Der Einkommensbegriff im öffentlichen Schuldrecht [1 ed.] 9783428472468, 9783428072460

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Der Einkommensbegriff im öffentlichen Schuldrecht [1 ed.]
 9783428472468, 9783428072460

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WALTER BURGER

Der Einkommensbegriff im öffentlichen Schuldrecht

Schriften zum Öffentlichen Recht Band 606

Der Einkommensbegriff im öffentlichen Schuldrecht

Von

Dr. Walter Burger

Duncker & Humblot * Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Burger, Walter: Der Einkommensbegriff im öffentlichen Schuldrecht / von Walter Burger. - Berlin : Duncker und Humblot, 1991 (Schriften zum öffentlichen Recht ; Bd. 606) Zugl.: Hamburg, Univ., Diss., 1990 ISBN 3-428-07246-4 NE: GT

Alle Rechte vorbehalten © 1991 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Fremddatenübernahme: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin 61 Druck: Color-Druck Dorfi GmbH, Berlin 49 Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 3-428-07246-4

Meiner Mutter

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 1988/89 vom Fachbereich Rechtswissenschaft I I (Reformierte Juristenausbildung) der Universität Hamburg als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Schrifttum sind bis Dezember 1988 berücksichtigt. Später veröffentlichte Entscheidungen konnten nur noch vereinzelt nachgetragen werden. Mein besonderer Dank gilt Herrn Professor Dr. Claus Ott für die wissenschaftliche Betreuung der Arbeit. Seiner vielfältigen Unterstützung und Förderung habe ich es zu verdanken, daß ich bereits im vierten Semester meines juristischen Studiums mit der Dissertation beginnen konnte. Den Herren Professoren Dr. Rainer W. Walz und Dr. Gerhard Igl danke ich für die Übernahme der Korreferate. Hamburg, im März 1991 Walter Burger

Inhaltsverzeichnis Einleitung

23

Α. Inhalt und Umfang des öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnisses

25

I. Allgemeines Gewaltverhältnis und Verwaltungsrechtsverhältnis II. Die öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnisse 1. 2. 3. 4.

Das Steuerschuldverhältnis Das Sozialschuldverhältnis Das Strafschuldverhältnis Das Subventionsschuldverhältnis

B. Handlungsgrundsätze in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen des sozialen Rechtsstaates I. Der soziale Rechtsstaat als Rechtsstaat und Sozialstaat II. Das Äquivalenzprinzip III. Das Leistungsfähigkeitsprinzip 1. Darstellung 2. Indikatoren der Leistungsfähigkeit a) Die Konsumausgaben als Indikator für Leistungsfähigkeit b) Das Vermögen als Indikator für Leistungsfähigkeit c) Das Einkommen als Indikator für Leistungsfähigkeit IV. Zusammenfassung C. Der ökonomische Einkommensbegriff und der Begriff des Einkommens in den öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen I. Der ökonomische Einkommensbegriff 1. Der finanzpolitisch orientierte Einkommensbegriff a) Der Einkommensbegriff der restriktiven Auslegungsrichtung al) Der Einkommensbegriff der Konsumtionstheorie a2) Der Einkommensbegriff der Periodizitätstheorie a3) Der Einkommensbegriff der Quellentheorie a4) Der Einkommensbegriff der Ertragskategorietheorie b) Der Einkommensbegriff der extensiven Auslegungsrichtung - Die Reinvermögenszugangstheorie -

25 26 26 29 31 33 41 41 42 44 44 48 48 49 50 51 53 53 54 55 55 55 56 57 58

Inhaltsverzeichnis

10

2. Der durch die Volkseinkommensrechnung beeinflußte Einkommensbegriff

59

3. Ökonomisches Individualeinkommen und individuelle Leistungsfähigkeit

61

II. Der fiskalische Einkommensbegriff

62

1. Historische Entwicklung

63

2. Geltendes Recht

64

a) Allgemeine Grundsätze der Einkommensermittlung

66

al) Der Grundsatz der Vermögensmehrung

66

a2) Der Grundsatz der Realisierung der Vermögensmehrung ....

67

a3) Der Grundsatz der Beteiligung am allgemeinen Wirtschaftsverkehr

67

a4) Der Grundsatz der Nettobesteuerung

68

b) Die persönliche Zurechnung von Einkünften

68

c) Die Ermittlung der Einkünfte

71

cl) Die Gewinnermittlungsmethoden cla) Die Gewinnermittlung vergleich

durch

72 Betriebsvermögens-

73

α) Der Betriebsvermögensvergleich nach § 41 EStG....

73

ß) Der Betriebsvermögensvergleich nach § 51 EStG....

73

γ) Das Betriebsvermögen

74

δ) Einlagen und Entnahmen

78

ε) Die Bewertung des Betriebsvermögens

79

εΐ) Die Anschaffungskosten

80

ε2) Die Herstellungskosten

80

ε3) Der Teilwert

82

ε4) Die Absetzung für Abnutzung

84

clb) Die Gewinnermittlung durch Feststellung des Überschusses der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben α) Die Betriebseinnahmen ß) Die Betriebsausgaben c2) Der Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten ...

85 87 87 88

c2a) Die Einnahmen

89

c2b) Die Werbungskosten

90

d) Die einzelnen Einkunftsarten dl) Die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft

93 94

dia) Der Begriff der Land- und Forstwirtschaft

94

dlb) Die Ermittlung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft

96

Inhaltsverzeichnis

die) Die Insuffizienz der Ermittlung der Einkünfte aus Landund Forstwirtschaft

97

d2) Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb

98

d2a) Der Begriff des Gewerbebetriebes

99

α) Das Merkmal der Selbständigkeit

99

ß) Das Merkmal der Nachhaltigkeit

100

γ) Das Merkmal der Gewinnerzielungsabsicht Ô) Das Merkmal der Beteiligung am wirtschaftlichen Verkehr

101 101

d2b) Die Abgrenzung der gewerblichen Tätigkeit gegenüber anderen Einkunftsarten und gegenüber privater Vermögensverwaltung

102

α) Die Abgrenzung der gewerblichen Tätigkeit gegenüber anderen Einkunftsarten

102

ß) Die Abgrenzung der gewerblichen Tätigkeit gegenüber privater Vermögensverwaltung

103

d2c) Die Arten gewerblicher Einkünfte α) Die Einkünfte aus gewerblichen Einzelunternehmen

104 104

a l ) Der Begriff des Unternehmers

105

a2) Beginn und Ende des Gewerbebetriebes

105

ß) Die gewerblichen Einkünfte aus Mitunternehmerschaften d3) Die Einkünfte aus selbständiger Arbeit

106 109

d3a) Die Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit

110

d3b) Die sonstigen Einkünfte aus selbständiger Arbeit

112

α) Die staatlichen Lotterieeinnehmer

112

ß) Die sonstige selbständige Arbeit

112

d3c) Die Ermittlung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit... d4) Die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit d4a) Dienstverhältnis und Arbeitnehmereigenschaft

113 113 114

α) Das Dienstverhältnis

114

ß) Die Arbeitnehmereigenschaft

115

d4b) Der Arbeitslohn

115

d4c) Die Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit d5) Die Einkünfte aus Kapitalvermögen d5a) Die Einnahmen aus privater Vermögensverwaltung ... α) Gewinnanteile, Ausbeuten und sonstige Bezüge aus Aktien und anderen Anteilsrechten

118 120 120 121

12

Inhaltsverzeichnis

β) Bezüge auf Grund von Kapitalherabsetzungen oder nach Auflösung von Körperschaften 122 γ) Anzurechnende und zu vergütende Körperschaftsteuer

122

δ) Einnahmen aus stiller Beteiligung und partiarischem Darlehn 122 ε) Einnahmen aus Kapitalforderungen

123

ζ) Einnahmesurrogate

123

d5b) Die Ermittlung und Zurechnung der Einnahmen aus Kapitalvermögen d5c) Das Nennwertprinzip d5d) Der Sparer-Freibetrag d6) Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung

124 124 126 127

d6a) Gegenstand der Vermietung und Verpachtung α) Unbewegliches Vermögen und grundstücksgleiche Rechte ß) Sachinbegriffe

128

γ) Zeitlich begrenzte Überlassung von Rechten

129

δ) Veräußerung von Miet- und Pachtzinsen

130

ε) Nutzungswert der eigenen Wohnung εΐ) Zur Systematik ε2) Nutzungswertermittlung d6b) Die Ermittlung der Einkünfte d7) Die sonstigen Einkünfte

128 129

130 130 131 132 132

d7a) Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen, insbesondere Renten

133

a) Wiederkehrende Bezüge

133

ß) Renten γ) Kritik des Ertragsanteils bei Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung d7b) Spekulationsgeschäfte

133 135 136

α) Der Gegenstand von Spekulationsgeschäften

137

ß) Kritik

137

d7c) Sonstige Einkünfte e) Die Ermittlung des steuerlichen Einkommens el) Der Gesamtbetrag der Einkünfte

138 138 139

eia) Der Altersentlastungsbetrag

139

elb) Der Ausbildungsplatz-Abzugsbetrag

139

elc) Der Freibetrag für Land- und Forstwirte

140

eld) Die abzugsfähigen ausländischen Steuern

140

Inhaltsverzeichnis

e2) Das Einkommen

141

e2a) Die Sonderausgaben

141

e2b) Der Freibetrag für freie Berufe

143

e2c) Die außergewöhnlichen Belastungen

143

e2d) Der Verlustabzug

144

e3) Das zu versteuernde Einkommen

145

e3a) Der Kinderfreibetrag

145

e3b) Der Haushaltsfreibetrag

146

e3c) Der Altersfreibetrag

146

e3d) Die sonstigen vom Einkommen abzuziehenden Beträge

146

3. Fiskalisches Individualeinkommen und individuelle Leistungsfähigkeit

147

a) Vorgaben für den fiskalischen Einkommensbegriff durch das Leistungsfähigkeitsprinzip

147

b) Die Realität des fiskalischen Individualeinkommens

150

bl) Objektive Befreiungen

150

b2) Der Dualismus der Einkünfteermittlung

153

b3) Die persönlichen Steuerbefreiungen

154

b4) Die Besteuerung nach Wahl

155

b5) Zusammenfassung

157

III. Der sozialrechtliche Einkommensbegriff

159

1. Einkommensbegriffe nach dem außersteuerlichen Bruttoeinnahmeprinzip a) Der Einkommensbegriff nach dem Bundessozialhilfegesetz al) Die Subsidiarität der Sozialhilfeleistung

163 164 164

a2) Die Summe der Einnahmen als Grundlage des sozialhilferechtlichen Einkommensbegriffs

164

a3) Die Reduzierung der Summe der Einnahmen

166

a3a) Die Reduzierungen gem. § 76 I BSHG

166

a3b) Die Reduzierungen gem. § 77 BSHG

169

a3c) Die Reduzierungen gem. § 78 BSHG

170

a4) Die Kürzung der Bruttoeinnahmen

172

a4a) Die auf das Einkommen entrichtete Steuer

172

a4b) Die abzugsfähigen Versicherungsbeiträge

172

a4c) Die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben

173

a5) Das Verlustausgleichsverbot

175

a6) Sozialhilferechtliches Individualeinkommen und individuelle Leistungsfähigkeit

176

14

Inhaltsverzeichnis

b) Der Einkommensbegriff nach dem Arbeitsförderungsgesetz für die Arbeitslosenhilfe 178 bl) Die Funktion der Arbeitslosenhilfe

178

b2) Die Summe der Einnahmen als Grundlage des arbeitsförderungsrechtlichen Einkommensbegriffs

179

b3) Die Reduzierung der Summe der Einnahmen

180

b3a) Mehrbedarf wegen Körperschaden

181

b3b) Gesundheitsfürsorge

181

b3c) Zweckgebundene Leistungen

182

b3d) Leistungen, die unter Anrechnung der Arbeitslosenhilfe gewährt werden

182

b3e) Grundrente und Schwerstbeschädigtenzulage

182

b3f) Schadensersatzleistungen

183

b3g) Unterstützungen für den Fall der Arbeitslosigkeit

183

b3h) Kindergeld

183

b3i) Arbeitslosenhilfe des Ehegatten

184

b3j) Die Reduzierungen gem. § 11 Alhi-VO b4) Die Kürzung der Bruttoeinnahmen b4a) Die auf das Einkommen entfallenden Steuern

184 185 186

b4b) Die abzugsfähigen Versicherungsbeiträge 186 b4c) Die notwendigen Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen 187 b5) Arbeitsförderungsrechtliches Individualeinkommen und individuelle Leistungsfähigkeit c) Der Einkommensbegriff nach dem 2. Wohngeldgesetz cl) Wohngeld als Instrument sozialer Sicherung

187 188 188

c2) Die Summe der Einnahmen als Grundlage des wohngeldrechtlichen Einkommensbegriffs 189 c3) Die Reduzierung der Summe der Einnahmen 190 c3a) Einnahmen zur Verringerung der Miete oder der Belastung c3b) Der Reduzierungskatalog des § 14 WoGG c3c) Privilegierte Einnahmen durch Regelungen außerhalb des Wohngeldgesetzes c3d) Einnahmeprivilegierungen durch Freibeträge für besondere Personengruppen c4) Die Kürzung der Bruttoeinnahmen c4a) Die Abzüge nach §§ 12 und 12a WoGG

190 191 192 192 193 194

α) Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen 194 ß) Aufwendungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen

195

Inhaltsverzeichnis

c4b) Pauschaler Abzug gem. § 17 WoGG

196

c5) Wohngeldrechtliches Individualeinkommen und individuelle Leistungsfähigkeit

196

2. Einkommensbegriffe nach dem steuerlichen Nettoertragsprinzip ....

197

a) Der Einkommensbegriff nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz

198

al) Grundsätze und Zielsetzung eines umfassenden Systems individueller Ausbildungsförderung

198

a2) Die Summe der positiven Einkünfte als Grundlage des ausbildungsförderungsrechtlichen Einkommens a3) Verlustausgleichs verbot

200 200

a4) Hinzurechnungen und Kürzungen zu der Summe der positiven Einkünfte 202 a5) Ausbildungsförderungsrechtliches Individualeinkommen und individuelle Leistungsfähigkeit b) Der Einkommensbegriff des Zweiten Wohnungsbaugesetzes

204 206

bl) Die Wohnung als meritorisches Gut 206 b2) Die Summe der positiven Einkünfte als Grundlage des wohnungsbaurechtlichen Einkommensbegriffs 208 b3) Verlustausgleichsverbot

209

b4) Hinzurechnungen und Kürzungen der Summe der positiven Einkünfte

210

b4a) Hinzurechnungen

210

b4b) Kürzungen 211 b5) Wohnungsbaurechtliches Individualeinkommen und individuelle Leistungsfähigkeit 212 c) Der Einkommensbegriff des Bundeskindergeldgesetzes cl) Der Familienlastenausgleich nach dem Bundeskindergeldgesetz

215 215

c2) Die Summe der positiven Einkünfte als Grundlage des kindergeldrechtlichen Einkommensbegriffs für die Kindergeldminderung gem. § 10 II BKGG 216 c3) Verlustausgleichsverbot

217

c4) Die Kürzung der Summe der positiven Einkünfte

218

c5) Das zu versteuernde Einkommen als Bemessungsgrundlage für die Kindergelderhöhung gem. § IIa BKGG 219 c6) Kindergeldrechtliches Individualeinkommen und individuelle Leistungsfähigkeit 220

16

Inhaltsverzeichnis

d) Der Einkommensbegriff des Bundeserziehungsgeldgesetzes

222

dl) Der Familienlastenausgleich nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz

222

d2) Die Summe der positiven Einkünfte als Grundlage des erziehungsgeldrechtlichen Einkommensbegriffs

223

e) Der Einkommensbegriff des Sparprämien- und des WohnungsbauPrämiengesetzes 224 el) Die Förderung privaten Sparens und privater Vermögensbildung als Gegenstand staatlicher Finanzpolitik

224

e2) Das zu versteuernde Einkommen i.S.d. § 321 EStG als Grundlage des prämienrechtlichen Einkommensbegriffs 226 e3) Hinzurechnungen e3a) Ausländische Einkünfte

226 227

e3b) Steuerbefreite Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit .. 227 e3c) Beschränkt einkommensteuerpflichtige inländische Einkünfte 227 e4) Die Änderung des zu versteuernden Einkommens

228

e5) Prämienrechtliches Individualeinkommen und individuelle Leistungsfähigkeit 228 f) Der Einkommensbegriff des 5. Vermögensbildungsgesetzes fl) Zielsetzung des Vermögensbildungsgesetzes

229 229

f2) Die Ausschließlichkeit des zu versteuernden Einkommens als Grundlage des vermögensrechtlichen Einkommensbegriffs .. 231 3. Sozialrechtliches Individualeinkommen und individuelle Leistungsfähigkeit 231 IV. Der strafrechtliche Einkommensbegriff

233

1. Die Strafzumessungsentscheidung

234

2. Die Berechnung der Tagessatzhöhe

235

a) Das Nettoeinkommen bei tatsächlich erzieltem Gesamteinkommen 237 al) Das tatsächlich erzielte Gesamteinkommen

237

a2) Die vom Gesamteinkommen abzuziehenden Minderungsbeträge

240

a2a) Steuer- und sozialrechtliche Verpflichtungen des Täters 240 a2b) Unterhaltsverpflichtungen

241

a2c) Andere Schuldverbindlichkeiten

244

α) Notwendiger Bedarf für den eigenen Lebensunterhalt 244 ß) Außergewöhnliche Belastungen

245

γ) Abzug vorausgeplanter Ausgaben

246

b) Das Nettoeinkommen als potentielles Einkommen

247

3. Strafrechtliches Individualeinkommen und individuelle Leistungsfähigkeit 249

Inhaltsverzeichnis

D. Die Notwendigkeit einer einheitlichen Normierung des Einkommensbegriffs in den öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

254

E. Das Konzept eines einheitlichen Einkommensbegriffs für die öffentlichrechtlichen Schuldverhältnisse und eines Systems integrierter Einkommensgrenzen

260

I. Das Einkommen

262

1. Die Ausgangssituation im Vergleich

262

2. Einnahmen und Erträge als Basiselemente des Einkommens

263

a) Der Begriff der Einnahme

263

b) Einnahmen als Indiz für vorhandene ökonomische Leistungsfähigkeit

264

b 1 ) Einnahmen als Ergebnis der Teilnahme am Marktgeschehen...

266

bla) In der Form von nominal fixierten Geldeinheiten

266

blb) In der Form von Naturalentgelten

269

b2) Einnahmen aus privaten und staatlichen Transfers b2a) Einnahmen aus privaten Transfers

270 271

α) Einnahmen aus interpersonellen Übertragungen ...

271

ß) Einnahmen aus in-sich-Transaktionen

273

ßl) Selbstverbrauch von Waren

274

ß2) Nutzung dauerhafter Gebrauchsgüter

274

ß3) Selbstverbrauch von Dienstleistungen

275

b2b) Einnahmen aus staatlichen Transfers

277

α) An Private

277

ß) An Unternehmen

278

γ) Durch Sozialzwecknormen

279

b3) Einnahmen aus der Realisierung von Vermögenswertänderungen 280 c) Die Relevanz des Ertragsbegriffs für die individuelle Leistungsfähigkeit d) Zusammenfassung 3. Ausgaben und Aufwendungen

283 284 285

a) Ausschließlich der Einkommenssphäre zuzurechnende Ausgaben und Aufwendungen b) Gemischte Ausgaben und Aufwendungen

286 288

c) Einkommensverwendungen mit Zwangscharakter 289 4. Der periodisierte Ausgleichsvorgang von einkommensrelevanten Einnahmen und Ausgaben 290 5. Zusammenfassung 2 Burger

293

Inhaltsverzeichnis

18

II. Die Einkommensgrenzen

293

1. Die steuerrechtliche Einkommensgrenze

294

a) Generelle Kriterien der Grenzziehung b) Die Bestimmung der steuerlichen Leistungsfähigkeit durch einzelne Einkommensverwendungsarten bl) Ausgaben zur Sicherung der aktuellen Existenz b2) Vorsorgeausgaben zur Sicherung der zukünftigen Existenz . b3) Sonstige im Grundfreibetrag zu berücksichtigende Ausgaben, insbesonders „außergewöhnliche Belastungen" b3a) Kirchensteuer b3b) Steuerberatungskosten b3c) Außergewöhnliche Belastungen c) Zusammenfassung 2. Die sozialrechtlichen Einkommensgrenzen a) Kriterien der Grenzziehung und des Tarifverlaufs al) . . . zur Vermeidung von Umkippeffekten a2) . . . zur Sicherung von Leistungsanreizen b) Grenzen für existenzsichernde und für nichtexistenzsichernde Sozialleistungen bl) Einkommensgrenzen bei existenzsichernden Sozialleistungen b2) Einkommensgrenzen für nichtexistenzsichernde Sozialleistungen 3. Die Rückkopplung der sozialrechtlichen Einkommensgrenzen auf die des Steuerrechts 4. Die strafrechtliche Einkommensgrenze

294 297 297 300 301 301 302 302 304 306 307 311 313 317 317 319 321 322

F. Zusammenfassung der Ergebnisse

324

Literaturverzeichnis

329

Abkürzungen aA AER ÄndG a. E. AFG AIG AktG ANBA Anm. AnVNG AO AöR ArVNG ATSGB AuB Aufl. BAföG BArbBl BAT BayObLGSt BB BBauBl Bd. BEG BewG BFHE BGH BGHSt BKGG BIStSozArbR BP BSeuchG BSGE BSHG BStBl BT-Drucks. 2*

anderer Ansicht The American Economic Review Änderungsgesetz am Ende Arbeitsförderungsgesetz Auslandsinvestitionsgesetz Aktiengesetz Anweisung der Bundesanstalt für Arbeit Anmerkung Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz Abgabenordnung Archiv des Öffentlichen Rechts Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetz Allgemeiner Teil des Sozialgesetzbuches Zeitschrift für Arbeit und Beruf Auflage Bundesausbildungsförderungsgesetz Bundesarbeitsblatt Bundesangestelltentarifvertrag Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Strafsachen Betriebs-Berater Bundesbaublatt Band Bundesentschädigungsgesetz Bewertungsgesetz Sammlung der Entscheidungen und Gutachten des Bundesfinanzhofs Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Strafsachen Bundeskindergeldgesetz Blätter für Steuer-, Sozial- und Arbeitsrecht Die steuerliche Betriebsprüfung Bundesseuchengesetz Entscheidungen des Bundessozialgerichts Bundessozialhilfegesetz Bundessteuerblatt Drucksache des Deutschen Bundestages

20

Bull. IFD BVerfGE BVerwGE D DAR DB Diss DÖV DOK DStR DStZ DVBl Ed ErsK EStG EStR FA FEVS FGO FR GA GnG GewStDV HandW HdF HdWW HDSW HGB Hrsg. Inf IWB JbFSt JR JuS JZ KBI KSchG LStDV MDR mwN NDV NF

Abkürzungen

Bulletin for International Fiscal Documentation Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Entscheigungen des Bundesverwaltungsgerichts Digesten Deutsches Autorecht Der Betrieb Dissertation Die öffentliche Verwaltung Die Ortskrankenkasse Deutsches Steuerrecht Deutsche Steuer-Zeitung Deutsches Verwaltungsblatt Editor Die Ersatzkasse Einkommensteuergesetz Einkommensteuer-Richtlinien Finanzarchiv Sammlung Fürsorgerechtliche Entscheidungen der Verwaltungs- und Sozialgerichte Finanzgerichtsordnung Finanz-Rundschau Goltdammers Archiv für Strafrecht Genossenschaftsgestz Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung Handwörterbuch Handbuch der Finanzwissenschaft Handbuch der Wirtschaftswissenschaften Handbuch der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften Handelsgesetzbuch Herausgeber Die Information über Steuer und Wirtschaft Internationale Wirtschaftsbriefe Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht Juristische Rundschau Juristische Schulung Juristenzeitung Karl-Bräuer-Institut des Bundes der Steuerzahler Kündigungsschutzgesetz Lohnsteuer-Durchführungsverordnung Monatsschrift für Deutsches Recht mit weiteren Nachweisen Nachrichtendienst des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge Neue Folge

Abkürzungen

Niedersehr. Gr. StrafR Komm NJW Nr. NStZ o. J. OLG ο. V. Pr. Ges. Slg. RFHE RGSt RN RStBl RWI SGB SozSich Sp StAnpG Stbg StbJb StbKongrRep StEntlG StGB StRefG StuW SVersG Vol. VRS VVDStRL VwGO VZ WiWo WM WobauG WoGG WoGVwV WoPG WoVereinfG WWA WWuMR ZDG ZfB

Niederschriften über die Sitzungen der Großen Strafrechtskommission, 1. Bd., Grundsatzfragen, 1. — 13. Sitzung, Bonn 1956 Neue Juristische Wochenschrift Nummer Neue Zeitschrift für Strafrecht ohne Jahr Oberlandesgericht ohne Vorname Preußische Gesetzessammlung Entscheidungssammlung des Reichsfinanzhofes Entscheidungen des Reichsgerichtshofes in Strafsachen Randnummer Reichssteuerblatt Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung Sozialgesetzbuch Soziale Sicherheit Spalte Steueranpassungsgesetz Die Steuerberatung Steuerberaterjahrbuch Steuerberaterkongreßreport Steuerentlastungsgesetz Strafgesetzbuch Steuerreformgesetz Steuer und Wirtschaft Soldatenversorgungsgesetz Volume Verkehrsrechtsammlung Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer Verwaltungsgerichtsordnung Veranlagungszeitraum Wirtschaftswoche Wertpapier-Mitteilungen Wohnungsbaugesetz 2. Wohngeldgesetz Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Wohngeldgesetz Wohnungsbau-Prämiengesetz Gesetz zur Vereinfachung wohnrechtlicher Vorschriften Weltwirtschaftliches Archiv Wohnungswirtschaft und Mietrecht Zivildienstgesetz Zeitschrift für Betriebswirtschaft

22 ZfbF ZfF ZfhF ZfS ZfSH ZMR ZRP ZStW

Abkürzungen Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung Zeitschrift für das Fürsorgewesen Zeitschrift für handelswissenschaftliche Forschung Zentralblatt für Sozialversicherung, Sozialhilfe und Versorgung Zeitschrift für Sozialhilfe Zeitschrift für Miet- und Raumrecht Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft

Einleitung Die Bezeichnung „öffentliches Schuldrecht" meint im allgemeinen ein Rechtsverhältnis, das vermögensrechtliche Ansprüche oder Verpflichtungen, insbesondere Ansprüche auf oder Verpflichtungen zu Geldleistungen, begründet und regelt, wobei die Bemessungsgrundlage der Schuld durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmt wird. 1 Das gesamte öffentliche Schuldrecht umfaßt im wesentlichen das Steuerschuldverhältnis, das Sozialschuldverhältnis und das Subventionsschuldverhältnis, geht jedoch zum Teil über die genannten Teilbereiche weit hinaus und reicht durch § 40 I I StGB bis ins Strafrecht. Trotz der quantitativen und auch qualitativen Bedeutung des öffentlichen Schuldrechts spielte und spielt dieses Rechtsgebiet in der Rechtslehre eine untergeordnete Rolle, weil Staatsrechtslehre und die Allgemeine Staatslehre wohl immer noch von Ökonomieferne und Finanzblindheit gekennzeichnet sind. 2 Dies dürfte zum einen auf den „horror pecuniae" des Staats- und Verwaltungsrechts zurückzuführen sein, zum anderen aber auch darauf, daß z. B. Steuerrecht und Sozialversicherungsrecht sich in einer Weise verselbständigt haben, daß sie ihren eigenen allgemeinen Teil kreiert haben. Wer jedoch „Staat und Gesellschaft behandeln will, kann den wichtigsten Teil der Gesellschaft, die Wirtschaft und die Disziplinen, die sich damit befassen, nicht ausklammern." 3 Die Vernachlässigung des öffentlichen Schuldrechts, insbesondere aber das Fehlen einer Zusammenschau seiner Teilbereiche, haben dazu geführt, daß sich überaus störende Ungereimtheiten quer durch alle Teilbereiche des öffentlichen Schuldrechts ziehen. Diese Ungereimtheiten lassen sich beispielhaft am Einkommensbegriff, der ein zentraler Begriff im öffentlichen Schuldrecht ist, darlegen. Die zentrale Stellung des Einkommensbegriffs wird besonders deutlich im Einkommensteuergesetz, das als das „Muttergesetz" 4 des Einkommensbegriffs angesehen werden kann. Aber auch andere Teilbereiche des öffentlichen Schuldrechts greifen notwendigerweise auf den Einkommensbegriff zurück, jedoch mit zum Teil gravierend unterschiedlichem Inhalt. Es stellt sich somit die Frage, ob die nahezu babylonische Verwirrung, in die der Einkommensbegriff involviert ist, systemimmanenter Zustand des öffentli1 Tipke-Forum, 345. Arnim, 5. 3 Arnim, 6. 4 Tipke-Forum, 347. 2

24

Einleitung

chen Schuldrechts ist oder ob es nicht möglich sein könnte und müßte, den je nach Gesetz mit unterschiedlichem Inhalt ausgefüllten Einkommensbegriff zu vereinheitlichen. Denn allein aus dem Umstand, daß die einzelnen Teilbereiche des öffentlichen Schuldrechts unterschiedliche Zielsetzungen verfolgen, folgt nicht zwangsläufig, daß der Einkommensbegriff entsprechend der jeweiligen Zielfunktion des Gesetzes unterschiedliche Inhalte ausweisen und unterschiedlich strukturiert sein muß. Dies gilt selbst in den Fällen, in denen das Einkommen und seine Höhe tatbestandsmäßige Voraussetzung für öffentlich-rechtliches Verwaltungshandeln ist. Falls nämlich festgestellt werden kann, daß hoheitlichem Handeln im Sinne eines Eingriffs in die ökonomischen Grundlagen privater Haushalte eine durchgängige Handlungsmaxime unterlegt werden kann und als Indikator für die Einhaltung dieser Handlungsmaxime das Einkommen zu dienen imstande ist, können der Normierung eines einheitlichen Einkommensbegriffs grundsätzliche Bedenken nicht mehr entgegengestellt werden. Allerdings steht dann ein so strukturierter Einkommensbegriff einer unstreitig für notwendig erachteten Berücksichtigung der unterschiedlichen Zielsetzungen der einzelnen Teilbereiche des öffentlichen Schuldrechts nicht mehr zur Verfügung. Diese Differenzierung muß vielmehr durch ein anderes Instrumentarium ersetzt werden, so daß durch ein konzertiertes Zusammenspiel von einheitlichem Einkommensbegriff und Differenzierungsinstrumentarium sowohl die Forderung nach Vereinheitlichung als auch die Notwendigkeit gesetzestypischer Differenzierung beachtet und erfüllt werden.

Α. Inhalt und Umfang des öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnisses I. Allgemeines Gewaltverhältnis und Verwaltungsrechtsverhältnis Im modernen Rechtsstaat steht der Bürger dem Staat und seinen Hoheitsträgern nicht als rechtloser Untertan gegenüber, sondern als Träger eigener Rechte und Pflichten. 1 Er steht damit im Verhältnis zur öffentlichen Gewalt in einem allgemeinen Gewaltverhältnis 2, das die Gesetzes- und Rechtsunterworfenheit des Bürgers kennzeichnet, soweit seine Rechte und Pflichten noch nicht in Bezug auf bestimmte Lebenssachverhalte konkretisiert und aktualisiert sind. Allerdings ist dieses allgemeine Gewaltverhältnis noch in so hohem Maße allgemein, daß es nicht als Rechtsverhältnis ζ. B. im Sinne des Prozeßrechts (§ 43 VwGO) anerkannt wird. 3 Darüber hinaus ist es auch noch kein Rechtsverhältnis des Bürgers gerade zur Verwaltung. Erst wenn ein konkreter Lebenssachverhalt den Tatbestand einer Rechtsnorm öffentlich-rechtlicher Natur verwirklicht und als Folge hieraus zwischen den Beteiligten bestimmte Rechte und Pflichten entstehen, verwaltungsrechtliche Sonderverbindungen 4 also, die über das bloße Staat-Bürger-Verhältnis hinausgehen, entsteht ein Verwaltungsrechtsverhältnis. 5 Somit gilt für Verwaltungsrechtsverhältnisse, daß sie ohne Vorprägung durch Gesetzesnormen, die den Handlungen der beteiligten Rechtssubjekte als regelmäßige Rechtsfolge bestimmte Veränderungen, Klarstellungen oder Bekräftigungen in der Rechte- und Pflichtenverteilung zuordnen, nicht denkbar sind. 6 Dabei steht das Verwaltungsrechtsverhältnis nicht über den anderen Instituten des Verwaltungsrechts (wie ζ. B. Verwaltungsakt, öffentlich-rechtlicher Vertrag usw.), vielmehr ermöglicht es, die übrigen Institutionen des Allgemeinen Verwaltungsrechts in einen neuen Zusammenhang zu stellen7 und ihnen gemeinsame Probleme systematisch zu behandeln.8 Je nachdem, worauf sich die Verwaltungsrechtsverhältnisse beziehen, ob sie also auf persönliche Verhaltensweisen wie Handeln, Unterlassen oder Dulden, ι Mayer/Kopp, 310. 2 Battis, 71. 3 Bull, 242. 4 Erichsen/Martens, 139; Wolff/ Bachof I, 338. 5 Maurer, 127. 6 Bull, 243. 7 Bachof, 231. » Häberle, 67; Schmalz, 245.

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auf die Nutzung körperlicher Gegenstände oder auf vermögensweite Leistungen abstellen, wird der Charakter unterschiedlich bestimmt. Entsprechend diesen genannten Charakterisierungskriterien können deshalb die verwaltungsrechtlichen Rechtsverhältnisse in personenbezogene Rechtsverhältnisse mit besonders intensiver Bindung, in verhaltensbezogene Rechtsverhältnisse, in sachbezogene Verwaltungsrechtsverhältnisse und in vermögensbezogene Verwaltungsrechtsverhältnisse unterteilt werden. Letztere werden auch verwaltungsrechtliche Schuldverhältnisse genannt.9

I I . Die öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnisse Hauptregelungsgegenstand öffentlich-rechtlicher Schuldverhältnisse ist die Erbringung vermögenswerter Leistungen.10 Zwar ergeben sich Leistungs- und insbesondere Zahlungspflichten in nahezu allen Bereichen der öffentlichen Verwaltung, jedoch folgen sie überwiegend den speziellen Regeln des jeweiligen Sonderrechts, so daß für die Anwendung allgemeiner Grundsätze wenig oder gar kein Raum bleibt. Aus diesem Grunde bleiben nur einige Fallgruppen übrig, in denen darüber hinaus Vermögenswerte Leistungen aus eher zufälligen oder jedenfalls nicht alltäglichem Anlaß geschuldet werden. Solche öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnisse können entstehen entweder durch Verträge, die in aller Regel besondere Situationen voraussetzen, in denen die gesetzlichen Lösungsmodelle nicht zu befriedigenden Ergebnissen führen oder aus ungerechtfertigter Bereicherung und durch Geschäftsführung für andere mit oder ohne Auftrag. 11 Zu den öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen, die den speziellen Regeln des jeweiligen Sonderrechts folgen, zählen insbesondere das Steuerschuldverhältnis, das Sozialschuldverhältnis, das Strafschuldverhältnis, soweit als strafrechtliche Sanktionsmaßnahme keine Freiheitsstrafe, sondern eine Geldstrafe verhängt wird, sowie das Subventionsschuldverhältnis. 1. Das Steuerschuldverhältnis Die Verwaltungsrechtswissenschaft in Deutschland hat bis zum Ende des ersten Weltkrieges fast mit alleiniger Ausnahme von Mayer, 12 Fleiner 13 und Herrnritt 14 vom Vorhandensein eines trotz zahlreicher Beziehungen zum Staats- und Strafrecht im Verwaltungsrecht wurzelnden Steuerrechts wenig Notiz genommen.15 9 Bull, 246 f. 10 Wolff/ Bachof I, 338; Wallerath, 135. π Bull, 247 ff. 12 Mayer, 315 ff.; Mayer-Finanzwirtschaft, 86 ff. 13 Fleiner, 389 ff. 14 Herrnritt, 428 ff. 15 Waldecker, 156; Mirbt, 2.

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Umgekehrt hat freilich auch das steuerliche Spezialschrifttum jener Zeit, auch soweit es rechtlicher Natur ist, den Anschluß an das Verwaltungsrecht nicht gefunden, 16 so daß Eglauer befürchtete, daß „wir uns leider immer weiter von einer einheitlichen Ordnung des Finanzrechts" entfernen mit der natürlichen Folge, „daß sich das Finanzrecht im Volksbewußtsein nicht so eingelebt hat, wie es sollte, damit eine ernstliche Steuermoral sich entwickle." 17 Dies änderte sich erst nach dem ersten Weltkrieg, nicht zuletzt wohl auch infolge der gestiegenen Inanspruchnahme der Bevölkerung durch die Steuerbelastung der Nachkriegszeit, 18 des vielfältigen Umbaus des materiellen Steuerrechts sowie der Neugestaltung der Steuerverwaltung und durch den „spezifisch juristischen Ergeiz zeigenden Charakter der Reichabgabenordnung." 19 Gegenstand der kritischen Auseinandersetzung und des Bemühens, auch die Einzelgebiete der Verwaltung zu durchforschen und an ihrer juristischen Durchdringung zu arbeiten, war vornehmlich die Frage, ob die Beziehungen des Staates zu den seiner Steuerhoheit Unterworfenen als Forderungs- oder als Gewaltverhältnis 2 0 gekennzeichnet werden müsse. Dabei wurde das Maß der Unter- bzw. Überordnung als Kriterium für die Annahme eines Forderungs- bzw. Schuldverhältnisses oder eines Gewaltverhältnisses genommen. Die Konstruktion war also die, daß bei einem persönlichen Rechtsverhältnis zwar in jedem Falle von einer Unterordnung des Willens des Verpflichteten unter den des Berechtigten gesprochen wurde, daß aber bei geringerem Maße oder Grade der Unter- bzw. Überordnung ein Forderungs-, bei höherem ein Gewaltverhältnis konstatiert wurde. Schlußstein der Konstruktion sollte die Aufstellung einer Typenreihe sein, die mit Forderungsverhältnissen von geringstem Begriffsumfang und -inhalt beginnt und mit Gewaltverhältnissen höchster Steigerung endet.21 Es kann nicht verwundern, daß eine derartige Abgrenzung des begrifflichen Verhältnisses von Forderungs- und Gewaltverhältnis kaum geeignet war, eine einheitliche Meinungsbildung zu begründen. So nehmen ζ. B. Schneider, 22 Schranil 2 3 und Bühler 24 eine Einordnung der Steuerrechtsverhältnisse in die Kategorie der Gewaltverhältnisse vor, da das Steuerpflichtverhältnis, das sowohl die Leistung der eigentlichen Steuerschuld als auch die mit ihr verbundenen formalen Vgl. die Kommentare zum Steuerrecht von Fuisting und Strutz. zitiert nach Waldecker, 173. is Kellner, 11. 19 Mirbt, 4. 20 Im Sinne eines „Besonderen Gewaltverhältnisses," das durch die verschärfte Abhängigkeit bestimmt ist, welche zugunsten eines bestimmten Zwecks öffentlicher Verwaltung begründet wird für alle Einzelnen, die in den vorgesehenen besonderen Zusammenhang treten; Mayer, 101 f. 2 1 Mirbt, 35; Nawiasky, 31. 22 Schneider, F., 5 ff. 2 3 Schranil, 64 f., 123 f. 24 Bühler, 102 ff. 17

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Pflichten umfaßt, in seiner Ausgestaltung einem Abgabengewaltverhältnis jedenfalls näherstehe als einem Schuldverhältnis. Nach Auffassung von Bühler liegt insbesondere in der Vereinigung von Gläubigerstellung und eigener Vollstrekkungsmacht die entscheidende Überlegenheit, die dem Staat auch in rein materiell-rechtlicher Hinsicht ausgesprochen zur „persona potentior" macht. 25 Demgegenüber kennzeichneten Merk, 2 6 Hensel 27 und Blumenstein 28 das Kernstück der Rechtsbeziehungen des Steuerrechts, die Verpflichtung zur Entrichtung des Steuerbetrages, als ein Schuldverhältnis des öffentlichen Rechts, da die rechtliche Eigenart des Steuerrechts in der Ausbildung des rechtsstaatlichen Eingriffsrechts liege, dessen wichtigste Elemente die Aufstellung abstrakter Tatbestände durch den Gesetzgeber, die Entstehung des Grundpflichtverhältnisses durch die Verwirklichung des Tatbestandes sowie die Unmöglichkeit einer Eingriffsgestaltung durch freies Ermessen seien, soweit das Grundverhältnis zu Lasten des Verpflichteten geändert werden solle. 29 Die Entwicklung ist über diese Streitfrage hinweggegangen. Verfolgt man Literatur und Rechtsprechung zum besonderen Gewaltverhältnis, 30 kann gemäß einer bereits von Jesch formulierten Einsicht Abschied genommen werden von diesem Rechtsmuster. 31 Die rechtliche Beziehung zwischen Steuerberechtigtem und -verpflichtetem ist heute als ein gesetzliches Rechtsverhältnis (obligatio ex lege) des öffentlichen Rechts zu qualifizieren. 32 Dieses gesetzliche Rechtsverhältnis des öffentlichen Rechts in der besonderen Ausprägung eines Steuerrechtsverhältnisses ist der Inbegriff der Rechte und Pflichten, die der Steuerberechtigte und der Steuerpflichtige an dem zwischen ihnen bestehenden Rechtsverhältnis haben. Es umfaßt zum einen das Steuerpflichtverhältnis, das die Rechte und Pflichten nicht-vermögensrechtlicher Art regelt, hauptsächlich also die Verpflichtung, an der Ermittlung und steuerlichen Veranlagung des eigenen Einkommens und Vermögens mitzuwirken und dadurch Leistungen zu erbringen, die der Steuerpflichtige für die Zwecke der öffentlichen Hand unentgeltlich auszuführen hat, 33 die sogenannten leiturgischen Pflichten. 34 Zum anderen umfaßt das Steuerrechtsverhältnis als quantitativ und qualitativ bedeutsameren Teil das Steuerschuldverhältnis, das die Rechte und Pflichten 25 ders., 107. 26 Merk, 11. 27 Hensel, 63 ff. 28 Blumenstein, 15 ff. 29 Hensel, 64. 30 Vgl. Erichsen, 219 ff. mit weiteren Nachweisen. 31 Jesch, 212; ebenso Rupp, 413; Müller-Dietz, 1161. 32 Tipke, 135: „Wer das Steuerrechtsverhältnis heute noch als Gewaltverhältnis qualifiziert, hat entweder keinen Überblick über diese Materie oder er geht von einem spezifischen Gewaltverständnis aus, daß er dann zur Vermeidung von Begriffsverwirrung erläutern sollte.". 33 Schmölders, 176; Jessen, 45. 34 Schmölders-Steuerlehre, 15.

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vermögensrechtlicher Art regelt, also insbesondere den auf Steuern, 35 d. h. auf eine Geldleistung gerichteten Anspruch des Steuerberechtigten (§ 371 AO) sowie den Haftungs- (§§ 37 I, 69 ff. AO) und Erstattungsanspruch (§ 37 I, I I AO) und die Ansprüche auf steuerliche Nebenleistungen (§§ 37 I, 3 III, 152, 233-237, 240, 329, 178, 337-345 AO). Das Steuerschuldverhältnis entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft (§ 38 AO), wobei der Entstehungszeitpunkt i. d. R. durch die Einzelsteuergesetze konkretisiert wird. Demgemäß hat der Steuerbescheid, durch den die Steuer festgesetzt wird, nur deklaratorischen Charakter, da die Steuerschuld kraft Gesetzes entsteht.

2. Das Sozialschuldverhältnis Kaum ein anderes Rechtsgebiet kann es hinsichtlich Vielfalt und Anzahl der Rechtsquellen und Rechtsnormen mit dem Sozialrecht aufnehmen. 36 Deshalb kann es nicht verwundern, daß die Frage, was unter dem Begriff „Sozialrecht" zu verstehen ist, bis heute umstritten ist. 37 So ist Sozialrecht u. a. definiert worden als die Zusammenfassung jener Rechtsgebiete, „die sich durch eine gesteigerte Intensität ihres sozialpolitischen Gehalts auszeichnen,"38 oder auch als „jener Teilbereich des Rechts, der im Interesse eines Ausgleichs sozialer Gegensätze in besonderer Weise die Beseitigung von Defiziten Einzelner oder bestimmter Bevölkerungsgruppen an materieller Absicherung, Chancengleichheit und Entfaltungsmöglichkeit obliegt." 39 Andere verstehen unter Sozialrecht „das Recht der Verhinderung und Beseitigung individueller Güterdifferenzen und hierauf beruhender Bedarfssituationen durch transitive Leistungen eines Trägers öffentlicher Verwaltung," 40 oder „das der sozialen Gerechtigkeit und der sozialen Sicherheit dienende Recht, das diese Ziele durch die Gewährung von Sozialleistungen einschließlich sozialer und erzieherischer Hilfen zu verwirklichen sucht." 41 Diese und ähnliche Sozialrechtsbegriffe, die auch als materielle, sozialpolitische oder positive Sozialrechtsbegriffe bezeichnet werden, 42 stellen für die Zuord35 „Das Wort Steuer, f., althochdeutsch stiura, mittelhochdeutsch stiure, ist gleichen Ursprungs wie das Wort Steuer, n., = Steuerruder. Ursprünglich bedeutet es (ahd. stiuri stark) soviel wie Stärkung, Stützung im eigentlichen Sinne, dann im übertragenen Sinne Unterstützung, Hilfe, besonders durch Gaben und Geld. Es bezeichnet im Mittelhochdeutschen aber auch schon das »Erträgnis4 solcher Gaben, zunächst immer der freiwilligen Gaben, wie in Beisteuer, Aussteuer usw., erst später die geforderte und auferlegte Abgabe an Geld." Gerloff, 153; die Legaldefinition liefert § 3 I AO. 3 * Schulin, 11; Ruland, 372; Zacher, 371 ff.; Schmid, 52 ff. 37 Vgl. Zacher-Materialien, Anm. 19 + 45; Rode, 641 u. 724. 38 Zacher-Grundfragen, 7. 3 9 Wertenbruch, 384; ähnlich Henke, N., VI. 40 Bley, 4. 41 Schulin, 1. 42 Wertenbruch, 382.

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nung einer Rechtsnorm zum Sozialrecht auf ihre Funktion oder auf ihren sozialpolitischen Gehalt ab. Dadurch eignen sie sich jedoch nicht für eine klare und gegenständliche Abgrenzung des Sozialrechts gegenüber anderen Rechtsgebieten. 43 Für eine praktikable und pragmatische Abgrenzung des Sozialrechts stellte sich daher die Frage nach einer formellen Begriffsbildung. Eine derartige Begriffsbildung ist früher in der Weise vorgenommen worden, daß unter der Bezeichnung Sozialrecht im wesentlichen die Materien Sozialversicherung und Sozialhilfe, das Recht der Kriegsopferversorgung und das Recht der Arbeitsförderung zusammengefaßt wurden 44 oder für die Bereiche Sozialversicherung, Versorgung und Fürsorge der Begriff der klassischen Trias geprägt wurde. 45 . Seit dem Inkrafttreten des Allgemeinen Teils des Sozialgesetzbuches im Jahre 1975 kann der Begriff des Sozialrechts pragmatisch definiert werden als diejenigen Rechtsnormen, die in dieses Gesetz aufgenommen worden sind. 46 Im Sinne dieser Definition ist Sozialrecht öffentliches Recht und zwar Verwaltungsrecht und als solches überwiegend Leistungsverwaltungsrecht. Diese Zuordnung könnte fraglich sein, wenn man sich zur Abgrenzung der Interessentheorie bediente,47 sie ist hingegen unproblematisch bei Anwendung der Subjektionstheorie48 oder der neueren Subjektstheorie. 49 Zwar werden viele Leistungen durch versicherungsmäßig organisierte Systeme bereitgestellt, die auf Beiträge und Risikogegemeinschaft beruhen, jedoch sind diese Systeme keine Privat-, sondern Sozialversicherungen, die aus diesem Grunde auch nicht vom Privatverversicherungsrecht erfaßt werden. 50 Der sich auf dieses Recht gründende Anspruch des Bürgers auf eine Sozialleistung gem. § 11 SGB I in Form von Dienst-, Sach- und Geldleistungen entsprechend den speziellen Bestimmungen der einzelnen Sozialgesetze ist sein gerichtlich durchsetzbares subjektiv-öffentliches Recht 51 auf eine Sozialleistung und erwächst dem Anspruchsberechtigten unmittelbar aus dem Gesetz52 oder aus Rechtsnormen, die aufgrund eines Gesetzes ergangen sind und eine solche Rechtsposition dem Berechtigten einräumen, 53 soweit die Leistungsträger nicht ermächtigt sind, über die Leistungen nach ihrem Ermessen zu entscheiden. Ermächtigt « Gitter, 3. 44 Wannagat, 55. 45 Zacher-Einführung, 17. 4 6 Rüfner, 5; Zacher-Einführung, 9. 47 Vgl. hierzu Savigny, 23. 48 Prazak, 260 f. 49 Vgl. hierzu Wolff/ Bachof I, 97 ff.; Zacher-Sozialvers., 34. so Erlenkämper, 2; Gitter, 31 f.; Henke, 149. 51 Rüfner, 21 u. 25. 52 Krause, 147; BSGE 41, 297 (298). 53 Bley, 53.

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zur Erbringung von Ermessensleistungen sind die Leistungsträger jedoch nicht für den Grundbestand der jeweiligen Leistung, sondern nur für die zusätzlichen Leistungen, denen quantitativ und qualitativ eine geringe Bedeutung zukommt. 54 Damit ist eine Entwicklung auch formell zum Abschluß gebracht worden, die das moderne Sozialrecht seit seinen Anfängen durchzog. Während es im Sozialversicherungsrecht schon immer selbstverständlich gewesen ist, daß dem Bürger für seinen Leistungsanspruch auch ein durchsetzbarer Rechtsanspruch zustand, hat sich dieser Gedanke in anderen Bereichen erst sehr viel später durchgesetzt. Solange ζ. B. die Fürsorge als eine polizeiliche Maßnahme im Interesse der öffentlichen Ordnung angesehen wurde, 55 solange konnte von einem Rechtsanspruch des Leistungsempfängers keine Rede sein. Diesen Rechtsanspruch begründete erst das Bundesverwaltungsgericht im Jahre 1954, 56 indem es aus dem Grundsatz der Menschenwürde gem. Art. 2 I GG sowie aus dem Gedanken des sozialen Rechtsstaats einen Rechtsanspruch auf Fürsorge ableitete, der dann im § 4 BSHG kodifiziert wurde. Diese „zentrale Bedeutung des Leistungsanspruchs bewirkt Ähnlichkeit mit einem Schuldverhältnis zwischen dem Sozialleistungsträger als dem Schuldner und dem Bürger als dem Gläubiger, so daß es naheliegt, das Sozialrechtsverhältnis als öffentlich-rechtliches Schuldverhältnis zu qualifizieren." 57 Ansprüche aus diesem Schuldverhältnis entstehen, wenn alle materiellen Voraussetzungen für ihre Gewährung gegeben sind, 58 ohne Rücksicht darauf, ob der formell notwendige Antrag auf Feststellung gestellt wurde oder nicht. 59 Etwas anderes gilt nur, wenn der Antrag, etwa weil mit ihm ein Gestaltungs- oder Wahlrecht ausgeübt wird, auch materiellrechtliche Bedeutung hat. In diesen Fällen kommt der Anspruch erst mit Antragstellung zustande und kann auch erst zu diesem Zeitpunkt fällig werden. 60 3. Das Strafschuldverhältnis Der Ursprung der Strafe verliert sich im Dunkel der Geschichte, in einer von magischen Vorstellungen beherrschten Frühzeit. 61 Zwar ist die öffentliche Strafe schon bei den Germanen anzutreffen, 62 jedoch kann erst in der Übernahme der Peinlichen Gerichtsordnung in das deutsche Recht im Jahre 1532 der Anfang einer modernen Strafrechtspflege gesehen werden. 63 Dabei war Strafe als Vergel54 Rüfner, 26. 55 Rüfner-Rechtsformen, 191. 56 BVwGE 1, 159 ff. 57 Bley, 58. 58 BSGE 28, 102 (104). 59 BSGE 34, 1 (17). 60 BSGE 4, 84 (89); 13, 79 (81); 34, 1 (6 f.). 61 Jescheck, 56. 62 Wilda, 484 ff. 63 Maurach/Zipf, 47.

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tung für begangenes Unrecht 64 ursprünglich körperlich zu erleidende Leibesund Lebensstrafe, später auch Freiheitsstrafe. Der Siegeszug der Geldstrafe begann erst um die Jahrhundertwende als Folge des Kampfes gegen die kurzfristige Freiheitsstrafe. 65 Die Erweiterung ihres Anwendungsbereiches und ihre grundsätzliche Umgestaltung war eines der wichtigsten Anliegen der Strafrechtsreform. Mit dem stetigen Vordringen der Geldstrafe hat naturgemäß die kriminalpolitische Bedeutung dieser Strafe ständig zugenommen. 66 „Der Übergang der Freiheitsstrafe zur Geldstrafe als Schwerpunkt des strafrechtlichen Sanktionensystems bedeutet eine geistige Wende in der Kriminalpolitik, die an Bedeutung dem Übergang von den Leibes- und Lebensstrafen des Mittelalters zur Freiheitsstrafe der Aufklärung des 18. Jahrhunderts nicht nachsteht." 67 Dabei wurde ursprünglich nur der Anwendungsbereich der Geldstrafe zu Lasten der Freiheitsstrafe erweitert, ohne daß die Geldstrafe entsprechend ihrer ständig wachsenden Bedeutung neu gestaltet worden wäre. Erst die Einführung des in Finnland, Schweden und Dänemark erprobten Tagessatzsystems68 durch das 2. Gesetz zur Reform des Strafrechts vom 4.7.1969 als Ergebnis einer kriminalpolitischen Neuorientierung 69 mit der Zielsetzung, die kurze Freiheitsstrafe zugunsten der Geldstrafe weiter zurückzudrängen, um so die für die Resozialisierung schädlichen Folgen der kurzen Freiheitsstrafe zu vermeiden, ohne zugleich einen Verlust an generalpräventiver Wirkung hinnehmen zu müssen,70 hat zu der erforderlichen Neugestaltung geführt. Heute ist die Geldstrafe die in Deutschland weitaus am häufigsten verwendete Strafe. 71 Geldstrafe ist eine öffentliche Kriminalstrafe, die um ihrer selbst willen verhängt wird und nicht in der Absicht, den Vermögensverkehr zu vermitteln. 72 Sie begründet daher auch keine zivilrechtliche Schuld, 73 sondern ist öffentlich-rechtliches Forderungsrecht des Staates,74 da ihre Verhängung einen öffentlich-rechtlichen und obligatorischen Anspruch auf Leistung begründet. 75 64 So noch BVerfGE 39, 1 (57). 65 Jescheck, 698. 66 Stenner, 21; Zipf, 139. 67 Jescheck-Geldstrafe, 258. 68 Jescheck /Grebing, 304 ff.; Fleischer, 16. 69 Bruns, 330; Bruns-Strafe, 71. 70 Schaeffer, 25; Berns, 18. 71 Jescheck (3. Aufl.), 632; Stenner, 21. 72 RGSt 2,33 (41). 73 So noch die frühere Obligationentheorie, wonach sich mit der Rechtskraft des Urteils die Geldstrafe in einen Fiskalanspruch zivilrechtlicher Art umwandelte; typisches Beispiel einer verfehlten Angleichung der Geldstrafe an das Zivilrecht ist die Vollstreckbarkeit einer rechtskräftigen Geldstrafe in den Nachlaß gem. § 30 StGB 1969, wo von einer Strafwirkung auf den Täter keine Rede mehr sein kann, vgl. Zipf, H., 31; Finkler, 114; Brüggemann, 161 ff.; vielmehr nur noch von einer „Nachwirkung fiskalischer Habgier." Maurach-AT, 693. 74 RGST-GA 49 (1903), 131. 75 Maurach/Gössel/Zipf, 505.

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Dieser öffentlich-rechtlichen Leistungspflicht aus dem mit der Urteilsverkündung begründeten Schuldverhältnis entspricht die Pflicht der je zuständigen Behörden, im Zweifel die Geldstrafe auch zu vollstrecken. Denn nur dann, wenn sie annähernd fühlbar ist wie die Freiheitsstrafe, die sie ersetzen soll, erfüllt sie ihren Zwecks als Strafmittel. 76 Da Geldstrafe echte öffentliche Strafe ist, kann auf ihre Einziehung nicht wie bei einer sonstigen öffentlich-rechtlichen Forderung verzichtet werden, vielmehr kann sie allenfalls von den Gnadenbehörden erlassen werden. 77 Damit werden auch durch das Strafrecht in nicht unerheblichem Umfang öffentlich-rechtliche Schuldverhältnisse begründet.

4. Das Subventionsschuldverhältnis Mit großer Akribie und dem Ergebnis kaum überschaubarer definitorischer Vielfalt ist der Begriff der Subvention untersucht worden, 78 ohne daß es den vielfältigen Bemühungen gelungen wäre, allgemeine Kriterien zur Beurteilung und Bestimmung von Subventionen festzulegen, die ihr Charakteristikum, Instrument mehrerer Wissenschaftszweige zu sein, hinreichend berücksichtigen. 79 Wissenschaftlich war diese Diskussion häufig unfruchtbar, 80 so daß Andel wohl zu Recht darauf hinweist, daß „der Grenzwert dieser Diskussion über den Subvenbtionsbegriff . . . gegen null" tendiert, „nicht selten ist er negativ," 81 weil nur zu oft die Frage der analytischen Zweckmäßigkeit einer Definition von dem Bemühen um Originalität und von politisch-taktischen Erwägungen in den Hintergrund gedrängt wird. 8 2 Dennoch wäre es keineswegs hilfreich, den Subventionsbegriff aus der wissenschaftlichen Erörterung völlig auszuschließen,83 jedoch ist bei seinem Verbleib zu beachten, daß Definitionen letztendlich Dogmen 84 sind, sprachliche Festsetzungen also, 85 deren Fruchtbarkeit davon abhängig ist, ob sie für den Zweck der jeweiligen Untersuchung geeignet sind. 86 Bezogen auf den Subventionsbegriff bedeutet dies, daß es nicht eine „richtige" Definition gibt, sondern nur mehr oder weniger nützliche Definitionen. 87 76 Brandstetter, 676. 77 Pallin, 204; Würtemberger, 18 und 26 ff. 78 Bleckmann, 9 ff.; Götz, 8 ff.; Grosser, 24 ff.; Krischer, 4 ff., jeweils mit weiteren Nachweisen. 79 Ipsen, 276; Zacher, 304. so Gröbner, 10. 81 Andel, 4. 82 Krischer, 12. 83 a. A. jedoch Meinhold, Sp. 3336. 84 Menger, 76; Popper, 27. 85 Rickert, 25 f. 86 vgl. Albert, 21 f.; Bochensky, 25 ff.: Larenz, 196; Sauer, 91. 87 Prest, 19. 3 Burger

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In der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur wurden seit je her, abgesehen von wenigen Ausnahmen,88 die sich jedoch nicht durchgesetzt haben,89 unter Subventionen nur die staatlichen Zuwendungen an Unternehmen der Erwerbswirtschaft verstanden, während die Unterstützung privater Haushaltungen nach wirtschaftswissenschaftlicher Auffassung nicht zu den Subventionen gerechnet wurden. 90 Diese Herausnahme der Zuwendungen an verbrauchende Haushalte aus dem ökonomischen Subventionsbegriff ist in der Lehre vom Sozialprodukt begründet, da aufgrund einer entsprechenden inhaltlichen Abgrenzung private Haushalte nichts zum Sozialprodukt beitragen, weil sie als solche keine Erwerbstätigkeit ausüben. Das System der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung bedingt somit die Begrenzung der Subventionsempfänger auf die erwerbswirtschaftlich tätigen Unternehmer. Im Gegensatz zu den Wirtschaftswissenschaften hat die Rechtswissenschaft keine alle Subventionsarten gleichermaßen umfassende Begriffsbestimmung hervorgebracht. 91 Erstaunen muß jedoch, wie nahezu geräuschlos der wirtschaftswissenschaftliche, sich auf die Lehre vom Sozialprodukt gründende Subventionsbegriff in die öffentlich-rechtliche Definition der Subvention eingegangen ist. 92 Dies kommt besonders in der Definition von Stern zum Ausdruck, der Subventionen als von Hoheitsträgern unmittelbar an Unternehmer zu Produktionszwecken gewährte finanzielle Sonderunterstützungen, die in die marktwirtschaftliche Wettbewerbslage eingreifen und so eine Änderung des freien Zustandekommens von Sozialprodukt und Einkommen bewirken, begreift. 93 Ohne die Bedeutung der Wirtschaftswissenschaften im Allgemeinen und ihre Bedeutung für die Analyse subventionsrelevanter Sachverhalte im Besonderen diminuieren zu wollen, muß dennoch darauf hingewiesen werden, daß die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung, so bedeutsam sie auch sein mag, die allein dem Gesichtspunkt der Rechtserheblichkeit verpflichtete juristische Betrachtungsweise nicht zu determinieren vermag. Die Beschränkung eines juristischen Subventionsbegriffes auf Leistungen der öffentlichen Hand an Unternehmen zu Produktionszwecken wäre allenfalls bei Zugrundelegung einer positivistischen Betrachtungsweise verständlich, wenn also das Ziel juristischer Begriffsbildung sich ^ konzentriert auf einen spezifisch wirtschaftsrechtlichen Subventionsbegriff und die angestrebte Einengung sich nahezu zwangsläufig ergibt aus der gegenständlichen Begrenzung des Wirtschaftsrechts. 94 Eine solchermaßen vorgenommene ss Vgl. ζ. B. Shoup, 43 u. 149 ff. 89 Andel-Subventionen, 492. 90 Albers, 834; Fischer, 1186; Gundlach, 2; Hansmeyer, 13 ff., Rutz, 9; Schmölders, 223 ff; Wessels, 5321. 91 Vgl. hierzu Bleckmann, 9 ff. 92 Götz, 9. 93 Stern, 521. 94 So auch Götz, 10.

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Individualisierung des Subventionsbegriffs wäre nicht einmal unzulässig, da sie für den Zweck einer entsprechenden Untersuchung durchaus geeignet ist, sofern Ziel und Zweck der Untersuchung nur offen genug ausgesprochen werden. Sofern jedoch im Zusammenhang mit Subventionen auftretende verwaltungsund verfahrensrechtliche Fragen untersucht werden sollen, etwa solche des individuellen Leistungsverhältnisses zwischen dem subventionierenden Hoheitsträger und dem subventionierten Bürger, wäre eine Begriffsbegrenzung der Subvention auf Leistungen an Unternehmen zu Produktionszwecken rational nicht nachvollziehbar, da es für die dann anstehenden Fragen, wie ζ. B. der Privat- oder Öffentlichrechtlichkeit oder der Ein- oder Zweistufigkeit des Subventionsverhältnisses, keinen Unterschied macht, ob erwerbswirtschaftlich agierende Personen bzw. Unternehmen oder konsumtiv sich verhaltende Haushaltungen in das Subventionsverhältnis involviert sind. Dagegen ergibt sich die Notwendigkeit, den hier zu definierenden Subventionsbegriff zu scheiden von Leistungen anderer Art, die zwar auch staatliche Zuwendungen sind, die jedoch, wie zu zeigen sein wird, anderen Begriffsinhalten und Rechtsgebieten zuzuordnen sind. So gehören zum Sozialrecht als selbständiger und von den Subventionen zu trennender Materie die Zuwendungen der öffentlichen Hand, die eine festgeformte, normative Gestaltung aufweisen, wie ζ. B. die Leistungen der Daseinsvorsorge, der Sozialhilfe, der Sozialversicherung usw., Leistungen also, die entsprechend der gebrauchten formellen Definition des Sozialrechts diesem Rechtsbereich zuzurechnen sind. Ebenfalls aus dem Subventionsbegriff auszuklammern sind die Leistungen, die sich Hoheitsträger untereinander im horizontalen oder vertikalen Finanzausgleich unter der Terminologie der Dotationen95 gewähren, da es sich bei diesen interetatären Ausgleichsmaßnahmen um staatsfinanzwirtschaftliche Vorgänge handelt, Haushaltsmittelumschichtungen innerhalb der Verwaltung also, die von den Subventionen des Staates an Private wesensverschieden sind. 96 Ähnlich diesen Vorgängen sind die finanziellen Leistungen für Wissenschaft und Forschung (mit Ausnahme der Bezuschussung industrieller Forschungsvorhaben), kulturelle Einrichtungen, Sport, Jugendpflege, Kirchen, Gewerksschaften, politische Parteien usw., da hierdurch kein Verhalten gefördert wird oder gefördert werden soll, daß dem öffentlichen Zweck als Gegenleistung erscheinen könnte. Auch die sogenannten „indirekten Subventionen," wie ζ. B. Steuervergünstigungen, müssen eliminiert werden, da es sich hierbei nicht um Ausgaben handelt, sondern um einen gewollten Einnahmeverzicht, der darüber hinaus auch keine 95 Wolff /Bachof III, S. 303, RN 4. 96 Scheuner, 1 ff.; Jesch, 178. 3*

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spezifischen Rechtsverhältnisse entstehen läßt, die sich als spezielle Subventionsverhältnisse konstruieren ließen. 97 Berücksichtigt man des weiteren, daß der Zuwendungsgewährung, so sie als Subvention deklariert werden soll, eine Verhaltensweise des Subventionierten gegenüberstehen soll, die als im öffentlichen Interesse liegende und erwartete Gegenleistung gewertet werden kann, der Subventionszweck somit Bestandteil des Begriffsmerkmals ist, 98 dieser „öffentliche Zweck" nahezu zum „Geheimnis des Subventionsbegriffs" apotheoisiert wird 9 9 , können für den Zweck dieser Untersuchung Subventionen als vom Staat, seinen besonderen Verwaltungseinheiten oder einer supranationalen Organisation (=Subventionsträger) an eine natürliche oder juristische Person des Privatrechts (=Subventionsempfänger) zu einem im öffentlichen Interesse liegenden Zweck (=Subventionszweck) gewährte unentgeltliche Vermögensvorteile in Form von Geldzahlungen angesehen werden, die beim Empfänger ein Verhalten bedingen sollen, das dem Gewährenden als Gegenleistung erscheint. 100 Ebenso umstritten wie der Subventionsbegriff ist die Beurteilung des Subventionsrechtsverhältnisses hinsichtlich seiner Zugehörigkeit zum privaten 101 oder zum öffentlichen Recht 102 oder gar entsprechend der Zweistufenlehre zu beiden Rechtsgebieten103. Da jedoch weder die rein privatrechtliche noch die zweistufig gemischte Konstruktion die im Rahmen von Subventionen auftretenden Rechtsfragen vollends zu klären vermögen 104 und der bei der Subventionierung unmittelbar verfolgte öffentliche Zweck eine Vermutung für den öffentlich-rechtlichen Charakter der Rechtsform begründet, 105 muß der noch verbleibenden Alternative zur Klärung des zwischen dem subventionierenden Hoheitsträger und dem Subventionierten bestehenden Rechtsverhältnisses, das häufig ein Dauerschuldverhältnis ist, 1 0 6 der rein öffentlich-rechtlichen Betrachtungsweise, eine aussichtsreiche Zukunft prognostiziert werden. 107 Aus diesem Grunde soll unter Subventionsrechtsverhältnis die besondere und selbständige öffentlich-rechtliche und unentgeltliche Rechtsbeziehung zwischen dem Subventionsempfänger und dem öffentlichen Subventionsgeber verstanden werden. Wesentlicher Inhalt dieser Rechtsbeziehung ist die rechtlich begründete 97 Grosser, 30. 98 Jarras, 116; Kaiser, 408 f.; Schetting, 8 ff.; Zacher, 318. 99 Zacher, 318. 100 ähnlich Grosser, 31; Zacher, 317. ιοί Reiner, 126 f.; Kegel, 385; Meister, 594 ff.; Badura, 241 ff. 102 Eyermann / Fröhler, § 40, RN 41; Kopp, § 40, RN 20; Zuleeg, 96; Badura, 293 ff.; BVwGE 6, 244 (246). 103 Ipsen, 603. 104 Grosser, 37. 105 Bleckmann, 96. 106 Zacher, 326; Battis/Gusy, 131. 107 Grosser, 38.

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Teilhabe des Subventionsempfängers an der Subvention im Sinne einer finanziellen Begünstigung,108 das Sub\entionsschuldverhältnis also. Dagegen werden die auch beim Subventionsrechtsverhältnis für den Subventionsempfänger bestehenden nichtvermögensrechtlichen Pflichten und Rechte im Subventionspflichtverhältnis geregelt. Die Herstellung dieses Subventionsschuldverhältnisses beruht wohl ausnahmslos auf der Initiative des Bewerbers in Gestalt eines Antrages oder einer entsprechenden Willensäußerung, da es sich aus dem Charakter der Subvention als Förderung, die in Anspruch zu nehmen niemand verpflichtet ist, ergibt, daß das Subventionsverhältnis nicht unmittelbar ex lege begründet wird. Dies gilt auch in den Fällen, in denen das Gesetz den Subventionsanspruch in allen Beziehungen konkretisiert, seine Erfüllung von keinem Ermessen, sondern nur von bestimmten Tatbestandsvoraussetzungen abhängig ist. 1 0 9 Unter Berücksichtigung der gleich zu Beginn aufgeworfenen Frage, ob hoheitlichem Handeln im Sinne eines Eingriffs in die ökonomischen Grundlagen privater Haushalte eine durchgängige Handlungsmaxime unterlegt werden kann und ob als Indikator für die Einhaltung dieser Handlungsmaxime das Einkommen zu dienen imstande ist, unterscheidet sich das Subventionsschuldverhältnis in einem wesentlichen Punkt von den anderen genannten öffentlichen Schuldverhältnissen. Bezogen auf die Frage nach dem subventionsrechtlichen Einkommensbegriff ist das Ergebnis subventionsrechtlicher Vielfalt nachgerade das genaue Gegenteil zum Ergebnis vergleichbarer sozialrechtlicher Vielfalt. Genau so, wie sich mit einer gewissen Prägnanz feststellen läßt, daß es den sozialrechtlichen Einkommensbegriff nicht gibt, läßt sich zum subventionsrechtlichen Einkommenbegriff feststellen, daß es einen solchen spezifischen subventionsrechtlichen Einkommensbergiff sui generis überhaupt nicht gibt. Das mag angesichts des Subventionsvolumens und der unterschiedlichen Subventionsarten zunächst verwundern, stattet doch die Subventionszahlung als ein unentgeltlich gewährter Vermögensvorteil in Form von Geldzahlungen ihren Empfänger mit einem Volumen an ökonomischer Leistungsfähigkeit aus, das, da grundsätzlich aus Steuereinnahmen finanziert, einen erheblichen Umverteilungsprozeß auslöst und in aller Regel auch perpetuiert 110 mit einer aus verfassungsrechtlicher Sicht bedenklichen selbstverstärkenden Wirkung. 111 Dieser Umverteilungsprozeß wird darüber hinaus noch überlagert durch die Preis- und Marktwirkungen, die initiiert werden durch das den Subventionen nun einmal innewohnende Kaufkraftpotential. Somit verändern Subventionen sowohl die Einzeleinkommen der subventionierten und der nichtsubventionierten Wirtschaftssubjekte als auch das volkswirtschaftliche Gesamteinkommen in seiner 108 Götz, 32. 109 ipsen, 603. no Kirchhoff, 15. in Arnim-Subventionen, 85.

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Struktur und Größe. 112 Daß es dennoch trotz dieser erheblichen Einkommenswirkungen nicht zu einem eigenständigen subventionsrechtlichen Einkommensbegriff gekommen ist oder vielleicht sogar auch nicht kommen konnte, wird verständlich, wenn noch einmal ein Blick geworfen wird auf den Zweck der Zuwendungsgewährung, der nicht zuletzt darin liegt, daß vom Subventionierten eine Verhaltensweise erwartet wird, die als eine im öffentlichen Interesse liegende und erwartete Gegenleistung geweitet werden kann. Somit ist vom Grundsatz her das Subventionssystem keine Sozialhilfe besonderer Art für überwiegend trotz des dieser Untersuchung zugrunde liegenden Subventionsbegriffs erwerbswirtschaftlich tätige Unternehmen und hat auch nicht vorrangig die Aufgabe, bei einem bestimmten Segment von Marktteilnehmern fehlende ökonomische Leistungsfähigkeit infolge fehlenden Einkommens abzugleichen oder gar die Wirtschaft schlechthin mit Geld zu versorgen. Vielmehr soll mit der aus Mitteln öffentlicher Finanzwirtschaft erbrachten Leistung ohne Anwendung hoheitlichen Zwangs so auf das Handeln der Subventionsempfänger kontinuierlich lenkend und koordinierend Einfluß genommen werden, daß das Handeln den Intentionen des Subventionsgebers entspricht. 113 Dabei begründen nicht Ge- und Verbote, sondern Anreiz und Abschreckung durch Gewährung oder Versagung materieller Wohltaten die Wirksamkeit dieser Initiativen, die komplexe, im Interesse des Öffentlichen liegende Zwecke verfolgen. 114 Somit ist ein wie auch immer zu bestimmendes Einkommen und eine wie auch immer zu definierende Einkommensgrenze im öffentlichen Schuldrecht des Subventionsrechtsverhältnisses nicht Tatbestandsmerkmal oder Bemessunggrundlage für eine angebotene Subvention, mag diese nun auf gesetzlicher Grundlage erfolgen oder aufgrund eines Ansatzes im Haushaltsplan und dazu erlassener Verwaltungsrichtlinie. 115 Auch bei solchen Subventionen, die kleineren oder mittelständischen Unternehmen zu einer Verhaltensänderung oder Verhaltensbindung motivieren wollen, ist die Höhe des Einkommens bzw. des Gewinns kein geeignetes Kriterium zur Bestimmung des Subventionsadressaten, erwirtschaften doch, und leider häufig genug, selbst große Unternehmen, mag ihre Größe nun durch die Höhe ihres Umsatzes, ihre Produktionskapazität oder durch die Zahl ihrer Mitarbeiter bestimmt werden, ausgesprochen kleine Gewinne oder sogar Verluste. Wenn es jedoch das politische Ziel des Staates ist, bestimmten Wirtschaftssubjekten oder -bereichen ein Einkommen zu garantieren, daß sie sonst wegen einer vorangegangenen Strukturveränderung nicht mehr erwirtschaften können, so ist die Verlust-Ausgleichssubvention hierzu ein geeignetes Mittel. 1 1 6 So ermächtigt 112 Schorn, 5. us Dickertmann, 82. 114 Kirchoff, 14. h 5 Zur Rechtsgrundlage der Richtlinienförderung: Hofmeir, 30 ff. und 48 ff.; Eppe, 26 f.; Rüfner-Formen, 209 ff.

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nach § 64 a BHO das Haushaltsrecht des Bundes und der Länder die jeweiligen Regierungen, einen Ausgleich von vorhandenen oder bevorstehenden Verlusten vorzunehmen und Zuschüsse zu gewähren, wenn diese dazu dienen, die Produktion derartiger Unternehmen aufrecht zu erhalten. Subventionsberechtigt sind jedoch nur solche Unternehmen, an deren Fortbestand Bund und / oder Länder ein erhebliches Interesse haben. 117 Bemessungsgröße und Tatbestandsvoraussetzung für Verlust-Ausgleichs-Subventionen ist der im zu fördernden Unternehmen entstandene Verlust, der entweder nach steuerrechtlichen oder handelsrechtlichen Grundsätzen ermittelt wird, nicht jedoch durch Anwendung einer spezifischen subventionsrechtlichen Einkommensermittlungsmethode. Beispiel für eine derartige Subvention ist die Einräumung einer Schuldbuchforderung von 666,7 Mio DM, die einzuräumen sich die Bundesregierung am 20. Mai 1972 verpflichtet hatte unter der Bedingung, daß diese Finanzhilfe als Stabilisierungsrücklage in der Bilanz der Ruhrkohle AG erscheint und nur mit Zustimmung des Bundes aufgelöst werden darf. 118 Ein weiteres Beispiel, ebenfalls aus dem Bereich des Steinkohlebergbaus, ist die 1975 ausgelaufene Maßnahme zur Aufrechterhaltung der Steinkohlebergwerke Ibbenbühren, die dazu diente, den Betrieb dieser Schachtanlage, die seit Jahren mit Verlust arbeitete, aus energiepolitischen Gründen und wegen der regionalund sozialpolitischen Bedeutung der Zeche für den Raum Ibbenbühren aufrechtzuerhalten. Zum Teilausgleich der Verluste ist in den Jahren 1974 und 1975 vom Bund ein Zuschuß von insgesamt 60 Mio D M und vom Land Nordrhein-Westfalen ein weiterer Zuschuß von 30 Mio D M gewährt worden. 119 Nur bei einigen wenigen Subventionen, die ausschließlich die Förderung der Landwirtschaft zum Ziel haben, ist die Höhe des Einkommens relevant für die Subventionsgewährung. So werden ζ. B. Subventionen als Förderungsmaßnahme im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" im Landarbeiterwohnungsbau zum Bau und Kauf von eigengenutzten Familienheimen und Eigentumswohnungen, für ihre bauliche Verbesserung durch Um- und Ausbau nur dann gewährt, wenn die geförderten Wohnungen dem Zweiten Wohnungsbaugesetz entsprechen und das Einkommen des Subventionsempfängers die Einkommensgrenze des § 25 2. WoBauG nicht überschreitet. 120 Gleiches gilt für Subventionen aus dem Programm zur Verbesserung der Wohnverhältnisse in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben des Landes Bayern, 121 die für den Neubau eigengenutzter Wohnhäuser in bestehenden Hof116 Schorn, 203. in Glinz, 68. ne 10. Subventionsbericht, BT-Drucks. 10/3821, 99. 119 6. Subventionsbericht, BT-Drucks. 8/1195, 99. 120 Bay. Staats-Reg., IV A, S. 7. 121 Bay. Staats-Reg., IV B, S. 1 f.

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stellen und für die Verbesserung oder Erweiterung des familieneigenen Wohnungsraums gewährt werden. Auch hier ist die Antragsberechtigung nur insoweit gegeben, als das Jahreseinkommen gem. § 25 2. WoBauG in der jeweils gültigen Fassung nicht überschritten wird. Zusammenfassend läßt sich somit feststellen, daß Subventionen als unentgeltliche Vermögensvorteile in Form von Geldzahlungen zwar die ökonomische Leistungsfähigkeit der Subventionsempfänger verbessern und stärken, in aller Regel aber die Höhe des Einkommens der Subventionsempfänger keinen Einfluß hat auf die Antragsberechtigung oder die Höhe der Subvention. Die Ursache hierfür liegt in der Zielsetzung, daß durch die Subventionierung eine Verhaltensweise des Subventionierten erreicht werden soll, die als im öffentlichen Interesse liegende und erwartete Gegenleistung gewertet werden kann. Nur dann ist das Einkommen als negatives Einkommen subventionsrelevant, wenn der Subventionsträger ein Interesse daran hat, daß ein privates Unternehmen Aufgaben erfüllt, die es sonst wegen fehlender Gewinnmöglichkeiten nicht auf Dauer ausführen kann, somit der Verlustausgleich die einzige Möglichkeit ist, den Subventionsempfänger zum erwarteten Verhalten der Weiterführung seines Betriebes zu veranlassen. Da es somit nur in diesen besonderen Fällen auf ein bestimmtes Einkommen oder Nichteinkommen ankommt, scheidet auch das Leistungsfähigkeitsprinzip als Handlungsmaxime für die Eingriffe des Staates in die ökonomischen Grundlagen seiner Bürger durch Subventionsgewährung aus.

Β. Handlungsgrundsätze in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen des sozialen Rechtsstaates I. Der soziale Rechtsstaat als Rechtsstaat und Sozialstaat In einem sozialen Rechtsstaat, zu dem sich die Bundesrepublik gem. Art. 28 I GG verfassungsgemäß bekennt und dessen Grundlage der staatsphilosophische Individualismus mit sozialer Bindung bildet, 1 ist die öffentliche Gewalt verpflichtet, 2 ihr Handeln unter den Gesichtspunkt der sozialen Gerechtigkeit zu stellen.3 Damit sind sowohl die Finanz- und Steuerpolitik im besonderen als auch die Wirtschafts- und Sozialpolitik im allgemeinen den Prinzipien des Rechtsstaates wie auch des Sozialstaates unterstellt. Rechtsstaatlichkeit, ein Begriff, der entstanden ist aus der Auseinandersetzung zwischen Staat und Bürgertum, meint den Rechtsstaat nicht nur in seinem rein formalen Sinne als Gesetzesstaat,4 sondern auch in seinem materiellen Sinne,5 da sein Aufgabenbereich außer der Rechtssicherheit den Schutz von Leben, Freiheit und Eigentum des Staatsbürgers innerhalb des eigenen Staates und nach außen umfaßt. 6 Der Sozialstaat, entstanden aus dem spezifischen Verhältnis zwischen Staat und Industriegesellschaft, 7 ist darüber hinaus der dem Industriezeitalter adäquate Staat der sozialen Intervention zur Erreichung sozialer Integration als Lösung jener spezifischen Konflikte, die typisch sind für eine Industriegesellschaft. Daher erfordert das Sozialstaatsprinzip ein System staatlicher Maßnahmen zur Sicherung des sozialen Aufstiegs, zur Herstellung der sozialen Partnerschaft sowie zur Deckung des Daseinsbedarfs der breiten Schichten.8 Wenn somit der soziale Rechtsstaat die Synthese darstellt von die Freiheit des Einzelnen als einer wesentlichen Bedingung menschenwürdigen Daseins sichernder Rechtsstaatlichkeit und der Sozialstaatlichkeit als das der Sicherung der sonstigen Bedingungen menschenwürdigen Daseins dienende Prinzip, 9 stellt sich die Frage, ob es Grundsätze gibt, die trotz der Polarität von personaler Freiheit ι Ossenbühl, 80. 2 Klein-Studie, 190 f. 3 Gerber, 38 ff. 4 Menger, C. F., 768; Menger-Begriff, 52. 5 Scheuner-Entwicklung, 250. 6 Huber, 253; Bender, 330 f.; Hirschberger, 217. 7 Huber, 261; Bender, 343. s Huber, 256 f. 9 Bender, 351 ff.

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und sozialer Sicherheit und daraus resultierendem „Spannungsverhältnis" 10 eine sinnvolle und durchsetzbare Synthese gestatten. Dabei genügt es nicht, es bei staatsphilosophischen, soziologischen oder ethischen Überlegungen bewenden zu lassen, denn der rechtsstaatliche Grundsatz der Freiheit und der freien Entfaltung des einzelnen sowie das sozialstaatliche Erfordernis, Bedingungen zu schaffen für ein menschenwürdiges Dasein, das auch kulturellen Bedürfnissen Rechnung trägt, haben bei allem Respekt vor grundsätzlichen philosophischen Überlegungen auch eine zutiefst materielle, sprich ökonomische Komponente. In diese ökonomischen Grundlagen der Individuen greift die öffentliche Gewalt permanent als continuum ein, indem sie einerseits ökonomische Leistungsfähigkeit durch das Auferlegen von Steuern, Gebühren, Bußen und Strafen abschöpft, andererseits aber auch ökonomische Leistungsfähigkeit gewährt durch Hingabe von Transferleistungen und Subventionen. Die Einkommenslage privater Haushalte als Ausdruck ökonomischer Leistungsfähigkeit und damit als Voraussetzung, als Potential also für die tatsächliche Verwirklichung rechts- und sozialstaatlicher Prinzipien im täglich er- und gelebten Alltag, ist heute vielfach davon abhängig, welche staatlichen Leistungen sie insgesamt erhalten und welche Steuern und Abgaben sie zu leisten haben.11 Damit ist die Frage aufgeworfen nach der Handlungsmaxime staatlichen Eingriffsverhalten in die ökonomischen Grundlagen seiner Bürger. Dabei ist zu beachten, daß der demokratische und soziale Rechtsstaat keine beliebigen Gestaltungsmöglichkeiten besitzt, sondern daß sein Handeln soweit wie möglich die Interessen und Intentionen seiner Bürger beachten und berücksichtigen muß, 12 die sich nicht zuletzt in Wahlergebnissen artikulieren.

I I . Das Äquivalenzprinzip Die Rechtfertigung für einen Eingriff in die ökonomischen Grundlagen seiner Bürger kann sich aus den Vorteilen ergeben, die der Staat seinen Bürgern als Gegenleistung für seinen Eingriff bietet. Somit könnte es als gerecht angesehen werden, daß der einzelne in dem Ausmaß zur Finanzierung der öffentlichen Leistungen beiträgt, wie er öffentliche Leistungen beansprucht. 13 Wegen des hierin liegenden Grundsatzes der Entsprechung von Leistung und Gegenleistung folgt diese Handlungsmaxime dem Äquivalenzprinzip, auch Vorteils- oder Nutzenprinzip genannt.14 Dabei liegt der Gedanke nahe, den marktwirtschaftlichen Preisbildungsprozeß auf den öffentlichen Bereich zu transponieren und dessen 10 Bogs, 311. 11 Giloy-Einkommen, 5. 12 Haller, 13. 13 Hanusch, 38. 14 Haller, 13; Ossenbühl, 24.

II. Das Äquivalenzprinzip

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Leistungen nicht nach den Kosten zu bemessen im Sinne einer kostenmäßigen Äquivalenz, sondern Art und Umfang der öffentlichen Leistung einerseits sowie die Belastung des Bürgers bei ihrer Inanspruchnahme andererseits an den Präferenzen der Staatsbürger zu orientieren, 15 um hierdurch eine marktwirtschaftliche Äquivalenz zu erreichen. 16 So faszinierend ein solcher Gedanke auch ist, marktwirtschaftliche, durch die Berücksichtigung des grundsätzlichen Spannungsverhältnisses von Angebot und Nachfrage letztlich wettbewerbsorientierte Überlegungen zur Richtschnur öffentlichen Handelns werden zu lassen, so ernüchternd ist ein Blick auf die Realität öffentlichen Handelns, das selbst in ökonomienahen Bereichen häufig genug geradezu kontraproduktiv ist. Aber selbst das kostenmäßige Äquivalenzprinzip ist kaum geeignet, durchgängige Maxime öffentlichen Handelns im Sinne einer Integration von Steuer- und Strafzumessungssystem einerseits und Transfersystem andererseits zu sein. Wenn auch nicht verkannt werden soll, daß jeder Staatsbürger mehr oder weniger von der Staatstätigkeit profitiert und auch mehr oder weniger staatliche Leistungen direkt oder mittelbar beansprucht, so versagt das Prinzip kostenmäßiger Äquivalenz völlig bei der Inanspruchnahme sozialer Leistungen und Subventionen, da von den Empfängern derartiger Leistungen ja gerade keine Abgaben in Höhe der dem Staat entstandenen Kosten abverlangt werden sollen und können. Aufwendungen für Subventionen und Sozialleistungen stellen Umverteilungsvorgänge dar, für die der Staat die Funktion einer „Schaltstelle" 17 hat, allerdings einer extrem politisch motivierten. Weil darüber hinaus das Sozialstaatsprinzip ein System staatlicher Maßnahmen zur Sicherung des sozialen Aufstiegs, zur Herstellung sozialer Partnerschaft sowie zur Deckung des Daseinsbedarf breiter Schichten verlangt, bedeutet die [ausschließliche] Verteilung von Staatsleistungen nach dem Äquivalenzprinzip die Negation der Forderung, für gesellschaftlich Unterpriviligierte besondere Sorge zu tragen. 18 Allenfalls erscheint für spezielle Verwaltungsfunktionen, die in der Regel auch nur bestimmten Gruppen zugute kommen, eine Gebührenerhebung nach dem Äquivalenzprinzip gerechtfertigt zu sein, 19 jedoch sollte sie sich ausschließlich an den Kosten des einzelnen Verwaltungshandeln orientieren und nicht an Wertbeträgen, da das Äquivalenzprinzip als auch die verfassungskräftige Geltung des Kostendeckungsprinzips 20 eine Begrenzung von Gebühren durch die Höhe der durch die Leistung verursachten Kosten verlangen. 21

15 Weston, 165 f; Mann, 108 f. 16 Haller, 13; Musgrave, 62; Musgrave u. Α., 1. Bd., 82. π Haller, 31. is Neumann, F. J., 46 ff; Blum/Kalven, 38, Czub, 28; Hanusch, 40. 19 Seidl, 93. 20 Wendt-Gebühr, 156. 21 Haller, 26; Clausen, 171.

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III. Das Leistungsfähigkeitsprinzip Im Steuerrecht war bereits durch den Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit eine wesentliche rechtsstaatliche und auch soziale Entscheidung getroffen worden, wird doch bereits dadurch garantiert, daß der einzelne in der sozialen Gemeinschaft seinen Bedürfnissen und Mitteln entsprechend besteuert wird und einen entsprechenden Grundstock von wirtschaftlichen Mitteln behält, 22 da steuerliche Leistungsfähigkeit erst jenseits des Existenzminimums beginnt. 23 Wenn dies aber so ist, stellt sich die Frage, ob nicht das Leistungsfähigkeitsprinzip eine, vielleicht sogar die geeignete Handlungsmaxime für hoheitliche Eingriffe in die ökonomischen Grundlagen der Individuen ist, und zwar gleichermaßen für belastendes wie für begünstigendes Eingriffsverhalten, sind diese beiden Verhaltensformen, soweit sie auf das Abschöpfen bzw. Gewähren ohne Gegenleistung von Kaufkraft abzielen, doch spiegelbildliche Seiten grundsätzlich gleich strukturierten Handelns. In der Tat erscheint eine auf das Steuerrecht beschränkte begriffliche Umgrenzung der Last und der Leistungsfähigkeit sehr vordergründig, kann doch der Staat anstelle einer steuerlichen Entlastung ohne weiteres [zumindest technisch, ob auch rechtlich zulässig wäre Gegenstand einer besonderen Prüfung] eine Entlastung über eine direkte Zahlung gewähren. 24 Wenn aber eine am Prinzip der Leistungsfähigkeit orientierte Steuerverteilung beliebig geändert werden könnte durch ein Transferleistungssystem, das sich an anderen Kriterien orientiert, liegt es nahe zu fordern, das Leistungsfähigkeitsprinzip nicht auf das Steuerrecht zu beschränken, sondern als durchgängige Handlungsmaxime zu installieren. Aus diesem Grunde soll zunächst das Leistungsfähigkeitsprinzip in seinen Grundzügen dargestellt werden und sodann nach Kriterien gefragt werden, die geeignet sind, Ausmaß und Grad der Leistungsfähigkeit zu messen. 1. Darstellung Das Leistungsfähigkeitsprinzip, auch ability-to-pay principle 25 genannt, wird im Steuerrecht definiert als der Grundsatz, die Zensiten so zu belasten, wie es ihrer individuellen Leistungsfähigkeit entspricht mit der Folge, daß gleich Leistungsfähige auch gleiche Steuerbeträge zu entrichten haben.26 Die individuellpersönliche Leistungsfähigkeit, auch Steuerfähigkeit 27 genannt, ist somit die Fähigkeit, entsprechend bestimmter objektiver und subjektiver Bedingungen die 22 Bellstedt, 54; Forsthoff, 10. 23 Tipke, 63. 24 Birk, 5. 25 Weston, 171; Stamp, 8. 26 Ulbrich, 7; Ossenbühl, 85. 27 Neumark-Grundsätze, 126.

III. Das Leistungsfähigkeitsprinzip

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finanziellen Belastungen zu tragen, die durch die Steuerzahlung entsteht.28 Dabei ist in dem Nutzenverlust, der dem Zensiten dadurch entsteht, daß seine persönliche Bedürfnisbefriedigung durch die Steuerzahlung gemindert wird, ein Opfer zu erblicken, 29 das der einzelne auf sich zu nehmen hat zugunsten einer Befriedigung des Kollektivbedarfs, 30 und zwar unter Berücksichtigung aller persönlichen Umstände, die das Opfer erhöhen oder verringern. 31 Da ein Opfer nicht nach Vorteilen, die man erlangt, oder nach Kosten, die man verursacht hat, bemessen werden kann, steht das Leistungsfähigkeitsprinzip dem Äquivalenzprinzip nicht nur diametral gegenüber, vielmehr erscheint ein solcher Beitrag für das Ganze völlig losgelöst von konkreten Gegenleistungen des Staates und erfordert statt dessen eine Entsprechung in einer völlig anderen Richtung: die Höhe der Belastung ist so zu bestimmen, daß jeder hieran zugunsten der Allgemeinheit gleich schwer zu tragen hat. Dabei ist Gleichheit nicht im Sinne einer absoluten Gleichheit zu sehen, vielmehr ist Gleichheit in dem hier gebrauchten Sinne im Unterschied zur Identität immer eine relative Gleichheit, da nur das Identische vollkommen gleich ist, das Gleiche jedoch nur bezüglich einer oder mehrerer Merkmale. 32 Das Leistungsfähigkeitsprinzip setzt für die Besteuerung dabei die Maßstäbe dafür, wie bei der Belastung von Gleichem zu verfahren und von Ungleichem zu differenzieren ist. Es ist somit die „Grundkategorie" 33 gleicher Lastenverteilung, gewissermaßen dogmatischer Ausgangspunkt.34 Bei der Bestimmung der Leistungsfähigkeit eines Menschen ist auszugehen von dem tatsächlich Erworbenen und nicht von der Fähigkeit, erwerben zu können. 35 Das so verstandene Leistungsfähigkeitsprinzip respektiert grundsätzlich die Freiheit des einzelnen, sich für oder gegen einen Erwerb zu entscheiden. Das Belastungsverhalten des Staates durch Steuern, Bußen und Strafen partipiziert 28 Gerloff-Lehre, 281; Meyer-Principien, 311; Ossenbühl, 85. 29 Ulbrich, 7; Seidl, 93 ff.; dagegen Neumark-Steuerpolitik, 123, der den Begriff „Opfer" für wenig glücklich hält, um den Charakter derfiskalischen Verpflichtung von Staatsbürgern unserer Epoche zu kennzeichnen. 30 Haller, 14; Kendrik, 95 f.; Pigou, 41 f. 31 Meyer-Principien, 311 u. 338; Blum/Kalven, 64; Pohmer, 147. 32 Nef, 7; Klein-Studie, 14 f.; Tipke, K , 269 f. 33 Birk-Stand, 298; a. A. Leisner, 98. 34 Auch die nicht auf dem Boden der Philosophie, sondern auf demjenigen des positiven Rechts gewachsene Definition der Gerechtigkeit enthält das Moment der Gleichheit. Es ist die Begriffsbestimmung des Ulpian: Iustitia est constans et perpetua voluntas ius suum cuique tribuendi. D, I, 1, 10; siehe auch Inst. I, 1: . . . ius suum cuique tribuens; die Gleichheit kommt darin zum Ausdruck, daß die voluntas constans et perpetua sein soll, und zwar ist es so, daß die beiden Adjektive verschieden nuanciert sind und eigentlich nur zusammen den vollen Begriff der gemeinten Gleichheit decken; vgl. auch Heumann-Seckel, 98, der für die Übersetzung angibt: dauernd, beständig, immerwährend, also ganz im Sinne der zeitlichen Gleichheit. 35 Kirchhof-Gesetz, 785: „Eine Steuer, die ausschließlich auf das Erworbene, nicht auf die Erwerbsfähigkeit zurückgreift, weist der Eigentumsgarantie die Aufgabe eines Vorpostens im Schutz gegen die Besteuerungsgewalt zu, der alle übrigen Grundrechte entlasten kann."

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an den im Erwerbsstreben erzielten privatnützigen Gegenleistungen und erfordert nicht eine Abgabe oder Vorbelastung für Untätigkeit, sondern kann nur den tatsächlich erzielten wirtschaftlichen Erfolg in Anspruch nehmen.36 Das Leistungsfähigkeitsprinzip begründet denn auch nicht eine rechtliche oder sittliche Pflicht für jedermann, seine Erwerbsfähigkeit auch tatsächlich für das Gemeinwohl einzusetzen,37 vielmehr hat der soziale Rechtsstaat, wenn auch in einer vielleicht bemerkenswerten Liberalität, zu dulden, daß der Bürger seine Talente brach liegen läßt und seinen Beitrag zur Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs verweigert. Grundsätzlich gilt dies auch für die Gewährung von Transferleistungen, die an das tatsächliche Nichtvorhandensein von finanzieller Leistungsfähigkeit anzuknüpfen und nicht danach zu fragen hat, ob ausreichende Leistungsfähigkeit nicht durch gehörigen und zumutbaren Einsatz vorhandener Fähigkeiten erlangt werden könnte zur Schonung öffentlicher Ressourcen. Hiergegen das Argument anzuführen, die „Faulenzer" müßten dagegen zu einem tätigen Leben gebracht werden, hieße doch wohl, die These vom Ethos der Arbeit überzustrapazieren. 38 Etwas anderes zu verlangen ist nur dann möglich, wenn man aufhört, das Recht der freien Entfaltung der Persönlichkeit ernst zu nehmen. Nur tatsächlich vorhandene Leistungsfähigkeit im Sinne von Zahlungsfähigkeit kann und ist somit in Anspruch zu nehmen, nicht also die Fähigkeit zu zukünftigen Leistungen, 39 dementsprechend ist im Bedarfsfalle Zahlungsfähigkeit durch Transferleistungen zu gewähren und nicht auf einen möglichen Erwerb von Zahlungsfähigkeit durch eigene Leistung zu verweisen. Da eine so verstandene Leistungsfähigkeit ein Tatbestand bloßen wirtschaftlichen Erfolges ist, der nicht die Ursachen und damit auch nicht die Legitimität dieses Erfolges zum Ausdruck bringt, ist die Frage, ob das Ausmaß erreichter oder nicht erreichter Leistungsfähigkeit Ergebnis besonderer Anstrengung ist oder nicht, ohne Relevanz. Da es keinen Zwang zu staatsangemessener Produktivität zu geben hat, weil der Bürger in einem sozialen Rechtsstaat nicht in einem Leistungspflichtverhältnis steht, aus dem er erst nach Erfüllung bestimmter Erwerbs- oder Leistungstätigkeiten entlassen wird, steht das Leistungsverhalten auch nicht unter einem normativen Werturteil. Nur das tatsächlich Erworbene braucht offenbart zu werden und nur dieses kann zur Deckung des Kollektivbedarfs herangezogen werden. Vor Inanspruchnahme von Transferleistungen ist der objektive Tatbestand der Nichtleistungsfähigkeit nachzuweisen, auf daß er durch Leistungen des Staates in einen Tatbestand der, wenn auch sicherlich mäßigen, Leistungsfähigkeit transformiert wird. Das Leistungsfähigkeitsprinzip als Handlungsmaxime hoheitlichen Handelns im Sinne eines Eingriffs in die ökonomischen Grundlagen privater Haushalte ist 36 Biergans / Wasmer, 62; Benda, 160. 37 Kirchof, 325; so jedoch noch Art. 163 WRV. 38 Schmidt, Kurt, 389. 39 Seligman-Taxation, 208 f.

III. Das Leistungsfähigkeitsprinzip

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nicht ohne Kritik geblieben. Unstreitig ist, daß Ausmaß und Wirklichkeit, Theorie und Praxis der Gesetzgebung mehr oder weniger auseinanderfallen. 40 Die Kritik anerkennt zwar, daß der Grundsatz, jeden nach seiner Leistungsfähigkeit zu belasten bzw. zu unterstützen, die europäischen Staaten geprägt und Marksteine der Finanzgeschichte gesetzt habe,41 hält jedoch die Zeit für gekommen, vom Leistungsfähigkeitsprinzip Abschied zu nehmen und seine Zweckmäßigkeit und sogar seinen Sinn in Frage stellen. Begründet wird diese Auffassung mit dem Hinweis, daß der Grundsatz der Belastung nach der Leistungsfähigkeit im Laufe der Zeit von einer materiellen Vorschrift zu einer formalen Norm degeneriert sei und darüber hinaus die theoretische Basis der Doktrin mit den jüngeren wirtschaftswissenschaftlichen Erkenntnissen kollidiere, 42 da sie bestenfalls zu einer Bestimmung des Minimums der Nutzeneinbuße führe, dieses Minimum der Einbuße jedoch nicht identisch sei mit dem Maximum des Nutzens aller Wirtschaftssubjekte. 43 Die Kritik des Leistungsfähigkeitsprinzips übersieht, daß es vor allem nach adäquaten Bemessungsgrundlagen verlangt, um seiner Aufgabe als „Schutzprinzip" 4 4 gerecht zu werden. Auch darf es nicht einseitig mit einem progressiven Tarif in Verbindung gebracht werden, da der progressive Tarif nicht Ausfluß des Leistungsfähigkeitsprinzip ist, 45 sondern seine Grundlage im Sozialstaatsprinzip hat. 46 Das Leistungsfähigkeitsprinzip ist, das soll nicht verkannt werden, insofern ein „rohes" 47 Prinzip, als es an äußere Merkmale anknüpft. Seine Anwendung wäre eine einfache Angelegenheit, könnte man die Leistungsfähigkeit der zum Opfer aufgerufenen oder der zum Empfang von Transferleistungen berechtigten Staatsbürger unmittelbar messen oder bestimmen. Eine solche Möglichkeit der unmittelbaren Messung der Leistungsfähigkeit gibt es nicht und kann es auch nicht geben, da der Grad der in der Leistungsfähigkeit zum Ausdruck kommenden Bedürfnisbefriedigung nur gefühlsmäßig festgestellt werden kann. 48 Es ist darum notwendig, meßbare Größen ausfindig zu machen, die mittelbare Auskunft geben über den Grad der Leistungsfähigkeit. Zu fragen ist also nach dem „Generalindikator der Leistungsfähigkeit," 49 nach dem „objektive index of ability to pay," 5 0 der 40

Tipke, 61; Schneider-Einkommensbegriff, 418. Vgl. die historische Würdigung des Leistungsfähigkeitsprinzips in Mann-Ideale, insbes. 95 ff., 147 ff., 225 ff., 306 ff. « Littmann-Valet, 113. « Littmann-Valet, 117 f. 44 Tipke, 61. 45 Cohen Stuart, 54 ff.; Sax, 58 ff.; Musgrave / Peacock, 36. 46 Ossenbühl, 102; Tipke, 41. 47 Tipke, 62. 48 Haller, 42. 49 Haller, 42. 50 Musgrave, 94. 41

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so beschaffen sein muß, daß er die Leistungsfähigkeit möglichst vollständig und unverzerrt anzuzeigen vermag, da es sonst nicht möglich wäre, Wirtschaftssubjekten, die die gleiche Bedürfnisbefriedigung genießen, also definitionsgemäß über eine übereinstimmende Leistungsfähigkeit verfügen, gleiche Nutzenquanten abzufordern oder zu gewähren. 51 Die Beachtung derartiger Anforderungen trägt dazu bei, die Möglichkeit einer willkürlichen Wahl der Maßstäbe zur Bestimmung der Leistungsfähigkeit zu vermeiden. 52

2. Indikatoren der Leistungsfähigkeit Grundsätzlich kann über Indikatoren die Leistungsfähigkeit auf zweierlei Weise gemessen werden: zum einen auf der Entstehungsseite durch die Heranziehung des Einkommens als Bestimmungsgröße, zum anderen auf der Verwendungsseite durch Ermittlung der Konsumausgaben, da Bedürfnisbefriedigung und Verbrauch nicht zu trennen sind. Denkbar ist es auch, das Vermögen als Indikator der Leistungsfähigkeit heranzuziehen, da bereits in der bloßen Existenz des Vermögens eine Erweiterung des Bedürfnisbefriedigungspotentials gesehen werden kann.

a) Die Konsumausgaben als Indikator für Leistungsfähigkeit So selbstverständlich die Aussage ist, daß zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse die Individuen konsumieren, so ungenau ist sie auch. Sofern die Güter, die zum Zwecke des Konsums erworben wurden, in der Periode des Erwerbs auch aufgebraucht werden, sind Konsum und die Ausgaben für diesen Konsum noch kongruent. Anders wird es schon, wenn Ausgaben für langlebige Konsumgüter getätigt werden, da in diesen Fällen die Konsumausgaben in der Periode des Erwerbs höher sind als der nutzenstiftende Verbrauch, während in den Folgeperioden die effektive Güternutzung die Ausgaben für Konsumgüter übersteigt. Aber auch abgesehen von diesen mehr meßtechnischen Problemen ist daraufhinzuweisen, daß Ausgaben nicht nur für konsumtive Zwecke getätigt werden können und somit die Möglichkeit besteht, Bedürfnisse nicht nur konsumtiver Art zu befriedigen. Werden Ausgaben nicht konsumtiv, sondern investiv getätigt, könnte durch die Art der Ausgabe unmittelbar die Leistungsfähigkeit beeinflußt werden, wenn das Maß an Konsum zum Indikator der Leistungsfähigkeit bestimmt wird. Dieser Effekt verstärkt sich in dem Maße, in dem nicht nur die Einkommensbestandteile hierzu verwendet werden, die das für das jeweilige Individuum übliche Konsumvolumen übersteigen, sondern die Investitionsausgaben durch unmittelbaren Konsumverzicht finanziert werden. Wird darüber hinaus Leistungsfähigkeit 51 Ulbrich, 17. 52 Wilhelm, 96 f.

III. Das Leistungsfähigkeitsprinzip

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nicht nur verstanden als Gradmesser für Steuerfähigkeit, sondern als zielsetzende Handlungsmaxime für hoheitiche Eingriffe in die ökonomischen Grundlagen der Individuen auch im Sinne einer Gewährung von Leistungsfähigkeit, erweisen sich Konsumausgaben als Indikator für Leistungsfähigkeit vollends als unbrauchbar, da bei totaler Verwendung selbst höchster Beträge für nicht konsumtive Zwecke [in der Darstellungsform der in der Volkswirtschaftslehre verwendeten Identitätsgleichungen Y = S bei S = / und C = 0 ] 5 3 eine Null-Leistungsfähigkeit generiert werden könnte, aus der Ansprüche auf Gewährung von Leistungsfähigkeit aus Transfereinkommen abzuleiten wären. Somit bedeutet die Anwendung des Konsumansatzes faktisch ein Abrücken vom Leistungsfähigkeitsprinzip vor allem dann, wenn langfristige Ersparnisse, Vermögen also, gebildet werden. 54 b) Das Vermögen als Indikator für Leistungsfähigkeit Vermögen als Eigentum an in Geld bewerteten Wirtschaftsgütern kann dann als Maßstab für Leistungsfähigkeit angesehen werden, wenn der wirtschaftliche und technologische Entwicklungsstand eines Landes es nicht erlaubt, breiten Bevölkerungskreisen ein existenzsicherndes Geldeinkommen zu ermöglichen. Grundeigentum und persönliche Fahrnis sind in dieser besonderen Situation angemessene Indikatoren für Leistungsfähigkeit. 55 Eine derartige Situation ist die heutige unseres Landes jedoch nicht. Wenn auch nicht verkannt werden soll, daß bereits die bloße Existenz von Vermögen eine Erweiterung des Leistungsfähigkeitspotentials darstellt und somit auch eine größere wirtschaftliche Unabhängigkeit indiziert, welche unabhängig und somit zusätzlich von den Vermögenserträgnissen besteht,56 wobei der Ertrag des Vermögens nicht nur ein materieller sein muß, sondern auch ein immaterieller sein kann, muß doch daraufhingewiesen werden, daß Vermögen grundsätzlich eine Residualgröße ist, ein Saldo, der sich letztlich nur aufbaut, wenn das Einkommen größer ist als der Konsum [Y > C ] bzw. vermindert, wenn das verfügbare Einkommen nicht ausreicht, die Konsumausgaben zu decken und die Deckungslücke nicht durch Kredite geschlossen werden kann. Wenn dies aber so ist, empfiehlt es sich, nicht die von zwei variablen Einflußfaktoren abhängige Residualgröße als Indikator der Leistungsfähigkeit heranzuziehen, sondern die originäre Größe, das Einkommen also. Darüber hinaus unterstellt die Bemessung von Leistungsfähigkeit nach dem Maß vorhandenen Vermögens, daß dieses Vermögen mit einem hohen Maß an Flexibilität und Transformationsfähigkeit ausgestattet ist, um kurzfristig auch als Geldvermögen zur Verfügung zu stehen, eine Forderung, die generaliter so nicht zu erfüllen ist. 53 y=Einkommen, S=Sparen, /=Investition, C=Konsum; vgl. statt aller: Samuelson, 283 f. 54 Zumstein, 70. 55 Zumstein, 39; Justi, 365; Seligman, 57 u. 61. 56 Haller-Gedanken, 227. 4 Burger

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in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

c) Das Einkommen als Indikator für Leistungsfähigkeit Im Zeitalter der Industrialisierung und der umfassenden Geldwirtschaft verloren Grundbesitz und andere Vermögensarten ihre Bedeutung als Leistungsfähigkeitsindikator. Im Gegensatz hierzu entwickelte sich das Individualeinkommen immer mehr zum wichtigsten Indikator wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit. 57 Durch den Einkommensbezug wird Periode für Periode die Potenz zur Bedürfnisbefriedigung erneuert und damit von Periode zu Periode der Grad ökonomischer Leistungsfähigkeit neu definiert. 58 Soll Einkommen als abstrakter Begriff, der als Summe einer Vielzahl vermögenswerter Zuflüsse in Erscheinung tritt, 59 wirtschaftliche Leistungsfähigkeit definieren, ist der Einkommensbegriff so weit zu fassen, daß er alle in der jeweiligen Periode zufließenden Elemente umfaßt, die für die Bedürfnisbefriedigung relevant sind. 60 Neben dem Geldeinkommen sind somit auch reale Werte jeder Art, soweit sie für die Begründung von Leistungsfähigkeit im wirtschaftlichen Sinn von Belang sind, in den Einkommensbegriff einzubeziehen.61 Dazu zählen sowohl Erbschaften und Schenkungen62 als auch realisierte Vermögenswertänderungen. 63 Namentlich der Berücksichtigung von Vermögenswertänderungen, den sogenannten „capital gains," kommt eine zunehmende absolute und relative Bedeutung zu, und zwar in dem Maße, in dem eine Volkswirtschaft sich dem Typ einer „Überflußgesellschaft" 64 annähert. Es läßt sich auch wohl kaum in Abrede stellen, daß es für die persönliche Leistungsfähigkeit in dem hier verstandenen Sinne unerheblich ist, ob Einkommen erworben wird als Arbeitseinkommen, als Besitzeinkommen (sogen, „fundiertes Einkommen") oder aus der Realisierung erzielter Vermögensweitänderungen. Nicht zum Einkommen als Indikator ökonomischer Leistungsfähigkeit zählen die häuslichen Dienste sowie die Freizeit. 65 Zwar soll nicht verkannt werden, daß Freizeit ein Gut ist, das für den Umfang individueller Bedürfnisbefriedigung bedeutsam ist, jedoch würde die Einbeziehung individueller Freizeit in die persönliche Leistungsfähigkeit mit der Folge entsprechender Steuerbelastung bzw. Nichtgewährung von Transferleistungen dem Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit zuwiderlaufen.

57 Zumstein, 42; Haller, 43. 58 Schanz, 5 f. 59 Ossenbühl. 95. 60 Zumstein, 42; Faehling, 39 f. 61 Ulbrich, 24. 62 Neumark-Steuerpolitik, 136. 63 Schneider-Einkommensbegriff, 418 f.; a. A. Hackmann, 691. 64 Neumark-Steuerpolitik, 136. 65 Ossenbühl, 96; a. Α. Haller, 46.

IV. Zusammenfassung

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Der Einwand, der Einkommensbegriff sei grundsätzlich von „außerordentlicher Dehnbarkeit," 66 kann nicht bestritten werden, jedoch gilt dies dann nicht mehr, wenn Einkommen als Indikator ökonomischer Ist-Leistungsfähigkeit bestimmt wird, dem Einkommensbegriff somit ein Auswahlkriterium beigegeben wird, anhand dessen die ökonomisch-finanziellen Elemente bestimmt werden, die das innerhalb einer Periode von einem Individuum erzielte Gesamteinkommen ausmachen.

IV. Zusammenfassung Im Rahmen der Besteuerung will der Staat der Leistungsfähigkeit der Zensiten dadurch gerecht werden, daß er zum einen das zum Bestreiten des Existenzminimums notwendige Einkommen unbelastet läßt und zum anderen die Steuerbelastung versucht so zu verteilen, das gleich Leistungsfähige gleich belastet werden sollen. Durch die konkrete Ausgestaltung des Steuertarifs, der ein progressiver Tarif ist, werden zwar vorhandene Ungleichgewichte ökonomischer Leistungsfähigkeit verringert, gleichzeitig aber wird bei Konstanz des Steuertarifs über mehrere Perioden durch inflationsbedingte nominelle Einkommenssteigerungen ohne realen Kaufkraftzuwachs immer mehr ökonomische Leistungsfähigkeit abgeschöpft. Je schärfer somit im Laufe der Zeit die Steuerprogression zu einer immer höheren Belastung der Individuen führt, um so mehr kann sich der Staat über die Erfüllung seiner klassischen Aufgaben hinaus verteilungspolitischen Zielsetzungen widmen, da immer größere Anteile des Staatshaushaltes in den Bereich der „darreichenden Verwaltung" 67 gelangen. Wie immer man eine derartige Entwicklung auch beurteilen mag, unstreitig ist wohl, daß vor dem Hintergrund einer derartigen Entwicklung die Notwendigkeit einer abgestimmten Konzeption zwischen eingreifenden und gewährenden Maßnahmen an Bedeutung gewinnt, da durch eine mangelnde Abstimmung die Gefahr besteht, daß das Ergebnis der Maßnahmen eines Bereiches durch Maßnahmen des jeweils anderen Bereiches konterkariert wird. Somit stellt sich die Frage nach der Handlungsmaxime für staatliches Eingriffsverhalten in die ökonomischen Grundlagen seiner Bürger. Dabei ist zu beachten, daß der soziale Rechtsstaat keine beliebigen Gestaltungsmöglichkeiten besitzt, sondern daß sein Handeln soweit wie möglich die Interessen und Intentionen seiner Bürger berücksichtigen muß und sich nur innerhalb der verfassungsmäßigen Werteordnung bewegen darf. 68

66 Myrdal, 161. 67 Giloy-Einkommen, 16. 68 Hesse, RN 139. *

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Ein Kriterium, das diesen Anforderungen genügt, ist das Leistungsfähigkeitsprinzip, das jedoch, da es originär nicht quantifizierbar ist, eines Generalindikators bedarf, der geeignet sein muß, Leistungsfähigkeit möglichst vollständig und unverzerrt wiederzugeben. Als ein solcher geeigneter Generalindikator wird das Einkommen angesehen, das einem Individuum innerhalb einer Periode zufließt und als Ausdruck seines Bedürfnisbefriedigungspotentials dessen ökonomische Leistungsfähigkeit reflektiert. Zwar ist der Begriff des Einkommens grundsätzlich von außerordentlicher Dehnbarkeit, jedoch gilt dies dann nicht mehr, wenn diesem Begriff das Auswahlkriterium „Leistungsfähigkeit" beigegeben wird, da hierdurch seine ökonomisch-finanziellen Elemente bestimmbar werden. Im weiteren Verlauf wird deshalb zu untersuchen sein, inwieweit in den wichtigsten Bereichen des öffentlichen Schuldrechts der je dort geltende Einkommensbegriff dem Auswahlkriterium „Leistungsfähigkeit" entspricht und ob es möglich ist, im Falle fehlender Entsprechung [die in vorauseilender Erkenntnis a priori unterstellt wird] einen durchgängigen Einkommensbegriff zu definieren, der von systemfremden Einflüssen befreit ist. Ausgegangen wird dabei vom ökonomischen Einkommensbegriff, da anzunehmen ist, daß dieser, da ein rein wissenschaftlicher Begriff, von politischen und gruppenegoistischen Intentionen weitestgehend unbelastet sein dürfte.

C. Der ökonomische Einkommensbegriff und der Begriff des Einkommens in den öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen Der nicht nur von den Wirtschaftswissenschaften, sondern auch vom öffentlichen Schuldrecht gebrauchte Begriff „Einkommen" ist ursprünglich ein geldwirtschaftlicher (und überdies ein privatwirtschaftlicher) Begriff. 1 Aus diesem Grunde ist es erforderlich, für die Beantwortung der Frage nach einer möglichen Harmonisierung dieses inzwischen heterogen verwendeten Begriffs vom wirtschaftlichen Einkommensbegriff auszugehen.

I. Der ökonomische Einkommensbegriff Der Wort „Einkommen" taucht in der deutschen Schriftsprache erst im 16. Jahrhundert auf 2 und bezeichnete etwas, „das von außen in die eigene Wirtschaft hereinkommt," 3 im Gegensatz zu dem, was nicht von außen hereinkommt, sondern im Inneren des Hauses oder der eigenen Wirtschaft entsteht. Das, was von außen in die Wirtschaft „hereinkam," unter normalen Verhältnissen in der eigenen Wirtschaft also nicht erzeugt werden konnte, war das Geld, so daß ursprünglich Einkommen gleichzusetzen war mit Geldeinkommen. Auf Dauer konnte jedoch der Einkommensbegriff nicht auf die hereinkommenden Geldstücke beschränkt bleiben, denn eine genauere Betrachtung mußte bald lehren, daß es für den Einkommensbezieher gleichgültig war, ob Geldstücke hereinkamen, für die er sich später Lebensmittel und Kleider kaufte oder ob ihm diese Güter in natura ins Haus geliefert wurden. Gleiches galt für die Unterscheidung, ob die hereinkommenden Güter materieller oder immaterieller Natur waren. Während also das Wort schon längst existierte, begann sich die Wirtschaftstheorie erst Mitte des vorigen Jahrhunderts mit dem Begriff näher zu beschäftigen, da bis dahin allenfalls die Analyse einzelner Einkommenskategorien Gegenstand des wirtschaftstheoretischen Interesses gewesen ist. 4 Jedoch ist in der ökonomischen Theorie der Begriff des Einkommens im Sinne einer Größe, deren sämtliche Merkmale in Beziehung zu setzen sind zu seinem Subjekt, seinem Empfänger ι Kleinwächter-Lehrb., 307. 2 Grimm, Sp. 217; Götze, 156. 3 Kleinwächter-Lehrb., 306. 4 Neumark, 34.

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

also, keinesfalls, wie vielleicht wegen seiner herausragenden Bedeutung für die Analyse mikro- und makroökonomischer Zusammenhänge hätte erwartet werden können, von Anfang an definiert oder gar einheitlich bestimmt gewesen. So mußte Hewett 5 noch fragen, ob das Einkommen der Geldbetrag sei, den man innerhalb eines Zeitabschnitts erwirbt oder die Gütermenge, die man von diesem Geld kauft oder gar die Befriedigung, die man beim Verbrauch solcher Güter erreicht. Unbeantwortet und für Hewett wohl auch unbeantwortbar sind für ihn auch die Fragen gewesen, ob solche Güter und Vorteile, die keine Geldleistungen sind, wie ζ. B. der Mietwert der selbstgenutzten Wohnung, in den Einkommensbegriff einzubeziehen seien und wohin man Geschenke, Erbschaften und ein eventueller Wertzuwachs am Eigentum rechnen solle. Auch Nationalökonomen wie ζ. B. Klein Wächter6 hatten es praktisch aufgegeben, diese Fragen zu beantworten. Bezeichnend ist auch Needham's resignierender Ausspruch: „Die eigentliche Wurzel des Übels ist die Unmöglichkeit, Einkommen zu definieren, und das, glaube ich, wird so bleiben, in welche Worte auch immer die Sache gefaßt wird." 7 Es kann nicht überraschen, daß es nicht so geblieben ist; schließlich ist der Einkommensbegriff für die ökonomische Wissenschaft ein viel zu bedeutsamer, als daß er auf Dauer unausgefüllt und unbestimmt hätte bleiben können. 1. Der finanzpolitisch orientierte Einkommensbegriff Die sich bald herausbildenden verschiedenen Einkommensbegriffe waren das Ergebnis finanzpolitisch orientierter Bemühungen, einen für die Einkommensteuer, deren Einführung in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts lebhaft diskutiert wurde, verwendbaren Begriff zu finden. 8 Diese verschiedenen Einkommensbegriffe lassen sich nach Bauckner 9 entweder der Richtung der restriktiven Auslegung oder der Richtung der extensiven Auslegung zuordnen. Während die extensive Auslegung alle Reineinkünfte als Einkommen auffaßt und dabei entsprechend der Reinvermögenszugangstheorie den Unterschied von Einkommen und Vermögenszugang nicht kennt, zerlegt die restriktive Auslegung die Reineinkünfte in Einkommen und Vermögensmehrung. Zu dieser Richtung zählen die die die die

Konsumtionstheorie, Periodizitätstheorie, Quellentheorie, Ertragskategorietheorie.

5 Hewett, 9. 6 Kleinwächter, 11. 7 Needham, 917. » Neumark, 34. 9 Bauckner, 13.

I. Der k i s c h e Einkommensbegriff

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a) Der Einkommensbegriff der restriktiven Auslegungsrichtung al ) Der Einkommensbegriff

der Komsumtionstheorie

Die Konsumtionstheorie, auch Konsumtionsfondtheorie 10 genannt, legt besonderen Nachdruck auf den Zweck des Einkommens, der im Konsum gesehen wird. Das Einkommen wird definiert als „die Summe der wirtschaftlichen oder Tauschgüter, welche in einer gewissen Zeit zu dem ungeschmälert fortbestehenden Stammgut einer Person neu hinzutreten, die sie daher beliebig verwenden kann." 11 Ähnlich begreift Schmoller das Einkommen, indem er die Beziehung des Einkommens zum Bedarf zur Grundlage seiner Definition macht und dementsprechend ausführt: „Unter Einkommen verstehen wir hierbei . . . die Summe von Mitteln, welche der Einzelne, ohne in seinem Vermögen zurückzukommen, für sich und seine Familie, für seine geistigen und körperlichen Bedürfnisse, für seine Genüsse und Zwecke, kurz für Steigerung seiner Persönlichkeit in einer Wirtschaftsperiode verwenden kann." 12 Bezeichnend für den Einkommensbegriff der Konsumtionstheorie ist, daß er nicht nach der Entstehung des Einkommens fragt. Die möglichen Einnahmekategorien werden vielmehr allein durch ihren gemeinsamen Zweck zusammengehalten, also allein durch ihre Bestimmung zum persönlichen Konsum. a2) Der Einkommensbegriff

der Periodizitätstheorie

Die Periodizitätstheorie hebt das Merkmal der regelmäßigen Wiederkehr als bestimmendes Element des Einkommens hervor. Zwar ist dieser Gedanke bereits bei den Physiokraten zu finden, 13 jedoch sehen diese in der Wiederkehr nur eine die Entstehungsweise des Einkommens begleitende Tatsache, während die Vertreter der Periodizitätstheorie das Merkmal der regelmäßigen Wiederkehr als das gerade Charakteristische des Einkommens hervorheben. Nach Wagner umfaßt das Einkommen zweierlei: Zum einen „diejenige Summe wirthschaftlicher Güter, welche einer Person in gewissen Perioden (üblicher Weise nach Jahren berechnet) regelmäßig und daher mit der Fähigkeit der regelmäßigen Wiederholung als Reinerträge einer festen Erwerbsquelle neu als Vermögen bezw. zum Vermögen hinzuwachsen. Dieser Theil des Einkommens einer Person rührt daher aus der Wirthschaftsführung überhaupt (Unternehmung) oder aus einzelnen wirthschaftlichen Thätigkeiten (Arbeit) oder aus Eigenthums- oder Forderungsrechten (insbesondere Sclaveneigenthum, Grundeigenthum, Kapitaleigenthum, Forderungen aus Creditgeschäften) oder aus regelmäßigen unentgeltio Wagner, 40. π Hermann, 583. 12 Schmoller, 52. 13 Quesnay, 46 ff.; Turgot, 174 f.

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

liehen Einnahmen (Zutheilungen, Almosen, Geschenk) her." Zum anderen „die Genüsse (Nutzungen), oder selbst nur die Genussmöglichkeiten, welche das Nutzvermögen einer Person, nach Abrechnung der dabei stattfindenden Abnutzung und Verkehrswerth-Verminderung periodisch fortdauernd gestattet."14 Da von den Vertretern der Periodizitätstheorie die Regelmäßigkeit des Auftretens gewisser Einkünfte für ihren Einkommenscharakter als bestimmend angesehen wird, ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, daß im strengen Sinne von unbedingter Periodizität nur bei Rechtsverhältnissen die Rede sein kann, da nur hier aufgrund der rechtlichen Verpflichtung des Leistenden dem Berechtigten regelmäßig Einkommen zufließt, während ζ. B. die Periodizität von Reinerträgen aus der Wirtschaftsführung wesentlich von Konjunkturen und Marktverhältnissen abhängig ist. 15 a3) Der Einkommensbegriff

der Quellentheorie

Die Akzeptanz der regelmäßigen Wiederkehr als bestimmendes Element des Einkommens führte zwangsläufig zur Quellentheorie, denn regelmäßiges Fließen setzt das Vorhandensein einer Quelle voraus. 16 Nach dieser Auffassung ist Einkommen jede aus einer Quelle, also mit einer gewissen Regelmäßigkeit wiederkehrende Vermehrung des Vermögens, die der Bezieher genießen, verzehren oder auf irgend eine Art vernichten kann, ohne seinen „Fond" zu schwächen.17 Der Gedanke der Quellenmäßigkeit ist namentlich von Fuisting betont worden, der zum Einkommen nur diejenigen Einkünfte zählt, die „alljährlich dem einzelnen aus dauernden Erwerbsquellen zufließen." 18 Zu den Einkommensquellen im Sinne der Quellentheorie zählen die Erträgnisse des Vermögens (Kapital- und Grundvermögen), die Arbeit (Handel und Gewerbe, gewinnbringende Beschäftigung) und Rechte auf periodische Hebungen und Vorteile. Damit unterscheidet die Quellentheorie die einzelnen zufließenden Güter und Leistungen und ihre Zuordnung zum Einkommen nach ihrem wirtschaftlichen oder rechtlichen Grunde. Ihr kommt im Vergleich zu den übrigen Theorien eine besondere Bedeutung zu, da sie eine der Grundlagen für die Besteuerung des Einkommens geworden ist. Hinzuweisen ist an dieser Stelle auch auf den Versuch, die Periodizitäts- und die Quellentheorie zur Bildung eines Einkommensbegriffs zusammenzufassen. Nach Neumann ist das Einkommen der „Inbegriff derjenigen Güter, geldwerten Leistungen und Nutzungen fremder Dinge, . . . welche als regelmäßige Folge dauernder Bezugsquellen, in gewisser Zeit Jemand der Art zuteil werden, dass i4 Wagner, Α., 405 f. is Vgl. Meyer, 49. 16 Fisher, 25. 17 Guth, 62. is Fuisting, 162.

I. Der k i s c h e Einkommensbegriff

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er darüber in seinem Interesse verfügen kann" 19 sowie „der Wert solchen Inbegriffs mit Einschluß der gleichzeitig erfolgten Wertsteigerung des Vermögens des Betreffenden." 20 Da es nicht darauf ankommt, daß die Einnahmen selber fortdauernd oder gar regelmäßig wiederkehrend erscheinen, sondern darauf, daß sie die regelmäßige, übliche Folge dauernder Bezugsquellen sind, schließt Neumann auch Wertsteigerungen am Besitz, also Konjunkturgewinne, in seinem Einkommensbegriff ein, da diese selber zwar nicht regelmäßig wiederkehren, aber nach seiner Auffassung die übliche Folge dauernder Bezugsquellen sind. Sein Einkommensbegriff ist somit umfassender als derjenige, der der Quellentheorie zugrunde liegt und zwar gerade um den Teil, der bis heute Gegenstand heftigster Auseinandersetzungen geblieben ist. 21 a4) Der Einkommensbegriff

der Ertragskategorietheorie

Während die bisher dargestellten Theorien nicht auf den Ursprung der Einkünfte zurückgingen, wendet sich die Ertragskategorietheorie gerade dem Entstehen der Einkünfte zu und sucht den Ursprung des Einkommens im Ertrag. Da beim Ertrag im Gegensatz zum Einkommen die persönliche Seite in den Hintergrund tritt, kann der Ertrag als das wirtschaftliche Ergebnis in Beziehung auf das Objekt als seiner Quelle angesehen werden. 22 Dabei zählt die Ertragskategorietheorie nur solche Erträge zum Einkommen, die sich auf die drei Grundelemente wirtschaftlicher Betätigung zurückführen lassen, nämlich Arbeit, Boden und Kapital. Während also der Begriff Einnahmen alle Güter umfaßt, „die innerhalb einer gewissen Periode neu ins Vermögen treten, also auch durch Geschenk, Lotteriegewinn, Erbschaft etc.," umfaßt der Begriff „Einkommen dagegen nur solche Einnahmen, die aus einer wirtschaftlichen Tätigkeit hervorgehen." Dabei besteht „das rohe Einkommen . . . aus sämtlichen Gütern, welche die Wirtschaft... neu produziert hat. Das reine Einkommen ist derjenige Teil hiervon, der nach Abzug der Produktionskosten übrig bleibt, der also verzehrt werden kann, ohne das Stammvermögen zu schmälern." 23 Damit wird deutlich, daß Geschenke, Legate, aber auch alle Einkünfte aus Werterhöhungen und Spekulationen nicht unter den Begriff des Einkommens der Ertragskategorietheorie fallen, weil es sich hierbei nicht um etwas neu produziertes handelt, sondern lediglich um Besitzverschiebungen. Daraus ergibt sich weiter, daß zum Einkommen auch nur solche Einnahmen zählen, die Erträge gewesen sind. 24 19 Neumann, 227. 20 Neumann. 229. 21 So ζ. B. über die Frage der Abschöpfung von Bodenwertänderungen und die Erfassung der „leistungslosen" Grundstücks-Gewinne; vgl. Hackmann, 701; Marder, 1 ff. 22 Wagner, 47. 23 Roscher, 300. 24 Liefmann, 23.

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Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

Somit decken sich also Ertrag und Einkommen dem Begriffe nach, und wenn sie sich im einzelnen wie Teil und Ganzes verhalten, dann folgt daraus, daß jeder Ertrag zu Einkommen wird oder vielmehr Teileinkommen ist. Umgekehrt kann auch das Einkommen als Ganzes nur aus Ertrag bestehen, denn beide sind nach ihrer Entstehung und Bestimmung identisch.25 Obwohl also die Ertragskategorietheorie Ertrag und Einkommen begrifflich gleichsetzt, muß dennoch daraufhingewiesen werden, daß der Ertrag in objektiver Relation, das Einkommen aber in subjektiver Beziehung erfaßt wird. Die genannten Begriffe decken sich zwar ihrem Inhalte nach, jedoch ist der Umfang des Einkommensbegriffs weiter. Der Ertrag ist das wirtschaftliche Ergebnis in Beziehung zum Objekt als seiner Quelle; das Einkommen im Sinne der Ertragskategorietheorie deckt sich dann mit dem Ertrag, wenn sein Bezieher nur über eine einzige Erwerbsquelle verfügt. Für gewöhnlich umfaßt aber das Einkommen die verschiedensten Erträge aus den verschiedensten Quellen. Auf diese Unterscheidung sowie auf die erstmals von der Ertragskategorietheorie angesprochenen Strukturelemente des Einkommens, nämlich leistungsfähigkeits-indizierende Einnahmen und die sie reduzierenden Ausgaben i. S. v. „Produktionskosten" wird bei der Bestimmung eines streng am Leistungsfähigkeitsprinzip ausgerichteten Einkommensbegriff zurückzugreifen sein. 26

b) Der Einkommensbegriff der extensiven Auslegungsrichtung — Die Reinvermögenszugangstheorie — Die bisher dargestellten Einkommenstheorien zerlegten die Einnahmen in Einkommen und Vermögensmehrung und gelangten dadurch nicht zu einem Einkommensbegriff, der imstande gewesen wäre, die Gesamtheit der Einnahmen zu umfassen. Im Gegensatz hierzu versucht die Reinvermögenszugangstheorie, den Einkommensbegriff positiv zu bestimmen. Ausgehend von einem Vermögensbegriff, der lediglich das bereits zu Beginn der Einkommensperiode Vorhandene umfaßt, werden alle Einnahmen, also auch Geschenke und Legate sowie Konjunktur und Spekulationsgewinne, unter den Einkommensbegriff subsumiert, da auch diese imstande sind, das Vermögen im Laufe der Wirtschaftsperiode zu mehren. Begründer der Reinvermögenszugangstheorie ist Schanz, der Einkommen als den Reinvermögenszugang eines bestimmten Zeitabschnitts einschließlich der Nutzungen und geldwerten Leistungen Dritter definiert. 27 Unter diese Begriffsnorm subsumiert Schanz „alle Reinerträge und Nutzungen, geldwerte Leistungen Dritter, alle Geschenke, Erbschaften, Legate, Lotteriegewinne, Versicherungskapita25 Vocke, 278. 26 Vgl. unten Kap. E I. 27 Schanz, 23.

I. Der k i s c h e Einkommensbegriff

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lien, Versicherungsrenten, Konjunkturgewinne jeder Art, wir rechnen ab alle Schuldzinsen und Vermögensverluste." 28 Dadurch, daß Schanz das Merkmal der Quellenmäßigkeit der Einkünfte unberücksichtigt läßt, kommt er zu einem die Gesamtheit der Einnahmen umfassenden Einkommensbegriff. Statt die Einnahmen zu unterscheiden in solche, die einen Zuwachs zum Stammvermögen darstellen und solche, die zum Einkommen zu zählen sind, hält er es für richtiger, „erst alles in einem Bassin zu sammeln . . . und erst von diesem aus" das Einkommen „in zwei Kanäle zu leiten, von denen der untere der Verbrauch ist, der obere aber zum Stamm vermögen führt." 29 Mit diesem Paradigma will Schanz darauf hinweisen, daß die Zuflüsse zum Stammvermögen nur dann möglich sind, wenn das Einkommen groß genug ist, den Verbrauch zu übertreffen und hält durch die Einbeziehung sowohl der regelmäßigen als auch der unregelmäßigen Einnahmen die Welt der Einkommensverteilung und Einkommensverwendung erst für erschlossen und einer einheitlichen Betrachtung unterwerfbar.

2. Der durch die Volkseinkommensrechnung beeinflußte Einkommensbegriff Während also die wirtschaftstheoretischen Überlegungen zum ökonomischen Einkommensbegriff etwa bis zum Beginn des ersten Weltkrieges durch finanzpolitische Bedürfnisse angespornt worden sind, wurde die neuere Entwicklung der Einkommenslehre entscheidend durch den Aufschwung der Volkseinkommensforschung beeinflußt. 30 Dabei ging dieser Einfluß teilweise so weit, daß dem Wesen des Einkommens in umgekehrter Richtung, d. h. nicht vom Einzeleinkommen, sondern vom Volkseinkommen her nachgespürt wurde. 31 Jedoch ist dieser Gedanke wiederum so neu auch nicht, wie vielleicht vermutet werden könnte. Sowohl die Physiokraten 32 sind diesen Weg der Analyse bereits gegangen als auch Smith, der sein Werk mit einer Definition des Volkseinkommens begann33 und nicht zuletzt Jakob 34 und Lötz. 35 Ausgehend von den Anforderungen, die die Volkseinkommensrechnung an den Einkommensbegriff stellt, wird heute das ökonomische Individualeinkommen definiert als ständige Einnahmen oder Güterempfänge eines Wirtschaftssubjekts, 28 ders., 24. 29 ders., 28. 30 Vgl. Gottl-Ottlilienfeld, 1 ff.; Clark, 51 ff.; Jostock, 241 ff.; Derksen, 250 ff.; Moeller, 64 ff. 31 Dehen, 261 f. 32 Quesnay,52. 33 Smith, 1. 34 Jakob, 232 ff. 35 Lötz, 445 f.

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Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

als das Ergebnis seiner Teilnahme an der Bildung des Sozialprodukts 36 und zwar als Gegenleistung für die Abgabe von Faktorleistungen an den Produktionsprozeß (Faktoreinkommen) oder als Differenz zwischen Erlösen und Aufwendungen aus einem Produktionsprozeß (Gewinn). 37 Das ökonomische Individualeinkommen eines Wirtschaftssubjekts ist also der Gegenwert seines Sozialproduktanteiles und somit der Wert der Güter und Dienstleistungen, die es erzeugt und auf dem Markt realisiert hat und die ihm hierdurch einen tatsächlichen Zuwachs an wirtschaftlicher Verfügungsmacht zukommen lassen.38 Hieraus folgt, daß zum einen der naturale Selbstverbrauch, also der Wert der Dienstleistungen und Arbeiten, die der Einkommensbezieher selbst und unter Verzicht auf einen Dienstboten oder einen Handwerker ausführt, 39 aus dem Einkommen ausgeschlossen ist und zum anderen auch alle sogenannten „abgeleiteten" und „unwirksamen" Einkünfte 40 nicht zum ökonomischen Individualeinkommen gerechnet werden. Die abgeleiteten Einkünfte wie Geschenke, Unterhaltszuschüsse an Familienmitglieder oder Freunde und dergleichen deshalb, weil sie nicht aus einer Beteiligung des Empfängers an der Bildung des Sozialproduktes herrühren und die unwirksamen Einkünfte nach Art von Krediterlösen, Reduzierungen von Sparguthaben oder Erlösen aus der Veräußerung von Vermögensteilen, weil sie keine effektive, d. h. tatsächliche und aktuelle Verstärkung der ökonomischen Verfügungsmacht darstellen. Auszuscheiden aus dem wirtschaftlichen Einkommensbegriff sind auch die Einnahmen, die lediglich den Gegenwert der zur Sicherung und Erhaltung des Einkommens zu machenden Aufwendungen darstellen sowie die Änderung des Weites von privaten Vermögensgegenständen, da diese Vermögenswertänderungen, soweit sie noch nicht realisiert sind, allenfalls einen potentiellen, aber keinen aktuell-effektiven Zuwachs an wirtschaftlicher Verfügungsmacht darstellen und soweit sie realisiert sind, keine Einkünfte sind, die aus der Teilnahme des Empfängers an der Bildung des Sozialprodukts resultieren, sondern nur gelegentlich einer solchen Teilnahme realisiert werden. 41 Zusammenfassend läßt sich somit sagen, daß ein Wirtschaftssubjekt drei Teileinkommmensarten beziehen kann: (1) Einkommen aus nichtselbständiger Tätigkeit (Lohn und Gehalt) für die Abgabe von Arbeitsleistungen an Unternehmen oder öffentliche Haushalte

36 Zum Begriff des Sozialprodukts vgl. Schneider, E., 56 ff.; Stobbe, 134 ff.; StobbeWirtschaftskreislauf, 16 ff. 37 Stobbe, 368. 38 Grüske, 20. 39 Laufenburger, 461; Neumark, 41. 40 Neumark, 41. 41 ders., 44 f.

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(2) Einkommen aus Unternehmertätigkeit (Gewinn) für das Betreiben eines Unternehmens oder der Ausübung eines freien Berufes (3) Einkommen aus Vermögen (Zinsen, Dividenden, Beteiligungserträge usw.) durch den Besitz von Forderungsrechten, Aktien oder anderen Beteiligungen, Grundvermögen und Mobiliarbesitz Die Arbeitsleistungen sowie das Überlassen von Vermögen (Boden und Kapital), die auf den entsprechenden Faktormärkten angeboten und nachgefragt werden, haben einen Preis mit der Folge, daß die Höhe des Arbeits- bzw. Besitzeinkommens, das ein Wirtschaftssubjekt bezieht, abhängig ist von der angebotenen und angenommenen Faktormenge und den geltenden Preisen. Da die Abgabe dieser Faktorleistungen im allgemeinen auf der Grundlage eines Vertrages, eines Rechtsgeschäftes also, erfolgt, bezeichnet man Arbeits- und Besitzeinkommen auch als Kontrakteinkommen. Für die unternehmerische Tätigkeit dagegen gibt es weder einen Markt noch einen Preis. 42 Der Gewinn ist vielmehr die Differenz zwischen dem aus dem Verkauf der von dem Unternehmen hergestellten Güter und Dienstleistungen erzielten Erlös und den Kosten der für ihre Herstellung verbrauchten Faktormengen, eine Residualgröße also. Aus diesem Grunde wird der Untemehmergewinn auch als Residualeinkommen bezeichnet.43 Das sogenannte Übertragungs- oder Transfereinkommen, die Einnahmen also ohne ökonomische Gegenleistung, wie ζ. B. Sozialrenten aller Art, Beamtenpensionen, Krankengeld und Subventionen, zählen nicht zum Volkseinkommen als Summe der Faktoreinkommen der privaten Haushalte und somit nicht zum hieraus abgeleiteten ökonomischen Individualeinkommen. 44 Es soll jedoch nicht verkannt werden, daß hierdurch bei bestimmten, das Individualeinkommen betreffende Fragestellungen Mängel entstehen können. Aus diesem Grunde wird bei der Ermittlung des verfügbaren privaten Einkommens von einem erweiterten Einkommensbegriff ausgegangen, der u. a. auch die Übertragungs- bzw. Transfereinkommen umfaßt. 45

3. Ökonomisches Individualeinkommen und individuelle Leistungsfähigkeit Das ökonomische Individualeinkommen als das auf den einzelnen Haushalt bzw. das einzelne Individuum projezierte Volkseinkommen im Sinne eines reinen Faktoreinkommens kann die finanzielle Leistungsfähigkeit seines Empfängers nicht hinreichend quantifizieren. Es fehlen die abgeleiteten Einkünfte, die, ob42

Schumann, 6. 3 Böventer, 46; Byms / Stone. 44 Hoyer/Rettig, 17; Arnim-VWL 128 ff. 45 Stobbe-Wirtschaftskreislauf, 23; Reich, 41; Arnim-VWL, 131. 4

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

gleich sie nicht aus der Beteiligung des Empfängers an der Bildung des Sozialprodukts herrühren, dennoch unstreitig seine ökonomische Leistungsfähigkeit stärken, sowie die realisierten privaten Vermögenswertänderungen, die dem Empfänger zwar auch nicht aus, sondern nur gelegentlich seiner Teilnahme am Entstehungsprozeß des Sozialprodukts, aber dennoch als Leistungsfähigkeitsquanten zufließen und der Gesamtbereich der Übertragungseinkommen. Die Beschränkung des ökonomischen Individualeinkommens auf das Einkommen aus marktbezogenen Erwerbsgrundlagen und die Eliminierung sämtlicher Einnahmen aus Bereichen außerhalb des „marktgestützten Leistungsaustausches"46 machen den ökonomischen Einkommensbegriff ungeeignet für eine Indikatorfunktion wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit als durchgängige Handlungsmaxime für staatliches Eingriffsverhalten in die ökonomischen Grundlagen privater Haushalte. Da wirtschaftliche Leistungsfähigkeit als tatsächlich vorhandene Zahlungsfähigkeit zu verstehen ist, diese Fähigkeit aber unabhängig davon ist, woher die Leistungsfähigkeitsquanten stammen, ob ihnen also ein „Sozialpflichtiger Entstehungsgrund" 47 beizugeben ist, verlangt die Objektivität des Leistungsfähigkeitsprinzips nach einem umfassenden Einkommensbegriff, der insbesonders auch die Übertragungseinkommen berücksichtigt. Sozialhilfe und Dirnenlohn vermitteln, so sie denn nur gleich hoch sind, identische Leistungsfähigkeit. 48 Die Eliminierung einzelner Leistungsfähigkeitsquanten in Abhängigkeit von einem wie auch immer zu bestimmenden Sozialpflichtigen Entstehungsgrund verkennt die Herausforderung, die ein am Leistungsfähigkeitsprinzip ausgerichteter Einkommensbegriff darstellt. 49

I I . Der fiskalische Einkommensbegriff Das Steuerrecht hat sich in vieler Hinsicht nicht nur gegenüber den sonstigen Zweigen der Rechtswissenschaft, sondern auch gegenüber der Wirtschaftstheorie verselbständigt. Diese Autonomie des Steuerrechts oder auch dieser Mangel an Übereinstimmung zwischen dem Steuerrecht auf der einen Seite und den Wirtschaftswissenschaften auf der anderen Seite wird besonders deutlich in der Einkommenstheorie und in der inhaltlichen Bestimmung des Einkommensbegriffs. Während die Wirtschaftswissenschaften in strengem Wortsinne das Einkommen erklären, weist das Steuerrecht eine ausgeprägte Neigung auf, den Begriff zu erweitern, um den Steuertrag so groß wie möglich werden zu lassen. Dabei treten zwei wesentliche Meinungsverschiedenheiten auf: zum einen stellt sich die Frage, 46 Kirchhof-Gutachten, F 24. 47 ders., F 23. 48 Auch hier gilt: pecunia non olet. 49 Im Ergebnis so auch Tipke-Revision, 2092.

II. Der fiskalische Einkommensbegriff

ob der Einkommensbegriff nur materiell zu verstehen ist oder auch als psychische Größe im Sinne eines „imputed income" 50 aufgefaßt und besteuert werden kann und zum anderen, ob der wie auch immer definierte Einkommensbegriff vollkommen von den Begriffen Kapital und Vermögen geschieden werden kann. Je nach Beantwortung dieser Frage wären Kapital und Vermögen entweder lediglich Einkommensquellen oder über ihre möglichen Mehrwerte auch als Einkommen anzusehen.51 1. Historische Entwicklung Die bisherigen reichs- bzw. bundeseinheitlichen Einkommensteuergesetze verzichteten ebenso wie deren Vorläufer, das preußische Einkommensteuergesetz von 1891 auf eine ausdrückliche Definition des Einkommensbegriffs. Dabei basierte das preußische Einkommensteuergesetz im wesentlichen auf die ursprünglich von Hermann vorgetragene und später namentlich von Fuisting entwickelte „Quellentheorie," so daß dieses Gesetz auf der Grundlage einer Auffassung vom Einkommen als regelmäßig wiederkehrendem Zufluß zu einem engen fiskalischen Einkommensbegriff gelangte.52 Fuistings Einfluß als Präsident des Oberverwaltungsgerichts, das die letzte Entscheidung in Steuersachen hatte, zeigte sich nicht zuletzt darin, daß die 1906 ergangene Novelle zum Einkommensteuergesetz seinen Einkommensbegriff grundsätzlich annahm53 und das Quellenprinzip nur durch die für Kaufleute geltende handelsrechtliche Gewinnermittlung und durch die Erfassung nichtgewerblicher Spekulationsgeschäfte durchbrach. 54 Das erste reichseinheitliche Einkommensteuergesetz von 1920 lehnte dagegen die Quellentheorie ausdrücklich ab und stand auf dem Boden der Reinvermögenszugangstheorie. 55 So führte der Reichsfinanzhof in seiner Entscheidung vom 16. Januar 1923 aus, die Besteuerung der Kaufleute entspreche der Schanzschen Einkommenstheorie, auf deren Boden sich das Einkommensteuergesetz grundsätzlich gestellt habe.56 Dabei wird jedoch mit den Grundsätzen der Reinvermögenszugangstheorie nicht voll ernst gemacht,57 da durch § 12 EStGi 92 o aus dem umfassenden Einkommensbegriff nicht weniger als 13 verschiedene Gruppen von Einkünften, 58 wie ζ. B. Erbschaften, Schenkungen, Kapitalabfindungen und unrealisierte Gewinne ausgeschlossen wurden. Die Abkehr von der Quellentheorie und die Akzeptanz der Reinvermögenszugangstheorie ist wohl der erste bemer50 Marsh, 512 ff. 51 Laufenburger, 461. 52 Neumark-Entwicklung, 28; Andel-Einkommensteuer, 335. 53 Bredt, 34. 54 Tipke, 203. 55 Biergans / Stockinger, 4; Balzer, 27. 56 RFHE 11, 249 (253). 57 Popitz, 446. 58 vgl. Tipke, 203.

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

kenswerte und dazu noch gelungene Versuch, den steuerlich relevanten Einkommensbegriff auszuweiten. Es ist auch in der Tat nicht einzusehen, warum Einkommenselemente, die nicht aus dauernden Quellen fließen, der Besteuerung entzogen werden sollen, wenn letztere die individuelle Leistungsfähigkeit der Einkommensbezieher treffen will. 5 9 Im Reichseinkommensteuergesetz von 1925, das bereits ein wirklicher Vorläufer des geltendes Rechts war, 60 unterließ es der Gesetzgeber, sich ausdrücklich zu einer der beiden Einkommenstheorien zu bekennen. Nach Ansicht des Reichsfinanzhofs ergibt sich aus der Begründung des Gesetzentwurfs, daß das Gesetz weder die Quellentheorie von Fuisting noch den Gedanken der Reinvermögenszugangstheorie grundsätzlich übernehme, sondern den Einkommensbegriff überwiegend unter dem Gesichtspunkt praktischer Bedürfnisse gestalten wollte. 61 Im Ergebnis nimmt das Gesetz eine Mittelstellung zwischen Quellen- und Reinvermögenszugangstheorie ein, da zum einen nur die Reinerträge bestimmter Ertragsquellen als Einkommen bezeichnet werden, zum anderen aber auch Spekulationsgewinne sowie Gewinne aus der Veräußerung von Betrieben oder Betriebsteilen sowie von Beteiligungen an Personengesellschaften dem steuerlichen Einkommensbegriff zugerechnet wurden. Das Einkommensteuergesetz von 1934 enthielt ebenfalls keinen Hinweis auf einkommenstheoretische Überlegungen, sondern umgrenzt den Einkommensbegriff kasuistisch und enumerativ „in einer für die Zwecke der Besteuerung möglichst geeigneten Weise," 62 indem es in § 2 I I I EStGi 9 3 4 sieben Einkunftsarten definiert. Da gem. §§ 2 I I Nr. 1, 4 I E S t G i 9 3 4 die Besteuerung der Unternehmer im wesentlichen der Vermögenszugangstheorie folgt, gem. § 2 I I Nr. 2 E S t G 1 9 3 4 die übrigen Steuerpflichtigen weitgehend nach den Grundsätzen der Quellentheorie besteuert werden, ist das Einkommensteuerrecht theoretisch gespalten worden. 6 3 2. Geltendes Recht Auch das bundesdeutsche Einkommensteuergesetz verzichtet auf eine allgemein gültige Definition des Einkommensbegriffs und bezieht sich auch nicht ausdrücklich auf eine Einkommenstheorie. Vielmehr versteht es unter Einkommen den Gesamtbetrag der Einkünfte aus sieben Einkunftsarten nach Ausgleich von Verlusten, die sich aus einzelnen Einkunftsarten ergeben können und nach Abzug von Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen. Das Einkommensteuerrecht ist also ein Einkunftsartenrecht. 64 Im einzelnen handelt es sich 59 Neumark, 39 f.; Bredt, 47 ff. 60 Tipke, 203. 61 RFH-RStBl 1927, 198 (200). 62 Begründung zum EStG 1934, RStBl 1935, 34 ff. 63 Tipke 203. 64 Rose-Einkunftsart, 2464.

II. Der fiskalische Einkommensbegriff

um die folgenden Einkunftsarten, von denen es heißt, daß sie der Einkommensteuer unterliegen: (1) Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (2) Einkünfte aus Gewerbebetrieb (3) Einkünfte aus selbständiger Arbeit (4) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (5) Einkünfte aus Kapitalvermögen (6) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (7) Sonstige Einkünfte i.S.d. § 22 EStG a) Einkünfte aus wiederkehrenden, nicht den Einkunftsarten (1) bis (7) zuzuordnenden Bezügen b) Einkünfte aus Spekulationsgewinnen (§ 23 EStG) c) Einkünfte aus sonstigen Leistungen Mit der Anknüpfung des Einkommensbegriffs an den Gesamtbetrag der Einkünfte folgt das deutsche Einkommensteuergesetz dem sog. synthetischen System im Gegensatz zu dem in manchen Ländern geltenden analytischen System, bei dem die einzelnen Einkünfte jeweils einer besonderen Einkommensteuer unterliegen. 65 Durch die Aufspaltung der Einkünfte in Einkunftsarten wird nicht nur abgegrenzt, welche Einkünfte überhaupt als solche des Einkommensteuergesetzes angesehen werden sollen, sondern auch ermöglicht, schon bei der Berechnung der Einkünfte wirtschaftlich und sozial gerechtfertigte Unterschiede entsprechend der Art und dem Charakter der Einkunftsquelle zu berücksichtigen. 66 Dabei war die Aufzählung von Einkunftsarten ursprünglich nur dazu da, den Einkommensbegriff zu illustrieren, da die Einkünfte aus den verschiedenen Einkunftsarten grundsätzlich als wertgleich oder gleichwertig angesehen wurden 67 und es ohne Bedeutung war, aus welcher Tätigkeit sie hervorrührten und ob sie mit größerer oder geringerer Anstrengung erzielt wurden. Formell gilt dieser Grundsatz zwar nach wie vor, 68 materiell hat es dagegen erhebliche Bedeutung, welcher Einkunftsart erzielte Einkünfte zuzurechnen sind, 69 da die Aufzählung der sieben Einkunftsarten als „Tatbestände des Lebens" 70 auch einen willkommenen Einstieg boten, die Steuerbelastung nach einzelnen Bevölkerungs- und Berufsgruppen zu differenzieren. 71 65 Giloy, 205. 66 Littmann-Keßler, § 2, RN 6. 67 Giloy, 205; Tipke, 324. 68 Littmann-Abgrenzung, 19. 69 Littmann-Einkommen, 43. 70 Littmann-Keßler, § 2, RN 6. 71 Giloy, 205. 5 Burger

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

a) Allgemeine Grundsätze der Einkommensermittlung Der teils vom Ansatz der Reinvermögenszugangstheorie (§§ 2 I I Nr. 1, 4 I EStG), teils vom Ansatz der Quellentheorie (§ 2 I I Nr. 2 EStG) ausgehende Begriff des Einkommens scheint zunächst umfassend und einheitlich zu sein mit einer bemerkenswerten Übereinstimmung zum ökonomischen Einkommensbegriff. In Wirklichkeit trifft dies jedoch nicht zu. 72 Zum einen wegen der Trennung der Einkünfte in Gewinn- und Überschußeinkunftsarten 73 und zum anderen durch eine definitorische Ausklammerung von wesentlichen Teilen des Einkommens aus dem Einkommensbegriff, durch unvollständige Gewinnermittlungsarten sowie durch die Nichterfassung von Einkünften aus dem privaten Bereich. 74 Die Ursache hierfür ist darauf zurückzuführen, daß die Besteuerung im Sinne einer fiskalischen Besteuerung, 75 die an der Leistungsfähigkeit des Steuersubjekts ausgerichtet ist, durch nicht- oder außerfiskalische Besteuerungselemente gleichzeitig auch gesellschafts-, sozial- und wirtschaftspolitische Ziele zu verfolgen zunehmend genötigt wird. 7 6 Aus diesem Grunde ist es erforderlich, zunächst die Ausgangsbasis der Einkommensermittlung, die Summe der Einkünfte aus den Einkunftsarten, zu analysieren und die einzelnen im Gesetz aufgezählten Tatbestände, die zu Einkommen führen können, auf die sie miteinander verbindenden Prinzipien zu untersuchen. Hierbei werden vier Grundsatzentscheidungen des Gesetzgebers sichtbar: al ) Der Grundsatz der Vermögensmehrung Wenn das Einkommen im Sinne des Einkommensteuergesetzes die Aufgabe haben und erfüllen soll, zutreffender Indikator der steuerlichen Leistungsfähigkeit zu sein, muß sich der Begriff und sein Inhalt an diesem Zweck orintieren, Dies verlangt, daß für das Vorliegen von Einkünften eine Bereicherung des Steuersubjekts im Sinne einer Vermögensmehrung erfolgt ist. Aus diesem Grunde kann nicht die Quellentheorie, sondern nur die Reinvermögenszugangstheorie den genannten Zweck erfüllen. 77 Dabei kann die erforderliche Vermögensmehrung verursacht worden sein zum einen durch den Erwerb von neuen Wirtschaftsgütern und zum anderen durch Wertsteigerungen des sich bereits im wirtschaftlichen Eigentum des Steuersubjektes befindlichen Vermögens. Somit können nur die 72 Tipke, 324; Tipke-Steuerrecht, 8 ff.; Tipke-Steuergerechtigkeit, 65 ff. 73 Kausemann, 162. 74 Albers-Einkommensteuer, 199 ff; Kausemann, 163 f. 75 Schmidt, 15 ff.; Rose, 815 ff.; Pfähler, 45 ff.; Bodenheim, 95 f.; Schranil-Schuld, 168 f. 76 Birk, 37 ff; Leisner, 97 ff; Franke, 33 ff; Schneider-Leistungsfähigkeitsprinzip, 356 ff; Pohmer/Jurke, 443 ff.; Schmölders-Steuerlehre, 52; BVerfGE 66, 214 (223); Schmidt, 15 ff.; Timm, 95 ff. 77 Tipke, 203.

II. Der fiskalische Einkommensbegriff

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Vermögensmehrungen, nicht dagegen die Verwendung gleich welcher Art von Vermögensteilen für die fiskalische Einkommensbestimmung bedeutsam sein. 78 a2) Der Grundsatz der Realisierung der Vermögensmehrung Aus der Einsicht, daß sich die Reinvermögenszugangstheorie mit verhältnismäßigen Mitteln nur dann durchführen läßt, wenn sie Zugeständnisse an die tatsächlichen Gegebenheiten macht, 79 folgt, daß eine Vermögensmehrung dann erst steuerlich erfaßt wird, wenn sie sich auch tatsächlich verwirklicht hat. Weder die bloße Möglichkeit, ein wie auch immer zu charakterisierendes Potential, Güter erwerben zu können, 80 noch unrealisierte Vermögenszuwächse stellen Einkünfte dar. Für die Festsetzung des Zeitpunktes, zu dem die erforderliche Realisierung eingetreten sein soll, hat sich der Gesetzgeber nicht für eine einheitliche Regelung entscheiden können. Während im Bereich der Ermittlung der Einkünfte durch Vermögensvergleich (§4 1 EStG) der Zeitpunkt der Leistungserbringung gilt, wird im Falle der Gewinnermittlung durch Einnahme-Ausgaberechnung (§ 4 I I EStG) auf den Zeitpunkt des Zahlungseingangs abgestellt. Bei Gesamt- oder Teilbetriebsveräußerungen sowie bei Verkauf wesentlicher privater Beteiligungen an Kapitalgesellschaften gilt dagegen der Tag des Kaufvertragsabschlusses. 81 a3) Der Grundsatz der Beteiligung am allgemeinen Wirtschaftsverkehr Der Gewinn, Überschuß oder sonstige wirtschaftliche Vorteil, also der Reinvermögenszugang, muß auf eine wirtschaftliche Tätigkeit zurückzuführen sein, muß also das Ergebnis einer Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr sein (§ 15 I I EStG), so er Bestandteil des fiskalischen Einkommensbegriffs werden soll. Dabei liegt eine wirtschaftliche Beteiligung nur dann vor, wenn die Teilnahme am Marktgeschehen mit der subjektiven Absicht und der objektiven Möglichkeit betrieben wird, eine Vermögensmehrung zu erzielen. 82 Fehlt es an dieser Absicht, handelt es sich entweder um eine gemeinnützige Tätigkeit (§§ 52, 55 AO) oder um Liebhaberei. 83 Diese subjektive Gewinn- bzw. Überschußerzie78 Dies wird im geltenden Steuerrecht auch grundsätzlich beachtet. Die Ausnahme von diesem Grundsatz wurde entweder bereits beseitigt (§48 EStG — Besteuerung nach dem Verbrauch) für den Veranlagungszeitraum 1981 oder wird, allerdings mit langen Übergangsfristen, beseitigt werden (Nutzungswert der selbstgenutzten Wohnung im eigenen Haus gem. §§ 21 II bzw. 21 a EStG); vgl. hierzu Fecht, 476 ff. 79 Lion, 286. so Biergans / Stockinger, 5. 81 Zum Realisierungszeitpunkt bei Veräußerung gegen Renten- oder dauernde Lasten vgl. Bierganz / Stotzingen, 85 f., 89 ff. 82 Vgl. jedoch § 11 EStG. 83 Kruse, 226; Bayer, 21 ff. + 39 ff.; Lang-Liebhaberei, 223 ff.; Rose-Einkünfte, 179 ff.; RFH-RStBl 1929, 329 (329); BFH-BStBl III 1954, 197 (197 f.); BStBl Π 1976, 485 (486 f.); 1981 452 (452); 1984, 751 (764 ff.). 5*

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

lungsabsicht, die auch Nebenzweck sein kann (§ 15 I I 3 EStG), ist Ausdruck eines allgemeinen, alle wirtschaftlichen Einkünfte betreffenden Prinzips. 84 a4) Der Grundsatz der Nettobesteuerung Nach dem Grundsatz der Nettobesteuerung, der allerdings von Gesetzgebung und Rechtsprechung zunehmend eingeschränkt wird, 85 ist nur die im Rahmen einer Einkunftsart eingetretene Vermehrung des Reinvermögens des Steuerpflichtigen Einkommen im steuerrechtlichen Sinne, nicht die bloße Vermehrung des Roh- oder Bruttovermögens, so daß ein Verzehr von Gütern zur Erwirtschaftung von einkommensteuerlich relevanten Güterzugängen bzw. Wertsteigerungen bei der Ermittlung der Einkünfte als Abzugsposten zu berücksichtigen sind. Das Nettoprinzip ist Ausfluß des Leistungsfähigkeitsprinzips im objektiven Sinne, 86 da nur die Reineinkünfte ein zutreffender Indikator für die objektive steuerliche Leistungsfähigkeit ist. Zwar ist eine Durchbrechung dieses Prinzips im Einzelfall dem Gesetzgeber nicht überhaupt verwehrt, jedoch muß sie als Ausnahme von der Regel sachlich gerechtfertigt sein, da nur ein Regel-Ausnahmeverhältnis verfassungsrechtlich und steuersystematisch tolerabel ist. 87 Unter Berücksichtigung der im Gesetz aufgezählten Tatbestände sowie der sie miteinander verbindenden Prinzipien läßt sich das steuerliche Einkommen definieren als die während eines Veranlagungszeitraumes realisierte Vermögensmehrung im Sinne eines Reinertrages als Ergebnis einer durch Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr erzielten entgeltlichen Verwertung von Gütern und Dienstleistungen, die aus gesellschaftspolitischen Gründen vermindert wird um bestimmte, enumerativ aufgezählte Kosten privater Lebenshaltung.88 b) Die persönliche Zurechnung von Einkünften Das Steuerobjekt als Inbegriff der sachlichen Voraussetzungen der Entstehung einer Steuerschuld, hier der Einkommensteuerschuld, ist das einer Person zurechenbare Einkommen. Einkommensteuer ist somit Subjektsteuer, so daß nicht nur bestimmt werden muß, in welcher Weise das Einkommen als Steuergut erfaßt und zum rechtlichen Steuerobjekt oder Steuergegenstand transponiert werden soll, 89 sondern auch, welcher Person das Steuerobjekt zuzurechnen ist, die durch diese persönliche Zurechnung erst zum Steuersubjekt wird. 9 0 Formal wird diese 84 Tipke, (10. Aufl.), 159; Schmidt-Liebig, 3 f. es Söhn, 18; Rose, G., 51; Lang, 16; § 4 V EStG; BVerfGE 34, 103 (115). 86 Tipke, 205. 87 Söhn, 18, Fußn. 28; Weiß, Bd. 15, § 4, Betr. Ausg., RN 71. 88 ähnlich Biergans / Stockinger, 6. 89 Tipke, 146. 90 Steinberg, 319.

II. Der fiskalische Einkommensbegriff

Zurechnung durch den Gesetzgeber hergestellt durch die Formulierung, daß natürliche Personen die von ihnen während der Zeit ihrer Steuerpflicht „erzielten" Einkünfte zu versteuern haben (§ 2 I i. V. mit § 1 I EStG). Dabei ist für die Frage, wem die steuerrelevanten Einkünfte zuzurechnen sind, vom objektiven Sachverhalt auszugehen. Daraus folgt, daß Einkünfte demjenigen zuzurechnen sind, in dessen Person der Sachverhalt gegeben ist, der also den gesetzlichen Tatbestand der Einkunftserzielung erfüllt. 91 Stellt in aller Regel die persönliche Zurechnung von Einkünften kein Problem dar, da sie sich meist fast unbemerkt aus den Tatbestandsnormen 92 ergibt, ist die Situation eine andere, namentlich bei Vermögenseinkommen, wenn die Person des zivilrechtlichen Eigentümers nicht mit der Person identisch ist, dem Einkünfte aus eben diesem Vermögen zugerechnet werden sollen. In diesen Fällen scheint nämlich aus der Rechtsregel, nach der gem. § 39 I AO Wirtschaftsgüter grundsätzlich dem Eigentümer zuzurechnen sind, und die durchbrochen wird durch die Vorschrift des § 39 I I Nr. 1 Satz 1 AO, nach der in den Fällen, in denen ein anderer als der (zivilrechtliche) Eigentümer die tatsächliche Herrschaft in der Weise ausübt, daß er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut ausschließen kann, ihm das Wirtschaftsgut zuzurechnen ist, auch eine Zurechnung von Einkünften ableitbar zu sein. 93 Die Frage, ob und inwieweit § 39 AO, der seinem Wortlaut nach nur die Zuordnung von Wirtschaftsgütern regelt, auch relevant ist für die Einkünfteermittlung, wird im Schrifttum nicht einheitlich beantwortet. 94 Während Tipke/ Kruse in § 5 EStG eine dem 39 AO vorgehende lex spezialisch sehen,95 halten Hübschmann / Hepp / Spitaler die Zurechnungsregel des § 11 StAnpG (der mit § 39 AO inhaltsgleich ist) auch im Rahmen der Einkommensteuer für umfassend verbindlich. 96 Auch Herrmann/Heuer/Raupach halten für die Zurechnung von Wirtschaftsgütern und Einkünften bei einem Auseinderfallen von rechtlichem und wirtschaftlichem Eigentum das letztere für maßgebend.97 Der BFH hat dagegen die Auffassung vertreten, daß aus § 11 Ziff 5 StAnpG für die einkommensteuerliche Zurechnung der Einkünfte unmittelbar nichts gewonnen werden könne. 98 Zutreffend ist wohl eine differenzierende Betrachtungsweise, nach der § 39 AO als lex generalis auch bei der Einkommensteuer zur Anwendung kommt, sofern nicht Sondervorschriften des materiellen Rechts abweichende Zurechnungsregeln 91 Söffing, 304 f.; Herrmann / Heuer / Raupach, § 2 EStG, Anm. 40a. 92 Schmidt, L., 156; Schmidt-Zurechnung, 117 ff.; Hensel-Steuerrecht, 59. 93 Seeliger, 7 f.; Werndl, 64 f.; Gieseke, 58. 94 Ruppe, 13. 95 Tipke/Kruse, § 39, Anm. 4. 96 Hübschmann / Hepp / Spitaler, 7. Aufl., § 11 StAnpG, Anm. 2b; in der neuen Aufl. wird diese Ansicht nicht mehr vertreten. 97 Herrmann/Heuer/Raupach, § 2 EStG, Anm. 40 d. 98 BStBl III 1959, 263 (264).

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

vorsehen. Solche abweichenden Zurechnungsregeln können sich ζ. B. für die Gewinnermittlung nach § 5 EStG aus den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ergeben. Da es ferner für die Zurechnung von Einkünften, die aus Vermögenswerten gezogen werden, nicht auf eine umfassende Sachherrschaft an eben diesem Vermögen ankommt, sondern darauf, daß jemand diese Vermögenswerte als Einkommensquelle nutzen kann, diese Nutzungsmöglichkeit aber prinzipiell weder zivilrechtliches noch wirtschaftliches Eigentum an den Vermögenswerten voraussetzt, kann nicht nur der Eigentümer des Vermögens, sondern auch der Nießbraucher oder ein anderer dinglich oder obligatorisch Nutzungsberechtigter oder sogar der Dieb Vermögenseinkünfte beziehen," weil die Zurechnung von Einkünften eben kein Problem wirtschaftlicher oder zivilrechtlicher Sachherrschaft ist, sondern vielmehr von der Innehabung einer Einkunftsquelle abhängig ist. Somit ist § 39 AO für den Bereich der Einkommensteuer insoweit anwendbar, als die Zuordnung von Wirtschaftsgütern für die Ermittlung der Einkünfte Bedeutung besitzt; eine Aussage über die Zurechnung der Einkünfte dagegen kann der Vorschrift nicht entnommen werden. 100 Die Frage, wer die Merkmale des Einkünfteerzielungstatbestandes verwirklicht hat, ist auch eine Frage nach der richtigen Grenzziehung zwischen Einkommenserzielung und Einkommens Verwendung. Sie wird überwiegend dahingehend beantwortet, daß derjenige Inhaber der Einkunftsquelle und damit Bezieher der Einkünfte sei, der eine solche wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Einkünfte erlangt habe, daß bei ihm ein wirksamer Vermögenszuwachs eingetreten sei. 101 Im Gegensatz hierzu sieht Ruppe als entscheidendes Kriterium für die Zurechnung die Dispositionsbefugnis über die Einkunftsquelle an, da Inhaber der Einkunftsquelle nicht derjenige sei, der die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Einkünfte erlange, sondern derjenige, der über die der Einkunftsquelle entsprechende Marktleistung selbst bzw. durch einen Vertreter verfügen kann, insbesondere diese Leistung auch beeinflussen und im Extremfall auch verweigern kann. 102 „Herr der fraglichen Leistungsbeziehungen",103 Zurechnungssubjekt also ist derjenige, der eine Einkunftserzielungsmöglichkeit nutzt, indem er über sie durch die Wahrnehmung rechtlicher und tatsächlicher Gegebenheiten zum Zweck der Einkunftserzielung verfügt. 104 Es muß zwar darauf hingewiesen werden, daß bei dieser Grenzziehung ein Begriff, die Einkommensquelle, benutzt wird, den das Einkommensteuergesetz nicht kennnt und der wohl auch aus diesem Grunde für überflüssig und unnötig angesehen wird, 1 0 5 jedoch spricht für Ruppes Ansicht, daß durch die Betonung 99 Tipke, 226. 100 Ruppe, 14 f. ιοί Gieseke, 58; Herrmann / Heuer / Raupach, § 2 EStG, Anm. 40a. 102 Ruppe, 25. 103 ders., 19. 104 Littmann-Keßler, § 2, RN 56. 105 Haas, 19; Meßmer, 253.

II. Der fiskalische Einkommensbegriff

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des Ursprungs der Einkünfte der Charakter der Zurechnung als ordnende Verbindung zwischen Steuersubjekt und Steuerobjekt deutlicher zum Ausdruck gebracht wird 1 0 6 und systematisch klarer zwischen dem Bezug von Einkünften und der Verfügung nach vorheriger Verwendung der Einkünfte durch einen anderen deutlich unterschieden wird, da es für die Frage der persönlichen Zurechnung von Einkünften grundsätzlich nicht darauf ankommt, wer letztlich über die als Einkünfte erworbenen Vermögenswerte verfügen kann oder Nutzen daraus zieht. 107 c) Die Ermittlung der Einkünfte Nach § 2 I I Nr. 1 und 2 EStG teilen sich die sieben steuerlichen Einkunftsarten in zwei Gruppen: in die Gewinneinkunftsarten und in die Überschußeinkunftsarten. Der hinter dem steuerlichen Einkommensbegriff stehende Einkünftebegriff ist demnach kein einheitlicher, sondern vielmehr ein dualistisch ausgebauter, 108 da die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit mit dem Gewinn identifiziert werden, während die Einkünfte aus den übrigen Einkunftsarten mit dem Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten gleichgesetzt sind. Dabei repräsentieren „Gewinn" und „Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten" nicht nur Einkünfte aus bestimmten Einkunftsarten, sondern präjudizieren bereits auch die jeweils zur Anwendung gelangende Methode der Einkunftsermittlung. 109 Da die Einkünfte aus den verschiedenen Einkunftsarten letztlich in ihrer Zusammensetzung das steuerliche Einkommen bilden, dieses steuerliche Einkommen aber Indikator zu sein hat für wirtschaftliche und steuerliche Leistungsfähigkeit, müßten die Methoden der Einkünfteermittlung so angelegt sein, daß sie auf steuerliche Leistungsfähigkeit und damit auf Steuergerechtigkeit hingeordnet wären. Zuflüsse, die in gleicher Weise die Leistungsfähigkeit des Steuersubjektes erhöhen, dürften grundsätzlich nicht unterschiedlich behandelt werden. 110 Eine unterschiedliche Behandlung geschieht jedoch schon allein dadurch, daß bei den nichtunternehmerischen Einkunftsarten (§2 1 Nr. 4-7 EStG) nur die Quelleneinkünfte erfaßt werden, grundsätzlich aber nicht etwaige Gewinne oder Verluste aus der Veräußerung von Wirtschaftsgütern des Privatvermögens, 111 während nur bei Unternehmen, die gesetzlich zur Buchführung und Bilanzierung verpflichtet sind oder die freiwillig Bücher führen, der Gewinn durch vollen 106 Gieseke, 59. io? Littmann-Keßler, § 2, RN 56. los Eine Deskription der sich hieraus für Betriebs- und Privatvermögen ergebenden normativen Konsequenzen gibt Fasselt, S. 54 ff. 109 Rose, G., 45. 110 Tipke-Dualismus, 391. m Von diesem Grundssatz kennt das EStG zwei Ausnahmen: Die Veräußerung von im Privatvermögen gehaltenen Anteilen an Kapitalgesellschaften bei wesentlicher Beteiligung (§17 EStG) sowie die Spekulationsgeschäfte (§§ 22 Nr. 3; 23 EStG).

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

Bestandsvergleich ermittelt wird und hierdurch den gesamten realisierten Vermögenszuwachs erfaßt. Die Folge ist, daß durch die vom Gesetzgeber bewußt und gewollt geschaffene 112 unterschiedliche Einkünfteermitlung in Wirklichkeit zwei steuerliche Einkommensbegriffe entstanden sind. Dabei kann die völlige Freistellung nahezu sämtlicher privater Veräußerungsgewinne nicht mit einem Hinweis auf technische Probleme gerechtfertigt werden, 113 da ζ. B. die steuerliche Erfassung von Gewinnen aus Grundstücksveräußerungen und Wertpapierverkäufen über die in § 23 EStG genannten Zeiträume hinaus keine unüberwindbaren Hindernisse darstellen kann. 114 Bestätigt wird diese Auffassung durch die Tatsache, daß in einer Reihe ausländischer Staaten auch private Kapitalgewinne besteuert werden. 115 Der Grundsatz der universalen Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit, nach dem sämtliche Einkünfte zu erfassen sind, von denen eine Steigerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ausgeht, ist einer der normativen Prinzipien der Einkommensbesteuerung. 116 Dieser Grundsatz wird durch die Privilegierung der privaten Veräußerungsgewinne durchbrochen. Da für eine derartige umfassende Bevorzugung eine gesetzesimmanente Begründung nicht ausgemacht werden kann, darüber hinaus das deutsche Einkommensteuerrecht auch nicht aus einem Schedulensystem verschiedenartiger Spezialsteuern besteht, 117 die Auffächerung des Einkommens in verschiedene Einkunftsarten vielmehr nur aus praktischen Erwägungen erfolgt, verstößt das duale System der Einkünfteermittlung gegen den Gleichheitsgrundsatz gem. Art. 31 GG. 1 1 8 Die Gründe, die das Bundesverfassungsgericht anführt, um einen derartigen Verstoß zu verneinen, 119 vermögen nicht zu überzeugen. cl ) Die Gewinnermittlungsmethoden Sieht man einmal von der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen bei nichtbuchführungspflichtigen Land- und Forstwirten (§ 13 a EStG) und der Gewinnermittlung durch Schätzung (§ 162 AO) ab, dann lassen sich drei Gewinnermittlungsmethoden unterscheiden: — Ermittlung des Gewinns durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 I EStG — Ermittlung des Gewinns durch Betriebsvermögensvergleich nach § 5 I EStG Π2 Tipke-Dualismus, 397. 113 Merkenich, 49. 114 Tipke-Steuerrecht, 11. 115 Hauser, 453 ff.; Krause-Nehring, 3 ff.; Mennel, 167 ff.; Mennel-Steuersysteme, 79; Mennel-Besteuerung, 91. 116 Merkenich, 50. in Tipke, 221 f.; Plasschaert, 99; Lang-Reform, 22. us Tipke-Dualismus, 399. 119 BVerfGE 26, 302 (310 ff.).

II. Der fiskalische Einkommensbegriff

— Ermittlung des Gewinns durch Feststellung des Überschusses der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben nach § 4 I I I EStG Die §§ 4 1 und 4 I I I EStG gelten grundsätzlich für alle drei Gewinneinkunftsarten, während der Vermögensvergleich nach § 5 I EStG nur für Gewerbetreibende vorgesehen ist, die gesetzlich, d. h. nach den Vorschriften des Handelsrechts oder der Abgabenordnung (§141 AO), verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, oder die dies freiwillig tun. Tatsächlich kommt der Vermögensvergleich nach § 4 I EStG jedoch zur Anwendung nur bei Land- und Forstwirten, die bestimmte Umsatz oder Gewinngrenzen überschreiten (§141 AO) sowie bei Land- und Forstwirten und Freiberuflern, die freiwillig Bücher führen. cla) Die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich a) Der Betriebsvermögensvergleich

nach §41 EStG

Gem. § 41 EStG ist Gewinn der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluß des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluß des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um die Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen. Hierbei ist unter Betriebsvermögen, wenn auch vom Gesetzgeber nicht definiert, das Betriebsreinvermögen 120 im Sinne von Eigenkapital 121 zu verstehen, so daß der Vermögensvergleich nach § 4 I EStG auch als „Vergleich zweier Eigenkapitalgrößen" 122 bezeichnet werden kann. Er entspricht dem Grundgedanken einer durch die steuerlichen Bewertungs- und Bilanzierungsvorschriften modifizierten Reinvermögenszugangsrechnung 123 und setzt voraus, daß jeweils zu Beginn und am Ende des maßgebenden Ermittlungszeitraums eine Aufstellung des gesamten Betriebsvermögens, getrennt nach positiven und negativen Wirtschaftsgütern mit ihren Wertansätzen, in Form von Bilanzen vorliegt als das zahlenmäßig verdichtete Ergebnis von Bestandsaufnahmen. Die jeweils zu vergleichenden Betriebsreinvermögen werden Bilanzen entnommen, die primär 124 auf steuerliche Vorschriften aufbauen, sogenannten originären Steuerbilanzen. 125 ß) Der Betriebsvermögensvergleich

nach §51 EStG

Die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nach § 5 I EStG ist die vorgeschriebene Gewinnermittlungsart für alle Gewerbetreibende, die dazu entweder gesetzlich verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüs120 Bühler / Scherpf, 149 ff. 121 Tiedtke, 150. 122 Tipke, 274. 123 Schulz, 95.

124 Zur Problematik der handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung i. V. m. § 4 I EStG und § 141 I 2 AO siehe Tipke, 276 f. 125 Rose, G., 55.

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

se zu machen oder die dies freiwillig tun. Die Buchführungspflicht ergibt sich bei Vollkaufleuten unmittelbar aus den §§ 238 ff HGB bzw. §§ 148 ff AktG oder § 33 GenG, im übrigen aber nach den Voraussetzungen des § 141 I AO. Der wichtigste Unterschied zum Vermögens vergleich nach § 4 1 EStG 1 2 6 besteht darin, daß hier die Steuerbilanzen aus den Handelsbilanzen abzuleiten sind. Da in der Handelsbilanz in erster Linie die handelsrechtlichen Bestimmungen und nur in Ausnahmefällen steuerliche Regelungen angewandt werden, werden die Reinvermögensaufstellungen im Rahmen des § 5 I EStG auch als derivative oder abgeleitete Steuerbilanzen bezeichnet.127 § 5 EStG übernimmt die grundlegende Gewinndefinition des § 4 I EStG, die analog der Reinvermögenszugangstheorie weitgefaßt ist und neben den ordentlichen Erträgen bzw. Aufwendungen auch alle außerordentlichen und betriebsfremden Aufwendungen und Erträge umfaßt. 128 Ähnliches gilt auch in den meisten westeuropäischen Staaten.129 Aufgrund dieser steuerlichen Gewinndefinition gilt, daß die innerhalb des Veranlagungszeitraumes erreichte Größe des Zuwachses an Betriebsvermögen die Höhe des steuerlichen Gewinns bestimmt, so daß der Ermittlung des Betriebsvermögens größte materielle Bedeutung für die Bestimmung des steuerlichen Einkommens zukommt. y) Das Betriebsvermögen Für die Ermittlung des steuerlichen Einkommens ist die Abgrenzung des Betriebsvermögens vom Privatvermögen von grundlegender Bedeutung, da das Betriebsvermögen sowohl bei der Gewinnermittlung nach § 4 I EStG als auch nach § 51 EStG die Ausgangswerte liefert. Dennoch verwendet das Gesetz diesen Begriff, ohne ihn zu definieren, ebenso wie die in ihm enthaltenen Teilbegriffe Betrieb und (betriebliches) Vermögen. Bei der Abgrenzung des Betriebsvermögens vom Privatvermögen unterscheiden im Steuerrecht Rechtsprechung, Verwaltung und Literatur durchweg zwischen notwendigem und gewillkürtem Betriebsvermögen einerseits und notwendigem Privatvermögen andererseits. 130 Wenn auch die Begriffsbestimmung durch die Rechtsprechung nicht einheitlich ist, 1 3 1 so werden doch üblicherweise als notwendiges Betriebsvermögen diejenigen Wirtschaftsgüter angesehen, die dem 126 Zu den ursprünglich bestandenen größeren Unterschieden zwischen § 4 I und 5 I EStG siehe Merkenich, 106 ff. mwN. ™ Rose, G., 55. 128 Zimmermann, 88. 129 Baumann, 10 ff. 130 RFH-RStBl 1930, 39 (39); BFHE 78, 243 (245); 115, 500 (502); BFH-BStBl III 1967,180 (181); BStBl II 1970,734 (735); 1973,705 (706); Herrmann / Heuer / Raupach, §4 EStG, Anm. 7a; Littmann-Nieland §§4,5, RN 142 ff.; Schmidt-EStG, §4, Anm. 22; Woemer, 322; Leingärtner-Dreiteilung, 214. 131 Schmidt-EStG, § 4, Anm. 23 a.

II. Der fiskalische Einkommensbegriff

Betrieb in dem Sinne unmittelbar dienen, daß sie objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb selbst bestimmt sind. 132 Entscheidendes Merkmal ist hiernach, daß der Unternehmer ein Wirtschaftsgut zum unmittelbaren Einsatz für den betrieblichen Zweck bestimmt, 133 das Element der betrieblichen Veranlassung somit in den Vordergrund gerückt wird mit der Folge, daß die Grenzlinie vom gewillkürten Betriebsvermögen in Richtung des notwendigen Betriebsvermögens verschoben wird. 1 3 4 Die Zugehörigkeit zum notwendigen Betriebsvermögen bedeutet jedoch nicht, daß das Wirtschaftsgut auch im betriebswirtschaftlichen Sinne für den Betrieb unbedingt erforderlich ist. 1 3 5 Insoweit hat der Steuerpflichtige eine eigene Entscheidungsbefugnis. Andererseits ist es bei Gegenständen des notwendigen Betriebsvermögens unerheblich, ob der Steuerpflichtige diese Wirtschaftsgüter als Privatvermögen ansieht, da notwendiges Betriebsvermögen niemals Privatvermögen sein kann. 136 Im Falle einer dennoch so erfolgten buchungsmäßigen Behandlung hat eine Berichtigung in der Steuerbilanz zu erfolgen. 137 Geschäfte, die mit Wirtschaftsgütern des notwenigen Betriebsvermögens gemacht werden, sind betriebliche Vorgänge. Es ist grundsätzlich nicht möglich, Gegenstände des notwendigen Betriebsvermögens dergestalt aus dem Betriebsvermögen auszusondern, daß damit außerhalb der betrieblichen Tätigkeit Privatgeschäfte getätigt werden könnten, deren Ergebnisse dann den steuerlichen Einkommensbegriff nicht tangieren würden. Vielmehr ist nur durch die Entscheidung, Wirtschaftsgüter auf Dauer in einer Art und Weise zu nutzen, die mit der Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen unvereinbar ist, weil diese Nutzung der privaten Lebensführung des Unternehmers und seiner Angehörigen dient (§12 EStG), eine Entnahme von Wirtschaftsgütern aus dem notwendigen Betriebsvermögen möglich. 138 Auch die Begriffsbestimmung des gewillkürten Betriebsvermögens durch die Rechtsprechung ist nicht einheitlich. 139 Üblicherweise werden zum gewillkürten Betriebsvermögen diejenigen Wirtschaftsgüter gerechnet, die objektiv geeignet und dazu bestimmt sind, den Betrieb zu fördern, wobei der Förderungszusammenhang eine weniger intensive Bindung zum Betrieb ausdrücken soll als das Dienen beim notwendigen Betriebsvermögen. 140 Eine Definition läßt sich allerdings auch anhand von Negativkriterien finden, um hierdurch gleichzeitig den Entschei132 Woerner, 330; BFHE 115, 500 (502). 133 Littmann-Nieland, §§ 4,5, RN 150. 134 Schmidt-EStG, § 4, Anm. 23 a. 135 Zum Begriff des betriebswirtschaftlich notwendigen Vermögens vgl. Baetge, 2094 mwN. 136 Söffing-Betriebsvermögen, 454. 137 Pralle, 22. 138 Littmann-Nieland, §§ 4,5, RN 154. 139 Eine Zusammenstellung gibt BFHE 120, 374 (376 ff.). 140 Schmidt-EStG § 4, Anm. 24 a.

C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

dungsspielraum des Steuerpflichtigen aufzuzeigen. So können Gegenstände, die nicht ausdrücklich zum notwendigen Privatvermögen gehören und die auch nicht notwendiges Betriebsvermögen sind, die also die zwingenden Voraussetzungen weder nach der einen noch nach der anderen Seite erfüllen, gewillkürtes Betriebsvermögen sein. Derartige Wirtschaftsgüter eröffnen somit dem Steuerpflichtigen einen Entscheidungsspielraum hinsichtlich ihrer Qualifizierung. 141 Als conditio sine qua non für eine Zuordnung zum gewillkürten Betriebsvermögen ist die objektive Geeignetheit für die Förderung des Betriebes anzusehen,142 als conditio per quam der Widmungsakt, 143 also der konkretisierte Wille des Steuerpflichtigen, 1 4 4 der durch den Ausweis des betreffenden Wirtschaftsgutes in Buchführung und Bilanz dokumentiert sein muß. 145 Die objektive Geeignetheit eines Wirtschaftsgutes zur Förderung des Betriebes als Voraussetzung für seine Qualifizierungsmöglichkeit zum gewillkürten Betriebsvermögen setzt die Grenze, die erforderlich ist, um Willkür auszuschließen, denn gewillkürtes Betriebsvermögen heißt nicht willkürlich gebildetes Betriebsvermögen, 146 da das Steuerrecht es nicht dem völlig freien, durch objektive Umstände nicht kontrollierbaren Ermessen des Steuerpflichtigen überlassen kann, ob und welche Gegenstände Betriebsvermögen sind und welche Einkunftsart in Betracht kommt. 147 Unter diesem Gesichtspunkt wird man schwerlich etwas dagegen einwenden können, wenn es unzulässig ist, daß Wirtschaftsgüter allein deshalb durch einen konkretisierten Wahlakt dem Betriebsvermögen zugeführt werden, um evtl. sich abzeichnende Verluste in den betrieblichen Bereich zu verlagern, was vor allem für die Zuordnung unsicherer Darlehnsforderungen und Bürgschaftsverpflichtungen zum Betriebsvermögen von Bedeutung sein kann. 148 Die Auswirkungen auf den steuerlichen Einkommensbegriff sind dennoch bedeutsam. Da in aller Regel davon auszugehen ist, daß der Einsatz und die Verwertung von Wirtschaftsgütern in einem betrieblichen Produktions- oder Leistungsprozeß nicht mit einem ausgeglichenen, d. h. kostendeckenden Ergebnis endet, sondern daß vielmehr Differenzen übrigbleiben, mögen diese nun positiv oder negativ sein, oder anders gesagt, zu einer Vermögensmehrung oder -minderung führen, bleibt es letztlich dem Steuerpflichtigen überlassen, durch seinen konstitutiven Wahlakt, d. h. durch die Konkretisierung seines subjektiven Willens, das einem Wirtschaftsgut gleichsam als Apendix anhaftende Vermögens Veränderungspotential dem steuerlichen Einkommen zuzuschlagen oder es ihm 141 Hauter, 308. 142 Woerner, 338 f. ι « ders., 331; Tipke, 291. 144 Söffing-Betriebsvermögen, 493; BFH-BStBl III 1961, 53 (53). 145 a. A. Söffing-Betriebsvermögen, 507. 146 BFH-BStBl III 1960, 489 (490). 147 BFH-BStBl II, 1970, 621 (623). 148 Woemer, 337.

II. Der fiskalische Einkommensbegriff

vorzuenthalten, sofern das betreffende Wirtschaftsgut überhaupt nur objektiv irgendwie geeignet erscheint, den betrieblichen Zweck in irgendeiner Art und Weise zu fördern. Damit wird die durch die duale Einkünfteermittlung bereits bestehende Ungleichheit der Bestimmung der steuerlichen Bemessungsgrundlage „Einkommen" weiter vergrößert, indem es für einen nicht geringen Teil von Wirtschaftsgütern dem Ermessen des Steuerpflichtigen überantwortet wird, die durch sie realisierten Vermögenswertänderungen dem steuerlichen Einkommen zuzuweisen oder nicht. Wohlverstanden, es geht hierbei nicht um die unstreitige Entscheidungsfreiheit eines jeden Steuerpflichtigen, mit dem ihm zuzurechnenden Vermögen durch eine ihm als angemessen erscheinende Verwertung positive oder auch negative Vermögensveränderungen zu realisieren, sondern allein darum, daß es als bedenklich anzusehen ist, die Zuordnung des Ergebnisses derartiger Verwertungsaktivitäten zum steuerlichen Einkommen in nicht unerheblichem Umfang ins Belieben des Steuerpflichtigen zu stellen. Wirtschaftsgüter, die ausschließlich privaten Zwecken im Sinne von § 12 EStG dienen und einem konkreten betrieblichen Zweck weder unmittelbar noch mittelbar dienen können, bilden das notwendige Privatvermögen. 149 Zum notwendigen Privatvermögen gehören mithin zunächst alle Wirtschaftsgüter, die ihrer Natur nach eine solche Beziehung zum privaten Bereich des Steuerpflichtigen haben, daß diese, auch wenn der Steuerpflichtige es wollte, grundsätzlich nicht gelöst werden kann. 150 Darüber hinaus zählen auch solche Wirtschaftsgüter zum Privatvermögen, die dem privaten Bereich des Steuerpflichtigen in einer solchen Weise dienen, daß die darauf beruhende Beziehung solcher Wirtschaftsgüter zum privaten Bereich nur gelöst werden kann, wenn ihre Funktion, d. h. ihre Zweckbestimmung entscheidend verändert wird. 1 5 1 Da es somit Wirtschaftsgüter gibt, die aufgrund ihrer objektiven Geeignetheit durch einen entsprechenden Wahlakt des Steuerpflichtigen entweder zum Betriebsvermögen oder zum Privatvermögen gerechnet werden, sollte es denknotwendig als Pendant zum gewillkürten Betriebsvermögen das gewillkürte Privatvermögen 152 oder auch nichtnotwendiges Privatvermögen 153 geben. Es ist jedoch daraufhinzuweisen, daß diese sozusagen zweifach verwendbaren Wirtschaftsgüter nicht durch einen Wahlakt zum Privatvermögen gewillkürt werden, sondern generell zu dieser Vermögensart gehören, solange sie nicht zum Betriebsvermögen gewillkürt worden sind. So ist die Dreiteilung des Gesamtvermögens auch nicht ohne Kritik geblieben, ohne daß sich allerdings eine andere Nomenklatur bisher durchgesetzt hätte. 154

149 Tipke, 291. 150 Plückebaum/Sauerland/Wendt, 99; BFH-BStBl III 1960, 484 f. 151 Plückebaum/Sauerland/Wendt, 101. 152 Schmidt-EStG, § 4, Anm. 26 a. 153 Leingärtner-Dreiteilung, 214. 154 Zur Kritik an der Dreiteilung vgl. Tipke, 292 f.; Merten, 365 f.; Littmann-Nieland, §§ 4,5, RN 185; Schmidt-EStG, § 4 Anm. 26.

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

δ) Einlagen und Entnahmen Durch die Korrektur des Ergebnisses des Betriebsvermögensvergleichs um die getätigten Einlagen und Entnahmen wird erreicht, daß der Gewinn nur betriebliche Geschäftsvorfälle enthält. Dabei sind unter dem Begriff Einlagen alle Wirtschaftsgüter, d. h. Bareinzahlungen und auch sonstige Wirtschaftsgüter zu verstehen, die der Steuerpflichtige dem Betrieb im Laufe des Wirtschaftsjahres zugeführt hat. 155 Dazu zählen nicht nur die Güter im engeren Wortsinne, die dem Betrieb zu betrieblichen Zwecken aus der privaten Sphäre zugeführt worden sind, 156 sondern auch Leistungen und Nutzungen, 157 Wertzuführungen also, 158 die nicht selbständig verkehrsfähig zu sein brauchen. 159 Auf die Gegenständlichkeit der Einlage kommt es demzufolge nicht an. 160 Damit geht die Einlage im steuerrechtlichen Sinne über den entsprechenden handelsrechtlichen Begriff hinaus und erfaßt auch tatsächliche Vermögensvorteile. 161 Eine Entnahme ist gegeben, wenn ein Wirtschaftsgut aus dem betrieblichen Bereich in den privaten Bereich übergeht oder wenn es innerhalb des betrieblichen Bereichs von einem Betrieb oder Betriebsteil in einen anderen übergeht und dabei eine spätere steuerliche Erfassung der im Buchansatz für dieses Wirtschaftsgut enthaltenen stillen Reserven nicht gewährleistet ist. 1 6 2 Entnahmen sind also Änderunen des Betriebsvermögens, die nicht durch betriebliche Vorgänge verursacht wurden. 163 Dabei muß die Entnahme durch ein Handeln verursacht worden sein, das betriebsfremden Zwecken dient; 164 dazu reicht auch ein konkludentes Verhalten des Steuerpflichtigen aus, durch das die Verknüpfung des Wirtschaftsgutes mit dem Betriebsvermögen gelöst wird. In besonders gelagerten Fällen kann auch ein Rechtsvorgang genügen, der das Wirtschaftsgut aus dem Betriebsvermögen ausscheiden läßt. 165 Entnahmefähig sind nur Wirtschaftsgüter des notwendigen und des gewillkürten Betriebsvermögens, 166 nicht hingegen solche des notwendigen Privatvermögens, auch wenn sie fälschlich in der Bilanz als Betriebsvermögen behandelt werden. 167 Dabei ist wie bei den Einlagen der Entnahmeregelung ein weiter 155 Zum Problem der verdeckten Gewinnausschüttungen und der verdeckten Einlagen vgl. Gasner, 245 ff. 156 Plückebaum/Sauerland/Wendt, 139. 157 Tipke, 294. iss Littmann-Nieland, §§ 4,5, RN 276. 159 BFH-BStBl II 1976, 13 (14). 160 Groh, 133 ff.; Gocke, 609; Stadie, 578. 161 Drenseck, 150. 162 Hellwig, 335, mwN der einschlägigen Rechtsprechung. 163 Speich, 23. 164 Tipke, 294. 165 BFHE 114, 189 (195); aA Knobbe-Keuk, 496. 166 Bordewin, 430. 167 Birkholz, 165.

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Wirtschaftsbegriff zugrundezulegen, der eine Bilanzierungsfähigkeit nicht erfordert, 1 6 8 so daß jede Wertabgabe aus diesem Bereich zu betriebsfremden Zwecken den Tatbestand der Entnahme erfüllt, also nicht nur die Herausnahme von Geld, Waren und Erzeugnissen, sondern auch die Nutzung betrieblicher Gegenstände und Einrichtungen sowie die Inanspruchnahme betrieblicher Leistungen für außerbetriebliche Zwecke. 169 Zweck der Entnahmeregelung in § 412 EStG ist es, sowohl die außerbetrieblich veranlaßten Eigenkapitalminderungen, die den Gewinn und damit das steuerliche Einkommen nicht beeinflussen dürfen, auszugleichen als auch die während der Zugehörigkeit des entnommenen Wirtschaftsgutes zum Betriebsvermögen gebildeten stillen Reserven im Entnahmezeitpunkt aufzudecken und als realisiert zu betrachten, so daß sie zu diesem Zeitpunkt dem steuerlichen Einkommen zugerechnet werden können. 170 ε) Die Bewertung des Betriebsvermögens Das Ergebnis des Betriebsvermögensvergleichs nach §§ 41 und 5 I EStG hängt nicht nur davon ab, was als Wirtschaftsgut aktiviert oder passiviert werden muß bzw. kann und was als Einlage oder als Entnahme zu behandeln ist, sondern sehr wesentlich auch davon, wie die Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens sowie die Einlagen und Entnahmen bewertet werden. Dabei gelten bei der Bewertung der zum Betriebsvermögen zählenden Wirtschaftsgüter grundsätzlich vorrangig nicht die handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, da diese aus Gründen des Gläubigerschutzes Unterbewertungen zulassen, sondern die Regeln der §§ 6 und 7 EStG, hilfsweise die Vorschriften des Bewertungsgesetzes (§ 1 BewG). 171 Allerdings wird in § 6 EStG nur für zwei der in § 4 I 1 EStG genannten vier Gewinnermittlungsfaktoren direkt bezeichnet. Während für die Einlagen und die Entnahmen als Bewertungsmaßstab gem. § 6 I Nr. 4 und Nr. 5 EStG der Teilwert vorgeschrieben wird, wird für das Betriebsvermögen am Bilanzstichtag und für das Vorjahres-Betriebsvermögen kein Wertansatz vorgegeben. Die Ursache hierfür ist darin zu sehen, daß das Betriebsvermögen nicht als wirtschaftliche Einheit bewertet werden soll, sondern sein Wert sich vielmehr ergeben soll aus den Werten der einzelnen zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter, 172 da andernfalls nichtrealisierte Gewinne im Wege der Saldierung mit nichtrealisierten Verlusten ausgewiesen werden könnten. 173 168 Rohner, 597. 169 Littmann-Nieland, §§ 4,5, RN 191. no Littmann-Nieland, §§ 4,5, RN 188. 171 Tipke, 295; aA Tanzer, 93. 172 Littmann-Meincke, § 6, RN 2; Kleinjohann, 12 f. 173 Schmidt-EStG, § 6, Anm. 10; das Saldierungsverbot gilt auch bei Identität von Schuldner und Gläubiger, vgl. hierzu Milatz, 572; eine Ausnahme bilden nur aufrechenbare Forderungen nach erklärter Aufrechnung, vgl. hierzu Herrmann / Heuer / Raupach, § 6 EStG, RN 86.

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

Das Gebot der Einzelbewertung führt dazu, daß der Steuerpflichtige die zum Betriebsvermögen gehörenden positiven und negativen Wirtschaftsgüter unter Anwendung der gerade für die einzelnen Wirtschaftsgüter vorgesehenen Bewertungsregeln 174 in einer Vermögensübersicht zusammenstellt, ihnen Geldbeträge zuordnet, 175 sie also in eine Geldrechnung einfügt, 176 um aus der Zusammenfassung der Geldbeträge für die positiven und negativen Wirtschaftsgüter dann den für das Betriebs(rein)vermögen maßgeblichen Geldbetrag zu ermitteln. Dabei kommen bei der Bewertung der einzelnen Wirtschaftsgüter drei Bewertungsmaßstäbe zur Anwendung, nämlich die Anschaffungskosten und die Herstellungskosten, jeweils eventuell vermindert um die Absetzung für Abnutzung, sowie der Teilwert. εΐ) Die Anschaffungskosten Anschaffen ist der Erwerb eines bereits bestehenden Wirtschaftsgutes, also das Erlangen der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über ihn, um es zur Erzielung von Einkünften verwenden zu können. 177 Somit sind Anschaffungsgeschäfte durchweg auf den Erwerb wenigstens des wirtschaftlichen Eigentums gerichtet. 178 Dementsprechend gehören zu den Anschaffungskosten nur solche Aufwendungen, die dem einzelnen Wirtschaftsgut im Zusammenhang mit dem Anschaffungsvorgang zugerechnet werden können. Dazu gehört jedoch nicht nur der an den Lieferanten zu zahlende Preis, sondern auch die Anschaffungsnebenkosten, 179 Aufwendungen also, die mit der Beschaffung des Wirtschaftsgutes sowie seiner Überführung in einen betriebsbereiten Zustand 180 zusammenhängen, Einzelkosten sind und nicht Gemeinkosten.181 Die Anschaffungskosten sind somit final bestimmt, ein kausaler oder gar lediglich ein zeitlicher Zusammenhang mit dem Erwerb und der Herbeiführung der erstmaligen Einsatzbereitsschaft ist nicht ausreichend. 182 ε2) Die Herstellungskosten Herstellungskosten sind die Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Wirtschaftsgutes, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand 174 Milatz, 572. 175 Littmann-Meincke, § 6, RN 2. 176 Meincke, 8. 177 Herrmann/Heuer/Raupach, § 6 EStG, Anm. 282; BFHE 86, 792 (794); 98, 360 (362). 178 So ζ. B. beim Leasinggeschäft, wenn der Leasing-Gegenstand dem Leasing-Nehmer zugerechnet wird, vgl. BFHE 97, 466 (482). 179 Schmidt-EStG, § 6, Anm. 25. 180 Littmann-Meincke, § 6, RN 99; BFHE 125, 516 (525 ff.). 181 Hoffmann, 329 ff. 182 Mathiak, 117; BFH-BStBl II 1977, 600 (600 f.).

II. Der fiskalische Einkommensbegriff

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hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen (Abschn. 33 I EStR). Sie sind wesentlich schwieriger zu ermitteln als die Anschaffungskosten, da diese im allgemeinen auf Grund von Rechnungen, die bei der Beschaffung von Wirtschaftsgütern erteilt werden, bestimmt werden können. Auch die mit der Anschaffung verbundenen Nebenkosten sind für gewöhnlich als Aufwendungen, die zu entsprechenden Ausgaben führen, genau zu berechnen. 183 Unter Herstellungskosten sind nicht die Kosten im betriebswirtschaftlichen Sinne zu verstehen, 184 sondern vielmehr die durch die Herstellung verursachten Aufwendungen, 185 so daß allein solche Verbrauchsarten berücksichtigt werden, die durch den Begriff der steuerlich abzugsfähigen Betriebsausgaben gem. §§ 4 I V , 6a, 12 und 15 EStG gedeckt sind. 186 Alle Zusatz- und Anderskosten, also die kalkulatorischen Kostenarten, sind ausgeschlossen, obgleich sie wesentlicher Bestandteil der Herstellungskosten in der Kostenrechnung sind, soweit ihnen keine Aufwendungen gegenüberstehen. 187 Auch Verbrauchssteuern zählen nicht zu den steuerlichen Herstellungskosten. 188 Somit werden in erster Linie vom steuerlichen Herstellungskosten-Begriff die der Herstellung eines Wirtschaftsgutes unmittelbar zurechenbaren Aufwendungen erfaßt, also die Material- und die Fertigungseinzelkosten sowie die Sondereinzelkosten der Fertigung, 189 d. h. Kosten, deren Maßeinheiten für das hergestellte Wirtschaftsgut direkt bewertet werden können. 190 Ob und in welchem Umfang anteilige Gemeinkosten, Kosten also, deren Maßeinheiten nur indirekt aufgrund einer Annahme bewertet werden können, als Herstellungskosten aktiviert werden können oder müssen, ist umstritten. 191 Seit dem Gutachten des großen Senats des Reichsfinanzhofs 192 werden Material- und Fertigungsgemeinkosten zu den aktivierungspflichtigen Herstellungskosten gezählt, für sie besteht somit eine Einbeziehungspflicht in die Herstellungskosten. Im Gegensatz hierzu besteht bei der Berücksichtigung von Verwaltungsgemeinkosten ein AktivierungsWahlrecht (Abschn. 33 I I 2 EStR), das jedoch auf schwankender Grundlage ruht 1 9 3 und auch kritisiert wird. 1 9 4 Nicht zu den Herstellungskosten zählen die Vertriebsgemeinkosten, da bei ihnen kein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zur Herstellung besteht, auch wenn zu diesen Kosten die 183 Wöhe 1/1, 421. 184 Knobbe-Keuk-Bilanz, 151. iss Wichmann, 552; Wöhe/Bieg, 38. 186 Zur Abgrenzung der Begriffe „Betriebsausgaben, Aufwand, Kosten" vgl. Bommarius, 24 ff.; van der Velde, 87 ff.; Herrmann / Heuer / Raupach § 6 EStG, Anm. 463. 187 Wöhe-Bilanz, 414; Pieper, 127. iss Döllerer, 204; Bachmayr, 561 ff.; BFHE 115, 243 (249). 189 Koch, 331 ff. 190 BFH-BStBl II 1968, 22 (23). 191 Knobbe-Keuk-Bilanz, 152 f. 192 RFH-RStBl 1939, 321, fortgeführt in BFH-BStBl ΙΠ, 1960, 191 (192 f.); BStBl II 1968, 22 (23). 193 Littmann-Meincke, § 6, RN 141. 194 Tipke, 296; Mathiak, 114; Sieger, 110. 6 Burger

C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

Lagerkosten der Fertigprodukte 195 sowie die Transportkosten zum Vorratslager gerechnet werden. 196 Gleiches gilt für die Finanzierungskosten. ε3) Der Teilwert Der steuerliche Teilwert ist zum einen der Bewertungsmaßstab für die Einlagen (§ 6 I Nr. 5 EStG) und für die Entnahmen (§ 6 I Nr. 4 EStG), sodann für die Wirtschaftsgüter bei Eröffnung oder entgeltlichem Erwerb eines Betriebes (§ 6 I Nr. 6 EStG) und für die Erfassung von Wertminderungen gegenüber den Ausgangswerten (Teilwertabschreibung). 197 Er ist somit ein subsidiärer Wertmaßstab, der dann anzusetzen ist, wenn er niedriger ist als die um die Absetzungen für Abnutzung reduzierten Anschaffungs- oder Herstellungskosten. 198 Der von der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs verwendete Teil wertbegriff ist 1934 in das Einkommensteuergesetz eingeführt worden, 199 um den wertbestimmenden Einfluß der Betriebszugehörigkeit eines Wirtschaftsgutes bei der Gewinnermittlung berücksichtigen zu können. 200 § 6 I Nr. 1 Satz 3 EStG definiert den Teilwert als den Betrag, den der Erwerber des ganzen Betriebes im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut zahlen würde; dabei ist davon auszugehen, daß der Erwerber den Betrieb fortführt. Diese Bestimmung muß jedoch vor dem Hintergrund des Prinzips der Einzelbewertung gesehen werden, 201 so daß der Teilwert nicht durch eine Aufteilung des nach dem Ertragswertverfahren ermittelten Unternehmenswertes auf die einzelnen Wirtschaftsgüter bestimmt werden kann. 202 Die im Teilwertbegriff enthaltene Veräußerungsfiktion läßt im allgemeinen keine sichere Wertbestimmung zu. 2 0 3 Aus diesem Grunde sah und sieht es die Rechtsprechung als ihre Aufgabe an, Grundsätze darüber aufzustellen, wie der einem Wirtschaftsgut im Rahmen des Gesamtbetriebswertes beizumessende Individualwert im Einzelfall ermittelt werden soll. 2 0 4 Zu diesem Zweck hat sie zur Vereinfachung der Teilwertschätzung im wesentlichen folgende Teilwertvermutungen und Teilwertgrenzen entwickelt: 205 Im Zeitpunkt des Erwerbes bzw. der Herstellung eines Wirtschaftsgutes wird eine Übereinstimmung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten mit dem Teil195 Bange, 137; BFH-BStBl I I 1978, 412 (413).

196 BFH-BStBl II 1976, 409 (409). 197 Knobbe-Keuk-Bilanz, 156. 198 Maassen, 2. 199 RStBl 1935, 33 (38). 200 Zur Entstehung des Teilwertbegriffs siehe Zitzlaff, 193 ff.; Euler, 160 f.; Dorait, 143 f. 201 BFHE 94, 124 (128 ff.). 202 Schmidt-EStG, § 6, Anm. 50 mwN. 203 Zur Kritik am Teil wert auch aus diesem Grunde vgl. Kosiol, 123; aA Dorait, 144 ff. 204 BFH-BStBl III 1957, 16 (17). 205 Zur Kritik aus betriebswirtschaftlicher Sicht: Albach, 316.

. Der fiskalische Einkommensbegriff

wert vermutet. Denn solange eine Anschaffung oder Herstellung nicht als Fehlmaßnahme anzusehen ist, kann davon ausgegangen werden, daß ein Erwerber des ganzen Betriebes bei unveränderter Fortführung das betreffende Wirtschaftsgut zu dem tatsächlich aufgewendeten Kostenbetrag erwerben oder herstellen würde. 206 Bei nicht abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens gilt diese Teilwertvermutung auch für spätere Bilanzstichtage,207 bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens geht die Vermutung dahin, daß sich in den folgenden Jahren der Teilwert mit den um die Absetzungen für Abnutzung verminderten Anschaffungs- oder Herstellungskosten deckt. 208 Sind jedoch die Wiederbeschaffungskosten niedriger, so sind diese als Teilwert anzusetzen.209 Die Vermutung, daß der Teilwert den Wiederbeschaffungskosten am Bilanzstichtag entspricht, gilt auch für Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens, sofern nicht für Erzeugnisse und Waren mit so niedrigen Verkaufserlösen gerechnet werden muß, daß daraus nicht die Vollkosten gedeckt werden könnten. Dann ist der Teilwert auf der Basis des voraussichtlichen Verkaufserlöses zu ermitteln. 210 Die Vermutung, daß der Teilwert eines Wirtschaftsgutes sich mit seinen Anschaffungs- oder Herstellungskosten, gegebenenfalls vermindert um die Absetzung für Abnutzung gem. § 7 EStG, deckt, kann nicht nur im Einzelfall durch konkrete, nachprüfbare Tatsachen widerlegt werden, 211 sie bedarf auch allgemein der Einschränkung, 212 innerhalb der sich die Teilwertschätzung bewegen kann. Die Rechtsprechung nennt hierzu zwei Grenzen. Danach ist „bei einem zum Anlagevermögen gehörenden Wirtschaftsgut der Einzelveräußerungspreis als die unterste Grenze des Teilwertes in Betracht zu ziehen," 213 da auch ein Betriebserwerber zumindest den Betrag akzeptieren würde, den er durch eine Veräußerung jederzeit realisieren könnte, so daß ein Wirtschaftsgut mindestens mit dem Schrottwert zu bewerten ist. Die obere Grenze des Teilwertes für ein Wirtschaftsgut bilden die gewöhnlichen Wiederbeschaffungskosten, 214 da der gedachte Erwerber eines Betriebes im Rahmen des Gesamtkaufpreises für einzelne betriebsnotwendige Wirtschaftsgüter höchstens diesen Wiederbeschaffungswert, den sogenannten Reproduktionswert, 215 ansetzen würde. Da es sich bei der Ermittlung des Teilwertes nur um einen gedachten Erwerb des Betriebes handelt, ist die Bewertung mit dem Teil wert Schätzung. Trotz 206 BFH-BStBl III 1957, 349 (350). 207 BFH-BStBl III 1964, 362 (363). 208 BFH-BStBl II 1970, 205 (206). 209 BFH-BStBl III 1961, 462 (462); BStBl II 1978, 335 (336). 210 BFH-BStBl II 1984, 35 (36), mwN aus der Rechtsprechung. 211 Hoffmann, 160; Offerhaus, 26; RFH-RStBl 1939, 195 (196); BFH-BStBl III 1959, 325 (326); BStBl II 1976, 562 (564). 212 Herrmann/Heuer/Raupach, § 6 EStG, Anm. 614. 213 BFH-BStBl II 1980, 327 (329). 214 BFH-BStBl II 1980, 327 (329). 215 Schmidt-EStG § 6, Anm. 53 f. 6*

C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

dieser hypothetischen Voraussetzung darf sich die Schätzung jedoch nicht an der subjektiven Auffassung des Steuerpflichtigen orientieren, sondern muß an den objektiven Gegebenheiten anknüpfen. 216 Denn „der Teilwert ist ein objektiver Wert, der nicht auf der persönlichen Auffassung des einzelnen Kaufmanns über die zukünftige wirtschaftliche Lage, sondern auf der allgemeinen Auffassung, wie sie in der Marktlage am Bilanzstichtag ihren Ausdruck findet, beruht." 217 ε4) Die Absetzung für Abnutzung Unter dem Aspekt der Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich als eine der Grundlagen für die Bestimmung des steuerlichen Einkommens hat die steuerliche Absetzung für Abnutzung die Aufgabe, die Aufwendungen des Einkunftserzielers für den Erwerb eines Wirtschaftsgutes auf den Zeitraum seiner Nutzung zu verteilen, 218 und zwar im Sinne einer planmäßigen Verteilung, 219 da mit derartigen Gegenständen nicht das Einkommen nur eines Jahres, sondern das mehrerer Jahre erzielt wird. Die Absetzung dient somit der Aufwandsverteilung und verfolgt nicht etwa betriebswirtschaftliche Ziele in dem Sinne einer Ansammlung von Mitteln zur Reinvestition. Daher sind Absetzungen auf Wiederbeschaffungskosten unzulässig.220 Insofern stimmt die steuerliche Regelung überein mit der dynamischen Bilanzauffassung, die verlangt, daß einem jedem Jahr die Abschreibung zugerechnet wird, die dem Güterverzehr (nicht Wertverzehr) entspricht. 221 Da das Wesen und die Bedeutung der Absetzung in der Verteilung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten in bestimmten jährlichen Teilbeträgen entsprechend der angewandten Methode 222 auf die Gesamtnutzungsdauer eines Wirtschaftsgutes liegt, die Absetzungen also nicht von einer Abnutzung im Sinne eines Verschleißes abhängig sind, kommen Absetzungen nicht nur für materielle Wirtschaftsgüter in Betracht, sondern auch für dingliche und obligatorische Rechte, sofern sie zeitlich begrenzt sind und entsprechende Anschaffungskosten vorliegen. 2 2 3 Als Instrument des Steuerrechts sollen die Absetzungen zur Ermittlung des periodengerechten Gewinns beitragen und das der Besteuerung zugrundeliegende Nettoprinzip verwirklichen, indem sie den Vermögensmehrungen des Veranlass Littmann-Meincke, § 6, RN 182. 217 BFH-BStBl III 1956, 112 (114) und 379 (380). 218 Wichmann-Abschreibung, 69. 219 aA Knobbe-Keuk-Einkommen, 146, die die Funktion der AfA in der Erfassung der quantitativen und qualitativen Substanzminderung sieht (Wertverzehrtheorie), ebenso Meyer, B., 577; zur Ergänzung von Wertverzehr- und Wertverteilungstheorie vgl. Kessler, 1390 ff. 220 Schmidt-EStG 7, Anm. 1 b. 221 Schmalenbach-Abschreibung, 82; Schmalenbach, 117. 222 Zu den Absetzungsmethoden vgl. Littmann-Meincke, § 7, RN 23 ff.; SchmidtEStG, § 7, Anm. 7 ff.; Gübbels, 87 ff.; Tipke, 299 f. 223 Schellenberger, 33.

II. Der fiskalische Einkommensbegriff

gungszeitraumes die Vermögensminderungen gegenüberstellen, die sich aus der Nutzung der zur Einkommenserzielung eingesetzten Wirtschaftsgüter ergeben. Dies wird jedoch nur dann erreicht, wenn die jährliche und die kummulierte Absetzung dem tatsächlichen Nutzungseinsatz des Wirtschaftsgutes entspricht. Fallen jedoch Nutzungseinsatz und Absetzungsvolumen auseinander, weil ζ. B. die tatsächliche Nutzungsdauer und der Abschreibungszeitraum nicht kongruent sind, oder weil sich durch die Wahl der degressiven Abschreibungsmethode nahezu zwangsläufig eine Disparität zwischen Nutzung und Absetzung ergibt, wird zwar der Gesamtgewinn und damit das Gesamteinkommen bezogen auf die gesamte Nutzungszeit nicht beeinflußt, jedoch entsprechen die jährlichen Periodengewinne und damit das steuerliche Jahreseinkommen nicht mehr den realiter vorliegenden Gegebenheiten. Da zumindest teilweise, und zwar in Abhängigkeit der Art des einzelnen Wirtschaftsgutes, der Steuerpflichtige selbst die Absetzungsmethode bestimmen kann und, wenn auch im begrenzten Umfang, ein Wechsel von einer Absetzungsmethode zu einer anderen zulässig ist, 2 2 4 wird dem Steuerpflichtigen durch das Instrument der Absetzung eine Dispositionsmöglichkeit zur Gestaltung seines jährlichen steuerlichen Einkommens an die Hand gegeben. Da das steuerliche Einkommen Bemessungsgrundlage für die zu zahlende Einkommensteuer ist, wird der Steuerpflichtige aus nur zu verständlichen Gründen zwangsläufig geneigt sein, im Rahmen der ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten die Verteilung der Periodengewinne so vorzunehmen, daß sie sich, und zwar nur steuerlich, so weit wie möglich erst in zukünftigen Perioden realisieren, um die akute Gefahr einer Steuerzahlung möglichst zu vermindern, da zukünftigen Belastungen nun einmal ein geringeres Gewicht beigemessen wird als aktuellen. Unterstützt wird der Steuerpflichtige in seinem Verhalten noch durch den Gesetzgeber, der durch die Einräumung von vielfältigen Sonderabsetzungsmöglichkeiten aus wirtschaftspolitischen und anderen Gründen es dem Steuerpflichtigen als klug und verantwortungsbewußt erscheinen läßt, seine tatsächlich erzielte Vermögensmehrung wenn überhaupt, dann erst in späteren Jahren zum Bestandteil seines steuerlichen Einkommens werden zu lassen. clb) Die Gewinnermittlung durch Feststellung des Überschusses der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben Land- und Forstwirte, die nicht nach §§ 140, 141 AO zur Buchführung verpflichtet sind und die auch nicht nach § 13a EStG ihren Gewinn ermitteln müssen, weil sie einen Antrag gem. § 13a 12 Nr. 2 EStG gestellt haben und Gewerbetreibende, die weder nach § 140 AO noch nach § 141 AO zur Buchführung verpflichtet sind und auch freiwillig keine Bücher führen sowie Steuerpflichtige mit Einkünften aus selbständiger Arbeit haben die Möglichkeit, ihren Gewinn durch die Feststellung des Überschusses der Betriebseinnahmen über die Betriebsausga224 Vgl. hierzu Schmidt-EStG § 7, Anm. 11.

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

ben gem. § 4 I I I EStG zu ermitteln. Die Wahl dieser Gewinnermittlungsart ist ausschließlich Sache des Steuerpflichtigen, die nicht durch eine Entscheidung des Finanzamtes ersetzt werden kann. Während bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben in dem Jahr erfaßt werden, zu dem sie wirtschaftlich gehören, werden bei der Gewinnermittlung nach § 4 I I I EStG unter entsprechender Anwendung des § 11 EStG die Betriebseinnahmen und -ausgaben in dem Jahr mit ihrer Auswirkung auf das steuerliche Einkommen berücksichtigt, in dem sie dem Betrieb zu- bzw. von ihm abfließen. Dadurch wirken sich Verschiebungen im Bereich des Betriebsvermögens grundsätzlich nicht auf den laufenden Gewinn aus 225 mit der Folge, daß sich für denselben Gewinnermittlungszeitraum ceteris paribus allein durch die unterschiedliche Zurechnung gegenüber der Gewinnermittlung nach § 41 und § 51 EStG unterschiedliche Gewinne ergeben. 226 Jedoch muß die Einnahme-Überschußrechnung so gehandhabt werden, daß gewährleistet ist, daß der gesamte während des Bestehens des Betriebes erzielte Gewinn, also der Totalgewinn, 227 d. h. die Summe der entnehmbaren laufenden Periodengewinne zuzüglich des Gewinns aus der Veräußerung oder der Aufgabe des Betriebes einkommensteuerlich erfaßt wird. 2 2 8 Sonst wäre der Grundsatz der Gesamtgewinngleichheit berührt, der aus Praktikabilitätsgründen zwar periodische Verschiebungen zuläßt, aber keine substanziellen Durchbrechungen. 2 2 9 Bei der Gewinnermittlung nach § 4 I I I EStG ist das Betriebsvermögen, das für die Feststellung der Betriebseinnahmen und der Betriebsausgaben maßgebend ist, auf die tatsächlich dem Betrieb dienenden Wirtschaftsgüter beschränkt. 230 Somit kennt diese Gewinnermittlungsart kein gewillkürtes Betriebsvermögen. 231 Denn Voraussetzung für die Behandlung eines Wirtschaftsgutes als gewillkürtes Betriebsvermögen ist u. a., daß seine Zuordnung zum Betriebsvermögen eindeutig in der Buchführung zum Ausdruck gebracht wird. Der Gewinnermittlungsart nach § 4 I I I EStG liegt jedoch keine Buchführung zugrunde, sondern die Überschußrechnung beschränkt sich auf die Erfassung von Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben und führt dementsprechend auch keine Bestandskonten.232 Auch die Aufnahme eines Wirtschaftsgutes in ein Verzeichnis der abnutzbaren bzw. nicht abnutzbaren Anlagegüter reicht für eine steuerliche Behandlung als gewillkürtes Betriebsvermögen nicht aus. 233 225 BFH-BStBl II 1972, 334 (335). 226 Schoor, 506. 227 BFH-BStBl II 1980, 186 (187). 228 Kalb-Arnold, 33; BFH-BStBl II 1984, 516 (518) mwN (517 f.). 229 Tipke, 316. 230 Segebrecht, 25. 231 BFH-BStBl ΠΙ 1964, 455 (456); Kalb-Arnold, 33 mwN. 232 Offerhaus-Einzelfragen, 1495. 233 Schoor, 506.

II. Der fiskalische Einkommensbegriff

a) Die Betriebseinnahmen Eine Begriffsbestimmung der Betriebseinnahmen enthält das Gesetz nicht, so daß der Begriff nahezu zwangsläufig umstritten ist. 2 3 4 Die Rechtsprechung greift auf die Definition der Betriebsausgaben in § 4 IV EStG und die Definition der Überschußeinnahmen in § 8 EStG zurück und bezeichnet Betriebseinnahmen als Zugänge von Wirtschaftsgütern in der Form von Geld oder Geldeswert, die durch den Betrieb veranlaßt sind. 235 Ihnen ist das Merkmal des Zuflusses immanent. 236 Betriebseinnahmen sind Roheinnahmen, also die nicht um Ausgaben gekürzten Einnahmen. 237 Die Einnahmen eines Steuerpflichtigen werden jedoch erst dann zu Betriebseinnahmen, wenn sie ihm im Rahmen seiner gewerblichen, land- und forstwirtschaftlichen oder selbständigen Betätigung zufließen, sie also durch den Betrieb veranlaßt sind. 238 Ob eine betriebliche Veranlassung gegeben ist oder ob eine Einnahme dem privaten Bereich zuzuordnen ist, entscheidet sich nicht nach den subjektiven Vorstellungen des Steuerpflichtigen, sondern nach den erkennbaren Umständen des Einzelfalls. 239 Der Spielraum der subjektiven Beurteilung des Steuerpflichtigen ist für die Bestimmung der betrieblichen Veranlassung keineswegs irrelevant, jedoch ist er weitestgehend bereits im Vorfeld abgesteckt worden durch die persönliche Bestimmung des betrieblichen Aufgabenbereichs sowie des Umfangs des für die Realisierung des Unternehmenszwecks eingesetzten Betriebsvermögens. Durch diese subjektiven Entscheidungen sind die objektiven Maßstäbe gesetzt, an denen die Frage der betrieblichen Veranlassung einer Einnahme entschieden wird. 2 4 0 ß) Die Betriebsausgaben Gem. § 4 IV EStG sind unter Betriebsausgaben die Aufwendungen zu verstehen, die durch den Betrieb veranlaßt sind. Diese Definition, die Spitaler im Jahre 1953 wie folgt charakterisierte: „Wäre eine gesetzliche Bestimmung ein weibliches Wesen, so müßte einem der besondere Charm gerade dieser Dame entzücken. Sie ist schlicht, einfach, klar, wohlgelaunt und obendrein noch großzügig," 241 geht auf eine Entscheidung des Reichsfinanzhofes aus dem Jahre 1927 242 zurück und ist 1934 in das Einkommensteuergesetz übernommen worden. 243 Heute wird 234 Schmidt-EStG, § 4, Anm. 80. 235 BFHE 111, 108 (109); 115, 202 (204). 236 Giloy-Begriff, 518; aA Mathiak-Zufluß, 160. 237 Herrman/Heuer/Raupach, § 4 EStG, Anm. 46p-q (2). 238 BFH-BStBl II 1982, 587 (588) mwN. 239 BFH-BStBl II 1983, 101 (103). 240 Schmidt-EStG, § 4, Anm. 82 a. 241 Spitaler, 290. 242 RFHE 20, 208 (210) —jedoch spricht das RG noch von „alle durch den Betriebs veranlaßten Ausgaben. " 243 Zur Entwicklung vgl. Bornhaupt, 182.

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

man der Beurteilung Spitalers kaum noch zustimmen können, da es durchaus strittig ist, wie dieser Begriff zu verstehen ist. 2 4 4 Gezahlte Ausgaben werden im Grundsatz erfaßt, allerdings mit der Einschränkung, daß ihre gewinnmäßige Auswirkung nicht durch Sondervorschriften eingeschränkt werden darf, wie sie ζ. B. für durchlaufende Posten oder für die Zahlungen für abnutzbare oder nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter bestehen.245 Bei Wertabgängen ohne Zahlung, wie ζ. B. bei Absetzungen, Ausfall einer Darlehnsforderung oder bei Verlust oder Zerstörung einer Sache aus betrieblichem Anlaß ist die Rechtsnatur dieser Aufwendungen ungeklärt. 246 Die Praxis entscheidet im Einzelfall nach dem Grundsatz, daß sich bei der Ermittlung des Gewinns durch Überschußrechnung ebenso wie bei der Ermittlung durch Betriebsvermögensvergleich alle betrieblich veranlaßten Geschäftsvorfälle im Ergebnis gewinnmindernd und alle außerbetrieblich veranlaßten Geschäftsvorfälle gewinnneutral auswirken müssen.247 Die Entscheidung hängt damit wesentlich von der Art der Aufwendung ab. Betrieblich veranlaßt ist eine Aufwendung nicht bereits dann, wenn sie nicht durch die Lebensführung veranlaßt ist, vielmehr muß ein konkreter Zusammenhang zwischen der zu prüfenden Aufwendung und einer bestimmten Einkunftsart bestehen,248 denn das Merkmal „veranlaßt" kennzeichnet den Zusammenhang zwischen der Aufwendung und dem Betrieb, läßt jedoch sowohl subjektive als auch objektive Auslegungen zu. 2 4 9 Grundlage der betrieblichen Veranlassung einer Ausgabe ist damit wohl die zielgerichtete (finale) 2 5 0 gewerbliche bzw. selbständige Betätigung, d. h. die Aufwendung muß entweder objektiv oder subjektiv nach den Vorstellungen des Steuerpflichtigen, die erkennbar sein müssen, mit dem Betrieb zusammenhängen.251 c2) Der Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten Bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, aus Kapitalvermögen, aus Vermietung und Verpachtung sowie den sonstigen Einkünften sind gem. § 2 I I Nr. 2 EStG Einkünfte der Uberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten. Entgegen dem engen Wortlaut ist jedoch damit gemeint der Unterschiedsbetrag zwischen Einnahmen und Werbungskosten, so daß der Betrag auch negativ sein, also in einem Verlust bestehen kann. Daß sich Überschußeinkünfte auch als 244

Ruppe-Abgrenzung, 118 ff. *5 Schmidt-EStG, § 4, Anm. 91 aa. 246 Meyer-Behandlung, 131 ff.; Wichmann-Abschreibung, 69 ff.; Wolff-Diepenbrock, 331 ff. 2 *7 Schmidt-EStG, § 4, Anm. 91 cc. 2 48 Littmann-Wolff-Diepenbrock, § 4,5, RN 1632. 2 *9 Ruppe-Abgrenzung, 126 ff.; BFH-BStBl Π 1970, 379 (380 f.). 2 50 HBNB, §§4-5, RN 208. 25 1 Hauber, 120; List, 464; BFH-BStBl II 1981, 29 (30) und 368 (370); 735 (736); 1984, 169 (162 ff.). 2

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Verluste darstellen können, ergibt sich aus den Regelungen über die Werbungskosten (§§ 8, 9 und 9a EStG). Die Gewinnermittlungsvorschriften der §§ 4 ff. EStG sind für die Überschußeinkünfte ohne Bedeutung, 252 so daß ein Vermögensvergleich, wie er für die anderen Einkunftsarten des § 2 I Nr. 1 bis 3 EStG vorgeschrieben ist, nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden kann, auch wenn der Steuerpflichtige die für einen Vermögensvergleich erforderlichen Unterlagen führen sollte. 253 Da bei den Überschußeinkunftsarten die Einnahmen den Aufwendungen gegenübergestellt werden, müssen sich denknotwendiger Weise die Aufwendungen auf die Einnahmen und nicht auf die Einkünfte beziehen. Die Rechengrößen für die Ermittlung des steuerlichen Einkommens sind die Einnahmen und Ausgaben, das Ergebnis dieser Rechnung sind die Einkünfte. 254 c2a) Die Einnahmen Einnahmen sind alle im Rahmen einer der Einkunftsarten des § 2 I Nr. 4-7 EStG dem Steuerpflichtigen zufließenden Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und somit auch in Gestalt von Sachbezügen (§3 1 LStDV) auftreten können. 255 Nach dem Wortlaut des § 8 I EStG kann von einer Einnahme nur gesprochen werden, wenn sie im Zusammenhang mit einer Einkunftsart entstanden und dem Steuerpflichtigen auch zugeflossen ist; somit handelt es sich bei dem Zusammenhang mit einer Einkunftsart und bei dem Erfordernis des Zufließens um Tatbestandsmerkmale des Begriffs der Einnahmen. 256 Die Art des Zusammenhangs muß sich dabei nach der Eigenart des Tatbestandes richten, wobei die Feststellung des Zusammenhangs dann problematisch ist, wenn dem Tatbestand der Einkunftsart Tätigkeiten oder Leistungen des Steuerpflichtigen zugrunde liegen, da Einnahme nicht nur die auf einer vertraglichen Verpflichtung beruhende Gegenleistung ist, 2 5 7 vielmehr reicht ein tatsächlicher oder wirtschaftlicher Zusammenhang aus. 258 Allerdings beschränkt sich jeder Zusammenhang auf den Nutzungsbereich mit der Folge, daß ein Buchgewinn aus der Veräußerung eines Grundstücks oder des auch für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzten PKW's oder eines sonstigen Arbeitsmittels nicht zu einer Einnahme i. S. von § 8 EStG führt. 252 Schmidt-EStG § 8, Anm. 1. 253 Littmann-Keßler, § 2, RN 30; BFH-BStBl III 1952, 12 (13); BStBl II 1981, 128 (129). 254 Kruse-Werbungskosten, 473. 255 Zur Bewertung von Sachbezügen: Littmann-Wolff-Diepenbrock, § 8, RN 98 ff.; Schmidt-EStG, § 8, Anm. 9 bff, jeweils mwN. 256 Giloy-Gehaltsverzicht, 715; Schmidt-EStG § 8, Anm. 3. 257 BFH-BStBl 1975, 181 (182); 1975, 520 (521). 258 Littmann-Wolff-Diepenbrock, § 8, RN 60; BFH-BStBl Π 1983, 39 (40).

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

c2b) Die Werbungskosten Die Definition der Werbungskosten in § 9 I 1 EStG als Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen geht auf § 9 I des preußischen Einkommensteuergesetzes von 1891 zurück, 259 der vorschrieb, „die zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung des Einkommens verwendeten Ausgaben" vom Einkommen in Abzug zu bringen. Der Begriff „Werbungskosten" selbst taucht erstmalig in § 8 I des preußischen Einkommensteuergesetzes von 1906 260 auf. 261 Nach dem Wortlaut des heute geltenden Einkommensteuergesetzes sind Werbungskosten die Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen, die zur Ermittlung des steuerlichen Einkommens bei allen Überschußeinkünften von den Einnahmen abgezogen werden können. 262 Lediglich Unterschiede in den tatsächlichen Verhältnissen können zu einem unterschiedlichen Ergebnis führen, nicht aber ein für die verschiedenen Einkunftsarten unterschiedlicher Werbungskostenbegriff, der rechtlich nicht besteht.263 Die Frage, inwieweit aus der Formulierung in § 911 EStG geschlossen werden kann bzw. muß, daß für den Werbungskostenbegriff der Zweck des Aufwandes maßgebend sei (finaler Werbungskostenbegriff) im Gegensatz zum Begriff der Betriebsausgaben des § 4 IV EStG, der auf die Veranlassung abstellt mit der Folge, daß Werbungskosten und Betriebsausgaben hinsichtlich ihres inhaltlichen Umfangs unterschiedlich zu interpretieren wären, wird in Literatur und Rechtsprechung nicht ganz einheitlich beantwortet. Der Bundesfinanzhof ging zunächst von einem finalen Werbungskostenbegriff aus, 264 jedoch haben sich die schon früh aufkommenden und vom Veranlassungsprinzip ausgehenden gegenläufigen Tendenzen265 wohl durchgesetzt 266 und auch in der Literatur überüberwiegend Zustimmung gefunden. 267 Dementsprechend können Werbungskosten als Aufwendungen definiert werden, die durch ein Handeln (Tun, Dulden, Unterlassen) verursacht oder bewirkt werden, das beruflich motiviert ist oder beruflichen Zwecken dient, oder die mit Einnahmen im Sinne des § 22 Nr. 1 EStG zusammenhängen.268 Eine Einschränkung des Werbungskostenbegriffs gegenüber dem Betriebsausgabenbegriff ergibt sich jedoch aus der 259 Pr. Ges. Slg. 1891, 175. 260 Pr. Ges. Slg. 1906, 260. 261 Zur histor. Entwickig. des Werbungskostenbegriffs: Bornhaupt, 152 ff.; Bauer, 22; Herrmann / Heuer / Raupach, § 9, Anm. 1 und 2. 262 Offerhaus-Abgrenzung, 621; Bornhaupt-AK, 497; Söffing-Gleichstellung, 284. 263 Littmann-Wolff-Diepenbrock, § 9, RN 4; BFH-BStBl II 1982, 37 (38). 264 BFH-BStBl III 1958, 103 (104); 1964, 5 (6); BStBL II, 1977, 600 (600 ff.). 265 BFH-BStBl III 1962, 192 (194); BStBl II 1978, 105 (108). 266 Söffing-Gleichstellung, 284; Schmidt-EStG, § 9, Anm. 2d. 267 Bornhaupt, 199; Bornhaupt-Werbungskosten, 321; a. A. Kruse-Werbungskosten, 473 ff.; Wassermeyer, 245 ff.; Offerhaus-Abgrenzung, 622 — mit einem Überblick über den Meinungsstand in der Literatur, 618 f. 268 Tipke, 321.

II. Der fiskalische Einkommensbegriff

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unterschiedlichen Ermittlung der Einkünfte bei den Gewinn- und den (Jberschußeinkunftsarten, da bei den Überschußeinkunftsarten Wertminderungen und Veräußerungsverluste ebenso unberücksichtigt bleiben wie realisierte Wertsteigerungen zum Zeitpunkt der Veräußerung. 269 Werbungskosten können sowohl als vorab entstandene Werbungskosten das steuerliche Einkommen zu einem Zeitpunkt mindern, bevor überhaupt Einnahmen aus der Einkunftsart, auf die sich die Aufwendungen beziehen,270 entstanden sind, 271 aber auch als nachträgliche Werbungskosten einkommensmindernd berücksichtigt werden, wenn dem Steuerpflichtigen keine Einnahmen aus der entsprechenden Einkunftsart mehr zufließen. 272 Dem Abzug von Aufwendungen als Werbungskosten steht es schließlich auch nicht entgegen, wenn es überhaupt nicht zu einem Zufluß von Einnahmen gekommen ist, die Werbungskosten also vergeblich getätigt wurden, wenn sie nur mit einer bestimmten Einkunftsart in einer klar erkennbaren Verbindung standen.273 Das Vorliegen von Werbungskosten setzt nach (fast) „einhelliger Meinung" voraus, daß die Aufwendungen „so gut wie ausschließlich" beruflich bzw. betrieblich veranlaßt sind, da nur eine qualitativ unwesentliche private Mitveranlassung unschädlich ist. 2 7 4 Aufwendungen dagegen, die in nur unbedeutendem Maße durch eine Einkunftsart veranlaßt sind, sind im vollen Umfang den privaten Lebensführungskosten zuzurechnen. 275 Eine Aufteilung kommt in beiden Fällen nicht in Frage. 276 Anders ist es jedoch bei Aufwendungen, die in nicht unerheblicher Weise sowohl durch die private Lebensführung des Steuerpflichtigen als auch durch Einnahmen im Rahmen einer Einkunftsart veranlaßt sind. Sofern die Aufwendungen zutreffend und auch leicht nachprüfbar in einen ausschließlich betrieblich und einen ausschließlich privat verursachten Teil aufteilbar sind, müssen sie entsprechend aufgeteilt werden und der betrieblich veranlaßte Anteil kann als Werbungskosten bei der entsprechenden Einkunftsart berücksichtigt werden. 277 Sofern diese sichere Aufteilung jedoch nicht möglich ist, dürfen die Aufwendungen auch nicht mit einem geschätzten Anteil als Werbungskosten berücksichtigt werden, denn Aufwendungen, die untrennbar betrieblich und privat verursacht sind, können als 269 Bornhaupt-Ermittlung, 16; Schmidt-EStG, § 9, Anm. 2e. 270 Zum Zusammenhang mit einer Einkunftsart: Kruse-Streit, 171 ff.; BFH-BStBl II 1982, 495 (496). 271 Littmann-Wolff-Diepenbrock, § 9, RN 89; BFH-BStBl II 1981, 470 (471). 272 Paus, 140; Söffing-Rechtsprechung, 188; Schmidt-EStG, § 9, Anm. 2j; BFH-BStBl III 1961, 20 (21). 273 Richter-Überspannung, 516 ff.; Herrmann / Heuer / Raupach, §9 EStG, Anm. 4 (7); BFH-BStBl II 1974, 161 (162); 407 (408). 274 Söhn, 66 ff.; Söhn-Werbungskosten, 197; aA Wassermeyer, 274 ff. 275 Littmann-Wolff-Diepenbrock, § 9, RN 114; BFH-BStBl II 1984, 557 (558) mwN. 276 BFH-BStBl II 1984, 588 (590); 557, (588) mwN. 277 Schön, 35; Offerhaus-Abgrenzung, 668.

C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

solche nicht mehr nur dem Stadium der Einnahmeerzielung zugeordnet werden, sie sind als solche keine die objektive Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen beeinflussende Faktoren, da sie die tatbestandlichen Voraussetzungen von Werbungskosten lediglich teilweise erfüllen und nach gängiger Terminologie untrennbar und zugleich der Einnahmenerzielung wie der Einkommensverwendung dienen. 278 Daraus folgt, daß für die Anerkennung von Aufwendungen als Werbungskosten auch eine überwiegende betriebliche Veranlassung nicht ausreicht. 279 Obgleich bei der Ermittlung des Überschusses der Einnahmen über die Werbungskosten Aufwendungen, die auf das Vermögen getätigt werden, 280 grundsätzlich ebenso wie sonstige Wertveränderungen des Vermögens unberücksichtigt bleiben, gilt für die Absetzung für Abnutzung und für Substanzverringerung eine rechtsbegründende Ausnahme. 281 Entscheidend für die Berücksichtigung einer Aufwendung als Werbungskosten ist also nicht nur ihr betrieblich veranlaßter Zusammenhang mit einer Einkunftsart, sondern auch die Tatsache, daß sie sich in Erfüllung ihres Zwecks verbraucht. Dabei erscheint es angemessen, von den jeweiligen Anschaffungs- oder Herstellungskosten auszugehen und die Dauer des Wertverzehrs beim angeschafften Wirtschaftsgut als Maßstab für die Verteilung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu sehen und nicht umgekehrt die Anschaffungs- oder Herstellungskosten als Maßstab für die Höhe des Wertverzehrs anzusehen, da die Ermittlung der Höhe eines Wertverzehrs dem Grunde nach einen Vergleich zwischen dem Wert eines Vermögens zu Beginn und am Ende eines Veranlagungszeitraums voraussetzt, der jedoch bei den Überschußeinkunftsarten nicht möglich ist, da es ein solches Vermögen hier nicht gibt. 2 8 2 Dem Grundsatz folgend, daß reine Wertveränderungen nicht berücksichtigt werden folgt, daß Teilwertabschreibungen nicht möglich sind. Vielmehr ist grundsätzlich nur die lineare AfA-Methode zulässig sowie die Berücksichtigung einer außergewöhnlichen technischen oder wirtschaftlichen Abnutzung. Auch die Anschaffungskosten für zeitlich begrenzte Rechte führen zu einem durch die Absetzung erfaßten Wertverzehr. 283 Zusammenfassend kann somit festgestellt werden, daß durch die Berücksichtigung der einkommensmindernden Wirkung der Werbungskosten der Grundsatz der Nettobesteuerung beachtet wird, 2 8 4 nach dem nur die Nettoeinkünfte Bestandteil des steuerlichen Einkommensbegriffs sind. 285 278 BFH-BStBl Π 1971, 17 (18). 279 Söhn, 39; Wassermeyer-Erfordernis, 363 f.; a. A. Stuhrmann, 492; Rudolph, 1615. 280 von Bornhaupt, 170; Littmann-Wolff-Diepenbrock, § 9, RN 42; BFH-BStBl II 1983, 17 (18 f.). 281 Schmidt-EStG § 9, Anm. IIa. 282 Littmann-Wolff-Diepenbrock, § 9, RN 404. 283 BFH-BStBl Π 1979, 38 (39 f.). 284 Bornhaupt, 184; Lang, 19; Schmidt-EStG, § 9, Anm. 1. 285 BVerfG-BStBl Π 1970, 140 (142).

II. Der fiskalische Einkommensbegriff

d) Die einzelnen Einkunftsarten Das Einkommensteuergesetz zählt zum steuerrechtlichen Begriff des Einkommens nur die Einkünfte im Sinne von „Reineinkünften" 286 aus den in § 2 1 Nr. 1 7 EStG aufgenommenen sieben Einkunftsarten, die somit eine erschöpfende und abschließende Aufzählung darstellen. 287 Es werden deshalb bei der Ermittlung der steuerlichen Einkünfte nur diejenigen erfaßt, die unter die in den §§ 13-24 EStG genannten Einkunftsarten fallen. Andere Einkunftsarten zählen nicht zum steuerlichen Einkommensbegriff und können dementsprechend auch keine wie auch immer geartete Steuerpflicht eines Steuersubjektes begründen. 288 Dabei ist es dem Gesetzgeber trotz Verzichts auf eine umfassende, allgemeingültige Legaldefinition der Einkünfte darauf angekommen, in den Tatbeständen der sieben Einkunftsarten so lückenlos wie irgend möglich diejenigen Vorgänge zu erfassen, die sich für eine Heranziehung zur Einkommensteuer eignen, 289 so daß der Eindruck entsteht, es mit einem empirischen, lebensnahen, der sozialen und wirtschaftlichen Realität entnommenen Einkünfte-Katalog 290 zu tun zu haben. Dabei stehen die einzelnen Einkunftsarten grundsätzlich gleichwertig nebeneinander, sofern keine ausdrücklich im Gesetz geregelten Konkurrenzvorschriften eingreifen. 291 So sind nach § 22 Nr. 1 und 2 EStG Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen und aus Leistungen hier nur anzusetzen, soweit sie nicht zu anderen Einkunftsarten gehören. Spekulationsgeschäfte im Sinne des § 23 EStG liegen nicht vor, wenn Wirtschaftgüter veräußert worden sind, deren Wert bei den Einkünften gem. § 2 I Nr. 1-6 EStG anzusetzen sind. Subsidiarität ist außerdem in § 20 I I I EStG, § 21 I I I und in § 22 Nr. 1 und Nr. 3 EStG vorgesehen. Die dort genannten Einkünfte sind anderen Einkunftsaiten zuzurechnen, soweit sie zu diesen gehören. Die Abgrenzung der Einkunftsarten untereinander hat erhebliche materielle Bedeutung. So sind ζ. B. nach § 22 Nr. 3 EStG Einkünfte aus gelegentlichen Vermittlungen, die nicht zu einer anderen Einkunftsart gehören, bis zu einer bestimmten Höhe nicht steuerpflichtig. Werden solche Einkünfte jedoch ζ. B. innerhalb eines Gewerbebetriebes erzielt, zählen sie ohne Rücksicht auf ihre Höhe zum steuerlichen Einkommen und begründen eine entsprechende Steuerpflicht. Auch die je nach Einkunftsart unterschiedliche Einkünfteermittlung sowie unterschiedliche Freibeträge und Freigrenzen (§§13 III, 16 IV, 17 III, 18 IV, 19 I I - V , 20 IV, 23 IV EStG) und die Verlustausgleichs- und Verlustabzugsbeschränkungen bei einzelnen Einkunftsarten (§§ 2 a, 15 III, 15 a, 19 V, 22 Nr. 3 letzter Satz, 23 IV letzter Satz, 50 I I EStG) lassen es nicht gleichgültig sein, 286 Herrmann/Heuer/Raupach, § 2 EStG, Anm. 24. 287 Klein, F., Sp. 475 mwN. 288 Littmann-Keßler, § 2, RN 15. 289 Littmann-Ordnung, 95. 290 Tipke, 323. 291 Herrmann/Heuer/Raupach, § 2 EStG, Anm. 25.

94

C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

welcher Einkunftsart erzielte Einkünfte zugerechnet werden. Während die Schaffung der einzelnen Einkünfte und ihre unterschiedliche materielle Behandlung teilweise als positive Möglichkeit gewertet wird, die Besteuerung nach bestimmten Gesichtspunkten zu gestalten, ohne dadurch gegen den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung (Art. 3 GG) zu verstoßen, 292 werden die genannten Differenzierungen zum Teil verdächtigt, dem Gleichheitsgrundsatz zu widersprechen. 293 dl ) Die Einkünfte

aus Land- und Forstwirtschaft

Verglichen mit den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft gibt es keine andere Einkunftsart, bei der es so weitreichende steuerliche Auswirkungen hat, ob Einkünfte ihr oder einer anderen Einkunftsart zugerechnet werden. 294 Aus diesem Grunde kommt der Abgrenzung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft gegenüber den anderen Einkünften nicht nur theoretische Bedeutung zu, sondern ist auch von eminent materiell-steuerlicher Auswirkung. 295 dia) Der Begriff der Land- und Forstwirtschaft Die Land- und Forstwirtschaft im engeren Sinne umfaßt die sogenannte landund forstwirtschaftliche Urproduktion, 296 d. h. die Erzeugung von Pflanzen und Pflanzenteilen mit Hilfe der natürlichen Kräfte des Bodens im Sinne ihrer planmäßigen Nutzung 297 und die unmittelbare Verwertung der erzeugten Produkte durch Verkauf 298 sowie die Be- und Verarbeitung der selbstgewonnenen Erzeugnisse, sofern die hierdurch hergestellten Produkte der sogenannten ersten Verarbeitungsstufe zuzurechnen sind und Tierzucht und Tierhaltung, soweit diese für die Landwirtschaft typisch sind und einen bestimmten Umfang nicht überschreiten. 299 Die Ergebnisse der ersten Verarbeitungsstufe werden auch gem. § 13 I I Nr. 1 EStG als Einkünfte aus einem land- und forstwirtschaftlichen Nebenbetrieb bezeichnet. Als ein derartiger Nebenbetrieb ist ein Betrieb anzusehen, der einem Hauptbetrieb zu dienen bestimmt ist und keinen selbständigen Gewerbebetrieb darstellt (Abschn. 134 V EStR). Ob ein mit der Land- und Forstwirtschaft verbundener Betrieb als Nebenbetrieb oder als selbständiger Gewerbebetrieb zu betrachten ist, muß zunächst danach beurteilt werden, ob die Tätigkeit nach ihrer Zweckbestimmung und nach der Verkehrsauffassung noch der Land- und Forstwirtschaft 292 Littmann-Keßler, § 2, RN 19. 293 Tipke, 324; Tipke-StuW 80, 287; Klein, 2250. 294 Leingärtner, 121. 295 Kutscher, 300. 296 Leingärtner/Zaisch, 62, RN 3. 297 Lademann/Söffing/Brockhoff, § 13, RN 1. 298 Krill / Kräusel, 27. 299 Felsmann, Abschn. A, RN 8; Schenk / Steiger, 19 f.

II. Der fiskalische Einkommensbegriff

zuzurechnen ist. 3 0 0 Da Nebenbetriebe vor allem die Aufgabe haben, durch Beoder Verarbeitung land- oder forstwirtschaftliche Erzeugnisse des Hauptbetriebes zu veredeln, muß das Ergebnis dieser Tätigkeit noch als ein Produkt der Landund Forstwirtschaft anzusehen sein. Ist die Be- und Verarbeitung so weitgehend, daß das entstandene Produkt nach der Verkehrsauffassung als gewerblich anzusehen ist, so ist der Nebenbetrieb ebenfalls als selbständig und gewerblich einzustufen. 301 Ferner zählen zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft der Nutzungswert der Wohnung des Steuerpflichtigen, 302 wenn die Wohnung die bei Betrieben gleicher Art übliche Größe nicht überschreitet (§ 13 I I Nr. 2 EStG). Liegt diese Voraussetzung vor, wird sie dem notwendigen Betriebsvermögen zugerechnet, 303 da das Wohngebäude eines Land- und Forstwirtes als Mittelpunkt der gesamten Wirtschaftsführung anzusehen und in der Regel sehr eng mit dem Hof verbunden ist. 3 0 4 Neben der Land- und Forstwirtschaft im engeren Sinne ordnet das Gesetz weitere Betätigungen dieser Einkunftsart zu, bei denen zwar nicht die Ausnutzung der Fruchtbarkeit des Bodens, sondern die Ausnutzung der Naturkräfte im weiteren Sinne im Vordergrund steht und die mit dem Betrieb einer Land- oder Forstwirtschaft zusammenhängen. Hierzu gehören neben Binnenfischerei und Teichwirtschaft die Imkerei, die Wanderschäferei und die Jagd. Zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft gehören auch Gewinne, die bei der Veräußerung oder Aufgabe eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes oder Teilbetriebes oder eines Anteils an einem land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögens entstehen (§ 14 EStG). Während hierbei unter Veräußerung die entgeltliche Übertragung der wesentlichen Betriebsgrundlagen auf einen Erwerber zu verstehen ist, 3 0 5 führt die Betriebsaufgabe zur Aufgabe der betrieblichen Tätigkeit in einem Gesamtakt, gegebenenfalls mit der Veräußerung des Bertriebsvermögens nach Art einer Liquidation, nicht selten auch mit zumindest teilweiser Überführung von Teilen des Betriebsvermögens in das Privatvermögen. 306 Eine Teilbetriebsveräußerung liegt vor, wenn der aus dem einheitlichen Betrieb herausgenommene und veräußerte Teil für sich genommen einen mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestalteten Organismus darstellt. 307 300 Felsmann, Abschn. A, RN 145; BFH-BStBl III 1966, 193 (194). 301 Klein / Flockermann / Kühr, § 13,RN 43; Felsmann-Abgrenzung, 467. 302 Zur Frage der Abschaffung der Nutzungswertbesteuerung auch in der LuF siehe Hiller, 1 ff. 303 Littmann-Wendt, § 13, RN 57; Balster, 230 ff. 304 Richter, 457; zur Berechnung des Mietwertes vgl. Leingärtner-Nutzungsrecht, 313 ff. 305 Klein/Flockermann/Kühr, § 14, RN 3. 306 Littmann-Wendt, § 14, RN 3. 307 RFH-RStBl 1932, 399 (399); 1938, 108 (108); 887 (887).

C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

Die Erzielung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erfüllt gleichzeitig die Tatbestandsmerkmale eines Gewerbebetriebes im Sinne des § 11 GewStDV, so daß eine Gewinnerzielungsabsicht auch für land- und forstwirtschaftliche Einkünfte erforderlich ist. 3 0 8 Fehlt es dagegen an dieser Gewinnerzielungsababsicht oder wird nur ein Ausgleich von Aufwendungen und Erträgen versucht zu erreichen, fehlt es an der Voraussetzung für die Anerkennung eines steuerlich beachtlichen land- und forstwirtschaftlichen Betriebes. Somit unterscheidet die tatsächliche Gewinnerzielungsabsicht des Steuerpflichtigen den landwirtschaftlichen Erwerbsbetrieb von der steuerlich bedeutungslosen Liebhaberei. 309 Trotz Erfüllung der Tatbestandsmerkmale eines Gewerbebetriebes klammert § 15 I I EStG die Land- und Forstwirtschaft ausdrücklich aus dem Gewerbebetrieb aus. Wird dagegen ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft geführt, so bleiben die Einkünfte daraus gewerbliche Einkünfte, da es sich in diesem Fall um einen Gewerbebetrieb kraft Rechtsform handelt. 310 dlb) Die Ermittlung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft Die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft stellen die erste der sieben Einkunftsarten des § 2 EStG dar und zählen zusammen mit den Einkünften aus Gewerbebetrieb und den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit zu den sogenannten Gewinneinkünften. Dabei kommen für die Ermittlung des Gewinns aus Landund Forstwirtschaft folgende Gewinnermittlungsarten in Betracht: — Gewinnermittlung durch einen Betriebsvermögensvergleich nach § 4 1 EStG, falls der Land- und Forstwirt gem. §§ 140, 141 AO buchführungspflichtig ist und auch tatsächlich Bücher führt, oder falls zwar keine Buchführungspflicht besteht, der Land- und Forstwirt aber dennoch freiwillig Bücher führt und aufgrund jährlicher Bestandsaufnahmen regelmäßig Abschlüsse macht und der Gewinn nicht nach Durchschnittssätzen (§ 13 a EStG) zu ermitteln ist. Ferner auch dann, wenn keine Buchführungspflicht besteht, der Landund Forstwirt an sich unter § 13 a EStG fällt, aber für 4 Jahre gem. § 13 a I I Nr. 1 EStG beantragt hat, den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln. — Gewinnermittlung durch die Gegenüberstellung der Betriebseinnahmen und der Betriebsausgaben nach § 4 I I I EStG, falls keine Buchführungspflicht besteht und auch keine Bücher geführt werden und der Steuerpflichtige auch nicht unter die Durchschnittsbesteuerung nach § 13 a EStG fällt, oder falls der Steuerpflichtige an sich die Durchschnittsbesteuerung anzuwenden hätte, jedoch gem. § 13 a I I Nr. 2 EStG für 4 Jahre beantragt hat, den Gewinn durch Vergleich der Betriebseinahmen mit den Betriebsausgaben zu ermitteln. 308 Leingärtner/Zaisch, 62, RN 2. 309 Felsmann, Abschn. A, RN 186; RFH-RStBl 1929, 329 (329); BFH-BStBl III 1954, 197 (197); BStBl II 1968, 815 (816);1980, 718 (719); 1982 381 (382); 1983, 2 (3). 310 Krill / Kräusel, 52.

II. Der fiskalische Einkommensbegriff

— Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen gem. § 13a I I I - V I I I EStG, falls der Steuerpflichtige nicht aufgrund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet ist, Bücher zu führen, der Ausgangswert nach § 13 a IV EStG zwischen 0 und 32 T D M beträgt und der Tierbestand die in § 13 a Nr. 3 aufgezeigten Grenzen nicht übersteigt. — Gewinnermittlung durch Schätzung gem. § 162 AO, wenn der Land- und Forstwirt zwar buchführungspflichtig ist, seine Bücher jedoch nicht ordnungsgemäß oder überhaupt nicht geführt hat. Die Schätzung erfolgt nach § 4 I EStG (Betriebsvermögensvergleich), es sei denn, der Steuerpflichtige hätte ursprünglich zulässigerweise den Gewinn nach § 4 I I I EStG ermittelt und im Veranlagungszeitraum keine Aufzeichnungen mehr geführt. In diesem Fall ist der Gewinn nach § 4 I I I EStG zu schätzen.311 die) Die Insuffizienz der Ermittlung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft Eine Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen gibt es bei den Gewinneinkunftsarten nur für Land- und Forstwirte. Die sachliche Rechtfertigung für eine derartige selbständige312 Durchschnittsgewinnermittlung, auf deren Anwendung einerseits ein Rechtsanspruch besteht und die andererseits der Steuerpflichtige gegen sich gelten lassen muß, wenn er nicht nach § 13 a Π EStG für eine Besteuerung nach § 4 I oder nach § 4 I I I EStG optiert hat, könnte in der Entlastung kleinerer Betriebe von Buchführungs-, Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten und in einer Verwaltungsvereinfachung gesehen werden, falls der erforderliche Verwaltungsaufwand für die Steuerfestsetzung und die Überprüfung bei kleineren Betrieben in keinem vernünftigen Verhältnis zu Höhe der geschuldeten Steuer steht. 313 Jedoch muß auch bei Akzeptanz einer derartigen Begründung verlangt werden, daß diese Vereinfachungsüberlegungen nicht nur für land- und forstwirtschaftliche Betriebe, sondern auch bei Einkünften anderer Art gelten und daß die Erfassungsquote den tatsächlich erzielten Gewinnen eines knapp durchschnittlich wirtschaftenden Betriebes möglichst entspricht. Ob wenigstens diese letzte Voraussetzung erreicht wird, muß tunlichst bezweifelt werden. So verminderte sich in den Wirtschaftsjahren von 1973/74 bis 1978/79, dem Geltungszeitraum des § 13 a E S t G i 9 7 4 die Erfassungsquote von ca. 30% auf unter 20% des tatsächlichen Gewinns. 314 Diese Situation wurde zwar als „unerträglich" angesehen315 und sollte durch die Besteuerung gem. § 13a E S t G i 9 8 0 korrigiert werden, indem eine Erfassungsquote von 44% bis 76% des tatsächlich erwirtschafteten Gewinns je nach Größe des landwirtschaftlichen Betriebes angestrebt 311 BFH-BStBl Π 1984, 504 (505). 312 Felsmann, Abschn. C, RN 93. 313 Leingärtner/Zaisch, 285, RN 603. 314 Kutscher, 300. 315 Leingärtner/Zaisch, 285, RN 603. 7 Burger

C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

wurde. 316 Die Erhöhung der Erfassungsquote 317 gegenüber dem bis 1980 geltenden Recht wird jedoch vor allem auf eine Erhöhung der Grundbeträge auf 1/6 des Ausgangsweites bei Ausgangswerten bis 25 T D M bzw. auf 1/5 bei Ausgangswerten über 25 T D M sowie auf eine Anhebung des Wertes der Arbeitsleistung des Betriebsinhabers und seiner mitarbeitenden Angehörigen gestützt. In die Bewertung der Arbeitsleistung konnten aber allenfalls situative Gegebenheiten des Jahres 1979/80 einfließen, die bis heute festgeschrieben wurden. Da der sogenannte Ausgangswert der im maßgebenden Einheitswert des Betriebes ausgewiesene Vergleichswert der landwirtschaftlichen Nutzung ist, wird die Gewinnermittlung somit maßgeblich beeinflußt von der Einheitsbewertung gem. §§30 ff. BewG. Da andererseits aber die Ergebnisse der Einheitsbewertung allenfalls 1 % bis 10% der tatsächlichen Verkehrswerte darstellen, 318 muß erneut damit gerechnet werden, daß die Erfolgsquote durch Ansteigen der tatsächlichen Vergleichsgewinne bei Konstanz der gem. § 13 a EStG ermittelten Durchschnittsgewinne hinter einer zu akzeptierenden Quote zurückbleiben wird. Spätestens dann müßte sich die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit erneut stellen mit der Notwendigkeit, die Strukturmängel des § 13 a EStG aufzudecken und ihre Abstellung dem Gesetzgeber aufzugeben. Aber auch dann, wenn die angestrebte Erfassungsquote tatsächlich erreicht werden sollte, bleibt die Frage, ob die pragmatischen Überlegungen nach durchaus wünschenswerter Verwaltungsvereinfachung und deutlicher Reduzierung der leiturgischen Pflichten der Bürger mit der materiellen Folge der Nichterfassung von Einkommensbestandteilen in Höhe von ca. 50% des relevanten Einkommens bzw. von durchschnittlich über 7 T D M 3 1 9 auf 600 000 Landwirte 320 angewendet werden können, während den sich in ähnlicher Situation befindenden Kleingewerbetreibenden diese Vereinfachungen versagt bleiben, ohne das hierdurch der Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG verletzt wird. d2) Die Einkünfte

aus Gewerbebetrieb

Das Einkommensteuergesetz regelt in seinen §§ 15 bis 17 abschließend, was zu den in § 2 I Nr. 2 EStG genannten Einkünften aus Gewerbebetrieb gehört. Während § 15 EStG die laufenden Einkünfte aus Gewerbebetrieb erfaßt und sie gegenüber anderen Einkunftsarten und nicht steuerbaren privaten Vermögensmehrungen und -minderungen abgrenzt, dies allerdings unscharf, 321 regelt § 16 EStG die Erfassung von Gewinnen aus der Veräußerung oder die Aufgabe eines ganzen Gewerbebetriebes oder eines Teilbetriebes und § 17 EStG die Gewinne 316 Littmann-Wendt, § 13 a, RN 2. 317 Zur Technik der Durchschnittsatzgewinnermittlung siehe Freund, 529 ff.; Kutscher-Neuregelung, 449 ff.; Kutscher-Vorschriften, 547 ff.; Wätzig, 1711 ff.; LittmannWendt, § 13 a, RN 6 ff. 318 Pelka, 220; Pelka-Rechtsordnung, 237. 319 Tipke-Steuergerechtigkeit, 82. 320 Leingärtner/Zaisch, 284, RN 602. 321 Littmann-Bitz, § 15, RN 2; BFH-BStBl 1968, 775 (776).

II. Der fiskalische Einkommensbegriff

aus der Veräußerung von bestimmten, zum Privatvermögen gehörenden Anteilen an Kapitalgesellschaften. d2a) Der Begriff des Gewerbebetriebes Der Begriff des gewerblichen Unternehmens (§ 15 I 1 Nr. 1 EStG) und der mit gleichem Inhalt gebrauchte Begriff des Gewerbebetriebes (§ 15 I 1 EStG) sind im Einkommensteuerrecht erst seit 1983 definiert. 322 Bis zum Inkrafttreten des Steuerentlastungsgesetzes war die Begriffsbestimmung nicht im Einkommensteuergesetz, sondern im § 1 GewStDV. Die Übernahme in das Einkommensteuergesetz erfolgte aus Gründen der Rechtssicherheit und der Rechtssystematik.323 Dabei wurde zugleich klargestellt, daß die Minderung der Einkommensteuer kein Gewinn ist (§ 15 I I 2 EStG), um so die Steuervorteile aus der Beteiligung an sogenannten Verlustzuweisungsgesellschaften wirkungsvoller als bisher einschränken zu können. 324 Nach der Definition des Einkommensteuergesetzes ist Gewerbebetrieb eine selbständige und nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt. Da diese positiven Merkmale den Gewerbebetrieb nicht eindeutig von anderen Einkunftsarten abzugrenzen vermögen, so kann ζ. B. das Merkmal „Gewinnerzielungsabsicht" den Gewerbebetrieb nur von der Liebhaberei und der gemeinnützigen Tätigkeit abgrenzen und alle positiven Merkmale zusammen den Gewerbebetrieb nicht von der Land- und Forstwirtschaft und der selbständigen Arbeit, werden die positiven Merkmale ergänzt durch negative Tatbestandsmerkmale, die für die Tatbestandsmäßigkeit eines Gewerbebetriebes voraussetzen, daß die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung selbständiger Arbeit anzusehen ist. Ergänzt werden müssen schließlich diese geschriebenen negativen Merkmale durch das ungeschriebene Kriterium, daß die Betätigung, so sie eine gewerbliche sein soll, den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung überschreiten muß. 325 Dabei stimmen die Begriffe Gewerbebetrieb im Sinne von § 2 I 1 GewStG und im Sinne von § 15 I Nr. 1 und I I EStG zwar inhaltlich überein, Unterschiede bestehen jedoch in zeitlicher Hinsicht, da einkommensteuerrechtlich die Erzielung von gewerblichen Einkünften früher beginnt und später endet als die Gewerbesteuerpflicht. a) Das Merkmal der Selbständigkeit Selbständig ist eine Betätigung, wenn die Tätigkeit auf eigene Gefahr und Rechnung ausgeübt wird, 3 2 6 d. h. wenn die Erfolge oder Mißerfolge den Steuer322 StEntlG 1984, BStBl I 1983, 1583 ff. 323 So die amtliche Begründung, BT-Drucks. 10/336, 26. 324 Schmidt-Liebig, 3. 325 BFH-BStBl II 1982, 461 (462); 1983, 80 (82). 326 Littmann-Bitz, § 15, RN 118. 7*

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

Pflichtigen unmittelbar treffen und ihm eine weitgehende originäre Entscheidungsfreiheit darüber zusteht, ob und in welcher Art und welchem Umfang er die Tätigkeit ausüben will, er also unabhängig ist von den Weisungen und der Kontrolle eines anderen. 327 Ob im Einzelfall eine selbständige oder nichtselbständige Tätigkeit vorliegt, ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung zu entscheiden.328 Denn nach der Verkehrsauffassung wird das Tragen des Unternehmerrisikos als typisches Kennzeichen für die Entscheidungsfreiheit und damit der Unabhängigkeit des Steuerpflichtigen interpretiert. 329 ß) Das Merkmal der Nachhaltigkeit Das Kriterium der Nachhaltigkeit hat in erster Linie die Aufgabe, den Gewerbebetrieb als ständige Erwerbsquelle von den einmaligen Vermögenszuwächsen abzugrenzen. Nachhaltig wird eine selbständige Tätigkeit immer dann ausgeübt, wenn sie mit dem Willen unternommen wird, sie bei sich bietender Gelegenheit zu wiederholen. 330 Somit enthält das Merkmal der Nachhaltigkeit eine subjektive und eine objektive Komponente. Die subjektive Komponente, der Wille bzw. die Wiederholungsabsicht, dokumentiert sich in aller Regel in der tatsächlichen Wiederholung. Nachhaltig ist jedoch auch eine einmalige Betätigung dann, wenn diese von einer Wiederholungsabsicht getragen und auf Wiederholung auch objektiv angelegt ist, die Wiederholung jedoch unvorhergesehen unterblieb. Andererseits schließt auch eine tatsächliche Wiederholung nicht aus, daß die erste, später dann wiederholte Betätigung noch nicht von einer Wiederholungsabsicht getragen war, 331 weil nicht die Absicht bestand, aus der wiederholten Tätigkeit eine Erwerbsquelle zu machen 332 und somit zwischen beiden Tätigkeiten kein Fortsetzungszusammenhang bestand.333 Die objektive Komponente betrifft insbesondere die Frage nach der Art und dem Umfang der Handlungen, die die Wiederholung einer Tätigkeit bestimmen. Danach wird eine Wiederholung dann angenommen, wenn mehrere gleichartige oder ähnliche Handlungen wiederholt werden, 334 auch wenn die Tätigkeit von vornherein nur vorübergehend ausgeübt werden sollte, so daß die Frage der Nachhaltigkeit auch abhängig ist von der Anzahl der Handlungen. 335 327 Weber, 31 328 Hartmann/Christians, 1365; Schmidt-EStG, § 15, Anm. 5 a: BFH-BStBl II 1979, 188 (189) mwN; 1980, 303 (304). 329 Weber, 32. 330 BFH-BStBl Π 1983, 182 (183) mwN. 331 BFH-BStBl Π 1984, 798 (800). 332 BFH-FR 1970, 43 (44). 333 Tipke-Grundstück, 15. 334 BFH-BStBl III 1962, 127 (128).

II. Der fiskalische Einkommensbegriff

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y) Das Merkmal der Gewinnerzielungsabsicht Die Gewinnerzielungsabsicht entspricht für Einkünfte aus Gewerbebetrieb dem allen sieben Einkunftsarten immanenten Tatbestandsmerkmal der Einkünfteerzielungsabsicht336 und hat die Aufgabe, einkommensteuerlich relevante Tätigkeiten von einkommensteuerlich unbeachtlichen Betätigungen abzugrenzen. 337 Als rein subjektives Moment ist die Gewinnerzielungsabsicht ein inneres Tatbestandsmerkmal, 338 auf dessen Vorliegen im allgemeinen nur aus nachweisbaren und äußerlich erkennbaren objektiven Umständen geschlossen werden kann, insbesondere aus der Erfüllung der anderen für einen Gewerbebetrieb wesentlichen objektiven Tatbestandsmerkmale, 339 wobei einzelne Umstände einen Anscheinsbeweis liefern können. 340 Erforderlich ist somit eine in die Zukunft gerichtete langfristige Beurteilung und ex-ante-Betrachtung, für die die Verhältnisse der Vergangenheit Anhaltspunkte liefern können. Zur Bestimmung der objektiven Komponente des Merkmals ist der Gewinnbegriff von entscheidender Bedeutung, da die Absicht gerichtet sein muß auf eine aus der Betätigung unmittelbar resultierenden Betriebsvermögensmehrung. 341 Aus diesem Grunde reicht eine beabsichtigte Minderung der Steuern von Einkommen nicht aus (§ 15 I I 2 EStG). 342 δ) Das Merkmal der Beteiligung am wirtschaftlichen

Verkehr

Das Merkmal der Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr ist vor allem für die Abgrenzung des Gewerbebetriebes zur privaten Vermögensverwaltung von Bedeutung. Der Steuerpflichtige beteiligt sich dann am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr, wenn er seine Tätigkeit gegen Entgelt und für Dritte äußerlich erkennbar anbietet 343 und somit am allgemeinen Leistungs- und Güteraustausch mitwirkt. 3 4 4 Nicht erforderlich ist, daß der Steuerpflichtige die Leistungen am Markt in eigener Person anbietet, er kann sich dazu auch eines Maklers oder eines Vertreters bedienen, deren Willenserklärungen er sich zurechnen lassen muß. 345 Ebenso ist die Einrichtung eines besonderen Betriebes nicht erforderlich, es genügt vielmehr, daß die Leistung mehreren Interessenten angeboten wird 335 Weber, 38; Eggesiecker u. Α., 430 f.; Schlücking, 92. 336 Schmidt-Liebig-Gewinn, 1739; Tipke-Einkünfte, 580; Crezelius, 122. 337 Schmidt-EStG, § 15, Anm. 8; BFH-BStBl II 1984, 751 (766). 338 Littmann-Bitz, § 15, RN 123. 339 Lenski / Steinberg, § 2, Anm. 24. 340 BFH-BStBl II 1984, 751 (767). 341 Groh-Gewinn, 2424. 342 Zacharias / Rinnewitz, 196. 343 BFH-BStBl II 1983 182 (183); 1984, 137 (139);. 344 Schmidt-EStG § 15, Anm. 7. 345 Flume, 749; Larenz AT, 570.

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

und der Steuerpflichtige damit rechnet, daß seine Verkaufsabsicht sich bei einem unabgeschlossenen Kreis von Personen herumspricht. 346 d2b) Die Abgrenzung der gewerblichen Tätigkeit gegenüber anderen Einkunftsarten und gegenüber privater Vermögensverwaltung Die Abgrenzung der gewerblichen Tätigkeit von verwandten Betätigungen, die anderen Einkunftsarten, vor allem der Land- und Forstwirtschaft, der selbständigen sowie der nichtselbständigen Arbeit und der Vermietung und Verpachtung oder dem Bereich der privaten Vermögensverwaltung zuzurechnen sind, ist deshalb von besonderer Bedeutung, weil zum einen ausschließlich gewerbliche Unternehmen im Sinne des Einkommensteuergesetzes zusätzlich auch der Gewerbesteuer unterliegen und zum anderen, weil trotz grundsätzlicher Gleichwertigkeit der einzelnen Einkunftsarten die Höhe des steuerlichen Einkommens nicht unwesentlich davon abhängig ist, welcher Einkunftsart das Ergebnis einer wirtschaftlichen Betätigung zugerechnet wird. Wird dagegen eine Betätigung, obwohl sie als eine wirtschaftliche bezeichnet werden muß, gar dem steuerlichen Refugium der privaten Vermögensverwaltung zugewiesen, werden zwar die laufenden Ergebnisse derartiger Betätigungen im Rahmen der jeweils zuständigen Einkunftsart als Quelleneinkünfte erfaßt und damit dem steuerlichen Einkommen zugerechnet, die Vermögensveränderungen aus realisierten Wertsteigerungen dagegen bleiben im Bereich der privaten Vermögensverwaltung grundsätzlich unberücksichtigt und berühren das steuerliche Einkommen demzufolge überhaupt nicht. a) Die Abgrenzung der gewerblichen Tätigkeit gegenüber anderen Einkunftsarten Wenn auch die Abgrenzung der gewerblichen Tätigkeit von anderen einkommensteuerlich relevanten Betätigungen im Einzelfall schwierig sein mag, so gilt dennoch ein eindeutiger Entscheidungszwang, ein striktes aut-aut. 347 Entweder übt der Steuerpflichtige eine gewerbliche Tätigkeit aus und erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb, mögen diese nun positiv oder negativ sein, oder er betätigt sich nicht gewerblich. Betätigt er sich nicht gewerblich und ist seine Betätigung dennoch einkommensteuerlich relevant, wird das Ergebnis seiner Betätigung durch eine der übrigen sechs Einkunftsarten erfaßt. Ist seine Betätigung dagegen weder eine gewerbliche noch sonst einkommensteuerrelevant, berührt das Ergebnis seiner Betätigung das steuerliche Einkommen überhaupt nicht. In keinem Fall ist es möglich, eine und dieselbe Betätigung gleichzeitig mehreren Einkunftsarten anteilig oder nur mit einem Anteil einer Einkunftsart und mit dem anderen Anteil dem nichtsteuerbaren Bereich der privaten Vermögensverwaltung zuzu346 BFH-BStBl II 1984, 137 (139). 347 Tipke, 328.

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rechnen. Dies schließt jedoch nicht aus, daß ein Steuerpflichtiger die Tatbestandsmerkmale mehrerer Einkunftsarten erfüllt und darüber hinaus nichtsteuerbare Vermögensmehrungen realisiert. Jedoch müssen dann die von ihm ausgeübten Betätigungen sachlich selbständig sein. Sie sind dann sachlich selbständig, wenn sie nicht notwendig einer anderen Betätigung als Ergänzung dienen. Ist eine Betätigung dagegen innerhalb eines Tätigkeitskomplexes so mit einem anderen Tätigkeitsakt vereint, daß sie in einer wechselseitigen Ergänzungsbeziehung zueinander steht und isoliert für sich nicht am Leistungsaustausch einer Volkswirtschaft teilnehmen kann, es sei denn nur als Teil eines anderen sachlich selbständigen Tätigkeitskomplexes, kann eine derartige Betätigung für sich allein nicht die Tatbestandsmerkmale einer Einkunftsart erfüllen, sondern ist entweder einkommensteuerlich irrelevant oder der Einkunftsart zugeordnet, deren Tatbestandsmerkmale durch den Tätigkeitskomplex erfüllt wird, deren integrierter Bestandteil sie ist. 3 4 8 Ergeben sich somit die negativen Abgrenzungskriterien zu den anderen Einkunftsarten zwangsläufig aus den positiven Tatbestandsmerkmalen der übrigen Einkunftsaiten, kann zur Vermeidung von Doppeldarstellungen auf die Ausführungen bei den einzelnen Einkunftsarten verwiesen werden. ß) Die Abgrenzung der gewerblichen Tätigkeit gegenüber privater Vermögensverwaltung Auch private Vermögensverwaltung kann eine selbständige, nachhaltige und von Gewinnerzielungsabsicht getragene Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr sein. Dennoch ist die Verwaltung eigenen Vermögens weder eine gewerbliche Betätigung noch überhaupt eine einkommensteuerlich relevante, da sie in den nichtsteuerbaren Bereich fällt. 3 4 9 Aus diesem Grunde kommt der Unterscheidung zwischen gewerblichem Umgang mit Vermögensteilen und privater Vermögensverwaltung erhebliche materielle Bedeutung zu. Voraussetzung dafür, daß der Umgang mit Vermögensteilen ein gewerblicher ist, ist, daß diese Betätigung den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung überschreitet. Ob und wann durch eine Betätigung der Rahmen privater Vermögensverwaltung überschritten ist, muß aus dem Gesamtbild der Verhältnisse 350 und nach der Verkehrsanschauung entschieden werden, da das Gesetz nur wenig Anhaltspunkte bietet. 351 348 Zur sachlichen Selbständigkeit bei mehreren gewerblichen Tätigkeiten: Petzold, 88 ff.; BFH-BStBl III 1961, 65 (66); 1965, 656 (657); zur sachlichen Selbständigkeit beim Zusammentreffen unterschiedlicher Betätigungen: Wihtol, 261 ff.; Felix, Sp. 85 ff.; BFH-BStBL II 1976, 152 (153 f.); 1982, 340 (341 f.); 1984, 129 (131). 349 Littmann-Bitz, § 15, RN 130. 350 Görlich, 605; Schoor-Veräußerungsgewinn, 1395; Irrgang / Düring, 2161; Schmidt-Liebig-Begriff, 311 ff. 351 BFH-BStBl II 1984, 751 (763).

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

Danach gehören zur privaten Vermögensverwaltung grundsätzlich die Veräußerung und der Erwerb von Vermögensgegenständen, wenn sie als letzter oder als erster Akt der Vermögensverwaltung einzustufen sind, da es dem Steuerpflichtigen nicht verwehrt ist, sein Privatvermögen zu veräußern, und zwar so vorteilhaft wie möglich. Solange sich also die Maßnahmen noch als Nutzung von Vermögen „im Sinne einer Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten darstellen," 352 solange ist der Tatbestand einer privaten Vermögensverwaltung erfüllt. 353 Werden Erwerb und Veräußerung jedoch bewußt und nachhaltig zur Wahrnehmung kurzfristiger Marktchancen betrieben, 354 dokumentiert sich also in dieser Betätigung Unternehmerinitiative im Sinne von plan- und zweckmäßig miteinander verbundenen und ausgeführten Handlungen mit dem Ziel einer kurzfristigen Wertschöpfung aus der Umschichtung von Vermögen 355 und Unternehmerrisiko als bewußte Wahrnehmung einer Marktchance unter Inkaufnahme des unternehmerischen Risikos, 356 dann sind Erwerb und Veräußerung von Vermögensteilen nicht mehr erster und letzter Akt privater Vermögensverwaltung, sondern gewerbliche Tätigkeit. 3 5 7 d2c) Die Arten gewerblicher Einkünfte Einkünfte aus gewerblicher Tätigkeit können einem Steuerpflichtigen sowohl als Einzelunternehmer als auch als Mitunternehmer zufließen. Daneben werden unabhängig vom Unternehmerstatus des Einkünftebeziehers Gewinne aus der Veräußerung oder der Aufgabe eines ganzen Gewerbebetriebes oder eines Teilbetriebes sowie die Gewinne aus der Veräußerung von bestimmten, zum Privatvermögen gehörenden Anteile an Kapitalgesellschaften als Einkünfte aus Gewerbebetrieb behandelt. a) Die Einkünfte

aus gewerblichen Einzelunternehmen

Die realisierten Gewinne eines Gewerbebetriebes fließen dem Unternehmer als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu und beeinflussen sein steuerliches Einkommen. Entscheidend für diese Auswirkung auf das steuerliche Einkommen ist demnach, wer Unternehmer ist, da von der Beantwortung dieser Frage die Einkommenszurechnung abhängig ist sowie der Beginn und das Ende eines gewerblichen Unternehmens, da nur solche Aufwendungen und Erträge für die Ermittlung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu berücksichtigen sind, die die tatbestandlichen Voraussetzungen für Einkünfte aus Gewerbebetrieb erfüllen. 352 BFH-BStBl Π 1984, 137 (139); Parczyk, 726 ff. 353 Curtius-Hartung, 13. 354 BFH-BStBl Π 1983, 80 (81). 355 Beckschäfer, 1394; BFH-BStBl II 1984, 137 (139). 356 BFH-BStBl II 1983, 80 (81). 357 Littmann-Bitz, § 15, RN 130.

II. Der fiskalische Einkommensbegriff

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a l ) Der Begriff des Unternehmers Gemäß § 2 1 EStG sind Einkünfte derjenigen natürlichen Person zuzurechnen, die sie erzielt, die somit den Tatbestand der einzelnen Einkunftsart verwirklicht. Wenn Tatbestand der Einkünfte aus Gewerbebetrieb das gewerbliche Unternehmen ist, folgt daraus, daß die Einkünfte aus diesem Unternehmen dem Unternehmer des gewerblichen Unternehmens zuzurechnen sind. Als Unternehmer ist dabei derjenige anzusehen, der das Unternehmerrisiko trägt, auf dessen Gefahr und Rechnung also das Unternehmen betrieben wird und dessen Reinvermögen vom Betriebsergebnis unmittelbar 358 verändert wird. 3 5 9 Da somit die subjektive Zurechnung von Einkünften aus Gewerbebetrieb davon abhängt, wessen Reinvermögen durch das Betriebsergebnis verändert wird, ist die höchstpersönliche Teilnahme am Marktgeschehen nicht erforderlich, vielmehr kann die Teilnahme am Marktgeschehen auch in offener 360 oder verdeckter 361 Stellvertretung ausgeübt werden. Somit ist auch Unternehmer das minderjährige Kind, wenn dessen Eltern als gesetzliche Vertreter das Unternehmen im Namen ihres minderjährigen Kindes führen oder wenn ein Testamentsvollstrecker ein Einzelunternehmen als Vertreter des minderjährigen Erben fortführt. 362 Selbst dann, wenn im Rahmen einer Treuhandlösung der Testamentsvollstrecker zwar für Rechnung des Erben, jedoch im eigenen Namen das Unternehmen betreibt, wird einkommensteuerrechtlich trotz der unbeschränkten Außenhaftung des Testamentsvollstreckers nur der Erbe als Unternehmer angesehen.363 Desgleichen ist es für die steuerliche Entscheidung, wer Unternehmer ist, auch unerheblich, ob über das Vermögen des Unternehmers der Konkurs eröffnet worden ist, da nicht der Konkursverwalter, der das Einzelunternehmen des Gemeinschuldners fortführt, Unternehmer ist, sondern vielmehr der Gemeinschuldner Unternehmer bleibt. 364 a2) Beginn und Ende des Gewerbebetriebes Maßgeblich dafür, welche Aufwendungen und Erträge bereits oder noch zu positiven oder negativen Einkünften aus Gewerbebetrieb führen, ist, ab wann und bis zu welchem Zeitpunkt die tatbestandlichen Voraussetzungen für Einkünfte aus Gewerbebetrieb erfüllt sind. Auch vor der eigentlichen Eröffnung eines Gewerbebetriebes kann bereits eine gewerbliche Tätigkeit vorliegen, da einkommensteuerrechtlich der Gewerbebetrieb nicht erst mit der werbenden Tätigkeit 358 Schmidt-EStG, § 15, Anm. 31a. 359 Littmann-Bitz, § 15, RN 6; BVerfG-BStBl I 1962, 492 (497). 360 BFH-BStBl II 1976, 641 (643). 361 BFH-BStBl II 1971, 620 (621). 362 John, 758. 363 Stadie-Zurechnung, 106; John, 758; Schmidt-EStG § 15, Anm. 31a; BFH-BStBl II 1978, 499 (500); a. A. Blümich / Falk, § 15, RN 150. 364 BFH-BStBl II 1972, 784 (785).

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

oder der Erzielung von Einnahmen beginnt, sondern bereits mit den ersten Maßnahmen, die der Vorbereitung der später werbenden Tätigkeit dienen und mit dieser in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen,365 wenn also die Entscheidung für die Begründung der Einkunftsart gefallen ist. 3 6 6 Diese sogenannten vorweggenommenen oder vorweg entstandenen Betriebsausgaben führen im Jahr ihres Anfalls zu einem Verlust aus Gewerbebetrieb, 367 falls sie nicht durch Einnahmen aus der noch verbleibenden Veranlagungszeit ausgeglichen werden können. Diese vorweggenommenen Aufwendungen behalten ihre Eigenschaft als Betriebsausgaben auch dann, wenn es später zu der beabsichtigten Betriebseröffnung tatsächlich nicht kommt. 368 Auch nach Beendigung der gewerblichen Tätigkeit können noch Betriebsausgaben entstehen, da der einkommensteuerrechtliche Begriff des Gewerbebetriebes im Gegensatz zu dem gewerbesteuerrechtlichen Begriff auch die auf die Abwicklung des Unternehmens gerichtete Tätigkeit umfaßt. 369 Somit endet der Gewerbebetrieb und damit die Erzielung gewerblicher Einkünfte erst mit der letzten Abwicklungshandlung, es sei denn, daß bereits die Betriebseinstellung als Betriebsaufgabe 370 im Sinne vom § 16 EStG zu werten ist oder daß der Betrieb im ganzen veräußert wurde. 371 Verpachtet der Steuerpflichtige seinen Betrieb im ganzen, ohne eindeutig dessen Aufgabe zu erklären, so nimmt die Rechtsprechung eine Fortsetzung der gewerblichen Tätigkeit an 3 7 2 mit der Folge, daß das Betriebsvermögen nicht unter gleichzeitiger Auflösung der stillen Reserven in das Privatvermögen des Steuerpflichtigen überführt wird und die Pachteinnahmen keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung begründen, sondern weiterhin Einkünfte aus Gewerbebetrieb bleiben. 373 ßj Die gewerblichen Einkünfte

aus Mitunternehmerschaften

Personengesellschaften sind als solche nicht einkommensteuerpflichtig, sie verfügen selbst über kein steuerliches Einkommen. Sie unterliegen auch nicht der Körperschaftsteuer, da nach § 15 I Nr. 2 EStG die Gewinnanteile der Gesell365 BFH-BStBl II 1978, 193 (194). 366 Schmidt-EStG § 15, Anm. 29; BFH-BStBl II 1974, 161 (162). 367 BFH-BStBl II 1978, 23 (24). 368 Klein/Flockermann/Kühr-Handbuch, § 15, Anm. 2 f.; BFH-BStBl III 1962, 123 (123). 369 BFH-BStBl II 1979, 89 (90); 1980, 658 (659). 370 Zur Betriebsaufgabe: Stoll, 228 ff. 371 Schmidt-EStG § 15, Anm. 30; BFH-BStBl II 1980, 658 (659). 372 Tipke, 329; BFH-BStBl III 1964, 124 (124). 373 Zur Kritik an dem durch die Rechtsprechung geschaffenen Wahlrecht ohne gesetzliche Grundlage: Tipke, 312.

II. Der fiskalische Einkommensbegriff

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schafter einer offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft und einer anderen Gesellschaft, bei der die Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen sind, unmittelbar bei dem einzelnen Mitunternehmer Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind (§3 1 KStG). Zweck der einkommensteuerrechtlichen Vorschrift über die Einkünfte aus Gewerbebetrieb bei Mitunternehmerschaft ist, die „Einkünfte beim gemeinschaftlichen Bezug von Einkünften aus Gewerbebetrieb zu bestimmen" 374 und dabei die Mitunternehmer einer Personengesellschaft und anderer Mitunternehmerschaften (Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, 375 die Partenreederei, 376 die stille Gesellschaft, 377 die Personengesellschaft ausländischen Rechts 378 sowie bestimmte, mit einer zivilrechtlichen Gesellschaft wirtschaftlich vergleichbare Gemeinschaftsverhältnisse 379) dem Einzelunternehmer nach Möglichkeit gleichzustellen,380 soweit dem nicht die Einheit der Personengesellschaft und ihre Rechtszuständigkeit entgegensteht.381 Wenn auch der Gewinn einer Personengesellschaft, unabhängig davon, ob er entnehmbar ist oder nicht, 382 den Unternehmern unmittelbar und anteilig zugerechnet wird, 3 8 3 kann daraus jedoch nicht geschlossen werden, daß die Personengesellschaft nicht zumindest partiell auch Steuersubjekt ist. Vielmehr ist für die Frage, ob und welcher Tatbestand einer Einkunftsart verwirklicht ist sowie für die Ermittlung der Einkünfte hieraus die Personengesellschaft das Subjekt der Gewinnerzielung. 384 Danach müssen in der Person der Gesellschaft alle einen Gewerbebetrieb kennzeichnenden Elemente erfüllt sein. Die Personengesellschaft ist somit für die Einkommensteuer nicht überhaupt nicht da, 385 vielmehr wird entsprechend der zivilrechtlichen Rechtszuständigkeit der Gesamthand die Personengesellschaft als Einheit und Ausgangspunkt für die Besteuerung ihrer Mitunternehmer behandelt,386 so daß „Gewinn oder Verlust der Gesellschaft... durch einen Vermögensvergleich der Gesellschaft und nicht durch Vermögensvergleiche der einzelnen Gesellschafter zu ermitteln" ist. 3 8 7

374 BFH-BStBl II 1984, 751 (768). 375 §§ 705 ff. BGB. 376 § 489 HGB. 377 § 335 HGB. 378 Haas, G., 53; Debatin, 670; Schulze zur Wiesche, 2143 ff. 379 BFH-BStBl II 1984, 751 (768). 380 BFH-BStBl II 1971, 177 (178); 1983, 668 (670). 381 BFH-BStBL II 1982, 107 (110); 1984, 487 (488). 382 BFH-BStBl II 1981, 164 (167)158. 383 BFH-BStBl II 1981, 84 (86). 384 Döllerer-Aussprache, 266; BFH-BStBl II 1976, 372 (373) und 744 (745); 1983, 598 (600); Β FH-DB 1984, 2383; zur Kritik: Walz, 194. 385 So nach der inzwischen überholten Bilanzbündeltheorie: Becker, 94; Keuk, 2326; Knappenberger, 160 ff.; RFH-RStBl 1937, 937. 386 BFH-DB 1984, 2541. 387 BFH-BStBl II 1981, 164 (167).

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

Aus der Aufgabe der Bilanzbündeltheorie 388 und der Hinwendung zur zivilrechtlichen Zuständigkeit der Gesamthand folgt, daß eine Mitunternehmerschaft im Sinne des § 15 1 Nr. 2 EStG nur vorliegt, sofern die Personengesellschaft, an der der Mitunternehmer beteiligt ist, ein gewerbliches Unternehmen ist und als solches alle Tatbestandsmerkmale eines Gewerbebetriebes erfüllt. 389 Dies folgt aus dem systematischen Zusammenhang zwischen § 151 Nr. 2 und Nr. 1 EStG. 390 Eine Personengesellschaft, die auf Land- und Forstwirtschaft, reine Vermögensverwaltung oder freie Berufstätigkeit gerichtet ist, kann somit eine Mitunternehmerschaft ihrer Gesellschafter nicht begründen. 391 Insbesondere muß für die Anerkennung als gewerbliches Unternehmen als konstitutives Merkmal die Gewinnerzielungsabsicht vorliegen; die Absicht, den Gesellschaftern nur Einkommensteuervorteile zu vermitteln, reicht nicht aus. 392 Ist die Gewinnerzielungsabsicht auf der Stufe der Personengesellschaft zu bejahen, so ist zusätzlich auf der Stufe der einzelnen Gesellschafter zur Anerkennung der Mituntemehmerschaft wegen des hierfür erforderlichen Unternehmerrisikos notwendig, daß die objektive Möglichkeit zur Erzielung eines positiven Totalgewinns aus der Beteiligung gegeben ist. Im Merkmal des Unternehmerrisikos ist im Gegensatz zur Gewinnerzielungsabsicht auf der Ebene der Personengesellschaft ein subjektives Element nicht enthalten, 393 so daß unabdingbar für die Mitunternehmerschaft des einzelnen Gesellschafters ist, daß vor seinem lt. Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Ausscheiden bzw. vor Auflösung der Personengesellschaft objektiv die Möglichkeit besteht, daß sie sich steuerlich in der Gewinnphase befindet und daß die Abfindung höher ist als die verbrauchte Einlage oder das negative Kapitalkonto. 394 Die Mitunternehmerschaft beginnt, sobald die gemeinsame Betätigung alle Merkmale eines Gewerbebetriebes erfüllt 395 — dazu zählen auch objektiv erkennbare Vorbereitungshandlungen, die unmittelbar auf die Begründung eines Gewerbebetriebes gerichtet sind — und der Abschluß eines Gesellschaftsvertrages im Sinne des § 705 BGB erfolgt ist. Für das Ende einer Mitunternehmerschaft gelten die gleichen Kriterien wie für das Ende eines Einzelunternehmers.

388 Nicht zuletzt als Folge der Philippika von Meßmer, 127 ff. 389 Streck, 297; Littmann-Bitz, § 15, RN 13; BFH-BStBl II 1984, 751 (762). 390 BFH-BStBl II 1973, 260 (260). 391 BFH-BStBl II 1981, 527 (529). 392 Bordewin-1984, 59; Altehoefer, 15 ff.; Hellwig-Verlust, 327; Schellenberger-Beschluß, 169; Schmidt-EStG, § 15, Anm. 41b. 393 Β FH-DB 1984, 2383 (2390 f.). 394 Littmann-Bitz, § 15, RN 125. 395 BFH-BStBl II 1984, 751 (762).

II. Der fiskalische Einkommensbegriff

d3) Die Einkünfte

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aus selbständiger Arbeit

Das Einkommensteuergesetz definiert die selbständige Arbeit nicht, sondern zählt vielmehr die dazugehörigen Tätigkeiten auf, als da sind die freiberufliche Tätigkeit, die Tätigkeit als Einnehmer einer staatlichen Lotterie und die sonstige selbständige Tätigkeit. Im Rahmen des Einkommensteuergesetzes insgesamt ist die Vorschrift des § 18 EStG zwischen den Einkünften aus Gewerbebetrieb und denen aus nichtselbständiger Arbeit angesiedelt. Gemeinsamkeit mit den Einkünften aus Gewerbebetrieb (und auch aus Land- und Forstwirtschaft) besteht vor allem in der Selbständigkeit der Betätigung, mit den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in der grundsätzlich persönlichen Tätigkeit. Von den Einkünften aus gelegentlicher Arbeit gemäß § 22 Nr. 3 EStG unterscheidet sich die selbständige Arbeit dadurch, daß es sich bei ihr wenigstens um eine vorübergehende, wenn auch auf Wiederholung angelegte Tätigkeit handeln muß. 396 Somit umfaßt die selbständige Arbeit als Einkunftsart die gleichen Voraussetzungen, die auch für einen Gewerbebetrieb gelten, nämlich Selbständigkeit, nachhaltige Betätigung, Gewinnerzielungsabsicht und Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr. Zur Abgrenzung der selbständigen Arbeit vom Gewerbebetrieb ist das Kriterium der persönlichen Arbeitsleistung des Berufsträgers allein jedoch nicht ausreichend. Zwar tritt in aller Regel der Einsatz von Kapital gegenüber der geistigen Arbeit und der eigenen Arbeitskraft in den Hintergrund, so daß der Begriff des Betriebes insofern einen anderen Inhalt erhält, da die »Ausübung einer auf Ausbildung und Können beruhenden Tätigkeit das beherrschende Moment bildet." 397 jedoch kann das Überwiegen geistiger Arbeit gegenüber dem Kapitaleinsatz auch in Gewerbebetrieben vorkommen. Wenn auch nicht zu verkennen ist, daß das als und im Betriebsvermögen gebundene Kapital des Gewerbetreibenden selbst Quelle der gewerblichen Einkünfte ist, während das Betriebsvermögen des selbständig Arbeitenden „nur" ein wenn auch unentbehrliches Hilfsmittel der persönlichen Berufsausbildung ist, 3 9 8 so daß die Verselbständigung des „technischen Apparates" 399 im Sinne eines vorwiegenden Einsatzes zu Gewinnerzielungszwekken eine gewerbliche Tätigkeit indizieren kann. Zur Begründung selbständiger Arbeit als Einkunftsart in ihrer Abgrenzung zur gewerblichen Tätigkeit ist diese Indikationswirkung jedoch nicht ausreichend, vielmehr ist es erforderlich, daß die Tätigkeit bzw. der Beruf im Katalog des § 18 EStG entweder ausdrücklich aufgeführt ist oder, soweit § 18 I Nr. 1 und Nr. 3 EStG keine abschließende Aufzählung enthalten, die tatsächlich ausgeführte Tätigkeit den genannten Tätigkeiten ähnlich ist, 4 0 0 indem eine zum Kernbereich des verglichenen Berufs gehörende Betätigung ausgeübt wird. 4 0 1 396 BFH-BStBl II 1971, 684 (685). 397 BFH-BStBl III 1964, 120 (121). 398 Littmann-Grube, § 18, RN 68. 399 Greif, 562.

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

Eine gemeinschaftliche Ausübung der Berufstätigkeit steht der Qualifizierung als selbständige Arbeit nicht entgegen,402 jedoch müssen alle selbständig Tätigen in der Gesellschaft eine Betätigung ausüben, die nach ihrer Art eine selbständige Arbeit im Sinne von § 18 I EStG ist, und die Ausführung dieser Tätigkeit muß eine leitende und eigenverantwortliche sein. 403 Eine lediglich kapitalmäßige Beteiligung ohne persönliche Mitarbeit oder eine Beteiligung von berufsfremden Personen führen zur Behandlung des von der Gesellschaft erzielten Gewinns als Einkünfte aus Gewerbebetrieb. 404 Das gleiche gilt, wenn diese Gesellschaft in der Form einer Kapitalgesellschaft geführt wird, da diese kraft Gesetzes (§ 2 I I Nr. 2 GewStG) Gewinne aus gewerblicher Tätigkeit erzielt und darüber hinaus diejenigen, die die berufliche Tätigkeit ausüben, auch als Geschäftsführer oder Mitglieder des Vorstands eine nichtselbständige Arbeit ausführen, da sie im Verhältnis zur Gesellschaft in einem Beschäftigungsverhältnis stehen, aus dem sie Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit beziehen. Zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit gehört neben den unmittelbaren Einkünften aus der selbständigen beruflichen Betätigung auch der Gewinn, der bei der Veräußerung des Vermögens oder eines selbständigen Teils 4 0 5 des Vermögens oder eines Anteils am Vermögen erzielt wird, das der selbständigen Arbeit zum Zeitpunkt der Veräußerung diente; der Veräußerung steht die Aufgabe gleich. d3a) Die Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit Die freiberufliche Tätigkeit gem. § 18 I Nr. 1 EStG bzw. der freie Beruf, eine Bezeichnung, die keinen eindeutigen Rechtsbegriff darstellt, sondern eine soziologische Wortschöpfung aus der Zeit des frühen Liberalismus ist, 4 0 6 erfüllt als wichtigste 407 selbständige Betätigung zwar alle Merkmale der gewerblichen Tätigkeit, wird aber durch § 15 I I EStG ausdrücklich aus der gewerblichen Tätigkeit ausgeklammert. Das Einkommensteuergesetz enthält weder einen einheitlichen Oberbegriff der freien Berufe, noch können aus der Vorschrift des § 18 11 EStG allgemeine Merkmale, nach denen eine Tätigkeit als freiberuflich charakterisiert werden könnte, hergeleitet werden. 408 Vielmehr werden dreierlei freiberufliche Tätigkeiten aufgeführt, und zwar zum einen

400 Kilian, 282; Schmidt-EStG, § 18, Anm. 3. 401 Erdweg, 421; Wolff-Diepenbrock-Begriff, 340. 402 BFH-BStBl III 1966, 489. 403 Schmidt-EStG, § 18, Anm. 8 a. 404 BFH-BStBl II 1971, 249 (251). 405 Vgl. hierzu Stoll-Veräußerung, 146 ff. 406 BVerfGE 10, 354 (364). 407 Tipke, 330. 408 RFH-RStBl 1939,576 (577); in Anlehnung hieran BFH-BStBl III 1964,136 (136).

II. Der fiskalische Einkommensbegriff

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— die wissenschaftliche, 409 die künstlerische 410 und die schriftstellerische, 411 sowie die unterrichtende und erzieherische Tätigkeit, 412 sofern sie jeweils selbständig ausgeübt wird, sodann — die selbständige Berufstätigkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Rechtsanwälte usw., also die sogenannten Katalogberufe und schließlich — die selbständige Berufstätigkeit der den Katalogberufen ähnlichen Berufe. 413 Die Ähnlichkeit einer selbständigen Berufsbetätigung zu den sogenannten Katalogberufen wird seitens der Rechtsprechung nicht anhand allgemeiner Wesensmerkmale geprüft, vielmehr werden Einzelvergleiche mit den Katalogberufen vorgenommen, 414 wobei sich der zu vergleichende Beruf auch mit mehreren Katalogberufen als ähnlich erweisen kann, 415 so daß der fragliche Beruf auch als Zusammenfassung mehrerer freier Berufe auf Teilgebieten erscheint. 416 Die Ähnlichkeit muß jedoch für alle typischen oder wichtigen Merkmale mit wenigstens einem Katalogberuf gegeben sein. 417 Dabei ist ein wertender Vergleich der einzelnen Berufsmerkmale des Katalogberufes und des als ähnlich behaupteten Berufes vorzunehmen 418 unter Berücksichtigung des Gesamtbildes der beruflichen Tätigkeiten. 419 Die Qualifizierung von Einkünften aus selbständiger Arbeit als Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit hatte gerii. § 18 IV EStG zur Folge, daß, sofern die Einkünfte aus der freien Berufstätigkeit die anderen Einkünfte überwiegen, bei der Ermittlung des jährlichen Einkommens eines Steuerpflichtigen 5 % der Einnahmen aus freier Berufstätigkeit, höchstens jedoch 1 200 D M abgesetzt werden konnten. 420 Mit der Einräumung eines derartigen Freibetrages zeigt sich wieder 409 Schick, 17; Littmann-Grube, § 18, RN 83; Schmidt-EStG, § 18, Anm. 10. 410 Schick, 22 ff.; Wollny, 578 ff.; Heuer, 131 ff.; Littmann-Grube, § 18, RN 91; Schmidt-EStG, § 18, Anm. 11; BVerfGE 30, 173 (189). 411 Schick, 25 f.; Weisensee, 305 ff.; Littmann-Grube, § 18, RN 108 Schmidt-EStG, § 18, Anm. 12; BFH-BStBl II 1976, 192 (193) mwN. 412 Schick, 26 f.; Schiedel, 748 f.; Märkle, 707 f.; Littmann-Grube, 18, RN 115 -118 und 122; Schmidt-EStG, § 18, Anm. 13; BStBl II 1975, 389 (390); 147 (148). 413 Schick, 17; BFH-BStBl III 1964, 136 (136). 414 Hümmes, 61. 415 Bordewin-Fragen, 459; vgl. auch die umfangreiche, im Abschnitt 136 EStR katalogisierte Rechtsprechung. 416 Littmann-Grube, § 18, RN 131; BFH-BStBl II 1973, 730 (731). 417 BFH-BStBl II 1981, 193 (195); 1983, 677 (678). 418 Wolff-Diepenbrock, 338. 419 BFH-BStBl II 1965, 692 (693); II 1976, 621 (621). 420 § 18 IV EStG ist mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 1990 durch das Gesetz vom 25. 7. 1988, BGBl I 1988, 1093 aufgehoben worden.

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

einmal mehr, daß für die Höhe des steuerlichen Einkommens es nicht einmal innerhalb einer Einkunftsart gleichgültig ist, aus welcher Betätigung einem Steuerpflichtigen eine Vermögensmehrung zufließt. d3b) Die sonstigen Einkünfte aus selbständiger Arbeit Neben der freiberuflichen Tätigkeit, die die wichtigste Betätigung innerhalb der Berufsausübungen zur Erzielung von Einkünften aus selbständiger Arbeit ist, führt die Tätigkeit als Einnehmer einer staatlichen Lotterie sowie die sonstige selbständige Arbeit zu Einkünften gem. § 2 I Nr. 3 EStG. a) Die staatlichen Lotterieeinnehmer Die Einnehmer einer staatlichen Lotterie beziehen Einkünfte aus selbständiger Arbeit, wenn ihre Tätigkeit nach Art und Umfang nicht als Gewerbebetrieb aufzufassen ist. Ein Gewerbebetrieb des Lotterieeinnehmers ist dann anzunehmen, wenn zum Absatz der Lose ein kaufmännisch eingerichteter Gewerbebetrieb unterhalten wird oder wenn die Lose im Rahmen eines anderen, bereits bestehenden Gewerbes vertrieben werden. 421 ß) Die sonstige selbständige Arbeit Die sonstige selbständige Arbeit stellt das Sammelbecken für alle Tätigkeiten dar, die nicht unter die freie Berufsausübung sowie unter die Betätigung als Lotterieeinnehmer fallen und auch nicht zur Land- und Forstwirtschaft, zum Gewerbebetrieb und zur nichtselbständigen Arbeit gehören. 422 Das Einkommensteuergesetz definiert den Begriff der sonstigen selbständigen Arbeit nicht, sondern erläutert ihn durch die beispielhafte, d. h. nicht abschließende Aufzählung der Vergütungen für die Vollstreckung von Testamenten,423 für die Vermögensverwaltung 424 und für die Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied. 425 Nach der Rechtsprechung fallen hierunter vorwiegend solche Tätigkeiten, die gelegentlich ausgeübt werden, 426 bei denen kein Gewerbebetrieb anzunehmen ist und die wie alle selbständigen Arbeiten grundsätzlich persönlich ausgeübt werden müssen.427

421 Leingärtner-Frage, 489 f.; Schmidt-EStG, § 18, Anm. 20. 422 So schon Strutz, § 35 II, Anm. 16. 423 Möhring/Seebrecht, 1561 ff. 424 Schmidt-Liebig-Einkünfte, 558. 425 Littmann-Grube, § 18, RN 306. 426 BFH-BStBl Π 1978, 137 (138) mwN. 427 Littmann-Grube, § 18, RN 292.

. Der fiskalische Einkommensbegriff

d3c) Die Ermittlung

der Einkünfte

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aus selbständiger Arbeit

Als Einkünfte aus selbständiger Arbeit ist gem. § 2 I I Nr. 1 EStG der Gewinn anzusetzen, der entweder nach § 4 I EStG als Betriebsvermögensvergleich oder nach § 4 I I I EStG als Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben zu ermitteln ist. Dabei ist die Vorschrift des § 151 Nr. 2 EStG entsprechend anzuwenden. Die überwiegende Zahl der selbständig Tätigen ermittelt den Gewinn durch die Überschußrechnung aus Betriebseinnahmen und -ausgaben.428 Sie erfüllen damit auch die Vorschriften des § 22 UStG, die für alle Unternehmer die Aufzeichnung der Entgelte, die vereinbart oder vereinnahmt wurden, verlangt. Zu den laufenden Betriebseinnahmen aus selbständiger Arbeit gehören neben den Entgelten für die eigentliche Berufsausübung auch die Einnahmen aus Hilfsgeschäften, sofern diese im Zusammenhang mit dem Betrieb stehen.429 Ferner gehören insbesondere bei Ärzten auch die Geschenke dazu, die ein wohlhabender Patient dem Arzt aus Dankbarkeit über das normale Honorar hinaus macht. 430 Für die Betriebsausgaben im Rahmen der Ermittlung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit gilt der allgemeine Betriebsausgabenbegriff. Unter Berücksichtigung der berufsspezifischen Situation des freiberuflich Tätigen zählen zwar auch Fortbildungskosten grundsätzlich zu den Betriebsausgaben, die Kosten für Informations- und Kongreßreisen jedoch nur dann, wenn den Teilnehmern einer derartigen Reise nicht lediglich berufliche Allgemeinkenntnisse vermittelt werden und wenn der Inhalt der angebotenen Fortbildung für die ausgeübte Berufstätigkeit von besonderer Bedeutung ist. 4 3 1 Ferner zählt zu den Betriebsausgaben auch der auf den Veranlagungszeitraum entfallende Anteil an der Verteilung des käuflich erworbenen Praxiswertes, der in der Regel in zwei bis fünf Jahren abgeschrieben werden kann, da mit seiner Verflüchtigung innerhalb dieses Zeitraumes zu rechnen ist. 4 3 2 Aus Vereinfachungsgründen und solange im Einzelfall nicht eine offensichtlich unrichtige Besteuerung die Folge wäre, können Betriebsausgaben auch als Pauschbeträge berücksichtigt werden. Diese Pauschbeträge betragen 30% der Betriebseinnahmen, höchstens jedoch 4 800 D M für hauptberuflich selbständig wissenschaftlich, künstlerisch oder schriftstellerisch Tätige und für eine nebenberufliche wissenschaftliche, schriftstellerische, künstlerische oder erzieherische Tätigkeit 25 % der Betriebseinnahmen, höchstens jedoch 1 200 DM. d4) Die Einkünfte

aus nichtselbständiger

Arbeit

Die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sind die wichtigste Gruppe 433 der einkommensteuerlich relevanten Einkünfte. Sie werden erzielt infolge der Teiles Schmidt-EStG, § 18, Anm. 25. 429 BFH-BStBl III 1965, 12 (13). 430 RFH-RStBl 1936, 139 (140). 431 Ebling, 313; BFH-BStBl II 1977, 54 (56). 432 Schmidt-EStG, § 18, Anm. 29. 8 Burger

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

nähme am Markt durch die entgeltliche Nutzung der eigenen Arbeitskraft durch und für andere. 434 Dabei zählt das Einkommensteuergesetz nur beispielhaft auf, welche Einnahmen im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit anfallen können, definiert den Begriff der nichtselbständigen Arbeit also nicht. Aus diesem Grunde ist für die Zuordnung von erzielten Einnahmen zu dieser Einkunftsart und für die Abgrenzung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von anderen Einkunftsarten der Begriff des Arbeitnehmers sowie der Begriff des Dienstverhältnisses von entscheidender Bedeutung,435 da Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nur von Arbeitnehmern sowie von Ruhegehaltsempfängern erzielt werden können, die den ersteren steuerrechtlich gleichgestellt sind. d4a) Dienstverhältnis und Arbeitnehmereigenschaft Die Bestimmung der nichtselbständigen Arbeit ist somit geprägt durch die Begriffe Dienstverhältnis, Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Arbeitslohn, Begriffe, die hinsichtlich ihres Inhaltes nicht dem Einkommensteuergesetz entnommen werden können, sondern den §§ 1 und 2 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung, die nach ständiger Rechtsprechung eine zutreffende Auslegung des Gesetzes ist. 4 3 6 Dabei sind die Begriffe Arbeitnehmer und Arbeitgeber keine selbständigen Tatbestandsmerkmale, sondern leiten sich aus dem Dienstverhältnis ab. 437 a) Das Dienstverhältnis Unter dem Begriff Dienstverhältnis ist ein rechtsgeschäftlich vereinbartes Schuldverhältnis zu verstehen, auf Grund dessen jemand (= Arbeitnehmer) einem anderen (=Arbeitgeber) seine Arbeitskraft schuldet. Das Schulden der Arbeitskraft ist somit das wichtigste Kriterium zur Bestimmung eines Dienstverhältnisses, das jedoch nicht im arbeitsrechtlichen, sondern im Sinne der tatsächlichen und persönlichen Abhängigkeit zu verstehen ist, wie dies auch in § 1 I I 2 LStDV beschrieben wird. Daraus folgt, daß entweder die tätige Person bei der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter die Leitung des Arbeitgebers gestellt sein muß oder daß der Arbeitnehmer in den geschäftlichen Organismus mit Weisungsgebundenheit eingegliedert ist und somit nichtselbständige Arbeit schuldet. 438 Mit dem Merkmal der Unterstellung unter die Leitung des Arbeitgebers soll erreicht werden, daß auch derjenige, der außerhalb der Betriebsräume seines Dienstherrn tätig ist und seine Arbeitszeit frei einteilen kann, seine Arbeitskraft dem Dienst433 Littmann-Grube, § 19, RN 1. 434 Ruppe, 28. 435 Herrmann/Heuer/Raupach, § 19 EStG, Anm. 4. 436 Schmidt-EStG, § 19, Anm. 3 mwN der entspr. Rechtsprechung. 437 Herrmann/Heuer/Raupach, § 19 EStG, Anm. 20. 438 Herrmann/Heuer/Raupach, § 19 EStG, Anm. 26.

II. Der fiskalische Einkommensbegriff

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herrn aufgrund eines Dienstverhältnisses schuldet, während das Merkmal der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Dienstherrn meint, daß der Steuerpflichtige auch dann aufgrund eines Dienstverhältnisses tätig ist, wenn er als Organ einer Kapitalgesellschaft nicht mehr den unmittelbaren Weisungen konkreter Personen unterliegt. Somit steht das Dienstverhältnis in untrennbarem Zusammenhang mit den jeweiligen Einnahmen, denn nur Einnahmen, die im Rahmen eines Dienstverhältnisses dem Steuerpflichtigen zufließen, sind für die Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit relevant. 439 ß) Die Arbeitnehmereigenschaft Das Einkommensteuergesetz enthält keine Begriffsbestimmung, aus der unmittelbar entnommen werden könnte, wer Arbeitnehmer ist. Jedoch beschreibt § 1 I LStDV in zutreffender Auslegung 440 des Gesetzes einen eigenständigen steuerrechtlichen Arbeitnehmerbegriff. Danach sind Arbeitnehmer solche Personen, die entweder in öffentlichem oder privatem Dienst angestellt oder beschäftigt sind oder waren und die aus diesem Dienstverhältnis oder einem früheren Arbeitslohn beziehen. Ferner sind im steuerrechtlichen Sinne auch die Rechtsnachfolger dieser Personen Arbeitnehmer, wenn sie Arbeitslohn aus einem früheren Dienstverhältnis ihres Rechtsvorgängers beziehen. Somit ist die Arbeitnehmereigenschaft nicht auf den Anspruchsberechtigten aus dem Dienstverhältnis selbst beschränkt. Darüber hinaus besitzen Arbeitnehmereigenschaft im steuerrechtlichen Sinne nicht nur der Gesamtrechtsnachfolger, vielmehr sind die Witwen und Waisen auch dann, wenn sie gar keine Gesamtrechtsnachfolger des Ehemanns oder Vaters sind, Arbeitnehmer im steuerrechtlichen Sinne. Dies folgt unmittelbar aus § 191 Nr. 2 EStG, der insoweit über eine bloße beispielhafte Aufzählung von Erscheinungsformen des Arbeitslohnes hinaus den Begriff des Arbeitnehmers erweitert. Der Gesetzgeber stellt mit dieser Anordnung auf die Besteuerungsmerkmale der Hinterbliebenen und nicht der Gesamtrechtsnachfolger ab. Fließen die Einnahmen demnach nicht den Hinterbliebenen selbst, sondern erst ihren Rechtsnachfolgern zu, handelt es sich ebenfalls noch um Lohneinkünfte aus dem früheren Dienstverhältnis. 441 d4b) Der Arbeitslohn Schon nach ständiger Rechtsprechung des Reichsfinanzhofes zählt zum Arbeitslohn als Einnahme der Einkunftsart „nichtselbständige Arbeit" grundsätzlich alles, was dem Arbeitnehmer mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis als Gegenleistung für die von ihm geschuldete Arbeitskraft vom Dienstherrn oder für diesen 439 Giloy-Dienstverhältnis, 144; Prange, 185 f. 440 Schmidt-EStG, § 19, Anm. 4 a. 441 Giloy-Fragen, 625. 8*

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

von einem Dritten gewährt wird 4 4 2 und durch das er objektiv bereichert wird. 4 4 3 Im geltenden Einkommensteuergesetz statuiert § 19 I EStG durch die Formulierung „ . . . und andere Vorzüge und Vorteile" ebenfalls einen umfassenden Arbeitslohnbegriff. 444 Die Bezüge und Vorteile müssen jedoch, sollen sie zu steuerlich relevantem Einkommen qualifiziert werden, Güter sein, die in Geld oder Geldeswert bestehen und dem Arbeitnehmer zugeflossen sind 445 mit der Folge, daß lediglich ideelle Vorteile kein Arbeitseinkommen im steuerlich relevanten Sinne darstellen. Auch für den Arbeitslohn als Synonym für Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit ist das Veranlassungsprinzip anzuwenden. Aus diesem Grunde ist es erforderlich, daß der geldwerte Vorteil durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlaßt ist, 4 4 6 die Einnahme also als Ertrag der nichtselbständigen Arbeit anzusehen sein muß. 447 Ob das der Fall ist, bestimmt sich nach der Verkehrsauffassung. 448 Liegt dagegen die Leistung im überwiegend eigenen Interesse des Arbeitgebers, liegt kein Arbeitslohn vor. 4 4 9 Nicht erforderlich für die Veranlassung durch das Dienstverhältnis ist es jedoch, daß die Leistung des Dienstherrn Gegenleistung für eine konkrete oder einzelne Dienstleistung des Arbeitnehmers ist. Vielmehr reicht es aus, wenn die Zuwendung im weitesten Sinne als Gegenleistung für die Zurverfügungstellung der individuellen Arbeitskraft anzusehen ist, wie dies ζ. B. für Weihnachtsgratifikationen und Jubiläumsgeldern zutrifft. 450 An einer Veranlassung durch das Dienstverhältnis fehlt es dagegen bei Fällen der Unterschlagung und des Diebstahls sowie bei Bestechungsgeldern, da diese nicht durch die Zurverfügungstellung der individuellen Arbeitskraft veranlaßt, sondern vielmehr gegen das Dienstverhältnis gerichtet sind. 451 Auch die Versorgungsbezüge aus früheren Dienstverhältnissen sind durch das Dienstverhältnis veranlaßte Leistungen des ehemaligen Arbeitgebers und zählen aus diesem Grunde zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Die während des Bestehens des aktiven Dienstverhältnisses in aller Regel beim Arbeitgeber erfaßte Kapitalansammlung für die dem Arbeitnehmer erteilte Versorgungszusage ist mangels Zufließens (§11 EStG) noch nicht bereits Arbeitslohn (§ 2 I I I Nr. 2 442 So z.B. RFH-RStBl 1936, 1158; 1937, 1168; 1939, 299 (300). 443 Littmann-Grube, § 19, RN 21; Schmidt-EStG, § 19, Anm. 7 b; BFH-BStBl III 1961, 443 (444); II 1975, 340 (342); 1978, 239 (239). 444 BFH-BStBl III 1959, 230 (230); II 1981, 773 (774). 445 Boeck, 96 ff.; Offerhaus-Lohn, 1061 ff.; BFHE 137, 13 (16). 446 Zach, 74 ff.; Herrmann / Heuer / Raupach, § 19 EStG, Anm. 56 + 58; BFH-BStBl II 1973, 819 (820). 447 Popp, 633; Offerhaus-Lohn, 1062; Schmidt-EStG § 19, Anm. 7b. 448 Schmidt, E., 1094; BFH-BStBl II 1975, 486 (487). 449 Popp, 635. 450 Haberkorn, 67 f.; Offerhaus-Lohn, 1064. 451 Schmidt-EStG, § 19, Anm. 7b.

II. Der fiskalische Einkommensbegriff

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LStDV) im Gegensatz zum Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung, der jedoch nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfrei ist, sofern der Leistungsempfänger auch Arbeitnehmer im sozialversicherungsrechtlichen Sinne ist. 4 5 2 Unstreitig durch das Dienstverhältnis veranlaßt und dem Arbeitnehmer auch zugeflossen als Ertrag seiner nichtselbständigen Arbeit sind die gezahlten Zuschläge für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit, somit also Arbeitsentgelt, das den Empfänger bereichert und seine Leistungsfähigkeit erhöht. Diese Zuschläge sind jedoch kraft ausdrücklicher Entscheidung des Gesetzgebers gem. § 3b EStGi 98 7 bis zum 31.12.1989 kein Arbeitslohn im steuerrechtlichen Sinne gewesen und insoweit bei der Ermittlung des steuerlichen Einkommens unberücksichtigt geblieben. Unter grundsätzlicher Beibehaltung der Steuerfreiheit für diese Lohnzuschläge wird durch das Steuerreformgesetz 1990 die Steuerfreiheit bei Nachtarbeit auf 25% und bei Sonntagsarbeit auf 50% begrenzt. Gleichzeitig wird jedoch die Steuerfreiheit der Nachtarbeitszuschläge für Arbeitnehmer mit einem Anteil an Nachtarbeit von mehr als 50% auf 40% erhöht. Die Reduzierung der Steuerfreiheit und die Vermeidung einer Privilegierung von tariflich gezahlten Zuschlägen gegenüber freiwillig gezahlten ist ein Schritt in die richtige Richtung, jedoch kein ausreichender. Einkommen als Indikator ökonomischer Leistungsfähigkeit fragt nicht nach dem Ausmaß an persönlicher Mühe und Belastung, das für seine Erzielung erforderlich ist, sondern stellt ab und beschränkt sich auf die objektive Feststellung seiner Höhe. 453 Da auch Bezieher anderer Einkunftsarten genötigt sind, außerhalb üblicher Arbeitszeiten tätig zu sein, ist auch die Begrenzung der Steuerfreiheit immer noch eine abzulehnende Privilegierung einer Einkunftsart. Darüber hinaus ist es Aufgabe desjenigen, der Arbeitsleistung zu diesen Zeiten nachfragt, ein Entgelt zu zahlen, das die zusätzliche Belastung angemessen berücksichtigt und nicht Aufgabe des Steuerrechts, ein offenbar für unzureichend gehaltenes Entgelt steuerlich zu privilegieren. Ebenfalls durch das Dienstverhältnis veranlaßt und dem Arbeitnehmer als Ertrag seiner Arbeit zugeflossen sind die Essenszuschüsse des Arbeitgebers sowie ein gewährter Belegschaftsrabatt. Die bisher gem. Abschn. 19 LStR bestehende Steuerfreiheit derartiger Essenszuschüsse von arbeitstäglich 1,50 D M je Arbeitnehmer ist durch das Steuerreformgesetz 1990 aufgehoben worden. Dagegen wurde die bisherige unbegrenzte Steuerfreiheit von Belegschaftsrabatten auf 2400 D M und Jahr begrenzt. 452 So sind aktienrechtliche Vorstandsmitglieder zwar Arbeitnehmer im steuerrechtlichen Sinne, grundsätzlich jedoch nicht auch im sozialversicherungsrechtlichen Sinne mit der Folge, daß Leistungen des Dienstherrn zur Zukunftssicherung wie lfd. Bezüge zu versteuern sind. 453 Tipke (11. Aufl.), 216.

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

Gem. § 19 I EStG zählen zu den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit auch die „Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden." Somit ist der Verkauf von Waren an Arbeitnehmer mit einem prozentualen Abschlag vom regulären Preis regelmäßig steuerpflichtiger Arbeitslohn. 454 Etwas anderes kann nur gelten, wenn der Rabatt auch anderen, außerhalb des Betriebes stehenden Personen eingeräumt wird. 4 5 5 Die bisher zugelassene Verwaltungspraxis, die gesetzlich nicht gedeckt ist, 4 5 6 ist zu ändern grundsätzlich sachgerecht. Einen Vorteil aus einem Beschäftigungsverhältnis nur dann in die steuerliche Bemessungsgrundlage einzubeziehen, soweit er den Betrag von 2 400 D M übersteigt, ist ein nicht ausreichender Schritt in eine bereits seit langem vom bisherigen Recht vorgegebene Richtung. Darüber hinaus ist der steuerfreie Belegschaftsrabatt größer als 2 400 DM, da der seiner Berechnung zugrunde liegende Endpreis vorab um 4% gemindert wird. 4 5 7 d4c) Die Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit Die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit werden als Überschußeinkünfte (§ 2 I Nr. 4-7 EStG) entsprechend dem Prinzip der Jahresbesteuerung (§ 2 V I I EStG) jeweils für ein Kalenderjahr als Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 2 I I Nr. 2 EStG) ermittelt und demjenigen zugerechnet, der sie dadurch erzielte, daß er sie durch seine eigene Arbeitskraft erwirtschaftet hat, 458 indem er aufgrund eines Dienstverhältnisses den Dienstherrn zur Zahlung des Arbeitslohns veranlaßt hat. Unabhängig davon, ob der Steuerpflichtige in einem oder mehreren Dienstverhältnissen tätig ist oder war, bedarf es bei der Einkünfteermittlung grundsätzlich nur einer Überschußrechnung. 459 Dabei wird der dem Steuerpflichtigen insgesamt zugeflossene Arbeitslohn 460 gegebenenfalls um den Versorgungsfreibetrag gem. § 19 I I EStG gekürzt, ohne daß sich hierbei ein Verlust ergeben darf. Von diesem Betrag sind die Werbungskosten abzuziehen — bei Ansatz des Werbungskosten-Pauschbetrages gem. § 9a EStG in Höhe von 2 000 D M jedoch nur insoweit, als sich hierdurch kein Verlust ergibt. Sowohl die objektive Steuerbefreiung gem. § 3 b EStG als auch die Gewährung der bis zum 31.12.1989 möglichen Freibeträge gem. § 19 I I I und IV EStG stellen eine Privilegierung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit dar. Mag der ArbeitnehmerFreibetrag gem. § 19 IV EStG noch ein erwägenswerter Ausgleich 454 Kirchhof/Söhn-Giloy, § 19, RN Β 100 (Personalrabatt). 455 BFH-BStBl II 1974, 413. 456 Roland, 547. 457 Dieser Vorausrabatt ist insofern bemerkenswert, weil ansonsten gem. § 2 RabattG höchstens ein Nachlaß von 3% zulässig ist. 458 Herrmann/Heuer/Raupach, § 19 EStG, Anm. 10. 459 Offerhaus-Anmerkung, 218; Littmann-Grube, § 19, RN 116. 460 Der Begriff ist streng steuerrechtlich zu interpretieren.

II. Der fiskalische Einkommensbegriff

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für den Zinsnachteil gewesen sein, der dadurch entsteht, daß vom Arbeitslohn die Lohnsteuer als Quellensteuer bereits zum Zeitpunkt des Zuflusses einbehalten wird, während veranlagte Steuerpflichtige vierteljährliche Vorauszahlungen zu leisten haben, 461 so ist dennoch daraufhinzuweisen, daß dieser Zinsverlust auch die Bezieher von Einkünften aus Kapitalvermögen treffen kann, ohne daß ihnen ähnliches Wohlwollen entgegengebracht wird. Weihnachten und das hierdurch inzwischen veranlaßte sozialtypische Verhalten in Form realisierter höherer Ausgabenbereitschaft für andere findet nicht nur für Arbeitnehmer statt. Dennoch sind Weihnachtsfreibeträge anderen Einkunftsarten schon immer unbekannt gewesen. Die weiter bestehende Privilegierung der Versorgungsbezüge gem. § 19 I I EStG soll zwar eine Anpassung an die Besteuerung der Renten (§ 22 Nr. 1 a EStG) bewirken, 462 jedoch müßten, um eine solche Anpassung wirklich zu erreichen, etwa 75% der Versorgungs- und sonstigen Altersbezüge ohne absolute Höchstgrenze durch Freibetrag von der Einkommensteuerpflicht freigestellt werden, 463 wodurch zwar die Gleichheit zu den Empfängern von Sozialrenten hergestellt, aber im Verhältnis zu anderen Einkommensteuerpflichtigen nur die Ungleichheit erweitert würde. 464 Der Wegfall des Arbeitnehmer-Freibetrages und des Weihnachtsfreibetrages ist grundsätzlich zu begrüßen, werden hierdurch doch Minderungspositionen beseitigt, denen keine tatsächliche Reduzierung ökonomischer Leistungsfähigkeit gegenübersteht. Jedoch ist dieser Wegfall nur ein vordergründiger, da diese Freibeträge mit dem bisherigen Werbungskosten-Pauschbetrag von 564 D M durch das Steuerreformgesetz 1990 zusammengefaßt und auf 2 000 D M aufgestockt worden sind. Diese Zusammenfassung und Betragserhöhung ist rechtssystematisch bedenklich und begründet Zweifel an ihre Verfassungsmäßigkeit. Die vorgenannten Freibeträge sind nämlich ihrem Wesen nach keine Werbungskosten-Pauschbeträge, sondern Privilegierungen von Einnahmen, während Werbungskosten-Pauschbeträge die zur Erzielung, Sicherung und Erhaltung der leistungsfähigkeits-indizierenden Einnahmen zu tätigenden Ausgaben pauschal berücksichtigen sollen. 465 Die Aufstockung der Werbungskosten pauschal von 564 D M auf 2 000 D M ist verfassungsrechtlich bedenklich, weil einerseits der Abstand der neuen Werbungskosten-Pauschale für Arbeitnehmer zu anderen vergleichbaren Ausgabenpauschalen unverhältnismäßig groß ist und andererseits die drastische Erhöhung der bisherigen Pauschale das rechte Verhältnis zwischen der anvisierten Verwaltungsvereinfachung und der Außerachtlassung tatsächlicher Leistungsfähigkeiten nicht mehr erblicken läßt. 466 461 BT-Drucks. 4/2400, 45 und 4/917, 2. 462 BT-Drucks. 4/3189, 8. 463 Rupp / Zezschwitz / v. Olshausen, 46. 464 Tipke-Steuerrecht, 13. 465 Kirchhof/Söhn-v. Bomhaupt, § 9a, RN Β 35. 466 Rasenak-BB 88, 1865.

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

Die im Zusammenhang mit der Steuerreform erfolgte Erhöhung des Kilometergeld-Pauschalbetrages für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gem. § 9 I Nr. 4 Buchst, b EStG von 0,36 D M auf 0,50 D M je Entfernungskilometer ist jedoch nicht als Reform anzusehen, sondern nur die längst überfällige und dennoch nur halbherzige Anpassung von Werbungskosten an eine bereits seit langem bestehende Kostenentwicklung. Sie wird zudem konterkariert durch die Erhöhung der Werbungskosten-Pauschale auf 2 000 D M bei gleichzeitigem Wegfall der Freibeträge gem. § 19 I I I und IV EStGi 9 8 7 , weil sich für Arbeitnehmer mit tatsächlichen Werbungskosten zwischen 564 D M und 1 644 D M die Erhöhung der Kilometergeld-Pauschale im Vergleich zur alten Regelung nicht auswirkt. d5) Die Einkünfte

aus Kapitalvermögen

Unter Einkünften aus Kapitalvermögen sind die um Werbungskosten verminderten Einnahmen zu verstehen, die als Erträge im Sinne einer Gegenleistung für eine befristete Nutzungsüberlassung von Kapital entstehen,467 sofern es sich bei dem einem anderen zu Nutzung überlassenen Kapitalvermögen um ein privates handelt und die Einkünfte somit im Rahmen privater Vermögensverwaltung erzielt werden. Werden dagegen Kapitalerträge erzielt, die einem Betriebsvermögen der Erwerbseinkunftsarten zuzurechnen oder die in die Überschußermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung einzubeziehen sind, bilden diese Erträge gem. § 20 I I I EStG keine eigenständige Einkunftsart, sondern sind den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb, aus selbständiger Arbeit oder aus Vermietung und Verpachtung zuzurechnen. Ist das zur Nutzung überlassene Kapitalvermögen zwar nicht Bestandteil eines andersartigen Betriebsvermögens, übersteigt die Nutzungsüberlassung jedoch den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung, weil sich die Betätigung nicht mehr als Nutzung von Vermögen im Sinne einer Fruchtziehung aus zu erhaltenen Substanzwerten darstellt, vielmehr die Ausnutzung substanzieller Vermögenswerte durch Umschichtung in den Vordergrund tritt im Sinne einer Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr und nachhaltigen Betätigung mit Gewinnabsicht, bildet eine derartige Erzielung von Kapitalerträgen selbst einen eigenständigen Gewerbebetrieb 468 und bei den so erzielten Einkünften handelt es sich nicht mehr um Einkünfte aus Kapitalvermögen. d5a) Die Einnahmen aus privater Vermögensverwaltung Für die Bestimmung dessen, was Einnahmen aus privater Vermögensverwaltung sind, ist streng zu unterscheiden zwischen den laufenden oder auch einmalig gezahlten Erträgen als Früchte aus der Kapitalüberlassung und dem Kapital selbst 467 Tipke, 349; Littmann-Conradi, § 20, RN 3; Schmidt-EStG, § 20, Anm. 2. 468 Littmann-Conradi, § 20, RN 10; BFH-BStBl II 1968, 775 (777)1972, 63 (64); 1973, 260 (261).

. Der fiskalische Einkommensbegriff

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als Vermögensstamm. Für diese erforderliche Unterscheidung wählt das Einkommensteuergesetz den Weg der Aufzählung einzelner Arten von Tatbeständen, die unter diese Einkunftsart fallen und aus denen die allgemeinen Begriffsbestimmungen abzuleiten sind. Somit zählen zu den Einnahmen weder die Rückzahlung von Kapital, 469 mag es entsprechend dem Leistungsbestimmungsrecht des Schuldners (§ 366 BGB) 4 7 0 Tilgungsrate eines ihm gewährten Fremdkapitals sein, noch der Verlust der Kapitalanlage ζ. B. infolge eines Konkurses, da es sich hierbei um eine bloße Vermögensumschichtung bzw. um einen einkommensteuerrechtlich irrelevanten Vermögensverlust 471 handelt. Ebenso sind bloße Wertveränderungen des Kapiatalvermögens sowie Gewinne, die durch eine Veräußerung eines Kapitalvermögens realisiert werden, grundsätzlich kein steuerpflichtiger Ertrag 472 und berühren somit das steuerliche Einkommen nicht, es sei denn, diese Gewinne fallen unter die Einkünfte aus Gewerbebetrieb bzw. begründen rückwirkend gewerbliche Einkünfte oder sie sind Einkünfte aus der Veräußerung wesentlicher Beteiligungen oder aus Spekulationsgeschäften. a) Gewinnanteile y Ausbeuten und sonstige Bezüge aus Aktien und anderen Anteilsrechten Gem. § 20 I Nr. 1 EStG werden zum steuerrechtlichen Einkommensbegriff im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen bei den Gesellschaftern bzw. Mitgliedern von Kapitalgesellschaften, anderen Körperschaften und Personenvereinigungen, soweit diese selbständige Körperschaftsteuersubjekte sind, die Gewinnanteile, Ausbeuten und sonstige Bezüge erfaßt, die den Gesellschaftern als Gegenleistung für die Hingabe von Eigenkapital zufließen, soweit die Beteiligungen nicht zu einem Betriebsvermögen gehören. Erfaßt werden dabei alle Ausschüttungen unabhängig davon, ob sie in offener oder verdeckter Form 4 7 3 geleistet werden. Die Zurechnung zum steuerlichen Einkommen von Gewinnanteilen kann nicht dadurch umgangen werden, daß Aktien oder andere Anteilspapiere vor der Hauptversammlung, die über die Höhe der Gewinnausschüttung beschließt, verkauft und nach der Hauptversammlung zu einem vorher vereinbarten Kurs zurückgekauft werden. 474 Anders ist es jedoch, wenn der Anteilseigner seine Anteile vor dem Ausschüttungszeitpunkt verkauft und nach der Ausschüttung zum Tageskurs zurückkauft, weil er sich eines Vermögensgegenstandes entäußert hat mit allen damit in Zusammenhang stehenden Folgen und Risiken.

469 BFH-BStBl II 1983, 295 (296). 470 BFH-BStBl II 1975, 847 (848). 471 BFH-BStBl II 1981, 505 (506). 472 BFH-BStBl II 1981, 465,(466). 473 Zur verdeckten Gewinnausschüttung: Bormann, 407 ff.; Döllerer, 19 ff.; Ebert, 1221 ff.; Maas, 580 ff.; Nolte, 1364 ff.; Röhrkasten, 166 ff. 474 RFH-RStBl 1934, 979 (980).

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

Nicht erfaßt werden thesaurierte Gesellschaftsgewinne und Gesellschaftsverluste, da diese nicht den Gesellschaftern zufließen, sondern im Vermögensbereich der Gesellschaften verbleiben. 475 ß) Bezüge auf Grund von Kapitalherabsetzungen nach Auflösung von Körperschaften

oder

Bezüge, die auf Grund einer Kapitalherabsetzung 476 oder nach der Auflösung unbeschränkt steuerpflichtiger Körperschaften oder Personenvereinigungen im Sinne von § 20 I Nr. 1 EStG anfallen, gehören ebenfalls zu den Einkünften aus Kapiatalvermögen, soweit bei diesen Körperschaften oder Personenvereinigungen für Ausschüttungen verwendbares Eigenkapital im Sinne von § 29 KStG als verwendet gilt. Hierdurch wird erreicht, daß die gesamte auf den ausschüttbaren Gewinn einer ausschüttenden Körperschaft lastende Körperschaftsteuer auf die Einkommensteuer des „letzten" Anteilseigners angerechnet werden kann. 477 y) Anzurechnende und zu vergütende Körperschaftsteuer Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen zählen gem. § 20 I Nr. 3 EStG auch die nach § 36 I I Nr. 2 EStG anzurechnende oder nach § 36 b bis § 36 e EStG bzw. nach § 52 KStG zu vergütende Körperschaftsteuer. Diese Folge ist systemimmanent, 478 da es das erklärte Ziel der Körperschaftsteuerreform gewesen ist, die Doppelbelastung ausgeschütteter Gewinne zu beseitigen.479 Um sowohl für die Körperschaftsteuer als auch für die Einkommensteuer die gleiche Bemessungsgrundlage zu haben, ist der eigentliche Ausschüttungsbetrag (Dividende) um die gutgeschriebene Körperschaftssteuerbelastung zu erhöhen und der Gesamtbetrag der Einkommensteuer zu unterwerfen. δ) Einnahmen aus stiller Beteiligung und partiarischem

Darlehn

Die Einkünfte eines stillen Gesellschafters 480 zählen nur dann zu den Einkünften aus Kapitalvermögen, wenn die Beteiligung zum Privatvermögen und nicht zum notwendigen oder gewillkürten Betriebsvermögen des eigenen Betriebes des stillen Gesellschafters gehört und der Gesellschafter oder Darlehnsgeber nicht als Unternehmer anzusehen ist. Zu den Einkünften zählen alle Vermögensmehrungen, die bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise Entgelt für die Kapitalnutzung 475 Littmann-Conradi, § 20, RN 52; Herrmann / Heuer / Raupach, § 20 EStG, Anm. 63. 476 Dötsch, 1996. 477 Scholtz, 26. 478 Scholtz, 26. 479 Zur Systematik des AnrechnungsVerfahrens: Krebs, 2 ff.; Lempenau, 1209 ff.; Raupach, 570 ff.; Richter-Besteuerung, 81 ff. Sarrazin, 493 ff. 480 Zur stillen Gesellschaft: Schmidt, K , 1705 ff.; Bopp, 521 ff.

II. Der fiskalische Einkommensbegriff

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sind. 481 Die Ausdehnung der Einnahmen aus Kapitalvermögen auf Einnahmen aus partiarischen Darlehn 482 erfolgte, um die sonst erforderliche Abgrenzung zwischen stiller Gesellschaft und partiarischem Darlehn überflüssig werden zu lassen. ε) Einnahmen aus Kapitalforderungen Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen zählen gem. § 20 I Nr. 5 EStG auch Zinsen 483 aus Hypotheken und Grundschulden sowie Renten aus Rentenschulden und Zinsen aus Einlagen und Guthaben bei Kreditinstituten und aus anderen Kapitalforderungen. 484 Bei Tilgungshypotheken und Tilgungsgrundschulden, bei denen das Kapital durch jährlich feste Annuitäten abgetragen wird, sind nur die in den Annuitäten enthaltenen Zinsbeträge Kapitalertrag. Dagegen sind die gesamten Einnahmen aus Rentenschulden, die einzelnen Geldleistungen also, Kapitalerträge, da sie das Rentenstammrecht nicht mindern. 485 Wird dagegen die Rentenschuld durch Leistung der Ablösungssumme abgelöst, stellt die Zahlung der Ablösungssumme Rückzahlung von Kapital dar und ist demnach kein steuerbarer Vorgang und berührt somit auch nicht den steuerlichen Einkommensbegriff. ζ) Einnahme surr οgate Zu den Einnahmen aus Kapitalvermögen zählen auch die besonderen Entgelte oder Vorteile, die neben den in § 20 I EStG bezeichneten Einnahmen oder an deren Stelle gewährt werden. 486 Daraus folgt, daß alle Vermögensmehrungen, die bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise Entgelt für die Kapitalnutzung darstellen, Einnahmen aus Kapitalvermögen sind und daß es für die Einbeziehung derartiger Entgelte in den steuerrechtlichen Einkommensbegriff nicht darauf ankommt, ob sie in offener oder verschleierter Form oder unter welcher Bezeichnung sie gewählt werden. Somit zählt sowohl ein Disagio 487 als auch ein Damnum 4 8 8 zu den Einkünften aus Kapitalvermögen, ebenso wie die Veräußerung von Dividendenscheinen489 und sonstigen Ansprüchen ohne die dazugehörenden Wertpapiere und auch die Einnahmen aus Stückzinsen bei der Veräußerung von Schuldverschreibungen. 481 BFH-BStBl II 1974, 735 (736). 482 Zum Begriff: Palandt-Putzo, Anm. 3j vor § 607. 483 Zum Zinsbegriff: BFH-DB 1984, 1709. 484 Pogge-v. Strandmann / Kieschke, 336. 485 Littmann-Conradi, § 20, RN 223. 486 Oswald, 412 ff. 487 BFH-BStBl II 1974, 735 (736). 488 BFH-BStBl II 1984, 428 (430). 489 Kamrad, 65 f.; Henke, 1266 f.

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

d5b) Die Ermittlung und Zurechnung der Einnahmen aus Kapitalvermögen Die Einkünfte aus Kapitalvermögen werden durch Gegenüberstellung der Einnahmen und der Werbungskosten ermittelt. Diese Überschußrechnung ist. gem. § 2 I I Nr. 2 EStG zwingend vorgeschrieben, so daß ein Vermögensvergleich nicht möglich ist. Im Rahmen einer sachlichen Zurechnung sind die Einkünfte aus Kapitalvermögen den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb, aus selbständiger Arbeit oder aus Vermietung und Verpachtung zuzurechnen, wenn sie zu diesen Einkünften gehören (§ 20 I I I EStG). Hierbei handelt es sich um eine gesetzliche Zuordnungsvorschrift und nicht um einen eigenen Besteuerungstatbestand.490 Persönlich sind die Einkünfte demjenigen zuzurechnen, der den Tatbestand der Erzielung der Einkünfte erfüllt (§ 38 AO), wer also im Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung „eigenes" oder „geliehenes" Kapiatal gegen Entgelt einem anderen zur zeitweisen Nutzung überläßt. Diesen Tatbestand verwirklicht nicht nur derjenige, der unmittelbar und persönlich Kapital einem anderen überläßt, sondern auch derjenige, der als Nachfolger in ein bestehendes Kapitalnutzungsverhältnis eintritt. Die zivilrechtliche Übertragung der Inhaberstellung bewirkt allerdings nur dann einen Wechsel in der Stellung des Kapitalüberlassers, wenn der neue Inhaber die Erträge für eigene Rechnung erzielt. 491 Diese Voraussetzung ist ζ. B. bei einer Sicherungsübereignung und der Übereignung zu treuen Händen nicht erfüllt, da trotz Übereignung der Übereigner den Tatbestand der Einkünfteerzielung erfüllt. d5c) Das Nennwertprinzip Eine inflationsbedingte Geldentwertung verringert den Wert von Geldforderungen, bezogen auf die Kaufkraft des Geldes. Da die Einkünfte nach den nominellen Geldbeträgen und nicht nach den Realwerten ermittelt werden, kann die Wertminderung sogar höher sein als der nach Abzug der Einkommensteuer verbleibende Ertrag der Forderung mit der Folge, daß durch die Erfassung der die Entwertung ausgleichenden Zinsanteile die Einkommensteuer in eine Substanzsteuer umschlägt, 492 so daß hiergegen auch verfassungsrechtliche Bedenken bestehen können. 493 Die Rechtsprechung 494 qualifiziert das Nennwertprinzip als eine Norm, die, ohne Verfassungsrang zu besitzen, ihrer Natur nach die Teilrechtsordnungen 490 Littmann-Conradi, § 20, RN 278. 491 Littmann-Conradi, § 20, Anm. 16. 492 Hartz, 1522. 493 Wendt, 2111 ff. 494 BFH-BStBl ΙΠ 1967, 690 (695 f.); II 1974, 572 (576).

II. Der fiskalische Einkommensbegriff

durchdringt und mißt ihr einen Rang und eine Tragweite als grundlegendes und unverzichtbares Prinzip unserer Rechts- und Wirtschaftsordnung zu. 4 9 5 Mit einer solchen Überhöhung wird allerdings das Ergebnis einer weiteren Erörterung im Grunde bereits vorweggenommen, denn wie sollte sich eine Ausnahme von dem Prinzip begründen lassen, nachdem es zunächst als derart fundamental und unverzichtbar in den Raum gestellt worden ist. 4 9 6 Es bleibt auch unerfindlich, weshalb diesem Prinzip ein übergesetzlicher Rang zukommen soll, 497 denn mehr als eine Norm des einfachen Gesetzgebers stellt dieses Prinzip nicht dar. 498 Das Nominalwertprinzip ist keine, wie auch immer zu begründende conditio sine qua non des Steuerrechts, sondern eine Regelung, die einer gesetzlichen Einschränkung durchaus zugänglich ist. 4 9 9 Gegen die Anwendung des Nennwertprinzips bei den Einkünften aus Kapitalvermögen wird angeführt, daß bei laufender Geldentwertung der Kapitalzins wirtschaftlich nicht mehr in vollem Umfang Einkommen im Sinne eines Zuflusses von wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit sei, sondern in Höhe der Entwertungsrate nur ein Ausgleich für die Erhaltung der Kapitalsubstanz und der Zins insofern eine Funktionsänderung erfahren habe, 500 da steuerpflichtiger Zins nach der Verkehrsauffassung nur noch insoweit vorliege, als er über der jeweiligen Geldentwertungsrate liege. 501 Der Kritik am Nennwertprinzip bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen wird man jedoch entgegenhalten müssen, daß die inflationäre Entwertung eines Kapitalvermögens grundsätzlich und zuvörderst nicht die Einkommenssphäre, sondern die Vermögenssphäre berührt. 502 Soweit die Einkommenssphäre tangiert wird, ist die Situation für den Bezieher von Einkünften aus Kapitalvermögen grundsätzlich keine andere als für die Bezieher von Einkünften aus anderen Einkunftsarten. So hat der Vermieter die wegen der Inflation aufgeblähten Mieten ebenso zu versteuern wie jeder Arbeitnehmer, dessen an die Geldentwertung angepaßten Bezüge ebenfalls uneingeschränkt der Lohnsteuer unterliegen. 503 Wenn überhaupt die inflationäre Geldentwertung ein Problem des Steuerrechts ist, dann ist es in erster Linie ein Problem der Tarifgestaltung. Denn wenn schon ein progressiv gestalteter Steuertarif seine normative Berechtigung aus der höheren Leistungsfähigkeit größerer Einkommen herleitet im Sinne einer größeren 495 BVerwGE 41, 1 (5). 496 Friauf, 265. 497 Busse, 474. 498 Friauf-Eigentum, 442. 499 Kröger, 1018. 500 Arnim, 623. soi Grube, 15; Arnim-Geldwert, 201. 502 Tipke, 350. 503 Grube 16.

C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

Verfügungsmacht über Realeinkommen, dann führt ein Hineindriften von Einkommenshöhen, die nach dem ursprünglich erklärten Willen des Gesetzgebers allenfalls durch eine proportionale Besteuerung einen zumutbaren Anteil an der Finanzierung öffentlicher Aufgaben zu übernehmen imstande gehalten wurden, in die Progression durch inflationäre Aufblähung der Bezüge ohne realen Kaufkraftzuwachs bei unverändertem Steuertarif zu einer überproportionalen Abschöpfung von Kaufkraft, die vom erklärten Willen des Gesetzgebers nicht mehr getragen ist. d5d) Der Sparer-Freibetrag Um die „besonders förderungswürdige eigenverantwortliche Vorsorge der Bürger durch Sparen auch künftig zu erhalten," wird es „als gerechtfertigt angesehen, die Kapitalerträge aus einem bestimmten Sockelsparvermögen steuerlich zu schonen." 5 0 4 Aus diesem Grunde werden die Kapitaleinnahmen nach Abzug der Werbungskosten 505 gem. § 20 IV EStG um den sogenannten Sparerfreibetrag in Höhe von 300 D M für Alleinstehende bzw. 600 D M bei Ehegatten, die zusammenveranlagt werden, gekürzt. Dieser Freibetrag ist nach dem eindeutigen und auch „kein sinnwidriges Ergebnis zeitigenden Wortlaut des Gesetzes"506 bei der Ermittlung aller Einkünfte aus Kapitalvermögen abzuziehen, also nicht nur bei Kapitalvermögen mit Sparcharakter, sondern auch bei in spekulativer Absicht erworbenen Aktien, bei verdeckten Gewinnausschüttungen und bei typischen stillen Beteiligungen. Eine derartige Priviligierung einer Einkunftsart durchbricht wieder einmal mehr den Grundsatz, daß alle Einkunftsarten als gleichwertig anzusehen sind. Im Ergebnis genießen Bezieher von Einkünften aus Kapitalvermögen sogar eine doppelte wohlwollende Behandlung, indem sie mit stillschweigender, vorsätzlicher Duldung des Gesetzgebers und der Finanzverwaltung sich dadurch Schonung durch Steuerhinterziehung gewähren, daß sie Zinsen, die nicht der Quellenbesteuerung unterliegen, nicht ihrem steuerlichen Einkommen zurechnen. Durch diese Duldung der Verwaltung und des Gesetzgebers ist die Zinsversteuerung zu einer Angelegenheit relativ weniger Gesetzestreuer verkommen mit der Folge, daß die Gleichmäßigkeit der Besteuerung zu Lasten dieser Gruppe eklatant verletzt wird. Dieser Zustand wird durch den Bankenerlaß, 507 der ζ. T. rechtswidrig ist ( Nr. 1, 3 und 4), 5 0 8 nicht nur gefördert, sondern geradezu provoziert. Die Folge ist, daß viele Steuerpflichtige die Orientierung verloren haben und nicht 504 BT-Drucks. 7/1470, 220. 505 Söffing / Gérard, 558. 506 Herrmann /Heuer /Raupach, § 20 EStG, Anm. 453. 507 BStBl I 1979, 590 ff. 508 Hoffmann-Riem, 139; Tipke/Kruse, § 102, TZ 6;. Söhn-Bankenerlaß, 1431 ff.; Herrler, 117; Tipke, 665; aA Selmer, 29 ff.; Becker, L., 152; zum Bankgeheimnis: Sichtermann u. A.

II. Der fiskalische Einkommensbegriff

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mehr wissen, was Recht und Unrecht ist. Damit ist „der bestehende Zustand . . . rechtsstaatlich unerträglich." 509 Auch im Rahmen der Steuerreform 1990 ist es nicht gelungen, diesen Zustand zu beenden. So ist einerseits der Bankenerlaß in § 30 a AO ab 1988 wörtlich verankert worden und andererseits der zaghafte Versuch, eine Quellensteuer auf Kapitaleinkünfte mit einem Steuersatz in Höhe der Hälfte des Eingangssteuersatzes der Einkommensteuer einzuführen, kläglich gescheitert. Damit ist die ursprünglich einmal geäußerte Absicht, die bisher Steuerunehrlichen zu größerer Steuerehrlichkeit anzuhalten, unterlaufen worden. d6) Die Einkünfte

aus Vermietung

und Verpachtung

Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind der Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten, der durch die befristete, d. h. zeitlich begrenzte Überlassung von Sach- oder Realvermögen zur Nutzung durch einen anderen entstehen.510 Dabei sind für den Begriff der Vermietung und Verpachtung die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Miete und Pacht nicht in dem Maße ausschlaggebend, daß dazu nur solche Einkünfte zu rechnen wären, die im bürgerlichen Recht Miet- oder Pachtzins sind, sondern der Begriff der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ist weiter, so daß auch Einkünfte, die in wirtschaftlicher Beziehung einem Miet- oder Pachtzins gleichstehen, unter den in Rede stehenden Begriff fallen können. 511 Dies führt dazu, daß es bei der steuerlichen Zuordnung von Einnahmen zu der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung nicht auf die bürgerlich-rechtliche Form oder Bezeichnung der von den Beteiligten geschlossenen Verträge ankommt, sondern auf ihren wirtschaftlichen Gehalt. 512 Die Grenze allerdings ist dort zu ziehen, wo die Einnahmen nicht mehr Gegenleistung für die Überlassung des Gebrauchs oder der Nutzung des überlassenen Gegenstandes sind, 513 sondern Gegenleistung für eine Veräußerung oder Übertragung von Vermögenssubstanz. Somit ist wirtschaftlicher Antipode der Nutzungsüberlassung die Veräußerung. 514 Für die Abgrenzung zwischen den steuerbaren Vorgängen im Bereich der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung, die den steuerlichen Einkommensbegriff tangieren, und den nichtsteuerbaren und somit den steuerlichen Einkommensbegriff grundsätzlich nicht berührenden Vorgängen im Bereich der Vermögenssubstanz ist also entscheidend, ob das bestehende Herrschaftsrecht ganz oder anteilig in seiner Substanz verloren geht. 515 509 Tipke (11. Aufl.), 609. 510 Tipke, 351; Schmidt-EStG, § 21, Anm. la. su RFH-StuW 1941, Nr. 86; BFH-BStBl III 1963, 564 (564). 512 Schmidt-EStG, § 21, Anm. la. 513 Zu beachten ist die Ausnahme § 21 IV EStG. 514 Jakob, W., 226. 515 Zur Frage der Abgrenzung: Becker, 455 u. 457; Becker-Behandlung, 102 ff.; Knobbe-Keuk-Einkommen, 144 ff.; Meyer-Arndt, 147 ff.; Schulze-Buschhoff, 241 ff.; Tipke, 351 f.; Zitzlaff-Erläuterungen, 340 ff. u. 1049 ff.

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

Allgemeine Voraussetzung für die Zugehörigkeit von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im steuerrechtlichen Sinne zu der gleichlautenden Einkunftsart ist, daß die in Frage kommenden Einkünfte nicht zu einer anderen Einkunftsart gehören. Wird ζ. B. ein Gegenstand vermietet oder verpachtet, der einem gewerblichen Betriebsvermögen zuzurechnen ist, so zählen die aus dieser Vermietung oder Verpachtung fließenden Einkünfte zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb. Zwar stehen die verschiedenen Einkunftsarten grundsätzlich selbständig nebeneinander, ohne daß einer die Priorität beizumessen wäre, 516 da jedoch § 21 I I I EStG ausdrücklich anordnet, daß Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung anderen Einkunftsarten zuzurechnen sind, wenn sie zu diesen gehören, ist daraus zu folgern, daß Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gegenüber den betrieblich oder beruflich veranlaßten Einkunftsarten eine subsidiäre Position einnehmen.517 d6a) Gegenstand der Vermietung und Verpachtung Die Aufzählung der Objekte der Vermietung und Verpachtung in § 21 EStG, der Tatbestände also, ist abschließend,518 aber unvollständig, da Einkünfte aus der Vermietung einzelner beweglicher Sachen ζ. B. durch § 22 Nr. 3 EStG erfaßt werden, ohne daß ein Grund für die Regelung dieser Vermietungseinkünfte an dieser Stelle ersichtlich wäre. 519 a) Unbewegliches Vermögen und grundstücksgleiche

Rechte

Zur entgeltlichen Nutzungsüberlassung unbeweglichen Vermögens zählt insbesondere die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken, Gebäuden und Gebäudeteilen wie Wohnungen oder einzelnen Räumen. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH zählen die Einkünfte aus der zeitlichen Überlassung eines Grundstücks zur Ausbeute von Bodenschätzen, sofern die Bodenschätze (und nicht das Grundstück) zu einem Privatvermögen gehören, ebenfalls zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. 520 Dies gilt auch dann, wenn das Grundstück zwar bürgerlich-rechtlich übereignet wird, die Vertragspartner aber die Rückübereignung nach Beendigung der Ausbeute vereinbart haben. 521 Der Vermietung und Verpachtung von einem unbeweglichen Vermögen steht die Vermietung und Verpachtung von Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen, gleich. Zu diesen grundstücksgleichen 516 Vgl. insbes. BFH-BStBl III 1961, 233 (233). 517 Littmann-Grube, § 21, RN 6. 518 Herrmann/Heuer/Raupach, § 21 EStG, Anm. 5; BFH-BStBl III 1962, 7 (7). 519 Littmann-Grube, § 21, RN 2. 520 Streck / Stahl, 457 ff.; BFH-BStBl II 1970, 210 (212); 1972,433 (434); 1974, 130. 521 BFH-BStBl III 1968, 30 (34); II 1974, 130 (131).

II. Der fiskalische Einkommensbegriff

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Rechten zählen Erbbaurecht, 522 Mineralgewinnungsrecht, Bergrecht, Fischereirecht und Apothekenrecht. Ebenfalls gleichgestellt ist die Einräumung eines dinglichen Nutzungsrechtes an einem unbeweglichen Vermögen. Daher zählt das Entgelt für die Bestellung eines Nießbrauchs zu den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung. 523 Dem unbeweglichen Vermögen gleichgestellt sind Schiffe, die in ein Schiffregister eingetragen sind, 524 in das jedoch nur deutsche Schiffe eingetragen werden. 5 2 5 In aller Regel wird die Vermietung von Schiffen jedoch unter die Einkünfte aus Gewerbebetrieb fallen. Die Einkünfte aus der Vermietung von nicht eingetragenen Schiffen fallen, sofern sie nicht den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft oder aus Gewerbebetrieb zuzurechnen sind, unter die Vorschrift des § 22 Nr. 3 EStG. ß) Sachinbegriffe Unter einem Sachinbegriff ist eine Vielzahl von beweglichen Sachen zu verstehen, die nach ihrer Zweckbestimmung funktionell und technisch so aufeinander abgestimmt sind, daß sie eine wirtschaftliche Einheit bilden. 526 Zum Sachinbegriff zählt vor allem ein bewegliches Betriebsvermögen, also ein landwirtschaftliches Inventar, das bewegliche Vermögen eines gewerblichen Betriebes, eine der Ausübung eines freien Berufes dienende Einrichtung. Nicht unter die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von Sachinbegriffen fällt die entgeltliche Nutzungsüberlassung von beweglichen Einzelsachen. Einnahmen hieraus berühren nur insofern den steuerlichen Einkommensbegriff, als die Einnahmen innerhalb einer anderen Einkunftsart erzielt werden oder wenn es sich um Einnahmen aus Leistungen im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG handelt. Voraussetzung für die Zuordnung von Einnahmen aus der entgeltlichen Nutzungsüberlassung betrieblicher Sachinbegriffe zum steuerlichen Einkommensbegriff als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ist, daß der Verpächter nicht mehr Unternehmer des Betriebes ist, zu dem der Sachinbegriff gehört. Hierzu reicht es aus, daß der bisherige Inhaber seinen Betrieb verpachtet hat. 527 γ) Zeitlich begrenzte Überlassung von Rechten Die Überlassung von Rechten an Andere zur Nutzung kann nur dann zu Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung führen, wenn es sich um eine 522 Ehmke, 433 ff.; Heinlein, 86 ff.; Fröhlich, 748 ff.; Slomma, 2004 ff. 523 Söffing-Nießbrauch, 361 ff.; BFH-BStBl II 1979, 332 (333). 524 Herrmann/Heuer/Raupach, § 21 EStG, Anm. 9. 525 Littmann-Grube, § 21, RN 21c; § 3 Schiffsregisterordnung, BGBl I 1951, S. 360. 526 Herrmann/Heuer/Raupach, § 21 EStG, Anm. 11; Schmidt-EStG, § 21, Anm. 8. 527 Littmannn-Grube, § 21, RN 24. 9 Burger

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

zeitlich begrenzte Überlassung handelt, da die zeitlich unbegrenzte oder auch unkündbare Überlassung einer Abtretung (§ 398 BGB) gleichkommt, so daß dann wirtschaftlich betrachtet ein Kauf vorliegt. Jedoch liegt eine zeitliche und damit befristete Überlassung auch bereits dann vor, wenn bei Abschluß des Vertrages ungewiß ist, wann die Überlassung zur Nutzung endet. 528 Da Einnahmen, die der Inhaber eines Rechtes, das er selbst geschaffen hat, durch die Nutzung dieses Rechtes erzielt, den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit zuzuordnen sind, kann auch die zeitlich begrenzte Überlassung von Rechten nur dann zu Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung führen, wenn es sich bei den Rechten um erworbene Rechte handelt. 529 Dies gilt auch für den Erben, da dieser einkommensteuerrechtlich in die Stellung des Erblassers eintritt. Deshalb liegen auch beim Erben Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit vor, wenn er eine Lizenz für eine im Betriebsvermögen des Erblassers befindliche Erfahrung 530 vergibt. Dagegen kommen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung dann in Betracht, wenn sich die Erfindung im Privatvermögen befindet, sei es schon beim Erblasser zur Zeit des Erbfalls, sei es erst durch eine Entnahme des Erben. 531 δ) Veräußerung von Miet- und Pachtzinsen Zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gehören auch die Einnahmen aus der Veräußerung von Miet- und Pachtzinsforderungen. Dies gilt auch dann, wenn die Einkünfte im Veräußerungspreis von Grundstücken enthalten sind und die Miet- und Pachtzinsen sich auf einen Zeitraum beziehen, in dem der Veräußerer noch Besitzer war. 5 3 2 In diesem Falle ist der auf die Veräußerung von Miet- und Pachtzinsen entfallende Teil des Gesamtpreises, der grundsätzlich als Vermögensveräußerung nur die Privatsphäre des Veräußerers und nicht das steuerliche Einkommen berührt, herauszurechnen und beim Veräußerer des Grundstücks den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung zuzurechnen. ε) Nutzungswert der eigenen Wohnung εΐ) Zur Systematik Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern 533 wird in der Bundesrepublik der Nutzen des Wohnens im eigenen Haus oder in der eigenen Wohnung bei der Ermittlung des steuerlichen Einkommens [noch] berücksichtigt, indem zu den übrigen Einkünften eines Eigennutzers eine fiktive Miete nach Abzug aller Wer528 BFH-BStBl II 1978, 355 (356). 529 Herrmann/Heuer/Raupach, § 21 EStG, Anm. 13. 530 Zum Begriff: Knoppe, 21 ff. 531 Knoppe, 46. 532 Herrmann/Heuer/Raupach, § 21 EStG, Anm. 19; Littmann-Grube, § 21, RN 29; RFH-RStBl 1929, 607 (608). 533 Fecht, 476.

II. Der fiskalische Einkommensbegriff

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bungskosten hinzugerechnet wird. Diese Berücksichtigung des Wertes der Nutzung einer privaten Sache stellt eine Besonderheit im System der Einkommensermittlung dar, 534 die nicht ohne weiteres mit den allgemeinen Maßstäben der Ermittlung des Überschusses der Einnahmen über die Werbungskosten gemessen werden kann, 535 da das einkommensteuerliche Prinzip, daß die Art der Einkommensverwendung temporal wie intertemporal bei der Ermittlung des steuerlichen Einkommens unberücksichtigt zu bleiben hat, durchbrochen wird. Sie beruht nach der Rechtsprechung auf der Erwägung, daß der Steuerpflichtige entsprechende Mietausgaben erspart, die er, wenn er sie machen müßte, nicht bei der Ermittlung des steuerlichen Einkommens berücksichtigen könnte, so daß zur Gleichstellung mit den übrigen Steuersubjekten die ersparten Ausgaben als Einnahmen zu fingieren sind, 536 bzw. daß die Nutzung selbst eine Einnahme sei 537 und der selbstbewohnende Eigentümer nicht dem Mieter, sondern dem Vermieter gleichgestellt werden müsse. 538 Zwangsläufig erhebt sich jedoch die Frage, warum nur der Nutzungswert für das Wohnen im eigenen Haus dem steuerlichen Einkommen zugerechnet werden soll, nicht aber auch die Nutzungswerte für den Gebrauch anderer Wirtschaftsgüter des nicht betrieblichen Vermögens, wie ζ. B. eines PKW's, eines Flugzeugs, eines eigenen Schiffs oder des Hausrats. Ein überzeugender Grund, weshalb die Nutzung anderer Wirtschaftsgüter unberücksichtigt bleibt, ist nicht recht ersichtlich; er mag allenfalls darin erblickt werden, daß die Nutzung eigenen Grundbesitzes nach Wert und Dauerhaftigkeit einen besonders fundierten Vorteil und damit eine besondere Erhöhung wirtschaftlicher Unabhängigkeit. 539 Die Abschaffung dieser Investitionsgutlösung und ihr Ersatz durch eine Konsumgutlösung540 ist deshalb richtig und seit langem gefordert. 541 Insofern bedeutet die ab 1987 geltende Neuregelung der NutzungsWertberücksichtigung 542 einen beachtlichen Fortschritt. ε2) Nutzungswertermittlung Die Neuregelung der Nutzungswertberücksichtigung, nach der eine selbstgenutzte Wohnung, die einem Steuersubjekt zum privaten [aber nicht zum berufli534 Tehler, 795; Maenner, 578 ff.; Giloy-Nutzungswert, 4 ff. 535 Littmann-Grube, § 21, RN 30 a. 536 BVerfG-BStBl I 1959, 68 (69); BFH-BStBl III 1966, 586 (587) und 622 (622); 1968, 309 (309); II 1969, 706 (707). 537 RFH-StuW 1927, Nr. 579. 538 RFHE 23, 35 (37) und 46 (49). 539 Würdinger, 139 ff.; Tipke-Steuerrecht, 15; Ostendorf, 202 f. 540 Zu den Begriffen: Fecht, 476. 541 Grube-Nutzung, 219 f.; Kirchhof, 280; Schmidt-Reform, 230; Zehendner, 1160; aA Fiedler, 1422 ff.; Klotz, 1004; Ostendorf, 198 ff. 542 Gesetz zur Neuregelung der steuerlichen Förderung des selbstgenutzten Wohneigentums (WohneigFG), BGBl I 1986, 730. 9*

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

chen] Wohnen dient, aus dem Einkünftebereich ausscheidet,543 gilt in vollem Umfang für Neuobjekte, die nach dem 31.12.1986 hergestellt oder angeschafft worden sind. Für Objekte, die bereits vor dem 1.1.1987 hergestellt oder angeschafft wurden, sogen. Altobjekte, in denen bereits 1986 eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde, gilt für eine Übergangszeit eine Übergangsregelung. Dabei gilt für Objekte gem. § 21a EStG, also für vollständig selbstgenutzte Einfamilienhäuser und eigengenutzte Wohnungen, daß die Nutzungswertberücksichtigung grundsätzlich ersatzlos wegfällt. Solange jedoch bei diesen Objekten noch die Voraussetzungen für erhöhte Absetzungen wie ζ. B. gem. den §§ 7b, 82a I, 82g, 82i EStG erfüllt sind, können diese erhöhten Absetzungen bis zum Ablauf des Begünstigungszeitraums weiter wie Sonderausgaben das steuerliche Einkommen mindern. Bei allen anderen selbstgenutzten Objekten, also bei Wohnungen in Zweiund Mehrfamilienhäusern, bei denen die Nutzungswertermittlung durch eine Überschußrechnung erfolgt, kann diese Überschußrechnung bis zum Ende des Veranlagungszeitraumes für 1998 fortgeführt werden, wobei der Eigennutzer auch bereits vor 1998 unwiderruflich von der Überschußrechnung abgehen kann. d6b) Die Ermittlung der Einkünfte Die Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erfolgt gem. § 2 IV Nr. 2 EStG zwingend durch Gegenüberstellung der Einnahmen und der Werbungskosten, selbst wenn der Steuerpflichtige aufgrund ordnungsmäßig geführter Bücher einen Bestandsvergleich vornimmt. Werterhöhungen und Wertverminderungen der vermieteten oder verpachteten Gegenstände bleiben dabei außer Betracht. 544 Sind mehrere Personen an der Vermietung und Verpachtung von inländischem unbeweglichem Vermögen beteiligt, wird nach § 1801 Nr. 2 a AO der Überschuß über die Werbungskosten gesondert festgestellt, selbst wenn zweifelhaft ist, ob überhaupt einkommensteuerpflichtige Einkünfte vorliegen, die mehreren Personen zuzurechnen sind. 545 Dabei ergibt sich die Zurechnung der Einkünfte grundsätzlich aus dem Beteiligungsverhältnis, 546 jedoch sind auch abweichende Vereinbarungen zulässig. Diese abweichenden Vereinbarungen sind aber darauf zu überprüfen, ob sie nicht in Wirklichkeit eine Einkommensverwendung darstellen. d7) Die sonstigen Einkünfte Sonstige Einkünfte sind nicht etwa alle Einkünfte, die von den §§ 2 I Nr. Ì 6 und den §§ 13-21 EStG nicht erfaßt werden, sondern nur die Einkünfte, die 5

*3 Stephan, 1365; Schmidt-EStG, § 10e, Anm. 1. 544 Herrmann /Heuer /Raupach, § 21 EStG, Anm. 27. 545 Schmidt-EStG, § 21, Anm. 3. 546 BFH-BStBl III 1965, 256 (257); II 1978, 674 (674).

II. Der fiskalische Einkommensbegriff

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den Tatbestand des § 22 EStG erfüllen, da § 22 EStG eine erschöpfende Aufzählung darstellt. 547 Hierbei handelt es sich um eine Gruppe von Einkünften, die nicht wie die übrigen Einkunftsarten aus einer jeweils einheitlichen Quelle fließen, sondern um alle übrigen Einkünfte, die nach Ansicht des Gesetzgebers dem steuerlichen Einkommen zuzurechnen sind, sofern sie nicht schon unter einer anderen Einkunftsart erfaßt werden. 548 Die Einkunftsart „Sonstige Einkünfte" hat also den Charakter eines Lückenbüßers. 549 Aus diesem Grunde enthält diese Einkunftsart eine unsystematische Gruppe unterschiedlicher Besteuerungstatbestände,550 die erst anwendbar ist, da subsidiär, wenn keine der in § 2 Nr. 1-6 EStG aufgeführten Einkunftsarten zuständig ist. d7a) Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen, insbesondere Renten a) Wiederkehrende

Bezüge

Wiederkehrende Bezüge sind Einnahmen aus Geld oder Gütern mit Geldeswert, die aufgrund eines einheitlichen Entschlusses551 oder eines einheitlichen Rechtsgrundes mit einer gewissen Regelmäßigkeit wiederholt erbracht werden, wenn auch nicht zwingend immer in gleicher Höhe 552 und die nicht steuerfrei sind nach § 3 Nr. la, 6, 11, 23 und 49 EStG. Da die Bezüge den Charakter von Nutzungen eines Rechtsverhältnisses haben müssen, zählt weder die eigene Arbeitsleistung zu den wiederkehrenden Bezügen 553 noch Zuwendungen, die dem Empfänger freiwillig oder aufgrund einer freiwillig begründeten Rechtspflicht oder einer gesetzlich unterhaltsberechtigten Person gewährt werden. Dies entspricht auch dem Korrenzpondenzprinzip, 554 da der Geber seinerseits die gewährten Beträge als Einkommensverwendungsbeträge behandeln muß und sie deshalb bei der Ermittlung seines steuerlichen Einkommens nicht berücksichtigen darf. 555 ß) Renten Renten sind fortlaufend wiederkehrende, gleichmäßige Leistungen in Geld oder vertretbaren Sachen, die auf einem selbständig nutzbaren Recht, dem Rentenstammrecht, 556 beruhen, das die von der eigentlichen Geschäftsgrundlage losgelöste, also von der causa abstrahierte, Quelle der Renteneinkünfte ist. 5 5 7 547 Herrmann /Heuer /Raupach, § 22 EStG, Anm. 2. 548 Littmann-Grube, § 22, RN 8. 549 Becker-EStG, 9. 550 Schmidt-EStG, § 22, Anm. 1. 551 BFH-BStBl II 1974, 101 (102). 552 Sauerland u. Α., 14 ff.; Herrmann / Heuer / Raupach, § 22 EStG, Anm. 5(1); Littmann-Grube, § 22, RN 14; Schmidt-EStG, § 22, Anm. 6b; BFH-BStBl II 1972,170 (171). 553 BFH-BStBl II 1984, 97 (100). 554 Weise, 417; Jansen / Wrede, 31 ff. 555 BFH-BStBl II 1974, 101 (102) und 103 (104); III 1960, 65 (65 f.); aA Tipke, 355. 556 Biergans / Stotzingen, 6.

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

Fließen die Früchte dieses Stammrechts dem Berechtigten zu für die Dauer des Lebens eines Menschen, und zwar entweder des Berechtigten, des Verpflichteten oder eines Dritten, handelt es sich also um eine von vornherein ungewisse Laufzeit, liegt eine Leibrente vor. Sind die wiederkehrenden Leistungen dagegen nicht von der Lebensdauer eines Menschen abhängig, sondern für eine bestimmte Zeit befristet, so daß Ihnen der Wagnischarakter fehlt, handelt es sich um eine Zeitrente. Diese Unterscheidung ist von erheblicher Bedeutung für die Ermittlung des steuerlichen Einkommens. Während nämlich die unentgeltlichen Zeitrenten beim Empfänger vollständig als Einkünfte i. S. des § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG zu erfassen sind und somit in dieser Höhe das steuerliche Einkommen mehren, 558 korrespondierend dazu beim Geber als Sonderausgaben dessen steuerliches Einkommen mindern, 559 wird bei den Leibrenten nur der Ertragsanteil dem steuerlichen Einkommen zugerechnet, da der Kapitalanteil zurückfließendes Vermögen ist. 5 6 0 Dieser Ertragsanteil ist gesetzlich festgelegt und richtet sich bindend nach der in § 22 Nr. 1 a EStG enthaltenen Tabelle. Er wird einmalig zum Zeitpunkt des Rentenbeginns ermittelt und in den Folgejahren ohne Änderung bis zum Ende der Zahlungen fortgeführt. 561 Dabei ist der Rentenbeginn der Zeitpunkt, zu dem der Rentenanspruch entstanden ist, so daß der Zeitpunkt der Zahlung nur den Zufluß i. S. des § 11 I EStG bestimmt. 562 Dies gilt auch dann, wenn die Zahlungsansprüche in den ersten Jahren durch Verjährung oder durch Verzicht des Empfängers erloschen sind, da andernfalls die Beteiligten den Zeitpunkt des Beginns der Rente und damit die Höhe des Ertragsanteils beeinflussen könnten. 563 Im Ergebnis ähnlich behandelt werden die entgeltlichen Leibrenten, da ihre Zuordnung zum steuerlichen Einkommen ohne Rücksicht auf den Rechtsgrund zu unbilligen Härten führen würde, wenn die Leibrente wirtschaftlich der Kapitalrückzahlung zuzüglich Zinsen eines Darlehns gleichkommt. Da die Abgrenzung der echten entgeltlichen Zeitrenten von den Kaufpreisraten außerordentlich schwierig ist, 5 6 4 hat die Rechtsprechung sich dafür entschieden, entgeltliche Zeitrenten in der Regel als Kaufpreisraten zu behandeln565 mit der Folge, daß der Veräußerer als Empfänger der Bezüge nur den hierin enthaltenen Zinsanteil gem. § 20 I Nr. 7 EStG seinem steuerlichen Einkommen zurechnet. Als Kaufpreisraten behandelte entgeltliche Zeitrenten erfüllen somit nicht den Tatbestand des § 22 EStG. 566 557 Tipke, 354; Welter-Leistungen, 335. 558 Reuter, 188; Rössler, 534. 559 Hußmann, 513; BFH-BStBl III 1963, 584 (584); II 1981, 358 (359). 560 Littmann-Grube, § 22, RN 81. 561 Schmidt-EStG, § 22, Anm. 23 a, bb. 562 BFH-BStBl II 1976, 452 (453). 563 BFH-BStBl II 1981, 155 (156). 564 Wollny-Fragen, 308. 565 BFH-BStBl II 1970, 541 (542). 566 Stotzingen, 231.

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y) Kritik des Ertragsanteils bei Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung Auch Renten aus der gesetzlichen Sozialversicherung beeinflussen nur in Höhe ihres Ertragsanteils das steuerliche Einkommen. Dabei wird von der Vorstellung ausgegangen, daß mit den im Zwangsumlageverfahren erhobenen Eigenbeiträgen beim Sozialversicherer ein Vermögenswert, ähnlich dem Rentenstammrecht, aufgebaut werde, der steuerlich nach dem Grundsatz behandelt wird, daß Vermögensumschichtungen und Vermögensverzehr grundsätzlich nicht die Einkommenssphäre berühren. Es schränkt die Richtigkeit dieses Grundsatzes nicht ein, wenn darauf hingewiesen wird, daß dieser Vermögenswert zu einem nicht unerheblichen Teil unentgeltlich mit Hilfe von Arbeitgeberbeiträgen, der Anrechnung von Ausfall- und Ersatzzeiten, Bundeszuschüssen und anderen wesentlichen Bestandteilen der sogen, dynamischen Bemessungsformel der Renten erworben wird 5 6 7 und die eigenen Leistungen des Rentenbeziehers als Sonderausgaben sein steuerliches Einkommen negativ beeinflußt haben, sie somit nicht Einkommensverwendungs-, sondern steuerrechtlich Einkommensermittlungs-Beträge sind. Dennoch wird angenommen, daß ein erworbenes Rentenstammrecht als ein allein vom Berechtigten [aus versteuertem Einkommen] angesammelter persönlicher Vermögenswert besteht, der sich während der durchschnittlich zu erwartenden Laufzeit verzinst, so daß nur diese Zinskomponente der monatlichen Rente dem steuerlichen Einkommen zugerechnet wird, obgleich seit 1956 kein Kapital und damit auch kein Rentenstammrecht mehr besteht, sondern im Rahmen des Generationenvertrages die Beiträge der Erwerbstätigen, die in aller Regel unversteuert sind, nahezu in Gänze unmittelbar an die Rentenbezieher weitergeleitet werden. 568 Die somit fiktive Aufteilung der Renten in einen einkommensneutralen, nur das Vermögen berührenden Teil und einen einkommensrelevanten Teil wird in einem äußerst groben Pauschalierungsverfahren 569 einmalig in Form eines für die gesamte Dauer der Rente gleichen Prozentsatzes vorgenommen, wobei nicht einmal die Fiktion eines Rentenstammrechts konsequent und schlüssig beachtet wird, da weder die während der Aufbauzeit des „Rentenstammrechts" entstandenen Zinsanteile berücksichtigt werden, noch der jeweilige tatsächliche Wert des durch die Laufzeit der Rente sich vermindernden „Stammrechts." Eine steuerliche Berücksichtigung der Umverteilungsgewinne zugunsten der überdurchschnittlich lang Lebenden bzw. der entsprechenden Verluste bei unterdurchschnittlicher Lebensdauer findet somit nicht statt. 570 Es ist wohl leicht ersichtlich, daß die praktizierte Form der „Ertragsbesteuerung" der Renten sowohl von den Rentenberechtigten als auch von den Vertretern 567 Weise, 422 f. 568 Tipke, 357. 569 Treuarbeit, 81. 570 Andel-Behandlung, 333.

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

der Sozialpolitik längst als ein selbstverständlicher und unanfechtbarer Besitzstand angesehen wird, der nicht ohne bedeutende politische und emotionale Konsequenzen revidiert oder gar aufgegeben werden kann. 571 Dennoch stellt die Konstruktion des Ertragsanteils eine wirtschaftlich nicht haltbare steuerpolitische Fiktion dar mit der Konsequenz bedeutender verteilungspolitischer Verzerrungen oder gar sozialer Ungerechtigkeiten. Vergleichbares findet sich nur noch in der pauschalen Richtsatzermittlung des steuerlichen „Gewinns" nicht zur Buchführung verpflichteter Land- und Forstwirte. Nur soweit der Rentenbezieher eigene und versteuerte Beiträge geleistet hat, können die laufenden Rentenbezüge überhaupt Vermögensumschichtungsbeträge sein, die den steuerlichen Einkommensbegriff nicht tangieren. Da die Beiträge sich jedoch in aller Regel aus dem gem. § 3 Nr. 62 EStG steuerfreien Arbeitgeberanteil und dem gem. § 101 Nr. 2 a EStG als Sonderausgaben abzugsfähigen und damit ebenfalls steuerfreien Arbeitnehmeranteil zusammensetzen, somit in aller Regel keine Einkommensverwendungsbestandteile enthalten, sind die Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung entsprechend in voller Höhe dem steuerlichen Einkommen zuzurechnen. 572 Kommt es jedoch aufgrund politischer und administrativer Widerstände nicht zur Beseitigung der bestehenden Verzerrungen und Ungerechtigkeiten, bleibt als Ausweg nur die Fortsetzung des eingeschlagenen Weges mit der unausweichlichen Folge, den vorhandenen Verzerrungen weitere hinzuzufügen und die unsystematischen Lösungen auf einen weiteren Personenkreis auszudehnen.573 d7b) Spekulationsgeschäfte Anders als bei Wirtschaftsgütern, die zu einem Betriebsvermögen gehören, sind bei Wirtschaftsgütern im Privatvermögen stille Reserven, selbst wenn sie realisiert werden, nur dann dem steuerlichen Einkommen zuzurechnen, wenn sie im Rahmen einer wesentlichen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft entstanden sind oder wenn die Realisierung durch Veräußerung innerhalb der Spekulationsfrist erfolgte (§ 23 EStG). Diese Spekulationsfrist beträgt bei Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten zwei Jahre, bei anderen Wirtschaftsgütern, insbesondere bei Wertpapieren, sechs Monate. Dabei genügt für die Berechnung der Spekulationsfrist als Anschaffung und Veräußerung das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft, so daß die sachenrechtliche Übereignung des geschuldeten Wirtschaftsgutes nicht erforderlich ist. 5 7 4 Fehlt es jedoch an der sachenrechtlichen Übereignung nach einem obligatorischen Anschaffungs- oder Veräußerungsgeschäft überhaupt, so ist ein Spekulationsgeschäft nicht zustandegekommen. 575 571 Weise, 424. 572 Treuarbeit, 81; Brümmerhoff, 226; Scheil, 156 f. 573 Heubeck, 1670. 574 Herrmann / Heuer / Raupach, § 23, Anm. 6; BFH-BStBl ΙΠ 1967,73 (74); II 1970, 806 (807); 1974, 606 (607).

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a) Der Gegenstand von Spekulationsgeschäften Grundsätzlich können alle Wirtschaftsgüter den Tatbestand eines Spekulationsgeschäftes erfüllen; nur hinsichtlich der unterschiedlichen Spekulationsfristen ist zwischen Grundstücken und Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen einerseits und anderen Wirtschaftsgütern andererseits zu unterscheiden. Jedoch müssen das angeschaffte und das veräußerte Wirtschaftsgut identisch sein. Namentlich bei Wertpapieren ist der Nachweis der Identität häufig nicht zu führen. Werden Wertpapiere gleicher Art zu verschiedenen Zeiten angeschafft und veräußert und werden sie nicht ins Streifbanddepot oder in Eigenverwahrung genommen, so daß ein nummernmäßiger Nachweis nicht erbracht werden kann, gilt sowohl für die Ermittlung der Spekulationsfrist als auch der Anschaffungskosten das Lifo-Verfahren, d. h. die Unterstellung, daß die zuletzt gekauften Stücke als zuerst verkauft gelten. 576 Gegen eine derartige Unterstellung ist mit Recht anzuführen, daß, falls das Steuersubjekt tatsächlich die älteren Wertpapiere veräußert hat, entgegen den Tatsachen eine kürzere Frist fingiert wird. Aus diesem Grunde ist, da sich kein genauerer Anschaffungszeitpunkt für innerhalb der Sechsmonatsfrist tatsächlich veräußerte Wertpapiere feststellen läßt, ein Spekulationsgeschäft nach rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht feststellbar und damit ein Spekulationsgewinn, der den steuerlichen Einkommensbegriff tangieren könnte, nicht entstanden.577 Zu bedauern ist, daß zur Anwendung des § 23 EStG unter Berücksichtigung des Lifo-Verfahrens auf Wertpapiere des Privatvermögens, die zu verschiedenen Zeiten und zu verschiedenen Kursen angeschafft sind, seit der Entscheidung des Reichsfinanzhofes vom 13.6.1928 578 keine höchstrichterliche Entscheidung mehr ergangen ist. ß) Kritik Die Nichtbeachtung von realisierten Gewinnen aus dem Verkauf von Wirtschaftsgütern des Privatvermögens außerhalb der kurzen Spekulationsfristen begünstigen Gewinne aus privaten Veräußerungen gegenüber betrieblichen Veräußerungen. 579 Diese Ungleichbehandlung wird dennoch als verfassungskonform angesehen, da der sachlich einleuchtende Grund für die ungleiche Behandlung darin zu sehen sei, daß der Gesetzgeber Gewinne aus Veräußerungsgeschäften über Gegenstände des Privatvermögens nur dann als Einkünfte qualifizieren zu können glaubt, wenn sie innerhalb kurzer Zeit realisiert worden sind. 580 Überzeu575 Littmann-Grube, § 23, RN 14. 576 RFH-RStBl 1928, 328 (329). 577 Mangold, 982 f.; Kamrad-Erlaß, 21; Skibbe, 466; Herrmann / Heuer / Raupach, § 23 EStG, Anm. 43; aA Vangerow, 2; Wallis-Wertpapier, 610 f. 578 RFH-RStBl 1928, 328. 579 Tipke, 362. 580 BVerfGE 27, 111 (127).

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gen kann diese Begründung nicht, da nicht einzusehen ist, daß Gewinne aus Grundstücks- und Wertpapierveräußerungen nicht auch über einen längeren Zeitraum erfaßt werden könnten 581 und weil vom Postulat umfassender steuerlicher Leistungsfähigkeit die nur beschränkte Berücksichtigung unbefriedigend ist, 5 8 2 da private wie betriebliche Veräußerungsgewinne die Leistungsfähigkeit eines Steuersubjektes gleichermaßen steigern. Diese Erkenntnis führt daher zwingend zu der Forderung, private Veräußerungsgewinne uneingeschränkt dem steuerlichen Einkommensbegriff zuzuweisen.583 So hat denn auch der 57. Deutsche Juristentag mit beachtlicher Mehrheit den Beschluß gefaßt, Gewinne und Verluste aus der Veräußerung von Grundstücken sowie von Kapitalvermögen einkommensteuerlich zu berücksichtigen. d7c) Sonstige Einkünfte Zu den sonstigen Einkünften zählen nach § 22 Nr. 3 EStG Einkünfte aus Leistungen, soweit sie weder zu einer Einkunftsart des § 2 I I I Nr. 1-6 EStG, noch zu den wiederkehrenden Leistungen oder den Spekulationsgeschäften der §§22 und 23 EStG gehören. Der Wortlaut der Vorschrift ist weit und unscharf, 584 so daß die Gefahr des Mißbrauchs als Besteuerungstatbestand sonst nicht steuerbarer Entgelte für Leistungen aller Art besonders nahe liegt und es unberücksichtigt bleibt, daß die Einkünfte aus sonstigen Leistungen nichts als Lückenbüßer sind, ein Behelf, aber keineswegs Kern und Grundlage des Einkommensbegriffs. 585 Der Vorschrift kommt somit lediglich die Aufgabe zu, die anderen Einkunftsarten zu ergänzen und solche Tatbestände zu erfassen, die diesen Einkunftsarten wirtschaftlich entsprechen, ohne mit ihnen formell übereinzustimmmen. 586 Während jedoch der Reichsfinanzhof dieser Auffassung im wesentlichen folgte, 587 weicht der Bundesfinanzhof dagegen in ständiger Rechtsprechung von dieser Auffassung ab und legt die Vorschrift des § 22 Nr. 3 EStG weit aus, indem er unter den Begriff der Leistung jedes Tun, Unterlassen und Dulden, das Gegenstand eines entgeltlichen Vertrages sein kann und um des Entgeltes willen erbracht wird, subsumiert. 588 e) Die Ermittlung des steuerlichen Einkommens Die Saldierung der Einkünfte aus den sieben Einkunftsarten führt unter Berücksichtigung des horizontalen und des vertikalen Verlustausgleichs 589 zur „Summe 581 Böckli, 361; Oesch, 123.

582 Jakob, W., 275; Kahn, 74. 583 Döring, 135. 584 Bonin, 13. 585 Becker-Erläuterungen, 1671; Keuk-Einkünfte, 1130. 586 Herrmann/Heuer/Raupach, § 22, Anm. 71 (2). 587 RFH-RStBl 1938, 103 (106); 1941, 755 (755). 588 BFH-BStBl III 1967, 251 (251); II 1970, 185 (186).

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der Einkünfte aus den Einkunftsarten." Zur Ermittlung der einkommensteuerlichen Bemessungsgrundlage, dem zu versteuernden Einkommen, bedarf es noch einer Reihe von Korrekturen, die nachfolgend genannt werden. el ) Der Gesamtbetrag der Einkünfte Werden von der Summe der Einkünfte aus den Einkunftsarten der Altersentlastungsbetrag gem. § 24 a EStG, der Ausbildungsplatz-Abzugsbetrag gem. § 24 b EStG, der Freibetrag für Land- und Forstwirte gem. § 13 I I I EStG sowie die ausländischen Steuern gem. § 34 c II, I I I und V I EStG abgezogen, so ergibt sich der Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 2 I I I EStG). eia) Der Altersentlastungsbetrag Der Altersentlastungsbetrag soll der Harmonisierung der Besteuerung von im Alter bezogenen Einkünften dienen und einen Ausgleich schaffen bei der Besteuerung solcher Einkünfte, die nicht wie Versorgungsbezüge und Leibrenten begünstigt sind. 590 Er ist ein Freibetrag, der Steuerpflichtigen gewährt wird, die vor Beginn des Kalenderjahres, in dem sie ihr Einkommen beziehen, das 64. Lebensjahr vollendet hatten, und beträgt 40 % des Arbeitslohnes und der positiven Summe der Einkünfte, die nicht solche aus nichtselbständiger Arbeit sind, höchstens jedoch 3 000 DM, ab dem Veranlagungszeitraum 1990 3 720 DM. Bei Verheirateten ist die Berechnung für jeden Ehegatten gesondert durchzuführen, so daß durch ernstlich gewollte und auch tatsächlich durchgeführte Vereinbarungen jedem Ehegatten der Altersentlastungsbetrag zukommen kann. 591 elb) Der Ausbildungsplatz-Abzugsbetrag Anspruchberechtigt für diesen Abzugsbetrag sind bis zum 31.12.1990 Steuerpflichtige, bei denen die öffentlichen Zuschüsse zu den Betriebseinnahmen aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit gehören. Die Ende 1977 neu in das Einkommensteuergesetz eingeführte Vorschrift gewährt einen Ausbildungsplatz-Abzugsbetrag in Höhe öffentlicher Zuschüsse, die Betriebseinnahmen ausbildender Steuerpflichtiger darstellen. Diese „einzigartige Regelung" 592 bewirkt nicht nur, daß öffentliche Zuschüsse im Ergebnis steuerfrei gestellt werden, sondern führt dazu, daß der mit dem Zuschuß finanzierte betriebliche Aufwand zweimal einkommensmindernd berücksichtigt wird: zum einen führt die zweckentsprechende Verwendung des Zuschusses zu einer Betriebsaus589 Biergans, 921 ff.; Tipke, 207 ff.; Rose G., 72 ff, jeweils mwN. 590 BT-Drucks. 7/1470, 279; Richter-Altersentlastung, 190; Dewein, 583. 591 Bockholt, 1773; Felix-Altersentlastung, 1473. 592 Littmann-Grube, § 24 b, RN 1.

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gäbe und kompensiert dadurch den Einkommenseffekt des Zuschusses, zum andern wird die Summe aller Einkünfte in gleicher Höhe durch die Gewährung des Abzugsbetrags gemindert. 593 „So etwas hat es im Einkommensteuerrecht bisher noch nicht gegeben." 594 Diese Regelung unterliegt schon allein wegen der möglichen Präjudizwirkung systematischen und rechtspolitischen Bedenken, 595 die noch dadurch verstärkt werden, daß diese Regelung zum Teil auf dem Ausbildungsplatzförderungsgesetz beruht, 596 das mangels Einholung der Zustimmung des Bundesrates für nichtig erklärt wurde. 597 elc) Der Freibetrag für Land- und Forstwirte Die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft werden bei der Ermittlung des Gesamtbetrages der Einkünfte nur berücksichtigt, soweit sie den Betrag von 2 000 bzw. 4 000 D M übersteigen. Dieser Freibetrag ist von der Gewinnermittlungsart und von der Höhe des Einkommens unabhängig, findet aber seine obere Grenze in dem Umfang der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Dabei ist nicht erforderlich, daß der Steuerpflichtige seinen Betrieb während des ganzen Jahres geführt hat. Heute besteht für diese Regelung keine Rechtfertigung mehr. Sie verletzt vielmehr den Gleichheitssatz und ist daher zu streichen. 598 Die Gewährung des landwirtschaftlichen Sonderfreibetrages ist das Musterbeispiel einer einmal zugunsten einer bestimmten Gruppe von Steuersubjekten getroffenen Begünstigungsmaßnahme, die auch nach dem Wegfall ihres Entstehungsgrundes wegen des Drucks der Interessenvertreter nicht mehr beseitigt worden ist. 5 9 9 eld) Die abzugsfähigen ausländischen Steuern Unbeschränkt steuerpflichtige Zensiten unterliegen mit ihrem gesamten Welteinkommen der inländischen Besteuerung. Da die ausländischen Einkünfte im allgemeinen auch in den betreffenden Staaten zu einer der deutschen Einkommensteuer entsprechenden Steuer herangezogen werden, tritt vielfach eine doppelte Steuerbelastung ein. Dies kann vermieden oder zumindest vermindert werden entweder durch Anwendung der sogen. Freistellungsmethode, nach der ausländische Einkünfte bei der Ermittlung des Gesamteinkommens unberücksichtigt bleiben, 600 oder durch Anrechnung der im Ausland auf die ausländischen Einkünfte 593 Richter-Ausbildung, 544. 594 Söffing-Steuerentlastung, 530. 595 Kieschke, 467; Längsfeld, 2162; Söffing-Gesetz, 536; Herrman / Heuer / Raupach, § 24b EStG, RN 4. 596 Vgl. hierzu: Schreiber, 365 ff. 597 BVerfG-NJW 1981, 329. 598 Tipke-Steuerrecht, 13. 599 Fecht-Untersuchung, 93.

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gezahlten Steuern auf die auf das Gesamteinkommen bezogenen Inlandssteuern 601 bzw. durch Abzug der gezahlten ausländischen Steuern bei der Ermittlung des Gesamtbetrages der Einkünfte. Das Abzugsverfahren gilt besonders für im Ausland gezahlte Steuern vom Einkommen, die nicht der deutschen Einkommensteuer entsprechen und stellt im Verhältnis zum Steueranrechnungsverfahren in der Regel die geringere Entlastung des Steuerpflichtigen dar. e2) Das Einkommen Der Gesamtbetrag der Einkünfte wird vermindert um die Sonderausgaben gem. §§ 10 ff. EStG und um die außergewöhnlichen Belastungen gem. §§ 33 bis 33 c EStG sowie durch einen möglichen Verlustabzug und ergibt sodann das Einkommen. e2a) Die Sonderausgaben Sonderausgaben sind private Ausgaben, Einkommensverwendungen also, 602 die nicht im wirtschaftlichen Zusammenhang mit einer Einkunftsart stehen und daher weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten darstellen dürfen. 603 Sie sind in § 10 EStG abschließend aufgezählt und gem. § 2 IV EStG zum Abzug vom Gesamtbetrag der Einkünfte zugelassen. Zu unterscheiden sind hierbei die unbeschränkt zum Abzug zugelassenen Sonderausgaben von denen, die im Rahmen von Höchstbeträgen nur beschränkt abzugsfähig sind. Darüber hinaus können bestimmte Beträge „als" Sonderausgaben (§§ 10a, 10b EStG) oder „wie" Sonderausgaben (z. B. § 10 d EStG) berücksichtigt werden. Den Sonderausgaben ist im Grundsatz gemeinsam, daß es sich hierbei um private Aufwendungen handelt, die der Steuerpflichtige vernünftiger Weise für sich oder seiner Familie Existenz aufwenden muß und die infolge dessen die Dispositionsfreiheit über sein Einkommen mindern. Insoweit wird auch von einem subjektiven oder privaten Nettoprinzip gesprochen, vergleichbar dem, was im Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit oder einem Beruf ausgegeben wird, da auch dies für die Steuerzahlung nicht disponibel ist und dementsprechend als Werbungskosten oder Betriebsausgaben einkommensmindernd berücksichtigt wird. Die steuersystematische Gleichstellung der nichtdisponiblen Einkommensbestandteile im Sinne notwendiger Privatausgaben zur Existenzsicherung mit den Aufwendungen, die im Zusammenhang mit einer Erwerbstätigkeit stehen, führt zwangsläufig zum Abzug dieser Ausgaben vom Gesamtbetrag der Einkünfte, da 600 Littmann-Hellwig, § 34c, RN 3. 601 Vgl. hierzu: Beckermann / Jarosch, 111 ff.; Hellwig-Anrechnung, 2264 f.; Schieber, 488 ff. 602 Küchenhoff, 458. 603 Schmidt-EStG, § 10, Anm. 1.

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sie, obgleich Einkommensverwendungen, durch die Gleichstellung zu Strukturelementen des steuerrechtlichen Einkommens fingiert werden. Häufig wird jedoch die Forderung erhoben, die Sonderausgaben oder zumindest Teile davon, nicht von der Bemessungsgrundlage, sondern von der Steuerschuld abzuziehen,604 (dann allerdings mit reduziertem Volumen), da wegen des progressiven Steuertarifs den Sonderausgaben mit steigender Bemessungsgrundlage ein überproportionaler Entlastungseffekt zukomme. Dieser Forderung wird regelmäßig entgegengehalten, daß eine derartige Regelung systemwidrig sei und übersehe oder aus sozialer Nivellierungsfreude nicht zur Kenntnis nehmen wolle, daß eine Erhöhung des verfügbaren Einkommens zu einer progressiven Abschöpfung wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit führe. Da es für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit unerheblich sei, wie ihr Indikator, das jeweilige Einkommen also, zustande komme, ob also ein Einkommensbezieher nur geringe Einnahmen habe oder ob vergleichsweise hohen Einnahmen auch hohe Ausgaben gegenüberstünden, müsse eine Anerkennung von Einkommensteilen als nicht disponibles Einkommen zwangsläufig zu einer Senkung der Bemessungsgrundlage führen. 605 Die einzelnen positiven oder negativen Faktoren, die den Indikator der Leistungsfähigkeit, das Einkommen, beeinflussen, ließen sich nicht unterschiedlich bewerten. Der Effekt der Degression bei Verminderung der Bemessungsgrundlage ergebe sich notwendiger Weise aus dem Effekt der Progression bei Erhöhung der Bemessungsgrundlage, sei also nichts weiter als der Reflex des progressiven Tarifs. Diese Konsequenz sei gerecht und solle immer gezogen werden. 606 Wer dennoch für die Beträge minimaler Lebenshaltungskosten den Abzug von der Steuerschuld fordere, offenbare lediglich ein tiefgehendes Unverständnis gegenüber dem System der Einkommensbesteuerung. 607 Zu fragen ist jedoch, ob die Gleichstellung existenznotwendiger Einkommensverwendungen mit Ausgaben, die im Zusammenhang mit einer Einkunftsart stehen, tatsächlich systemgerecht ist, denn sie wird letztlich nur mit dem Argument der Zwangsläufigkeit begründet. Das derartige Ausgaben dem steuerlichen Zugriff entzogen bleiben müssen, ist wohl unstreitig, da steuerliche Leistungsfähigkeit erst mit dem Erreichen auch subjektiver Leistungsfähigkeit beginnt. Dennoch dürfen nicht aus diesem Grunde Einkommensverwendungen zu Strukturelementen des Einkommens denaturiert werden, sondern ihre steuerliche Verschonung hat vielmehr durch eine sachgerechte Bestimmung derjenigen Grenze zu erfolgen, die den Zugriff der Steuer auf das Einkommen als Indikator hinreichender Leistungsfähigkeit markiert.

604 Knief, 175; Lang, 31; Neumark-Steuerpolitik, 397; Schneider-Besprechung, 236; Uelner, 125. 605 Hennecke, 433; Bockelberg, 926 f. 606 Tipke-Bezüge, 5; Albers-Steuersystem, 36. 607 Eggesiecker, 452.

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e2b) Der Freibetrag für freie Berufe Gem. § 18IV EStG konnten Personen, die Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit im Sinne des § 18 I Nr. 1 EStG beziehen, den Geamtbetrag der Einkünfte um 5 % der Einnahmen aus dieser freien Berufstätigkeit, höchstens jedoch um 1 200 D M jährlich mindern, sofern die Einkünfte aus freier Berufstätigkeit die anderen Einkünfte überwiegen. 608 Mit Wirkung zum 1.1.1990 ist § 18 I Nr. 4 EStG durch das Steuerreformgesetz 1990 aufgehoben worden. Für diesen Freibetrag werden unterschiedliche Gründe angegeben. Zum einen sollen damit schwer nachzuweisende Betriebsausgaben pauschal abgegolten werden, 609 zum anderen führe die lange Ausbildungszeit der Freiberufler dazu, daß diese letzlich aufgrund der progressiven Tarifgestaltung eine insgesamt höhere Einkommensteuer zu entrichten hätten. Darüber hinaus sei auch die Benachteiligung durch häufig stark schwankende Einkommen zu berücksichtigen 610 sowie die regelmäßig kürzere Vorsorgezeit zur Alterssicherung aufgrund des späteren Berufseintritts. Die Begründung für diesen Freibetrag ist zweifelhaft gewesen und traf auch für Angehörige anderer Berufe zu. Überzeugen konnte sie nicht. 611 Es kann jedoch trotzdem nicht überraschen, daß Empfehlungen zur Beseitigung 612 vehement bekämpft wurden, 613 geht es doch hierbei wie so häufig darum, einen einmal errungenen Besitzstand mit allem Nachdruck zu verteidigen. Letztlich konnten sich jedoch die berufsständischen Interessenvertreter nicht durchsetzen. e2c) Die außergewöhnlichen Belastungen Das Rechtsinstitut der außergewöhnlichen Belastungen gem. § 33 EStG ist ein Auffangtatbestand, 614 der alle lebensnotwendigen Aufwendungen erfassen soll, die nicht bereits durch den eigentlich das Existenzminimum repräsentierenden Grundfreibetrag abgegolten sind, definiert also die Leistungsfähigkeit eines Steuerpflichtigen unter Berücksichtigung seiner individuellen Situation 615 und ist somit ein „Lastenausgleich wegen ungleicher finanzieller Anspannungen," 616 da die außergewöhnlichen Belastungen die Sonderopferlage durch einen außerordentlichen Einkommensabfluß berücksichtigen sollen, der bei einzelnen im Verhältnis zu anderen zu einer übermäßigen Minderung des verfügbaren Einkommens geführt hat. Sie sind somit eine Durchbrechung des Grundsatzes, daß 608 Zur Berechnung: Maier, 301 f.; Richter-Anwendung, 523 ff. 609 Tipke (11. Aufl.), 217. 610 Littmann-Grube, § 18, RN 360. 611 Vgl. auch Barth, 561 ff. 612 ufc, in FR 1979, 223 f. 613 Lang/Weiler, 400 ff. 614 Tipke-Rechtsprechung, 347; Jakob / Jüptner, 208. 615 Scharfenstein, 7; Tipke-Recht, 156; Hartz-§ 33 EStG, 1225. 616 Rasenack, 1276.

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

Ausgaben für die private Lebenshaltung, da sie Einkommensverwendung sind, das steuerliche Einkommen nicht mindern dürfen. Derartige Aufwendungen werden dann als außergewöhnlich angesehen, wenn der Steuerpflichtige durch sie mehr belastet wird als die überwiegende Mehrzahl der in mit gleichem Familienstand in vergleichbaren Einkommens- und Vermögensverhältnissen Lebenden. Daher sind sämtliche üblichen Aufwendungen der Lebenshaltung aus dem Anwendungsbereich außergewöhnlicher Belastung ausgeschlossen, vielmehr muß das die Aufwendungen auslösende Ereignis außergewöhnlich sein. Auf eine absolute Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit kommt es dabei nicht an. 617 Die außergewöhnlichen Belastungen werden auf Antrag nur dann zum Abzug vom Einkommen zugelassen, wenn der Steuerpflichtige sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann, wobei die sich hieraus ergebende Zwangsläufigkeit nach inländischen Maßstäben zu beurteilen ist, 6 1 8 wenn sie ferner notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen. 619 Während sich im Bereich der sogen, objektiven Leistungsfähigkeit Wertabflüsse, so sie Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten sind, die Frage der Notwendigkeit, Angemessenheit, Üblichkeit oder Zweckmäßigkeit nicht stellt, 620 müssen im Bereich der Bestimmung subjektiver Leistungsfähigkeit de lege lata derartige einschränkende Kriterien beachtet werden, da das Volumen subjektiver Leistungsfähigkeitsreduzierung schon im Bereich der grundsätzlichen Nichtabzugsfähigkeit liegt und es somit nicht dem Steuerpflichtigen überlassen sein kann, das Ob der Aufwendungen zu bestimmen. 621 Die Abzugsfähigkeit privater Aufwendungen zur Bestimmung subjektiver Leistungsfähigkeit betrifft nicht nur die außergewöhnlichen Belastungen, sondern auch die Sonderausgaben und den tariflichen Grundfreibetrag. Aus diesem Grunde wäre es zweckmäßiger gewesen, Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und den tariflichen Grundfreibetrag zu einem Gesamtfreibetrag zusammenzufassen, der die Grenze des Bereiches aufzeigt, von der sich die Besteuerung fernzuhalten hat. e2d) Der Verlustabzug Steuerliche Verluste, negative Ergebnisse aus den einzelnen Einkunftsarten also, die weder durch den horizontalen noch durch den vertikalen Verlustausgleich innerhalb eines Veranlagungszeitraumes verrechnet werden können, sind gem. § 10d EStG von Amts wegen 622 durch den sogen. Verlustabzug bei der Ermittlung 617

Lierow, 8. 618 Schmidt-EStG, § 33, Anm. 5 a. 619 Antony, 4. 620 Für Betriebsausgaben: BFH-BStBL II 1983,173 (174); für Werbungskosten: BFHBStBl II 1981, 735 (736). 621 Jakob/Jüptner, 209.

II. Der fiskalische Einkommensbegriff

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des steuerlichen Einkommens zu berücksichtigen. Danach wird zunächst bis zu einem Betrag von 10 Mio D M das steuerliche Einkommen der beiden vorangegangenen Perioden rückwirkend gemindert (Verlustrücktrag 623 ), sodann ist in den folgenden Jahren der noch verbleibende Verlust vom Gesamtbetrag der Einkünfte wie Sonderausgaben abzuziehen (verbleibender Verlustabzug). Der Verlustabzug stellt nach wohl herrschender Meinung in Rechtsprechung und neuerem Schrifttum eine Durchbrechung der Abschnittsbesteuerung dar, die aus Gründen der Steuergerechtigkeit gerechtfertigt, wenn nicht gar erforderlich ist, 6 2 4 da jede Periodisierung durch ihre zufällige Zäsur zu Härten führt, wenn die Höhe des Einkommens in den einzelnen Perioden erheblich schwankt, wenn abwechselnd Gewinne bzw. Überschüsse und Verluste entstehen, oder wenn Steuerpflichtige aufgrund langer Berufsausbildung erst spät in das Berufsleben eintreten. 625 Umfassend lassen sich diese Nachteile nur vermeiden durch eine Besteuerung nach dem Lebenseinkommen, wenn also die Abschnittsbesteuerung völlig aufgegeben wird, was jedoch technisch kaum zu bewältigen ist und außerdem verkennt, daß die wirtschaftlichen Realitäten und auch die Wirklichkeit des der Änderung unterworfenen Rechts im Zeitablauf wandelbar sind 6 2 6 und auch wandelbar bleiben müssen. Als Alternative ist jedoch auch eine Durchschnittsbesteuerung für mehrere Jahre oder eine mehrjährige Steuerperiode denkbar. 627 e3) Das zu versteuernde

Einkommen

Das zu versteuernde Einkommen als die Bemessungsgrundlage für die tarifliche Einkommensteuer wird in § 2 V EStG definiert als das um den Kinderfreibetrag nach § 32 V I EStG und um die sonstigen abzuziehenden Beträge verminderte Einkommen. e3a) Der Kinderfreibetrag Unterhaltsverpflichtungen für Kinder sind unvermeidbare Aufwendungen, ein besonderer, die Leistungsfähigkeit der Eltern beeinträchtigender Umstand also, der ohne Verstoß gegen die Steuergerechtigkeit nicht außer acht gelassen werden darf. 628 Als Folge der Auffassung, daß von der Bemessungsgrundlage abziehbare Kinderfreibeträge einen Progressionsvorteil auslösen würden, der mit wachsendem Einkommen steige, wurde seit 1975 der Unterhalt für Kinder grundsätzlich nicht mehr durch das Einkommen mindernde Freibeträge berücksichtigt, sondern 622 Weisse, 205. 623 Zum Begriff: Schick-Verlustrücktrag, 2; zur Begründung der Einführung des Verlustrücktrages: Kreile, 195 ff.; Ritter, 397 ff.; Orth, 526 ff. 624 Söffing-Verlustabzug, 132; Herrmann / Heuer / Raupach, § lOd, RN 15. 625 Eggesiecker-Quantifizierung, 253 ff.; Rose / Eggesiecker, 43 ff. 626 Schick-Verlustrücktrag, 12 ff. 627 Sommer, 316. 628 BVerfGE 43, 108 (120); 61, 319 (344). 10 Burger

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

durch ein Kindergeld nach dem Kindergeldgesetz. 629 Ab 1983 wurde ein MiniKinderfreibetrag von 432 D M wieder eingeführt, der ab 1986 auf 2 484 D M und ab 1990 auf 3 024 D M erhöht wurde und grundsätzlich jedem Elternteil zur Hälfte unabhängig von der steuerlichen Zuordnung des Kindes gewährt wird. 6 3 0 Jedoch kann auch dieser Freibetrag selbst unter Berücksichtigung des Kindergeldes noch nicht als realitätsgerecht angesehen werden. 631 Die volle Berücksichtigung unvermeidbarer privater Aufwendungen kann auch nicht mit der Begründung abgewertet werden, die Staatskasse vermöge den vollen Abzug nicht zu tragen. Gerechte und gleichmäßige Besteuerung setzt eine korrekte Bemessungsgrundlage und eine realitätsnahe Einkommensgrenze voraus, die eine volle Berücksichtigung unvermeidlicher privater Lasten verlangt. 632 Es bleibt daher abzuwarten, ob die ab 1986 bzw. 1990 gültige Regelung Bestand haben wird. 6 3 3 e3b) Der Haushaltsfreibetrag Der Haushaltsfreibetrag wird den Alleinstehenden gewährt, die einen Kinderfreibetrag erhalten. Dadurch wird erreicht, daß Alleinstehende, sofern ihnen ein Haushaltsfreibetrag zusteht, in der proportionalen Eingangszone des Einkommensteuertarifs nicht stärker steuerlich belastet werden als Ehegatten mit demselben Einkommen bei Besteuerung nach dem Splittingverfahren. 634 Wird der Kinderfreibetrag jedoch auf den anderen Elternteil übertragen, entfällt der Haushaltsfreibetrag unabhängig von der Zuordnung des Kindes. 635 e3c) Der Altersfreibetrag Unbeschränkt Steuerpflichtige, die vor dem Beginn des Veranlagungszeitraumes das 64. Lebensjahr vollendet hatten, erhalten bis zum 31.12.1989 einen Altersfreibetrag. Er ist nicht zu verwechseln mit dem Altersentlastungsbetrag des § 24 a EStG, der bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen auch neben dem Altersfreibetrag gewährt wird. Der Freibetrag entfällt ab dem Veranlagungszeitraum 1990. e3d) Die sonstigen vom Einkommen abzuziehenden Beträge Die sonstigen Beträge, die vom Einkommen abgezogen werden können, sind die Nebeneinkünfte (§ 46 EStG) sowie diejenigen Einkünfte aus Land- und 629 Vgl. Dziadkowski, 3 ff.; Lang-EStG 1975, 300 ff.; Vogel, 31 ff. 630 Schmidt-EStG, § 32 EStG v. 1986, Anm. 15. 631 Vogel-Aufwendungen, 201; Tipke, 375. 632 Lang-Familie, 110; Tipke-Neuordnung, 60. 633 Vgl. auch BVerfGE 66, 214 ff.; gem. Beschluß des BVerfG v. 12.6.1990 war § 32 VIII EStG i. d. Fassung des Haushaltsbegleitges. 1983 mit Art. 3 I GG i. V. m. Art. 6 I GG unvereinbar, BVerfG-NJW 1990, 2876. 634 Scheurmann-Kettner / Lantau, 1410. 635 Klöckner, 2424.

Π. Der fiskalische Einkommensbegriff

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Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder Kapitalvermögen, die durch den Steuerabzug vom Kapitalertrag abgegolten sind (§ 46 a EStG). Den Weg der Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens zeigt folgende Tabelle: 1

Summe der Einkünfte aus den Einkunftsarten

2 + nachzuversteuernder Betrag (§ 10a EStG) 3 - Verlustabzugsbetrag ( § 2 1 1 AIG) 4 + Hinzurechnungsbetrag (§213 AIG) 5

= Summe der Einkünfte (§2 1 EStG)

6 7 8 9

-

Altersentlastungsbetrag (§ 24 a EStG) Ausbildungsplatz-Abzugsbetrag (§ 24b EStG) Freibetrag für Land- und Forstwirte (§ 13 III EStG) ausländische Steuern vom Einkommen (§ 34 c II, ΠΙ, VI EStG)

10 = Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 2 I I I EStG) 11 12 13 14

-

Sonderausgaben (§§ 10, 10b, 10c EStG steuerbegünstigter nicht entnommener Gewinn (§ 10 a EStG) Freibetrag für freie Berufe (§ 18 IV EStG — entfällt ab VZ 1990) außergewöhnliche Belastungen (§§ 33 bis 33b EStG, § 33 a EStG 1953 i. V. mit § 52 II+III EStG) 15 - Verlustabzug (§ lOd EStG, § 212 AuslandsinvestG) 16 = Einkommen (§ 2 IV EStG) 17 18 19 20

-

Kinderfreibetrag (§ 32 VI EStG) Altersfreibetrag (§ 32 VIII EStG entfällt ab VZ 1990) Haushaltsfreibetrag (§ 32 VU EStG) freibleibender Betrag nach § 46 III EStG, § 46 a

21 = zu versteuerndes Einkommen (§ 2 V EStG, § 32 I EStG)

3. Fiskalisches Individualeinkommen und individuelle Leistungsfähigkeit a) Vorgaben für den fiskalischen Einkommensbegriff durch das Leistungsfähigkeitsprinzip Die an der Leistungsfähigkeit ausgerichtete Steuergerechtigkeit 636 ist individuelle Gerechtigkeit; sie mißt die Leistungsfähigkeit des einzelnen Zensiten, nicht die seiner Berufsgruppe oder seiner sozialen Schicht, macht ihn, die natürliche Person, zum Steuersubjekt und das dieser natürlichen Person zufließende 636 Zur Frage der steuerlichen Gerechtigkeit als Forschungsgegenstand der Steuerwissenschaft: Eischen, 1 ff. 10*

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

Einkommen zum Steuerobjekt. Da somit im Steuerrecht die individuelle Wirklichkeit zu ermitteln ist [durchaus verstanden als kathegorischer Imperativ im Kant'schen Sinne 637 ] und Gruppengerechtigkeitsgesichtspunkte unbeachtet zu bleiben haben, sind Schlagworte wie „soziale Symmetrie" oder „arbeitnehmerfreundliche Steuerpolitik" fehl am Platze. 638 Da im Einkommensteuerrecht Leistungsfähigkeit mit Hilfe des Einkommens gemessen wird, ist zu definieren, was Einkommen ist. So unstreitig schwierig diese Aufgabe auch ist, so wird sie dennoch erleichtert durch die Orientierung, die der Leistungsfähigkeitsbegriff bietet, weist er doch keine affektive und emotionale Färbung auf. Vielmehr ermöglicht dieser Begriff durch sachgerechte und konsequente Anwendung eine gerechte Ordnung zu schaffen und somit Schutz zu bieten vor Regellosigkeit, Beliebigkeit und Opportunismus. 639 Zunächst ist davon auszugehen, daß das Einkommen alle materiellen Werte zu umfassen hat, die einem Steuerpflichtigen zufließen, also nicht nur das Geldeinkommen, sondern auch Erbschaften, Schenkungen und realisierte Vermögenswertänderungen unter jeweiliger Berücksichtigung der für die Einnahmeerzielung erforderlichen Ausgaben bzw. Aufwendungen. Nur solche Einnahmen als Ausgangstatbestand der Einkommensbesteuerung anzusehen, die Entgelte aus einer Erwerbsgrundlage sind, reicht nicht aus. 640 Einkommen ist nicht nur insoweit steuerbar, als es allein das am Markt erzielte Einkommen umfaßt, sondern ist grundsätzlich so umfassend steuerbar, wie es wirtschaftliche Handlungsfreiheit, ökonomische Leistungsfähigkeit also, vermittelt. Dementsprechend reicht als Bemessungsgrundlage ein streng ökonomischer Einkommensbegriff nicht aus. Wenn schon die individuellen Verschiedenheiten beim Erzielen marktmäßigen Einkommens nicht zu berücksichtigen sind, d. h. das Maß mehr oder weniger großer Anstrengung bei seiner Erzielung unberücksichtigt zu bleiben hat, kann Inhalt und Umfang des Einkommens nicht davon abhängig gemacht werden, ob es als Erfolg individuellen marktabhängigen Wirtschaftens generell einer Anstrengung bedurfte oder ob es mit leichter Hand dem Erwerber aus Verhaltensweisen erwächst, die marktunabhängig sind. Somit ist Einkommen als Indikator wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit nicht nach seiner Herkunft zu definieren, sondern nach seiner individuellen Nutzbarkeit. Diese steuerliche Leistungsfähigkeit wird grundsätzlich in der Person des Einkommensbeziehers bewertet. Da diese Leistungsfähigkeit jedoch nur auf der Grundlage eines verfügbaren Einkommens gemessen werden kann, ist die Grenze aufzuzeigen, ab der ein Einkommensbezieher als leistungsfähig im steuerrechtlichen Sinne zu gelten hat. Diese erforderliche Grenzziehung hat diejenigen privaten Aufwendungen zu berücksichtigen, die der Einkommensbezieher für sich 637 Kant, 534 ff. 638 Tipke-Steuergerechtigkeit, 68. 639 Tipke, Unordnung, 134. 640 So jedoch Kirchhof-Gutachten, F 20 ff.

II. Der fiskalische Einkommensbegriff

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und seiner Familie Existenz in aller Regel aufwenden muß sowie diejenigen lebensnotwendigen Aufwendungen, die individuell nur bei ihm aufgrund einer außergewöhnlichen Sonderopferlage zu einem außerordentlichen Einkommensabfluß geführt haben. Die Berücksichtigung dieser lebensnotwendigen Aufwendungen ist eine Frage sachgerechter Bestimmung des Grundfreibetrages, da steuerliche Leistungsfähigkeit disponibles Einkommen voraussetzt und die Besteuerung nicht dazu führen darf, dem Steuerpflichtigen das zum Leben erforderliche Existenzminimum durch die Einkommensteuer zu beschneiden.641 Ergibt sich somit aus der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit, daß existenzsichernde Ausgaben und Aufwendungen einkommensteuerlich von Bedeutung sind, so folgt daraus auch, daß der Gesetzgeber für die steuerliche Berücksichtigung zwingender Existenzausgaben nicht realitätsfremde Grenzen ziehen darf. 642 Dieser inzwischen auch verfassungsrechtlich anerkannte Grundsatz wird jedoch nicht beachtet, wenn der das Existenzminimum reflektierende Freibetrag von Anfang an realitätsfremd ist, oder wenn er zwar a priori einmal sachgerecht war, dann aber im Laufe der Zeit durch unterlassene Anpassungen an inflationsbedingte Kaufkraftveränderungen seinen Realitätsbezug verloren hat. Aus diesem Grunde sind die Grenzziehungselemente, die zwar Einkommen, aber nicht disponibles Einkommen sind, regelmäßig der Entwicklung der Lebenshaltungskosten anzupassen643 und zwar so, wie es im Bereich der Regelsätze der Sozialhilfe verbrauchsbezogen geschieht.644 Es kann auch weder verfassungsrechtlich rechtens noch für das Gemeinwesen wünschenswert sein, daß der Bürger durch den steuerlichen Eingriff zunächst zum Sozialfall wird, um ihm dann staatliche Leistungen zukommen zu lassen, die das Existenzminimum sichern sollen. „In diesem Zusammenhang könnte man sogar an das Menschenbild des Grundgesetzes erinnern, das von einer freien, selbstverantwortlichen und sozial zu achtenden Persönlichkeit ausgeht. Ein totaler Wohlfahrts- oder Versorgungsstaat, der dem einzelnen einen übermäßigen Teil seiner materiellen Einkünfte wegnehmen wollte, um so die Kosten für eine umfassende Versorgung aller durch alle aufzubringen, ließe sich mit dem Menschenbild des Grundgesetzes nicht vereinbaren." 645 Diese realitätskonforme Anpassung an eine inflationsbedingte Kaufkraftentwicklung ist somit eine Forderung an die Tarifgestaltung sowohl für die Bestimmung des Grundfreibetrages als auch für den weiteren Tarifverlauf. Soweit nämlich der Tarif der Geldentwertung nicht angepaßt wird, findet eine heimliche Steuererhöhung, eine kalte Progression statt, 646 da aufgrund der Progression die 641 So bereits Popitz, 420. 642 BVerfGE 66, 214 (223). 643 Kirchhof-Gutachten, F 51. 644 Zur Anpassung der Regelsätze: Schulte / Trenk-Hinterberger, 150 ff. 645 Zeidler-Fragen, 5. 646 Böckli-Diss., 5 ff.; Petersen, 59.

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

zum Ausgleich der Geldentwertung vorgenommenen Einkommens- und Lohnerhöhungen, die keine reale Kaufkraftsteigerung und somit auch keine höhere reale Leistungsfähigkeit repräsentieren, überproportional abgeschöpft werden, ohne daß der Gesetzgeber eine entsprechende Entscheidung getroffen hat. 647

b) Die Realität des fiskalischen Individualeinkommen Das Einkommensteuerrecht ist im Laufe der Zeit immer mehr zum Betätigungsfeld gesellschaftspolitischer Zielsetzungen geworden 648 mit der Folge, daß die Erkenntnis verschüttet wurde, daß das Einkommen als Indikator steuerlicher Leistungsfähigkeit und damit zugleich auch als Indikator steuerlicher Gerechtigkeit zu begreifen ist. 6 4 9 Zur Ausführung des Leistungsfähigkeitsprinzips gehört es jedoch, daß es konsequent und terminologisch präzise in Subprinzipien und gesetzliche Einzelnormen umgesetzt wird, damit auch der rechtsethische Bezug des Steuerrechts wieder mehr als bisher deutlich wird. 650 Statt dessen ist das Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit nur auf dem Papier die systematische Grundlage für die Besteuerung. In Wirklichkeit herrscht in weiten Bereichen das „Prinzip des gesetzlichen Gegensatzes."651 Obwohl der steuerliche Einkommensbegriff zunächst umfassend und einheitlich erscheint, ist er dies in Wirklichkeit nicht. Die technisch orientierte Fassung verschüttet diese Einsicht, die nur zurückgewonnen werden kann, wenn man das ganze Gesetz mit seinen Detailregelungen in die kritische Überprüfung einbezieht, ein zwar mühsames, aber nichtsdestoweniger notwendiges Unterfangen. bl ) Objektive Befreiungen Die Aushöhlung der Steuertatbestände durch priviligierende Ausnahmebestimmungen und Sonderregelungen bestimmt wesentlich den Charakter des geltenden Einkommensteuerrechts und führt zu einer Tatbestandserosion des Steuerobjekts. 652 Dabei wird der negative Gesamteindruck des Befreiungskataloges durch seine Unübersichtlichkeit und die unsystematische Befreiung nichtsteuerbarer Bezüge noch verstärkt. 653 So enthält § 3 EStG in wirrer Folge 654 einen 50 Positionen umfassenden Katalog sowohl nur deklaratorischer Vorschriften wie ζ. B. 647 inst. FSt., 14 ff.; Müller, 387 f.; Wild, 840 ff. 648 Giloy-Einkommen, 69. 649 Tipke (11. Aufl.), 176. 650 Tipke-Steuergesetzgebung, 305; zum rechtsethischen Bezug der Gesetzgebung: Noll, 103 ff. 651 Jehner, 271. 652 Deppe, 20; Ruppe-Ausnahme, 1. 653 Dziadkowski, D., 131. 654 Herrmann/Heuer/Raupach, § 3 EStG, RN 2.

. Der fiskalische Einkommensbegriff

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Ziff. 9, 6 5 5 als auch an sich nach § 2 EStG steuerpflichtiger Einnahmen, Einkünfte und Gewinne. Dabei ist der Katalog in Wahrheit noch viel länger und umfaßt auch den § 3 a EStG, der die Steuerbefreiung bestimmter Zinsen regelt und den § 3b EStG, der gesetzliche und tarifliche Zuschläge für Sonntags-, Feiertagsund Nachtarbeit bis 1989 gänzlich und ab 1990 überwiegend steuerfrei läßt. Zum überwiegenden Teil stellen die Befreiungen eine Durchbrechung des Universalitätsprinzips als einem Kennzeichen der modernen Einkommensbesteuerung dar, 656 die sich nur zum Teil mit einer herabgesetzten Leistungsfähigkeit begründen läßt, sondern vielmehr einen Subventions- und Prämieneffekt bewirkt 657 als Folge taktisch politischer Erwägungen des Gesetzgebers in Zeiten hoher Steuersätze.658 Soweit es sich bei den Befreiungen um Ersatzleistungen für entgangene oder entgehende Einnahmen handelt bzw. um Leistungen mit Ersatzcharakter, wie ζ. B. das Arbeitslosengeld, das Kurzarbeitergeld, das Schlechtwettergeld sowie die übrigen Leistungen nach dem Arbeitsförderungsgesetz, läßt sich die Steuerbefreiung sozialstaatlich noch rechtfertigen, da diese Leistungen erst dann die Bruttoeinkünfte erreichen, die ohne Krankheit, Unfall oder Arbeitslosigkeit erzielt worden wären, wenn sie um den Wert der Steuerbefreiung aufgestockt werden. Jedoch wäre zumindest ein Progressionsvorbehalt angebracht. 659 Richtiger wäre allerdings eine angemessene Unterstützungshöhe als die Aufstockung einer für unangemessen gehaltenen Unterstützung durch eine Steuervergünstigung. 660 Zu beanstanden sind auch Vorschriften, die bewußt Einkommensteile als Aufwandsentschädigung fingieren und auf diese Weise eine verdeckte Subvention enthalten (so ζ. B. § 3 Nr. 12 EStG). Ein Verstoß gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip ist die Steuerbefreiung der Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit gem. § 3b EStG. 661 Auch im Rahmen der Steuerreform hat sich der Gesetzgeber nicht entschließen können, § 3b ersatzlos zu streichen. Die Steuerbefreiung ist vielmehr nur sehr vorsichtig eingeschränkt worden. Zudem kommt sie aufgrund der vom Gesetz vorausgesetzten Berechnungsmethoden nur solchen Lohnempfängern zugute, bei denen sich der auf solche Arbeitszeiten entfallende Anteil seines Gesamteinkommens rechnerisch gesondert erfassen läßt. Wer dagegen für ein im einzelnen nicht nach diesen Maßstäben aufgeschlüsseltes festes Gehalt arbeitet und auch regelmäßig Sonntags- und Nachtarbeit leistet, bleibt allein schon aus diesem Grunde von 655 Koether-Abfindungen, 314; Offerhaus-Abfindungen, 445 ff. 656 Kirchner, 1. 657 Tipke, 214. 658 Ruppe-Ausnahme, 163. 659 Tipke, 215. 660 Tipke-Steuergerechtigkeit, 95. 661 So auch die Sachverständigen im Hearing zum Steuerreformgesetz 1990, BTDrucks. 11/2536, 14.

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

der Möglichkeit der Inanspruchnahme der Vergünstigung ausgeschlossen,662 ganz abgesehen von den Gewerbetreibenden und Selbständigen, die auch vielfach gezwungen sind, ihren Beruf auch außerhalb normaler Dienstzeiten nachzugehen. Aus diesem Grunde widerspricht diese Regelung auch dem Gebot der steuerlichen Gleichbehandlung,663 zumal der Grad des Arbeitseinsatzes, das Ausmaß des , Arbeitsleides" 664 also, bei der Bestimmung des steuerlichen Einkommens nicht zu berücksichtigen ist. Mag eine derartige Bestimmung arbeitsmarktpolitisch oder als soziale Begünstigung möglicherweise früher einmal gerechtfertigt gewesen sein, so hat sie seit Streichung der Jahresarbeitslohngrenze von 24 000 D M im Jahre 1973 als Befreiungsvoraussetzung ihren Charakter als soziale Begünstigung 665 und angesichts des heutigen Ausmaßes der Dauerarbeitslosigkeit auch ihre arbeitsmarktpolitische Rechtfertigung verloren. 666 Sie ist deshalb zu streichen. 667 Gleiches gilt für die Steuerfreiheit von Bergmannsprämien gem. § 3 Nr. 46 EStG, die steuerrechtlich Bestandteil des Arbeitslohnes sind und für deren Befreiung kein sachlicher Grund vorliegt. 668 Auch die Befreiung von Zinsen aus bestimmten Pfandbriefen, Kommunalschuldverschreibungen sowie Schuldverschreibungen des Bundes und der Länder ist unter dem Gesichtspunkt der Leistungsfähigkeit nicht zu rechtfertigen. Derartige Steuerbefreiungen zeigen, daß ein wachstumorientiertes Steuerrecht häufig anderen Zielsetzungen zu folgen geneigt ist als ein auf Belastungsgerechtigkeit ausgerichtetes. 669) Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß es zum einen einer besonderen gesetzgeberischen Maßnahme bedarf, um Bezüge, die gem. den in § 2 I I I EStG aufgezählten sieben Einkunftsarten steuerbar sind, für steuerfrei zu erklären, und daß zum anderen ein Rechtfertigungsgrund für die Befreiung bestehen muß, da grundsätzlich alle geltwerten Vermögenszuflüsse einer natürlichen Person dem steuerlichen Einkommen zuzuordnen sind. So kann die Durchbrechnung des Leistungsfähigkeitsprinzips ζ. B. durch das Bedürfnis- oder das Verdienstprinzip gerechtfertigt sein, jedoch muß jede Durchbrechung unmittelbar oder mittelbar dem Gemeinwohl und dem öffentlichen Interesse oder der Vereinfachung dienen. 6 7 0 Somit müssen die steuerlichen Gestaltungszwecke, die mit einer Durchbrechung des Leistungsfähigkeitsprinzips erstrebt werden, verfassungsrechtlichen Vorrang gegenüber dem Lastenverteilungsmaßstab des Leistungsfähigkeitsprinzips haben. Aber auch in solchen Fällen muß sorgfältig geprüft werden, ob die 662 Zeidler, 13; vgl. auch BVerfGE 25, 101 (112). 663 Vogel, H., 75. 664 Tipke (11. Aufl.), 216. 665 Herrman/ Heuer /Raupach, § 3b EStG, RN 6. 666 Littmann-Keßler, § 3 b, RN 2. 667 Osthövener, 81 f.; Koether, 214. 668 Herrmann/Heuer/Raupach, § 3 EStG, RN 280. 669 Tipke-Steuerrecht, 12. 670 Birk, 236 ff.; Tipke, 32 f.

II. Der fiskalische Einkommensbegriff

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Abweichung vom Leistungsfähigkeitsprinzip notwendig ist und ob sie möglichst gering gehalten wurde. 671 b2) Der Dualismus der Einkünfteermittlung Der Dualismus der Einkünfteermittlung ist angelegt in § 2 I I EStG. Danach sind Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit der Gewinn, bei den anderen Einkunftsaiten dagegen der Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten. Somit ist der Einkünftebegriff des Einkommensteuergesetzes kein einheitlicher, vielmehr ist er dualistisch aufgebaut. Diese dualistische Interpretation ist nicht bloß von formeller Relevanz, vielmehr manifestiert sie materiell die heterogenen steuerlichen Konsequenzen betrieblicher und nicht betrieblicher Veräußerungsgewinne und -Verluste als Folge unterschiedlicher Ermittlungsbedingungen im unternehmerischen und im privaten Raum. 672 Somit durchbrechen diese unterschiedlichen Ermittlungsbedingungen die grundsätzliche Gleichrangigkeit der Einkunftsarten, 673 da bei den nichtunternehmerischen Einkünften nur die Quelleneinkünfte erfaßt werden, nicht aber etwaige Gewinne oder Verluste aus der Veräußerung von Wirtschaftsgütern des Privatvermögens. 674 Von diesem Grundsatz kennt das Einkommensteuerrecht nur zwei Ausnahmen: Die Veräußerung von im Privatvermögen gehaltenen Anteilen an Kapitalgesellschaften bei wesentlicher Beteiligung gem. § 17 EStG sowie die Spekulationsgeschäfte. Die, abgesehen von den genannten Ausnahmen, völlige Freistellung sämtlicher privaten Veräußerungsgewinne verletzt den Gleichheitssatz 675 und kann auch nicht aus Gründen der Praktikabilität akzeptiert werden. 676 Zwar können begründete technische Beschränkungen, soweit sie tatsächlich erforderlich sind, um eine annähernd gleichmäßige Besteuerung ökonomisch zu bewältigen, rechtlich zulässig sein, und es kann auch nicht bestritten werden, daß es praktisch unmöglich ist, sämtliche, die persönliche Leistungsfähigkeit erweiternde Veräußerungsgewinne der Einkommensbesteuerung zu unterwerfen, 677 jedoch stellt die steuerliche Erfassung von Gewinnen aus Grundstücksveräußerungen und Wertpapiergeschäften beispielsweise über längere als die in § 23 EStG genannten Zeiträume hinaus kein unüberwindbares Hindernis dar. Nicht zuletzt wird die Möglichkeit hierzu durch die Praxis einiger ausländischer Staaten bestätigt, die auch die privaten Kapitalgewinne dem steuerlichen Einkommen zurechnen. 678 Die Grenzverschiebung, die die Finanzverwaltung zum Teil bemüht 671 Birk, 267. 672 Merkenich, 24; Höhn, 12. 673 Littmann-Keßler, § 2, RN 16. 674 Münch, 94. 675 Tipke-Dualismus, 400; Altorfer, 168 ff.; Höhn, 261 ff.; Krause-Nehring, 202; Lang-Systematisierung, 152 ff.; BdF-Nr. 9, 23 f. 676 Tipke-Unordnung, 139. 677 Ebenso: Merkenich, 48; KBI-Nr. 20, 159; BdF-Nr. 17, S. 72, RN 47.

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

ist durchzusetzen, indem sie den Begriff des Gewerbebetriebes strapaziert und nichtunternehmerische Einkünfte in solche aus Gewerbebetrieb umfunktioniert, löst das Problem nicht, sondern ist einseitig zweckorientiert um den Preis der Verletzung der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung. 679 b3) Die persönlichen Steuerbefreiungen Das Einkommensteuergesetz behandelt an zahlreichen Stellen die Einkunftsarten der verschiedenen Berufe und sonstigen sozialen Gruppen unterschiedlich und verletzt dadurch die Forderung, individuelle Leistungsfähigkeit zu messen.680 Zu diesen Verstößen zählt ζ. B. die Art der Einkünfteermittlung durch Landwirte, die dazu führt, daß nur ein Bruchteil der Gewinne der nicht buchführenden Landwirte als steuerliches Einkommen erfaßt wird. Diese Privilegierung ist nicht gerechtfertigt, auch nicht im Verhältnis zu den mit ihnen konkurrierenden buchführenden Landwirte, sind doch die nicht buchführenden Landwirte kein umherziehendes „Hirtenvolk," 681 das Einnahmen und Ausgaben nicht aufzeichnen kann, vielmehr sind sie als Steuersubjekte so zu behandeln, wie Gesetzgeber und Gesetz auch andere Zensiten behandeln. Die Freibeträge für Land- und Forstwirte gem. § 13 I I I EStG und für freie Berufe gem. § 18 IV EStG, der allerdings ab VZ 1990 entfällt, der Arbeitnehmerfreibetrag gem. § 19 IV EStG sowie der Weihnachtsfreibetrag gem. § 19 I I I EStG, die ab dem Veranlagungszeitraum 1990 mit der Werbungskosten-Pauschale von 564 D M zu einer neuen WerbungskostenPauschale von 2 000 D M zusammengefaßt werden sowie der AusbildungsplatzAbzugsbetrag gem. § 24 b EStG waren und sind weitere Beispiele berufsgruppenspezifischer Privilegierungen, die einer sachlichen Begründung entbehren. Die unterschiedliche Besteuerung der Arbeiter- und Angestelltenrenten einerseits und der Beamtenpensionen andererseits ist ebenfalls eine sachlich ungerechtfertigte Ungleichbehandlung, für deren Beseitigung im Sinne einer Harmonisierung sogar ein Verfassungsauftrag besteht, der Gesetzgeber somit verpflichtet ist, eine Neuregelung in Angriff zu nehmen, 682 ohne daß bisher etwas davon zu hören ist, daß der Gesetzgeber die vom Verfassungsgericht gewährte Frist auch nutzt. Es scheint daran erinnert werden zu müssen, derartige Aufträge des Verfassungsgericht nicht allzu voreilig ad acta zu legen. 683 Die Wohnungsbauvergünstigungen gem. §§ 7b und 34f EStG, mit denen Vermögens-, wohnungs- und arbeitsmarktpolitische Zielsetzungen verfolgt wurden, deren gemeinwohlorientierte Zweckhaftigkeit jedoch zumindest zweifelhaft er678 Vgl. hierzu: Hauser, 453 ff.; IB FD, 72 ff. 679 Tipke, 235. 680 Tipke-Steuergerechtigkeit, 67. 681 Tipke-Unordnung, 139. 682 BVerfGE 54, 11 (39). 683 Zeidler-Fragen, 8.

II. Der fiskalische Einkommensbegriff

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scheinen und die darüber hinaus zur Folge hatten, daß die Steuersubventionen gem. § 7b sich mit wachsendem Einkommen, d. h. mit wachsender Leistungsfähigkeit, erhöhen, ist inzwischen, wenn auch mit langen Übergangsfristen, geändert worden. b4) Die Besteuerung nach Wahl Nach dem geltenden Steuerrecht hat ein Steuerpflichtiger nicht nur die Möglichkeit, durch planvolle Sachverhaltsgestaltung die Höhe seines steuerlichen Einkommens zu bestimmen, vielmer kann er auch durch Ausnutzung von Wahlrechten seine steuerliche Belastung beeinflussen. Daß das Einkommensteuerrecht, und nicht nur dieses,684 Wahlrechte einräumt und es somit erlaubt, zwischen der Sachverhaltsfeststellung und der Feststellung der Rechtsfolgen mittels Subsumtion unter den steuerrechtlichen Tatbestand noch eine der Entscheidung des Steuerpflichtigen zugängliche Zwischenstufe einzuschalten, in der es eben um die Auswahl der Norm geht, die die Rechtsfolge festlegt, 685 muß verwundern. 686 Man sollte doch meinen, der Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit und die Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung ließen dies nicht zu, 6 8 7 da die Grundsätze des Rechtsstaates es erfordern, „daß die Norm, die eine Steuerpflicht begründet, nach Inhalt, Gegenstand, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmt und begrenzt ist, so daß die Steuerlast meßbar und in gewissem Umfang für den Staatsbürger voraussehbar und berechenbar wird." 6 8 8 Im Gegensatz zu der aus dem Verwaltungsrecht bekannten Rechtsfigur des Ermessens liegt bei den steuerlichen Rechtsfolgewahlrechten die Entscheidung über den Eintritt oder Nichteintritt bestimmter Belastungswirkungen nicht bei einem behördlichen Hoheitsträger, sondern bei dem betroffenen Zensiten selbst und wird deshalb zwangsläufig auch nicht aus einem hoheitlichen Zweck, sondern aus privatnützigen Erwägungen heraus getroffen. 689 Zu diesen Wahlrechten, die das steuerliche Einkommen beeinflussen, ohne eine tatsächliche Änderung des Leistungsfähigkeitsniveaus zu bewirken, gehört die Entscheidungsmöglichkeit des Steuerpflichtigen über den Umfang seines Betriebsvermögens durch Schaffung eines gewillkürten Betriebsvermögens, das Wahlrecht zur Vollabschreibung geringwertiger Wirtschaftgüter gem. § 6 I I EStG, das Bilanzierungswahlrecht zum Ansatz des Teilwertes gem. § 6 I EStG, das Passivierungswahlrecht für Pensionsrückstellungen gem. § 6a EStG, soweit die Pensionsverpflichtung vor 1987 begründet wurde, 690 und auch das sogenannte Realsplitting. 691 684

Vgl. das Beispiel zur Umsatzsteuer: Birk-Besteuerung, 1325. Kummer, 3; Michels, 41. 6δ6 Rose-Besteuerung, 53. 687 Raupach-Niedergang, 111. 6ss BVerfGE 13, 135 (160). 68 9 Zur konkreten Ausübung von Wahlrechten: Rönitz, 359 ff. 690 Schmidt-EStG, § 6 a, Anm. 2 a. 685

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

Durch den dualen Einkommensbegriff sowie durch die tatsächliche Ungleichbehandlung der einzelnen Einkunftsarten kann der Steuerpflichtige in vielen Fällen sogar die grundsätzliche Art und Weise der steuerlichen Behandlung eines Vorgangs, einer Abfolge von Vorgängen oder eines Zustands selbst bestimmen. So bedeutet die Wahlmöglichkeit gem. § 4 I I I EStG, von der Regelmethode der Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich abzusehen und statt dessen den Gewinn aus dem Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben zu ermitteln, wegen der erheblichen Unterschiede für die Gewinnermittlung, daß von einer grundsätzlich anderen Art und Weise der steuerlichen Behandlung gesprochen werden muß. Auch das bei einer Betriebsveräußerung oder Teilbetriebsveräußerung gegen eine Leibrente bestehende Wahlrecht, den durch die Veräußerung realisierten Gewinn entweder nach Maßgabe der §§ 16 und 34 EStG in Verbindung mit § 22 Nr. 1 Buchst, a EStG für die späteren Rentenzahlungen sofort zu versteuern oder eine Quasi-Betriebsfortführung der Art anzunehmen, daß alle Rentenzahlungen nach Übersteigen des bei der Veräußerung vorhandenen steuerlichen Kapitalkontos Betriebseinnahmen im Sinne der §§15 und 24 Nr. 2 EStG darstellen, 692 sowie das für einen Betriebs- oder Teilbetriebsverpächter bestehende Wahlrecht, sich zwischen den Alternativen „Betriebsaufgabe" und „Betriebsfortführung" zu entscheiden,693 ist durch die hierdurch tangierten unterschiedlichen Einkunftsarten eine Entscheidung von grundsätzlicher Bedeutung. Für zusätzlich bedenklich wird man schließlich die Existenz von solchen Wahlrechten halten müssen, die nicht in einem Gesetz, sondern nur in einer Verordnung, wie z. B. §§ 74 ff. EStDV oder gar nur in einer Verwaltungsanweisung, wie z. B. Absch. 119, Nr. 3b EStR und Abschn. 25 V I Nr. 3 und V I I Nr. 1 3 LStR, verankert sind. Gleiches gilt für Wahlrechte, die die Rechtsprechung geschaffen hat, 694 stellt sich doch in all diesen Fällen auch die Frage nach der Rechtmäßigkeit wegen möglicher Kompetenzverletzungen, wenn aus sozialen Gründen oder aus Gründen der Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens richterrechtliche Steuerfreiheiten statuiert werden, die nicht systembedingt sind und daher auch nicht aus dem Gesetz entwickelt werden können und dadurch notwendigerweise zu willkürlichen Grenzziehungen führen, die nur politisch verantwortet werden können. 695 Nicht zuletzt ergeben sich auch Bedenken wegen einer nur schlecht prognostizierbaren Fortdauerwahrscheinlichkeit. 696 691 Vgl. hierzu: Uelner-Fragen, 115 ff.; Uelner-EStRecht, 418 ff.; Langenfeld, 2377 ff.; Feldhausen, 100 f. 692 BFH-BStBl Π 1974, 452 ff. 693 BFH-BStBl ΙΠ 1964, 124 ff. 694 BFH-BStBl ΠΙ 1964, 124, übernommen in Abschn. 139 IV EStR; II 1974,452 ff., sowie die Rechtsprechung zu den sogen. Annehmlichkeiten, vgl. hierzu: Giloy-Einkommen, 72. 695 Stolterfoht, 420. 696 Rose-Besteuerung, 92; Lübtow, 23: „Das ungeschriebene Recht hat eine wächserne Nase, die man nach Belieben kneten kann."

II. Der fiskalische Einkommensbegriff

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b5) Zusammenfassung Der zunächst als umfassend und einheitlich erscheinende Begriff des steuerlichen Einkommens ist durch imperfekte Gewinnermittlungsarten, durch Nichterfassung von Einkünften aus dem privaten Bereich, durch Wahlmöglichkeiten bei den Rechtsfolgen sowie durch eine intensive Durchdringung des Einkommensteuergesetzes mit steuersubventionellen Vorschriften unbrauchbar geworden, um als Grundlage zu dienen für eine durchgreifende Handlungsmaxime hoheitlicher Eingriffe in die ökonomischen Grundlagen privater Individuen, da der Gesetzgeber den für das Einkommensteuerrecht konstitutiven Auslegungstopos der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit so sehr aus den Augen verlor, 697 daß von einem Niedergang des deutschen Einkommensteuerrechts gesprochen werden kann. 698 Wenn nicht gar unterstützt, so doch zumindest toleriert wurde diese Entwicklung durch eine begleitende Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das sich zumindest in der Vergangenheit einer defensiven Grundhaltung gegenüber dem Gesetzgeber befleißigte 699 und ihm einen besonders weitreichenden Gestaltungsspielraum überließ, 700 obwohl es ansonsten innerhalb der Eingriffsverwaltung im Vergleich zur gewährenden Staatstätigkeit nur eine reduzierte Gestaltungsfreiheit zuläßt. 701 Zuspruch fand die Ansicht vom möglichst großen Freiheitsraum des Steuergesetzgebers zum Teil auch in der Literatur, indem die Auffassung vertreten wird, daß es „deshalb nicht bloß verständlich, sondern geradezu selbstverständlich" sei, „daß Steuerpolitik sich nicht verpflichtet fühlt, Grundsätze zu befolgen, sondern als Konflikt, als Kampf um Bewährung oder Veränderung bestehender Verhältnisse . . . stattfindet." 702 Erst in neuerer Zeit ist eine wohltuende Akzentverschiebung zugunsten der Gerechtigkeitsaussage festzustellen, 703 durch die der Gesetzgeber durch die im Gleichheitssatz begründete Verpflichtung zur Steuergerechtigkeit 704 angehalten wird, die Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auszurichten, ein Grundsatz, der besonders im Einkommensteuerrecht gilt. 7 0 5 697 Stolterfoht, 417. 698 Lang-Reform, 1. 699 Zur ebenfalls defensiven Grundhaltung des BFH: Tipke-Methode, 157 f.; Laule, 67. 700 Vgl. ζ. B. BVerfGE 6, 55 (81); 13, 181 (203); 31, 19 (25 ff.), 49, 343 (360); 50, 386 (393). 701 Vgl. ζ. B. BVerfGE 6, 55 (77); 11, 50 (60); 12, 151 (166); 17, 210 (216); 23, 258 (264); 28, 200 (214); 29, 51 (56); 36, 230 (235); 49, 277 (283), 702 Flämig, 269. 703 BVerfGE 61, 319 ff.; 66, 214 ff.; vgl. hierzu auch: Lang-Familie, 1013 f. und Vogel-Aufwendungen, 197 ff. 704 Wegweisend hierzu das abweichende Votum von Simon, BVerfGE 47, 34 (39): Das Nettoprinzip darf,glicht ohne gewichtigen Grund preisgegeben werden;" vgl. auch Vogel-Besonderheit, 8 ff. 705 BVerfGE 61, 319 (343 f.).

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

Die Ursache hierfür, den Gestaltungsspielraum des Steuergesetzgebers weniger schonend und zurückhaltend als bisher zu begrenzen, liegt in der Notwendigkeit, auf den fortschreitenden Qualitätsverfall 706 der Steuergesetzgebung angemessen zu reagieren. 707 Wenn die „Gesetzgebung zur Wegwerfware verludert, . . . das Parlament im Widerstreit der Meinungen und Interessen... die Kraft zur Gerechtigkeit nicht mehr findet, dann gehört es zur Aufgabe des Bundesverfassungsgerichtes, den Gesetzgeber zu seiner Verantwortung zurückzuführen," 708 die getroffene normative Grundsatzentscheidung, die Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit, folgerichtig zu verwirklichen im Sinne einer stringenten Systemkonsequenz. Eine durchgreifende Reform des Einkommensteuerrechts, die diesen Namen wirklich verdient und sich nicht auf eine Reform des Steuertarifs beschränkt, sondern den für jede Gesetzgebung zu erwartenden rechtsethischen Bezug auch für das Steuerrecht wieder deutlich werden läßt, ist wohl sobald nicht mehr zu erwarten. Das Steuerreformgesetz 1990, das die Chance hierfür hätte sein können, hat diese Gelegenheit nicht genutzt, sondern beschränkt sich statt dessen im wesentlichen auf eine Senkung und grundlegende Umgestaltung des Einkommensteuertarifs in einen linear-progressiven Tarif. Mag dieser Tarifreform auch „epochale Bedeutung" zugesprochen werden im Range einer „Tarif-Jahrhundertreform," 7 0 9 so ist doch das eigentliche Ziel der Steuerreform, „ein gerechteres und einfacheres Steuersystem" 710 zu schaffen, Utopie geblieben. 711 Wenn auch nicht verkannt werden soll, daß das Steuerreformgesetz 1990 mehr als andere Steueränderungsgesetze Steuervergünstigungen und Privilegierungen abbaut, 712 so ist doch darauf hinzuweisen, daß Steuergerechtigkeit nicht allein durch den Tarif hergestellt werden kann. „Gerechte Besteuerung setzt stets eine gerechte Bemessungsgrundlage voraus. Der Gesetzgeber hat es grundsätzlich nicht gewagt, für die verschiedenen Einkunftsaiten je besondere Tarife aufzustellen. Er hat aber die wirkliche Tarifbelastung durch mehr oder minder große Aushöhlungen der Bemessungsgrundlage bei den einzelnen Einkunftsaiten verfälscht." 713 Diese Verfälschung ist nicht beseitigt worden, vielmehr sind „ . . . viele Paragraphen . . . weiter angefettet, Text und Regelungsinhalt weiter verkompliziert worden," 714 so daß das Steuerreformgesetz 1990 bezüglich der Einkommensteuer-Bemessungsgrundlage „ . . . nichts anderes als ein besonders umfangreiches Steueränderungsgesetz" 715 ist. 706 Meßmer-Normen, 18. 707 Lang-Reform, 8. 708 Vogel-Aufwendungen, 197. 709 Tipke, 188. 710 BT-Drucks. 11/2157, 116. 711 Tipke, 188. 712 So jedenfalls der Wissenschaftliche Beirat beim BMF. 713 Tipke-StuW 86, 152. 714 Tipke, 189. 715 Frotscher, 15.

III. Der sozialrechtliche Einkommensbegriff

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Die Zeit für eine Fundamentalreform der Einkommensteuer scheint wohl noch nicht reif zu sein. Eine Reform könnte vielleicht jedoch dadurch erzwungen werden, daß die weitere Entwicklung einen derartigen Grad an Unerträglichkeit erreicht, der von breiten Wählerschichten nicht mehr widerspruchslos hingenommen wird. 7 1 6 Dabei könnten einige weitere Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes zum Beispiel zum Dualismus der Einkünfteermittlung, zum Bewertungsrecht oder zum steuerfrei zu haltenden Existenzminimum, so sie getragen sind vom Tenor der Entscheidungen, die sich mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip auseinandersetzen, 717 diese Entwicklung beschleunigen.

I I I . Der sozialrechtliche Einkommensbegriff Angesichts der Vielfalt und Fülle der Rechtsquellen und Rechtsnormen, die das „Sozialrecht" ausmachen, kann es nicht verwundern, daß es das Einkommen oder den Einkommensbegriff im Sozialrecht nicht gibt. Vielmehr wird nahezu die gesamte Bandbreite denkbarer Begriffe mit unterschiedlichsten Interpretationsinhalten verwendet, leider unter häufiger Mißachtung gehöriger Begriffszucht, 718 wird doch vielfach mit den verschiedenen Begriffen das gleiche und mit demselben Begriff Verschiedenes gemeint. 719 Darüber hinaus hat das Einkommen, mit welchem Wort auch immer bezeichnet und mit welchem Inhalt auch immer ausgefüllt, zumindest bezogen auf das gesamte Sozialrecht, keine einheitliche Funktion. So hat innerhalb der beitragsfinanzierten Systeme, also innerhalb der Sozialversicherungen, das Einkommen zum einen die Aufgabe, durch seine Heranziehung und Inanspruchnahme der Finanzierung der Leistungen zu dienen. Innerhalb der Systeme, deren Leistungen einkommensabhängig gestaltet sind, den Hilfs- und Förderungssystemen also, kommt ihm dagegen die Funktion der Leistungseröffnung zu, und zwar positiv bei Unterschreitung bestimmter Einkommensgrenzen und negativ bei ihrer Überschreitung. Zusätzlich dient das Einkommen in seinen unterschiedlichen Ausgestaltungen auch der Leistungsbemessung. Dies innerhalb der Sozialversicherungen hinsichtlich der Einkommensersatzleistungen als Folge eines mehr oder weniger stark ausgeprägten versicherungstechnischen Äquivalenzprinzips und innerhalb der Hilfs- und Förderungssysteme infolge teilweiser zugelassener Anrechnung von vorhandenem Einkommen auf die Hilfs- und Förderungsleistungen. Dabei unterscheiden sich die Inhalte der je verwendeten Einkommensbegriffe der Sozialversicherungen einerseits und der Hilfs- und Förderungssysteme andererseits ganz wesentlich voneinander. So bestimmt ζ. B. innerhalb der Hilfs- und Förderungssysteme § 2 I des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG), daß Sozialhilfe der nicht erhält, der sich selbst 716 Tipke-Unordnung, 172. 717 BVerfGE 61, 319; 66, 214; 67, 290. 718 Tipke-Forum, 350. 719 Hauck, 113.

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

helfen kann, weil er über eigenes Einkommen verfügt oder die erforderliche Hilfe von anderen, also besonders von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, gewährt bekommt, und definieren die §§76 ff. BSHG einen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Hilfesuchenden umfassend berücksichtigenden Einkommensbegriff. So wird ferner gem. § 2 des Zweiten Wohngeldgesetzes (2. WoGG) in Verbindung mit den Anlagen 1 bis 10 dieses Gesetzes ein von der Höhe des Familieneinkommens gem. §§ 9 ff. 2. WoGG abhängiger Miet- oder Lastenzuschuß zu den Aufwendungen für den Wohnraum gewährt. Ähnlich bestimmt § 11 I I des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG), daß auf den Bedarf des Auszubildenden sein eigenes Einkommen sowie das seiner Eltern bzw. seines Ehegatten anzurechnen sind. A l l diesen, wenn auch in sich unterschiedlichen Einkommensbegriffen der Hilfs- und Förderungssysteme ist als Voraussetzung für eine Leistungseröffnung oder auch -bemessung gemeinsam, daß ihrer inhaltlichen Bestimmung ein Nettowert zugrunde liegt, eine Residualgröße also, die verbleibt, wenn von Einnahmen, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ihres Empfängers indizieren, diejenigen Ausgaben abgezogen worden sind, die der Erzielung, Erhaltung und Sicherung eben dieser Einnahmen dienen. Dagegen wird, wohl nicht zuletzt als Folge des Umstandes, daß die Sozialversicherungen dem Schutz der wirtschaftlich und sozial schwachen Bevölkerungsteile dienen, die der Wechselfälle des Lebens nicht Herr zu werden vermögen 720 und deshalb hauptsächlich Arbeitnehmer zu ihren Mitgliedern zählen, 721 für die Finanzierung der Versicherungsleistungen sowie für die Leistungsbemessung der Einkommensersatzleistungen grundsätzlich auf das Arbeitsentgelt i. S. d. § 14 SGB IV zurückgegriffen. Da der Begriff des Arbeitsentgelts jedoch „nur" alle Vorteile umfaßt, die im ursächlichen Zusammenhang mit einer Beschäftigung stehen722 und damit die synallagmatische Gegenleistung des Arbeitgebers für die Arbeitsleistung des abhängig Beschäftigten meint, 723 wird für die Beitrags- und Leistungsbemessung nicht das Einkommen oder eine Einkommensart des Arbeitnehmers herangezogen, sondern nur die leistungsfähigkeitsindizierenden Einnahmen aus einer spezifischen Erwerbstätigkeit. Dagegen bleiben die für die Erzielung, Sicherung und Erhaltung dieser Einnahmen getätigten Ausgaben, in der Sprache des Steuerrechts die Werbungskosten also, außer Betracht. So bemißt zum ζ. B. die gesetzliche Krankenversicherung die Beiträge für versicherungspflichtige Arbeitnehmer, die den Hauptanteil am Finanzierungsaufkommen der Krankenkassen ausmachen,724 gem. § 226 I Nr. 1 SGB V nach dem Arbeitsentgelt aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung. Auch die Unfall- und Rentenversicherungen legen gem. § 725 I und § 1385 I I I Buchst, a RVO der Beitragsberechnung für Arbeitnehmer das jeweilige Arbeitsentgelt i. S. d. § 14 SGB IV zugrun720 BVerfGE 18, 257 (270). 721 Rufner, 1062. 722 Hauck/Haines, § 14, RN 5. 723 Krause/v. May dell / Merten / Meydam-Merten, § 14, RN 54. 724 Düttmann, 66.

III. Der sozialrechtliche Einkommensbegriff

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de. Vergleichbares gilt für die Einkommensersatzleistungen der Sozialversicherungen. So bemessen sich Krankengeld, Übergangs- und Verletztengeld der Unfallversicherung sowie die Geldleistungen der Rentenversicherung gem. § 47 I Satz 1 SGB V, §§ 561 und 568 RVO sowie §§ 1253 und 1254 RVO für versicherungspflichtige Arbeitnehmer — wenn auch nicht ausschließlich — nach dem Arbeitsentgelt. Nur ausnahmsweise wird in den Sozialversicherungen zur Erfüllung der Funktionen Finanzierung und Leistungsbemessung auf das Einkommen eines Versicherten i. S. d. Arbeitseinkommens gem. § 15 SGB IV oder des Gesamteinkommens gem. § 16 SGB IV zurückgegriffen, und zwar bei selbständig Tätigen und geringfügig Beschäftigten. 725. Den unterschiedlichen Funktionen, die das Einkommen im Sozialrecht zu erfüllen hat, entsprechen somit in Verbindung mit dem Begriff des Beschäftigungsverhältnisses als zusätzlichem Tatbestandsmerkmal für die Versicherungspflicht bzw. Mitgliedschaft in einer Sozialversicherung unterschiedliche inhaltliche Bestimmungen des Einkommens innerhalb der Hilfs- und Förderungssysteme einerseits und den Sozialversicherungen andererseits als den beiden großen Teilbereichen des Sozialrechts. Während nämlich bei den Hilfs- und Förderungssystemen das dort definierte Einkommen grundsätzlich die ökonomische Leistungsfähigkeit des Leistungsempfängers, seines Haushaltes oder auch eines größeren Unterhaltsverbandes indiziert, steht bei den Sozialversicherungen das Arbeitsentgelt aus einer nichtselbständigen Beschäftigung im Vordergrund der Betrachtungen; nicht also das Einkommen eines Versicherten, sondern nur die Einnahmen aus einer spezifischen Einkunftsart. Dieser Umstand beeinflußt auch die weitere Auseinandersetzung mit den sozialrechtlichen Einkommensbegriffen im Rahmen dieser Arbeit. Ausgehend von der gleich zu Anfang 726 aufgeworfenen Frage, ob festgestellt werden kann, daß hoheitlichem Handeln im Sinne eines Eingriffs in die ökonomischen Grundlagen privater Haushalte eine durchgängige Handlungsmaxime unterlegt werden kann und ob als Indikator für die Einhaltung einer derartigen Handlungsmaxime das Einkommen zu dienen imstande ist, scheiden nach dem versicherungstechnischen Äquivalenzprinzip ausgestaltete Rechtsbeziehungen und daraus herzuleitende Einkommensbegriffe, also das Arbeitsentgelt, das Arbeitseinkommen und das Gesamteinkommen i. S. d. §§ 14 ff. SGB IV, aus den weiteren Betrachtungen aus. Denn die Rechtsverhältnisse der Sozialversicherungen sind als auf Dauer angelegte zweiseitig verpflichtende verwaltungsrechtliche Schuldverhältnisse 727 auf Vorleistungen bezogen und damit dem Gedanken der ausgleichenden Gerechtigkeit, dem Austausch- oder Kommutativprinzip verpflichtet. 728 Zwar ist das Verhältnis zwischen Beiträgen und Leistungen sozial überformt und durch die 725 Vgl. z. B. §§ 226 I Nr. 4, 237 Nr. 3, 47 I Satz 1 SGB V; §§ 1385 ΙΠ Buchst, b, 1387 I RVO; § 8 SGB IV i. V. m. § 7 SGB V oder § 1228 I Nr. 4 RVO. 726 Vgl. oben S. 2. 727 Schnapp, 815. 728 Bley, 58. 11 Burger

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

Dynamisierung zusätzlich aus der Balance geraten, dennoch ist dieses Gegenseitigkeitsverhältnis im Grundsatz noch erhalten, 729 so daß Beitragsentrichtung und Leistungsgewährung sich nicht als hoheitliche Eingriffe in die ökonomischen Grundlagen privater Haushalte in dem hier verstandenen Sinne darstellen. Diese den Sozialversicherungen mehr oder weniger innewohnenden synallagmatischen Leistungsbeziehungen730 fehlen dagegen den Hilfs- und Förderungssystemen. Deren Sozialrechtsverhältnisse sind nicht durch eine Vorleistungsbezogenheit gekennzeichnet, sondern folgen dem Verteilungs- oder Distributivprinzip. 7 3 1 In dem Maße, in dem sie einseitig Geld oder geldwerte Leistungen gewähren, stärken sie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit infolge ihres Eingriffs in die ökonomischen Grundlagen privater Haushalte. Bei dieser grundsätzlichen Gruppenbildung der sozialrechtlichen Einkommensbegriffe kommt der Arbeitsförderung nach dem Arbeitsförderungsgesetz eine besondere Stellung zu. Auch wenn die Arbeitslosenversicherung gem. § 1 I I SGB IV nicht den Sozialversicherungen zugerechnet wird, weil zwischen der Arbeitslosenversicherung und der Arbeitsvermittlung ein enger Sachzusammenhang besteht, der aus Gründen der Transparenz des Rechts und der Praxis nicht zerrissen werden sollte, 732 entspricht sie hinsichtlich ihrer Einkommensersatzleistung Arbeitslosengeld doch dem Austauschprinzip der Sozialversicherungen. Andererseits setzt aber im Gegensatz zur Kranken- Unfall- und Rentenversicherung die Inanspruchnahme auch von Einkommensersatzleistungen nicht in jedem Fall das Bestehen eines Sozialversicherungsverhältnisses voraus. So kann gem. § 134 III AFG die Arbeitslosenhilfe auch von Personen in Anspruch genommen werden, die keine Beiträge nach dem AFG entrichtet haben, die aber bedürftig sein müssen. Somit ist Arbeitslosenhilfe im Gegensatz zum Arbeitslosengeld nicht mit den Leistungen der Sozialversicherungen zu vergleichen, sondern weist hinsichtlich ihrer Anspruchsvoraussetzungen Parallelen zur Sozialhilfe und damit zu den Hilfs- und Förderungssystemen auf. Aus diesem Grunde wird der Einkommensbegriff nach dem AFG für die Arbeitslosenhilfe in die weiteren Betrachtungen einbezogen. Die materiellen Voraussetzungen für den Empfang einer Leistung im Rahmen der Hilfs- und Förderungssysteme werden grundsätzlich durch denjenigen erfüllt, der nicht über eine für ausreichend gehaltene eigene wirtschaftliche Leistungsfähigkeit verfügt und deshalb zur Verbesserung seiner ökonomischen Grundlagen auf Transferleistungen seitens des Staates angewiesen ist. 7 3 3 Indikator für diese fehlende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ist im Rahmen der Hilfs- und Förderungssysteme das Einkommen, ohne das allerdings die verschiedenen Transferlei729 7

30 7 31 7 32 7 33

Krause-Sozialrechtsverhältnis, 30 f. Krause, P., 116. Bley, 58. Hauck/Haines, SGB I V / 1, E 010, S. 6. Giese-Bedarf, 129.

III. Der sozialrechtliche Einkommensbegriff

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stungssysteme sich auf einen einheitlichen Einkommensbegriff haben verständigen können. Die in den Hilfs- und Förderungssystemen sowie den Vorschriften zur Arbeitslosenhilfe enthaltenen Gesetzesvorschriften zum Einkommen sind uneinheitlich und zumeist unvollständig, da sie nicht alle regelungsbedürftigen Situationen und Zustände erfassen, 734 so daß diese Lücke durch eine sie ausfüllende Verordnung auf der Grundlage einer entsprechenden Ermächtigungsnorm geschlossen werden muß mit der Folge, daß die Verordnungen untereinander erst recht differieren. So enthält ζ. B. das Bundessozialhilfegesetz in den §§76 — 78 Vorschriften über den Einsatz des Einkommens und des Vermögens, die ergänzt werden durch die Verordnung zur Durchführung des § 76. Die Bestimmung des Einkommens im Sinne der Arbeitslosenhilfe erfolgt in § 138 AFG i. V. m. den §§11 ff. der Arbeitslosenhilfeverordnung. Die Gesetze der Ausbildungs- und Wohnungsbauförderung, der Förderung des privaten Sparens und der privaten Vermögensbildung sowie das Bundeskindergeld- und das Bundeserziehungsgeldgesetz verweisen dagegen im wesentlichen auf das Einkommensteuerrecht. Grundsätzlich lassen sich jedoch zwei Begriffskategorien unterscheiden, und zwar einerseits Einkommensbegriffe, die dem außersteuerlichen Bruttoeinnahmeprinzip folgen und andererseits Einkommensbegriffe, die grundsätzlich vom steuerlichen Einkommen ausgehen und dieses mehr oder weniger modifizieren.

1. Einkommensbegriffe nach dem außersteuerlichen Bruttoeinnahmeprinzip Während der fiskalische Einkommensbegriff synthetisch und enumerativ durch Nennung von sieben Einkunftsarten unter Berücksichtigung einer Fülle von objektiven und subjektiven Befreiungen einen die ökonomische Leistungsfähigkeit nur eingeschränkt widergebenden Einkommensbegriff definiert, geht das außersteuerliche Bruttoeinnahmeprinzip von einem universellen Einkommensbegriff aus, indem es sämtliche Einnahmen in Geld oder Geldeswert erfaßt ohne Rücksicht auf die Quelle der Einnahmen und auch ohne Rücksicht auf die Beständigkeit ihres Fließens.735 Außersteuerlich sind diese Einkommensbegriffe, weil der Einkommensbegriff des Steuerrechts keine Vorgabe darstellt; sie folgen vielmehr dem Bruttoeinnahmeprinzip, da Ausgangspunkt der inhaltlichen Bestimmung nicht Gewinne oder Überschüsse von Einnahmen über hiermit kausal oder final korrespondierenden Ausgaben sind, so daß nicht Nettogrößen, sondern Wertzuflüsse im Sinne von 734 Bender, H.-E., 257. 735 Giloy-Einkommen, 45. 11*

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

Einnahmen, von denen nur bestimmte Ausgaben abgezogen werden dürfen, ihre Ausgangsbasis bilden. Dem außersteuerlichen Bruttoeinnahmeprinzip folgen die Einkommensbegriffe der Sozialhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz, der Arbeitslosenhilfe nach dem Arbeitsförderungsgesetz sowie des Wohngeldes nach dem 2. Wohngeldgesetz. a) Der Einkommensbegriff nach dem Bundesozialhilfegesetz al) Die Subsidiarität

der Sozialhilfeleistung

Der fürsorgerechtlichen Subsidiarität (§ 2 BSHG), die dem Leistungsrecht der öffentlichen Fürsorge seit jeher zu eigen ist, 7 3 6 entspricht die Verpflichtung, vor Inanspruchnahme öffentlicher Sozialhilfe alle Möglichkeiten der Selbsthilfe zu nutzen. Damit wahrt der Nachrang der Sozialhilfe die verfassungsrechtlich relevanten Belange der Allgemeinheit bei der Abwehr ungerechtfertigter Anforderungen und installiert das so geprägte Sozialhilferecht als Bestandteil verfassungsmäßiger Ordnung 737 unter gleichzeitiger Verfolgung auch fiskalischer Gesichtspunkte, 7 3 8 da durch den vorrangigen Einsatz der eigenen Hilfsmöglichkeit die aus Mitteln der Allgemeinheit zu finanzierende Sozialhilfe nur als letzte Möglichkeit in Anspruch genommen werden kann und soll. 7 3 9 Vorhandene eigene Hilfsmöglichkeit dokumentiert sich zuvörderst in vorhandenem Einkommen. Erst dann, wenn nach dem Einsatz dieses Einkommens [und im weiteren Verlauf des evtl. vorhandenen verwertbaren Vermögens] ein ungedeckter Bedarf übrig bleibt, entsteht und besteht nach den Prinzipien der Bedarfsdeckung und des Nachrangs ein Anspruch auf Sozialhilfe. Dabei muß für den Bedarf zum Lebensunterhalt der Hilfesuchende alle seine Mittel einsetzen, während für die Inanspruchnahme von Hilfe in besonderen Lebenslagen der Hilfesuchende gem. § 28 BSHG seine finanziellen Mittel nur insoweit einsetzen muß, als ihm dies zuzumuten ist, da er vorrangig seinen Lebensunterhalt bestreiten muß, ehe er zum besonderen Bedarf beitragen kann. 740 a2) Die Summe der Einnahmen als Grundlage des sozialhilferechtlichen Einkommensbegriffs Das Einkommen im Sinne des Bundessozialhilfegesetzes wird definiert in den §§76-78 BSHG in Verbindung mit der Verordnung zur Durchführung des § 76 BSHG vom 28.11.1962 741 , geändert durch die Verordnung vom 23.11.1976. 742 736 Gottschick/Giese, § 2, RN 1.2; Jehle, 342 ff. 737 Schmitt, 520 f.; BVerwG-ZfSH 1981, 22. 738 Desch, 123. 739 Mergler / Zink, § 2, RN 5. 740 Nees/Neubig/Zuodar, 49 und 194; Schulte / Trenk-Hinterberger, 253 f.

III. Der sozialrechtliche Einkommensbegriff

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Dabei gelten diese Vorschriften sowohl für die Hilfe zum Lebensunterhalt als auch für die Hilfe in besonderen Lebenslagen743 Gem. § 76 I BSHG gehören zum sozialhilferechtlichen Einkommen alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert, mit Ausnahme der geleisteten Sozialhilfe und der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) sowie der Renten und Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz (BEG) für Schäden an Leben, Körper oder Gesundheit gewährt werden, diese jedoch nur bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz. Das Gesetz spricht zwar von Einkünften, gebraucht also die Bezeichnung für eine Nettogröße, meint jedoch die als Einnahmen zu bezeichnenden Wertzuflüsse, folgt also, wenn auch in terminologisch unkorrekter Weise, dem Bruttoeinnahmeprinzip. 744 Dies folgt aus der Anordnung des Gesetzes, daß vom Einkommen (!) [einer Nettogröße also] gem. § 76 I I BSHG bestimmte Ausgaben abzusetzen sind. Bei richtiger Wortwahl hätte also statt „Einkünfte" die Bezeichnung „Summe der Einnahmen" gewählt werden müssen.745 Zu den Einkünften im Sinne von Summe der Einnahmen zählen alle Wertzuflüsse, gleich aus welchem Grunde sie geleistet werden und welcher Art sie sind 746 und ohne Rücksicht auf ihre Herkunft und Rechtsnatur sowie unabhängig davon, ob sie zu den Einkunftsarten im Sinne des Einkommensteuergesetzes gehören und ob sie der Steuerpflicht unterliegen. Damit werden vom sozialhilferechtlichen Einkommensbegriff grundsätzlich alle Einnahmen erfaßt, also sowohl laufende, in regelmäßigen oder unregelmäßigen Abständen wiederkehrende als auch einmalige Einnahmen und auch ohne Rücksicht darauf, ob auf sie ein Rechtsanspruch besteht oder nicht. 747 Einkommensrelevant sind somit auch Totogewinne und Veräußerungserlöse, 748 Renten aller A r t 7 4 9 und Kindergeld, 750 soweit dieses nicht dem einkommens- und vermögenslosen minderjährigen Kind zugewendet wird, 7 5 1 ferner Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe, Wohngeld 752 und 741 BGBl I 1962, 692. 742 BGBl I 1976, 3234. 743 Knopp /Fichtner, § 76, RN 1. 744 Vgl. dagegen die auch terminologisch zutreffende Bezeichnung des § 10 I WoGG und des § 138 II AFG. 745 Zu bedauern ist, daß auch die überwiegende Kommentarliteratur der terminologisch unkorrekten Bezeichnung folgt: Knopp / Fichtner, § 76, RN 1; Gottschick / Giese, § 76, RN 2; Mergler / Zink, § 76, RN 11 f.; Schulte / Trenk-Hinterberger, 194 terminologisch korrekter: Schellhorn / Jirasek / Seipp, § 76, RN 6. 746 Keese, 296. 747 Nees/Neubig/Zuodar, 194. 748 Schellhorn/ Jirasek /Seipp, § 76, RN 8. 749 Zum Sonderzuschuß gem. Art. 2 § 36 IV ArVNG und Art. 2 § 35 IV AnVNG: Wessel, 43 ff. 750 Rendschmidt, 292. 751 Giese, 157; BVerwGE 20, 188 (194); 60, 7 (9); 60, 18 (21). 752 Fabian, 114.

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

Leistungen nach dem BAföG, 7 5 3 sowie sogar Einnahmen aus einer unsittlichen oder verbotenen Tätigkeit. 754 Soweit Einnahmen dem Hilfesuchenden zufließen, die nicht in Geld bestehen, ζ. B. Deputate, freie Wohnung, Verpflegung und sonstige Sachbezüge, erfolgt die Bewertung nach Maßgabe der jeweils geltenden Sachbezugsverordnung auf der Grundlage der dort für die Sozialversicherung festgesetzten Werte. Falls ein solcher Wert nicht festgesetzt worden ist, ist von den üblichen Mittelwerten am jeweiligen Verbrauchsort auszugehen.755 Soweit Einnahmen mit entsprechenden Einkunftsarten des Einkommensteuerrechts korrespondieren, wird durch die Verordnung zu § 76 BSHG auf die einschlägigen Vorschriften des Einkommensteuerrechts verwiesen, jedoch bleibt in Abweichung hierzu gem. § 4 I der Verordnung bei Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft der Nutzungswert der Wohnung im eigenen Haus unberücksichtigt. Darüber hinaus besteht für diese Einkunftsart die Besonderheit, daß sie mit Zustimmung der zuständigen Landesbehörde auch nach den Pauschbeträgen des Lastenausgleichs berechnet werden kann. Dabei steht die Entscheidung, ob von dieser Ermächtigung gebrauch gemacht wird, allein dem Träger der Sozialhilfe zu. 7 5 6 Von dieser Möglichkeit ist jedoch abzusehen, wenn der hilfesuchende Land- oder Forstwirt zur Einkommensteuer veranlagt wird und der Gewinn nicht auf Grund von Durchschnittssätzen ermittelt wird. a3) Die Reduzierung der Summe der Einnahmen Das Bundessozialhilfegesetz reduziert die umfassende Fülle der einkommensrelevanten Einnahmen gem. § 76 I BSHG durch eine enumerativ abschließende Aufzählung von Wertzuflüssen, die nicht in die Summe der Einnahmen eingehen dürfen, gem. § 77 I BSHG um Leistungen aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften für einem ausdrücklich genannten Zweck und gem. § 77 I I BSHG um nach § 847 BGB erhaltene Schmerzensgeldleistungen. a3a) Die Reduzierungen gem. § 76 I BSHG Mit der Anordnung, daß die Leistungen nach dem Sozialhilfegesetz nicht in den sozialrechtlichen Einkommensbegriff eingehen dürfen, wird mit dem Einkommensbegriff eine Anrechnungsvorschrift verknüpft, da zunächst die Bemessungsgröße für die Leistung nach dem Sozialhilfegesetz gesucht wird und somit gefragt wird nach dem Indikator für Bedürftigkeit, der verfälscht würde, wenn in dieser Bemessungsgrundlage bereits diejenigen Wertzuflüsse berücksichtigt 753

Stemplewski, 75. 54 Knopp / Fichtner, § 76, RN 3 mit entspr. Beispielen. 7 55 Schulte / Trenk-Hinterberger, 219. 7 56 Oestreicher, § 5 VO zu § 76 BSHG, S. 10; Schellhorn / Jirasek / Seipp, § 5 VO zu § 76 BSHG, RN 3. 7

III. Der sozialrechtliche Einkommensbegriff

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würden, die eine fehlende Leistungsfähigkeit ausgleichen sollen. Darüber hinaus wird durch diese Ausschließungsvorschrift verhindert, daß nach bürgerlichem Recht unterhaltspflichtige Personen, die ihrerseits Sozialleistungen wegen fehlender Leistungsfähigkeit erhalten, unter Einbeziehung eben dieser Leistungen in ihr Einkommen zum Unterhalt eines anderen herangezogen werden. 757 Durch das 2. Änderungsgesetz vom 14. August 1969 758 wurde bestimmt, daß auch die Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz keine Einnahme im Sinne des § 76 I BSHG ist. Dies gilt, da eine Einschränkung nicht gemacht wird, für die Grundrenten der Beschädigten und der Hinterbliebenen. Vom Wortlaut her ist es zweifelhaft, ob diese Reduzierungsvorschrift lediglich für die unmittelbar nach dem Bundesversorgungsgesetz geleisteten Grundrenten gilt oder auch für solche Grundrenten, die in entsprechender Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes gezahlt werden. 759 Da jedoch ein sachlicher Grund für eine unterschiedliche Behandlung nicht besteht, muß davon ausgegangen werden, daß die Reduzierungsvorschrift auch für die dem Bundesversorgungsgesetz entsprechenden Grundrenten gilt. 7 6 0 Die Ausdehnung der Reduzierungsvorschrift auf die Grundrente ist in das Bundessozialhilfegesetz aufgenommen worden, nachdem schon bisher das Bundesverwaltungsgericht die Auffassung vertreten hatte, daß die Grundrente eines Beschädigten als zweckbestimmte Leistung im Sinne des § 77 BSHG anzusehen sei und dementsprechend nicht in den sozialhilferechtlichen Einkommensbegriff einbezogen werden dürfe. 761 Dieser Auffassung hatte sich der Gesetzgeber angeschlossen und dabei zugleich eine Ausdehnung auf die Grundrenten für Hinterbliebene vorgenommen. Die Erweiterung der Reduzierungsvorschrift ist zu bedauern, bedeutet sie doch einen Rückfall in die Gruppenfürsorge überholter Fürsorgezeiten, da es nicht Aufgabe der Sozialhilfe sein kann, Rücksichtnahme auf besondere Beschädigtengruppen zu nehmen. 762 Auch kann nicht davon ausgegangen werden, daß bei den Leistungen nach dem Sozialhilfegesetz an Kriegsopfer ein Kausalzusammenhang besteht zwischen dem schädigenden Ereignis und der gegenwärtigen Hilfsbedürftigkeit. Aus diesem Grunde kann die Nichtberücksichtigung der Grundrente nicht als begründet angesehen werden, stattet sie doch einen Hilfsbedürftigen mit ökonomischer Leistungsfähigkeit aus, die ihn gegenüber anderen Sozialhilfeempfängern ungerechtfertigt begünstigt und bei Heimaufenthalten sogar häufig zu Schwierigkeiten führt, 763 da der Grundrentenbezieher 757 Gottschick/Giese, § 76, RN 31. 758 BGBl I 1969, 1153. 759 Ζ. B. Renten nach § 80 SVersG; § 47 ZDG; § 51 BSeuchG; § 1 GewaltEntschG. 760 So Nees/Neubig/Zuodar, 194; Jehle-Schmitt, § 76, RN 5; Schellhorn / Jirasek / Seipp, § 76, RN 20; aA Mergler / Zink, § 76, RN 18, der sich jedoch dafür ausspricht, daß auch diese Leistungen unberücksichtigt bleiben. 761 BVerwGE 19, 198 (203); distanzierend hierzu BVerwGE 69, 177 (182). 762 Schellhorn/ Jirasek /Seipp, §76, RN 13. 763 Verein, 57.

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

neben der ihm verbleibenden Grundrente noch ein Taschengeld in Höhe des gem. § 21 I I Satz 3 BSHG vorgesehenen erhöhten Satzes erhält. 764 Die weitere Ausdehnung der Reduzierungsvorschrift auf Renten und Beihilfen, die gem. §§28 bis 42 BEG für einen Schaden an Leben, Körper oder Gesundheit gewährt werden, allerdings nur bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz, erfolgte durch das 5. Änderungsgesetz vom 28. Oktober 1986. 765 Die hieraus resultierende Nichterfassung derartiger Leistungen bei der Einkommensermittlung eines Hilfesuchenden gilt auch für Renten an verwitwete Ehegatten und Waisen, da diese Hinterbliebene i. S. d. § 41a BEG sind. Die Änderung erfolgte aufgrund eines vom Bundesrat eingebrachten Gesetzentwurfs, 766 nachdem das Bundesverwaltungsgericht festgestellt hatte, daß die einem Verfolgten wegen eines an Körper oder Gesundheit erlittenen Schadens gewährte Rente bei der Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt als Einkommen zu berücksichtigen ist, da der Zweck der Rente nicht ausdrücklich genannt sei. 767 Es ist nicht zu verkennen, daß die Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz, die eine Kriegsopferentschädigung für die Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit darstellen und die Mehraufwendungen ausgleichen sollen, die der Beschädigte infolge seiner Schädigung gegenüber gesunden Menschen haben mag, vergleichbar sind mit den Leistungen, die Verfolgte und Hinterbliebene nach dem Bundesentschädigungsgesetz erhalten, so daß eine Gleichbehandlung der durch den Nationalsozialismus Verfolgten mit den Kriegsopfern nicht nur berechtigt, sondern auch geboten erscheinen mag. 768 Eine derartige Gleichbehandlung wäre jedoch sachgerechter dadurch zu erreichen gewesen, wenn einserseits die Leistungen nach dem Bundesversorgungs- bzw. Bundesentschädigungsgesetz bei der Einkommensermittlung eines Hilfesuchenden einkommenserhöhend berücksichtigt werden, andererseits diesen Leistungsempfängern ein ihrer individuellen persönlichen Situation entsprechender Betrag auf der Bedarfsseite zugewiesen wird. Denn nur dann, wenn den hier genannten Rentenleistungen auch ein konkret vorhandener und sozialhilferechtlich anzuerkennender Bedarf gegenübersteht, entspricht die Nichtberücksichtigung der Renteneinnahmen bei der Einkommensermittlung dem aus § 3 I BSHG herzuleitenden Individualisierungsgrundsatz. Da aber die Grundrente gem. § 31 BVG und die ihr vergleichbare Rente gem. § 31 BEG in pauschalierter Form in Abhängigkeit von der Minderung der Erwerbstätigkeit geleistet wird und damit die sozialhilferechtlich zu berücksichtigende individuelle Bedarfslage unberücksichtigt läßt, wird eine Gegenüberstellung von sozialhilferechtlichem Bedarf und Rentenleistung sich in aller Regel 764 aA Luber, § 76, Anm. 2. 765 BGBl. I 1986, 1657. 766 BR-Drucks. 318/85. 767 BVerwGE 69, 177 (182). 768 So amtl. Begründung BR-Drucks. 318/85, 3.

III. Der sozialrechtliche Einkommensbegriff

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nicht entsprechen. Dabei stellt eine individuelle Bedarfsermittlung bei Kriegsopfern und durch den Nationalsozialismus Geschädigten keine Besonderheit dar, wird doch im Rahmen der Sozialhilfe regelmäßig zur Feststellung der Bedürftigkeit eines Hilfesuchenden der konkret notwendige Bedarf dem vorhandenen Einkommen gegenübergestellt. 769 a3b) Die Reduzierungen gem. § 77 BSHG Neben den bereits genannten Reduzierungen gehören gem. § 771 BSHG solche Leistungen ebenfalls nicht zum sozialhilferechtlichen Einkommen, die aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck gewährt werden, soweit nicht die Sozialhilfe im Einzelfall dem gleichen Zweck dient sowie gem. § 77 I I BSHG das Schmerzensgeld nach § 847 BGB. Die Reduzierungsvorschrift gem. § 77 I BSHG soll zum einen vermeiden, daß die besondere Zweckbestimmung von Leistungen, die ein Hilfesuchender zur Dekkung eines spezifischen Bedarfs erhält, nicht durch eine Heranziehung zu andersartigen Leistungen der Sozialhilfe verfälscht wird, weil sie als Einkommen im Rahmen der Sozialhilfe berücksichtigt und damit zu der von der Sozialhilfe angestrebten Bedarfsdeckung eingesetzt werden müssen. Zum anderen soll die Anrechnung zweckidentischer Leistungen verhindern, daß für ein und denselben Zweck Doppelleistungen aus öffentlichen Mitteln gewährt werden. 770 Zu den öffentlich-rechtlichen Vorschriften i. S. d. § 77 I BSHG zählen nicht nur Gesetze, sondern auch Verordnungen und dem öffentlichen Recht zuzurechnende Verwaltungsvorschriften, 771 somit vor allem die Bestimmungen über die Gewährung von Sozialleistungen nach dem Sozialgesetzbuch,772 die Vorschriften über Leistungen nach dem Lastenausgleichgesetz und Beihilfen nach dem Beamtenrecht. Leistungen, die aufgrund derartiger Vorschriften gewährt werden, sind dann sozialhilferechtlich privilegiert, wenn der Zweck der Leistung ausdrücklich genannt ist, 7 7 3 sie nicht also allgemein der Bestreitung des Lebensunterhalts dienen, 774 und der ausdrücklich genannte Zweck nicht identisch ist mit der Zielrichtung sozialhilferechtlicher Leistungen. Dabei liegt Zweckidentität im Einzelfall immer dann vor, wenn im Rahmen der Bedarfsdeckung Leistungen der Sozialhilfe für die gleichen Anforderungen vorgesehen sind, für die zweckbestimmte Leistungen gewährt werden. 775 Eine solche Zweckidentität liegt ζ. B. vor beim Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz im Verhältnis zur Hilfe zum 769 Vgl. ζ. B. BVerwGE 45, 157 (159); 69, 177 (180); 75, 168 (170). 770 Birk-LPK-BSHG, §77, RN 2; Schulte / Trenk-Hinterberger-BSHG, §77, Anm. 1; BVerwGE 45, 157 (160); BVerwG-FEVS 33, 353 (356). 771 Mergler / Zink, § 77, RN 13. 772 Vgl. §§ 18 — 29 SGB I. 773 BVerwGE 69, 177 (181). 774 Schellhorn/ Jirasek /Seipp, § 77, RN 11. 775 Birk-LPK-BSHG, § 77, RN 5; OVG Münster-FEVS 27, 286 (289).

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

Lebensunterhalt, nicht jedoch zur Krankenhilfe gem. § 37 BSHG; ebenso beim Blindengeld nach den Landesblindengesetzen im Verhältnis zur Blindenhilfe gem. § 67 BSHG 7 7 6 oder der Haushaltshilfe gem. § 38 SGB V im Verhältnis zur Hilfe zur Weiterführung des Haushalts gem. §§ 70f BSHG. Dagegen besteht ζ. B. bei der Erholungshilfe gem. § 27 b BVG keine Zweckidentität. 777 Wie sich aus dem Wort „soweit" ergibt, sind sowohl Voll- wie Teilprivilegierungen möglich. Besteht somit nur für einen Teil der infrage kommenden Sozialhilfeleistung im Verhältnis zur anderen öffentlichen Leistung Zweckidentität, kommt eine Privilegierung der zweckbestimmten öffentlichen Leistung nur in dem Umfang in Betracht, in dem sie für einen Bedarf geleistet wird, der sozialhilferechtlich nicht gedeckt zu werden braucht. Dies ist ζ. B. dann der Fall, wenn gem. § 558 I I I RVO ein Pflegegeld gezahlt wird, jedoch sozialhilferechtlich nur ein Bedarf in Form der Hilfe zum Lebensunterhalt besteht, nicht aber auch ein Bedarf an Hilfe zur Pflege. Während gem. § 77 I BSHG auch eine zweckbestimmte öffentlichrechtliche Leistung nur dann bei der sozialhilferechtlichen Einkommensermittlung privilegiert ist, soweit sie nicht demselbem Zweck dient wie die Sozialhilfe, ist ein nach § 847 BGB gewährtes Schmerzensgeld als Einkommen überhaupt nicht zu berücksichtigen. Eine umfassende Privilegierung von Schmerzensgeldzahlungen wird jedoch nur dann erreicht, wenn das Schmerzensgeld als laufende Rente gezahlt wird. Wird es dagegen als Kapital in einer Summe ausgezahlt, was die Regel ist, 7 7 8 ist es als Einnahme nur in der Bewilligungsperiode seines Zuflusses begünstigt und wird hinsichtlich seines am Ende dieser Periode nicht verbrauchten Teils Vermögen i. S. d. § 88 BSHG. Sein Einsatz und seine Verwertung richten sich dann nach den für das Vermögen geltenden Vorschriften. a3c) Die Reduzierungen gem. § 78 BSHG § 78 BSHG enthält eine weitere ausdrückliche Ausnahmeregelung zu § 76 I BSHG und bedeutet insoweit eine Abschwächung des Subsidiaritätsprinzips. 779 Diese Ausnahmeregelung hat den Zweck, die Bereitschaft zu fördern, freiwillig Hilfe zu leisten. Sie will darüber hinaus verhindern, daß freiwillige Leistungen, Barmherzigkeitstransfers also, die gerade deshalb gewährt werden, um die wahrgenommene Bedürftigkeit ihrer Empfänger zu mindern, durch ihre Erfassung als Einnahmen sonst zu gewährende Sozialhilfe kompensieren mit der dann wohl unausbleiblichen Folge spürbarer Einschränkung humanitärer Hilfsbereitschaft. 780 776 BVerwGE 34, 164 (166). 777 Vgl. auch den Leistungskatalog in: Birk-LPK-BSHG, § 77, RN 8 a bis 42. 778 Palandt-Thomas, § 847, Anm. 4 b. 779 Mergler / Zink, § 78, RN 4. 780 Schmitt, L., § 78, RN 1; Schulte / Trenk-Hinterberger-BSHG, § 78, Anm. 1; Fichtner, O., 262 f.

III. Der sozialrechtliche Einkommensbegriff

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Die Privilegierung ist jedoch in Abhängigkeit von der „Person" des Gebers unterschiedlich begrenzt. Soweit die Zuwendungen von Verbänden der freien Wohlfahrtspflege i. S. d. § 101 BSHG erfolgen, zu denen auch Stiftungen, Vereine und Vereinigungen gehören, die Bedürftige oder Gruppen von Behinderten betreuen, 781 endet die Privilegierung dann, wenn die Zuwendungen die Lage des Hilfesuchenden so günstig beeinflußt haben, daß daneben eine Gewährung von Sozialhilfe ungerechtfertigt wäre, § 781 a. E. BSHG. In der Praxis werden derartige Zuwendungen erst dann als Einnahmen erfaßt, wenn sie regelmäßig gewährt werden und einen in aller Regel durch eine Verwaltungsvorschrift festgelegten Prozentsatz des Regelsatzes eines Haushaltungsvorstandes übersteigen. 782 Erfolgt die Zuwendung dagegen von anderen, ohne daß diese hierzu eine rechtliche oder sittliche Pflicht haben, sollen sie insoweit außer Betracht bleiben, als ihre Berücksichtigung bei der Einkommensermittlung für den Empfänger eine besondere Härte bedeuten würde, § 78 I I BSHG. Eine anrechnungsbegründende rechtliche Verpflichtung kann auf Gesetz, Vertrag oder Gewohnheitsrecht beruhen. 783 Dies ist vor allem von Bedeutung für Leistungen eines Arbeitgebers, die im Zusammenhang mit einer jetzigen oder früheren beruflichen Tätigkeit stehen. Sie werden zwar häufig als freiwillige Leistungen bezeichnet, jedoch hat auf sie der [frühere] Arbeitnehmer nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, auf die es hier ankommt, 784 infolge betrieblicher Übung einen Rechtsanspruch. Inwieweit für eine Zuwendung eine sittliche Pflicht besteht, ist nach der allgemeinen Gepflogenheit verständig und gerecht denkender Menschen und unter Berücksichtigung der Verhältnisse des Einzelfalls zu beurteilen. 785 Sie kann namentlich für Unterhaltsleistungen nicht gesetzlich unterhaltspflichtiger naher Verwandter gegeben sein. Die Berücksichtigung derartiger Zuwendungen bei der Einkommensermittlung wird insbesonders dann als besondere Härte angesehen, wenn der andere aus Gründen der Anrechnung von der Zuwendung absieht. Eine besondere Härte wird dagegen verneint, wenn neben einer beträchlichen Zuwendung die Bewilligung von Sozialhilfe offensichtlich ungerecht wäre. 786 . In der Praxis wird § 78 BSHG vergleichsweise selten angewendet, da derartige Leistungen von Hilfesuchenden entgegen ihrer sich aus § 601 SGB I ergebenden Auskunftspflicht häufig verschwiegen werden.

781 Gottschick/Giese, § 78, RN 3; Schellhorn / Jirasel / Seipp, § 78, RN 4. 782 Schulte / Trenk-Hinterberger-BSHG, §79, Anm. 3, die für Baden-Würtemberg einen Satz von 50% angeben. 783 Mergler / Zink, § 78, RN 13. 784 Gottschick/Giese, § 78, RN 5. 785 Birk-LPK-BSHG, § 78, RN 11. 786 Schmitt, L., § 78, RN 5.

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

a4) Die Kürzung der Bruttoeinnahmen Die nach Reduzierung der Summe der Einnahmen verbleibenden Bruttoeinnahmen repräsentieren noch nicht die individuelle ökonomische Leistungsfähigkeit des Hilfesuchenden, da ihm die verbleibende Summe der Einnahmen nicht zur Deckung seines Lebensunterhaltes als disponibles Einkommen zur Verfügung steht. Aus diesem Grunde sind die Einnahmen um die berücksichtigungsnotwendigen Ausgaben zu kürzen. Dabei bedient sich bei ihrer Ermittlung das Sozialhilfegesetz materiell einer außersteuerlichen Regelung bei gleichzeitigem Rückgriff auf eine auch im Steuerrecht gebräuchliche Terminologie. So sind gem. § 76 I I BSHG vom Einkommen [lies: von der Summe der Einnahmen] die auf das Einkommen entrichteten Steuern, die Pflichtbeiträge zur Sozial- und zur Arbeitslosenversicherung, Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beträge vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind, sowie die mit der Erzielung des Einkommens notwendigen Ausgaben abzusetzen. a4a) Die auf das Einkommen entrichtete Steuer Zu den auf das Einkommen entrichteten Steuern zählen die Lohn- bzw. Einkommensteuer, die Kirchensteuer und die Kapitalertragsteuer sowie Schenkungsund Erbschaftsteuern, soweit Schenkungen und Erbschaften sozialhilferechtliches Einkommen sind. 787 Nicht zu den abzugsfähigen Steuern gehört die Gewerbesteuer, 7 8 8 da sie als Gewerbekapitalsteuer ihre Bemessungsgrundlage nicht in einem Wertezufluß, sondern in einem Vermögensbestand hat und als Gewerbeertragsteuer nicht von einem subjektiv personifizierten Einkommen abhängig ist, sondern vom objektiven Ertrag eines Gewerbebetriebes und insgesamt eine Kostenart im betriebswirtschaftlichen Sinne ist und als solche sozialhilferechtlich zu den mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben zählt. Zu den abzugsfähigen Steuern zählt auch nicht, wie teilweise vertreten wird, 7 8 9 die Umsatzsteuer, da diese nicht auf das Einkommen zu entrichten ist, sondern nach dem durch Waren- und Leistungsumsätzen geschaffenen Mehrwert bemessen wird. a4b) Die abzugsfähigen Versicherungsbeiträge Neben den Pflichtbeiträgen zur Sozial- und Arbeitslosenversicherung werden auch solche Versicherungsbeiträge einkommensmindernd berücksichtigt, die zwar nicht Pflichtbeiträge, jedoch dem Grunde und der Höhe nach angemessen 787 Fabian, 114; Mergler / Zink, § 76, RN 85. 788 So jedoch fälschlich Schellhorn / Jirasek / Seipp, § 76, RN 35; Knopp / Fichtner, § 76, RN 23; Jehle / Schmitt, § 76, RN 17. 789 Schellhorn/Jirasek/Seipp, § 76, RN 35; Jehle / Schmitt, § 76, RN 17.

III. Der sozialrechtliche Einkommensbegriff

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sind. Hierdurch wird gewährleistet, daß dem Hilfesuchenden ausreichende Mittel auch für private Versicherungen belassen bleiben, soweit sich diese in einem normal üblichen Rahmen bewegen 790 und angemessen sind. Sie sind angemessen dem Grunde nach dann, wenn zu erwarten ist, daß durch die späteren Versicherungsleistungen ein Bedarf gedeckt wird, für den die Gewährung von Sozialhilfe in Betracht käme. 791 Andererseits wird durch die Ermessensprüfung des Grundes und der Höhe vermieden, daß durch den Abschluß einer unangemessenen Versicherung das Existenzminimum einer Person unterschritten wird und diese dadurch zum Hilfeempfänger wird. 7 9 2 a4c) Die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben Gem. § 76 I I Nr. 4 BSHG sind unmittelbar mit der Erzielung des Einkommens [sprich: der Einnahmen] verbundene notwendige Ausgaben, also die Ausgaben zur Erhaltung des Arbeitsplatzes und der beruflichen Leistungsfähigkeit von dem Einkommen [von den Einnahmen] abzusetzen.793 Dabei hat die Entscheidung über die Absetzbarkeit grundsätzlich nach den Besonderheiten des Einzelfalls zu erfolgen und die Auslegung des Begriffs „notwendige Ausgaben" grundsätzlich nach außersteuerlichen Auslegungsmethoden.794 So sind gem. § 3 IV VO zu § 76 BSHG bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit notwendige Aufwendungen für Arbeitsmittel, also Ausgaben für Berufskleidung, Werkzeuge, besondere Reinigungsmittel, Fachliteratur, Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bei Wahl der niedrigsten Klasse und unter Ausnutzung aller Vergünstigungen bei nur einer Hin- und Rückfahrt täglich, 795 Beiträge für Berufsverbände und nachweislich entstandene notwendige Mehraufwendungen für berufsbedingte doppelte Haushaltsführung einkommensmindernd zu berücksichtigen. Für diese Ausgaben, deren Aufzählung nur beispielhaft und nicht abschließend ist, kann eine Berücksichtigung notwendiger Ausga790 Fabian, 115. 791 Rehnelt, 280. 792 Zur Frage angem. Vers.: OVG-Berlin, FEVS 33, 328 (Hausrat);-OVG-Lünebg.: FEVS 33,122 (Priv. Haftplicht); FEVS 9,22 (Feuer); FEVS 9,27 (Ausbildg.+ Aussteuer); FEVS 8,183 (freiw. Kranken- u. Rentenvers.); OVG-Münster, ZfSH 1980, 344 (Lebensvers.); BVerwG- FEVS 29, 372 (KFZ-Haftpflicht). 793 in der Literatur werden überwiegend in unzulässiger Vereinfachung die „notwendigen Ausgaben" mit dem Begriff „Werbungskosten" gleichgesetzt. So: Mergler / Zink, § 76, RN 94; Schellhorn / Jirasek / Seipp, § 76, RN 40; Knopp / Fichtner, § 76, RN 28. Werbungskosten sind jedoch ein terminus technicus des Steuerrechts zur Bestimmung kausal / final begründeter Aufwendungen im Rahmen der Einkünfteermittlung bestimmter Einkunftsarten. Die sozialhilferechtlichen „notwendigen Ausgaben" umfassen dagegen nicht nur Werbungskosten, sondern auch Betriebsausgaben. 794 Giloy-Einkommen, 47. 795 Für die Benutzung eines eigenen PKW's enthält § 3 VI VO zu § 76 BSHG eine Sonderregelung.

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

ben grundsätzlich nur bei ihrem Nachweis erfolgen, nur für Arbeitsmittel kann auf einen Pauschbetrag von 10 DM/Monat zurückgegriffen werden. Auch die bei der Ermittlung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit zu berücksichtigenden Betriebsausgaben dürfen nur im Sinne notwendiger Betriebsausgaben die entsprechenden Einnahmen mindern. Mag bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit die Beurteilung der Notwendigkeit einer Ausgabe dem Sozialhilfeträger noch möglich sein, so ist kaum vorstellbar, daß dieser die Notwendigkeit, und das kann nur eine betriebswirtschaftliche Notwendigkeit sein, einer Betriebsausgabe substanziell überprüfen kann. Diese Befürchtung wird nicht zuletzt bestärkt durch § 4 V VO zu § 76 BSHG. Nach dieser Vorschrift sind bei der Ermittlung der Einkünfte aus Landund Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit die Absetzungen für Abnutzung nach §§ 7, 7 b und 7 e EStG, den Vorschriften des Berlin-Förderungsgesetzes sowie der §§ 76, 77 und 78 I EStDVO dem vom Finanzamt festgestellten Gewinn wieder hinzuzurechnen und durch die tatsächlichen und notwendigen Ausgaben für die Anschaffung oder Herstellung eines Wirtschaftsgutes zu ersetzen. Soweit hierdurch Sonderabschreibungen unberücksichtigt bleiben, ist einem derartigen Verfahren zuzustimmen, da Sonderabschreibungen den Indikator der Leistungsfähigkeit, das Einkommen, zwar rechnerisch mindern, substanziell die Leistungsfähigkeit jedoch nicht mindernd beeinflussen. Die vollständige Eliminierung jedweder Abschreibung und ihre Ersetzung durch die tatsächlichen Ausgaben für die Anschaffung oder Herstellung eines Wirtschaftsgutes ist, wenn überhaupt überlegt, Ausfluß bürokratisch-kameralistischer Denkweise, aber nicht signifikantes Bemühen um Bestimmung der Leistungsfähigkeit bzw. Bedürftigkeit eines Hilfesuchenden und darüber hinaus geeignet, in unzulässiger Tendenz die mit durchaus heterogenem Inhalt ausgestatteten Begriffe Einkommen und Liquidität zu vermengen und zu verwechseln. Und welches Sozialamt kann sich anmaßen, die Notwendigkeit der Anschaffung einer Maschine oder eines sonstigen Wirtschaftsguts für den Betrieb eines Unternehmers mit Sachverstand beurteilen zu können? Zum Glück werden jedoch derartige Entscheidungssituationen wohl nicht häufig bestehen, dürfte doch der unternehmerisch Tätige nicht die typische Klientel derjenigen, die um Sozialhilfe nachsuchen, ausmachen. Sofern die dem Hilfesuchenden zugeflossenen Einnahmen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören, können gem. § 6 VO zu § 76 BSHG die Einnahmen um die mit ihrer Erzielung in unmittelbarem Zusammenhang stehenden notwendigen Ausgaben gemindert werden, so daß praktisch die vom Finanzamt anerkannten Werbungskosten berücksichtigt werden. Für die bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigenden Ausgaben schreibt § 7 VO zu § 76 BSHG vor, daß über-

III. Der sozialrechtliche Einkommensbegriff

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haupt nur solche Ausgaben berücksichtigt werden dürfen, die mit einer tatsächlichen Vermietung und Verpachtung in unmittelbarem Zusammenhang stehen, da für den Ansatz eines fiktiven Nutzungswertes für eine selbstgenutzte Wohnung und entsprechender Ausgabenberücksichtigung im Rahmen der Sozialhilfe kein Raum ist. 7 9 6 Wenn auch die in der Verordnung genannten Arten von Ausgaben nicht abschließend aufgeführt sind, ist dennoch davon auszugehen, daß Ausgaben sonstiger Art nur in Ausnahmefällen von Bedeutung sein können. In keinem Fall jedoch sind Erweiterungen innerhalb einer einzelnen Ausgabenart möglich. 797 So können Zinsen nur dann als sozialhilferechtlich relevante Ausgaben berücksichtigt werden, wenn das Darlehn für das Grundstück und für die Erzielung von Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung verwendet worden ist, die Bestellung einer Grundschuld oder einer Hypothek reicht nicht aus. 798 Wegen der ausdrücklichen Beschränkung der Verordnung auf derartige Zinsen können auch Tilgungsraten nicht als abzugsfähige Ausgaben berücksichtigt werden, zumal sie auch der Vermögensmehrung dienen. 799 Ebenfalls unberücksichtigt bleiben Absetzungen für Abnutzung, da die Verordnung derartige Kosten nicht aufzählt und damit ausdrücklich von den im übrigen gleichlautenden Regelungen der Verordnung zu § 33 BVG abweicht. 800 Es erschien dem Verordnungsgeber im Rahmen der Sozialhilfe nicht geboten, bei der Berechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung über den vorgesehenen Erhaltungsaufwand hinaus "auch noch Beträge für Abnutzung anzusetzen.801 a5) Das Verlustausgleichsverbot § 10 der Verordnung zu § 76 BSHG sieht vor, daß Verluste bei einzelnen Einkunftsarten grundsätzlich nicht mit postiven anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden können. Durch dieses Verbot des vertikalen Verlustausgleichs soll verhindert werden, daß sich der Hilfesuchende auf Kosten der Allgemeinheit eine Einkunftsart erhält, in der der Aufwand größer ist als der Ertrag. Da jedoch eine aufgesplittete Betrachtung der einzelnen Einkunftsarten sich nicht ohne weiteres mit den Leistungsfähigkeitsvorstellungen des Sozialhilfegesetzes vereinbaren läßt, 802 muß bezweifelt werden, ob die deshalb aufgenommene Härteregelung, nach der letztlich die gesamtwirtschaftliche Lage des Hilfesuchenden zu berücksichtigen ist, ausreichend ist. Zwar kann nicht verkannt werden, daß nicht jeder steuerliche Verlust auch gleichzeitig ein zutreffender Indikator fehlender 796 Hermanns, 6; Schellhorn / Jirasek / Seipp, § 7 VO zu § 76, RN 3. 797 Gottschick/Giese, § 7 VO zu § 76, RN 3. 798 Finke, 96. 799 Dierkes, 163; Zeck, 339; einschränkend Geiger, 212; Best-gen, 276; weshalb aber Leistungen des BAföG, auch wenn diese vollständig als Darlehn gewährt werden, sozialhilferechtlich Einnahmen sind, bleibt unerfindlich, vgl. Stemplewski, 74 ff. eoo So auch BR-Drucks. 292/62. soi Oestreicher, § 7 VO zu § 76, Anm. b. 802 Schellhorn/ Jirasek /Seipp, § 10 VO zu § 76, RN 1.

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

Leistungsfähigkeit ist, jedoch läßt sich wohl kaum ein trifftiger Grund dafür finden, tatsächlich eingetretene Minderungen der Leistungsfähigkeit durch echte Verluste bei der Messung der wirtschaftlichen Verhältnisse unberücksichtigt zu lassen. Das unterschiedslose Verlustausgleichsverbot führt zwangsläufig bei echten Verlusten, Verlusten also, die nicht durch subventionäre steuerliche Vorschriften, sondern mit tatsächlichem wirtschaftlichem Hintergrund entstanden sind, dazu, daß willkürliche Unterscheidungen in Bezug auf die Einkünfte gemacht werden. Liegen positive Einkünfte vor, sind die Einnahmen also größer als die zu ihrer Erzielung, Erhaltung und Sicherung notwendigen Ausgaben, so werden diese Einkünfte als Gradmesser der Leistungsfähigkeit des Hilfesuchenden gewertet und seinem Einkommen zugerechnet. Sind die Einkünfte jedoch negativ, d. h. sind die notwendigen Ausgaben größer als die entsprechenden Einnahmen, so werden sie, obgleich sie auf tatsächlichen wirtschaftlichen Grundlagen entstanden sind, so behandelt, als ob sie keinen Einfluß auf die ökonomische Leistungsfähigkeit hätten. 803 Da das Gesetz grundsätzlich sowieso nur „notwendige Ausgaben" zum Abzug von den Einnahmen zuläßt, können „unnotwendige" Verluste wegen steuerlicher Subventionsvorschriften oder wegen unwirtschaftlichen Verhaltens garnicht Gegenstand sozialhilferechtlicher Überlegungen sein mit der Folge, daß bei Anwendung sozialrechtlicher Ausgabevorschriften nur solche Verluste zu verzeichnen sind, die konkreter Ausdruck fehlender Leistungsfähigkeit sind. Solche Indikatoren fehlender Leistungsfähigkeit bei der Bestimmung der Bedürftigkeit eines Hilfesuchenden generell unberücksichtigt zu lassen, muß als willkürlich angesehen werden. Dem steht auch nicht entgegen, daß der Sozialhilfeträger gegebenenfalls beim zuständigen Finanzamt um Amtshilfe nachsuchen kann, weil im Rahmen der Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens nur die Beachtung steuerlicher Vorschriften Gegenstand behördlicher Feststellungen sind, nicht jedoch auch die Beurteilung, ob ein als Werbungskosten oder Betriebsausgabe steuerlich anerkannter Betrag auch betriebswirtschaftlich und damit sozialhilferechtlich notwendig ist. a6) Sozialhilferechtliches Individualeinkommen und individuelle Leistungsfähigkeit Soweit die Tatbestandsmäßigkeit fehlender Leistungsfähigkeit als Voraussetzung für einen Anspruch auf Sozialhilfe am Nichtvorhandensein ausreichenden Einkommens gemessen wird, umfaßt der sozialhilferechtliche Einkommensbegriff, verstanden als tatsächlich vorhandenes Isteinkommen, zutreffend sämtliche Einnahmen in Geld oder Geldeswert ohne Rücksicht auf ihre Quellen und ohne Rücksicht auf die Beständigkeit ihres Fließens. Damit entspricht bereits vom Ansatz her der sozialhilferechtliche Einkommensbegriff dem Leistungsfähigkeitsprinzip weit mehr als der steuerrechtliche Einkommensbegriff. 803 Brandis, 374.

III. Der sozialrechtliche Einkommensbegriff

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Sachgerecht ist es, aus der Summe der Einnahmen die Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz selbst zu eliminieren, da hierdurch eine Verfälschung der Bemessungsgrundlage für die Hilfegewährung vermieden wird. Dagegen ist die Reduzierung der Summe der Einnahmen durch die einem Hilfesuchenden zufließende Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz bzw. durch die Renten und Beihilfen nach dem Bundesentschädigungsgesetz nicht gerechtfertigt, da hierdurch Einnahmequellen unberücksichtigt bleiben, die ihrem Empfänger ökonomische Leistungsfähigkeit verleihen, ohne daß für die Nichtberücksichtigung ein sachlich vertretbarer Grund gegeben ist. Sowohl dem Individualisierungsgrundsatz als auch dem Bedarfsdeckungdprinzip sowie dem Nachrang der Sozialhilfe würde es mehr entsprechen, wenn die genannten Einnahmen bei der Einkommensermittlung erfaßt werden, andererseits ihnen aber ein möglicherweise ja vorhandener tatsächlicher individueller Mehrbedarf gegenübergestellt wird. Dagegen ist die Privilegierung von Barmherzigkeitstransfers gem. § 78 BSHG sowohl aus verwaltungstechnischen als auch aus humanitären Gründen zu akzeptieren. Die Kürzung der verbleibenden Bruttoeinnahmen um die sozialhilferechtlich berücksichtigungsnotwendigen Ausgaben ist, gemessen am Leistungsfähigkeitsprinzip, nur unvollkommen geregelt. Soweit auf das Einkommen zu entrichtende Steuern und „abzugsfähige" Versicherungsbeiträge einnahmemindernd berücksichtigt werden, führt die Kürzung der Bruttoeinnahmen zu einem leistungsfähigkeitsgerechten Einkommensbegriff; dagegen muß die Beschränkung der mit der Erzielung von Einnahmen verbundenen Ausgaben auf die „notwendigen" Ausgaben insgesamt als problematisch angesehen werden. Dem Gedanken der Notwendigkeit von Ausgaben kann grundsätzlich zugestimmt werden. Denn der Hilfesuchende steht in einer Wechselbeziehung von Gesellschaft und Individuum, die aufgrund der Gemeinschaftsbezogenheit nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten begründet. Hieraus folgt zum einen, daß ihm das Recht zum nichtnotwendigen Ausgabeverhalten zusteht, auch wenn damit eine vermeidbare Minderung seiner ökonomischen Leistungsfähigkeit einhergeht. Andererseits müssen ihm aber auch Einschränkungen für die Erhaltung seiner ökonomischen Leistungsfähigkeit auferlegt werden können, wenn er als Folge seines individuellen, aber nicht zwangsläufig notwendigen Verhaltens Leistungen der Allgemeinheit beanspruchen will, da die Inanspruchnahme von Freiheit ohne jede Rücksichtnahme auf die Gemeinschaft ein Mißbrauch wäre. 804 Dennoch muß befürchtet werden, daß ein Sozialhilfeträger mit der Beurteilung der Notwendigkeit einer Betriebsausgabe für die Erhaltung der beruflichen oder betrieblichen Leistungsfähigkeit überfordert wird mit der Folge, daß die Gefahr nichtsachgerechter Entscheidungen besteht. Diese Befürchtung wird bestärkt durch die ausdrückliche Vorschrift des § 4 V VO zu § 76 BSHG, nach der bei dem vom Finanzamt festgestellten Gewinn die hierin enthaltene Absetzung für Abnutzung ersetzt werden muß durch die tatsächlichen 804 Oetker, 1179. 12 Burger

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

Ausgaben für die Anschaffung oder Herstellung neuer Wirtschaftsgüter. Hieraus folgt, daß der Sozialhilfeträger gehalten ist, kameralistische Denkweisen bei der Beurteilung betriebswirtschaftlicher Sachverhalte anzuwenden. Auch das Verlustausgleichsverbot des § 10 VO zu § 76 BSHG, sofern hierdurch echte Verluste unberücksichtigt bleiben, entspricht nicht dem Leistungsfähigkeitsprinzip. So wie das Einkommen ein zutreffender Indikator ökonomischer Leistungsfähigkeit ist, ist das Nichteinkommen und erst recht der echte Verlust ein zutreffender Indikator ökonomischer Nichtleistungsfähigkeit. Die Begründung für das Ausgleichsverbot, daß verhindert werden soll, daß sich Hilfesuchende auf Kosten der Allgemeinheit eine Einkunftsart erhalten, in der der Aufwand größer ist als der Ertrag, kann nicht überzeugen, da sowieso nur notwendige Ausgaben zum Abzug von den Einnahmen zugelassen sind, so daß ein unnotwendiger Verlust gar nicht Gegenstand sozialhilferechtlicher Überlegungen sein kann. Dennoch kann zusammenfassend festgestellt werden, daß trotz der aufgezeigten Mängel der sozialhilferechtliche Einkommensbegriff dem Prinzip der Leistungsfähigkeit in einem weitaus größerem Maße entspricht als ζ. B. der steuerrechtliche Einkommensbegriff. b) Der Einkommensbegriff nach dem Arbeitsförderungsgesetz für die Arbeitslosenhilfe bl) Die Funktion der Arbeitslosenhilfe Die Arbeistlosenhilfe nach dem Arbeitsförderungsgesetz (AFG) übernimmt als ein die Arbeitslosenversicherung ergänzendes System deren soziale Schutzfunktion, wenn der Anspruch auf Arbeitslosengeld erschöpft ist oder, dies allerdings beschränkt auf bestimmte Personenkreise mit besonderer Nähe zum Arbeitsmarkt, wenn ein Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht entstanden ist. Dadurch wird erreicht, daß Personen, die als Arbeitnehmer tätig zu sein pflegen oder als Arbeitnehmer tätig sein wollen, aber vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stehen, in der Betreuung der Arbeitsämter verbleiben. 805 Im Unterschied zum Arbeitslosengeld ist die Arbeitslosenhilfe keine versicherungsmäßige Leistung und ihre Gewährung auch keine eigene Aufgabe der Bundesanstalt für Arbeit. Sie wird vielmehr gem. § 3 IV AFG im Auftrag des Bundes gewährt und durch diesen aus allgemeinen Steuermitteln finanziert (§ 188 AFG). 8 0 6 Innerhalb der Sozialordnung steht die Arbeitslosenhilfe zwischen der Arbeitslosenversicherung und der Sozialhilfe, da sie teils arbeitsmarktpolitisch 805 Hennig /Kühl /Heuer, Vorbem. zu §§ 134-141; Kühl / Lawrenz, 212; BVerfGE 67, 186 (187); BT-Drucks. 5/2291, 57 f. 806 Die Finanzierung der Arbeitslosenhilfe aus allgemeinen Steuermitteln hat zur Folge, daß der Anspruch auf sie nicht dem Bereich des grundgesetzlichen Eigentumsschutzes unterliegt, vgl. BSG-Breith. 1984, 232.

III. Der sozialrechtliche Einkommensbegriff

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ausgerichtet ist, teils fürsorgerische Züge zeigt. 807 Wie das Arbeitslosengeld haben die Leistungen der Arbeitslosenhilfe Lohnersatzfunktion, sollen also das infolge der Arbeitslosigkeit ausgefallene Arbeitsentgelt ersetzen. Ihrer arbeitsmarktpolitischen Ausrichtung entsprechend muß der Hilfeempfänger der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehen (§§ 1341 Nr. 1,103 AFG) und ihm angebotene und zumutbare Arbeit auch ausüben (§§ 103, 119 AFG). Der fürsorgerische Charakter der Arbeitslosenhilfe dokumentiert sich dagegen darin, daß sie keine Anspruchsdauer kennt, sondern bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres gezahlt werden kann (§§ 134 IV, 100 I I AFG) und im übrigen nur gezahlt wird, soweit der Arbeitslose den Lebensunterhalt für sich und seine Familie nur durch die Arbeitslosenhilfe bestreitet oder bestreiten kann, er also bedürftig ist (§§ 134 I Nr. 3, 137 AFG) 8 0 8 . Dabei bedient sich das Arbeitsförderungsgesetz bei der Bestimmung der Bedürftigkeit im Sinne von nicht vorhandener ökonomischer Leistungsfähikeit nicht nur des vorhandenen Einkommens, sondern verneint auch dann die Bedürftigkeit, wenn trotz fehlenden Einkommens die Gewährung von Arbeitslosenhilfe offenbar nicht gerechtfertigt wäre, weil entweder vorhandenes Vermögen zumutbar verwertet werden kann (§ 137 I I AFG) oder der Arbeitslose auch auf andere Weise als durch Arbeitslosenhilfe seinen Lebensunterhalt bestreiten kann (§ 1371 AFG). Während die Verwertbarkeit vorhandenen Vermögens sowie die Möglichkeit des Bestreitens des Lebensunterhaltes auf andere Weise, ζ. B. durch eine Beschäftigung als Arbeitnehmer oder durch eine Tätigkeit als Selbständiger im Rahmen der allgemeinen Bedürftigkeitsprüfung beurteilt wird, wird im Rahmen der speziellen Bedüftigkeitsprüfung das Einkommen des Arbeitslosen als Indikator herangezogen. 8 0 9 b2) Die Summe der Einnahmen als Grundlage des arbeitsförderungsrechtlichen Einkommensbegriffs Bis zum Jahre 1979 definierte das Arbeitsförderungsgesetz in terminologisch unkorrekter Weise wie das Bundessozialhilfegesetz als Einkommen alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert nach Abzug der Steuern, der Beiträge zur Sozialversicherung und zur Bundesanstalt oder entsprechender Aufwendungen zur sozialen Sicherung in angemessenem Umfange und der Werbungskosten. Durch den Rückgriff auf den steuerrechtlichen Begriff der Werbungskosten wurde zwar auf einen „zwischen dem Steuer- und dem Sozialrecht abgesteckten Begriffsslalom" verzichtet, 810 jedoch übersehen, daß durch diese Begriffswahl zumindest solche Aufwendungen unberücksichtigt blieben, die außerhalb der steuerrechtlichen Einkunftsarten entstehen, wenn man schon bereit war, die bei den Gewinneinkunfts807 Ambs-GK-AFG-Schmidt, § 134, RN 4. 808 Siegers-Schmidt, 264. 809 Ambs-GK-AFG-Schmidt, § 137, RN 3. 810 Giloy-Einkommen, 48. 12*

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

arten anfallenden Betriebsausgaben als durch den Werbungskostenbegriff erfaßt anzusehen. Darüberhinaus blieb durch diesen Rückgriff auf die Terminologie des Steuerrechts unklar, ob das System der Arbeitslosenhilfe einen eigenständigen Einkommensbegriff enthielt 811 oder ob die Begriffsbestimmung durch die Einbeziehung der von den Einkünften abzuziehenden Werbungskosten eine auf das Steuerrecht bezugnehmende Komponente enthielt. 812 Durch das 5. Änderungsgesetz zum Arbeitsförderungsgesetz vom 23.7.1979 813 hat das Arbeitsförderungsgesetz einen eigenen, sowohl vom Einkommensteuerrecht wie auch vom Sozialhilferecht unabhängigen, auf die Bedürfnisse der von ihm geregelten Gegenstände zugeschnittenen Einkommensbegriff erhalten, 814 dazu noch in angemessener Terminologie. Gem. § 138 I I AFG ist Ausgangsgröße für das Einkommen im Sinne der Arbeitslosenhilfe die Summe aller Einnahmen in Geld oder Geldeswert, die dem Arbeitslosen oder demjenigen, auf dessen Einkommen es gleichfalls ankommt, zufließen. 815 Dabei kommt es grundsätzlich nicht auf die Form, die Quelle, den Rechtsgrund oder die territoriale Herkunft an. 816 Damit umfaßt der Einkommensbegriff der Arbeitslosenhilfe grundsätzlich alle Wertzuflüsse, die ökonomische Leistungsfähigkeit repräsentieren und geht demzufolge von einem universellen Einnahmebegriff aus. Leider wird dieser gute erste Eindruck des arbeitsförderungsrechtlichen Einkommensbegriffs getrübt, da ein umfangreicher Katalog priviligierte Einnahmen definiert, Wertzuflüsse also bei der Ermittlung des Einkommens unberücksichtigt läßt, obwohl sie ökonomische Leistungsfähigkeit repräsentieren und die für die Gewährung von Arbeitslosenhilfe erforderliche Bedürftigkeit reduzieren. b3) Die Reduzierung der Summe der Einnahmen Das Arbeitsförderungsgesetz und die Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiV O ) 8 1 7 reduzieren die umfassende Fülle der zu berücksichtigenden Einnahmen durch eine formal als abschließend ausgestaltete Aufzählung von Leistungen, die keine Einnahmen im Sinne des Arbeitslosenhilfesystems sind. Formal abschließend ist die Aufzählung, weil die Privilegierungskataloge des § 138 III AFG und des § 11 Alhi-VO enumerativ ausgestaltet sind als Ausnahmevorschriften zu der umfassend bestimmten Generalvorschrift des § 138 I I 1 AFG. Materiell su So Dräger u. Α., § 150, RN 4; Knobloch, 110; LSG Rh.-Pf.-Breith. 1977, 639; Bayer. LSG-Breith. 1965, 735. 812 So BSGE 45, 60 (62). 813 BGBl I 1979, 1189. 814 Hennig/Kühl/Heuer, § 138, Anm. 3 a. 815 Zum Begriff des Zufließens vgl. BSGE 41, 187 (188). 816 Schönefelder/Kranz/Wanka, § 138, RN 5. en BGBl I 1974, 1929, in der Fassung der 1. VO zur Änderung der Alhi-VO, BGBl I 1978, 500 und des Art. 16 § 1 AFKG, BGBl I 1981, 1497.

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sind die Privilegierungskataloge keineswegs abschließend, da gem. § 12 AlhiVO auch Vorschriften in anderen Gesetzen andere als die in § 138 I I I AFG und § 11 Alhi-VO genannten Einnahmen zu Nichteinnahmen bei der Bestimmung des arbeitsförderungsrechtlichen Einkommens fingieren können. Es ist schon eine Regelung sui generis, daß das Tatbestandsmerkmal „Bedürftigkeit", die conditio sine qua non für die Gewährung einer finanziellen Leistung nach dem Arbeitsförderungsgesetz, nicht auf der Grundlage des gewährenden Gesetzes oder zumindest einer entsprechenden Verordnung geprüft werden kann, sondern gebunden ist an Regelungen in anderen Gesetzen, die in aller Regel eine völlig andere Zielsetzung verfolgen als das Arbeitsförderungsgesetz. 818 Das Gesetz beginnt mit der Reduzierung des an sich umfassend konzipierten Einnahmenbegriffs durch die Privilegierung des nach § 115 AFG anzurechnenden Einkommens und nennt sodann selbst neun weitere Leistungsarten, die durch § 11 Alhi-VO noch einmal um acht Leistungsarten expressis verbis und durch § 12 Alhi-VO um eine Generalermächtigung erweitert werden. b3a) Mehrbedarf wegen Körperschaden Zu den Leistungen zur Deckung eines Mehrbedarfs infolge eines Körperschadens zählen solche Zuwendungen, die aus dem genannten Grunde nach bundesoder landesgesetzlichen Vorschriften gewährt werden, wie z. B. das Pflegegeld und die Pflegezulage nach § 558 e RVO bzw. § 35 BVG oder der Unterhaltsbetrag für einen Blindenhund gem. § 13 I I I BVG. Nicht privilegiert sind dagegen entsprechende Leistungen, die auf privatrechtlicher Grundlage gezahlt werden. 819 b3b) Gesundheitsfürsorge Privilegiert sind ebenfalls Leistungen der vorbeugenden oder nachgehenden Gesundheitsfürsorge, also Zuschüsse zu einem Kur- oder Sanatoriumsaufenthalt, Beihilfen für Beamte und andere Angehörige des öffentlichen Dienstes und auch Leistungen der Tbc-Hilfe. 820 Für die Bevorzugung dieser Zuwendungen ist es unerheblich, ob es sich um öffentliche oder privatrechtliche Leistungen handelt.

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Solche Vorschriften, die Wertzuflüsse bei der Bestimmung des arbeitsförderungsrechtlichen Einkommens als nichtberücksichtigungsnotwenig fingieren, finden sich z. B. in § 587 RVO; §§14 und 21 des Gesetzes über die Errichtung einer Stiftung „Hilfswerk für behinderte Kinder," BGBl I 1971, 2018; § 9 Zivilschutzgesetz, BGBl I 1976, 2109; Abschn. II Art V § 28 des Gesetzes über die Förderung der Berliner Wirtschaft, BGBl I 1982, 225. 819 Ambs-GK-AFG-Schmidt, § 138, RN 21; Krebs, § 138, RN 38. 820 Hilfe zum Lebensunterhalt für Tbc-Hilfeempfänger zählt nicht zu den privilegierten Einnahmen, vgl. hierzu Hennig / Kühl / Heuer, § 138, Anm. 3 c.

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

b3c) Zweckgebundene Leistungen Nicht als Einahmen gelten zweckgebundene Leistungen zur Erziehung, Erwerbsbefähigung und Berufsausbildung 821 und nicht steuerpflichtige Aufwandsentschädigungen, soweit sie ohne Rücksicht auf die Höhe des tatsächlich entstandenen Aufwandes steuerfrei sind. Diese Leistungen soll der Empfänger nicht nach freiem Belieben, sondern nur für den gesetzlichen oder vereinbarten Zweck verwenden dürfen, da sie ein Ausgleich dafür sind, daß der Betreffende Mehraufwendungen hat, die er im Interesse seines Auftraggebers machen muß. 822 b3d) Leistungen, die unter Anrechnung der Arbeitslosenhilfe gewährt werden Zu den in § 138 I I I Nr. 4 AFG genannten Einnahmen zählen öffentliche und privatrechtliche Leistungen, die unter Anrechnung der Arbeitslosenhilfe gewährt werden, also ζ. B. Sozialhilfe, welche die Arbeitslosenhilfe bis zum individuellen Bedarfssatz aufstockt, 823 ferner Leistungen nach §§ 292 VI, 267 I I LAG, Mietbeihilfen nach dem Ersten Bundesmietengesetz sowie das Wohngeld. Diese Leistungen sind privilegiert, weil sie unter Anrechnung der Arbeistlosenhilfe zusätzlich gewährt werden. Dabei unterscheidet sich die geforderte Anrechnung von der bloßen Aufstockung der Arbeitslosenhilfe dadurch, daß die Leistung dem Arbeitslosen ohne Rücksicht auf den Arbeitslosenhilfebezug gewährt werden muß, während bei einer Aufstockung der Erhalt von Arbeitslosenhilfe Tatbestandsvoraussetzung für die Gewährung der zusätzlichen Leistung ist. 8 2 4 b3e) Grundrente und Schwerstbeschädigtenzulage Des weiteren sind die Einnahmen um Grundrente und Schwerstbehindertenzulage nach dem Bundesversorgungsgesetz und um Renten, die unter entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes gewährt werden, zu reduzieren. Nach Auffassung des Gesetzgebers ist bei der Bedürftigkeitsprüfung in der Arbeitslosenhilfe die Grundrente der Witwe (§40 BVG) ebenso außer acht zu lassen wie die Grundrente des Beschädigten (§31 BVG), 8 2 5 während die Rechtsprechung die Auffassung vertritt, daß die Witwengrundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz als Einkommen eines Unterhaltspflichtigen entgegen § 138 I I I Nr. 5 AFG zu berücksichtigen ist. 8 2 6 821 Hierzu zählen ζ. B. die Beihilfe nach §§ 25-27 BVG, §§ 40 ff AFG, §§ 10 und 11 des Heimkehrergesetzes, § 16 III des Bundesevakuiertengesetzes, die Wochenhilfeleistungen nach § 195 Nr. 1-4, §§ 195a ff., 200b, 2051 und 205a II RVO. 822 Kühl / Lawrenz, 57; Krebs, § 138, RN 40. 823 Siegers-Schmidt, 267. 824 Hennig /Kühl /Heuer, § 138, Anm. 3 c. 825 BT-Drucks. 5/4110, S. 22 zu § 138 III. 826 BSG-Breith. 1967, 69; 1986, 185.

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b3f) Schadensersatzleistungen Nach § 138 I I Nr. 6 AFG sind auch solche Leistungen keine Einnahmen, die zum Ausgleich eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, gewährt werden. Dazu zählen Ansprüche auf Schmerzensgeld gem. § 847 BGB, 8 2 7 Entschädigungen gem. § 1300 BGB und für unschuldig erlittene Untersuchungs- und Strafhaft (§§ 16 und 17 BEG 8 2 8 ) sowie Kündigungsabfindungen nach §§ 9 und 10 KSchG. Nicht zu den privilegierten Einnahmen als Schadensersatzleistungen zählen die Hinterbliebenenrenten gem. § 38 BVG, die Unfallrenten nach der Reichsversicherungsordnung, Renten nach dem Haftpflichtentschädigungsgesetz und Übergangsgelder nach § 16 BAT. b3g) Unterstützungen für den Fall der Arbeitslosigkeit Keine Einnahmen im Sinne der Arbeitslosenhilfe sind erhaltene Unterstützungen aufgrund eigener Vorsorge durch zusätzliche private Sicherungen für den Fall der Arbeitslosigkeit sowie Zuwendungen seitens der freien Wohlfahrtpflege und Leistungen, die ein Dritter zur Ergänzung der Arbeitslosenhilfe gewährt, ohne hierzu rechtlich oder sittlich verpflichtet zu sein. Zu den Unterstützungen aufgrund eigener Vorsorge zählen ζ. B. die Leistungen einer Lohnausgleichskasse des Baugewerbes aufgrund eigener Beitragsleistungen oder die Untersützungen von Gewerkschaften oder ähnlichen Arbeitnehmerverbänden, 829 nicht jedoch die Leistungen nach dem Arbeitsförderungsgesetz, da diese nicht auf eigener Vorsorge beruhen, sondern auf gesetzlichen Vorschriften. 830 Während die Privilegierung des Ergebnisses eigener Vorsorge die Eigeninitiative aktivieren soll, soll der freiwillig leistende Dritte sicher sein, daß seine Hilfe ausschließlich und unmittelbar dem Hilfsbedürftigen zugute kommt und nicht der Bundesanstalt für Arbeit bzw. dem sie finanzierenden Bund und somit auch nicht zur Entlastung öffentlicher Haushalte mißbraucht werden kann. Voraussetzung ist jedoch, daß nach dem Willen des Zuwendenden und nach dem objektiven Zweck die Zuwendungen dazu bestimmt sind, die Arbeitslosenhilfe in angemessenem Umfange zu ergänzen und aufzufüllen. 831 b3h) Kindergeld Privilegiert sind auch das Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz und die Kinderzuschüsse aus den gesetzlichen Rentenversicherungen sowie die Kin827 Zur Berücksichtigung eines Schmerzensgeldbetrages als Vermögen vgl. BSGBreith. 1961, 867; aA Krebs, § 138, RN 46. 828 Dies jedoch nur, soweit die Entschädigung nicht für entgangenen Verdienst gewährt wird, Ambs-GK-AFG-Schmidt, § 138, RN 26. 82 9 Bayer. LSG-Breith. 1958, 781. S30 Krebs, § 138, RN 48. «si Zu den Anforderungen hierzu: BSGE 41,187 (189); Bayer.LSG-Breith. 1975,351.

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

derzulagen aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Dabei sind die das Kindergeld ausschließenden Leistungen jedoch nur bis zur Höhe des Kindergeldes nicht als Einnahmen anzusehen. Dadurch soll sichergestellt werden, daß die Bezieher von Kinderzulagen und -Zuschüssen nicht schlechter, aber auch nicht besser gestellt werden als die Bezieher von Kindergeld. Die Bezugnahme auf § 8 I BKGG besagt, daß die gesamte dem Berechigten zufließende Kindergeldsumme auf alle Kinder gleichmäßig zu verteilen ist. Wird hierbei für ein Kind nur ein Teilkindergeld geleistet (vgl. § 8 I I BKKG), wird dieses Kind bei der Aufteilung auch nur mit dem entsprechenden Anteil berücksichtigt. 832 b3i) Arbeitslosenhilfe des Ehegatten Die Vorschrift des § 138 I I I Nr. 9 AFG, die durch das am 1.1.1986 in Kraft getretene 7. AFG-Änderungsgesetz in das Arbeitsförderungsgesetz eingefügt worden ist, bestimmt für den Fall gleichzeitiger Arbeitslosenhilfeberechtigung von Ehegatten die Anrechnung des höheren Hilfebetrages auf den niedrigeren 833 und fingiert gleichzeitig den geringeren Anspruch als Nichteinnahme. Durch die Privilegierung des geringeren Anspruchs wird eine Doppelberücksichtigung der Arbeitslosenhilfe als Einnahme vermieden und die Erwägung berücksichtigt, daß der Bezieher der höheren Arbeitslosenhilfe eher zum gemeinsamen Unterhalt beitragen wird als der Bezieher der geringeren Arbeitslosenhilfe. 834 Durch diese Anrechnung verbleibt für den Bezieher der geringeren Arbeistlosenhilfe nur dann ein Auszahlungsanspruch, wenn der Abstand bei der Arbeitslosenhilfe-Ansprüche kleiner ist als der Freibetrag. 835 b3j) Die Reduzierungen gem. § 11 Alhi-VO Neben den in § 138 I I I AFG ausgewiesenen Einnahmen enthält § 11 Alhi-VO einen weiteren Katalog begünstigter Einnahmen, die entweder aufgrund der Häufigkeit ihrer Gewährung oder nach Art ihrer beabsichtigten Wirkung privilegiert sind. Aufgrund fehlender Regelmäßigkeit (Quellentheorie!) zählen einmalige Einnahmen, soweit sie nicht dem laufenden Lebensunterhalt zu dienen bestimmt sind, gem. § 11 Nr. 1 Alhi-VO nicht zu den berücksichtigungsnotwendigen Einnahmen. Da zu den einmaligen Einnahmen Weihnachtszuwendungen, zusätzliches Urlaubsgeld, 13. und 14. Monatsgehälter, aber auch Jubiläumszuwendungen sowie Einkommen- und Lohnsteuerrückzahlungen gehören, 836 ist davon auszugehen, daß unter einmaligen Einnahmen solche Einnahmen zu verstehen sind, die 832 Krebs, § 138, RN 52. 833 Vgl. BVerfGE 67, 186 (198). 834 So BT-Drucks. 10/3923, 26. 835 Hennig/Kühl/Heuer, § 138, Anm. 3 c. 836 Ambs-GK-AFG-Schmidt, § 138, RN 15.

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innerhalb eines Jahres nur einmal anfallen. Im Hinblick auf die nahezu vollständige Ausklammerung einmaliger Einnahmen durch die Arbeitslosenhilfe-Verordnung hat die gesetzliche Einkommensdefinition des Arbeitsförderungsgesetzes nur noch für regelmäßig wiederkehrende Einnahmen eine praktische Bedeutung. Neben den einmaligen Leistungen werden sieben weitere Einnahmearten teilweise aus Praktikabilitätsgründen, wie ζ. B. unentgeltlich oder verbilligt erhaltene Mahlzeiten seitens des Betriebes, teils aus Gleichbehandlungsgründen, wie ζ. B. die Verletztenrente und die Berufsunfähigkeits- und Bergmannsrente aus dem Einkommensbegriff der Arbeitslosenhilfe eliminiert. Zum Teil wird aber auch in unsystematischer Weise das Bruttoeinnahmeprinzip durchbrochen, indem solche Einnahmen für nicht berücksichtigungsnotwendig deklariert werden, die zur Deckung korrespondierender Ausgaben bestimmt sind, wie ζ. B. Einnahmen zur Finanzierung von Aufwendungen für die Gesundheit (§11 Nr. 6 Alhi-VO) und für die Schul- und Berufsausbildung (§11 Nr. 7 Alhi-VO). Durch ein derartiges Verfahren werden somit Einnahmen sogleich mit den Ausgaben verrechnet. Systemgerechter wäre es, diese Einnahmen nicht zu privilegieren und dafür die entsprechenden Ausgaben zum Abzug zuzulassen, zumal bereits zum Nachweis der Zweckgerichtetheit der Einnahmen die entsprechenden Ausgaben vorliegen und nachgewiesen werden müssen. M) Die Kürzung der Bruttoeinnahmen Die nach der Reduzierung der Summe der Einnahmen verbleibenden Einnahmen sind noch kein geeigneter Indikator für Bedürftigkeit im Sinne fehlender Leistungsfähigkeit, da sie erst dann zur disponiblen Verwendung eingesetzt werden können, wenn sie um die berücksichtigungsnotwendigen Ausgaben gekürzt worden sind. Dabei ist zu beachten, daß bei der Berücksichtigung absetzungsfähiger Ausgaben teilweise ein Vorwegabzug erfolgt, da bestimmte Einnahmen privilegiert sind, sofern sie als Leistungen zur Deckung eines Mehrbedarfs oder als zweckgebundene Leistungen, insbesondere als Aufwandentschädigung gewährt wurden. Für derartige Ausgaben erfolgt im Vorwege eine Kompensation bzw. Saldierung mit der Folge, daß durch diesen Vorwegausgleich das Bruttoprinzip des arbeitsförderungsrechtlichen Einkommensbegriffs durchbrochen wird. Während bis zum Jahre 1979 von der Summe der Einnahmen Steuern, 837 Beiträge zur Sozialversicherung und zur Bundesanstalt oder entsprechende Aufwendungen zur sozialen Sicherung in angemessenem Umfang und Werbungskosten abgezogen werden konnten und es durch den Gebrauch des steuerrechtlichen Begriffs der Werbungskosten unklar blieb, ob der Einkommensbegriff der Arbeitslosenhilfe eine auf das Steuerrecht bezugnehmende Komponente enthielt, präzisierte das 5. Änderungsgesetz 838 den Einkommensbegriff als außersteuerli837 838

Allerdings ohne Angabe, welche Steuern gemeint waren. BGBl I 1979, 1189.

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chen Einkommensbegriff sui generis und läßt seitdem die auf das Einkommen entfallenden Steuern, die Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung und ihnen gleichzustellende Beiträge sowie die notwendigen Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen zum Abzug zu. Durch diese bewußt dokumentierte Abkehr des Arbeitslosenhilferechts von der Beachtung steuerlicher Gesichtspunkte wird auch ein Verlustausgleich zwischen einzelnen Einkunftsarten ausgeschlossen,839 da eine entsprechende Verlustausgleichs· und Verlustabzugserlaubnis fehlt. Zwar läßt das Bundessozialgericht die Frage noch offen, 840 hält jedoch zumindest einen Verlustausgleich unter Ehegatten bei der Bediirftigkeitsprüfung für unzulässig.841 b4a) Die auf das Einkommen entfallenden Steuern Zu den auf das Einkommen entfallenden und deshalb abzugsfähigen Steuern zählen die Lohn- bzw. Einkommensteuer, die Kirchensteuer sowie die Kapitalertragsteuer. Schenkungs- und Erbschaftssteuern werden in aller Regel bei der Einkommensermittlung nicht abzugsfähig sein,da der Zufluß ihrer jeweiligen Bemessungsgrundlage, die Schenkung bzw. das Erbe, nach der Art ihrer Entstehung kein regelmäßiger Zufluß sein wird und deshalb gem. § 11 Nr. 1 Alhi-VO als einmalige „Einkünfte" zu den privilegierten Einnahmen zählen. b4b) Die abzugsfähigen Versicherungsbeiträge Uneingeschränkt gekürzt können die Bruttoeinnahmen um die eigenen Pflichtanteile zur Sozialversicherung und zur Bundesanstalt für Arbeit werden. Beiträge zur freiwilligen oder privaten Krankenversicherung, zur privaten Lebensversicherung oder einer anderen privaten Personenversicherung sind abzugsfähig, soweit sie angemessen sind, d. h. sie die entsprechenden Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung nicht erheblich übersteigen oder soweit die Versicherung selbst oder die Höhe der hierfür zu entrichtenden Beiträge nicht außerhalb der Toleranzgrenzen wirtschaftlicher Vernunft liegt. 842 Werden sowohl Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung als auch Beiträge für private Versicherungen des bereits sozialversicherungsrechtlich gedeckten Risikos getätigt, so gehen die Beiträge für die privaten Versicherungen über den angemessenen Umfang hinaus und können deshalb die Bruttoeinnahmen nicht kürzen. 843

839 BT-Drucksache, 8/2624, 30, Nr. 46 zu Abs. 2. 840 BSG v. 17.5.1983, RAr 38/ 82. 841 BSGE 45, 69 (65). 842 Hennig/Kühl/Heuer, § 138, Anm. 3b. 843 Ambs-GK-AFG-Schmidt, § 138, RN 14.

III. Der sozialrechtliche Einkommensbegriff

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b4c) Die notwendigen Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen Die im Einzelfall absetzbaren notwendigen Aufwendungen sind von den Einnahmen abzusetzen, mit denen sie in einem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Eine andere Handhabung würde das Verlustausgleichsverbot, das aus der Selbständigkeit des arbeitslosenhilferechtlichen Einkommensbegriffs und dem Fehlen einer ausdrücklichen Ermächtigungsgrundlage abgeleitet wird, unterlaufen. Mit der Beschränkung der Abzugsfähigkeit auf die „notwendigen" Aufwendungen wird dem Träger der Arbeitslosenhilfe der gleiche Bewertungszwang aufgebürdet wie dem Träger der Sozialhilfe. Im Gegensatz hierzu ist jedoch der Träger der Arbeitslosenhilfe in der glücklichen Lage, hierbei sich zumindest keiner kameralistischen Denkweise befleißigen zu müssen, da im Gegensatz zur Einkommensermittlung bei der Sozialhilfe im Arbeitslosenhilfesystem nicht notwendige Ausgaben, sondern notwendige Aufwendungen abzugsfähig sind. 844 Aus diesem nicht unwesentlichen Unterschied folgt, daß die im Rahmen einer Einkunftsart zu berücksichtigenden Abschreibungen nicht gegen die tatsächlichen Ausgaben für die angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter auszutauschen sind, so daß die Überprüfung der Ausgaben auf ihre Notwendigkeit sich im Rahmen betriebswirtschaftlicher Bewertungskategorien vollziehen kann. 845 Unberücksicht bleiben beim Arbeitslosenhilfeempfänger andere wirtschaftliche Belastungen, wie ζ. B. Ratenverpflichtungen, Abzüge wegen Lohnpfändungen usw., da derartige Vermögensverschiebungen keine Aufwendungen sind, sondern ausschließlich auf das Vermögen des Hilfeempfängers einwirken. b5) Arbeitsförderungsrechtliches Individualeinkommen und individuelle Leistungsfähigkeit Die Ausführungen zum sozialhilferechtlichen Einkommensbegriff gelten grundsätzlich auch für den arbeitsförderungsrechtlichen Einkommensbegriff, so daß zur Vermeidung von Wiederholungen hierauf verwiesen werden kann. Es kann nicht bestritten werden, daß der Gesetzgeber offensichtlich unter dem Eindruck der Kritik seit dem 5. Änderungsgesetz sich hinsichtlich der Terminologie einer klareren Diktion befleißigt und entsprechend dem außersteuerlichen Bruttoeinnahmeprinzip als Einkommen alle Einnahmen abzüglich bestimmter Ausgaben und Aufwendungen definiert 846 sowie durch die Vermeidung steuerrechtlich vor844 Dieser Annahme liegt allerdings der Optimismus zu Grunde, daß dem Gesetzgeber bei der Kodifizierung der betriebswirtschaftliche Unterschied zwischen Ausgaben und Aufwand bewußt war. Zum Inhalt der Begriffe Ausgaben und Aus wand vgl. statt aller: Wöhe-Bwl, 873 ff. und 1148. 845 Offensichtlich aA Ambs-GK-AFG-Schmidt, § 138, RN 17, da verlangt wird, daß nur solche Aufwendungen von den Einnahmen abgesetzt werden, die sie effektiv schmälern, so daß sie für die Bestreitung des Lebensunterhalts nicht zur Verfügung stehen. Eine derartige Auslegung wird jedoch durch den Begriff Aufwand nicht gedeckt.

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

belasteter Begriffe die Eigenständigkeit des Einkommensbegriffs betont. Dennoch muß doch darauf hingewiesen werden, daß die umfassende Erweiterung des Katalogs privilegierter Einnahmen eine Bedürftigkeitsfiktion generiert, die den realen Bezug zu dem, was im allgemeinen Sprachgebrauch unter Bedürftigkeit zu verstehen ist, weitgehend vernachlässigt. Bereits an dieser Stelle sei darauf hingewiesen, daß es grundsätzlich zu unbefriedigenden Ergebnissen führen muß, wenn Anforderungen an die Höhe eines Einkommens in seiner Funktion der Leistungseröffnung bereits in die Bestimmung der Bemessungsgrundlage selbst eingebracht werden. Nicht also sollten leistungsfähigkeitindizierende Einnahmen privilegiert und dieser Fehler der Einkommensermittlung durch eine pauschale Verschiebung der Einkommensgrenze kompensiert werden, vielmehr ist die Einkommensermittlung umfassend zu gestalten; denn nur dann kann das Einkommen seine Funktion als positive oder negative Leistungseröffnung auch tatsächlich erfüllen. Dabei treten die weiteren formellen Unzulänglichkeiten, wie ζ. B. die Durchbrechung des Bruttoprinzips oder die Tatsache, daß die systematische Reihenfolge der berücksichtigungsfähigen Ausgaben und Aufwendungen auf den Kopf gestellt wird, wenn zunächst Steuern und Ausgaben zur sozialen Zukunftssicherung zum Abzug zugelassen werden, bevor die Abzugsfähigkeit notwendiger Aufwendungen für die Einnahmeerzielung erwähnt wird und erst im Anschluß an die Berücksichtigung von Ausgaben privilegierte Einnahmen aufgelistet werden, so daß auch hier hinsichtlich der Gesetzestechnik der Mangel folgerichtiger Definition der maßgeblichen Bezugsgröße kritisiert werden muß, hinter die erfolgte Erosion des Einkommensbegriffs durch die materiellen Unzulänglichkeiten zurück. c) Der Einkommensbegriff nach dem 2. Wohngeldgesetz cl ) Wohngeld als Instrument sozialer Sicherung Das Wohngeld, das auf eine lange geschichtliche Entwicklung zurückblicken kann, 847 hat gem. § 1 WoGG 8 4 8 die Aufgabe, ein angemessenes und familiengerechtes Wohnen zu sichern. Es ergänzt die jahrzehntelang als vorrangige staatliche Aufgabe angesehene Förderung des Wohnungsbaus als Objektförderung durch eine in ihren sozialen Wirkungen viel genauere Subjektförderung 849 und sorgt somit dafür, daß eine an der individuellen Leistungsfähigkeit orientierte Belastung des Mieters oder Wohnungseigentümers nicht überschritten wird. 8 5 0 Durch die Gewährung von Wohngeld sollen der Anspruchsberechtigte und seine Familie 846 § 138 III AFG ist dagegen ein Rückfall. 847 Vgl. hierzu Schwerz, 2; Busse, 2 f. 848 In der Fassung v. 27. 12. 1982, zuletzt geändert durch das 6. WoG-ÄnderungsG v. 11.7.1985, BGBl I 1985, 1318. 849 Buchsbaum, A 1, 7; Hengstmann, 18. 850 Stadtler/Gutekunst/Forster, 3.

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in die Lage versetzt werden, das Entgelt für ihre Wohnung bezahlen zu können und nicht gezwungen sein, ihre Wohnung aus wirtschaftlichen Gründen verlassen zu müssen. Durch seine Zuordnung zum Sozialgesetzbuch ist das Wohngeld als eigenständige, auf Dauer angelegte Sozialleistung bestätigt worden. 851 Anspruch auf Wohngeld hat jeder Haushaltungsvorstand, wenn seine Wohnung bestimmten Anforderungen genügt und wenn die zuschußfähigen Wohnkosten, d. h. die Miete oder die Belastung, einen zumutbaren Selbstbeteiligungsanteil übersteigen. Entscheidend für die Frage, ob und wieviel Wohngeld gewährt wird, ist dabei die Höhe des anzurechnenden Familieneinkommens, d. h. die Summe der Jahreseinkommen aller zum Haushalt rechnenden Familienangehörigen. Dabei enthält das Wohngeldgesetz für die Berechnung des maßgeblichen Einkommens eine eigene abschließende Regelung. c2) Die Summe der Einnahmen als Grundlage des wohngeldrechtlichen Einkommensbegriffs Entsprechend dem außersteuerlichen Bruttoeinnahmeprinzip, dem auch der Einkommensbegriff des 2. Wohngeldgesetzes entspricht, werden zur Ermittlung des Einkommens alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert herangezogen, unabhängig davon, ob es sich um Einnahmen aus selbständiger oder nichtselbständiger Arbeit oder aus einer anderen Quelle handelt 852 und unabhängig davon, ob die Einnahmen einen Tatbestand des Einkommensteuerrechts erfüllen oder nicht. 853 Lediglich für die Auslegung einiger Begriffe kann auf das Steuerrecht zurückgegriffen werden. 854 Dies gilt für die Begriffe Werbungskosten, Betriebsausgaben, Absetzungen und Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit in § 12 WoGG, Aufwendungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen in § 12 a WoGG sowie für den Begriff der steuerfreien Einnahmen in § 14 WoGG. Der Umfang und die materielle Bedeutung der nach steuerrechtlichen Vorschriften auszulegenden Begriffe für die Bestimmung des wohngeldrechtlichen Einkommensbegriffs sind jedoch so gravierend, daß bereits an dieser Stelle die Frage aufgeworfen werden muß, warum nicht gleich vom steuerrechtlichen Einkommensbegriff ausgegangen wird. Ist der Antragsteller Eigentümer einer Wohnung, die er selbst bewohnt, gilt auch der Mietwert der selbstgenutzten Wohnung als Einnahme. Ferner gelten als Einnahmen das Kindergeld und andere Leistungen für Kinder 855 und bestimmte erhaltene Darlehn. 856 851 Maetzel, 101; BT-Drucks. 7/3738, 1. 852 Feiberg, 41; Hugo, 151. 853 Stat. Bundesamt, 9; BVerwG-DWW 1968, 144 (145). 854 Lenhard, 37. 855 Abschn. 10.12 WoGVwV. 856 Abschn. 10.14 WoGVwV.

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

Einnahmen, die nicht in Geld bestehen, insbesondere also Kost, Deputate und andere Sachleistungen, werden nach der jeweils geltenden Lohnsteuer-Durchführungsverordnung in Geld bewertet. c3) Die Reduzierung der Summe der Einnahmen Ein umfangreicher Katalog von insgesamt 32 (!) Kriterien ökonomischer Leistungsfähigkeit zählt diejenigen Wertzuflüsse auf, die nicht als Einnahmen bei der wohngeldrechtlichen Einkommensermittlung berücksichtigt werden dürfen. Dabei ist der Reduzierungskatalog nur vordergründig enumerativ, da nicht nur die in § 14 WoGG selbst genannten Einnahmen unberücksichtigt bleiben, sondern auch solche Leistungen, die aufgrund gesetzlicher Regelungen außerhalb des Wohngeldgesetzes ausdrücklich von der Anrechnung bei der Ermittlung des Einkommens für die Gewährung von Wohngeld freigestellt sind, 857 ohne daß der Gesetzgeber es für nötig hielt, eine entsprechende Freistellungsberechtigung wie ζ. B. noch in § 12 Alhi-VO in das Wohngeldgesetz aufzunehmen. Der Umfang der privilegierten Einnahmen ist so umfassend, daß geradezu von einer Erosion des wohngeldrechtlichen Einkommensbegriffs gesprochen werden kann mit der Folge, daß dieser Einkommensbegriff den Anspruch, Indikator wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit zu sein, nicht mehr gerecht wird. c3a) Einnahmen zur Verringerung der Miete oder der Belastung Gem. § 13 WoGG bleiben Beiträge Dritter zur Bezahlung der Miete oder zur Aufbringung der Belastung sowie Einnahmen aus der Vermietung oder Verpachtung eines Teils des Wohnraums, für den das Wohngeld beantragt wird (also Untermieteinnahmen), außer Betracht. Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist es, den Antragsberechtigten vor doppelten Nachteilen zu schützen.858 Gäbe es diese Regelung nicht, würden die Einnahmen aus Untervermietung und Verpachtung sowie die Beiträge Dritter zur Aufbringung der Miete oder der Belastung sowohl einkommenserhöhend als auch wohnkostensenkend wirken und damit das Wohngeld in zweifacher Hinsicht beschneiden. Diese Folge ergäbe sich, da gem. § 7 WoGG die zu berücksichtigende Miete oder Belastung insoweit außer Betracht bleibt, als sie auf Wohnraum entfällt, der einem anderen entgeltlich zum Gebrauch überlassen ist oder als ihr Beiträge Driter gegenüberstehen. Zu den Beiträgen Dritter im Sinne des § 13 WoGG gehören in erster Linie die in § 42 V I und § 88 des II. WoBauG bezeichneten Finanzhilfen sowie die Beiträge von Arbeitgebern, Verwandten oder sonstigen Dritten. 857 Stadtler/Gutekunst/Forster, § 10, RN 4; Lenhard, 86. 858 Schwerz, § 13, RN 2; Stadtler / Gutekunst / Forster, § 13, Anm. 1; BT-Drucks. 4/ 3018, 6.

III. Der sozialrechtliche Einkommensbegriff

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c3b) Der Reduzierungskatalog des § 14 WoGG Bei den Einnahmen des Privilegierungskataloges des § 14 WoGG handelt es sich im Wesentlichen um Leistungen aus dem Bereich Versicherung, Versorgung, berufliche oder Familienförderung sowie um einmalige Zahlungen und Entschädigungen. Dabei sieht das Gesetz vor, daß grundsätzlich nur solche Einnahmen bei der Einkommensermittlung außer Betracht bleiben, die steuerfrei sind und nicht der Deckung des allgemeinen Lebensunterhaltes dienen. Dieser Grundsatz ist jedoch nicht durchgehalten worden, da in den Privilegierungskatalog auch solche Einnahmen aufgenommen wurden, die zwar steuerfrei sind, aber zur Deckung des allgemeinen Lebensunterhaltes bestimmt sind. So sind Einnahmen nach § 14 Abs. 1 Ziff. 2, 4 und 5, 7, 9, 11, 17 und 18, 26 und 27 sowie 32 WoGG zur Deckung des Lebensunterhaltes bestimmt, soweit daraus die Kosten für Ernährung, Unterkunft, Kleidung und persönliche Bedürfnisse zu tragen sind. 859 Eine dem früheren §20 Ziff. 13 des 1. WoGG entsprechende Vorschrift, wonach das Wohngeld zu den außer Betracht bleibenden Einnahmen zählt, fehlt in dem Katalog des § 14 WoGG. Dennoch wird man mit Rücksicht auf die Zweckbestimmung des Wohngeldes auch weiterhin davon ausgehen können, daß das Wohngeld kraft seiner besonderen Eigenschaft keine Einnahme im Sinne des § 10 WoGG ist. 8 6 0 Bei dem Privilegierungskatalog des § 14 WoGG handelt es sich um ein „Konglomerat von Textstellen", 861 das überwiegend und unverändert aus dem Einkommensteuergesetz, der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung oder den Lohnsteuer-Richtlinien zusammengestellt worden ist und das darüber hinaus noch ergänzt wird durch weit über 200 (!) detailierte Einzelregelungen der Verwaltungsvorschrift. Zum Teil handelt es sich hierbei entsprechend dem in § 14 I WoGG aufgestellten Grundsatz um steuerfreie Einnahmen, zum Teil aber auch um steuerlich nicht oder nicht in voller Höhe zu erfassende Einnahmen wie Gelegenheitsgeschenke oder Annehmlichkeiten. Bei der wohngeldrechtlichen Einkomensermittlung bleiben auch vermögenswirksame Leistungen, soweit sie auf Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung beruhen, sowie Zuschüsse des Arbeitgebers zur Kranken- Sozial- und Lebensversicherungen unberücksichtigt. 862

859 Schwerz, § 14, RN 13. 860 Stadtler /Gutekunst /Forster, § 14, RN 3. 861 Giloy-Einkommen, 57. 862 Vgl. hierzu Hengstmann, G., 150.

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

c3c) Privilegierte Einnahmen durch Regelungen außerhalb des Wohngeldgesetzes Zu den privilegierten Einnahmen zählen nicht nur die im Gesetz ausdrücklich genannten Wertzuflüsse, sondern auch solche Leistungen, die auf Grund gesetzlicher Regelungen außerhalb des Wohngeldgesetzes bei der Ermittlung des Einkommens für die Wohngeldgewährung freigestellt sind. Hierzu zählen Rentennachzahlungen aufgrund der jeweiligen Rentenanpassungsgesetze, wenn und soweit die Anpassungsvorschriften anrechnungsfreie Zeiträume für die Anrechnung der Erhöhungsbeträge auf das für das Wohngeld maßgebende Einkommen vorsehen, sowie die in § 5 I I des Gesetzes zur Errichtung einer Stiftung „Mutter und Kind—Schutz des ungeborenen Lebens" genannten Leistungen und die Leistungen nach dem Bundeserziehungsgeldgesetzes. c3d) Einnahmeprivilegierungen durch Freibeträge für besondere Personengruppen Während sich die bisherigen Privilegierungen an bestimmten Einnahmearten orientierten und aus ihrer Zielfunktion die Nichtanrechenbarkeit ableiteten, werden in § 16 WoGG bestimmte Personengruppen genannt, deren Einnahmen unabhängig von ihrer Art und ihrem Zweck durch eine Gewährung von Freibeträgen privilegiert werden. Eine derartige Freibetragsregelung kannte bereits das 1. Wohngeldgesetz durch eine vergleichbare Vergünstigung für Deutsche aus der sowjetischen Besatzungszone und für Aussiedler. Trotz der in der Praxis erhobenen materiellen und verfahrensmäßigen Bedenken gegen den Freibetrag des § 23 1. WoGG 8 6 3 ist diese Regelung nicht nur nicht aufgegeben, sondern sogar noch erheblich erweitert worden. Nach der Intention des Gesetzgebers sollen die Freibeträge, die zuletzt mit dem 5. Änderungsgesetz 864 auf 1 500 D M bis 2 400 D M erhöht worden sind, den begünstigten Personengruppen einen Ausgleich für die ihnen erwachsenden außergewöhnlichen Belastungen verschaffen und den Vertriebenen, Sowjetzonenflüchtlingen und den Personen i. S. des § 1 Flüchtlingshilfegesetz die wirtschaftliche und wohnraummäßige Eingliederung im Bundesgebiet erleichtern, da durch die Verminderung des Familieneinkommens ein höheres Wohngeld gezahlt werden kann. Der Freibetrag nach § 16 I I I WoGG wird, wenn der Berechtigte über keine für die Berücksichtigung des Freibetrages ausreichende Einnahmen verfügt, von den Einnahmen desjenigen Haushaltsmitgliedes abgesetzt, welches die höchsten zu berücksichtigenden Einnahmen hat, so daß für die Gewährung dieses Freibetrages ein eigenes Einkommen des Wohngeldberechtigten nicht erforderlich ist. 865 863 Vgl. hierzu Stadler/Gutekunst/Forster, § 16, Anm. 1 864 BGBl I 1980, 1159. 865 Geppert, 150; VG Frankfurt-BBauBl 1979, 96.

III. Der sozialrechtliche Einkommensbegriff

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Haben mehrere Familienmitglieder einen Anspruch auf den SchwerbehindertenFreibetrag gem. § 16 I I I WoGG, wirkt sich die Gesamtprivilegierung u. U. nur dann in voller Höhe aus, wenn das Jahreseinkommen des Familienmitgliedes mit den höchsten zu berücksichtiggenden Einnahmen die Summe der Freibeträge erreicht, da sich andernfalls nur eine Reduzierung dieser Einnahmen auf null ohne volle Ausschöpfung der Freibeträge ergibt. 866 Im Gegensatz hierzu können die Freibeträge nach Absatz 1 (für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung) und nach Absatz 2 (für Vertriebene, Zuwanderer und Heimkehrer) nur beim jeweils Berechtigten selbst berücksichtigt werden. Ist in diesen Fällen der Freibetrag größer als die Einnahmen, so ist der Freibetrag auf die Höhe der Jahreseinnahmen begrenzt. 867 Die Freibeträge nach § 16 WoGG dürfen für ein Familienmitglied nicht nebeneinander gewährt werden, auch wenn es mehreren der genannten Personengruppen angehört. Erfüllt ein Familienmitglied mehrere der in § 16 WoGG genannten Voraussetzungen, ist nur der jeweils höchstzulässige Freibetrag zu gewähren. 868 Dagegen schließt eine Privilegierung gem. § 14 WoGG die Gewährung eines Freibetrages nach § 16 WoGG nicht aus, wenn nur die jeweils geforderten Voraussetzungen vorliegen (Nr. 16.42 und 14.02 WoGVwV). c4) Die Kürzung der Bruttoeinnahmen Die nach der Reduzierung um die privilegierten Einnahmen verbleibenden Einnahmen reflektieren noch nicht die ökonomische Leistungsfähigkeit des Einnahmebeziehers, da sowohl Ausgaben, die der Erzielung und Erhaltung dieser Einnahmen dienen, als auch Steuern und sonstige Aufwendungen, denen sich der Einnahmenbezieher nicht entziehen kann, noch nicht berücksichtigt sind. Es ist eine Eigenart des 2. Wohngeldgesetzes, daß die Berücksichtigung der die Bruttoeinnahmen kürzenden Ausgaben zweigleisig erfolgt, ohne daß hierfür ein sachlicher Grund oder gar ein zwingendes Erfordernis vorliegen würde. Zum einen werden gem. den §§12 und 12a WoGG die Einnahmen um die zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung dieser Einnahmen notwendigen Aufwendungen (§12 WoGG) und um die zur Erfüllung einer gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung getätigten Aufwendungen (§ 12 a WoGG) gekürzt, zum anderen wird gem. §17 WoGG ein pauschaler Abzug von der Summe der Einnahmen zugelassen, dessen Höhe sich danach richtet, ob Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung und / oder Steuern vom Einkommen gezahlt werden.

866 Schwerz, § 16, Anm. 6. 867 Hengstmann-Wohngeld, 179. 868 Vgl. hierzu auch Nr. 16.41 WoGVwV. 13 Burger

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen c4a) Die Abzüge nach §§ 12 und 12a WoGG

Die konkret benannten absetzbaren Aufwendungen sind in den §§12 und 12a WoGG erschöpfend aufgezählt. Andere Aufwendungen als die in § 12 WoGG genannten Werbungskosten und Betriebsausgaben und die in § 12 a WoGG aufgeführten Unterhaltsleistungen können nicht einnahmemindernd berücksichtigt werden. Insbesondere sind nicht berücksichtigungsfähig die Sonderausgaben nach den §§ 10 bis lOd EStG, die außergewöhnlichen Belastungen nach den §§ 33 und 33 a EStG sowie die Lohn- bzw. Einkommensteuer und die Kirchensteuer. a) Aufwendungen zur Erwerbung, und Erhaltung der Einnahmen

Sicherung

Der Begriff der zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen notwendigen Aufwendungen ist § 9 EStG (für die Werbungskosten) und § 4 EStG (für die Betriebsausgaben) entnommen, wenn auch das Attribut der „Notwendigkeit" Ausfluß sozialrechtlicher Denkweise ist. Diese Denkweise wird jedoch sogleich wieder konterkariert, da für die inhaltliche Bestimmung der „notwendigen" Aufwendungen ausdrücklich auf die entsprechenden Vorschriften des Einkommensteuergesetzes verwiesen wird, denen jedoch ein derartig normativer Begriff unbekannt ist. Aus der umfassenden Formulierung des § 12 I WoGG folgt, daß bei allen Arten von Einnahmen, also auch bei steuerfreien Einnahmen, die Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben, soweit sie tatsächlich angefallen sind und nachgewiesen werden können, berücksichtigt werden. 869 Soweit ein zum Haushalt zählendes Familienmitglied Einnahmen verschiedener Art hat, kann es bei jeder Art von Einnahmen Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben absetzen, und zwar jeweils bei den Einnahmen, bei der die Aufwendungen entstanden sind. 870 Nicht zulässig ist es, die verschiedenen Einnahmen zusammenzufassen und von dieser Summe der Einnahmen die gesamten Aufwendungen abzuziehen, da hierdurch die Wirkung einer Verlustübertragung von einer Einkunftsart auf eine andere eintreten würde. Dies entspricht weder dem Wortlaut noch dem Sinn des Gesetzes.871 Die zu berücksichtigenden Werbungskosten und Betriebsausgaben müssen in dem gleichen Zeitraum angefallen sein oder voraussichtlich anfallen werden, der nach § 11 WoGG zur Ermittlungm des Jahreseinkommens herangezogen wird, da nur durch die Beachtung zeitlicher Kongruenz das verbleibende Nettoeinkommen ein die ökonomische Leistungsfähigkeit der jeweiligen Periode repräsentierendes Nettoeinkommen ist.

869 VG Düsseldorf-BBauBl 1973, 429. 870 Stadler/Gutekunst/Forster, § 12, RN 10. 871 BVerwG-WM 1968, 134; OVG Rheinland-Pfalz-BBauBl 1969, 131.

III. Der sozialrechtliche Einkommensbegriff

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Werbungskosten und Betriebsausgaben werden grundsätzlich nur in Höhe der nachgewiesenen und tatsächlich angefallenen Aufwendungen berücksichtigt. Eine Ausnahme gilt lediglich für die Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und aus Kapitalvermögen, bei denen auch ohne Nachweis die gem. § 9 a Satz 1 Nr. 1 bzw. § 9a Satz 1 Nr. 2 EStG zulässigen Pauschbeträge abgesetzt werden können. 872 ß) Aufwendungen zur Erfüllung U nterhaltsverpflichtungen

gesetzlicher

Bis zum Inkrafttreten des 3. Änderungsgesetzes zum Wohngeldgesetz873 wurde bei der Ermittlung des wohngeldrechtlichen Einkommens immer wieder bemängelt, 8 7 4 daß Aufwendungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen unberücksichtigt bleiben mußten, obwohl diese dem Unterhaltsleistenden nicht zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes zur Verfügung stehen. Der aus diesem Grunde eingefügte § 12 a sollte diese unbilligen Auswirkungen mildern, die sich besonders in den Fällen nachteilig auswirkten, in denen ein und derselbe Unterhaltsbetrag bei der Ermittlung des für das Wohngeld maßgebenden Einkommens sowohl beim Leistenden als auch beim Empfangenden berücksichtigt wurde. Die Aufwendungen, so sie die Einnahmen kürzen sollen, müssen Leistungen sein, die in Erfüllung einer gesetzlichen Unterhaltspflicht getätigt werden. Eine derartige Unterhaltspflicht kraft Gesetzes besteht für Ehegatten (§§ 1360, 1361 BGB) und Verwandte in gerader Linie (§§ 1601, 1602 I I BGB) untereinander, für den Vater gegenüber seinem nichtehelichen Kind (§ 1615 a i. V. mit § 1601 BGB) und gegenüber der Mutter seines nichtehelichen Kindes aus Anlaß der Geburt (§ 1615 BGB) sowie für geschiedene Ehegatten untereinander (§§ 15691577 BGB). Bei der Beurteilung der gesetzlichen Unterhaltspflicht von Ausländern ist ebenfalls auf deutsches Recht und nicht auf das jeweilige ausländische Unterhaltsrecht abzustellen.875 Die gesetzliche Unterhaltspflicht wird durch eine tatsächliche Leistung des Unterhaltspflichtigen erfüllt, wenn für das betreffende zum Haushalt rechnende Familienmitglied aufgrund einer der genannten Rechtsvorschriften eine Leistungspflicht besteht. Es ist nicht erforderlich, daß ein besonderer Rechtstitel im Einzelfall oder eine besondere Zahlungsaufforderung vorliegt. Dagegen kommt eine Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen nach § 12 a WoGG nicht in Betracht, wenn die Unterhaltsgewährung freiwillig oder aufgrund vertraglicher Vereinbarung erfolgt, selbst wenn sie durch ein Gerichtsurteil bestätigt worden sein sollte oder einer sittlichen Pflicht entspricht. 872 Glaser-Wohngeld, 451. 873 BGBl I 1973, 1855. 874 Glaser, 284; Schwerz, § 12 a, Anm. 1. 875 Stadler/Gutekunst/Forster, § 12 a, Anm. 2. 13*

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen c4b) Pauschaler Abzug gem. § 17 WoGG

Das nach den §§9-16 WoGG errechnete Einkommen stimmt in aller Regel mit dem tatsächlich zur Deckung des Lebensunterhalts zur Verfügung stehenden Einkommen nicht überein, da Abzüge für Steuern vom Einkommen und Ausgaben für die Zukunftssicherung noch nicht berücksichtigt worden sind. Um ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Ergebnis zu erreichen, hat der Gesetzgeber einen gestaffelten Freibetrag für die Abgeltung der nicht der Deckung des Lebensunterhaltes dienenden Aufwendungen eingeführt. 876 Dabei wird der jeweilige Freibetrag vom Jahreseinkommen des jeweiligen Familienmitgliedes abgezogen, so daß vor Abzug der Pauschale für jedes Familienmitglied das Einkommen nach den §§ 10 — 16 WoGG ermittelt werden muß, so daß zweifelsfrei feststeht, daß der Freibetrag sich aus dem Einkommen errechnet, daß sich nach der Reduzierung der Einnahmen und nach Kürzung der verbleibenden Einnahmen um Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben und Unterhaltsleistungen ergibt. 877 Entsprechend den Verhältnissen im Ermittlungszeitraum wird statt des allgemeinen Abzugs von 6% eine erhöhte Pauschale von 12,5 % berücksichtigt, wenn entweder Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung oder Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung oder Beiträge zu ähnlichen Einrichtungen oder Steuern vom Einkommen entrichtet werden. Treffen für ein Familienmitglied zwei dieser Erhöhungvoraussetzungen gleichzeitig zu, erhöht sich der pauschale Abzug auf 20 %. Leistet dagegen ein Familienmitglied sowohl Pflichtbeiträge zur Krankenkasse als auch zur Rentenversicherung und zahlt es auch Steuern vom Einkommen, wird ein pauschaler Abzug von 30% gewährt. c5) Wohngeldrechtliches Individualeinkommen individuelle Leistungsfähigkeit

und

Verglichen mit dem Anspruch des Wohngeldgesetzes, eine an der individuellen Leistungsfähigkeit orientierte Belastung des Mieters oder Wohnungseigentümers zu gewährleisten und fehlende oder nicht ausreichende ökonomische Leistungsfähigkeit durch Gewährung eines Wohngeldes auszugleichen, ist der wohngeldrechtliche Einkommensbegriff als Indikator eben dieser Leistungsfähigkeit nurmehr ein Torso seiner selbst. Sowohl die extreme Erweiterung des Kataloges 876 Hugo, 154; Hengstmann-WoG, 243. 877 Stadler /Gutekunst /Forster, § 17, Anm. 1.

III. Der sozialrechtliche Einkommensbegriff

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privilegierter Einnahmen, der nicht nur bestimmte Arten von Wertzuflüssen umfaßt, sondern auch solche Einnahmen, die unabhängig von ihrer Art nur deshalb keine Leistungsfähigkeit indizieren sollen, weil sie bestimmten Personengruppen zufließen, als auch die pauschale und generalisierende Berücksichtigung von Ausgaben für Sozialversicherungsbeiträge und für aus dem Einkommen zu zahlende Steuern 878 haben zur Folge, daß der wohngeldrechtliche Einkommensbegriff mehr Reflex der jeweiligen Haushaltslage ist 8 7 9 als daß er dem Kriterium möglichst objektiver Darstellung individueller Leistungsfähigkeit entspricht. Der Umstand, daß § 12 WoGG hinsichtlich der Werbungskosten und der Betriebsausgaben kraft ausdrücklichen Verweises dem Einkommensteuerrecht folgt, aber hinsichtlich der Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen wohngeldrechtspezifische Überlegungen beachtet und diese Aufwendungen teils pauschal, teils überhaupt nicht bei der Ermittlung des wohngeldrechtlichen Einkommens berücksichtigt, erweist sich in der Praxis sowohl für die Antragsteller als auch für die Bewilligungsbehörden als nachteilig, 880 ohne daß für eine derartige Verfahrensweise ein zwingender Grund vorliegt. Es hätte die Zielsetzung des Wohngeldgesetzes wohl kaum nachteilig tangiert, auch bezüglich der Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen dem Einkommensteuerrecht zu folgen und auch den jeweiligen Betrag der Einkommen-, Lohn- und Kirchensteuer sowie die Ausgaben zur Zukunftssicherung zum direkten Abzug vorzusehen. 881 Die über ein gewolltes Maß der Erforderlichkeit und Angemessenheit hinausgehenden Beträge hätten sich dabei ebenso ausschließen lassen wie die erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG bei den Werbungskosten. Zusammenfassend muß festgestellt werden, daß aus allen diesen genannten Gründen der wohngeldrechtliche Einkommensbegriff kaum mehr geeignet ist, Indikator ökonomischer individueller Leistungsfähigkeit zu sein.

2. Einkommensbegriffe nach dem steuerlichen Nettoertragsprinzip Während die Einkommensbegriffe nach dem Bruttoeinnahmeprinzip ihrem Anspruch nach einen umfassenden und universalen Einkommensbegriff darstellen, indem sie sämtliche Einnahmen in Geld oder Geldeswert ohne Rücksicht auf die Quelle der Einnahmen und ohne Rücksicht auf die Beständigkeit des Fließens zu erfassen versuchen, orientieren sich die Einkommensbegriffe nach 878 Eine Verfahrensweise, die bei einem progressiv gestalteten Steuertarif schon in sich widersprüchlich ist. 879 Vgl. Begründung zur Änderung des § 17 WoGG: „Bei aufgrund der Wirtschaftsentwicklung zurückbleibenden Steuereinnahmen sind einschneidende Maßnahmen erforderlich. Der Schwerpunkt liegt bei Kürzungen auf der Ausgabenseite einschließlich Eingriffen in die Leistungsgesetze . . . " BT-Drucks. 9/842, 1. 880 Stadtler/Gutekunst/Forster, § 12, RN 2. sei Vgl. auch Maetzel-Wohngeld, 226.

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

dem Nettoertragsprinzip an einer nach Abzug der Ausgaben von den Einnahmen verbleibenden Residualgröße. Da diese Residualgröße Ergebnis der Anwendung materiellen Steuerrechts ist, wird die Ausgangsgröße der dem steuerlichen Nettoertragsprinzip folgenden Einkommensbegriffe zwangsläufig vorbelastet mit der Unzulänglichkeit des steuerrechtlichen Einkommensbegriffs als insuffizienter Indikator ökonomischer Leistungsfähigkeit. Es ist jedoch ein Irrtum zu glauben, daß allein durch die Bezugnahme auf den steuerlichen Nettoertrag diese Einkommensbegriffe weniger geeignet seien, ökonomische Leistungsfähigkeit zu indizieren als die dem außersteuerlichen Bruttoeinnahmeprinzip folgenden Einkommensbegriffe. Ein Blick auf die umfassenden Privilegierungskataloge und auf pauschale, sich nur hilfsweise an tatsächliche Ausgaben orientierende Kürzungsverfahren zeigt, daß die dem außersteuerlichen Bruttoeinnahmeprinzip folgenden Einkommensbegriffe zwar grundsätzlich für sich in Anspruch nehmen können, aufgrund ihres Universalitätscharakters zutreffende Indikatoren ökonomischer Leistungsfähigkeit zu sein, daß der Gesetzgeber durch die konkrete Ausgestaltung der jeweiligen Einkommensermittlungsvorschriften die theoretisch günstigere Ausgangslage jedoch zum Teil beträchtlich ausgehöhlt hat. Aus diesem Grunde hilft für die Beantwortung der Frage, ob und inwieweit Einkommensbegriffe nach dem steuerlichen Nettoertragsprinzip zutreffend ökonomische Leistungsfähigkeit widerspiegeln, nicht ein festgestellter theoretischer Vor- oder Nachteil, sondern nur die, wenn auch mühsame, so doch erforderliche Auseinandersetzung mit den jeweiligen gesetzlichen Vorschriften über die Art und Weise der Einkommensermittlung. Dem steuerlichen Nettoertragsprinzip folgen die Einkommensbegriffe des Bundesausbildungsförderungsgesetzes, des Zweiten Wohnungsbaugesetzes, des Bundeskindergeldgesetzes, des Bundeserziehungsgeldgesetzes, des Sparprämien- und des Wohnungsbauprämiengesetzes sowie des Vermögensbildungsgesetzes.

a) Der Einkommensbegriff nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz al ) Grundsätze und Zielsetzung eines umfassenden Systems individueller Ausbildungsförderung Eine gründliche berufsqualifizierende Ausbildung bedingt oft eine vieljährige Ausbildungszeit. Ausbildungswillige und ausbildungsfähige Jugendliche, deren Eltern nicht über die während der Ausbildungszeit benötigten finanziellen Mittel verfügen, bliebe eine derartige Ausbildung versagt, falls die fehlende ökonomische Leistungsfähigkeit der Eltern oder des Jugendlichen selbst nicht durch eine individuelle Hilfe der öffentlichen Hand ersetzt wird. Aufgabe des sozialen Rechtsstaates ist es, soziale Unterschiede durch eine differenzierende Sozialordnung abzugleichen 882 und durch die Gewährung einer

III. Der sozialrechtliche Einkommensbegriff

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individuellen Ausbildungsförderung auf eine berufliche Chancengleichheit der jungen Menschen hinzuwirken. 883 Somit ist die Deckung des Unterhalts- und Ausbildungsbedarfs nicht nur Aufgabe der Eltern und notfalls des Jugendlichen selbst, sondern auch eine sich aus dem Sozialstaatprinzip des Art. 20 I GG ergebende Aufgabe des Staates,884 die jedoch unter dem Vorbehalt des Möglichen im Sinne dessen steht, was der Einzelne vernünftiger Weise von der Gesellschaft beanspruchen kann. 885 Die Sozialleistung „Ausbildungsförderung" hat demnach die Funktion, dem einzelnen Menschen zu ermöglichen, sich frei von wirtschaftlichen Zwängen durch eine qualifizierte Ausbildung auf das Berufsleben vorzubereiten. 8 8 6 Die Ausformung dieser Aufgabe in den konkreten förderungsrechtlichen Vorschriften hat sich dabei einem nicht unerheblichen Interessenkonflikt zu stellen. Dieser Konflikt ergibt sich einmal aus dem Interesse des Auszubildenden an einer möglichst freizügigen Wahl seines Ausbildungszieles, der Möglichkeit zur überlegten Korrektur eines einmal eingeschlagenen Bildungsweges, der Nichtbeeinträchtigung des Zugangs zu den Ausbildungsangeboten durch die Art der Hilfeleistung sowie an einer Festsetzung der Höhe der Leistungen, die einen der üblichen Lebensform und dem durchschnittlichen Alter des Auszubildenden gerecht werdenden Lebensunterhalt ermöglicht. Diesen komplexen Interessen des Auszubildenden steht in Anbetracht der beschränkten staatlichen Resourcen das Interesse an sparsamer, effektiver und im Verhältnis zu anderen öffentlichen Aufgaben ausgewogener Verwendung der Förderungsmittel entgegen.887 Dieser Interessenkonflikt verlangt, daß Förderungsleistungen dann zu versagen sind, wenn die ökonomische Leistungsfähigkeit der Eltern des Auszubildenden oder des Auszubildenden selbst ausreicht, eine eignungsgemäße qualifizierende Ausbildung zu finanzieren. Eine derartige subsidiäre Ausbildungsförderung setzt jedoch einen lückenlosen Anschluß des Förderungsrechts an die Vorschriften des Unterhaltsrechts voraus; denn es ist sicherzustellen, daß dem Auszubildenden nicht nur der die fehlende ökonomische Leistungsfähigkeit seines Unterhaltsverpflichteten ausgleichende Teil der Mittel, die er zur ordentlichen Durchführung der Ausbildung benötigt, als öffentliche Leistung zufließt, sondern auch der Teil, den er aufgrund der individuellen ökonomischen Leistungsfähigkeit seiner Unterhaltsverpflichteten von diesen verlangen kann. Damit orientiert sich die öffentliche Ausbildungsförderung an der individuellen Leistungsfähigkeit des Auszubildenden bzw. seiner Unterhaltsverpflichteten, ei882 Homickel, 177 ff.; Hennecke / Jaron, BIA, 201. 883 Blanke, 2. 884 Zur Erweiterung der „Daseinsvorsorge" des Staates von den rein existenziellen Leistungen zur staatlichen Bildungsverpflichtung vgl. insbes. Clevinghaus, 89 ff. und Reuter, L. R., 28 ff. 885 BVerfGE 33, 303 (333). 886 Breinersdorfer, 187 ff.; Rothe / Blanke, Teil Π, Anm. 2.1; zur Frage der Beeinflußbarkeit von Bildungsentscheidungen durch Einkommensverbesserungen: Hofemann, 118 ff. 887 Barbarino. 13 f.

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nen eigenen Beitrag zu seiner Ausbildung zu leisten. Um dies zu erreichen, muß es einen einheitlichen Maßstab geben, aufgrund dessen entschieden werden kann, ob die tatsächlich bestehenden wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers eine Förderung rechtfertigen. 888 Gradmesser, Indikator dieser Leistungsfähigkeit ist das Einkommen, so daß dem Inhalt des ausbildungsförderungsrechtlichen Einkommensbegriffs eine wesentliche Stellung im förderungsrechtlichen System zukommt. a2) Die Summe der positiven Einkünfte als Grundlage des ausbildungsförderungsrechtlichen Einkommens Das Bundesausbildungsförderungsgesetz geht gem. § 21 BAföG weitgehend vom Einkommensbegriff des Einkommensteuergesetzes aus, 889 da der entsprechende, vom Steuerrecht unabhängige Begriff des Ausbildungsförderungsgesetzes 890 als kurzfristigem Vorläufer des BAföG sich nicht bewährt hatte. 891 Dabei scheint die Formulierung „Als Einkommen g i l t . . a u f eine Fiktion oder unwiderlegbare Vermutung hinzudeuten. Trotz dieser Formulierung handelt es sich jedoch nicht um eine gesetzliche Fiktion, sondern lediglich um einen Hinweis auf die Anwendbarkeit des Begriffes „Gesamtbetrag der Einkünfte" aus dem Einkommensteuergesetz. 892 Damit können die Einkommensermittlungen und feststellungen der Finanzverwaltungsbehörden als Grundlage der förderungsrechtlichen Entscheidungen herangezogen werden. Kernbestandteil des ausbildungsförderungsrechtlichen Einkommensbegriffes ist somit die Summe der positiven Einkünfte des § 2 I und I I EStG. Da in den positiven Einkünften als Teil des steuerrechtlichen Gesamtbetrages der Einkünfte die mit der Erzielung der Einkünfte verbundenen Werbungskosten gem. § 9 EStG bzw. Betriebsausgaben gem. § 4 IV EStG bereits berücksichtigt sind, umfaßt die Bezugnahme auch § 9 a EStG, der die Werbungskostenpauschbeträge festsetzt, so daß bis zur Höhe der Werbungskostenpauschbeträge keine Werbungskosten tatsächlich angefallen sein oder konkret nachgewiesen werden müssen. a3) Verlustausgleichsverbot Der Hinweis auf die positiven Einkünfte soll zweifelsfrei klarstellen, daß ein Verlustausgleich zwischen den einzelnen Einkunftsarten und zwischen den Einkünften zusammenveranlagter Ehegatten förderungsrechtlich unzulässig ist. Da 888 Brandis, 373. 889 Menke, 64; Siegers, J., 661; Fichtner, 1241 f.; vgl. hierzu auch die amtliche Begründung, BT-Drucks. 6/1975, 30. 890 BGBl I 1969, 1719. 891 Breinersdorfer, 193. 892 Schieckel, § 21, Anm. 2.

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jedoch der Begriff der Einkünfte einer Einkunftsart als Saldo aller Quellen eben dieser Einkunftsart anzusehen ist, 8 9 3 ist durch § 211S. 2 BAföG nicht der interne, sondern nur der externe Verlustausgleich betroffen. Deshalb ist ein Verlustausgleich innerhalb einer Einkunftsart förderungsrechtlich zulässig, auch wenn dieser Verlust seine Ursache in steuerrechtlichen Vergünstigungstatbeständen hat und somit nicht zwingend eine Minderung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit darstellt. Wenn auch diese Unterscheidung im Bereich der Erzielung von negativen Einkünften, die ohne tatsächlichen wirtschaftlichen Hintergrund bestehen und damit die ökonomische Leistungsfähigkeit auch nicht beeinflussen, noch angemessen ist, so wird diese Unterscheidung bei negativen Einkünften mit tatsächlichem wirtschaftlichen Hintergrund als unangemessen und nicht sachgerecht bezeichnet werden müssen. 894 Die jetzige Regelung führt dazu, daß Verluste ohne wirtschaftlichen Hintergrund, Verluste also, die in dieser Höhe nur steuerrechtlich, nicht aber tatsächlich bestehen, trotz generellem Verlustausgleichsverbot mit positiven Einkünften saldiert werden, sofern diese Verluste nur im Rahmen einer Einkunftsart entstanden sind, für die auch positive Erträge vorliegen, während andererseits ein im tatsächlichen Sinne erwirtschafteter Verlust, der wohl unstreitig die Leistungsfähigkeit des Betroffenen mindert, unberücksichtigt bleibt, nur weil er, u. U. zufällig, singulär in einer Einkunftsart ohne anderweitige positive Einkünfte anfällt. So hält es auch die Rechtssprechung für rechtens, daß der Einkommensbegriff des BAföG künstliche Verkürzungen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit berücksichtigt, gleichzeitig aber echte Minderungen der Leistungsfähigkeit unbeachtet läßt. 895 Eine derartige Regelung muß erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnen896 und provoziert geradezu die Ansiedlung von fiktiven Verlusten in Einkunftsarten, die einen Ausgleich mit positiven Erträgen zulassen, darüber hinaus wird der Grundsatz des Verlustausgleichsverbots durch die Zulässigkeit der Verlustberücksichtigung gem. § 21 I Nr. 2 BAFöG auf den Kopf gestellt, wenn aufgrund ausdrücklicher Gesetzesvorschrift ein Verlustausgleich zulässig ist, sofern dieser Verlust nur durch Berücksichtigung der Sonderabschreibung gem. § 7b EStG bei einem selbstgenutzten Einfamilienhaus entstanden ist, einem Verlust also, der gerade durch die Inanspruchnahme eines steuerrechtlichen Vergünstigungstatbestandes entstanden ist. Generell unberücksicht bleibt der Verlustabzug nach § 10 d EStG, da das Einkommensteuergesetz einen solchen Abzug erst nach der Bildung des Betrages der Einkünfte aus der betreffenden Einkunftsart vorsieht. 893 Tipke (9. Aufl.), 153. 894 Brandis, 374. 895 VG Düsseldorf-FR 1984, 458 f. mit Anmerkung Bolke. 896 Brandis, 374.

C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

a4) Hinzurechnungen und Kürzungen zu der Summe der positiven Einkünfte Der Begriff „Summe der positiven Einkünfte" ist kein steuerrechtlicher Terminus, sondern ein spezifisch förderungsrechtlicher Begriff. Da der ausbildungsförderungsrechtliche Einkommensbegriff jedoch dem steuerlichen Nettoprinzip folgt, stellt sich die Frage, ob steuerlich freizustellende oder abzuziehende Beträge auch im Verfahren zur Einkommensermittlung des BAföG abzusetzen sind. Da einerseits das Einkommensteuerrecht zwar bestimmend dominant ist, andererseits förderungsrechtlich spezifische Modifikationen bei der Einkommensermittlung zu beachten sind, ist die Antwort zu dieser Frage abhängig davon, ob die freizustellenden oder abzugsfähigen Beträge bei Anwendung steuerrechtlicher Systematik und Nomenklatur vor oder nach der Ermittlung der Summe der positiven Einkünfte stattfindet. Zu den vor der Bildung des Betrages der Einkünfte aus einer Einkunftsart und damit vor der Ermittlung der Summe der positiven Einkünfte steuerrechtlich und damit auch förderungsrechtlich unberücksichtigt bleibenden Einnahmenzuflüsse zählen ζ. B. Einnahmen in Höhe des Versorgungs-, Weihnachts- und des Arbeitnehmerfreibetrages, des Sparerfreibetrages, die Arbeitnehmersparzulagen des Vierten Vermögensbildungsgesetzes sowie die Leistungen nach dem Abgeordnetengesetz, soweit diese als Aufwandsentschädigung festgesetzt und im Haushaltsplan ausgewiesen sind. 897 Nach der Bildung des Betrags der Einkünfte aus einer Einkunftsart und damit auch nach der Bildung der Summe der positiven Einkünfte erfolgt die Berücksichtigung der Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen gem. §§ 1010c bzw. 33-33b EStG, ferner der Freibetrag bei Einkünften aus selbständiger Arbeit gem. § 18IV EStG (entfällt ab VZ1990), der Alters- und der Haushaltsfreibetrag gem. § 32 I I und I I I EStG, aber auch die steuerfrei bleibenden Teile des Veräußerungsgewinns. 898 Die Berücksichtigung solcher Beträge bedarf deshalb einer ausdrücklichen Gesetzesvorschrift. Neben diesen sich aus der Systematik des § 21 BAföG ergebenden generellen Modifizierungen gegenüber dem steuerrechtlichen Einkommensbegriff ist die Summe der positiven Einkünfte als Grundlage der förderungsrechtlichen Einkommensermittlung und die in § 21 I Nr. 1-4 BAföG genannten Minderungsbeträge zu kürzen und um die in § 21 I Satz 5 und § 21 I I I Nr. 1 - 4 BAföG aufgeführten Zuflüsse zu erhöhen. Dabei bedeutet die Vorschrift des § 211 Nr. 2 eine Erweiterung der Berücksichtigungsmöglichkeiten der Abschreibung gem. § 7b EStG, da eine zusätzliche Absetzungsmöglichkeit eingeräumt wird, indem auch der Teil dieser Abschreibung einkommensmindernd berücksichtigt wird, der bei der Ermittlung der Ein897 Rothe/Blanke, § 21, Anm. 5.2. 898 Vgl. hierzu auch Ramsauer / Stallbaum, 96.

III. Der sozialrechtliche Einkommensbegriff

kiinfte aus Vermietung und Verpachtung wegen fehlender positiver Einkünfte in Verbindung mit dem Verlustberücksichtigungsverbot nicht ausgeschöpft werden konnte. Während der Abzug für die Einkommen- und Kirchensteuer sich nach der jeweiligen, für den Berechnungszeitraum tatsächlich geltenden Steuerschuld bemißt, erfolgt eine Berücksichtigung der Aufwendungen zur sozialen Sicherung als Korrektur des grundsätzlichen Abzugsverbotes von Sonderausgaben ausschließlich nach den pauschalierten Vomhundertsätzen und den Höchstbeträgen des § 21 I I BAföG ohne Rücksicht auf die tatsächliche Ausgabenhöhe.899 Hinzurechnungen erfolgen einmal durch die gegenüber dem steuerrechtlichen Einkommensbegriff erweiterte Einbeziehung von Renten und Rententeilen in das Einkommen gem. § 21 I Satz 5 BAföG, indem auch der steuerfreie Kapitalanteil der Leibrenten und die gem. § 3 Nr. 6 EStG gänzlich steuerfreien Versorgungsrenten wegen ihrer unterhaltssichernden Funktion 900 in das förderungsrechtliche Einkommen einbezogen werden. Ihre gesetzliche Fiktion als Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit hat zwangsläufig zur Folge, daß diese so erfaßten Renten und Rententeile um den Versorgungs-, den Weihnachts- und den Arbeitnehmerfreibetrag sowie um den Werbungskosten-Pauschbetrag bzw. ab 1990 um den erhöhten Werbungskosten-Pauschbetrag gekürzt werden können, soweit diese Frei- und Pauschbeträge noch nicht durch den Abzug von solchen Einnahmen verbraucht sind, die schon nach dem Einkommensteuergesetz Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit sind. Hinzurechnungen erfolgen ferner auch durch die in § 21 III BAföG genannten Zuflüsse, von denen als wichtigste Waisengelder und Waisenrenten, Ausbildungshilfen mit Ausnahme der ΒAföG-Leistung selber sowie die Leistungen nach dem Bundeskindergeldgesetz zu nennen sind. Auch das Bundesausbildungsförderungsgesetz kennt Wertezuflüsse, die unstreitig ihrem Empfänger ökonomische Leistungsfähigkeit verschaffen, die aber dennoch privilegiert sind und somit nicht in das förderungsrechtliche Einkommen einbezogen werden. Durch diese systemfremde Privilegierung soll dokumentiert werden, daß derartige Wertezuflüsse aufgrund ihrer besonderen Zweckbestimmung nicht für die Deckung des Bedarfs des Auszubildenden herangezogen werden können. Dazu zählen Grundrenten und Schwerbeschädigtenzulagen bzw. diesen Leistungen entsprechende Beträge und Renten für die Opfer nationalsozialistischer Verfolgung sowie als Auffangtatbestand solche Einnahmen, die auf den Ausgleich individueller Nachteile gerichtet sind und somit für einen anderen Zweck als für die Deckung des Bedarfs im Sinne des BAföG bestimmt sind.

899 Ramsauer/Stallbaum, 98. 900 Rothe/Blanke, § 21, RN 7.

C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

a5) Ausbildungsförderungsrechtliches Individualeinkommen und individuelle Leistungsfähigkeit Der inhaltlichen Bestimmung des ausbildungsförderungsrechtlichen Einkommens liegt der Gedanke zugrunde, dasjenige Einkommen zu bestimmen, das für den Lebensunterhalt des Auszubildenden bzw. seiner Unterhaltsverpflichteten herangezogen werden kann, 901 um bei eventuell fehlender ökonomischer Leistungsfähigkeit, indiziert durch ein zu niedriges Einkommen, durch eine individuelle finanzielle Ausbildungsförderung auf eine berufliche Chancengleichheit im Ausbildungsbereich hinzuwirken. Da bei der Bestimmung des förderungsrechtlich relevanten Einkommens von einer Residualgröße, von der nach Abzug der Ausgaben von den entsprechenden Einnahmen verbleibenden Summe der positiven Einkünfte ausgegangen wird, einer Nettogröße also, die das Ergebnis ausschließlicher Anwendung materiellen Steuerrechts ist, ist diese Ausgangsbasis durch die der steuerlichen Bezugsgröße immanenten Verstöße gegen eine an dem Prinzip der Leistungsfähigkeit ausgerichteten Besteuerung erheblich vorbelastet. Aus diesem Grunde sollte erwartet werden können, daß diese Insuffizienz, wenn schon nicht beseitigt, so doch zumindest gemildert wird. 9 0 2 Als ein derartiger, grundsätzlich tauglicher und auch zulässiger Versuch, der tatsächlich bestehenden wirtschaftlichen Lage gerecht zu werden, ist die Vorschrift zu werten, Leibrenten auch mit ihrem [steuerfreien] Kapitalanteil in das förderungsrelevante Einkommen einzubeziehen. Im Gegensatz zum Steuerrecht, das den Kapitalanteil als zurückfließendes Vermögen unberücksichtigt läßt und dadurch den Grundsatz der Vermögensmehrung beachtet, kann das Ausbildungsförderungsrecht mehr auf die grundsätzliche zeitliche Befristung der Ausbildungsdauer abstellen und isolierter die wirtschaftliche Situation in eben dieser Periode beachten und durch die Einbeziehung des Kapitalanteils einer Leibrente auch diesem Teil eine unterhaltssichernde Funktion zuweisen. So sehr jedoch diese Einbeziehung eine sachlich berechtigte Modifizierung der steuerrechtlich bestimmten Residualgröße „Summe der positiven Einkünfte" ist, so sehr führt die gesetzliche Fiktion des Kapitalanteils einer Leibrente als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gem. § 21 I Satz 5 BAföG zu kuriosen Ergebnissen. Wird nämlich der Leibrentenbezieher steuerrechtlich erfaßt und verfügt er nicht über Einkünfte, die schon nach dem Einkommensteuergesetz Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sind, kann der steuerpflichtige Ertragsteil der Leibrenten wirksam sowohl für das Steuer- als auch für das Förderungsrecht um die Werbungskostenpauschale für Leibrenten gem. § 9a I Nr. 3 EStG gekürzt werden. Darüber hinaus kann der nichtsteuerpflichtige Teil der Leibrente aus dem Kapitalanteil, der nur förderungsrechtlich Einkommen darstellt, und zwar fiktives Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit, um die bei dieser Einkunftsart 901 Rothe/Blanke, § 21, RN 7. 902 So auch BT-Drucksache 6/1975, 30.

III. Der sozialrechtliche Einkommensbegriff

vorgesehene Werbungskostenpauschale gem. § 9a I Nr. 1 EStG sowie um den Versorgungsfreibetrag gem. § 19 I I EStG reduziert werden. 903 Auch die Verlustregelung muß insgesamt als mißlungen angesehen werden. Zum einen bleibt ein Verlustausgleich auf horizontaler Ebene grundsätzlich bestehen mit der Folge, daß auch solche Verluste, denen aufgrund einer Inanspruchnahme steuerlicher Vergünstigungen mit Subventionscharakter keine tatsächliche Leistungsfähigkeitsminderung entspricht, das förderungsrechtliche Einkommen mindern, zum andern bleiben reale Verluste mit entsprechender tatsächlicher Reduzierung ökonomischer Leistungsfähigkeit unberücksichtigt, so ihnen, wenn auch nur zufällig, keine positiven Einkünfte aus eben dieser Einkunftsart gegenüberstehen, mit denen sie aufgerechnet werden könnten. Eine Steigerung findet diese Abnormität noch in der ausdrücklichen Erweiterungsvorschrift gem. § 21 I Nr. 2 BAföG zugunsten der Abschreibung gem. § 7b EStG, wonach unter Konterkarierung des grundsätzlichen Verlustausgleichsverbots eine Einkommenskürzung erlaubt wird, die nur durch Heranziehung einer steuerrechtlichen Subventionsvorschrift ohne reale Minderung der ökonomischen Leistungsfähigkeit ermöglicht wird in einer dazu noch verfassungsrechtlich bedenklichen Art und Weise durch die Beschränkung auf Selbstnutzer von Einfamilienhäusern. 904 Neben dieser besonderen, nur für die Einkommensermittlung im Zusammenhang mit der Eigennutzung von Einfamilienhäusern gültigen Situation gilt jedoch generell, daß steuerrechtliche Vorschriften mit Subventionscharakter, Vorschriften also, die das fiskalische Einkommen mindern, ohne daß diese Minderung mit einer entsprechenden Reduzierung ökonomischer Leistungsfähigkeit korreliert, bis zur Höhe entsprechender Einnahmen auch bei der Einkommensermittlung nach dem BAföG wirksam sind und somit einen Anspruch auf Unterstützung suggerieren können, der realiter nicht vonnöten ist. Die Berücksichtigung der Ausgaben zur sozialen Sicherung ausschließlich nach pauschalierten Vomhundertsätzen und den in § 21 I I BAföG genannten Höchstsätzen ist schon allein aus gesetzestechnischen Gründen unzweckmäßig, müssen doch sowohl die Vomhundertsätze als auch die Höchstbeträge regelmäßig entsprechend den sich ändernden Beitragssätzen und Beitragsbemessungsgrundlagen der Sozialversicherung angepaßt werden, wenn der zum Zeitpunkt der Verabschiedung des Gesetzes als angemessen angesehene Zustand stabilisiert werden soll. Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, weshalb überhaupt die grundsätzliche Ungenauigkeit einer pauschalierten Berücksichtigung von einkommensmindernden Vorsorgeaufwendungen in Kauf genommen wird, ohne daß dies aus verwaltungstechnischen Vereinfachungsgründen angezeigt ist, da die Ermittlung der tatsächlichen Ausgaben ohne weiteres möglich ist, zumal im Rahmen der steuerlichen Einkommensermittlung, auf die das BAföG-Ermittlungsverfahren 903 Vgl. hierzu auch Hennecke / Jaron, BIA § 21, RN 21.1.36. 904 Brandis, 374; Brandis, P., 62 f.

C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

kraft Gesetzes ausdrücklich zurückgreift, die tatsächlichen Ausgaben zur sozialen Sicherung ohnehin nachgewiesen werden müssen. Auch die Privilegierung der Wertezuflüsse gem. § 21 I I I BAföG ist als Systembruch anzusehen. Es muß bezweifelt werden, daß den dort genannten Leistungen bei den jeweiligen Leistungsempfängern ein kongruenter Zusatzbedarf gegenübersteht; denn nur dann wäre die Privilegierung als eine vorweggenommene Saldierung mit eben diesem behaupteten Zusatzaufwand zwar formell unschön, materiell aber noch vertretbar. Richtiger ist es, die Einkommensermittlung nach dem BAföG stärker an der Zielsetzung der Ermittlung des für den Lebensunterhalt tatsächlich zur Verfügung stehenden Einkommens auszurichten. Dies hätte zur Folge, daß auf eine Privilegierung verzichtet werden könnte, da den erhöhten Einnahmen die einem Antragsteller wegen seiner besonderen persönlichen Situation auferlegten zusätzlichen Belastungen individualisiert gegenüberstünden, somit ein „Lastenausgleich wegen ungleicher finanzieller Anspannungen" 905 vorgenommen werden könnte, der die Sonderopferlage durch einen außerordentlichen Einkommensabfluß berücksichtigt. Zusammenfassend läßt sich somit feststellen, daß der Einkommensbegriff des Ausbildungsförderungsgesetzes dem gesetzten Anspruch, einen einheitlichen Maßstab zu schaffen für die tatsächlich bestehenden wirtschaftlichen Verhältnisse eines Antragstellers durch die Bestimmung des Einkommens als Indikator wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, nicht gerecht wird. Maßgeblich beeinflußt vom insuffizienten Einkommensbegriff des Steuerrechts werden die a priori vorhandenen Mängel nicht nur nicht beseitigt, sondern eher noch vergrößert durch das Ausgleichsverbot selbst solcher Verluste, die eine tatsächliche Minderung ökonomischer Leistungsfähigkeit darstellen bei gleichzeitiger Erweiterung der Abzugsmöglichkeit der Abschreibung gem. § 7b EStG, deren Berücksichtigung durch eben dieses Verlustausgleichsverbot ansonsten eingeschränkt wäre. Gemessen an den Anforderungen, die das Leistungsfähigkeitsprinzip an ein zu bestimmendes Einkommen stellt, ist der ausbildungsförderungsrechtliche Einkommensbegriff nur mehr ein Zerrbild. b) Der Einkommensbegriff des Zweiten Wohnungsbaugesetzes hl ) Die Wohnung als meritorisches

Gut

Angesichts der großen Wohnungsnot nach dem Zweiten Weltkrieg wurde es allgemein als notwendig angesehen, eine ausreichende Wohnungsversorgung für alle soziale Schichten der Bevölkerung zu garantieren. 906 Das hierzu geschaffene Instrumentarium staatlicher Maßnahmen zur Realisierung dieser Zielfunktion unterliegt dabei den gleichen Beurteilungskriterien wie alle staatlichen Transfert s Rasenack, 1276.

906 Vgl. hierzu Merks. 69 IT.

III. Der sozialrechtliche Einkommensbegriff

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bzw. Subventionsleistungen, die durch den Grad ihrer Zweckbindung und das Ausmaß des von ihnen ausgehenden Einflusses auf die Präferenzstruktur autonomer Allokationsentscheidungen die ansonsten getroffene Struktur individueller Bedürfnisbefriedigung korrigieren sollen. 907 Streben dabei die staatlichen Maßnahmen eine Allokation der Produktivkräfte an, die von derjenigen abweicht, welche die Konsumentensouveränität eigentlich erfordern würde, werden also hierdurch solche Bedürfnisse befriedigt, die trotz quantitativer Deckungsmöglichkeit unberücksichtigt blieben, einfach deshalb, weil die Konsumenten es vorziehen, ihre nun einmal eingeschränkten wirtschaftlichen Ressourcen für andere Zwecke aufzuwenden, erfolgt also der Eingriff des Staates in die ökonomische Leistungsfähigkeit privater Haushalte mit der Absicht, die individuelle Konsumwahl zu korrigieren, werden die hiervon betroffenen Güter als meritorische Güter [merit wants] 908 bezeichnet. Dabei handelt es sich um eine Wertschätzung von Gütern durch politische Entscheidungsträger, die die Konsumentscheidungen privater Haushalte beeinflussen wollen. 909 Die Beeinflussung der Wohnungsversorgung durch Einsatz öffentlicher Mittel mit dem Ziel, gemessen an den Vorstellungen der politischen Entscheidungsträger, eine bessere Versorgung mit Wohnraum zu erreichen als sie sich bei einer reinen Marktversorgung ergäbe, kennzeichnet die Wohnung als ein meritorisches Gut, das diese Eigenschaft erst dann verliert, wenn der Staat die häufig vertretene Erwartung, sich langfristig aus der Wohnungsversorgung zurückzuziehen, 910 tatsächlich erfüllen sollte. 911 Bereits das Erste Wohnungsbaugesetz vom 24. April 1950 912 sah zur Erreichung des gesetzten Ziels, die kriegsbedingte und durch Flüchtlingsströme noch verstärkte Wohnungsnot zu mildern durch Schaffung einer möglichst großen Zahl von [für heutige Verhältnisse] einfachen Wohnungen eine vom Zweiten Wohnungsbaugesetz vom 27. Juni 1956 913 übernommene Dreiteilung des Wohnungsbaus nach Förderungszweck und -ausmaß vor, nämlich den öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau, den steuerbegünstigten Wohnungsbau und den frei finanzierten Wohnungsbau. 907 Musgrave, 9; Musgrave-u. Α., Bd. 1, 74 ff.; Leidner, 41 f. 908 Musgrave, 9. 909 Glatzer, 25. 910 Autzen/Kempf/Voss, 15 f.; Brede / Kohaupt / Kujath, 9 ff.; Petzinger / Riege, 109 ff. 911 Zur verzerrten Präferenzstruktur als traditionelles Rechtfertigungsargument staatlichen Eingreifens in eine einzelwirtschaftlich organisierte Wohnungsversorgung: Leidner, 41 ff.; Mackscheidt / Deichmann, 10 f.; zur Kritik am wohnungspolitischen Interventionismus: Schneider, H.-K., 3 ff. 912 BGBl I 1950, 83. 913 BGBl I 1956, 523.

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

Während im frei finanzierten Wohnungsbau sich die Förderung auf die Sonderabschreibung gem. § 7b EStG bzw. ihre Nachfolgeregelung gem. § 10e EStG, Wohnungsbauprämien und die Abzugsfähigkeit der Bausparbeiträge bei den Sonderausgaben beschränkt, geht das staatliche Engagement im öffentlich geförderten sozialen und im steuerbegünstigten Wohnungsbau durch gezielten Einsatz öffentlicher Mittel weit über die Erstellung von Wohnungen durch öffentliche Bauherren hinaus. Insbesondere stellt der Staat im Rahmen der Förderung des sozialen Wohnungsbaus öffentliche Mittel als Darlehn und Zuschüsse zur Verfügung, die von privaten Haushalten oder Unternehmen zum Wohnungsbau verwendet werden. 914 Dabei kann bei der Objektförderung 915 zwischen dem ersten und dem zweiten Förderungsweg unterschieden werden. Während der erste Förderungsweg sich hauptsächlich auf Mietwohnungen bezieht, die einem bestimmten, im § 25 2. WoBauG bezeichneten Personenkreis zur Anmietung vorbehalten sind, erstreckt sich der zweite Förderungsweg auf Wohnungen in Eigenheimen und eigengenutzten Eigentumswohnungen für Bauherren, die entweder eine öffentlich geförderte Wohnung freimachen oder deren Jahreseinkommen die in § 25 2. WoBauG definierten Grenzen nicht überschreiten. 916 § 25 2. WoBauG umreißt somit den Personenkreis, zu dessen Gunsten die öffentlichen Mittel des sozialen Wohnungsbaus einzusetzen sind. Dabei ist für die Zugehörigkeit zu dem gesetzlich begünstigten Personenkreis das jeweilige Einkommen maßgebend, so daß die Einhaltung der in § 25 12. WoBauG genannten Einkommensgrenzen durch das gem. § 25 I I 2. WoBauG zu bestimmende wohnungsbaurechtliche Einkommen Tatbestandsmerkmal für die Objektförderung sowohl des ersten wie auch des zweiten Förderungsweges ist. Hieraus resultiert die grundsätzliche Bedeutung des wohnungsbaurechtlichen Einkommensbegriffs für dieses System staatlichen Eingriffsverhaltens. 917 b2) Die Summe der positiven Einkünfte als Grundlage des wohnungsbaurechtlichen Einkommensbegriffs Seit dem am 1. Januar 1974 in Kraft getretenen Wohnungsbauänderungsgesetz 1973 vom 21. Dezember 1973 918 wird die bis dahin allein auf den Hauhaltungsvorstand bezogene Einkommensgrenze auf das Einkommen des Haushaltungsvorstandes und der zu seiner Familie gem. § 8 2. WoBauG rechnenden Angehörigen bezogen.919 Aus diesem Grunde muß zunächst das Jahreseinkommen eines jeden 914

Zur Entwicklung der öffentlichen Förderung: Glatzer, 26 ff. Zu dem anderen Instrument der Absicherung des sozialen Wohnungsbaus, dem Wohngeld, vgl. oben, ΠΙ 1 c. 9 16 Merks, 71; Füllenkemper, 45 ff. 917 Zur Bedeutung der Einkommensgrenze im Förderungssystem des sozialen Wohnungsbaus: Häring, 66 ff. 9 18 BGBl I 1973, 1970. 9 9 * Zur Begründung der Gesetzesänd.: BT-Drucks. 7/1181, 4. 915

III. Der sozialrechtliche Einkommensbegriff

Familienmitgliedes ermittelt und sodann zum Gesamteinkommen zusammengefaßt werden. Das sich danach ergebende Familiengesamteinkommen darf die Einkommensgrenze gem. § 25 I 2. WoBauG allenfalls nur unwesentlich [nach der Rechtsprechung um nicht mehr als 5 % 9 2 0 ] überschreiten, ohne daß hierbei ein Splittingverfahren wie im Steuerrecht zulässig wäre. 921 b3) Verlustausgleichsverbot Ausgangsbasis für die wohnungsbaurechtliche Einkommensermittlung sind die positiven Einkünfte im Sinne des § 2 1 u. I I des Einkommensteuergesetzes. Zwar weist § 25 I I Satz 3 2. WoBauG ausdrücklich darauf hin, daß für die Feststellung des Jahreseinkommens die Vorschriften des Einkommensteuerrechts über die Einkünfteermittlung gelten, jedoch gilt diese Vorschrift nur insoweit, als hierdurch nur die positiven Einkünfte aus einer Einkunftsart zu berücksichtigen sind. Ein Ausgleich mit Verlusten aus anderen Einkunftsarten oder ein Ausgleich mit Verlusten aus gleichen Einkunftsarten, aber mit anderen Familienangehörigen, ist unzulässig.922 Zulässig bleibt dagegen der horizontale Verlustausgleich bei einem Familienmitglied innerhalb einer Einkunftsart bis zur Höhe positiver Einkünfte, so daß diese durch größere oder mindestens gleichhohe Verluste aufgezehrt werden können. Die Bedenken, die gegen ein derartiges, auch die Berücksichtigung von Verlusten mit tatsächlichem wirtschaftlichen Hintergrund ausschließendes Verlustausgleichsverbot erhoben werden müssen, sind die gleichen, die bereits bei der Darstellung des Verlustausgleichsverbots nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhoben wurden, so daß zur Vermeidung von Wiederholungen hierauf verwiesen werden kann. Wenn dagegengehalten wird, daß es nicht gerechtfertigt sei, „gescheiterte Existenzen" auch noch staatlich zu fördern, 923 so ist darauf hinzuweisen, daß ein Steuerpflichtiger, der einen Verlust als Folge der Ausnutzung steuerrechtlicher Subventionsvorschriften ausweist, keine „gescheiterte Existenz" ist, da ein derartiger Verlust seine ökonomische Leistungsfähigkeit eben nicht mindert, so daß die Verrechnung eines derartigen Verlustes mit positiven Einkünften tatsächlich nicht gerechtfertigt ist. Allerdings sollte dann das Ausgleichsverbot auch auf den horizontalen Ausgleich innerhalb einer Einkunftsart ausgedehnt werden. Weist dagegen ein Steuerpflichtiger einen Verlust aus mit einem realen wirtschaftlichen Hintergrund, so mag der Zensit zwar eine „gescheiterte Existenz" sein, da ein derartiger Verlust seine ökonomische Leistungsfähigkeit reduziert, jedoch ist dann der Ausgleich mit positiven Einkünften keine 920 OVG Münster-WWuMR 1984, 150 (152). 921 Fischer-Dieskau u. Α., § 25, Anm. 2; zum bei der Einkommensermittlung zu berücksichtigenden Stichtagsprinzip: Rankenhohn, 331 f. 922 Henke, Ch. W., Bd. 1, 07/4.2, S. 3. 923 Rankenhohn, 161; Rankenhohn-Verlust, 367. 14 Burger

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staatliche Förderung, sondern bestimmt nur das Maß an tatsächlich vorhandener Leistungsfähigkeit als Grundlage für hoheitliche Eingriffe des Staates in die ökonomischen Grundlagen seiner Bürger, und zwar gleichermaßen für belastendes wie für begünstigendes Eingriffsverhalten. Es steht dem Staat nicht zu, beckmesserisch erbsenzählend zu urteilen, ob vorgegebene Einkommensgrenzen deshalb nicht erreicht werden, weil zwar keine Verluste hinzunehmen waren, aber trotz vorhandener Fähigkeiten das Einkommen als Indikator ökonomischer Leistungsfähigkeit wegen fehlenden Fleißes, mangelnder Einsatzbereitschaft oder ausgeprägter Leistungsverweigerung förderungsnützlich vermeidbar niedrig geblieben ist, oder ob trotz Hinnahme realer Verluste vielleicht gerade als Folge besonderer Einsatzbereitschaft durch das Ausgleichsverbot eine förderungsschädliche ökonomische Leistungsfähigkeit fingiert wird, die tatsächlich nicht vorhanden ist. Nur die stringente Beachtung der Anforderungen, die das Leistungsfähigkeitsprinzip an jedwede Einkommensermittlung als Grundlage staatlichen Eingriffsverhalten stellt, kann zu akzeptablen Regelungen führen. M) Hinzurechnungen und Kürzungen der Summe der positiven Einkünfte Aus dem ausdrücklichen Hinweis auf die Summe der positiven Einkünfte im Sinne des § 2 I und I I EStG folgt, daß grundsätzlich die im Rahmen der steuerlichen Einkommensermittlung vor der Ermittlung der Summe der Einkünfte zu berücksichtigenden Werteflüsse synchron auch bei der wohnungsbaurechtlichen Einkommensermittlung mit gleicher Wirkung berücksichtigt werden, während die erst nach der Ermittlung der Summe der Einkünfte steuerrechtlich relevanten Wertveränderungen für die Ermittlung des wohnungsbaurechtlichen Einkommens irrelevant sind. Abweichungen von diesem Grundsatz bedürfen deshalb einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage. b4a) Hinzurechnungen Gem. § 25 I I Nr. 2 2. WoBauG sind die Einkünfte, für die ein Anspruch auf Befreiung von der Einkommensteuer nach einem Doppelbesteuerungsabkommen besteht sowie die Einkünfte aus Gehältern und Bezügen der bei internationalen oder übernationalen Organisationen beschäftigten Personen, die nach § 3 EStG von der Einkommensteuer befreit sind, in Abweichung von der steuerrechtlichen Behandlung dem wohnungsbaurechtlichen Einkommen zuzurechnen. Während § 211 Nr. 2 BAföG noch eine system widrige Erweiterung der Berücksichtigungsmöglichkeit der Abschreibung gem. § 7b EStG erlaubt, verbietet § 25 I I Nr. 3 2. WoBauG mit erfreulicher Deutlichkeit und Klarheit die Berücksichtigung von Beträgen für Sonderabschreibungen, die die nach § 7 EStG zulässigen Absetzungen für Abnutzung übersteigen. Wenn auch das Wohnungsbaugesetz den Begriff „Sonderabschreibung" als einen im Steuerrecht nicht bekannten Oberbegriff verwendet, da gem. § 7a EStG die Begriffe „Sonderabschreibung"

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als zusätzlich zur normalen Absetzung [z. B. §§ 7 e, 7 f und 7 g EStG] und „erhöhte Abschreibungen" als an die Stelle der normalen Absetzung [z. B. §§ 7b und 7d EStG] tretend gleichrangig nebeneinander gesetzt sind, der Gesetzgeber es somit wieder einmal an gehöriger Begriffszucht hat fehlen lassen, so ist doch zu begrüßen, daß zumindest solche Einkünfteminderungen unberücksichtigt bleiben, die auf die Anwendung von steuerrechtlich zulässigen Abschreibungen mit Subventionscharakter ohne tatsächliche Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit zurückzuführen sind. 924 Weitere Hinzurechnungen ergeben sich durch die Erfassung der Leibrenten mit ihrem vollen Betrag sowie durch das Verbot der Kürzung von Versorgungsbezügen um den Versorgungsfreibetrag gem. § 19 I I EStG. Für die von einem Arbeitgeber gezahlten Ruhe-, Witwen- und Waisengelder brauchte keine besondere Regelung getroffen zu werden, da derartige Bezüge nach § 19 I Nr. 2 EStG zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören und damit bereits in der Summe der positiven Einkünfte enthalten sind. b4b) Kürzungen Zu den im Rahmen der wohnungsbaurechtlichen Einkommensermittlung privilegierten Einnahmen zählen gem. § 25 I I Nr. 1 gesetzliche und tarifliche Kinderzulagen zu Löhnen, Gehältern und Renten sowie Leistungen, die diesen Bezügen vergleichbar sind. Diese Kinderzulagen bleiben damit im Ergebnis außer Ansatz wie das bereits gem. § 3 Nr. 24 EStG steuerfreie gesetzliche Kindergeld. Zweifelhaft könnte sein, ob von dieser Privilegierungsvorschrift auch die Erhöhungsbeträge des Ortszuschlages für Beamte gem. § 12 BBesG erfaßt werden, die nach der Kinderzahl abgestuft sind. Der Ortszuschlag ist ein eigenständiger Bestandteil der Dienstbezüge, der sowohl an den Leistungsgrundsatz (Tarifklasse) als auch an den Familienstand anknüpft. 925 Dabei sind die kinderbezogenen Anteile des Ortszuschlages ausschließlich von sozialen Erwägungen bestimmt und nicht an leistungsbezogenen Gesichtspunkten ausgerichtet, da in allen Tarifklassen eine einheitliche Staffelung der Erhöhungsbeträge für Kinder besteht. Unter dem Gesichtswinkel des § 25 I I Nr. 1 2. WoBauG ist der kinderbezogene Anteil des Ortszuschlages mit den gesetzlichen und tariflichen Kinderzulagen vergleichbar, da auch der Besoldungsgesetzgeber den durch unterhaltsberechtigte Kinder verursachte höhere Lebensaufwand abgelten will, so daß auch die kinderbezogenen Anteile des Ortszuschlags zu den privilegierten Einnahmen im Rahmen der wohnungsbaurechtlichen Einkommensermittlung zählen. 926 924 Vgl. hierzu auch: Rankenhohn-Verlust, 368; Fischer-Dieskau u. Α., § 25, Anm. 6b. 925 Clemens u. Α., § 39, Anm. 7. 926 Vgl. im übrigen BVerwG-ZMR 1985, 66 (67 f.). 14*

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Wenn auch durch die ausdrückliche Bezugnahme nur auf § 2 I und I I EStG die Berücksichtigung von Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen ausgeschlossen ist, so wird dennoch in vergleichbarer Weise durch die Abzugsmöglichkeit von Aufwendungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen für nicht zum Haushalt rechnende Verwandte oder für den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten der tatsächlichen Einkommenssituation des Wohnungssuchenden Rechnung getragen. Diese durch das WoBauÄndG 1980 927 eingefügte Vorschrift berücksichtigt die Auswirkungen des neuen Ehescheidungsrechts mit seinen Konsequenzen hinsichtlich der gegenseitigen Unterhaltspflicht der geschiedenen Ehegatten und der Unterhaltspflicht für gemeinsame, nicht zum Haushalt rechnende Kinder. 928 Seit dem Gesetz zur Vereinfachung wohnungsrechtlicher Vorschriften vom 11. Juli 1985 929 dürfen Wohnungssuchende oder gem. § 8 2. WoBauG zur Familie rechnende Angehörige, die Steuern vom Einkommen entrichten, 10% von ihrem wohnungsbaurechtlichen Jahreseinkommen [nicht vom Gesamteinkommen] abziehen. Damit ist ausdrücklich klargestellt, daß im Gegensatz zu den bisher dargestellten Einkommensbegriffen des Sozialrechts im Rahmen der wohnungsbaurechtlichen Einkommensermittlung die zu zahlende oder gezahlte Steuer vom Einkommen grundsätzlich unberücksichtigt bleibt. Der zugelassene Abzug in Höhe von 10% will demgemäß diesen Grundsatz auch nicht durchbrechen, sondern nur eine Gleichbehandlung von Erwerbstätigen- und Nichterwerbstätigenhaushalte sicherstellen. Da bei der Ermittlung der maßgebenden Einkommensgrenze das Bruttoeinkommen zugrunde gelegt wird, der Erwerbstätigenhaushalt jedoch von diesem Bruttoeinkommen noch Steuern und Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten hat, während beim Nichterwerbstätigenhaushalt dieses in der Regel mit dem Nettoeinkommen identisch ist, werden die Erwerbstätigenhaushalte erheblich benachteiligt, ohne daß hierfür ein sachlich einleuchtender Grund vorliegt. 930 Bereits an dieser Stelle ist jedoch darauf hinzuweisen, daß bei Kenntnis des konkreten Steuertarifs und der Höhe der tatsächlichen Aufwendungen für die Sozialversicherung in Form von [in aller Regel] Zwangsmitgliedsbeiträgen die zutreffend festgestellte Ungleichbehandlung nicht durch einen pauschalen 10%igen Abzug auch nur annähernd geheilt werden kann. b5) Wohnungsbaurechtliches Individualeinkommen und individuelle Leistungsfähigkeit Mit zunehmender Auseinandersetzung mit den konkreten Formen der sozialrechtlichen Einkommensbegriffe wächst das Erstaunen, mit welcher Fülle unterschiedlicher Vorschriften und inhaltsbestimmender Regelungen der Gesetzgeber 927 BGBl I 1980, 159. 928 Schade/Schubart, § 25, Anm. 20. 929 BGBl I 1985, 1277. 930 BT-Drucks. 10/2913, 21.

III. Der sozialrechtliche Einkommensbegriff

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das Einkommen als Indikator des jeweils gleichen Zustands, der Leistungsfähigkeit bzw. der nicht ausreichend vorhandenen ökonomischen Leistungsfähigkeit, bestimmt. Dabei wäre es frivol zu behaupten, daß eine wie auch immer geartete Tendenz erkennbar sei. Auch die wohnungsbaurechtliche Einkommensermittlung geht bei ihrem Versuch, die für die Gewährung von Förderungsmitteln bzw. die für die Berechtigung zum Bezug einer mit öffentlichen Mitteln geförderten Sozialwohnung erforderliche Bedürftigkeit im Sinne fehlender ökonomischer Leistungsfähigkeit von der ausschließlich steuerrechtlich ausgerichteten Bezugsgröße der Summe positiver Einkünfte aus. Dabei wird diese Ausgangsbasis unter Berücksichtigung der generellen Zielsetzung, die tatsächliche wirtschaftliche Lage der jeweiligen Familie zu bestimmen, zum Teil sachgerecht modifiziert. So ist die Einbindung sowohl der aufgrund eines Doppelbesteuerungseinkommens steuerfrei gebliebenen Einkünfte als auch die bei internationalen oder übernationalen Organisationen erhaltenen Bezüge zu begrüßen. Gleiches gilt für die Eliminierung von Abschreibungen, die über die nach § 7 EStG zulässigen Absetzungen für Abnutzung hinausgehen und für die Behandlung des Kapitalanteils von Leibrenten sowie für das Verbot der Kürzung von Versorgungsbezügen gem. § 19 I I EStG. Positiv ist weiterhin anzumerken, daß der Gesetzgeber es unterlassen hat, den hinzuzurechnenden Kapitalanteil der Leibrenten als Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit zu fingieren. 931 Die Verlustregelung ist dagegen nicht zu akzeptieren, da Verluste mit realem wirtschaftlichem Hintergrund in ihrer jeweiligen Höhe die individuelle Leistungsfähigkeit mindern und somit zu berücksichtigen sind, ohne daß hierin eine unzulässige Bevorzugung zu sehen ist. Die Abhängigkeit der förderungsrelevanten Einkommensgrenze vom Bruttoeinkommen vor Abzug von Steuern vom Einkommen und Beiträgen zur Sozialversicherung konnte vielleicht solange als noch erträglich hingenommen werden, solange sich die Einkommensgrenze allein auf das Bruttoeinkommen des Haushaltungsvorstandes, also auf nur eine Person, bezog, da in diesem Fall die Aufwendungen für Steuern und Sozialversicherungsabgaben bei gleichem Einkommen grundsätzlich gleich sind und der familienstandbedingten unterschiedlichen Steuerbelastung durch Ehegattensplitting und tariflicher Berücksichtigung der Kinderzahl ein wenn auch nicht kongruenter, so doch jedenfalls höherer Lebenshaltungsaufwand entgegensteht.932 931 So noch beim BAföG. 932 Dabei ist das Problem, daß bei Doppelverdiener-Haushalten wegen der Berücksichtigung nur des Einkommens des Haushaltungsvorstands eine Leistungsfähigkeit indiziert wird, die die tatsächlich vorhandene der Wohnungssuchenden Familie erheblich unterschreitet, keine Frage, ob das Brutto- oder das Nettoeinkommen als Bemessungsgrundlage herangezogen werden soll, sondern eine Frage der Bestimmung des Einkommens an sich.

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

Insofern führt in diesen Fällen ein Bruttoeinkommen mit entsprechend hoher Förderungsgrenze zu grundsätzlich gleichen Ergebnissen wie ein Nettoeinkommen nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen bei entsprechend niedriger Förderungsgrenze, zumal die vorhandenen Unterschiede in den Beitragssätzen der Krankenkassen durch die Toleranzschwelle von 5 % bezogen auf die förderungsrelevante Einkommensgrenze kompensiert werden. Jedoch führt bereits dann, wenn der Haushaltungsvorstand und/oder sein Ehegatte keiner Religionsgemeinschaft angehört, die hierdurch induzierte Minderung der Kirchensteuer zu einer Leistungsfähigkeitserhöhung, ohne daß sich das hierdurch erhöhte verfügbare Einkommen wegen der Orientierung der Einkommensgrenze am Bruttoeinkommen förderungsrelevant auswirkt, so daß Dissidenten wohnungsbauförderungsrechtlich gegenüber Angehörigen einer Religionsgemeinschaft faktisch bevorzugt werden. Bei Ausrichtung einer Förderungsgrenze am Bruttoeinkommen stellt sich somit zwangsläufig die Frage nach der Neutralität des Staates und seiner Eingriffe in die ökonomischen Grundlagen seiner Bürger gegenüber deren Religionszugehörigkeit. Wird dagegen die förderungsrelevante Einkommensgrenze nicht allein auf das Bruttoeinkommen des Haushaltungsvorstands bezogen, sondern in durchaus sachgerechter Weise auf das familienbezogene Gesamteinkommen, da ja nicht nur der Haushaltungsvorstand allein Wohnungssuchender ist, sondern seine gesamte Familie, vergrößern sich die Ungereimtheiten einer auf das Bruttoeinkommen reflektierenden Einkommensgrenze. Wegen des progressiven Einkommensteuertarifs und der personenbezogenen Freibeträge und Freigrenzen ist es nämlich keineswegs gleichgültig, ob das familienbezogene Gesamteinkommen nur von den Personen erwirtschaftet wird, die im Rahmen des Ehegattensplittings zusammenveranlagt werden, oder ob das gleiche Gesamteinkommen sich auf weitere Familienangehörige verteilt, die sowohl ihre individuellen Freibeträge und Freigrenzen ausnutzen können als auch über den Steuertarif anteilig mit einer geringeren Einkommensteuer belastet werden. Gleiches Familieneinkommen führt dementsprechend zu ungleichen Steuerbelastungen und in aller Regel auch durch eigene Beiträge der mitverdienenden Angehörigen zu ungleichen Aufwendungen zur Sozialversicherung und in der Folge zu ungleicher ökonomischer Leistungsfähigkeit der Familien. Diese sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung kann nur beseitigt werden durch eine Abkehr vom Bruttoprinzip und durch eine Orientierung der wohnungsbaurechtlichen Einkommensgrenze am Nettofamilieneinkommen, d. h. einem Einkommen nach Abzug der Steuern vom Einkommen und nach Abzug der Ausgaben für die Sozialversicherungen. Daß bei einer derartigen Umstellung die Einkommensgrenze reduziert werden muß, ist selbstredend und auch kein zusätzlicher Aufwand, da eine Neuorientierung sowieso als Folge der zu erwartenden Erhöhung des verfügbaren Einkommens durch die „große Steuerreform" erforderlich wird.

III. Der sozialrechtliche Einkommensbegriff

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Zusammenfassend kann somit festgestellt werden, daß das Zweite Wohnungsbaugesetz die Verstöße gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip, die der steuerrechtlichen Bezugsgröße als Ausgangsbasis immanent sind, zwar ansatzweise korrigiert, daß aber die positive Wirkung dieser Korrektur durch spezifisch wohnungsbaurechtliche Verstöße gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip mehr als ausgeglichen wird. c) Der Einkommensbegriff des Bundeskindergeldgesetzes cl ) Der Familienlastenausgleich

nach dem Bundeskindergeldgesetz

Durch die Abschaffung der Kinderfreibeträge im Rahmen der Einkommensbesteuerung, verbunden mit der gleichzeitigen Einführung eines bereits vom ersten Kind an gewährten Kindergeldes im Jahre 1975, hatte sich der Schwerpunkt staatlicher Leistungen im Rahmen des Familienlastenausgleichs deutlich zur Seite der direkten finanziellen Hilfe verlagert. 933 Diese Entwicklung wurde durch die Wiedereinführung der Kinderfreibeträge im Jahre 1983 korrigiert und die eingeleitete Korrektur durch Erhöhungen des Kinderfreibetrages ab den Veranlagungszeiträumen 1986 und 1990 verstärkt. Die heute gültigen Vorschriften zum Familienlastenausgleich sehen auf der Grundlage eines dualen Systems sich ergänzende Entlastungsregeln sowohl steuerrechtlicher als auch kindergeldrechtlicher Art vor. Seit der Steuer- und Kindergeldreform des Jahres 1975 wird Kindergeld als direkte finanzielle Hilfe vom ersten Kind an gewährt. Dieses Kindergeld steht als Berechtigten nicht den Kindern zu, sondern den Eltern oder den Personen, die die Elternstelle einnehmen.934 Das Kindergeld ist steuerfrei und ist für Eltern, die über kein steuerpflichtiges Einkommen vor Berücksichtigung des Kinderfreibetrages verfügen, der einzige Entlastungsbetrag. Die monatlichen Kindergeldsätze haben sich seit der Reform des Familienlastenausgleichs wie folgt entwickelt: 1/1975 1/1978 1/1979 7/1979 2/1981 1/1982 1/1983 1/1986 1/1990

ab 1. Kind 2. Kind 3. Kind 4. Kind

50 70 120 120

50 80 150 150

50 80 200 200

50 100 200 200

50 120 240 240

50 100 220 240

50 50- 96 50- 98 70-100 70-146 70-148 140-220 140-266 140-268 140-240 140-286 140-288

Die Staffelung der Kindergeldsätze trägt dem Gedanken Rechnung, daß eine Familie um so mehr der Entlastung bedarf, je größer die Zahl der von ihren Eltern abhängigen Kinder ist. 933 Malten, 2. 934 Malten, 15.

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

Aus Gründen der Haushaltskonsolidierung sind ab dem Jahr 1983 gem. Art. 13 HBegleitG 935 die Kindergeldbeträge für Höherverdienende mit zwei und mehr Kindern bei Überschreiten bestimmter Einkommensgrenzen stufenweise bis auf 70 D M für das zweite Kind bzw. 140 D M für jedes weitere Kind monatlich vermindert worden, während das Kindergeld für das erste Kind nicht einkommensabhängig reduziert wurde, da es mit dem seit 1975 unveränderten Betrag von 50 D M monatlich ohnehin kaum über das gebotene Entlastungsniveau hinausgeht. Bei der einkommensabhängigen Reduzierung 936 wird das Kindergeld gem. § 10 I I BKGG für je den Freibetrag von 26 600 D M bzw. 19 000 D M zuzüglich 9 200 D M für jedes Kind übersteigende 480 D M um 20 D M monatlich gemindert. Dabei steht der höhere Freibetrag den Ehegatten zu, die nicht dauernd getrennt leben, der niedrigere dagegen den sonstigen Kindergeldberechtigten. Bezieher geringen Einkommens erhalten gem. § 11 a BKGG vom 1.1.1986 an einen Zuschlag zum Kindergeld, der im günstigsten Fall 46 D M je Kind monatlich beträgt und sich errechnet aus der Anwendung des Eingangssteuersatzes der unteren Proportionalzone des Steuertarifs in Höhe von 22% auf den steuerlichen Kinderfreibetrag von 2 484 DM. Durch Art. 1 Nr. 26 des Steuerreformgesetzes 1990 937 ist vom Veranlagungszeitraum 1990 an der Kinderfreibetrag auf 3 024 D M erhöht und durch Nr. 27 der Eingangssteuersatz auf 19% ermäßigt worden. Hierdurch erhöht sich der Zuschlag geringfügig auf 48 DM. Im konkreten Fall kommt der Zuschlag nur teilweise oder garnicht zur Anwendung, je nach dem, wie das zu versteuernde Einkommen nach Abzug des Kinderfreibetrages unter den Grundfreibetrag des Tarifs absinkt. Er füllt somit nur die Lücke aus, die sich im unteren Einkommensbereich dadurch auftut, daß der Kinderfreibetrag keinen Steuernachlaß mehr erbringen kann. 938 c2) Die Summe der positiven Einkünfte als Grundlage des kindergeldrechtlichen Einkommensbegriffs für die Kindergeldminderung gem. § 10 II BKGG Das Bundeskindergeldgesetz geht gem. § 11 I BKGG bei der Ermittlung des Jahreseinkommens, das für eine mögliche Minderung des Kindergeldes gem. § 10 I I BKGG ermittelt werden muß, weitgehend vom Einkommensbegriff des Einkommensteuergesetzes aus. Hierbei wird jedoch nicht auf die wirtschaftliche 935 BGBl I 1982, 1857. 936 Gem. Beschluß des BVerfG vom 29.5.1990, NJW 1990, 2869 ff., war § 10 II BKGG i. d. F. des Haushaltbegleitgesetzes 1983 in der Zeit bis 31.12.1985 mit Art. 3 I GG i. V. m. Art. 61 GG unvereinbar. Dies hat zur Folge, daß die Unvereinbarkeitserklärung eine formelle Rechtsanwendungssperre dergestalt erzeugt, daß § 10 II BKGG zwar bis zur gesetzlichen Neuregelung Rechtsgrundlage eines Verwaltungsaktes ist, der Makel der Unvereinbarkeit mit dem GG die Behörde jedoch zu bestandskrafthindernden Maßnahmen verpflichtet. 937 BGBl I 1988, 1093. 938 Laux, 907.

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Lage des Berechtigten im Leistungsjahr abgestellt, sondern gem. § 11 I I I BKGG auf das vorletzte Jahr vor dem Kalenderjahr, für das Kindergeld gezahlt wird. Ausgangsbasis für diese kindergeldrechtliche Einkommensermittlung sind gem. § 1 1 1 Satz 1 BKGG die positiven Einkünfte im Sinne des § 2 I und I I EStG. Insoweit kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen zum steuerrechtlichen Einkommensbegriff verwiesen werden. Durch die weitgehende Anknüpfung an das Steuerrecht soll entsprechend einer Anregung der Bundesanstalt für Arbeit ein automatischer Datenaustausch zwischen den Finanzämtern und der Kindergeldkasse ermöglicht werden. 939 Dabei ist die verwendete Begriffswahl jedoch nicht korrekt getroffen worden. So ist der in § 10 I I Satz 1 BKGG verwendete Begriff des Jahreseinkommens inhaltlich nicht identisch mit dem gleichlautenden Begriff des § 11 I BKGG, da das Jahreseinkommen gem. § 10 I I Satz 1 BKGG die Summe der positiven Einkünfte vermindert um die in § 11 I I BKGG genannten Abzüge meint, während § 11 I BKGG bereits die Summe der positiven Einkünfte als Jahreseinkommen bezeichnet. Jedoch erst dann, wenn die positiven Einkünfte um die genannte Abzüge gekürzt worden sind, steht das der Kindergeldkürzung zugrundezulegende Jahreseinkommen des Kindergeldberechtigten und seines nicht dauernd getrennt von ihm lebenden Ehegatten fest. 940 c3) Verlustausgleichsverbot Die gem. § 11 I S. 2 BKGG mit § 21 I BAföG und § 25 I I 2. WoBauG übereinstimmende Beschränkung des kindergeldrechtlichen Einkommensbegriffs auf die erzielten positiven Einkünfte im Sinne des § 2 I und I I EStG verbietet zugleich einen vertikalen Verlustausgleich zwischen verschiedenen Einkunftsarten eines Ehegatten und einen horizontalen Ausgleich mit Verlusten des anderen Ehegatten aus gleichen Einkunftsarten. Dagegen ist der interne Verlustausgleich innerhalb einer Einkunftsart eines Ehegatten weiterhin möglich. Im übrigen kann auch hier auf die Ausführungen zum Verlustausgleichsverbot beim Bundesausbildungsförderungsgesetz und beim 2. Wohnungsbaugesetz verwiesen werden. Das Sozialgericht Lüneburg hatte das Bundesverfassungsgericht mit einem Vorlagebeschluß angerufen hat, weil nach seiner Auffassung die kindergeldrechtliche Einkommensermittlung und hier insbesondere das Verlustausgleichsverbot den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 31GG und den in Art. 61GG vorgeschriebenen besonderen Schutz der Familie verletzt. 941 Mit seinem Beschluß vom 29.5.1990 hat das BVerfG den in § 11 I BKGG enthaltenen Ausschluß eines Verlustausgleichs jedoch für verfassungsrechtlich unbedenklich beurteilt. 942 939 BT.-Drucks. 9/2290, 6 f. 940 Wickenhagen/Krebs, § 11, RN 2. 941 Vorlagebeschluß vom 24.7.1984 — 7 Kg — 13/84; vgl. hierzu auch KBI, 2 ff. und 15 ff.; das SG Trier hält die Einführung von Einkommensgrenzen zum Zweck des Haushaltsausgleichs für verfassungswidrig, Vorlagebeschluß vom 7.6.1984 — S 2 Kg 14/83, in: FamRZ 1984, 1218 ff.

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c4) Die Kürzung der Summe der positiven Einkünfte Gem. § 11 I I BKGG werden zur Ermittlung des Jahreseinkommens von der Summe der positiven Einkünfte die Einkommen- und Kirchensteuer, die steuerlich anerkannten Vorsorgeaufwendungen und bestimmte Unterhaltsleistungen abgezogen. Maßgebend für den Abzug der Steuern und der Vorsorgeaufwendungen sind die Beträge des Steuerbescheids des jeweiligen Jahres. 943 Erhebt eine als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannte Religionsgemeinschaft statt Kirchensteuer freiwillig Beiträge, so können diese als Kirchensteuer gem. § 10 I Nr. 4 EStG anerkannt werden. 944 Während der Rückgriff auf den Steuerbescheid zur Bestimmung der Steuern keine Abweichung verursacht zwischen tatsächlich gezahlter Steuer und festgesetzter Steuer, denn Steuern werden naturgemäß nur in Höhe des bestandskräftig festgesetzten Betrages gezahlt, gilt vergleichbares für die Vorsorgeaufwendungen gem. § 10 EStG nicht. Vorsorgeaufwendungen werden einerseits nicht unbeschränkt steuerlich anerkannt, sondern nur innerhalb der Höchstbetragsregelung des § 10 III EStG, so daß gem. § 11 I I Nr. 2 BKGG im Rahmen der kindergeldrechtlichen Einkommensermittlung nicht in jedem Fall die tatsächlichen, sondern nur die steuerlich anerkannten, d. h. in aller Regel nicht alle tatsächlich getätigten Vorsorgeaufwendungen berücksichtigt werden. Andererseits kann gem. § 11 I I Nr. 2 letzter Halbs. BKGG die Summe der positiven Einkünfte um die in § 10c EStG genannten Vorsorgepauschalen gekürzt werden, auch wenn der Kindergeldberechtigte tatsächlich keine Vorsorgeaufwendungen getätigt hat. Nur dann, wenn die tatsächlichen Vorsorgeaufwendungen einerseits größer sind als die in jedem Fall anzuerkennenden steuerlichen Pauschbeträge und andererseits die Höchsbeträge gem. § 10 I I I EStG nicht überschritten werden, entspricht die kindergeldrechtlich zugestandene Kürzung der positiven Einkünfte durch Vorsorgeaufwendungen dem tatsächlichen Aufwand des Berechtigten. Begründet wird diese Regelung mit dem Hinweis darauf, daß das Kindergeldgesetz hier wie auch sonst nicht großzügiger sein will als das Einkommensteuerrecht. 945 Hinsichtlich der Kürzung der Summe der positiven Einkünfte durch Unterhaltsleistungen gem. § 11 I I Nr. 3 BKGG ist zu unterscheiden, ob die Unterhaltsleistung für Kinder oder für andere Personen erbracht wird. Unterhaltsleistungen für Kinder können dann berücksichtigt werden, wenn für sie im Leistungsjahr kein kindbezogener Freibetrag in Höhe von 9 200 D M gem. § 10 I I Satz 3 BKGG angesetzt werden kann. Das ist dann der Fall, wenn dem Kindergeldberechtigten für ein Kind kein Kindergeld zusteht oder zustehen würde, für sogen. Zählkinder 942 BVerfG-NJW 1990, 2869. 943 Käss/Schroeter, § 11, Anm. 2. 944 igl, § 11 BKGG, Anm. 2 a. 945 BT-Drucks. 10/691, 34.

III. Der sozialrechtliche Einkommensbegriff

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also, für die eine andere Person als der Berechtigte einen vorrangigen Anspruch auf Kindergeld hat oder für die der Berechtigte eine Ausschlußleistung gem. § 8 I BKGG erhält. 946 Für diese Kinder können Unterhaltsleistungen in Höhe des durch rechtskräftiges Unterhaltsurteil oder -vergleich verbindlich festgesetzten Betrages berücksichtigt werden. Unterhaltsleistungen für andere Personen können nur insoweit die Summe der positiven Einkünfte kürzen, als sie gem. § 101 Nr. 1 EStG als Sonderausgaben oder nach § 33 a I EStG als außergewöhnliche Belastungen steuerlich anerkannt werden. Dabei handelt es sich entweder um Unterhaltsleistungen an einen geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten, die bis zu 18 000 D M berücksichtigt werden oder um Unterhaltsleistungen an andere Personen, die dem Berechtigten zwangsläufig entstehen, weil er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. c5) Das zu versteuernde Einkommen als Bemessungsgrundlage für die Kindergelderhöhung gem. § IIa BKGG Entsprechend dem dualen System aus steuerlicher Entlastung und Kindergeldzahlung im Rahmen des Familienlastenausgleichs stellt die Regelung des § 11 a BKGG eine enge Verknüpfung mit der einkommensteuerlichen Berücksichtigung von Kindern her. 947 Mit dieser Regelung ist mit Wirkung zum 1.1.1986 durch das 11. Gesetz zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes vom 27.6.1985 948 ein einkommensabhängiger Zuschlag zum Kindergeld eingeführt worden, die solche Eltern erhalten, die aufgrund ihres geringen Einkommens den ihnen nach § 32 V I EStG zustehenden Kinderfreibetrag von 1 242 D M bzw. 2 484 D M für zusammenveranlagte Ehegatten — ab 1990 1 512 D M bzw. 3 024 D M — nicht oder nicht voll ausnutzen können. Im Gegensatz zur Bemessungsgrundlage für die Kindergeldminderung gilt hier jedoch nicht die um die genannten Kürzungen reduzierte Summe der positiven Einkünfte, sondern das zu versteuernde Einkommen gem. § 2 V EStG ohne jede weitere Modifizierung. Es ermöglicht damit nicht nur einen Verlustausgleich zwischen positiven und negativen Einkünften des Bemessungsjahres, sondern durch den gem. § 10 d EStG zugelassenen Verlustabzug sogar die Minderung der aktuellen Einkommenslage durch in der Vergangenheit nicht ausgeglichene Verluste. Darüber hinaus wirken sich, anders als beim Einkommensbegriff gem. § 11 BKGG, die Freibeträge gem. §§ 18 IV [dieser entfällt ab VZ 1990] und 32 EStG, außergewöhnliche Belastungen gem. §§33 bis 33 c EStG sowie die Sonderausgaben, die nicht Vorsorgeaufwendungen sind, einkommensmindernd aus.

946 igi, § 11 BKGG, Anm. 2c. 947 igl, § I I a BKGG, Anm. 1. 948 BGBl. I 1985, 1251.

C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

c6) Kindergeldrechtliches Individualeinkommen und individuelle Leistungsfähigkeit Die kindergeldrechtliche Einkommensermittlung bereichert die bereits festgestellte Fülle unterschiedlicher Vorschriften und inhaltsbestimmender Regelungen um eine weitere Spielart, die sich zudem noch dadurch auszeichnet, daß innerhalb nur eines Leistungsbereiches auf zwei unterschiedliche Einkommensbegriffe zur Bestimmung ökonomischer Leistungsfähigkeit zurückgegriffen wird. Kindergeldberechtigte mit einem die Freibeträge des § 10 I I BKGG übersteigenden Jahreseinkommen i. S. d. § 11 BKGG werden für hinreichend wirtschaftlich leistungsfähig angesehen, den stufenweisen Abbau des Kindergeldes bis zu den jeweiligen Sockelbeträgen zu verkraften und die entfallende Sozialleistung durch den Einsatz eigenen Einkommens zu kompensieren. 949 Zur Bestimmung dieser ökonomischen Leistungsfähigkeit wird ein spezifischer kindergeldrechtlicher Einkommensbegriff definiert. Dagegen erhalten wirtschaftlich leistungsschwache Berechtigte, Bezieher geringen Einkommens also, einen Zuschlag zum Kindergeld. Zur Bestimmung dieser Leistungsfähigkeit bzw. für nicht ausreichend gehaltenen Leistungsfähigkeit wird jedoch nicht auf den der Kindergeldkürzung zugrunde liegenden Einkommensbegriff zurückgegriffen, sondern auf das zu versteuernde Einkommen. Dies kann zu durchaus kuriosen Ergebnissen führen. Aufgrund des steuerrechtlich anerkannten Verlustausgleichs und -abzugs dürften die Fälle gar nicht so selten sein, daß die für die Kindergeldminderung allein zu berücksichtigenden positiven Einkünfte und das daraus resultierende Jahreseinkommen den Freibetrag des § 10 I I BKGG soweit übersteigt, daß für das zweite und jedes weitere Kind nur der jeweilige Sockelbetrag an Kindergeld geleistet wird, während andererseits aufgrund der Verlustregelungen des Einkommensteuerrechts das zu versteuernde Einkommen des nämlichen Kindergeldberechtigten als Negativbetrag festgestellt wird, so daß der maximale Zuschlag zum Kindergeld zu zahlen ist. Ein solches Ergebnis kann wohl nur als widersprüchlich bezeichnet werden, zumal sich Minderungs- und Zuschlagsbeträge keineswegs ausgleichen. Während dem Minderungsbetrag für das zweite Kind von bis zu 30 D M ein Höchstzuschlag von 46 D M bzw. 48 D M ab 1990 gegenübersteht, somit noch ein positiver Saldo von 16 D M bzw. 18 D M verbleibt, beträgt der Minderungsbetrag beim dritten Kind bis zu 80 D M und ab dem vierten Kind bis zu 100 DM, der Höchstzuschlag jedoch unverändert 46 bzw. 48 D M je Kind, so daß vom dritten Kind an nur negative Salden verbleiben. Darüber hinaus resultiert bis 1990 aus der Abstaffelung des Kindergeldes im mittleren Einkommensbereich eine Grenzbelastung gerade dieser Einkommen, die auch durch die höchste steuerliche Entlastungswirkung der Kinderfreibeträge 949 Vgl. hierzu auch die Begründung zum Entwurf des Hauhaltsbegleitgesetzes 1983, BT-Drucks. 9/2074, 85.

III. Der sozialrechtliche Einkommensbegriff

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nicht mehr ausgeglichen wird. Während die Lastenausgleichswirkung bei Familien mit einem Kind von 1 152 D M [= 96 x 12] in Abhängigkeit vom zu versteuernden Einkommen auf 1 991 D M [= 12 x 50 + 56% v. 2 484] bzw. ab 1990 von 1 176 D M [= 98 x 12] auf 2 202 D M [= 12 x 50 + 53% v. 3 024] infolge des progressiven Steuersatzes steigt, sinkt der Lastenausgleich im Kürzungsbereich um so stärker, je mehr Kinder vorhanden sind. So beträgt bis 1990 ζ. B. bei einem zusammenveranlagten Ehepaar mit vier Kindern mit einem zu versteuernden Einkommen zuzüglich der Kinderfreibeträge von 73 400 D M die Ausgleichswirkung ca. 11 000 DM, die gem. § 10 BKGG auf ca. 8 700 D M absinkt bei einem zu versteuernden Einkommen vor Kinderfreibeträgen von 78 600 DM. Dieser Einbruch kann auch durch höchste Einkommenssteigerungen nicht mehr aufgeholt werden, denn die maximale Entlastungswirkungung aus Kindergeld [400 x 12 = 4 800] und Steuerermäßigung [4 x 2484 x 56% = 5 564] beträgt nur 10 364 D M . 9 5 0 Ab 1990 beträgt bei nämlichen Einkommenshöhen die Entlastungswirkung infolge des niedrigeren Steuertarifs zunächst nur 10 780 DM, die zunächst auf 8 354 D M absinkt. Jedoch wird im weiteren Verlauf die Absenkung mehr als ausgeglichen wird, denn die maximale Entlastungswirkung aus Kindergeld [400 x 12 = 4 800] und Steuerermäßigung [4 χ 3024 χ 53% = 6 410] beträgt nun 11 210 DM. Unverändert gilt, daß im Reduzierungsbereich des Kindergeldes die Grenzbelastung des Einkommens infolge der Kürzung der Sozialleistung „Kindergeld" für Ehepaare ab zwei Kindern auch unter Berücksichtigung der Entlastungswirkung durch die Kinderfreibeträge deutlich die steuerliche Grenzbelastung selbst höchster Einkommen von 56% bzw. 53% übertrifft. Dazu ist anzumerken, daß Bezieher mittlerer Einkommen die Kindergeldkürzung nicht durch eine Steuerentlastung ausgleichen können, während Beziehern hoher und höchster Einkommen infolge der Anhebung der Kinderfreibeträge die maximale Entlastungswirkung im Kürzungsbereich übertreffen können. Jedoch ist nicht nur der Gebrauch unterschiedlicher Einkommensbegriffe in ein und demselben Leistungsgesetz als Tatbestandsmerkmal für die einkommensabhängige Minderung oder Erhöhung des Kindergeldes zu kritisieren. Es ist auch daraufhinzuweisen, daß die beiden verwendeten Einkommensbegriffe nur höchst eingeschränkt die ökonomische Leistungsfähigkeit des Kindergeldberechtigten indizieren. Beide Einkommensbegriffe adaptieren zwangsläufig die Fülle der Verstöße des steuerechtlichen Einkommensbegriffs gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip, so daß insoweit auf die entsprechenden Ausführungen zum steuerrechtlichen Einkommensbegriff verwiesen werden kann. Darüber hinaus wird die Aussagekraft des Jahreseinkommens gem. § 11 BKGG als Indikator ökonomischer Leistungsfähigkeit durch das Verlustausgleichsverbot eingeschränkt, da Verluste mit realem wirtschaftlichem Hintergrund in ihrer jeweiligen Höhe die individuelle Leistungsfähigkeit mindern. Da diese Situation insoweit mit den 950 Siehe die Berechnungen bei Laux, 907 f.

C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

jeweiligen Regelungen zur Bestimmung des ausbildungsrechtlichen und des wohnungsbaurechtlichen Einkommensbegriffs übereinstimmt, wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die dortigen Ausführungen verwiesen. Zusätzlich wird die bereits durch die unterschiedlichen inhaltlichen Bestimmungen der Einkommensbegriffe erzeugte Disparität noch dadurch verstärkt, daß für die Frage, ob und gegebenenfalls wie das Kindergeld zu mindern oder zu erhöhen ist, nicht das Einkommen des Leistungsjahres herangezogen wird, sondern gem. § 11 I I I BKGG das des vorletzten Kalenderjahres vor dem Leistungsjahr. Diese Diskrepanz wird zwar teilweise durch die Aktualisierungsvorschrift des § 11IV BKGG korrigiert, jedoch erfolgt diese Aktualisierung für eine Aufstockung des Kindergeldes vom Sockelbetrag bis zum Regelbetrag gem. § 101 BKGG, während sich eine im Leistungsjahr vorhandene ökonomische Leistungsfähigkeit, die zur Minderung des Kindergeld führt, erst mit einer zeitlichen Verzögerung von zwei Jahren auf die Höhe des Kindergeldes auswirkt. Darüber hinaus können in der zwischen Berechnungsjahr und dem Leistungsjahr liegenden Zeitspanne eingetretene Veränderungen des Familienstandes des Berechtigten zu nicht unerheblichen verwaltungstechnischen Schwierigkeiten führen. 951 Zusammenfassend ist somit festzustellen, daß der kindergeldrechtliche Einkommensbegriff die den steuerlichen Bezugsgrößen als Ausgangsbasis innewohnenden Verstöße gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip nicht korrigiert. Vielmehr kann das Ergebnis der Minderungs- und Erhöhungsvorschriften durch den Rückgriff auf zwei unterschiedliche Einkommensbegriffe widersprüchlich sein. Diese Unzulänglichkeiten werden noch verstärkt durch die zeitliche Differenz von zwei Jahren zwischen dem Berechnungsjahr und dem Leistungsjahr.

d) Der Einkommensbegriff des Bundeserziehungsgeldgesetzes dl) Der Familienlastenausgleich

nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz

Das am 1.1.1986 in Kraft getretene Gesetz über die Gewährung von Erziehungsgeld und Erziehungsurlaub vom 6.12.1985, 952 das Bundeserziehungsgeldgesetz, sieht erstmals für Mütter wie für Väter, aber auch für Vormünder und Pfleger, die ein Kind in ihrer Familie betreuen und erziehen und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausüben, § 1 BErzGG, für die Dauer von 12 Monaten vom Tag der Geburt an, § 4 I BErzGG, ein Erziehungsgeld in Höhe von 600 D M monatlich vor, § 5 I BErzGG. Damit ist das Bundeserziehungsgeldgesetz die jüngste direkte Leistung im Rahmen des Familienlastenausgleichs.953 Das Erziehungsgeld soll die Betreuung und Erziehung des Kindes in der ersten Lessi Vgl. die Beispiele bei Wickenhagen / Krebs, § 1, RN 12 f. 952 BGBl. I 1985, 2154. 953 Igl, Einf. S. 3.

III. Der sozialrechtliche Einkommensbegriff

bensphase fördern, indem es als Einkommensersatzleistung der Mutter oder dem Vater ermöglicht oder erleichtert, ganz oder teilweise auf eine Erwerbstätigkeit zu verzichten. 954 Dabei ist während des Gesetzgebungsverfahrens von Anfang an eine Teilzeitbeschäftigung als vereinbar mit der Erziehungsaufgabe angesehen worden, nicht zuletzt, um eine Benachteiligung von Frauen zu vermeiden, die aus verständlichen Gründen auch während der geförderten Erziehungszeit mit der Arbeits- und Berufswelt in Kontakt bleiben wollen. 955 Ergänzt wird die Erziehungsgeldleistung gem. §§ 15 ff. BErzGG um einen Arbeitnehmern zustehenden unabdingbaren 956 Anspruch auf Freistellung zur Kinderbetreuung für den Gewährungszeitraum des Erziehungsgeldes sowie gem. § 18 ff. BErzGG um einen Kündigungsschutz des Arbeitnehmers für die gleiche Dauer. Das Erziehungsgeld wird gem. § 6 I I BErzGG für die ersten sechs Lebensmonate des Kindes einkommensunabhängig gewährt. Vom siebten Lebensmonat des Kindes an gelten Einkommensgrenzen, die dem Bundeskindergeldgesetz nachgebildet sind. In dieser zweiten Phase verringert sich gem. § 5 BErzGG das Erziehungsgeld um 40% des über der maßgeblichen Einkommensgrenze liegenden Einkommens. Diese Einkommensgrenze beträgt bei Verheirateten, die nicht dauernd getrennt leben, jährlich 29 400 D M und bei anderen Berechtigten 23 700 DM. Diese Beträge erhöhen sich vom zweiten Kind an um 4 200 D M pro Kind, für das Kindergeld gezahlt wird oder ohne Anwendung des § 8 I BKGG gezahlt würde. d2) Die Summe der positiven Einkünfte als Grundlage des erziehungsgeldrechtlichen Einkommensbegriffs In inhaltlicher Übereinstimmung mit § 11 I BKGG gilt gem. § 6 I BErzGG als Einkommen die Summe der im vorletzten Jahr vor der Geburt erzielten positiven Einkünfte im Sinne des § 2 I und I I EStG, ohne daß ein Ausgleich mit Verlusten aus anderen Einkunftsarten oder mit Verlusten des Ehegatten erfolgen darf. Entsprechend § 11 I I BKGG wird gem. § 6 I I BErzGG die Summe der positiven Einkünfte um die Einkommen- und Kirchensteuer, die steuerlich anerkannten Vorsorgeaufwendungen sowie gewisse Unterhaltsleistungen an Kinder und an sonstige Personen gemindert. Da das Bundererziehungsgeldgesetz keinen eigenständigen, von den Einkommensbegriffen anderer Leistungsgesetze im Rahmen der Hilfs- und Förderungssysteme abweichenden Einkommensbegriff definiert, kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Darstellung und die Kritik des kindergeldrechtlichen Einkommensbegriffs verwiesen werden.

954 BT-Drucks. 10/3792, 13. 955 Gross, 44. 956 Schleicher, 2.

C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

e) Der Einkommensbegriff des Sparprämien- und des Wohnungsbau-Prämiengesetzes el ) Die Förderung privaten Sparens und privater Vermögensbildung als Gegenstand staatlicher Finanzpolitik Bereits seit den Zwanzigerjahren hat der Gesetzgeber immer wieder versucht, das Sparen der privaten Haushalte direkt zu beeinflussen, da ihm aus wirtschaftspolitischen Gründen zum Zwecke der Kapitalmarktförderung und aus gesellschaftspolitischen Gründen zum Zwecke einer breiteren Eigentums- und Vermögensbildung an einer gezielten Förderung des Sparens breiter Schichten der Bevölkerung gelegen war. 957 Dabei kann der für die Förderung privaten Sparens und damit verbundener privater Vermögensbildung erforderliche Anreiz sowohl durch steuerliche Maßnahmen wie auch durch gezielte Ausgaben in Form von Prämien gesetzt werden. 958 So erfolgt im Rahmen des Steuerrechts die gewollte Förderung entweder als mittelbare Förderung durch Steuerbefreiung oder Steuerermäßigung für Zinserträgnisse oder als direkte Begünstigung durch einen Abzug der gesparten Beträge vom steuerpflichtigen Einkommen oder eines bestimmten Teilbetrages von der Steuerschuld. 959 Ein derartiges System der Sparförderung führt jedoch zu einer nach der Höhe des jeweiligen Einkommens abgestuften Begünstigung, da bei gleicher Sparleistung infolge der progressiven Tarifgestaltung der staatliche Sparanreiz entsprechend dem Grenzsteuersatz mit steigendem Einkommen größer wird, während bei der Masse der Bezieher kleinerer Einkommen keine oder nur eine geringe Steuerersparnis eintritt. Dadurch stellte sich schon recht bald die Frage, ob die bisherige, ausschließlich im Rahmen des Steuerrechts erfolgende Sparförderung allzu unbedenklich gehandhabt worden war. 9 6 0 Von besonderer Bedeutung für das heutige Bild der Sparförderung war deshalb die Einführung einer Prämienbegünstigung durch das Wohnungsbau-Prämiengesetz vom 17.3.1952 961 sowie durch das im Zusammenhang mit der Steuerreform von 1958 am 5.5.1959 verkündete Sparprämiengesetz. 962 Durch das Wohnungsbau-Prämiengesetz wurde erstmals der bisherigen ausschließlichen Steuervergünstigung alternativ die Gewährung einer Prämie an den Sparer gegenübergestellt, um auch solchen Personen, die infolge niedrigen Einkommens keine Einkommensteuer zahlen und die dadurch auch nicht steuerlich entlastbar sind, einen materiellen Anreiz zum Konsumverzicht zu bieten. 963 Die Prämie betrug ursprünglich 957 Gérard/Schäfer, 010, 1. 958 Vogel, Th., V. 959 Hecht, 10. 960 inst. FSt-83, 17. 961 BGBl I 1952, 139.

962 BGBl I 1959, 241. 963 Oberhäuser, 168.

III. Der sozialrechtliche Einkommensbegriff

mindestens 25 % der prämienbegünstigten Aufwendungen und erhöhte sich in Abhängigkeit von der Kinderzahl auf bis zu 35 % und war insgesamt auf höchstens 400 D M jährlich begrenzt. Nach dem heute gültigen Wohnungsbau-Prämiengesetz vom 10.2.1982 964 in der durch Art. 19 des Steuerreformgesetzes 1990 vom 25.7.1988 geänderten Fassung965 beträgt die Prämie 10% der höchstzulässigen prämienbegünstigten Aufwendungen von 800 D M für Alleinstehende und 1 600 D M für Verheiratete. Dabei erhöht sich die Prämie um 2% je Kind. Diese Prämie darf zusammen mit den eigentlichen Sparleistungen nur zu dem vertragsgemäßen Zweck verwendet werden, für wohnungsbauliche Maßnahmen also, da dem Wohnungsbau-Prämiengesetz der Gedanke zugrunde liegt, das Bausparen als wesentliche Voraussetzung zur Ansammlung des zum Bauen erforderlichen Eigenkapitals zu fördern. 966 Im Rahmen der nicht zweckgebundenen allgemeinen Sparförderung führte die Kritik an der Tatsache, daß gerade der Personenkreis, der infolge seines geringen Einkommmens die besondere Zielgruppe staatlicher Sparförderung ist, durch eine steuerliche Sparförderung vergleichsweise wenig profitiert, im Zusammenhang mit der Steuerreform 1958 im Jahre 1959 zu einem Sparprämiengesetz, aufgrund dessen für Sparbeträge, die für einen längeren Zeitraum festgelegt wurden, aus Haushaltsmitteln des Bundes eine Prämie in Höhe von 20% der in einem Kalenderjahr geleisteten Sparbeträge gezahlt wurde. Diese Prämie wurde allen Sparern, die bestimmte Einkommensgrenzen nicht überschritten, unabhängig von der Höhe ihres Einkommens gewährt. Eine Wahlmöglichkeit zwischen Prämienförderung und steuerlicher Förderung wie noch beim WohnungsbauPrämiengesetz gab es nicht mehr, da es statt der Kapitalmarktförderung bei diesem Gesetz in erster Linie um die Bildung von Eigentum und Vermögen für die breite Schicht der kleineren und mittleren Einkommen ging. Durch das Subventionsabbaugesetz von 1981 967 werden im Rahmen des Sparprämiengesetzes nur noch solche Sparleistungen gefördert, die für bis zum 13.11.1980 abgeschlossene Verträge erbracht werden, so daß letztmalig mit einer Sparprämie begünstigte Sparbeiträge aus dem Jahre 1986 in Betracht kommen, sofern diese Sparbeiträge keine sparzulagebegünstigten vermögenswirksamen Leistungen darstellen oder nicht das Kumulierungsverbot eingreift. 968 Dagegen besteht die Sparförderung nach dem Wohnungsbau-Prämiengesetz weiterhin, einschließlich des Rechts, jährlich aufs neue zwischen einer Förderung durch eine Prämie oder einer Förderung durch einen Abzug der Sparleistung als Sonderausgabe zu wählen.

964 BGBl I 1982, 131. 965 BGBl I 1988, 1135. 966 inst. FSt-83, 18. 967 BGBl 1981, 537. 968 Venturini, 43. 15 Burger

C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

e2) Das zu versteuernde Einkommen i. S. d. § 32 I EStG als Grundlage des prämienrechtlichen Einkommensbegriffs Sowohl das auslaufende Sparprämiengesetz als auch das weitergeltende Wohnungsbau-Prämiengesetz gewähren die Prämienförderung nur bis zu einer bestimmten Einkommenshöhe. Dabei ist für beide Gesetze das zu versteuernde Einkommen i. S. d. § 321 EStG die Grundlage für die prämienrechtliche Einkommensermittlung mit der bis zur Änderung durch das Steuerreformgesetz 1990 durchaus atypischen Besonderheit, daß nicht das zu versteuernde Einkommen des Jahres, in dem die Sparleistung erbracht und in dem eine Prämie beansprucht wird, maßgebend gewesen ist, sondern vielmehr das Einkommen des jeweils vorangehenden Kalenderjahres. Der Rückgriff auf die Einkommens Verhältnisse des dem Sparjahr vorangehenden Bemessungsjahres wurde damit begründet, daß bei der Prämienfestsetzung die entsprechenden Steuerbescheide im Regelfall vorliegen sollen; jedoch schien dies nach der Veranlagungspraxis der Finanzämter nicht immer gewährleistet gewesen zu sein. 969 Nunmehr ist gem. § 2a I I Satz 1 WoPG das zu versteuernde Einkommen des Sparjahres maßgebend. Bei Ehegatten ist das zu versteuernde Einkommen maßgebend, das sich bei einer Zusammenveranlagung nach § 26 b EStG für das Bemessungsjahr ergeben hat oder, falls eine Zusammenveranlagung nicht durchgeführt worden ist, ergeben würde. Bei einer getrennten Veranlagung nach § 26 a EStG sowie bei der ab 1986 wieder eingeführten besonderen Veranlagung für den Veranlagungszeitraum der Eheschließung gem. § 26 c EStG sind die zu versteuernden Einkommen beider Veranlagungen zusammenzurechnen. Zwar gilt die Einkommensgrenze von 48 T D M bzw. 54 T D M ab 1990 nur für solche Ehepaare, die während des ganzen Kalenderjahres, in welchem die prämienbegünstigten Sparbeiträge geleistet worden sind, verheiratet waren und nicht dauernd getrennt lebten, jedoch brauchte diese Voraussetzung bis 1990 nicht auch bereits für das Bemessungsjahr vorzuliegen, da Ehegatten, die im Sparjahr Ehegatten im prämienrechtlichen Sinne gem. § 3 I WoPG a. F. waren, stets auch Ehegatten im einkommensteuerechtlichen Sinne des Bemessungsjahres waren. 970 Für im Sparjahr Alleinstehende dagegen, die im vorangegangenen Bemessungsjahr verheiratet waren und nichtdauernd getrennt lebten, war die Hälfte des zu versteuernden Einkommens maßgebend, das sich bei einer Zusammenveranlagung ergeben hat oder, falls eine derartige Veranlagung nicht durchgeführt worden ist, ergeben würde. e3) Hinzurechnungen Nur das zu versteuernde Einkommen i. S. d. § 2 V EStG des Sparjahres ist Grundlage des hier dazustellenden Einkommensbegriffs, das der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegt. Sind dagegen in dem jeweiligen Kalenderjahr auch noch 969 Gérard/Schäfer, 305, 16. 970 Stäuber/Walter, § 2a, RN 304.

III. Der sozialrechtliche Einkommensbegriff

Einkünfte angefallen, die der beschränkten Einkommensteuerpflicht unterliegen sowie bestimmte steuerfreie Einkünfte, so werden diese dem zu versteuernden Einkommen bei der Ermittlung der Einkommensgrenze hinzugerechnet, da sonst das zu versteuernde Einkommen keinen befriedigenden Maßstab für die Förderungswürdigkeit darstellt. 971 Jedoch beschränkt das Gesetz aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung die Zurechnung auf solche Einkommensteile, die ohne größere Schwierigkeiten erfaßt werden können. Die Aufzählung der Hinzurechnungen gem. § 2a I I WoPG, die das zu versteuernde Einkommen erhöhen, ist somit eine abschließende Regelung. Dies gilt auch für steuerfreie Einkünfte i. S. d. § 3 Ziff. 63 EStG, also für in der DDR bzw. Ostberlin bezogene Einkünfte, die, wenn sie im Bundesgebiet bezogen wären, bei einem hier beschränkt Steuerpflichtigen zu den inländischen Einkünften i. S. d. § 49 EStG gehören würden. e3a) Ausländische Einkünfte Ausländische Einkünfte, die zur Vermeidung der Doppelbesteuerung dem ausländischen Staat zur Besteuerung zugewiesen und dementsprechend in der Bundesrepublik von der Einkommensteuer freigestellt sind, erhöhen das zu versteuernde Einkommen als Grundlage des prämienrechtlichen Einkommensbegriffs. Die Erfassung derartiger Einkünfte ist verwaltungstechnisch einfach, da sie gem. § 32 b EStG dem Progressionsvorbehalt unterliegen und aus diesem Grunde sowieso in der Einkommensteuer-Erklärung anzugeben sind. Zu erfassen sind die „ausländischen Einkünfte" und nicht etwa nur die positiven ausländischen Einkünfte mit der Folge, daß das prämienrechtliche Einkommen durch negative ausländische Einkünfte gemindert wird. e3b) Steuerbefreite Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit Die Steuerbefreiung dieser Einkünfte muß aufgrund zwischenstaatlicher Vereinbarung oder aufgrund völkerrechtlicher Übung erfolgt sein. Dazu zählen ζ. B. Löhne und Gehälter sowie die entsprechenden Ruhegelder und Hinterbliebenenbezüge, die die Europäischen Gemeinschaften an ihre Mitarbeiter zahlen. Darüber hinaus genießen auch die Bediensteten der OECD 9 7 2 sowie die Beamten der Sonderorganisationen der Vereinten Nationen 973 diese Steuerfreiheit. e3c) Beschränkt einkommensteuerpflichtige inländische Einkünfte Diese Hinzuzählungsvorschrift ist nur dann von Bedeutung, wenn der Prämienbeantragende in dem Bemessungsjahr sowohl unbeschränkt als auch beschränkt 971 Einzelbegründung zum SparPG 1975, BT-Drucks. 7/1470, 391. 972 Vgl. OCD-Gesetz v. 16.8.1961, BGBl II 1961, 1150 + 1663. 973 Vgl. § 19 Buchst, b. des Abkommens vom 21.11.1947 i. V. m. Art. 105 Nr. 2 der Charta der Vereinten Nationen. 15*

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

steuerpflichtig gewesen ist, weil er in diesem Jahr seinen Wohnsitz vom Inland in das Ausland verlegt hatte, so daß er mit seinen erzielten Einkünften bis zum Wegzug ins Ausland der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht unterliegt, während er nach seinem Wegzug mit dem ihm noch verbleibenden inländischen Einkünften, ζ. B. solchen aus Vermietung und Verpachtung oder aus Kapitalvermögen, beschränkt steuerpflichtig ist. Da ein Steuerpflichtiger für das Jahr seines Wegzugs ins Ausland zweimal veranlagt wird, entsprechend seinen Einkünften aus dem Zeitraum der unbeschränkten und der beschränkten Steuerpflicht, ist das Ergebnis beider Veranlagungen zusammenzufassen und ergibt so, falls keine weiteren Hinzurechnungen vorliegen, das prämienrechtliche Einkommen. 974 e4) Die Änderung des zu versteuernden

Einkommens

Aus der Tatsache, daß sich der prämienrechtliche Einkommensbegriff des zu versteuernden Einkommens als seiner wesentlichen Grundlage bedient folgt, daß im Rahmen des einkommensteuerrechtlich zulässigen Verlustausgleichs das prämienrechtliche Einkommen auch nachträglich durch einen Verlustrücktrag geändert werden kann. Gleiches gilt für die Änderung der einkommensteuerrechtlichen Grundlage als Ergebnis eines Rechtsbehelfsverfahrens oder einer Betriebsprüfung. Dies ist für die Gewährung einer Wohnungsbauprämie durchaus von Bedeutung, da bei einem nachträglichen Überschreiten der gem. § 2a I WoPG relevanten Einkommengrenze eine bereits vollzogene Prämienfestsetzung und Prämiengewährung wieder aufzuheben ist und der ehemals Prämienberechtigte so zu stellen ist, als habe er keine Prämie beantragt, während er im Falle der nachträglichen Grenzunterschreitung nach § 19 Nr. 1 S. 1 WoPDV hinsichtlich der in § 4 I I WoPG genannten Antragsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erhält, sofern ein derartiger Antrag gem. § 19 Nr. 1 S. 2 WoPDV innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Änderung des zu versteuernden Einkommens gestellt wird und der Antragstellende sein Wahlrecht zugunsten des Sonderausgabenabzugs nicht bereits ausgeübt hat. e5) Prämienrechtliches Individualeinkommen und individuelle Leistungsfähigkeit Der prämienrechtliche Einkommensbegriff ist eine weitere, sich vom Prinzip der Leistungsfähigkeit entfernende Mutation im inheterogen Chor sozialrechtlicher Einkommensbegriffe. Da seine Grundlage das zu versteuernde Einkommen i. S. d. § 321 EStG ist, adaptiert er zwangsläufig die nahezu unübersehbare Fülle der Verstöße des steuerrechtlichen Einkommensbegriffs gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip. Die bereits durch diese inhaltliche Bestimmung erzeugte Disparität zwischen tatsächlicher individueller und der aufgrund der prämienrechtlichen Einkommensermittlung suggerierten Leistungsfähigkeit wird noch verstärkt 974 Stäuber/Walter, § 2a, RN 302.

III. Der sozialrechtliche Einkommensbegriff

durch die Orientierung der Leistungsfähigkeit im Prämienjahr an der Leistungsfähigkeit in dem dem Prämienjahr jeweils vorausgehenden Bemessungsjahr. Dies führt zu der schon nahezu grotesken Situation, daß ein Prämienberechtigter, obgleich er bei Anlegung des prämienrechtlichen Leistungsfähigkeitsmaßstabes an sein Einkommen im Jahr des Bezuges der Prämie wegen Überschreitens der Einkommensgrenze materiell einen Anspruch auf diese Transferleistung verwirkt hätte, diese dennoch erhält, nur weil er in der Periode davor die prämienschädliche Einkommensgrenze noch nicht erreicht hatte. In Anlehnung an die naturwissenschaftliche Nomenklatur ist man geneigt, von einer Hysterese sui generis der prämienrechtlichen Einkommensermittlung zu sprechen. Die zaghaften und geringfügigen Modifizierungen des zu versteuernden Einkommens als Grundlage des prämienrechtlichen Einkommensbegriffs durch die Hinzuziehung ausländischer Einkünfte sowie der steuerbefreiten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit können die negative Beurteilung des prämienrechtlichen Einkommensbegriffs nicht verbessern. Wenn auch zugestanden werden muß, daß derartige Hinzurechnungen vom Grundsatz her richtig sind, so muß doch mit Blick auf die geltenden Einkommensgrenzen von 24 bzw. 48 T D M bezweifelt werden, daß diese Modifizierungen nennenswerte materielle Auswirkungen haben. Es ist wohl auch schwer vorstellbar, daß Bedienstete der OECD und anderer supranationaler Organisationen für ihre bedeutsame Tätigkeit nur ein Entgelt erhalten, das diese Einkommensgrenzen nicht erreicht. Ähnliches gilt auch für die zu berücksichtigenden ausländischen Einkünfte, die aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens im Inland steuerfrei geblieben sind. Angesichts der systemimmanenten Insuffiziens der Grundlage des prämienrechtlichen Einkommens, nämlich des zu versteuernden Einkommens, ist es wohl fragwürdig anzunehmen, daß Bezieher von einem zu versteuernden Einkommen, das geringer ist als 24 bzw. 48 TDM, ein derartiges Maß an ausländischen Einkünften, wohl vorzugsweise als Einkünfte aus Kapitalvermögen, erzielen, daß eine Nichtberücksichtigung dieser Einkünfte sich als eine Gefährdung der staatlichen Vermögensbildungspolitik herausstellen könnte. Im Hinblick auf die geringen materiellen Auswirkungen, die derartigen Modifizierungen zukommen, haben sie allenfalls als Alibifunktion eine gewisse, wenn auch fragwürdige Bedeutung. f) Der Einkommensbegriff des 5. Vermögensbildungsgesetzes fl ) Zielsetzung des Vermögensbildungsgesetzes Das Gesetz zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer von 1961 suchte mittels Lohnsteuer- und Sozialabgabenfreiheit erstmals zusätzliche vermögenswirksame Leistungen der Arbeitnehmer zu fördern und zielte damit ab auf die Sparfähigkeit und nicht nur auf die Sparwilligkeit. Nennenswerte Bedeutung erhielt das Gesetz erst, als durch eine Gesetzesänderung im Jahre 1965 tarifvertraglich vereinbarte vermögenswirksame Leistungen einbezogen wurden und

C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

damit der Anreiz für ein gewerkschaftliches Engagement in der Vermögenspolitik gestärkt wurde. 975 Ziel der Vermögensbildungsgesetze war und ist es, sowohl die Sparneigung als auch die Sparfähigkeit einkommensschwacher Bevölkerungsschichten im Sinne einer gleichmäßigeren Vermögensverteilung positiv zu beeinflussen, weil die Erkenntnis zunahm, daß hierzu der Anreiz des Sparwillens allein nicht ausreichte, so daß es galt, die „chronische Sparimpotenz" 976 der abhängig Beschäftigten zu überwinden. Dies sollte dadurch erreicht werden, daß Leistungen, die der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer vermögensbildungswirksam anlegt, zusätzlich gefördert werden. Diese zusätzliche, anfänglich rein steuerliche, später prämienmäßige Förderung bildet dabei das Instrumentarium zum Sparanreiz, die unmittelbare zusätzliche, somit das vereinbarte Arbeitsentgelt nicht mindernde Leistung des Arbeitgebers das Instrumentarium zur Schaffung oder Verbesserung der Sparfähigkeit, da diese Leistung des Arbeitgebers aufgrund ihrer Konstruktion nicht durch den Arbeitnehmer in den Konsum geleitet werden kann. Der in der politischen Diskussion gebrauchte Begriff „Eigentumsbildung" wäre zwar aus volkswirtschaftlicher Sicht die zutreffendere Bezeichnung, konnte jedoch aus rechtlichen Gründen nicht für das Gesetz gewählt werden, da Eigentum i. S. des Bürgerlichen Gesetzbuches nur an Sachen und nicht auch an Forderungen erworben werden kann. 977 Das Zweite Gesetz zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer i. d. F. der Bekanntmachung vom 1. Oktober 1969 978 hatte durch das Gesetz zur Änderung des Zweiten Gesetzes zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer vom 27. Juni 1970 979 die Bezeichnung „Drittes Gesetz zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer" erhalten und brachte neben der Erhöhung des Begünstigungsrahmens von 312 D M auf 624 D M die Abschaffung der ursprünglichen Steuer- und Sozialabgabenfreiheit. An ihre Stelle trat eine Arbeitnehmersparzulage, die bis zu 40 % der vermögenswirksamen Leistungen betragen konnte, die jedoch nur dann gewährt wurde, wenn im Kalenderjahr der vermögenswirksamen Leistung die Einkommensgrenze von 24 T D M bzw im Falle der Zusammenveranlagung von 48 T D M nicht überschritten wurde. Ab 1990 gelten Einkomensgrenzen von 27 bzw. 54 TDM. Dabei ist bemerkenswert, daß die gewählte Einkommensgrenze nicht das Ergebnis ökonomischer oder gar sozialpolitischer Überlegungen ist als Ausdruck der Überzeugung, daß Bezieher höherer Einkommen einer staatlichen Hilfe zur Vermögensbildung nicht bedürfen. Sie wurde vielmehr verwaltungstechnisch so gestaltet, daß weder für Arbeitgeber noch für die Finanzämter hierdurch nennens975 Vgl. hierzu Liebig, 12 f. 976 Fitting /Hentrich/Schwedes, § 1, RN 93; Neumann, K , 37. 977 Neumann, K , 37. 978 BGBl I 1969, 1853. 979 BGBl I 1970, 925.

III. Der sozialrechtliche Einkommensbegriff

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werter Mehrbedarf entstehen konnte, da Arbeitnehmer mit Jahreseinkommen von 24 T D M ab sowieso verpflichtet sind, eine Einkommenserklärung anzugeben und die veranlagenden Finanzämter das zu versteuernde Jahreseinkommen ohnehin festzustellen haben. 980 Es kann deshalb nicht erstaunen, daß die Einkommensgrenze trotz zwischenzeitlich eingetretener erheblicher Kaufkraftverluste von 1970 bis 1990 nicht geändert wurde, da sie eben nicht Ergebnis sozio-ökonomischer Überlegungen war, sondern, obgleich entscheidendes Kriterium für die Gewährung einer sozialen Leistung, sich ausschließlich an Steuer- und abgabenrechtlichen bzw. verwaltungsrechtlichen Überlegungen orientierte. Dies ist einmal mehr ein Beispiel dafür, wie durch Nichtanpassung einer Wertgrenze an geänderte materielle Gegebenheiten die vom Gesetzgeber zum Zeitpunkt der Verabschiedung des Gesetzes für notwendig und gewollt gehaltene Eingriffssituation sich wie eine formelle Gesetzesänderung im Sinne einer Reduzierung der Einkommensgrenze auswirkt, ohne daß diese Auswirkung dem artikulierten Willen des Gesetzgebers entspricht. Nach mehreren weiteren Novellierungen, die vorrangig die verstärkte Förderung von Kapitalbeteiligungen der Arbeitnehmer sowie Verfahrenserleichterungen zum Inhalt hatten, gilt heute für die Förderung das Fünfte Vermögensbildungsgesetz in der durch Art. 18 des Steuerreformgesetzes 1990 vom 25.7.1988 geänderten Fassung.981 f2) Die Ausschließlichkeit des zu versteuernden Einkommens als Grundlage des vermögensrechtlichen Einkommensbegriffs Für die Anwendung der Einkommensgrenze von 24/27 bzw. 48/54 T D M gilt gem. § 13 I 5. VermBG ausschließlich das zu versteuernde Einkommen i. S. d. § 32 I EStG. Somit werden beim vermögensrechtlichen Einkommensbegriff keinerlei Modifizierungen vorgenommen, weder im Sinne von Erweiterungen noch im Sinne von Kürzungen. Für die Beurteilung, inwieweit das vermögensbildungsrechtliche Individualeinkommen zutreffendes Spiegelbild materieller Leistungsfähigkeit ist bzw. nicht ist, kann deshalb zur Vermeidung von Wiederholungen auf die entsprechenden Ausführungen zum steuerrechtlichen Einkommensbegriff verwiesen werden. 3. Sozialrechtliches Individualeinkommen und individuelle Leistungsfähigkeit Die Ausführungen zu den sozialrechtlichen Einkommensbegriffen haben gezeigt, daß es den sozialrechtlichen Einkommensbegriff i. S. einer einheitlichen Begriffsidentifikation nicht gibt. Vielmehr existiert bei den Hilfs- und Förde980 BT-Drucks. 6/860, 5, rechte Spalte. 981 BGBl I 1988, 1092.

C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

rungssystemen de lege lata eine Fülle unterschiedlicher Einkommensbegriffe entsprechend der Fülle unterschiedlicher Leistungsgesetze als Folge ausgeprägter „Gesamtkonzeptionslosigkeit der Sozialpolitik" 982 verbunden mit einem inhärenten Perfektionsdrang. 983 Jedoch kann mit einem Hinweis auf die Vielfalt der Leistungsgesetze und ihre unterschiedliche Zielsetzung die Vielfalt der sozialrechtlichen Einkommensbegriffe nicht begründet werden. Allen Leistungsgesetzen gleichermaßen ist als auslösendes Tatbestandsmerkmal fehlende oder nicht ausreichende Leistungsfähigkeit, jeweils gemessen an der Höhe des zur Verfügung stehenden Einkommens, immanent. Allein schon die Tatsache, daß der Leistungsträger der Transferleistungen die öffentliche Hand ist, sollte erwarten lassen, daß die letztlich von einem Leistungsträger gewährten Sozialleistungen sich an einem nach einheitlichen Kriterien gebildeten Tatbestandsmerkmal orientieren. Es soll nicht verkannt werden, daß den verschiedenen sozialrechtlichen Leistungsgesetzen unterschiedliche Aufgaben zugewiesen sind und somit der Umfang ihrer Leistung sowie die Situation, die gegeben sein muß, um einen Anspruch auf eine Sozialleistung zu begründen, entsprechend der Zielfunktion des jeweiligen Gesetzes unterschiedlich sein muß. Hierfür ist jedoch eine inhaltlich unterschiedliche Bestimmung des Einkommens nicht nur nicht erforderlich, sondern sogar schädlich. Verlangt werden muß, daß das Einkommen als transferleistungsauslösendes Tatbestandsmerkmal innerhalb des Sozialrechts einheitlich nach für alle Leistungsgesetze gleichermaßen geltenden Kriterien ermittelt wird und die unterschiedlichen Zielsetzungen und Aufgaben durch differenzierte Einkommensgrenzen berücksichtigt werden. Leistungsfähigkeit bzw. ihr Spiegelbild, die Bedürftigkeit, ist eine von der Zielsetzung des jeweiligen Leistungsgesetzes völlig losgelöste und unabhängige Begriffskategorie. Entscheidend für das einzelne Gesetz ist vielmehr die Frage, wie groß die Bedürftigkeit sein muß, um eine Transferleistung entsprechend den Grundsätzen des jeweiligen Gesetzes auszulösen. Insofern ist die Aussage, für den Bereich der Transfers fehle es bislang an eine mit der Theorie der Einkommensbesteuerung nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip vergleichbare Transferlehre, 984 nicht zutreffend. Aus dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit kann weder die Einkommenshöhe abgeleitet werden, ab der die Besteuerung einzusetzen hat noch welcher Anteil vom Einkommen durch die Steuer an Leistungsfähigkeit abgeschöpft werden soll. Entscheidend ist vielmehr, daß ein am Leistungsfähigkeitsprinzip ausgerichteter Einkommensbegriff eine objektive Bemessungsgrundlage sowohl für die Besteuerung als auch für die Gewährung von Transfers bietet. Ist somit der Gradmesser der Bedürftigkeit das vorhandene Einkommen, so kann es also auch nur einen einheitlichen Einkommensbegriff des Sozialrechts 982 Kausemann, 166. 983 Friderichs, 119. 984 Kausemann, 165.

IV. Der strafrechtliche Einkommensbegriff

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geben, auf den allerdings unterschiedliche Einkommensgrenzen anzuwenden sind, um das für die Gewährung einer Transferleistung erforderliche unterschiedliche Maß an Bedürftigkeit sachgerecht zu berücksichtigen. Die unterschiedliche Bestimmung des Einkommens in den jeweiligen Leistungsgesetzen führt nicht nur zu gravierenden Verstößen gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip, sondern verhindert auch jedwede Vergleichbarkeit der gesetzesspezifischen Einkommensgrenzen untereinander. Aus diesem Grunde ist ζ. B. die Einkommensgrenze von 24/48 T D M bzw. 27/54 T D M des 5. Vermögensbildungsgesetzes keineswegs identisch mit der gleichlautenden Einkommensgrenze von 24/48 T D M bzw. 27/54 T D M des Wohnungsbauprämiengesetzes wegen der hier vorzunehmenden Hinzurechnungen und Kürzungen. Wenn derartige Störungen der Vergleichbarkeit bereits bei zwei Einkommensbegriffen auftreten, die immerhin noch einer gemeinsamen Wurzel entspringen, nämlich dem zu versteuernden Einkommen gem. § 32 I EStG, um wieviel mehr ist dann die Vergleichbarkeit gestört bei Einkommensbegriffen, die auf völlig unterschiedlichen Ausgangspositionen aufbauen, wie ζ. B. der außersteuerliche Einkommensbegriff des Bundessozialhilfegesetzes im Vergleich zum Einkommensbegriff des 5. Vermögensbildungsgesetzes. So kann es nur als unverständliches Ärgernis empfunden werden, daß eine Einkommenseinheit ermittelt nach dem BSHG wegen der nahezu vollständigen [und damit sachgerechten] Erfassung sämtlicher Wertzuflüsse eine deutlich niedrigere ökonomische Leistungsfähigkeit indiziert als ζ. B. eine Einkommenseinheit nach dem Arbeitsförderungsgesetz oder nach dem Wohngeldgesetz. Da dies de lege lata jedoch so ist, können die unterschiedlichen Einkommensgrenzen der einzelnen Leistungsgesetze im Vergleich zueinander auch kein zutreffendes Spiegelbild des möglicherweise vorhandenen gesetzgeberischen Differenzierungswillens sein, da es hierfür erforderlich wäre, daß dem Gesetzgeber die Auswirkung der inkongruenten Einkommensermittlung qualitativ und quantitativ bewußt gewesen ist bei der Bestimmung dieser leistungsbegründenden Tatbestandsmerkmale. Aus alledem folgt, daß allein schon aus Gründen der Harmonisierung des Sozialrechts gefordert werden muß, die Einkommensbegriffe der einzelnen Leistungsgesetze zu vereinheitlichen, wobei ein derartig einheitlicher Einkommensbegriff so weit wie möglich dem sozialhilferechtlichen Einkommensbegriff entsprechen sollte, da dieser von allen Einkommensbegriffen des Sozialrechts die Leistungsfähigkeit am zutreffensten widerspiegelt.

IV. Der strafrechtliche Einkommensbegriff Äußerlich vergleichbar zu den §§ 27 ff. S t G B 1 9 6 9 wird der Täter gem. § 40 StGB im Ergebnis nach wie vor zu einer bestimmten, grundsätzlich auch sofort und im Ganzen zu zahlenden Geldsummenstrafe verurteilt, jedoch wird der Richter gezwungen, sich bei der Bemessung der Geldstrafe um mehr Transparenz

C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

und im Verbünde damit auch um mehr Rationalität zu bemühen. 985 Dabei läuft das Verfahren der Geldstrafenfestsetzung und damit der Strafzumessungsvorgang in zwei Phasen ab, die streng voneinander zu trennen sind. 986

1. Die Strafzumessungsentscheidung Unter Strafzumessung ist der Inbegriff der Festlegungshandlungen zu verstehen, die auf schuldadäquate Sanktionen Bezug haben. 987 Somit ist die Strafzumessungsentscheidung durch die Bestimmung der Zahl der Tagessätze die Entscheidung über die schuldangemessene Strafe nach § 46 I und I I StGB, die sich wie bei der Verhängung einer Freiheitsstrafe am Unrechts- und Schuldgehalt der Tat 9 8 8 und an präventiven Gesichtspunkten auszurichten hat, soweit diese im Strafzumessungakt zulässig sind. 989 Aus diesem Grunde kann sich ein Richter über die richtige Zahl der Tagessätze am ehesten dadurch Klarheit verschaffen, daß er die hypothetische Überlegung anstellt, wie viele Tage Freiheitsstrafe für die abzuurteilende Tat zu verhängen wären. 990 Dabei kann die normativ zugelassene Anzahl von Tagessätzen gem. § 40 I StGB zwischen 5 und 360 Tagessätzen variieren, jedoch läßt sich nachweisen, daß die Geldstrafe in dem Bereich bis zu 6 Monaten überwiegt, während innerhalb des Strafrahmens von 6 bis 12 Monaten die Freiheitsstrafe mit Bewährung die beherrschende Position einnimmt. 9 9 1 Bei der Bemessung der Anzahl der Tagessätze sind die wirtschaftliche Belastbarkeit und die auf ihr beruhende Strafempfindlichkeit des Täters außer Betracht zu lassen,992 es sei denn, die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters beeinflussen bereits unmittelbar das Maß des Unrechts und der Schuld der Tat, wie etwa bei einem Diebstahl infolge wirtschaftlicher Notlage. 993 Unbeachtet hat auch der Umstand zu bleiben, daß eine Freiheitsstrafe im allgemeinen einen Täter härter treffen würde als eine Geldstrafe. Würde deswegen die Anzahl der Tagessätze erhöht, würde der Täter im Falle einer Ersatzfreiheitsstrafe einen Freiheitsentzug erleiden, der dem Maße des Unrechts der Tat und der Schuld des Täters nicht mehr entspricht. 994 985 Albrecht, 195; Rudolphi-Hom, § 40, RN 1. 986 Sch/Sch-Stree, § 40, RN 1. 987 Zipf-Strafmaß, 7; Maeck, 1; LK-Hirsch, § 46, RN lb. 988 BT-Drucks. 5/4095, 20; Grebing-Probleme, 1056. 989 Horn, 627; Klussmann, 1275; Frank-Tagessatz, 41; Horn-Strafhöhe, 244; HornZwischenbilanz, 98 f. 990 BGHST 27, 70 (76). 991 Albrecht, 201; Grebing, 745; Meyer, D., 275 f. 992 Lackner, § 40, Anm. 5. 993 Dreher/Tröndle, § 40, RN 4. 994 Sch/Sch-Stree, § 40, RN 4.

IV. Der strafrechtliche Einkommensbegriff

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2. Die Berechnung der Tagessatzhöhe Gerechtigkeit bei der Zumessung und Transparenz des Geldstrafensystems sind nur dann gewährleistet, wenn es gelingt, die jedem Täter persönlich zumutbare und von ihm tragbare Tagessatzhöhe zu ermitteln. 995 Dieser zweite Zumessungsakt soll sicherstellen, daß Tätern mit unterschiedlicher wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit bei gleicher Tat ein in gleicher Weise spürbarer Verlust durch das Strafübel Geldstrafe trifft 9 9 6 entsprechend dem Grundsatz der Opfergleichheit. 997 Dabei sind jedoch nur solche Umstände beachtlich, die für das Strafleiden bei der Geldstrafe wegen deren Eigenart in bezug auf die Verteilung des Zugriffsobjekts von Bedeutung sind, Umstände also, die für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von Bedeutung sind. Daraus folgt, daß die persönlichen Verhältnisse des Täters bei der Bemessung der Tagessatzhöhe nur insoweit von Bedeutung sind, als sie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit beeinflussen. 998 Dabei ist entsprechend dem ausdrücklichen und insoweit auch eindeutigen Wortlaut des § 40 I I StGB vom Nettoeinkommen auszugehen, so daß die Rechtsprechung zutreffend Versuche, das Nettoeinkommensprinzip zu unterlaufen und ζ. B. durch eine Bemessung nach dem Einbußeprinzip zu ersetzen, 999 abgewehrt hat. 1 0 0 0 Das Nettoeinkommensprinzip trat erst spät an die Stelle des auf die zumutbare Einbuße abstellenden Einbußeprinzips 1001 und sollte verhindern, daß sich durch die Umstellung auf das Tagessatzsystem das Geldstrafenniveau senkt, 1 0 0 2 ohne den Umrechnungsmaßstab, nach dem ein Tagessatz einem Tag Freiheitsstrafe entsprechen soll, aufzugeben. 1003 Grundlage des komplexen Entscheidungsvorgangs ist die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Täters gemessen an seinem Nettoeinkommen, das er durchschnittlich an einem Tage hat oder haben könnte, ohne daß dieser Begriff im Gesetz selbst definiert wäre. 1004 Dabei hat die fehlende Gesetzesdefinition zu einem wahren Begriffswirrwarr geführt, der nur mit Erstaunen zur Kenntnis genommen werden kann und der das Verlangen weckt, die Kommentierung des 995 Albrecht, 204. 996 BGHST 28, 360 (363). 997 Dreher/Tröndle, § 40, RN 5. 998 Frank, 2329; Zipf, 139 f. 999 Horn, 628; Horn, E., 289. 1000 BGH-NJW 1976, 634 f.; OLG Celle-MDR 1975, 1038; OLG Oldenburg MDR 1975, 1038 f.; Bay. ObLG-MDR 1975, 1038; OLG Celle-NJW 1975, 2029 f. 1001 Lackner, § 40, Anm. 6; Frank, U., 626. 1002 Bruns, 75; BT-Drucks. 7/1261, 4 f.; Dreher/ Tröndle, § 40, RN 6. 1003 Seib, 106. 1004 Auch die Materialien geben über den beabsichtigten Begriffsinhalt keinen weiteren Aufschluß. Deshalb kann nur angenommen werden, daß der Gesetzgeber diesen Begriff für hinreichend klar und somit einer Erläuterung für nicht bedürftig hielt oder wegen der Eile bei der Einführung dieses Prinzips das Problem bewußt ungeklärt gelassen hat; zur Gesetzgebungsgeschichte: Schaeffer, 58 ff.

C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

§ 40 I I StGB möge dringend von Kennern des Einkommensbegriffs in die Hand genommen werden. 1 0 0 5 Diese fehlende Begriffsklarheit beginnt bereits im statu nascendi des Nettoeinkommensprinzips. So hat Horstkotte in einer als „Formulierungshilfe" bezeichneten Erklärung vor dem Sonderausschuß ausgeführt, daß der Sinn des Wortes „Netto" darin liege, daß von der Summe aller Einkünfte aus den verschiedenen Einkunftsarten vom Täter aufgrund Steuer- und sozialrechtlicher Verpflichtungen zu entrichtende Beträge abzuziehen seien, bei Selbständigen ferner „ . . . Betriebsausgaben, Verluste, Werbungskosten, Beiträge zur Weiterversicherung und im Rahmen des üblichen Ansatzes Ausgaben für eine private Krankenversicherung." 1006 Solche Ausführungen sind kaum geeignet, eine wirkliche Formulierungshilfe zu sein, verkennen sie doch völlig die Tatsache, daß der Begriff „Einkommen" bereits eine Nettogröße kennzeichnet und dies unabhängig davon, nach welchen Grundsätzen und Zielvorstellungen auch immer das Einkommen ermittelt worden ist. Natürlich müssen Betriebsausgaben und Werbungskosten abgezogen werden, jedoch nicht vom Einkommen, sondern zur Einkommensermittlung von den mit ihnen korrespondierenden Einnahmen und Erträgen. Unverständlich bleibt, warum Werbungskosten nur bei Selbständigen berücksichtigt werden sollen und nicht auch im Rahmen der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Verluste dagegen sind nirgendwo „abzuziehen", sind sie doch als negatives Einkommen das Ergebnis des Überschusses der Ausgaben und Aufwendungen über die Einnahmen und Erträge und können allenfalls, so vorhanden, mit positiven anderen Einkünften verrechnet werden. Wenn somit das Einkommen bereits eine Residualgröße ist, ein Rest also, der verbleibt, wenn von den dem Täter zugeflossenen Einnahmen und Erträgen Ausgaben und Aufwendungen abgezogen worden sind, dann kann von einem „Nettoeinkommen" nur gesprochen werden, wenn vom bereits festgestellten Einkommen weitere, mit der Einkommensbildung eben nicht im Zusammenhang stehende Beträge abgezogen werden. Bei einer derartigen Vorgehensweise wird dann auch die Struktur 1007 des strafrechtlichen Nettoeinkommens sichtbar, das sich eben zusammensetzt aus Einnahmen und Erträgen, von denen die mit der Erzielung derartiger Vermögenszuflüsse im Zusammenhang stehenden Ausgaben und Aufwendungen abgezogen werden. Das aus diesem Ausgleichsvorgang resultierende Einkommen ist sodann zu mindern um Beträge, die mit der Einkommensermittlung nichts mehr zu tun haben, sondern das vom Gesetzgeber gewollte Nettoeinkommen als spezifisch strafrechtliche Bemessungsgrundlage für die Geldstrafe begründen. loos Tipke-Forum, 352. 1006 Horstkotte, in: Prot. VII, 635; die Ausführungen Horstkottes ziehen sich wie ein roter Faden mit nur geringfügigen Abweichungen durch die gesamte Kommentarliteratur, ein Umstand, der, wie Tipke zutreffend anmerkt, wohl darauf zurückzuführen ist, daß die Strafrechtler ihre Fehler von einander abschreiben; Tipke-Forum, 352. 1007 Zum Strukturbegriff: Walz-Steuergerechtigkeit, 9 f.

IV. Der strafrechtliche Einkommensbegriff

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Wenn auch vom diesem Nettoeinkommen nur auszugehen ist, 1 0 0 8 kann dennoch nicht auf eine Abgrenzung und Bestimmung der dieses Nettoeinkommen beeinflussenden Faktoren verzichtet werden, da sonst die Gefahr bestünde, daß unversehens der Vorgang der Tagessatzbestimmung wieder Teil einer weniger rationalen „Gesamtschau" 1009 wird. a) Das Nettoeinkommen bei tatsächlich erzieltem Gesamteinkommen Das Nettoeinkommen i. S. des § 40 I I StGB ist ein eigenständiger strafrechtlicher Begriff, der nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise auszulegen1010 und nicht etwa steuerrechtlich zu verstehen ist. 1 0 1 1 Mit seiner Wahl hat der Gesetzgeber das [Netto-]Einkommen als den geeignetsten Maßstab für die Bestimmung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit qualifiziert und damit die Verpflichtung verbunden, es auch entsprechend dem Leistungsfähigkeitsprinzip zu definieren. 1012 Es ist die Residualgröße, die verbleibt, wenn vom gesamten Ist-Einkommen des Delinquenten bestimmte, auf seine persönliche Situation zurückzuführende Minderungsbeträge abgezogen worden sind. Somit ist für die Ermittlung des Nettoeinkommens zunächst das Gesamteinkommen des Täters zu bestimmen. al ) Das tatsächlich erzielte Gesamteinkommen Trotz der Betonung der Eigenständigkeit des strafrechtlichen Einkommensbegriffs 1013 geht das überwiegende Schrifttum in offensichtlicher Anlehnung an den steuerlichen Einkommensbegriff von den sieben Einkunftsarten des Steuerrechts aus 1014 und zählt zum Gesamteinkommen zunächst die Einkünfte aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit, Kapitalvermögen, Gewerbebetrieb, Land- und Forstwirtschaft, Vermietung und Verpachtung, jeweils einschließlich eventueller Naturalbezüge, da es für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ohne Bedeutung ist, ob ein vermögenswerter Zugang in bar oder in Dienstleistungen erfolgt. 1015 Erweitert wird dieses Volumen, ungeachtet jetzt der Terminologie des Steuerrechts, um weitere Vermögenszuflüsse wie z. B. um Renten und Versorgungsbezüge, 1016 aber auch um Kindergeld, 1017 Sozialhilfe, 1018 loos Sch / Sch-Stree, § 40, RN 8; Dreher / Tröndle, § 40, RN 25; Lackner, § 40, Anm. 6b. 1009 Rom, 625. 1010 OLG Hamm-MDR 1983, 1043, Maurach / Gössel / Zipf, 511. ion Frank, U., 626; Berns, 71; Dreher-Tröndle, § 40, RN 7; Lackner, § 40, Anm. 6 a. 1012 Brandis-Geldstrafe, 130. ion Horstkotte, in: Prot. VII, 635; Lackner, §40, Anm. 6a)aa); LK-Tröndle, §40, RN 22; OLG Hamm-MDR 1983, 1043. 1014 Frank, 2331 mwN; Frank, U., 626; Sch / Sch-Stree, § 40, RN 9. lois Frank, 2332. loie Lackner, § 40, Anm. 6a)aa). ion das nicht Einkommen des Kindes ist, Meyer, D., 276; OLG Celle-NJW 1977,1248.

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe 1019 sowie um Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz 1 0 2 0 und um erhaltenen Unterhalt durch den Unterhaltsverpflichteten 1021 sowie um alle sonstigen regelmäßigen Zuwendungen Dritter, gleich welcher Art und aus welchem Rechtsgrund sie bezogen werden. 1022 Die Betonung der Eigenständigkeit des strafrechtlichen Einkommensbegriffs bei gleichzeitgem Rückgriff auf die klassischen Einkunftsarten des Steuerrechts ist jedoch dann und solange kein Widerspruch, wie sichergestellt ist, daß nur solche Erkenntnisse des Steuerrechts übernommen werden, die auch im Bereich der Einkommensermittlung des § 40 I I StGB maßgebend und somit geeignet sind, das Einkommen nach wirtschaftlichen Grundsätzen zu ermitteln. 1 0 2 3 Deshalb müssen solche Vorschriften des Steuerrechts außer Betracht bleiben, die „Vermögenszuflüsse, die der Sache nach Einkommen sind, ganz oder teilweise von der Besteuerung freistellen" indem „bestimmte Einkünfte bei der Einkommensermittlung unberücksichtigt gelassen oder niedriger bewertet werden." 1024 Bei der Beachtung dieser Grundsätze erübrigt sich auch eine Auseinandersetzung mit der zumindest unmittelbar nach der Strafrechtsreform geführten Diskussion, ob das Nettoeinkommen i. S. des § 40 I I StGB aus dem steuerrechtlichen Einkommensbegriff abgeleitet werdenn könne oder nicht, 1 0 2 5 führt doch ein zwar vom Steuerrecht abgeleitetes, jedoch um solche Einflüsse bereinigtes Einkommen, die nur vordergründig die Leistungsfähigkeit indizieren ohne konkreten wirtschaftlichen Hintergrund, zum gleichen strafrechtlichen Einkommen wie ein analytisch, sich nicht an Ergebnisse aus anderen Rechtsbereichen anlehnendes Verfahren zur Ermittlung des Einkommens als Indikator wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit. 1026 Nach überwiegender Ansicht sollen in den strafrechtlichen Einkommensbegriff nicht einbezogen werden einmalige Zuwendungen wie Lotteriegewinne, Erbschaften und Schenkungen. Dabei wird die Einbeziehung nicht regelmäßiger Einkünfte zum Teil ausdrücklich angelehnt, weil sie nicht kontinuierlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Täters bestimmen und der Vermögenszuwachs als bestehendes Vermögen berücksichtigt werden könne, 1 0 2 7 zum Teil werden derartige Bezüge überhaupt nicht erwähnt, so daß aus einer beispielhaften Aufzählung nur regelmäßiger Einkünfte geschlossen werden muß, daß unregel1018 Ising, 44; OLG Köln-NJW 1977, 307. 1019 Lackner, § 40, Anm. 6a)aa). 1020 Seitdem ΒAföG-Leistungen jedoch zu 100% als Darlehn gewährt werden, können sie nicht mehr als Einkommen angesehen werden. 1021 Frank-Tagessatz, 81 ff. 1022 Meyer-Bemerkungen, 189; Zipf, 139. 1023 Brandis-Geldstrafe, 12. 1024 Bay OblGSt 1977, 4 (7). 1025 Vgl. hierzu Ising, 41 ff. 1026 Ob allerdings angesichts des realen Zustandes des Einkommensteuergesetzes eine derartige Bereinigung überhaupt noch möglich ist, muß bezweifelt werden. 1027 So ζ. B. von Frank, 2333; Sch/Sch-Stree, § 40, RN 9.

IV. Der strafrechtliche Einkommensbegriff

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mäßige Einkünfte unberücksichtigt bleiben sollen. 1 0 2 8 Jedoch wird mit dem Hinweis auf den Umstand, daß auch unregelmäßige Zuwendungen Leistungsfähigkeit vermitteln, die Einbeziehung derartiger Beträge in den strafrechtlichen Einkommensbegriff gefordert, zumal eine spezifische Sonderberwertung im Bereich des § 40 StGB nicht ersichtlich sei. 1029 Unstreitig ist, daß auch einmalige Zuwendungen die ökonomische Leistungsfähigkeit ihres Empfängers steigern, wenn auch nicht mit gleicher Nachhaltigkeit wie regelmäßig fließende Zuwendungen, und daß sie im Zeitpunkt des Zuflusses auch Einnahmen darstellen. Die Entscheidung über die Frage, ob derartige einmalige Zuwendungen als Einkommensbestandteil in den Tagessatz einfließen sollen, ergibt sich jedoch nicht aus ihrem unstreitigen Leistungsfähigkeitsinhalt, sondern aus den Grundsätzen über den Zeitpunkt, zu dem das Urteil über die Einkommenslage und damit über die Höhe der Geldstrafe zu treffen ist. Bei der Ermittlung des Tagessatzes ist gem. § 40 I I StGB vom durchschnittlichen Nettoeinkommen auszugehen. Dabei ist nicht irgend ein Tag herauszugreifen, vielmehr ist auf einen längeren Zeitraum abzuheben, da das Nettoeinkommen eines bestimmten Tages die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Täters völlig falsch wiedergeben kann. 1 0 3 0 Aus diesem Grunde sind von dem Tag der Entscheidung an die zurückliegenden Einkünfte für denjenigen Zeitraum festzustellen, der das Durchschnittseinkommen erkennbar werden läßt. Hieraus ist sodann das Tageseinkommen zu errechnen, soweit künftig keine Änderungen zu erwarten sind. 1031 Nur soweit sich bereits im Urteilszeitpunkt eine sichere Veränderung der Einkommenslage abzeichnet, kann dies berücksichtigt werden. 1032 Daraus folgt, daß einmalige Zuwendungen, die dem Delinquenten vor dem Urteilszeitpunkt, aber außerhalb des Aufhellungszeitraums zugeflossen sind, mangels Kenntnis überhaupt nicht erfaßt werden. Vor dem Urteilszeitpunkt und noch innerhalb des Aufhellungszeitraums zugeflossene Einmalzuwendungen müssen unberücksichtigt bleiben, da bereits im Urteilszeitpunkt die sichere Veränderung der Einkommenslage eingetreten ist, da der auf die Einmalzuwendung entfallende Einkommensteil in der Zeit nach dem Urteil mit Sicherheit nicht mehr zufließen wird. Einmalige Zuwendungen, die dem Täter erst nach dem Urteilszeitpunkt zufließen werden, müssen, zumindest in der Regel, ebenfalls unberücksichtigt bleiben, da wohl davon auszugehen ist, daß zu diesem Zeitpunkt sich eine sichere Veränderung der Einkommenslage noch nicht abzeichnet und kein Tatrichter den nahen Tod eines Erblassers oder einen zwar unwahrscheinli1028 So bei Blei, 400; Rudolphi-Horn, § 40, RN 8; Lackner, § 40, Anm. 6a)aa); LKTröndle, § 40, RN 22. 1029 Brandis-Geldstrafe, 157. 1030 Frank, U., 628 f.; Sch / Sch-Stree, § 40, RN 10. 1031 Roos, 1483; Dreher / Tröndle, §40, RN 13. 1032 Meyer-Tagessatz, 18; Lackner, § 40, Anm. 6a)bb); Sch/ Sch-Stree, § 40, RN 10; BGHSt 26, 325 (328); 28, 360 (362).

C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

chen, aber dennoch theoretisch möglichen Lottogewinn in seine Entscheidungen über den Tagessatz wird aufnahmen können. Unberücksicht von diesen Erwägurlgen ist natürlich der Umstand, daß vor dem Urteilsspruch zugeflossene und noch nicht verausgabte Einmalzuwendungen Vermögen darstellen und als solches in die Tagessatzentscheidung einfließt, sofern es überhaupt zulässig ist, von der Regelvorschrift der Tagessatzermittlung nach dem Nettoeinkommen abzuweichen und vorhandenes Vermögen mitzuberücksichtigen. a2) Die vom Gesamteinkommen abzuziehenden Minderungsbeträge Um das für die Tagessatzermittlung maßgebliche Nettoeinkommen zu erhalten, ist das Gesamteinkommen des Täters um solche Beträge zu kürzen, die seinen wirtschaftlichen Bewegungsspielraum ohne jeglichen Ausgleich einschränken 1033 oder seinen Lebenszuschnitt im Verhältnis zum Durchschnitt der Bezieher gleicher Einkommen deutlich begrenzen und nur durch eine angemessene Berücksichtigung eine Härte vermieden werden kann. 1 0 3 4 Dabei schließt die RegelRichtlinie des § 40 I I StGB die Notwendigkeit ein, auf die persönlichen Verhältnisse des Täters und seine Belastbarkeit einzugehen, da nur dann das Prinzip der Opfergleichheit bei der Geldstrafe auch tatsächlich verwirklicht werden kann. 1035 a2a) Steuer- und sozialrechtliche Verpflichtungen des Täters Unbestritten ist die Minderung des Gesamteinkommens um gezahlte oder zu zahlende Lohn- bzw. Einkommensteuer, Sozialabgaben bzw. vergleichbare Ausgaben für eine freiwillige oder private Kranken- oder Altersversicherung. 1036 Da die Höhe der innerjährlich vorläufig zu zahlenden Lohn- bzw. Einkommensteuer 1037 bei berufstätigen Ehegatten maßgeblich von der Wahl der Steuerklasse abhängig ist, kann der Täter durch die Wahl einer vorübergehend ungünstigen Steuerklasse die das Einkommen mindernde Steuerzahlung erhöhen mit der Folge eines um diese Steuerzahlung anteilig geminderten Nettoeinkommens und entsprechend niedrigerer Geldstrafe, während die zuviel gezahlte Lohnsteuer im Wege des Jahresausgleichs oder im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer zurückgeholt werden kann. Trotz dieser Manipulationsmöglichkeit wird 1033 OLG Celle-NJW 1975, 2029 (2030); JR 1977, 382 (383); BaybLG-NJW 1977, 2088 (2089). 1034 OLG Karlsruhe-MDR 1977, 65. loss Jescheck-Geldstrafe, 287. 1036 Berns, 70; Ising, 46; Schaeffer, 71; Grebing, 143; Lackner, § 40, Anm. 6a)aa); LK-Tröndle, § 40, RN 23; Rudolphi-Hom, § 40, RN 8; OLG Hamm-JR 1978,165 (166). 1037 Die endgültig zu zahlende Steuer ergibt sich erst nach der Durchführung des Lohnsteuerjahresausgleichs bzw. nach der Veranlagung zur Einkommensteuer.

IV. Der strafrechtliche Einkommensbegriff

241

von dem im Aufhellungszeitraum festgestellten Steuerabzug auszugehen sein und nicht von der durch die mögliche Wahl einer günstigeren Steuerklasse niederigeren Lohnsteuer oder gar von einem Steuerabzug aufgrund eines durch den Richter ermittelten Durschnittssteuersatzes i. S. eines zusammen veranlagten Einkommens, da die Anwendung der günstigeren Steuerklasse beim Täter das Einverständnis des nicht zu sanktionierenden Ehegatten für die Anwendung der für ihn ungünstigeren Steuerklasse erfordert und die Anwendung eines Durchschnittssteuersatzes den urteilenden Richter wohl in aller Regel überfordert. 1038 Zu den berücksichtigungsfähigen Steuerzahlungen zählt auch die Kirchensteuer. Ihre Gleichsetzung mit Spenden an karitative Einrichtungen, Vereine oder politische Parteien 1039 und daraus resultierender Berücksichtigungsunfähigkeit verkennt ihren Zwangscharakter als Steuer. a2b) Unterhaltsverpflichtungen Während der Sonderausschuß für die Strafrechtsreform noch davon ausging, daß nur überdurchschnittliche Unterhaltsverpflichtungen, ζ. B. solche für mehr als zwei Kinder, tagessatzmindernd berücksichtigt werden könnten, 1040 ist heute unstreitig, daß alle Unterhaltsverpflichtungen des Täters unabhängig von der Zahl der Unterhaltsberechtigten angemessen zu berücksichtigen sind, 1041 da es als ein Verstoß gegen das Prinzip der Opfergleichheit und gegen den Gleichheitsgrundsatz gem. Art. 31 GG angesehen wurde, bei sonst gleichen Einkommensverhältnissen unverheiratete Täter und Familienväter in der Frage der finanziellen Belastbarkeit gleich zu behandeln. Derartige Unterhaltspflichten kommen in Betracht bei Ehegatten gem. §§ 1360 ff. BGB, bei geschiedenen Ehegatten gem. §§ 1569 ff. BGB und zwischen Eltern und Kindern gem. §§ 1601 ff., 1615 a ff., 1751 IV, 1754, 1767 I I BGB. Nicht eindeutig beantwortet wird jedoch die Frage, in welcher Art und Weise die Unterhaltspflichten zu berücksichtigen sind. Zur vordergründigen Lösung dieses Problems wird zunächst regelmäßig auf das Ermessen des Tatrichters hingewiesen, dessen Sache es sei, von Fall zu Fall über den Modus der Anrechnung zu entscheiden,1042 zumal es nicht zu den 1038 Die Hinnahme einer vergleichsweise höheren Geldstrafe als Folge der üblicherweise getroffenen Wahl der günstigereren Steuerklasse für den Besserverdienenden mit der Begründung, „daß der Besserverdienende langfristig gesehen durch den niedrigeren Steuersatz erhebliche finanzielle Vorteile genießt, die einen größeren Aderlaß bei der Geldstrafenzahlung ausgleichen", so Schaeffer, 71 f., ist eher erheiterndes Beispiel einer eklatanten Unkenntnis geltenden Steuerrechts als emstzunehmendes Argument. 1039 So Schaeffer, 75. 1040 Horstkotte, in: Prot. VII, 636. 1041 Statt aller: LK-Tröndle, § 40, RN 41 mwN. 1042 LK-Tröndle, § 40, RN 43; BGHSt 27, 228 (231); OLG Celle-NJW 1975, 2029 (2030); NJW 1977, 1248. 16 Burger

C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

Aufgaben der Revisionsgerichte gehören soll, hierzu bindende Grundsätze aufzustellen. 1 0 4 3 Dennoch haben sich einige Verfahrensweisen herausgebildet, die trotz der unbestrittenen Vielfalt und Individualität der einzelnen Fälle dem Tatrichter mögliche Wege zulässiger Anrechnungsverfahren aufzeigen. Aus Gründen der Praktikabiliät halten sich Gerichte 1044 namentlich bei den Unterhaltspflichten gegenüber Kindern im Anschluß an Seib 1045 an die Sätze der Regelbedarfs-Verordnung. 1046 Die Anwendung der Regelbedarfs-Verordnung wird in der Literatur zum Teil gegenüber Faustregeln, die sich in Anlehnung an skandinavische Vorbilder entwickelt haben und taxmäßige Abschläge vom Einkommen in Höhe von 20% für die Ehefrau und 10% für jedes Kind vorsehen, vorgezogen, 1047 ζ. T. wird aber auch die Anwendung der Regelbedarfs-Verordnung abgelehnt mit dem Hinweis, daß es bei der Geldstrafenbemessung nicht um die Gewährung eines Kinderfreibetrages gehe, sondern um die Ermittlung der Belastbarkeit entsprechend der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Täters. 1048 Richtig ist wohl, daß der Tatrichter grundsätzlich die tatsächlichen Unterhaltslasten des Täters 1049 unter Berücksichtigung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und aller Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen hat und die Regelbedarfs-Verordnung, die Faustregel oder die von der Rechtsprechung entwickelten Tabellen für die Ermittlung des angemessenen Unterhalts gem. § 1610 I BGB 1 0 5 0 Entscheidungshilfen sein können, 1051 deren konkrete Anwendung jedoch dem tatrichterlichen Ermessen überlassen bleibt. 1052 Wegen des Erfordernisses der grundsätzlichen Orientierung der zu berücksichtigenden Unterhaltsleistungen an ihre tatsächliche Höhe ist eine Teilung des Familieneinkommens aus Gründen des gesetzlichen Güterstandes und dem Gedanken des Zugewinnausgleichs für den nichtverdienenden Ehegatten 1053 abzulehnen. 1 0 5 4 Die Folge wäre nicht nur eine unbotmäßige Privilegierung des entlasteten Ehegatten, da in der Regel keineswegs alle Einkünfte gegenwärtig, d. h. zur Zeit der Verkündung des Urteils, dem Familienunterhalt zugute kommen, zum 1043 BGH-NJW 1977, 1459 (1460). 1044 OLG Hamm-NJW 1976, 722 (723); OLG Frankfurt-NJW 1976, 2220 (2221); OLG Hamburg-NJW 1978, 551 (552). 1045 Seib, 107. 1046 BGBl I 1976, 2042. 1047 Jescheck-Geldstrafe, 270; Grebing, 747; Kaiser, E., 610. 1048 OLG Celle-NJW 1977, 1248 und JR 1977, 246 (247); 382 (383). 1049 Schall, 310, Fußn. 37; LK-Tröndle, § 40, RN 26; Frank, U., 628. 1050 ζ. B. die Kölner Tabelle, NJW 1977, 1143. 1051 Frank-Tagessatz, 84. 1052 LK-Tröndle, § 40, RN 48. 1053 So OLG Hamm-MDR 1976, 595 (596). 1054 Krehl-NStZ 89, 464 f.; OLG Hamm-NJW 1977, 724, Nr. 18; OLG DüsseldorfNJW 1977, 260 (261).

IV. Der strafrechtliche Einkommensbegriff

243

anderen würde im Falle der Verurteilung des auf die Unterhaltsleistung angewiesenen Ehegatten diesem durch die Geldstrafe etwas weggenommen, was er weder hat noch was ihm als Unterhaltsanspruch zusteht. 1055 Aus alledem folgt, daß eine Unterhaltsverpflichtung als Einkommensminderungselement und ein Unterhaltsanspruch als einkommensbegründendes Strukturelement nach der tatsächlichen Höhe der erbrachten Unterhaltsleistung zu bemessen ist und daß bei der Ermittlung dieser tatsächlichen Höhe der Tatrichter mangels besserer Erkenntnisse und Möglichkeiten im Rahmen seines Ermessens sich als zulässige Hilfsmittel der dargestellten Verfahrensweisen bedienen kann. 1056 Das mehr terminologische Problem, ob die Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen eine Minderung des Nettoeinkommens bedeutet, eine Auswirkung auf die Tagessatzhöhe sich somit erst ergibt, wenn zur besseren Anpassung der Strafe an die persönlichen Verhältnisse des Täters von der Regel-Richtlinie des Ansatzes des Nettoeinkommens in Höhe der festgestellten Unterhaltsleistungen abgewichen wird, 1 0 5 7 oder ob Unterhaltsleistungen Strukturelemente der Ermittlung des Nettoeinkommens sind, das sich somit erst nach ihrer Berücksichtigung ergibt, 1058 hat keinen Einfluß auf die Feststellung der Tagessatzhöhe, weil der für die Erfüllung von Unterhaltsverpflichtungen anzusetzende Betrag in jedem Fall, wenn auch auf unterschiedlichen Rechenstufen, berücksichtigt wird. Wird das Nettoeinkommen jedoch verstanden als dasjenige Einkommen, das dem Täter verbleibt, nachdem von seinem Gesamteinkommen solche Posten abgezogen worden sind, denen er sich aufgrund rechtlicher Verpflichtungen nicht entziehen kann, sind die vom Täter erbrachten Unterhaltsleistungen, soweit für ihn eine gesetzliche Unterhaltspflicht besteht, Strukturelemente des Nettoeinkommens, da er sich ihnen grundsätzlich nicht entziehen kann und ihm nur hinsichtlich der tatsächlichen Leistungshöhe ein gewisses Maß an Freizügigkeit verbleibt. Sie sind dann bereits bei der Ermittlung des Nettoeinkommens zu berücksichtigen. Darüber hinaus würde die Abweichung von der Richtlinie des § 40 I I StBG, nach der in der Regel vom Nettoeinkommen auszugehen ist, durch die Behandlung von Unterhaltsleistungen als Minderung des Nettoeinkommens infolge der inzwischen anerkannten Berücksichtigung sämtlicher Unterhaltsverpflichtungen zur eigentlichen Regel, so daß von einem gerechtfertigten Abweichen von der Vorschrift des § 40 I I StBG durch besonders gelagerte Ausnahmefälle 1059 nicht mehr gesprochen werden kann.

1055 Frank-Tagessatz, 85. 1056 So auch Bay. ObLG-MDR 88, 694. 1057 So Baumann / Weber, 606; Frank, U., 629; Grebing-Probleme, 1070 ff.; Lackner, § 40, Anm. 6b)aa); LK-Tröndle, § 40, RN 40 f. Sch / Sch-Stree, § 40, RN 14. loss So Blei, 400; Brandis-Geldstrafe, 178 f. 1059 Horstkotte, in: Prot. VII, 636. 16*

C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

a2c) Andere Schuldverbindlichkeiten Ob für die Festsetzung der Tagessatzhöhe neben Steuern, Sozialabgaben und gesetzlichen Unterhaltsverpflichtungen noch andere Schuldverbindlichkeiten, ζ. B. außergewöhnliche Belastungen oder Verbindlichkeiten als Folge der Verplanung von Einkünften oder Aufwendungen für den eigenen Lebensunterhalt zum Abzug überhaupt noch zugelassen werden und wenn dies zugelassen wird, ob auch derartige Verbindlichkeiten noch Strukturelemente des strafrechtlichen Einkommens sind oder bereits den strafrechtlichen Einkommensbegriff nicht mehr berühren, da sie Bestandteil des Anpassungsmechanismusses der Höhe des Tagessatzes an ein bereits ermitteltes Nettoeinkommen sind, wird nicht einheitlich beantwortet. 1060 α) Notwendiger Bedarf für den eigenen Lebensunterhalt Das Nettoeinkommensprinzip schöpft nicht nur das Entbehrliche ab, sondern berechnet mit bemerkenswerter Rigorosität den zu entrichtenden Tagessatz grundsätzlich aus dem gesamten Nettoeinkommen 1061 und nicht nur aus dem, was der Täter nach Befriedigung seines eigenen Bedarfs zu erübrigen vermag. Vielmehr geht das Gesetz davon aus, daß bei der Ermittlung des Nettoeinkommens der notwendige Eigenbedarf des Täters gerade unberücksichtigt bleiben muß. 1 0 6 2 Wenn auch darauf hinzuweisen ist, daß es keinen grundsätzlichen Unterschied macht, ob ein Delinquent Aufwendungen tätigt für unterhaltsberechtigte Familienangehörige oder für seinen eigenen Unterhalt, würde doch bei einer tagessatzmindernden Berücksichtigung des notwendigen Eigenbedarfs nicht mehr das Nettoeinkommensprinzip, sondern das ausdrücklich nicht gewollte Einbußeprinzip gelten. 1 0 6 3 Dagegen wird jedoch geltend gemacht, daß gerade das Prinzip der Opfergleichheit es erforderlich mache, bei der gebotenen Sicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse nicht allein auf das Einkommen abzustellen, sondern auch die Höhe des Vermögens bereits bei der Ermittlung des Nettoeinkommens zu beachten. Denn allein die Höhe des Vermögens entscheide über die Fähigkeit, die Geldstrafe auch zahlen zu können, wenn der notwendige Eigenunterhalt nicht als Abzugsposten bei der Einkommensermittlung berücksichtigt wird. 1 0 6 4 Es ist jedoch nicht zutreffend, daß sich die Fähigkeit des Täters, die Geldstrafe auch zahlen zu können, allein nach der Höhe seines Vermögens bemißt. Vielmehr werden in einer dritten Entscheidungsphase die Zahlungsmodalitäten festgelegt und dem Täter unter Berücksichtigung sowohl seiner Einkommens- als auch seiner Vermögenssituation von ihm erfüllbare Ratenzahlungen auferlegt. Auf1060 Brandis-Geldstrafe, 178 ff.; LK-Tröndle, § 40, RN 49. 1061 Bruns, 75. 1062 Berns, 65; LK-Tröndle, § 40, RN 24. 1063 Schaeffer, 127; Lackner, vor § 40, Anm. 1 a; OLG Celle-NJW 1975,2029 (2030). 1064 Brandis-Geldstrafe, 179 f.

IV. Der strafrechtliche Einkommensbegriff

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Wendungen für den notwendigen Eigenbedarf sind auch keine Strukturelemente der Einkommenerzielung, sondern Einkommenverwendungsposten, für die der Gesetzgeber durch die Entscheidung für das Nettoeinkommensprinzip ausdrücklich keinen Hinweis gab, sie zum Strukturelement des strafrechtlichen Einkommens zu fingieren. ß) Außergewöhnliche Belastungen Außergewöhnliche Belastungen als Verpflichtungen tatsächlicher A r t 1 0 6 5 sind notwendige Aufwendungen, die dem Täter durch besondere Gebrechen 1066 oder aus besonderen situations- und schicksalsbedingten Gründen 1067 zusätzliche finanzielle Aufwendungen abnötigen. Sie gehören zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Täters, die bei der Bemessung der Tagessatzhöhe zur Flexibilität zwingen und im Einzelfall eine Herabsetzung erfordern können. 1 0 6 8 Dieser Einzelfall ist gegeben, wenn diese Belastungen den Lebenszuschnitt des Täters im Verhältnis zum Durchschnitt der Bezieher vergleichbarer Einkommen besonders beeinträchtigen 1069 und wenn durch die Berücksichtigung eine unbillige Härte für den Delinquenten und damit eine mögliche Opferungleichheit vermieden wird. 1 0 7 0 Darüber hinaus würde die Vernachlässigung derartiger außerordentlicher Aufwendungen den Täter doppelt belasten, da durch eine niedrigere Lohn- bzw. Einkommensteuerschuld als Folge der steuerrechtlichen Anerkennung dieser Aufwendungen das Nettoeinkommen im Ergebnis erhöht wird, dem Täter also sowohl die außerordentliche Belastung selbst als auch die höhere Geldstrafe aufgrund des infolge des höheren Nettoeinkommens erhöhten Tagessatzes abverlangt würde. 1071 Eine Berücksichtigung nur der durch die einkommensteuerliche Anerkennung der außergewöhnlichen Belastung sich ergebende Steuerminderung im Rahmen der strafrechtlichen Tagessatzermittlung als Sonderbelastung statt der dem Täter durch seine besonderen persönlichen Umstände entstandenen außergewöhnlichen Belastung 1072 verkennt einmal mehr den Zusammenhang, in dem die Strukturelemente Einkommen, Minderung des Einkommens aufgrund Steuer- und sozialrechtlicher [Zwangs-] Vorschriften und außergewöhnliche Belastungen zueinander stehen. Eine derartige Vorgehensweise würde auch dazu führen, daß das Gesamteinkommen durch fiktive, tatsächlich jedoch nicht gezahlte und nicht zu zahlende Steuern gekürzt würde. Einer solchen Empfehlung kann nicht gefolgt werden. 1065 Brandis-Geldstrafe, 178. 1066 Schaeffer, 114; Bay ObLG-JR 1976, 161 (161 f.). 1067 Schall, 310; BT-Drucks. 7/1261, 5. 1068 Detter-NStZ 89, 468; Sch / Sch-Stree, § 40, RN 14a. 1069 Lackner, § 40, Anm. 6b) aa). 1070 Sch/Sch-Stree, §40, RN 15; OLG Karlsruhe-MDR 1977, 65; OLG Celle-JR 1977, 382 (383). 1071 Frank-Tagessatz, 132. 1072 So zumindest als Möglichkeit aufgezeigt: Sch / Sch-Stree, § 40, RN 15.

C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

Außergewöhnliche Belastungen sind ihrer Natur nach auch immer außergewöhnlicher Eigenunterhalt, den der Täter für sich bestreiten muß; denn fallen außergewöhnliche Belastungen für unterhaltsberechtigte Familienangehörige an, sind sie als tatsächlicher Aufwand für einen Unterhaltsberechtigten zu berücksichtigen. Eigenaufwand ist aber kein Strukturelement des Nettoeinkommens, so daß ein außerordentlicher Eigenaufwand, sofern überhaupt berücksichtigungsfähig, nicht vom Gesamteinkommen abgezogen werden kann zur Ermittlung des Nettoeinkommens, 1 0 7 3 sondern nur durch Kürzung des Nettoeinkommens als Abweichung von der Regel-Richtlinie des § 40 I I StGB aus persönlichen und wirtschaftlichen Gründen. y) Abzug vorausgeplanter Ausgaben Während die genannten außerordentlichen Belastungen ihre Ursache zwar in der persönlichen Situation des Täters haben, ohne daß dieser allerdings in nennenswertem Umfang auf Entstehung und Höhe tatsächlichen Einfluß nehmen kann, sind unter vorausgeplanten Ausgaben solche Zahlungsverpflichtungen zu verstehen, deren Entstehungsgrund und deren Höhe Folge einer entsprechenden Entscheidung des Täters und somit „Folge seiner Ausgabepolitik sind". 1 0 7 4 Sie betreffen also grundsätzlich den Bereich privater Lebensführung, schränken aber aufgrund ihrer Fristigkeit die Dispositionsfähigkeit des Delinquenten über sein Einkommen häufig für eine längere Zeitdauer erheblich ein. Zu derartigen vorausgeplanten Ausgaben zählen ζ. B. Schuldzinsen für ein Eigenheim oder eine Eigentumswohnung, aber auch Raten eines Kredits für die Anschaffung längerlebiger Konsumgüter, nicht jedoch Folgelasten leichtsinniger Lebensführung oder Schulden, die unmittelbare Folge der Tat sind. 1 0 7 5 Auch hier wird die Frage, ob bei der Festsetzung der Tagessatzhöhe derartige Mittelabflüsse überhaupt zu berücksichtigen sind und gegebenenfalls in welcher Form, nicht einheitlich beantwortet. 1 0 7 6 Mit besonderer Betonung des Umstandes, daß auch derartige langfristige Ausgabenverpflichtungen grundsätzlich den privaten Lebenszuschnitt des Täters berühren, wird gefordert, diese Ausgaben gleich den Ausgaben für den sonstigen Eigenbedarf bei der Ermittlung des Tagessatzes unberücksichtigt zu lassen, so daß sie Nettoeinkommen und Tagessatzhöhe überhaupt nicht beeinflussen und sich allenfalls im Wege von Zahlungserleichterungen gem. § 42 StGB auswirken können. 1 0 7 7 Auch wird dem Täter zugemutet, seinen Schuldentilgungsplan auch unter Inkaufnahme höherer Zinsen so umzustellen, daß er seine Strafe zahlen kann. 1 0 7 8 Jedoch auch in den Fällen, in denen Literatur und Rechtsprechung 1073 So jedoch Brandis-Geldstrafe, 178 f. 1074 Frank-Tagessatz, 134. 1075 Dreher/Tröndle, § 40, RN 20. 1076 Schaeffer, 181 ff.; Fleischer, 81; LK-Tröndle, § 40, RN 49. 1077 Schall, 310; Berns, 76; Tröndle, 592. 1078 Meyer-Bemerkungen, 190; OLG Karlsruhe-MDR 1977, 65.

I . Der s r e c h t l i c h e Einkommensbegriff

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die Berücksichtigung derartiger Ausgabeverpflichtungen bei der Festsetzung des Tagessatzes zulassen, soweit ζ. B. die Schuldzinsen für ein Familienheim die übliche Miete überschreiten, 1 0 7 9 ferner bei Darlehnszinsen für sonstige lebensnotwendige Anschaffungen, 1080 die deutlich von Durchschnittsverhältnissen abweichen und deren Berücksichtigung als erforderlich anzusehen sind, um unbillige Härten zu vermeiden, 1081 kann das Nettoeinkommen hierdurch nicht beeinflußt werden. Mag es noch als vertretbar erscheinen, die den Täter überdurchschnittlich belastenden Zahlungsverpflichtungen aus einer Verschuldung infolge der Anschaffung notwendiger, sinnvoller und resozialisierungstauglicher Gegenstände 1 0 8 2 über die Einräumung von besonderen Zahlungsfristen hinaus bei der Tagessatzermittlung zu berücksichtigen, so bleiben derartige Ausgaben dennoch Einkommensverwendungen und werden nicht Elemente des Einkommens, so daß derartige vorausgeplante Ausgaben allenfalls als Minderung des Nettoeinkommens berücksichtigt werden können und nicht bereits schon bei der Ermittlung des Nettoeinkommens.

b) Das Nettoeinkommen als potentielles Einkommen Die durch eine bestimmte Einkommenshöhe indizierte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ist grundsätzlich eine Leistungsfähigkeit, die von einem tatsächlich erzielten Isteinkommen ausgeht und das möglicherweise vorhandene Potential zur Erzielung eines höheren Einkommens unberücksichtigt läßt. Im Gegensatz hierzu eröffnet jedoch § 40 I I 2 StGB durch die Formulierung „ . . . haben könnte . . d i e Möglichkeit, über das tatsächlich erzielte Einkommen hinaus auch auf tatsächlich nicht vorhandenes, jedoch für erzielbar gehaltenes Einkommen zurückzugreifen und dies zur Grundlage für die Tagessatzbestimmung zu machen. Als Begründung hierfür wird angegeben, daß es verfehlt wäre, gegenüber solchen Personen, die ihre Arbeitskraft nicht oder nicht voll ausnutzen, obwohl sie dazu in der Lage wären, die vielleicht sogar im Hinblick auf die zu erwartende Geldstrafe ihr Einkommen nach der Tat bewußt reduzieren, indem sie ihre Arbeitsstelle aufgeben oder zu einer geringer bezahlten überwechseln, nur den Mindestbetrag eines Tagessatzes von 2 D M anzusetzen oder zur Freiheitsstrafe zurückzukehren. 1 0 8 3 Da die Geldstrafe nicht privilegierte Kriminalstrafe für Bezieher auskömmlicher Einkommen ist, kann und darf nicht allein wegen der wirtschaftlichen Lage des Täters von vornherein auf eine Freiheitsstrafe erkannt werden. 1 0 8 4 Jedoch verbietet sich andererseits auch der voreilige Ansatz des 1079 Horstkotte, H., 85. 1080 OLG Karlsruhe-MDR 1977, 65. 1081 Sch/Sch-Stree, §40, RN 14 a; BGHSt 26, 325 (330). 1082 Schaeffer, 182. 1083 Berns, 82; Frank, 106; Schaeffer, 84; Horstkotte in: Prot. VII, 635. 1084 LK-Tröndle, vor § 40, RN 56.

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

Mindesttagessatzes, da die Geldstrafe keine öffentliche Last ist, die der soziale Rechts- und Wohlfahrtsstaat für seine minderbemittelten Bürger so gering wie möglich zu halten hat. 1 0 8 5 Auch würde die Geldstrafe in ihrer Strafwirkung scheitern, wenn ihr eine geeignete Ansatzfläche fehlt oder genommen würde. 1086 Aus dieser Zielsetzung des potentiellen Einkommens folgt allerdings zugleich auch seine Begrenzung: Der Ansatz eines potentiellen Einkommens verbietet sich dort, wo das Einwirkungsziel der Geldstrafe schon durch Zugrundelegung des tatsächlichen baren und unbaren Einkommens erreicht wird. 1 0 8 7 Dies gilt ζ. B. bei nicht berufstätigen Ehegatten (Hausfrauen oder Hausmännern), deren Einkommen sich nach dem tatsächlich gewährten Unterhalt bemißt, so daß für die Anwendung eines potentiellen Einkommens kein Raum mehr bleibt. 1088 Die grundsätzliche Zulässigkeit des Ansatzes eines potentiellen Einkommens ist jedoch keine Ermächtigungsgrundlage für die Berücksichtigung eines fiktiven Einkommens. Vielmehr verlangt die Anpassung der Geldstrafe an die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters die Berücksichtigung nur seiner tatsächlichen Möglichkeiten, sich das potentielle Einkommen auch zu verschaffen. 1 0 8 9 Daraus folgt, daß für Arbeitslose, die aufgrund der Arbeitsmarktlage keine Beschäftigung finden, kein potentielles Einkommen angenommen werden kann, da es „zynisch wäre, verweise der Staat auf eine Arbeit, die bereitzustellen er nicht in der Lage ist." 1 0 9 0 Gleiches hat für Studenten und Schüler zu gelten, die im Hinblick auf ihre jeweilige Studien- und Ausbildungssituation nicht auf eine mögliche Arbeitsaufnahme zu verweisen sind, 1091 vielmehr ist ihr Einkommen nach ihrem tatsächlichen Lebenszuschnitt1092 und somit aufgrund ihrer regelmäßigen Bezüge durch Leistungen der Eltern und und sonstiger Versorgungsleistungen unter Abzug des reinen Studienaufwandes, denen der Charakter von Werbungskosten zukommt, zu bestimmen. 1093 Aus diesen Gründen verbleibt für den Ansatz eines potentiellen Einkommens nur der Tatbestand des Mißbrauchs, um eine gerechte Geldstrafe nach dem Grundsatz der Opfergleichheit zu gewährleisten. 1 0 9 4 Für den denkbaren Versuch, über den Umweg des potentiellen Ein1085 LK-Tröndle, vor § 40, RN 57; Tröndle, H., 467. 1086 Zipf-Neuregelung, 524. 1087 Frank, U., 627. loss Berns, 87; Ising, 50 f.; Meyer-Einkommen, 899 f.; Sch / Sch-Stree § 40, RN 11 a; allerdings werden „Nur-Hausfrauen" häufig noch dem Personenkreis zugeordnet, für die ein potentielles Einkommens zu bestimmen sei: Fleischer, 65 ff.; Seib, 107; Geppert/ Bath, 499. 1089 Fleischer, 62; Meyer-Bemerkungen, 189; Dreher / Tröndle, § 40, RN 14; Lackner, §40, Anm. 6b)cc); LK-Tröndle, §40, RN 27; Sch/Sch-Stree, §40, RN IIa; OLG Köln-NJW 1977, 307. 1090 Frank, U., 627. 1091 Lackner, § 40, Anm. 6b)cc). 1092 OLG Hamm-MDR 1977, 596. 1093 Dreher/Tröndle, § 40, RN 10; OLG Köln-NJW 1976, 636. 1094 Brandis-Geldstrafe, 203.

I . Der s r e c h t l i c h e Einkommensbegriff

kommens eine Art Lebensführungsschuld zu berücksichtigen, verbleibt kein Raum, 1095 denn „so wenig das Strafrecht parasitärer Lebensweise die Hand bieten darf, so wenig ist es berechtigt, über den Weg zur Geldstrafenzumessung zu optimaler Erwerbsgesinnung anzuhalten." 1096 In den Fällen, in denen somit der Tatrichter im Rahmen der Tagessatzermittlung vom potentiellen Nettoeinkommen auszugehen hat, folgt die Einkommensermittlung den Grundsätzen der Ermittlung des Ist-Einkommens. Daraus folgt, daß von den für erzielbar gehaltenen Einnahmen die Ausgaben und Aufwendungen abgesetzt werden müssen, die zur Erzielung und Erhaltung dieser [potentiellen] Einnahmequelle erforderlich wären. Auch von diesem potentiellen Einkommen sind sodann die Unterhaltsverpflichtungen zu berücksichtigen, die der Täter bei dem möglichen Einkommen haben würde, wobei der Tatrichter in diesen Fällen sicherlich eher auf die o. a. Verfahren mangels besserer Erkenntnisse zurückgreifen wird als bei der Ermittlung eines Ist-Einkommens. 3. Strafrechtliches Individualeinkommen und individuelle Leistungsfähigkeit Gem. § 40 I I StGB gilt auch im Strafrecht im Rahmen der Strafzumessung das Einkommen als Indikator für die Bestimmung der ökonomischen Leistungsfähigkeit des abzuurteilenden Delinquenten. Dabei werden in den strafrechtlichen Einkommensbegriff alle regelmäßigen Einkommensarten einbezogen. Die Eliminierung der einmaligen Zuwendungen, mögen diese nun als Zufallseinkommen oder auch in Form von realsisierten Wertsteigerungen im Falle der Veräußerung eines Vermögensteils anfallen, hat ihre Ursache nicht, wie ζ. B. im EStG oder im AFG, in einer ausdrücklichen Gesetzesvorschrift oder, da der Inhalt des strafrechtlichen Einkommensbegriffs nicht vom Gesetzgeber bestimmt worden ist, in einer lückenausfüllenden Inhaltsbestimmung durch Rechtssprechung und / oder Literatur. Auch ergibt sie sich nicht aus einem begriffsimmanenten Widerspruch; vielmehr stärken auch nach dem Verständnis des strafrechtlichen Einkommensbegriffs einmalige Zuwendungen die Leistungsfähigkeit des Täters, wenn auch im Vergleich zu regelmäßigen Bezügen mit reduzierter Wirkung. Allein der Umstand, daß das Gericht bei der Bestimmung des Tagessatzes vom durchschnittlichen Nettotageseinkommen zum Zeitpunkt des Urteils auszugehen hat, hindert die Einbeziehung der einmaligen Zuwendungen. Als Folge der ausdrücklichen Gesetzesvorschrift, daß die Bestimmung des Tagessatzes vom Nettoeinkommen auszugehen hat, sind vom Gesamteinkommen des Täters Steuern, [Sozial-]Versicherungsbeiträge und die tatsächlich getätigten Ausgaben für die ihm gesetzlich aufgegebene Unterhaltspflicht abzuziehen. 1095 So hat der Tatrichter ζ. B. die in einem Zweitstudium liegende Lebensentscheidung eines Täters zu respektieren: OLG Köln-VRS 61, 344 (345). 1096 LK-Tröndle, § 40, RN 37.

C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

Alle weiteren Ausgaben und Aufwendungen berühren nicht mehr den strafrechtlichen Einkommensbegriff, sind nicht mehr Strukturelemente zur Bestimmung des Nettoeinkommens, sondern Einkommensverwendungsposten, die entweder für die Tagessatzermittlung völlig unbeachtlich sind, wie ζ. B. der notwendige Eigenbedarf für den Lebensunterhalt des Täters, oder die als außergewöhnliche Belastungen bzw. als verplante und vom Durchschnitt vergleichbarer Einkommensbezieher erheblich abweichende Ausgaben die ansonsten vorgegebene unmittelbare Bindung des Tagessatzes an das Tagesnettoeinkommen zu lösen imstande sind. Somit durchbricht die gesetzliche Vorschrift, vom Nettoeinkommen auszugehen, die deutliche Trennung der Einkommensermittlungsposten von Einkommensverwendungen, da Ausgaben für Steuern, Versicherungen und Unterhalt unstreitig Einkommensverwendungen sind und nur im Rahmen eines gesetzesspezifischen Nettoeinkommens Strukturelemente dieser Einkommensermittlung sind. Aus diesem Grunde ist die Frage aufzuwerfen, ob nicht statt dessen von einem Bruttoeinkommen ausgegangen werden sollte und die Berücksichtigung der bei der Tagessatzermittlung zu berücksichtigenden Einkommensverwendungen bei der Bestimmung der strafrechtlichen Einkommensgrenze erfolgen sollte. 1 0 9 7 Der mit Ausnahme der Einmalzuwendungen grundsätzlich alle Vermögenswerten Zuflüsse umfassende strafrechtliche Einkommensbegriff ist vom theoretischen Ansatz her durchaus geeignet, die individuelle Leistungsfähigkeit des Täters zu indizieren und gewährleistet darüber hinaus durch die Möglichkeit, bei der Tagessatzbestimmung durch die Berücksichtigung der persönlichen Situation des Täters den Grundsatz der Opfergleichheit im Sinne eines gleich schweren wirtschaftlichen Verlustes für jeden Täter zu beachten. 1098 Ist somit die Feststellung des Nettoeinkommens als Voraussetzung für die Bestimmung des Tagessatzes das „Kernproblem" 1 0 9 9 des Geldstrafensystems seit der Strafrechtsreform, muß erstaunen, mit welchem Begriffswirrwarr der strafrechtliche Einkommensbegriff bis heute kommentiert wird. Dabei scheint über seinen materiellen Inhalt weitgehend Einverständnis zu herrschen. 1100 Dies könnte auch der Grund dafür sein, daß die wesentlichen Entscheidungen sowie die grundlegenden Veröffentlichungen zum Inhalt des strafrechtlichen Einkommensbegriffs nahezu sämtlich aus den Jahren 1975 bis 1977 stammen und dadurch zum Ausdruck bringen, daß sich in vergleichsweiser kurzer Zeit eine ziemlich einhellige Meinung zum Begriff des Nettoeinkommens gem. § 40 II StGB gebildet hat, der einer weiterführenden Kommentierung nicht bedarf, obgleich die Einführung der Geldstrafe auf der Grundlage des Nettoeinkommensprinzips im 1097 Vgl. unten Kap. E I I 4.

1098 BGHSt 27, 70 (73); BayObLGSt 1975, 57 (58). 1099 BT-Drucks. 4/650, 170; Sch/Sch-Stree, § 40, RN 6. 1100 LK-Tröndle, § 40, RN 23, Fußn. 52.

IV. Der strafrechtliche Einkommensbegriff

251

Jahre 1975 nach vorangegangener beherzter und rechtspolitisch bedeutsamer gesetzgeberischer Entscheidung, kurzfristige Freiheitsstrafen drastisch einzuschränken und der Geldstrafe den Vorrang einzuräumen, die gesamte Geldstrafenregelung auf eine völlig neue Grundlage stellte. 1101 Der Umstand, daß neuere Entscheidungen zum Nettoeinkommen und zur Tagessatzhöhe sich fast ausschließlich mit der reformatio in peius bei späterer Zusammenfassung einer bereits verhängten Geldeinzelstrafe zu einer Gesamtstrafe befassen, 1102 nicht aber mehr zu den Strukturelementen des Nettoeinkommens selbst Stellung nehmen, könnte allerdings auch Indiz einer möglichen Kapitulation der Judikatur vor dem Grundsatz des nemo tenetur se ipsum prodere sein, 1103 da der Tatrichter bei der Ermittlung des Nettoeinkommens letztlich, wenn er nicht von der Möglichkeit der Schätzung des Nettoeinkommens gem. § 40 I I I StGB Gebrauch machen will, auf die Aussagen des Täters angewiesen ist, die wohl in aller Regel eher sehr zurückhaltend ausfallen dürften. Es widerspricht ja wohl auch jedweder ökonomischer Verhaltensweise [und wer wollte leugnen, daß diese auch im Alltag strafrechtlicher Entscheidungen angemessene Beachtung findet], sich auch im Einzelfall unter Einsatz im Zweifel nicht unerheblicher wissenschaftstheoretischer Energie und feinsinniger Akribie um eine exakte inhaltliche Bestimmung der Strukturelemente des strafrechtlichen Nettoeinkommens zu bemühen, während andererseits bei der konkreten Anwendung der solchermaßen gewonnenen Erkenntnisse mit dem groben Raster pragmatischer Notwendigkeiten, aufbauend auf den freiwilligen Aussagen des Delinquenten, eine Strafe bestimmt wird, deren Wirkung nicht zuletzt abhängig ist von den nur mit erheblichem Aufwand feststellbaren wirtschaftlichen Verhältnissen des Täters. Dies dürfte dazu führen, daß in den Fällen, in denen die Einkommensstruktur des Täters vergleichbar schlicht ist, weil er nur über Leistungen der Sozialhilfe oder nur über Bezüge aus einem Beschäftigungsverhältnis verfügt und er auch ansonsten in leicht überschaubaren persönlichen Verhältnissen lebt, das vom Tatrichter angesetzte Nettoeinkommen dem tatsächlich erzielten Nettoeinkommen auch entspricht. Dagegen wird in den Fällen, in denen ein Delinquent als Folge seiner wirtschaftlichen Potenz die gesamte Bandbreite denkbarer Möglichkeiten zur Einkommenserzielung ausnutzt, das vom Tatrichter angenommene Nettoeinkommen mehr oder weniger deutlich hinter dem tatsächlich bestehenden Nettoeinkommen zurückbleibt, 1104 da in aller Regel durch den Tatrichter nur unzureichende Ermittlungen über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters angestellt werden, 1105 zumal der Gesetzgeber sich auch nicht entschließen konnte, noi Meyer-Fragen, 274 f. 1102 BGHSt 30, 93 (97); 28, 360 (362). 1103 Zu den Aussagepflichten und -rechten eines Angeklagten bei der Ermittlung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse: Krehl, 122 ff. 1104 Schöch, 171; Grebing-Probleme, 1097 ff.; Fleischer, 189 ff. nos Jescheck-Bedeutung, 152.

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C. Der Einkommensbegriff in öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

dem Informationsbedarf des Tatrichters durch eine gesetzlich geregelte Amtshilfe der Finanzbehörden abzuhelfen. 1106 Zusammenfassend läßt sich somit feststellen, daß vom gedanklichen Ansatz her das Nettoeinkommen des Strafrechts ein durchaus geeigneter Indikator zur Messung der ökonomischen Leistungsfähigkeit eines Delinquenten ist, da es darauf ausgerichtet ist, grundsätzlich alle Vermögenswerten Zugänge zu erfassen, soweit sie bei der Ermittlung eines durchschnittlichen Nettoeinkommens Leistungsfähigkeit repräsentieren. Offenkundig bestehen jedoch zwischen dem von Literatur und Rechtsprechung ausgefüllten Inhalt des strafrechtlichen Einkommensbegriffs und der Handhabung durch den Tatrichter in der Praxis nicht unerhebliche Abweichungen, da mangels ausreichender Informationen über die tatsächliche Höhe des Einkommens die Fälle der Schätzung weitaus höher sind, als dies nach außen erkennbar ist und selbst bei der Schätzung nicht so sehr die Elemente des Einkommens geschätzt werden, sondern unmittelbar der Tagessatz.1107 Dennoch wird es abgelehnt, den Informationsmangel des Tatrichters zu lindern durch eine Zugriffsmöglichkeit auf die Steuerakten des Täters. Sofern diese Ablehnung damit begründet wird, daß eine Einsicht in die Steuerakten des Täters einen unverhältnismäßigen Eingriff in seine Rechte und seine persönliche Sphäre darstellen, 1108 ist dem entgegenzuhalten, daß „im Strafprozeß sogar Tatsachen der Intimssphäre erforscht werden, an deren Geheimhaltung der Angeklagte das allergrößte Interesse hat, so daß nicht einzusehen ist, warum die finanzielle Seite geschützt werden sollte." 1109 Wird die Ablehung jedoch damit begründet, daß das im Strafrecht maßgebliche Nettoeinkommen eben ein strafrechtlicher und nicht ein steuerrechtlicher Begriff sei, der steuerliche Zugriff auf Einkommen und Vermögen zudem erheblich hinter dem strafrechtlichen Zugriff zurück bleibe, 1110 und im Einkommensteuerrecht die Leistungsfähigkeit des Betroffenen „mehr verschleiert als offengelegt wird", 1 1 1 1 so ist die hiermit verbundene Aussage über die Insuffiziens des steuer1106 So sollte § 131 II StPO in der Fassung des Art. 19 Nr. 51 des Entwurfs eines EGStGB folgenden Wortlaut haben: „Die Finanzbehörden erteilen den Gerichten und Staatsanwaltschaften auf deren Ersuchen Auskünfte über die ihnen bekannten wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten, die für die Bemessung der Geldstrafe von Bedeutung sind. Um eine solche Auskunft soll nur ersucht werden, wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters sonst nicht hinreichend geklärt werden können;" BT-Drucks. 7/ 550,43. Die Einführung des § 131 II StPO scheiterte an der Ablehnung des Bundesrates, BT-Drucks. 7/1261,28. Für eine Auskunftspflicht haben sich ausgesprochen: Horstkotte, H., 88: Baumann, J., 738; Seib, 109; Schöch, 171 f.; dagegen: Zipf-Neuregelung, 528; Tröndle-Geldstrafe, 590 f.; LK-Tröndle, § 40, RN 67; zusammenfassend: Ising, 14 ff.; BrandisGeldstrafe, 189 ff. no? Fleischer, 219. nos So Diemer-Nicolaus und Schafheutie, in: Prot. V, 260 f.; LK-Tröndle, § 40, RN 67. 1109 Baumann u. Α., 95; ähnlich Penner, in: Prot. VII, 1071. mo LK-Tröndle,§ 40, RN 67. im Rösch, in: Niedersehr. GrStrafRKomm., Bd. 1, 380.

IV. Der strafrechtliche Einkommensbegriff

253

rechtlichen Einkommensbegriffs zutreffend. Die daraus zu ziehende Forderung kann dann jedoch nicht lauten, die Heranziehung des steuerlichen Einkommens wegen Untauglichkeit abzulehnen, vielmehr muß gefordert werden, endlich den steuerrechtlichen Einkommensbegriff zu einem tauglichen Indikator wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit zu machen, um ihn dann auch für das Strafrecht nutzbar zu machen.

D. Die Notwendigkeit einer einheitlichen Normierung des Einkommensbegriffs in den öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen Die bisherigen Ausführungen haben gezeigt, daß die sich als ein continuum darstellenden Eingriffe der öffentlichen Gewalt in die ökonomischen Grundlagen privater Haushalte einerseits als Abschöpfung ökonomischer Leistungsfähigekeit durch das Auferlegen von Steuern und Strafen und andererseits als Gewährung ökonomischer Leistungsfähigkeit durch Hingabe von Transferleistungen und Subventionen keinesweges den Anspruch erheben können, tatsächlich zielgerichtete Folge der Anwendung einer einheitlichen Handlungsmaxime zu sein. Vielmehr zeigt die Bestandsaufnahme das beklagenswerte Bild einer totalen Zersplitterung und divergierenden Ausgestaltung der Umverteilungsinstrumente. 1 Dies muß erstaunen, wird doch an keiner Stelle eine nachvollziehbare Begründung dafür gegeben, warum die zwischen privatem und öffentlichem Sektor fließenden finanziellen Mittel, zumindest soweit sie sich des Einkommens als eines Tatbestandsmerkmals bedienen, an dem das Gesetz die Leistungspflicht knüpft, so unkoordiniert fließen. Die allenthalben von Rechtsprechung und Literatur zu den einzelnen außersteuerlichen Einkommensbegriffen betont hervorgehobenen Hinweise, daß der jeweilige Einkommensbegriff ein Begriff sui generis sei, zumindest aber kein steuerrechtlicher, ist keine hinreichende Begründung für fehlende Koordination, sondern nur ein Indiz dafür, daß die Vielfalt systemfremder Einflüsse die im steuerlichen Einkommensbegriff zum Ausdruck kommen sollende Leistungsfähigkeit in einem Maße verfälscht hat, daß das Bestreben der jeweiligen Gesetzgeber verständlich wird, von der steuerrechtlichen Bezugsgröße weitgehend abzurücken und eigene Einkommensbegriffe zu definieren. 2 Nicht beantwortet wird dagegen die Frage, warum denn der steuerrechtliche Einkommensbegriff so insuffizient geworden ist, daß er als Indikator ökonomischer Leistungsfähigkeit für die übrigen öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnisse unbrauchbar geworden ist, ganz abgesehen davon, daß die Mehrzahl der mit ihrer Eigenständigkeit geradezu kokettierenden Einkommensbegriffe es mit ihrem Verhältnis zur Leistungsfähigkeit nicht viel anders treiben als das Steuerrecht. Nicht einmal innerhalb des Gebietes des Sozialrechts ist es möglich gewesen, einen sozialrechtlichen Einkommensbegriff im Sinne einer einheitlichen Begriffsidentifikation zu ι Kirchhof, 109, der darauf hinweist, daß Steuerrecht und Leistungsrecht nicht von einem identischen verfassungsrechtlichen Umverteilungskonzept angeleitet werden; Almsick, 24; zur Umverteilung durch staatliche Aktivitäten: Möllmann, 7 ff. 2 Giloy-Einkommen, 113.

D. Die Notwendigkeit einer Normierung des Einkommensbegriffs

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schaffen, vielmehr hat ein inhärenter Perfektionsdrang 3 zu einem „Chaos" von Einkommensabgrenzungen geführt. 4 Die Folge der zersplitterten und divergierenden Ausgestaltung der Umverteilungsinstrumente ist, daß sowohl das Einkommensteuerrecht als auch die einzelnen und nicht aufeinander abgestimmten Leistungsgesetze einen weder vom Fachmann noch erst recht vom Steuerpflichtigen bzw. Anspruchsberechtigten überschaubaren Rechtszustand geschaffen haben,5 der zutreffend wohl nur als „Begriffschaos" 6 bezeichnet werden kann. Dabei sollte der Vorwurf fehlender Begriffszucht nicht als Attitüde ästhetischer Empfindsamtkeit disqualifiziert werden, ist doch eine klare und eindeutige Begriffswahl das Zeichen sorgfältiger Gedankenführung und, soweit sich diese Gedankenführung mit rechtlichen und gesetzgeberischen Fragen beschäftigt, Voraussetzung für die Verwirklichung sozialer Gerechtigkeit. Die fehlende ausreichende Analyse der Einkommensverteilung als Folge staatlichen Eingriffsverhaltens mit dem daraus nahezu zwangsläufigen Fehlen einer konsistenten Politik zur Einkommensverteilung, 7 die Unkenntnis darüber, in welchem Umfang ein Haushalt aufgrund der Höhe seines Leistungseinkommens, seiner Haushaltsgröße und anderer sozialer Tatbestände durch staatliche Eingriffe bei der Einkommensverteilung begünstigt oder belastet wird, 8 führen infolge staatlichen Regelaktivismusses zur Schaffung immer neuer Leistungsnormen und kasuistischer Verfeinerungen des Regelungsnetzes. Offensichtlich soll dadurch erreicht werden, daß auch der letzte Fall, die gerade noch vorstellbare Situation normativ geregelt ist, ohne daß allerdings bestehende Gesetze und Regelungen sowie ihre wechselseitigen Interdependenzen hinreichend berücksichtigt werden. 9 Eine simultane Berücksichtigung derartiger wechselseitiger Interdependenzen bei der rechtlichen Gestaltung der Eingriffe öffentlicher Gewalt in die ökonomischen Grundlagen der Individuen ist jedoch erforderlich, sollen diese Eingriffe widerspruchsfrei und realitätsbezogen, dabei gleichzeitig verständlich für den Bürger und praktikabel für die ausführende Verwaltung sein. 10 Die Erfüllung dieser Bedingungen ist Voraussetzung dafür, beim Bürger eine Hemmschwelle für die Inanspruchnahme staatlicher Leistungen gar nicht erst entstehen zu lassen und seine Einsicht in die Notwendigkeit zu stärken, die ihm auferlegten Pflichten auch zu erfüllen. Gleiches gilt auch für die Verwaltung, da Gesetze, die aufgrund ihrer Widersprüchlichkeit und Realitätsferne die Vollzugskapazität der Verwal3

Friderichs, 119. Bogs u. A.„ 344. 5 Venturini, 151. 6 Zeppemick, 71. 7 Zeppernick, 9; Albers-Umverteilung, 598. s Metze, 15 f. 9 Venturini, 152. 10 Birk, D., 226. 4

256

D. Die Notwendigkeit einer Normierung des Einkommensbegriffs

tung übersteigen, auch die loyalste Behörde dazu zwingen, die zu beachtenden Vorschriften zum Teil entweder überhaupt nicht anzuwenden oder das überzogene Normenprogramm auf das praktisch Mögliche zu reduzieren, 11 so daß immer größere Teile von Gesetz und Recht „versickern". 12 Die Forderung nach simultaner Berücksichtigung wechselseitiger Interdependenzen staatlichen Eingriffsverhaltens ist nicht nur eine akademisch theoretische, sondern wird unterstützt auch durch die Realität des individuellen Strebens der von dem staatlichen Eingriffsverhalten unmittelbar Betroffenen, beschränkt sich doch dieses Streben nicht auf die Einkommenserzielung im Sinne eines Bruttoleistungseinkommens. Vielmehr ist es ausgerichtet auf ein für die Einkommensverwendung einsetzbares Gesamteinkommen, das sich zusammensetzt aus marktmäßigem, also Leistungseinkommen und aus staatlichem Einkommen, wobei die Teileinkommen keineswegs isoliert nebeneinander stehen. 13Dieses verfügbare Einkommen als Folge staatlicher Eingriffe ist sowohl abhängig von der Höhe zu zahlender Einkommensteuer, die wiederum abhängig ist sowohl von Art und Höhe des Leistungseinkommens als auch von Art und Höhe [steuerfreier oder steuerpflichtiger] empfangener Subventionen und auch von Art und Höhe erhaltener Sozialleistungen, die ihrerseits wiederum über das Tatbestandsmerkmal „Einkommen" durch Art und Höhe des Leistungseinkommens und durch anrechnungspflichtige als auch anrechnungsfreie staatliche Leistungen beeinflußt werden. 14 Zusätzlich stülpt sich in besonderen Fällen über dieses mycelartige Geflecht von Interdependenzen der Strafanspruch des Staates bei Verhängung einer Geldstrafe, deren Höhe eben nicht nur [und dies auch noch gewollt] vom Unrecht der Tat und vom Ausmaß der Schuld des Täters abhängig ist, sondern auch von Art und Höhe des Einkommens des Delinquenten. Die Notwendigkeit einer „konzertierten Aktion" staatlichen Handelns wird allein schon bei der Realisierung seines strafrechtlichen Sanktionsanspruchs durch Ausspruch einer Geldstrafe überdeutlich, nimmt doch in vielen Fällen der Staat zu Recht durch die einkommensabhängige Geldstrafe weg, was er als Einkommen durch wiederum einkommensabhängige [Sozial-]Leistungen gerade erst gewährt hat. Führt aber bereits in diesem besonderen Teilbereich allein ein unterschiedlicher, weil unabgestimmter Inhalt des Begriffs „Einkommen" zu zumindest unerwünschten Friktionen, dann muß ein unkoordiniertes Verhalten im Gesamtverbund aller das verfügbare Einkommen beeinflussenden Maßnahmen erst recht zu Widersprüchlichkeiten führen, deren negative Auswirkungen nicht dadurch gemindert werden, daß sie mit dem Attribut „ungewollt" belegt werden. Eine Abstimmung der Einkommensbegriffe ist darüber hinaus auch rechtssystematisch geboten, da ansonsten Steuer-, Soziallei11

Isensee, 141. 12 Wagener, 802. 13 Zeppemick, 16; Zeppemick, R., 435; zu den Wirkungen des Progressionsvorbehalts gem. § 32b EStG auf das Sozialhilfeexistenzminimum vgl. Prinz, 113 ff. 14 Pfähler, 89 f.

D. Die Notwendigkeit einer Normierung des E i n k o m m e n s b e g r i f f s 2 5 7

stungs- und Sanktionsgerechtigkeit unkoordiniert nebeneinander stehen und den Bürger mit Teilgerechtigkeiten abspeisen.15 So kann ζ. B. als Folge der angestrebten Gleichstellung der Alterssicherung der Angestellten im öffentlichen Dienst mit derjenigen der Beamten die Nettorente eines Angestellten, die de facto steuerfrei ist und fast 75 % des letzten Bruttoeinkommens ausmacht, infolge gestiegener Sozialversicherungsbeiträge und inflationsbedingter überproportionaler Belastung mit Einkommensteuern über das vorher erzielte Netto-Arbeitseinkommen des Angestellten liegen, so daß es im Hinblick auf verständliche Einkommensmaximierungsüberlegungen nicht sinnvoll ist, länger zu arbeiten, da durch Nichtarbeit ein höheres verwendbares Einkommen erzielt werden kann. Gleiches gilt für die Beihilfebestimmungen im Krankheitsfall, nach denen es möglich ist, Krankheitskosten mit über 100% zu versichern, so daß hier eine Einkommensmaximierungsstrategie möglichst hohe Kosten der Genesung und der Rekonvaleszenz zu produzieren empfiehlt, um hierdurch ein zusätzliches und auch noch steuerfreies Nettoeinkommen zu realisieren. 16 Die real vorhandene „Elephantiasis" 17 im Bereich der staatlichen Eingriffe in die ökonomischen Grundlagen seiner Bürger kann wohl kaum mehr durch einzelne institutionelle Vorkehrungen geheilt werden; jedoch ist diese Einsicht nicht mit der Hoffnung gepaart, daß in absehbarer Zeit die dringend erforderliche Gesundung an Haupt und Gliedern eintreten wird. In jüngster Vergangenheit ist diese Problematik deutlich geworden in der Diskussion über die Steuerreform, bei der es unter anderem auch um die Frage ging, ob und in welchem Umfang es notwendig sei, zur Kompensation des gewollten Einkommensteuerausfalls Verkehrssteuern, insbesondere die Mehrwertsteuer, anzuheben. Voraussetzung für eine sachgerechte Entscheidung wäre eine quantitative Analyse über die Wirkungen der Verbrauchssteuern auf die Einkommensverteilung. Statt dessen wurde allein auf das zu finanzierende Defizit abgestellt und die Deckung einer für möglich gehaltenen oder auch nur behaupteten Finanzierungslücke durch pauschale Erhöhung einer oder mehrerer Verbrauchssteuern erörtert. Auswirkungen auch auf das Transfersystem, die darauf zurückzuführen sind, daß es um so notwendiger ist, die direkten Steuern nach Einkommenshöhe und / oder Haushaltsgröße zu differenzieren bzw. direkte Transferleistungen zu gewähren, je höher die Besteuerung des Verbrauchs durch indirekte Steuern ist, 18 wurden dabei nicht beachtet.19 15 Franz, 17. 16 Zeppemick, 94 f. 17 Isensee, 143. is Metze, 17. i9 Auf die Notwendigkeit, diese Auswirkungen zu beachten, wies Frantz bereits im Jahre 1881 hin: „Je mehr die indirekten Steuern prävalieren, um so mehr verschwindet von vornherein die Möglichkeit, nur überhaupt den Gedanken zu fassen, daß das Steuer17 Burger

D. Die Notwendigkeit einer Normierung des Einkommensbegriffs

Wenn darüber hinaus die eigentlichen Zielgruppen der Steuerreform die vergleichsweise leicht noch rechenbaren Entlastungen angeblich oder tatsächlich nicht nachvollziehen konnten und können, so daß der Wert einer solchen Reform überhaupt in Frage gestellt wird, ist dies auch ein Indiz dafür, daß die Summe persönlicher und familienspezifischer Begünstigungen nicht ausreichend bekannt ist. 20 Unzutreffende Vorstellungen über die eigene Verteilungssituation führt jedoch nicht nur zur eigenen Unzufriedenheit und zu falschen Vorstellungen über die Einkommenssituation der jeweils anderen Gruppe, vielmehr enden anonym geführte Verteilungskämpfe auch über in Einkommensvergleichen nicht oder unvollständig erfaßte staatliche Einkommen für alle beteiligten Gruppen mit einem negativen Ergebnis. 21 Wenn es auch nicht Aufgabe dieser Untersuchung sein kann, ein geschlossenes, die distributiven Interdependenzen beachtendes Steuer- und Transfersystem zu erarbeiten, 22 so kann doch über die Notwendigkeit eines derartigen Konzepts kein Zweifel mehr bestehen, sind doch Fragen der Einkommensverteilung immer auch Fragen der Verteilungsgerechtigkeit, die umsomehr an Bedeutung gewinnen, je weniger infolge reduzierter oder gar negativer Wachstumsraten des Sozialprodukts bestehende strukturelle Verteilungsungleichgewichte kaschiert werden können durch Einkommenssteigerungen infolge Anteilnahme am hinreichend dimensionierten Wirtschaftswachstum. 23 Darüber hinaus werden die Schwierigkeiten, Fehlentwicklungen eines Gesamtsystems zu korrigieren, umso größer, je länger mit der Fehlerbehebung gewartet wird, „denn charakteristisch für interdependente Phänomene ist, daß die Zahl der gegenseitigen Abhängigkeiten nicht arithmetisch, sondern in einer geometrischen Reihe wächst. Sofern, wie bisher, bestehenden Gesetzen immer nur neue hinzugefügt werden, ohne die Interdependenzen mit bereits bestehenden Gesetzen ausreichend zu berücksichtigen, werden die Schwierigkeiten bei der eines Tages notwendigen Lösung dieser Probleme um ein vielfaches verschärft." 24 Wesentlicher Bestandteil eines derartigen simultan erstellten, die wechselseitigen Interdependenzen erfassenden Steuer- und Transfer-Systems ist ein einheitliwesen neben seinemfiskalischen Zweck doch zugleich auch eine sociale Aufgabe haben möchte, weil in letzter Hinsicht allein die directen Steuern wirken können. In das ganze Finanzwesen zieht ein banausischer Geist ein, sobald es einmal dahin gekommen ist, daß die Hauptfrage zu sein scheint: was etwa an Tabak und Getränken, an Zucker, Kaffee u. s. w. noch mehr zu lukriren sei." Frantz, 167 f. 20 Almsick, 270. 21 Wiss. Beirat BMFI-Gutachten, 8. 22 Zu den bisher gemachten Vorschlägen: Kausemann, 141 ff. 23 Zeppemick, 101. 24 Zeppemick, 108; dieses Zitat datiert aus dem Jahre 1976 und hat auch heute noch unveränderte Gültigkeit. Aus der Tatsache, daß sich bis heute nichts geändert hat, muß wohl geschlossen werden, daß es auch weiterhin an der politischen Stärke fehlen wird, aus erkannten Fehlem der Vergangenheit sachgerechte Konsequenzen für die Zukunft zu ziehen.

D. Die Notwendigkeit einer Normierung des Einkommensbegriffs

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eher Einkommensbegriff, der durchgängig in allen Teilbereichen anwendbar ist und ein darauf aufbauendes System integrierter Einkommensgrenzen als Auslösungsinitiator für die staatlichen Eingriffe in die ökonomischen Grundlagen seiner Bürger.

17*

E. Das Konzept eines einheitlichen Einkommensbegriffs für die öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnisse und eines Systems integrierter Einkommensgrenzen Die bewußt ausführliche Darstellung der je verwendeten Einkommensbegriffe in den einzelnen öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen hat zweierlei gezeigt: Zum einen weichen die einzelnen Einkommensbegriffe als tatbestandliche Bemessungsgrundlage für staatliche Eingriffe in die ökonomischen Grundlagen privater Individuen zum überwiegenden Teil erheblich voneinander ab, zum anderen besteht bei aller Heterogenität ein grundsätzlicher Konsens hinsichtlich dessen, wozu die einzelnen Einkommensbegriffe dienen sollen. Für alle Einkommensbegriffe gilt gleichermaßen, daß die Höhe des durch sie festgestellten Einkommens das Maß an ökonomischer Leistungsfähigkeit bestimmt, die bei dem Vergleich mit den einzelgesetzlichen Einkommensgrenzen entweder für hoch genug angesehen wird, durch Zahlung von Einkommensteuern einen leistungsfähigkeitsadäquaten Beitrag zur Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs zu erbringen oder für auffüllungsbedürftig durch staatliche Transferleistungen. Durch diese Aussage wird gleichzeitig verdeutlicht, daß es keine wie auch immer zu differenzierende Leistungsfähigkeit weder für einzelne Sozialgesetze, noch für das Strafrecht oder für das Steuerrecht gibt. Leistungsfähigkeit in dem hier und so auch von den öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen verstandenen Sinne ist sowohl teilbereichs als auch gruppenspezifisch neutral, ist Tatbestand bloßen wirtschaftlichen Erfolges, der nicht die Ursachen und damit auch nicht die Legitimität dieses Erfolges zum Ausdruck bringt. Wird aber in allen öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen Leistungsfähigkeit im Sinne von ökonomischer Leistungsfähigkeit gleichermaßen interpretiert und wird zur Messung dieser Leistungsfähigkeit das Einkommen herangezogen, dann muß ein Einkommensbegriff, der sich streng am Leistungsfähigkeitsprinzip orientiert, ein für alle öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnisse gleichermaßen zutreffendes Tatbestandsmerkmal sein. Dabei orientiert sich ein Einkommensbegriff dann streng am Leistungsfähigkeitsprinzip, wenn er alle Nettoveränderungen der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über Güter einschließt, die einem Wirtschaftssubjekt innerhalb einer Periode zufließen und über die es verfügen kann, ohne daß auf eventuell vorhandenes Vermögen oder auf Kredite zurückgegriffen wird. Ein derartig bestimmter Einkommensbegriff gewährleistet, daß Steuern vom Einkommen nur diejenigen leisten, die sie auch leisten können, dann allerdings unter Berücksichtigung ihrer tatsächlichen Leistungsfähigkeit in toto, und daß Sozialtransfers nur denjenigen zufließen, die sie tatsächlich benötigen oder

E. Das Konzept eines einheitlichen Einkommensbegiffs

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zumindest erhalten sollen. Damit wird ein derartiger und weiter Einkommensbegriff zu einem argumentativen Ausgangspunkt, der Abweichungen begründungspflichtig macht und zu einer Rationalisierung der mit einer Einkommensbegriffsbestimmung immer verbundenen Gerechtigkeitsdiskussion führt. 1 Die saubere Ausrichtung des Einkommensbegriffs am Grundsatz der Leistungsfähigkeit vermeidet grundsätzlich auch die Gefahr, daß Einkommen und Einkommensgrenze unzulässig miteinander vermischt werden, wie am Beispiel des Steuerrechts dargestellt werden kann. Unstreitig ist, daß nur verfügbares Einkommen für eine Steuerleistung herangezogen werden kann. Somit sind Ausgaben sowohl für den eigenen, die Existenz erhaltenden Lebensunterhalt als auch für den Lebensunterhalt unterhaltsberechtigter Familienangehöriger von Einkommensteuerleistungen freizuhalten, da sonst durch eine Leistung an den Staat die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen soweit gemindert werden kann, daß er gleichzeitig einen Anspruch auf Sozialtransfer erlangt. Dabei kann die Freistellung von der Steuer entweder durch Gewährung eines Freibetrages erfolgen, d. h. durch rechentechnische Verminderung des Einkommens durch Einkommensverwendungen oder durch eine entsprechende Erhöhung der Einkommensgrenze, ab der die Steuerpflicht einsetzen soll. Da auch Ausgaben für den existenziellen Lebensunterhalt Einkommensverwendungen sind, kann ihre Berücksichtigung sachgerecht nur durch eine entsprechende Einkommensgrenze erfolgen, da Einkommensverwendungen weder über den Umweg von Freibeträgen noch durch die Anerkennung tatsächlicher Ausgaben als Sonderausgaben oder als außergewöhnliche Belastungen zu Quasi-Strukturelementen des Einkommens fingiert werden dürfen. Diese Bestrebung, das Einkommen unter Mißachtung des Leistungsfähigkeitsprinzips durch Einkommensverwendungsposten zu mindern, anstatt die jeweilige Einkommensgrenze zu erhöhen, findet sich nicht nur im Einkommensteuerrecht, sondern auch in den Leistungsgesetzen des Sozialrechts. Dabei soll die Schwierigkeit, die darin liegt, daß Einkommensgrenzen einen generalisierenden Charakter haben und die individuelle Situation des Einzelnen nur unvollkommen berücksichtigen können, nicht verkannt werden. Neben der Vermeidung von Vermischungen von Einkommenshöhe und Einkommensgrenze sind die Einkommensgrenzen der öffentlichrechtlichen Schuldverhältnisse selbst so festzulegen, daß nicht infolge kumulierender Einkommensgrenzen innerhalb des Sozialrechts, die darüber hinaus auch nicht gegenüber den steuerrechtlichen Einkommensgrenzen abgestimmt sind, das verfügbare Einkommen eines Haushalts, der infolge seiner Einkommenshöhe Sozialleistungen zu empfangen nicht mehr berechtigt ist, niedriger ist als das verfügbare Einkommen eines Haushalts, der zwar über ein niedrigereres Leistungseinkommen verfügt, dessen Leistungsfähigkeit jedoch durch staatliche Umverteilungsprozesse über ι Walz-Steuergerechtigkeit, 168.

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E. Das Konzept eines einheitlichen Einkommensbegiffs

das Niveau des besser verdienenden Haushalts hinaus angehoben wird. 2 Somit sind die jeweiligen Einkommensgrenzen so festzulegen, daß derartige „Schwellenphänomene"3 infolge unverhältnismäßig hoher Marginalbelastungen durch plötzlichen und vollständigen Wegfalls eines oder mehrerer Transfers bei Überschreiten bestimmter Einkommensgrenzen 4 und prohibitive marginale SteuerTransfersätze vermieden werden, da sie mit einer rationalen Verteilungspolitik nicht zu vereinbaren sind.5

I. Das Einkommen 1. Die Ausgangssituation im Vergleich Für jeden staatlichen Eingriff in die ökonomischen Grundlagen seiner Bürger, sei es als leistungsfähigkeits-abschöpfender Eingriff durch die Erhebung von Einkommensteuern und die Verhängung von Geldstrafen oder als leistungsfähigkeits-erhöhender Eingriff durch die Gewährung von Sozialtransfers, ist isoliert ein unterschiedlicher und maßnahmespezifischer Einkommensbegriff entwickelt worden. Dabei bestehen bereits bei den Ausgangsgrößen für die verschiedenen Einkommensbegriffe erhebliche Unterschiede, die auch durch nachfolgende differenzierende Ergänzungen entsprechend dem Verständnis vom Inhalt und Umfang der einzelnen Einkommen in aller Regel nicht vermindert werden. Durch Erhöhungen und Reduzierungen, die zum Teil im Gesetz selbst, zum Teil aber auch nur in Ausführungsverordnungen oder Verwaltungsvorschriften enthalten sind, werden die Ausgangsgrößen zum maßnahmespezifischen Einkommensbegriff fortgeschrieben, ohne daß diesen Fortschreibungen ein geschlossenes Konzept zugrunde liegt. So wird im Einkommensteuergesetz die bereits die Leistungsfähigkeit nur eingeschränkt wiedergebende Ausgangsbasis „Summe der Einkünfte aus den Einkunftsarten", wenn von der besonderen Situation des nachzuversteuernden Betrages gem. § 10 a EStG, der von einem Dritten bewirkte Leistung auf die Vermögensabgabe gem. § 211 I Nr. 1 LAG und des Hinzurechnungsbetrages gem. § 2 I 3 AuslInvG abgesehen wird, die Ausgangsbasis nur mehr weiter reduziert. Dagegen erfolgen die für notwendig gehaltenen Korrekturen bei den Leistungsgesetzen, die dem außersteuerlichen Bruttoeinnahmeprinzip folgen, sowohl durch Privilegierung einer in aller Regel Vielzahl von Einnahmearten, die, obgleich sie unstreitig Leistungsfähigkeit repräsentieren, aus den unterschiedlichsten gesetzgeberischen Gründen ausgeklammert werden, als auch durch Kürzun2 Zeppernick, R., 443 und Tabelle S. 460; Friderichs, 119 f. 3 Kausemann, 52. 4 Karrenberg u. Α., 59. 5 Zeppemick-Effekt, 443.

I. Das Einkommen

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gen der Einnahmen um die auf das Einkommen entfallenden Steuern sowie durch Ausgaben für [Sozial-] Versicherungsbeiträge und der Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Anders wiederum die Einkommensermittlungsverfahren, die von einer steuerrechtlichen Bemessungsgrundlage ausgehen. Diese versuchen, durch Hinzurechnungen von Einnahmearten, die kraft Gesetzesvorschrift in der steuerlichen Ausgangsbasis nicht enthalten sind, obgleich sie Leistungsfähigkeit indizieren, die fehlerhafte Ausgangsbasis zu korrigieren. Dagegen stellt der strafrechtliche Nettoeinkommensbegriff von vornherein auf das nach Abzug von Steuern, Versicherungsbeiträgen und Ausgaben für die Erfüllung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen verbleibende Nettoeinkommen ab.

2. Einnahmen und Erträge als Basiselemente des Einkommens Bei der Darstellung der einzelnen Einkommensbegriffe mußte häufig darauf hingewiesen werden, daß der Gesetzgeber es neben materiellen Unzulänglichkeiten auch an gehöriger Begriffszucht hat fehlen lassen, so daß allein schon durch eine fehlerhafte Terminologie die Gefahr einer fehlerhaften Gesetzesanwendung heraufbeschworen wurde. Zu beachten ist deshalb, daß der Begriff „Einkommen" nun einmal eine Residualgröße ist, eine Nettogröße also, die übrig bleibt, wenn von den einem Empfänger zugeflossenen Einnahmen und Erträgen die mit ihnen in einem zu definierenden Zusammenhang stehenden Ausgaben und Aufwendungen abgezogen worden sind. Bei der Erarbeitung eines einheitlichen Einkommensbegriffs ist somit von den Strukturelementen auszugehen und zu beachten, daß auch der Begriff Einkommen zusammen mit seinen Spielarten Einkünfte, Gesamteinkommen, Brutto- und Nettoeinkommen nicht isoliert dasteht, sondern einzuordnen ist in eine Begriffshierarchie, werden doch dadurch begriffliche „Grenzverschiebungen" 6 vermieden und die Interdependenzen aufgezeigt, in denen die einzelnen Strukturelemente zueinander stehen.

a) Der Begriff der Einnahme Einnahmen umfassen die allen Einkommensbegriffen der öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnisse vorgelagerte Ausgangsgröße,7 ohne daß dieser Begriff in den jeweiligen gesetzlichen Vorschriften immer aufgenommen oder gar einheitlich definiert wäre. So bestimmt § 8 EStG, daß unter Einnahmen alle Güter zu verstehen sind, die in Geld oder Geldeswert bestehen und dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer der sieben Einkunftsarten zufließen und reserviert dadurch den Einnahmebegriff bestimmten Einkunftsaiten. Im Gegensatz hierzu ist in den 6 Eisenmann, 2. 7 „Zwischen der Größe der Roheinnahmen und der Reineinnahmen besteht bekanntlich keinerlei Proportionalität," so bereits Moll, 119.

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strafrechtlichen Vorschriften über das Nettoeinkommen als Grundlage für die Bestimmung des Tagessatzes der Einnahmebegriff überhaupt nicht existent, wohl mit ein Grund für das dort allenthalben herrschende Definitionsdurcheinander, während die Ausgangslage in den sozialrechtlichen Leistungsgesetzen uneinheitlich ist. So geht die wohngeldrechtliche Einkommensermittlung mit korrekter Begrifflichkeit gem. § 12 2. WoGG von der Summe der Einnahmen als der Grundlage des wohngeldrechtlichen Einkommensbegriffs aus, die sozialhilferechtliche Einkommensermittlung dagegen gem. § 76 BSHG gleich von allen Einkünften in Geld oder Geldeswert, zählt jedoch zu den Einkünften alle Einnahmen ohne Rücksicht auf Herkunft, Rechtsnatur und Steuerpflichtigkeit. Anders wiederum das Arbeitsförderungsgesetz, das zum Einkommen des Arbeitslosen alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert zählt. Daß die Leistungsgesetze, die bei ihrer Einkommensermittlung dem steuerlichen Nettoertragsprinzip folgen, den Begriff „Einnahmen" mit Mißachtung strafen, kann nicht weiter verwundern, setzen ihre Überlegungen doch erst dann ein, wenn bereits eine Nettogröße, nämlich die Summe der positiven Einkünfte, als Folge der Anwendung einkommensteuerrechtlicher Vorschriften festgestellt wurde. Aus diesem Grunde sind die Bemühungen, zu einem einheitlichen Einkommensbegriff zu gelangen durch eine Abgrenzung der Einkommenscharakter tragenden Einnahmen von anderen nicht, wie bereits Pigou zutreffend bemerkt hat, als Haarspalterei [„merely splitting hairs"] 8 abzutun, sondern Voraussetzung dafür, das nachgewiesene Begriffswirrwarr und eine rational nicht mehr nachvollziehbare unterschiedliche inhaltliche Zusammensetzung der einzelnen Einkommensbegriffe in den öffentlichrechtlichen Schuldverhältnissen zu klären.

b) Einnahmen als Indiz für vorhandene ökonomische Leistungsfähigkeit Ausgehend von der Zielsetzung, einen Einkommensbegriff zu bestimmen, der sich streng am Leistungsfähigkeitsprinzip orientiert und dadurch ein für alle öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnisse gleichermaßen zutreffendes Tatbestandsmerkmal ist und unter Berücksichtigung der Interdependenzen, daß das Einkommen im Sinne eines Gesamteinkommens sich zusammensetzt aus der Summe bestimmter Einkünfte, die ihrerseits resultieren aus der Saldierung von Einnahmen mit bestimmten Ausgaben, stellt sich die Frage, inwieweit sich die Leistungsfähigkeit des Beziehers eines Einkommens bereits in seinen Einnahmen widerspiegelt. Das Einkommen als übrigbleibende Restgröße eines Ausgleichsvorgangs von Einnahmen und Ausgaben ist eine Funktion sämtlicher Einnahmen, die nicht aus reinen Umschichtungen bereits vorhandenen Vermögens ohne Beteiligung am Leistungsaustauschprozeß des Marktes resultieren, aus Revalutierungen also wie 8 Pigou, A. C., 1.

I. Das Einkommen

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ζ. Β. die Abhebung vom eigenen Sparbuch oder die Rücknahme entliehenen Geldes,9 und solcher Ausgaben, die nicht Einkommensverwendungen sind. Nur derartige Ausgaben können überhaupt den Entstehungsprozeß des Einkommens beeinflussen. Die anderen je denkbaren Ausgaben sind dagegen an der Einkommensschaffung nicht beteiligt, mindern nur bereits geschaffenes Einkommen unabhängig davon, ob durch diese Ausgaben Vermögenswerte Gegenpositionen geschaffen werden oder nur nicht quantifizierbare Zufriedenheitsgefühle ohne vermögensrechtlichen Gegenwert. Während also die Berücksichtigungsfähigkeit von Ausgaben für die Einkommensermittlung unabhängig ist von ihrer Art, ihrer objektiv feststellbaren Erscheinungsform, sondern abhängig ist von der ihnen vom Ausgebenden zugewiesenen Zielsetzung und von dem zu erfüllenden Zweck, einer ihnen letztlich subjektiv zugewiesenen Finalität also, hängt die Berücksichtigungsfähigkeit der Einnahmen ausschließlich von der objektiv feststellbaren Eigenschaft ab, nicht Revalutierung zu sein. Dadurch ist jedoch der Grundsatz der Einkommensermittlung nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip nicht erst bei dem Ausgleichsvorgang von Einnahmen und Ausgaben zu beachten, vielmehr bereits bei der Bestimmung und Erfassung des für die Einkommensermittlung relevanten Ausgangswertes, da schon der Ausgangswert „Einnahmen" einen deutlichen Hinweis auf die Leistungsfähigkeit ihres Beziehers liefert. Ist der Bruttowert „Einnahmen" aber bereits ein Indiz für vorhandene ökonomische Leistungsfähigkeit, müssen grundsätzlich ausnahmslos alle Indizien gesammelt, alle Nichtrevalutierungs-Einnahmen erfaßt werden, da eine Vorabausklammerung bestimmter Einnahmearten die sichere Gewähr dafür wäre, daß das von der Erfassung der Einnahmen abhängige Einkommen die ökonomische Leistungsfähigkeit seines Beziehers nicht mehr vollständig indiziert. Dabei kann die Fülle denkbarer einkommensrelevanter Einnahmen strukturiert werden in solche, die entstanden sind als Folge einer entgeltlichen Verwertung von Gütern und Dienstleistungen, als Ergebnis der Teilnahme am Marktgeschehen durch Beteiligung an der Bildung des Sozialprodukts also, 10 sowie in Einnahmen, die dem Bezieher ohne Teilnahme am Marktgeschehen durch private Transfers in Form von Geschenken und Erbschaften, aber auch durch staatliche Transfers in Form von Sozialleistungen und Subventionen zugeflossen sind und schließlich in Einnahmen als Folge von privaten Vermögensveräußerungen zur Realisierung von eingetretenen Vermögenswertänderungen an privaten Vermögensteilen. Auch die Realisierung eingetretener Wertänderungen an privaten Vermögensteilen erfolgt grundsätzlich durch Beteiligung am Marktgeschehen, so daß die hierdurch verursachten Einnahmen der Gruppe der Leistungseinnahmen zugerechnet werden könnten. Sie sollen jedoch als separates Strukturelement erfaßt werden, da bei ihnen oft die in einer Erwerbsgrundlage dauernd verfestigte 9 Zur Schwierigkeit der Trennung zwischen Kapitalrückfluß und Kapitalertrag: AndelEinkommensteuer, 338. 10 Kirchhof / Söhn-Crezelius, § 8, RN A2; Ruppe, H. G., 16 u. 24 f.; Neumark-Probleme, 289.

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Verbundenheit mit dem Markt fehlt 11 und dadurch hinsichtlich der übrigen Leistungseinnahmen erhebliche und noch darzustellende Unterschiede und Besonderheiten vorliegen. bl ) Einnahmen als Ergebnis der Teilnahme am Marktgeschehen bla) In der Form von nominal fixierten Geldeinheiten Die wohl quantitativ bedeutendste Einnahmequelle stellen die Entgelte für die Beteiligung am Marktgeschehen dar, Leistungseinnahmen also für einen Beitrag zur Bildung des Sozialprodukts. 12 Sie sind in aller Regel das Ergebnis privatrechtlicher Rechtsbeziehungen als Gegenleistung für selbständige oder nichtselbständige Arbeit, für Vermietung und Verpachtung, für die Zurverfügungstellung von Kapitalvermögen 13 oder für das Überlassen von Güter und Dienstleistungen im Rahmen gewerblicher oder land- und forstwirtschaftlicher Tätigkeit. Insoweit sind die hierdurch bestimmten Einnahmen sowohl identisch mit den Einnahmen, die dem durch die Volkseinkommensrechnung beeinflußten wirtschaftlichen Einkommensbegriff zugrunde liegen als auch mit den Einnahmen des Steuerrechts gem. § 8 I EStG, diese allerdings unter Außerachtlassung der Reservierungsvorschrift für bestimmte Einkunftsaiten gem. § 812. HS EStG, die nicht zur Legaldefinition des Einnahmebegriffs zu zählen ist, sondern nur seinen Anwendungsbereich formuliert. 14 Zu den als Einnahmen zu erfassenden Gegenleistungen gehören auch einmalige Zahlungen im Sinne von Abfindungen, Sondervergütungen, Konventionalstrafen oder sonstigen Leistungen im Rahmen der Erledigung von Gewährleistungsansprüchen. Auch derartige Einmalzahlungen sind leistungsfähigkeitserhöhende Einnahmen, da sie als Abfindung das letzte Entgelt für einen bereits erbrachten π Kirchhof-Gutachten, F 27. ι 2 Andel-Einkommensteuer, 337. 13 Als Antwort auf die denkbare kritische Frage, worin denn die „Leistung" der Kapital- und Grundbesitzer bestehe, aus der sie ein Entgelt zu beanspruchen hätten, muß zugegeben werden, daß die Berechtigung zum Bezug von Zins und Grundrente zumindest nicht aus einer aktuellen Beteiligung an der Sozialproduktbildung hergeleitet werden kann. Auch der Rekurs auf frühere Arbeit des Kapital- bzw. Grundeigentümers ist weniger eine Erklärung als mehr der Versuch einer ethischen Rechtfertigung für den Zins- und Grundrentenbezug. Vielmehr läßt sich die Tatsache, daß die Einnahmen, die aus dem Einsatz von Kapital und Boden im Produktionsprozeß entstehen und daher diesen Produktionsfaktoren zuzurechnen sind, ihren Eigentümern zufließen, nur juristisch-soziologisch deuten mit dem Hinweis auf unsere Gesellschaftsordnung, die das Privateigentum an den Produktionsfaktoren Boden und Kapital zuläßt. Somit besteht die produktive „Leistung" der Kapital- und Grundeigentümer darin, daß sie ihre Produktionsmittel entweder selbst produktiv verwenden oder diese zeitweilig Dritten für eine solche Verwendung gegen ein Entgelt überlassen; Neumark-Probleme, 34 f.; nach Keynes ist der Zins „the reward for parting with liquidity", so daß bei Verzicht auf einen produktiven Einsatz, „if a man hoards his savings in cash," kein Zins anfällt; Keynes, 167. 14 Lademann/Lenski/Brockhoff, § 8, RN 4.

I. Das Einkommen

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Beitrag zur Bildung des Sozialprodukts sind, als Sondervergütung dagegen Entgelt für eine besondere Leistung, die üblicherweise gestellte oder zu stellende quantitative oder qualitative Anforderungen an eine Leistungserbringung in honorierungswürdiger Weise überschritten hat und als Schadensausgleichsleistung die durch ein schadenstiftendes Verhalten eingetretene Minderung der Leistungsfähigkeit wieder ausgleichen. Die namentlich in den sozialrechtlichen Leistungsgesetzen mit Hinweis auf ihre Zweckgebundenheit zum Ausgleich mit einem höheren Bedarf vorgenommene Privilegierung derartiger Einmaleinnahmen kann nicht befürwortet werden. In aller Regel ist die Höhe der Einnahmen und die Höhe der mit ihnen korrespondierenden Ausgaben oder Aufwendungen nicht gleich, so daß auch bei einem gedanklichen Vorabausgleich ein leistungsfähigkeitsindizierender und demzufolge zu erfassender Saldo übrigbleibt. Somit ist es konsequenter, gleich auf die einen derartigen Saldo bildenden Ausgangsgrößen abzustellen. Auch ein Hinweis auf die doch auch zu beachtenden Praktikabilität kann die Forderung nach einer strengen Beachtung des Bruttoeinnahmeprinzips nicht beeinträchtigen. In unserem Rechtssystem ist der Nachweis des eingetretenen Schadens und die für seine Beseitigung zu erwartenden Aufwendungen erforderlich, so daß das Bruttoeinnahmeprinzip nicht zu Mehraufwendungen führt, dagegen jedoch sicherstellt, durch einen umfassenden Einnahmebegriff jeden leistungsfähigkeits-indizierenden Entgeltzufluß zu erfassen. Die Besonderheit von Einmaleinnahmen liegt denn auch nicht so sehr in der häufig nur vorgeschobenen Notwendigkeit des Vorabausgleichs mit korrespondierenden Ausgaben, sondern vielmehr in einer sachgerechten, allerdings maßnahmespezifischen periodischen Abgrenzung. Eine Jubiläumszahlung als Sondervergütung oder eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes oder der Aufgabe einer Rechtsposition erhöht im Zeitpunkt der Einnahme die ökonomische Leistungsfähigkeit der Periode, für die die Leistungsfähigkeit ermittelt wird und in der der Einnahmezeitpunkt liegt. Für Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz ζ. B. muß daraus folgen, daß Sozialhilfe nicht erforderlich ist, wenn durch eine derartige Einmaleinnahme die Einkommensgrenze des Empfängers erreicht oder sogar überschritten wird, da zumindest für diese Periode der Empfänger über eine ausreichende eigene wirtschaftliche Leistungsfähigkeit verfügt. Die Notwendigkeit einer zeitlichen Abgrenzung dieser Einmaleinnahme stellt sich nicht, da in den vorangegangenen Perioden entweder ein Anspruch auf Leistung nach dem BSHG bestand, der dann auch durch entsprechende Leistungen befriedigt wurde oder eine ausreichende eigene Leistungsfähigkeit gegeben war, und in den nachfolgenden Perioden bei fehlender eigener Leistungsfähigkeit eine Berücksichtigung der Einmaleinnahme nur im Rahmen eines vielleicht noch vorhandenen Restes als verwertbares Vermögen erfolgen kann. Gleiches gilt auch für die einkommensteuerliche Behandlung — wenn es einen konstanten Steuersatz gäbe. Immer dann, wenn einmalige Leistungsentgelte für Leistungen gewährt werden, die in mehreren Perioden erbracht worden sind, wie dies ζ. B. bei Jubiläumsgeldern für erbrachte Unternehmenstreue oder auch für Abfindun-

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E. Das Konzept eines einheitlichen Einkommensbegiffs

gen als Entschädigung für der Verlust des Arbeitsplatzes gilt, führt ein von der Höhe des Einkommens abhängiger [im Zweifel progressiver] Steuertarif im Vergleich zu einer periodengerechten Verteilung der Einmaleinnahme auf die Perioden ihrer Entstehung zu einer überproportionalen Abschöpfung von Leistungsfähigkeit. Diese Folge ist jedoch kein Problem der Erfassung sämtlicher Einnahmen nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip, sondern eine Frage sachgerechter Tarifgestaltung. Diese kann dadurch gelöst werden, daß auf Einkommen aus einmaligen Einnahmen, die für mehrere Perioden nachträglich oder antezipatorisch geleistet worden sind, ein anderer Steuersatz angewendet wird als auf Einkommen aus periodengerechten Einnahmen. Somit dürfen grunsätzlich lösbare Probleme einer sachgerechten Tarifgestaltung nicht dazu herangezogen werden, von dem Erfordernis der Erfassung sämtlicher Einnahmen abzuweichen. Der Grundsatz der Erfassung sämtlicher Einnahmen verlangt auch, die Einnahmen mit ihrem tatsächlichen Wert und in tatsächlicher Höhe zu erfassen. Soweit Einnahmen in nominal fixierten Geldeinheiten bestehen, scheint dies problemlos zu sein, jedoch muß verlangt werden, daß auch die Einnahmen aus einer landoder forstwirtschaftlichen Betätigung in tatsächlich erzielter Höhe und Renteneinnahmen aus der Sozialversicherung nicht nur mit ihrem Pseudo-Ertragsanteil angesetzt werden. 15 Denn es ist nicht einzusehen, daß im Grundsatz jeder Steuerpflichtige gehalten ist, über die seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit begründenden Einnahmen und Ausgaben einen umfassenden und sorgfältigen Nachweis zu führen, während dieser Maßstab bei einer nicht unerheblichen Zahl von Landund Forstwirten für nicht vertretbar angesehen wird, so daß bei ihrer Einkommensermittlung auf pauschale Durchschnittswerte zurückgegriffen wird. An sich müßte sich jeder Land- und Forstwirt dagegen verwahren, für nicht beweglich und befähigt genug gehalten zu werden, die tatsächlich aus seiner Tätigkeit resultierenden Einnahmen und Ausgaben zu erfassen. Für die Leistungen aus der Sozialversicherung hat zu gelten, daß spätestens mit dem Wegfall des sogenannten Rentenstammrechts als Folge des Generationenvertrages die Beschränkung der Einnahmen auf einen fiktiven Ertragsanteil obsolet ist. Darüber hinaus ist die gleichzeitige Steuerbefreiung sowohl der Beiträge des Arbeitgebers und derjenigen des Steuerpflichtigen als Sonderausgaben als auch des überwiegenden Teils der Versicherungsleistung auch unter Berücksichtigung rein steuerlicher Gesichtspunkte widersprüchlich. Eine entsprechende Änderung wird seit langem gefordert. 16 15 Renteneinnahmen werden hier den Entgelten aus der Beteiligung am Marktgeschehen zugerechnet, weil sie Gegenleistungen für erbrachte Beitragszahlungen und als solche nachträgliche Einnahmen desselben Individuums aus früherer Mitwirkung am Wirtschaftsprozeß sind; Hessler, 36. 16 Albers-Transferzahlungen, 909; Andel-Einkommensteuer, 338 f.; anstatt den durch die steuerliche Privilegierung der Einnahmen aus der Sozialversicherung geschaffenen Präzedenzfall zu beseitigen, wurden weitere, steuersystematisch nicht vertretbare und dazu auch noch unabgestimmte Vergünstigungen geschaffen, so der Versorgungsfreibetrag gem § 19 II EStG und der sogen. Altersentlastungsbetrag gem. § 24 a EStG.

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bib) In der Form von Naturalentgelten Erfassungs- und Bewertungsprobleme können jedoch bei Naturalentgelten bestehen, da diese entweder nicht als Faktorentgelte deklariert werden oder zur Bewertung erst ein Vergleichspreis ermittelt werden muß, 17 jedoch sind die sich hieraus ergebenden Probleme nicht unlösbar. Wenn, namentlich im Einkommensteuerrecht, Leistungseinnahmen ζ. B. im Rahmen nichtselbständiger Tätigkeit als Kostenerstattungen deklariert werden, dann dürfte der Grund hierfür nicht darin liegen, daß eine sachgerechte Zuordnung dieser Einnahmen nicht möglich wäre. Grund ist vielmehr der einvernehmliche Versuch, durch bewußte Falschbezeichnung leistungsfähigkeits-indizierende und auch steuerbare Einnahmen zu unversteuertem Einkommen werden zu lassen. Gleiches gilt für die Bewertung von Naturalentgelten, da es kaum vorstellbar ist, daß etwas als Naturalleistung vereinnahmt wird, für das kein Marktpreis besteht oder zumindest hilfsweise keine Kosten ermittelt werden können. Das Problem liegt mehr darin, daß die Werte der jeweiligen Sachbezugsverordnungen realitätsfremd niedrig angesetzt sind und auch nicht regelmäßig der tatsächlichen Kostenentwicklung angepaßt werden. Typisches Beispiel hierfür ist die Bewertung der privaten Nutzung eines Firmen-PKW's. Mit nur einem Betrag von 1 % des Listenpreises pro Monat werden ohne jede Kilometerbegrenzung sämtliche mit der Anschaffung, Unterhaltung und Nutzung verbundenen Kosten abgegolten. Naturalentgelte als Leistungseinnahmen haben für ihren Empfänger und seine ökonomische Leistungsfähigkeit die gleiche Wirkung wie ein Entgelt in Form nominell festgelegter Geldeinheiten. Aus diesem Grunde sind derartige Naturalentgelte zu bewerten mit ihren Marktpreisen, die gezahlt werden müßten, wenn der Sachbezug statt vom Leistenden gewährt von einem am allgemeinen Leistungsaustauschprozeß beteiligten Dritten bezogen würde. Realisierte Vermögenswertänderungen durch Einnahmen aus der Veräußerung von Vermögensteilen, die nicht zu einem Privatvermögen gehören, sogen, capital gains, 18 bilden im Rahmen der Erfassung von Einnahmen als Ergebnis der Teilnahme am Marktgeschehen keine Besonderheit, sondern werden grundsätzlich uneingeschränkt als leistungsfähigkeits-indizierende Einnahmen derjenigen Periode erfaßt, in der die Veräußerung erfolgte bzw. der Verkaufspreis als Einnahme zufließt. Nur bei der Veräußerung von Gegenständen des Anlagevermögens, das als solches dem Geschäftsbetrieb dauernd zu dienen bestimmt ist und nicht wie das Umlaufvermögen der Veräußerung mit oder ohne Be- und Verarbeitung dient, 19 und hier wiederum namentlich beim Grundvermögen und größeren Beteiligungen an anderen Unternehmen stellt sich das gleiche Problem wie bei den Einmalzahlungen. Die bisherige steuerrechtliche Behandlung gem. § 6b EStG, 17

Kausemann, 190. ι» Ebnet, 21. i9 Wöhe, 117.

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die im Ergebnis dazu führt, daß Einkommen infolge einer Realisierung von stillen Reserven als Folge von Wertsteigerungen aus der Veräußerung bestimmter Anlagegüter, die betrieblich genutzt werden, nicht in der Periode ihrer Realisierung, sondern, wenn überhaupt, erst in zukünftigen Perioden erfaßt werden, 20 ist unbefriedigend, da ein derartiger Aufschub der Einkommenserfassung mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip nicht vereinbar ist. 21 Der zugegeben unbefriedigende Nachteil der überproportionalen Einmalbesteuerung der aus häufig vielen Perioden stammenden Wertsteigerung infolge der progressiven Tarifgestaltung sollte durch eine sachgerechte Steuersatzgestaltung beseitigt werden. 22 b2) Einnahmen aus privaten und staatlichen Transfers Für das Ausmaß ökonomischer Leistungsfähigkeit ist es ohne Bedeutung, ob die einem Empfänger zufließenden Einnahmen Entgelt für eine am Markt verwertbare und verwertete Leistung sind oder leistungsunabhängige Transferzahlungen, da in beiden Fällen im Zeitpunkt des Zuflusses entweder die positive Leistungsfähigkeit zu bzw. die negative Leistungsfähigkeit im Sinne von Bedürftigkeit abnimmt. 23 Somit verlangt ein am Leistungsfähigkeitsprinzip orientierter Einkommensbegriff die Einbeziehung sowohl der privaten als auch der staatlichen Transfers in sein entsprechendes Basiselement „Einnahmen," 24 da zu seinem Inhalt nicht nur das an der Sozialprodukt- bzw. Volkseinkommensrechnung ausgerichtete Leistungseinkommen, sondern auch die sogenannten abgeleiteten Einkünfte 25 zählen. Wenn Kirchhof dagegen zur Beseitigung von Ungleichbehandlungen und zur Vereinfachung des Einkommensteuerrechts nur solches Einkommen steuerbar sein läßt, an dessen Entstehen die Rechtsgemeinschaft mitgewirkt hat, weil im individuellen Einkommenserwerb durch Erwerbseinnahmen sich die Inanspruchnahme rechtlich bereitgehaltenen Handlungsinstrumentariums konkretisiere und durch die individuelle Teilnahme am allgemeinen Güter- und Geldkreislauf Leistungen der Allgemeinheit zum Erzielen von Privateinkommen genützt würden und er in diesem Sinne das Leistungsfähigkeitsprinzip interpretiert, 26 so kann 20

Littmann-Muncke, § 6 b, RN 5; zur Wirksamkeit der § 6b-Regelung bei der Berücksichtigung von Sachwertschwankungen: Froese, 178 f. 21 Thiel, 188; Reich, M., 294, Fußn. 93. 22 Vgl. hierzu die Vorschläge von Ebnet, 157 ff. 2 3 Kausemann, 196. 24 Birk, D., 226. 25 Die Bedeutung des Begriffs „abgeleitetes Einkommen" hat mehrfache Änderungen erfahren. So verstanden die Physiokraten hierunter alles, was nicht landwirtschaftlicher „produit net" war, während die Klassiker die Einkünfte aller Personen, die im engeren Wortsinne keine „produktive" Tätigkeit ausübten, wie z. B. Freiberufler, Beamte u. s. w. als abgeleitete Einkommen bezeichneten. Heute werden als abgeleitete Einkommen solche bezeichnet, die ohne aktuelle Gegenleistung empfangen werden; vgl. den kritischdogmatischen Überblick bei Kelber, 161 ff. 26 Kirchhof-Gutachten, F 14 ff.

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dem nicht gefolgt werden. Ein derartiger Einkommensbegriff läßt außer acht, daß das Steuerobjekt des Einkommensteuerrechts nicht die Handlungen des Steuerpflichtigen sind, sondern ökonomische Daten, in denen sich Leistungsfähigkeit ausdrückt. Niemand wird wegen irgendwelcher Handlungen besteuert, sondern wegen ihm zuzurechnender wirtschaftlicher Verhältnisse oder Zustände. Diese können zwar auf den Handlungen des Steuerpflichtigen beruhen, müssen es aber nicht. 27 Die Beschränkung des Einkommens auf marktmäßig erworbenes übersieht zudem, daß es immer nur um die Feststellung des persönlichen, individuellen Einkommens geht und daß damit grundsätzlich nur die Betrachtung des einzelnen Individuums maßgebend sein kann. 28 Die Einkommenseinengung auf Leistungen aus Erwerbsquellen erstreckt dagegen die Betrachtung über den Leistungsempfänger hinaus auch auf den Leistenden, so daß eine Leistung unabhängig von ihrer ökonomischen Wirkung für den Leistungsempfänger erst dann zu einer Einkommenseinheit qualifiziert wird, wenn Leistender und Leistungsempfänger sowie das sie verbindende rechtliche Konstrukt sich als Elemente marktgestützten Leistungsaustausches darstellen. 29 Eine Differentiation 30 einzelner Einnahmearten nach dem Ort und dem Grund ihrer Entstehung ist daher abzulehnen. b2a) Einnahmen aus privaten Transfers Einnahmen aus privaten Transfers können geschieden werden in solche aus interpersonellen Übertragungen und solche aus in-sich-Transaktionen, die zu sogen, „imputed incomes" führen. a) Einnahmen aus interpersonellen

Übertragungen

Interpersonelle Transfers 31 zwischen Privaten, deren Zu- und Abfluß in aller Regel in derselben Periode erfolgen, erhöhen die ökonomische Leistungsfähigkeit des Empfängers. Zu diesen Transfers zählen Einnahmen aus privaten Einkommensübertragungen für Unterhaltszahlungen, aber auch Schenkungen und Erbschaften sowie Unterstützungen der Freien Wohlfahrtsorganisationen. Aus der Forderung, interpersonelle Transfers zwischen Privaten beim Empfänger als leistungsfähigkeits-indizierende Einnahme zu erfassen, kann jedoch nicht mit Hinweis auf das sogenannte Korrespondenzprinzip abgeleitet werden, derartige Zahlungen beim Geber als einkommensmindernde Ausgaben zu berücksichtigen. Ohne bereits jetzt im einzelnen auf die Qualität derartiger Ausgaben einzugehen, 27 Tipke (11. Aufl.), 146, Fußn. 30. 28 Brandis-Einkommen, 292. 29 Zur Beschränkung des steuerbaren Einkommens auf solches aus Erwerbstätigkeit siehe auchiBayer/Müller-BB 78, 1 ff. sowie Bayer-BB 88, 1 ff. mwN. 30 Zum Begriff: Laufenburger, H., 188. 31 Zum Begriff: Albers-Transferzahlungen, 907.

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muß dennoch sehr nachdrücklich darauf hingewiesen werden, daß die Frage, ob eine Zahlung für ihren Empfänger ein Strukturelement seines Einkommens ist, nur danach zu beurteilen ist, ob durch eine derartige Einnahme die ökonomische Leistungsfähigkeit des Empfängers gestärkt wird, und nicht etwa zusätzlich auch noch danach, ob der Geber die Zahlung korrespondierend als Strukturelement „Ausgabe" seines Einkommens behandeln kann. Für die Frage der Qualifizierung einer Ausgabe beim Geber ist allein entscheidend, ob die Ausgabe der Erzielung und Sicherung von Einnahmen dient im Sinne von Betriebsausgaben oder Werbungskosten oder ob sie eine Einkommens Verwendung darstellt. So ist z. B. die Ausgabe für den Erwerb von Nahrungsmitteln für einen Privathaushalt eine Einkommensverwendung und berührt seinen Einkommensbegriff nicht, für einen Gaststättenbetrieb dagegen ist die Ausgabe als Betriebsausgabe Strukturelement seines Einkommens. Das Korrespondenzprinzip zwischen verschiedenen Steuersubjekten findet zwar in § 22 Nr. 1 S. 1 i. V. m. § 12 Nr. 2 EStG seine Anwendung, jedoch läßt es sich keineswegs verallgemeinern und schon gar nicht als Beurteilungskriterium dafür heranziehen, ob eine Zahlung beim Empfänger als leistungsfähigkeits-indizierende Einnahme zu behandeln ist oder nicht. 32 Die Anwendung dieser Grundsätze führt dazu, daß Unterhaltszahlungen in Erfüllung gesetzlicher Unterhaltspflichten z. B. zwischen geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten beim Empfänger als leistungsfähigkeitserhöhende Einnahmen zu behandeln sind, beim leistenden Ehegatten dagegen als Einkommensverwendungen, somit als eine die Einkommensbildung nicht beeinflussende Ausgabe. Sofern derartige Ausgaben beim Geber sich auf seine Steuerlast salvatorisch auswirken sollen, sollten sie im Rahmen der Besteuerung nicht die Höhe des Einkommens beeinflussen, sondern durch eine entsprechende Erhöhung der Einkommensgrenze, ab der die Steuerpflicht einsetzt, berücksichtigt werden. Gleiches gilt auch für die Berücksichtigung derartiger Unterhaltsverpflichtungen im Rahmen der Einkommensermittlungen der einzelnen sozialrechtlichen Leistungsgesetze mit der Folge einer Erhöhung der Einkommensgrenze, bis zu der Sozialleistungen gewährt werden. Eine derartige Behandlung hätte zur Folge, daß im Gegensatz zum z. Zt. geltenden begrenzten Realsplitting gem. § 10 I Nr. 1 und § 22 Nr. 1 a EStG eine derartige salvatorische Behandlung allen Zahlenden zugute kommt und nicht nur denjenigen, denen es gelungen ist, die Zustimmung des einnehmenden Ehegatten zu erhalten, was häufig wegen der noch gestörten persönlichen Beziehung nicht möglich ist. 33 Zu den Einnahmen aus privaten Transfers zählen auch erhaltene Erbschaften und Schenkungen. Letzterer Begriff ist gewählt worden, um den hieran geknüpften Transfer von den üblichen Geschenken des täglichen Lebens abzugrenzen, 32 Tipke 196. 33 Anders Kausemann, der zwar auch die Zustimmungsbedürftigkeit ablehnt, jedoch ein zustimmungsunabhängiges und unbegrenztes Realsplitting präferriert; Kausemann, 202.

I. Das Einkommen

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die häufig eher den Charakter von Annehmlichkeiten haben und nicht so sehr eine tatsächliche Steigerung der ökonomischen Leistungsfähigkeit des Beschenkten bewirken und um aus Praktikabilitätsgriinden nur solche Einnahmen zu berücksichtigen, die eine spürbare Erhöhung der Leistungsfähigkeit bewirken. 34 Daher ist es angezeigt, es bei den bisherigen Freibeträgen gem. § 13 I i. V. m. § 14 I ErbstG zu belassen.35 Die Notwendigkeit der ausnahmsweisen Gewährung eines Freibetrages stellt sich auch bei bedürftigkeitsabhängigen Transfers von Privaten und Wohltätigkeitsorganisationen. Auch wenn davon auszugehen ist, daß derartige Transfers wohl kaum an steuerpflichtige Empfänger geleistet werden, die hieraus resultierenden Einnahmen somit nur für die Einkommensermittlung in einem nichtsteuerrechtlichen öffentlichen Schuldverhältnis relevant sind, sollte von einer vollständigen und rigorosen Erfassung dieser Einnahmen nicht nur aus administrativen Gründen abgesehen werden, obgleich nicht zu verkennen ist, daß derartige Barmherzigkeitstransfers gerade deshalb geleistet werden, um die wahrgenommene Bedürftigkeit ihrer Empfänger zu mindern. Jedoch dürfen die aus den zutiefst menschlichen Beweggründen der Caritas und der Barmherzigkeit entspringenden Zuwendungen nicht dazu gebraucht werden, durch ihre Erfassung als leistungsfähigkeits-indizierende Einnahmen sonst zu gewährende staatliche Sozialtransfers zu kompensieren 36 mit der dann wohl unausbleiblichen Folge spürbarer Einschränkung humanitärer Hilfsbereitschaft. ß) Einnahmen aus in-sich-Transaktionen In der Literatur werden ζ. T. auch in-sich-Transaktionen, sogen, imputed incomes, Leistungen eines Wirtschaftssubjekts an sich selbst oder an seine Familienangehörigen also, 37 als leistungsfähigkeits-indizierende Einnahmen behandelt. 38 Dieser Auffassung kann bei einer sorgfältigen Bestimmung des Begriffs der in-sich-Transaktion nicht zugestimmt werden. Geht man bei der Beantwortung dieser Frage von dem wirtschaftlichen Einkommensbegriff aus und definiert dementsprechend das Sozialprodukt als denjenigen Teil der jährlichen Produktion einer Wirtschaftsgesellschaft, die über den Austauschmechanismus des Marktes läuft und somit über die Preisfestsetzung in den Verteilungsprozeß eintritt, wird bereits deutlich, daß der Wert einer insich-Transaktion nicht Bestandteil dieses Einkommens werden kann und sein Zugang dementsprechend nicht als Einnahme zu erfassen ist, da der Austauschme34

Dieser Auffassung entspricht die Regelung des § 78 BSHG. 35 Zu den Freibeträgen vgl. Troll, § 13 RN 2 ff. 36 Zur Berücksichtigung freiwilliger Hilfen aus sittlicher Verpflichtung im BSHG: Fichtner, O., 262 f. 37 Kausemann, 193 f. 38 Marsh, 514 ff.; Albers-Einkommensteuer, 197; Andel-Einkommensteuer, 339 ff. 18 Burger

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E. Das Konzept eines einheitlichen Einkommensbegiffs

chanismus des Marktes hierbei ausgeschaltet bleibt. 39 Da der hier diskutierte Einkommensbegriff jedoch über das aus einer Beteiligung am Marktgeschehen resultierende Einkommen hinausgeht und sich streng am Leistungsfähigkeitsprinzip orientiert, ist zu prüfen, ob eine in-sich-Transaktion, wenn schon nicht Teil eines Leistungseinkommens, so doch zumindest die Leistungsfähigkeit des Transaktionärs erhöht. Dafür ist es jedoch erforderlich, den Begriff der in-sich-Transaktion einer weiteren Differenzierung zu unterwerfen. ßl) Selbstverbrauch von Waren Bei einer in-sich-Transaktion in der Form des Selbstverbrauchs, d. h. in der Form der Entnahme von Waren aus einem betrieblichen Vorratsvermögen für private Zwecke, mag es sich hierbei um reine Handelsware oder um im eigenen Betrieb hergestellte Erzeugnisse handeln, stellt der Selbstverbrauch nur vordergründig eine in-sich-Transaktion dar. Dies wird besonders deutlich am Beispiel der Entnahme von Handelswaren, macht es doch für die Leistungsfähigkeit des „Selbstverbrauchers" keinen Unterschied, ob dieser die für seine privaten Bedürfnisse benötigten Waren unmittelbar beim Lieferanten als Privatkauf bezieht und dafür das vereinbarte Entgelt zahlt, oder die ursprünglich betrieblich bezogenen Waren nunmehr für seine privaten Belange entnimmt, da ihm auch diese private Entnahme nicht unentgeltlich möglich ist, sondern sie mit einer entsprechenden Vermögensminderung zu honorieren hat und er dementsprechend durch den Selbstverbrauch Einkommensverwendung betreibt. 40 Für die Entnahme betrieblich hergestellter Erzeugnisse gilt grundsätzlich nichts anderes. Somit ist ein derartiger Selbstverbrauch überhaupt keine in-sich-Transaktion, kein intrapersonaler Transfer, sondern schlichte Einkommensverwendung, seine Erfassung als leistungsfähigkeits-indizierende Einnahme abwegig. ß2) Nutzung dauerhafter Gebrauchsgüter Wird dagegen unter einer in-sich-Transaktion der aus dauerhaften Gebrauchsgütern fließende Nutzen verstanden, da dieser die ökonomische Verfügungsmacht seines Empfängers vergrößern und ceteris paribus seine Konsummöglichkeiten erhöhen soll, indem mehr Markteinkommen für andere Zwecke verfügbar sei, 41 ist nicht verständlich, wieso die aus einer Einkommensverwendung fließenden Nutzenquanten, nur weil die Einkommensverwendung relativ kostspielige und langlebige Güter betrifft, die ökonomische Leistungsfähigkeit des Nutznießers 39

Neumark-Probleme, 36. Ein Gastwirt, der glaubt, folgenlos sein bester eigener Gast sein zu können und regelmäßig geistvolle Getränke entnimmt und selbstverbraucht, da sie ihm scheinbar ja nichts kosten, wird sehr bald feststellen, daß Einkommensverwendungen nicht nur in der Form des Privatkaufs, sondern auch in der Form privater Entnahmen betrieblich eingekaufter Waren auftreten. Kausemann, 194. 40

I. Das Einkommen

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erhöhen soll. Jeder Einkommensverwendung steht ein für angemessen gehaltener Nutzen gegenüber; körperliche Gegenstände ζ. B. werden nicht ihrer Gegenständlichkeit an sich wegen gekauft, sondern gerade wegen der Summe ihrer von Lebensdauer und Funktionstüchtigkeit abhängigen Nutzenquanten. Die Bewertung solcher Nutzenquanten, mögen diese nun dem Nutznießer über mehrere Perioden, nur kurzfristig oder gar nur einmalig wie ζ. B. bei einer Einkommensverwendung für eine Theaterkarte oder für ein Dinner for one or more zufließen, entspricht dem dafür hingegebenen Einkommen, so daß aus der Inanspruchnahme des Nutzens keinerlei zusätzliche ökonomische Leistungsfähigkeit abgeleitet werden kann. Auch wenn der aus dauerhaften Gebrauchsgütern fließende Nutzen bei einer entsprechenden Objektbezogenheit, wie ζ. B. bei der Wohnung im eigenen Haus, bei dem eigenen Auto oder dem eigenen Flugzeug, relativ einfach zu ermitteln ist und im Falle der Einbeziehung solcher Nutzenquanten in einen steuerlichen Einkommensbegriff sogar einen ins Gewicht fallenden Steuerertrag verspricht, 42 so ändert dies dennoch nichts an der Tatsache, daß die Erfassung von Nutzenquanten aus einer Einkommensverwendung als leistungsfähigkeitsindizierende Einnahmen eine Doppelerfassung bedeutet, da die Einnahmen, die zu dem Einkommen geführt haben, aus dem die Einkommensverwendung finanziert werden konnte, bereits in einer Vorperiode als leistungsfähigkeitsindizierende Einnahme erfaßt worden sind. Mag es aus fiskalischen Gründen reizvoll und zulässig sein, den aus dauerhaften Gebrauchsgütern fließenden Nutzen steuerrechtlich als einkommensbegründende Einnahme zu behandeln, da Steuern nun einmal Geldleistungen sind, die allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft, so ist ein derartiges Einkommen als Tatbestandsmerkmal für eine Steuer kein mehr am Leistungsfähigkeitsprinzip orientiertes Einkommen. ß3) Selbstverbrauch von Dienstleistungen Bleiben schließlich im Rahmen der in-sich-Transaktionen die häuslichen Dienste, der Selbstverbrauch von Dienstleistungen,43 und als „major source of imputed income . . . the tedious and unrequited labor of house-wives".44 Sie zum überwiegenden Teil aus der Einkommensermittlung auszuschließen mit dem Hinweis, daß eine Entscheidung über den leistungsfähigkeitsindizierenden Charakter der fraglichen Werte weitgehend eine Angelegenheit der Konvention sei 45 und daß zweckmäßiger Weise nur die Werte derjenigen Dienstleistungen als Strukturelemente des Einkommens anzusehen seien, die „are exchanged, or capable of exchange",46 so daß aus diesem Grunde der Wert häuslicher Dienstleistungen 42 Marsh, 518 und 534 ff.; Simons, 121 f. 43 Neumark-Probleme, 36 f. 44 Marsh, 514. 45 Neumann-Probleme, 37. 46 Stamp, J., 74. 18*

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E. Das Konzept eines einheitlichen Einkommensbegiffs

unberücksichtigt gelassen wird, ist unbefriedigend, da eine derartige Begründung die an sich zu erwartende sachliche Entscheidung und Stellungnahme vermissen läßt. Zum einen kann heute davon ausgegangen werden, daß bei der ausgefeilten Angebotspalette marktmäßig zu erwerbender Dienstleistungen es kaum noch häusliche Tätigkeiten privater Art gibt, die nicht gegen ein entsprechendes Entgelt vom Markt bezogen werden können, so daß bei Anwendung des Kriteriums von Stamp letztlich allen häuslichen bzw. privaten Dienstleistungen ein einkommensbegründender Charakter beizulegen wäre. Zum anderen wird bei einer Einbeziehung des Selbstverbrauchs von Dienstleistungen in den Einnahmenkatalog eines leistungsfähigkeits-orientierten Einkommensbegriffs der wesentliche Unterschied zu den tatsächlich zu berücksichtigenden Einnahmen verkannt oder nicht verdeutlicht: allen diesen zu berücksichtigenden Einnahmen ist zu eigen, daß sie Bestandteil eines Prozesses interpersoneller Verteilung sind, mag nun dieser Verteilungsprozeß die Form des marktmäßigen Leistungsaustausches haben oder in der Form des leistungsunabhängigen privaten oder staatlichen Sozialtransfers auftreten. Dagegen spielt sich der Selbstverbrauch von Dienstleistungen in einer und derselben Person ab, bleibt als intrapersonale Umschichtung außerhalb jeglichen Prozesses personeller Verteilung. Somit ist die sachgerechte Bewertung eines derartigen Selbstverbrauchs keine Angelegenheit der Konvention, keine Frage des Umstandes, ob die selbstverbrauchten Leistungen auch solche marktgängiger Art sind. Nutzungen und selbstverbrauchte Dienstleistungen sind auch nicht die „Störenfriede der Theorie" 47 , vielmehr folgt ihre Einkommensneutralität aus ihrem Unvermögen, die ökonomische Leistungsfähigkeit des Dienstleistenden zu erhöhen. Wer sich selbst rasiert, statt zum Barbier zu gehen, wird durch die Selbstrasur nicht ökonomisch leistungsfähiger, auch wenn er durch den Selbstverbrauch seiner Dienstleistung eine ansonsten notwendige Einkommensverwendung zugunsten einer dadurch ermöglichten anderen Verwendung einspart. Schließlich wird auch derjenige nicht ökonomisch leistungsfähiger, der sowohl den Selbstverbrauch der Eigenrasur unterläßt als auch nicht zum Barbier geht und dadurch die Einkommensverwendung „Fremdrasur" einspart, weil er sich an der Manneszierde eines stattlichen Bartes erfreuen will. Nicht die Rang- und Reihenfolge möglicher Einkommensverwendungen bestimmt das Ausmaß vorhandener ökonomischer Leistungsfähigkeit, sondern die absolute Höhe ihres Indikators, des Einkommens. Die Ähnlichkeit des Selbstverbrauchs von Dienstleistungen mit „normalen" Einkommensverwendungen wird deutlich, wenn vorhandene Freizeit als ein Gut verstanden wird, über das ähnliche Verwendungsentscheidungen getroffen werden können wie über ein verfügbares Einkommen. Nur produktive Einkommensverwendungen können beim Verwender zu neuen einkommensrelevanten Einnahmen führen und ebenso können nur produktive Freizeitverwendungen zu neuen einkommensrelevanten Arbeitseinnahmen führen. 47

Schanz-Besprechung, 434.

I. Das Einkommen

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Natürlich gilt auch hier, daß aus rein fiskalischen Gründen auch Freizeitverwendungen, Selbstverbräuche von Dienstleistungen, durch die gängige Einkommensverwendungen eingespart werden, der Einkommensbesteuerung zugänglich gemacht werden können, wenn nur ein entsprechender Tatbestand formuliert wird. Könnte es dem durch die Steuerreform gebeutelten Finanzpolitiker doch reizvoll erscheinen, die Besteuerung der Land- und Forstwirte nach Durchschnittssätzen auch auf private Gartenbesitzer anzuwenden. Jedoch wäre ein derartiges Einkommen kein am Leistungsfähigkeitsprinzip ausgerichtetes Einkommen. Zusammenfassend läßt sich somit feststellen, daß im Rahmen eines am Leistungsfähigkeitsprinzip orientierten Einkommensbegriffs aus in-sich-Transaktionen, intrapersonalen Transfers also, keine leistungsfähigkeits-indizierenden Einnahmen resultieren können. Nur interpersonelle Transfers zwischen Privaten oder privaten Institutionen vermögen auf Empfängerseite einkommensrelevante Einnahmen zu schaffen. b2b) Einnahmen aus staatlichen Transfers a) An Private Staatliche Transfers an Private, auch soweit sie nicht in Form von Versicherungsleistungen gewährt werden, haben entweder die Aufgabe, fehlende allgemeine ökonomische Leistungsfähigkeit auszugleichen, so daß ihnen eine Einkommensersatzfunktion zukommt, 48 oder die an sich vorhandene und generell für ausreichend angesehene ökonomische Leistungsfähigkeit zu erhöhen, soweit sich der Empfänger in einer Situation befindet, die einerseits als ihn belastend, andererseits aber auch für förderungs- und unterstützungswürdig angesehen wird, da im allgemeinen Interesse liegend. 49 Beiden Transferarten ist gemeinsam, daß sie die jeweils vorgegebene eigene ökonomische Leistungsfähigkeit des Transferempfängers erhöhen. Bereits aus diesem Grunde ergibt sich für einen am Leistungsfähigkeitsprinzip ausgerichteten Einkommensbegriff die Notwendigkeit, die aus diesen staatlichen Transferleistungen resultierenden Zahlungen beim Empfänger als leistungsfähigkeits-indizierende Einnahmen zu erfassen. Darüber hinaus ist die Einbeziehung der Einnahmen aus staatlichen Transfers eine Grundvoraussetzung für ein integriertes Steuer- und Transfersystem, 50 da hierdurch vermieden werden kann, daß das verfügbare Einkommen, die Nettoposition also, in der Periode des Bezugs von Transferzahlungen günstiger ist als in der Periode des Bezugs von Leistungseinkommen und das u. U. selbst dann, wenn die Transferzahlungen so ausgestaltet sind, daß in Bezug auf das Arbeitsentgelt der Nettoverlust nicht voll kompensiert wird. 5 1 Die generelle Einbeziehung staatlicher Transes Dies gilt ζ. B. für Leistungen nach dem BSHG und für die Arbeitslosenhilfe. 49 Ζ. B. Leistungen nach dem BAföG und dem WoPG. 50 Franz, 33. 51 Andel-Einkommensteuer, 344.

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fers ermöglicht die Beachtung der Forderung, daß staatliche Transfers für Private nur an Bedürftige bzw. nur an solche Personen zu zahlen sind, deren Leistungsfähigkeit entsprechend den politischen Vorstellungen des Gesetzgebers, konkretisiert durch entsprechende Einkommensgrenzen, als nicht ausreichend angesehen wird. Gleichzeitig wird auch die Notwendigkeit berücksichtigt, staatliche Transferausgaben möglichst gering zu halten. 52 Eine Differentiation einzelner leistungsfähigkeits-indizierender Einnahmen ist deshalb abzulehnen.53 Da im Grundsatz gem. § 33 I AO i. V. m. § 25 I I I EStG eine allgemeine Steuererklärungspflicht besteht, ist es auch sinnvoll, staatliche Transfers an Private nicht als sachliche Steuerbefreiungen zu behandeln, sondern sie allenfalls im Rahmen einer koordiniert abgestimmten Einkommensgrenzsetzung unversteuert zu lassen.54 ß) An Unternehmen Staatliche Transfers erhalten nicht nur Individuen und private Haushalte, sondern auch Unternehmen als Subventionen in der Gestalt von Geldzahlungen oder geltwerten Leistungen. Sie dienen nicht dem Ausgleich von Bedürftigkeit, sind auch keine Gegenleistung des Staates für vom subventionierten Unternehmen erbrachte marktwirtschaftliche Leistung, kein Leistungseinkommen also, ihr Synallagma ergibt sich vielmehr aus den geforderten oder zumindest erwarteten Verhaltensweisen, die dazu führen sollen, die marktwirtschaftlichen Allokationsund / oder Distributionsergebnisse nach politischen Zielen zu korrigieren. 55 Obgleich somit nicht primär final darauf ausgerichtet, fehlende ökonomische Leistungsfähigkeit auszugleichen, erhöhen sie dennoch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des geförderten Unternehmens. Dabei wird die Forderung nach einer generellen Einbeziehung von derartigen Subventionen in einen einheitlichen Einkommensbegriff wohl geringeren Bedenken ausgesetzt sein als die Forderung nach Einbeziehung privater und staatlicher Sozialtransfers, ist doch zum einen der Empfänger einer Subvention in aller Regel nicht Klientel staatlicher Sozialrechtlichkeit und zum anderen eine Subvention in der Form des Zuschusses seit 52 Kausemann, 196; Otten, 47. 53 Die Differentiation beruht auf der Berücksichtigung des „origine des revenue" — Laufenburger, H., 188 — und stützt sich auf die Ansicht, daß die Leistungsfähigkeit von Einkommen gleicher Höhe, aber verschiedener Zusammensetzung unterschiedlich und daß in dieser Beziehung das fundierte Einkommen dem unfundierten Einkommen überlegen sei, so daß die Kapitaleinkünfte schwerer belastet werden könnten und müßten als Arbeitseinkommen; Neumark-Differenzierung, 393; Özgürel, 37 ff.; Mitschke-Analyse, 126 f. 54 Schäfer, 477; allerdings müßte dann die Einkommensgrenze von z. Zt. 27/54 TDM, ab der Steuererklärungen abzugeben sind, etwa in Anlehnung an das in den USA praktizierte Verfahren, wo bereits bei Überschreiten von 600$ Einkommen p. a. ein Alleinstehender eine Steuererklärung abzugeben hat, stark herabgesetzt werden, um auch kleinere Einkommen genauer zu erfassen; vgl. hierzu: Thiel-Praxis, 35 f. 55 Hansmeyer-Transferleistungen, 963.

I. Das Einkommen

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je Bestandteil des steuerlichen Einkommens,56 so daß grundsätzliches Umdenken nicht erforderlich ist. γ) Durch Sozialzwecknormen Die aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip abgeleitete Forderung, staatliche Transfers ohne Rücksicht darauf, an wen und aus welchen Gründen sie geleistet werden, als einkommensbegründende Strukturelemente zu erfassen, verlangt auch, indirekte Transfers in Form von Steuersubventionen aus dem Einkommensbegriff zu absentieren. Dieses Petitum deckt sich mit dem Grundsatz, sämtliche Einnahmen mit ihrem tatsächlichen Wert und in tatsächlicher Höhe zu erfassen, soll jedoch die besondere Aufmerksamkeit auf den Umstand richten, daß die unsystematische Einstreuung von Steuervergünstigungen in die Steuergesetze mit dazu beigetragen hat, „daß die Praxis bis heute nicht gelernt hat, die Steuervergünstigungen von den Fiskalzwecknormen abzuheben."57 Die weitere Folge derartiger „Sozialzwecknormen" 58 ist, daß die materielle Auswirkung solcher Subventionen nicht oder allenfalls mit erheblichen Ungenauigkeiten geschätzt werden kann, da das finanzielle Gesamtvolumen der Vergünstigungen nicht nur von der Häufigkeit der Inanspruchnahme abhängig ist, sondern darüber hinaus wegen des progressiven Steuertarifs von der Höhe desjenigen, der die Vergünstigung in Anspruch nimmt. 59 Wenn auch nicht bestritten wird, daß der Gesetzgeber berechtigt ist, wirtschaftslenkende Normen zu setzen, sich für die Realisierung seiner politischen Vorstellungen über eine zu schaffende Realität entsprechender Umverteilungsinstrumente zu bedienen, so setzt dies alles dennoch voraus, daß die Wirkungen eines derartigen Instrumentariums und das Volumen der Inanspruchnahme nachvollziehbar und kontrollierbar sein müssen, da nur dann die Voraussetzungen für eine sachgerechte Anwendung gegeben sind. Dies kann jedoch durch eine steuerliche Implementierung von Sozialzwecknormen nicht erreicht werden, sondern nur durch eine Zuweisung der Sozialzwecknormen zu den jeweiligen Rechtsgebieten, zu denen sie materiell gehören. Diese Zuweisung ist zu verbinden mit einer offenen Transferleistung an diejenigen, die den jeweiligen Tatbestand erfüllen, da offene Transferleistungen eine wesentliche Voraussetzung dafür sind, daß über ihre Berechtigung und Beibehaltung im Rahmen einer 56

Dies gilt auch dann, wenn der Zuschuß statt als Einnahme von den Anschaffungsoder Herstellungskosten eines aktivierungspflichtigen Wirtschaftsgutes abgesetzt wird und die leistungsfähigkeits-indizierende Einmaleinnahme über ein reduziertes Abschreibungsvolumen zu entsprechend erhöhten Einkommen in den nachfolgenden Perioden führt. 57 Tipke, 617. 58 Tipke, 20, Birk spricht von „Lenkungsnormen", Birk-Steuerrecht, 141 ff. 59 Da ζ. B. die Wirkung der indirekten Subvention gem. § 10 e EStG (Ersatz für den bisherigen § 7b EStG) mit der Höhe des Einkommens wächst, führt eine derartige Sozialzwecknorm, legt man ihr das Bedürfnisprinzip zugrunde, zu einer Perversion der Gerechtigkeit; Tipke, 65.

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E. Das Konzept eines einheitlichen Einkommensbegiffs

pluralistisch geführten Diskussion überhaupt sachgerecht entschieden werden kann. Entscheidung setzt Wahrnehmung voraus, ein Bewußtsein über die Konsequenzen einer vorzunehmenden Interaktion. Sozialzwecknormen, die im Gestrüpp eines Steuerdschungels verborgen bleiben oder nur dem vigilanten Steuergestalter bekannt sind, 60 verlieren die Chance ihrer kritischen Überprüfung und der bewußten Perpetuierung ihrer Daseinsberechtigung. Vielleicht mag das aber auch gewollt sein, denn manchem Steuergesetz sieht man an, welcher gesellschaftlichen Gruppe und ihren Sonderwünschen Konzessionen gemacht worden sind. 61 b3) Einnahmen aus der Realisierung von Vermögenswertänderungen Ein vorhandenes Vermögen verschafft seinem Eigentümer nicht nur bei entsprechendem Einsatz Einnahmen als Zins und Grundrente, sondern auch Einnahmen aus der Realisierung der während seiner Verfügungszeit eingetretenen Wertsteigerungen. Dabei ist unter Wertsteigerung bzw. Kapitalgewinn der Wertzuwachs zu verstehen, den ein Wirtschaftsgut durch äußere Ereignisse, somit ohne Änderung seines Bestandes und seiner Substanz, namentlich also durch spezielle wirtschaftliche Verhältnisse und durch die Konjunktur erfährt. 62 Dabei ist zu unterscheiden, ob der Wertzuwachs an betrieblich genutzten Wirtschaftsgütern bzw. im Rahmen einer bewußt auf die Erzielung eines Kapitalgewinns ausgerichteten berufsmäßigen Spekulation eintritt oder an Vermögensund Kapitalelementen, die nicht irgendeiner produktiven Verwendung unterworfen sind und somit mehr gelegentlich-zufällig als „gains fortuits ou gains d'accroissement de valeur" 63 an privatgenutzten Vermögensteilen auftritt. Hinsichtlich der Wertung der Einnahmen aus der Realisierung der Wertsteigerungen aus betrieblich genutzten Vermögensteilen oder bei beruflicher Spekulationstätigkeit als einkommenbildendes Strukturelement dürften keine Zweifel bestehen. Anders ist es jedoch hinsichtlich gelegentlich-zufälliger Wertzuwächse aus dem privaten Bereich, wobei jedoch sogleich darauf hinzuweisen ist, daß so gelegentlich-zufällig auch hier die Wertänderungen häufig nicht sind, wenn das Ausmaß privat betriebener Spekulation an den Wertpapierbörsen beachtet wird. Während nämlich die beruflich erzielte Vermögenswertänderung Einnahmen aus der Beteiligung des Empfängers an der Bildung des Sozialprodukts sind, somit Strukturelemente eines Leistungseinkommens, resultieren derartige Einnahmen, soweit an ihrer Erzielung Vermögenselemente der privaten Sphäre beteiligt sind, nur gelegentlich einer solchen Beteiligung. 64 Daß jedoch auch realisierte Wertzu60 Tipke, 67 f. 61 Walz-Steuergerechtigkeit, 105. 62 Fasselt, 1; Blumenstein-System, 151; Oesch, 19; Ebnet, 21. 63 Courvoisier, 17 f. 64 Neumark-Probleme, 42; aA Meniconi, 88 ff, der auch die „atypischen Ereignisse" auf typische zurückführt.

I. Das Einkommen

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wächse aus privatem Vermögen zu leistungsfähigkeits-indizierenden Einnahmen führen, ist anzuerkennen, da die realisierte Wertänderung die wirtschaftliche Dispositionsfähigkeit ihres Empfängers vergrößert. Die Wertzuwächse müssen jedoch realisiert sein, da unrealisierte Wertsteigerungen allenfalls eine potentielle, nicht aber eine aktuelle Erhöhung der ökonomischen Leistungsfähigkeit bedeuten, die sich darüber hinaus auch noch durch eine entsprechende Wertminderung wieder verflüchtigen kann. So können sich beachtenswerte Bedenken65 gegen eine Erfassung der Einnahmen aus realisierten Vermögenswertänderungen aus dem privaten Bereich nicht aus dem Fähigkeitstheorem ergeben, sondern allenfalls aus administrativen Gründen mit einem Hinweis auf fehlende Praktikabilität. Wurden eingangs Vermögens wertänderungen auf solche Wertsteigerungen beschränkt, die ein Vermögensteil ohne Änderung seines Bestandes und seiner Substanz erfährt, ist damit von vornherein auch dem Gerechtigkeitselement der Praktikabilität im Sinne eines bestmöglichen Kompromisses zwischen Leistungsfähigkeitsideal und einschränkenden Wirklichkeitsbedingungen 66 Rechnung getragen. Da Privaten nicht zuzumuten ist, über ihr Privatvermögen lückenlos Buch zu führen und dabei auch noch den durch die Nutzung der Wirtschaftsgüter eingetretenen Substanzverlust wertadäquat im Sinne einer Absetzung für Abnutzung zu erfassen, beschränkt sich von vornherein die Erfassung von Vermögenswertänderungen auf solche Vermögens- bzw. Kapitalelemente, die einem Substanzabbau durch Abnutzung grundsätzlich nicht unterliegen. Dabei kann auf eine Erfassung von Wertänderungen beim Gebrauchsvermögen um so leichter verzichtet werden, als Absicht und Möglichkeit der Gewinnerzielung sowieso kaum eine Rolle spielen.67 Somit verbleiben für eine Erfassung von Weitänderungen das immaterielle Vermögen und aus dem Bereich materieller Wirtschaftsgüter Edelmetalle und Pretiosen, Kunstgegenstände und Sammlungen i. S. d. § 110 I Nr. 10-12 BewG sowie das Grundvermögen jeglicher Art. 6 8 Bei diesen Vermögens- und Kapitalelementen ist auch das Praktikabilitätskriterium erfüllt, da diese 65 Auch dem Argument, daß die Privatsphäre grundsätzlich gegen die Öffentlichkeit und damit auch gegen steuerliches Ermitteln abgeschirmt, privates Entscheiden gegen einkommensteuerliche Einflußmaßnahmen verfassungsrechtlich geschützt sei -Kirchhof / Söhn-Kirchhof, § 2, RN 665 u. 676 als Begründung für eine Ablehnung der Gleichstellung von Veräußerungsgewinnen im betrieblichen und privaten Bereich, kann nicht gefolgt werden. Ökonomische Leistungsfähigkeit sowie die Strukturelemente ihres Indikators sind nicht Bestandteil einer wie auch immer zu definierenden Privat- oder Intimsphäre, sondern ein objektives Tatbestandsmerkmal legaler Eingriffe des Staates in die ökonomischen Grundlagen seiner Bürger. Zutreffend weist Tipke darauf hin, daß sich aus der Verfassung nicht ableiten läßt, daß Einkünfte aus privatem Vermögen und sogar das private Vermögen selbst (durch die Vermögensteuer) besteuert werden dürfen, nicht aber Einkünfte aus der Veräußerung privater Vermögen; Tipke, 201. 66 Walz-Steuergerechtigkeit, 183. 67 Ebnet, 107; zur Definition des Begriffs Gebrauchsvermögen: Royal Commission, 151 f. 68 „Wenn die teilweise Heranholung einer wirklichen Leistungs- und Zahlungsfähigkeit möglich ist, braucht man ihre Inanspruchnahme deswegen nicht schon stets zu verschmähen, weil keine volle möglich wird," Terhalle, 354 f.

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E. Das Konzept eines einheitlichen Einkommensbegiffs

Wirtschaftsgüter bereits über das Bewertungsgesetz bei der Vermögens- bzw. der Grundsteuer erfaßt werden. Die ökonomische Leistungsfähigkeit erhöht sich aus der Realisierung von Vermögenswertänderungen nur dann, wenn der Wertzuwachs die reale Dispositionsfähigkeit seines Beziehers erhöht. Änderungen des Nominalwertes eines Vermögens, die nur die Entwicklung des allgemeinen Preisniveaus reflektieren, bringen dagegen keinen Zuwachs an ökonomischem Dispositionspotential,69 sind vielmehr nur inflatorischer und somit fiktiver Art. Aus diesem Grunde muß für die Erfassung von Vermögenswertänderungen die Anwendung des Realprinzips gefordert werden, muß von dem an sich im Steuerrecht vorherrschenden Grundsatz „Mark gleich Mark" des Nominalwertprinzips 70 abgewichen werden, da das Einkommen als Indikator ökonomischer Leistungsfähigkeit diese nur in Verbindung mit dem jeweiligen Preisniveau erkennen läßt und eine Änderung des Preisniveaus bei gleichem Einkommen eine andere Leistungsfähigkeit bedeutet.71 Der Wahl des Indexes, der in geeigneter Weise die Entwicklung des allgemeinen Preisniveaus und der Kaufkraft des Geldes wiederspiegelt, kommt daher entscheidende Bedeutung zu. Zwar hängt der Realwert des Vermögens und des Einkommens von dem jeweils individuell geplanten Verwendungszweck ab, jedoch läßt sich dieser Zweck weder zweifelsfrei feststellen noch als Begründung dafür heranziehen, eine Vielzahl zweckbestimmter und verwendungsorientierter Preisindices anzuwenden. Vielmehr ist auf eine standardisierte Einkommensverwendung abzustellen, die aus den Preisindices aller Güter und Dienstleistungen, die nachgefragt werden können, abzuleiten ist. 72 Dies nicht zuletzt deshalb, weil es bei der Eliminierung von inflationsbedingten fiktiven Vermögenswertsteigerungen nicht darum geht, aus den Einnahmen als Folge der Realisierung dieser Wertzuwächse die Möglichkeit der Wiederbeschaffung eines bestimmten Gutes zu sichern, sondern um die Kaufkraft, gemessen am Durchschnitt der Preise aller Güter, zu erhalten 73 und um den realen Wertzuwachs eines einzelnen Vermögenselementes zu ermitteln. Dies wird nur erreicht, wenn der reale Wertzuwachs nicht durch die Anwendung einer güterspezifischen Preissteigerungsrate überla69 Ebnet, 94. 70 Zum Nominalwertprinzip im geltenden Steuerrecht: Flämig-Reform, 428 ff.; Tipke, 205 ff. 71 Haller, 45; Wöhe anerkennt zwar, daß Geldzuflüsse, die nur die Geldentwertung ausgleichen, keine erhöhte Kaufkraft darstellen und daher auch keine zusätzliche Leistungsfähigkeit begründen, plädiert dennoch für eine Beibehaltung des Nominalwertprinzips, weil auch für den Staat das Erfordernis bestehe, sein Steueraufkommen zu sichern, da er als Nachfrager von Gütern und Diensten seinerseits dem Kaufkraftschwund ausgesetzt sei; Wöhe 1/2, 113. Dieses Argument übersieht, daß ein nicht regelmäßig an die Inflationsrate angepaßter progressiver Steuertarif (und welcher wird das schon) zu einer real steigenden Steuerbelastung führt, die den Kaufkraftschwund der Steuereinnahmen nicht nur ausgleicht, sondern überkompensiert. 7 2 Ebnet, 98. 7 3 Brümmerhoff, 41.

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I. Das Einkommen

gert wird, da die Aufspaltung eines speziellen Indexes in eine Inflations-und eine Realkomponente nicht möglich ist. 74 Als leistungsfähigkeitsindizierende Einnahme [ £ ] ist somit der um die inflationsbedingte Erhöhung [AVP IN Ü] bereinigte Verkaufspreis [VT*] zu erfassen und in den hier diskutierten Einkommensbegriff als sein Strukturelement einzubeziehen: E =

VP-AVP

IN Ü

Dabei ist die Inflationskomponente [ A V P i n f l ] eines veräußerten Vermögenselementes die mit den Geldeinheiten des Verkaufspreises [VP] bewertete Änderung des allgemeines Preisindexes [P] zwischen dem Zeitpunkt des Erwerbes [ r 0 ] und dem Veräußerungszeitpunkt [ i i ] : AVP INN = (P T L-PTO)

· VP

E = VP-(P N-P T 0)

· VP

somit ist

Realisierte reale Vermögens wertänderungen erhöhen die aktuelle ökonomische Leistungsfähigkeit im Zeitpunkt der Einnahme unabhängig von der Zugehörigkeitsdauer des veräußerten Objektes zum Vermögen des Veräußerers. Aus diesem Grunde ist eine Befristung, nach deren Ablauf Einnahmen aus der Veräußerung von Vermögensteilen infolge Realisierung eingetretener Vermögenswertänderungen nicht mehr als leistungsfähigkeits-indizierende Einnahmen zu erfassen sind, abzulehnen. Für die Berücksichtigung realisierter realer Vermögenswertminderungen gelten die Ausführungen entsprechend.

c) Die Relevanz des Ertragsbegriffs für die individuelle Leistungsfähigkeit Dem Ertragsbegriff kommt durchaus eine doppelte Bedeutung zu. Zum einen sind Erträge die Werte oder Wertüberschüsse in ihrer Gesamtheit, die sich aus dem produktiven Einsatz eines Faktors ergeben und deshalb diesem zuzurechnen sind. 75 Sie zeigen somit eine konkrete Beziehung zwischen dem Objekt „Ertragsquelle" und den daraus fließenden Werten an, ohne besonderen Bezug auf den Umstand, wem die Ertragsquelle gehört und auf welcher Person die Erträge zu beziehen sind, da sie erst im Augenblick ihres Bezugs auf die Person des Empfängers funktional zu Einkommenselementen werden. 76 Der Ertragsbegriff ist somit 74

Wissenschaftlicher Beirat BMFI, 91. 75 Woll, 153 ff. 76 Neumark-Probleme, 27.

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E. Das Konzept eines einheitlichen Einkommensbegiffs

enger als der Einnahmebegriff, der auch Revalutierungen umfaßt, Wertzuflüsse also, denen keine leistungsfähigkeits-indizierende Wirkung zukommt und die deshalb keine Strukturelemente des Einkommens sind. Da Einkünfte auf unterschiedliche Art und Weise ermittelt werden können, ist mit dem unterschiedlichen Verfahren auch eine unterschiedliche Terminologie verbunden. Während die Einkommensermittlung als Ausgleichsvorgang von leistungsfähigkeits-indizierenden Einnahmen mit solchen Ausgaben, die nicht Einkommensverwendungen sind, letztlich auf die Kameralistik zurückgeht 77 und ausschließlich auf den Zeitpunkt des tatsächlichen Zu- bzw. Abflusses der Strukturelemente des Einkommens abstellt und somit Periodenverschiebungen, die z. B. dadurch entstehen, daß einkommensrelevante Einnahmen als erhaltene Anzahlungen und einkommensrelevante Ausgaben als Vorauszahlungen losgelöst vom Fälligkeitszeitpunkt der jeweiligen Leistungserbringung erfaßt werden, bewußt hinnimmt, 78 erfolgt die Einkommensermittlung als Betriebsvermögensvergleich durch eine Saldierung der Erträge mit den Aufwendungen. Erträge sind dabei gem. § 242 I I HGB realisierte Betriebsvermögenszugänge, Aufwendungen entsprechend Betriebsvermögensabgänge. Insofern beinhaltet der Ertragsbegriff als Begriff des Rechnungswesens und in dem hier verstandenen Sinne bereits die Person seines Empfängers und unterscheidet sich von den leistungsfähigkeitsindizierenden Einnahmen allenfalls durch den Zeitpunkt der Erfassung als Strukturelement des Einkommens, da er entsprechend § 252 I Nr. 5 HGB unabhängig von den Zeitpunkten der entsprechenden Zahlungen zu berücksichtigen ist. Da in dem am Leistungsfähigkeitsprinzip ausgerichteten Einkommensbegriff sowohl Einnahmen aus privaten und staatlichen Transfers als auch Einnahmen aus der Realisierung von Vermögenswertänderungen aus dem privaten Bereich erfaßt werden ohne Rücksicht darauf, ob und in welcher Art der Bezieher derartiger Einnahmen beruflich tätig ist, führt auch eine duale Einkommensermittlung nicht mehr zu den unerwünschten Erscheinungen, wie sie der dualen Einkommensermittlung im Steuerrecht zu eigen sind.

d) Zusammenfassung Zusammenfassend läßt sich somit feststellen, daß Einnahmen und Erträge in dem hier verstandenen Sinne und im Rahmen des hier dargestellten Einkommensbegriffs leistungsfähigkeits-indizierende Ausgangsgrößen sind, die den der Ermittlung des Einkommens als einer Residualgröße zugrunde liegenden Bruttobegriff verkörpern. Obgleich Begriffe unterschiedlicher Verfahren der Einkommensermittlung, sind sie im Ergebnis materiell deckungsgleich und unterscheiden 77 Oettle, 314 ff. 78 Zur Beziehung zwischen Einnahme und Ertrag einer Periode: Flasse u. Α., 90 ff.; Wöhe-BWL, 879 f.; Weber, Η. K , 236 ff.

I. Das Einkommen

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sich im Falle unterschiedlicher Zeitpunkte ihrer Erfassung durch die Verteilung ihres Gesamtwertes auf unterschiedliche Perioden. Während jedoch den Erträgen als Betriebsvermögenszugänge generell eine leistungsfähigkeits-indizierende Eigenschaft zukommt, läßt erst die sorgfältige Analyse der ökonomischen Qualität einer Einnahme eine Aussage darüber zu, ob und inwieweit sie bereits das Maß bzw. die Veränderung der ökonomischen Leistungsfähigkeit ihres Beziehers indiziert, denn „receipt of cash is not income", 79 so daß wohl zu recht gesagt werden kann, „that the failure to distinguish clearly between receipts and income . . . has been the source of most of the confusions in economics . . . in the past generation" 80 und somit als Ursache für das allenthalben festgestellte Begriffswirrwarr anzusehen ist. Jedoch ist darauf hinzuweisen, daß die Berücksichtigungsfähigkeit von Einnahmen als Strukturelement eines zu ermittelnden Einkommens nicht von einer ihr durch den Einnehmenden subjektiv zugewiesenen Finalität abhängt, sondern ausschließlich von der objektiv feststellbaren Eigenschaft, nicht Revalutierung zu sein. Indizieren Erträge per se und derartig analysierte Einnahmen bereits vorhandene ökonomische Leistungsfähigkeit, sind grundsätzlich alle Indizien zu sammeln, alle Einnahmen und Erträge zu erfassen, um zu verhindern, daß durch eine Vorabausklammerung bestimmter Einnahmen oder einzelner Erträge die ökonomische Leistungsfähigkeit ihres Beziehers fehlerhaft dargestellt wird. Die sorgfältige Beachtung eines strengen Bruttoeinnahme- und -ertragsprinzips hat deshalb am Anfang einer jeden am Leistungsfähigkeitsprinzip ausgerichteten Einkommensermittlung zu stehen.

3. Ausgaben und Aufwendungen Ein Einkommensbegriff, der ausgerichtet ist am Prinzip wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, fordert, daß Ausgaben und Aufwendungen, die der Erzielung, Erhaltung und Sicherung von leistungsfähigkeits-indizierenden Einnahmen dienen, Strukturelemente eben dieses Einkommensbegriffs sind, somit als ein die Bruttoausgangsgrößen „Einnahmen und Erträge" mindernder Vermögensabfluß behandelt werden müssen, da sie für die private Bedürfnisbefriedigung im Sinne einer Einkommensverwendung 81 nicht mehr zur Verfügung stehen. Deshalb gilt es, bei der Bestimmung von solchen Ausgaben und Aufwendungen, die einkommensmindernd zu berücksichtigen sind, zwischen der Einkommenserzielungs79 Boulding, 203. so Boulding, 140. si Der Begriff „Einkommensverwendung" ist eine Sprachschöpfung von früheren Einkommensteuergesetzen -§ 181 S. 1 EStG v. 1925: „Als Ausgaben dürfen unbeschadet des § 15 Abs. 1 Nr. 3, § 17 Aufwendungen nicht abgesetzt werden, die sich als Verwendung des Einkommens darstellen." — wird jedoch, obgleich im geltenden Recht nicht mehr enthalten, von Schrifttum und Rechtsprechung weiter verwendet, Lerchl, 2.

E. Das Konzept eines einheitlichen Einkommensbegiffs

und der Privatsphäre zu scheiden.82 Dabei stehen die Einzelelemente des Begriffspaares der einkommensrelevanten Ausgaben und Aufwendungen im vergleichbaren Verhältnis zueinander wie die Elemente des Begriffspaares Einnahmen und Erträge, unterscheiden sich grundsätzlich voneinander nicht hinsichtlich ihres materiellen Gesamtinhaltes, sondern nur hinsichtlich der Perioden ihrer Berücksichtigung in Abhängigkeit von Art und Weise der Einkommensermittlung, da Aufwendungen periodisierte, erfolgswirksame Ausgaben sind. 83

a) Ausschließlich der Einkommenssphäre zuzurechnende Ausgaben und Aufwendungen Während jedoch die Bestimmung der einkommensrelevanten Einnahmen sich ausrichten kann an der objektiv feststellbaren Eigenschaft, nicht Revalutierung zu sein, steht bei der Scheidung einkommensrelevanter Ausgaben und Aufwendungen von solchen bloßer Einkommensverwendung ein gleich objektives Kriterium nicht zur Verfügung. Vielmehr muß die erforderliche Zuordnung von der Erkenntnis ausgehen, daß jegliche Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr, jedwede Tätigkeit mit Einkommenserzielungsabsicht, aber auch jegliche private Lebensführung aus motiviertem oder finalem Handeln besteht.84 Somit ist die Berücksichtigungsfähigkeit von Ausgaben und Aufwendungen unabhängig von ihrer Art, ihrer objektiv feststellbaren Erscheinungsform, sondern vielmehr abhängig von einem subjektiven Beweggrund, einer ihnen subjektiv zugewiesenen Zwecksetzung, von der causa movens bzw. der causa finalis also. 85 Soll jedoch im konkreten Einzelfall die Entscheidung über den einer Ausgabe beizugebenden Charakter nicht ausgeliefert sein bloßen Behauptungen über Zwecke und Motive, wird zu fordern sein, daß der subjektive Tatbestand sich durch objektiv feststellbare Kriterien artikuliert. Verlangt werden muß also, soweit die Qualifizierung einer Ausgabe als Strukturelement des Einkommens nicht offenkundig ist, eine objektiv feststellbare Erscheinungsform des Handlungsmotivs oder des Handlungszwecks, ohne daß dadurch der Ausgabe selbst bzw. ihrer Art und Form ein höheres Maß an Objektivität für die Zuordnungsentscheiçiung zukommt; sie selbst bleibt vielmehr entscheidungsneutral. Offenkundig ist eine Ausgabe dann Strukturelement des Einkommens, wenn sie objektiv der Erwerbstätigkeit oder der Erzielung sonstiger leistungsfähigkeitsindizierender Einnahmen dient und in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der Lebensführung steht, so daß bereits aus ihrer objektiv feststellbaren Aufgabenstellung und ihrer Distanz zur privaten Sphäre auf den subjektiven Tatbestand geschlossen werden kann. Da es jedoch für die Zuordnungsentscheidung ursäch82 Brandis-Einkommen, 294 f.; Tipke-Demarcation, 144 ff. 83 Fiasse u. Α., 86; Wöhe-Bwl, 882. 84 Tipke, 243 f. 85 Zur theoretischen Unterscheidung von Motiv und Zweck: Tipke-Ziel, 6 ff.

I. Das Einkommen

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lieh auf den subjektiven Tatbestand ankommt, sind nicht nur solche Ausgaben und Aufwendungen einkommensrelevant, die einer Erwerbstätigkeit oder einer gleichwertigen Einnahmeerzielung objektiv dienen, sondern auch solche, die diesem Zweck nur vom Standpunkt des Handelnden aus dienen. Somit entscheidet der Handelnde allein, steht allein ihm ein Beurteilungsspielraum zu mit der Folge, daß es auf eine irgendwie geartete Üblichkeit, Zweckmäßigkeit oder gar Notwendigkeit nicht ankommt. Wird dagegen eine Ausgabe getätig, deren Eignung zur Erzielung von leistungsfähigkeits-indiziernden Einnahmen nach aller Erfahrung ausgeschlossen ist, wird sie der privaten Sphäre zuzurechnen sein, da der subjektive Tatbestand im Sinne einer Motivation zur Einkommenserzielung in einem solchen Falle nicht durch objektiv erkennbare Kriterien artikuliert werden kann. 86 Wie bei jeder Grenzziehung besteht die Möglichkeit, sich auch einer Definitionsgrenze von zwei Seiten zu nähern. Wurde bisher die Qualifizierung einer Ausgabe als einkommensrelevantes Strukturelement positiv vorgenommen und ausgerichtet an dem subjektiven Handlungswillen des Ausgebenden, die Ausgabe in „profitabler Absicht" 87 zu tätigen, muß dennoch darauf hingewiesen werden, daß im konkreten Einzelfall der Grenzverlauf hierdurch nicht immer eindeutig festgestellt werden kann. Zum einen ist das äußere Erscheinungsbild einer wirklichen Motivation und einer tatsächlichen Finalität menschlichen Handelns als innerpersonale Aktion häufig überlagert und kaschiert durch nur vorgegebene Motivation und nur behauptete Finalität, zum anderen führt in allen hier dargestellten öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen ein möglichst niedriges Einkommen zu einer günstigeren Ausgangssituation für das durch die staatlichen Eingriffe in seine ökonomischen Grundlagen unmittelbar betroffene Individuum, sei es durch eine verminderte Steuerzahlung oder eingeschränkte Geldstrafe, sei es durch die Gewährung einer staatlichen Wohltat durch die Leistungsgesetze des Sozialrechts. Aus diesem Grunde ist davon auszugehen, daß eine latent vorhandene Sogwirkung besteht, mit Hilfe geschickten Argumentierens Ausgaben der Privatsphäre, Einkommensverwendungen also, über die Grenze in den Bereich der einkommensrelevanten Ausgaben und Aufwendungen zu transferieren. Somit empfiehlt sich bei der Entscheidung darüber, welcher Sphäre eine Ausgabe zuzuordnen ist, sich der Definitionsgrenze von beiden Seiten zu nähern. Es ist deshalb in den nicht offensichtlichen Fällen zu fragen, ob Ausgaben und Aufwendungen veranlaßt sind, um leistungsfähigkeits-indizierende Einnahmen zu erzielen oder ob sie durch die Lebensführung als Aufwendungen für den Haushalt und den Unterhalt von Familienangehörigen veranlaßt sind und die Entscheidung zu treffen je nach der Übergewichtigkeit der einen oder der anderen Antwort. 86

Popkin, 16 f.: „Since the purpose of an expenditure can be found only in the individual's state of mind, a . . . test must be used to distinguish business from personal expenses." 87 Tipke, 243 f.

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E. Das Konzept eines einheitlichen Einkommensbegiffs

Ausgaben und Aufwendungen allgemeiner Art, die zwar nicht die Lebensführung betreffen, andererseits aber auch nicht im Zusammenhang stehen mit einer bestimmten gewerblichen, landwirtschaftlichen oder selbständigen Betätigung, sind, anders als z. B. im Einkommensteuerrecht, da sie dort keinen Tatbestand einer dieser Einkunftsarten verwirklichen, 88 als Strukturelement des Einkommens zu behandeln, da der hier dargestellte Einkommensbegriff nach der Leistungsfähigkeit nicht auf eine enumerativ beschränkte Anzahl von Einkunftsarten aufbaut, sondern jedwede leistungsfähigkeits-indizierende Einnahme in sich aufnimmt. Entscheidend ist allein die Absicht, einkommensrelevante Einnahmen zu erzielen. Dies gilt z. B. bei dem hier vertretenen Einkommensbegriff auch für die Beitragszahlungen zur Renten- und zur Arbeitslosenversicherung. Dabei kann diese Absicht einer Ausgabe auch nachträglich zugewiesen werden, z. B. im Falle der Realisierung privater Vermögenswertänderungen, da zum Zeitpunkt des Erwerbs eines Vermögensteiles die Absicht, Wertsteigerungen zu realisieren, häufig noch gar nicht vorliegt, so daß nur durch eine nach dem Zahlungszeitpunkt dieser Ausgabe zugewiesenen Einkommenserzielungsabsicht verhindert werden kann, daß die um die Inflationskomponente bereinigte Bruttoeinnahme ohne Berücksichtigung der Ausgaben für die Anschaffung des Vermögensteiles als Einkommen angesehen wird. b) Gemischte Ausgaben und Aufwendungen Während bisher nur solche Ausgaben berücksichtigt wurden, die in toto entweder der privaten Sphäre oder dem Bereich der Einkommenserzielung zuzurechnen waren, da sie, wenn überhaupt, dann ausschließlich der Einnahmeerzielung zu dienen bestimmt waren, stellt sich die Frage nach einer sachgerechten Grenzziehung noch deutlicher bei den sogenannten gemischten Aufwendungen, 89 Aufwendungen also, die doppelt motiviert sind oder einem Doppelzweck dienen. Derartige Ausgaben dienen sowohl der Lebensführung als auch dem Berufsbereich bzw. der Erzielung leistungsfähigkeits-indizierender Einnahmen. Kann eine Aufteilung der gemischten Ausgaben bzw. Aufwendungen nach objektiven Maßstäben mit Sicherheit und leicht vorgenommen werden, ist eine Erfassung und Berücksichtigung des Teils, der der Erzielung einkommmensrelevanter Einnahmen dient, unstreitig. 90 Aber auch dann, wenn ein derartig zuverlässiger und leicht feststellbarer objektiver Maßstab nicht vorliegt, ist der der Einnahmeerzielung dienende Teil der Ausgaben bzw. Aufwendungen mit einem geschätzten Anteil als Einkommensstrukturelement zu berücksichtigen. Entscheidend für die Berücksichtigungsfähigkeit eines Teiles derartiger Aufwendungen ist nicht das Problem der ss Vgl. Littmann / Wolff-Diepenbrock, § 9, RN 42 und 80. Zum Begriff und zur systematischen Einordnung im EStG: Kirchhof / Söhn-Arndt, § 12, A 26 ff. 90 So auch für die Berücksichtigung als Betriebsausgabe bzw. Werbungskosten bei der steuerrechtlichen Einkommensermittlung, BFH-BStBl II 1971, 17 (20). 89

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Trenn- bzw. Untrennbarkeit nach zuverlässigen objektiven Kriterien, 91 sondern ausschließlich die Frage, ob es sich hierbei um Ausgaben und Aufwendungen handelt, die beruflich mitveranlaßt sind. Kann aber einem zumindest nicht völlig zu vernachlässigenden Teil dieser Ausgaben eine einkommensrelevante causa movens oder causa finalis zugewiesen werden, ist der entsprechende Teil im Rahmen der Einkommensermittlung zu berücksichtigen. Die Notwendigkeit einer sorgfältigen Schätzung mangels besserer Kriterien kann dem nicht entgegenstehen. 92 c) Einkommensverwendungen mit Zwangscharakter Einkommensverwendungen jeglicher Art, sowohl als Ausgaben für die allgemeine Lebensführung mit einem gewissen Maß an freier Entscheidung hinsichtlich ihrer Höhe und Zusammensetzung als auch als Zwangsabgaben, die aufgrund gesetzlicher Verpflichtungen geleistet werden müssen und damit der freien Disposition entzogen sind, wie ζ. B. Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung 93 und direkte Steuern, sind keine einkommensrelevanten Ausgaben, dürfen das am Leistungsfähigkeitsprinzip ausgerichtete Einkommen als einheitliche Bemessungsgrundlage eines integrierten Steuer- und Transfersystems nicht mindern. 94 Derartige Ausgaben dienen nicht der Erzielung leistungsfähigkeits-indizierender Einnahmen. Nur die hierauf zielende causa movens oder causa finalis kann eine Ausgabe zu einem Strukturelement des Einkommens qualifizieren, nicht jedoch eine wie auch immer geartete Freizügigkeit oder Freiwilligkeit der Entscheidung. Denn es ist unlogisch und inkonsequent, als Bemessungsgrundlage ein Einkommmen zu ermitteln, das sich erst ergibt, „nachdem abgezogen worden ist, was eine Verwendung des zu ermittelnden Einkommens ist." 9 5 Somit ist eine zwangsweise Ausgabenverpflichtung keine Frage der Einkommensbestimmung, sondern eine Frage sachgerechter Tarifgestaltung, da fehlende Entscheidungsfreiheit nicht die ökonomische Leistungsfähigkeit selbst reduziert, sondern „nur" Art und Umfang des freizügigen Umgangs mit ihr. 9 6 Gleiches gilt für die sogenannten außergewöhnlichen Belastungen, Ausgaben also, die mit der privaten Lebensführung zusammenhängen, die jedoch hinsichtlich ihrer Höhe die ver91 So jedoch Söhn, 57. 92 So auch für die steuerrechtliche Einkommensermittlung: Tipke, 246 f.; Kirchhof / Söhn-Arndt, § 12, RN A 76. 93 Gaddum, 168. 94 Α. A. Kausemann, 212 f., der die Zwangsabgaben Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung und direkte Steuern (!) wegen fehlender Dispositionsfreiheit als Abzug von der Bemessungsgrundlage berücksichtigen will. Dabei wird jedoch übersehen, daß nicht nur den Zwangsversicherungsbeiträgen die freie Disposition fehlt, sondern zumindest auch den Ausgaben für das Existenzminimum. 95 Lerchl, 5. 96 aA Franz, 34; der zur Ermittlung einer Maßgröße subjektiver Leistungsfähigkeit empfielt, derartige Einkommensübertragungen von der Bemessungsgrundlage selbst abzuziehen. 19 Burger

E. Das Konzept eines einheitlichen Einkommensbegiffs

gleichbaren Aufwendungen der überwiegenden Mehrzahl gleicher Einkommensbezieher übersteigen und denen sich der Betroffene aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen konnte. 97 Auch sie sind Ausgaben, die wegen ihrer Zwangsläufigkeit zwar die Dispositionsfreiheit einschränken, jedoch aus dem erzielten Einkommen bestritten werden müssen. Zwar kann durch sie die Belastung so groß sein, daß das verbleibende disponible Einkommen nicht mehr ausreicht, den Lebensunterhalt zu sichern oder es auch nur als unzumutbar anzusehen ist, aus ihm die volle tarifmäßige Steuer zu begleichen, jedoch kann die Lösung nicht darin bestehen, aus dem Grund eingeschränkter Dispositionsfreiheit Einkommensverwendungsposten zu einkommensrelevanten Ausgaben zu fingieren. Vielmehr ist auch hier die Lösung zu suchen in einem integrierten Tarifsystem, das sämtliche öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnisse umfaßt, in denen das Einkommen ein leistungsfähigkeits-indizierendes Tatbestandsmerkmal ist. 4. Der periodisierte Ausgleichsvorgang von einkommensrelevanten Einnahmen und Ausgaben Das Einkommen als Ergebnis eines Ausgleichsvorgangs von leistungsfähigkeits-indizierenden Einnahmen und Erträgen mit zu ihrer Erzielung, Sicherung und Erhaltung kausal oder final bestimmten Ausgaben und Aufwendungen ist wesensmäßig eine abstrakte Größe, 98 „merely the result of certain arithmetical operations." 99 Ausgehend von seiner Funktion, Indikator ökonomischer Leistungsfähigkeit zu sein, kann es dieser Aufgabe nur gerecht werden, wenn seine Strukturelemente sowohl als einkommensrelevante Einnahmen und Erträge alle Wertzuflüsse, die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ihres Beziehers stärken, als auch als einkommensrelevante Ausgaben und Aufwendungen nur solche Vermögensabflüsse, die nicht Einkommensverwendungen sind, umfassen. Die Forderung nach Beachtung eines strengen Bruttoeinnahmeprinzips beinhaltet sowohl den Verzicht auf eine Durchdringung des Einkommensbegriffs mit Sozialzwecknormen, wie sie besonders beim steuerrechtlichen Einkommensbegriff anzutreffen ist, als auch eine Ablehnung der Privilegierung bestimmter leistungsfähigkeits-indizierender Einnahmen, die typisch für die sozialrechtlichen Einkommensbegriffe ist. Der Ausschluß von Einkommensverwendungen schließlich vermeidet die Inkonsequenz, daß erst durch eine Berücksichtigung von Vermögensabflüssen, die der privaten Sphäre der Lebensführung zuzurechnen sind, Einkommen entsteht. Beide Grundsätze bedingen letzlich die Aufgabe eines synthetischen, sich an der enumerativen Aufzählung einzelner Einkunftsarten orientierenden Einkommensbegriffs.

97 Zur Zwangsläufigkeit außergewöhnlicher Belastungen: Jakob / Jüptner, 214 f. 98 Neumark-Probleme, 27. 99 Simons, 78.

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Der Ausgleichsvorgang von Einnahmen und Ausgaben in dem hier verstandenen Sinne führt zwangsläufig zu einem Verlustausgleich, wenn in Teilbereichen der Einkommenserzielungssphäre die Ausgaben und Aufwendungen höher sind als die entsprechenden Einnahmen und Erträge bzw. zu einem negativen Einkommen, wenn insgesamt die einkommensrelevanten Vermögensabflüsse die Wertzuflüsse übertreffen. Da im Rahmen des am Leistungsfähigkeitsprinzips ausgerichteten Einkommensbegriffs von der Summe der Einnahmen und Erträge die Summe der Ausgaben und Aufwendungen abgezogen werden, kommt einer Unterteilung in verschiedene Einkunftsarten allenfalls noch eine organisatorische Aufgabe zu, so daß sich auch eine Unterscheidung in einen internen bzw. horizontalen und einen externen bzw. vertikalen Verlustausgleich erübrigt. Ein derartig umfassender und automatischer Verlustausgleich ist vielmehr eine natürliche Folge des Nettoprinzips, da alle „Einkunftsarten" gleich bewertet werden, ist auch keine Vergünstigung, „sondern ein Akt richtiger Leistungsfähigkeitsbemessung." 100 Kein Bestandteil des Einkommens dagegen ist ein überperiodischer Verlustabzug durch einen Rücktrag auf vergangene oder durch einen Vortrag auf zukünftige Perioden. Eine derartige Aussage impliziert die Ermittlung eines Periodeneinkommens mit einer Periode > 1 als einheitliche Bemessungsgrundlage eines integrierten Steuer- und Transfersystems. Dem könnte entgegengehalten werden, daß Maßstab für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einer Person letztlich das während seiner gesamten Lebenszeit erzielte Totaleinkommen sei, 101 so daß grundsätzlich auf eben dieses Einkommen abgestellt werden müsse, und nur, weil Verwaltungshandeln auf der Grundlage eines tatbestandsmäßigen Lebenseinkommens technisch kaum zu bewältigen ist, 1 0 2 aus verwaltungstechnischen Gründen eine Periodisierung zu akzeptieren sei. Dieses Zugeständnis müsse jedoch verbunden werden mit einer möglichst mehrjährigen Periode, 103 oder aber einer Durchschnittssbesteuerung 104 bzw. Durchschnittstransfergewährung. 105 Jedoch ist zum einen darauf hinzuweisen, daß eine Einengung von Abweichungsintervallen infolge schwankender Einkommensverteilung durch eine andere Periodisierung der Einkommensermittlung nur einen Teil des Problems lösen würde, da auch bei mehrjährigen Perioden Niveauverschiebungen und Schwankungen auftreten, die individuelle und gruppenspezifische Eigenarten aufweisen, 1 0 6 zum anderen ist aber auch zu fragen, ob sich aus der Interpretation des Leistungsfähigkeitstheorems tatsächlich ein derartig eindeutiges Kriterium i. S. loo Tipke, 207 f. ιοί Mitschke, 80; Kausemann, 233. 102 Tipke, 200 f. 103 Vgl. dazu Sommer, 315. 104 Hackmann, J., 1 ff.; zur Technik der Durchschnittsbesteuerung: Vickrey, 79 ff.; Vickrey, W., 123 ff.; Hackmann-Besteuerung, 54 ff.; Mitschke, J., 133 f.: BrümmerhoffBeeinflussung, 110 ff. 105 Kausemann, 252 f. 106 Dörfel, 28 ff. und 45 ff. 19*

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E. Das Konzept eines einheitlichen Einkommensbegiffs

der Forderung nach einem Totaleinkommen für die gesamte Lebenszeit ableiten läßt, so daß sich dann, käme man zu einem ablehnenden Ergebnis, das Problem auf eine sachgerechte Tarifanwendung, die periodisierungsbedingte Progressionslasten beseitigt, reduziert. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Individuums, ausgedrückt durch die Höhe des Einkommens als ihrem Indikator, beschreibt die Fähigkeit, Geldzahlungen erbringen zu können, knüpft als Verteilungsgröße für öffentliche Lasten und Leistungen an der bestehenden Zuordnung des vorhandenen Geldvermögens im Zeitpunkt des Zuflusses an 1 0 7 und definiert somit das Ausmaß vorhandener Dispositionsfreiheit. Diese Dispositionsfreiheit ist eine Freiheit im aktuellen Dispositions- und Entscheidungszeitpunkt und nicht eine, wie sie in vergangenen Zeiten einmal war oder in zukünftigen Perioden einmal sein wird und somit auch keine, die sich nur rechnerisch-theoretisch als Ergebnis der erst ex post möglichen Anwendung eines mathematischen Algorithmusses auf Lebenszeit und Lebenseinkommen ergibt. Zwar ist die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eine Eigenschaft, die ein Individuum lebenslang begleitet, die jeder Person als ökonomisches alter ego anhaftet, solange sie überhaupt noch imstande ist, Entscheidungen zu treffen; sie ist aber als individuelle Verfügungsmöglichkeit über Güter und Dienstleistungen keine Konstante, sondern kann im Laufe des Lebens eines Einkommensbeziehers jedweden Wert zwischen den Maxima höchstmöglicher Leistungsfähigkeit und größter Bedürftigkeit annehmen. Ein auf die Lebenszeit bezogenes Lebenseinkommen und damit auch das durchschnittliche jährliche Lebenseinkommen verkennt, daß Dispositionsfreiheit und Verfügungsmöglichkeit zeitpunktbezogene Entscheidungssituationen sind, deren Freiheitsgrad abhängig ist von der konkret vorhandenen Ist-Tatbestandsmäßigkeit, indiziert durch das aktuell vorhandene Ist-Einkommen. Wird aber Leistungsfähigkeit als Dispositionsfreiheit verstanden, als Möglichkeit, über Güter und Dienstleistungen verfügen zu können, und wird als Indikator des Ausmaßes dieser Freiheit und Verfügungsmöglichkeit das Einkommen herangezogen, dann kann aus dem Leistungsfähigkeitstheorem die Forderung nach einem Totaleinkommen aus der gesamten Lebenszeit nicht abgeleitet werden. Vielmehr ist auf das jeweilige Einkommen im Entscheidungszeitpunkt abzustellen, die Lebenszeit nahezu unendlich zu periodisieren entsprechend der Anzahl der Entscheidungsaugenblicke. Nur das verwaltungstechnische Praktikabilitätserfordernis faßt die Freiheitsgrade der Entscheidungen und die sie indizierenden Einkommen zu Perioden zusammen. Diese müssen, dies sei zugestanden, keine jährlichen Perioden sein. Je kürzer jedoch diese Perioden sind, um so mehr entspricht das so ermittelte Einkommen dem Leistungsfähigkeitsprinzip. Wenn darüber hinaus bereits festgestellt wurde, daß aus dem Fähigkeitstheorem nicht zwangsläufig auch ein progressiver Tarif abgeleitet werden kann, dann kann auf das Leistungsfähigkeitsprinzip auch nicht rekurriert werden, um die als Folge 107 Birk, 167.

II. Die Einkommensgrenzen

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eines derartigen Tarifs auftretenden Nachteile bei schwankendem Einkommen zu beseitigen. Vielmehr sind die unerwünschten Folgen eines Tarif durch eine sachgerechte Gestaltung des Tarifs zu vermeiden und nicht durch Eingriffe in das Verfahren der Einkommensermittlung. Eine für notwendig gehaltene salvatorische Berücksichtigung von Verlustresten, die innerhalb einer Periode nicht ausgeglichen werden können, hat deshalb nicht durch eine Minderung des Einkommens als Folge eines Verlustabzuges durch einen Rück- oder einen Vortrag zu erfolgen, sondern durch eine das gewünschte Ergebnis zeitigende Tarifgestaltung. 108 5. Zusammenfassung Die strenge Ausrichtung des Einkommensbegriffs am Leistungsfähigkeitsprinzip durch eine Erfassung sämtlicher leistungsfähigkeits-indizierender Einnahmen und durch eine Eliminierung von Einkommensverwendungen erlaubt es, einen derart strukturierten Indikator als integriertes Tatbestandsmerkmal in den öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen zu verwenden, in denen eine so festgestellte wirtschaftliche Verfügungsmöglichkeit bzw. Bedürftigkeit Voraussetzung ist für Eingriffe in die ökonomischen Grundlagen privater Individuen. Die Vermeidung einer Durchdringung der Einkommensermittlung mit Sozialzwecknormen sowie die Mißachtung der den einzelnen Gesetzen immanenten Zielvorstellungen schafft das notwendige Maß an Objektivität und Neutralität, das Voraussetzung ist für eine einheitliche Verwendbarkeit. Der so typisierte Nettowert offenbart seine Strukturelemente und kann damit zur Beachtung gehöriger Begriffszucht beitragen. Die Vermeidung terminologischer Mängel wiederum und ein einheitlicher Gebrauch des Einkommensbegriffs stellen sich somit als rechtliches Anliegen und damit auch als ein Gebot der Rechtssicherheit dar. Die Ausrichtung des Einkommensbegriffs an die objektiv feststellbare Leistungsfähigkeit bedarf jedoch der Ergänzung durch ein integriertes Tarifsystem und aufeinander abgestimmter Einkommensgrenzen als Voraussetzung für ein konzertiertes Eingriffsverhalten der öffentlichen Gewalt in die ökonomischen Grundlagen privater Individuen.

II. Die Einkommensgrenzen "Wer nur ein zum nothdürftigen Lebensunterhalte ausreichendes Einkommen hat, kann hiervon nichts für den Einkommensteuerbedarf abgeben. Wer etwas mehr hat, kann, wenn er sich auch einschränken muß, doch etwas dazu beitragen. Mit der steigenden Höhe des Einkommens vermindert sich das Maß der Einschränkung und steigt das Maß der Beitragsfähigkeit..." 109 Fuisting definierte 108 Zur lebenszeitbezogenen Einkommensbesteuerung vgl. auch: Wenger, 307 ff. und Schneider-Gleichmäßigkeit, 470 ff. 109 Fuisting-Bd. 4, 203.

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E. Das Konzept eines einheitlichen Einkommensbegiffs

noch die Höhe des Einkommens, das von jeder Steuerlast freigehalten werden soll, unter Außerachtlassung jeglicher Umverteilungsüberlegung ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Beitragsfähigkeit im Sinne einer subjektiven steuerlichen Leistungsfähigkeit mit der Zielsetzung, das für die Finanzierung öffentlicher Aufgaben erforderliche Steueraufkommen zu sichern. Heute dagegen ist es auch verfassungsrechtlich gesichert, daß der Staat nicht nur Sicherungsaufgaben hat, sondern sich auch um die materielle Wohlfahrt seiner Bürger kümmern und die unerträglichsten Ungleichheiten beseitigen muß. 110 Diese gewollte Umverteilungspolitik, die ihre Grundlagen in allgemeinen Gerechtigkeitserwägungen hat, 111 muß jedoch unter Beachtung des Leistungsfähigkeitsprinzips verhindern, daß „Umkippeffekte" 112 geschaffen werden durch eine disaggregierte Betrachtung der einzelnen Bestimmungsfaktoren. Derartige Umkippeffekte liegen dann vor, wenn trotz Zunahme des Leistungseinkommens infolge des Wegfalls einkommensabhängiger Transfers sich das ausgabefähige und damit verfügbare Einkommen verringert. Betroffen werden von diesem Effekt aufgrund der in den einzelnen Leistungsgesetzen des Sozialrechts enthaltenen Einkommensgrenzen vornehmlich Bezieher mittlerer und geringerer Einkommen, die um so schneller in die relevanten Einkommensbereiche hineinwachsen, je mehr einmal festgelegte Einkommensgrenzen nicht regelmäßig an die jährliche Inflationsrate angepaßt werden. Es stellt sich somit die Frage nach den generell zu beachtenden Kriterien für die Ziehung integrierter Einkommensgrenzen als Voraussetzung einer aufeinander abgestimmten Steuer- und Ausgabeninzidenz, die die Notwendigkeit berücksichtigen, neben den Bezugswirkungen auch diejenigen zu erfassen, die aus der Verwendung der Steuererträge in Form von staatlichen Transfers mit Redistributionswirkung resultieren. 113

1. Die steuerrechtliche Einkommensgrenze a) Generelle Kriterien der Grenzziehung „Die steuerliche Leistungsfähigkeit beginnt erst jenseits des Existenzminimums." 114 Eine das Leistungsfähigkeitsprinzip beachtende Einkommensteuer darf nicht jedwedes Einkommen und nicht jeden individuellen Zuwachs an Einkommen belasten, sondern nur das Resteinkommen eines Steuerpflichtigen, das no Walz-Steuergerechtigkeit, 81. m Almsick, 41. h 2 Kausemann, 45. h 3 Auf die Notwendigkeit einer derartigen komplexen Betrachtungsweise haben zwar schon de Viti de Marco, 123 ff., Marshall, 136 ff. und Colm, 28 ff. hingewiesen, jedoch haben erst Bama, 3 ff., Adler, 364 ff., Brochier, 671 ff. und Cartter, 11 ff. den Versuch unternommen, die Gesamt-Nettoeffekte zu bestimmen. 114 Tipke, 31.

II. Die Einkommensgrenzen

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verbleibt, nachdem die zu seiner und seiner Familienangehörigen Existenzsicherung erforderlichen Einkommensverwendungen getätigt worden sind. Der soziale Rechtsstaat muß die lebensnotwendigen Einkommensverwendungen, die als solche außerhalb der Sphäre der Einkommenserzielung liegen, steuerlich verschonen, da die finanzielle Hilfe durch selbsterworbenes Leistungseinkommen stets der Existenzsicherung durch staatliche Transferleistungen vorzugehen hat. 115 Dabei sollte unter Existenzminimum nicht nur das Maß an Einkommensverwendungen verstanden werden, die zu tätigen für die Sicherung der gegenwärtigen physischen Existenz erforderlich sind. Nicht also nur die Ausgaben für Wohnung, Kleidung und Ernährung müssen unbelastet von der Steuer bleiben, sondern auch die Aufwendungen für die Erhaltung der Gesundheit und der Sicherung eines Alterseinkommen in der Form von Beiträgen zu Kranken- und Rentenversicherungen sowie solche Ausgaben, die ein gewisses Maß an sozialer und kultureller Integration und persönlicher Entwicklung sicherstellen. 116 Werden diese Einkommensteile nicht steuerlich unbelastet gelassen, unterbindet das Steuerrecht eine notwendige Vorsorge, schafft vielmehr soziale Konflikte, statt sie zu verhindern. 117 Bereits an dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, daß die steuerrechtliche Einkommensgrenze mit den Grenzen des Sozialrechts, namentlich mit der Einkommensgrenze des Bundessozialhilfegesetzes, abzustimmen ist, da es unerträglich ist, daß der leistend Verdienende weniger haben kann als der Nichtleistende. 118 Im Gegensatz zur gegenwärtigen Regelung des Steuerrechts, das gem. § 32 a I Nr. 1 EStG einen Grundfreibetrag und gem. §§ 32 V I bis V I I I EStG Kinder-, Haushalts- und Altersfreibeträge vorsieht und als Ergänzung hierzu gem. §§10, 10b, 10c und 33 bis 33 c EStG Einkommensverwendungen als Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen systemdurchbrechend als mit der Einkommenserzielung in einem relevanten Zusammenhang stehend behandelt und besondere Freibeträge gem. §§ 13, 24a und 24b EStG bereits als Element der Einkommensermittlung berücksichtigt, sind sämtliche Einkommensverwendungen im Sinne unvermeidbarer privater Aufwendungen bei der Bestimmung der Einkommensgrenze, ab der die Steuerpflicht zu beginnen hat, zu berücksichtigen. Mit anderen Worten: Die Einkommensgrenze des Steuerrechts hat den Betrag zu berücksichtigen, um den die subjektive steuerliche Leistungsfähigkeit infolge unvermeidbarer Privatausgaben das nach objektiven Leistungsfähigkeitskriterien ermittelte Einkommen unterschreitet. Derartige Einkommensverwendungen müssen sich auch aus verfassungsrechtlichen Gründen der Besteuerung entziehen, us Kirchhof-Auftrag, 328. 116 Giloy-Existenzminimum, 123. in Loritz, 16. us Zum Vergleich zum sozialhilferechtlichen Existenzminimum vgl. Lang-Familie, 119 ff.; Tipke/Lang, 131; Zeidler-Fragen, 2; Tipke (10. Aufl.), 290 f.; BVerfGE 66, 214 (224); 67, 290 (298).

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E. Das Konzept eines einheitlichen Einkommensbegiffs

sie stehen einer gegenteiligen autonomen Entscheidung des einfachen Gesetzgebers nicht zur Verfügung. 119 Da sie dennoch Einkommensverwendungen sind und bleiben, sollte auch nicht in Anlehnung an das berufliche Nettoprinzip von einem privaten Nettoprinzip gesprochen werden. 120 Vielmehr bleibt durch eine entsprechende Grenzziehung verdeutlicht, aus welchen Strukturelementen sich ein Einkommen zusammensetzt und ab welcher Einkommenshöhe die Entscheidungsfreiheit des einfachen Gesetzgebers beginnt, der diese Grenze in Verfolgung außerfiskalischer Ziele zwar nach oben verschieben, nicht jedoch unterschreiten darf. Eine derartige Berücksichtigung von die steuerliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigenden unvermeidbaren Privatausgaben ist keine Steuervergünstigung oder gar Steuersubvention, sondern sichert die Rechtmäßigkeit der Besteuerung, ist konkretisierte, verfassungsrechtlich begründete Steuergerechtigkeit. Aus diesem Grunde müssen sie in voller Höhe in den Grenzbestimmungsvorgang einfließen, können auch nicht nach Belieben oder mit Rücksicht auf die jeweilige Haushaltslage eine nur eingeschränkte Berücksichtigung finden. Soweit die Ausgaben für den Bereich der sozio-kulturellen Existenzsicherung gewöhnliche, existenziell notwendige Einkommensverwendungen umfassen, können sie durch für alle Steuerpflichtigen gleichermaßen geltende, nur Familienstand und Zahl der unterhaltsberechtigten Angehörigen berücksichtigende Freibeträge erfaßt und somit steuerfrei belassen werden. Die Höhe dieser familienstandsabhängigen Freibeträge ist dort zu fixieren, wo der Geldwert desjenigen Warenkorbes liegt, der die physische Existenz und ein gewisses Maß an sozialer Integration und persönliche Entwicklung der in dem betreffenden Haushalt lebenden Personen sicherstellt. Die Festlegung der Zusammensetzung und des Wertes dieses Warenkorbes ist nicht das Ergebnis mathematischer Rechenbarkeit, sondern Ausfluß bewußter sozialpolitischer Entscheidung unter Berücksichtigung der Wirtschafts- und Sozialstruktur unseres Landes und hat realitätsgerecht dem Umstand Rechnung zu tragen, daß Unterhaltsverpflichtungen viel mehr als vieles andere die persönliche Leistungsfähigkeit bestimmen. 121 Dabei ist der den Freibetrag bestimmende Warenkorb hinsichtlich seiner Zusammensetzung langfristig festzulegen und hinsichtlich seiner Bewertung regelmäßig an die unterschiedliche Preisentwicklung der in ihm enthaltenen Güter und Dienstleistungen anzupassen. Hierdurch kann vermieden werden, daß an seiner quantitativen und qualitativen Zusammensetzung aus haushalts-fiskalischen Gründen manipuliert wird und daß eine inflationsbedingte Auszehrung seinen realen Wert von Jahr zu Jahr mindert. Dieser so bestimmte allgemeine Grundfreibetrag ist aufzustocken um diejenigen Einkommensverwendungen, die über das typische Existenzminimum hinausgehen im Sinne außergewöhnlicher Belastungen. Durch die Berücksichtigung 119 Söhn-Sonderausgaben, 400, mwN. 120 So jedoch Tipke, 212. 121 Zeidler-Ehe, 604.

II. Die Einkommensgrenzen

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atypischer leistungsfähigkeits-einschränkender Einkommensverwendungen bei der Bestimmung steuerrechtlicher Einkommensgrenzen wird das für den Normalfall festgesetzte Existenzminimum variabel gehalten, 122 erfolgt die gebotene Differenzierung des typischen Existenzminimums in den Fällen, in denen eine Typisierung und Generalisierung die ihr durch den Gleichheitssatz gezogenen Grenzen durchbrechen würde. Dabei muß der aus Gründen der Praktikabilität grundsätzlich zulässige pauschale Maßstab modifiziert bzw. ergänzt werden, wenn die Vorteile der Typisierung nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis zu der mit einer Typisierung zwangsläufig verbundenen Ungleichheit der Besteuerung stehen, nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar sind. 123 Die Aufnahme außergewöhnlicher Belastungen in den Grundfreibetrag als seinem variablen Teil erschwert zwar die Berechnung der Einkommensteuer, da die entsprechenden Tabellen nur in den Fällen angewendet werden können, in denen Einkommensverwendungen, die die steuerliche Leistungsfähigkeit mindern, bereits vollständig durch den fixen Grundfreibetrag abgedeckt sind. Die erforderliche Anwendung der Steuertarifformel 124 in den Fällen des Grundfreibetrages mit einem variablen Anteil kann jedoch nicht als unüberwindliche Hürde angesehen werden, 125 zumal die hier geforderte Verlagerung von Einkommensverwendungen aus der Bemessungsgrundlage „Einkommen" in den Vorgang der Grenzziehung verhindert, daß Einkommensverwendungen wegen ihrer degressiven Belastungswirkung in Abhängigkeit von der Einkommenshöhe zunehmend steuerentlastend wirken. 126

b) Die Bestimmung der steuerlichen Leistungsfähigkeit durch einzelne Einkommensverwendungsarten bl ) Ausgaben zur Sicherung der aktuellen Existenz Der sogenannte Grundfreibetrag des § 32 a EStG als Abzug für gewöhnliche, existenziell notwendige private Ausgaben, 127 seit 1981 unverändert 4 212 D M / Jahr, ab 1986 4 537 D M / Jahr und ab 1990 5 616 D M / Jahr für einen alleinstehenden Steuerpflichtigen, ist zu dürftig bemessen, als daß er ausreichend wäre, den 122 Lehner, 61. 123 BVerfGE 31, 119 (131 f.). 124 Vgl. § 32 a EStG. 125 Zur Berechnung der Einkommensteuer nach der Steuerformel vgl. LietmeyerTarif, 133 ff.; Dziadkowski-Plädoyer, 8 ff. 126 Lehner, 63; die sich auf die z. Zt. noch anzuwendende Tarifformel beschränkenden Ausführungen werden durch die Tarifänderung gem. § 32a StSenkG 1986/88, BGBl I 1985,1153 ff. nicht grundsätzlich beeinflußt; vgl. hierzu auch Lietmeyer, 135 ff.; Pikarski/Wosnitza, 517 ff. 127 Tipke, 214.

298

E. Das Konzept eines einheitlichen Einkommensbegiffs

Lebensunterhalt auf Dauer zu sichern. Von der Sicherung eines sozio-kulturellen Existenzminimums, das auch eine gewisse soziale und kulturelle Integration und Teilhabe erlaubt, kann erst recht nicht gesprochen werden. Da der am Leistungsfähigkeitsprinzip ausgerichtete Einkommensbegriff eine Beschränkung auf sieben Einkunftsarten sowie Steuerbefreiungen gem. §§ 3-3b EStG nicht kennt, somit die im geltenden Einkommensteuerrecht enthaltenen Privilegierungen als Ergänzung des Grundfreibetrages 128 nicht herangezogen werden können, ist der Grundfreibetrag im Rahmen einer zu definierenden Einkommensgrenze so zu bemessen, daß er die notwendigen Ausgaben für Ernährung, Unterkunft, Kleidung, Krankenversichrung, Körperpflege, Hausrat und Heizung sowie die in vertretbarem Umfang erforderlichen Aufwendungen für die Pflege der Beziehungen zur Umwelt und zur Teilnahme am kulturellen Leben umfaßt. Die Zusammenfassung von bisherigem tariflichen Grundfreibetrag mit den sonstigen, die Bemessungsgrundlage „Einkommen" mindernden Freibeträgen, die in der Progressionszone des Tarifs überproportional entlastend wirken, zu einem einheitlichen Grundfreibetrag gewährleistet eine lineare Entlastung mit dem Eingangssteuersatz, sichert damit allen Steuerpflichtigen eine gleichartige, von der Höhe des Einkommens unabhängige einkommensteuerrechtliche Behandlung. Diese lineare Entlastungswirkung, die für den bisherigen Grundfreibetrag bereits gilt, ist keine Gesetzestechnik, sondern eine Wertentscheidung, weil das steuerfrei zu bleibende Existenzminimum ein allgemeines, von der Einkommenshöhe unabhängiges Bedürfnis ist. 1 2 9 Ausgehend von der sauberen Trennung zwischen dem Vorgang der Einkommensermittlung einerseits und der Bestimmung einer „Nullzone" 1 3 0 durch Festlegung einer Einkommensgrenze, die den Beginn ausreichender steuerlicher Leistungsfähigkeit kennzeichnet, ist der so inhaltlich neu bestimmte Grundfreibetrag des Steuerpflichtigen zu erhöhen um die Beträge, die der Steuerpflichtige für seinen Ehegatten und für die Existenzsicherung seiner unterhaltsbedürftigen Kinder aufzuwenden hat. Da die steuerfrei zu belassenden Einkommensverwendungen des Grundfreibetrages gewöhnliche existenziell notwendige private Aufwendungen umfassen, deren Volumen zudem realitätsnah sein muß, 131 sind sie einerseits für alle Steuerpflichtigen zu generalisieren und haben andererseits zu berücksichtigen, daß Erwachsene einen höheren Unterhaltsbedarf haben als Kinder. Aus diesem Grunde sind die erforderlichen Beträge nach Erwachsenen und Kindern zu differenzieren und darüber hinaus auch nach dem Alter der Kinder, da die Höhe notwendiger Ausgaben für den Lebensunterhalt von Kindern nicht unerheblich altersabhängig ist. Jedoch dürfte es ausreichen, zwischen der Vorschulzeit, der Schulzeit sowie der Zeit der Berufsausbildung zu unterscheiden bei eventueller weiterer Berücksichtigung der Art der Berufsausbildung. 128 Littmann-Geier, § 32 a, RN 2 a; Giloy-Existenzminimum, 124. 129 Giloy-Grundfreibetrag, 58. 130 Dziadkowski-Grundfreibetrag, 505. 131 BVerfGE 66, 214, (223 f.).

II. Die Einkommensgrenzen

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Die ausschließliche Einbeziehung der gewöhnlichen Ausgaben für den Lebensunterhalt von Kindern in die tarifliche Nullzone eines Grundfreibetrages in realitätsgerechter Höhe 132 anstelle eines systemwidrigen Abzuges dieser Einkommensverwendungen von der Bemessungsgrundlage „Einkommen" beendet die Diskussion über die Sozialverträglichkeit der Nettowirkung derartiger Abzugsposten bei höheren Einkommen, da die Entlastungswirkung einer Aufnahme in den Grundfreibetrag einem Abzug von der Steuerschuld gleicht und unabhängig von der Einkommenshöhe einer konstanten Steuerermäßigung entspricht, deren Höhe nur abhängig ist von dem generalisierten Grundfreibetrag und dem linearen Eingangssteuersatz. Aufgrund dieser Konstanz kann bei entsprechender Dimensionierung dieser Faktoren bei allen Steuerpflichtigen, die über ein den so bestimmten Grundfreibetrag übersteigendes Einkommen verfügen, verwaltungstechnisch aufwendige Kindergeldzahlungen durch entsprechende Steuerminderungen kompensiert werden mit der Folge nicht unerheblicher Verwaltungsvereinfachung. Die Entwicklung des Grundfreibetrages de lege lata seit der Tarifänderung des Jahres 1958, dem Jahre der Einführung des Splitting-Tarifs für Eheleute bis heute Jahr 1958 — 1974 1975 — 1978 1979 — 1980 1981 — 1985 1986 — 1987 1988 — 1989 1990 —

Alleinstehende 1 680 3 000 3 690 4 212 4 536 4 752 5 616



Verheiratete 3 360 6 000 7 380 8 424 9 072 9 504 11 332

zeigt, daß er zu keiner Zeit ausgereicht hat, die notwendigen Einkommensverwendungen zur Existenzsicherung des Steuerpflichtigen und seines Ehegatten steuerfrei zu lassen und daß er weit entfernt von den jeweiligen Eckregelsätzen des Bundessozialhilfegesetzes ist, die darüber hinaus noch regelmäßig erhöht werden um Mehrbedarfszuschläge, Pauschalbeträge für einmalige Leistungen und um Beträge zur Abdeckung von Wohnungsaufwendungen des Berechtigen. 133 Da die Bestimmung der steuerlichen Einkommensgrenze der doppelten Zielsetzung folgt, sowohl das Existenzminimum als „materielle Voraussetzung der Menschenwürde" 134 steuerfrei zu belassen, als auch die Einkommensgrenzen der 132 Die z. Zt. geltenden Freibeträge dürften als Durchschnittsbeträge noch nicht realitätsgerecht im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sein, Tipke, 376; Obermeier-Höhe, 477 ff. 133 Zur Entwicklung der Eckregelsätze im Bundesdurchschnitt für die Jahre 1962 bis 1982 vgl. Inst FSt-225, Tabelle 10, S. 35. 134 Lang-Reform, 69 f.

300

E. Das Konzept eines einheitlichen Einkommensbegiffs

einzelnen öffentlichrechtlichen Schuldverhältnisse aufeinander abzustimmen, sollte die Grundfreibetragsbemessung in Übereinstimmung mit dem Sozialhilferecht normiert werden, jedoch unter Außerachtlassung regionaler Differenzierungen. b2) Vorsorgeausgaben zur Sicherung der zukünftigen

Existenz

Vorsorgeaufwendungen sind gem. § 10 I Nr. 2 und 3 EStG Ausgaben, die den Steuerpflichtigen und seine Angehörigen vor existenziellen privaten Lebensrisiken wie Krankheit, Tod, Unfallschäden, Arbeitslosigkeit und finanzieller Inanspruchnahme durch Dritte aus Haftpflichtfällen schützen und im Alter existenzsichernd sein sollen, aber auch Beträge an Bausparkassen zur Erlangung von Baudarlehn. 135 Die Frage, ob und in welcher Höhe derartige Ausgaben die subjektive steuerliche Leistungsfähigkeit beeinflussen bzw. inwieweit sie durch zulässige Sozialzwecknormen sich steuermindernd auswirken können, kann nicht losgelöst beantwortet werden von dem hier vertretenen Einkommensbegriff, dessen wesentliches Kriterium die Aufnahme sämtlicher leistungsfähigkeits-indizierender Einnahmen als sein dominierendes Strukturelement ist. Da dieses Strukturelement auch Renteneinnahmen und Einnahmen aus privaten und staatlichen Transfers umfaßt, sind Ausgaben für die Erzielung derartiger Einnahmen keine Einkommensverwendungen, können somit auch nicht Gegenstand eines wie auch immer zu bemessenden Grundfreibetrages sein, sondern sind ein die Bruttoausgangsgröße „Einnahmen" mindernder Vermögensabfluß, da sie für die private Bedürfnisbefriedigung im Sinne einer Einkommensverwendung nicht mehr zur Verfügung stehen. Daß derartige Zahlungen häufig mit einem erheblichen zeitlichen Vorlauf gegenüber dem Zeitpunkt der Einnahmenerzielung ausgegeben werden, ändert nichts an der ihnen subjektiv zugewiesenen Zwecksetzung. Aufgrund ihrer Eigenschaft, Elemente der Einkommenserzielungssphäre zu sein, bedarf es ferner weder einer Pauschalierung noch einer betraglichen Begrenzung. Nur solche Vorsorgeausgaben können somit überhaupt Berücksichtigung bei der Bestimmung der steuerlichen Einkommensgrenze finden, die auch nach dem am Leistungsfähigkeitsprinzip ausgerichteten Einkommensbegriff noch Einkommensverwendungen sind und die als Privatausgaben zu tätigen Voraussetzung sind für eine menschenwürdige, familien- und sozialgerechte Existenz, 136 aufgrund ihrer Unvermeidbarkeit also die subjektive steuerliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigen. Hierzu zählen die Ausgaben für Kranken- und Haftpflichtversicherungen, sofern die letzteren nicht ein besonderes Risiko versichern, daß nicht generell jeden Steuerpflichtigen trifft, sondern erst aufgrund einer freien Entscheidung virulent wird. So fehlt es z. B. bei der Haftpflichtversicherung eines KFZHalters trotz des gesetzlichen Versicherungszwangs an der erforderlichen 135 Söhn-Sonderausgaben, 404. 136 Lang-EStG 1975, 298.

II. Die Einkommensgrenzen

301

Zwangsläufigkeit, da der Gebrauch eines PKW's für eine sozialgerechte Existenz nicht zwingend ist. Gleiches gilt für die Versicherung des Risikos aus verschuldensunabhängiger Gefährdungshaftung, ζ. B. der Tierhalterhaftung, da sich das Risiko erst nach bewußter und freiwilliger Inkaufnahme manifestiert. Etwas anderes kann nur gelten für die Haltung eines Blindenhundes. Beiträge an Bausparkassen, die erstmalig 1934 zur „Förderung der Herstellung von Eigenwohnungen" 137 in den Katalog der Sonderausgaben aufgenommen und durch das Einkommensteuerreformgesetz des Jahres 1974 138 den Vorsorgeaufwendungen zugeordnet wurden, haben nicht die Aufgabe, den Steuerpflichtigen oder seine Angehörigen vor existenziellen Lebensrisiken zu schützen oder eine sozialgerechte Existenz zu ermöglichen. Im Rahmen eines von der Steuerbelastung frei zu haltenden Existenzminimums ist, auch wenn großzügigste Maßstäbe angelegt werden, die Wohnung im eigenen Hause zur Befriedigung existenzieller Wohnbedürfnisse nicht erforderlich. Die somit verbleibenden „echten" Vorsorgeausgaben im Sinne zwangsläufiger Einkommensverwendungen zur Sicherung einer sozialgerechten Existenz sind in jeweils voller Höhe bei der Bestimmung der steuerlichen Einkommensgrenze zu berücksichtigen, sind für den Gesetzgeber nicht nur dem Grunde, sondern auch der Höhe nach indisponibel. 139 Natürlich bleibt es der Legislative überlassen, auch „normale" Einkommensverwendungen steuerlich salvatorisch durch entsprechende Subventions- bzw. Sozialzwecknormen zu behandeln, jedoch sollte, um die außerfiskalische Absicht deutlich werden zu lassen, eine derartige Förderung nicht nur außerhalb der Sphäre der Einkommensermittlung, sondern auch außerhalb der Bestimmung der relevanten Grenze, jenseits derer die Besteuerung des Einkommens beginnt, erfolgen. Derartige interventionistische Vorschriften müssen auf einer separaten Stufe des Besteuerungsprozesses angesiedelt und erfaßt werden. 140 b3) Sonstige im Grundfreibetrag zu berücksichtigende Ausgaben, insbesonders „außergewöhnliche Belastungen " b3a) Kirchensteuer Wenn auch keine rechtliche Zwangsmitgliedschaft in einer steuerberechtigten Kirche besteht, sowohl Kircheneintritt als auch Kirchenaustritt rechtlich zulässig sind, die Mitgliedschaft und damit die Kirchensteuerzahlung das Ergebnis einer freien Willensentscheidung ist, sind die Ausgaben für gezahlte Kirchensteuern dennoch bei der Bemessung der steuerlichen Einkommensgrenze zu berücksichti137 RStBl 1935, 40. 138 BGBl I 1974, 1769. 139 Söhn-Sonderausgaben, 404. 140 Ähnlich Tipke (11. Aufl.), 176.

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E. Das Konzept eines einheitlichen Einkommensbegiffs

gen. Zu einem über das physische Existensminimum hinausgehendem Dasein, das eine wenn auch begrenzte Teilnahme am kulturellen und sozialen Leben erlauben soll, zählt auch die Manifestierung gelebter Religiosität durch die Mitgliedschaft in einer Religionsgemeinschaft. Aus Gründen der Neutralität des Staates gegenüber den verschiedenen Religionsgemeinschaften sollte sich die Berücksichtigung jedoch nicht auf deutsche Kirchensteuern beschränken. 141 b3b) Steuerberatungskosten Steuerberatungskosten mindern de lege lata gem. § 10 I Nr. 6 EStG als unbeschränkt abzugsfähige Sonderausgaben die Bemessungsgrundlage „Einkommen." Sie sind in den Katalog der steuerbegünstigten Sonderausgaben aufgenommen worden, damit Steuerpflichtige „in allen Fällen die Möglichkeit haben, die ihnen durch die Steuerberatung erwachsenden Kosten bei der Ermittlung des Einkommens abzusetzen."142 Mag es auch sein, daß der fachlich nicht vorgebildete Steuerpflichtige seine Rechte und Pflichten im Rahmen des Steuerschuldverhältnisses kaum mehr allein wahrnehmen kann, 143 so ist eine Berücksichtigung von Steuerberatungskosten als zwangsläufige Einkommensverwendung dennoch nicht zu befürworten, da sie wohl kaum als generelle, zwangsläufig anfallende Einkommensverwendungen zur Sicherung eines sozio-kulturellen Existenzminimums angesehen werden können. Die Zwangsläufigkeit ergibt sich eher aus der Kompliziertheit und Unübersichtlichkeit des Steuerrechts bei den das Existenzminimum deutlich übersteigenden Einkommen, so daß von einer Zwangsaufwendung zur Sicherung einer sozialgerechten Existenz nicht gesprochen werden kann. Natürlich darf der Gesetzgeber auch derartige Ausgaben als captatio benevolentiae, als ein bescheidenes Zeichen tätiger Reue für schludrig gemachte Gesetze steuermindernd berücksichtigen. Jedoch sollte auch diese Begünstigung auf einer separaten Stufe des Besteuerungsprozesses angesiedelt werden, damit zumindest für entsprechend sensible Angehörige der Legislative, so solche noch existent sein sollten, eine gewisse Prangerwirkung und Mahnung bleibt. b3c) Außergewöhnliche Belastungen Der soziale Rechtsstaat darf Einkommen, das für lebensnotwendige Einkommensverwendungen erforderlich ist, nicht versteuern. Er ist vielmehr, auch entsprechend der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, 144 verpflichtet, zwangsläufige Ausgaben als Belastungen, die die subjektive Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen mindern, zu berücksichtigen. 145 Sofern diese Belaci Tipke 370. 142 BT-Drucksache 4/3189, 6. 14 3 Tipke-Neuordnung, 56. 144 BVerfGE 66, 214 (222 f.); 67, 290 (297).

II. Die Einkommensgrenzen

303

stungen die gewöhnlichen Einkommensverwendungen für den existenziellen Lebensunterhalt übersteigen, die bereits als generalisierender Teil des Grundfreibetrages berücksichtigt wurden, ist der darüber hinausgehende Teil in Höhe tatsächlicher Ausgaben in den Grundfreibetrag als seinem variablen Teil aufzunehmen. Da durch diese Aufnahme der verfassungsrechtliche Anspruch berücksichtigt wird, ungleiche subjektive Leistungsfähigkeit steuerrechtlich differenzierend zu behandeln, ist die hierdurch bedingte Verschiebung der Einkommensgrenze keine Billigkeitsregelung zum Ausgleich unbilliger Härten, sondern entspricht der Notwendigkeit, Ungleichheiten hinsichtlich der steuerlichen Behandlung zu vermeiden. Dabei ist die begriffliche Bezeichnung derartiger Einkommensverwendungen als außergewöhnliche Belastungen nicht glücklich gewählt, ist dem Steuerrecht doch bis heute eine Definition der Außergewöhnlichkeit nicht gelungen. 1 4 6 Im Rahmen der hier vorgenommenen Grenzziehung sollen unter außergewöhnliche Belastungen solche Einkommensverwendungen verstanden werden, die rechtlich und existenziell notwendig und indisponibel sind entsprechend den Ausgaben zur Sicherung der aktuellen Existenz, in diesen Teil des Freibetrages jedoch nicht aufgenommen werden konnten, da bei ihnen wegen ihrer Einmaligkeit und / oder Betragshöhe die Voraussetzungen für eine Typisierung und Generalisierung fehlen. Da außergewöhnliche Belastungen somit hinsichtlich ihrer inhaltlichen Qualifikation identisch sind mit den Ausgaben zur Sicherung der aktuellen Existenz, ist die Anrechnung einer zumutbaren Belastung i. s. d. § 33 I I I EStG nicht gerechtfertigt. 147 Es wäre und ist auch kaum nachvollziehbar, zur Bestimmung der subjektiven ökonomischen Leistungsfähigkeit außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen und gleichzeitig dem Steuerpflichtigen zuzumuten, entsprechend seiner ihm so verbliebenen Leistungsfähigkeit einen Teil oder gar sämtliche dieser Einkommensverwendungen aus seinem versteuerten Einkommen zu tragen. 148 Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, daß Einschränkungen des Leistungsfähigkeitsprinzips im Bereiche der Einkommensverwendungen um so eher tragbar seien, da Kosten der Lebenshaltung in aller Regel aus versteuertem Einkommen bestritten werden müßten. 149 Vielmehr ist zu beachten, daß die Grundregel des § 12 Nr. 1 EStG, nach der die Kosten der privaten Lebensführung grundsätzlich aus versteuertem Einkommen zu finanzieren sind, erst dann angewendet werden kann, wenn die zu ziehende Einkommensgrenze gewöhnliches und außergewöhnliches indisponibles Einkommen zur Sicherung der Lebensexi145 Kirchhof /Söhn-Arndt, § 33, RN A6. 146 Herrmann / Heuer / Raupach, § 33, Anm. 30. 147 Tipke, 371. 148 So jedoch BFHE 85, 83 (86); der Widerspruch läßt sich nur auflösen, wenn in der Regelung des § 33 EStG eine den §§ 163,227 AO vergleichbare Billigkeitsvorschrift gesehen wird, da „Billigkeit" weitgehend zur Disposition des Gesetzgebers bzw. der Verwaltung steht, Kirchhof / Söhn-Arndt, § 33 RN Dl; zum Verhältnis von Gesetz und Billigkeit im Abgabenrecht: Kirchof-Gesetz, 775 ff. 149 So jedoch Herrmann / Heuer / Raupach, § 33, Anm. 216.

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E. Das Konzept eines einheitlichen Einkommensbegiffs

Stenz von dem verbleibenden Einkommen geschieden hat, das dann eine noch ausreichende subjektive Leistungsfähigkeit indiziert, die Pflichten aus den öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen zu erfüllen. Gegenüber dem geltenden Recht, das gem. § 33 a EStG auch Aufwendungen für den Unterhalt und für eine etwaige Berufsausbildung von Kindern als außergewöhnliche Belastungen in besonderen Fällen behandelt, wird im Rahmen der hier diskutierten Grenzziehung das Volumen an außergewöhnlichen Belastungen geringer sein, da derartige Einkommensverwendungen bereits bei der Bestimmung der Ausgaben zur Sicherung der aktuellen Existenz berücksichtigt wurden. Somit verbleiben nur solche Aufwendungen, die die subjektive steuerliche Leistungsfähigkeit bestimmen infolge einer außerordentlichen und endgültigen Vermögenseinbuße, denen sich ein Steuerpflichtiger wegend der Schicksalshaftigkeit tatsächlicher Ereignisse, da sie unvorhersehbar und unvermeidbar waren, oder aus sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Hierzu zählen auch die über das normale Maß einer Existenzsicherung hinausgehenden Aufwendungen infolge einer Körperbehinderung oder eines sonstigen Gebrechens.

c) Zusammenfassung „Aus dem Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit ergibt sich . . . , daß auch solche Ausgaben einkommensteuerrechtlich von Bedeutung sind, die außerhalb der Sphäre der Einkommenserzielung — also im privaten Bereich — anfallen und für den Steuerpflichtigen unvermeidbar sind." 1 5 0 Die Berücksichtigung derartiger Einkommensverwendungen bei der Bestimmung der Einkommensgrenze, ab der vorhandenes Einkommen als disponibel zu bewerten ist und der Besteuerung unterworfen werden kann, darf nicht von realitätsfernen Voraussetzungen ausgehen,151 hat vielmehr den Teil des Einkommens steuerlich unbelastet zu belassen, der unter Berücksichtigung der individuellen Situation des Steuerpflichtigen erforderlich ist, ihm und seinen unterhaltsberechtigten Familienangehörigen eine Existenz zu sichern, die auch ein gewisses Maß an sozialer Integration und persönlicher Entwicklung gewährleistet. Daraus folgt, daß in dem Maße, in dem die Einkommensgrenze durch pauschal bestimmte Beträge markiert wird, diese Beträge regelmäßig der inflationsbedingten Kaufkraftentwicklung anzupassen sind. 152 Aus Gründen notwendiger Vereinheitlichung sollte die einkommensteuerliche Grenze kongruent sein mit einer zusammengefaßten Einkommensgrenze des Bundessozialhilfegesetzes und des Bundesausbildungsgesetzes für noch darzustellende Teilleistungen dieses Gesetzes, da auch das sozialhilferechtlich gewähr150 BVerfGE 61, 319 (344). 151 BVerfGE 66, 214 (223). 152 Wagner, F. W., 229 mwN.

II. Die Einkommensgrenzen

305

te Existenzminimum gem. § 1 I I S. 1 BSHG eine menschenwürdige Lebensführung und die Leistungen des BAföG eine qualifizierte Berufsausbildung ermöglichen sollen, so daß für die Bestimmung einer verfassungskonformen Einkommensgrenze „das Sozialhilferecht wesentliche Anhaltspunkte liefern" 153 kann. Jedoch ist hierbei zu beachten, daß die so gezogene Einkommensgrenze sowohl erreicht werden kann durch Sozialleistungen des Staates, also ohne eigenes Zutun des Transferempfängers, als auch durch ein Leistungseinkommen als Ergebnis der Beteiligung am Marktgeschehen, in aller Regel also durch den Arbeitseinsatz des Steuerpflichtigen. Die Möglichkeit, ein gleich hohes Einkommen zu erzielen sowohl durch Leistung als auch durch Nichtleistung muß die Frage provozieren, ob dem Leistungseinkommen nicht ein Bonus zu gewähren ist in dem Sinne, daß die steuerrechtliche Einkommensgrenze, ab der die Steuerpflicht beginnt, um einen gewissen Betrag über das durch bloße Sozialleistungen erreichbare sozio-kulturelle Existenzminimum anzuheben ist, um Leistungsanreize zu gewähren und „disincentives" 154 zu vermeiden. Die Beantwortung dieser Frage muß hier jedoch noch zurückgestellt werden. Sie ist aufzugreifen bei der Darstellung der sozialrechtlichen Einkommensgrenzen, auch wenn hierdurch eine Rückkopplung auf die steuerrechtliche Einkommensgrenze notwendig werden kann in Abhängigkeit des Ergebnisses der Erörterung der Bestimmungsfaktoren sozialrechtlicher Einkommensgrenzen. Disincentive-Wirkungen können auch Folge einer zu starken bzw. einer zu früh einsetzenden Progression sein. Während im Jahre 1958 der Gesetzgeber davon ausgehen konnte, daß innerhalb der ersten Proportionalzone 95% aller mit Einkommensteuer Belasteten erfaßt wurden, betrug dieser Anteil im Jahre 1986 nur noch 33,8 % und wird im Jahre 1988 nur mehr 30,2% betragen. 155 Dies verdeutlicht, daß von der ursprünglichen Absicht, daß die untere Proportionalzone die Besteuerung der typischen Verbrauchseinkommen nach einem völlig einheitlichen Maßstab gewährleisten soll, nicht mehr viel übrig geblieben ist. Entgegen der Regelung des geltenden Einkommensteuerrechts sollten nicht wesentliche Teile der zur Existenzsicherung erforderlichen Einkommensverwendungen von der Bemessungsgrundlage „Einkommen" abgezogen werden. Vielmehr müssen sämtliche existenziell notwendigen und zwangsläufigen Privatausgaben die Grenze bestimmen, durch die der Beginn der Besteuerung markiert wird. Durch eine derartige rigorose Trennung der Sphäre der Einkommensermittlung von dem Bereich der Einkommensverwendung bleiben nicht nur die Strukturelemente, aus denen sich das Einkommen zusammensetzt, transparent, wird nicht nur vermieden, daß in den Vorgang der Bestimmung der steuerlichen Bemessungsgrundlage dasjenige einfließt, das aus ihr, erst nachdem sie bestimmt wurde, finanziert werden soll, wenn auch mit unterschiedlichen Freiheitsgraden. 153 BVerfGE 66, 214 (224). 154 Zum Begriff: Kausemann, 47, mwN. 155 Buob, 547. 20 Burger

E. Das Konzept eines einheitlichen Einkommensbegiffs

Durch die ausschließliche Berücksichtigung existenzieller Einkommensverwendungen bei der Festlegung der steuerrechtlichen Einkommensgrenze entspricht die steuerliche Wirkung eines so bestimmten und behandelten Existenzminimums einem Abzug von der Steuerschuld in Höhe des auf den Freibetrag angewendeten Eingangssteuersatzes. Die eintretende Entlastungswirkung des Existenzminimums ist somit bei allen Steuerpflichtigen gleichen Freibetrages gleich, vermeidet die einkommensabhängige ûberproportionale Wirkung infolge eines progressiven Steuertarifs, wie sie nach geltendem Recht durch die zumindest teilweise als Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen erfolgende Kürzung der Bemessungsgrundlage zwangsläufige Folge ist. Diese Wirkung ist gewollt. Die zur Existenzsicherung erforderlichen Einkommensverwendungen, der indisponible Einkommensteil also, der dem Zugriff der direkten Steuer nicht ausgesetzt werden darf, ist generell abhängig von der familiären Situation des Steuerpflichtigen, von Zahl und Alter seiner unterhaltsberechtigten Familienangehörigen also und ausnahmsweise auch von besonderen Lebensumständen, in keinem Fall jedoch von der Höhe des verbleibenden verfügbaren Einkommens. Ist aber einerseits das Maß an existenzsichernden Einkommensverwendungen von der Höhe des verbleibenden verfügbaren Einkommens unabhängig und ist andererseits die zu zahlende Steuer abhängig von der Höhe des verbleibenden verfügbaren Einkommens, dann darf das einkommensunabhängige Existenzminimum keinen Einfluß haben auf die vom verfügbaren Einkommen abhängige Steuerlast. „Das Kind des Millionärs braucht keinen gegenüber dem Kinde des Hilfsarbeiters vervielfältigten Begünstigungseffekt zu verursachen." 156 Wird die dem Abzug von Einkommensverwendungen von der Bemessunsgrundlage entsprechende Steuerentlastungswirkung für höhere Einkommens gewollt, sind die Grenzsteuersätze entsprechend zu reduzieren. Der Abzug von Einkommensverwendungen von der Bemessungsgrundlage Einkommen zu einer derartigen Zielerreichung ist systemwidrig. 2. Die sozialrechtlichen Einkommensgrenzen Die Bestimmung der steuerrechtlichen Einkommensgrenze konnte sich ausschließlich am sozio-kulturellen Existenzminimum orientieren als Konkretisierung des verfassungsrechtlichen Prinzips der Besteuerung entsprechend subjektiver persönlicher Leistungsfähigkeit. Grundsätzliche Überlegungen zum Verlauf des Steuertarifs erübrigten sich, da durch eine Besteuerung jenseits des soziokulturellen Existenzminimums nur disponibles Einkommen abgeschöpft wird, ohne daß ein Austausch zu organisieren wäre zwischen Leistungseinkommen und Transfereinkommen. Vielmehr teilt sich ab der relevanten Einkommensgrenze der zum Steuerpflichtigen fließende Einkommensstrom in einen Teil, der 156 Zeidler-Ehe, 604.

II. Die Einkommensgrenzen

307

seiner persönlichen Verwendungsvorstellung anheimgestellt ist und einen Teil, den er an den Staat abzuführen hat in Erfüllung seiner Verbindlichkeit aus dem durch die Einkommenserzielung begründeten Steuerschuldverhältnis. a) Kriterien der Grenzziehung und des Tarifverlaufs Da unterhalb der Grenze, die das sozio-kulturelle Existenzminimum markiert, fehlendes eigenes [Leistungs-]Einkommen grundsätzlich zu ersetzen ist durch staatliche Sozialtransfers, stellt sich nicht nur die Frage, bis zu welcher Einkommenshöhe dieser Surrogationsvorgang erfolgen soll, sondern auch die Frage, wie dieser Austauschvorgang zu organisieren ist, wurde doch bereits daraufhingewiesen, daß es wesentliches Ziel eines integrierten Steuer- und Transfersystem sei, sogenannte „Schwellenphänomene" bzw. „Umkippeffekte" zu vermeiden. Dabei ist, wie sogleich zu zeigen sein wird, ein derartiger Umkippeffekt zuvörderst das Ergebnis eines spezifischen Transfertarifs, dessen negative Wirkungen durch unabgestimmte Einkommensgrenzen noch verstärkt werden können und der dadurch gekennzeichnet ist, daß die Grenzbelastung des Leistungseinkommens vorzugsweise im niedrigen bis mittleren Einkommensbereich durch die mögliche Belastung mit Steuern einerseits und dem gleichzeitigen Entzug von Sozialtransfers andererseits nicht nur die Grenzbelastung hoher und höchster Einkommensgruppen übertrifft, sondern sogar > 1 sein kann mit der Folge, daß ein Einkommensbezieher trotz Steigerung seines Leistungseinkommens bezüglich seines verwendbaren Einkommens ärmer werden kann. Wird zunächst die Belastung [B LE] eines Leistungseinkommens [LE] definiert als Saldo aus einkommensabhängigen Steuern [St (LE)] und gewährten einkommensabhängigen Transfers [Tr(LE)], so gilt: (1)

^

= 5r(L£)-rr(L£)

Hieraus ergibt sich für die Grenzbelastung als Folge einer marginalen Änderung des Leistungseinkommens: (2)

dß LE dSt(LE) ABLE = = dLE dLE

dTr(LE) dLE

Unterstellt, daß die der Gleichung (2) zugrunde liegenden Funktionen St (LE) und Tr(LE) stetig und differenzierbar sind, ist die Grenzbelastung der letzten zusätzlichen Einkommenseinheit auch bei Annahme eines Spitzensteuersatzes von z. Zt. 53% stets kleiner als l . 1 5 7 Wird jedoch für die einkommensabhängige Transferleistung eine Funktion gewählt, derzufolge die Leistung nur bis zu einer bestimmten Einkommenshöhe 157 Fuest, 45 f.; Almsick, 39 f. 20*

E. Das Konzept eines einheitlichen Einkommensbegiffs

gewährt wird und die bei Überschreitung dieser Grenze völlig entfällt, dann bedeutet dies für die Funktion der Grenzbelastung [AB LE], daß die Belastungsfunktion [ B l e ] bei einem Einkommen, ab dem erstmalig die Transferleistung entfällt, unstetig ist. Die Belastung eines Einkommens in Höhe der Einkommensgrenze [B LE. GREN Z], ab der die Transferleistung entfällt, muß dann mittels einer Annäherungsrechnung ermittelt werden. Für die Belastung eines Leistungseinkommens in Höhe der Einkommensgrenze gilt, da die Sozialleistung noch gewährt wird: (3)

BLE. Grenz

= St(LE

Gren z)

- Tr(LE

Gren z)

Für die Belastung eines Leistungseinkommens, das die Einkommensgrenze um den Betrag ALE überschreitet, gilt, da die Sozialleistung nun nicht mehr gewährt wird: (4)

BlE

(Grenz + ALE) — St (LE

(Grenz + ALE) )

Der Unterschied zwischen beiden Belastungsstufen ist somit: (5)

BLE( GRENZ

+ALE)-Ble-Grenz

= St (LE

(Qrenz

+ ALE) ) ~ St(LE

Gren z)

+ Tr(LE

Gren z)

Bei einer hinreichend geringfügigen Überschreitung der Einkommensgrenze, also bei lim ALE —» 0 gilt:

(6)

B LE {Grenz lim

+ ALE) ALE -> 0

-

ABLEGrenz

- Tr (LE Gren z)

Somit ist im Falle der Überschreitung der Einkommensgrenze die Belastung > 1. Dieser Effekt wirkt solange nach, bis das die Einkommensgrenze übersteigende Zusatzeinkommen > der entfallenden Transferleistung ist. 1 5 8 Derartige Transferverläufe, die zwangsläufig zu diesen Umkippeffekten führen, kennzeichnen ζ. B. die Leistungen nach dem 5. Vermögensbildungsgesetz und nach dem Wohnungsbau-Prämiengesetz, die die relevante Einkommensgrenze jeweils nominell einheitlich mit 27 T D M bzw. 54 T D M für Alleinstehende bzw. Verheiratete benennen bei unterschiedlicher inhaltlicher Bestimmung des Einkommens sowie für die Leistungen nach dem 2. Wohnungsbaugesetz im Sinne einer Wohnberechtigung für eine mit öffentlichen Mitteln geförderte Wohnung. 158

Aus Vereinfachungsgründen blieb bei den Gleichungen (1) bis (6) unberücksichtigt, daß zum hier vertretenen steuerpflichtigen Einkommen auch die Transferleistungen des Staates zu rechnen sind. Die Besteuerung dieser Transferleistungen modifiziert die Belastungswirkung in Abhängigkeit des konkreten Grenzsteuersatzes auf die entfallende Transferleistung, ohne daß hiervon die grundsätzlichen Aussagen berührt werden.

II. Die Einkommensgrenzen

309

Beim 5. Vermögensbildungsgesetz und beim Wohnungsbau-Prämiengesetz bestehen für den konkreten Tarifverlauf bis zur relevanten Einkommensgrenze, ab der die Sozialleistung völlig entfällt, grundsätzlich zwei Möglichkeiten. Entweder wird die maximale Förderung der Spartätigkeit bei jeweils erster Gelegenheit in Anspruch genommen und bis zur Einkommensgrenze beibehalten, so daß die Sparleistung eine einkommensunabhängige Konstante ist, Alternative 1, oder es wird von einer konstanten Sparquote ausgegangen, die so bestimmt ist, daß erst bei einem Einkommen in Höhe der Einkommensgrenze des Leistungsgesetzes die maximal zu fördernde Sparleistung erbracht und somit auch erst dann die maximale Transferleistung erlangt wird, Alternative 2. 1 5 9 VE' Xf

Abb. 1: 1. Alternative: einkommensunabhängige Sparleistung Ab einem Leistungseinkommen (LE) von A wird eine Einkommensverwendung durch Sparen getätigt, die die maximale Menge M der Transferleistung „Sparförderung" auslöst, so daß das Leistungseinkommen ab der Höhe von A um den Sozialtransfer (Tr) in Höhe von M aufgestockt wird. Auch mit steigendem Leistungseinkommen bleibt die Sozialleistung infolge konstanter Sparleistung gleich bis zur Einkommensgrenze (LE Gren z), ab der die Sozialleistung völlig entfällt Den Verlauf des verfügbaren Einkommens (VE) vor Steuern zeigt die Linie 0A'B'G', das ab einem Leistungseinkommen von LE( Grenz +^^ mit lim ALE —> 0 beginnend bei G " mit dem Leistungseinkommen identisch ist. mit lim ALE —> 0 markiert somit die Einkommenshöhe, bei der der Umkippeffekt eintritt, die Belastungswirkung > 1 ist, da bei diesem Einkommen durch den 159 Zur Darstellung der Transferverläufe vgl. auch: Musgrave / Musgrave, 677; Musgrave u. Α., 4. Bd., 208.

310

E. Das Konzept eines einheitlichen Einkommensbegiffs

Wegfall des Transfers dTr! dLE unstetig und somit undifferenzierte wird und erst bei einem um die entfallende Transferleistung erhöhten Einkommen (LE( Grenz+M )) ein verfügbares Einkommen vor Steuern erreicht wird, über das bereits bei einer Einkommenshöhe von LE Gren z verfügt werden konnte. Darüber hinaus verdeutlicht Abb. 1 auch das Zusammenspiel steuerlicher und sozialrechtlicher Einkommensgrenzen. Definiert LE Gren z sowohl die sozialrechtliche als auch die steuerliche Einkommensgrenze und beginnt die Steuerpflicht mit einem linearen Eingangssatz von z. B. 19 %, dann mindert sich das verfügbare Einkommen bei Überschreitung der Einkommensgrenze um eine Einkommenseinheit nicht nur um die wegfallende Transferleistung in Höhe von Μ , sondern zusätzlich um den Betrag, der sich aus der Anwendung des Eingangssteuersatzes auf das die Einkommensgrenze übersteigende Einkommen ergibt. Das verfügbare Einkommen nach Steuern folgt bei einem Leistungseinkommen von 0 bis LE Grenz der Linie 0A'B'G' und ab einem Leistungseinkommen von LE( Gren z + &LE) mit lim ALE—>0 beginnend mit G" der Entwicklung des Leistungseinkommens nach Steuern. Liegt dagegen die steuerrechtliche Grenze vor der sozialrechtlichen Einkommensgrenze, hängt die über den Wegfall der Transferleistung hinausgehende Belastung des Einkommens von der Änderung des Grenzsteuersatzes bei der sozialrechtlichen Einkommensgrenze ab, so daß darauf zu achten wäre, daß der schon vorhandene Umkippeffekt nicht durch einen Tarifsprung noch vergrößert wird. Fällt dagegen die sozialrechtliche Einkommensgrenze noch in den Bereich des steuerlichen Grundfreibetrages, bleibt es bei der Minderung des verfügbaren VEJ Tr

LE Ä rem Abb. 2: 2. Alternative: einkommensabhängige Sparleistung

II. Die Einkommensgrenzen

311

Einkommens um die wegfallende Transferleistung und der weitere Verlauf des verfügbaren Einkommens ist allein abhängig von der Ausgestaltung des steuerlichen Tarif systems. Bei konstanten Spar- und Sparförderungsquoten steigt mit zunehmenden Leistungseinkommen bis zur Höhe LE Gren z die Transferleistung bis zum Maximalbetrag M an. Entsprechend wird das Leistungseinkommen aufgestockt, so daß bis LE Gren z die Linie OG' den Verlauf des verfügbaren Einkommens anzeigt, das bei einem Einkommen von LE( Gren z+\t.f) für lim ΔLE —> 0 um den Betrag M wegen der entfallenden Sozialleistung und der daraus resultierenden Belastungswirkung auf den Wert G" zurückfällt. Für das verfügbare Einkommen nach Steuern gilt das zur Alternative 1 Gesagte. al) . . . zur Vermeidung von Umkippeffekten Beide Darstellungen verdeutlichen, daß der unerwünschte Umkippeffekt, der das verfügbare Einkommen trotz Steigerung des Leistungseinkommens um den Betrag der entfallenden Transferleistung mindert, unabhängig ist vom Transfertarifverlauf zwischen 0 und LE Gren z, sondern alleinige Folge des Umstandes, daß ab dem Zeitpunkt des Erreichens der Transfereinkommensgrenze die Transferleistung schlagartig und übergangslos vollständig entfällt. Somit ist zu fordern, daß die Sozialleistung nicht ab einer bestimmten Einkommenshöhe totaliter entfällt, sondern daß mit steigendem eigenem Einkommen die Transferleistung kontinuierlich abgebaut wird bis zu einem Einkommen, das als ausreichend angesehen wird, den Einkommensbezieher der völligen Selbstverantwortung zu überlassen.

Tr

M

élever Abb. 3: Transferverlauf ohne Umkippeffekt

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E. Das Konzept eines einheitlichen Einkommensbegiffs

Ein derartige Transfertarifverlauf ist besonders relevant für existenzsichernde Sozialleistungen. Verfügt der Empfänger der Sozialleistung über keinerlei eigenes Einkommen, erhält er einen Transfer in Höhe M, der z. B. als Sozialhilfeleistung so bemessen ist, daß er ausreicht, das sozio-kulturelle Existenzminimum des Transferempfängers zu sichern. Mit steigendem eigenem [Leistungs-]Einkommen erstarkt seine ökonomische Leistungsfähigkeit, so daß er in dem Maße, in dem er eigenes Einkommen erzielt, auf öffentliche Leistungen zur Existenzsicherung nicht mehr angewiesen ist. Dementsprechend zeigt die Linie MLE Gren z den Verlauf des gewährten Sozialtransfers an und die Linie MG' das verfügbare Einkommen, dessen Höhe ab LE Gren z abhängig ist von der Ausgestaltung des Steuertarifs, falls die sozialrechtliche und die steuerrechtliche Einkommensgrenze identisch sind. Liegt dagegen die Einkommensgrenze des Steuerrechts vor der des Sozialrechts, wird im Falle einer Besteuerung des verfügbaren Einkommens das soziokulturelle Existenzminimum um den Betrag unterschritten, der sich aus der Anwendung des Steuersatzes auf das die steuerliche Einkommensgrenze übersteigende verfügbare Einkommen ergibt. Im Falle der Besteuerung nur des Leistungseinkommens, in Abb. 3 bei LE St euer» markiert die Linie MSt'G" das verfügbare Einkommen. Somit wird das zur Sicherung des sozio-kulturellen Existenzminimums erforderliche Einkommen in Höhe der zu zahlenden Steuer unterschritten und erst wieder erreicht, wenn das nach Abzug der Steuern ab LE Steue r verbleibende Zusatzeinkommen die durch die Steuerzahlung eingetretene Einkommensminderung kompensiert hat. Ist der Steuersatz in dem relevanten Bereich vor und nach LE Gren z gleich, wird ein verfügbares Einkommen, das zu Sicherung des sozio-kulturellen Existenzminimums ausreicht, erst wieder erreicht bei einem Einkommen, das um den Betrag LE Gren z./. LE Steue r das Einkommen von LE Grenz übersteigt. Ein derartiger Transfertarif vermeidet Umkippeffekte, sichert durch einen organisierten Austauschvorgang zwischen Transfers und eigenem Einkommen das sozio-kulturelle Existenzminimum, sofern die sozialrechtliche Einkommensgrenze mit der steuerrechtlichen Grenze identisch ist. Eine Verlagerung der steuerrechtlichen Einkommensgrenze vor die sozialrechtlich verhindert, daß das verfügbare Einkommen nach Steuern in jedem Fall zur Existenzsicherung ausreicht und bestraft darüber hinaus im Falle der Besteuerung nur des Leistungseinkommens diejenigen, die sich um die Sicherung ihrer Existenz durch eigenes Leistungseinkommen bemühen. Wird dagegen auch das Transfereinkommen als Leistungsfähigkeitseinkommen behandelt und entsprechend besteuert, vermeidet eine vorgezogene steuerliche Einkommensgrenze zwar die besondere Belastung und Diskriminierung des Leistungseinkommens, begründet jedoch weiterhin und intensiver die Widersprüchlichkeit, daß der Staat durch leistungsfähigkeitsabschöpfende Eingriffe über eine nicht geringe Spannbreite der Einkommenserzielung verhindert, das von ihm selbst definierte Existenzminimum zu erreichen.

II. Die Einkommensgrenzen

313

Werden dagegen die abgeschöpften Steuern durch eine entsprechende Erhöhung der Sozialleistung ausgeglichen, muß die linke Hand geben, was die rechte gerade genommen hat. Hierin könnte sogar ein höherer Sinn liegen, gehört doch die linke Hand den Kommunen, während sich an der rechten Bund und Länder klammern. a2) ... zur Sicherung von Leistungsanreizen Jedoch auch dann, wenn die Steuer- und sozialrechtlichen Einkommensgrenzen kongruent abgestimmt sind auf ein einheitliches Einkommensniveau (entspr. LE Gren z in Abb. 3) und Umkippeffekte vermieden werden, verhindert ein derartiger Transfertarifverlauf für das Einkommensintervall von 0 bis LE Gren z als Folge der äquivalenten Surrogation von Transfereinkommen durch Leistungseinkommen nicht eine Grenzbelastung von 1, eine Belastung des Leistungseinkommens also, die annähernd doppelt so hoch ist wie die Grenzbelastung der Bezieher höchster Einkommen. Daß Beziehern geringster Leistungseinkommen, die im Zweifel nicht einmal die physische Existenz zu sichern ausreichen, eine marginale Belastung zugemutet wird, die von Beziehern hoher und höchster Einkommen wohl niemals akzeptiert würde, kann wohl nur aus der historischen Entwicklung des Fürsorgewesens und mit Hinweis auf das Subsidiaritätsprinzip der Sozialhilfe begründet werden. 160 Marginale Belastungen des Leistungseinkommens von 100% ersticken jedoch jedweden Leistungswillen des Transferempfängers, heben das zur Vermeidung von „disincentive"-Effekten erforderliche Bewußtsein des Zusammenhangs von wirtschaftlicher Leistung, Leistungseinkommen und verfügbarem Einkommen auf und schaffen die Grundlage für eine Überforderung des Sozialsystems.161 Nicht nur sollte deshalb ,*das Ausmaß der Reduzierung einkommensabhängiger sozialer Leistungen... zusammen mit den einkommensabhängigen Steuerzahlungen . . . grundsätzlich nicht größer sein als der Zuwachs an Bruttoeinkommen," 162 vielmehr hat für die Grenzbelastung als Folge einer marginalen Änderung des Leistungseinkommens zu gelten:

(7)

ABle =

dB LE dLE

dSt(LE) dir (LE) =

< 1 >0! dLE

dLE

160 So auch Shoup für die vergleichbare amerikanische Regelung: „The existence of a 100 per cent marginal tax rate on the very poor, a rate that would never be tolarated by the very rich, is explicable historically," Shoup-Taxes, 559; „tax rate" ist hier im Sinne einer negativen Einkommensteuer zu verstehen, zu diesem Begriff vgl. Almsick, 25 ff. 161 Kausemann, 117; Hazlitt, 302: „The first thing to be said about this scheme (a guaranteed income) economically is that if it were put into effect it would not only be enormously expensive to the taxpayers, who are forced to support it, but it would destroy the incentive to work on an unparalled scale." 162 Hackmann-Leistungen, 155 f.

314

E. Das Konzept eines einheitlichen Einkommensbegiffs

Die Vermeidung von „disincentiv"-Effekten, die Förderung des Willens, zur Sicherung der eigenen Existenz auch einen eigenen Beitrag zu leisten durch eine Bestimmung der Grenzbelastung gem. Gleichung (7) hat jedoch zur Folge, daß wegen der nur eingeschränkten Surrogation des Leistungseinkommens durch Transferleistungen ein verfügbares Gesamteinkommen erzielt wird, das grundsätzlich das sozio-kulturelle Existenzminimum übertrifft und daß Sozialleistungen auch dann noch gewährt werden, wenn das aus Leistungs- und Transfereinkommen zusammengesetzte verfügbare Gesamteinkommen höher ist als das in Abb. 3 durch LE Gren z bzw. M definierte Existenzminimum. Um diesen Effekt zu begrenzen, wird vorgeschlagen, ein das sozio-kulturelle Existenzminimum M unterschreitendes Subsistenzminimum M im Sinne des Geldwertes desjenigen Warenkorbes, „der gerade noch ein Überleben der Personen in dem betreffenden Haushalt sicherstellt," 163 einzuführen 164 (vgl. Abb. 4)

V E vor Steuer

LE

Abb. 4: Transferleistung mit Subsistenzminimum Sichert somit das Subsistenzminimum M ' allenfalls die physische Existenz, da es das für notwendig erachtete sozio-kulturelle Existenzminimum M im Sinne einer sozial verträglichen Armutsgrenze um den Betrag M ./. M - unterschreitet (vgl. auch § 25 BSHG), wird erst bei einem Leistungseinkommen von LE M, dessen Höhe abhängig ist von der Grenzbelastung ABLE, ein verfügbares Einkommen erzielt, das dem sozio-kulturellen Existenzminimum M entspricht, so daß das verfügbare Einkommen vor Steuern markiert wird durch den Verlauf der Linie MA'G' , die ab G' mit dem Leistungseinkommen identisch ist. Die Neigung 163 Almsick, 61. 164 Friedman, 192 f., vgl. auch die grafische Darstellung des Friedman-Vorschlags bei Otten, 20; Molitor, 61.

II. Die Einkommensgrenzen

315

der Linie M A'G' wird dabei bestimmt durch die Grenzbelastung des Leistungseinkommens infolge des Transferentzugs: je flacher diese Linie verläuft, desto höher ist die Grenzbelastung. Die in einem derartigen Transfertarif zum Ausdruck kommenden Leistungsanreize, da für den Bereich des Leistungseinkommens von 0 bis LE GREN Z die Grenzbelastung ABLE kleiner ist als 1, wird erkauft durch die wohl als soziale Unbilligkeit zu kennzeichnende Härte, daß bis zu einem Leistungseinkommen von LE M trotz Zahlung von ergänzenden Sozialleistungen das sozio-kulturelle Existenzminimum und damit die sozialverträgliche Armutslinie nicht erreicht wird. Wird zum Ausgleich dieses Nachteils befürwortet, die Einkommenslücke von M bis M durch besondere Leistungen oder bedarfsorientierte Zuschläge auszugleichen, um die Benachteiligung von erwerbsunfähigen gegenüber erwerbsfähigen Personen zu vermeiden, 165 so wird zwar hierdurch das soziokulturelle Existenzminimum gesichert und die politische Durchsetzbarkeit gefördert, 1 6 6 jedoch wird andererseits für Leistungseinkommen von 0 bis LE M wieder eine Grenzbelastung von 1 eingeführt mit der Folge, daß durch die vollständige Surrogation für dieses Einkommensintervall jedwede Leistunsganreize entfallen. Durch die Gewährung von Sonderhilfen wird also eine Situation geschaffen, die durch die Einführung des Subsistenzminimums als untere Einkommensgrenze gerade vermieden werden sollte. Wegen der hierin liegenden Widersprüchlichkeit kann eine derartige Fixierung sozialrechtlicher Einkommensgrenzen nicht befürwortet werden. Vielmehr ist zu fordern, daß die sozialrechtlichen Einkommensgrenzen so festgelegt werden, daß zu jeder Zeit das verfügbare Einkommen das soziokulturelle Existenzminimum sichert und daß bis zur kritischen Einkommensgrenze, ab der keine Sozialleistungen zur Existenzsicherung mehr gewährt werden, die Grenzbelastung als Folge einer marginalen Änderung des Leistungseinkommens immer < 1 > 0 ist. Eine derartige Situation zeigt Abb. 5. Bei einem Leistungseinkommen von 0 wird ein Sozialtransfer von M gewährt. Dieser maximale Transferbetrag zur Sicherung des sozio-kulturellen Existenzminimums definiert somit die Einkommensgrenze im Sinne einer Einkommensgarantie als sozialverträgliche Armutslinie, die nicht unterschritten werden soll. Sie variiert mit Familiengröße und -struktur. Mit zunehmendem Leistungseinkommen vermindert sich der absolute Betrag des Sozialtransfers entsprechend der Linie M - LE GREN Z. Da jedoch die Grenzbelastung des Leistungseinkommens < 1 ist, wird durch die nur teilweise erfolgende Surrogation des Leistungseinkommens durch die Sozialleistung ein verfügbares Einkommen erzielt, das je nach Höhe der Grenzbelastung das sozio-kulturelle Existenzminimum übertrifft und der Linie M - G ' folgt. Da in jedem Fall ein verfügbares Einkommen erzielt wird, 165 So ζ. B. Almsick, 61. 166 So im Ergebnis Otten, 22.

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E. Das Konzept eines einheitlichen Einkommensbegiffs

das für eine erträgliche Existenzsicherung ausreicht, ist es nicht erforderlich, zur Privilegierung geringster Leistungseinkommen die Grenzbelastung zu variieren. 1 6 7 Somit dokumentiert ein Einkommen von M + = LE Gren z als zweite Einkommensgrenze ein verfügbares Einkommen, ab der existenzsichernde Sozialtransfers entfallen. Die so festgelegten Einkommensgrenzen im Kontext mit einem entsprechenden Transfertarifverlauf bedingen zwar Transferleistungen auch bei einem verfügbaren Einkommen oberhalb des Existenzminimums, durch die leistungsanreizende Wirkung einer Grenzbelastung ABLE < 1 > 0 wird jedoch von Anfang an ein Sog ausgeübt, Leistungseinkommen zu erzielen, da auch geringfügige, vor LE Gren z liegende Bezüge zu einer Steigerung des verfügbaren Einkommens führen. Dabei ist die erwünschte Sogwirkung um so größer, je kleiner der Wert für M und je größer der für LE Gren z angesetzt wird. Da jedoch der Absenkung von M aus sozialpolitischen Gründen vergleichsweise enge Grenzen gesetzt sind, andererseits ein hoher Wert für M und ein niedriger für LE Gren z eine stärkere Einkommensumverteilung zum unteren Einkommensbereich mit sich bringen, konfligiert die Zielfunktion der Redistribution mit dem Wunsch, die aus einer Grenzbelastung nahe 1 resultierenden „Arbeitshemmungen" 168 abzubauen. Die Entscheidung über diese Einflußvariablen ist nicht analytisch zu bestimmen, 167 So jedoch Lampman, der bis zu einem verfügbaren Einkommen von $ 1500 eine Grenzbelastung von 0,75 und bei darüber liegendem Einkommen bis zur kritischen Einkommensgrenze eine Grenzbelastung von 0,33 empfiehlt; Lapman, 12 und 23 ff., zitiert nach Otten, 26. 168 Musgrave u. Α., 4. Bd., S. 212.

II. Die Einkommensgrenzen

317

sondern stellt eine politische Entscheidung dar und ist letztlich abhängig davon, welches Gewicht den einzelnen Variablen beigemessen wird. Da es sich somit bei einem derartigen Transfertarif-Verlauf und so bestimmten Einkommensgrenzen grundsätzlich lohnt, nicht apatisch auf einem Einkommensniveau von M zu verharren, sondern durch eigene Leistung die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu verbessern, führt ein derartiges Transfersystem auch nicht zwangsläufig zu einer Steigerung der öffentlichen Ausgaben zur Existenzsicherung. b) Grenzen für existenzsichernde und für nicht-existenzsichernde Sozialleistungen Entsprechend der Vielzahl sozialrechtlicher Leistungsgesetze mit durchaus unterschiedlicher Zielsetzung kann es keine einheitliche Einkommensgrenze des Sozialrechts geben, vielmehr haben sich die einzelnen Grenzziehungen zu orientieren an der jeweiligen Zielfunktion der Gesetze. Eine dennoch mögliche und auch für sinnvoll erachtete Strukturierung und Zusammenfassung kann sich dabei orientieren an der Frage, ob der jeweiligen Sozialleistung eine existenzsichernde Funktion zukommt, wie ζ. B. der Sozialhilfe oder zumindest teilweise auch der Leistung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz, wenn akzeptiert wird, daß zum familienstands- und -situationsabhängigen sozio-kulturellen Existenzminimum auch die Möglichkeit zu zählen ist, eine den jeweiligen intellektuellen oder praktischen Fähigkeiten entsprechende qualifizierende Berufsausbildung zu erhalten, oder ob mit der Transferleistung sozial- und wirtschaftspolitisch gewünschte Verhaltensweisen gefördert werden sollen, wie dies ζ. B. für die Leistungen nach dem Wohnungsbauförderungsgesetz und dem 5. Vermögensbildungsgesetz gilt. bl) Einkommens grenzen bei existenzsichernden

Sozialleistungen

Sämtliche existenzsichernde Sozialleistungen sollten zu einer Transferart zusammengefaßt werden, die sich auszurichten hat am sozio-kulturellen Existenzminimum, das ein gewisses Maß an sozialer Integration und persönlicher Entwicklung gewährleistet. Da die Höhe dieser so bestimmten Einkomensgrenze nicht nur familienstandsabhängig ist, sondern auch die jeweilige individuelle Situation ζ. B. hinsichtlich des Alters und der damit normalerweise verbundenen Ausbildungssituation unterhaltsberechtigter Familienangehöriger zu berücksichtigen hat, ist in diese die Existenz sichernde Einkommensgrenze auch der Grundbedarf für eine qualifizierte, bei entsprechender Befähigung auch akademische Ausbildung im Sinne des Bundesausbildungsförderungsgesetzes einzubeziehen. Dieses so definierte Existenzminimum stellt jedoch nur die untere Einkommensgrenze im Sinne einer sozialverträglichen Armutslinie dar. Diese untere Existenzgrenze wird ergänzt durch die sogenannte kritische Einkommensgrenze,

318

E. Das Konzept eines einheitlichen Einkommensbegiffs

die dadurch gekennzeichnet ist, daß von hier ab existenzsichernde Sozialtransfers entfallen und deren Höhe abhängig ist vom „negativen Steuersatz," von der Grenzbelastung des Leistungseinkommens also infolge nur teilweiser Surrogation des Leistungseinkommens durch die Transferleistung. Falls einzelne existenzsichernde Sozialleistungen nicht zusammengefaßt werden zu einer einzigen pluralistisch ausgestalteten Transférait, ist zu beachten, daß die einzelnen Transfers in ihrem jeweiligen Verhältnis zueinander teilweise subsidiär sind, so daß das sozio-kulturelle Existenzminimum möglicherweise erst erreicht wird durch Voll- und Teilleistungen aus mehreren Leistungsgesetzen. Aus diesem Grunde sind die zur Sicherung der Existenz heranzuziehenden Transfers entsprechend dem Grad ihrer Subsidiarität zueinander in eine entsprechende Rangfolge zu bringen. Sodann hat zuerst die Leistungsart mit dem geringsten Subsidiaritätsgrad vollständig zu leisten, höchstens jedoch bis zur kritischen Einkommensgrenze. Falls eventuell vorhandenes Leistungseinkommen und vorrangiger Sozialtransfer zusammen die Linie des vorgegebenen verfügbaren Einkommens (in Abb. 5 die Linie MG') noch nicht erreichen, ist die. verbleibende Lücke aufzufüllen mit der Transferleistung des nächst höheren Subsidiaritätsgrades. Es ist offensichtlich, daß die hierdurch notwendige Abstimmung der einzelnen Transferarten, zumal wenn diese in unterschiedlicher Trägerschaft stehen, vergleichsweise arbeits- und verwaltungsintensiv ist, da die einzelnen Transferarten nicht nur untereinander abzustimmen sind, sondern bei unterschiedlicher Trägerschaft jede für sich den Einkommensermittlungvorgang durchführen muß. Allein schon aus diesem Grunde bietet es sich an, die einzelnen Transferarten zu einer Leistungsart zusammenzufassen. Eine mittlere Position zwischen den Sozialleistungen, die zuvörderst der Existenzsicherung zu dienen bestimmt sind und denjenigen Transfers, die zu einer sozial- und / oder wirtschaftspolitisch gewünschten Verhaltensweise anregen sollen, nimmt die Arbeitslosenhilfe ein. Zum einen kommt ihr aufgrund des Tatbestandes der Bedürftigkeit gem. §§ 1341 Nr. 3, 137 I AFG eine existenzsichernde Funktion zu, zum anderen ist sie arbeitsmarktpolitisch ausgerichtet, damit arbeitslose Arbeitnehmer in der Betreuung der Arbeitsämter verbleiben, jedoch überwiegt ihre existenzsichernde Funktion. Die Höhe der Arbeitslosenhilfe richtet sich jedoch nicht nach dem soziokulturellen Existenzminimum, sondern gem. § 136 I I AFG grundsätzlich nach dem Arbeitsentgelt gem. § 112 AFG. Dennoch sollten die zu den reinen existenzsichernden Sozialleistungen gemachten Ausführungen sinngemäß auch auf die Arbeitslosenhilfe angewendet werden und zwar dergestalt, daß die Einkommensgrenze des sozio-kulturellen Existenzminimums zu ersetzen ist durch die Leistungshöhe gem. § 136 I Ziff. 1 und 2 AFG. Sollte diese Leistungshöhe das sozialhilferechtliche Existenzminimum nicht erreichen, ist die Arbeitslosenhilfe nach den Grundsätzen der Subsidiarität aufzustocken. Zur Vermeidung von disencentives ist auch bei der Arbeitslosenhilfe darauf zu achten, daß keine vollständige

II. Die Einkommensgrenzen

319

Surrogation des Leistungseinkommens durch den Sozialtransfer stattfindet, sondern daß die Grenzbelastung des Leistungseinkommens durch Transferleistungsentzug und eine eventuelle Steuerzahlung < 1 ist mit der Folge, daß auch im Arbeitslosenhilfesystem eine kritische Einkommensgrenze einzuführen wäre. Dies hätte zu Folge, daß über ein gewisses Einkommensintervall, das mit der Einkommensgrenze gem. § 1361 Ziff. 1 und 2 AFG beginnt und mit der kritischen Einkommensgrenze endet, Leistungseinkommen und Arbeitslosenhilfe sich dergestalt ergänzen, daß durch eine Steigerung des Leistungseinkommens sich auch das verfügbare Einkommen erhöht. Aufgrund der zur Sozialhilfe bestehenden Subsidiaritätshierarchie ist in den Fällen, in denen das aus Arbeitslosenhilfe und Leistungseinkommen sich zusammensetzende verfügbare Einkommen das Einkommen des Sozialhilfesystems nicht erreicht, die entsprechende Einkommenslücke durch Leistungen der Sozialhilfe zu füllen. Falls bei den sich so ergänzenden Sozialleistungen die Grenzbelastung des Leistungseinkommens unterschiedlich sein sollte, sollte trotz der Vorrangigkeit der Arbeitslosenhilfe vor der Sozialhilfe in Kauf genommen werden, daß die sozialhilferechtliche Grenzbelastung vorrangig ist. b2 ) Einkommens grenzen für nichtexistenzsichernde

Sozialleistungen

Nichtexistenzsichernde Sozialtransfers sind nicht unabdingbar notwendig, sie gleichen in ihrer Zielsetzung mehr den an Unternehmen gezahlten Subventionen, da sie bestimmte wirtschafts- und / oder sozialpolitisch motivierte Zielsetzungen, wie ζ. B. die Vermögensbildung breiter Schichten, zu fördern bemüht sind. Sie sollen deshalb die privaten Empfänger zu einem gewünschten Verhalten bewegen und honorieren dies mit der Gewährung einer finanziellen Leistung. Die Einkommensgrenze, bis zu der die jeweilige Sozialleistung gewährt wird, kann nicht analytisch bestimmt werden, sondern ist das Ergebnis einer politisch motivierten Entscheidung, die allenfalls Nebenbedingungen in Form von Annahmen über das zukünftige Finanzaufkommen als Finanzierungsquelle sowie über das Maß an Inanspruchnahme und ihre Elastizität in Abhängigkeit von Höhe und konkreter Ausgestaltung der Leistung berücksichtigt. Im Rahmen der nichtexistenzsichernden Sozialleistungen wird in aller Regel die Steigerung der Leistungsfähigkeit des Berechtigten in der Weise berücksichtigt, daß ab einer gesetzlich normierten festen Einkommensgrenze die jeweilige Sozialleistung schlagartig und vollständig entfällt, wie dies ζ. B. bei den Vermögensbildungs-, Sparförderungs- und Wohnungsbaugesetzen der Fall ist. Folge dieser starren Einkommensgrenzen sind die bereits dargestellten Umkippeffekte, da die Richtung der Bruttoeinkommensänderung umgekehrt wird, sie gleichsam umkippt. 169 169

Venturini, 141; Fritzsche, 145; zurückhaltender dagegen die Transfer-EnquêteKommission, TZ 370.

320

E. Das Konzept eines einheitlichen Einkommensbegiffs

Wenn auch in der Literatur darauf hingewiesen wird, daß im Bereich der nichtexistenzsichernden Sozialleistungen „von einem gravierenden Problem nicht gesprochen werden könne," 170 weil im Bereich der Vermögensbildungsgesetze bereits Bruttoeinkommenszuwächse von unter 2% genügten, um den Wegfall der staatlichen Leistung zu kompensieren und außerdem auch noch die Abzugsmöglichkeit nach § 10 EStG ersatzweise zum Tragen komme, 171 so bleibt dennoch die Tatsache bestehen, daß bei einer derartigen Tarifgestaltung durch den vollständigen Wegfall der Sozialleistung gerade bei kleineren und mittleren Einkommen Grenzbelastungen auftreten, die von Beziehern selbst höchster Einkommen nie erduldet werden müssen. Während bei den Sozialleistungen, durch die eine Vermögensbildung breiter Schichten gefördert werden soll, die Umkippeffekte zu einer unmittelbaren Kürzung des verfügbaren Einkommens führen, handelt es sich bei der Zuerkennung der Sozialwohnungsberechtigung gem. § 25 2. WobauG um einen „fiktiven" Belastungssprung, da bei einem Überschreiten der relevanten Einkommensgrenze der Realtransfer des Wohnens in einer mit öffentlichen Mitteln geförderten Wohnung nicht entfällt, sondern allenfalls die Heranziehung zu einer Fehlbelegungsabgabe zur Folge hat. Wird jedoch die relevante Einkommensgrenze um eine geringe Einkommenseinheit gerade in dem Jahr überschritten, das für den Erwerb der Bezugsberechtigung entscheidend ist, führt ein auch nur geringfügiger Einkommenszuwachs, so dadurch die relevante Einkommensgrenze überschritten wird, zu einem durchaus auch auf längere Sicht wirkenden gravierenden Nachteil, da zwar bei einem Unterschreiten der Einkommensgrenze in einem Folgejahr die fehlende Wohnungsberechtigung wieder erworben wird, sie jedoch häufig nicht ausgenutzt werden kann, da ein Wohnungsumzug wegen der damit nun einmal verbundenen Kosten nicht ohne weiteres zu organisieren ist. Aus all diesen Gründen ist zu fordern, daß auch bei nichtexistenzsichernden Sozialleistungen zur Vermeidung von Umkippefffekten, die unabhängig vom Maß ihrer quantitativen Auswirkung grundsätzlich auch in sozialpolitischer Hinsicht unbefriedigend sind, das System starrer Einkommensgrenzen aufzugeben ist und ersetzt werden sollte durch einen gleitenden Abbau der Sozialleistung in dem Maße, wie das Einkommen des Leistungsempfängers steigt als Folge einer Grenzbelastung des Einkommens, die über jedem Einkommensintervall < 1 ist, wie es bereits das Wohngeldgesetz vorsieht.

no Venturini, 142. 171 Transfer-Enquête-Kommission, TZ 366.

II. Die Einkommensgrenzen

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3. Die Rückkopplung der sozialrechtlichen Einkommensgrenzen auf die des Steuerrechts Da die kritische Einkommensgrenze, ab der existenzsichernde Transferleistungen nicht mehr gewährt werden, oberhalb des sozio-kulturellen Existenzminimums liegt, stellt sich bei der hier befürworteten Integration von Steuer- und Transfersystem die Frage, ob die Besteuerung des Einkommens bereits bei einem verfügbaren Einkommen 172 ab M einsetzen soll oder erst ab der oberhalb des sozio-kulturellen Existenzminimums liegenden kritischen Einkommensgrenze M+ = LE Gren z (vgl. Abb. 5). Die Besteuerung bereits ab einem Einkommen von M hat die gleiche Wirkung wie eine entsprechende Erhöhung der Transfergrenzbelastung des Leistunsgeinkommens, so daß die Besteuerung ab einem verfügbaren Einkommen von M die für erforderlich gehaltene Leistungsanreizwirkung der entsprechend bestimmten Grenzbelastung des Leistungseinkommens mindert. Somit würde wieder einmal mehr die Steuerpolitik sozialpolitische Entscheidungen konterkarieren. Wird dagegen eine zur Eigenleistung anreizende Grenzbelastung des Leistungseinkommens durch eine konzertierte Abstimmung von Transfertarif und Steuertarif gewählt, kann die gleiche Belastungswirkung des verfügbaren Einkommens und auch die beabsichtigte Fiskalwirkung mit einer entsprechend ausgerichteten Transfergrenzbelastung des Leistungseinkommens erreicht werden mit der Folge nicht unerheblicher Verwaltungsvereinfachung, da die Bezieher verfügbaren Einkommens von M bis M + arbeitsmäßig nicht der Steuerverwaltung anheim fallen müssen.173 Die Besteuerung nicht bereits ab einem verfügbaren Einkommen von Μ , sondern erst ab M+ = LE Gren z zu beginnen bedeutet neben dem vielleicht mehr formalen Gesichtspunkt, daß Transfersystem und positive Einkommensteuer eine systematische Einheit bilden, die alle auf den Haushalt bezogenen Einkommensleistungen in sich vereint im Sinne einer „logischen Erweiterung des Prinzips der progressiven Besteuerung" 174 eine Honorierung und steuerliche Respektierung von durch Leistung erzielte Einkommensteile. Die Verschiebung der steuerrechtlichen Einkommensgrenze vom sozio-kulturellen Existenzminimum zur kritischen Einkommensgrenze, auf den „break-even level of income" 175 also, ist 172

Da nach der hier vertretenen Auffassung auch staatliche Transferleistungen Leistungsfähigkeit indizieren, ist für die Besteuerung nicht auf das Leistunsgeinkommen, sondern auf das verfügbare Einkommen abzustellen. 173 Vgl. auch Tobin / Pechman / Mieszkowski, 4 ff., die grundsätzlich die steuerliche Einkommensgrenze am Existenzminimum ausrichten, die hierdurch an sich auftretenden Inkonsequenzen vermeiden wollen durch ein Wahlrecht, das es dem Einkommensbezieher erlaubt, solange im integrierten Steuer- und Transfersystem zu verbleiben, bis sein Einkommen bei negativer und positiver Einkommensteuer exakt gleich ist; Erläuterungen hierzu bei Otten, 29 ff. i™ Musgrave u. Α., Bd. 4, S. 211. 175 Almsick, 53. 21 Burger

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E. Das Konzept eines einheitlichen Einkommensbegiffs

ein Bonus für Einkommen im grenznahen Bereich des Existenzminimums und motiviert, nicht im Bereich der Transferleistungsgewährung zu verharren, sondern durch Leistungseinsatz ein verfügbares Einkommen zu erzielen, das letztlich die Inanspruchnahme von staatlichen Transferleistungen überflüssig macht. 176

4. Die strafrechtliche Einkommensgrenze Die strafrechtliche Einkommensgrenze definiert die Einkommenshöhe, die dem Delinquenten verbleiben muß, um auch nach Heranziehung zu einer Geldstrafe die ihm verbleibenden Steuer- und sozialrechtlichen Pflichten sowie seine Unterhaltsverpflichtungen gegenüber unterhaltsberechtigten Familienangehörigen erfüllen zu können. Da gem. § 40 I I StGB bei der Bestimmung des Tagessatzes vom Nettoeinkommen auszugehen ist, werden im Rahmen einer solchen Einkommensermittlung Ausgaben als Strukturelemente eben dieses Einkommen behandelt, die ansonsten bei einer [Brutto-]Einkommensermittlung die Qualität von Einkommensverwendungen haben. Damit wird im wesentlichen die strafrechtliche Einkommensgrenze durch den strafrechtlichen Einkommensbegriff selbst definiert, da alles das, was einem Straftäter von seinem Bruttoeinkommen nach Abzug der genannten Einkommensverwendungen verbleibt, in den Berechnungsvorgang der Tagessatzermittlung einbezogen wird, wenn nicht ausnahmsweise besondere Einkommensverwendungen als außergewöhnliche Belastungen bzw. als verplante und vom Durchschnitt vergleichbarer Einkommensbezieher erheblich abweichende Ausgaben die ansonsten vorgegebene unmittelbare Bindung des Tagessatzes an das Nettoeinkommen zu lösen imstande sind. Somit ist de lege lata die Strafrechtliche Einkommensgrenze in aller Regel bei einem Nettoeinkommen von 0 zu ziehen, da die einem Täter zur Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen zu belassenden Leistungsfähigkeitsbeiträge bei der Ermittlung des Nettoeinkommens bereits als Strukturelemente berücksichtigt worden sind. Die Grenzbelastung dieses so ermittelten Nettoeinkommens durch die Geldstrafe ist für die Dauer der Strafe, die in der Anzahl der Tagessätze zum Ausdruck kommt, gleich 1, da in der Regel sämtliches Nettoeinkommen bei der Tagessatzermittlung abgeschöpft wird. Die aus der Bestimmung des strafrechtlichen Einkommens als Nettoemkommen resultierende Durchbrechung der strikten Trennung der Einkommensverwen176 Vgl. dagegen Kirchhof-Gutachten, F 14 ff., der die Steuerpflicht als eine gesteigerte Sozialpflicht i. S. des Art. 14 II GG begreift und aus diesem Grunde nur das sozialpflichtige Eigentum der Besteuerung unterwirft. Da jedoch nur das Markteinkommen einer Sozialbindung unterliege, könne auch nur dieses Markteinkommen (=Leistungseinkommen) der Besteuerung unterworfen werden; kritisch hierzu: Tipke-Revision, 2092 ff.

II. Die Einkommensgrenzen

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düngen von den Ausgaben, die der Erzielung, Erhaltung und Sicherung von leistungsfähigkeits-indizierenden Einnahmen dienen, hat zur Folge, daß ein solcher strafrechtlicher Einkommensbegriff in dem hier vorgestellten [Brutto-]Einkommensbegriff nicht einbezogen werden kann und dadurch den Versuch, einen einheitlichen Einkommensbegriff zu definieren, der für alle öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnisse ein gleichermaßen zutreffendes Tatbestandsmerkmal ist, unterläuft. Dies kann jedoch vermieden werden, indem der Grundsatz der Bestimmung des Tagessatzes nach dem Nettoeinkommen aufgegeben und ersetzt wird durch ein strafrechtliches Brutto-Einkommen. Sodann sind die strafrechtlich zu berücksichtigenden Einkommensverwendungen bei der strafrechtlichen Einkommensgrenzziehung zu berücksichtigen. Sofern diese Verlagerung der Einkommensverwendungen ohne inhaltliche Deformierungen erfolgt, bewirkt die dann auch für das strafrechtliche Tagessatzermittlungsverfahren geltende Trennung von Einkommensermittlung und Einkommensverwendung, daß einerseits der zu bestimmende Tagessatz hierdurch nicht verändert wird, andererseits aber auch die strafrechtliche Einkommensermittlung und „Tarifierung" integraler Bestandteil eines am Leistungsfähigkeitsprinzip ausgerichteten Einkommensermittlungsund -Verwendungssystem wird. Unter Beibehaltung der nach geltendem Recht zu berücksichtigenden Einkommensverwendungen wird somit die strafrechtliche Einkommensgrenze generell bestimmt durch die Steuer- und sozialrechtlichen Verpflichtungen des Täters und die tatsächlichen Unterhaltslasten für unterhaltsberechtigte Familienangehörige und ausnahmsweise durch außergewöhnliche Belastungen oder vorausgeplante Ausgaben. Von der Steuer- und sozialrechtlichen Einkommensgrenze unterscheidet sich die strafrechtliche zuvörderst dadurch, daß die notwendigen Aufwendungen für den eigenen Lebensunterhalt völlig unberücksichtigt bleiben, die Unterhaltsverpflichtungen für Familienmitglieder nicht mit dem sozio-kulturellen Existenzminimum bewertet werden, sondern mit den in aller Regel höher liegenden tatsächlichen Aufwendungen, und die gezahlte Einkommensteuer berücksichtigt wird. Das gesamte diese so bestimmte Einkommensgrenze übersteigende Einkommen des Täters ist dann für die Bestimmung der Tagessatzhöhe heranzuziehen, so daß für die Dauer der Strafe die Grenzbelastung des diese Einkommensgrenze übersteigenden Einkommens gleich 1 ist, da dem Täter von seinem „freien" Einkommen nichts verbleiben soll.

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F. Zusammenfassung der Ergebnisse Der soziale Rechtsstaat, zu dem sich die Bundesrepublik gem. Art. 28 I GG verfassungsgemäß bekennt, stellt die Synthese dar von die Freiheit des Einzelnen sichernder Rechtsstaatlichkeit und der Sozialstaatlichkeit als das der Sicherung menschenwürdigen Daseins dienende Prinzip. Zur Sicherstellung der Funktionstüchtigkeit dieser Synthese greift der Staat als ein continuum ein in die ökonomischen Grundlagen privater Haushalte einerseits als Abschöpfung ökonomischer Leistungsfähigkeit durch das Auferlegen von Steuern und Geldstrafen, andererseits als Gewährung ökonomischer Leistungsfähigkeit durch Hingabe von Transferleistungen und Subventionen. Hierdurch ist die Einkommenslage privater Haushalte als Potential für die tatsächliche Verwirklichung rechts- und sozialstaatlicher Prinzipien im täglich ge- und erlebten Alltag abhängig davon, welche staatlichen Leistungen ein Haushalt insgesamt erhält und welche Steuern und Strafen er zu leisten hat. Dieses staatliche Eingriffsverhalten in die ökonomischen Grundlagen privater Haushalte erhebt formell den Anspruch, zielgerichtete Folge der Anwendung einer einheitlichen Handlungsmaxime zu sein, zumindest, soweit es sich des Einkommens als seines Tatbestandsmerkmals bedient, soll doch durch die Höhe des jeweils festgestellten Einkommens das Maß an ökonomischer Leistungsfähigkeit bestimmt sein, das entweder für hoch genug angesehen wird, durch Zahlung von Einkommensteuern einen leistungsfähigkeitsadäquaten Beitrag zur Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs zu erbringen oder für auffüllungsbedürftig durch staatliche Transferleistungen. Tatsächlich jedoch wird das staatliche Eingriffsverhalten dem selbstgesetzten Anspruch nicht gerecht. Vielmehr zeigt die Bestandsaufnahme das beklagenswerte Bild einer totalen Zersplitterung und divergierenden Ausgestaltung der Umverteilungsinstrumente. So ist der vordergründig umfassend und einheitlich erscheinende steuerliche Einkommensbegriff in Wirklichkeit infolge einer ausgeweiteten Tatbestandserosion durch objektive und persönliche Befreiungen sowie durch den Dualismus der Einkünfteermittlung und durch die implantierten Besteuerungswahlrechte insuffizient geworden. Die Ursache hierfür ist darin zu suchen, daß das Einkommensteuerrecht im Laufe der Zeit immer mehr zum Betätigungsfeld gesellschaftspolitischer Zielsetzungen geworden ist mit der Folge, daß die Erkenntnis verschüttet wurde, daß das Einkommen als Indikator steuerlicher Leistungsfähigkeit gleichzeitig auch als Indikator steuerlicher Gerechtigkeit zu begreifen ist.

F. Zusammenfassung der Ergebnisse

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Grundsätzlich gleiches läßt sich auch von den sozialrechtlichen Einkommensbegriffen sagen, die zwar einerseits von der steuerlichen Bezugsgröße weitgehend abrücken und mit der so gewonnenen Eigenständigkeit geradezu kokettieren, andererseits es aber mit ihrem Verhältnis zum Leistungsfähigkeitsprinzip nicht viel anders treiben als das Steuerrecht. Der strafrechtliche Einkommensbegriff ist vom theoretischen Ansatz her durchaus geeignet, die individuelle Leistungsfähigkeit des Täters zu indizieren. Auch herrscht über seinen materiellen Inhalt weitgehend Einvernehmen. Dennoch muß erstaunen, mit welchem Begriffswirrwarr dieses Merkmal bis heute kommentiert wird. Wichtiger jedoch erscheint der Umstand, daß die Judikatur offensichtlich vor dem Grundsatz des nemo tenetur se ipsum prodere kapituliert hat, da der Tatrichter bei der Ermittlung des Nettoeinkommens letztlich auf die Aussagen des Täters angewiesen ist, die in aller Regel eher zurückhaltend ausfallen. Dabei wird die Doppelfunktion des Einkommens als Indikator ökonomischer Leistungsfähigkeit und als Indikator auch strafrechtlicher Gerechtigkeit gerade bei der Geldstrafenermittlung besonders deutlich. Das real praktizierte Verfahren der Ermittlung der wirtschaftlichen Verhältnisse eines Täters führt tendenziell dazu, daß in den Fällen, in denen die Einkommensstruktur des Täters vergleichsweise schlicht ist, weil er nur über Leistungen der Sozialhilfe oder nur über Bezüge aus einem Beschäftigungsverhältnis verfügt, das vom Tatrichter angesetzte Nettoeinkommen dem tatsächlich erzielten Nettoeinkommen auch entspricht. Dagegen wird in den Fällen, in denen ein Delinquent als Folge wirtschaftlicher Potenz die gesamte Bandbreite denkbarer Möglichkeiten zur Einkommenserzielung ausnutzt, das vom Richter angenommene Nettoeinkommen mehr oder weniger deutlich hinter dem tatsächlich erzielten Nettoeinkommen zurück bleiben, zumal sich der Gesetzgeber bis heute nicht entschließen konnte, dem Informationsbedürfnis des Tatrichters durch eine gesetzlich geregelte Amtshilfe der Finanzbehörden zumindest teilweise abzuhelfen. Die negativen Auswirkungen eines zu niedrig angesetzten Einkommens mit der Folge, daß die so ermittelte Geldstrafe nicht mehr dem Maß an Schuld des Täters entsprechen kann, sind evident und bedürfen keiner Kommentierung. Die Hoffnung, bei der Bestimmung eines einheitlichen Indikators wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit auf den ökonomischen Einkommensbegriff zurückgreifen zu können, da dieser als rein wissenschaftlicher Begriff von politischen und gruppenegoistischen Intentionen unbelastet ist, hat sich nicht bewahrheitet. Die Beschränkung des ökonomischen Individualeinkommens auf das Einkommen aus marktbezogenen Erwerbsgrundlagen und die Eliminierung sämtlicher Einnahmen aus Bereichen außerhalb des marktgestützten Leistungsaustausches machen den ökonomischen Einkommensbegriff ungeeignet für eine Indikatorfunktion wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit als durchgängige Handlungsmaxime für staatliches Eingriffsverhalten in die ökonomischen Grundlagen privater Haushalte.

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F. Zusammenfassung der Ergebnisse

Bei aller Heterogenität der in den einzelnen öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen je verwendeten Einkommensbegriffe besteht dennoch ein grundsätzlicher Konsens hinsichtlich dessen, wozu die einzelnen Einkommensbegriffe dienen sollen: Gleichermaßen gilt, daß die Höhe des durch sie festgestellten Einkommens das Maß an ökonomischer Leistungsfähigkeit bestimmen soll, das im Verbund mit den einzelgesetzlichen Einkommensgrenzen entweder für hoch genug angesehen wird, durch Zahlung von Steuern einen leistungsfähigkeits-adäquaten Beitrag zur Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs zu erbringen oder für auffüllungsbedürftig durch staatliche Ausgleichszahlungen. Wird aber in allen öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen Leistungsfähigkeit im Sinne ökonomischer Leistungsfähigkeit gleichermaßen interpretiert und wird zur Messung dieser Leistungsfähigkeit das Einkommen herangezogen, dann muß ein Einkommensbegriff, der sich streng am Leistungsfähigkeitsprinzip orientiert, ein für alle öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnisse gleichermaßen zutreffendes Tatbestandsmerkmal sein. Dabei orientiert sich ein Einkommensbegriff dann streng am Leistungsfähigkeitsprinzip, wenn er alle Nettoveränderungen der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über Güter einschließt, die einem Wirtschaftssubjekt innerhalb einer Periode zufließen und über die es verfügen kann, ohne daß auf eventuell vorhandenes Vermögen oder auf Kredite zurückgegriffen wird. Dieser so zu bestimmende Einkommensbegriff hat somit auszugehen von der Erfassung sämtlicher leistungsfähigkeits-indizierender Einnahmen, aller solcher Einnahmen also, die nicht Revalutierungen sind, da eine Vorabausklammerung bestimmter Einnahmearten die sichere Gewähr dafür wäre, daß das von der Erfassung der Einnahmen abhängige Einkommen die ökonomische Leistungsfähigkeit seines Beziehers nicht mehr vollständig indiziert. Von diesem Bruttowert „Summe aller Einnahmen" sind nur solche Ausgaben und Aufwendungen abzuziehen, die nach der ihnen subjektiv zugewiesenen Zielsetzung, der causa movens bzw. der causa finalis also, dazu bestimmt sind, der Erzielung leistungsfähigkeitsindizierender Einnahmen zu dienen. Einkommensverwendungen gleich welcher Art und unabhängig davon, ob sie der freien Disposition zur Verfügung stehen oder ihr entzogen sind, dürfen den am Leistungsfähigkeitsprinzip ausgerichteten Einkommensbegriff nicht tangieren. Denn es ist unlogisch und inkonsequent, als Einkommen einen Wert zu ermitteln, der sich erst ergibt, nachdem abgezogen worden ist, was nur eine Verwendung des zu ermittelnden Einkommens sein kann. Die hierdurch bedingte Vermeidung einer Durchdringung des Einkommensbegriffs mit Sozialzwecknormen sowie die Mißachtung der den einzelnen Gesetzen immanenten Zielvorstellungen bereits auf der Ebene der Einkommensermittlung schafft das notwendige Maß an Objektivität und Neutralität, das Voraussetzung ist für eine einheitliche Verwendbarkeit in allen öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen.

F. Zusammenfassung der Ergebnisse

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Die strenge Ausrichtung des Einkommensbegriffs an der objektiv feststellbaren Leistungsfähigkeit und die damit verbundene Neutralität bedürfen der Ergänzung durch ein integriertes Tarifsystem mit aufeinander abgestimmten Einkommensgrenzen. Dabei darf die steuerrechtliche Einkommensgrenze die Grenze, bis zu der existenzsichernde Sozialleistungen gewährt werden, nicht unterschreiten, da sonst die Gefahr besteht, daß das sozio-kulturelle Existenzminimum um den Betrag unterschritten wird, der sich aus den Anwendung des Steuersatzes auf das Einkommen ergibt. Zur Vermeidung von Umkippeffekten und Disincentive-Wirkungen muß die Grenzbelastung des Einkommens durch Steuerzahlung und Transferminderung bei jeder Einkommenshöhe < 1 >0 sein. Dabei ist zur Förderung des Willens, zur Sicherung der eigenen Existenz auch einen eigenen Beitrag zu leisten, bei existenzsichernden Transferleistungen der Austausch zwischen Leistungseinkommen und Transfereinkommen so zu organisieren, daß zu jeder Zeit das verfügbare Einkommen das sozio-kulturelle Existenzminimum sichert. Aufgrund der Vorgabe für die Grenzbelastung des Einkommens werden bis zur sogenannten kritischen Einkommensgrenze existenzsichernde Sozialtransfers geleistet, obgleich das sozio-kulturelle Existenzminimum i. S. einer sozialverträglichen Armutslinie hierdurch überschritten wird. Da es sich bei einem derartigen Transfertarif-Verlauf und so bestimmter Einkommensgrenzen grundsätzlich lohnt, nicht apatisch auf einem Einkommensniveau in Höhe des Existenzminimums zu verharren, sondern durch eigene Leistung das verfügbare Einkommen zu erhöhen, führt ein derartiges Transfersystem auch nicht zwangsläufig zu einer Steigerung der öffentlichen Ausgaben zur Existenzsicherung. In Ergänzung hierzu sollte auch die steuerliche Einkommensgrenze mit der kritischen Einkommensgrenze übereinstimmen. Diese Verschiebung der steuerlichen Einkommensgrenze vom sozio-kulturellen Existenzminimum zur kritischen Einkommensgrenze ist ein Bonus für Einkommen im grenznahen Bereich des Existenzminimums und motiviert auch seitens des Steuerrechts, nicht im Existenzminimum zu verharren, sondern durch Leistungseinsatz ein verfügbares Einkommen zu erzielen, das letztlich staatliche Transferleistungen überflüssig macht. Die Übertragung des Grundsatzes der Eliminierung sämtlicher Einkommensverwendungen aus dem Einkommensermittlungsvorgang auf den strafrechtlichen Einkommensbegriff mit der Folge des Ersatzes des strafrechtlichen Nettoeinkommens durch ein Bruttoeinkommen macht den am Leistungsfähigkeitsprinzip ausgerichteten Einkommensbegriff auch für die Ermittlung der Geldstrafe brauchbar, wenn die strafrechtlich relevanten Einkommensverwendungen bei der strafrechtlichen Einkommensgrenzziehung berücksichtigt werden. Sofern diese Verlagerung ohne Deformierung erfolgt, bewirkt die dann auch für das strafrechtliche

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F. Zusammenfassung der Ergebnisse

Tagessatzermittlungverfahren geltende Trennung von Einkommensermittlung und Einkommensverwendung, daß auch der strafrechtliche Einkommensbegriff integraler Bestandteil eines am Leistungsfähigkeitsprinzip ausgerichteten Einkommensermittlungs- und -Verwendungssystems wird. Die Ausführungen haben gezeigt, daß Einkommen, Steuer, Geldstrafe und Sozialleistungen dann zu einem konzertierten Zusammenspiel im Rahmen eines integrierten Steuer- und Transfersystem gelangen können, wenn die „Spielregeln" Teile einer harmonisch integrierten Partitur sind. Dabei kommt der Vereinheitlichung des Einkommensbegriffs im diesem Konzert die Bedeutung der Stimmung der Einzelinstrumente auf einen gemeinsamen Kammerton zu, während die einzelnen Einkommensgrenzen die Dauer und den Einsatz der Steuer- und Transferinstrumente bestimmen und die Tarifverläufe Rhythmus und Dynamik in das Zusammenspiel einbringen. Gleichwohl ist nicht zu erwarten, daß die vorhandene Kakophonie der Einzelinstrumente sich in absehbarer Zeit ändert hin zu einem Zusammenspiel voll des Wohlklangs und der Harmonie. Sollte deswegen jedoch aufgehört werden aufzuzeigen, wie eine Besserung zu erreichen wäre? Wohl nicht, gilt doch im Steuer- und Transferrecht gleiches wie anderorten: Man muß wohl nach den Sternen greifen, um sich wenigstens etwas von den Fesseln des Irdischen zu lösen.

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