns in der Regel vor den Stammaktien zu berücksichtigen sind, sind diese aus Sicht der Stammaktionäre und der Gesellschaft mit Fremdkapital vergleichbar230. Durch den Rückerwerb kann sich die Gesellschaft von diesen Zahlungsverpflichtungen befreien. Die Durchführung lässt sich von vornherein durch die Ausgestaltung als rückerwerbbare Aktien absichern231. In geschlossenen Aktiengesellschaften kann durch eine entsprechende Rückerwerbsbedingung sichergestellt werden, dass die Anteile bei Ausscheiden eines Gesellschafters nicht an Außenstehende fallen. In Zeiten sinkender Zinsen und damit einhergehender geringerer Renditeerwartungen des Kapitalmarktes kann sich die Gesellschaft durch Rückerwerb und Neuemission günstiger refinanzieren. Zudem hilft die Emission rückerwerbbarer Aktien bei der Eigenkapitalbeschaffung, wenn ein sehr riskantes Geschäftsmodell oder eine mangelnde Marktliquidität der Aktie vorliegt, da Ausstiegsbedingungen auch zu Gunsten der Aktionäre vorgesehen werden können232. In der Regel werden rückerwerbbare Aktien von nicht börsennotierten Gesellschaften ausgegeben und vor einem Börsengang wieder beseitigt, so dass eine Irreführung des Börsenpublikums nicht zu befürchten ist. Dem Argument, Aktionäre könnten in der Krise der Gesellschaft von ihrem Verkaufsrecht Gebrauch machen und so der Gesellschaft dringend benötigtes Kapital entziehen, lässt sich entgegengehalten, dass diese Unternehmen 228

Escher-Weingart/Kübler, ZHR 162 (1998), 542; wohl auch Leithaus, S. 58. Zudem sind sowohl die Existenz rückerwerbbarer Aktien als auch die Bedingungen des Rückerwerbs für die Gläubiger aus der Satzung ersichtlich; vgl. Benckendorff, S. 301. 230 Benckendorff, S. 197 f. mit Nachw. 231 Benckendorff, S. 137 u. 198. 232 Regierungskommission, in: Baums, Rn. 235; Benckendorff, S. 198. 229

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ohne Einräumung einer Ausstiegsklausel erst gar keine Investoren finden würden233. Die Einführung des Instruments der rückerwerbbaren Aktie kann jedoch nur unter den in Art. 39 der Kapitalrichtlinie genannten Einschränkungen erfolgen. So ist der Rückerwerb der vollständig eingezahlten Aktien nur zulässig, wenn dies in der Satzung der Gesellschaft vorgesehen ist, wobei die Bedingungen für einen Rückerwerb dort bereits vorab festzulegen sind. Es bestehen detaillierte Vorgaben hinsichtlich des für den Rückerwerb verwendbaren Gesellschaftsvermögens und die entsprechende Rücklagenbildung. Nach der Durchführung des Rückerwerbs besteht außerdem eine Offenlegungspflicht nach Art. 3 der Publizitätsrichtlinie234. Im Hinblick auf die genannten Vorteile sollte der deutsche Gesetzgeber von der Ermächtigung des Art. 39 der Kapitalrichtlinie Gebrauch machen und den deutschen Aktiengesellschaften die Ausgabe rückerwerbbarer Aktien ermöglichen. Auf Grund der besonderen Funktion der rückerwerbbaren Aktien ist die Ausgabe auf 50 v. H. des gezeichneten Kapitals in Anlehnung an § 139 Abs. 2 AktG zu begrenzen235. So wird sichergestellt, dass die Mehrheit der Kapitalgeber dauerhafte Aktionäre der Gesellschaft sind und ihre mitgliedschaftliche Stellung nicht lediglich vom Nicht-Eintritt einer vorher festgelegten Bedingung abhängig ist. Außerdem könnte der bisherige Inhaber einer Sperrminorität allein dadurch zum Mehrheitsgesellschafter werden, dass die Gesellschaft mehr als 50 v. H. der Aktien zurückerwirbt, ohne dafür eigene Mittel aufwenden zu müssen. Es sollte zudem klargestellt werden, dass die Herbeiführung des Bedingungseintritts nur durch die Gesellschaft oder äußere Umstände, nicht aber durch die Inhaber der Aktien erfolgen darf. Ansonsten verlöre das Eigenkapital seinen Zweck als Betriebskapital und gliche vielmehr Fremdkapital236. c) Ausgabe von Aktien an Organmitglieder (§ 71 Abs. 1 Nr. 2 AktG) Nach § 71 Abs. 1 Nr. 2 AktG dürfen Aktien erworben werden, wenn sie Personen, die in einem Arbeitsverhältnis zu der Aktiengesellschaft oder 233

Regierungskommission, in: Baums, Rn. 236. Zu Art. 39 der Kapitalrichtlinie siehe oben Seite 126 f. Eine Beschränkung auf bestimmte Aktiengattungen ist nicht vorgesehen, so dass sowohl Stamm- als auch Vorzugsaktien als rückerwerbbare Aktien ausgegeben werden können; vgl. Benckendorff, Erwerb eigener Aktien, 1998, S. 301. 235 So auch Regierungskommission, in: Baums, Rn. 235; s. a. Lutter, AG 2001, 300. 236 So Benckendorff, S. 302. 234

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einem mit ihr verbundenen Unternehmen stehen oder standen, zum Erwerb angeboten werden sollen. Der Referentenentwurf zum KonTraG sah vor, den Erwerbszweck auf Organmitglieder der Gesellschaft auszudehnen237. In dem Regierungsentwurf wurde dieser Vorschlag nicht mehr aufgegriffen238. Die deutschen börsennotierten Aktiengesellschaften sind zunehmend auf ausländische Kapitalgeber angewiesen. Diese legen traditionell Wert darauf, dass das Management am Kapital der Gesellschaft beteiligt ist und eine an der Steigerung des Unternehmenswertes orientierte Vergütung erhält239. Mit einer Erweiterung des § 71 Abs. 1 Nr. 2 AktG, wie sie bereits der Referentenentwurf zum KonTraG vorgesehen hatte, würden die Aktiengesellschaften in die Lage versetzt, Belegschaftsaktien künftig auch an Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder auszugeben. Um die gemeinsame Identifikation im Konzern zu verbessern, sollte außerdem die Beteiligung der Organe von Tochterunternehmen am Kapital der Muttergesellschaft ermöglicht werden. Entsprechend dem Vorschlag der Regierungskommission „Corporate Governance“ ist § 71 Abs. 1 Nr. 2 AktG zudem dahingehend zu ergänzen, dass die Gesellschaft eigene Aktien zurückerwerben kann, um sie Handelsvertretern, die ausschließlich für die Gesellschaft tätig sind, zum Erwerb anzubieten240. d) Erwerb eigener Aktien zu Abfindungszwecken (§ 71 Abs. 1 Nr. 3 AktG) Nach § 71 Abs. 1 Nr. 3 AktG ist der Erwerb eigener Aktien zulässig, wenn diese zur Abfindung von Aktionären Verwendung finden sollen. Der § 71 Abs. 1 Nr. 3 AktG soll den Erwerb für die Fälle der §§ 305 Abs. 2, 320b AktG, 29 Abs. 1, 125 S. 1, 207 Abs. 1 UmwG ermöglichen. Auf andere als die ausdrücklich genannten Sachverhalte ist die Regelung auf Grund der eindeutigen Entscheidung des Gesetzgebers nicht anwendbar241. Dagegen sieht Art. 20 Abs. 1 lit. d der Kapitalrichtlinie für die Abfindung von Aktionären eine Ausnahme vom Erfordernis der Ermächtigung durch die Hauptversammlung vor, ohne diese auf bestimmte Abfindungsfälle zu beschränken242. 237

RefE zum KonTraG, Begr., ZIP 1996, 2129, 2130. Begr. RegE zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 13; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 12 mit Nachw. Dazu auch Hüffer, ZHR 161 (1997), S. 214, 242. 239 Vgl. DAV, ZIP 1997, 163, 173; Sieber/Kiem, Rn. 909. 240 Vgl. oben Seite 344. 241 Das ergibt sich ausdrücklich aus der Fraktionsbegründung BT-Drucks. 12/ 6699, S. 177. 242 Lediglich beispielhaft zählt die Richtlinie den Erwerb im Falle der Verschmelzung, der Änderung des Gegenstands oder der Rechtsform der Gesellschaft, 238

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Es wird u. a. kritisiert, dass der Erwerb eigener Aktien nicht auch zum Umtausch im Verschmelzungsverfahren zugelassen ist, um den Anteilseignern der übertragenden Gesellschaft eigene Aktien im Wege des Tauschs gewähren zu können243. Die Regierungskommission „Corporate Governance“ schlägt vor, den durch die Kapitalrichtlinie eröffneten Spielraum zu nutzen und § 71 Abs. 1 Nr. 3 AktG so zu ändern, dass der Erwerb eigener Aktien ohne Hauptversammlungsbeschluss zur Abfindung von Aktionären der Gesellschaft und der mit der Gesellschaft verbundenen Unternehmen nach gesetzlichen Vorschriften dann zulässig sein soll, wenn die Abfindungsverpflichtung auf einer Entscheidung der Hauptversammlung beruht oder auf eine solche Entscheidung zurückzuführen ist244. Der Vorstand könnte zu diesem Zweck eigene Aktien ohne das Vorliegen eines Hauptversammlungsbeschlusses auch kurzfristig zurückerwerben. e) Vereinfachter Erwerb durch Tochtergesellschaften Die Erwerbsbeschränkungen nach § 71 Abs. 1 Nr. 1 bis 5, 7 und 8 sowie Abs. 2 AktG gelten auch für ein abhängiges oder im Mehrheitsbesitz der Gesellschaft stehendes Unternehmen, um Umgehungsgeschäfte zu verhindern (§ 71d S. 2 AktG). Diese restriktive Regelung kann der geschäftlichen Betätigung der Tochtergesellschaften übermäßige Hindernisse entgegenstellen. Nach Art. 24a Abs. 2 der Kapitalrichtlinie können die Mitgliedstaaten von den genannten Einschränkungen absehen, wenn zwischen den Gesellschaften lediglich ein mittelbares Verhältnis besteht und sichergestellt ist, dass die Stimmrechte aus den von der Tochtergesellschaft gehaltenen Aktien der Muttergesellschaft ruhen. Nach der Begründung der Richtlinie soll auf diese Weise eine flexiblere Gestaltung der anwendbaren Bestimmungen ermöglicht werden. Diesem Argument ist nicht zu folgen, denn eine Umgehung der Vorschriften über den Erwerb eigener Aktien ist nicht nur im Hinblick auf die mit den Aktien verbundenen Stimmrechte möglich245. Weitere Ausnahmen sieht Art. 24a Abs. 4 für die Fälle vor, dass der Erwerb der Aktien durch die Tochter kommissionsweise geschieht und die Muttergesellschaft nicht Kommittent des Geschäfts ist (lit. a) oder die Tochtergesellschaft die Aktien der Mutter als Wertpapierhändler erwirbt (lit. b). der Verlegung des Sitzes der Gesellschaft ins Ausland und der Einführung von Beschränkungen der Übertragbarkeit von Aktien auf. 243 So auch DAV, ZIP 1997, 163, 172; Hüffer, AktG, § 71 Rn. 15. 244 Regierungskommission, in: Baums, Rn. 205. 245 Kindl, ZEuP 1994, 77, 91; Benckendorff, S. 203.

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Im Rahmen von §§ 71 Abs. 1 Nr. 4, 71d S. 2 AktG ist der Erwerb eigener Aktien durch ein abhängiges oder im Mehrheitsbesitz der Gesellschaft stehendes Unternehmen, das als Kreditinstitut mit dem Erwerb eine Einkaufskommission durchführt, zulässig. Wenn der Erwerb der Aktien durch die Tochter auf Rechnung einer von der Tochter zu unterscheidenden Person geht, die nicht mit der Muttergesellschaft identisch ist, besteht nicht die Gefahr der Umgehung der Beschränkungen, die für den Erwerb und das Halten eigener Aktien gelten. Da das abhängige oder in Mehrheitsbesitz stehende Unternehmen die Aktien der Muttergesellschaft aber zunächst tatsächlich selber erwirbt, sind besondere Vorkehrungen erforderlich, um eine Umgehung der zwingenden Erwerbsbeschränkungen der §§ 71 ff. AktG zu verhindern. Erhöhte Anforderungen an die Transparenz des Erwerbs sind nicht praktikabel, auch weil es nicht immer im Interesse des Kommittenten liegen wird, in Zusammenhang mit dem Erwerb genannt zu werden. Eine Überprüfung des kommissionsweisen Erwerbs kann besser durch die laufende staatliche Beaufsichtigung der entsprechenden Erwerbsvorgänge erfolgen. Es sollte sich daher bei der Tochtergesellschaft um einen beaufsichtigten Finanzdienstleister handeln246. Eine solche Einschränkung des Anwendungsbereichs ist hinzunehmen, da der kommissionsweise Erwerb in aller Regel durch ein Finanzdienstleistungsunternehmen im vorgenannten Sinne erfolgen wird. Erwirbt ein abhängiges oder im Mehrheitsbesitz der Gesellschaft stehendes Unternehmen als Kreditinstitut, Finanzdienstleistungsinstitut oder Finanzunternehmen zum Zweck des Wertpapierhandels Aktien der Muttergesellschaft, findet § 71 Abs. 1 Nr. 7 AktG Anwendung (§ 71d S. 2 AktG). Art. 24a Abs. 4 lit. b ermöglicht es, von einer Anwendung abzusehen, wenn die Tochter die Aktien der Muttergesellschaft in ihrer Eigenschaft oder im Rahmen ihrer Tätigkeit als berufsmäßiger Wertpapierhändler erwirbt247. Der Schutz der Aktionäre kann durch das zwingende Erfordernis eines Hauptversammlungsbeschlusses der mit Mehrheit beteiligten oder herrschenden Gesellschaft sichergestellt werden248.

246

Vgl. Regierungskommission, in: Baums, Rn. 206. Das abhängige bzw. in Mehrheitsbesitz stehende Unternehmen muss dazu Mitglied einer in einem Mitgliedstaat ansässigen oder tätigen Wertpapierbörse sein oder von einer für die Beaufsichtigung von berufsmäßigen Wertpapierhändlern – zu denen im Sinne der Richtlinie auch Kreditinstitute gehören können – zuständigen Stelle eines Mitgliedstaats zugelassen sein oder beaufsichtigt werden (vgl. Art. 24 Abs. 4 lit. b der Kapitalrichtlinie). 248 So der Vorschlag der Regierungskommission, in: Baums, Rn. 207. 247

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2. Verbesserung des Aktionärsschutzes

Im US-amerikanischen Gesellschaftsrecht liegt die Entscheidung über den Aktienrückerwerb allein bei der Verwaltung, was dieser ein Höchstmaß an Flexibilität und Unabhängigkeit gibt249. Da sie nicht auf eine Ermächtigung oder Zustimmung seitens der Aktionäre angewiesen ist, was regelmäßig ein schwerfälliges Verfahren erfordern würde, kann der Erwerb tatsächlich als flexibles Instrument zur Steuerung der Eigenkapitalbasis eingesetzt werden. Zum Schutz der Aktionäre bestehen allgemeine Sorgfalts- und Treuepflichten, die zwar inhaltlich relativ unbestimmt sind, weshalb die Kosten für die Überwachung steigen, aber auch eine differenzierte Beurteilung ermöglichen250. Nach § 71 Abs. 1 AktG ist der Erwerb eigener Aktien nur zulässig, wenn ein besonderer Erwerbszweck oder eine Ermächtigung des Vorstands durch die Hauptversammlung vorliegt. Das berücksichtigt, dass der Rückerwerb eigener Aktien wie auch die Dividendenzahlung zu einer Ausschüttung von Gesellschaftsvermögen führt und die Aktionäre daher an der Entscheidungsfindung beteiligt sein sollen, wenn nicht auf Grund besonderer Umstände davon abgesehen werden kann. Das Erfordernis eines Hauptversammlungsbeschlusses schränkt die Gefahr ein, dass die Verwaltung einen Rückerwerb gegen die Interessen der Aktionäre oder zu Lasten einzelner Aktionäre durchführen kann. Aus Klarstellungsgründen sollte der Erwerb eigener Aktien auf Grund eines Beschlusses der Hauptversammlung daher als Regelfall an den Anfang des § 71 AktG gestellt bzw. in einem gesonderten Paragrafen normiert werden251. Der Aktionärsschutz erfordert es nicht, bestimmte Erwerbs- bzw. Veräußerungsmethoden ausdrücklich vorzuschreiben. Die generelle Geltung des aktienrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes nach § 53a AktG für alle Formen des Rückerwerbs und der Veräußerung ist insoweit als ausreichend anzusehen252. Das gilt insbesondere auch für den Rückerwerb außerhalb des Börsenhandels. Auf Grund der herausragenden Bedeutung des § 53a AktG bei der Durchführung des Erwerbs und der Veräußerung eigener Aktien ist es zu begrüßen, dass die Pflicht zur Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes klarstellend hervorgehoben wird. Unverständlich ist allerdings, warum die Hervorhebung in § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 AktG erfolgt, denn der Gleichbehandlungsgrundsatz gilt nicht nur für den Erwerb auf Grund eines Hauptversammlungsbeschlusses nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG, 249 250 251 252

Vgl. oben Seite 315 ff. Dazu Escher-Weingart, S. 286; Benckendorff, S. 303; Kübler, Aktie, S. 57. So auch Art. 19 der Kapitalrichtlinie. Vgl. Benckendorff, S. 223. Vgl. oben Seite 152 ff.

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sondern für alle Erwerbstatbestände des § 71 Abs. 1 AktG. Der Hinweis auf den aktienrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz sollte daher besser in einer eigenständigen, die Durchführung des Erwerbs und der Veräußerung eigener Aktien betreffenden Vorschrift erfolgen253. Die Kontrolle des Vorstandshandelns durch die Aktionäre wird am besten durch eine umfassende Transparenz ermöglicht. Die Pflicht zur periodischen Rechnungslegung sowie die Berichtspflicht des Vorstands nach § 71 Abs. 3 AktG geben den Aktionären einen Überblick über alle Erwerbs- und Veräußerungsvorgänge sowie den Spielraum des Vorstands für zukünftige Erwerbsvorhaben254. Darüber hinaus ist es allerdings erforderlich, die Aktionäre über ein Angebot frühzeitig und umfassend zu informieren, wenn der Erwerb eigener Aktien nicht über die Börse, sondern im Wege eines öffentlichen Angebots bzw. individuell ausgehandelten Rückerwerbs erfolgen soll. a) Rückerwerb über ein öffentliches Rückkaufangebot (Self Tender Offer) Wird der Rückerwerb im Wege eines öffentlichen Rückkaufangebotes mit einer begrenzten Laufzeit und einem begrenzten Erwerbsvolumen durchgeführt, sind die Aktionäre aufgefordert, in kurzer Zeit eine Verkaufsentscheidung zu treffen. Eine vergleichbare Problematik stellt sich beim Erwerb über die Börse nicht255. Es bedarf daher Vorkehrungen, um die Aktionäre vor einer übereilten Entscheidung zu schützen. Das US-amerikanische Recht sieht in rule 13e-4 für self tender offers umfangreiche Publizitätsvorschriften für börsennotierte Gesellschaften vor, die eigene Aktien im Wege eines öffentlichen Rückkaufangebots zurückerwerben256. Die Gesellschaft muss gegenüber der SEC unaufgefordert die für die Aktionäre wesentlichen Umstände des Rückerwerbs offen legen. Durch eine Offenlegung der Finanzierung des Erwerbs, der Auswirkungen auf die Kapitalstruktur und des Erwerbszwecks soll den Aktionären eine 253 Rosen/Helm, AG 1996, 434, 439; Benckendorff, S. 306. Dazu auch Hüffer, AktG, § 71 Rn. 19 j. 254 Martens, AG 1996, 337, 341. Es wäre jedoch zu erwägen, die Berichtspflicht des Vorstands gegenüber der Hauptversammlung ausdrücklich auf die wesentlichen Erwerbs- bzw. Veräußerungsvorgänge zu beschränken, damit die Hauptversammlung nicht mit der Berichterstattung der im Einzelfall unerheblichen Vorgänge überfrachtet wird; so Wastl, DB 1997, 461, 464; Wastl/Wagner/Lau, S. 133. 255 Es besteht kein kurzfristiger Entscheidungszwang; es werden über einen sehr langen Zeitraum sehr kleine Mengen zurückerworben. 256 Für den Erwerb über die Börse ist eine solche Regelung nicht erforderlich, da die Angaben, die im Rahmen der Regelpublizität erfolgen, als ausreichend anzusehen sind.

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optimale Anlageentscheidung ermöglicht werden257. Außerdem muss das Angebot für mindestens zwanzig Geschäftstage aufrechterhalten werden, damit nicht die der Gesellschaft nahestehenden Aktionäre bevorteilt werden. Während dieses Zeitraums dürfen die Aktionäre ihre Angebote jederzeit zurückziehen258. Auch darf die Gesellschaft während der Laufzeit des Angebots und bis mindestens zehn Tage nach Ablauf der Frist keine weiteren Rückkäufe tätigen. Die Aktionäre können die Bedingungen und die Risiken des Kaufangebots besser einschätzen und werden nicht zu einer übereilten Annahme des Angebots gedrängt. Im deutschen Kapitalmarktrecht sollte eine der rule 13e-4 entsprechende Vorschrift eingeführt werden, nach der die Gesellschaften die genannten Angaben entsprechend frühzeitig veröffentlichen müssen, wenn sie den Rückerwerb durch ein öffentliches Rückkaufangebot durchführen wollen259. Zudem ist den Aktionären ein Rücktrittsrecht während der Angebotsfrist zu gewähren und der Gesellschaft der Rückerwerb eigener Aktien außerhalb des öffentlichen Angebots zu untersagen260. Die zulässige Höhe der den Aktionären im Rahmen eines öffentlichen Rückkaufangebotes angebotenen Prämie sollte nicht durch eine starre gesetzlich Regelung erfolgen. Es kann je nach den Umständen des Einzelfalls ganz unterschiedlich zu beurteilen sein, ob die angebotene Prämie angemessen ist. Die Frage der Angemessenheit hängt sehr stark ab von den konkreten Marktbedingungen, dem Erwerbsumfang und der Dringlichkeit des Erwerbs. Die Beurteilung der Angemessenheit der angebotenen Prämie ist daher der Rechtsprechung und der Literatur zu überlassen261. Dass das öffentliche Rückkaufangebot grundsätzlich an alle Aktionäre gerichtet sein muss und im Falle einer Überzeichnung zu repartieren ist, ergibt sich bereits aus § 53a AktG. Eine gesonderte kapitalmarktrechtliche Regelung, wie in rule 13e-4(f), muss daher nicht erfolgen. Bereits aus § 53a AktG ergibt sich auch, dass bei einem dutch auction tender offer alle anbietenden Aktionäre den höchsten von der Gesellschaft akzeptierten Kaufpreis erhalten (rule 14(d)(7)). 257

Benckendorff, S. 314. Hampel, S. 62. 259 Vorgeschlagen werden auch eine Laufzeit von zwei Wochen: vgl. Rosen/ Helm, AG 1996, 434, 442. 260 Um die Einhaltung dieser Bestimmungen zu gewährleisten, wird vorgeschlagen, über die strafrechtliche Verantwortung der Vorstandsmitglieder nach § 405 Abs. 1 Nr. 4 AktG hinaus, bei einem Verstoß eine zivilrechtliche Haftung der Gesellschaft oder ihrer Vorstandsmitglieder gegenüber den benachteiligten Aktionären vorzusehen; vgl. Benckendorff, S. 308. 261 Vgl. Vorschlag oben Seite 171 ff. So auch Regierungskommission, in: Baums, Rn. 203. 258

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Der Gesetzgeber hat im WpÜG Teilaspekte des Erwerbs eigener Aktien über ein öffentliches Rückkaufangebot geregelt. Dass diese Erwerbsform nicht ausdrücklich genannt wird und zahlreiche Vorschriften wegen der in ihnen vorausgesetzten Dualität von Bieter und Zielgesellschaft insoweit keine Anwendung finden können, ist aus Gründen der Rechtssicherheit zu kritisieren. Ansonsten ergeben sich aus den Vorschriften des WpÜG zahlreiche Pflichten und Verhaltensregeln für die Gesellschaft und ihre Organe, die geeignet sind, ein faires und transparentes Angebotsverfahren zu schaffen und den Aktionären die erforderlichen Informationen für eine Kaufoder Verkaufentscheidung verschaffen. So ist etwa die Rückerwerbsentscheidung frühzeitig zu veröffentlichen (vgl. § 10 WpÜG) und es ist eine Angebotsunterlage zu erstellen, die die Angaben enthalten muss, die es den Aktionären ermöglichen soll, eine sachgerechte Entscheidung über das Angebot zu treffen (vgl. § 11 WpÜG). Das Angebot muss mindestens für zwei Wochen aufrechtgehalten werden262. Die Überwachung der gesetzlichen Regeln ist durch die Aufsicht der BAFin sichergestellt, die nach dem WpÜG auch hoheitliche Maßnahmen ergreifen und diese notfalls auch mit Zwangsmitteln durchsetzen bzw. durch die Verhängung von Bußgeld sanktionieren kann (vgl. §§ 40 ff. WpÜG). b) Rückerwerb über ein individuell ausgehandeltes Rückkaufangebot (Negotiated Repurchase) Den Aktionären ist der Inhalt des im Rahmen des individuell ausgehandelten Rückerwerbs abgeschlossenen Vertrags zugänglich zu machen und ein schriftlicher Bericht durch den Vorstand über die zentralen Eckpunkte und Auswirkungen des Vertrages zu erstatten. Eine gesetzliche Einschränkung in Form einer Höchstgrenze des Rückkaufpreises, etwa dergestalt, dass der Kaufpreis höchstens 10 v. H. über dem Börsenschlusskurs des Handelstages liegen darf, an dem es zum Vertragsschluss kommt263, ist aus den bereits genannten Gründen abzulehnen. Denn vor allem bei Paketkäufen bestehen wertbestimmende Faktoren, die auch ein deutliches Abweichen von dem Börsenkurs der Aktie rechtfertigen können. Besondere Anforderungen an den Hauptversammlungsbeschluss sind nicht zu stellen. Durch die entsprechende Geltung der § 186 Abs. 3 und 4 AktG ist die Gleichbehandlung der Aktionäre zumindest in materieller Hinsicht sichergestellt. Zudem kann die Hauptversammlung in der Erwerbsermächtigung den Rückerwerb im Wege des individuell ausgehandel262 Die Vorschrift des § 16 Abs. 1 WpÜG, die ihrem Wortlaut nach von vier Wochen ausgeht, ist insoweit teleologisch zu reduzieren; vgl. oben S. 259 ff. 263 So aber Wastl/Wagner/Lau, S. 141.

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ten Rückerwerbs ausdrücklich als mögliche Form der Durchführung ausschließen264. c) Rückerwerb zur Abwehr einer unfreundlichen Übernahme Zwar sollte der Erwerb eigener Aktien auch im Hinblick auf die Abwehr von Übernahmeangeboten grundsätzlich keinerlei Restriktionen unterliegen. Allerdings bedarf es im Interesse der Aktionäre einer frühzeitigen und umfassenden Information über den Inhalt des Übernahmeangebotes. Außerdem sollte die Abwehr des Übernahmeangebotes nur dann durch den Vorstand betrieben werden können, wenn sich die Aktionäre ausdrücklich für ein solches Vorgehen entschieden haben. Entsprechend der bereits in dem Referentenentwurf zu § 33 WpÜG zu findenden Regelung sollte der Erwerb eigener Aktien zur Abwehr unfreundlicher bzw. feindlicher Übernahmen nur dann erfolgen dürfen, wenn ein diesbezüglicher Hauptversammlungsbeschluss vorliegt, der nach der Veröffentlichung des Angebotes des Bieters gefasst wurde265. Nur durch die Verpflichtung des Vorstands und des Aufsichtsrats der Zielgesellschaft zu strikter Neutralität, einer Kompetenzverteilung zu Gunsten der Hauptversammlung und die Herstellung umfassender Transparenz werden die Rechte der Aktionäre und die Interessen der Anleger im Rahmen von Übernahmeverhandlungen in ausreichendem Maße geschützt. 3. Verbesserung des Kapitalmarkt- und Anlegerschutzes

Der Abbau gesellschaftsrechtlicher Restriktionen durch Deregulierung und Liberalisierung verlagert den Regelungsschwerpunkt auf das die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes betreffende Kapitalmarktrecht. Denn eine weitgehende Freigabe des Aktienrückerwerbs geht einher mit der Gefährdung des Kapitalmarktes und der Interessen des Anlegerpublikums266. Dabei ist auch von Bedeutung, dass die Aktionäre börsennotierter Gesellschaf264 Vgl. Wastl/Wagner/Lau, S. 139 ff., die aber verlangen, dass der Hauptversammlungsbeschluss den Erwerb im Wege des individuell ausgehandelten Rückerwerbs ausdrücklich als zulässig erklärt. 265 Dazu oben Seite 286. 266 Das gilt nur sehr eingeschränkt für nicht börsennotierte bzw. geschlossene Aktiengesellschaften. Bei ihnen wirken die disziplinierenden Kräfte des Kapitalmarktes nicht. Zudem besteht ein überwiegendes Interesse der Aktionäre an ihrer Verbandsmitgliedschaft. Eine kapitalmarktorientierte Deregulierung des Gesellschaftsrechts ist somit in aller Regel nicht möglich. Daher wird an vielen Stellen eine Differenzierung zwischen der börsennotierten und der nicht börsennotierten Aktiengesellschaft nicht zu vermeiden sein.

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ten sich zunehmend als reine Kapitalanleger betrachten, die eine Beteiligung nicht erwerben und halten, um sich aktiv am Verbandsleben zu beteiligen. Sie sind auf einen funktionsfähigen Kapitalmarkt angewiesen und bedürfen insoweit eines besonderen Schutzes267. Im deutschen Recht wurde dem Schutz der Kapitalanleger lange Zeit keine Bedeutung zugemessen. Der Schwerpunkt lag auf der gesellschafts- bzw. aktienrechtlichen Regelung des Aktienrückerwerbs. Erst durch das KonTraG wurden einige wenige den Aktienrückerwerb betreffende Bestimmungen in das WpHG und die BörsZulVO aufgenommen. Grundlage des Anlegervertrauens ist die Überzeugung, am Markt zu jedem Zeitpunkt eine rationale und in jeder Hinsicht optimale Investitionsbzw. Anlageentscheidung treffen zu können. Daher müssen die Kapitalanleger frühzeitig alle für die Entscheidungsfindung notwendigen Informationen erhalten und darauf vertrauen können, dass die Kurse nicht durch Manipulation zustande kommen. Der Anlegerschutz besteht aber auch im Interesse der Gesellschaften. Nur wenn die potentiellen Anleger mit den Marktbedingungen zufrieden sind, werden sie an dem Kapitalmarkt das für den Geschäftsbetrieb erforderliche Kapital in ausreichendem Maße zur Verfügung stellen268. Die Information der Anleger erfolgt grundsätzlich ex post im Rahmen der Rechnungslegung. Hinzu treten börsenrechtliche Publizitätspflichten sowie spezielle Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten der Gesellschaft (§§ 21 ff. WpHG). Diese Informationen erfolgen ebenfalls erst nach Abschluss des Erwerbs- bzw. Veräußerungsvorgangs und sind damit für das Anlegerpublikum bereits veraltet. Aus ihnen lassen sich zwar Rückschlüsse für das zukünftige Anlageverhalten ableiten, so dass die in der Vergangenheit getroffenen Investitionsentscheidungen korrigiert werden können. Im Zeitpunkt des Erwerbs oder der Veräußerung der Aktien standen die entsprechenden Informationen den Anlegern jedoch nicht zur Verfügung269. Auch die Ad-hoc-Publizität ist allerdings nicht geeignet, das erforderliche Maß an Transparenz herzustellen. Die Wirkung der Publizitätspflicht wird schon dadurch eingeschränkt, dass nach § 15 Abs. 3 WpHG bereits das Herstellen einer Bereichsöffentlichkeit ausreichend ist. Zudem entsteht die Veröffentlichungspflicht in der Regel erst mit dem Aktienrückkaufbeschluss des Vorstands bzw. der diesbezüglichen Zustimmung des Aufsichtsrates. Da im Anschluss unmittelbar mit der Durchführung des Rückerwerbs begonnen werden kann, ist zumindest fraglich, ob auf diese Weise den Anlegern eine rechtzeitige Informationsgrundlage für ihre Investitionsentscheidungen ge267 268 269

Vgl. Hopt, ZHR 141 (1977), S. 389, 428. Möllers, AG 1999, 433, 434. Benckendorff, S. 314 f.; Möllers, ZGR 1997, 334, 337.

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währt wird. Aus den genannten Gründen ist sie auch nur bedingt geeignet, die Anleger vor Manipulationen des Aktienkurses zu schützen270. Das US-amerikanische und das englische Recht sehen dagegen im Zusammenhang mit dem Erwerb und der Veräußerung eigener Aktien besondere Publizitäts- und Verhaltenspflichten für die Gesellschaft vor, die speziell auf die einzelnen Durchführungsvarianten zugeschnitten sind. Dort, wo der Erwerb und die Veräußerung eigener Aktien unmittelbar und nachdrücklich geeignet sind, auf das Marktgeschehen Einfluss zu nehmen, bestehen zudem besondere Verhaltensregelungen für die Gesellschaften, die verhindern sollen, dass die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes durch den Erwerb oder die Veräußerung eigener Aktien negativ beeinträchtigt wird. In den Vereinigten Staaten erfolgen die entsprechenden Regelungen durch die SEC kraft ihrer Rechtssetzungsbefugnis auf Grundlage des Securities Exchange Act von 1934. Der Vorteil besteht darin, dass die so erlassenen rules sehr umfangreich und detailliert sind und sich flexibel an zukünftige Entwicklungen anpassen lassen. Im Gegensatz zu einem bloßen Verbot wird durch die Schaffung von Transparenz und von besonderen Verhaltensregeln die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes erhalten bzw. optimiert. Der Erwerb eigener Aktien soll nicht durch gesellschaftsrechtliche Restriktionen behindert bzw. unterbunden werden, sondern es soll lediglich sichergestellt sein, dass das Marktgeschehen durch die Erwerbs- und Veräußerungsvorgänge nicht negativ beeinträchtigt wird. a) Rückerwerb im Börsenhandel (Open Market Repurchase) Erfolgt der Erwerb oder die Veräußerung eigener Aktien im Börsenhandel, werden relativ kleine Mengen eigener Aktien über einen relativ langen Zeitraum am Markt angeboten oder nachgefragt. Daran ist problematisch, dass die Gesellschaft direkt auf das Marktgeschehen und damit auf die Marktpreisbildung der eigenen Aktien einwirkt. Obwohl der Einfluss auf 270 Ebenfalls keinen wirklichen Schutz bietet die Bestandsgrenze des § 71 Abs. 2 S. 1 AktG, da bereits der Rückerwerb oder die Wiederveräußerung eines Anteils von weit weniger als 10 v. H. des Grundkapitals geeignet ist, eine Kursbeeinflussung herbeizuführen (vgl. Benckendorff, S. 313). Auch das Verbot der Einwirkung auf den Börsen- oder Marktpreis mittels auf Täuschung berechneter Mittel durch § 20a WpHG ist nur wenig geeignet, Kursmanipulationen zu verhindern, da eine Grenzziehung zwischen zulässiger Kurs- und Marktpflege und unzulässiger Kursmanipulation bei Erwerb und Veräußerung eigener Aktien nicht immer eindeutig vorzunehmen ist. Eine deutliche Verbesserung dürfte insoweit allerdings die Möglichkeit der Konkretisierung des Tatbestandes durch Rechtsverordnung nach § 20a Abs. 2 WpHG bringen (vgl. oben Seite 276).

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das tägliche Marktgeschehen und die Finanzstruktur der Gesellschaft eher als gering einzustufen ist, ist die autonome und manipulationsfreie Bildung der Preise gefährdet. Der Erwerb eigener Aktien im Börsenhandel birgt die Gefahr, dass die Gesellschaft den Rückerwerb zur gezielten Manipulation des Kurses nutzen kann, da es sich um einen anonymen Markt handelt und die Gesellschaft somit grundsätzlich unbemerkt eigene Anteile kaufen und wieder verkaufen kann. Es handelt sich weniger um eine Frage der Transparenz als vielmehr um die tatsächliche Teilnahme und Einwirkung der Gesellschaft auf die Preisbildung an der Börse. Zwar könnten die börsennotierten Gesellschaften verpflichtet werden, den Beginn und das Ende der Erwerbs- bzw. Veräußerungsmaßnahmen allen Kapitalmarktteilnehmern rechtzeitig bekannt zu machen. Auf diese Weise erlangen die Anleger Kenntnis davon, dass der Marktpreis nicht völlig unbeeinflusst zustande kommt, sondern die Gesellschaft in den Preisbildungsmechanismus des Marktes eingreift271. Die tatsächliche Einwirkung auf das Marktgeschehen wird davon jedoch nicht erfasst, so dass auf diese Weise ein Kapitalmarktschutz nicht in vollem Umfang sichergestellt werden kann. Die von der SEC erlassene rule 10b-18 des US-amerikanischen Kapitalmarktrechts sieht daher auch gerade keine Publizitätspflichten vor, sondern unterwirft den open market repurchase Einschränkungen, die eine übermäßige Beeinflussung des Aktienkurses durch den Aktienrückerwerb verhindern und das Vertrauen der Anleger in die Integrität des Kapitalmarktes schützen sollen272. Derartige Verhaltenspflichten des Vorstands bei der Durchführung des Erwerbs eigener Aktien kennt das deutsche Recht bisher nicht. Rule 10b-18 schränkt den Umfang und die zeitlichen Rahmenbedingungen des Rückerwerbs ein, um zu verhindern, dass die Gesellschaft zur Beeinflussung des Börsenkurses am Markt eine übermäßige Nachfrage vortäuscht. Dazu werden das tägliche Rückkaufvolumen beschränkt, Transaktionen in der ersten und letzten halben Stunde des Börsenhandels untersagt und Vorgaben hinsichtlich des Erwerbspreises gemacht. Außerdem dürfen die Transaktionen eines Tages nur über den gleichen Makler getätigt werden273. Im deutschen Kapitalmarktrecht sollte daher eine der rule 10b-18 entsprechende Regelung getroffen werden, die die börsennotierten Gesellschaften bei der Durchführung des Erwerbs den genannten Einschränkungen unterwirft, um auf diese Weise eine übermäßige Beeinflussung des 271

Rosen/Helm, AG 1996, 434, 439. Benckendorff, S. 312 (dort in Fn. 1498): Der Erwerb eigener Aktien unterliegt auch nicht der Pflicht zur Ad-hoc-Publizität nach Form 8-K. Vgl. dazu Gruson/ Wiegmann, AG 1995, 175 ff. 273 s. oben Seite 323 f. 272

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Marktes zu verhindern274. Über ein Verbot der Kursmanipulation hinaus hätte eine solche Regelung den Vorteil, den börsennotierten Gesellschaften genaue Vorgaben für einen Rückerwerb über die Börse machen zu können. In Form einer detaillierten Regelung könnten die Voraussetzungen in Bezug auf das Verhalten am Markt festgeschrieben werden, unter denen ein Eingriff in das Marktgeschehen als marktkonform anzusehen ist275. b) Rückerwerb außerhalb des Börsenhandels Die Gefahr einer Kursmanipulation besteht bei einem öffentlichen Rückkaufangebot nicht, da diese Form des Rückerwerbs stets ein öffentliches Angebot an alle Aktionäre voraussetzt276. Allerdings erwirbt die Gesellschaft im Wege eines öffentlichen Rückerwerbsangebots, anders als bei einem zeitlich lang gestreckten Erwerb über die Börse, in kurzer Zeit eine vergleichsweise große Anzahl eigener Aktien zurück. Daher sind die im Wege der Regelpublizität zu veröffentlichenden Angaben in diesem Fall grundsätzlich nicht ausreichend277. Zwar ist im Rahmen der Ad-hoc-Publizität gemäß § 15 WpHG der wesentliche Inhalt des Rückkaufbeschlusses des Vorstands bekanntzugeben, wobei gegebenenfalls auf die Ermächtigung der Hauptversammlung Bezug zu nehmen ist278. Eine solche Veröffentlichung kann aber den Umfang und die Auswirkungen des Rückerwerbsangebots auf die Kapital- und Finanzstruktur der Gesellschaft nicht in ausreichendem Maße transparent machen. Eine Möglichkeit, die entsprechende Transparenz zu gewährleisten, böte die Einführung einer Meldepflicht entsprechend §§ 21, 25 WpHG, nach der die börsennotierten Gesellschaften verpflichtet sind, bereits ab einem Anteil von deutlich weniger als 5 v. H. des Grundkapitals dem Bundesaufsichtsamt unverzüglich eine diesbezügliche Mitteilung zu machen279. Durch das am 20. Dezember 2001 in Kraft getretene WpÜG wird nicht nur die Information der Aktionäre der Zielgesellschaft, sondern des gesamten Anlegerpublikums herbeigeführt und zugleich auch die Transparenz am Kapitalmarkt verbessert. Durch die frühzeitige Veröffentlichung der Ent274

So auch Benckendorff, S. 313 f. Einzelheiten siehe oben Seite 273 ff. 276 Wastl/Wagner/Lau, S. 136. 277 Benckendorff, S. 315. 278 Dazu oben Seite 246 f. 279 Wastl/Wagner/Lau, S. 139 f. schlagen diesbezüglich eine Grenze von 3 v. H. vor. Dabei sollte die Schwelle anders als in § 21 WpHG nicht auf die Stimmrechte, sondern das Grundkapital Bezug nehmen, da nur so die Kapitalveränderungen tatsächlich transparent gemacht werden können. 275

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4. Teil: Deregulierung und Liberalisierung des Erwerbs eigener Aktien

scheidung des Vorstands zur Abgabe eines öffentlichen Angebots (vgl. § 10 WpÜG) und der Veröffentlichung einer umfangreichen Angebotsunterlage (vgl. § 11 WpÜG) werden die Informationen publik gemacht, die das Anlegerpublikum braucht, um eine rationale Anlageentscheidung treffen zu können280. Die Einhaltung der diesbezüglichen Pflichten der Gesellschaft und ihres Vorstands wird durch die BAFin überwacht, die ein Angebot gegebenenfalls auch untersagen kann (vgl. § 15 WpÜG). 4. Durchführung der Wiederveräußerung eigener Aktien

a) Aktionärsschutz Durch die Wiederveräußerung leben die Rechte aus den eigenen Aktien, die durch § 71b AktG neutralisiert werden, wieder auf. Neue Aktien werden jedoch nicht ausgegeben. Es wird somit lediglich der Zustand wiederhergestellt, wie er vor dem Rückerwerb der Aktien bestand. Nehmen nicht ausschließlich (Alt-)Aktionäre entsprechend ihrer bisherigen Beteiligungshöhe an der Wiederveräußerung teil, kommt es infolge der Veräußerung zu einer faktischen Beeinträchtigung der Mitgliedrechte. Der Wiederveräußerung kommt somit zumindest ein „kapitalerhöhungsähnlicher Effekt“ zu281. Zum Schutz der mitgliedschaftlichen Rechtsstellung der (Alt-)Aktionäre ist daher zu überlegen, ob den Aktionären im Rahmen der Wiederveräußerung ein ausdrückliches Bezugsrecht einzuräumen ist oder zumindest eine ausdrückliche Ermächtigung des Vorstands zur Durchführung der Wiederveräußerung durch einen Beschluss der Hauptversammlung erforderlich sein soll. Die Wiederveräußerung über die Börse stellt jedoch lediglich den status quo ante wieder her und unterscheidet sich insoweit gravierend von einer echten Kapitalerhöhung. Der Eingriff in die Aktionärsinteressen ist dementsprechend gering, zumal diese Form der Wiederveräußerung quasi in dem Erwerbsbeschluss bereits enthalten ist282. Es steht der Hauptversammlung frei, bereits in dem Ermächtigungsbeschluss eine Regelung bezüglich der Wiederveräußerung der Aktien zu treffen283. Ein gesonderter Hauptversammlungsbeschluss ist dann nicht erforderlich. Erfolgt die Wiederveräußerung außerhalb des Börsenhandels, kommt der Sicherstellung der Gleichbehandlung der Aktionäre besondere Bedeutung zu. Ein gesonderter Beschluss der Hauptversammlung, wie ihn § 186 Abs. 3 280

Zu den Einzelheiten vgl. oben Seite 259 ff. DAV, ZIP 1997, 163, 172. 282 Dazu DAV, ZIP 1997, 163, 172. Durch die Festsetzung des Erwerbszwecks ergibt sich häufig Art und Weise der Verwendung der eigenen Aktien. 283 Vgl. oben Seite 141. 281

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S. 1 AktG bereits vorsieht, ist jedoch nur erforderlich, wenn die Wiederveräußerung ohne Berücksichtigung des aktienrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes, also nur an einzelne Aktionäre oder unter Missachtung der bestehenden Beteiligungsquoten, erfolgen soll. Anderenfalls bedarf es mangels Eingriffs in die mitgliedschaftlichen Rechte der Aktionäre keines Hauptversammlungsbeschlusses284. Die Anforderungen an einen Beschluss der Hauptversammlung sollten allerdings nicht allzu hoch sein, um dem Vorstand die Wiederveräußerung nicht unnötig zu erschweren. Durch eine entsprechende Regelung sollte daher klargestellt werden, dass der Veräußerungsbeschluss zusammen mit dem Ermächtigungsbeschluss gefasst werden kann. Zudem sollte es der Hauptversammlung möglich sein, den Vorstand ohne weitere Vorgaben zu einer Abweichung vom aktienrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu ermächtigen, wobei dann eine Zustimmung durch den Aufsichtsrat zu der Durchführung der Wiederveräußerung erforderlich sein sollte285. Der Verzicht auf ein Bezugsrecht im Sinne von § 186 Abs. 1 AktG ist bei der Wiederveräußerung eigener Aktien auf den ersten Blick problematisch286. Zum Schutz der Rechtsstellung der Aktionäre besteht die Pflicht zur Gleichbehandlung nach § 53a AktG, die unbestritten auch auf die Wiederveräußerung Anwendung findet287. Erfolgt die Veräußerung über die Börse bzw. nur an einzelne Aktionäre bzw. Kapitalmarktteilnehmer, ist eine Verschiebung der Stimmrechtsanteile sowie der Anteile an Dividendenzahlungen oder dem Liquidationserlös nicht zu verhindern. Allerdings ist auch insoweit zu berücksichtigen, dass es nur zu einer Wiederherstellung des vor dem Rückerwerb bestehenden status quo ante kommt. Infolge des Rückerwerbs und der späteren Wiederveräußerung findet keine Veränderung der Beteiligungsquote der Aktionäre am gezeichneten Kapital statt. Ihnen stehen auf Grund der Neutralisierung der Rechte aus den von der Gesellschaft gehaltenen eigenen Aktien (§ 71b AktG) nur proportional mehr Rechte zu288. Zudem finden die Interessen der Aktionäre infolge des für die Abweichung von dem aktienrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes zwingend erforderlichen Hauptversammlungsbeschlusses sowie der entsprechenden Anwendung der §§ 186 Abs. 3 u. 4, 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG in ausrei284

Für eine zwingende Entscheidung über die Wiederveräußerung durch die Hauptversammlung aber Wastl, DB 1997, 461, 465; Wastl/Wagner/Lau, S. 106 ff., 131; Martens, AG 1996, 337, 343. 285 Vgl. auch DAV, ZIP 1997, 163, 172. 286 Vgl. oben Seite 205. 287 § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 AktG hat insoweit lediglich klarstellende Funktion. Die aktienrechtliche Gleichbehandlung nach § 53 a AktG findet als allgemeiner Grundsatz stets Anwendung. 288 Vgl. dazu ausf. oben Seite 205.

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chendem Maße Berücksichtigung. Ein Bezugsrecht bei der Wiederveräußerung eigener Aktien ist daher nicht erforderlich289. b) Kapitalmarkt- und Anlegerschutz Auch bei der Wiederveräußerung eigener Aktien durch die Aktiengesellschaft bedarf es im Hinblick auf den Kapitalmarkt- und Anlegerschutz besonderer Vorkehrungen, um die Transparenz des Kapitalmarktes zu verbessern und die Anleger vor einem manipulativen oder unlauteren Vorgehen bei der Durchführung der Veräußerung zu schützen. Es bietet sich daher an, börsennotierte Aktiengesellschaften zu verpflichten, die wesentlichen Daten des Wiederveräußerungsprogramms eine bestimmte Zeit vor Beginn zu veröffentlichen, damit die Kapitalmarktteilnehmer wissen, wann eine Gesellschaft auf der Anbieterseite in das Marktgeschehen eingreift und wie daher die Kursentwicklung der Aktie entsprechend zu bewerten ist290. Die Kapitalmarktteilnehmer und die Aktionäre der Gesellschaft erhalten so die Möglichkeit, die Konditionen der Wiederveräußerung zu prüfen. Dazu sollte eine börsennotierte Gesellschaft – in Anlehnung an die Zeitspanne bei einem Erwerb – mindestens zwanzig Handelstage vor Beginn der Wiederveräußerung Informationen über die Anzahl der Aktien und ihren Anteil am Grundkapital der Gesellschaft, den Beginn, den Zeitraum sowie den erwarteten Veräußerungspreis veröffentlichen. Ohne eine solche frühzeitige Ankündigung der Wiederveräußerung werden die Kapitalmarktteilnehmer u. U. von dem Angebot überrascht und können nur schwerlich die Vorteile und Risiken einer Investition prüfen, so dass ihnen eine rationale Anlageentscheidung kaum möglich sein dürfte. Eine vorherige Ankündigung ist nur dann entbehrlich, wenn die Aktien lediglich an einzelne Anleger veräußert werden sollen. Zum Schutz der restlichen Kapitalmarktteilnehmer sind die bestehenden kapitalmarktrechtlichen Publizitätspflichten sowie die Offenlegung im Rahmen der periodischen Rechnungslegung als ausreichend anzusehen. Für die Wiederveräußerung über die Börse sollten die gleichen Verhaltensregelungen gelten, wie bei dem Erwerb eigener Aktien. Im deutschen Kapitalmarktrecht sollte daher auch für die Wiederveräußerung eine der rule 10b-18 entsprechende Regelung getroffen werden291. 289

Ein Bezugsrecht der Aktionäre auf die veräußerten eigenen Aktien wird auch im US-amerikanischen Recht verneint; dazu Benckendorff, S. 309. 290 So auch schon DAV, ZIP 1997, 163, 172. 291 Zu normieren ist insbesondere eine Beschränkung des täglichen Rückkaufvolumens, das Verbot von Transaktionen in der ersten und letzten halben Stunde des Börsenhandels, die Höhe des minimalen Veräußerungspreises sowie das Gebot, die

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II. Ansatzpunkt für eine Neuregelung der Kapitalrichtlinie Die Kapitalrichtlinie steht dem zuvor dargestellten Lösungsmodell nicht entgegen. Die entsprechenden Änderungen der aktien- bzw. kapitalmarktrechtlichen Vorschriften des deutschen Rechts können daher kurzfristig vorgenommen werden. Die angesprochenen Reformmaßnahmen können allerdings nur ein erster Schritt hin zu einer modernen gesetzlichen Regelung des Erwerbs eigener Aktien sein. Die US-amerikanische Rechtsordnung verfolgt einen kapitalmarktrechtlichen Ansatz bei der Regelung des Aktienrückerwerbs. Dagegen beschränkt sich das europäische Recht auf gesellschaftsrechtliche Vorschriften. Ein Vergleich der europäischen Kapitalrichtlinie mit der entsprechenden Regelung des US-amerikanischen Rechts wirft die Frage auf, warum in der Richtlinie bis ins Detail geregelt ist, was in den Vereinigten Staaten ohne ersichtlichen Nachteil der Gesetzgebungskompetenz der Einzelstaaten überlassen bleibt. Dort besteht ein bundesweit einheitlicher Ordnungsrahmen auf Grund der kapitalmarktrechtlichen Bundesgesetzgebung und der von der SEC erlassenen secutities regulations. Auf Grund dieser Voraussetzungen konnte sich der US-amerikanische Kapitalmarkt überdurchschnittlich gut entfalten292. Mittelfristig ist daher eine Änderung der europarechtlichen Vorgaben der Kapitalrichtlinie unumgänglich. Auf EU-Ebene sind die Voraussetzungen zu schaffen, die es den Unternehmen ermöglichen, die mit dem Aktienrückerwerb verbundenen Vorteile in größerem Umfang als bisher zu nutzen, ohne dabei auf ein Mindestschutzniveau hinsichtlich der Interessen der Aktionäre und des Anlegerpublikums zu verzichten. Angesichts der positiven Erfahrungen mit der US-amerikanischen Regelung des Aktienrückerwerbs ist es geboten, den Schwerpunkt zukünftiger europarechtlicher Harmonisierungsmaßnahmen auf die kapitalmarktrechtliche Behandlung des Aktienrückerwerbs zu konzentrieren. In gesellschaftsrechtlicher Hinsicht sollte dagegen ein weiterer Abbau regulativer Vorschriften erfolgen, soweit diese nicht für die Gewährleistung eines europaweit einheitlichen Mindestschutzniveaus für die Gläubiger bzw. die Aktionäre der Gesellschaft zwingend erforderlich sind.

Transaktionen eines Tages nur über den gleichen Makler zu tätigen; vgl. oben Seite 323 f. 292 Kübler, Aktie, S. 65.

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4. Teil: Deregulierung und Liberalisierung des Erwerbs eigener Aktien 1. Abbau aktienrechtlicher Beschränkungen des Aktienrückerwerbs

Dem Finanzmanagement der Aktiengesellschaft wird durch den Abbau aktienrechtlicher Beschränkungen des Aktienrückerwerbs ein erhebliches Mehr an Beweglichkeit und Flexibilität eingeräumt. Die Erweiterung des Handlungsspielraums für den Erwerb eigener Aktien und die damit einhergehenden Vorteile für die Effizienz der Kapitalmärkte kann in erster Linie nur zu Lasten des Gläubigerschutzes erfolgen. In der US-amerikanischen Rechtsordnung wird diese Einschätzung damit begründet, dass die Gläubiger für die Sicherung ihrer Forderungen selber Sorge tragen können, etwa durch den Rückgriff auf dingliche oder persönliche Sicherheiten oder die vertragliche Festlegung des Finanzierungsverhaltens der Gesellschaft, und im Übrigen auch durch anderweitige rechtliche Vorkehrungen ausreichend geschützt sind293. Im Gegensatz zu den Gläubigern sind die Aktionäre der Gesellschaft wesentlich schutzbedürftiger: Ihre Rechte sind nicht zeitlich begrenzt, mit einem höheren Insolvenzrisiko belastet und nicht auf Verzinsung, sondern auf Gewinnbeteiligung gerichtet. Die US-amerikanischen Erfahrungen lassen zudem nicht den geringsten Hinweis auf rechtliche oder tatsächliche Probleme oder Schwierigkeiten im Hinblick auf die weitgehende Beseitigung des gesetzlichen Gläubigerschutzes erkennen294. a) Für den Rückerwerb verwendbares Gesellschaftsvermögen Bei dem Erwerb eigener Aktien kommt es, wie auch bei der Ausschüttung von Dividenden, zu einem Abfluss von Gesellschaftsvermögen an die Aktionäre. Damit steht es den Gesellschaftsgläubigern nicht mehr als Haftungsmasse zur Verfügung. Aus diesem Grund unterwirft die Kapitalrichtlinie den Aktienrückerwerb finanziellen Beschränkungen, damit es nicht zu einem Vermögensabfluss zum Nachteil der Gläubiger kommt. Im US-amerikanischen Gesellschaftsrecht wird der Aktienrückerwerb entsprechend seiner wirtschaftlichen Auswirkungen denselben finanziellen Beschränkungen unterworfen, wie sie für die Ausschüttung von Dividenden gelten. Dabei steht den Gesellschaften, soweit für sie ein Nennkapitalsystem gilt, das gesamte Gesellschaftsvermögen zur Verfügung, das die Nennkapitalziffer einschließlich der Verbindlichkeiten überschreitet, wobei die 293 Dazu Kübler, Aktie, S. 31 f. Die eigenständige Absicherung der Gläubiger geht einher mit der in den Vereinigten Staaten bestehenden Überzeugung, dass das Konzept des gläubigerschützenden Nennkapitals irreführend sei und den Gläubigern keinen effektiven Schutz zu geben vermöge; dazu Kübler, a. a. O., S. 30 f. 294 Kübler, Aktie, S. 57.

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von den Gesellschaften gewählte Nennkapitalziffer im Verhältnis zum Gesellschaftsvermögen in der Regel äußerst gering ausfällt295. Eine Beschränkung des für den Erwerb eigener Aktien verwendbaren Gesellschaftsvermögens erfolgt nur auf Grund des insolvency test. Den Ausschüttungsregelungen kommt folglich kein nennenswerter Gläubigerschutz zu296. Demgegenüber sieht die Kapitalrichtlinie in Art. 19 lit. c i. V. m. Art. 15 Abs. 1 lit. a und ihr folgend die entsprechenden Vorschriften des deutschen Rechts eine umfassende Vermögensbindung vor. Der Erwerb eigener Aktien ist dadurch nur aus dem Anteil des Gesellschaftsvermögens möglich, das das Grundkapital und die nach Gesetz und Satzung zu bildenden, nicht ausschüttbaren Rücklagen überschreitet. In Verbindung mit der grundsätzlichen Beschränkung auf voll eingezahlte Aktien sieht das von der Richtlinie verfolgte Prinzip der Kapitalerhaltung einen sehr viel weiter gehenden Schutz der zu Gunsten der Gläubiger bestehenden Haftungsgrundlage als das USamerikanische Gesellschaftsrecht vor. Eine derart restriktive Regelung ist aber nicht in jedem Fall sachgerecht. So wird bei der Bemessung des für den Aktienrückerwerb zur Verfügung stehenden Kapitals lediglich schematisch auf die Bilanz abgestellt und nicht geprüft, ob die Gesellschaft nach dem Erwerb eigener Aktien noch über ausreichende liquide Mittel verfügt, um ihre laufenden Verbindlichkeiten zu erfüllen. Auch verlassen sich die Gläubiger zunehmend weniger auf das Institut des Grundkapitals und schützen ihre Forderungen durch individuelle Vereinbarungen vor einem Ausfall. Es spricht daher einiges dafür, die für den Erwerb eigener Aktien verwendbaren Mittel nicht nur auf die freien Rücklagen zu beschränken, sondern in Anlehnung an § 30 GmbHG das gesamte Gesellschaftsvermögen zur Verfügung zu stellen, das das Grundkapital und die Verbindlichkeiten der Gesellschaft überschreitet. Allerdings sollte eine solche Regelung eingebettet werden in eine grundlegende Reform, die die einheitliche Behandlung aller denkbaren Ausschüttungsvarianten zum Ziel hat297.

295 In der Regel ist kein Mindestnennbetrag für das Nennkapital vorgeschrieben. Zulässig ist außerdem die Ausgabe von Aktien mit keinem bzw. einem zu vernachlässigenden Nennwert. Letztendlich steht damit die Höhe der Nennkapitalziffer im Ermessen der Gesellschaft. Vgl. auch Benckendorff, S. 297; Merkt, Rn. 135. 296 Dazu oben Seite 319 ff. 297 Die Aufgabe des Nennkapitalsystems sollte trotz der insoweit kritischen Haltung des US-amerikanischen Rechtssystems nicht in Erwägung gezogen werden. Allerdings ist mit Blick auf das US-amerikanische Verständnis die Überbetonung des Kapitalerhaltungsgrundsatzes im deutschen und europäischen Rechtskreis zumindest einer kritischen Überprüfung zu unterziehen; so auch Wastl/Wagner/Lau, S. 148; Benckendorff, S. 297 ff.

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b) Aufhebung der Bestandsgrenze Neben der finanziellen Beschränkung durch Art. 19 Abs. 1 lit. c i. V. m. Art. 15 Abs. 1 lit. a unterwirft die Kapitalrichtlinie den Aktienrückerwerb in ihrem Art. 19 Abs. 1 lit. b außerdem einer mengenmäßigen Beschränkung, nach der der Nennwert bzw. rechnerische Wert der von der Gesellschaft gehaltenen eigenen Aktien grundsätzlich nicht mehr als 10 v. H. des Grundkapitals betragen darf. Eine solche Begrenzung kennt das US-amerikanische Recht nicht und auch das englische Recht lässt den Erwerb ohne eine mengenmäßige Beschränkung zu, woraus deutlich wird, welch geringe Bedeutung dieser Regelung zugemessen wird. Die Beschränkung des Bestandes an gehaltenen eigenen Aktien auf 10 v. H. des Grundkapitals bietet über die zwingende Begrenzung des Rückerwerbs auf das verteilbare Nettoaktivvermögen der Gesellschaft hinaus allenfalls einen zusätzlichen mittelbaren Schutz der Gläubiger. Einen wirklich dauerhaften finanziellen Schutz der Gläubiger kann die Bestandsgrenze dagegen nicht gewährleisten. So ist es angebracht, diese aufzuheben und einen Rückerwerb bis zur Höhe der frei verfügbaren Rücklagen bzw. des Nettoaktivvermögens zuzulassen, so dass die Aktiengesellschaft ihr Vermögen, das über die Grundkapitalziffer und die gesetzlichen und satzungsmäßig zu bildenden Rücklagen hinausgeht, in vollem Umfang für den Erwerb eigener Aktien verwenden könnte298. Obwohl dadurch eine erhebliche Lockerung der Kapitalbindung im Bereich der freien Rücklagen herbeigeführt würde, dürfte eine solche Regelung auch den Gläubigerinteressen in ausreichendem Umfang Rechnung tragen. Eine Gefährdung der Interessen der Aktionäre ist durch die Aufgabe der bisherigen Bestandsbegrenzung nicht zu befürchten. Auf Grund der Pflicht zur Gleichbehandlung, dem Ausschluss der Stimmrechte aus zurückerworbenen Aktien und der Pflicht zu ihrer Neutralisierung ist der Aktionärsschutz umfassend sichergestellt. Auch eine mögliche Gefährdung der Anleger durch Insiderhandel und Kursmanipulation konnte auch schon bisher nicht durch die Bestandsgrenze des Art. 19 Abs. 1 lit. b der Kapitalrichtlinie verhindert werden. c) Zuständigkeit für den Erwerb und die Veräußerung Die Frage der organschaftlichen Zuständigkeit für den Erwerb und die Veräußerung eigener Aktien ist ausschlaggebend dafür, ob die Verwaltung 298 Es soll allerdings den Mitgliedstaaten überlassen bleiben, ob sie den Erwerb auch weiterhin auf einen bestimmten Anteil ausstehender Aktien beschränken wollen; DOK KOM(2000) 104 endg., S. 4.

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den Aktienrückerwerb tatsächlich als ein flexibles Instrument des Finanzmanagements einsetzen kann. Die Kapitalrichtlinie sieht in Art. 19 Abs. 1 lit. a für den regulären Erwerb eigener Aktien das Vorliegen eines zustimmenden Hauptversammlungsbeschlusses vor. Liegt eine entsprechende Ermächtigung des Vorstands vor, ist in der Regel eine ausreichende Flexibilität des Vorstandshandelns gegeben. Die Höchstzahl der zu erwerbenden Aktien sowie ihr niedrigster und höchster Gegenwert können großzügig festgelegt werden. Die Festsetzung eines Erwerbszecks wird von der Richtlinie nicht gefordert. Liegt eine entsprechend weitgefasste Ermächtigung seitens der Hauptversammlung vor, bietet diese dem Vorstand eine ausreichende Handlungsfreiheit. Von der SLIM-Arbeitsgruppe ist vorgeschlagen worden, Art. 19 Abs. 1 lit. a der Richtlinie dahingehend zu ändern, dass die Hauptversammlung mit einfacher Mehrheit und in den Grenzen des ausschüttungsfähigen Nettovermögens den Vorstand ermächtigten kann, eigene Aktien zum letzten Kurs zu erwerben. Weitere Formalitäten sollen nicht erforderlich sein. Eine derart weitreichende Ermächtigung soll aber nur dann möglich sein, wenn eine ausreichende kontinuierliche oder periodische Offenlegung des Aktienerwerbs gesichert ist299. Auf Grund des Verzichts auf die verbindliche Festlegung des Preisrahmens für die zu erwerbenden Aktien erhält der Vorstand ein Mehr an Flexibilität bei der Durchführung des Rückerwerbs eigener Aktien der Gesellschaft. Dennoch ist der Schutz der Aktionäre umfassend gewährleistet, denn durch die Beschränkung der Ermächtigung auf Rückkäufe zum aktuellen Kurs wird verhindert, dass der Vorstand einzelnen Aktionären zu Lasten der nichtverkaufenden Aktionäre Sondervorteile zukommen lassen kann. Außerdem können die Aktionäre in der Regel, auch wenn sie nicht an dem Rückkaufprogramm teilnehmen oder teilnehmen können, ihre Aktien zu dem von der Gesellschaft gezahlten Preis am Markt veräußern. Dadurch, dass eine kontinuierliche bzw. periodische Offenlegung gewährleistet sein muss, sind die Aktionäre trotz einer weitreichenden Ermächtigung des Vorstands zusätzlich abgesichert. Problematisch war bisher die maximale Laufzeit der Ermächtigung von achtzehn Monaten (Art. 19 Abs. 1 lit. a der Kapitalrichtlinie). Für die teilweise über mehrere Jahre laufenden Rückkaufprogramme ist ein Zeitraum von maximal achtzehn Monaten deutlich zu kurz bemessen. Demzufolge ist es erforderlich, auf der jährlich stattfindenden Hauptversammlung stets einen neuen Ermächtigungsbeschluss zu fassen. Entsprechend des Vorschlags der SLIM-Arbeitsgruppe soll die in der Kapitalrichtlinie vorgesehene Frist 299

So auch DOK KOM(2000) 104 endg., S. 5.

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auf fünf Jahre verlängert werden, so dass der Vorstand auch in zeitlicher Hinsicht mehr Flexibilität bei der Durchführung des Rückerwerbsprogramms erhält300. Da der Rückerwerb eigener Aktien ganz überwiegend zu eindeutig positiven Auswirkungen für die Aktionäre führt, ist ein Minus an Kontrolle hier hinzunehmen. Zudem kann auch bisher schon die zeitliche Grenze leicht durch aufeinanderfolgende Genehmigungen umgangen werden. Dabei muss allerdings der schwerfällige Weg über einen erneuten Hauptversammlungsbeschluss gewählt werden, was auch nützliche Transaktionen u. U. verhindert kann301. An dem Erfordernis eines Hauptversammlungsbeschlusses sollte jedoch festgehalten werden. Die damit einhergehende Beschränkung des Vorstandshandelns rechtfertigt sich auf Grund aktionärschützender Erwägungen: Der Aktienrückerwerb ist wirtschaftlich vergleichbar mit einer Kapitalherabsetzung302. Eine Kapitalherabsetzung macht gemäß Art. 30 der Kapitalrichtlinie eine Zustimmung der Aktionäre zu einer entsprechenden Satzungsänderung erforderlich. Auf diese Weise wird die Beteiligung der Aktionäre als Eigentümer der Gesellschaft und die Kontrolle des Vorstandshandelns gewahrt. Zudem verbleibt dem Vorstand auf Grund der Ausnahmetatbestände des Art. 20 Abs. 1 der Richtlinie die Möglichkeit, in bestimmten Sachverhalten, in denen eine unverzügliches Handeln erforderlich oder eine Gefährdung der Aktionärsinteressen nicht gegeben ist, auch ohne einen Beschluss der Hauptversammlung eigene Aktien zurückerwerben zu können. Für die Wiederveräußerung eigener Aktien ist ein Hauptversammlungsbeschluss dagegen nicht erforderlich303. Ein solches Erfordernis würde den Handlungsspielraum des Vorstands über Gebühr einschränken und die Möglichkeiten, die ein Bestand an eigenen Aktien bietet, ungenutzt lassen. Zudem ergibt sich die Behandlung der erworbenen eigenen Aktien häufig bereits aus dem Erwerbszweck oder aus der Erwerbsermächtigung der Hauptversammlung. Die Hauptversammlung kann außerdem ausdrücklich zu der Frage der Wiederveräußerung Stellung nehmen. Darüber hinaus wird der 300 Das entspricht auch der Fünfjahresfrist des § 202 AktG für genehmigtes Kapital als spiegelbildlichem Akt zur Kapitalherabsetzung. Benckendorff, S. 304; DOK KOM(2000) 104 endg., S. 12. Vgl. schon Martens, AG 1996, 337, 339. 301 DOK KOM(2000) 104 endg., S. 12. 302 Vgl. Kindl, DStR 1999, 1276, 1277; Huber, FS Kropff, S. 109, 110 f. 303 H.M.; s. a. Seite 194; a. A. Wastl, DB 1997, 461, 465; Wastl/Wagner/Lau, S. 106 ff., 131; ähnlich Martens, AG 1996, 337, 343: Für die Wiederveräußerung sei ein Hauptversammlungsbeschluss erforderlich, um die Interessen der Aktionäre im gebotenen Umfang zu berücksichtigen. Um die Vorteile des Aktienrückerwerbs aber durch diese im Interesse der Aktionäre sinnvolle Formalität nicht ohne Not zu erschweren, soll dieser Beschluss auch mit dem Beschluss über die Erwerbsermächtigung, also bereits vor Rückerwerb, verbunden werden können.

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Schutz der Aktionäre auch durch eine dem § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 3 und 5 Hs. 1 AktG entsprechende Regelung in ausreichendem Maße garantiert304. Ein generelles Erfordernis eines Hauptversammlungsbeschlusses für die Veräußerung eigener Aktien ist aus den genannten Gründen somit abzulehnen305. d) Finanzielle Unterstützung des Aktienrückerwerbs Der Vorschlag der SLIM-Arbeitsgruppe sieht vor, das Verbot der finanziellen Unterstützung des Erwerbs eigener Aktien entweder auf den Betrag des ausschüttungsfähigen Nettovermögens oder auf die Zeichnung neuer Aktien zu beschränken. Dadurch soll das Unterstützungsverbot auf ein praktikables Mindestmaß reduziert werden306. Die Gefahr bei der Unterstützung des Erwerbs eigener Aktien durch einen Dritten besteht in der möglichen Umgehung des Verbots des originären Erwerbs nach Art. 18 oder der Voraussetzungen des Erwerbs nach Art. 19 der Richtlinie, indem sich ein Dritter (zunächst) bereiterklärt, die Aktien für die Gesellschaft zu halten. Selbst eine finanzielle Unterstützung, die erst nach Abschluss des Erwerb erfolgt, ist nach dem Wortlaut des Art. 23 („im Hinblick auf den Erwerb“) unzulässig, auch wenn der Erwerb für die Gesellschaft selbst nach Art. 19 oder 20 der Kapitalrichtlinie möglich gewesen wäre. Es wird deutlich, dass es nicht nur um Umgehung, sondern auch um einen eigenständigen Kapitalschutz geht307. Die von der SLIM-Arbeitsgruppe vorgeschlagene Beschränkung des Unterstützungsverbots auf die Zeichnung eigener Aktien würde bedeuten, dass die Gesellschaft nicht gehindert wäre, sich mit gezeichnetem Kapital oder eigenen Rücklagen an der eigenen Übernahme durch die finanzielle Unterstützung des derivativen Erwerbs der eigenen Aktien zu beteiligen308. Die eigentliche Problematik liegt darin, dass damit die Heranziehung des Unternehmensvermögens der Zielgesellschaft für die Finanzierung der Über304 Vgl. auch DOK KOM(2000) 104 endg., S. 4 f., wo der ausdrückliche Hinweis erfolgt, dass die Gleichbehandlung und Transparenz gewährleistet sein muss. 305 So auch Benckendorff, S. 310. 306 DOK KOM (2000) 56 endg., S. 5. Dazu Drygala, AG 2001, 291, 295. 307 Klaas, S. 131 ff. Bei der Darlehensgewährung oder Sicherheitsleistung im Sinne von Art. 23 erlangt die Gesellschaft einen Anspruch gegen den Erwerber, der in der Bilanz aktivierbar ist und bei dem die Gefahr besteht, dass er später uneinbringlich wird. Der Schutz des Gesellschaftsvermögens wird damit in „das Vorfeld bloßer Gefährdung“ ausgedehnt. Vgl. Hüffer, AktG, § 71a Rn. 3 mit Nachw.; Drygala, AG 2001, 291, 296 mit Nachw. 308 Anders Drygala, AG 2001, 291, 295: Der Vorschlag begrenze die finanzielle Unterstützung beim Erwerb eigener Aktien auf den Wert der Aktien. Die Gesellschaft wäre also nicht daran gehindert, sich an der eigenen Kapitalerhöhung zu beteiligen.

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nahme selbst möglich wird (sog. „leveraged buyout“)309. Angesichts der weitreichenden wirtschaftlichen Auswirkungen einer solchermaßen finanzierten Übernahme sollte einer Gesellschaft jedoch nur dann die Finanzierung des fremden Aktienrückerwerbs mit den gesamten ausschüttbaren Reserven gestattet werden, wenn sichergestellt ist, dass ein liberalisierter Art. 23 als Höchststandard ausgestaltet ist, damit die Finanzierungsmethode in allen Mitgliedstaaten gleichermaßen zwingend anwendbar ist und es so nicht zu einer wirtschaftlich nachteiligen Segmentierung des Marktes für Unternehmenskontrolle kommen kann310. Würde die finanzielle Unterstützung dagegen auf den Betrag des ausschüttungsfähigen Nettovermögens beschränkt, wäre ein leveraged buyout nur in Abhängigkeit von den vorhandenen ausschüttungsfähigen Mitteln bei der Zielgesellschaft möglich. Im Umkehrschluss zu der zuvor dargestellten Alternative wäre hiernach allerdings die finanzielle Unterstützung der Teilnahme eines Dritten an der eigenen Kapitalerhöhung bis zur Höhe der ausschüttungsfähigen Mittel möglich. Eine Änderung ist auch insoweit nur denkbar, wenn die Regelung als Höchststandard ausgestaltet wird. 2. Verbesserung des Anleger- und Kapitalmarktschutzes

Der weitgehende Abbau gesellschaftlicher Beschränkungen des Aktienrückerwerbs hat zur Folge, dass die Gesellschaft durch den Erwerb und die Veräußerung eigener Aktien sehr viel nachdrücklicher Einfluss auf die Preisbildungsmechanismen des Kapitalmarktes nehmen kann. Den daraus erwachsenden Gefahren für die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes und das Anlegervertrauen kann durch gesteigerte Anforderungen an die kapitalmarktrechtliche Transparenz sowie die Vorgabe kapitalmarktrechtlicher Verhaltensregeln entgegengewirkt werden. Die Transparenz des Kapitalmarktes lässt sich insbesondere durch die Information der Anleger im Vorfeld der Durchführung des Aktienrückerwerbs verbessern. Es muss den Marktteilnehmern deutlich werden, wann der Aktienkurs durch die Nachfrage der Gesellschaft selber beeinflusst ist und wann es sich um einen ohne das Einwirken der Gesellschaft unter den Marktteilnehmern gebildeten Kurs handelt. Durch besondere Verhaltenspflichten für den Rückerwerb über die Börse kann die Gefahr der missbräuchlichen Kursbeeinflussung durch die 309 Es handelt sich um eine kreditfinanzierte Unternehmensübernahme, die aus den Mitteln der Zielgesellschaft gespeist wird. Den zur Übernahme erforderlichen Überbrückungskredit führt der Übernehmer aus den Reserven der Zielgesellschaft zurück, so dass letztlich die Zielgesellschaft die eigene Übernahme zumindest teilweise bezahlt. Zu dieser Finanzierungsform vgl. Blair, S. 40 ff. Zum leveraged buyout vgl. auch Lutter/Wahlers, AG 1989, 1 ff.; Peltzer, DB 1987, 973. 310 Vgl. auch Drygala, AG 2001, 291, 294.

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Gesellschaft weitgehend ausgeschlossen werden. Schließlich ist eine effektive staatliche Kontrolle der Publizitäts- und Verhaltenspflichten erforderlich, wobei auch die Möglichkeit bestehen muss, bei Verstößen Sanktionen aussprechen zu können. Solange solche flankierenden Regelungen im europäischen Kapitalmarktrecht aber noch nicht vorhanden sind, kann eine Deregulierung, insbesondere im Hinblick auf die Aufhebung der Bestandsgrenze des Art. 19 Abs. 1 lit. b der Kapitalrichtlinie auf Grund der Gefahren für den Anleger- und Kapitalmarktschutz nicht befürwortet werden311. Die erforderliche Transparenz lässt sich vor allem durch umfassende Publizitäts- und Berichtspflichten herstellten. Dabei ist der Entstehenszeitpunkt einer solchen Pflicht möglichst früh zu wählen, damit die Anleger ausreichend Zeit haben, anhand der erhaltenen Information eine rationale Entscheidung über ihr weiteres Vorgehen zu treffen. Hinsichtlich der Einzelheiten kann auf die zum deutschen Recht erörterten Deregulierungsvorschläge verwiesen werden. Vergleichbare kapitalmarktrechtliche Regelungen können auch durch europäisches Richtlinienrecht geschaffen werden. Eine Rechtsetzung auf europäischer Ebene garantiert zumindest ein einheitliches Mindestschutzniveau in den Mitgliedstaaten. Ein gemeinsamer europäischer Kapitalmarkt, der im Wesentlichen von den kapitalmarktrechtlichen Rahmenbedingungen getragen wird, kann sich jedoch nur herausbilden, wenn durch Richtlinienrecht nicht bloß eine Rechtsanpassung erfolgt. Es sind vielmehr rechtsvereinheitlichende, auf die Herstellung eines einheitlichen Standards gerichtete Maßnahmen erforderlich. Bei der Einführung spezieller kapitalmarktrechtlicher Regelungen für den Aktienrückerwerb und einzelner Rückerwerbsformen muss daher sichergestellt sein, dass diese Regelungen in allen Mitgliedstaaten der EU zur Anwendung kommen und auf diese Weise ein einheitliches Schutzniveau gewährleistet wird. Könnten einzelne Mitgliedstaaten einseitig von den aufgestellten Vorgaben abweichen, würden eine Harmonisierung der Schutzbestimmungen und die Herausbildung eines einheitlichen europäischen Kapitalmarktes in weite Ferne rücken. Denn in dem Maße, in dem die Spielräume für nationale Besonderheiten vergrößert werden, in dem Maße werden die Mitgliedstaaten von den Vorgaben abweichen, wie es ihnen opportun erscheint312.

311 312

So auch Drygala, AG 2001, 291, 297. Drygala, AG 2001, 291, 299.

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D. Fazit Dem deutschen Gesetzgeber bieten sich im Rahmen der Vorgaben, die die Kapitalrichtlinie aufstellt, zahlreiche Ansatzpunkte für eine Deregulierung des Aktienrückerwerbs. Neben einer Vielzahl von Detailproblemen, die in der Praxis allerdings von großer Relevanz sein können, sind dies insbesondere die Beseitigung der Erwerbsschranke und des Handelsverbots im Rahmen des Erwerbs nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG sowie die Einführung von „Vorratskapital“, um die Bestandsschranke des Art. 19 Abs. 1 lit. b der Kapitalrichtlinie zu umgehen, sowie die Einführung rückerwerbbarer Aktien im Sinne von Art. 39 der Kapitalrichtlinie. Der Abbau aktienrechtlicher Schranken des Aktienrückerwerbs muss jedoch einhergehen mit einer deutlichen Verbesserung des Aktionärsschutzes und des Kapitalmarkt- und Anlegerschutzes, was eine umfassende Publizität und Transparenz, insbesondere im Vorfeld der Durchführungshandlungen, sowie die Schaffung detaillierter Verhaltensregelungen – für den Erwerb im Börsenhandel – erfordert. Auf diese Weise kann insbesondere bei der börsennotierten Aktiengesellschaft der Schutz der Aktionäre – in ihrer Eigenschaft als Kapitalanleger – sehr viel wirksamer sichergestellt werden, als durch die bisherige gesellschaftsrechtliche Regelung. Die disziplinierenden Kräfte des Kapitalmarktes wirken jedoch nicht für die nicht an der Börse notierten Aktiengesellschaften, für die kein Markt für Mitgliedschaften besteht. Bei diesen bedürfen die Minderheiten eines verstärkten Schutzes, da ihnen die Möglichkeit fehlt, ihre Interessen durch den Kauf bzw. Verkauf ihrer Anteile durchsetzen könnten313. Eine Reform der Kapitalrichtlinie würde es ermöglichen, den Erwerb und die Veräußerung eigener Aktien in Anlehnung an die in den Vereinigten Staaten bestehende Regelung umfassend neu zu regeln. Kernstück einer solchen Reform sollte, neben dem Abbau aktienrechtlicher Hemmnisse, die Orientierung an kapitalmarktpraktischen Erwägungen sein. Die Abschaffung der Bestandsgrenze sowie die Lockerung der inhaltlichen Erfordernisse und die deutliche Ausdehnung der Laufzeit eines Ermächtigungsbeschlusses, um nur die herausragenden Vorschläge zur Deregulierung der aktienrechtlichen Voraussetzungen zu nennen, sind im Hinblick auf den Kapitalmarkt- und Anlegerschutz nur zu verwirklichen, wenn damit eine Verbesserung der Transparenz sowie der Ausbau des kapitalmarktrechtlichen Schutzes und dessen Abstimmung mit den aktienrechtlichen Bestimmungen einhergehen.

313

Dazu Mertens, AG 1990, 49, 52; Claussen, AG 1991, 10, 14.

Zusammenfassende Schlussbetrachtung Die Reform des Aktienrückerwerbs durch das KonTraG kann nur als ein erster Schritt hin zu einer dringend erforderlichen Erweiterung des Handlungsspielraums der Aktiengesellschaft bei der Unternehmensfinanzierung gewertet werden. Um die Vorteile des Aktienrückerwerbs für die Unternehmen und den Kapitalmarkt in weitaus größerem Umfang als bisher zu erschließen, bedarf es weiterer Deregulierungs- und Liberalisierungsanstrengungen. Angesichts der US-amerikanischen Regelung des Aktienrückerwerbs und der Bestandsaufnahme der dortigen Kapitalmarktbedingungen wird deutlich, dass die in diesem Zusammenhang vorgebrachten rechtskonstruktiven Bedenken unbegründet sind. Daher rücken auch hierzulande die mit dem Aktienrückerwerb verbundenen Vorteile für die Unternehmen und den Kapitalmarkt deutlich in den Vordergrund des Interesses. Allerdings kann es durch eine weitgehende Freigabe des Aktienrückerwerbs auch zu Transaktionen kommen, die geeignet sind, die Interessen der Aktionäre sowie die Funktionsfähigkeit den Kapitalmarkt und die Kapitalanleger merklich zu beeinträchtigen. Es sind daher Vorkehrungen erforderlich, um die Risiken für die Aktionäre und den Kapitalmarkt- und Anlegerschutz weitgehend zu minimieren. Der zunehmenden Fokussierung auf den Kapitalmarkt entspricht auch die generelle Tendenz des US-amerikanischen Gesellschaftsrechts, nicht so sehr die Gesellschaftsgläubiger als Geber des Fremdkapitals, sondern vor allem die Aktionäre und Anleger zu schützen, von denen Eigenkapital erwartet wird. Diese Verlagerung der rechtspolitischen Gewichtung entspricht der ökonomischen Einsicht, dass Anleger stärker schutzbedürftig sind als Gläubiger1. Nur wenn dem Gläubigerschutz ein weitaus geringeres Gewicht als bisher beigemessen wird, eröffnet sich der rechtliche Spielraum für den Gesetzgeber, um im Rahmen einer Reform die Vorteile des Aktienrückerwerbs in vollem Umfang erschließen zu können. Dazu ist das bisherige Gläubigerschutzniveau abzusenken und im Gegenzug der Schutz der Aktionärsinteressen und insbesondere der Anleger und des Kapitalmarktes deutlich zu verbessern. Der Abbau gesellschaftsrechtlicher Schutzbestimmungen ist durch gesteigerte kapitalmarktrechtliche Anforderungen an die Transparenz sowie spezielle Verhaltensregelungen für 1

Ausf. Kübler, Aktie, S. 35, 56, 57 f. u. 65.

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Zusammenfassende Schlussbetrachtung

die Durchführung des Rückerwerbs und der Wiederveräußerung zu kompensieren. Insgesamt wird deutlich, dass sowohl für das deutsche wie auch für das europäische Aktienrecht in der Frage des Aktienrückerwerbs ein beträchtlicher Nachhol- und Modernisierungsbedarf besteht. Dabei geht der Anpassungsdruck vor allem von der zunehmenden Europäisierung und Internationalisierung der bislang nationalen Kapitalmärkte aus2. Auffällig ist insbesondere, dass es das US-amerikanische Recht der Gesetzgebungskompetenz der Einzelstaaten überlässt, die gesellschaftsrechtlichen Rahmenbedingungen für den Aktienrückerwerb zu setzen, während in der EU die Kapitalrichtlinie hier detaillierte Vorgaben macht. Andererseits sieht in den Vereinigten Staaten das bundesrechtliche Kapitalmarktrecht umfangreiche Regelungen zum Schutz des Kapitalmarktes und des Anlagepublikums vor. Vergleichbare kapitalmarktrechtliche Regelungen sind hierzulande nicht ersichtlich. Die gesellschaftsrechtliche Deregulierung kann nur gelingen, wenn sie nach US-amerikanischen Vorbild umfassend kapitalmarktrechtlich abgestützt wird. Dadurch kommt es in quantitativer Hinsicht zwar lediglich zu einer Verlagerung der Regulierung in den Bereich des Kapitalmarktrechts3. Es geht aber nicht allein um eine mengenmäßige Verringerung der Normen, sondern auch um eine qualitative Deregulierung, die durch eine Gesetzesoptimierung, Gesetzesverlagerung und den Verzicht auf Neuregulierung erreicht werden kann. Obwohl der deutsche Gesetzgeber mit dem KonTraG den Spielraum, den die Kapitalrichtlinie eröffnet, bereits weitgehend ausgeschöpft hat, verbleibt ihm dennoch die Möglichkeit zu einem weiteren Abbau von Beschränkungen. Dabei können sämtliche im Zusammenhang mit dem Aktienrückerwerb diskutierte Risiken durch entsprechende gesetzliche Regelungen weitgehend reduziert werden. Die gesellschaftsrechtlichen Deregulierungsbemühungen können jedoch nur dann Erfolg haben, wenn sie durch entsprechende kapitalmarktrechtliche Vorkehrungen zum Schutz der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes und des Anlegerpublikums durch gesteigerte Anforderungen an die Transparenz sowie spezielle Verhaltensregelungen bei dem Rückerwerb und der Wiederveräußerung über die Börse flankiert werden. Diese Regelungen sind an die einzelnen Rückerwerbs- und Veräußerungsmethoden individuell anzupassen und entsprechend fortzuentwickeln, um deren Besonderheiten Rechnung zu tragen. Die Schaffung adäquater Rahmenbedingungen ist jedenfalls dann unverzichtbar, wenn sich der deutsche bzw. der europäische Gesetzgeber entschließen sollte, die Bestandsobergrenze von 10 v. H. aufzugeben. Infolge einer Aufgabe der Bestands2 3

Vgl. Kübler, Aktie, S. 65. So Drygala, AG 2001, 291, 297.

Zusammenfassende Schlussbetrachtung

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grenze kann die Gesellschaft auch großvolumige oder langandauernde Rückkäufe über die Börse tätigen. Es besteht auf Grund der damit einhergehenden Risiken die Notwendigkeit, die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes mit dem Mitteln des Kapitalmarktrechts aufrecht zu erhalten. Eine lediglich punktuelle Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen hinsichtlich des Aktienrückerwerbs wäre für sich genommen aber nicht ausreichend. Die Liberalisierung des Aktienrückerwerbs durch das KonTraG ist vielmehr in einem engen inneren Zusammenhang zu den bereits verabschiedeten und noch weiter geplanten Reformen, wie dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG)4, der Absenkung des Nennbetrags der Aktien, dem Gesetz für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts5, dem Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetz (KapAEG)6, dem Dritten und dem Vierten Finanzmarktförderungsgesetz7, dem Kapitalgesellschaftenund Co-Richtlinie-Gesetz (KapCoRiLiG)8, dem Namensaktiengesetz (NaStraG)9 dem Transparenz- und Publizitätsgesetz10 sowie dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG)11 zu sehen, die insgesamt das Ziel haben, Deutschland zu einem leistungsfähigen und attraktiven Wirtschaftsstandort und Finanzplatz auszubauen. Weitere Modernisierungsimpulse gehen von dem Bericht der Regierungskommission „Corporate Governance“ aus, der zahlreiche Empfehlungen zum Ausbau der Stärken und zur Behebung identifizierter Defizite des deutschen Unternehmensrechts und des Systems der Unternehmensführung enthält12. Gleiches gilt auf europäischer Ebene, wo sich die EU-Kommission mit Hilfe der SLIM-Arbeitsgruppe um eine deutliche Vereinfachung und Modernisierung des europäischen Gesellschaftsrechts bemüht. Im Hinblick auf die fortschreitende Europäisierung und Internationalisierung sämtlicher Kapitalmarktaktivitäten und der Kapitalmärkte selber ist 4

Gesetz über den Wertpapierhandel v. 9.9.1998, BGBl. I 1998, 2708. Gesetz für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts v. 2.8.1994, BGBl. I 1994, 1961. 6 Gesetz zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Konzerne an Kapitalmärkten und zur Erleichterung der Aufnahme von Gesellschafterdarlehen v. 20.4.1998, BGBl. I 1998, 707. 7 Nachw. in Fn. 607 (3. Teil). 8 Gesetz zur Durchführung der Richtlinie des Rates der Europäischen Union zur Änderung der Bilanz- und Konzernbilanzrichtlinie hinsichtlich ihres Anwendungsbereichs (90/605/EWG), zur Verbesserung der Offenlegung von Jahresabschlüssen und zur Änderung anderer Handelsrechtlicher Bestimmungen; BGBl. I 2000, 154. 9 BGBl. I 2001, 123. 10 Gesetz zur weiteren Reform des Aktien- und Bilanzrechts, zu Transparenz und Publizität; RegE v. 8.2.2002, BR-Drucks. 109/02. 11 Nachw. in Fn. 501 (3. Teil). 12 Vgl. auch die Begr. RegE zum 4. FFG, BT-Drucks. 14/8017, S. 62. 5

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Zusammenfassende Schlussbetrachtung

einer umfassenden Neuregelung des Aktienrückerwerbs und seiner kapitalmarktrechtlichen Behandlung durch eine Reform der Kapitalrichtlinie der Vorzug zu geben. Das würde es insbesondere ermöglichen, einheitliche, europaweit geltende Mindeststandards zum Schutz des Kapitalmarktes und der Anleger aufzustellen. Zudem würde die Herausbildung eines gesamteuropäischen Kapitalmarktes wesentlich gefördert. Ein Richtlinienvorschlag der EU-Kommission sollte sich dabei an dem US-amerikanischen Vorbild orientieren, ohne dieses aber kritiklos zu übernehmen. Die Verknüpfung und Synchronisierung von Kapitalmarkt- und Gesellschaftsrecht wird in Zukunft noch deutlich stärker an Bedeutung gewinnen, als dies bereits der Fall ist13. Dadurch wird in erster Linie der veränderten Stellung des Aktionärs als Kapitalanleger und der zunehmenden Globalisierung der Kapitalmärkte Rechnung zu tragen. Es hat sich aber gezeigt, dass die Verbindung dieser beiden Rechtsgebiete nicht voraussetzt, dass alle systematischen Unterschiede eingeebnet werden oder gar der gesellschaftsrechtliche Standard auf ein Minimum abgesenkt wird. Das Aktienrecht ist vielmehr dergestalt weiterzuentwickeln und zu flexibilisieren, dass es kapitalmarktlichen Bedürfnissen nicht im Wege steht und die Attraktivität des deutschen bzw. europäischen Kapitalmarktes sowie der Aktie als Anlageform für ausländische und international agierende Kapitalanleger und Investoren nicht beeinträchtigt wird14. Eine vollständige Deregulierung oder die Aufgabe zwingender Regelungen des Aktienrechts ist auch schon deswegen nicht möglich, weil kapitalmarktrechtliche Mechanismen und Regelungen nicht vor sämtlichen aufgezeigten Risiken des Erwerbs eigener Aktien schützen können. Andererseits kann die zunehmende Herausbildung eines mit dem hergebrachten Aktienrecht abgestimmten Kapitalmarktrechts dafür sorgen, dass der Anlegerschutz nicht mehr durch die abstrakt-generellen zwingenden Normen des Aktienrechts erfolgen muss. Anstelle eines Systems zwingender Regelungen können die verbleibenden Risiken gesellschaftsrechtlich durch flexible Treuepflichten des Vorstands und kapitalmarktrechtlich durch eine verbesserte Transparenz sowie spezielle Verhaltenspflichten aufgefangen werden15. Schließlich führen diese Überlegungen zu einer weiteren Beobachtung, die im Hinblick auf die zukünftige Entwicklung der Rechtsform der Aktiengesellschaft von einiger Bedeutung sein wird: Das Kapitalmarktrecht greift 13 Vgl. nur Mülbert, passim; Escher-Weingart, S. 22 ff.; Lutter, in: FS Zöllner, S. 363 ff.; Hommelhoff, in: FS Lutter, S. 95, 99 ff.; Fleischer/Körber, BB 2001, 2589, 2593. 14 Möllers, AG 1999, 433, 441; Schiessl, AG 1999, 442, 443. 15 Spindler, AG 1998, 53, 73.

Zusammenfassende Schlussbetrachtung

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zunehmend segmentierend in das bestehende Aktienrecht ein. So gelten für börsennotierte Gesellschaften bereits heute zahlreiche zusätzliche Regelungen und Grundsätze, und zwar nicht nur an der Börse, sondern auch im Aktienrecht selber16. Zumindest im Bereich der börsennotierten Gesellschaften können daher gesellschaftsrechtliche Schutzinteressen zurückgenommen werden, wenn der Kapitalmarkt und das diesen konstituierende Kapitalmarktrecht einen gleichwertigen Schutz garantieren kann. Das liegt insbesondere daran, dass die Aktionärsdemokratie weitgehend auf dem Kapitalmarkt stattfindet17. Für die nicht börsennotierten Aktiengesellschaften wirken die disziplinierenden Kräfte des Kapitalmarktes dagegen nicht: Dort, wo kein Markt für Mitgliedschaften besteht, bedürfen die Minderheiten eines verstärkten Schutzes, denn ihnen fehlt ein Markt, an dem sie ihre Interessen durch den Kauf bzw. Verkauf ihrer Anteile durchsetzen könnten. Bei den nicht börsennotierten Aktiengesellschaften ist eine kapitalmarktorientierte Deregulierung des Gesellschaftsrechts in der Regel nicht möglich. Bei diesen Gesellschaften wird daher an vielen Stellen an dem bisherigen System festzuhalten sein18. Letztendlich führt diese Entwicklung dazu, dass in Zukunft verstärkt zwischen der börsennotierten Aktiengesellschaft einerseits und der geschlossenen bzw. „kleinen“ Aktiengesellschaft andererseits unterschieden werden muss, obwohl beide Ausprägungen der Aktiengesellschaft auch weiterhin unter dem Dach des Aktiengesetzes zusammengefasst sind19. Die vorgeschlagenen Deregulierungsmaßnahmen im Bereich des Aktienrückerwerbs können sich dieser Entwicklung nicht verschließen; sie tragen ihrerseits sogar zu der Vertiefung der Spaltung zwischen börsennotierten und nicht börsennotierten Aktiengesellschaften innerhalb der einheitlichen Rechtsform der Aktiengesellschaft bei.

16 Vgl. auch Lutter, in: FS Zöllner, S. 363 ff; Böcking/Orth, DB 1998, 1873 ff. Zur Differenzierung zwischen „börsennotierten“ und sonstigen Kapitalgesellschaften s. Böcking/Orth, DB 1998, 1873. 17 Siehe oben Seite 53 ff. 18 Lutter, in FS Zöllner, S. 363, 372 ff.; Drygala, AG 2001, 291, 297. 19 Lutter, in: FS Zöllner, S. 363, 383; Hommelhoff, ZGR 2000, 748, 769 ff.; M. Weber, NJW 2000, 3461, 3470.

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Sachregister Aktienrecht 48 – Gegenstand und Regelungszweck 49 – Kapitalmarktorientierung 55–56 Aktienrückerwerb 127 – Ad-hoc-Publizität 222, 233, 246– 247, 249–250, 258, 267, 270, 301, 374, 377 – Bestandsschranke 150, 290, 335, 347, 360–361, 364, 390 – Bewertung 104 – Bilanzierung 123, 208, 211 – Dogmatische Bedenken 129 – Einlagenrückgewähr 84, 87, 92, 131, 151, 171, 176, 183, 187, 192, 206, 339, 343 – Empirische Daten 43, 106, 307 – Englisches Recht 326 – Gesellschaftsrechtliche Regelung 328 – Kapitalmarktrechtliche Regelung 331 – Ermächtigungsbeschluss 106, 134, 137, 145, 177, 245–246, 285–286, 288, 291, 347, 358, 363, 377 – Erwerbsmethoden 96, 122, 151, 156, 159, 278, 335 – Erwerbspreis 87, 92, 171, 175 – Erwerbsschranken 143 – Erwerbsvolumen 139, 143–144, 291, 358, 370 – Erwerbszweck 134, 136, 140, 144, 146, 179, 206, 211, 290, 292, 298, 358, 366, 369, 386 – Erwerbstatbestände 119, 128, 131, 177, 180, 370 – Finanzielle Unterstützung 186, 387

– Gleichbehandlung der Aktionäre 96, 111, 119, 152, 157, 166, 168, 196–197, 208, 213, 220–221, 264, 331–332, 349, 372, 378–379, 384 – Gründe 67 – Grundlagen 58 – Handelsverbot 141, 143–144, 211, 272, 359–360 – Historische Entwicklung 58 – Inpfandnahme 125, 188 – Insidertatsache 229 – Instrument des Finanzmanagements 37, 68, 318, 363, 385 – Kapitalgrenze 118–119, 142, 198– 200, 209, 363 – Kapitalmarktrecht 215, 269 – Kapitalschutz 130 – Mitgliedsrechte 123, 183, 263 – Mittelbare Stellvertretung 187 – Ökonomische Analyse 309 – Publizität und Transparenz 207, 215, 251, 354, 390 – Rechtsfolgen unzulässigen Erwerbs 183 – Tochtergesellschaft 189, 367 – Übernahmeabwehr 286 – Übernahmefinanzierung 296 – Umgehungstatbestände 186 – US-amerikanisches Recht 315 – Aktionärsschutz 321 – Gesellschaftsrechtliche Regelung 318 – Gläubigerschutz 319 – Kapitalmarktrechtliche Regelung 323 – Veränderung der Beteiligungsverhältnisse 76, 80, 253 – Veräußerungspflichten 184

Sachregister

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Bestandsschranke 348, 384, 389 Beteiligungsverhältnisse – Geschlossene Aktiengesellschaften 79 – Going Private 79, 326 – Mitarbeiterbeteiligung 77 – Shareholder Serving Costs 78 – Übernahmeabwehr 76 – Unternehmenskontrolle 76 Bilanzierung 123, 208, 211 – Angaben im Bilanzanhang 208, 210, 239 – Tochtergesellschaft 211 Börsenkurs 72

Eigenkapitalrendite 69–70 Einlagenrückgewähr 92 Erwerbsgründe 67 – Finanzmanagement 37, 68, 318, 363, 385 – Kreditinstitute 81 – Übernahmefinanzierung 81, 204, 298 – Venture Capital 80 – Veränderung der Beteiligungsverhältnisse 76, 80, 253 Erwerbspreis 87, 92, 171, 175 Erwerbsrisiken 82 – Aktionäre 93 – Gesellschaft 82 – Gläubiger 84, 92, 135, 340 – Kapitalaufbringung 86 – Kapitalerhaltung 87 – Kapitalmarkt 98, 149, 217 Europäisches Recht 63, 216, 281

Contigent Purchase 332 Corporate Governance 342, 351, 354, 356, 366–367

Finanzmanagement, Kursbeeinflussung 98 Fixed Price Tender Offer 160

Deregulierung 304, 306, 356 – Aktiengesetz 357, 382 – Aktionärsschutz 369, 390 – Anleger- und Kapitalmarktorientierung 339 – Ansatzpunkte 338 – Bedeutung 304 – Flexibilisierung des Kapitalmanagements 338 – Gesamtwirtschaftliche Auswirkungen 306 – Gesellschaftsrecht 357 – Kapitalmarkt- und Anlegerschutz 373, 388 – Kapitalrichtlinie 381 – Reformvorhaben 341 Dividendenalternative 70 Dutch Auction Tender Offer 161

Generaldirektion Binnenmarkt 355 Gesamtkapitalrendite 69 Gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen 37 Going Private 79, 326 Grundkapital 84–85

– Wechselseitige Beteiligungen 191 – Zulässigkeit 105–106, 115, 130, 132, 217 Aktionsplan der EU-Kommission 354 Aufsichtsrat 200, 242, 379

High Level Group 351 Informationsasymmetrien 73, 217, 220 Insiderhandel 51, 98, 101, 105, 217, 219, 222, 226, 231–232, 237, 250, 361, 384 Insiderrecht 219 – Ad-hoc-Publizität 222, 233, 237, 240, 246–247, 249–250, 258, 267, 270, 301, 374, 377

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Sachregister

– Insiderhandelsverbot 222, 227, 232, 246, 250, 269, 272, 301 – Kursbeeinflussungspotential 227, 229–230, 232–234, 243 – Regelungssystematik 221 – Schadenersatzpflicht 248 – Tatsachenbegriff 223–224, 230, 237 – Unterrichtungspflicht 249 Kapitalherabsetzung 72 Kapitalmarkt 37, 48 – Begriff 37 – Funktionen 40 – Funktionsfähigkeit 98, 149, 217 – Gesamtwirtschaftliche Bedeutung 38–39 – Globalisierung 42–43, 394 – Insiderhandel 51, 98, 101, 105, 217, 219, 222, 226, 231–232, 237, 250, 361, 384 – Markttransparenz 102 – Ökonomische Analyse 313 – Strukturschwäche 43 – Verknappung umlaufender Aktien 103 Kapitalmarktrecht 48, 50 – Allgemeine Publizitätspflichten 251 – Anlegerschutz 50, 53, 337, 341, 374, 394 – Europäisches Recht 216 – Funktionsschutz 50–51, 376, 380, 389–391 – Gegenstand und Regelungszweck 50 – Insiderrecht 219 – Kurspflege 98, 271 – Pakethandel 268 – WpÜG 259 Kapitalrichtlinie – Deregulierung 381 – Derivativer Erwerb 115 – Entstehungsgeschichte 109 – Erwerbsschranken 117 – Gegenstand 111

– Investmentgesellschaften 127 – Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung 112 – Originärer Erwerb 114 – Rechtsfolgen des Erwerbs 122 – Rückerwerbbare Aktien 126 – Umgehungsschutz 124 – Wiederveräußerung 127 Kapitalstrukturmaßnahme 68, 283 KonTraG 63 Kursbeeinflussung 74, 98 – Kursmanipulation 99, 273 – Kurspflege und Kursstützung 98, 271 Leveraged Buyout 300 Markt und Ökonomie 304 Marktmissbrauchsrichtlinie 356 Markttransparenz 102 Negotiated Repurchase 167, 324, 372 Ökonomische Analyse 309 – Abbau von Informationsasymmetrien 310 – Flexibilisierung der Unternehmensfinanzierung 310, 334 – Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes 313 – Unternehmenskontrolle 312 Open Market Repurchase 152, 156– 157, 323, 375 Pakethandel 268–269 Publizitätspflichten 251 – Ad-hoc-Publizität 222, 233, 237, 240, 246–247, 249–250, 258, 267, 270, 301, 374, 377 – Börsenrechtliche Regelpublizität 251 – Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten 253

Sachregister Rechtsstellung der Aktionäre 53 Regierungskommission 342, 393 Reservation Value 165 Rückerwerbbare Aktien 322, 346, 363, 390 – Kapitalrichtlinie 126 Self Tender Offer 159, 324, 370 – Anwendbarkeit des WpÜG 259 Signalling 73, 287 SLIM-Arbeitsgruppe 347 SLIM-Plus 352, 355–356 Staatliche Marktaufsicht 218

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– Strategische Unternehmensführung 278 Übernahmefinanzierung – Aktienrückerwerb 296 – Eigene Aktien 299 – Insiderrecht 300 – Levereged Buyout 300 Unternehmensfinanzierung 41 – Deregulierung 391 – Flexibilisierung 310, 334 – Ökonomische Analyse 310, 334 – Rückerwerbbare Aktien 347

Transferable Put Rights 163, 165

Veräußerungspreis 148–149, 197–198, 206–207, 211–212, 380

Übernahmeabwehr 373 – Aktienrecht 283, 291 – Aktienrückerwerb 286 – Europäisches Recht 281 – Greenmail 295 – Insiderrecht 300 – Maßnahmen 282 – WpÜG 285 – Zielgesellschaft 81, 97, 259, 261– 262, 276, 278, 282, 302, 326, 333, 373 Übernahmeangebot 276 – Begriffe 276

Wiederveräußerung eigener Aktien 95, 127, 193, 199, 205–206, 215, 246, 379–380, 386 – Bezugsrecht 205 – Deregulierung 237, 378 – Einlagenrückgewähr 206 – Insidertatsache 229 – Kapitalgrenze 198–199 – Kapitalmarktrecht 215, 269 – Kapitalrichtlinie 127 – Veräußerungspreis 148–149, 197– 198, 206–207, 211–212, 380