Der Beitrag der Schule von Salamanca zur Entwicklung der Lehre von den Grundrechten [1 ed.] 9783428462568, 9783428062560

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Der Beitrag der Schule von Salamanca zur Entwicklung der Lehre von den Grundrechten [1 ed.]
 9783428462568, 9783428062560

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Der Beitrag der Schule von Salamanca zur Entwicklung der Lehre von den Grundrechten

Von

Heribert Franz Köck

DUNCKER & HUMBLOT / BERLIN

Der Verfasser, Heribert Franz Köck, Dr. jur. (Wien), M.c.L. (University of Michigan, Ann Arbor) , ist Ordentlicher Professor an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Johannes Kepler Universität Linz.

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek

Köck, Heribert Franz: Der Beitrag der Schule von Salamanca zur Entwicklung der Lehre von den Grundrechten / von Heribert Franz Köck. - Berlin: Duncker und Humblot, 1987. (Schriften zur Rechtsgeschichte; H. 39) ISBN 3-428-06256-6 NE:GT

Alle Rechte vorbehalten © 1987 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Satz: Werksatz Marschall, Berlin 45 Druck: W. Hildebrand, Berlin 65 Printed in Germany ISBN 3-428-06256-6

HERIBERT FRANZ KÖCK Der Beitrag der Schule von Salamanca zur Entwicklung der Lehre von den Grundrechten

Schriften zur Rechtsgeschichte Heft 39

Herbert Schambeck zugeeignet

Vorwort Die in den letzten Jahren verstärkten Bestrebungen, den derzeit in Österreich geltenden, aus den Jahren 1862 bzw. 1867 stammenden Grundrechtskatalog neu zu fassen, haben die Wiener Katholische Akademie veranlaßt, im Rahmen des unter der Leitung von O. Univ. Prof. Dr. Karl Korinek, Mitglied des Verfassungsgerichtshofes, stehenden Arbeitskreises "Staatslehre und Staatsrecht" einen Vortragszyklus über Grundrechtsfragen zu veranstalten. Die eminente rechtspolitische Bedeutung, die der Erstellung eines neuen Grundrechtskataloges auf der Grundlage des Bundes-Verfassungsgesetzes 1920 in seiner heute geltenden Fassung sowie unter Berücksichtigung der Praxis der nach der Europäischen Menschenrechtskonvention von 1950 tätigen Rechtsschutzinstanzen zukommt, läßt die Aufarbeitung der Grundrechtsproblematik seit Beginn der Neuzeit gerechtfertigt erscheinen. Der Beitrag der Schule von Salamanca zur Entwicklung der Lehre von den Grundrechten besteht dabei vor allem im Offenlegen der materiellen Komponente der Grund- und Freiheitsrechte, die durch die formeIle Komponente moderner Rechtsstaatlichkeit nur ergänzt, niemals aber ersetzt werden kann, sollen die Grund- und Freiheitsrechte nicht auf die bloße Rechtssicherheit reduziert werden. Die nachstehenden Ausführungen sind die schriftliche Fassung des am 2. Dezember 1986 mit dem gleichen Titel an der Wien er Katholischen Akademie gehaltenen Vortrages. Aus Anlaß der Drucklegung wurde das Manuskript unwesentlich erweitert und mit einem Anmerkungsapparat versehen. In diesem Zusammenhang gilt mein Dank dem Vorsitzenden des Verwaltungsrates des Verlages Duncker & Humblot GmbH, Herrn Rechtsanwalt Norbert Simon, und Herrn Geschäftsführer Ernst Thamm für die Aufnahme der Arbeit in das Verlagsprogramm. Für die mit der Drucklegung verbundene Mühewaltung danke ich Herrn Dieter H. Kuchta von der Abteilung Herstellung. Dank gilt schließlich auch Herrn Vertragsassistenten Mag. Ferdinand Hochleitner vom Institut für Völkerrecht und Internationale Beziehungen der Johannes Kepler Universität Linz für seine Unterstützung bei der Anlegung der Register.

8

Vorwort

Mein verehrter Freund und Fakultätskollege, Herr O. Univ. Prof. Dr.

Herbert Schambeck, hat in zahlreichen seiner Schriften, insbesondere in sei-

ner grundlegenden, 1964 erschienenen Untersuchung "Der Begriff der ,Natur der Sache"', Gedankengut für die heutige Rechtswissenschaft fruchtbar gemacht, dessen Schöpfung bzw. Aufbereitung nicht zuletzt ein Verdienst der Schule von Salamanca ist. Über diese geistes geschichtliche Verbindung zum goldenen Zeitalter Spaniens hinaus hat Herbert Schambeck aber auch eine lebendige Beziehung zum modernen Spanien, dessen Weg zum freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat im sicheren Rahmen der konstitutionellen Monarchie er mit mehreren wissenschaftlichen Arbeiten fördernd begleitete und zur Vertiefung dessen freundschaftlicher Beziehungen mit der Republik Österreich er als Stv. Vorsitzender des Österreichischen Bundesrates bedeutsam beitrug. Aus diesen Gründen sei die vorliegende Arbeit dem Wissenschafter und Staatsmann Herbert Schambeck, dem Spanien mehrfach, zuletzt durch Aufnahme in die Königlich-Spanische Akademie für Ethik und Politische Wissenschaften, gedankt hat, gleichermaßen· gewidmet. Linz, im Sommersemester 1987

Heribert Franz Köck

Inhaltsverzeichnis

A. Einführung ...............................................

15

1. Der Begriff der Grundrechte in historischer Sicht . . . . . . . . . . . .

15

2. Die Schule von Salamanca. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

16

a) Allgemeine Bedeutung ............................. aal In der Theologie .............................. bb) In der Jurisprudenz ............................

16 17 18

b) Die bedeutendsten Vertreter ........................ c) Literärgeschichtliche Rolle ..........................

21 23

B. Grundzüge der Staats- und Rechtslehre der Schule von Salamanca mit besonderer Berücksichtigung des Grundrechtsaspektes .............

26

Die Position der Schule von Salamanca auf dem Hintergrund der neuzeitlichen Grundrechtslehre .......................... .

26

1. Die individualistische Position ..........................

26

I.

11.

III.

2. Die kollektivistische Position ...........................

27

3. Die positivistische Position ............................

28

4. Die sozial-individualistische Position der Schule von Salamanca ............................................

29

Die lex naturalis .......................................

30

1. Das ius naturae .....................................

31

a) Quelle des Naturrechts: die Natur der Sache ............ b) ErkenntnismiUel des Naturrechts: die menschliche Vernunft ....... . ........ ............ ... ..... ... . ... aal Die anti-rationalistische und anti-subjektivistische tion .............................. .... ...... bb) Die anti-nominalistische und anti-voluntaristische Position ........................................

31 22 32 34

2. Der Inhalt der lex naturalis ............................

36

Die gemeinschaftsbildende Sozialnatur des Menschen ..........

37

1. Die Familie ........................................

38

2. Der Staat ..........................................

38

10

Inhaltsverzeichnis a) Als societas perfecta .. . . • . . . . . . . • . • • . . . • • . . . . . . • . . . b) Keine Folge der Erbsünde. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38 38

3. Die Staatengemeinschaft als Menschheitsgemeinschaft .. . . . . .

39

4. Der konkrete Staat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39

a) Ursprung und Ursache des Staates .................... b) Der Gesellschaftsvertrag ............................ aal Ais Akt der Freiheit ........................... bb) Als sittliche Pflicht ............................

39 40 40 41

5. Die organische Staatsauffassung ........................

42

a) Der Staat als corpus politicum mysticum . . . • • • . . . . • . . . . . b) Der Staat als sittlicher Organismus. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

42 43

6. Der Zweck des Staates: das Gemeinwohl . . . . . . . . . . . . . . . . . .

44

a) Das bonum commune .............................. b) Das bonum privat um . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45 45

7. Die Staatsgewalt ....................................

46

a) b) c) d)

Ihre naturrechtliche Notwendigkeit ................... Ihr naturrechtlicher Träger .......................... Die Übertragung der Staatsgewalt .................... Die Lehre von der Volkssouveränität ..................

46 46 47 47

IV. Das Gesetz (die lex humana) ......................•..•...

48

1. Die iustitia legalis . . . . • . . • . . . . • . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . • . .

49

V.

2. Positives Recht und Naturrecht .........................

49

3. Positives Recht und Gewissen ..........................

50

4. Die Grenzen der Verbindlichkeit positiven Rechts. . . . . . . . . . .

51

a) Die ratio legis nach der traditionellen Auffassung ........ b) Nützlichkeit oder Notwendigkeit als ratio legis •.........

51 52

Die Grenzen der Staatsgewalt .............................

53

1. Princeps legibus solutus? .•....•...•...•••...........•.

54

2. Die Bindung der Staatsgewalt an Natur-, Völker- und innerstaatliches Recht ........................................

54

3. Die Lehre von den Lebensbereichen (vitae) ................

55

a) Die vita monastka ..•............................. b) Die vita oeconomica ............................... c) Die vita politica .......•..........................

56 56 56

4. Die vitae als Schranken der Staatsgewalt .................

57

a) Die vita monastka als absolute Schranke ..... . . . . . . . . . . b) Die vita oeconomka als relative Schranke .............. c) Schranken in der vita politica ........................

57 57 57

Inhaltsverzeichnis

11

VI. Die natürlichen Freiheiten des Menschen ....................

58

1. Die Religionsfreiheit .................................

59

2. Leben, (sonstige) Freiheit und Eigentum ...........•......

59

3. Der umfassende Charakter der natürlichen Freiheiten . . . . . . . .

60

VII. Die Durchsetzung der natürlichen Freiheiten .................

61

1. Besondere Rechtsschutzverfahren .......................

61

2. Das Widerstandsrecht ................................

61

a) Widerstand gegen den Usurpator ..................... aa) Widerstand durch den Einzelnen ................. bb) Grenzen des Widerstandes ......................

61 62 62

b) Widerstand gegen den Tyrannen im ethischen Sinn. . . . . . . aa) Passiver Widerstand ........................... bb) Aktiver Widerstand ..........................• - Aufgrund der Verfassung ... . . . . . . • . • • . . . . . . • . - Aufgrund des Naturrechts .................... cc) Widerstand durch den Einzelnen ................•

63 63 64 64 64 64

C. Ergebnis

66

1. Das Gemeinwohl als Schranke der Staatsgewalt und Grundlage menschlicher Freiheit ................................

66

2. Der Rechtsstaatsbegriff der Schule von Salamanca ..........

67

3. Die heutige Bedeutung der Schule von Salamanca für die Lehre von Recht, Staat und Freiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

68

Literaturverzeichnis •••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••

69

Personenverzeichnis • • • • • • • . . • • • • . • • • • • • • • • • • • • • . • • • • • • • • • • . • • •

76

Sachverzeichnis •••••..•••••.•••.•.....•••.••••••••••••••••••.

78

Abkürzungsverzeichnis AAS Anm. Art. Aufl. Bd., Bde. BDGVR bes. bzw. c.

D.

d. h. disp. f., ff. Hrsg. hrsg. Hvhbg. ibid. i. e. S. insbes. i. w. S. Kap. n. Orig. ÖZöR ÖZöRV qu.

RdC

RDI RDILC

RGBI. RivDI sect. s. sog. teilw. u. a. v.

Acta Apostolicae Sedis Anmerkung Artikel Auflage Band, Bände Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht besonders beziehungsweise Kapitel Digesten das heißt Disputation und folgende Herausgeber herausgegeben Hervorhebung ebenda im engeren Sinn insbesondere im weiteren Sinn Kapitel Nummer Original Österreichische Zeitschrift für öffentliches Recht Österreichische Zeitschrift für öffentliches Recht und Völkerrecht Frage Recueil des Cours de l'Academie de drort international de La Haye Revue de droit international Revue de droit international et de legislation comparee Reichsgesetzblatt Rivista di diritto internazionale Abschnitt siehe sogenannt(-e, -er, -es) teilweise unter anderem von

Abkürzungsverzeichnis Verf. vgl. z. B. zit. ZöR

Verfasser vergleiche zum Beispiel zitiert Zeitschrift für öffentliches Recht

13

A. Einführung 1. Der Begriff der Grundrechte in historischer Sicht .Grundrechte sind Freiheitsrechte, die dem Einzelnen gegen den Staat zustehen. Sie entstammen dem Naturrecht der Aufklärung, das dem Individuum natürliche, also nicht erst zu gewährende Freiheiten gegenüber dem Staat zuerkannte. Der Begriff des Grundrechts setzt das losgelöst von seinen sozialen Beziehungen verstandene Individuum voraus."! Mit diesem Grundrechtsbegriff läßt Ernst Forsthoff die Lehre von den Grundrechten offenbar erst mit lohn Locke 2 (1632-1704) beginnen und in der virginischen Menschenrechtserklärung von 1776 3 ihren ersten praktischen Niederschlag finden, der dann, wegweisend für die kontinentaleuropäische Verfassungsentwicklung, die französische Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789 4 folgte. Konsequenterweise sind für Forsthoff .ständisch gewährte Freiheiten, wie sie in der ,Magna Charta Libertatum' (1215), der ,Petition of Rights' (1628), der Habeas-Corpus-Akte (1679) und der ,Bill of Rights' (1689) verbrieft sind, keine Grundrechte, sondern Freiheitsgewährleistungen innerhalb eines ständischen Verfassungssystems. "5

Legte man diesen engen Grundrechtsbegriff zugrunde, so könnte die

Schule von Salamanca, die zeitlich etwa mit den Lebensdaten zweier ihrer größten Vertreter abzugrenzen ist, nämlich des Francisco de Vitoria (14801546) und des Francisco Suarez (1548-1617), zur Entwicklung der Lehre von

den Grundrechten, die ja ein bewußtes Sich-Beschäftigen mit dem Gegenstand ist, im eigentlichen Sinn keinen Beitrag geleistet haben. Andererseits wurden nach Felix Ermacora, der sonst mit der Forsthoffschen Auffassung im wesentlichen übereinstimmt6 , zumindest "Kerntatbestände für die mo-

I Ernst Forsthoff. .Grundrechte", Historisches Wörterbuch der Philosophie III (hrsg. von Joachim Ritter, Darmstadt 1974),922 ff., auf 922. (Hvhgb. vom Verf.) 2 Vgl. insbes. dessen Two Treatises on Government (1690). Dazu R. I. Aaron, John Locke (Oxford 1937; 2. Aufl. 1955); J. W. Gough, John Locke's Political Philosophy (Oxford 1950). 3 Vgl. WilIibald M. Plöchl, •Thomas Jefferson, Author of the Statute of Virginia for Religious Freedom", 3 The Jurist (1943), 182 ff. 4 Vgl. Georg Jellinek, Die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte (4. Aufl. Leipzig 1928). 5 Oben, Anm. 1, 922. 6 Vgl. Felix Ermacora, Menschenrechte in der sich wandelnden WeltI: Historische Entwicklung der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Wien 1974),83.

16

A. Einführung

derne Menschenrechtsproblematik [freigelegt], seit das Individuum zum Gegenstand philosophischer Reflexionen geworden ist. .. - man denke an die Schriften der großen Chinesen, ferner Platos und Aristoteles _ ... "1 Dabei seien auch .Elemente des Menschenrechtsinstrumentariums' s greifbar geworden. Wenn Ermacora dann meint, .[g]emessen am heutigen Verständnis [seien] Gedanken der Patristik, vor allem die Augustinus' und dann Jahrhunderte später die des Thomas von Aquin, im einzelnen durchaus menschenrechtsbezogen"9, so muß dies auch für die entsprechenden Überlegungen der Schule von Salamanca gelten. Befinden wir uns damals auch .erst im Vorfeld der modernen Menschenrechtsproblematik"IO und konnten jene Überlegungen daher zu dieser noch keinen Bezug haben, so schließt dies doch nicht aus, daß damals Themen behandelt wurden, die ebenso wie die zu ihnen gemachten Aussagen einen unmittelbaren geistesgeschichtlichen Zusammenhang mit der neuzeitlichen Grundrechtslehre haben. Sowenig wie sich - um an die berühmte Kontroverse zwischen DUo v. Gierke und Georg v. Below zu erinnern - bestreiten läßt, daß man vom .deutschen Staat des Mittelalters" II sprechen kann, wenn man sich nur vor Augen hält, daß die Sache damals nicht in der modernen, vor allem auf Bodin l2 zurückgehenden Begrifflichkeit l3 gesehen, bedacht und behandelt wurde, ohne damit freilich ihrer wesentlichen Aspekte entkleidet zu sein, weil es eben auch im Mittelalter (relativ) unabhängige Gemeinschaften mit spezifischem Territorialbezug gegeben hat, sowenig kann man bestreiten, daß man sinnvoll über eine Behandlung von Grundrechtsthemen durch die Schule von Salamanca sprechen kann, eben weil die Problematik: menschliche Freiheit und (staats-)obrigkeitlicher Gehorsamsanspruch auch damals gesehen, bedacht und behandelt wurde, wenn auch nicht in der Begrifflichkeit und unter den Aspekten der folgenden Epochen. 2. Die Schule von Salamanca a) Allgemeine Bedeutung

•Wie im Mittelalter die Entfaltung der Hochscholastik auf das engste mit der Entstehung der Universitäten verbunden war", sagt Hubert Jedin, so am Ibid.,79. Ibid. 9 Ibid. Vgl. auch Dario Composta, .1 diritti umani dal medioevo all'eta moderna", I diritti umani. Dottrina e prassi (hrg. von Gino Concetti, Rom 1982), 165ft., auf 187 und passim; sowie Oestreich, Geschichte der Menschenrechte (2. Aufl. Berlin 1978). 10 Ibid. (Hvhbg. vom Verf.) 11 Vgl. Helmut Quaritsch, Staat und Souveränität I (Frankfurt 1970), 26ft. 12 Vgl. dessen Hauptwerk Les six livres de la Republique (1576). 13 Dazu Helmut Quaritsch, (oben, Anm. 11),20 ft. und passim. 7

B

A. Einführung

17

Beginn der Neuzeit .ihre Erneuerung mit der Bildung neuer Schwerpunkte in der Entwicklung der europäischen Universitäten." 14 Er spricht vom fortdauernden hohen Ansehen der Universität Paris und nennt dann mit Löwen und Köln neue Zentren der theologischen Arbeit, die seit dem zweiten Drittel des 16. Jahrhunderts emporwuchsen und wo schon sehr früh gegen Luther Front gemacht wurde. .Die Erneuerung der Scholastik, die dem Zeitalter das Gepräge gab, ging jedoch nicht von diesen auf dem Kampfplatz mit der religiösen Neuerung liegenden Universitäten, sondern von Spanien aus, dessen Hochschulen zur Zeit des Trienter Konzils und bis zur Jahrhundertwende in ähnlicher Weise die Führung erlangten wie das Spanien Philipps lI. in der großen Politik."15 Jedin nennt dann Salamanca, Alcala, Valladolid, Saragossa bzw. Irache und das durch die damals bestehende Union zwischen Spanien und Portugal spanisch gewordene portugiesische Coimbra als berühmte Universitätsstädte, wobei aber alle bedeutenden Theologen und Juristen jener Zeit in irgendeiner Beziehung gerade zur Universität von Salamanca standen, weshalb man heute von einer .Schule von Salamanca" spricht, früher auch die sog. Spanische Schule l6 und ihre Vertreter manchmal einfach .die Spanier"l? genannt. Diese Schule erscheint sowohl in der Geschichte der Theologie wie in jener der Rechtsphilosophie, des Völkerrechts und der Allgemeinen Staatslehre als wohldefiniert. aal In der Theologie Für die erstere nennt Jedin vier Charakteristika: .1. Die von Salamanca ausgehende neuere Scholastik ist, wie die mittelalterliche, bestrebt, lides und ratio zu versöhnen, sie stößt aber den im Spätmittelalter" - wir ergänzen: zur Zeit der Herrschaft des Nominalismus einerseits und einer verknöcherten Schultheologie andererseits 18 - .aufgehäuften Ballast spitzfindiger, 14 Hubert ledin, .Religiöse Triebkräfte und geistiger Gehalt der katholischen Erneuerung", Handbuch der Kirchengeschichte N: Reformation, Katholische Reform und Gegenreformation (hrg. von Hubert ledin, Freiburg-Basel-Wien 1967),561 ff., auf 562. (Hvhbg. vom Verf.) 15 Ibid. (Hvhbg. vom Verf.) 16 Vgl. etwa Ernst Reibstein, Die Anfänge des neueren Natur- und Völkerrechts. Studien zu den .Controversiae illustres" des Fernandus Vasquius (1559) (Bern 1949), 2. Kapitel: Die Spanische Schule und Grotius, 9 ff. 17 Wobei dieser letztere Terminus gelegentlich auch Nicht-Salmanticenser mitumgreift, weil die Universität Salamanca damals über ihren eigentlichen Bereich hinaus schulbildend geworden ist. 18 Zu jenen Auswüchsen vgl. Erwin Iserloh. .Der Nominalismus. Die Universitäten zwischen via antiqua und via moderna", Handbuch der Kirchengeschichte III/2: Die mittelalterliche Kirche - Vom kirchlichen Hochmittelalter bis zum Vorabend der Reformation (hrsg. von Hubert lewn, Freiburg-Basel-Wien 1968), 425 ff. 2 Köck

18

A. Einführung

auf logische Akrobatik hinauslaufender Fragen ab und nimmt sich die Hochscholastik, vor allem Thomas von Aquin, zum Vorbild; der Vorwurf der Humanisten: Perdunt nugis tempora, wird dadurch gegenstandslos, die Theologie wird wieder einfacher, übersichtlicher und lebensnäher. 2. Angestoßen in gleicher Weise durch Humanismus und Reformation, untersucht sie die Methode des theologischen Beweises. 3. Als Kontroverstheologie setzt sie sich mit den durch die Glaubensspaltung aufgeworfenen theologischen Problemen auseinander; sie sucht aber auch nach Antworten auf die ethischen und rechtlichen Fragen, die durch das Kolonisationswerk der iberischen Völker in den neuentdeckten Erdteilen akut wurden. 4. Entsprechend der auf dem Konzil von Trient durchgedrungenen Ausrichtung auf die Seelsorge ist sie bemüht, der religiösen Volksunterweisung und der Predigt zu dienen."\9 bb) In der Jurisprudenz Für die Rechtswissenschaft steht die Schule von Salamanca für die Anfänge des neueren Natur- und Völkerrechts, wie der Titel des gleichnamigen, 1949 erschienenen Werkes von Ernst Reibstein zeigt. Freilich hat die protestantische Natur- und Völkerrechtslehre nach Althusius (1557-1638) und Grotius (1583-1645) das Andenken an die Spanier verdrängt;\9 a nur so ist es erklärlich, daß im 19. Jahrhundert Kaltenborn behaupten konnte, .[d]ie Wissenschaft des Völkerrechts [sei] aber ... eine protestantische zu nennen. Denn nicht nur, daß fast sämtliche Autoren [und alle berühmten] Protestanten [seien]: es folg[e] dies auch aus der eigentümlichen Natur des Völkerrechts. "20 Auf Kaltenborns Begründung dieser merkwürdigen These, daß sich nämlich "gegenüber der hierarchischen Bevormundung durch das Priesterund Papsttum"2\ Freiheit weder im Staat noch des Staates, welch letztere Voraussetzung für die Herausbildung positiven Völkerrechts sei, habe behaupten können, ist hier nicht einzugehen; seine Aussage ist aber außerordentlich illustrativ. Da überdies auch in katholischen Ländern die protestan19 19'

Jedin (oben, Anm. 14),563 f. (Hvhbg. vom Verf.) Lediglich Hermann Coming (1606-1681) läßt ihnen in seinem Examen rerum

publicarum notiorum totius orbis (um 1600) eine ausführliche und positive Würdigung zuteil werden. 20 Carl Baron Kaltenborn von Stachau, Kritik des Völkerrechts nach dem jetzigen Standpunkte der Wissenschaft (Leipzig 1847, 24; mit Berufung auf Heimich Bernhard Oppenheim, System des Völkerrechts (FrankfurtiMain 1845), ohne Seitenangabe. (Hvhbg. vom Verf.) 21 Ibid. - Dieses Negativurteil wird auch durch die Erwähnung der Spanier in Kaltenborns 1848 in Leipzig erschienener Schrift Die Vorläufer des Grotius auf dem Gebiete des ius naturae et gentium nicht aufgewogen.

A. Einführung

19

tische Naturrechtslehre, vorzüglich in der von Pufendorf vertretenen Form,22 im 18. Jahrhundert im Schwange war 23, blieben die Spanier in der Rechtswissenschaft tatsächlich weithin vergessen, bis dann im 19. Jahrhundert ein wiedererstarkter Katholizismus 24, der sich theologisch auf eine Renaissance der Scholastik stützte25 , diese aber auch für die modernen Fragen der Staatsund Völkerrechtslehre fruchtbar macht,26 sich auf seine theologischen und rechtswissenschaftlichen Wurzeln besann und damit auch die Schule von Salamanca gleichsam wiederentdeckte. 27 Die Thomas-Renaissance des 20. 22 Vgl. Samuel Pulendorfs (1631-1694) Hauptwerke: De iure naturae et gentium libri octo (1672; verbessert 1684); und De officio hominis et civis (1682), ein Auszug aus dem angegebenen Werk. 23 So nennt der Trierer Weihbischof Nikolaus von Hontheim in seinem unter dem Pseudonym Justinus Febronius in Frankfurt 1763 erschienenen Werk .De statu ecclesiae deque legitima potestate Romani Pontificis ad uniendos acatholicos liber singularis" Pulendorf einen .vir sacris quidem Protestantium addictus, sed doctus & rerum politicarum cum primus peritus". Kap. 11, § XII, n. 6, Seite 53. - Über den Einfluß Pufendorfs - vor allem in der sein wie des Leibniz·Werk popularisierenden Darstellung Christian Wolffs (1679-1754) - auf das staats(kirchen)rechtliche System des Josephinismus vgl. etwa Ferdinand Maaß, Der Josephinismus III: Das Werk des Hofrats Heinke 1768-1790 (Wien-München 1956), 4ff. - Nach Franz Wieacker, Privatrechtsgeschichte der Neuzeit (Göttingen 1952), 152, hat Pulendori, dessen Hauptwerke in fünf Sprachen übersetzt und als Lehrbücher verwendet wurden, die Privatrechtswissenschaft entscheidend beeinflußt, so daß seine Gedanken auch in die großen europäischen Kodifikationen eingeflossen sind. 24 Für Deutschland sei bloß der Kölner Kirchenstreit in der ersten, der Kulturkampf in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts sowie die aus der Situation des letzteren hervorgegangene Görres-Gesellschait genannt. Zu letzterer vgl. den gleichnamigen Beitrag von Rudolf Morsey in der 7. Aufl. des Staatslexikons, 11 (Freiburg-Basel-Wien 1986),1082 ff.; zu ersteren und die damalige geistige Situation in Europa überhaupt einerseits Roger Aubert und Rudolf Lill, .Das Erwachen der katholischen Lebenskraft", Handbuch der Kirchengeschichte VI/I: Die Kirche zwischen Revolution und Restauration (hrg. von HubertJedin, Freiburg-Basel-Wien 1971), 247 ff.; und Rudolf LW, .Kirche uqd Staat - Die Länder des Deutschen Bundes und die Schweiz 1830-1848", ibid., 392 ff.; andererseits Roger Aubert, .Licht und Schatten der katholischen Vitalität", ibid., 650 ff., bes. 672 ff.; zu letzterem vgl. dens., .Der Kulturkampf in Preußen und im Deutschen Reich (bis 1878)·, Handbuch der Kirchengeschichte VlI2: Die Kirche zwischen Anpassung und Widerstand (1878 bis 1914) (hrg. von Hubert Jedin, Freiburg-Basel-Wien 1973),28 ff., sowie dens., .Die Beilegung des Kulturkampfes in Preußen und im Deutschen Reich", ibid., 59ff. 25 Wegen der auf die aufklärerische und idealistische Philosophie zurückzuführenden Schwächung scholastischer Überlieferungen wird die erneuerte Scholastik des 19. Jahrhunderts als Neuscholastik bezeichnet. Vgl. den gleichnamigen Beitrag von Gottlieb Söhngen im Lexikon für Theologie und Kirche, VII (2. Aufl. hrg. von Josef Höfer und Karl Rahner, Freiburg/Br. 1962),923 ff. 26 Vgl. z. B. das Werk von Luigi Taparelli d'Azeglio, Saggio teorico di diritto natur ale (1. Aufl. Neapel 1850, 4. Aufl. Rom 1928), auch ins Französische übersetzt als Essai theorique de droit naturel (Tournai 1857). 27 V gl. z. B. Carl Werner, Franz Suarez und die Scholastik der letzten Jahrhunderte, 2 Bde. (Regensburg 1889).



20

A. Einführung

Jahrhunderts, die in der Enzyklika Studiorum ducem Papst Pius' XI. von 192328 ersten Höhepunkt und weiteren Impuls zugleich fand und in der das Studium insbesondere jener Lehren des Aquinaten nachdrücklich empfohlen wird, die von der rechtmäßigen Gewalt in der Gesellschaft und im Staat, vom Frieden und vom Krieg sowie vom Natur- und Völkerrecht überhaupt handeln, hat auch eine verstärkte Beschäftigung mit diesbezüglichen Gedanken der Schule von Salamanca nach sich gezogen 29 , die ja in gewissem 15 AAS (1923), 309 ff. Vgl. dazu Richard Ares, L'eglise catholique et I'organisation de la societe internationale contemporaine (1939-1949) (Montreal 1949), 24, und die dort Anm. 2 gegebene Literatur; insbesondere auch EInest Nys, .Les publicistes espagnoles du XVI" siede et les droit des Indiens·, 21 RDILC (1889), 532 ff.; Camil0 Barcia Trelles, .Francisco de Vitoria et l'ecole moderne du Droit international·, 17 RdC (1927), 113 ff.; dens., .Francisco Suarez (1548-1617) (Les theologiens espagnols du XVI· siede et l'ecole moderne du Droit international)", 43 ibid. (1933),389 ff. (beide mit umfassender Bibliographie); James Brown Scott, .La decouverte de I'Amerique et le droit des gens·, 5 RDI (1930), 33ff.; dens., The Catholic Conception ofthe Law ofNations. Francisco de Vitoria, Founder of the Modern Law of Nations; Francisco Suarez, Founder of the Modern Philosophy of Law in General and in Particular of the Law of Nations (Washington 1934); FriedrichAugust Freiherr von der Heydte, .Franciscus de Vitoria und sein Völkerrecht. Zum 400. Geburtstag der Völkerrechtswissenschaft", 13 ZöR (1933), 239 H.; Luis Legaz y Lacambra, .Die Rechtsphilosophie des Franciscus Suarez", 14 ZöR (1934), 273 ff.; Stephan Verosta, .Das Völkerrecht des Abendlandes und die spanischen Theologen Vitoria und Suarez", 9 Schönere Zukunft (1936), 1163 H. und 1200 ff.; Johann B. Schuster, •W as versteht Franz Suarez unter ius gentium?", 16 ZöR (1936), 487ff.; Rolf Hentschel, .Franciscus de Vitoria und seine Stellung im Übergang vom mittelalterlichen zum neuzeitlichen Völkerrecht. Ein Beitrag zur Geschichte der Völkerrechtswissenschaft·, 17 ibid. (1937), 319 ff.; Alois Dempi, Christliche Staatsphilosophie in Spanien (Salzburg 1937); Arboyela et 01., La conquista de America y el descumbriemento dei moderno derecho internacional. Vitoria-Festschrift (1951); Josel Soder, Die Idee der Völkergemeinschaft. Franciscus de Vitoria und die philosophischen Grundlagen des Völkerrechts (Frankfurt/M.-Berlin 1955); dens., .Franciscus Suarez und der Begriff des Völkerrechts·, Internationalrechtliche und staatsrechtliche Abhandlungen. Festschrift für Walter Schätzel (1960), 453 ff.; dens., Franciscus Suarez und das Völkerrecht. Grundgedanken zu Staat, Recht und internationalen Beziehungen (FrankfurtIM. 1973); Giorgio DeI Vecchio, .Grozio e la fondazione dei diritto internazionale·, 43 RivDi (1960),197 ff.; zuletzt Heribert Franz Köck, .Das Zeitalter Karls V. und die Grundlegung der modernen Lehre des Völkerrechts·, Mitteilungsblatt der Vereinigung der Caballeros von Yuste im deutschen Sprachraum (1979/IV), 18 ff., (1980/11), 8H., (1980/III), 10 ff. und (1981/1), 3 ff.; Juan de la Pefta, Oe Bello contra lnsulanos. Intervencion de Espafia en America. Escuela Espafiola de la Paz. Segunda generacion - 1560-1985. Testigos y Fuentes (hrsg. von Luciano Perefta, Madrid 1982) (mit zahlreichen Verweisen); und Alfred Verdross und Heribert Franz Köck, .Natural Law: The Tradition of Universal Reason and Authority·, The Structure and Process of International Law: Essays in Legal Philosophy, Doctrine and Theory (hrg. von R. St. J. MacDono1d and DouglasM. Johnston, Den Haag-Boston-Lancaster 1983), 17 ft., auf 19 ff.: •The Spanish School of International Law in the Golden Age·. 28

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A. Einführung

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Sinne als .Erneuerung und Anwendung der ... thomasischen Rechtsphilosophie auf innerstaatliche und internationale Verhältnisse" betrachtet wird. 30 Außerhalb des katholischen Bereiches und unabhängig von der soeben geschilderten Entwicklung hat vor allem OUo v. Gierke mit seiner Schrift "Johannes Althusius und die Entwicklung der naturrechtlichen Staatstheorien" aus 188031 zur Wiederentdeckung der Spanier beigetragen, weil man .Johann Althusius als Fortsetzer der Schule von Salamanca" betrachten kann, wie die gleichnamige Schrift von Ernst Reibstein 32 nachweist. b) Die bedeutendsten Vertreter

.Es müßten Dutzende von berühmten, noch heute wichtigen Namen genannt werden," sagt derselbe Reibstein 33 , •wenn der Glanz und der Einfluß der Universität von Salamanca dargestellt werden soll." Für die Erneuerung der thomasischen Theologie sind neben Francisco de Vitoria (1480-1546), der - nach dem Vorbild seines Pariser Lehrers Petrus ClOckaert 34 - als theologisches Lehrbuch anstelle der Sentenzen des Petrus Lombardus die Summa theologiae des hl. Thomas einführte,35 Luis de Molina 3S', Domingo de Sot0 36 , Melchior Cano,31 Domingo Bcliie~38, Bartolomeo de Medina 39 , Gregor von Valencia 40 und Francisco SUclrez 41 zu nennen. Auch für die Jurisprudenz 30

So Alfred Verdross, Abendländische Rechtsphilosophie (2. Aufl. Wien 1963),92.

31 Untersuchungen zur Deutschen Staats- und Rechtsgeschichte VII; 2., vermehrte

Aufl. Breslau 1902.

32 Ernst Reibstein, Johannes Althusius als Fortsetzer der Schule von Salamanca. Untersuchungen zur Ideengeschichte des Rechtsstaates und zur altprotestantischen Naturrechtslehre (Karlsruhe 1955). 33 Ibid., 25. 34 Ein gebürtiger Brüsseler, von dem nur das Todesjahr (1514) feststeht. EphremM. Filthaut, .Crockaert·, Lexikon für Theologie und Kirche III (2. Aufl. hrg. von Josef Höfer und Karl Rahner, Freiburg 1959),98, nennt ihn einen .gründlichen Aristotelesund Thomaskenner von humanistischer Eleganz·. 35 Vitoria hat die Secunda Secundae gemeinsam mit Crockaert in Paris 1512 ediert. 35" 1535-1500. Zu ihm vgl. Friedrich Stegmüller, Lexikon für Theologie und Kirche VII (1962), 526. 36 1495-1560. Zu ihm vgl. Candida Pozo in Lexikon für Theologie und Kirche IX (2. Aufl. hrg. von Josef Höfer und Karl Rahner, Freiburg/Br. 1964),897 f. 31 1509-1560. Zu ihm vgl. Albert Lang, ibid. 11 (1958), 918. 38 1528-1604. Zu ihm vgl. V. Beltran de Heredia, idid. I (1957),1219 f. 39 1527 oder 1528-1580. Zu ihm vgl. Ephrem M. Filthaut, ibid. VII (1962), 253. 40 1549-1603. Zu ihm vgl. Wilhelm Hentrieh, ibid. IV (1960), 1194f. 41 1548-1617. Zu ihm vgl. u. a. Eleuterio Elorduy, ibid. IX (1964), 1129ff.

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stehen Vitoria und Suarez in der ersten Reihe 41 ', aber zusammen mit Diego CovarIUvias y Leyva42 und vor allem mit Fernando Vasquez H • Weiters zählen hierher neuerlich Soto und Cano, dann Bartolome de Las Casas 44, Quevedo und Ramirez 45 sowie Martinus de Azpilcueta, genannt NavarIUs 46 , und Alphonsus de Castro. 47 Der enge, auch persönliche Zusammenhang zwischen Theologie und Jurisprudenz erklärt sich daraus, daß .[dJie Theologie ... , wie immer wieder betont werden muß, den Nährboden und den Rückhalt der Moralphilosophie und der Kanonistik [bildeteJ, die so wesentliche Elemente zur Entwicklung der weltlichen Jurisprudenz und zur Entstehung einer profanen Naturrechtslehre beigetragen haben."48 Grundgelegt war diese Entwicklung freilich schon mehr als tausend Jahre früher bei Aurelius Augustinus (354-430), nach dem sich die sittliche Weltordnung (die man auch Moral i. w. S. nennen kann) in zwei Bereiche gliedert: in die Moral i. e. S. und in das Recht, dessen relative Selbständigkeit darin besteht, daß es allein durch die Gemeinschaftsautorität erzwingbar ist. 49 Aber erst der Umstand, daß mit dem Verblassen der universellen Kaiseridee auch das römische Recht, von den Giossatoren50 wieder belebt und von den Postglossatoren51 den Bedürfnissen der damaligen Zeit angepaßt, seinen universellen Geltungsanspruch einbüßte und der Bedarf nach einem Ersatz ebenso universeller Geltung spürbar wurde, ohne daß im Zeitalter der Glaubensspaltung die Kirche und ihre Ordnung einen solchen Ersatz bieten konnten, gab den Anstoß zur Entwicklung einet profanen Naturrechtslehre, die auch besser geeignet war, mit den 41 8 Vgl. hierzu auch Peter Fischer und Heribert Franz Köck, Allgemeines Völkerrecht (2. Aufl. Eisenstadt 1983), 20 f.; Heribert Franz Köck und Peter Fischer, Grundzüge des Rechtes der Internationalen Organisationen (2. Aufl. Eisenstadt 1986), 40 f. 42 1512-1577. Zu ihm vgl. Rudolf Motzenbäcker, ibid. 11 (1959), 81. 43 1512-1589. Zu ihm vgl. Camilo Barcia Trelles, .Fernando Vasquez de Menchaca", 67 RdC (1939), 433ff. 44 1474-1566. Zu ihm vgl. Benno Biermann, Lexikon für Theologie und Kirche VI (hrg. von losef Höfer und Karl Rahner, 2. Aufl. Freiburg/Br. 1961), 802f. 45 Diese sind u. a. gemeinsam mit Sepulveda bei EInest Nys, .Les publicistes espagnoles du XVI· siede et les droits des Indiens·, 21 ROILC (1889), 532 ff., genannt. 46 1493-1586. Zu ihm vgl. Ulrieh Mosiek, Lexikon für Theologie und Kirche I (hrg. von losef Höfer und Karl Rahner, 2. Aufl. Freiburg/Br. 1957), 1160. 47 1495-1558. Zu ihm vgl. Valens Heynck, ibid., 330. 48 Reibstein (oben, Anm. 32), 25. 49 Vgl. Verdross (oben, Anm. 30), 66 f., mit Hinweis auf Augustinus, De libero arbitrio I 5, 13, und I 15,32 f., und Berufung auf Otto Schilling, Naturrecht und Staat nach der Lehre der alten Kirche (Paderborn 1914), 175. 50 Vgl. Franz Wieacker, Privatrechtsgeschichte der Neuzeit (2. Aufl. Göttingen 1967), 56 ff., 60 ff. und passim. 51 Vgl. ibid., 80 ff., 93 ff. und passim.

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neuen Problemen - international insbesondere die Entdeckung neuer, staatlich organisierter, aber heidnischer Völker, innerstaatlich der aufbrechende religiös-weltanschauliche Pluralismus - fertig zu 'werden. ,,[I)ndem sie die gemeinsame Überzeugung der Antike und des christlichen Abendlandes, daß das Recht nicht vom Staat ausgeht, sondern auf unwandelbaren Grundlagen beruht, die sich aus der Natur des Menschen ergeben, näher heraus[arbeitete, hat sie) der abendländischen Rechtswissenschaft wieder eine gemeinsame Grundlage gegeben",52 c) Literärgeschichtliche Rolle

Die Bedeutung der führenden Vertreter der Schule von Salamanca im Vergleich zueinander hat im Laufe der Zeit stark variiert. Von Althusius, "wie in der Profanliteratur der damaligen Zeit überhaupt, wird Vitoria nicht genannt (erst im Jus Belli ac Pa cis des Hugo Grotius kommt er in gewissem Umfang, als früher Bearbeiter des Kriegsrechts, zu bescheidenen literarischen Ehren. 52') Soto wird bei Althusius gelegentlich zitiert; er kennt diesen dominikanischen Moraltheologen offenbar nur aus den häufigen, nicht immer zustimmenden Erwähnungen bei Vasquez. Aber Vitoria und Soto sind in ihren Schülern CovOIruvias und Vasquez lebendig und gegenwärtig, ihre grundlegenden Lehren sind durch diese ihre Schüler für das protestantische Milieu, in welchem Althusius lebt und schreibt, zugänglich und fruchtbar gemacht worden."53 Suarez wiederum hat (freilich, ohne entsprechend gewürdigt zu werden) auf Grotius stark eingewirkt, weil er - wie Reibstein sagt - mit "seiner Abhandlung ,De legibus et legislatore Deo' (1619) jene behutsame Retheologisierung der profanen Naturrechtslehre vorgenommen [hat), durch welche diese Lehre allenfalls auch für die protestantische Orthodoxie annehmbar, zum mindesten assimilierbar wurde."54 Dieses heikle Problem gelöst zu haben, ist "das große Verdienst des Grotius; denn ohne sein vermittelndes Dazwischentreten wäre höchstwahrscheinlich die Naturrechtsüberlieferung als Element des internationalen Lebens für die protestantische Welt verlorengegangen und eine Rechtsgemeinschaft der Kulturstaaten nicht einmal als Idee aus den Stürmen der Religionskriege gerettet worden.// 55 Verdross (oben, Anm. 30), 109. Scott, .La decouverte de l' Amerique et le droit des gens", oben, Anm. 29, betont die Abhängigkeit des Grotius von Vitoria, während DeI Vecchio, oben, ibid., auf 199, meint, der Gedanke der Vernunft als Grundlage des Völkerrechts sei Grotius von Gregor von Rimini durch die Diskussion bei Suarez (De legibus ac Deo legislatore H, c. 6, n. 3) überkommen. 53 Reibstein (oben, Anm. 32), 78 f. 54 Reibstein, ibid., 57 f. 55 Reibstein (oben, Anm. 16),59. 52

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Heute hat sich, was die Bedeutung der großen Leuchten der Schule von Salamanca anlangt, der Akzent deutlich verlagert. Vasquez spielt in erster Linie eine literärgeschichtliche Rolle; und eine erstklassige auch nur bei Reibstein, was mit dessen Interesse an Althusiris und der altprotestantischen Naturrechtslehre zu erklären ist. In Alfred Verdross' Abendländischer Rechtsphilosophie in geschichtlicher Schau56 wird Vasquez zwar an den Anfang der profanen Naturrechtslehre gestellt, gleichzeitig aber seine Lehre mit dem Hinweis, der Maßstab für die Richtigkeit eines Gesetzes sei für Vasquez "nicht mehr die logische Ableitung aus einem höheren Prinzip, sondern die konkrete Nützlichkeit und praktische Brauchbarkeit für die Menschheit", als "humanitärer Pragmatismus" abgewertet. 51 In bedeutenden lexikalischen Werken ist Vasquez nicht einmal genannt. 58 Was insbesondere die heutige katholische Naturrechtslehre anlangt die sich am ehesten als in der ungebrochenen Tradition der Schule von Salamanca stehend ansieht -, so seien zwei ihrer bedeutendsten Vertreter, nämlich der eben zitierte Alfred Verdross (1890-1980) (vor allem für den internationalen) und Johannes Messner (1891-1984) (vor allem für den innerstaatlichen Bereich), herausgegriffen. Ersterer feiert Vitoria als Begründer der Völkerrechtslehre59 und Suarez als Krönung und Abschluß der spanischen Rechtsphilosophie 6o , dessen "Ausführungen ... so klar und überzeugend [sind], daß sie keines Kommentars bedürfen ... Sie zeigen uns die Nüchternheit, Lebensnähe und Fruchtbarkeit jener naturrechtlichen Methode, die in der Sozialphilosophie des Aristoteles wurzelt. "61 In Messners Hauptwerk Das Naturrecht - Handbuch der Gesellschaftsethik, Staatsethik und Wirtschaftsethik62 ist Suarez an 22 verschiedenen Stellen zum Teil ausführlich zitiert, Vitoria immerhin noch elfmal. Vasquez hingegen kommt überhaupt nicht vor; ebensowenig Covarruvias. Nur Soto ist noch zweimal genannt. Sic transit gloria mundi. Der Grund für die je verschiedene Gewichtung der einzelnen bedeutenden Angehörigen der Schule von Salamanca liegt offenbar in den verschiedenen Auffassungen, die sie zu wichtigen Punkten der Staats- und Rechtslehre vertraten. Hier ist Vasquez mit seinem zugleich nominalistischen und 2. Aufl. Wien 1963. (Oben, Anm. 30). Ibid., 109. 58 So nicht im Großen Herder IX (Freiburg/Br. 1960), im Lexikon für Theologie und Kirche X (2. Aufl. Freiburg/Br. 1965) und in der Encyclopaedia Britannica (Aufl. von 1967), wo er weder ein eigenes Stichwort in Bd. XXII hat noch im Index überhaupt vorkommt. 59 Vgl. oben, Anm. 30, 92 U. 60 Vgl. ibid., 96 U. 61 Alfred Verdross, Völkerrecht (5. Aufl. Wien 1964),99. 62 7. Aufl. (unveränderter Nachdruck der 6. Aufl.) Berlin 1984. 56

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A. Einführung

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rationalistischen Ansatz63 der protestantischen Naturrechtslehre zweifellos näher gelegen als Suarez. Da aber dieser gemeinsam mit Vitoria die thomistische Tradition repräsentiert, die auch der modernen katholischen Naturrechts- und Soziallehre zugrundliegt, knüpft dieselbe hauptsächlich an diese beiden an.

63

Vgl. unten, bei Anm. 107 ff.

B. Grundzüge der Staats- und Rechtslehre der Schule von Salamanca mit besonderer Berücksichtigung des Grundrechtsaspektes Es ist in diesem Rahmen nicht möglich, die gesamte Rechts- und Staatslehre der Schule von Salamanca darzustellen; wir müssen uns auf jene Punkte beschränken, die geeignet sind, jenen Bereich zu erhellen, in dem wir heute die Menschen- und Grundrechte ansiedeln würden. I. Die Position der Schule von Salamanca auf dem Hintergrund der neuzeitlichen Grundrechtslehre Die moderne Grundrechtsdiskussion steht in der Spannung zwischen individualistischer und kollektivistischer Position. 1. Die individuaUsUsche PosiUon

Die erstere (individualistische) geht von einem staat/leien Raum als Ort der Grundrechte aus, weil er für sie die einzige Möglichkeit ist klarzustellen, daß die Grundrechte nicht letztlich doch nur eine Konzession des Staates darstellen, der sich insoweit freiwillig selbst beschränkt. Dahinter steht der Gedanke von der schrankenlosen Freiheit des Einzelnen im vorstaatlichen Zustand64 j das Individuum, das dem Staat zumindest logisch vorausliegt, behält sich bei der Staatsgründung einen bestimmten Freiheitsraum vor, hinsichtlich dessen es sich dem Staat erst gar nicht unterwirft, so daß in diesem Bereich eine staatliche Zuständigkeit überhaupt nicht begründet wird, der Staat (absolut) unzuständig bleibt. 65 Dieses vor allem auf lohn Locke (1632-1704) zurückgehende Modell hat freilich den Nachteil, daß es keine logisch notwendige Konsequenz aus dem vorstaatlichen Zustand schrankenloser individueller Freiheit darstellt, wie vor Locke schon Thomas Hobbes (1588-1679) gezeigt hat, dessen Staat totalitär ist. 66 Es hängt nämlich 6~ Wie sie vor allem von den Vertretern der naturalistischen Naturrechtslehre (Hobbes, Spinoza, Locke und Rousseau) angenommen wurde. Vgl. hierzu Verdross (oben, Anm. 30), 113 ff. 65 Vgl. ibid., 123. 66 Verdross, ibid., 117, anerkennt, daß dem Staat - nach Hobbes' Leviathan (1651), Kap. 30, 31 und passim -, damit er seine Aufgabe erfüllen könne, .eine dauernde und

I. Position auf dem Hintergrund der neuzeitlichen Grundrechtslehre

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letztlich von der freien Entscheidung der Einzelnen bei der Staatsgründung ab, ob und in welchem Ausmaß sie sich einen staatsfreien Raum vorbehalten. Unter diesen Umständen ist dieses Ausmaß für jeden einzelnen Staat gesondert zu ermitteln, und zwar zuverlässig wohl nur aus dem Niederschlag, den der Freiheitsraum in dessen positivem Recht, insbesondere in einem etwaigen Grundrechtskatalog gefunden hat. Um diese Konsequenz zu vermeiden, hat man sich gelegentlich auf die Unveräußerlichkeit bestimmter Rechte und Freiheiten berufen;67 der Begriff des unveräußerlichen Rechts ist aber in diesem Zusammenhang systemwidrig, weil er nur in Verbindung mit einer unbedingten korrespondierenden Pflicht gedacht werden kann, ein Begriff, der mit dem vorstaatlichen Zustand absoluter Freiheit unvereinbar ist. Wo daher der Begriff des unveräußerlichen Rechts eingeführt wird, dort ist der individualistische Ansatz bereits zugunsten eines sozialen aufgegeben. 2. Die kollektivistische Positlon

Die andere (kollektivistische) Position - ob im konkreten idealistisch68 oder materialistisch69 entworfen -läßt hingegen den Menschen ganz in der Gesellschaft (der staatlich verfaßten 70 oder auch nicht so verfaßten7\) aufgehen. Dieses Aufgehen wird als sittliche Pflicht verstanden 72 und/oder als unbeschränkte Macht über alle Bürger eingeräumt werden [müsse], gegen die es kein Widerstandsrecht geben könne." (Hvhbg. vom Verf.) Der Staat regle .nicht nur die

weltlichen Dinge, sondern auch die Einrichtungen des öffentlichen Gottesdienstes... Ja, er greift auch innerlich in die Religion ein ... Der Staat kontrolliert auch die Meinungen, da die Handlungen der Menschen aus ihren Gedanken hervorgehen." Wie Verdross unter diesen Umständen ibid. behaupten kann, der Staat des Hobbes sei .gleichwohl nicht totalitär", bleibt unklar. 67 Vgl. die Declaration oE Independence der dreizehn britischen Kolonien in Nordamerika vom 4. Juli 1776, wo es u. a. heißt: .We hold these truths to be self-evident, that all men are created equal, that they are endowed by their Creator with certain unalienable Rights, that among these are Life, Liberty and the pursuit of Happiness." (Hvhbg. vom Verf.) 68 So von Pichte (1762-1814) über ScheJJing (1775-1854) bis Hegel (1770-1831) und den Rechtshegelianern. 69 So Marx (1818-1883) und die Marxisten. 70 So Schelling und bes. Hegel. 7\ So das Endstadium der Entwicklung bei Pichte (vgl. seine Staatslehre von 1813) und bei Marx in Form der klassenlosen Gesellschaft. Über das Absterben des Staates bei Marx, Engels und Lenin vgl. u. a. Marxistisch-leninistische allgemeine Theorie des Staates und des Rechts III (hrg. von Wolfgang Weichelt, Berlin-Ost 1972),337 ff. und passim. 72 So Fichte, ScheJJing und Hegel.

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B. Grundzüge der Staats- und Rechtslehre der Schule von Salamanca

Voraussetzung menschlicher GlÜckseligkeit. 73 Individuelle Grund- und Freiheitsrechte sind damit unvereinbar; die Forderung nach ihnen ist entweder Ausdruck verwerflichen Eigennutzes. oder eines falschen Bewußtseins. 74 Wo und inwieweit sie gewährt werden, stellen sie eine freie Konzession seitens des Staates dar; als Relikt einer früheren (der individualistischen) Epoche müssen sie entweder bekämpft oder umgedeutet werden. 75 3. Die positivistische Position

Im Spannungsfeld dieser beiden (der individualistischen und der kollektivistischen) Positionen scheint heute außerhalb der Staatenwelt des sog. realen Sozialismus freilich eine dritte, nämlich die positivistische, tonangebend zu sein. Das gilt insbesondere für Österreich, wo der bloß innergesetzliche Gerechtigkeitsbegriff eines Hans Kelsen (1881-1973)76 noch immer herr73 So insbesondere Karl Marx in seiner Lehre von der Aufhebung der Selbstentfremdung des Menschen: .Erst wenn der wirkliche individuelle Mensch den abstrakten Staatsbürger in sich zurücknimmt und als individueller Mensch in seinem empirischen Leben, in seiner individuellen Arbeit, in seinen individuellen Verhältnissen Gattungswesen geworden ist, erst wenn der Mensch seine ,forces propres' als gesellschaftliche Kräfte erkannt und organisiert hat. .. , erst dann ist die menschliche Emanzipation vollbracht." Zit. nach Verdross (oben, Anm. 30), 166. (Hvhbg. teilw. vom Verf.) Dementsprechend heißt es in der offiziellen, aus dem Russischen übertragenen Publikation Grundlagen des Marxismus-Leninismus (Berlin-Ost 1959),820: .Der kommunistische Mensch ist kein Egoist, kein Individualist, er wird sich durch bewußten Kollektivgeist, durch Sorge um das gemeinsame Wohl auszeichnen. Die feste Grundlage der Moral dieses Menschen ist die Treue zum Kollektiv, die Bereitschaft und Fähigkeit, die gesellschaftlichen Interessen gewissenhaft zu wahren." Zit. nach Wollgang Leonhard, Sowjetideologie heute 11: Die politischen Lehren (FrankfurtlM.-Hamburg 1962), 290. (Hvhbg. vom Verf.) 74 Marx bekämpft daher auch die - damals z. B. von Bruno Bauer in seiner Schrift Die Judenfrage (1843) vertretene - Auffassung allgemeiner (in ihrer konkreten Ausbildung auch auf das Christentum rückführbarer) Menschenrechte. Solche Menschenrechte seien vielmehr nur der Ausdruck des egoistischen menschlichen Strebens, das ihn in Wirklichkeit aber nicht befreie, sondern in seinen .bürgerlichen" Freiheiten versklave. Nur wenn der Mensch von diesen .Freiheiten" befreit werde, werde er, der seiner Natur nach ein Gattungswesen ist, wirklich frei sein. Vgl. Karl Marx, "Zur Judenfrage", Marx/Engels Werke I (8. Auf!. Berlin-Ost 1972),347 ff. 75 So heißt es im Programm der KPdSU lapidar: .Der Übergang zum Kommunismus bedeutet die allseitige Entwicklung der Freiheit der Persönlichkeit und der Rechte der Sowjetbürger." Programm und Statut der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (Berlin-Ost 1961), 100. Zit. nach Marxistisch-leninistische allgemeine Theorie des Staates und des Rechts IV: Das sozialistische Recht (Berlin-Ost 1976), 601. (Hvhbg. vom Verf.) 76 Vgl. seine als Anhang der Reinen Rechtslehre beigefügte Abhandlung .Das Problem der Gerechtigkeit" (2. Auf!. Wien 1960), 357 ff.

I. Position auf dem Hintergrund der neuzeitlichen Grundrechtslehre

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sehend ist, ganz gegen die Voraussage Othmar Spanns (1878-1950), daß die metaphysikfeindlichen Schulen .ihre Sprüchlei~ bald ausgestammelt haben [werden)".77 Daran hat selbst der Hinweis des früheren Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes, Erwin Melichar, daß die inhaltliche Gestaltung der Rechtsordnung .nur durch sehr wenige, keineswegs immer zusammenhängende, sondern durch unsystematisch viele Lücken offenlassende und sehr unbestimmte Normen der Verfassung beschränkt" sei und daher notwendigerweise weiterer Rechtsgestaltung bedürfe,18 die wiederum Ausdruck irgendeiner Rechtspolitik sei, nichts geändert. Diese Rechtspolitik wird vielmehr als wissenschaftlicher, d. h. aber letztlich rationaler Grundlegung nicht zugänglich erklärt. 19 Die positivistische Position trifft sich nun mit . der kollektivistischen insoferne, als auch sie die Grundrechte nur als dem Einzelnen vom Staat kraft positiven Rechts gewährte (und damit grundsätzlich jederzeit widerrufbare) subjektive Rechte versteht. 80 Der Positivismus leistet also dem Kollektivismus Vorschub. 8t

4. Die sozial-individualistische Position der Schule von Salamanca

Im Gegensatz dazu sah die Schule von Salamanca den Menschen als ein Wesen an, das kraft seiner sozialen Natur Glied der Gesellschaft und ihrer relativ höchsten Organisationsform, des Staates, ist, beide aber gleichzeitig Gesellschaftslehre (2. Auf!. Leipzig 1923), Vorwort. .Das Erkenntnis des österreichischen Verfassungsgerichtshofes über die sogenannte ,Fristenlösung'", Convivium utriusque iuris (Festschrift für Alexander Dordett zum 60. Geburtstag, 1976),91 ff., auf 100. 79 Vgl. etwa Robert Walter und Heinz Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts (3. Auf!. Wien 1980), 1, wonach .oberste Normen von Menschen letztlich nicht erkannt werden können". 80 Vgl. ibid., 336 f. Die klassische Darstellung dieser Position lindet sich bei Georg lellinek, System der subjektiven öffentlichen Rechte (2. Aufl. Tübingen 1905), 94 ff. Dazu die Überlegungen bei Felix Ermacora, Handbuch der Grundfreiheiten und der Menschenrechte (Wien 1963),29 ff. 81 Kelsen hat sich gegen den Vorwurf, der Rechtspositivismus lasse uns gerade bei der entscheidenden Frage im Stich, .ob eine positive Rechtsordnung aufrecht erhalten, reformiert oder mit Gewalt beseitigt werden soll", in unserem konkreten Fall: ob dem Staat bei Verletzung bestimmter Menschenrechte, denen er keinen Grundrechtsstatus gewährt, Widerstand geleistet werden darf, damit verteidigt, .daß die Entscheidung d[ies]er Frage an uns lieg[e], weil die Entscheidung der Frage, was gerecht und was ungerecht, von der Wahl der Gerechtigkeitsnorm abhängt, die wir zur Grundlage unseres Werturteils nehmen und daher sehr verschieden beantwortet werden kann ... Das ist der wahre Sinn der Autonomie der Moral: Hans Kelsen, Reine Rechtslehre (2. Auf!. Wien 1960),441 f. (Hvhbg. vom Verf.) Eine solche autonome Moral ist aber eben inhaltlich rational nicht begründbar und endet damit im Relativismus bzw. in Willkür. 77

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B. Grundzüge der Staats- und Rechtslehre der Schule von Salamanca

transzendiert, weil ihn seine Vernunftnatur über das zeitliche Ziel hinaus auf ein ewiges hinweist, das weder in noch durch Gesellschaft und Staat gefunden werden kann. Die schon von Thomas von Aquin entsprechend korrigierte82 Auffassung des Aristoteles vom Menschen als zoon politikon,83 der danach im Staat nur seine natürliche Glückseligkeit findet, vor dieser aber für die Erreichung seiner übernatürlichen Glückseligkeit zu sorgen hat, ist für die Spanier Grundlage ihrer Staats- und Rechtslehre. 84 Damit kommen für sie beide Extrempositionen, der Individualismus so gut wie der Kollektivismus, nicht in Frage.

11. Die lex DilturalJS Wir haben gerade von der sozialen und von der Vernunft-Natur des Menschen gesprochen und ihn dergestalt zu Gesellschaft und Staat in Beziehung gesetzt. Es ist also die natürliche Ordnung, die dem Verhältnis der Menschen zueinander und zum Staat zugrundeliegt. Diese natürliche Ordnung, die als lex naturalis in der Schöpfung die ordnende Weisheit Gottes, die lex aeterna, widerspiegelt,85 ist vom Menschen nicht nur aus Gründen der Klugheit zu beobachten, sondern trägt - wie Suarez gegen Vasquez herausgearbeitet hat86 - echten Gesetzescharakter, weil Gott als Schöpfer der Welt auch deren Gesetzgeber ist, indem er die Einhaltung der in die Schöpfung hineingelegten Ordnung wollen muß.87 82 Vgl. Thomas von Aquin, Summa theologiae, 11/1, qu. 6-48; Summa contra gentiles 111, Cap. 19. 83 Aristoteles, Politik 112, 1253a; vgl. dazu Adolf Menzel, .Griechische Staatssoziologie", 16 ZöR (1936), 1 ff.; Alfred Verdross, Grundlinien der antiken Staats- und Rechtsphilosophie (2. Aufl. Wien 1948), 134. 84 Vgl. nochmals Thomas von Aquin, Summa theologiae 11/1, qu. 21, ad 3: .dicendum quod homo non ordinatur ad communitatem politicam secundum se totum, et secundum omnia sua... Sed totum quod homo est, et quod potest et habet, ordinandum est ad Deum...• 85 De legibus ac Deo legislatore 11, Vorwort. Suarez stützt sich dabei auf die lex aeterna-Lehre des Augustinus, nach welchem .legis aeternae notio nobis impressa est". De libero arbitrio I, c. 6, no. 15. 86 Für Vasquez ist ein Akt zwar gut oder böse, je nachdem, ob er mit der vernünftigen Natur übereinstimmt oder nicht, doch habe diese nur uneigentlichen Gesetzescharakter, eben weil sie nur anzeige, was gut oder böse sei, dieses in sich Gute oder Böse aber nicht eigentlich gebiete oder verbiete. Kommentar zur Summa theologiae, 1-2, qu. X 6, a. 1. Dazu earl Werner, Franz Suarez S. J. und die Schalastik derletzten Jahrhunderte 11 (2. Aufl. Regensburg 1889),245; Heinrich Rommen, Die Staatslehre des Franz Suarez (Mönchen-Gladbach 1926), 66. 87 Vgl. De legibus ac Deo legislatore 11, c. 6, n. 8 ff. In diesem Sinne gilt: .Lumen naturale intellectus repraesentans voluntatem Dei auctoris naturae, et supremi Domini gubernatoris eiusdem naturae, obligantem homines ad servandum, quod recta ratio dictat: (Hvhbg. vom Verf.)

11. Die lex naturalis

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1. Das Jus naturae

In diesem Zusammenhang unterscheidet Suarez zwischen der lex naturalis, die die Gesamtheit der sittlichen Pflichten des Menschen umfaßt88 , und dem ius naturae als dem Inbegriff aller Normen, die das Verhältnis des Einzelnen zum Nächsten und zur Gemeinschaft regeln. 89 In diesem Sinn kann die lex naturalis auch als Moral i. w. S. verstanden werden, innerhalb derer das ius naturae den Bereich des Rechts abgrenzt (.iustitia est ad alterum"90), während die sittlichen Pflichten sich selbst und Gott gegenüber den Bereich der Moral i. e. S. bilden. 91 a) Quelle des Naturrechts: die Natur der Sache Quelle der lex naturalis und damit auch des Naturrechts als des engeren Begriffs ist damit die Natur der Sache92 als die .metaphysisch-teleologische Struktur rechtserheblicher Gegenstände und Gegenstandsbereiche, vor allem die normative, von ihrer Zweckursache her interpretierte Natur des Menschen, des Gemeinwesens und dessen grundlegender Institutionen. "93 (In diesem Sinn ist Natur der Sache .in verschiedenen Varianten von Platon und Aristoteles über Augustinus und Thomas bis zu LeibItiz und Hegel zum theoretischen Kernstück der metaphysisch-teleologischen Naturrechtslehre" geworden 94 und auch für die heutige, in der Tradition der philosophia perennis95 stehenden Naturrechtslehre geblieben.) Damit sind Einwände Und damit das ius naturae in sich schließt. Dieses ius naturae, auch ius naturale genannt, gliedert Suarez in ein ius naturale dominativum (die natürliche Befugnis) und ein ius naturale praeceptivum (die natürliche Schuldigkeit, Verpflichtung); vgl. De legibus ac Deo legislatore 11, c. 14, n. 14. 90 So ganz in der Tradition des Thomas von Aquin, Summa theologiae 1112, qu. 58, Art. 8: •... cum iustitia ordinetur ad alterum, non est circa totam materiam virtutis moralis, sed solum circa exteriores actiones et res secudum quandam rationem obiecti specialern, prout scilicet secundum eas unus homo alteri coordinatur." 91 Wenn Suarez gelegentlich die Begriffe lex naturalis und ius naturale sysnonym gebraucht (vgl. De legibus ac Deo legislatore I, c. 2, n. 11), dann unter dem Gesichtspunkt gleicher Verbindlichkeit kraft göttlichen Willens. 92 Diese Natur der Sache - Suarez spricht von den Naturen der Sachen (naturae rerum) - ist ihrem Wesen nach unveränderlich. Vgl. De legibus ac Deo legislatore, c. 6, n. 11. - Herbert Schambeck, Der Begriff der .Natur der Sache" (Wien 1964), spricht vom .Seinsgrund", den es .in der ,Natur der Sache' aufzudecken [gelte)", vom .wesenhaften", .essentiellen Sein", das .nicht ontisch, sondern ontologisch verstanden" werden müssen. Auf 54 und 56. 93 Ralf Dreier, .Natur der Sache", Historisches Wörterbuch der Philosophie VI (hrg. von Joachim Ritter und KarIfried Gründer, Darmstadt 1984),478 ff., auf 479 f. 94 Ibid., 480. (Hvhbg. vom Verf.) 95 So nennt Leibniz die sich von der Antike über das Mittelalter bis in die Neuzeit 88 89

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B. Grundzüge der Staats- und Rechtslehre der Schule von Salamanca

gegen den normativen Charakter des Naturrechts, die - wie der Vorwurf Hans Kelsens, aus einem Sein könne kein Sollen abgeleitet werden96 - auf einem Mißverständnis, nämlich der Verwechslung des potentiellen, also zukünftig-vollkommenen und damit anzustrebenden mit dem aktuellen, also gegenwärtig-unvollkommenen Zustand, beruhen, von vornherein verfehlt. b) Erkenntnismittel des Naturrechts: die menschliche Vernunft

Mittel zur Erkenntnis der lex naturalis und damit des Naturrechts ist die menschliche Vernunft. 91 aal Die anti-rationalistische und anti-subjektivistische Position Mit dieser Feststellung - daß die Vernunft nämlich nur Erkenntnismittel und nicht Quelle des Naturrechts ist91a - ist Zweierlei zurückgewiesen: einerseits der Gesetzescharakter des Vernünftigen als solchem .selbst wenn es Gott nicht gäbe"98 (weil es dann mangels Gesetzgeber am verpflichtenden erstreckende, teils auf Platon, hauptsächlich auf Aristoteles aufbauende philosophisehe Richtung. Vgl. Verdross (oben, Anm. 30),173 und 211. 96 Vgl. Hans Kelsen, Hauptproblerne der Staatsrechtslehre entwickelt aus der Lehre vom Rechtssatz (Tübingen 1911), passim, sowie Reine Rechtslehre (oben, Anm. 81),5 ff. und 215 ff. Kelsen weiß, wie Schambeck (oben, Anm. 92) zutreffend feststellt, .nicht zwischen dem wesenhaften Sein und tatsächlichen Sein zu unterscheiden". (Auf 61.) 91 Denn .[els ist ein Urteil der Vernunft, das Handlungen als vom Schöpfer und obersten Lenker der vernünftigen Natur gebotene oder verbotene vorstellt.· Rommen (oben, Anm. 86), 69. Vgl. auch De legibus ac Deo legislatore 11, c. 5, n. 9, und speziell das oben, Anm. 87, gegebene Zitat. 91" Vgl. auch Soto, De iustitia et iure I, qu. 5, a. 1: •... concedimus nostram rationem non esse regulam primam, sed naturalern legern, quae est aeternae imago; nihilominus illud exemplar ratio prospiciens leges exprimit humanas." 98 Oder wenn er sich um die menschlichen Angelegenheiten nicht kümmerte. So - mit der Einschränkung: .quod sine summo scelere dici nequit" - Hugo Grotius, De iure belli ac pacis (1625), Prolegomena, §§ 11 und 12. Dies stellt eine Akzentuierung der schon von Gabriel Vcisquez (1549-1604) vertretenen Auffassung dar, die in der lex naturalis enthaltenen Normen müßten, weil sie sich aus der menschlichen Vernunftnatur ergäben, auch dann gelten, wenn sie - was freilich unmöglich sei -von Gott weder gewußt noch gewollt würden. Kommentar zur Summa theologiae, 11/1,97, 1,3. Beide Aussagen finden sich schon bei Gregor von Rimini (f 1358), nach weichem jeder Verstoß gegen die Vernunft Sünde ist (also auch gegen die menschliche Vernunft), und zwar selbst dann, wenn - was freilich unmöglich sei - die göttliche Vernunftirrend etwas Unvernünftiges vorstellte, ja die göttliche Vernunft oder gar Gott selbst nicht existierten. Sentenzen I, dist. 34, Art. 2. Über Gabriel

II. Die lex naturalis

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Charakter des Naturrechts mangeln würde 99 ), andererseits aber auch jeder praktische oder theoretische Subjektivismus, von denen der eine kurzschlüssig auf die Neigungen der aktuellen menschlichen Natur unter Vernachlässigung ihrer teleologischen Komponente abstellt und damit in einem rein diesseitsbezogenen Utilitarismus endet, während der andere die Erkennbarkeit der Natur der Sache als irrelevant in Frage stellen oder sogar leugnen kann, weil er die gesamte Sittlichkeit aprioristisch in sich zu tragen vermeint. 100 Zur Zeit der Schule von Salamanca hat vor allem Vasquez zur ersten Auffassung geneigt lOI und damit jene Kontroverse ausgelöst, die Sucirez Gelegenheit geboten hat, die traditionelle, auf Thomos von Aquin zurückgehende l02 Auffassung umfassend darzulegen. l03 Hier haben wir wohl auch Vasquez, der wie Suarez Jesuit war, aber in Salamanca weder studierte noch lehrte, vgl. Klaus Reinhardt, •Vazquez", Letcikon für Theologie und Kirche X (Freiburg/Br. 1965),645 ff. 99 Fernando Vasquez (mit dem der in der vorstehenden Anmerkung genannte Gabriel Vasquez, trotz der in diesem Punkt ähnlichen Auffassung nicht verwechselt werden darf), läßt die lex naturaUs in der vernünftigen Natur als solcher und nicht im Willen Gottes begründet sein, weshalb sie für ihn auch nur Gesetz im uneigentlichen Sinn ist. Vgl. oben, Anm. 86. 100 Vgl. Immanuel Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten (1785): .Wir werden also die Möglichkeit eines kategorischen Imperativs gänzlich apriori zu untersuchen haben, da uns hier der Vorteil nicht zu statten kommt, daß die Wirklichkeit desselben in der Erfahrung gegeben.. ." Der .Imperativ der Sittlichkeit" sei eben .durch kein Beispiel, mithin empirisch auszumachen". Kant-Studienausgabe IV, 49 f. und 49; zit. nach Kant, Werke VI (3. Auf!. Darmstadt 1968), 49 f. und 49. (Hvhbg. im Orig.) Vgl. Verdross (oben, Anm. 30), 145. Kant sagt schon weiter vorne im Zweiten Abschnitt (.Übergang von der populären sittlichen Weltweisheit zur Metaphysik der Sitten"), aus dem Angeführten erhelle, .daß alle sittlichen Begriffe völlig apriori in der Vernunft ihren Sitz und Ursprung haben, und dieses zwar in der gemeinen Menschenvernunft eben sowohl, als der im höchsten Maße spekulativen". Ibid., 39. (Hvhbg. vom Verf.) Vgl. auchPeter Reisinger, .Imperative, kategorischer Imperativ", Historisches Wörterbuch der Philosophie IV (Darmstadt 1976), 242 ff., bes. 246. 101 Da die lex natwalis für ihn ebenso einfach aus der Natur des Menschen wie die lex aeterna aus der Natur Gottes erfließt, hält er hier - im Gegensatz zu anderen Gesetzen, die für ihn actus intellectus supposito actu voluntatis sind - einen im Willen Gottes liegenden Rechtsetzungsakt für entbehrlich. Vgl. Kommentar zur Summa theologiae, 1-2, qu. X 6, a. 1. 102 Thomas von Aquin betrachtet die lex naturalis als .participatio legis aeternae in rationali creatura" (Summa theologiae, 11/1, qu. 91, Art. 3). Nun ist ihm die lex aeterna zwar .nihil aliud quam ratio divinae sapientiae" (ibid., qu. 93, Art. 1), doch wird sie auch vom göttlichen Willen getragen; das impliziert nicht nur der Nachsatz .secundum quod est directiva omnium actuum et motionum" (denn diese actus et motiones sind Akte des Willens), sondern ergibt sich auch aus der Feststellung, daß die ratio divina, als .ratio gubernationis rerurn in Deo sicut in principe universitatis existens, legis habet rationem." Ibid., qu. 91, Art. 1. (Hvhbg. vom Verf.) Die Inhalte der lex aeterna wie der lex naturalis sind daher Gott als von ihm gewollte zusinnbar (um 3 Köck

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B. Grundzüge der Staats- und Rechtslehre der Schule von Salamanca

einen jener Punkte, aus denen sich erklärt, warum Vasquez in der protestantischen Naturrechtslehre der Neuzeit freundlichere Aufnahme gefunden hat als z. B. Suarezj der in seiner Auffassung, die vernünftige Natur als solche sei Naturgesetz, liegende Subjektivismus kam dem reformatorischen Anliegen zweifellos mehr entgegen l04 als die .gründlich[e) und weitausholend[e)" Art des Suarez, der .alle Nebenfragen in den Bereich der Kontroverse [zieht), unermüdlich bestrebt, seinem Hauptbeweis Reihen von Neben- und indirekten Beweisen beizufügen. "105 Der, wenngleich ungerechtfertigte Vorwurf des Christian Thomasius (1655-1728), die Scholastiker hätten .die verschiedensten Sachen... , natürliches Recht, mosaisches, jüdisches, griechisches, römisches, kaiserliches und päpstliches Recht" miteinander gemischt l06 , mag dadurch mitveranlaßt sein. bb) Die anti-nominalistische und anti-voluntaristische Position

Vasquez ist in der Schule von Salamanca auch durch seinen Voluntarismus ziemlich isoliertj so behauptet er gegen Soto, wenn Gott nur wolle, könne er sogar bewirken, daß es gerecht sei, ihn nicht mehr zu lieben oder ihn sogar zu hassen. 107 Reibstein sieht ein Motiv für diese Auffassung des Vasquez in dessen Streben nach der Unabhängigkeit der Jurisprudenz von der Theologie: .Die theoretische Möglichkeit einer Abänderung des natürlieinen von Karl Wolff, Grundlehre des Sollens [Innsbruck 1924),9 ff., geprägten Begriff zu verwenden); • [m)anifestum est autem, supposito quod mundus divina providentia regatur, ut in Primo [qu. 22, Art. 1,2) habitum est, quod tota communitas universi gubernatur ratione divina: Ibid. Vgl. auch unten, Anm. 110. 103 Vgl. De legibus ac Deo legislatore I, c. 5, n. 2 ff., n. 24; c. 6, n. 8 ff.; 11, c. 3, n. 1.10; c.

5, n. 8.

104 Reibstein (oben, Anm. 16) führt Vasquez' Ansehen bei den frühen protestantischen Naturrechtslehrern auf den Umstand zurück, daß er .kein Jesuit, überhaupt kein Geistlicher oder im kirchlichen Interesse schreibender Autor war... ; er ist der einzige Spanier, mit dem sich Samuel Pufendolf (1632-1694) in seinem großen Jus Naturae et Gentium ausführlich und immer wieder auseinandersetzt, nachdem er in der Einleitung angekündigt hat, daß er keinen der scholastischen Autoren zitieren werde, denn ihre Methode gehe darauf aus, das menschliche Gewissen nicht mit Vernunftgründen, sondern mit priesterlicher Autorität zu regieren, weshalb sie Belege für alle erdenklichen Meinungen zusammentrügen, um dem Einzelnen dann einreden zu können, was gerade in ihrem Interesse liege.· (Auf 23.) Erst die Verwechslung mit seinem Namensvetter Gabliel Vasquez (vgl. oben, Anm. 98) habe dazu geführt, daß Femando Vasquez von den protestantischen Naturrechtslehrern des 18. Jahrhunderts ignoriert wurde. Vgl. ibid., 24. lOS Rommen (oben, Anm. 86), 66. 106 Chlistian Thomasius, Historia iuris naturalis, c. 5, § 9. Deutsche Übersetzung zitiert nach Rommen, ibid., 74. 107 " ••• quin immo forte poterit, si velit efficere, ut id bonum sit." Controversiae illustres I, 27, § 12.

11. Die lex naturalis

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chen Rechtes durch die göttliche Allmacht ist für Vasquez sichtlich das kleinere Übel gegenüber der anderen, dann unausweislichen Möglichkeit der Theologie, den Dekalog als einen autonomen Moralkodex der Jurisprudenz aufzuoktroyieren. "108 Dasselbe Ziel hat vor Vasquez freilich schon Vitoria auf gut thomistischer Grundlage erreicht, indem er "das umstrittene Verhältnis von Evangelium und Freiheit unter das Kriterium des natürlichen Rechts" stellte und .die lapidare Formel prägt[e): nichts, was nach dem natürlichen Gesetz erlaubt ist, wird vom Evangelium verboten; darin besteht hauptsächlich die evangelische Freihet."109 Suarez hat dann die Lehre des Thomas vom Vorrang der göttlichen Vernunft vor dem göttlichen Willen 110 mit der Begründung bekräftigt, der Wille könne sein Objekt nur erfassen, wenn der Intellekt es ihm zuvor als erkanntes Gut vorstelle: .Intellectus est perfectior potentia quam voluntas" I 11 ; ohne Vernunft wäre der Wille eine potentia caeca. Der göttliche Wille orientiere sich daher notwendig an dem durch die göttliche Vernunft erkannten göttlichen Wesen; da dieses unveränderlich sei, sei es auch die lex aeterna und damit - als ihr Niederschlag in der Schöpfung die lex naturalis. Seit dem Konzil von Trient (1545-1563), das mit der Verurteilung der reformatorischen Lehren auch den Nominalismus als eine der geistigen Grundlagen der Reformation 112 traf, hat die Vasquez'sche Auffas108 Reibstein (oben, Anm. 16), 130. Dieses Argument überzeugt freilich nicht. Tatsächlich führt nämlich der Nominalismus zum juristischen Positivismus (.quod Deus vult, hoc est iustum"), was eine Selbständigkeit der auf kein natürliches göttliches Recht gestützten Jurisprudenz gegenüber dem im Dekalog gegebenen ius divinum positivum, ja selbst die Möglichkeit, das letztere im Lichte des ersteren zu interpretieren, ausschließt. Demgemäß war ja auch die nominalistische Moraltheologie weitgehend nicht systematisch, sondern kasuistisch. 109 •••• nihil quod lege naturali licitum sit, Evangelio prohibetur; atque in hoc maxime libertas evangelica consistit." Vitoria, Oe potestate civili, 8. Das deutsche Zitat nach Reibstein (oben, Anm. 32), 27. 110 Thomas von Aquin, Oe veritate, qu. 23, a. 6: •... dicere quod ex simplici voluntate dependeat iustitia, est dicere, quod divina voluntas non procedet secundum ordinem sapientiae, quod est blasphernia." (Damit spricht Thomas übrigens klar aus, daß die [natürliche] Ordnung vom göttlichen Willen abhängt, wenn auch nicht von ihm allein; vgl. dazu oben, Anm. 102.) Gott kann diese (natürliche) Ordnung auch nicht aufheben, weil sie seinem Wesen entspricht: .Deus... negaret. .. seipsum, si ordinem iustitiae auferet: cum ipse sit sua iustitia." Summa theologiae 11/1, Art. 8, ad 2. 111 Oe anima V, c. 9., n. 2. Vgl. Rommen (oben, Anm. 16),72. 112 Vgl. Erwin lserloh, .Martin Luther und der Aufbruch der Reformation (1517-1525)", Handbuch der Kirchengeschichte IV: Reformation, Katholische Reform und Gegenreformation (hrg. von Hubert Jedin, Freiburg-Basel-Wien 1967), 3 ff., auf 10: •Wenn Luther nicht zuletzt dadurch zum Reformator wurde, weil er sein in schweren und notvollen religiösen Kämpfen gewonnenes Verständnis der Offenbarung nicht mit der Theologie und Praxis seiner Zeit zu vereinbaren wußte, dann lag das vor allem auch daran, daß diese Theologie die einseitige Schulrichtung des



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B. Grundzüge der Staats- und Rechtslehre der Schule von Salamanca

sung im innerkatholischen Bereich ausgespielt; darin hat auch die Naturrechtsdiskussion nach dem Zweiten Vatikanum 113 - für die man als Vorreiter auch noch August Maria Knoll (1900-1963) nennen könnte 114 - nichts zu ändern vermocht. 2. Der Inhalt der lex naturaUs

Nach Suarez, dessen Auffassung in der Folge bestimmend geworden ist, enthält .das natürliche Sittengesetz alle Gebote oder moralischen Grundsätze ... , welche evident die moralische notwendige Güte besitzen, so daß ihr Gegenteil evidente moralische Bosheit und Unordnung einschließt" .115 Hierzu zählen als allgemeinste Prinzipien, daß das Gute zu tun, das Böse zu meiden sei; dann jene Grundsätze, die - ohne gleich allgemein zu sein nichtsdestoweniger einleuchtend sind, wie: die Gottheit ist zu ehren, oder: Gerechtigkeit ist zu üben.

Suarez zählt aber auch noch die Folgerungen, die sich aus diesen Prinzipien in streng logischer Ableitung ziehen lassen, zur lex naturalis bzw. zum ius naturae; .[dlenn die Wahrheit der allgemeinen Prinzipien ist in den aus ihnen abgeleiteten Sätzen enthalten, und wird eigentlich erst in diesen zur proxima regula actionis oder zu demjenigen, was man unter dem natürlichen Geiietz versteht. Sie sind ebensogut wie jene allgemeinen Prinzipien in der menschlichen Natur und Beschaffenheit begründet und beziehen sich auf denselben Zweck, nämlich auf die Erhaltung, Vervollkommnung und Beglückung der menschlichen Natur."116 Thomas von Aquin hatte diese Konklusionen, das sog. sekundäre Naturrecht ll7 , schon zum ius gentium gerechnet. IIB Der Unterschied ist aber ein rein terminologischer, weil es sich Nominalismus war und die Tiefe und Fülle eines Augustinus oder Thomas von Aquin, vor allem aber der Heiligen Schrift vermissen ließ. Somit ist der auf Wilhelm von Ockham zurückgehende Nominalismus, der Luther in verflachter und moralistisch zurechtgebogener Form von Gabriel Biel vermittelt wurde, unter den entscheidenden Ursachen der Reformation zu nennen." (Hvhbg. vom Verf.) 113 Vgl. nur beispielsweise den von Franz Böckle und Ernst-Wolfgang Böckenförde hrg. Sammelband Naturrecht in der Kritik (Mainz 1973). 114 Vgl. August Maria Knall, Kirche und scholastisches Naturrecht. Zur Frage der Freiheit. (Wien-FrankfurtlM. 1962) 115 De legibus ac Deo legislatore 11, c. 7, n. 4. Deutsche Übersetzung zit. nach Rammen (oben, Anm. 16), 70. 116 Zit. nach earl Werner, Franz Suarez und die Scholastik der letzten Jahrhunderte 11 (2. Aufl. Regensburg 1889), 252, nach De legibus ac Deo legislatore 11, c. 7. (Hvhbg. vom Verf.) 117 Vgl. Messner (oben, Anm. 62), 362 ff. 118 Vgl. Thomas von Aquin, Summa theologiae, 1112, qu. 57, Art. 3.

III. Die gemeinschaftsbildende Sozialnatur des Menschen

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in beiden Fällen um die Anwendung der allgemeinen Prinzipien auf Einzelfälle aufgrund der Einsicht in die unter den jeweiligen Umständen zu erkennende Natur der Sache handelt. 119 Für Suorez ist unter diesen Umständen das ius gentium vom Naturrecht wesensverschiedenes positives Recht, das erstens an sich weder gut noch böse, zweitens daher nicht unabänderlich und drittens unter diesen Umständen nicht allen Völkern gemeinsam sei. 120 (Für Suorez, der in der Tradition von Vitoria steht, ist ius gentium das ius inter gentes des letzteren; auf der ständigen Übung der Glieder der Staatengemeinschaft beruhendes völkerrechtliches Gewohnheitsrecht. 121 Das neben diesem Völkerrecht, das instigante natura gebildet wird, bestehende vertragliche Völkerrecht wird von Suarez nicht ausdrücklich behandelt.)

111. Die gemeinschaftsbildende Sozialnalur des Menschen Die dem Menschen verliehene Natur erfordert es, daß er, um recht zu leben (recte vivere), in Gemeinschaft lebt: "Homo est animal sodale, quae est proprietas naturalis. "122 Das ergibt sich aus seinen positiven (wie z. B. das Sprachvermögen) wie negativen Anlagen (den menschlichen Unzulänglichkeiten). Aufgrund dieses natürlichen sozialen Zuges haben die Menschen auch immer die verschiedensten Gemeinschaften gebildet, je nach dem durch sie zu verwirklichenden Zweck. Wesensnotwendig sind dabei aber nur jene Gemeinschaften, deren Ziel und Zweck sich aus dem Wesen des Menschen unmittelbar ergeben. Suorez kennt deren nur zwei: "die unvollkommene oder familiäre und die vollkommene oder politische".123 119 Daher ist dieses ius gentium für Thomas .naturale homini secundum rationem naturalern, quae hoc dictat." Ibid. - Zum Begriff des ius gentium bei Johannes Messner, dem großen Fortsetzer der Naturrechtslehre in der Tradition der Schule von Salamanca, vgl. Heribert Franz Köck, "Völkerrechtsethik: die normative Basis des Völkerrechts", Das neue Naturrecht. Gedächtnisschrift für Johannes Messner (hrg. von Alfred Klose, Herbert Schambeck und Rudolf Weiler, Berlin 1985), 133 ff., auf 137 ff. 120 Vgl. De legibus ac Deo legislatore H, c. 19, n. 1 ff. 121 Vgl. ibid., no. 9: .Humanum genus quantumvis in varios populos et regna divisum, semper habet aliquam unitatem non solum specificam sed etiam politicam et moralern... Hac ergo ratione indigent aliquo iure, quo dirigantur et recte ordinentur in hoc genere communicationis et societatis. Et quamvis hoc fiat magna ex parte per rationem naturalern, non tarnen sufficienter et immediate quoad omnia; ideoque aliqua specialia iura potuerunt usu earundem gentium introduci: (Hvhbg. vom Verf.) Vgl. auch Johann B. Schuster, .Was versteht Franz Suarez unter ius gentium?", 16 ZöR (1936), 487 ff. 122 De opere sex dierum V, c. 7, n. 5. 123 De legibus ac Deo legislatore III, c. 1. Deutsche Übersetzung zit. nach Rommen (oben, Anm. 16),98.

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B. Grundzüge der Staats- und Rechtslehre der Schule von Salamanca 1. Die Familie

Die Familie ist die .natürlichste und sozusagen fundamentalste"124 Gemeinschaft, weil sie für die menschliche Fortpflanzung unerläßlich ist. Zur Familie ist aber nicht nur die Gemeinschaft von Eltern und Kindern, sondern auch jene des Hausvaters mit dem Gesinde (also gern. dem weiterenfamiliaBegriff) zu verstehen, •weil die Menschen mit moralischer Notwendigkeit der Hilfe und Dienstleistung anderer Menschen bedürfen."

2. Der Staat a) Als societas perfecta

Wenngleich die Familie in ihrer Ordnung durchaus vollkommen ist, so muß sie doch auch wieder unvollkommen genannt werden, weil sie keine Autarkie besitzt: .denn keine Familie kann alle Dienstleistungen und alle Handwerke umfassen, die zum menschlichen Leben notwendig sind... Würden zudem die Familien getrennte Gemeinschaften bilden, so könnte weder der Friede erhalten ... , noch das Unrecht verfolgt und bestraft werden."125 Daher ist nur jene Gemeinschaft, die diese Aufgaben übernehmen kann und die wir Staat nennen, in diesem Sinn als vollkommen (als societas perfecta) zu bezeichnen. b) Keine Folge der Erbsünde

Aus den genannten staatlichen Funktionen erhellt sofort, warum Suarez den Staat nicht - wie manche Kirchenväter l26 , aber auch Luther127 - als eine Gemeinschaft ansieht, die ihre Existenzberechtigung lediglich von der 124

Ibid.

125 De legibus ac Deo legislatore III, c. 3. Zit. nach ibid., 98 f. (Hvhbg. vom Verf.) 126 Stellen bei Irenäus von Lyon, Gegen die Häresien V, 24, und bei Augustinus, De

civitate Dei, XIV und passim, sind gelegentlich ebenso in diese Richtung gedeutet worden wir z. B. die Lehre von den drei Knechtschaften, die nach Johannes Chrysostomus eine Folge des Sündenfalles sind: .Die rechtliche, gesetzliche und staatliche Ungleichheit von Frau und Mann, Sklave und Herr, Untertan und Machthaber sind für Chriysostomus - in dem grundlegenden 4. Sermo zur Genesis - Sündenstrafen und nur als solche auch göttliche Heilmittel zugunsten des Menschen. Es ist eine harte, fast möchte man sagen düstere Rechts- und Staatsphilosophie, die Chrysostomus da entwickelt. . ." Stephan Verosta, Johannes Chrysostomus - Staatsphilosoph und Geschichtstheologe (Graz-Wien-Köln 1960),65. 127 Vgl. seine Zwei-Reiche-Lehre in der Auslegung von Psalm 82 (1530), Weimarer Ausgabe XXXI, I, 204, 18; schon zuvor seine Auffassung in der Schrift Von der weltlichen Obrigkeit (1523), Weimarer Ausgabe XI, 251 ff. Dazu Verdross (oben,

III. Die gemeinschaftsbildende Sozialnatur des Menschen

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gefallenen menschlichen Natur, also gleichsam von der Erbsünde her ableitet; zwar macht diese den Staat als Zwangsanstalt zur Rechtsdurchsetzung und Deliktsbestrafung notwendig, aber der staatlichen Ordnungsfunktion zur Herstellung und Aufrechterhaltung einer zweckmäßigen Arbeitsteilung hätte es auch im antelapsarischen Zustand der Menschheit bedurft. 128 3. Die Staatengemeinschaft als Menschheitsgemeinschaft

Bevor wir uns, wie dies unser Thema erheischt, näher mit dem Staat beschäftigen, ist zur Vermeidung jedes Mißverständnisses noch darauf hinzuweisen, daß Familie und Staat zwar die einzigen naturrechtlich notwendigen, nicht aber notwendigermaßen die einzigen naturrechtlichen Gemeinschaften sind. Nur wenn alle Menschen in einem Staat zusammengefaßt wären, gäbe es über diesen hinaus keine weitere naturrechtliehe Gemeinschaft. Da und solange dies aber nicht der Fall ist (also kein Weltstaat existiert), ist die Menschheit über den Staat hinaus in einer "Einheit aller vernünftigen, geistig-leiblichen Wesen [verbunden]. Sie ist nicht eine bloße Summe aller [Menschen], sondern eine spezifische Gemeinschaftsform, beruhend auf der gemeinsamen Natur, organisiert durch das moralische, natürliche Band des lus naturale, das jedem einzelnen durch das natürliche Licht der Vernunft einleuchtet, und aus dem ihm rein auf Grund seines Menschseins bestimmte Rechte und Pflichten entstehen."129 Diese natürliche Gemeinschaft der gesamten Menschheit wird in der Staatengemeinschaft in spezifischer Form betätigt und findet so ihren rechtlichen Niederschlag auch im Völkerrecht. 130 4. Der konkrete Staat

a) Ursprung und Ursache des Staates Der Umstand, daß Familie und Staat, weil in der Natur des Menschen angelegt, ihrer Idee nach notwendige Gemeinschaften sind, schließt nicht Anm. 30), 89 f.; sowie Erwin Iserloh, .Luthers Kirchenbegriff und seine Zwei-ReicheLehre. Das landesherrliche Kirchenregiment", Handbuch der Kirchengeschichte IV (oben, Anm. 113), 222 ff., bes. 227 ff. 128 Vgl. Suarez, De opere sex dierum V, c. 7; De legibus ac Deo legislatore III, c. 1, n. 3 und 4. 129 Rommen (oben, Anm. 16),97, nach Suarez, De legibus a Deo legislatore I, cap. 6, n. 18.

130 Über die naturrechtliche Grundlage der Normen des Völkerrechts vgl. Suarez, De beUo, sect. 6, n. 10: "... quae omnia ex principiis de conscientia et iustitia satis constant."

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B. Grundzüge der Staats- und Rechtslehre der Schule von Salamanca

aus, daß sie als konkrete Familie, als konkreter Staat auf einem freien menschlichen Gründungsakt beruhen. Man muß also zwischen dem Ursprung des Staates aus der vernünftigen sozialen Natur des Menschen und der Ursache der Entstehung des konkreten Staates unterscheiden. Dabei ist es letztlich irrelevant, wie der konkrete Staat historisch tatsächlich entstanden ist, ob durch freie Vereinigung aller oder durch Unterwerfung der einen durch die anderen. Sobald der konkrete Staat einmal als akzeptiertes Faktum existiert, kommen ihm und seinen Staatsangehörigen von Natur aus bestimmte wechselseitige Rechte und Pflichten ZU. 131 b) Der Gesellschaftsvertrag

Freilich ist auch der Entstehung des konkreten Staates ein Idealvorgang zugrunde zu legen, den wir mit dem Hinweis, der Staat müsse - um über die einem Staat zukommenden natürlichen Rechte und Pflichten zu verfügen - ein akzeptiertes Faktum sein, bereits angedeutet haben. Dieser Idealvorgang ist der Abschluß eines ausdrücklichen oder stillschweigenden Vertrages durch die (handlungsfähigen) zukünftigen Staatsangehörigen. 132 Wird das Herrschaftsverhältnis durch Gewalt begründet, so wird es erst dadurch zum Staat, daß sich die Unterworfenen in ihr Schicksal ergeben und so den fehlerhaften Gründungsakt sanieren. aal Als Akt der Freiheit Diese Lehre vom Gesellschaftsvertrag als Grundlage des Staates wurzelt in der Unterscheidung der Herrschaftsgewalt in der Familie und im Staat. Die potestas dominativa in der Familie geht aus Familienbildung ohne weiteres hervor nach der in der Familie bestehenden natürlichen Über- und Unterordnung (einschließlich der Gewalt des Hausvaters über das Gesinde); die potestas iurisdictionis des Staates aber kann nicht als Familiengewalt des Fürsten über die Untertanen konstruiert werden, weil der Fürst weder tatsächlich Vater seines Volkes ist noch selbst dann, wenn er es wäre, über dieses eine väterliche Gewalt auszuüben berechtigt sei: mit der Gründung einer eigenen Familie endet nämlich die Mitgliedschaft in der früheren und mit ihr die potestas dominativa des früheren Hausvaters. So sei selbst Adam 131 V gl. Suarez, De opere sex dierum, c. 7, n. 3; De legibus ac Deo legislatore I, c. 6, n. 19; III, c. 2, n. 3; III, c. 3, n. 1. 132 •... unione politica, quae non fit sine aliquo pacto expresso, vel tacito, adiuvandi se invicem, nec sine aliqua subordinatione singularum familiarum et personarum ad aliquem superiorem vel rectorem communitatis, sine qua talis communitas constare non potest." Suarez, De opere sex dierum V, c. 7, n. 3.

III. Die gemeinschafts bildende Sozialnatur des Menschen

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keine Familiengewalt über die von seinen Söhnen gegründeten Familien zugestanden; daher seien alle Versuche, die politische Gewalt auf die väterliche Gewalt des Stammvaters der Menschheit zurückzuführen, verfehlt. 133 Solange der konkrete Staat daher nicht gegründet ist, steht kein Mensch unter der potestas iurisdictionis eines anderen; selbst noch nach Gründung des Staates ruht" [d]ie politische Gewalt. .. aus der Natur der Sache heraus in der ganzen Gemeinschaft. .. und sie kommt nicht einer bestimmten Person zu, sondern es steht der Gemeinschaft zu, die Regierungsform zu bestimmen und die Gewalt einer bestimmten Person zu übertragen." 134 Wenn aber vor Gründung des konkreten Staates niemand dem anderen politisch untertan ist, kann der Staat nur durch freie Zustimmung, d. h. auf vertraglichem oder quasivertraglichem Wege gegründet werden. bb) Als sittliche Pflicht Diese Freiheit der Zustimmung ist freilich - und dadurch unterscheidet sich die Suurez'sche Auffassung von allen späteren Gesellschaftsvertragslehren von Hobbes l35 bis Rousseau l36 - nur eine relative, denn sie kann sich nur auf die konkrete Form des zu gründenden Staates beziehen; die Staatsgründung überhaupt ist hingegen - weil es dem Menschen entspricht, in einem Staat zu leben - sittliche Pflicht. Für die in den Staat Hineingeborenen kommt selbst dieses Zustimmungsrecht nicht mehr in Frage, weil ein solches den Staat immer wieder in Frage stellen würde, während er seine Funktion doch nur als eine auf Dauer angelegte Einrichtung erfüllen kann. 133 .Communitas [politica] non coepit per creationem Adae, nec per solam voluntatem eius, sed omnium qui in illa convenerunt." Suarez, De legibus ac Deo legislatore III, c. 2, n. 4. 134 Suarez, De legibus ac Deo legislatore I, c. 8, n. 13; deutscher Text zit. nach Rommen (oben, Anm. 16), 99. 135 .Die einzelnen Gesellschaftsvertrags-Theorien besitzen ... unterschiedliche politische Stoßrichtungen. Viele verfolgen die Absicht, die Herrschaftsgewalt einzuschränken. Dies geschieht häufig durch die These, die Menschen seien im Naturzustand frei und gleich gewesen, woraus die Ablehnung eines ius divinum der Könige und die ursprüngliche Volkssouveränität [vgl. zu dieser aber unten, bei Anm. 160 ff.; Anm. des Verf.] abgeleitet wird (so bereits Suarez) ... [Dem] steht die autoritäre Gesellschaftsvertragstheorie von Hobbes gegenüber. Danach muß das im Naturzustand bestehende ,Recht auf alles' beim Vertragsabschluß bis auf ein Selbstverteidigungsrecht bei Angriffen gegen das Leben völlig aufgegeben werden, woraus die absolute Machtstellung des Souveräns resultiert." Walter Euchner, .Gesellschaftsvertrag, Herrschaftsvertrag", Historisches Wörterbuch der Philosophie III (hrg. von Joachim Ritter, Darmstadt 1974), 475 ff., auf 478 f. (Hvhbg. im Orig.) 136 .Auch bei Rousseau gibt der Einzelne beim Vertragsabschluß seine vorstaatlichen Rechte völlig auf. .. " Ibid., 479.

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B. Grundzüge der Staats- und Rechtslehre der Schule von Salamanca 5. Die organische Staatsauffassung

Ob Suurez - mit l37 oder gegen l38 Thomas von Aquin - Vertreter einer organischen Staatsauffassung war, ist eine alte Streitfrage. Seine Terminologie legt dies gelegentlich nahe;139 aber auf die Terminologie (allein) kommt es bekanntlich nicht an. Keinesfalls vertrat Suurez die organische Staatsauffassung in dem Sinn, daß er die Menschen als bloße Zellen des Organismus "Staat" betrachtet hätte, die nur als solche und nicht als selbständige Substanzen in Betracht kämen. a) Der Staat als corpus politicum mysticum

Der Staat ist jedoch mehr als eine bloße Menge von Menschen, die sich in irgend einer beliebigen Weise verbunden haben. Die Staatsangehörigen sind 137 Wie dies Peter Tischleder, Ursprung und Träger der Staatsgewalt nach der Lehre des hl. Thomas und seiner Schule (Mönchen-Gladbach 1923), 19, annimmt, Rommen (oben, Anm. 16), 23 ff. und passim, für die Scholastik überhaupt bejaht. Die entsprechende Stelle bei Thomas von Aquin lautet: "... in civilibus omnes sunt unius communitatis, reputantur quasi unum corpus, et tota communitas quasi unus homo." Summa theologiae 11/1, qu. 81, Art. 1. 138 So Otto Schilling, Die Staats- und Soziallehre des hl. Thomas v. Aquin (2. Auf!. Paderborn 1930), Kapitel: Wesen und Begriff des Staates, passim. Auch Alfred Verdross, ,Der klassische Begriff des ,bonum commune' und seine Entfaltung zum ,bonum commune humanitatis'·, 28ÖzöRV (1977), 143ff., vertritt die Auffassung, bei Thomas sei die politische Gemeinschaft ,kein aus Zellen bestehender Organismus, sondern eine [bloße; Anm. des Verf.) Ordnungseinheit (unitas compositionis vel ordinis)". Vgl. Thomas von Aquin, Kommentar zur Ethik des Aristoteles I, lect. 1,5: ,Hoc totum quod est civilis multitudo vel domestica familia habet solam unitatem ordinis, secundum quam non est aliquid simpliciter unum.· Auch Summa theologiae I, qu. 47, Art. 3: ,Mundus enim iste unus dicitur unitate ordinis .. ." Zum Begriff der unitas ordinis bei Thomas von Aquin vgl. Edelbert Kurz, Individuum und Gemeinschaft beim hl. Thomas von Aquin (München 1932), 21 ff. - Daß es sich bei den Vertretern der in dieser und der in der vorangehenden Anmerkung dargestellten Auffassung aber mehr um eine terminologische Differenz als um einen Unterschied in der Sache handelt, zeigen die Konklusionen, die beide Seiten jeweils für das Verhältnis zwischen Staat und Individuum ziehen. Vgl. dazu unten, bei Anm. 150 ff. 139 Vgl. De legibus ac Deo legislatore I, c. 10, n. 14; III, c. 1, n. 5; III, c. 4, n. 4; De bello, sect. I, n. 5; 11, n. 6; IV und VII; Defensio fidei catholicae et apostolicae adversus anglicanae sectae errores VI, c. 6, n. 12 und 14. Vgl. auch Rommen (oben, Anm. 16), 104, nach welchem eine sittliche Gesamtperson (Kollektivperson) ,eine Gemeinschaft von Personen [ist), die so zusammengeschlossen sind, daß sie eine reale Gesamtwesenheit bilden, die ein Prinzip wesentlich bewußten Wollens und Handelns ist. Diesen Begriff führt auch Suarez an, wenn er ausführt, daß man eine Universitas namentlich dann als Kollektivwesen verstehe, wenn man ihr personales actiones beilege. Gesamtperson bedeutet also, es ist ein reales Substrat da, das will, handelt, die Formen seines Handeins bestimmt, das Zwecke setzt und Mittel wählt. Es will und handelt durch seine Organe: (Hvhbg. vom Verf.)

III. Die gemeinschafts bildende Sozialnatur des Menschen

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vielmehr - ist der konkrete Staat einmal gegründet - durch eine von ihrem Willen unabhängige natürliche Ordnung, das ius naturae oder naturale, verbunden, das den Staat insoweit als eine naturrechtliche Gesamtperson setzt. Diese naturrechtliehe Gesamtperson ist daher eine Realität und unterscheidet sich damit wesensmäßig von den juristischen Personen des positiven Rechts, die der physischen Person als bloße Fiktion gegenüberstehen. 140 Weil der Staat so von einem eigenen, die Summe der Einzelnen transzendierenden Prinzip beherrscht ist, nennt ihn Suarez in Anlehnung an die Lehre von der Kirche als corpus Christi mysticum ein corpus politicum mysticum. 141

b) Der Staat als sittlicher Organismus Der Staat ist aber kein physischer Organismus im Sinne der biologistischen organischen Theorie 142, der in seinem Werden, Wirken und Vergehen ausschließlich naturgesetzlichen Notwendigkeiten unterliegt, sondern ein sittlicher Organismus, .der sich von dem physischen Organismus doch gerade dadurch unterscheidet, daß [er) eben das Moment der Freiheit enthält, daß sein Einigungsprinzip kein Naturgesetz, sondern ein freigewolltes ,Vinculum morale' ist, wie Suarez des öftern sagt. ul43 Überdies sind auch die im Staat bestehenden Beziehungen sittlicher, nicht (bloß) physischer Natur, als sie auf einem rechtlichen Sollen und nicht auf einem naturgesetzlichen Müssen beruhen und daher in Freiheit vollzogen werden. 144 140 Zwar verwendet Suarez für den Staat gelegentlich auch den Begriff der communitas licta, wie z. B. De legibus ac Deo legislatore I, c. 6, n. 7, zeigt, wo es heißt: "... communitas est persona licta, ... homo est persona vera.. ." (Hvhbg. vom Verf.) Rommen (oben, Anm. 16),324, Anm. 27, meint jedoch, der Gesamtzusammenhang zeige, .daß hier auch die communitas als eine reale Person, als Gesamtperson verstanden wird. Der Ausdruck ,lieta' in seinem Gegensatz zu ,vera' darf nicht in einem individualistischen Sinne verstanden werden, als sei die Bezeichnung des Staates als Person eine rein denkökonomische Zusammenfassung der Individualpersonen, ein reines ens rationis ohne ein fundament um in re: (Hvhbg. vom Verf.) 141 De legibus ac Deo legislatore III, c. 11, n. 7: .Potestas condendi leges non est in singulis hominibus per se spectatis nec in multitudine hominum aggregata solum per accidens: sed est in communitate ut moraliter unita et ordinata ad componendum unum corpus mysticum." U2 Eckhart Scheerer, .Organismus", Historisches Wörterbuch der Philosophie VI (hrg. von Joachim Ritter und Karlfried Gründer, Darmstadt 1984),1330 H., nennt auf 1342 als Vertreter der biologistischen Organismustheorie Herbert Spencer, The Principles of Sociology, 3 Bde. (1876 H.), auf darwinistischer Basis Wilhelm Roux, Der Kampf der Teile im Organismus (1881),65, auf lamarckistischer Basis Oskar Hertwig, Der Staat als Organismus (1922). Die biologistische Variante der organischen Staatstheorie entspricht nach Scheerer am ehesten der. Weltanschauung" des Nationalsozialismus. Ibid., 1343. 143 Rommen (oben, Anm. 16), 113. 144 Vgl. ibid., 110 und 112. Vgl. auch das oben, Anm. 132, gegebene Zitat, sowie De

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B. Grundzüge der Staats- und Rechtslehre der Schule von Salamanca

Wo Suarez daher zur Beschreibung des Staates und seiner Struktur auf das Bild eines Organismus, insonderheit des menschlichen Körpers zurückgreift, tut er dies ebenso wie Thomas l45 lediglich per analogiam und bleibt sich dabei der Grenzen dieser Analogie - im Gegensatz zu manchen mittelalterlichen Schriftstellern - stets bewußt, wobei die Grenzen durch die Wesensverschiedenheit von physischem und sittlichem Organismus vorgegeben sind. Um dies an einem Beispiel zu erläutern: Aus der Tatsache, daß ein Organismus nicht ohne Haupt sein könne, folgert er zwar die Notwendigkeit einer im Staat wirkenden Staatsgewalt, nicht aber kurzschlüssig, .das [daher) die ,Monarchie' das Naturgemäße, die einzig richtige Staatsform sei."146 Wer Träger der Staatsgewalt im konkreten Staat ist, ist für Suarez vielmehr (rechtsdogmatisch) eine Tatsachen-, allenfalls (rechtspolitisch) eine Nützlichkeitsfrage. 147 6. Der Zweck des Staates: das Gemeinwohl

Der Streit darüber, ob der Staat ein realer Organismus sei oder nicht, ist letztlich als Streit über eine Vorfrage von der Auseinandersetzung über die Hauptfrage bestimmt, ob dem Staat ein Selbstzweck zukommt, der in jeder Weise l48 von der Summe der Zwecke der Staatsbürger verschieden ist. Da aber Zweck des Staates das bonum commune seu felicitas politica vera l49 ist, hängt alles von der Beantwortung der Frage ab, was unter diesem Gemeinwohl zu verstehen sei.

legibus ac Deo legislatore III, c. 2, n. 4, wo SUclrez das Spezifikum des Staates folgendermaßen herausstellt: .Alio modo consideranda est hominum· multitudo, quatenus speciali voluntate seu consensu communi in unum corpus politicum congregantur uno societatis vinculo et ut mutuo se iuvent in ordine ad unum finem politicum." 145 Vgl. sein .quasi unum corpus" und .quasi unus homo", oben, Anm. 137. 146 Rommen (oben, Anm. 16), 102. 147 Allerdings ist Suarez,. wenn er auch kein Staatsideal aufstellt, doch aus Traditionsgefühl eher ein Freund der Monarchie (allerdings der konstitutionellen, beschränkten Monarchie).· Er geht dabei aber nicht so weit wie Thomas von Aquin, der in der Natur den Grundsatz omnis enim multitudo derivat ur ab uno (De regimine principum I, c. 2) verwirklicht sieht (ein Gott erhält und regiert das Weltall; die Bienen haben eine Königin; eine Seelenkraft - die ratio -lenkt die übrigen; etc.); .[wJenn deshalb künstlich Geschaffenes die Natur nachahmt, dann ist das Kunstwerk das vollkommenste, das am meisten der Natur nahekommt. Deshalb ist auch notwendig in der menschlichen Multitudo, daß sie von Einem gelenkt werde. Ibid., 204 f. (Hvhbg. teils im Original, teils vom Verf.) 148 Nicht bloß teilweise; vgl. dazu unten, nach Anm. 151. 149 De legibus ac Deo legislatore I, c. 13, n. 7. 11

III. Die gemeinschaftsbildende Sozialnatur des Menschen

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a) Das bonum commune Suarez, der die politische Glückseligkeit als felicitas temporalis huius vitae praesentis l50 versteht (und die Sorge für die felicitas vitae futurae der

Kirche zuweist), bestimmt nun dieses Gemeinwohl als Ziel des Staates näher dahin, .daß [die Menschen] in Frieden und Gerechtigkeit leben und in genügendem Maße das besitzen, was zur Erhaltung und Annehmlichkeit des leiblichen Lebens dient, und daß sie es besitzen mit und in der Ehrenhaftigkeit der Sitten, wie es zur Aufrechterhaltung des äußeren Friedens des Staates und der völligen Erhaltung [seiner] Natur notwendig ist."151 Das Gemeinwohl umfaßt somit zwei Arten von Gütern: solche, die dem Menschen unmittelbar dienen und damit gleichzeitig Bestandteil des bonum privatum sind, nämlich die innerstaatliche gerechte Friedensordnung, und solche, die dem Menschen nur mittelbar, nämlich dadurch dienen, daß sie zur Erhaltung des Staates, und zwar in einem solchen Zustand, beitragen, daß der Staat auch in der Lage ist, die erste Art von Gütern, nämlich die innerstaatliche gerechte Friedensordnung, zu wahren. Dies zeigt, daß das Gemeinwohl zwar qualitativ und formal von der Summe der Einzelwohle verschieden ist, material mit ihr aber gleichwohl teilweise zusammenfällt. b) Das bonum privatum

Da das Gemeinwohl also Grundlage des Einzelwohles ist, hat der Staatsangehörige es zu fördern, und zwar auch dann, wenn dies in concreto für ihn mit Nachteilen verbunden ist. (So hat der Einzelne den Staat gegen innere und äußere Feinde zu verteidigen, auch wenn ihn dies sein Leben kosten sollte. Daß die Erfüllung dieser naturrechtlichen als einer sittlichen Pflicht für den Einzelnen auch sinnvoll ist, ist freilich untrennbar mit der Annahme verbunden, daß eine solche Pflichterfüllung nicht bloß Voraussetzung der Verwirklichung der felicitas huius vitae praesentis als Grundlage des bonum privatum temporale ist, sondern auch Voraussetzung der felicitas vitae futurae; denn erst von der in ihr liegenden Wendung von allem zum Guten empfängt auch alles seine letzte Sinnhaftigkeit.) Es ist in diesem Sinne zu verstehen, wenn gesagt wird, daß das bonum commune höher steht als das bonum privatum und daher im Kollisionsfallletzteres dem ersteren zu weichen habe l52 ; und daß das Gemeinwohl daher ein relativer Selbstzweck des Staates seL I53 Vgl. ibid., III, c. 11, n. 4, 6. De legibus ac Deo legislatore III, c. 11, n. 7. Deutsche Übersetzung zit. nach Rommen (oben, Anm. 16), 124, der auch (ibid., 330, Anm. 25) auf Sumez, De triplici virtute theologica I, disp. 18, sect. 4, n. 7, verweist. 152 Vgl. Suarez, De triplici virtute theologica III, disp. 9, sect. 3, n. 1: .Communi 150 151

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B. Grundzüge der Staats- und Rechtslehre der Schule von Salamanca 7. Die Staatsgewalt a) Ihre naturrechtliehe Notwendigkeit

Das Gemeinwohl ist Ziel und Zweck des Staates und daher von ihm als ganzem, d. h. aber auch: durch das Zusammenwirken aller Staatsangehörigen (jeder auf seine Weise) zu schaffen. Die spezifische Sorge um das Gemeinwohl aber kommt der Staatsgewalt zu: .das Gemeinwohl ist ihre Norm, aus der allein sie ihre Berechtigung zieht. "154 Die Staatsgewalt - wie immer sie im einzelnen organisiert sein mag - ist von der Natur des Staates her notwendig gefordert, weil es im Staat eine Instanz geben muß, die sich um das Gemeinwohl kümmert, der also .die konkrete Bestimmung und Lenkung der Lebensäußerungen des Volkes auf das Gemeinwohl zu[kommt]". 155

b) Ihr naturrechtlicher Träger

Naturrechtlicher Träger der Staatsgewalt ist die staatliche Gemeinschaft als ganze (ipsa communitas, persona communitatis). In diesem Sinn kann man sagen, daß die reine und unmittelbare Demokratie die ursprünglichste, sozusagen die primäre naturrechtliche Staatsform ist. Damit sind andere Staatsformen nicht ausgeschlossen, da .zwar das Naturrecht an sich und unmittelbar die Staatsgewalt der Gemeinschaft gibt, dagegen nicht vorschreibt, daß die Gewalt immer bei der Gemeinschaft bleibe; daß somit nicht [immer] unmittelbar die Gewalt durch die Gemeinschaft ausgeübt werde, sondern nur solange, als die Gemeinschaft nichts anderes beschlossen hat."156 bono tenetur homo in temporalibus prius quam sibi subvenire, quia commune praeferendum est privato, quia universalius.ltem homo quivis privatus est pars boni communis; pars autem debet praeferre bonum totius proprio bono... Tenetur civis vitam exponere evidenti periculo, ut defendat civitatem vel principem vel aliam personam, quando ab illo censetur pendere bonum commune." Vgl. auch De bello, sect. 11, n. 3. 153 Vgl. Rommen (oben, Anm. 16), 119. - Zur Problematik des bonum commune überhaupt vgl. Verdross (oben, Anm. 30 und 138); Roman Herzog, .Gemeinwohl·, Historisches Wörterbuch der Philosophie III (hrg. von Joacltim Ritter, Darmstadt 1974), 248 ff.; Valentin Zsifkovits, .Gemeinwohl", Katholisches Soziallexikon (2. Auf!. hrg. von Alfred Klose, Wolfgang Mantl und Valentin Zsifkovits, Innsbruck-WienMünchen-Graz-Köln 1980),854 ff. 154 Rommen (oben, Anm. 16), 118, nach De legibus ac Deo legislatore I, c. 13, n. 7. 155 Ibid. 156 Suruez, Defensio fidei catholicae contra anglicanae sectae errores III, c. 2, n. 9. Deutsche Übersetzung zit. nach Rommen (oben, An. 16), 176 f.

III. Die gemeinschaftsbildende Sozialnatur des Menschen

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c) Die Übertragung der Staatsgewalt

Die Staatsgewalt kann daher an eine oder mehrere Personen übertragen werden; hierfür ist der Konsens des Gemeinschaftsganzen notwendig. ls7 Je nachdem, ob man die Person oder Personen, der bzw. denen die Staatsgewalt übertragen wird, als außerhalb des Staats ganzen stehend betrachtet oder nicht, kann man die Übertragung der Staatsgewalt eher als Vertrag oder eher als Verleihung verstehen. ls8 Ist die Staatsgewalt einmal bedingungslos oder unter bestimmten Bedingungen übertragen, so kann sie weder zurückgenommen noch anderen Bedingungen als den ursprünglichen unterworfen werden, es sei denn, mit Zustimmung ihres Inhabers. "Anderes erlaubt jener Grundsatz der Gerechtigkeit nicht, der sagt, daß legitime Pakte zu halten seien, und daß eine einmal rechtskräftige absolute Verleihung nicht rückgängig gemacht werden darf, weder im Ganzen noch in irgendwelchen Teilen."ls9 d) Die Lehre von der Volkssouveränität Diese Auffassung von der staatlichen Gemeinschaft als solcher als dem ursprünglichen Träger der Staatsgewalt, bei der Sucirez auf Vitoria l6o aufbaut, der seinerseits in der Tradition des Thornas l61 steht, kann man auch als Lehre von der Volkssouveränität i. w. S. bezeichnen. Über sie geht die Lehre von der Volkssouveränität i. e. S. hinaus, wie sie von Vasquez vertreten worden ist. Der wesentliche Unterschied besteht darin, daß hier die Staatsgewalt als solche einer oder mehreren Personen, z. B. dem Fürsten, nicht 151 Vgl. Suorez, ibid.; sowie De legibus ac Deo legislatore III, c. 4, n. 2: •.. . haec potestas [civilisJ ex natum rei est immediate in communitate; ergo, ut ista incipiat esse in aliqua persona tanquam in supremo principe, necesse est, ut ex consensu communitatis illi tribuatur." (Hvhbg vom Verf.) 158 Vgl. Rommen (oben, Anm. 16), 183 f. 159 Suarez, Defensio fidei catholicae et apostolicae contra anglicanae sectae errores III, c. 3, n. 4. Deutsche Übersetzung zit. nach Rommen, ibid., 185. (Hvhbg. vom Verf.) 160 Vgl. De potestate civili 5 und passim. Vgl. auch CovaIruvias y Leyva, der in seinen Practicae questiones den Unterschied zwischen Kirche und Staat gerade darin erblickt, daß erstere mit ihrer (essentiellen) Struktur und Gewalt von Christus gestiftet und insoweit menschlicher Disposition entzogen ist, während letzterer erst von den Menschen gegründet werden müsse, wobei das Staatsvolk über den Träger der Staatsgewalt frei befinden könne .• Die Lehre der Volkssouveränität in dem Sinne, daß die Staatsgewalt unmittelbar vom Volk ausgeht, ist daher", wie Verdross (oben, Anm. 30), 95, zutreffend feststellt, .keineswegs eine Erfindung der Neuzeit, sie wurzelt vielmehr in der klassischen Naturrechtslehre." 161 Vgl. Tischleder (oben, Anm. 137), passim.

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B. Grundzüge der Staats- und Rechtslehre der Schule von Salamanca

übertragen oder verliehen wird, sondern daß dieser die Staatsgewalt lediglich im Auftrag der Gemeinschaft ausübt. Hierfür überträgt ihm die Gemeinschaft eine Konzession; diese geht aber grundsätzlich nicht weiter, als für die Erfüllung der Aufgaben (insgesamt: für die Förderung des Gemeinwohls) notwendig ist. Überdies kann die so lediglich zur Ausübung übertragene Staatsgewalt jederzeit ohne weiteres zurückgenommen oder eingeschränkt werden, wie dies in der Natur eines bloßen Auftragsverhältnisses liegt. 162 Mit dieser Auffassung hat sich Vusquez nicht durchgesetzt; selbst Althusius, der ihm sonst soviel verdankt l63, folgt ihm in diesem Punkt nicht und gesteht dem Volk kein einfaches Absetzungsrecht hinsichtlich des Fürsten zu. Nach ihm ist, wie nach Suurez, .[d]as Mandat, das der Fürst vom Volk erhalten hat, ... ein zweiseitig bindender Vertrag, der so wenig widerrufen wie verletzt werden darf. "164 Suurez ist es besser gelungen, die - wie Heinrich Rommen sagt 165 - •Widersprüche des Legitimismus, der dem Staat als Lebensform politischer und wirtschaftlicher Sozialkräfte nicht gerecht wird, und den Unsinn einer revolutionären . .. Volkssouveränität zu vermeiden."166 Es war nach der Suarez'schen Version, daß die Theorie von der Volkssouveränität vom JesuitengeneralJakob Lainez (1512-1565) auf dem Konzil von Trient vertreten worden iSt. 166a

IV. Das Gesetz (die lex buman;4 Die Staatsgewalt ist - wie sich aus dem bisher Dargestellten klar ergibtnicht zum Nutzen ihres Trägers da, sondern zum Nutzen aller; die Staatsge162 Controversiae illustres I, 46, § 12; vgl. Reibstein (oben, Anm. 32),147. -Reibstein nennt als eine historische Quelle dieser Auffassung den in den Pandekten festgehaltenen Begriff der römischen lex regia, der die Spätscholastik beeinflußte: .Damit war die Stellung des Herrschers als ein Auftragsverhältnis, ein mandatum im römischen Sinne, definiert. Es lag nahe, aus der Vertragsnatur dieses Verhältnisses gewisse juristische Folgerungen zu ziehen, die den moralphilosophischen Lehren der Scholastik entsprachen und außerdem den Traditionen der politischen Praxis die rechtsphilosophische Sanktion gaben." Ibid., 97. (Hvhbg. im Orig.) 163 .Althusius identifiziert seine eigen Lehre ... mit Vasquez .. ." Ibid., 194.• Die Autoriät des Vasquez erscheint in dieser juristischen Beweisführung [betr. Staatsgewalt und Volkssouveränität; Anm. des Verf.] für Althusius so selbstverständlich, daß selbst ein Augustinus in den Hintergrund tritt." Ibid., 195. 164 Ibid., 233; nach Althusius, Politica methodice digesta XIX, 6: .Pactum hoc, seu contractum mandati. .. cum magistrato summo initum, utramque partem contrahentern obligare dubium non est, adeo ut revocare illum, vel violare, neque magistratui, neque subditis concedatur." (Hvhbg. vom Verf.) 165 Rommen (oben, Anm. 16),234. 166 Hvhbg. vom Verf. 166' Vgl. Reibstein (oben, Anm. 32), 92 ff. und 121. Vgl. auch Verdross (oben, Anm. 30),95.

IV. Das Gesetz (die lex humana)

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walt dient dem Gemeinwohl. Das spezifische Mittel zur Erfüllung ihrer Funktion ist, gemäß dem Wesen des Staates als eines sittlichen Organismus,167 das Gesetz. In diesem Sinne hat aber nun das Gesetz .als ihm wesentlichen und einzigen Zweck die Verwirklichung des Bonum commune ... Das Bonum commune [ist] die Causa finaJis des Gesetzes."168

1. Die Justitia JegaUs

Richtschnur des Gesetzes zur Verwirklichung des Gemeinwohles ist die iustitia legaJis, jene .legale Gerechtigkeit. .. , die sich von den anderen moralischen Tugenden unterscheidet. "169 Suarez erklärt diese so: •[Das] Recht des Staates erstreckt sich... nicht nur auf die äußeren materiellen Güter, sondern [im Notfall] auch auf die Person und ihre Handlungen, ja sogar auf das Leben; nicht zwar so, daß der Staat das Leben nach Willkür nehmen dürfe, sondern so, daß der Staat das Leben des Bürgers jeder Gefahr, wenn es notwendig ist (um des Gemeinwohls willen) gerechterweise aussetzen kann. Die Tugend nun, die jedes Glied des Staates dazu antreibt, nach seiner Weise und soweit es dasselbe als Glied angeht, dieses Recht seinem Staate zu geben, oder das Recht unverletzt zu bewahren, ist eine besondere Art der Gerechtigkeit, verschieden von der austeilenden und der ausgleichenden Gerechtigkeit. Denn sie betrifft erstens eine besondere (unterschiedliche) Art des Rechtes und des Geschuldeten; zweitens hat sie eine eigentümliche Beziehung auf den andern, da sie den Staat als ein Ganzes meint, der ein eignes Recht auf die Güter der einzelnen Glieder hat, wie es die andern Arten der Gerechtigkeit nicht haben.' Diese Gerechtigkeit wird also iustitia legaJis genannt, weil sie - wie das Gesetz - in besonderer Weise für das Gemeinwohl sorgt. 170 2. Positives Recht und Naturrecht

Das Gesetz, von dem hier die Rede ist, ist die lex humana, das positive Recht. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage nach ihrem Zusammenhang mit der lex naturalis bzw. dem ius naturae. Daß das positive Recht dem Naturrecht zumindest nicht widersprechen dürfe, zieht sich wie ein 167 Vgl. oben, bei Anm. 142 ff.

168 Rammen (oben. Anm. 16), 159, nach De legibus ac Deo legislatore III, c. 5, und I, c. 18, n. 19. (Hvhbg. vom Verf.) 169 Suarez, Disputatio de iustitia Dei. sect. 4, n. 5. Deutscher Text zit. nach Rommen (oben, Anm. 16), 162. 170 Ibid., n. 6, n. 7. Deutscher Text zit. nach Rommen (oben. Anm. 16), 162 f.

4Köck

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B. Grundzüge der Staats- und Rechtslehre der Schule von Salamanca

roter Faden durch die christliche Rechtsphilosophie. In diesem Sinn sagt Augustinus, den Maßstab der Gerechtigkeit an das positive Recht anlegend: "Lex iniusta non est lex."!7! Für Thomas von Aquin muß die lex humana sich aus dem Naturrecht entweder ableiten lassen (per modum conclusionis), eine naturrechtliche Norm näher bestimmen (per modum determinationis) oder das Naturrecht entsprechend ergänzen (per modum additionis).172 Wenn Vasquez im Anschluß an lsidor von Sevilla über das "Nicht-Widersprechendürfen" hinausgeht und ein "Abgeleitet-Seinmüssen" der lex humana von der lex naturalis fordert,173 dann ist das nur ein scheinbarer Widerspruch zur Tradition, weil das Naturrecht selbst von der Staatsgewalt die notwendige Ergänzung seiner Normen erheischt (z. B. die Ergänzung des naturrechtlichen Grundsatzes, daß Übeltäter zu bestrafen sind, durch eine konkrete strafgesetzliche Regelung).

3. Positives Recht und Gewissen

Besteht in der Schule von Salamanca insoweit weitgehend Einigkeit, so sind die Auffassungen in zwei Punkten durchaus verschieden, nämlich über die Verbindlichkeit des positiven Rechts im Gewissen und über die Grenzen der Verbindlichkeit des positiven Rechts überhaupt. Auch hier steht Vasquez wiederum den anderen Schulhäuptern relativ isoliert gegenüber; überdies hat er seine Auffassung zum ersten Punkt später fallenlassen (müssen).174 Sie ging dahin, daß das (staatliche) positive Recht (die lex civilis) nicht im Gewissen verpflichte; die lex humana ist in diesem Sinn eine lex mere poenalis. Vitoria, der sich mit den für diese Auffassung vorgebrachten Argumenten ausführlich auseinandersetzt - sie lassen sich dahingehend zusammenfassen, daß Staat und Recht in den weltlichen Bereich gehören und daher keine Wirkungen für den geistlichen Bereich entfalten können, eine solche Absicht auch nirgends ausdrücklich erklären 175 -, hält dagegen, daß das positive Recht, soweit es demselben Zweck dient wie das Naturrecht, nämlich dem bonum commune, genauso wie dieses nach den gleichen 171 Augustinus, De libero arbitrio. Die Gerechtigkeit ist für Augustinus sogar Maßstab für die Staatsqualität: .Remota igitur iustitia, quid sunt regna, nisi magna latrocinia?" De civitate Dei IV, c. 4. 172 Vgl. Verdross (oben, Anm. 30), 77, mit Verweis auf Summa theologiae 11/1, qu. 95, Art. 2, und qu. 94, Art. 5, sowie 11/2, qu. 66, Art. 2. 173 Vgl. Reibstein (oben, Anm. 16),90, nach Vasquez, Controversiae illustres 1,29, § 19 und 20. 174 "Lex civilis obligat in conscientia, obligat ad peccatum", heißt es in seinen (später erschienenen) Controversiae usu frequentiores. Vgl. dazu ausführlich Reibstein, ibid., 99 f. 175 Vitoria, De potestate civili, 15.

IV. Das Gesetz (die lex humana)

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Maßstäben für die Schwere der Verfehlung im Gewissen verpflichte; 176 denn die lex naturalis ordne insoweit 177 die Befolgung der lex humana an.

4. Die Grenzen der Verbindlichkeit positiven Rechts

Was den zweiten Punkt, die Grenzen der Verbindlichkeit des positiven Rechts betreffend, anlangt, so war man sich auch in der Schule von Salamanca mit der scholastischen Tradition einig, daß ein .gegen das natürliche Recht, die natürliche Billigkeit oder die guten Sitten"178 verstoßendes Gesetz unverbindlich sei. In diesem Sinn sagt z. B. Vitoria ganz allgemein, daß ungerechte Gesetze nicht verbinden - nicht einmal die des Papstes. 179 a) Die ratio legis nach der traditionellen Auffassung

Was aber war mit einem Gesetz, das - ohne geradezu gegen das Naturrecht zu verstoßen - entweder erstens als solches nutzlos oder gar lästig geworden war oder zweitens bei seiner Anwendung im Einzelfall schädlich wirkt? Was die erste Variante betrifft, so hielt z. B. Soto an der Verbindlichkeit des Gesetzes fest, indem er Baldus zitiert, der gemeint hatte, man könne eben nicht bei allen alten Gesetzen die ratio legis angeben. 180 Hinsichtlich der zweiten Variante vertrat Soto - ganz in der scholastischen Tradition l81 - die Auffassung, .daß das positive Gesetz, das allgemein gut ist, auch dann, wenn es im Einzelfall eines Bürgers schädlich zu werden beginnt, nicht aufhört, für diesen Fall wirksam zu sein... Es kann nur Dispens durch den Fürsten helfen, doch ist dieser dazu nicht verpflichtet."182

176 Vgl. ibid., 18. - Vgl. schon Thomas von Aquin, Summa theologiae 11/1, qu. 96, Art. 4: •... leges positae humanitus vel sunt iustae, vel iniustae. Si quidem iustae sint, habent vim obligandi in foro consdentiae a lege aeterna, a qua derivantur.... 177 Reibstein (oben, Anm. 16), 103, spricht daher von einem naturrechtlichen Vorbehalt, unter dem das positive Recht stehe; nach Vitoria, De poestate dvili, 16: .Ut autem lex humana sit iusta, et possit obligare, non suffidt voluntas legislatoris; sed oportet quod sit utilis Reipublicae, et moderata cum ceteris.· 178 Reibstein, ibid., 94. 179 De potestate papae 18. Vgl. Reibstein, ibid., 104, bes. Anm. 20. 180 .Non omnium, quae a maioribus constituta sunt, ratio reddi potest". Baldus zu D. I, 3, 20, bei Soto, De iustitia et iure III, qu. 4, Art. 5. Zit. nach Reibstein (oben, Anm. 16),94. 181 Vgl. ibid., 91. 182 Ibid., 91 f.; nach Soto, De iustitia et iure III, qu. 4, Art. 5 und 8. 4'

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B. Grundzüge der Staats- und Rechtslehre der Schule von Salamanca

b) Nützlichkeit oder Notwendigkeit als ratio legis Nach Vasquez hingegen kann kein Gesetz ohne seine ratio legis bestehen, und diese sei seine Nützlichkeit. Hinsichtlich dieser müsse sich das Gesetz vor der Vernunft ausweisen können,I83 jedes Gesetz, dessen Nützlichkeit nicht einleuchte, sei als lex noxia zu betrachten und damit unverbindlich. 184 An anderer Stelle schraubt Vasquez die Anforderungen an das positive Recht sogar noch höher, indem er ein Gesetz schon dann unverbindlich sein läßt, wenn seine Notwendigkeit der recta ratio nicht einleuchtet, denn .die Gesetze schnüren das menschliche Leben ein, belasten die Freiheit und sind geradezu ein Stück Sklaverei."185 Ein jedes nicht nützliche oder nicht notwendige Gesetz sei letztlich schon deswegen unverbindlich, weil der Gesetzgeber gar nicht die Zuständigkeit hat, solche Gesetze zu erlassen. "Ebenso wird ein Gesetz, das mit Bezug auf den Einzelnen oder auf einzelne Bürger in einem bestimmten Einzelfall schädlich zu sein anfängt, auf diesen Fall unanwendbar, denn jedes Gesetz ist dazu da, die Bürger zu fördern, nicht sie zu schädigen." 186 Daher ist der Machthaber verpflichtet (nicht, wie in der herkömmlichen Lehre, bloß berechtigt), seine Anwendung zu unterlassen, ja, es ehestens aufzuheben. 187 Ein ursprünglich nützliches Gesetz, das aufgrund einer Änderung der Umstände diesen Charakter verloren hat, wird allen gegenüber unwirksam und darf nicht mehr vollzogen werden. 188 Das gilt jedenfalls dann, wenn es auch nur einem Bürger schadet und den anderen nicht nützt, wie Vasquez an anderer Stelle bemerkt. 189 (Dieses Argument zeigt freilich eine gewisse Unsicherheit in der Vasquez'schen Konzeption von lex iusta, lex noxia und ratio legis. Wenn er nämlich an Als letzte Instanz betrachtet Vasquez die Rechtswissenschaft. Vgl. ibid., 97. Darum dürfe man auch aus vernünftigem Grunde von der Beobachtung eines Gesetzes Abstand nehmen: •... iuris violatio, quae contingit, quando sine ulla causa rationabili itur contra legern." Controversiae illustres I, 27, § 13. Zit. nach Reibstein (oben, Anm. 16), 132, Anm. 29; vgl. auch ibid., 94. 185 Ibid., 94 f. - Vasquez ist in diesem Punkte allerdings schwankend; vgl. Controversiae illustres I, 29, § 22 (•... omnes leges positivae, si non sunt utiles, non possunt non esse noxiae. Ergo omnis lex noxia habenda est, emus utilitas evidens non est.") mit I, 50, § 2 (•... nec dubium est quin ornnis lex positiva eo ipso quod neeessaria non est, noxia et nociva sit. Leges enim constringunt hominum vitae sicque o,nerant libertatem inducuntque imaginem quandam servitutis quae morti aequiparatur. "). (Hvhbg. vom Verf.) 186 Vasquez, ibid., I, 46, § 5. Deutscher Text zit. nach Reibstein, ibid., 92. 187 Vgl. ibid., 93. 188 Vgl. ibid., 92. 189 Vgl. ibid., 193. Vasquez zieht eine Parallele zwischen einem in seiner Anwendung schikanösen Gesetz und einem Rechtsmißbrauch des Einzelnen, wenn dieser von einem Recht Gebrauch, dessen Ausübung niemandem nützt, aber jemandem schadet. 183

184

V. Die Grenzen der Staatsgewalt

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anderer Stelle sagt: .omnes leges positivae, si non sunt utiles, non possunt non esse noxiae",190 so wird .nicht nützlich" und .schädlich" gleichgesetzt, und ein Gesetz, das niemand nützt, ist selbst dann als schädlich zu betrachten, wenn es keinen Bürger in concreto schadet. Seine Ungültigkeit mit der Schädlichkeit auch nur für einen Bürger zu begründen, ist in diesem Sine bereits überflüssig.)

v. Die Grenzen der Staatsgewalt Die Frage nach den Grenzen der Verbindlichkeit (staatlichen) positiven Rechts erlaubt eine unmittelbare Überleitung zu der damit in Zusammenhang stehenden Frage nach den Grenzen der Staatsgewalt überhaupt. Vasquez behandelt diese Frage - im Anschluß an Thomas von Aquin l9 t, Vitoria l92 , CovaIruvias 193 und Soto 194 - vor allem unter dem Aspekt des Verhältnisses des Fürsten als Träger der Staatsgewalt zu der im Staat geltenden rechtlichen Ordnung, Suarez mehr allgemein, ohne aber das spezifische Problem Fürst - Gesetz zu übergehen.

Vgl. oben, Anm. 185. Vgl. Summa theologiae 11/1, qu. 96, Art. 5, ad 3 (.Utrum omnes subiiciantur legi"): "... dicendum quod princeps dicitur esse solutus a lege, quantum ad vim coactivam legis: nullus enim proprio cogitur a seipso; lex autem non habet vim coactivam nisi ex principis potestate. Sie igitur princeps dicitur esse solutus alege, quia nullus in ipsum potest iudicium condemnationis ferre, si contra legern agat. .. Sed quantum ad vim directivam legis, princeps subditur legi propria voluntate... Unde quantum ad Dei iudicium, princeps non est solutus a lege, quantum ad vim directivam eius; sed debet voluntarius, non coactus, legern implere." 192 Vgl. De potestate civili 21; De potestate papae 7. 193 Vgl. Variae resolutiones 111, 6, 8, wo Covarruvias die gelegentlich aufgestellte Behauptung widerlegt, der Fürst könnte auch von Verpflichtungen iure naturali dispensieren: .Iura siquidem naturalia immutabilia sunt, et ideo nemo unquam dicet his principem posse derogare etiam absoluta potestate, cum haec potestas non esset, sed tyrannis, quae longe abesse debet a principibus, et ab his qui de eorum imperio et potestate tractare conantur." Zit. nach Reibstein (oben, Anm. 32), 216, der auf 217, Anm. 3, als Zielscheiben der Kritik Covarruvias' hauptsächlich Paulus Castrensis, dann auch Baldus, dessen Bruder Angelus, dann Decius und den Kanonisten Antonius nennt. 194 Vgl. De iustitia et iure I, qu. 6, Art. 7: •... eo ergo, quod princeps statuit legern, iure naturae illi submiUitur." Zit. nach Reibstein, ibid., 220, Anm. 20. Soto argumentiert damit, daß der Fürst im Staate, nicht außerhalb des Staates sei, ein Glied desselben, wenngleich das Haupt. Vgl. ibid. 190 191

B. Grundzüge der Staats- und Rechtslehre der Schule von Salamanca

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1. Princeps leg/bus solutusl

Vasquez verwirft den auf Ulpian l95 zurückgehenden Satz .princeps legibus solutus" und die Auslegung desselben im Sinne einer potestas absoluta, wie er sie in der spätmittelalterlichen Romanistik, insbes. bei Baldus l96 und Paulus Castrensis 197 erfahren hat. Er besteht darauf, daß der Fürst nicht nur dem Naturrecht - was sich gleichsam von selbst versteht - und dem ius gentium (hier für Vasquez das angewandte Naturrecht in bezug auf die Staatsgründung und Übertragung der Staatsgewalt zur Ausübung, auf dem also die potestas des Fürsten beruht), sondern auch dem innerstaatlichen positiven Recht (dem ius civile) des betreffenden Staates unterworfen ist, d. h. also dem von ihm selbst (allein oder in Zusammenwirken mit anderen Organen) erlassenen Gesetz, weil er (der Fürst) trotz seiner besonderen Stellung immer gleichzeitig auch Glied des Staates (Bürger) bleibt j l98 princeps non supra civitatem, sed in civitate. 199 Daß damit keine bloß formale Rechtsstaatlichkeit gemeint ist, wird aus der schon dargelegten Rückbindung des positiven Rechts an das Naturrecht sowie an den Grundsatz der Zweckmäßigkeit (Nützlichkeit bzw. Notwendigkeit) deutlich. 20o

2. Die Bindung der Staatsgewalt an Natur-, Völker- und innerstaatliches Recht

Für Suarez ist die Staatsgewalt in allen ihren Akten nach innen und nach außen durch das ius naturale, 201 nach außen überdies durch das ius gentium gebunden. 202 Nach innen (und auf diesen Bereich beschränken wir nunmehr D. I, 3, 31. .Plenitudo potestatis est arbitrii plenitudo nulli necessitati subiecta, nullisque publici iuris regulis limitata", in 1. 2. C. de servit. n. 40. Zit. nach Reibstein (oben, Anm. 32), 217, Anm. 4. 197 Vgl. ibid., 216. 198 Vgl. Controversiae illustres I, 3, § 1 und 2: •... quod princeps legibus positivis suae regionis, aut populi subest, nec per ipsum principatus interventum aut obtentum, desiit esse unus ex civibus, sicque in contrahendo iure privato utitur nec est legum imperator, sed custos, minister et executor, quod munus non quo minus, sed quo magis legibus alligetur, efficit." Zit. nach ibid., 222, Anm. 27. 199 Auf ihn trifft also mutatis mutandis der Satz des Ambrosius zu: .Imperator enim intra Ecclesiam, non supra Ecclesiam est." J.-P. Migne, Patrologiae cursus completus, Series latina (Paris 1844 ff.) XVI, 1018. Vgl. Giovanni Pilati, Chiesa e Stato nei primi quindici secoli (Rom-Paris-Tournai-New York 1961),41. 200 Vgl. oben, bei Anm. 183 ff. 201 Vgl. De legibus ac Deo legislatore 1lI, c. 10, n. 7, auch I, c. 9, n. 1-12. 202 Letzteres verpflichtet wegen seines Gesetzescharakters, seines Zweckes und seiner Entstehung aus der Gewohnheit aller Völker. Vgl. Rommen (oben, Anm. 16), 195 196

V. Die Grenzen der Staatsgewalt

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unsere Betrachtungen) ist sie weiter dadurch gebunden, daß sie nur zur Förderung des Gemeinwohls tätig werden darf; die Zuständigkeit der Staatsgewalt und die rechtliche Verbindlichkeit ihrer Akte, insbes. der von ihr erlassenen Gesetze, finden also im Gemeinwohl gleichzeitig Grundlage und Grenze 203 . Suarez bindet den Fürsten schließlich auch an das positive Recht des Staates; da er selbst Teil des Staates ist, macht er sich sittlich schuldig, wenn er sein Gesetz übertritt. 204 Auf die gemeinwohlzentrierte Betrachtungsweise Suarez' ist es wohl zurückzuführen, daß er im ganzen .so wenig über die Schranken der Staatsgewalt spricht; indem er ihr einen ganz bestimmten Bereich der Lebensäußerungen und -bedürfnisse des sozialen Menschen unter einem bestimmten Ziele zuordnete, in ihnen die spezifische Natur der Staatsgewalt sich gründen ließ, brauchte er nicht noch ausführlich ihre Schranken auseinanderzusetzen. Diese ergaben sich vielmehr einfach aus der Natur ihres Zieles und des ihr zugeordneten Lebensbereiches.''205 Diesem Lebensbereich und seiner Abgrenzung wollen wir uns im folgenden zuwenden.

3. Die Lehre von den Lebensbereichen (vilae)

Entsprechend dem Wesen des Menschen, der in dieser Welt lebt, sie aber gleichzeitig transzendiert, unterscheidet Suarez, ganz in der scholastischen Tradition, verschiedene Lebensbereiche des Menschen. Diese Lebensbereiche unterscheiden sich durch ihre verschiedenen Ziele, ihre verschiedenen Rechte und Pflichten und die auf sie bezogenen verschiedenen Gewalten. Die Scholastik kennt drei derartige Lebensbereiche (sog. vitae) und ordnet die erste, die vita monastica, der Individualnatur, die zweite, die vita oeconomica, und die dritte, die vita politica, der Sozialnatur des Menschen zu.

287. Daher kann sich ein Staat nicht einseitig darüber hinwegsetzen noch es gar abändern oder abschaffen. Vgl. De legibus ac Deo legislatore 11, c. 20, n. 8: .Ius gentium, quod respicit ius commune omnium nationum et omnium auctoritate videtur introductum, non sine omnium consensione tolli potest." 203 Vgl. oben, bei Anm. 154. 204 Vgl. De legibus ac Deo legislatore III, c. 11, n. 7 ff. - Wie Thomas von Aquin (vgl. oben, Anm. 191) unterscheidet Suarez dabei zwischen der vis coactiva und der vis directiva; letzterer ist auch der absolute Herrscher unterworfen. Vgl. Rommen (oben, Anm. 16),224. 205 Ibid.

B. Grundzüge der Staats- und Rechtslehre der Schule von Salamanca

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a) Die vita monastica

Die vita monastica, in der der Mensch als Individuum, dessen Ziel die irdische ielicitas und die ewige beatitudo ist,lebt, ist der Lebensbereich der sittlichen Entscheidung über die Erfüllung oder Nichterfüllung der allgemeinen Pflichten gegen Gott, sich selbst und die anderen. Hier leitet sich der Mensch selbst durch Verstand und freien Willen (gubernatio sui ipsius monastica).206 b) Die vita oeconomica Die vitae oeconomica, in der der Mensch als soziales Wesen unter dem besonderen Aspekt der Geschlechtlichkeit lebt, ist die Familie, d. h. das besondere Zusammenleben von Mann, Frau und Kindern zusammen mit den sonstigen Hausgenossen, in der auch für die zur Erhaltung des familiären Lebens nötigen Güter gesorgt wird. (In der Familie sind demgemäß nochmals drei societates, nämlich matlimonii, iilialis und helilis zu unterscheiden.) Die Leitung dieses Lebensbereiches steht dem Hausvater zu (potestas dominativa als Ausfluß des dominium oeconomicum und Grundlage der gubernatio oeconomica).201 c) Die vita politica

Auch im dritten Lebensbereich, in der vita politica, d. h. im Staat, lebt der Mensch als soziales Wesen, aber unter dem besonderen Aspekt des bonum commune, also um jener Wohlfahrt willen, die - weil ihre Verwirklichung die Möglichkeiten der Familie übersteigt - nur im Staat zu erreichen ist. 208 Die Leitung dieses Lebensbereiches erfolgt durch die Staatsgewalt (potestas politica seu civilis seu jurisdictionis als Grundlage der gubernatio politica).209 Vgl. ibid., 135 f., nach Sumez, De legibus ac Deo legislatore I, c. 8. Suarez nennt die potestas dominativa - im Gegensatz zur potestas iurisdictionis (zu dieser vgl. unten, im folgenden) - eine potestas per se privata. De legibus ac Deo legislatore I, c. 8, n. 7. 208 Daher ist auch die Staatsgewalt suprema in suo ordine, d. h. hinsichtlich des Staatszweckes keiner anderen Gewalt unterworfen. Vgl. Defensio fidei catholicae et apostolicae adversus anglicanae sectae errores III, c. 5, n. 1. 209 Rommen (oben, Anm. 16), 332, Anm. 2, weist darauf hin, daß .[d)iese Ausdrücke ... von den Scholastikern (Sumez) mehr in einem der Ethymologie entsprechenden Sinne gebraucht [werden), ... also so, nicht nach dem modernen Sprachgebrauch zu verstehen [sind) .• 206

207

V. Die Grenzen der Staatsgewalt

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4. Die vilae als Schranken der Staatsgewalt

Aus der wesentlichen Unterscheidung der drei genannten Lebensbereiche sind der Staatsgewalt bestimmte, teils absolute, teils relative Schranken gesetzt. a) Die vita monastica als absolute Schranke

Dem Zugriff der Staatsgewalt absolut entzogen ist die vita monastica, also die inneren Akte des Menschen. Diese Grenze ist keine bloß faktische, etwa, weil diese inneren Akte der Staatsgewalt unbekannt und ihrem Eingriff verschlossen sind. Die Grenze würde auch bestehen, wenn - was zur Zeit der Schule von Salamanca wohl nicht vorstellbar war, heute aber (wie die Praxis totalitärer Staaten mit ihrem Mißbrauch der Medizin, insbesondere der Psychiatrie, lehrt) traurige Realität geworden ist - ihre Überschreitung möglich wäre. Da nämlich für die Herbeiführung des bonum commune nicht die innere Haltung, sondern das äußere Verhalten des Menschen entscheidend ist, hat es die Staatsgewalt auch nur mit letzterem, nicht mit ersterer zu tun. 2lO b) Die vita oeconomica als relative Schranke Dem Zugriff der Staatsgewalt relativ entzogen ist die vita oeconomica, also das Leben im Familienverband. Der Staat darf in dieses nur eingreifen, wenn es um des Gemeinwohls willen notwendig isti insoweit kann man auch von einer relativen Zuständigkeit der Staatsgewalt sprechen. Im übrigen kann auf das oben über das Verhältnis von' bonum commune und bonum privat um Gesagte 211 verwiesen werden. c) Schranken in der vita politica

Die vita politica nun ist zwar die Domäne der Staatsgewalt i aber auch hier ist das Gemeinwohl nicht nur Ziel, sondern auch Grenze. Da nun die Schule 210 haben es die Gesetze (d. h. die Staatsgewalt, der allein es zukommt, staatliche Gesetze zu geben) nicht mit der Directio monastica und mit dem privaten Wohle (honestas) der Einzelnen als solcher zu tun... Die Felicitas privata fällt nicht unter das besondere eigentliche Ziel des bürgerlichen Gesetzes und der Staatsgewalt." De legibus ac Deo legislatore III, c. 13, n. 2. Deutscher Text zit. nach Rommen, ibid., 223. (Hvhbg. vom Verf.) 211 Vgl. oben, bei Anm. 148 ff. W'

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B. Grundzüge der Staats- und Rechtslehre der Schule von Salamanca

von Salamanca, ganz in der scholastischen Tradition, den Staat nicht - wie

Aristoteles,212 auf dessen Gesellschafts- und Staatslehre sie sonst weitge-

hend aufbaut 213 - absolut setzt, sondern dem Individuum in der ewigen Seeligkeit (beatitudo, felicitas vitae futurae) ein den Staat überragendes Ziel zuschreibt, für dessen Förderung nicht der Staat, sondern die Religionsgemeinschaft (die Kirche) zuständig ist, ist dieser Bereich dem Zugriff der Staatsgewalt entzogen. Der Staat ist daher nur in suo ordine zuständig. Es ist dies der ordo temporalis, dem auch die vita politica unterfällt, weil das vom Staat zu verwirklichende Gemeinwohl das zeitliche, rein irdische ist. Für den ordo spiritualis kommt dem Staat hingegen keine Zuständigkeit zu; ein Zusammenhang mit der vita politica besteht hier nur insoferne, als in dieser (wie auch in der vita oeconomica) die äußeren Bedingungen grundgelegt sind, unter denen der Mensch sein ewiges Heil wirkt; diese Bedingungen können aber günstiger oder weniger günstig sein, weshalb die in Familie und Staat hersehenden Zustände dem religiösen Menschen und der Religionsgemeinschaft (der Kirche) durchaus nicht gleichgültig sind. Der Zuständigkeitsmangel des Staates für den geistlichen Bereich bedeutet jedoch keine (um ein modernes Schlagwort zu verwenden) Trennung von Kirche und Staat2 14 in dem Sinne, daß der Staat diesen Bereich ignorieren dürfe. Denn es handelt sich hier um ein natürliches Bedürfnis jedes Menschen, das wegen seines ewigen Ziels den übrigen Bedürfnissen mit ihrem bloß zeitlichen Ziel vorgeht. Daher gehört die Schaffung der für die Befriedigung des religiösen Bedürfnisses notwendigen äußeren Voraussetzungen zum bonum commune, ja ist sogar vorrangige Aufgabe der Staatsgewalt im Vergleich zur Förderung bloß zeitlicher Ziele. 215

VI. Die natürlichen Freiheiten des Menschen Aus den drei genannten Lebensbereichen des Menschen und dem Verhältnis der Staatsgewalt zu ihnen lassen sich gewisse natürliche Freiheiten Vgl. Verdross (oben, Anm. 83), 131 f., 140 f. und passim. Vgl. oben, bei Anm. 84; sowie Verdross (oben, Anm. 30), 71 ft. 214 Vgl. zu diesem Problemkreis Heribert Pranz Köck, .Kirche und Staat - Zum Problem der Kompetenzabgrenzung in einer pluralistischen Gesellschaft", Kirche und Staat. Fritz Eckert zum 65. Geburtstag (hrg. von Herbert Schambeck, Berlin 1976), 77ft. 215 Vgl. dazu Johannes Neumann, .Kirche als Sinnträger in einer pluralistischen Gesellschaft? Anmerkungen zum Selbstverständnis der (katholischen) Kirche", ibid., 27ft. - Suarez behandelt das Verhältnis von Kirche und Staat vor allem in seiner Defensio fidei catholicae et apostolicae adversus anglicanae sectae errores, die er 1610/11 gegen die vom englischen König Jakob I. vertretenen überzogenen Ansprüche der monarchischen Gewalt verfaßte; dann auch in De legibus ac Deo legislatore und in De triplici virtute theologica. Vgl. Rammen (oben, Anm. 16),242. 212 213

VI. Die natürlichen Freiheiten des Menschen

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des Einzelnen gegenüber dem Staat herausarbeiten, wenngleich die Schule von Salamanca - wie schon eingangs bemerkt216 - keine eigentliche Lehre von den Grund- und Menschenrechten entwickelt hat. 1. Die Religionsfreiheit

Erstes, durch seinen Bezug auf das ewige Ziel des Menschen im Vergleich zu den anderen Grundrechten qualitativ verschiedenes, nämlich höher stehendes Recht ist die Religionsfreiheit. Sie ist ein absolutes Recht im Bereich der vita monastica; auf das innere Verhältnis des Menschen zu Gott hat der Staat überhaupt keinen Zugriff (weder faktisch, noch rechtlich). Was hingegen die Bereiche der vita oeconomica und der vita poJitica anlangt, in die die private und öffentliche Religionsausübung fällt, so ist sie insoweit nur ein relatives Recht, als sie unter dem Gemeinwohlvorbehalt steht, der Staat also eingreifen kann, wenn durch sie das Gemeinwohl, insbes. entsprechende Rechte anderer, verletzt würden. Die Religionsfreiheit ist aber nicht nur ein Abwehrrecht gegen den Staat, sondern verpflichtet diesen auch zu einem facere, und zwar in doppelter Weise: einmal zum Schutz gegen Übergriffe Dritter, dann aber auch zur Herbeiführung der für den Genuß dieses Rechts notwendigen bzw. günstigen Voraussetzungen; eine Aufgabe des Staates, die - wie wir gezeigt haben 217 - in den Bereich der Sorge für das richtig verstandene Gemeinwohl fällt. Die Freiheit der Religionsgemeinschaften als ein - naturrechtlich betrachtet - von der Religionsfreiheit des Einzelnen abgeleitetes Recht findet in dieser ihre Grundlage und Grenzen. 218 2. Leben, (sonstige) Freiheit und Eigentum

Als auf das zeitliche Ziel des Menschen hingerichtete Grundrechte werden greifbar das Recht auf Leben, auf sonstige Freiheit und auf Eigentum. Da sie teils in der vita oeconomica, teils in der vita politica angesiedelt sind - indem sie zwar schon in der ersten wurzeln, aber erst durch letzte voll entfaltet und gleichzeitig näher bestimmt werden -, können sie keine absoluten, sondern bloß relative Rechte sein. Der Staat hat diese Rechte zwar gegen die Übergriffe des einen gegen den anderen zu schützen, darf Vgl. oben, bei Anm. 5 ff. Vgl. oben, nach Anm. 151. 218 Vgl. Köck (oben, Anm. 214), 99 1.; dens., Die völkerrechtliche Stellung des Heiligen Stuhls (Berlin 1975), Fünftes Kapitel, 11: .Der internationale Schutz der Menschenrechte als Faktor der Wahrung der Unabhängigkeit der Kirche (des Hl. Stuhls), 438 ff.; dazu Brich Kußbach, .Die Vereinten Nationen und der Schutz des religiösen Bekenntnisses·, 24 ÖZöR (1973), 267 ff.; grundlegend zuletzt Roland Minnerath, Le Droit de l'Eglise ci la Liberte. Du Syllabus ci Vatican 11 (Paris 1982). 216 217

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B. Grundzüge der Staats- und Rechtslehre der Schule von Salamanca

aber auch in sie eingreifen, wenn das Gemeinwohl es erheischt. Daher ist nicht nur eine Enteignung aus Gründen des öffentlichen Wohles und gegen entsprechende (von der Gerechtigkeit geforderte) Entschädigung erlaubt, sondern der Staat darf seine Bürger auch zOrn Wehrdienst einziehen und damit das Opfer ihrer Freiheit, ja ihres Lebens fordern. 219 Eingriffe in Leben, Freiheit und Eigentum sind weiter in Ausübung der staatlichen Strafrechtspflege gestattet, die ja ebenfalls dem Gemeinwohl dient. 220

3. Der umfassende Charakter der natürlichen Freiheiten

Zieht man in Betracht, daß die vier genannten Grundrechte - nämlich auf Religionsfreiheit, auf Leben, auf sonstige Freiheit und auf Eigentum - nicht in den mehr oder weniger engen Grenzen gesehen werden dürfen, die moderne Grundrechtskataloge den so bezeichneten Grundrechten ziehen, sondern mit der ganzen Fülle der darin verkörperten Freiheiten, so schöpfen diese vier die materiellen Grundrechte im Sinne von eigentlichen Menschenrechten (im Gegensatz zu den formellen und den politischen Grundrechten) weitestgehend aus. So wird etwa die Glaubens- und Gewissensfreiheit teils unter die Religionsfreiheit, teils unter die allgemeine Freiheit zu subsumieren sein; desgleichen unter diese als in erster Linie persönliche Freiheit die eng damit verbundene Freiheit des Hausrechtes, das Brief- und Schriftengeheimnis, dann natürlich auch die Vereins- und Versammlungsfreiheit, die Freiheit der Meinungsäußerung, die Lehr- und Lernfreiheit einschließlich der Freiheit von Berufswahl und -ausbildung, die Freizügigkeit und Aufenthaltsfreiheit, aber auch die Erwerbsfreiheit; diese leitet wiederum über auch zur Freiheit des Eigentums als solcher, als Abwehrrecht gegen Eingriffe ins Eigentum verstanden. 221 Zur Vermeidung von Mißverständnissen ist aber darauf hinzuweisen, daß alle die eben beispielsweise genannten modernen Grundrechte in den vier obengenannten Rechten natürlich nicht mit dem ihnen im modernen positiven Recht zugemessenen Umfang enthalten sind, sondern nur mit ihrem naturrechtlichen Kern. Vgl. Suiuez, De iustitia Dei, sect. 4, n. 6, n. 7. Suarez befaßt sich mit dieser Frage mehrfach (De legibus ac Deo legislatore III; Defensio fidei catholicae et apostolicae adversus anglicanae sectae errores III und VI; De bello, sect. 11) und stellt fest, .punire est actus superioris", .quia vindicta et poena delictorum ordinatur ad bonum commune rei publicae". Zit. nach Rommen (oben, Anm. 16),333, Anm. 8. 22\ Vgl. etwa den österreichischen Grundrechtskatalog nach den Gesetzen zum Schutze der persönlichen Freiheit und zum Schutze des Hausrechtes von 1862, RGBI. 87 und 88/1862, und dem Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger von 1867, RGBI. 142/1867; dazu Felix Ermacora, Handbuch der Grundfreiheiten und der Menschenrechte (Wien 1963), passim. 2\9

220

VII. Die Durchsetzung der natürlichen Freiheiten

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VII. Die Durchsetzung der natürlichen Freiheiten 1. Besondere Rechtsschutzverfahren

Was eigene Rechtsschutzverfahren zur Sicherung der sich aus der Lehre von den verschiedenen Lebensbereichen des Menschen und der damit verbundenen Beschränkung der Staatsgewalt ergebenden Grundrechte anlangt, so kann es solche umso weniger geben, als die Schule von Salamanca die Grundrechte selbst als solche noch gar nicht herausgearbeitet hat. Das bedeutet jedoch nicht, daß eine Geltendmachung und Durchsetzung dieser Rechte im System nicht vorgesehen gewesen wäre. Hierfür wie für die Geltendmachung und Durchsetzung von Rechten überhaupt müssen wir uns aber mit dem Hinweis auf die ganz allgemeine, im Gemeinwohl begründete Pflicht des Staates begnügen, entsprechende Instanzen und Verfahren vorzusehen. Wo dies nicht der Fall ist oder wo die entsprechenden Einrichtungen versagen, bleibt subsidiär noch immer das Recht auf Widerstand. Ihm wenden wir uns im abschließenden Teil unserer Darlegung zu. 2. Das Widerstandsrecht

Das Widerstandsrecht wird von der Schule von Salamanca hauptsächlich in Zusammenhang mit der Tyrannenfrage behandelt. Suarez, dessen Darstellung wir hier folgen, unterscheidet durchaus traditionell zwischen dem tyrannus quoad dominium vel potestatern und dem tyrannus quoad regirnen. Der erstere ist - um die moderne Terminologie zu gebrauchen - verfassungswidrig zur Macht gelangt und ist daher insoweit als Usurpator (invasor) zu bezeichnen; der letztere ist zwar verfassungsmäßig zur Macht gelangt, mißbraucht aber diese Macht nunmehr, indem er sie nicht zugunsten des Gemeinwohls, sondern zum eigenen Gunsten verwendet. Er wird daher - je nach seiner Legitimität oder seinem Machtmißbrauch - auch als tyrannus in titulo oder tyrannus in usu potestatis bezeichnet. a) Widerstand gegen den Usurpator

Was den verfassungswidrig zur Macht gelangten Tyrannen anlangt, so ist dieser überhaupt nicht als Herrscher, sondern als Feind des Staates zu betrachten. In diesem Fall besteht nicht nur ein Recht, sondern streng genommen sogar eine Pflicht des Staates als solchem und jedes seiner Teile, dem Usurpator aktiven Widerstand zu leisten. Der aktive Widerstand des Einzelnen setzt in diesem Fall keine besondere entsprechende Willensäußerung des Staates (im Volk oder dessen Vertretern repräsentiert) voraus;

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B. Grundzüge der Staats- und Rechtslehre der Schule von Salamanca

vielmehr kann jeder Bürger ohne weiteres .sich und den Staat vom Tyrannen befreien. Der Grund dafür ist, daß jener Tyrann ein Angreifer ist und einen ungerechten Krieg gegen den Staat und die einzelnen Glieder führt. So steht denn allen das Recht der Verteidigung ZU."222 aal Widerstand durch den Einzelnen Daß der aktive Widerstand bis zur Tötung des Typrannen gehen kann und eigentlich nicht bloß ein Recht, sondern eine Pflicht ist, wird folgendermaßen begründet: .Der eigentliche Tyrann [Usurpator], solange er die Herrschaft innehat und so eine Gewaltherrschaft ausübt, tut dem Staate actu immer Gewalt anj und so führt der Staat gegen ihn immer einen aktuellen oder virtuellen Verteidigungskrieg. Solange der Staat nun nichts Gegenteiliges erklärt, ist anzunehmen, daß er auch von jedem Bürger verteidigt werden will ... , [W]enn er sich nun allein durch die Tötung des Tyrannen verteidigen kann, so kann jeder aus dem Volke den Tyrannen töten. Streng genommen wird der Tyrann also nicht aus privater Autorität getötet, sondern aus öffentlicher, oder, besser, er wird auf Grund der Autorität des Staates getötet, der von jedem Bürger als seinem Glied und Organ verteidigt werden will, oder aus der Autorität Gottes, des Urhebers der Natur, der jedem Menschen das Recht gegeben hat, die Unschuldigen zu verteidigen. "223 Mit dem letzten Halbsatz wird auch begründet, daß nicht nur der Bürger, sondern auch der Fremde (extraneus) zumindest das Recht hat, gegen den Tyrannen bis zur Tötung vorzugehen. 224 bb) Grenzen des Widerstandes Dieses aktive Widerstandsrecht gegen den Usurpator, das ein reines naturrechtliches Notwehrrecht darstellt, erlaubt die Tötung des Tyrannen jedoch nur, wenn die Freiheit des Staates auf keine andere, weniger radikale Weise (minus cmdeli via) wiederhergestellt werden kann. Steht die Usurpation hingegen nicht eindeutig fest, so darf kein Widerstand geleistet werden, nach dem Grundsatz: melior est conditio possidentis.225 Und schließlich muß 222 Suarez, De bello, sect. 8, n. 2; deutscher Text zit. nach Rommen (oben, Anm. 16), 226. (Hvhbg. vom Verf.) Vgl. auch De legibus ac Deo legislatore III, c. 10, n. 1. 223 Defensio fidei catholicae et apostolicae adversus anglicanae sectae errores VI, c. 4, n. 1, und n. 15. Vgl. auch n. 8 und n. 9. Deutsche Übersetzung zit. nach Rommen (oben, Anm. 16), 226f. (Hvhbg. vom Verf.) 224 Ibid. 225 V gl. Defensio fidei catholicae et apostolicae adversus anglicanae sectae errores VI, c. 4.

VII. Die Durchsetzung der natürlichen Freiheiten

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der Widerstand auch dann entfallen, wenn die mit ihm verbundenen Nachteile größer wären als die mit der Beseitigung des Tyrannen verbundenen Vorteile. Dies zeigt, daß die Herrschaft des tyrannus quoad dominium vel potestatem nicht nur dadurch saniert wird, daß ihr die Gemeinschaft nachträglich ausdrücklich oder stillschweigend zustimmt, sondern auch dadurch, daß sie im Sinne des Gemeinwohles ausgeübt wird .• Damit wird [zwar] nicht der Erwerb der Herrschaft legitim (was unrecht war, bleibt es), aber die Ausübung der Herrschaft im Sinne des Bonum commune wird legitim: 226 Nach Rommen ist • [d]iese Lehre, die sich auf die innere Natur des politischen Lebens ... und auf das objektive natürliche Ziel der politischen Herrschaft stützt, ohne die leere Formel zu überschätzen, ... ein treffliches Beispiel der Elastizität der wirklichkeitsnahen und doch an zeitlosen Ideen orientierten scholastischen Staatslehre. So allein konnte auch dem geschichtlichen Vergehen staatsrechtlicher Formen Rechnung getragen werden, ohne das Absolute der Rechtsidee dem Machtstandpunkt zu opfern, so allein konnte Statik und Dynamik im Staatsleben erst richtig gesehen werden. "227

b) Widerstand gegen den Tyrannen im ethischen Sinn Was den Tyrannen im ethischen Sinn, also jenen anlangt, der die ursprünglich rechtmäßig erworbene Macht mißbraucht (tyrannus in usu potestatis), so läßt sich aus den SUclrez'schen Ausführungen ein mehrfaches Widerstandsrecht herausarbeiten. aal Passiver Widerstand Gegen einzelne Gesetze des Tyrannen, die dem Gemeinwohl offenbar zuwiderlaufen, hat jeder das Recht des passiven Widerstandes, weil ihnenwie wir an anderer Stelle dargestellt haben 228 - ein verbindlicher Charakter gar nicht zukommt. Dieses Widerstandsrecht wird zu einer Pflicht, wenn die Anordnungen des Gesetzes dem ius naturale oder dem ius divinum positivum zuwiderlaufen. 229

Rammen (oben, Anm. 16),230. (Hvhbg. vom Verf.) Ibid. (Hvhbg. vom Verf.) 228 V gl. oben, bei Anm. 1S4 und 176. V gl. auch Sucirez, De legibus ac Deo legislatore III, c. 10, n. 7. 229 V gl. ibid. 226 227

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B. Grundzüge der Staats- und Rechtslehre der Schule von Salamanca

bb) Aktiver Widerstand aufgrund der Verfassung. Überschreitet der Fürst (oder jeder andere Träger der Staatsgewalt) die ihm übertragenen Kompetenzen, und verletzt er so die beim Volk als ganzem oder bestimmten Vertreten desselben verbliebenen Rechte (auf Mitwirkung bei der Ausübung der Staatsgewalt), so steht dem Volk (gegebenenfalls wieder in seinen Vertretern) ein Recht auf aktiven Widerstand zu, um den Fürsten in seine (sozqsagen konstitutionellen) Schranken zu weisen. Die Rechte des Volkes (seiner Vertreter) und damit die Schranken der fürstlichen Gewalt müssen aber feststehen, sei es in einer Verfassungs urkunde oder in der Verfassungspraxis, sie können daher nicht präsumiert werden. 230 -

aufgrund des Naturrechts.

Über dieses auf positivem Recht beruhende aktive Widerstandsrecht hinaus geht das naturrechtliche Notwehrrecht in dem Falle, daß der Fürst seine Gewalt offen zum Verderben des Staates mißbraucht. Dieses auf Naturrecht beruhende aktive Widerstandsrecht widerspricht übrigens dem positiven, bei der Übertragung der Staatsgewalt an den Fürsten geschaffenen Recht nicht, .weil dieser Fall als zur Erhaltung des Staates selbst notwendig immer in dem ersten Vertrage, durch den der Staat seine Gewalt ... überträgt, ausgenommen ist. "231

cc) Widerstand durch den Einzelnen In beiden Fällen des aktiven Widerstandsrechts gegen den tyrannus in titulo darf der einzelne Bürger erst tätig werden, wenn der Tyrann seiner

Position als Fürst entkleidet worden ist. Ein solches Absetzungsrecht kommt dem Staat als ganzem zu und muß in repräsentativer Weise ausgeübt werden, z. B. durch .gemeinsamen Beschluß der Städte und Stände".232 Das gilt nach Suorez selbst im Falle einer sich gegen die Staatsangehörigen selbst richtenden Schreckensherrschaft des Fürsten. 233 Es würde daher, um .als Privatperson einen Tyrannen zu töten, durchaus nicht genügen, daß die 230 .Opportebit autem, ut de tali iure, vel antiquis et certis instrumentis vel immemorabili consuetudine sufficienter constet." Defensio fidei catholicae et apostolicae adversus anglicanae sectae errores III, c. 3, n. 3. Zit. nach Rommen (oben, Anm. 16),346, Anm. 36. 231 Defensio fidei catholicae et apostolicae adversus anglicanae sectae errores III, c. 3, n. 15. Deutsche Übersetzung zit. nach Rommen (oben, Anm. 16),229. 232 Ibid. 233 Vgl. Rommen (oben, Anm. 16), 230.

VII. Die Durchsetzung der natürlichen Freiheiten

65

Privatperson einen stillschweigenden oder mit Grund vorausgesetzten Konsens des Staates annimmt, sondern es bedarf dazu einer ausdrücklichen Erklärung einer speziellen oder allgemeinen Ermächtigung:234 Ausgenommen hiervon ist nur der Fall der gerechten Notwehr des Einzelnen, der jedoch nur bei einem Angriff des Tyrannen auf das Leben der Privatperson, nicht gegen andere ihrer Güter, vorliegt. 235 Diese Einschränkung der Ausnahme erklärt sich aus dem ganz allgemeinen, schon beim Usurpator behandelten Grundsatz, daß die Übung des aktiven Widerstandes ausgeschlossen ist, wenn damit dem bonum commune mehr Schaden als Nutzen zugefügt wird. 236

234 Defensio fidei catholicae et apostolicae adversus anglicanae sectae errores III, c. 1, n. 12. Deutsche Übersetzung zit. nach Rommen (oben, Anm. 16), 139 f. (Hvhbg. vom Verf.) 235 Vgl. ibid., sowie III, c. 2, n. 9; auch De legibus ac Deo legislatore III, c. 10, n. 9. 236 Vgl. ibid., sowie III, c. 2, n. 9; auch Oe legibus ac Deo legislatore III, c. 10, n. 9.

5Köck

C. Ergebnis t. Das Gemeinwohl als Schranke der Staatsgewalt und Grundlage menschlicher Freiheit

Die Lehre der Schule von Salamanca (wie jene der Scholastik thomistischer Tradition überhaupt) von den Grundrechten ist harmonisch eingebettet in die Darlegungen über das Wesen des Menschen und des Staates sowie deren wechselseitigen Rechten und Pflichten. Da der Staat seine Rechtfertigung aus der sozialen Natur des Menschen empfängt231, für den Menschen aber gleichzeitig sittliche Pflicht ist, ist ein absoluter Vorrang einer der beiden, des Staates wie des Einzelnen, ausgeschlossen, wobei der rechte Ausgleich ihrer Interessen im Begriff des Gemeinwohles liegt, das damit zum Maßstab einzelmenschlichen wie staatlichen Handeins wird. Da das Gemeinwohl eine naturrechtlich-materiale Größe ist und sich das rechtliche Handeln des Staates (insbes. auch sein Gesetz) am Gemeinwohl orientieren muß, so zwar, daß das (staatliche) positive Recht nicht bloß naturrechtlicher Kritik unterliegt, sondern mangels naturrechtlicher Legitimation 238 unverbindlich ist, ist ein staatlicher Übergriff in das, was wir heute den Kernbereich der Grundrechte nennen würden, also in die Sphäre individueller Mindestfreiheiten, rechtlich ausgeschlossen. Grundrechte sind heute im Selbstverständnis der verschiedenen staatlichen Verfassungen meist nicht mehr als die Selbstbeschränkung der an sich schrankenlos gedachten Staatsgewalt durch von ihr selbst erlassenes positives Recht. Dieses auf Jean Bodin (1530-1596) zurückgehende Verständnis von der unbeschränkten Souveränität des Staates nach innen,239 von der Souveränität als "Blankovollmacht für rechtliches Handeln"2~O, wäre für die Schule von Salamanca, die dem Satz princeps Jegibus soJutus mit äußerstem Mißtrauen begegnete, nicht akzeptabel, ja als mit der menschlichen, durch Vgl. oben, bei Anm. 122 ff. Vgl. oben, bei Anm. 178 ff. 239 Bodin definiert die Souveränität als summa in cives ac subditos legibusque soluta polestas. De Republica (lat. Übersetzung Bodins seines französischen Hauptwerkes Les six livres de la Republique [1576] aus 1586) I, Kap. VIII, Satz 1. 240 Vgl. Herbert Krüger, .Souveränität und Staatengemeinschaft", 1 BDGVR (1957), 1 ff.; dens., Allgemeine Staatslehre (Stuttgart 1964), 847 und passim; auch Helmut Quaritsch, Staat und Souveränität I (Frankfurt 1970), 20 ff. und passim. 237 238

C. Ergebnis

67

die Vernunft erkennbaren Natur unvereinbar und damit widersinnig gewesen. Sie (die Schule von Salamanca) mußte den Einzelnen nicht durch positive Verbote staatlicher Machtausübung in seinen Grundrechten schützen, weil sie dem Staat für eine solche Machtausübung von vornherein jede Kompetenz absprach. 2. Der Rechtsstaatsbegriff der Schule von Salamanca

Die Rechtsstaatlichkeit der Schule von Salamanca war eben eine materiale, ihr Maßstab die Übereinstimmung staatlichen Handeins mit dem Naturrecht; unsere heutige, am korrekten Rechtserzeugungsverfahren orientierte Rechtsstaatlichkeit, unser heutiger Rechtsstaat, der zu einem Rechtswegestaat geworden ist,241 wären ihr vergleichsweise dürftig erschienen. Hätten die Spanier des 16. und frühen 17. Jahrhunderts vorausgesehen, daß wir im Bereich des Staatsrechts im allgemeinen wie im Bereich der Grundrechte im besonderen unser Heil fast ausschließlich in der Erfüllung formaler Grundsätze suchen und praepositive materiale Grundwertbetrachtung 242 wegen angeblicher wissenschaftlicher Unzugänglichkeit dieses Bereiches weitgehend ausklammern,243 sie hätten wohl auf uns das harte Wort angewendet, das man auf manche ihrer scholastischen Vorläufer gemünzt hat: perdunt nugis tempora. 241 Vgl. Herbert Schambeck, Ethik und Staat (Berlin 1986),52 ff., der vom bloßen Rechtswegestaat und dessen Ohnmacht spricht und dabei Werner Kägi, .Rechtsstaat und Demokratie", Demokratie und Rechtsstaat. Festgabe zum 60. Geburtstag von Zaccaria Giacometti (Zürich 1953), 132 f., zitiert, nach welchem .[dlas Rechtsstaatsideal der Formalisierung, Technisierung und Relativierung verfallen [ist). Man hat geglaubt, dem Ideal in der Formalisierung die Allgemeingültigkeit zu geben. Das Abstrahieren von den materialen Gehalten war in dieser Sicht gleichbedeutend mit der Steigerung der Objektivität. Man versuchte, die Rechtsstaatsidee von der sie tragenden Metaphysik, vom zugehörigen Menschenbild und Ethos zu lösen ... Die Form - die ,reine Form' - erscheint als das Klare, Bestimmte, Faßbare, Objektive; der Inhalt dagegen als das Unklare, Unbestimmte, Nichtfaßbare, Subjektive... ; die Formalisierung... soll die Rechtsstaatsidee befreien von allen jenen subjektiven Elementen, von allem, was sich einer kritischen Betrachtung als bloße Objektivation des bürgerlichen oder ,bourgoisen' Geistes erweist. Es ist durchaus folgerichtig, wenn am Ende dieses Weges die ,Erkenntnis' steht, daß ,jeder Staat ein Rechtsstaat' ist." (Hvhbg. vom Verf.) 242 Wie sie der Nestor der Wiener Schule der Rechtsphilosophie, Alfred Verdross, immer gefordert hat. Vgl. Heribert Franz Köck, .Der erste Staatszweck in einer pluralistischen Gesellschaft", lus Humanitatis. Festschrift für Alfred Verdross zum 90. Geburtstag (hrg. von Herber! Miehsler, Erhard Mock, Bruno Simma und Ilmar Tammelo, Berlin 1980),89 ff., auf 113. Einen Aufruf, den im positiven Recht noch faßbaren Werten nachzuspüren, stellt Günther Winklers Schrift Wertbetrachtung im Recht und ihre Grenzen (Wien-New York 1969) dar. 243 Vgl. oben, Anm. 79; allgemein Kelsen (oben, Anm. 81), 2261.,\357 ff. und passim.



68

C. Ergebnis

3. Die heutige Bedeutung der Schule von Salamanca für die Lehre von Recht, Staat und Freiheit

Dabei darf freilich nicht übersehen werden, daß das heutige Rechtsstaatssystem mit seinen Grundrechtskatalogen den Versuch darstellt, dem Einzelnen Freiheitsräume auch noch in einer Gesellschaft zu bewahren, deren weltanschaulicher Pluralismus ihn bedroht, weil die laufenden politischen Entscheidungen und ihr Niederschlag in der Rechtsordnung nicht notwendigerweise mit seiner persönlichen Wertordnung übereinstimmen und so (in verschiedener Schwere und in verschiedenem Ausmaß) die Sphäre des Einzelnen zu verletzen geeignet sind. Der Rechtswegestaat ist - so betrachtet - also nicht wertlos; die Rechtsstaatlichkeit darf sich bloß nicht in ihm erschöpfen. Tatsächlich bietet sich ein zweifaches Feld für eine materiale Betrachtungsweise an, in die Überlegungen, wie sie von der Schule von Salamanca angestellt, Erkenntnisse, wie sie von ihr geschöpft wurden, einfließen können. Der eine Bereich ist jener der Interpretation sog. unbestimmter oder offener Gesetzes- bes. Verfassungsbegriffe W (also schon de lege Iota); der andere ist jener der Gesetzgebung (also de lege ferenda). Erlaubt doch gerade der Staat der pluralistischen Gesellschaft in einem sehr weiten, durch nur wenige verfassungsrechtliche Fixpunkte abgesteckten Rahmen die Durchsetzung politischer, auf einem bestimmten Wertsystem beruhender Ziele. 245 In diesem (so relativ freien) Spiel der politischen Kräfte hat das bessere Argument eine gewisse Chance, sich durchzusetzen. Die Lehren der Schule von Salamanca über Recht, Staat und Freiheit stellen hier eine reiche Fundgrube für solche Argumente dar.

244 245

Vgl. nochmals Melichar, oben, bei Anm. 78. Vgl. dazu ausführlicher Köck (oben, Anm. 242), auf 103 f.

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Personenverzeichnis Aaron 15 Adam 40 Althusius 18, 23, 24, 48 Ambrosius 54 Angelus 53 Antonius 53 Arboyela 20 Ares 20 Aristoteles 16, 24, 30, 31, 32, 58 Aubert 19 Augustinus 22, 31, 38, 50 Azpilcueta 22 Baldus 51, 53, 54 Barcia Trelles 20, 22 Bafiez 21 Bauer 28 Below 16 Beltran de Heredia 21 Bernhard 18 Biel 36 Biermann 22 Bodin W,66 Böckenforde 36 Böckle 36 Cano 21, 22 Castro 22 Composta 16 Concetti 16 Conring 18 Covarruvias y Leyva 22, 23, 24, 47, 53 Crockaert 21 Decius 53 de la Pefia 20 Dei Vecchio 20, 23 Dempf 20 Dreier 31 Elorduy 21 Engels 27, 28 Ermacora 15, 16, 29, 60 Euchner 41

Febronius 19 Fichte 27 Filthaut 21 Fischer 22 Forsthoff 15 Gierke 16, 21 Gough 15 Gregor von Rimini 23, 32 Gregor von Valencia 21 Grotius 23, 32 Gründer 31, 43 Hegel 27, 31 Hentrich 21 Hentschel 20 Hertwig 43 Herzog 46 Heynck 22 Hobbes 26, 27, 41 Hontheim 19 Höfer 19, 21, 22 Irenäus von Lyon 38 Iserloh 17, 35, 39 Isidor von Sevilla 50 Jedin 16,17,18,19,35 Jellinek 15, 29 Johannes Chrysostomus 38 Johnston 20 Kaltenborn 18 Kant 33 Kägi 67 Kelsen 28, 29, 32, 67 Klose 37, 46 Knoll 36 Köck 20, 22, 37, 58, 59, 67, 68 Krüger 66 Kurz 42 Kußbach 59

Personenverzeichnis Lalnez 48 Lang 21 Las Casas 22 Legaz y Lacambra 20 Leibniz 19,31 Lenin 27 Leonhard 28 Lill 19 Locke 15,26 Luther 17, 36, 38 Maaß 19 MacDonald 20 Mantl46 Marx 27, 28 Mayer 29 Medina 21 Melichar 29, 68 Menzel30 Messner 24, 36, 37 Miehsler 67 Migne 54 Minnerath 59 Mock 67 Molina 21 Morsey 19 Mosiek 22 Motzenbäcker 22 Navarrus 22 Neumann 58 Nys 20, 22 Ockham 36 Oestreich 16 Paulus Castrensis 53, 54 Pereiia 20 Petrus Lombardus 21 Philipp 11. 17 Pilati 54 Pius XI. 20 Platon 16, 31, 32 Plöchl 15 Pufendorf 19, 34 Ouaritsch 16, 66 Ouevedo 22 Rahner 19, 21, 22 Ramirez 22 Reibstein 17, 18,21,22,23,24,34,35,48, 50, 51, 52, 53, 54 Reisinger 33

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Ritter 15, 31, 41, 43, 46 Rommen 30, 32,34, 35, 36,37,39,41,42, 43,44,45,46,47,48,49,54,55,56,57, 58, 60, 62, 63, 64, 65 Rousseau 26, 41 Roux 43 Schambeck 31, 32, 37, 58, 67 Scheerer 43 Schelling 27 Schilling 22, 42 Schuster 20, 37 Scott 20,23 Sepulveda 22 Simma 67 Soder 20 Söhngen 19 Soto 21, 22, 23, 24, 32, 51, 53 Spann 29 Spencer 43 Spinoza 26 Suarez 15,21,22,23,24,25,30,31,33,34, 35,36,37,38,39,40,41,42,43,44,45, 46,47,48,49,54,55,56,60,62,63,64 Tammelo 67 Taparelli d'Azeglio 19 Thomasius 34 Thomas von Aquin 16, 18, 21, 30,31,33, 35, 36, 37, 42, 44, 47, 50, 51, 53 Tischleder 42, 47 Ulpian 54 Vasquez F. 22, 23, 24, 30, 33, 34, 35, 47, 48, 50, 52, 53, 54 Vasquez G. 32, 33, 34 Verdross 20, 21, 22, 23, 24, 26,27,30,33, 38, 42, 47, 48, 50, 58, 67 Verosta 20, 38 Vitoria 15,21,22,23,24,25,35,37,47,50, 51,53 von der Heydte 20 Walter 29 WeicheIt 27 Weiler 37 Werner 19, 30, 36 Wieacker 19, 22 Winkler 67 Wolfl 19,34 Zsifkovits 46

Sachverzeichnis Abendland, christliches 23 Absetzungsrecht 48, 64, 65 Allgemeine Staatslehre 17 Antike 23, 31 apriori -Begriffe 33 Arbeitsteilung 39 Aufenthaltsfreiheit 60 Aufklärung 15, 19 Ausbildungsfreiheit 60 Bedürfnis (se ) - religiöse(s) 58, 59 - zeitliche 37, 38, 39, 58 Berufsfreiheit 60 Bienen 44 Billigkeit 51 Bill of Rights 15 Biologismus 43 bonum commune 44, 45, 46, 48, 49, 50, 55,56,57,58,59,60,61,63,65,66,67 - Begriff 45 bonum privatum 45, 47 Brief- und Schriften geheimnis 60 Christentum 28 corpus Christi mysticum 43 corpus politicum mysticum 42, 43 Darwinismus 43 Dekalog 35 Deliktsbestrafung 39 Demokratie 46 Dispens 53 dynamische Staatsbetrachtung 63 Egoismus 28 Eigentum 59, 60 Eltern 38 Entdeckungen 23 Enteignung 60 Erbsünde 38, 39 Erfahrung 33 Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte, französische 15

Erwerbsfreiheit 60 Evangelium und Freiheit 35 Familie 37, 38, 39, 40, 41, 56, 57, 58 - Begriff 38 Familiengewalt s. potestas dominativa felicitas s. Glückseligkeit Frau 38, 56 Freiheit(en) 43, 59, 60; s. auch bei den einzelnen Freiheiten Durchsetzung 61, 62, 63, 64, 65 und Evangeliums 35 individuelle 28, 66 menschliche 16· natürliche 58, 60 persönliche 60 der Religion s. Religionsfreiheit der Religionsgemeinschaften 59 schrankenlose 26 der Staaten 18 ständische 15 unveräußerliche 27 Freizügigkeit 60 Fremde 62 Friedensordnung, gerechte 45 Fürst 40, 41, 47,48,53,54,64; s. auch Tyrann(ei) und Gesetz 53,.54, 55 und ius gentium 54 und Naturrecht 54 Gehorsamsanspruch, staatlicher 16 Gemeinschaften, menschliche 37 Gemeinwohl s. bonum commune Gerechtigkeit 29, 34, 47, 49, 50, 60 - Begriff 28 - und Staatqualität 50 Gesamtperson 43 Geschlechtlichkeit 56 Gesellschaft 27, 29,30 - klassenlose 27 . Gesellschaftslehre des Aristoteles 58 Gesellschaftsvertrag 40, 41

Sachverzeichnis Gesetz 48, 49, 50, 51 und bonum commune 49, 66 - Dispens 53 - und Fürst 53, 54, 55 und Gewissen 50, 51 und Naturrecht 49, SO, 54 ratio legis 51, 52, 54 schädliches 52 schikanöse Anwendung 52 ein Stück Sklaverei 52 Verbindlichkeit 51, 52, 53 Gesetzgebung 68 Gesinde 38, 40, 56 Glaubensspaltung 18, 22 Glaubens- und Gewissensfreiheit 60 Glossatoren 22 Glückseligkeit 28 natürliche 30, 56 - politische 45 - übernatürliche 30, 45, 56, 58 Gott 31, 32, 33, 34, 44, 56, 59, 62 als Gesetzgeber 30, 32, 33 - Vernunft 35 - Wille 33, 35 Grundrechte 26, 59, 60, 61, 66, 67 - Begriff 15, 16, 66 - individuelle 28 - Kernbereich 60, 66 - Konzession des Staates 26, 27, 28 Grundrechtskatalog(e) 27, 60, 68 Grundrechtslehre - individualistische 26, 27, 28 - kollektivistische 27, 28, 29 - neuzeitliche 16, 26 positivistische 28, 29 der Schule von Salamanca 15, 16,59, 61, 66 sozial-individualistische 29, 30 gubernatio - sui ipsius monastica 56 - oeconomica 56 - politica 56 gute Sitten 51 Habeas-Corpus-Akte 15 Hausgenossen 56; s. auch Gesinde Hausrecht 60 Hausvater 38, 40 Herr 38 Herrschaftsgewalt 38, 40 Hochscholastik 16

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Idealismus 19, 27 Imperativ, kategorischer 33 Individualismus 28, 30 Individuum 15, 16, 26, 56, 58 Intellekt 35 Interpretation 68 ius civile 54 ius divinum positivum 35, 63 ius gentium 37, 54 ius inter gentes 37 ius naturae 31, 36, 43, 49 ius naturale 31, 39, 43, 54, 63 - dominativum 31 - praeceptivum 31 iustitia legalis 49 Josephinismus 19 Jurisprudenz s. Rechtswissenschaft juristische Person 43 Kaiseridee, universelle 22 Kanonistik 22 Kasuistik 35 kategorischer Imperativ 33 Katholizismus 19 Kinder 38, 56 Kirche 22, 45, 47, 48; s. auch Relgionsgemeinschaften Kirchenväter 38 Kirche und Staat 58 Klugheit 30 Knechtschaft 38 Kollektivismus 28, 30 Kodifikationen 19 Kolonialisierung 18 Kommunismus 28 Kontroverstheologie 18 Konzil - von Trient 17, 18,35, 48 - Zweites Vatikanisches 36 Kulturkampf 19 Kunstwerk und Natur 44 Lamarckismus 43 Leben, Recht auf 59, 60 Lebensbereiche s. vitae Legitimismus 48 Lehr- und Lernfreiheit 60 lex aeterna 30, 35 lex civiUs 50 lex humana s. Gesetz lex naturalis 30,31,32,33,35,36,49,51

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Sachverzeichnis

Magna Charta Libertatum 15 Mann 38, 56 Materialismus 27 Medizin 57 Meinungsfreiheit 60 Mensch - Individualnatur 55 - Naturzustand 41 - religiöser 58 - soziale Natur 29, 55, 56, 66 - Wesen 55, 66 Menschenrechte 15, 16, 26, 59; s. auch Grundrechte - und Christentum 28 - und positives Recht 29 Menschenrech tserklärung - französische 15 - virginische 15 Menschheitsgemeinschaft 39 Metaphysik 29, 67 Mittelalter 15,16,17,31,54 Monarchie 44 Moral 22, 28, 31 - a·utonome 29, 35 Moralphilosophie 22 Nationalsozialismus 43 Natur - des Menschen 23, 29, 31, 36, 37, 67 gefallene 39 - - soziale 29, 30, 37 - - teleologische Komponente 33 - - vernünftige 30, 34 - der Sache 31 Naturrecht 15, 18, 37, 49, 50 - Erkenntnismittel 32 - normativer Charakter 32 - primäres und sekundäres 36, 37 - Quelle 31 Naturrechtslehre - katholische 20, 23, 36 - klassische 47 - metaphysisch-theologische 31 - profane 22, 23 - protestantische 18, 23, 24, 25, 34 Neuscholastik 19 Neuzeit 15,16,17,31,47 Nominalismus 17, 24, 34, 35, 36 Notwehr(recht( 41, 65 Notwendigkeit des Gesetzes 52, 54 Nützlichkeit des Gesetzes 52, 54

Offenbarung 35 öffentliches Wohl 60 Ordnung, natürliche 30, 35 organische Staatsauffassung 42, 43, 44 Organismus 42, 43, 44 pacta sunt servanda 47 Papst 51 Papsttum 18 Patristik 16 Petition of Rights 15 Pflichten, sittliche 33, 43, 56, 66 philosophia perennis 31 Pluralismus, weltanschaulicher 23, 68 Positivismus 28, 29, 35 Postglossatoren 22 potestas - dominativa 40, 41, 56 - iurisdictionis 40, 41, 56 Priesterschaft 18, 34 princeps legibus solutus 54, 66 Psychiatrie 57 ratio s. Vernunft Rationalismus 25, 32 Recht 22, 23, 31 - griechisches 34 - jüdisches 34 - kaiserliches 34 - mosaisches 34 - natürliches 34 - päpstliches 34, 51 - positives 27, 37, 49, 50 - - und Gewissen 50 - - naturrechtlicher Vorbehalt 51, 66 - römisches 22, 34 - und Staat 23 Rechtsdurchsetzung 39, 61 Rechtslehre s. Rechtswissenschaft Rechtsmißbrauch 52 Rechtsphilosophie 17 - christliche 50 - patristische 38 Rechtspositivismus 29 Rechtsschutzverfahren 61 Rechtsstaat 54, 67, 68 Rechtswegestaat 67, 68 Rechtswissenschaft 18, 19,22,23,34,35 - spanische 30 Reformation 34, 35, 36 Regierungsform 41; s. auch Staatsform Relativismus 29

Sachverzeichnis Religionsausübung 59 Religionsfreiheit 59, 60 Religionsgemeinschaft, Freiheit der 59 Religionskriege 23 Romanistik 54 Salamanca, Schule von 17, 18, 19,20,21, 22, 23, 24, 25 Scholastik 16, 17, 18, 19, 42, 51, 55, 58, 63, 67 Schöpfer 32 Schöpfung 30 Sein und Sollen 32 Selbstentfremdung des Menschen 28 Selbstverteidigung s. Notwehr(recht) Seligkeit s. Glückseligkeit Sitten, gute s. gute Sitten Sittlichkeit 33 Sklave 38 societas filialis 56 societas herilis 56 societas matrimonii 56 Souveränität 66 Sozialismus, realer 28 Staat 29, 37, 38, 39, 40, 47, 56, 58, 66 - Absterben 27 - und Erbsünde 38 - und Fürst 54 - und Gemeinwohl 45, 46, 56 - und Gesellschaft 28, 29, 30 - Gründung 26, 27, 40, 41, 43 - und Individuum 30 - naturrechtliche Gesamtperson 43 - Ordnungsfunktion 39 - Organe 42 - und Recht 23 - sittlicher Organismus 43 - als societas perfecta 38 - totalitärer 26, 27, 57 - Ursprung und Ursache 39, 40 - als Zwangsanstalt 39 - Zweck 44, 45 Staatengemeinschaft 39 Staatsangehörige 28, 40, 44, 45, 62 Staatsauffassung, organische 42, 43, 44 Staatsbürger s. Staatsangehörige Staatsform 44, 46; s. auch Regierungsform staatsfreier Raum 26, 27 Staatsgewalt 40, 44, 46, 47, 48, SO, 54, 56 - und Gemeinwohl 49, 55, 56 - und Gesetz 49, SO, 55

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- Grenzen 53, 54, 55, 56, 57,58,61 - als Konzession 48 - und religiöses Bedürfnis 58 - Rücknahme 47, 48 - Schranken s. Grenzen - Selbstbeschränkung 66 - Träger 46, 47 - Übertragung 47 Staatslehre - Allgemeine 17 - des Aristoteles 58 - katholische 20 - moderne 19 - patristische 38 - scholastische 63 - spanische 30 statischlfStaatsbetrachtung 63 Strafrechtspflege 60 Studiorum ducem (Enzyklika) 20 Subjektivismus 32, 33, 34 Sünde 32 Teleologie 33 Theologie 17, 18, 19, 22, 34, 35 Thomismus 21, 25, 66 Trennung von Kirche und Staat 58 Trient, Konzil von 17 Tyrann(ei) 61, 62, 63, 64, 65 Tyrannenmord 62 Una bhängigkeitserklärung, amerikanische 27 Universalismus, mittelalterlicher 22 Universität(en) 16, 17 - AlcalA 17 Coimbra 17 Irache 17 Köln 17 Löwen 17 - Paris 17 - Salamanca 17, 21, 22 - Saragossa 17 - Valladolid 17 Untertan 38, 40 Usurpator 61, 62, 63 Utilitarismus 33 Vatikanisches Konzil, Zweites 36 Verfassung 29, 64 Vernunft 30, 35, 44, 56 - Gesetzescharakter 33, 34

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Sachverzeichnis

- göttliche 35 - menschliche 32 Vereins- und Versammlungsfreiheit 60 virginische Menschenrechtserklärung 15 vitale) 55, 56, 57, 58, 61 - monastica 55, 56, 57, 59 - oeconomica 55, 56, 57, 59 - politica 55, 56, 57, 58, 59 Völkerrecht 17, 18,37,39 Völkerrechtslehre - katholische 20 - moderne 19 - protestantische 18 Volkssouveränität 41, 47, 48 Voluntarismus 34 vorstaatlicher Zustand 26

Wehrdient 45, 49, 60 Weltall 44 Weltstaat 39 Wertordnung 67, 68 Widerstand(srecht) 29,61,62,63,64,65 - aktives 61, 62, 63, 64, 65 - - Grenzen 62, 63 - und Naturrecht 64 - passives 63 - und Verfassung 64 Wille 33, 35 - freier 56 Willkür 29; s. auch Tyrann(ei) Zweckmäßigkeit des Gesetzes 54 Zwei-Reiche-Lehre 38