Der Ausdruck der Passividee im älteren Italienischen 9783111662848, 9783111278407

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Der Ausdruck der Passividee im älteren Italienischen
 9783111662848, 9783111278407

Table of contents :
INHALTSVERZEICHNIS
Vorwort
I. Essere + Partizip Perfekt Passiv
Fieri + Partizip Perfekt Passiv
Venire + Part. Perf. Pass.
Andare + Patt. Perf. Pass.
Rimanere + Part. Perf. Pass.
Das Passiv in der si-Form
Der dicit-Typus
Der homo-Typus
3. Person Plural
Finite Aktivform mit der Bedeutung eines persönlichen Passivs
Avere + Objekt
Ricevere + Objekt
Avere + Akk. + Part. Perf. Passiv
Infinitiv Aktiv = Infinitiv Passiv
Essere + da + Infinitiv
Adjektive auf -bilis
Verzeichnis der benützten Quellen und Werke

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BEIHEFTE ZUR

ZEITSCHRIFT FÜR ROMANISCHE PHILOLOGIE B E G R Ü N D E T V O N PROF. DR. GUSTAV G R Ö B E R f HERAUSGEGEBEN VON DR. KURT B A L D I N G E R P R O F E S S O R AN D E R U N I V E R S I T Ä T H E I D E L B E R G

99. HEFT REINHOLD KONTZI

DER AUSDRUCK D E R PASSIVIDEE IM ÄLTEREN ITALIENISCHEN

MAX N I E M E Y E R V E R L A G / T Ü B I N G E N 1958

DER AUSDRUCK DER PASSIVIDEE IM ÄLTEREN ITALIENISCHEN

VON REINHOLD KONTZI

MAX N I E M E Y E R V E R L A G / T Ü B I N G E N

1958

Meinen Eltern

INHALTSVERZEICHNIS Seite Vorwort 8 Essere + Part. Perf. Passiv 9 Fieri + Part. Perf. Passiv 26 Venire + Part. Perf. Passiv 32 Andare + Part. Perf. Passiv 51 Rimanere + Part. Perf. Passiv 57 Das Passiv in der si-Form 62 Der dicit-Typus 93 Der homo-Typus 100 3. Person Plural 104 Finite Aktivform mit der Bedeutung eines persönlichen Passivs . . 1 0 7 Avere + Objekt 109 Ricevere + Objekt 113 Avere + Akk. + Part. Perf. Passiv 115 Infinitiv Aktiv = Infinitiv Passiv 116 Essere + da + Infinitiv 125 Adjektive auf -bilis 128 Verzeichnis der benützten Quellen und Werke 132

Vorwort Das synthetische Passiv des Lateinischen vom Typus vincitur, amatur ist in den romanischen Sprachen untergegangen. Auch im Italienischen ist es nicht mehr vorhanden. An seine Stelle sind nun Ersatzformen getreten, denn das Bedürfnis, passivisches Geschehen, also Geschehen, das auf das Subjekt zukommt und von einem denkbaren Urheber ausgeht, auszudrücken, bestand weiter. Diese Ersatzformen haben ursprünglich eine andere Funktion als die des Ausdrucks der Passividee. Das macht sich in der Weise bemerkbar, daß die ursprüngliche Funktion z. T. weiterlebt, ja daß immer wieder ein Zurückfallen in die ursprüngliche Funktion stattfindet, oder aber daß die ursprüngliche Funktion im passivischen Ausdruck nur mehr mitschwingt, so daß die verschiedenen Ersatzformen für das Passiv verschiedene Beiwerte bekommen. Wir werden im Laufe der Arbeit darauf hinzuweisen Gelegenheit haben.

I. Essere + Partizip Perfekt Passiv Eine der möglichen Ersatzformen für das synthetische Passiv ist die Konstruktion esse + Partizip Perfekt Passiv. Schon im Konjugationsschema des klassischen Lateins finden wir diese Form. Da dient sie zum Ausdruck des Passivs im Perfekt, und zwar sowohl im historischen, als auch im präsentischen Perfekt. Victus est heißt er wurde besiegt, er ist besiegt worden. So ist schon das Formensystem des klassisch-lateinischen Verbs nicht einheitlich synthetisch. Zu einem aktiven Präsens vincit gehört das Perfekt vicit, während im Passiv der synthetischen Form vincitur die analytische victus est gegenübersteht. H e r z o g , Das to-Partizip im Altromanischen, ZRPh, Beih. 26, S. 104f., weist darauf hin, daß im vorklassischen Latein die Tendenz besteht, esse + Partizip Perfekt Passiv eines imperfektiven Verbs dem synthetischen Passiv Präsens gleichzusetzen. Amatus est ist also = amatur. Diese Verwendung unserer Form setzt sich im klassischen Latein nicht durch, denn da ist amatus est „längst zu einer andern Bedeutung ,er ist geliebt worden' gekommen . . . und für das präsentische Passiv steht eben das einfachere amatur zur Verfügung". Doch wenige Stellen bei den Klassikern zeigen das Vorhandensein der präsentisch-passiven Auffassung, die, wenn sie schon Reflexe bei den Schriftstellern hat, im Volkslatein noch weiter verbreitet gewesen sein muß. So steht bei Cicero: Quid mirum est . . . omne ab ea (divina Providentia) genus humanum esse contemptum. Cic. Nat. D. III, 93 (zitiert nach Herzog, S. 105). In dieser Erscheinung zeigt sich eines: Wichtig für die Entwicklung des Passivs mit esse ist die Aktionsart des Partizips. B r u g m a n n , Die mit dem Suffix -to- gebildeten Partizipia im Verbalsystem des Lateinischen und des Umbrisch-Oskischen, Indogermanische Forschungen V (1895), S. 93, sagt über das Partizip Perfekt: „Als Grundbedeutung, ..., läßt sich für die Verbaladjektiva auf -to-s kaum etwas anderes angeben, als daß durch sie eine Handlung als anhaftende Eigenschaft und Merkmal prädiziert wird." Das -to-Partizip ist also zunächst Adjektiv, und dieses Adjektiv wird dann auf Grund seines verbalen Bedeutungsinhaltes - sein Stamm ist ja der Stamm eines Verbs - in das Verbalsystem einbezogen. Der ursprünglich adjektivische Charakter des -to-Partizips zeigt sich schon im Lateinischen und erscheint bis auf den heutigen Tag immer wieder in den romanischen Sprachen. Er ist es auch, der eine völlige Einreihung der Form esse + Partizip Perfekt Passiv in das Verbalsystem der romanischen Sprachen

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Essere + Part. Perf. Passiv

verhindert hat. Man kann nämlich für das Romanische nicht schlechthin sagen, daß esse + to-Partizip das Passiv des betreffenden Verbs ausdrücke. Dies gilt nur unter gewissen Bedingungen, die Th. Eng wer, Vom Passiv und seinem Gebrauch im heutigen Französischen, Berliner Beiträge II, 1, 1931, für das Französische herausgearbeitet hat. Die Beziehungen zwischen to-Partizip und Substantiv sind verschieden, je nach der Stoßrichtung und der Aktionsart des zum to-Partizip gehörenden Verbs. Diese Beziehungen hat Herzog S. 86 f. herausgestellt. Liegt dem to-Partizip ein intransitives Verb zugrunde, so ist das Substantiv in der ihm prädizierten Handlung aktiv tätig: die Handlung geht oder ging von ihm aus. Liegt dagegen ein transitives Verb zugrunde, ist das Substantiv passiv beteiligt: die Handlung vollzieht sich an ihm oder hat sich an ihm vollzogen. Gehört das Partizip zu einem perfektiven Verb, dann ist die Handlung, die dem Substantiv prädiziert wird, vergangen. Gehört es zu einem imperfektiven Verb, ist sie präsentisch. Es bestehen also folgende Variationsmöglichkeiten: I. Das Partizip Perfekt ist transitiv und perfektiv: die Handlung ist passivisch und präterital. Beispiel: porta clausa - die geschlossene Türe. Eine Handlung spielt hier mit, doch ist sie im Augenblick der Aussage abgeschlossen, sie ist vergangen. Was jetzt ins Auge gefaßt wird, ist der aus der Handlung hervorgegangene Zustand. II. Das Partizip Perfekt ist intransitiv und perfektiv: die Handlung ist aktivisch und präterital. Beispiel: mulier nupta - die Frau, die geheiratet hat. Auch hier ist die Handlung abgeschlossen. III. Das Partizip ist transitiv und imperfektiv: die Handlung ist passivisch und präsentisch. Beispiel: regio habitata - eine Gegend, die bewohnt wird. Damit wird nicht ein nach einer vorausgegangenen passiven Handlung erreichter Zustand ausgedrückt, sondern eine zum Kontext gleichzeitige Handlung. IV. Das Partizip ist intransitiv und imperfektiv: die Handlung ist aktiv und präsentisch. Beispiel: homo tacitus - ein verschwiegener Mann, ein Mann, der jet%t schweigt. Für unsere Untersuchung kommen nur I und III in Frage, weil nur da das Substantiv passiv an der vorausgegangenen oder stattfindenden Handlung beteiligt ist. Attributive Verwendung des to-Partizips im Italienischen Die von Herzog herausgearbeiteten Beziehungen zwischen dem Substantiv und seinem Partizip Perfekt im Lateinischen gelten auch für das Italienische. Zwei Fälle sind möglich: 1) Beim Substantiv steht das Partizip eines transitiven perfektiven Verbs. Dabei wird ausgesagt, daß das Substantiv durch die im Partizip ausgedrückte

Essere + Part. Perf. Passiv

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vorangegangene Verbalhandlung in einen Zustand geraten ist. Hier liegt nicht der Ausdruck einer passivischen Handlung v o r , sondern die Angabe eines erreichten Zustands, die einer Eigenschaftsbezeichnung gleichkommt. Beispiele : Boccaccio, Dee. IV, 4, 326 1 ): (Es ist erzählt worden, daß Gerbino das feindliche Schiff in Brand gesetzt hatte. Dann setzt G. mit seiner Mannschaft auf das feindliche Schiff über. Es kommt zum Kampf und wir lesen weiter:) e già crescente il fuoco nella accesa nave, fattone a' marinai trarre quello che si potè per appagamento di loro, giù se ne scese con poco lieta vittoria de' suoi avversarj avere acquistata. ... : und während schon das Feuer in dem angezündeten Schiff zunahm, ließ er von den Seeleuten herausschaffen, was man konnte, zu ihrer Bezahlung, und stieg hinab, nachdem er einen wenig frohen Sieg über seine Gegner errungen hatte. accesa nave = Schiff, an dem sich vorher eine Handlung vollzogen hatte, das angezündet worden war und dadurch in einen neuen Zustand geraten ist: es steht jetzt in Flammen. Dante, Convivio, IV, I, 2: E però che le cose congiunte comunicano naturalmente intra sè le loro qualitadi, ..., incontra che ... Und weil die verbundenen Dinge unter sich ihre Eigenschaften natürlich übertragen, ..., kommt es vor, daß ... Brunetto Latini, Monaci 82, IIII, 187: dispositio èe assettamento delle cose trovate per ordine. Die dispositio ist die Anordnung der Dinge, die gefunden sind, in einer Reihenfolge. Dabei kann das Gewicht der Aussage mehr auf der vergangenen Handlung, wie in accesa nave, oder mehr auf dem erreichten Zustand liegen, wie in cose congiunte. Im ersten Fall ist die Auffassung mehr verbaler A r t , im zweiten Fall eher adjektivisch. Einen vollständigen Übergang zum Adjektiv stellen wir fest in den Ausdrücken sì fatto, così fatto. Dee. III, 7, 256: Di che sì fatta paura m'entrò, che io ... mi disposi a ... Weswegen mich eine solche Furcht befiel, daß ich mich ... entschloß, ... Dee. I, introd., 44: Di che gli occhi miei (si come poco davanti è detto) presero, tra l'altre volte un di, così fatta esperienza, che ... Wovon meine Augen ... (wie kurz zuvor gesagt worden ist) unter anderem eines Tages das erfuhren, daß ... 2) Beim Substantiv steht das Partizip eines transitiven imperfektiven Verbs. Für die Beziehungen zwischen Substantiv und Verbalhandlung gilt dann, daß das Substantiv einer gleichzeitigen Verbalhandlung unterliegt. Die Handlung ist passivisch. Beispiele : Conv. IV, I, 2 : ..., incontra che le passioni de la persona amata entrano ne la persona amante,..., kommt es vor, daß die Leidenschaften, der geliebten Person in die liebende Person eingehen, ... Hier ist,amata persona' = .geliebte Person' = ,Person, die geliebt wird'. Conv. IV, IV, 5: SI come vedemo in una nave, che diversi offici e diversi fini di quella a uno solo fine sono ordinati, cioè a prendere loro desiderato porto per salutevole x)

Tag, Novelle und Seitenzahl werden nach der Ausgabe von P. Fanfani zitiert.

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Essere + Part. Perf. Passiv via: So wie wir in einem Schiffe sehen, daß verschiedene Dienste und verschiedene Zwecke auf ein einziges Ziel hingerichtet sind, nämlich den ersehnten Hafen auf sicherem Wege zu erreichen. Dec. I, Introd. 58: e perciö, o voi a sollazzare et a ridere et a cantare con meco insieme vi disponete (...), o voi mi licenziate che io per Ii miei pensier mi ritorni e steami nella cittä tribolata, und deswegen schickt ihr euch entweder an, euch mit mir zusammen zu vergnügen, zu lachen und zu singen (...), oder ihr entlaßt mich, daß ich meinen Gedanken nach zurückkehre in die gequälte Stadt. (Stadt, die gequält wird.)

Essere -f- to-Partizip i m Italienischen Als das synthetische lateinische Passiv zerfiel, konnte unter Umständen, die wir im folgenden näher erörtern wollen, die Konstruktion essere + to-Partizip an seine Stelle treten. Die Beziehungen, die zwischen dem attributiven to-Partizip und seinem Substantiv bestanden, gelten auch für das mit essere prädikativ verwandte Partizip. Das bedeutet: Entscheidend f ü r die passivische Auffassung der Konstruktion ist die Aktionsart (imperfektiv - perfektiv) und die Stoßkraft (transitiv - intransitiv) des dem Partizip zugrunde liegenden Verbs. Die Passividee wird nicht ausgedrückt durch essere. Das essere-Element gibt nur Auskunft über die Zeit und den Modus der Handlung und über die dabei beteiligten Personen (1. 2. 3. Person; Einzahl, Mehrzahl). I. Das Partizip eines imperfektiven Verbs ist präsentisch-passivisch, und so drückt essere + to-Partizip eines imperfektiven transitiven Verbs das Zustandspassiv aus 1 ). W i r haben in der Verbindung essere + Partizip Perfekt Passiv eines imperfektiven Verbs einen vollen Ersatz des lateinischen synthetischen Passivs. Dec. V, 9, 412: Federigo degli Alberighi ama e non i amato, ... Federigo degli Alberighi liebt und wird nicht geliebt, ... Im Gegensatz zum klassisch-lateinischen amatus est drückt e amato nur das Präsens aus (also = amatur\ Weitere Beispiele f ü r verschiedene Zeiten: Präsens: Conv. I, IV, 11: E questo e quello per che ciascuno profeta e meno onorato ne la sua patria. Und das ist es, weswegen ein Prophet in seinem Vaterland am wenigsten geehrt wird. Ich bezeichne, A. Berger, Der Ausdruck der passivischen Idee im Altfranzösischen, Berl. Beitr. IV, 1, folgend, das Passiv imperfektivischer Verben als Zustandspassiv. Drückt die Konstruktion esse + Part. perf. eines perfektivischen Verbs eine passivische Handlung aus, nenne ich es V o r g a n g s p a s s i v ; wird damit der erreichte Zustand bezeichnet, spreche ich von Zustand oder - um es vom Zustandspassiv in der Bezeichnung deutlich abzuheben - von Stativ (nach R e i c h e n k r o n , Passivum, Medium und Reflexivum in den romanischen Sprachen. Berl. Beitr. III, 1).

Essete + Patt. Perf. Passiv

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Conv. IV, VI, 19: Oh miseri che al presente reggete! e oh miserrimi che retti siete! O ihr Unglücklichen, die ihr gegenwärtig regiert ! und o ihr Todunglücklichen, die ihr regiert werdet! Imperfekt: Brunetto Latini, Mon. 82, IIII, 28: et ancora in quello tempo la divina religione nè umano officio non erano avuti in reverenda, ... Und in jener Zeit wurden die göttliche Religion und menschliches Amt noch nicht in Ehren gehalten, ... (avere in reverenzia = einheitlicher Ausdruck). Conv. IV, I, 7: ..., per che li buoni erano in villano dispetto tenuti, e li malvagi onorati ed essaltati..., weswegen die Guten geringgeschätzt wurden und die Schlechten geehrt und gepriesen. Futur: Conv. IV, XVI, 1 : Lo rege si letificherà in Dio e saranno lodati tutti quelli che giurano in lui, ... Der König wird sich in Gott freuen, und alle, die bei ihm schwören, werden gelobt werden. Konditional : Conv. II, XII, 8 : Per che io, sentendomi levare dal pensiero del primo amore a la virtù di questo, quasi maravigliandomi apersi la bocca nel parlare de la proposta canzone, mostrando la mia condizione sotto figura d'altre cose : però che de la donna di cu' io m'innamorava non era degna rima di volgare alcuna palesemente po(e)tare; ..., ab sarebbe data loro fede a la sentenza vera, come a la fittizia, , noch würde ihnen Glauben geschenkt werden nach dem wahren Sinn. Dee. IV, 4, 324: Il re di Tunisi,..., al re Guiglielmo mandò significando ciò che fare intendeva, e che, sicurato da lui che nè dal Gerbino nè da altri per lui in ciò impedito sarebbe, lo 'ntendeva di fare. Der König von Tunis gab dem König Wilhelm zu wissen, was er zu tun beabsichtige, und daß er, nachdem er von ihm zugesichert bekommen habe, daß er weder von Gerbino, noch von einem andern für ihn daran gehindert werde, es zu tun beabsichtige. In diesem letzteren Falle handelt es sich um ein Konditional, das ein Futur der Vergangenheit ausdrückt. Passato remoto: Conv. I, IX, 10: . . . : però che darà se medesimo per comento, che mai non fu domandato da persona;...: denn es wird sich selbst als Kommentar geben, was niemals von jemandem erbeten wurde. Dee. III, 8, 273: Ora in cosi fatti ragionamenti et in simili, con mangiare e con battiture fu tenuto Ferondo da dieci mesi. Nun, bei solchen und ähnlichen Reden wurde Ferondo an die zehn Monate mit Essen und Schlägen unterhalten, ... II. Anders ist es bei den Partizipien der perfektiven Verben. 1) Ein solches Partizip ist perfektiv-passivisch, und so drückt essere + Partizip Perfekt eines perfektiven transitiven Verbs den nach einer vorausgegangenen passiven Handlung erreichten Zustand aus. Die Konstruktion kommt einer präsentischen Aussage gleich, insofern, als sie einer prädikativen Aussage mit der Kopula esse + Adjektiv entspricht.

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Essere 4- Part. Perf. Passiv

Beispiele : Präsens : Doc. Pist., Monaci 58, 30 : Montano per tuto i kapitali, li quali sono iteriti in questo quaderno de qui indirietro, centinaja LUTI, e lire. Vili, e soldi Vili. Insgesamt belaufen sich die Kapitalien, die von hier aus rückwärts in diesem Buch eingetragen sind, auf ... Brunetto Latini, Monaci 82, II, 300: „A tte dico, che m'odi, che quatro so / Iii modi / che cholui che ghoverna / lo secholo in eterna, / mise 'n operamento / a lo chonponimento / di tuttequante chose / sott palese e nascose..." ... zur Zusammensetzung überhaupt aller Dinge, die offenbar und verborgen sind.

Hier wird der adjektivische Charakter der Aussage besonders deutlich durch die Parallelkonstruktion des Partizips und des Adjektivs. Guglielmo Bercardi, Monaci 81, 9: Piangiendo gli ochi miei mi bangnano lo viso, / perchè diviso son de l'amorosa. Weinend benetzen mir meine Augen das Gesicht, weil ich getrennt bin von der Lieben. Dee. III, 7, 253 : e parmi intendere che egli abbiano provato alla corte che uno che ha nome Aldobrandino Palermini, il quale è preso, l'uccidesse, ... und es scheint mir zu verstehen, daß sie vor Gericht bewiesen haben, daß einer namens A. P., welcher gefangen ist, ihn getötet hat, ...

Imperfekt : Arrigo di Castiglia, Monaci 91, 35: pemsati in core che t'è rimaso im partte, / e come t'è chiuso ciò che t'era apertto; ... j und wie dir verschlossen ist, was dir offen war.

Einem gegenwärtigen Zustand steht ein Zustand gegenüber, der in der Vergangenheit bestanden hat. Hier ist auch die deutsche Übersetzung ein Hinweis, daß der Satz nicht dynamisch aufzufassen ist. Lauda piemontese, Mon. 146, III, 37: Chi aves uvl Ii dolor e li cri / che saneta Maria soa mari fis, / quant li fu dit che so figl era pris, / li saria crepi lo cor cum gran pietà als ihr gesagt wurde, daß ihr Sohn gefangen sei, ... Dee. IV, 1, 300: ..., nella qual grotta dava alquanto lume uno spiraglio fatto per forza nel monte, il quale, per ciò che abbandonata era la grotta, quasi da pruni e da erbe di sopra nàtevi era riturato; ... in welche Höhle ein Luftschacht etwas Licht gab, der gewaltsam in den Berg hineingearbeitet worden war unci der, da die Höhle verlassen war, fast von Dornen und Gräsern, die darübergewachsen waren, verdeckt war. Dee. IV, 4, 324: ... : di che ella fu crucciosa oltre modo, pensando che non solamente per lunga distanzia al suo amante s'allontanava, ma che quasi del tutto tolta gli era; , sondern daß sie ihm fast ganz genommen war.

2) Zuweilen wird die Handlung, die zu dem Zustand geführt hat, mitbegriffen, oder es liegt überhaupt das Gewicht der Aussage auf ihr. Dann liegt ein präsentisches Perfekt vor: der Ausdruck einer Handlung, die als in der Gegenwart abgeschlossen dargestellt wird. Der Ausdruck der vergangenen Handlung + Zustand, zu dem sie geführt hat, liegt vor in folgenden Beispielen:

Essere + Part. Perf. Passiv

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Pietro da Bascapè, Mon. 55, 39: Ben è raxon ke l'omo intenda / De k'i tratta sta legenda. Es ist -wohl recht, daß man höre, woraus diese Legende gebogen (worden) ist. Latini, Mon. 82, II, 532ff.: Or va mastro Burnetto / per un sentiero stretto, / cerchando di vedere / e tocchare e sapere / ciò che 117 destinato suchend zu sehen und zu berühren und zu wissen, was ihm bestimmt (worden) ist. Conv. I, III, 4 : . . . desidero con tutto lo cuore di riposare l'animo stancato e terminare lo tempo che m'è dato. ... ich wünsche von ganzem Herzen, den müden Geist auszuruhen und die Zeit, die mir gegeben (worden) ist, zu Ende zu führen. Conv. III, IX, 4: ... chè si come sorella è detta quella femmina che da uno medesimo generante i generata, cosi puote l'uomo dire ,sorella' de l'opera che da uno medesimo operante è operata; ... ; denn so wie jene Frau Schwester genannt wird, die von ein und demselben Erzeugenden erzeugt (worden) ist, so kann man das Werk Schwester nennen, das von ein und demselben Wirkenden gewirkt (worden) ist. Fälle wie die obengenannten sind zahlreich. Es läßt sich nicht genau sagen, ob der Akzent der Aussage auf dem erreichten Zustand oder auf der Handlung, die dazu geführt hat, liegt. 3) Nun gibt es auch den Fall, daß mit der Konstruktion esse + Part. Perf. Pass, eines perfektiven Verbs v o r allem die vergangene passive Handlung ausgedrückt wird. Die Beziehung zur Gegenwart ist dann nur mehr sehr lose. Sie ist nur noch insofern vorhanden, als dadurch ausgedrückt wird, daß der Aussagende das Geschehen v o n seinem gegenwärtigen Standpunkt aus betrachtet. Beispiele Dist. di Catone, Mon. 51, T 46 : . . . , ricorditi del bene che t'è jatto,... erinnere dich an das Gute, das dir erwiesen worden ist. Jac. da Todi, Mon. 147, IUI, 24: figlio, perchè t'ascundi dal pecto ó se' lactatoì Sohn, weswegen verbirgst du dich vor der Brust, wo du gesäugt worden bist ? Conv. IV, III, 6: . . . : dov'è da sapere che Federigo di Soave, ultimo imperadore de li Romani - ultimo dico per rispetto al tempo presente, non ostante che Ridolfo e Andolfo e Alberto poi eietti siano, appresso la sua morte e de li suoi discendenti - , domandato che fosse gentilezza, rispuose - ich sage: der Letzte in bezug auf die heutige Zeit, obwohl Rudolf und Adolf und Albert dann gewählt worden sind, nach seinem Tode und dem seiner Nachfahren, ... Albertano da Brescia, Mon. 114, A, 113 : . . . e Melibeo cominciò a narrare tutto quello che gli era addovenuto, e, addomandando da loro consiglio sopra ciò, mostrò ch'avea gran volontà di far vendetta di quel che gli era fatto; ... er zeigte sehr entschlossen zu sein, Rache zu nehmen für das, was ihm angetan worden war. So drückt die Form esse + Part. Perf. Pass, eines perfektiven Verbs Verschiedenartiges aus : den nach einer vorausgehenden passivischen Handlung erreichten Zustand unter Absehung von dieser vorausgehenden Handlung; den nach einer vorausgehenden passivischen Handlung erreichten Zustand unter Einbeziehung dieser vorausgehenden Handlung; die gegenüber dem Zeitpunkt des Aussagenden vergangene Handlung allein.

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Essere + Part. Perf. Passiv

Wir werden gleich nachher sehen, daß unter Umständen auch das gleichzeitige Passiv mit unserer Form ausgedrückt werden kann (Typus vincitur). So verschiedene Funktionen vermag die Form auf die Dauer nicht zu tragen, und für die Funktion 3) hat sich die Form mit stato ausgebildet, die auch für den Fall 2) eintritt, wenn der Akzent auf der vergangenen Handlung liegt. Beispiele : Dee. I., 9, 97: Signor mio, io non vengo nella tua presenza per vendetta che io attenda della ingiuria che m'è stata fatta, ma in sodisfacimento di quella ti priego che tu m'insegni come tu sofferi quelle le quali io intendo che ti son fatte, ... Herr, ich komme nicht vor dich wegen der Rache, die ich für das Unrecht, das mir zugefügt Vörden ist, erwarte, sondern bitte dich statt dessen, daß du mich belehrst, wie du jene Fälle von Unrecht trägst, die, wie ich höre, dir zugefügt werden.

Der Form è stata fatta steht die andere son fatte gegenüber. Es wäre möglich, in son fatte auch die vergangene Handlung zu verstehen, wie in den oben angeführten Beispielen. Doch ist dem ganzen Zusammenhang nach wahrscheinlicher, daß in der Form das wiederholte Geschehen ausgedrückt wird : der König hat sich bisher immer so verhalten, daß er Unrecht, das ihm zugefügt wird, geduldig trägt. Davon muß sich das einmalige vergangene Geschehen, das die Frau erfahren hat, abheben durch die Form mit stato. Dee. III, 8, 273 : Io sono anche morto, e fui di Sardigna, e perchè io lodai già molto ad un mio signore l'esser geloso, sono stato dannato da Dio a questa pena, che io ti debba dare mangiare... Ich bin auch tot, und ich war von Sardinien, und weil ich einst an einem Herrn, den ich hatte, die Eifersucht sehr lobte, bin ich von Gott zu der Strafe verurteilt worden, daß ...

Hier liegt Fall 2) vor: Ausdruck der vorausgegangenen Handlung + resultierender Zustand. Der Akzent liegt aber nun auf der Handlung. Ich bin verurteilt worden (und bin es noch jetzt, befinde mich noch jetzt in diesem Zustand). Dee. III, 7, 266 : di che, tra per questi e per gli altri segni, riconosciuto fu, colui che era stato ucciso essere stato Faziuolo e non Tedaldo : ... weswegen ... erkannt wurde, daß der, welcher getötet worden war, Faziulo und nicht Tedaldo gewesen ist. Dee. II, 8,187 : ... et in suo luogo fu coronato il figliuolo, del quale colei era moglie, per cui il conte era stato cacciato. ... und an seiner Stelle wurde der Sohn gekrönt, dessen Gattin diejenige war, durch die der Graf verjagt worden war.

Damit ist aber noch kein Ersatz des lateinischen Typus vincitur erreicht. Es gilt prinzipiell, daß esse + Part. Perf. Pass, eines perfektiven Verbs den erreichten Zustand oder die dazu führende vorausgehende Handlung + erreichten Zustand oder die vorausgehende Handlung allein ausdrückt. Soll die Form eine in der Zeitstufe des Kontextes sich abspielende passivische Handlung (also im Präsens: Passiv Präsens, im Imperfekt: Passiv Imperfekt) ausdrücken, müssen besondere Faktoren diese Auffassung ermöglichen. Diese Faktoren wollen wir im folgenden betrachten, und zwar zunächst in den nicht präsentischen Zeiten und zuletzt im Präsens.

Essere + Part. Perf. Passiv

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Passato remoto. Das Passato remoto, der lautliche und syntaktische Fortsetzer des lateinischen historischen Perfekts, ist das Tempus der Entwicklung, des Perfektiven, d. h. dessen, was auf ein Ziel losstrebt. Es ist der Ausdruck der Dynamik (entsprechend dem was G a m i l l s c h e g , Historische französische Syntax, S. 397—407 für das Passé défini herausarbeitet). So wird auch in unserer Verbindung ein Vorgang damit ausgedrückt und nicht ein Zustand. Beispiele : Uguccione da Lodi, Mon, 47, 157: Qafo el per nui marturìado, j Preso e batuo e lapidado, / E si fo despujató nuo, / De piere e de baston batuo, / Sus en la erose fo clavelato, I Per noi forte marturiato... Er wurde einst wegen uns gemartert / gefangen und geschlagen und gesteinigt, / Und er wurde nackt ausgesogen, / Mit Steinen und Stöcken geschlagen, / Hinauf an das Kreuz wurde er genagelt, / Wegen (oder: durch) uns sehr gemartert. P. da Bascapé, Mon. 55, 29 : Como Deo à fato lo mondo, / E corno de terra fo lo homo formo, j ... Wie Gott die Welt geschaffen hat / Und wie aus der Erde der Mensch gebildet wurde. Cronichetta Pisana, MLXIIJ. Der Dom Dee. I, 1, 66: I due la confessione d'un

Mon. 121, 1 : El duomo di Sancta Maria di Pisa fo edificato in Sancta Maria zu Pisa wurde erbaut im Jahre 1063. fratelli ... domandarono alcuno santo e savio uomo che udisse Lombardo che in casa loro era infermo; e fu lor dato un frate

antico, di santa e di buona vita, von heiligem und gutem Leben.

und es wurde ihnen ein alter Mönch gegeben

Dee. I, 1, 74: ..., poi che fornito fu l'uficio, colla maggior calca del mondo da tutti fu andato a basciargli i piedi e le mani, e tutti i panni glifuron in dosso stracciati, ... ... und alle Kleider wurden ihm am Leib zerrissen. Dee. II, 9, 195: e perciò, avendo egli vinto, venga qualor gli piace, e si si paghi; e cosi fu il di seguente Ambrogiuolo interamente pagato, und deswegen komme er, nachdem er nun gesiegt hat, wann es ihm beliebt, und er soll bezahlt werden ; und so wurde A. am nächsten Tag vollständig bezahlt.

Nun kann auch ein in der Vergangenheit bestehender Zustand punktuell erfaßt werden. Dann steht die Form des Passato remoto von essere + Part. Perf. Passiv, ohne daß dadurch das Passiv ausgedrückt wird. Conv. II. V, 12: Dico che di tutti questi ordini si perderono alquanti tosto ehz furono creati, forse in numero de la decima parte; a la quale restaurare fu l'umana natura poi creata. Ich sage, daß von all diesen Ordnungen einige verlorengingen, sobald sie erschaffen waren, an der Zahl etwa der zehnte Teil; um den wiederherzustellen, wurde dann die menschliche Natur geschaffen.

Hier haben wir zwei gleiche Formen mit verschiedener Bedeutung. Das erste Mal ist fu -f- Partizip stativisch, das zweite Mal Vorgangspassiv. Die richtige Auffassung wird erleichtert durch die Konjunktion tosto che und das Adverb poi. 2

Kontzi, Ausdruck

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Essere + Part. Perf. Passiv Buccio di Ranallo, Mon. G. 96 : Poy che foro recolte, / Erano bestie multe. Nachdem sie eingesammelt waren, waren es viele Tiere. Dee. II, 1, 109: Ma poi che egli fu in terra posto, domandandolo il giudice se ciò fosse vero che coloro incontro a lui dicevano, non valendogli il dire di no, disse... Nachdem er aber Boden gesetzt war, ..., sagte er ... Dee. III, 7, 266: Li quali poi che rivestiti furono, canti e balli et altri sollazzi vi si fecero assai... Nachdem diese (Kleider) angelegt waren, wurden Gesänge und Tänze und viele andere Vergnügungen veranstaltet.

Futur. Dee. I, 1, 65 : e, morendo senza confessione, niuna chiesa vorrà il suo corpo ricevere, anzi sarà gittata a' fossi a guisa d'un cane, und wenn er ohne Beichte stirbt, wird keine Kirche seinen Körper aufnehmen wollen, sondern er wird in den Graben geworfen werden wie ein Hund. E i n p e r f e k t i v e s V e r b ist d e r A u s d r u c k f ü r e i n e H a n d l u n g , die e i n e m Ziele, einem fertigen Zustand zustrebt. A u f der Zeitstufe der Gegenwart u n d der V e r g a n g e n h e i t sagt d i e K o n s t r u k t i o n essere +

P a r t . P e r f . Pass, eines sol-

chen Verbs in der Regel den Z u s t a n d aus, unter U m s t ä n d e n auch den V o r g a n g . B e i m F u t u r ist d e r U n t e r s c h i e d u n w e s e n t l i c h . E i n

Vorgang,

d e r e r s t i n d e r Z u k u n f t liegt, h a t a u c h n o c h z u k e i n e m R e s u l t a t g e f ü h r t , u n d e i n i n d e r Z u k u n f t l i e g e n d e r Z u s t a n d setzt z u seiner E r r e i c h u n g e i n e v o m S t a n d p u n k t des S p r e c h e r s z u k ü n f t i g e H a n d l u n g v o r a u s . D i e F u t u r f o r m unserer K o n s t r u k t i o n schließt meist beide Aspekte ein. Wollten wir d e n v o l l e n S i n n des o b e n a n g e f ü h r t e n Satzes w i e d e r g e b e n , m ü ß t e n w i r ü b e r s e t z e n : „ . . . s o n d e r n er wird i n d e n G r a b e n geworfen werden und dann dort sein

..."

Weitere Beispiele: Guidotto da Bologna, Mon. 57, 127: Messer podestà, se di costui prendete troppo aspra vendetta, non solamente costui, ma molti altri per la vostra sententia saranno puniti; ... werden nicht nur dieser, sondern auch viele andere durch euer Urteil bestraft werden. Id., 137 : i vecchi e le femine e i pargoli, qual sarà morto dinanzi a suo padre, et quale storpiato; quelli che rimarranno, saranno tutti presi et venduti per servi, e sarà sceverato il marito da la molglie, e 1 padre dal figluolo, et l'uno fratello da l'altro, li quali avea congiunti la natura; la vostra città sarà arsa e tutti li beni vostri verranno a le mani de' nemici. Die Alten und die Frauen und die Kinder, von denen werden die einen vor ihren Vätern getötet werden, die andern verstümmelt werden; die, welche bleiben werden, werden alle gefangengenommen und als Sklaven verkauft werden, und es wird der Mann von der Gattin getrennt werden und der Vater vom Sohn und der eine Bruder vom andern, welche die Natur verbunden hatte; eure Stadt wird verbrannt werden und alle eure Güter werden in die Hände der Feinde geraten. Serventes, Mon. 132, 57 : Che la mia parte ò metù al dichino, / destruto serà lo grande e 1 picinino ; / ... es wird das Große und das Kleine verstört werden. Dee. IV, 6, 335 : egli sarà domattina trovato e portatone a casa sua, e fatto sepellire da

Essere + Patt. Perf. Passiv

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suoi parenti : er wird morgen früh gefunden und nach Hause weggetragen und von seinen Verwandten bestattet Verden. Id. Egli non andrà guari di tempo che giorno fia, e sarà ricolto; Es wird nicht lange dauern, bis Tag sein wird, und er wird aufgelesen werden. Futurische Funktion kann auch der Konditional haben, nämlich dann, wenn er v o n einem Verb der Vergangenheit abhängt, d. h. wenn v o n einem Zeitpunkt der Vergangenheit aus eine Aussage f ü r die Zukunft gemacht wird. Dee. IV, 3, 321 : et ogni studio ponevano in far che dal fuoco la Ninetta dovesse campare, al quale avvisavano che giudicata sarebbe; ... und sie gaben sich alle Mühe, zu bewirken, daß die Ninetta vom Feuer gerettet werde, zu welchem sie glaubten, daß sie werde verurteilt werden, ... Dee. IV, 2, 312: La donna rispose che fatto sarebbe. Die Frau antwortete, daß es gemacht werden werde. Echter Konditional. Der echte Konditional erscheint im Bedingungssatz. Hier liegt das Hauptgewicht der Aussage auf der Bedingtheit, so daß „Sein" oder „Werden" meist vernachlässigt werden kann. Dee. III, 7, 256: dicendomi, se io non me ne rimanessi, io n'andrei in bocca de diavolo nel profondo del ninferno, e sarei messa nel fuoco pennace. wobei sie mir sagte, daß ich, wenn ich es nicht sein ließe, in den Rachen des Teufels kommen würde in die Tiefe der Hölle, und ich würde ins Höllenfeuer geworfen werden. Tavola Ritonda XXXV, S. 124: Oh come! non c'è egli veruno rimedio per lo quale noi trovar potessimo alcuno diliveramento di nostre persone ? - E gli cavalieri dissono di sie, - per uno tale convenente : che se tra voi avesse, o in questa contrada arrivasse, alcuno pro' cavaliere di tanto ardire e di tanta forza, ch'egli combattesse col nostro signore, e fosse vincitore; in tale maniera ne potrebbe uscire e trarre di prigione tutta gente : o vero, che 'n fra voi avesse alcuna dama la quale fosse più bella dama che quella del nostro signore, ancora per tale convenente ella sola iaria liberata... ... wurde sie befreit werden. Dee. I, 10, 100: e se voi il faceste, io sarei colui che eletto sarei da voi, e gli altri cacciati via. und wenn ihr es machen würdet, wäre ich derjenige, welcher von euch auserwählt werden würde, und die andern würden weggejagt werden. Konjunktiv Imperfekt. Das Verb, das im Konjunktiv steht, teilt nicht nur einen Sachverhalt mit, sondern erfüllt noch verschiedene Nebenfunktionen - etwa die, daß die Handlung als gewünscht dargestellt wird - , die dann oft so sehr in den Vordergrund treten, daß der Unterschied „Sein - Werden" dahinter zurücktritt. Lauda Piemontese, Mon. 146, III, 33: E lo sententiarun, per lor granda crudelità, / che in la crox fos pandù e crucifià; Und sie verurteilten ihn, durch ihre große Grausamkeit, daß er ans Kreuz gehängt werde und gekreuzigt werde.

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Essere + Part. Perf. Passiv Guidotto da Bologna: Mon. 57, 103: Molto bene giudicaro li nostri magiori, che 1 re che fosse preso in battalglia, non dovesse poscia essere morto. Sehr gut urteilten unsere Vorfahren, daß der König, der in der Schlacht gefangengenommen werde, dann nicht getötet werden dürfe. Dee. II, 9, 201 : Il Soldano appresso comandò che incontanente Ambrogiuolo in alcuno alto luogo della città fosse al sole legato ad un palo, et unto di mèle, nè quindi mai, infino a tanto che per sè medesimo non cadesse, levato fosse; e cosi fu fatto. Der Sultan befahl darauf, daß Ambrogiuolo sofort an einem erhöhten Ort der Stadt an der Sonne an einen Pfahl gebunden und mit Honig bestrichen werde, und von da an nicht mehr abgenommen werde, bis er von selbst falle; und so geschah es. con confetti et altre buone cose s'incominciò Dee. IV, 2, 312: Frate Alberto a confortare, acciò che di leggier non fosse da cavai gittato. Bruder Alberto,... begann sich mit Konfekt und andern guten Sachen zu stärken, damit er nicht leicht vom Pferd geworfen werde. Tav. Rit. XXXIV, 119: E giuocando eglino in tale maniera, aveano grande talento di bere; e allor addomandaro che lo vino fosse apportato. Und während sie in der Weise spielten, bekamen sie große Lust zu trinken ; und da baten sie, daß der Wein gebracht werde.

Präsens. Grundsätzlich gilt, daß das Präsens v o n essere + Part. Perf. Pass, eines perfektiven Verbs nicht die Bedeutung eines Vorgangspassivs somdern die eines aus einer vergangenen H a n d l u n g entsprungenen gegenwärtigen Zustandes hat. Conv. II, I, 8 : ... si come quello ne la cui sentenza li altri sono inchiusi, ... wie das, in dessen Urteil die andern eingeschlossen sind. Aber gewisse Faktoren lassen zuweilen die ursprüngliche adjektivischzuständliche Auffassung zurücktreten zugunsten der verbal-dynamischen. 1) Infinitiv. Sehr oft wird auch b e i m Infinitiv Präsens kein Unterschied zwischen ,Sein' und ,Werden* gemacht. D i e s gilt besonders dann, w e n n der Infinitiv anstelle eines nach Subjekt und Prädikat gegliederten Satzes steht, der den K o n j u n k t i v aufwiese. Brunetto Latini, Mon. 82, IIII, 232: per la qual cosa in questa maniera la cosa dee essere difinitaper parole, e brevemente discritta, come se alcuno... Weswegen in der Weise die Sache definiert und kurz beschrieben werden soll, wie wenn einer ... Statt dee esser definita könnte hier auch, freilich sehr ungeschickt, stehen: è necessario che sia definita . . . Dee. III, 7, 260: Dalla quale se liberata esser volete, quello che a voi conviene promettere, e molto maggiormente fare, è questo: ... Wenn ihr davon befreit werden wollt, ... Se volete essere liberata steht für : se volete che siate liberata . . .

Essere + Part. Perf. Passiv

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Dee. II, 4, 125: E messa in terra parte della lor gente con balestra e bene armata, in parte la fecero andare che del legnetto niuna persona, se saettato esser non voleva, poteva discendere; , so daß niemand, wenn er nicht mit Pfeilen abgeschossen werden wollte, hinabsteigen konnte. ... se saettato

esser non voleva

steht hier f ü r : se non voleva che fosse

saettato

. . .

Passivauffassung finden w i r aber auch bei rein objektiver Wiedergabe eines Sachverhaltes. Dee. III, 1, 223 : et in tra l'altre una notte vide il re uscire della sua camera inviluppato in un gran mantello, et aver dall 'una mano un torchietto acceso, e dall 'altra una bacchetta, et andare alla camera della reina, e senza dire alcuna cosa percuotere una volta o due l'uscio della camera con quella bacchetta, et incontanente essergli aperto, e toltogli di mano il torchietto. ... sah er in einer Nacht, wie der König aus seinem Zimmer herausging ... und wie er, ohne etwas zu sagen, mit jenem Stäbchen ein- oder zweimal an die Türe der Kammer klopfte, und wie ihm sofort aufgemacht und die Fackel aus der Hand genommen wurde. Conv. III, VII, 3: Vedemo la luce del sole, la quale è una, da uno fonte derivata, diversamente da le corpora essere ricevuta; ... Wir sehen, daß das Licht der Sonne, welches ein einziges ist und von einer Quelle abgeleitet, auf verschiedene Weise von den Körpern empfangen wird. 2) Präsens Konjunktiv. Hier läßt die modale Nebenbedeutung den Unterschied zwischen ,Sein* und , Werden' zurücktreten. Statuti dei disciplinati di Maddaloni, Mon. 138, 24: chillo chi è da fore, dica: laudato sia Jhesu Christo; et sy no lo laudasse, no li sìa aperta la porta. Derjenige, welcher draußen ist, soll sagen: gelobt sei Jesus Christus; und wenn er ihn etwa nicht lobt, dann soll ihm die Tür nicht aufgemacht werden. Lauda dei disciplinati di Gubbio e d'Assisi, Mon. 146, VI, G, 91 : Gridando lo popolo a remore: / sia vaccio crocefixo el latro; / Barabam el traditore / prima de lui sia lassato. Während das Volk mit Lärmen schrie: Der Verbrecher soll schnell gekreuzigt werden; ... Conv. IV, II, 16: nel trattato prima si ripruova lo falso, acciò che, fugate le male oppinioni, la veritade poi più liberamente sìa ricevuta, in dem Traktat wird zunächst das Falsche widerlegt, damit, nachdem die falschen Meinungen verjagt sind, die Wahrheit dann freier aufgenommen werde. Dee. IV, 6, 335 : Già Dio non voglia che cosi caro giovane, e cotanto da me amato e mio marito, che io sofferi che a guisa d'un cane sia sepellito, o nella strada in terra lasciato. ..., daß ich es dulde, daß er wie ein Hund beerdigt werde oder auf der Straße zu Boden liegengelassen verde. 3) Präsentischer Bedingungssatz. Auch im präsentischen Bedingungssatz überwiegt in den meisten Fällen die Aussage der Bedingung und der Unterschied zwischen Zustand und Vorgang wird unwesentlich.

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Essere + Part. Perf. Passiv Guidotto da Bologna, Mon. 57,210: perché nè ll'uomo non può essere de gran bontà, se prima non usa, nè 1 puledro, se prima non è domato, weil der Mensch nicht von großer Güte sein kann, wenn er sie vorher nicht anwendet, und auch das Füllen nicht, wenn es nicht vorher gelähmt wird. Conv. II, I, 10 : si come impossibile la forma de l'oro è venire, se la materia, cioè lo suo subietto, non è digesta e apparecchiata; e la forma de l'arca venire, se la materia, cioè lo legno, non è prima disposta e apparecchiata, so wie es unmöglich ist, daß die Form des Goldes herauskomme, wenn die Materie, d. h. sein Subjekt, nicht verwandelt und zubereitet wird; und daß die Form der Truhe herauskomme, wenn die Materie, d. h. das Holz, nicht vorher %ugerüstet und zubereitet wird. Conv. II, 1,12: Ancora è impossibile però che in ciascuna cosa, naturale ed artificiale, è impossibile procedere, se prima non è fatto lo fondamento... Dazuhin ist es unmöglich deswegen, weil es in jeder, natürlichen und künstlichen, Sache unmöglich ist, vorzugehen, wenn nicht zuvor der Grund gelegt ist (wird). Dee. I, 7, 90: Bella cosa è, valorose donne, il ferire un segno che mai non si muti, ma quella è quasi maravigliosa, quando alcuna cosa non usata apparisce di subito, se subitamente da uno arciere è ferita. ..., aber das ist fast wunderbar, wenn irgendeine ungewöhnliche Sache plötzlich erscheint, wenn sie von einem Bogenschützen getroffen wird.

4) D e r U r h e b e r d e r H a n d l u n g ist a n g e g e b e n . D u r c h die A n g a b e des U r h e b e r s d e r H a n d l u n g w i r d a u c h auf d i e H a n d l u n g selbst h i n g e w i e s e n . D i e K o n s t r u k t i o n b e k o m m t einen d y n a mischen Charakter. Conv. III, VII, 5 : Così la bontà die Dio è ricevuta altrimenti da le sustan^e separate, cioè da li Angeli,... So wird die Güte Gottes anders empfangen von den getrennten Substanzen, d. h. von den Engeln... Conv. II, VIII, 13: con ciò sia cosa che immortale convegna essere lo rivelante, ..., e quello ch'i mosso o vero informato da informatore immediato debba proporzione avere a lo informatore, und das, was bewegt oder gebildet wird von einem unmittelbaren Bilder... Conv. I, I, 11 : Per che ora volendo loro apparecchiare, intendo fare un generale convivio di ciò ch'i'ho loro mostrato, e di quello pane ch'è mestiere a cosi fatta vivanda, sanza lo quale da loro non potrebbe esser mangiata. ... ohne welches es von ihnen nicht gegessen werden könnte. Conv. III, IV, 4: di ciò è da biasimare la debilitade de lo'intelletto e la cortezza del nostro parlare : lo quale per lo pensiero è vinto, si che seguire lui non puote a pieno, ... ..., welcher vom Gedanken übertroffen wird... Dee. IV, 2, 308 : ..., nè se ne dee di voi maravigliare alcuna, con ciò sia cosa che io, vivendo, ogni ora mille morti sento, nè per tutte quelle una sola particella di loro m'i data. ..., noch wird mir von allen jenen nur ein kleiner Teil von Vergnügen gegeben. 5) G e n e r e l l e s u n d iteratives G e s c h e h e n . D a s Präsens v o n essere + P a r t . P e r f . Pass, k a n n n i c h t n u r d e n f e r t i g e n Z u s t a n d s o n d e r n a u c h die a l l g e m e i n g ü l t i g e H a n d l u n g (generelles G e schehen) o d e r die sich w i e d e r h o l t abspielende H a n d l u n g a u s d r ü c k e n . D a n n h a b e n w i r ein V o r g a n g s p a s s i v v o r u n s .

Essere + Part. Perf. Passiv

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Poemetto didattico, Mon. 48, 14: E brigar e usar co le puitane è mortai peccà; / l'anima e 1 corpo sì > 'è forto damnà. Mit den Dirnen zu buhlen und zu verkehren ist eine Todsünde ; / die Seele und der Körper werden davon sehr geschädigt. Brunetto Latini, Mon. 82, IUI, 143 : altressl dicemo che quelle cose, sopra le quali s'adopera questa arte, e il savere ch'è apreso dell'arte, sono materia di rectorica. Ebenso sagen wir, daß diese Dinge, auf die diese Kunst angewandt wird, und das Wissen, das aus der Kunst gelernt wird, Stoff der Rhetorik sind. Conv. I, I, 7 : Oh beati quelli pochi che seggiono a quella mensa dove lo pane de li angeli si manuca! e miseri quelli che con le pecore hanno comune cibo! Ma però che ciascuno uomo a ciascuno uomo naturalmente è amico, e ciascuno amico si duole del difetto di colui ch'elli ama, coloro che a così alta mensa sono cibati non sanza misericordia sono inver di quelli che in bestiale pastura veggiono erba e ghiande sen gire mangiando. ..., diejenigen, welche bei so hohem Tische gespeist werden, sind nicht ohne Mitleid gegenüber denen, welche ... Jac. da Todi, Mon. 147; III, 39: Puoi ke la nona è cantata, / la mia mensa apparecchiata; I onne croste è aradunata / per enpir mio stomacone. Wenn dann die Nona gesungen ist, wird mein Tisch zubereitet; jede Kruste wird gesammelt, um meinen Magen zu füllen. Dee. I, 9, 97: Signor mio, io non vengo nella tua presenza per vendetta che io attenda della ingiuria che m'è stata fatta, ma in sodisfacimento di quella ti priego che tu m'insegni come tu sofferi quelle le quali io intendo che ti son fatte, acciò che, da te apparando, io possa pazientamente la mia comportare: bitte ich dich, daß du mir zeigst, wie du jene erträgst, die, wie ich höre, dir zugefügt werden, ... 6) Passiv Präsens in den Überschriften. In den Überschriften wird der Inhalt kurz angegeben. Dabei werden nicht Zustände geschildert, sondern das Geschehen rollt knapp zusammengerafft ab. In diesem Fall kann Subjekt + essere im Präsens -fPart. Perf. Pass, eines perfektiven Verbs allein im Syntagma stehend ein echtes Vorgangspassiv sein. Dee. IV, 7, 338 (Uberschrift) : La Simona ama Pasquino : sono insieme in uno orto : Pasquino si frega a' denti una foglia di salvia e muorsi: è presa la Simona, la quale, volendo mostrare al giudice come morisse Pasquino, fregatasi una di quelle foglie a' denti, similmente si muore. Die Simona liebt Pasquino: sie sind zusammen in einem Garten: Pasquino zerreibt sich ein Salbeiblatt an den Zähnen und stirbt: die Simona wird gefangengenommen, welche, als sie dem Richter zeigen wollte, wie Pasquino starb, und nachdem sie sich eines dieser Blätter an den Zähnen zerrieben hatte, auch stirbt. Der ganze Vorgang wird im Präsens erzählt, und alle Verbformen dienen zur Wiedergabe des Vorgangs, auch die, die normalerweise nur den Zustand ausdrücken. In diesem Satztypus liegt aber nicht ein historisches Präsens v o r , wie man zunächst glauben könnte, sonst müßten die Nebenumstände im Imperfekt stehen. Dies ist aber nicht der Fall, wie der folgende Satz zeigt :

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Essere + Part. Peri. Passiv Dee. III, 8, 267 : Ferondo, mangiata certa polvere, è sotterrato per morto ; e dall'abate, che la moglie di lui si gode, tratto della sepoltura, è messo in prigione, e fattogli credere, che egli è in purgatóro ; e poi risuscitato, per suo nutrica un figliolo dello abate, nella moglie di lui generato. Ferondo ißt ein gewisses Pulver und wird als tot begraben; und von dem Abt, der sich an seiner Frau ergötzt, aus dem Grab gezogen, wird er ins Gefängnis gesteckt, ... Vergleiche dagegen den Satz mit historischem Präsens : Bonvesin da Riva; Mon. 131, III, 37: Quand fo crescudho Alexio, una sposa gh'i dadha, / la qual dra ca de l'imperio zentilmente era nadha. Als er erwachsen war, wurde (wird) ihm eine Frau gegeben, welche edel geboren war aus dem Kaiserhaus. Dee. V, 7, 400: Teodoro, innamorato della Violante figliuola di messere Amerigo suo signore, la 'ngravida, et é alle forche condannato; alle quali frustandosi essendo menato, dal padre riconosciuto e prosciolto, prende per moglie la Violante. Theodor, der in die Violante, die Tochter des Meisters Amerigo, seines Herrn, verliebt ist, macht sie schwanger und wird den Gabeln verurteilt; ... Dee. IV, 4, 323: Gerbino, contra la fede data dal re Guiglielmo suo avolo, combatte una nave del re di Tunisi per tórre una sua figliuola, la quale uccisa da quegli che su v'erano, loro uccide, et a lui è poi tagliata la testa. ... und ihm wird dann der Kopf abgeschlagen.

Wir haben Fälle angegeben, w o die Verbindung essere + Part. Perf. Pass, eines perf. Verbs als Vorgangspassiv angesehen wird. Aber auch unter den angeführten Bedingungen kann es zuweilen vorkommen, daß die Verbindung als adjektiv-zuständlich betrachtet wird. Dies ist ein Zeichen f ü r den prinzipiell zuständlichen Charakter der Verbindung. Nur manchmal erscheint er durchbrochen. Die Voraussetzungen f ü r diese Durchbrechung sind aber nicht absolut bindend. Auch da erscheint immer wieder das Stativum. Fälle, in denen gegen die Generalregel essere + Part. Perf. Pass, eines perfektiven Verbs den Zustand ausdrückt: 1) Es ist schon darauf hingewiesen worden, daß das Passata remoto auch stativischen Charakter haben kann. 2) Futur: Conv. I, I, 4: L'altra è lo difetto del luogo dove la persona è nata e nutrita, che tal ora sarà da ogni studio non solamente privato, ma da gente studiosa lontano. Der andere (Grund) ist die Unzulänglichkeit des Ortes, wo die Person geboren und großgezogen ist, denn manchmal wird er nicht nur jeden Studiums beraubt, sondern auch fern von allem gelehrten Volk sein. Conv. I, I, 14 : La vivanda di questo convivio sarà di quattordici maniere ordinata,... Die Speise dieses Gastmahls wird auf vierzehn Arten zubereitet sein. Hier soll ein Zustand ausgesagt werden und nicht der Vorgang. 3) Konditional : Conv. III, XV, 9: Avrebbelo anco la Natura fatto indarno, però che non sarebbe ad alcuno fine ordinato. Dazuhin hatte ihn die Natur vergeblich gemacht, weil er nicht auf ein Ziel hin angeordnet wäre.

Essere + Part. Perf. Passiv

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Dee. I, introd. 48: Et oltre a questo ne seguio la morte di molti che per avventura, se stati fossero atati, campati sariino: ... Und überdies folgte daraus der Tod vieler, die, wenn ihnen geholfen worden wäre, vielleicht gerettet (worden) wären. Hier drückt die Konditionalform von essere + campato den erreichten Zustand mit der v o r h e r g e h e n d e n Handlung aus, aber nicht das Vorgangspassiv der Gleichzeitigkeit. 4) Konjunktiv Imperfekt: Il Mare Amoroso, Mon. 112, 32: E sse non fosse anchora conquistata / La valle di Falsamonti di Morghana / Io la chonquisterei per Lancialotto; Und wenn das Tal von Falsamonti di Morghana noch nicht erobert wäre, würde ich es für Lancelot erobern. Hier hat der Konjunktiv Imperfekt irreal-konditionale Funktion, drückt aber einen Zustand aus und keinen Vorgang. So auch : Dee. V, 7, 405 : ma nondimeno mandò correndo là dove la figliuola era, acciò che, se fatto non fosse il suo comandamento, non si facesse. Aber trotzdem schickte er eilends jemand dorthin, wo die Tochter war, damit sein Befehl, wenn er noch nicht ausgeführt sei, nicht ausgeführt werde. Dee. IX, 9, 640 : et in brieve niuno osso nè alcuna parte rimase nel dosso della buona donna, che macerata non fosse, und in kurzer Zeit blieb kein Knochen, noch irgendein Teil am Rücken der Frau übrig, der nicht zerschunden war. Dee. III, intr. 213: Quante e quali e come ordinate poste fossero le piante che erano in quel luogo, lungo sarebbe a raccontare; ... Wie viele und in welcher Art und in welcher Ordnung die Pflanzen gesetzt waren, welche ... 5) Auch in denjenigen Fällen des Präsens, w o die Verbindung normalerweise als Passiv angesehen wird, kann unter Umständen der erreichte Zustand ausgesagt werden. Infinitiv Präsens: Dee. II, 5, 139: Costoro ... cominciarono la fune a tirare, credendo a quella il secchion pien d'acqua essere appiccato. Jene fingen an, das Seil hochzuziehen, im Glauben, an ihm sei der Eimer voll Wasser befestigt. Dee. IV, 1, 303: Ghismonda, udendo il padre, e conoscendo non solamente il suo segreto amore esser discoperto, ma ancora esser preso Guiscardo, dolore inestimabile senti, et a mostrarlo... Als Ghismonda den Vater hörte und erkannte, daß nicht nur ihre geheime Liebe entdeckt sei, sondern dazuhin Guiscardo gefangen sei... Konjunktiv Präsens: In den folgenden Fällen drückt der Konjunktiv Präsens unserer Konstruktion nicht das gleichzeitige Vorgangspassiv, sondern die vergangene Handlung + ihr Resultat aus. Rainerio da Perugia, Mon. D. 7: lu quale tuttu vo confessate ke sete pagatu, renungando a l'aceptione del non numeratu pregu, (goè) ke vo non pogate dire di niun tempu che questu pregu no vo sia ben pagatu e numeratu daß ihr zu keiner Zeit sagen könnt, daß dieser Preis euch nicht gut befahlt und aufgezählt worden ist. Dee. VIII, 7, 560 : O sventurata, che si dirà da' tuoi fratelli, da' parenti e da' vicini, e generalmente da tutti i Fiorentini, quando si saprà che tu sii qui trovata ignuda ? O Unglückliche, was wird von deinen Brüdern, von den Verwandten und den Nach-

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Fieri + Part. Perf. Passiv barn und überhaupt von allen Florentinern gesagt werden, wenn bekannt wird, daß du hier nackt gefunden (worden) bist.

Der Urheber der Handlung ist angegeben und trotzdem liegt kein Vorgangspassiv vor in: Dee. IV, 1, 304: E benché contraria usanza poi abbia questa legge nascosa, ella non è ancora ¡olia via, nè guasta dalla natura ì è da' buon costumi;... Und obwohl ein gegenteiliger Gebrauch jenes Gesetz dann verborgen hat, so ist es doch noch nicht aufgehoben, noch von der Natur, noch von den guten Sitten verdorben. Dee. IV, 3, 322 : Tosto andianne dove determinato è da tua sorella che io ti meni, ... Bald wollen wir dahin gehen, wo von deiner Schwester bestimmt ist, daß ich dich hinführe, ...

Somit ist gezeigt, daß essere + Part. Perf. Pass, eines perfektiven Verbs nicht unbedingt und allgemein der Nachfolger des lateinischen synthetischen Passivs ist. Oft wird durch die génannte Konstruktion nicht das Vorsichgehen einer gleichzeitigen passivischen Handlung, sondern die vorausgehende Handlung und der aus ihr resultierende Zustand oder dieser Zustand allein ausgedrückt. Um dann das Geschehen einwandfrei darzustellen, muß die italienische Sprache zu andern Mitteln greifen.

Fieri + Partizip Perfekt Passiv Dee. VIII, 10, 600: e se io non mando tosto i denari, la mercatanzia ne fia portata a Monaco ; e non ne riavrò mai nulla ; und wenn ich nicht bald die Gelder schicke, wird die Ware nach Monaco weggeschafft werden; und ich werde nie etwas davon bekommen.

Zum Ausdruck der Passividee steht hier also das Part. Perf. Pass, begleitet von der finiten Form eines Hilfsverbs, das lateinisch fieri fortsetzt. Lautlich geht fia auf die lateinische Konjunktivform fiat zurück, hat aber an unserer Stelle und auch sonst allgemein bei Boccaccio die Funktion eines Futurums, wie ja auch der Kontext zeigt. Die Konstruktion drückt in der Regel das Vorgangs- oder das Zustandspassiv aus, ganz selten den Zustand ( = Stativ bei Reichenkron). Das liegt in ihrer Herkunft begründet: fieri ist im Lateinischen ein Hilfszeitwort, mit dessen Hilfe die Idee des Mediums ausgedrückt wird. Dazu nur zwei Beispiele nach Reichenkron (S. 7 und S. 39): Aus Plautus Capt. 1034: ubi boni meliores fiant. Und aus der späteren Cena Trimalchionis : Petr. 74, 4: Ut aeno coctus

fieret.

Das Medium aber ist ein Genus, das nur das Dynamische ausdrückt, die Veränderung, und nicht den erreichten Zustand (cf. Reichenkron, S. 6 f.). So ist es auch beim Passiv. In der Dynamik sind sich Passiv und Medium gleich. Der Unterschied zwischen diesen beiden Genera liegt in der Darstellung des Agens. Das Medium ist der Ausdruck einer Veränderung am Seienden unter Einwirkung einer mit unseren Sinnen nicht faßbaren

Fieri + Part. Perf. Passiv

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Kraft (vgl. Gamillscheg, Hist. Franz. Syntax. S. 328). Beim Passiv dagegen wird das Subjekt des Satzes von einer Handlung erfaßt, deren Ausgangspunkt sinnlich faßbar, wenn auch nicht immer genannt sein muß (1. c.). Der Gegensatz zwischen den Konstruktionen esse + to-Part. und fieri + to-Part. besteht darin, daß in der ersten Form die Idee der Entwicklung allein im Partizip liegen kann, während esse nur der Träger der Beziehungselemente ist. Hat dann das Partizip einwandfrei adjektivischen Charakter, kann die ganze Gruppe nicht die Dynamik ausdrücken. Bei der zweiten Form liegt die Idee der Veränderung schon im Hilfsverb. Man kann ganz allgemein sagen : Wenn es sich darum handelt, die Zweideutigkeit: fertiger Zustand - Vorgang zu vermeiden, eignet sich eine Medialform als Ersatz des Passivs. Ein Beispiel nur soll die mediale Verwendung von fieri im Altitalienischen zeigen: Poemetto didattico, Mon. 48, VIS.: Ki requere he vole 50 ke te digo, / no po stare ke no fia mendico; / intel paradiso no potrà intrare. Wenn einer erstrebt und will, was ich dir sage, ist kaum anzunehmen, daß er nicht Bettler wird: ins Paradies kann er nicht eintreten.

So ist denn fieri + Part. Perf. Pass, in alten norditalienischen Texten sehr häufig, ja die weitaus gebräuchlichste Form für den Ausdruck des Passivs. Besonders oft finden wir sie im Lombardischen. Nach einer Berechnung von M. Filzi, Sintassi dei dialetti italiani, in Studj romanzi XI, sind 90% der Passivformen bei Bonvesin da Riva, Libri, mit fir gebildet, 8% mit essere und 2% mit venire. Wir finden im Norditalienischen die Form im Indikativ Präsens, in der 1. Person: Bonvesin da Riva, Mon. 131, 53: Senza nexun perigoro eo Jhp ben acollegia, / eo sto molto mansoeta sor l'erba benedegia; / ma tu ste entre spine ascosa e destregia / co le man inrovedhae da illgo fi tollegìa. Ohne irgendwelche Gefahr werde ich gut gepflückt, ich stehe sehr sanft auf gesegnetem Gras; aber du stehst zwischen Dornen verborgen und eingeengt, mit zerkratzten Händen wirst du von dort genommen.

Der Satz liefert uns auch ein Beispiel für die 2. Person. 3. Pers. Singularis Patecchio, Mon. 45, 27 : N o fi tegnudo savio qi parla sovra man, / Da pi?ol ni da grande, da par ni da sovran. Es wird nicht für weise gehalten, wer übermäßig spricht, weder vom Kleinen, noch vom Großen, von Seinesgleichen nicht und auch nicht vom Höherstehenden.

3. Pers. Pluralis: Parlamenti ed Epistole, Mon. 135, II, 7: cun zo sya cosa che tuge li citayn de la tera nostra fi^am sì agravi de le spexe del Cornuti, corno è de fore, de tale e de dazite, che... sintemalen alle Bürger unseres Landes so von den Ausgaben der Gemeinde bedrückt werden, daß ...

Indikativ Präsens unpers. Passiv: Panfilo in antico veneziano, Monaci 54, 57 : El fi dito et eu lo confesso ben k'ela è nada de plui gentil generacione de mi, ... Es wird gesagt und ich bekenne es, daß ...

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Fieri + Part. Perf. Passiv

Konjunktiv Präsens: Mon. 123, 44: et una messa da zaschuno al pestuto fia oldua. und eine Messe werde von jedem gehört.

Infinitiv Präsens: Patecchio, Mon. 45, 61: Ki no vol fir enteso, e mato s'el favela. Wer nicht gehört werden will, ist närrisch, wenn er spricht.

Futur: Bonv. d. Riva, Mon. 131,1,177: Ancora sl sont humele, de grant devotion, / inverse la terra guardo a tal intention / azö k'eo recognosca la mia condition; / perzö fird exaltadha a tempo et a raxon.... deswegen werde ich erhoben werden, zur rechten Zeit und mit Recht. Giacomino da Verona, Mon. 128, II, 49: O misero sl, cativo, dolento, maleeto, / quelui c'a tal honor 14 dentro fira meso I derjenige welcher zu einer solchen Ehre dahinein gesetzt werden wird.

Konjunktiv Imperfekt: Bonv. da Riva: Mon. 131, II, 35: lo gordo ke mangia in pressa, ke mangia a boca plena, / quand el fisse appellao, el have responde a pena. der Vielfraß, der in Eile ißt, der mit vollem Munde ißt, wenn er angesprochen würde, könnte er kaum antworten.

Die Verwendung von fir als Hilfsverb zur Bildung des Passivs ist in den norditalienischen Mundarten so allgemein, daß nicht nur das Vorgangspassiv, sondern auch das Zustandspassiv damit gebildet wird, obwohl hier das essere-Passiv nicht zweideutig ist. Patecchio, Mon. 45, 95: Mai se 1 mat omo tase, q'el no diga niente, / Savio fi conputado per gran part de la ?ente. Aber wenn der Narr schweigt, so daß er nichts sagt, dann wird er für weise gehalten von einem großen Teil der Leute.

Gelegentlich finden wir die Konstruktion fir + to-Part. auch zur Angabe des Zustandes. Die Entwicklung geht hier umgekehrt wie bei euere + toPart. Dort ist beim perfektiven Verb die zuständliche Aussage das Primäre, während die Angabe des Dynamischen sich erst daraus entwickelt. Wir haben gesehen, daß zur eindeutigen Angabe des gleichzeitigen Vorgangs bei perfektiven Verben die Konstruktion essere + Part. Perf. Pass. ungeeignet ist. In diese Funktion rückt im Norditalienischen die Fügung fir + Part. Perf. Pass. ein. Dann drückt sie auch das Zustandspassiv aus, also das Passiv imperfektiver Verben. Und vereinzelt sehen wir unsere Konstruktion dann die Funktion übernehmen, die den Zustand bei perfektiven Verben ausdrückt. Giacomino da Verona, Mon. 128, II, 117: E sl com entro l'aigua se noriso le pissi, / cosl fa en quel fogo Ii vermi maleiti, / ke a Ii peccaori ke fi Ii dentro missi, / mania i ocli e la bocca, le coxe e Ii gariti. Und wie im Wasser sich die Fische ernähren, so machen es an jenem Ort die verdammten Würmer, denn den Sündern, die da hineingebracht sind, fressen sie die Augen und den Mund, die Schenkel und die Waden.

Fieri + Part. Peri. Passiv

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Hier könnte man allerdings auch die Form fi missi als generelles oder habituelles Präsens ansehen . . . „die immer wieder dahinein gebracht w e r d e n , . . . " Aber im folgenden Satz liegt ein einmaliges Ereignis v o r : Bonvesin da Riva, Mon. 131, III, 101 : Per molte partie del mondo li servi en spantegai, / ke van cercando Alexio, per ki iIli fin mandai; / de li quai alguanti in Edissa quand illi fon arivai, / a una grand lemosina li poveri fon giamai. Durch viele Teile der Welt sind die Diener zerstreut, die Alexius suchen, nach dem sie ausgeschickt sind; ... Diese Ausdehnung hat unsere Konstruktion im Toskanischen bei weitem nicht. In toskanischen Texten finden wir sie nur einmal zum Ausdruck des Indikativ Präsens in Mare Amoroso, Mon. 112, 227 : Poi intrerei chon voi in quella barchetta / E mai non finirei d'andar per mare, / Infin ch'i' mi vedrei oltre quel braccio / Che fie chiamato il braccio di Saufì per tutta gente, , Bis ich mich jenseits jenes Armes sähe, der von allen Leuten der Arm von Saufl genannt wird, ... und einmal zum Ausdruck des K o n j u n k t i v Präsens: Mare Amoroso, Mon. 112, 195: E bene apare / Che la vostra persona fie nomata j Gioja sopra gioja d'amirare, / Piagenza somma e 1 chore valenza fina, / ... Und es scheint wohl, daß eure Person genannt wird Freude über Freude zu bewundern, höchstes Vergnügen... In der Regel aber wird mit der Form die lautlich auf lat. Konjunktiv Präsens zurückgeht die Zeitstufe des Futurs ausgedrückt. Brunetto, Tesoretto, Mon. 82, II, 456ff.: ma non sarà per rima, / chom è scritto di prima; / ma per piano volghare / ti fie detto l'affare ... Es wird aber nicht in Reimen sein, wie's vorher geschrieben steht, sondern in klarer Volkssprache wird dir die Sache gesagt »erden. Guidotto da Bologna, Mon. 57, 119 : Se questo reo huomo, ch'è ora caduto alle mani del comune, non fie punito per voi, et de le vostre mani camperà, incontanente, sicome leone o altra crudele bestia scatenata, andrà per la città et per lo contado uccidendo et rubando... Wenn dieser böse Mensch, der nun in die Hände der Comune gefallen ist, nicht durch euch bestraft werden wird, und aus euren Händen entkommen wird, wird er sofort wie ein Löwe oder sonst eine losgelassene Bestie tötend und raubend durch die Stadt und die Grafschaft ziehen... Dante, Inf. III, 76: Ed elli a me: „Le cose ti fier conte, / quando noi fermerem li nostri passi / su la trista riviera d'Acheronte". Und er zu mir: „Die Dinge werden dir erzählt werden, wenn wir unsere Schritte anhalten werden am traurigen Gestade des Acheron." Dies waren Beispiele f ü r das Passiv Futur. Daneben besteht die ursprüngliche Funktion des Mediums, also dann des Futurs des Mediums, in: Dante, Purg. VII, 46ff. : Anime sono a destra qua remote: se mi consenti, io ti merrò ad esse, e non sanza diletto ti fier note. Seelen sind hier zur Rechten abseits : Wenn du mir zustimmst, werde ich dich zu ihnen führen, und nicht ohne Freude werden sie dir bekannt werden.

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Fieri + Part. Perf. Passiv Inf. VI, 103: ,,... Maestro, esti tormenti / cresceranno ei dopo la gran sentenza, / o fier minori, o saran si cocenti ?" Meister, diese Schmerzen, werden sie zunehmen nach dem großen Urteil, oder werden sie geringer werden, oder werden sie so brennend sein?"

Die Beispiele, in denen mit der Konjunktivform von fieri das Passiv oder das Medium des Futurs ausgedrückt wird, sind bei Dante sehr selten. In der Mehrzahl der Fälle wird mit der Konstruktion das Aktiv Futur ausgedrückt. Beispiele : Conv. I, III, 2: chè lo mio scritto, che quasi comento dir si può, è ordinato a levar lo difetto de le canzoni sopra dette, ed esso per sè fia forse in parte alcuna un poco d u r e . . . . ; denn meine Schrift, die man fast einen Kommentar nennen kann, ist angelegt, um die Mängel der obengenannten Lieder aufzuheben, und sie wird selbst an sich zum Teil ein wenig schwer sein. Conv. III, IV, 3 : per chè è da vedere che, a rispetto de la veritade, poco fia quello che dirà. ..., woraus zu ersehen ist, daß im Vergleich zur Wahrheit das, was er sagen wird, wenig sein wird. Conv. III, IV, 4: Poi quando dice: ,Però, se le mie rime avran difetto', escusomi da una colpa de la quale non deggio essere colpato, veggendo altri le mie parole essere minori che la dignitade di questa; e dico che se difetto fia ne le mie rime, cioè ne le mie parole che a trattare di costei sono ordinate, di ciò è da biasimare la debilitade de lo 'ntelletto e la cortezza del nostro parlare... Wenn dann geschrieben steht: „Doch wenn meine Reime einen Fehler haben, werden" weise ich eine Schuld von mir, wegen der ich nicht beschuldigt werden darf, wenn einer sieht, daß meine Worte geringer sind als die Würde dieses (Gegenstands) ; und ich sage, daß wenn ein Fehler in meinen Reimen sein wird, das h.. ißt in meinen Worten, die dazu bestimmt sind, von ihr zu handeln, so ist deswegen die Schwachheit des Verstandes und die Beschränktheit unseres Sprechens zu tadeln ...

Früher schon wird die fia-Form aktivisch verwendet: Brun. Lat., Rime e prosa, Mon. 82, II, 452ff.: ma quando fie stagione, / udirai la chagione I del ciel, chom è ritondo, / e del sito del mondo. Aber wenn es Zeit sein wird, wirst du den Grund des Himmels hören, wie er rund ist, und den der Lage der Welt.

Gleich darauf wird die Form passivisch gebraucht. Vers 458: ma per piano volghare / ti fie detto l'affare... sondern durch die klare Volkssprache wird dir die Sache gesagt werden.

Bei Boccaccio nun finden wir sowohl die aktivische wie die passivische Bedeutung unserer Konstruktion. Aktivisch : Dee. IV, 4, 325: e se innamorati stati siete o sete, leggier cosa vi fia comprendere il mio disio. ... und wenn ihr verliebt gewesen seid oder es seid, wird es euch ein Leichtes sein, mein Sehnen zu verstehen. Dee. II, 5, 137: ..., dissero fra sè: Veramente in casa lo Scarabone Buttafuoco fia stato questo. ..., sie sagten unter sich : Wahrhaftig, das wird im Hause des Scarabone Buttafuoco gewesen sein.

Fieri + Part. Perf. Passiv

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Dee. II, 8, 183: e se quello che promesso m'avete o in un modo o in un altro non segue, state sicura che la mia vita fia brieve. und wenn das, was ihr mir versprochen habt, auf die eine oder andere Weise nicht folgt, dann seid sicher, daß mein Leben kurz sein wird. Passivisch : Dee. I, 6, 90 : per che, se per ogn'una cento ve ne fieno rendute di là, voi n'avrete tanta che voi dentro tutti vi dovrete affogare..., denn wenn euch für jede hundert wiedergegeben werden, werdet ihr so viel davon haben, daß ihr alle drin werdet ertrinken müssen. Dee. II, 4, 124: Ben so che, pure a quella avendo riguardo, con menor diligenzia fia la mia udita; ma altro non potendo, sarò scusata. Ich weiß wohl, daß, wenn man nur auf jene achtgibt, die meine mit weniger Aufmerksamkeit angehört werden wird; aber da ich nichts anderes kann, werde ich entschuldigt werden. Dee. V, 7, 402: Come vuoi tu, donna mia, che io qui dimori? la tua gravidezza scoprirrà il fallo nostro : a te fia perdonato leggiermente, ma io misero sarò colui a cui del tuo peccato e del mio converrà portare la pena. ... dir wird leicht verliehen werden, aber ich werde derjenige sein, der für deine Sünde und für die meine die Strafe wird tragen müssen. W i r finden mit der Form das Zustands- und das Vorgangspassiv ausgedrückt. Zustandspassiv: Dee. X, 10, 712: ..., se da voi non fia come donna onorata, voi proverete con gran vostro danno quanto grave mi sia l'aver contra mia voglia presa mogliere a' vostri prieghi. ..., und wenn sie von euch nicht als eure Herrin geehrt werden wird, werdet ihr zu eurem großen Schaden erproben, wie lästig es mir ist, gegen meinen Willen auf eure Bitten eine Frau genommen zu haben. Vorgangspassiv : Dee. VIII, 10, 600: e se io non mando tosto i denari, la mercatanzia ne fia portata a Monaco ; e non ne riavrò mai nulla, und wenn ich nicht bald die Gelder schicke, wird die Warenach Monaco geschafft werden und ich werde nie etwas davon bekommen. Es ist also so, daß fia usw. die Funktion eines Futurs v o n essere angenommen hat. Unterschiede des genus spielen dabei keine Rolle mehr. Das Medium wird damit bei Boccaccio nicht mehr ausgedrückt; mit dem Futur v o n essere wird ja auch das Medium nicht bezeichnet. Wenn die Konstruktion in die Funktionen des Futurs v o n essere einrückt, muß es auch möglich sein, einen in der Zukunft abgeschlossenen Zustand zu bezeichnen. So im folgenden Satz: Dee. VI, introd. 430: . . . ; e per ciò farai, quando finite fieno le nostre novelle, che tu sopr'essa dèi sentenzia finale. ... ; und deswegen wirst du das tun, wenn unsere Novellen beendet sein werden, daß du darüber dein Schlußurteil gibst. Das ist der Endpunkt einer Entwicklung, die beim Ausdruck des Mediums, also einer Veränderung begonnen hat. Eine Konstruktion nun, die der Form nach den K o n j u n k t i v darstellt in der Bedeutung aber das Futurum

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Venire + Part. Perf. Passiv

ausdrückt, also nur mehr als Relikt zu werten ist, die ferner für das Aktiv und für das Passiv gleichermaßen verwendet wird und dazuhin in ihrer letzten Entwicklung auch zum Ausdruck des Zustandes dient, ist sehr benachteiligt gegenüber anderen Konstruktionen, die sich als Ersatzformen zum Ausdruck des Passivs anbieten. So ist im Toskanischen das yfcn'-Passiv ganz verkümmert.

Venire + Part. Perf. Pass. I.

Die Form Dativ + venire + Part. Perf. Pass, und ihre Bedeutung in unseren Texten. II. Ist die genannte Konstruktion die Ausgangsform des Passivs ? III. Ist sie eine Weiterführung des reinen venire-Passivs ? IV. Wie kam es zu der Form ? V. Gegenüberstellung der beiden »¿wi-Konstruktionen (aktiv-modale Bedeutung - reines venire-Passiv). I. Die Form Dativ + venire + Part. Perf. Pass, und ihre Bedeutung in unseren Texten Dee. I, 4, 82: Fu in Lunigiana, paese non molto da questo lontano, uno monistero..., nel quale tra gli altri era un monaco giovane, il vigore del quale nè la freschezza, nè i digiuni nè le vigilie potevano macerare. Il quale per ventura un giorno in sul mezzo di, quando gli altri monaci tutti dormivano, andandosi tutto solo dattorno alla sua chiesa, la quale in luogo assai solitario era, gli venne veduta ma giovinetta assai bella, forse figliuola d'alcuno de' lavoratori della contrada, la quale andava per gli campi certe erbe cogliendo: nè prima veduta l'ebbe, che egli fieramente assalito fu dalla concupiscenza carnale. Es war in Lunigiana, einem Land nicht weit weg von diesem, ein Kloster..., in dem unter anderen ein junger Mönch war, dessen Kraft und Frische weder die Fasten, noch die Nachtwachen mürbe machen konnten. Als dieser zufällig eines Tages gegen Mittag, während die andern Mönche alle schliefen, sich ganz allein in der Nähe seiner Kirche erging, welche an einem ziemlich einsamen Orte lag, erblickte er ¡ f ä l l i g (oder: kam ihm Gesicht) ein sehr schönes Mädchen, vielleicht die Tochter eines Arbeiters der Gegend, welche über die Felder ging und gewisse Kräuter sammelte: und kaum hatte er sie gesehen, so wurde er heftig angegriffen von fleischlichem Gelüste.

Der Mönch ist vor der zu untersuchenden Stelle dauernd Subjekt. Er steht im Mittelpunkt des Interesses. Es sieht nun so aus, als ob dann das Mädchen in den Mittelpunkt des Interesses trete und, da sie nicht selbst handelt, das Geschehen sich als an ihr vollziehend dargestellt werde, sie also das Subjekt einer passiven Handlung sei. So ist es aber nicht. ,La giovinetta' ist psychisches Objekt und das psychische Subjekt des Satzes ist in dem Dativ

Venire + Part. Perf. Passiv

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,gli'. Erst nachdem sie als Objekt genannt ist, kann das Mädchen auch als Subjekt in der folgenden Apposition und im Nebensatz erscheinen. Dann aber rückt der Mönch wieder in den Vordergrund und in dem Satz: 'nè prima veduta l'ebbe' ist der gleiche Gedanke ausgedrückt wie weiter oben: er sieht sie. Es besteht aber ein Unterschied zwischen ,nè veduta l'ebbe' und ,gli venne veduta'. In der Konstruktion Dativ + venire + Part. Perf. Pass, tritt zur Aussage, daß er sie sieht, der Gedanke des Zufälligen, so daß man übersetzen kann: „er sah zufällig", „es kam ihm zu Gesicht". So ist es auch in anderen Beispielen : Tavola Ritonda XXIII, S. 83: E venendo il terzo giorno che Tristano torna nel bagno, venitegli lasciata aperta la sua camera per dimenticanza, e la sua spada lasciò sopra lo letto suo ov'egli dormia; ... Und als der dritte Tag kam, da Tristan wieder ins Bad ging, ließ er sein Zimmer aus Verseben offen, und sein Schwert ließ er auf seinem Bett, in dem er schlief. Tav. Rit. XLV, S. 166: E Tristano mirando alla marina e raffigurandogli, cominciò a volgere la spada; e a quel punto, a Sagramorre venne mirato in quella parte; e vedendo rivolgere tanto quella spada, si lo mostra agli suoi compagni. Und während Tristan zur Küste schaute und sie erblickte, fing er an, das Schwert zu drehen; und in diesem Augenblick schaute Sagramore zufällig nach jener Seite; und wie er das Schwert umwenden sieht, da zeigt er es seinen Gefährten. Tav. Rit. LXXI, 258: E lo re mirando a quello che la cucciolina faceva, si maraviglia; e per lo molto molto riguardare che lo re faceva, sì gli venne raffigurato suo nipote Tristano; e più lo raffiguròe a uno segno il quale egli aveva nel suo braccio manco. Und wie der König auf das schaut, was das Hündchen tat, wundert er sich; und durch das viele viele Hinschauen, das der König tat, erkannte er zufällig seinen Neffen Tristan; und am meisten erkannte er ihn an einem Zeichen, welches er an seinem linken Arm hatte. Cecco Angiolieri, Son. buri. real. Son LXXXIV, S. 105 (cf. S e t t e r b e r g , andare, venire et tornare. Verbes copules et auxiliaires dans la langue italienne. Diss. Göteborg 1950). ... E si avvien talora, per avventura, eh''alquanti me ne vegnon uncicati; de' quali fo si gran manicatura, ch'anzi eh' i' gli abbia son quasi lograti : ché non mi piace '1 prestar ad usura a mo' de' preti e de' ghiotton frati. ... Und doch kommt es zuweilen etwa vor, daß ich einiges (sc. Geld) davon erhasche; und damit mache ich dann eine so große Schmauserei, daß ich es fast verbraucht habe, bevor ich es habe: denn nach der Art der Priester und der gefräßigen Mönche auf Wucher auszuleihen gefällt mir nicht. Fioretti di San Francesco, S. 6f. (cf. Setterberg, S. 109) : Jo ti comando per santa ubbidienza, che ogni volta che noi siamo insieme, tu mi riprenda e corregga dei miei difetti aspramente, di che san Francesco forte si maravigliò; perocché Frate Bernardo era di tanta santità, che egli l'avea in grande riverenza, e non lo riputava riprensibile di cosa veruna : e però d'allora innanzi san Francesco si guardava di stare molto con lui, per la detta ubbidienza, acciocché non gli venisse detto alcuna parola di correzione 8

Kontzi, Ausdruck

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Venire + Part. Perf. Passiv verso di lui, il qual egli conoscea di tanta santità: : und deswegen hütete sich der heilige Franz von nun an, viel mit ihm zusammen zu sein wegen des besagten Gehorsams, damit er (nämlich der hl. Franz) nicht zufällig irgendein Wort der Verbesserung sage gegen ihn, den er als einen so großen Heiligen kannte: ...

Sehr viele Beispiele f ü r unsere Konstruktion finden wir bei Boccaccio : Dee. I, 6, 88 : Per la quale sollecitudine per avventura gli venne trovato un bono uomo, assai più ricco di denari che di senno, al quale, non già per difetto di Fede, ma semplicemente parlando, forse da vino o da soperchia letizia riscaldato, era venuto detto un di ad una sua brigata, sè avere un vino si buono che ne berrebbe Cristo. Bei solchem Bestreben fand er zufällig einen biederen Mann, der eher reich an Geld als an Verstand war, welcher, nicht eben aus Mangel an Glauben, sondern weil er einfältig dahersprach, vielleicht vom Wein oder von übergroßer Freude erhitzt, bei einer Gesellschaft zufällig gesagt hatte (welchem ... entschlüpft war), er habe einen Wein, der so gut sei, daß sogar Christus davon trinken würde. Dee. VII, 8, 499 : Or pure, avendo molti pensieri avuti a dover trovare alcun modo d'esser con esso lui, e molto ancora da lui essendone sollicitata, le venne pensato di tener questa maniera. Nun aber, nachdem sie viel nachgedacht hatte, wie sie eine Möglichkeit finden könnte, um mit ihm zusammen zu sein, und nachdem sie von ihm darum bedrängt worden war, kam sie auf den Gedanken, folgenden Weg einzuschlagen: ... Dee. VI, 10, 457 : Vera cosa è che io porto la penna dell'Agnolo Gabriello, acciò che non si guasti, in una cassetta, et i carboni co' quali fu arrostito San Lorenzo in una altra; le quali son sì simigliami l'una all' altra, che spesse volte mi vien presa l'una per l'altra, et al presente m'è avvenuto : ; welche einander so ähnlich sind, daß ich oft die eine statt der andern aus Versehen nehme (mir oft die eine statt der andern in die Hände gerät). Zuweilen wird die an und f ü r sich schon in der Konstruktion enthaltene Idee des Zufälligen, des v o m logischen Subjekts nicht Beabsichtigten, bestätigt durch die adverbiale Wendung per avventura oder per ventura — zufälligerweise. So ist es in dem oben angeführten Beispiel voti Dee. I, 6, 88 und Dee. II, 5, 134: Andreuccio, dentro sicuramente passato, gli venne per ventura posto il pie sopra una tavola, la quale dalla contrapposta parte sconfitta dal travicello, con lui insieme se n'andò quindi giuso : ... Andreuccio ging sicher hinein und setzte zufällig den Fuß auf ein Brett, welches ... Sehr häufig ist die Konstruktion mit dem Partizip fatto. Während in den Verbindungen mit den Partizipien anderer Verben das logische Subjekt mit ganz geringer Stoßkraft an der Handlung beteiligt ist, die ohne Zutun des logischen Subjekts zustande kommt, ist in der Verbindung Dat. + venire -¡- Part. Perf. Pass, v o n fare bzw. fallire, dem Negativum dazu, das logische Subjekt willentlich an der Handlung beteiligt. Freilich genügt der Willen des log. Subjekts allein nicht, damit die Handlung zustande kommt. Gewisse günstige oder ungünstige Faktoren müssen zum Willen des Urhebers der Handlung dazutreten, damit sie stattfinde oder nicht. Und hier finden wir dann wieder das Moment des Zufälligen. Gli viene

Venire + Part. Perf. Passiv

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fatto heißt also es gelingt ihm d. h.: er strebt etwas an, und günstige außerhalb seines Willens liegende Faktoren tragen da%u bei, daß sein Willen %um Ziel führt. Beispiele : Novellino, LXXVI, S. 122: [Der Sultan schickt dem König Richard ein Pferd, das darauf abgerichtet war, den, der es besteigt, dem Sultan zuzuführen. König Richard läßt es von seinem Knappen besteigen.] Il fante non potendolo tenere, si si drizzò verso il padiglione del soldano a sua forza. Il soldano aspettava il re Ricciardo ma non li venne fatto. Da es der Knappe nicht halten konnte, wandte es sich mit seiner Kraft dem Zelt des Sultans zu. Der Sultan erwartete den König Richard, aber sein Plan kam nicht Zur Ausführung (das gelang ihm nicht, das vollbrachte er nicht). Tav. Rit. CXXXV, S. 518: E dimorando l'assedio in tale maniera, e lo re Marco non avendo più vettuvaglia da vivere, si pensò una sottilità, la quale gli era assai utile, se. gli fosse venuta fatta: , dachte er sich eine List aus, welche ihm sehr nützlich gewesen wäre, wenn sie ihm gelungen wäre. Rimatori bolognesi del trecento S. 190, lOff. : Ma tu te lassi sitare / per volere tore Barbiano / e per desfare Zoane d'A$$o / che no' t'è venuto fatto. ..., was dir nicht gelungen ist. Dante, Parad. XVII, 49: Questo si vuole e questo già si cerca, / e tosto verrà fatto a chi ciò pensa / là dove Cristo tutto di si merca. Das will man und das sucht man und wird bald dem gelingen, der das beabsichtigt, dort, wo man Christus täglich verkauft. Dino Compagni I, 20, S. 93: Messer Corso forte lo temea, perché lo conoscea di grande animo ; e cercò d'assassinarlo, andando Guido in pellegrinaggio a San Jacopo ; e non li venne fatto. Messer Corso fürchtete ihn sehr, weil er ihn als von großer Kühnheit kannte; und er suchte ihn zu ermorden, während Guido auf Wallfahrt nach Santiago ging ; aber es gelang ihm nicht. Villani, VII, LVII, 235 : Questi per suo senno e industria si pensò di sturbare il detto passaggio, e di recare la forza del re Carlo in basso stato, e in parte gli venne fatto; ... Dieser gedachte bei sich durch seinen Verstand und seine Umtriebe die genannte Überfahrt zu stören und die Macht des Königs Karl in geringen Stand zu versetzen, und zum Teil gelang es ihm.

Überaus häufig finden wir die Form im Decameron, nämlich 41 mal. Dee. II, 10, 202: E quello gli venne fatto, per ciò che... Und das gelang ihm, weil ... Dee. V, 4, 386 : Se quivi ti dà il cuore di venire, io mi credo ben far si che fatto mi verrà di dormirvi. Wenn das Herz es dir gibt, dorthin zu kommen, glaube ich wohl, es zu bewerkstelligen, daß ich es fertigkriege, dort schlafen. Dee. II, 2, l l l f . : Al bisogno ti fia venuto; che, se fallito non ci viene, per mio avviso tu albergherai pur male ; ... Das wird dir gerade recht gekommen sein, wenn es uns nicht mißlingt, wirst du heute nacht, meiner Ansicht nach, auch schlecht schlafen.

In der Konstruktion Dativ + venire + Part. Perf. Pass, hat also das Dativobjekt die Funktion des psychischen Subjektes, von dem die Handlung ausgeht, während das grammatikalische Subjekt vom Geschehen erfaßt wird, demnach das psychische Objekt darstellt, das von der Handlung direkt betroffen wird.

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Venire + Part. Perf. Passiv

Die durch die Konstruktion ausgedrückte Handlung hat einen Nebensinn, nämlich den des Zufälligen, nicht Beabsichtigten. Dieser Nebensinn kommt stärker zum Ausdruck in den Verbindungen mit Partizipien, die nicht fatto oder fallito sind. Bei diesen letzteren ist das psychische Subjekt willentlich an der Handlung beteiligt, damit diese aber zustande kommt, müssen noch weitere mehr oder weniger vom Zufall abhängige Bedingungen erfüllt sein. Schon Diez hat darauf hingewiesen, daß die Konstruktion Dat. + venire + Part. Perf. Pass. den Charakter des Zufälligen hat. Diez, Gramm, d. rom. Spr. III, S. 206: „Mit dem Dativ der Person kann venire auch ein zufälliges Ereignis andeuten". Zuletzt stellten dies R o h l f s (Hist. Gramm, d. it. Spr. II, § 735, S. 576) und S e t t e r b e r g , S. 103 fest: „II arrive ainsi que la construction passive avec .venire' et le complément indirect marquant la personne agissante exprime une notion accidentelle."

II. Ist die Konstruktion Dativ -f venire -f Part. Perf. Pass. die Ausgangsform des w«>£-Passivs ? Nach Rohlfs wäre unsere Konstruktion die Vorform des heutigen persönlichen ««/re-Passivs. Er schreibt Hist. Gramm. II, § 735: „Aus unpersönlichem venire + Partizip des Perfektes hat sich in Verbindung mit einem Dativ der Person im Altitalienischen eine neue passivische Ausdrucksform entwickelt."

Und weiter unten: „Eine weitere Phase der Entwicklung zeigt das Altvenezianische, z. B. ,varda ço qe te ven dato' .halte dir das, was dir gegeben wird' ..."

Demnach führte die Entwicklung von der Konstruktion Dativ + venire + Part. Perf. Pass. zum persönlichen twwVi-Passiv, auch des Venezianischen. Nun aber finden wir von der unpersönlichen Konstruktion mit venire, bei der das Dativobjekt den Urheber der Handlung bezeichnet im Venezianischen, ja überhaupt in den norditalienischen Mundarten, keine Spur. Hingen die beiden Konstruktionen historisch zusammen, müßten von der angenommenen ursprünglichen Konstruktion noch Reliktformen anzutreffen sein. Das reine venire-Passiv ist besonders im Altvenezianischen häufig. Dort finden wir überhaupt keine Belege für die Konstruktion Dat. -(- ve~ nire + Part. Perf. Pass. mit aktiv-modaler Bedeutung. Im Zentralitalienischen freilich finden wir die beiden Konstruktionen nebeneinander, müssen deswegen aber noch nicht annehmen, daß die eine sich aus der andern entwickelt hat. Wenn im Norditalienischen das persönliche venire-Passiv sich selbständig auf direktem Wege entwickelt hat, so wird das auch für das Mittelitalienische gelten. Es ist ja anzunehmen, daß die beiden Dialektgruppen den ersten Teil des Weges zur Bildung des reinen »«¡»«-Passivs

Venire + Part. Perf. Passiv

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gemeinsam haben. Ansätze zu einem persönlichen venire-Passiv finden sich schon im Vulgärlateinischen, ohne daß dort der Umweg über die Konstruktion mit dem Dativobjekt genommen wird. Im späten Latein entwickelt sich venire als Copula bzw. als Hilfsverb bei Adjektiven und Partizipien zum Ausdruck des Mediums. K n a u e r , Die Idee des Werdens im Sprachgebrauch der romanischen Völker; in Sprachkunde 1, S. 4ff., spricht von zwei Grundvorstellungen beim Ausdruck des Werdens, also des Mediums: von der passivischen und der aktivischen. Bei der passivischen Grundvorstellung wird das Subjekt, an dem sich eine Veränderung vollzieht, nur vom Vorgang erfaßt, ohne in irgendeiner Weise mitzuwirken. Der sprachliche Ausdruck dafür ist 1) die synthetische medio-passivische Form vom Typus nascitur - fit (dieses als selbständiges Verb genommen); 2) die analytische Form des fieri + Nomen. Sie findet sich vornehmlich in volkstümlichen Texten. Bei der aktivischen Vorstellung ist das Subjekt selbst noch mehr oder weniger an seiner Veränderung beteiligt oder wird das wenigstens durch die aktivische Form suggeriert. Knauer sagt dazu S. 4: „Es ist die Anschauung, das werdende Ding gehe aus eigener Kraft und geradezu mit eigenem Willen in den Zielzustand hinein."

Nach Knauer bringt besonders evadere diese Auffassung zum Ausdruck. Er führt u. a. an: evado miles (nach Sleumer) ich werde Soldat. Diese Funktion des Willentlich-in-einen-neuen-Zustand-Eintretens übernimmt dann venire. Freilich tritt die Idee des beteiligten Willens mit der Zeit immer mehr zurück 1 ) 2 ). Belege für die Entwicklung zum Medium finden wir besonders bei L ö f s t e d t , Studia Neophilologica XI, S. 180ff. In Properz, II, 34, 81: Non tarnen haec ulli venient ingrata legenti, Sive in amore rudis sive peritus erit Das wird keinem Leser unwillkommen sein, ob er nun in der Liebe neu oder erfahren sein wird,

hat venire eher noch einen metaphorischen Sinn als die Bedeutung des Mediums. Also: ,Das wird keinem Leser unerwünscht kommen.' Schon medialer ist venire in Properz, I, 18, 13f.: *) Vor allem Verben der Bewegung werden als Hilfsverben verwendet bei dieser aktivischen Ausdrucksweise der medialen Idee. Es mag hier nur darauf hingewiesen werden, daß auch unser deutsches werden ursprünglich die Bedeutung der Bewegung enthielt. Es ist sprachverwandt mit lat. vertere (cf. Kluge/Götze, Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, S. 871, a). Auch span. volver und ital. tornare werden ja medial verwendet. 2 ) Außerdem kann die „aktivische Handlungsidee" im Medium (Knauer, S. 5) durch die reflexive Form vom Typus ,facit se' wiedergegeben werden.

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Venire + Part. Perf. Passiv Quamvis multa tibi dolor hic meus aspera debet, Non ita saeva tarnen venerit ira mea,

was man schon übersetzen kann: Mag auch dieser raein Schmerz dir viel Bitteres schulden, so wird doch mein Zorn nicht so wild werden. A u c h SO Juvenal 7, 29: qui facis in parva sublimia carmina cella, ut dignus venias hederis et imagine macra. der du in einer kleinen Zelle erhabene Gedichte machst, damit du des Efeus und eines magern Bildes würdig werdest. S e t t e r b e r g f ü h r t S. 26 eine Stelle aus d e n v o n H e d f o r s h e r a u s g e g e b e n e n C o m p o s i t i o n e s ad t i n g e n d a m u s i v a a n , M. 10-20: Pisa et gribella et cum superius mitte in gabata auricalca. Et mitte in formo calido et sine flamma coce, ut non exeat foras, et post cola cum linteo mundu: Et si rara venerint, decoque ea(m) usque dum spissa fiant. Dies übersetzt Hedfors: Stoße und siebe sie (alle) durch und fülle sie samt dem oben erwähnten (Leinöl) in eine Schüssel aus Messing. Setze diese in einen warmen Ofen, erwärme (gelinde) ohne Flamme, so daß nichts überläuft, und seihe dann durch ein reines leinenes Tuch. Falls er noch (dünn ist, verdicke, bis es dickflüssig wird. Auch mediale Auffassung ist möglich: ... und wenn es dünn wird, laß es einkochen, bis es dickflüssig wird. A u c h f ü r die V e r b i n d u n g venire + P a r t . Perf. Pass. bietet u n s die g e n a n n t e Schrift v o n L ö f s t e d t Beispiele. N o c h eigentlich a u f z u f a s s e n ist venire in Prop. I, 5, 31 f.: Quare, quid possit mea Cynthia, desine, Galle, Quaerere: non impune illa rogata venit. Dies übersetzt W i l l i g e , Properz, Elegien, mit: Drum, o Gallus, laß ab, meiner Cynthia Macht zu erproben: wenn sie, beschworen, erscheint, glaub mir, so rächt es sich schwer. D i e m e d i a l e B e d e u t u n g ist zu e r k e n n e n i n Prop. I, 10, 25: Irritata venit, quando contemnitur illa, Nec meminit iustas ponere laesa minas: I n Williges Ü b e r s e t z u n g : Leicht gerät sie in Zorn, wenn sie glaubt, sie werde verachtet; wenn sie gekränkt ist, vergißt sie ihren Grimm nicht so bald. A u c h C o m p o s i t a v o n venire finden sich als H i l f s v e r b e n z u m A u s d r u c k des M e d i u m s . So devenire Anthimus 9, 34: Quomodo vaporata sie deveniat et sales cum mixti ... diffundantur. Daß es so verdampft werde... Anthimus 10, 21: Ne satis ustulentur, sed magis ut deveniant quasi vaporati. Nicht daß sie sehr verbrannt werden, sondern vielmehr, daß sie gewissermaßen verdampft

Venire + Part. Perf. Passiv

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Verden (besser noch daß sie verdampfen, um es klar von einem Passiv abzuheben). Anth. 15, 5: Nam si in ferventi aqua missa fuerint, albumen coagulatur et mediolum illud tarde sentit et devenit intemperatum. Denn wenn sie in siedendes Wasser gelegt werden, gerinnt das Eiweiß, und das Mittlere fühlt sich dumm an (?) und wird unmäßig (?) (ungesund?).

undpervenire, nach einem Beispiel, das Reichenkron, S. 40, zitiert: Et unusquisque filium suum litteras ad discendum mittat et ibi cum omni sollicitudine permaneat usque dum bene instructus perveniat. Und ein jeder soll seinen Sohn zum Studium der Wissenschaften senden, und er soll mit allem Eifer dabei bleiben, bis er wohl ausgebildet wird.

Dies ist nicht als Passiv aufzufassen, sondern: bis er in den Zustand des Wohl-

ausgebildetseins gerät. Nun führt Reichenkron für venire + Partizip noch drei Fälle an, die er als Medium ansehen möchte: Sie sind aus der Mulomedicina Chironis. Mul. Chiron. 157: Si equus de via coactus venerit, sie intellegis. Wenn ein Pferd durch den Weg erschöpft werden sollte, so erkennst du es. Mul. Chir. 158: Si iumentum de via coactum veniet et suffusionem in pedibus habuerit. Wenn ein Lasttier durch den Weg erschöpft wird und einen (Blut-) Unterlauf an den Beinen bekommt.

Es wird in den beiden vergangenen Beispielen also ausgesagt, daß das Tier in den Zustand der coactio gerät (coactio = durch Überanstrengung entstehender Krankheitszustand der Tiere; cf. Thesaurus Linguae Latinae .coactio'). Für dieses In-einen-Zustand-Geraten ist kein Urheber denkbar. Es handelt sich um eine mediale Veränderung. Anders ist es in dem dritten von Reichenkron angeführten Satz: Mul. Chir. 266: Hoc accidit ex corruptione sanguinis, quae Graeci diaftora appellant, tunc eibum, quem conceptum venire oportet in duas partes, ita ut natura postulat. Das kommt von der Verderbnis des Blutes, die die Griechen diaftora nennen, dann (erg. nimm) eine Speise, die in zwei Teilen eingenommen werden muß.

In diesem Beispiel gerät nicht jemand in einen Zustand, sondern es wird eine Handlung ausgesagt, deren Urheber denkbar ist: beim Einnehmen eines Medikaments, beim Zu-sich-Nehmen einer Speise ist jemand vorhanden, der willentlich einnimmt. Die Sache, die eingenommen werden soll, war vorher schon genannt und steht weiter im Mittelpunkt des Interesses. Es liegt ein Passivum vor. Der Übertritt des medialen Hilfsverbs venire in das Lager des Passivs ist also schon im Vulgärlateinischen eingeleitet. Die spätlateinischen Ansätze werden im älteren Italienischen weiter ausgebildet. Im Vulgärlatein entsteht ein venire-Medium - wir finden es auch im Italienischen wieder. Ganz allgemein besteht die Tendenz, das Passivum von den Mediumformen her zu bilden. Das konnten wir schon im Falle des /er/'-Passivs beobachten, und wir werden im Laufe unserer Arbeit noch mehrmals Gelegenheit haben, darauf hinzuweisen. Wie uns

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Venire + Part. Peri. Passiv

Mul. Chir. 266 zeigt, ist schon im Vulgärlateinischen der Übergang zum Passiv nachweisbar. Das Italienische entwickelt diesen Ansatz weiter. Die verschiedenen Stationen der Entwicklung: venire + Adjektiv = Medium - venire + to-Partizip mit stark adjektivischem Charakter = Medium venire + to-Partizip, dessen Verbindung zum Verb einwandfrei gefühlt wird = Medium - venire + to-Partizip = Passiv, finden wir als nebeneinander bestehende Formen im älteren Italienischen wieder. Beispiele für venire + Adjektiv = Medium: Enzo Re 14, Lazzeri S. 639: so che per me Pietà verta crudele. Ich weiß, daß wegen mir das Mitleid grausam würde. L'Intelligenza 202, Lazzeri S. 713: ed èv'Artù e Ginevra gioconda, / per cui '1 pro' Lancialotto venne pasgpt • • • und da ist Artus und die fröhliche Guenièvre, wegen der der tapfere Lancelot wahnsinnig wurde. Novellino, XVII, 31 : Piero tavoliere fu grande uomo d'avere, e venne tanto misericordioso, che prima tutto lo avere dispese a'poveri per Dio. Piero der Bankier war ein großer Mann von Besitz und er wurde so barmherzig, daß er zuerst um Gottes willen alle seine Habe den Armen verteilte. Uguccione da Lodi, Mon. 47, 140 : Mai stu no fussi cossi soaf e blando, / No creria qe Paul/or vegpù santo. Aber wenn du nicht so sanft und freundlich wärest, würde ich nicht glauben, daß Paulus heilig geworden wäre. Guittone D'Arezzo, Mon, 61, V, 46 ff. : In vita more e sempre in morte vive / omo fellon ch'è di ragion nemico; credendo venir rico ven mendico. Im Leben stirbt und immer im Tode lebt der böse Mensch, der der Vernunft Feind ist ; während er glaubt, er werde reich, wird er ein Bettler. Tenzone di F. da Camerino e di ser Cione Mon. 70, III, 7: ca per servire omo vene sagio e valente, / poniamo ched e' serva a lealtate. ... denn durch Dienen wird der Mensch weise und tüchtig, vorausgesetzt, daß er treu dient.

Weitere Beispiele führt Setterberg S. 78 ff. an. — Dante, Convivio I, VIII, 11 : ... : e questo non (si) può fare nel dono, se '1 dono per transmutazione non viene più caro; nè più caro può venire, se esso non è più utile ad usare al ricevitore che al datore : und das kann man beim Geschenk nicht machen, wenn das Geschenk durch den Wechsel nicht teurer wird, und teurer kann es nicht werden, wenn es für den Empfänger nicht nützlicher zu gebrauchen ist als für den Geber. Villani, V, VIII, 227 : E poi nel detto anno medesimo s'apprese il fuoco a san Martino del vescovo, e arse infino a santa Maria Ughi, e infino al duomo di santo Giovanni, con grandissimo danno della città, e non sanza giudicio di Dio, imperciocch' e' Fiorentinin erano venuti molto superbi per le vittorie avute sopra i loro vicini, ... ... und nicht ohne Urteil Gottes, denn die Fiorentiner waren sehr hochmütig geworden wegen der Siege, die sie über ihre Nachbarn davongetragen hatten. Vili. V, XXXIX, 259 : e già cominciavano a venire possenti:... und sie begannen schon mächtig zu werden. Dee. II, 1, 106: Li quali quivi non essendo stati giammai, ..., si maravigliarono, et udita la cagione per che ciò era, disiderosi vennero d'andare a vedere; ... welche, da sie noch nie hier gewesen waren, . . s i c h wunderten, und nachdem sie den Grund gehört hatten, weswegen das war, begierig wurden, hinzugehen und zu sehen, ...

Venire + Part. Perf. Passiv venire +

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to-Partizip mit stark adjektivischem Charakter:

Guittone d'Arezzo Ant. rime volg. II, CXLIII, 15ff.: Ma, poi nom posso, atendo / Ch'el pietoso Padre me sovengna / Di tal guisa, ch'io vengna / Palificato e mondo e di carn' e alma. Aber da ich nicht kann, warte ich, bis der barmherzige Vater mir hilft, derart, daß ich gereinigt und sauber werde an Leib und Seele. Novellino, XXVIII, 49f.: Lancialotto, quand'elli venne forsennato per amore della reina Ginevra, si andò in sulla carretta, e fecesi tirare per molte luogora; ... Als Lancelot wahnsinnig wurde aus Liebe zur Königin Guenièvre, ging er auf einen Karren und ließ sich durch viele Orte ziehen; ... venire +

to-Partizip, dessen V e r b i n d u n g z u m V e r b g e f ü h l t wird.

Tav. Rit. XCIII, 352: E allora gli cavalieri tutti vennero smarriti; e riconoscendo Briobris, gli contàro si come erano stati ingannati. Und da wurden alle Ritter bestürmt; und nachdem sie den Briobris erkannten, erzählten sie ihm, wie sie getäuscht worden waren. Villani, VI, XC, 132: Per lo senno e procaccio del buono romeo, prima gli maritò la maggiore al buono re Luis di Francia per moneta, dicendo al conte : „lasciami fare, e non ti gravi il costo, che se tu mariti bene la prima, tutte l'altre per lo suo parentado le mariterai meglio, e con meno costo." E così venne fatto, che incontanente il re d'Inghilterra per essere cognato del re di Francia, tolse l'altra per poca moneta: ... Und so geschah es, denn sofort danach nahm der König von England, um Schwager des Königs von Frankreich zu sein, um wenig Geld die andere. Bei venire fatto ist es schwer, eine Grenze zu ziehen z w i s c h e n M e d i u m u n d Passiv. E s soll zwar das reine G e s c h e h e n ausgesagt w e r d e n , aber es ist d o c h ein Urheber denkbar, der mehr oder w e n i g e r mitgedacht wird. Er tritt sehr zurück in J. da T o d i , Lauda X X I V , S. 49: Fatto lo giorno, ed io arcomenzava; qual più m'envalzava, - quella prendea; non venia fatto come pensava, adolorava - che nolla compia; el di se ne già - ed ecco la notte a darme le scorte - com' el' era usata. es geschah nicht, wie ich es dachte. E b e n s o i m f o l g e n d e n Beispiel: Villani, VII, LXXV, 261: ... a cautela di guerra lasciò in aguato di fuori da Messina due capitani con duemila cavalieri, affinchè levata l'oste, se quelli di Messina uscissono fuori per guadagnare della roba del campo, venissono loro addosso e entrassono nella terra; e se fatte venisse, ritornerebbe il re con sua gente incontanente. ...; und wenn das geschehen würde, würde der König sofort mit seinen Leuten zurückkehren. D a s G e s c h e h e n hat hier seine B e d e u t u n g auf das g ü n s t i g e G e s c h e h e n eingeschränkt, so daß w i r besser sagen: wenn das gelänge. I m f o l g e n d e n Beispiel tritt der Urheber mehr in den V o r d e r g r u n d , s o daß m a n zwar auch mediale A u f f a s s u n g vertreten kann - mit der Ü b e r s e t z u n g geschehen - , passive A u f fassung aber näher liegt.

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Venire + Part. Perf. Passiv Vili. V i l i , LXIII, 108: e sotto questo colore menarono il trattato segreto di fare pigliare in Anagna papa Bonifazio, spendendone molta moneta, corrompendo i baroni del paese e cittadini d'Anagna; e come fu trattato venne fatto: ... . . . ; und w i e es verhandelt wurde, so wurde es gemacht; besser noch: so wurde es ausgeführt.

Beim selben Villani finden wir auch einwandfreie Passivform bei andern Verben als fare: Vili. X, L X X I I , 94: Negli anni di Cristo 1328,..., dinanzi a Santo Pietro, Lodovico di Baviera che si facea chiamare imperadore, venne incoronato e parato coll'abito imperiale in sul pergamo, il quale era sopra le gradora di San Piero, . . . ... wurde gekrönt und auf der Kanzel mit dem kaiserlichen Gewand geschmückt.

Solch einwandfreies venire-Passiv finden wir auch vorher schon. Tav. Rit. CXXIV, 482 : Amore, chi ti serve, ne riceve gra' guidardone ; / E chi t'ama, ne viene meritato di buono talento; Amor, wer dir dient, empfängt reichen L o h n ; und wer dich liebt, wird gerne belohnt werden. Laudi inedite dei disciplinati umbri, S. 26, 67f. (cf. Setterb.) Pauper: Fallita t'è la tua speranza; / Va che veraie strangolato. Pauper: Deine Hoffnung ist zuschanden geworden; Geh, du wirst erhängt werden. Niccolò del Rosso, Son. buri, real., S. 218, Son XLII (cf. Setterb.): Non dèe cessare l'omo en sua vita di adoperar, quanto più pò, vertute : ché, quamvis molto siano isconossute per la tristicia del mondo infinita, pur uno et altro, cui la mente cita veritade, vi prendeno salute; e dignamente vengon retribute, quando l'anima en cielo si marita. doch der eine und der andere, die die Erinnerung wahrhaftig anführt, erhalten dort ihr Heil, und sie werden würdig belohnt, wenn die Seele im Himmel sich vermählt. Id. S. 222, Son. LI : E, s'alcun di mal fare vien represo, orgoglioso responde : - . . . Und wenn einer wegen seines schlechten Treibens getadelt wird, antwortet er hochmütig : - ... Id. S. 227, Son. L X : Chè, poi che gli guelfi de l'arme pronti siano, arditi e forti per rigala, vengon traditi sempre en ora mala : dalmazo degli ree dusi o conti I Denn da die Guelfen schnell bei den Waffen sind, kühn und stark an Regalien, werden sie immer zu ihrem Nachteil verraten: zum Schaden der Könige, Herzöge oder Grafen.

Venire + Part. Perf. Passiv

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Id. S. 229, Son. LXV: Non far dunque eh' a forza d'om possente italiani cum le lor dissensione, zentil papa, per manco di persone, vengan presi strutti tra vii zente. Mach doch nicht, daß durch die Gewalt eines mächtigen Mannes Italiener mit ihren Uneinigkeiten, o guter Papst, aus Mangel an Leuten, gefangen verden, aufgelöst zw. gemeinem Volk. Brunetto Latini, Rett. Comm. 76 (nach Shaw): Ben dico ch'alcuna volta il mandante non scrive la salutatione, o per celar le persone se la lettera venisse data altrui, o per alcuna cagione. Ich sage wohl, daß manchmal der Absender den Gruß nicht schreibt, entweder um die Personen zu verbergen, wenn der Brief etwa einem andern gegeben wurde, oder aus irgendeinem Grunde.

Und noch weitere Beispiele aus Villani: Vili. VII, CXXXVIII, 347: Nel detto anno del mese di novembre, essendo menato uno segreto trattato per gli Fiorentini, d'avere la città d'Arezzo per tradimento, subitamente in su l'ora di vespro sonando la campana a martello, ponendo la candela accesa alla porta, pena grandissima chi non fosse cavalcato innanzi ch'ella fosse consumata, i cittadini ch'aveano le cavallate, incontanente cavalcato e con loro soldati, e tutta la notte infino a Montevarchi, e la mattina a Civitella; e venia fornito il trattato, se non che uno che'l menava cadde d'uno sporto, e veggendosi alla morte, in confessione il manifestò al suo confessoro frate, ... und der Vertrag iväre erfüllt worden, wenn nicht einer, der ihn ausführte, von einem Vorsprung gefallen wäre... Vili. VI, LXXVIII, 109: In questo apparecchio, dell'oste de'Fiorentini, i sopraddetti maestri del trattato ch'erano in Siena, acciocché pienamente venisse fornito, anche mandarono a Firenze altri frati a trattare tradimento con certi grandi e popolani ghibellini... Während dieser Vorbereitung des Heeres der Florentiner schickten die obengenannten Meister des Vertrages, die in Siena waren, damit er voll erfüllt werde, auch andere Brüder nach Florenz, um Verrat mit gewissen Großen und gibelünischen Popolanen abzureden. Vili. VII, LXX, 255: I baroni veggendo il picciolo podere del re d'Araona appo la grande potenzia del re Carlo, sì furono molto sbigottiti, e feciono di loro parlatore messer Palmieri Abate, il quale ringraziò molto lo re di sua venuta, e che la sua promesso era venuta bene fornita, se fosse venuto con più gente d'arme, , welcher dem König sehr dankte für sein Kommen und (ihm sagte), daß sein Versprechen wohl erfüllt worden wäre, wenn er mit mehr Bewaffneten gekommen wäre.

Wir haben also im zentralitalienischen Raum die tw/r«-Passivform schon entwickelt. Sie ist zu erklären als aus dem Medium mit venire entstanden. Der Brücke über die Form Dativ + venire + Partizip bedarf es nicht. Sehr verbreitet ist unsere Form im Norditalienischen, besonders im Venezianischen, wo die Form mit dem Dativ fehlt. Aus diesem Sprachraum einige Beispiele: Cronica deli imperadori, 179, 1 b : Questa vision fo in la camera de Ottavian imperador, do-e mo la chiesia deli frar menor, la qual ven dita la chiesia de santa maria celi. ..., welche genannt wird die Kirche Sancta Maria Coeli.

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Venire + Part. Perf. Passiv

Weitere Beispiele mit venire + Partizip von dire finden sich in großer Zahl in dem genannten Text: 179, 2a; 180, 3a; 180, 3 b ; 181, 4a; 181, 5a; 188, 12b; 189, 14a; 191, 15b; 191, 16a; 193, 17b; 193, 18b; 201, 27b; usw. ... Auch mit andern Partizipien findet sich das venire-Passiv häufig: id. 194,19a:...; e per reverencia de San piero e deli altri santi pontifici, el beado silvestro ordena che nessun celebrasse sovra questo, se-1 non fosse veschovo, el qual infina anchoi ven observado; ma intro quella deponuda la mensa, solo el sommo pontefico celebra, la qual ven deponuda in cena domini, Zoe del segnor la zuoba santa, e no ven reponuda se non al sabbato santo driedo el batismo. ...; und aus Ehrfurcht vor dem heiligen Petrus und den andern heiligen Bischöfen ordnet der heilige Silvester an, daß keiner auf diesem die Messe lese, wenn er nicht etwa Bischof sei, und das wird bis heute noch eingehalten; wenn aber dann in jene hinein der Tisch abgestellt ist, zelebriert nur der Papst, welcher (sc. Tisch) aufgestellt wird zum Mahle Domini, d. h. des Herrn, am Gründonnerstag, und er wird erst wieder weggestellt am Karsamstag nach der Taufe.

Weitere Belegstellen aus der Cronica deli imperadori, sowie der Navigatio S. Brendani nennt Setterberg S. U l f . Ein Beispiel dafür, daß die venire-Fotm des Passivs im Venezianischen weiter verbreitet ist als im Toskanischen, bieten die Volgarizzamenti dei Distici di Catone, Mon. 51, wo die venezianische Handschrift S. 8f. bietet: aunora Ii toi parenti, varda 50 qe te ven dato, ... ehre deine Eltern, bewahre, was dir gegeben wird, ... für lat.: ..., serva datum...

wo die toskanischen Manuskripte haben: guarda quello che tV dato (T 22f.) u. a.

II Panfilo in Antico Veneziano, Mon. 54, 88 übersetzt lat. ,arte levatur honus' mit ,e per la arte si ven levado lo grande encargo'.

Auch in andern oberitalienischen Mundarten besteht unsere Konstruktion, so in Proverbia que dicuntur super natura feminarum, die Patecchio da Cremona zugeschrieben worden sind (Prov. Mon. 53, 5): Safai, per ogna femena ste cause no vien dite; wißt, daß für alle Frauen diese Dinge nicht gesagt werden.

Herzog liefert S. 154 noch weitere Beispiele aus dem Norditalienischen: Bonv. 3 scr. 74: donde el viene affolato - weswegen er bedrängt wird. Gir. Pat. 153 ke deu prega umelmente lo so preg vien auduo. - wer Gott demütig bittet, dessen Bitten wird erhört.

Das venire-Passiv läßt den Vorgang einwandfrei als Vorgang erscheinen. Es schließt die Zweideutigkeiten, die durch die Verwendung der Verbindung essere + Part. Perf. Pass. entstehen könnten, aus.

Venire + Part. Perf. Passiv

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III. Ist die Form Dativ + venire + Part. Perf. Pass. eine Weiterführung des reinen venire-Passivs? Setterberg stellt es in ihrer Dissertation S. 103 so dar, als ob unsere Konstruktion eine Weiterentwicklung des Passivs sei. Sie geht aus von einem Satz v o n Fr. Sacchetti, Nov. CXCVI, p. 346: La terza cosa fu che a Begnai venne trovato una borsa con quattrocento fiorini; und stellt dann fest: Begnai, sujet dans la phrase active, ,Begnai trovô una borsa' et Begnai complément indirect dans ,a Begnai venne trovato' gardent la même position en tête de phrase. C'est la même idée, mais examinée sous des angles différents, et le choix entre la construction active et la construction passive doit être déterminé par la situation. Dans les deux cas ,Begnai' est la personne agissante, ce qui nous permet de désigner le complément, il y a une différence de valeur entre cette expression de l'agent exprimé par le datif et celle introduite par une préposition, expression qui est la forme générale de l'agent. Le complément indirect exprime que la personne agissante met moins d'activité et agit pour ainsi dire sans initiative propre. Sa part dans l'action est moins intentionnelle. Il arrive ainsi que la construction passive avec venire et le complément indirect marquant la personne agissante exprime une notion accidentelle. Parce qu'elle n'est pas voulue, l'action se passe d'une façon imprévue ; le hasard a voulu que ,Begnai trouvât la bourse'. La présence de venire introduit cette nuance d'une action imprévue, car le verbe contient une nuance d'élan assez marquée supposant une sorte d'intervention qui peut être tout à fait accidentelle. Dazu ist zu bemerken: Die Beobachtung über die Bedeutung der Stellung des Dativs ist ganz richtig. Wir werden nachher zeigen, daß es nicht berechtigt ist, von einer construction passive zu sprechen bei der Fügung Dativ + venire + to-Part. Sie aber setzt a Begnai venne trovato einem passivischen Satz mit Urheberangabe durch eine Präposition (also durch da oder per) gleich. Zwischen einem normalen passiven Satz und einem mit Urheberangabe mit a bestehe ein Wertunterschied : Wird der Urheber durch den Dativ angegeben, so sei die handelnde Person mit weniger Aktivität an der Handlung beteiligt und handle gewissermaßen ohne eigene Initiative. Dem können wir nicht beistimmen. Entweder handelt es sich in unserer Konstruktion um einen normalen Dativ, also einen Dativus commodi; dann wird durch das Dativobjekt nicht der Urheber der Passivhandlung ausgedrückt, oder aber es liegt tatsächlich der Ausdruck eines Agens im Dativ; dann hat aber dieser Agens genau soviel Intensität wie ein durch eine Präposition ausgedrückter Urheber. Es gibt zwar Fälle, w o die Intensität des Urhebers gering ist, etwa in Dante, Purg. I, 22ff. Io mi volsi a man destra, e posi mente / All'altro polo, e vidi quattro stelle / Non viste mai fuor che alla prima gente. Ich wandte mich zur rechten Hand und betrachtete den andern Pol, und ich sah vier Sterne, die vorher nur von den ersten Menschen gesehen worden waren.

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Venire + Part. Perf. Passiv

Wenn hier die vom Subjekt ausgeübte Aktivität nicht stark ist, liegt es an der Natur des Verbums, denn bei vedere ist das Subjekt mit erheblich weniger Willen an der Handlung beteiligt als etwa bei guardare. Das wäre auch so bei einer Urheberangabe mit da oder mit per. Anders ist es bei Guittone R. 1, 47: ... che sia cercata A chi è d'alta donna in signoria. ... daß sie gesucht werde von dem, der in der Herrschaft einer hohen Dame steht. (Dieses Beispiel zitiert H. Buchholtz, Zur italiänischen Grammatik, S. 187.)

Hier ist der Urheber der Handlung doch intensiv am Geschehen beteiligt. Läge der Grund für die geringere Intensität der Handlung und, wie B. Setterberg weiter folgert, der Bedeutung des Zufälligen an der Urheberangabe mit a, so müßte die Konstruktion auch mit andern Hilfsverben, die zum Ausdruck des Passivs stehen, vorkommen. Das ist aber nicht der Fall. Hätte unsere Konstruktion nicht die Nebenbedeutung des Zufälligen, brauchten wir die These Setterbergs nicht zu bezweifeln. Jeder passive Satz drückt das gleiche Geschehen aus wie ein aktiver, nur der Standpunkt der Betrachtung ist verschieden. Es läge dann der Fall vor, daß ein formal passiver Satz - und zwar mit der Urheberangabe mit a die gleiche Bedeutung und den gleichen Stilwert hätte wie ein aktiver Satz. Nur ist dabei die Nuance des Zufälligen nicht erklärt, denn der Urheber mit a leistet dies nicht. Daß der ö-Urheber allein nicht genügt, mag B. Setterberg gefühlt haben. Sie fügt daher S. 104 noch eine andere Erklärung hinzu: L'auxiliaire .venire' équivaut dans ces constructions à un verbe impersonnel. Il est possible que ce soit par analogie avec la forme impersonnelle de ,avenire', employée généralement pour exprimer que quelque chose arrive soudainement. ... Quand ,venire' est employé ainsi impersonnellement, une sublimation du sens de .arriver' doit s'être produite, de telle sorte, que la nuance accidentelle dans .venire' a survécu au sens matériel de .arriver'.

B. Setterberg ist hier auf einer richtigen Spur, nur verfolgt sie sie nicht weiter. Was unserer Form den Charakter einer aktiven Aussage mit dem Nebensinn des Zufälligen gibt, ist eben die V e r b i n d u n g des v e n i r e mit dem D a t i v . IV. Wie kam es zu der Form Dativ -f venire + Part. Perf. Pass. mit der Nebenbedeutung des Zufälligen? Wenn wir uns umschauen, wo die Fügung Dativ + venire mit dem Sinn des Zufälligen sonst noch vorkommt, stoßen wir auf Wendungen wie: Dec. I, 1, 63: E sopra questa esaminazione pensando lungamente stato, gli Venne a memoria un ser Ciapperello da Prato, il quai... Und nachdem er über diese Erwägung lange nachgedacht hatte, kam ihm in den Sinn ein Herr Ciapperello da Prato, welcher... Dec. V, 2, 375: Le quali cose venendo ad orecchie a Martuccio Gomito in prigione, il quai molto bene sapeva il barbaresco, et udendo che il re di Tunisi faceva grandissimo

Venire + Part. Perf. Passiv

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sforza a sua difesa, disse... Als diese Dinge dem Martuccio Gomito im Gefängnis Ohren kamen, ... sagte er ... Novellino, LXV, 105: E poco tardante, la reina venne alla fontana. E da ventura ¿e venne un bel penserò, chè guardò il pino. Und es dauerte nicht lange, da kam die Königin an die Quelle. Und zufällig kam ihr ein guter Gedanke, denn sie schaute die Pinie an. Vita Nuova, XXXIV (XXXV), 3: . . . : e faccendo ciò, mi venne uno penserò di dire parole, quasi per annovale, e scrivere a costoro li quali erano venuti a me ; e dissi... und während ich das tat, kam mir ein Gedanke, Worte zu sagen, gewissermaßen zum Jahrestage, und denen zu schreiben, welche zu mir gekommen waren. Dee. IX, 1, 605: ..., et avendo ella ad esse men saviamente più volt; gli orecchi porti, e volendosi saviamente ritrarre e non potendo, le venne, acciò che la lor seccaggine si levasse da dosso, un pensiero, e quel fu... und da sie ihnen in weniger kluger Weise mehrmals Gehör geschenkt hatte und sich nun zurückziehen wollte und es nicht konnte, kam ihr, damit sie sich die Belästigung, die von ihrer Seite kam, vom Leibe schaffe, ein Gedanke, und der war ... Dee. IX, 1, 606: Era il giorno che questo pensier le venne, morto in Pistoja uno, il quale ... Es war am Tage, da dieser Gedanke ihr kam, in Pistoia einer gestorben, welcher ... Dee. IX, 1, 607: ... et andando gli venne un pensier molto pauroso nell'animo, e cominciò a dire seco: ... und während er ging, kam ihm ein sehr furchterregender Gedanke in den Sinn, und er begann bei sich zu sagen : ... In der Verbindung gli venne un pensiero ist venire nicht eigentlich, sondern metaphorisch angewandt. Das grammatische Subjekt ist pensiero. Die A r t

des Geschehens ist medial: der Gedanke kam ihm, man miß nicht woher, er tauchte ihm auf. Es liegt nun nahe, das Geschehen v o m vorher genannten belebten Subjekt her aufzufassen: ihm kam der Gedanke. Das mediale Geschehen geht ja auf ihn zu. Ein wichtiger Faktor ist die Stellung. In 1) un pensiero gli venne ist das Geschehen von dem abstrakten Begriff pensiero her gesehen. In 2) gli venne un pensiero ist das Geschehen wesentlich v o m belebten Träger der Handlung her gesehen. Die Auffassung ist geradezu unpersönlich: Es kam ihm der Gedanke. Der Nebensinn des Zufälligen erwächst aus der medialen Anwendung des Kommens, des v o n ungefähr Kommens, denn gerade beim Medium ist ja kein Urheber einer Handlung denkbar, der sie mit Willen und Intensität ausführt. So wird sie als von ungefähr kommend gedacht. Es liegt gedankliche - aber nicht grammatische - Erfassung vom persönlichen Träger des Geschehens her v o r : er kommt auf den Gedanken.

Der Schritt von gli venne un pensiero zu gli venne pensato ist ungewöhnlich. Er wird aber erleichtert dadurch, daß die Verbindung Dativ + venire Part. Perf. sich auch von anderer Seite her bildet.

Von venir meno — ausgehen,

+

Ende gehen gibt es zahlreiche Wendungen

medialer Bedeutung. Novellino, LH, 80: Or avvenne che uno cavaliere d'Atri avea uno suo nobile destriere lo quale era invecchiato, si che sua bontà era tutta venuta meno,... Nun geschah es, daß ein Ritter aus Atri ein edles Roß besaß, welches alt geworden war, so daß sein Wert ganz nachgelassen hatte. ...

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Venire + Part. Perf. Passiv Dee. II, 3, 117: Né lungamente fecer cotal vita, che il tesoro lasciato loro dal padre venne meno; ... Aber nicht lange führten sie ein solches Leben, bis der Schatz, der ihnen vom Vater hinterlassen worden war, ausging. Tav. Rit. LXXIX, 293 : Di questa lancia sie fediràe il padre il figliuolo, e di questa spada fediràe il figliuolo il padre il colpo mortale; e in tale giorno verràe meno la letizia della Tavola Ritonda. ..., und an diesem Tage wird die Fröhlichkeit der Tavola Ritonda aufhören.

Mit venir meno bedeutungsverwandt ist fallire, das auch medialen Sinn hat: entgehen, fehlschlagen, ausgehen, schlecht ausgehen. Vili. II, XX, 130: Questi alla fine per malizia divenne perduto, e lo 'mperio de' Romani ch'era appo' Franceschi, al suo tempo fallì e venne meno, gli anni di Cristo 901. E non solamente fallì lo 'mperio a' Franceschi, ma eziandio la signoria d'Alamagna al suo figliuolo e successore gli anni di Cristo 910, che Currado primo tedesco ne fu fatto re e fallì a' Franceschi la signoria di Spagna, e di Navarra, e Proenza, e non passò anni ottanta, che al tutto fallì il leggnaggio di Carlo Magno,... Dieser ging am Ende durch seine Schlechtigkeit verloren, und das Reich der Römer, das in den Händen den Franzosen war, ging in seiner Zeit Ende und hörte auf, im Jahre Christi 901. Und nicht nur entging das Reich den Franzosen, sondern im Jahre Christi seinem Sohne auch die Herrschaft über Deutschland, denn Konrad I. wurde darüber König, und es entging den Franzosen auch die Herrschaft über Spanien, und über Navarra, und über die Provence, und es vergingen keine 80 Jahre, bis das Geschlecht Karls des Großen ganz ausstarb. Vili. VII, VIII, 149: ... e messer Gilio il Bruno conestabile di Francia disse il contradio, e che indugiando, i nimici prenderanno cuore e ardire, e a loro potea al tutto fallire la vivanda, und ihnen könnte überhaupt die Verpflegung ausgehen.

Neben diesen Formen von fallire, in denen die mediale Idee allein aus der Bedeutung zu erkennen ist, gibt es nun auch Formen, in denen die mediale Idee explicite ausgedrückt wird durch das Hilfsverb venire. Compagni II, 17, 139: E cosi tutta la loro speranza venne meno; e deliberanno, quando i villani fussino venuti in loro soccorso, prendere la difesa. Ma ciò venne fallito: ché i malvagi villani gli abbandonorno,... Und so verließ sie ihre ganze Hoffnung; und sie beschlossen die Verteidigung zu ergreifen, sobald die Bauern ihnen zu Hilfe kämen. Aber das schlug fehl, denn die schlechten Bauern ließen sie im Stich, ...

Dann finden wir für venire fallito auch non venire fatto-. nicht zustande kommen, nicht geschehen.

— nicht

entstehen,

Villani, XI, VIII, 46 : La qual cosa fu revelata a messer Mastino per uno suo antico conestabile ch'era di quella giura; per la qual cosa il tradimento non venne fatto, e furonne alquanti presi e guasti,... Und diese Sache wurde Messer Mastino aufgedeckt durch einen seiner ehemaligen Feldhauptleute, welcher mit von dieser Verschwörung war; weswegen der Verrat nicht erfolgte, ...

Bis hierher liegen lauter Fälle medialer Ausdrücke vor. Nun können auch die Personen dazutreten, für die etwas zum Vorteil bzw. zum Nachteil geschieht. Sie stehen im Dativus commodi bzw. incommodi.

Venire + Part. Peri. Passiv

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Tav. Rit. XLIV, 162: E lo re disse: - Tristano, vostro pensiere per certo vi viene fallito: di tale parte aspettate soccorso, che verrà a dire niente. Und der König sagte : Tristan, Eure Absicht schlägt Euch fehl (gelingt nicht): ...

Und mit fare: Compagni, I, 20, 93: Messer Corso forte lo temea, perché lo conoscea di grande animo; e cercò d'assassinarlo, andando Guido in pellegrinaggio a San Jacopo; e non li venne fatto. ... ; und es gelang ihm nicht ( es schlug ihm fehl). Compagni, II, 13, 131 : E sotto questo protesto aveano pensato malvagiamente, che se la Signoria vi fusse ita tutta, di ucciderci, fuori della porta, e correre la terra per

loro. E ciò non venne loro fatto, perché non ve ne andò più che tre;

Und das

gelang ihnen nicht...

Der Dativ steht hier normal als der Dativus (in)commodi. Ebenso ist es dann in positiven Wendungen: Villani, VII, LVII, 235 : Questi per suo senno e industria si pensò di sturbare il detto passaggio, e di recare la forza del re Carlo in basso stato, e in parte gli venne fatto;

... und zum Teil gelang ihm das, ...

Ein Nebensinn des Ungewissen ist auch hier noch vorhanden, gemäß der Herkunft dieser Konstruktion vom Medium. Auch kann sie vom belebten Träger der Handlung, also vom Dativ her erfaßt werden: ... das brachte er fertig. Nachdem hier eine Konstruktion gegeben ist, die die Elemente: Dativ + venire + Part. Perf. enthält, die dabei den persönlichen Träger der Handlung zurücktreten läßt und zugleich auch den Nebensinn des Von-Ungefähren enthält, ist auch die Bildung der Form gli venne pensato erleichtert. Und entsprechend stellen sich andere Verbindungen ein: gli venne trovato = er fand vytfältig, es geriet ihm in die Hände; gli venne detto = er sagte zufällig, es entschlüpfte ihm. Unsere Auffassung wird bestätigt durch eine Stelle im Liber ystoriarum (Monaci 50, S. 127). Die lateinische Vorlage hat da: S. 97: . . . , quia sacerdos quidam de tempio Martis vitiavit, qui tandem gemellos genuit. quod ubi ad aures Amulii devenit, ut incesram et Vestem corruptricem, vivam terre fecit infodi, Sobald das den Ohren des Amulius gelangte, ...

In der einen Ubersetzung (A 240) heißt es : . . . et imprenaosi e partorio doi molto belli guardoni, ad Amulio venne assaputo, fece essa viva sotterrare, ...

Das mediale Ohren kommen ist also übersetzt mit der hier zu besprechenden Konstruktion. Der andere Übersetzer hat den persönlichen Träger der Handlung mehr in den Vordergrund gerückt: Amulio lo vene assaputo, fece Ylia viva sotterrare . . . (L 241).

V . Gegenüberstellung der beiden iwwVi-Konstruktionen (aktiv-modale Bedeutung - reines venire-Passiv) Wir haben also eine Form, die sich aus dem Medium gebildet hat, die aber dann eine aktive Bedeutung mit modaler Nuance erlangt hat. 4

Kontzi, Ausdruck

Venire + Part. Perf. Passiv

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W i r können geradezu v o n einem D e p o n e n s sprechen wegen der mediopassivischen Form und der aktiven Bedeutung. Somit bestehen: 1) Die Form venire

+ Partizip Perfekt Passiv mit passiver Bedeutung.

2) Die Form Dativ + venire + Partizip Perfekt Passiv mit aktiver Bedeutung und dem Nebensinn des Zufälligen. Beide Formen haben sich parallel aus dem Medium entwickelt. Es ist nun auf den ersten Blick nicht immer sofort klar, welche der beiden Konstruktionen in gewissen Textstellen vorliegt. Pass. Pen. V, IV, 138 (nach Shaw) : Tuttavia, se in questo caso, o in qualunche altro, venisse nominata altrui nella confessione la persona con cui avesse peccato, o venisse detto l'altrui peccato, ... non sarebbe peccato, anzi mercede. Jedoch wenn in diesem Fall oder in irgendeinem anderen einem in der Beichte die Person genannt würde, mit der er gesündigt hatte, oder wenn die Sünde des andern gesagt würde, ... wäre es keine Sünde, sondern Gnade, oder: . . . wenn einer in der Beichte etwa die Person nennen würde, mit der er gesündigt hatte, ... Es wäre einem raschen, einwandfreien Verständnis hinderlich, wenn beide Formen gleichberechtigt nebeneinander bestünden. So finden wir bei Dante und auch bei Boccaccio nur eine der beiden Konstruktionen, nämlich die dativische mit aktiver Bedeutung. Freilich steht diese Deponentialform auch bei Dante nur zweimal: Par. XVII, 49ff. :

Questo si vuole e questo già si cerca, e tosto verrà fatto a chi ciò pensa là dove Cristo tutto di si merca. Das wünscht man und sucht man, und bald wird es dem gelingen, der danach trachtet, dort wo Christus täglich verschachert wird. Vita Nuova, XXXI, 14: E quando '1 maginar mi ven ven fiso, giugnemi tanta pena d'ogne parte, ch'io mi riscuoto per dolor ch'i' sento; Und wenn ich meine Vorstellungskraft etwa stark darauf richte, wird mir von allen Seiten so viel Pein zuteil, daß ich mich schüttle vor Schmerz, den ich empfinde. Die andern beiden Fälle, deren Stellen B. Setterberg S. 115 angibt, gehören nicht hierher. Einmal hat venire + Part. Perf. einwandfrei mediale Bedeutung: Conv. II, II, 3 : Ma però che non subitamente nasce amore e fassi grande e viene perfetto, ma vuole tempo alcuno e nutrimento di pensieri, ... Aber da die Liebe nicht plötzlich entsteht und groß wird und vollkommen wird, ... Schon die Einreihung in die andern medialen Formen zeigt, daß venire + Part. Perf. an dieser Stelle nur medial zu interpretieren ist. Im andern Fall liegt gar keine Verbform mehr vor, sondern ein substantiviertes Partizip : Conv. I, IV, 1 : . . . , resta in questo capitolo a mostrar quelle ragioni che fanno vedere perchè la presenza ristringe per opposito; e mostrate quelle, si verrà lievemente al

Andare + Part. Perf. Passiv

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principale proposito, cioè de la sopra notata scusa.... und nachdem diese gezeigt sind, wird man leicht zum Hauptvorbaben gelangen, nämlich zur obengenannten Entschuldigung.

Boccaccio nun hat sich für eine der beiden Konstruktionen entschieden. Er verwendet recht häufig die aktiv-modale Konstruktion. In seinem Decameron finden wir 74mal diese Form, allein 41mal mit,fatto'. Dagegen tritt das reine venire-Passiv gar nicht auf. Bei Dino Compagni und bei Giovanni Villani stehen beide Konstruktionen. So geht es noch lange, bis schließlich die echte Passivform die Oberhand behält und die andere Konstruktion nur noch als Relikt übrigbleibt. Dies eingehender darzulegen, würde über den Rahmen dieser Arbeit hinausgreifen. Es sei nur noch Hinweis auf eine affektstarke Neubildung aus der jüngsten Zeit gestattet, die auch unpersönlich-medialer Herkunft ist: Guareschi, Don Camillo, 58 : ... e tutto andò bene fino a quando non gli scappò detto qualcosa che a Don Camillo non andava. Und alles ging gut, bis er zufällig etwas sagte (bis ihm etwas entschlüpfte), was Don Camillo nicht paßte. D. C. 14: ,,E allora si" borbottò don Camillo. „Mi è scappato scritto qualcosa... Mi è scappato scritto „Peppone asino" Jch habe unversehens geschrieben..."

Andare + Patt. Perf. Pass. Andare kann mit Adjektiven und Partizipien verbunden werden. Ciacco dell'Anguillara, Cantilene e battata IV, 8-11 (nach B. Setterberg, S. 76): La vita d'esto mondo nulla cosa mi pare. Quand'altri va giocondo, me ne membra penare. Das Leben dieser Welt / scheint mir nichts. / Wenn ein anderer fröhlich einhergeht (besser noch: fröhlich ist), / muß ich an harte Arbeit denken. Dee. II, 8, 175: ...; et, oltre a tutto questo, era il più leggiadro et il più dilicato cavaliere che a quegli tempi si conoscesse, e quegli che più della persona andava ornato. ... ; und außer all diesem war er der anmutigste und feinste Ritter, den man in jener Zeit kannte, und der, welcher in seiner Erscheinung am meisten geputzt einherging (am meisten geputzt war).

Hier hat andare viel von seiner ursprünglichen Bedeutung des Gehens verloren. Es steht geradezu für essere. Allerdings ist es ausdrucksstärker als dieses. Andare ist seiner Aktionsart nach vornehmlich imperfektiv. Es bezeichnet den Vorgang des Gehens in sich betrachtet. Venire strebt mehr der Vollendung zu als andare. Nun kann andare mit Adjektiven und Partizipien Perf. Pass, stehen; und zwar kann 1) die Bedeutung des Gehens noch voll vorhanden sein und die im Nomen enthaltene Idee sich appositionell anfügen:

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Andare + Part. Perf. Passiv Tav. Rit. LVII, 210 : Imperò, io vi consiglierei che se voi non foste cavalieri di grande nominanza e di grande affare, non vi caglia à'andare armati: chè, se onderete armati, converràvi giostrare con chi voi appellerà; e se anderete disarmati, voi passerete sicuri per tutto lo diserto. Deshalb möchte ich euch raten, daß, wenn ihr nicht etwa berühmte und angesehene Ritter seid, ihr nicht Wert darauf legen sollt, bewaffnet gehen; denn wenn ihr bewaffnet geht, werdet ihr kämpfen müssen mit jedem, der euch auffordert; und wenn ihr unbewaffnet geht, werdet ihr sicher durch die ganze Wüste ziehen. Tav. Rit. LIV, 204: Allora lo re molto priega Tristano, che tosto sia la sua ritornata, e ched egli vada bene accampanato; ... Dann bittet der König Tristan sehr, daß seine Rückkehr bald sein möge, und daß er gut begleitet gehe; ... 2) d i e e i g e n t l i c h e B e d e u t u n g v o n andare v o l l s t ä n d i g v e r b l a ß t u n d das

W o r t n u r m e h r als H i l f s v e r b b z w . C o p u l a g e b r a u c h t sein. A u f diese E n t w i c k l u n g w e i s t s c h o n B . S e t t e r b e r g h i n i n i h r e r D i s s e r t a t i o n ; b e s . S. 7 5 - 7 7 : Pietro de' Faitenelli, son. X I (son. buri. real. p. 188): Già per minacce guerra non si vénze né per la borsa stringer, ciò m'è avviso né per dormir né per andar assiso mirando le donzelle per Firenze; Denn durch Drohungen wird ein Krieg nicht gewonnen, noch dadurch, daß man den Beutel zuschnürt, so meine ich, noch durch Schlafen, noch durch Sitten (sitzendsein), während man dabei die Mädchen in Florenz anschaut ; D i e G r e n z e z w i s c h e n e i g e n t l i c h e m G e b r a u c h v o n andare + A p p o s i t i o n u n d hilfszeitwörtlichem G e b r a u c h , also m i t v e r s c h w u n d e n e r E i g e n b e d e u t u n g , ist n i c h t i m m e r e i n w a n d f r e i z u z i e h e n . W e n n in Dante, Inf. XXIII, 88ff.: Costui par vivo a l'atto de la gola; e se son morti, per qual privilegio vanno scoperti de la grave stola ? Der dort scheint lebend nach der Art zu sprechen. Und wenn sie tot sind, welches Vorrecht läßt sie Frei von der Last des schweren Mantels wandeln ? (zitiert in der Übersetzung von Gmelin) andare e h e r n o c h e i g e n t l i c h a u f z u f a s s e n ist, s i n d b e i d e A u f f a s s u n g e n g l e i c h berechtigt in Tav. Rit. LXXXIX, 340 : e messer Tristano si fece allora fare una cappa monaciale, e si la si addobba sopra l'armadure, per andare più celato... und Herr Tristan läßt sich darauf eine Mönchskutte machen, und er zieht sie sich über die Rüstung an, um verborgener sein. ... oder: ... um verborgener geben. G e m e i n s a m ist allen d i e s e n W e n d u n g e n , d a ß andare i n i m p e r f e k t i v e r A k t i o n s a r t v e r w e n d e t w i r d . E s w i r d a l s o e i n Z u s t a n d g e s c h i l d e r t , als i m G a n g e s e i e n d o d e r als ü b e r h a u p t b e s t e h e n d . E s ist n u n a u c h m ö g l i c h , d a ß d i e

Andare 4- Part. Perf. Passiv

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Dauer bezeichnet wird von einem Zustand, der zu seiner Inganghaltung eines Urhebers bedarf. Dies ist der Fall in Dante, Conv. II, XIII, 11: E lo cielo di Mercurio si può comparare a la Dialettica per due proprietadi: che Mercurio è la più picciola stella del cielo, ... L'altra proprietade si è che più va velata de li raggi del Sole che null'altra stella. E queste due proprietadi sono ne la Dialettica: chè la Dialettica è minore in suo corpo che null'altra scienza, chè perfettamente è compilata e terminata in quello tanto testo che ne l'Arte vecchia e ne la Nuova si truova; e va più velata che nulla scienza, in quanto procede con più sofistici e probabili argomenti più che altra. Und den Himmel des Merkur kann man mit der Dialektik vergleichen wegen zweier Eigenschaften: denn Merkur ist der kleinste Stern des Himmels, ... Die andere Eigenschaft ist die, daß er mehr von den Strahlen der Sonne eingehüllt wird als irgendein anderer Stern. Und diese beiden Eigenschaften sind in der Dialektik: denn die Dialektik ist an Umfang geringer als irgendeine andere Wissenschaft, denn sie ist vollständig zusammengestellt und beschlossen in jenem so großen Text, den man in der alten Kunst und in der neuen findet; und sie ist versteckter als irgendeine Wissenschaft, insofern, als sie mehr als eine andere mit sophistischeren und wahrscheinlicheren Argumenten vorgeht.

velare ist ein perfektives Verb = verhüllen, verstecken. Hier wird nicht ein nach einer vorausgegangenen Handlung erreichter Zustand geschildert, wie sonst bei dem Part. Perf. Pass, eines perfektiven Verbs, sondern es wird ausgesagt, daß dauernd eine Einwirkung stattfinde, auch jetzt noch, d. h. im Augenblick, da Dante schrieb. Und es wird auch gesagt, von wem die Wirkung ausgeht: von den Strahlen der Sonne. Sie kommen hier einem Urheber gleich. Diese Auffassung wird bestätigt durch die lateinische Vorlage (zitiert in der kommentierten Ausgabe des Convivio von Busnelli - Vandelli, S. 196): „in ultima longitudine a sole, scilicet super lineam contactus orbis revolutionis... non videtur penitus", perchè „tegitur radiis solis" più di Venere.

Es liegt ein Zustandspassiv vor; wird umhüllt (ist umhüllt) von den Strahlen der Senne. Der Satz ist ins Aktiv zurücksetzbar: lì raggi del Sole la velano - die Strahlen der Sonne umhüllen ihn. An der zweiten Stelle finden wir kein Indiz für ein Wirken von zweiter Seite. Es ist ein reiner Zustand ausgesagt. Die Wahl dieser Fügung ergibt sich aus dem Text: Dante will die Parallelität der Planetenhimmel und der Wissenschaften betonen und verwendet daher die gleichen Wörter, wenn auch nicht mit genau den gleichen Bedeutungen. Das erste Mal bedeutet andare velato: umhüllt sein. Es liegt also eine Zustandsschilderung durch ein perfektives Verb vor mit Bezeichnung des Einwirkenden. Es ist ein Zustandspassiv. An der zweiten Stelle handelt es sich um eine reine Aussage des fertigen Zustandes: „Die Dialektik ist mehr verborgen als irgendeine Wissenschaft." Die Verschiedenheit der Bedeutungen rührt auch von den Subjekten her (Planet Merkur - Wissenschaft Dialektik).

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Andare + Part. Perf. Passiv

Nur in dem obengenannten Fall konnten wir die Form als Zustandspassiv erkennen, sonst wird damit bei imperfektivem andare immer der reine Zustand ausgedrückt. V o m imperfektiven andare her ist die Möglichkeit, ein Passiv aufzubauen, sehr schwach. Andare kann nun auch perfektiv gebraucht werden. Dies ist besonders dann der Fall, wenn der Endpunkt des Gehens angegeben wird, also das Ziel. Dee. II, 2, 75, Abraam giudeo, da Giannotto di Civignl stimolato, va in corte di Roma; ... Abraham der Jude gebt, von Giannotto di Civigni angespornt, an den römischen Hof; ... Das perfektive andare finden wir auch zusammen mit dem Part. Perf. Pass, verwendet, wobei zunächst jedes Glied seine volle Bedeutung behält: Novellino XVIII, 31 : Ma, grazia del signore mio, io ne vo purgato in cielo, e tu la comperrai amaramente. Dank meinem Herrn gebe ich gereinigt in den Himmel, aber du •wirst es bitter büßen. Dieses perfektive andare ist dann auch geeignet, das In-einen-ZustandGeraten zu bezeichnen. Es dient dann zum Ausdruck einer medialen Idee. Dodici conti morali VII, 26 : . . . chi ora non addimanda perdonanza da quello signore, che sofferse morte per l'umano lignaggio che tutto andava a perdizione innanzi la sua morte; wer jetzt nicht um Vergebung bittet von jenem Herrn, der um des Menschengeschlechts willen den Tod erlitt, der ganz verlorenging vor seinem T o d ; . . . Ein weiteres Beispiel f ü r die mediale Verwendung liefert Cronica degli imperadori, 178, 1, a/b: nu te volgiemo adorare, imperzo che dio e in ti, e si questo non fosse, non te andarave tute chosseprospere, wir wollen dich anbeten, weil Gott in dir ist, und wenn das nicht so wäre, würden dir nicht alle Dinge günstig geraten. Auch hier wie beim imperfektiven andare gibt es Fälle, w o nicht klar zu entscheiden ist, ob andare seinen vollen Sinn behält, oder ob es nur mehr Copula ist zum Ausdruck des In-einen-Zustand-Geratens. Dee. III, 5, 240 : . . . (messer Francesco)... : il quale, dovendo andar podestà di Melano, d'ogni cosa opportuna a dovere onorevolmente andare fornito s'era, se non d'un palafreno solamente, che bello fosse per lui (Herr Francesco) ... : und derselbe hatte sich, als er als Podestà von Mailand gehen sollte (oder: Podestà von Mailand werden sollte), damit er würdig einhergehe, mit allem dazu Nötigen ausgerüstet, nur nicht mit einem Rosse, das schön für ihn wäre... Die Wiederholung des andare läßt wohl auf eigentliche Auffassung schließen, zumal da bei diesem wiederholten andare das A d v e r b onorevolmente steht. Dee. V, 6, 398: A cui Gianni disse: Io veggio che io debbo, e tostamente, morire; voglio adunque di grazia che, come io sono con questa giovane, la quale io ho più che la mia vita amata et ella me, con le reni a lei voltato et ella a me, che noi siamo co' visi l'uno all'altro rivolti, acciò che morendo io, vedendo il viso suo, ne possa andar consolato.

Andare + Part. Perf. Passiv

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Zu dem sagte Gianni: Ich sehe, daß ich, und zwar bald, sterben muß; und möchte daher aus Gnade, daß, da ich diesem Mädchen, das ich mehr als mein Leben liebe und sie mich, mit dem Rücken zugekehrt bin und sie mir, wir einander mit den Gesichtern zugedreht werden, damit ich, ihr Gesicht sehend, getröstet von hier scheiden kann. D e r ganze Satzzusammenhang legt hier die Interpretation eines körperlichen Weggehens, also eines Sterbens nahe. Andarsene consolato wäre dann eine poetische Umschreibung des vorher schon ausgedrückten morire. Es wäre aber auch die mediale Auffassung möglich : . . . daß ich dadurch getröstet werde. Dee. X, 7, 675 : e conoscendo io quanto male il mio amore ad un Re si convenga, e non potendolo non che cacciare ma diminuire, et egli essendomi oltre modo grave a comportare, ho per minor doglia eletto di voler morire, e cosi farò. È il vero che io fieramente n'andrei sconsolata, se prima egli noi sapesse: , und da es mir über Maßen schwerfällt, dies zu ertragen, habe ich als geringere Pein erwählt, zu sterben, und das werde ich tun. Nun aber würde ich gar sehr kummervoll abscheiden, wenn er es vorher nicht erführe... Andarsene consolato kann hier wieder als ein körperliches W e g g e h e n , als eine poetische Umschreibung für morire angesehen werden. Morire geht ja auch voraus, und so könnte unsere Konstruktion als eine Wiederaufnahme derselben Idee mit anderen Worten gelten. Andererseits steht aber das A d v e r b fieramente v o r der ganzen Gruppe n'andrei sconsolata, die dadurch enger zusammenrückt, so daß wir sie nicht mehr als Verb + A p p o s i t i o n auffassen müssen, sondern eher als Hilfsverb + Partizip. D a n n läge ein Ausdruck des M e d i u m s v o r : . . . Nun aber würde ich gar sehr bekümmert werden darüber,... Cielo D'Alcamo, 101 f. (Ugolini, Testi Antichi, S. 162): „Deo lo volesse, vitama, te (fosse mortto jn casa: l'arma n'anderia consola, ca di e notte pantasa; ..." „Wolle Gott, mein Leben, daß ich dir im Hause stürbe; die Seele würde getröstet weggehen, denn Tag und Nacht ist sie in Bedrängnis; ..." oder: ,,... die Seele würde getröstet werden." Für diese letzte Interpretation entscheidet sich auch Lazzeri in seiner A n t o l o g i a dei primi secoli della letteratura italiana, i n d e m er Vers 102 kommentiert : l'anima ne sarebbe consolata, perchè dì e notte smania d'amore. D o c h ist ein einwandfreier Übertritt z u m Ausdruck des Mediums in den vorliegenden drei Fällen n o c h nicht erfolgt, denn es geht immer eine F o r m v o n morire voran, so daß die Bedeutung verscheiden, von der Erde weggehen nahegelegt wird. Ähnlich ist es auch in D e e . II, 7, 169, w o morte vorausgeht: E te, carissima donna, priego che dopo la mia morte me non dimentichi, acciò che io di là vantar mi possa, che io di qua amato sia dalla più bella donna che mai formata fosse dalla natura. Se di queste due cose voi mi darete intera speranza, senza niun dubbio n'andrò consolato. Und dich, liebste Frau, bitte ich, daß du mich nach meinem Tode nicht vergißt, damit ich mich drüben rühmen kann, daß ich hier von der

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Andare + Part. Perf. Passiv schönsten Frau, die je von der Natur gebildet worden ist, geliebt werde. Wenn ihr mir volle Hoffnung gebt auf diese beiden Dinge, werde ich ohne Zweifel getröstet weggehen (oder: darüber getröstet Bierden).

Nur medial ist Novellino XXI, 40: Tre battaglie di campo ho poi fatte; il mondo è tutto rivolto: come va questo fatto ? Drei Feldschlachten habe ich dann vollbracht ; die Welt ist ganz umgewandt : ivie geschieht das? (wie geht das .

Bei Verbindungen mit fieri und mit venire haben wir schon beobachten können, daß aus medialen Konstruktionen sich Passivkonstruktionen bilden. So geschieht es auch hier. Steht die Konstruktion mit Partizipien, zur Ausführung deren Verbalhandlung man sich einen Urheber Zumindestens denken muß, haben wir eine Passivform. Zweideutig ist Compagni II, 27, 160: Onde il castello s'arrendè a patti, salve le persone: i quali non furono loro attesi, perché i Pistoiesi andarono presi. Weswegen sich die Burg unter der Bedingung ergab, daß die Personen unbehelligt blieben; diese Bedingung wurde ihnen aber nicht gehalten, denn die Pistojeser wurden gefangen.

Eine Zweideutigkeit entsteht nun dadurch, daß das Subjekt des Satzes Personen sind, und daher selbst gehen können, so daß man auch übersetzen kann: ,... denn die P. gingen gefangen weg.' Diese Zweideutigkeit besteht nicht, und es liegt nur Passiv vor in Sacchetti, Nov. 149, S. 1652 (cf. auch B. Setterberg, S. 118): E considerando la sua vita e la santità, a furore di populo fu eletto vescovo di Parigi. E andatali la elettone confirmata dal papa, costui si mostrò di non la volere, ... Und angesichts seines Lebens und seiner Heiligkeit wurde er unter ungestümer Beteiligung des Volkes zum Bischof gewählt. Und nachdem ihm die Wahl vom Papst bestätigt worden war, wollte er sie nicht annehmen.

Hier ist sogar der Urheber der Handlung mit Präposition angegeben. Ein weiteres Beispiel für einen Fall von Passiv liefern uns die Laudi umbre (cf. auch B. Setterberg, S. 109), S. 22f. : Maria ad filium. / Figluol quanta gravezza veggo che paté, e se' si piccolello; / Ioseph vecchiarello / Pena ne porta de te mio portato, / E sempre va chiamato / El mio figluol si piccolino. — Maria an ihren Sohn: Sohn, welche Mühen sehe ich, daß du erleidest, und du bist so klein: Joseph, der Alte, trägt Pein wegen dir, den ich im Leib getragen habe, und immer wird mein so kleiner Sohn gerufen.

Dieses letzte Beispiel ist insofern beachtenswert, als es das Passiv eines iterativen Verbs wiedergibt. Das bedeutet, daß das mit andare gebildete Passiv häufiger vorkam, als es uns die literarischen Zeugnisse zu erkennen geben. Der Entwicklungsgang führt vom Medium zum Passiv eines perfektiven Verbs und weiter zu dem eines iterativen Verbs. Damit die Form eine Funktion nach der andern annehmen kann, muß sie in der jeweils voraufgehenden Funktion einigermaßen verbreitet und eingewurzelt gewesen sein. Freilich hat das andare-Passiv in der von uns untersuchten Epoche noch lange nicht die Ausbreitung und die Bedeutung des ^»/re-Passivs. Den

Rimanere + Part. Perf. Passiv

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««¿¿zrtf-Konstruktionen haften noch in hohem Maße die ursprüngliche Bedeutung des Gehens an. Fälle eines einwandfreien andare-Msàiums oder gar eines ^«¡¿zrf-Passivs sind in der Literatur noch verhältnismäßig selten. Das ¿Ware-Passiv erfährt erst in der von uns zu untersuchenden Epoche seine Grammatikalisierung. Von dem später auftretenden und heute die Regel bildenden modal nuancierten Gebrauch der Form andare -)- Part. Perf. Pass., also von dem mit der Nebenbedeutung des Müssens, finden wir in unseren Quellen noch keine Spur.

Rimanere + Part. Perf. Pass. Rimanere = bleiben ist seiner ursprünglichen Bedeutung nach der Ausdruck des In-einem-Zustand-Verharrens, also nicht der Entwicklung. Nun finden wir, daß viele Verben imperfektiv und perfektiv verwendet werden. Avere = haben, im Besitz sein ist imperfektiv ; avere = bekommen, in den Besitz kommen ist perfektiv. Sapere bedeutet imperfektiv wissen und perfektiv erfahren; conoscere bedeutet imperfektiv kennen und perfektiv kennenlernen. So spaltet sich auch rimanere in zwei Bedeutungen je nach der Aktionsart. Die Entwicklung zur perfektiven Bedeutung von rimanere wird gefördert durch eine besondere Bedeutung dieses Verbs, nämlich der des Zurückbleibens. Sehr oft wird dies von zwei Wesen ausgesagt: Das eine entwickelt sich weiter, gerät in einen neuen Zustand, verläßt etwa das erste, das zurückbleibt und eben dadurch auch in einen neuen Zustand gerät: den des Alleinseins. Dee. II, 6,146 : Essendo adunque Giannotto al servigio di Currado, avvenne che una figliuola di Currado, il cui nome era Spina, rimasa vedova d'uno Niccolò da Grignano, alla casa del padre tornò: ... Während also Giannotto im Dienste Currados war, geschah es, daß eine Tochter Currados, deren Name Spina war, die als Witwe eines Niccolò da Grignano zurückgeblieben war, zum Hause des Vaters zurückkehrte.

Hier muß rimanere wohl, dem Kontext entsprechend, als zurückbleiben aufgefaßt werden. Im folgenden Beispiel aber wird man in erster Linie das Eintreten in einen neuen Zustand ins Auge fassen. Es spielt dabei der Gedanke mit, daß nach Abschluß der Handlung der endgültige Zustand erreicht ist, daß es dann dabei bleibe, etwa nach einer Reihe von vorhergehenden Handlungen. Im Deutschen können wir es durch ein Adverb wiedergeben, nämlich durch schließlich, endlich. Wir sehen auch hier, wie die ursprüngliche Bedeutung weiterlebt, und sei es nur in einer Stilnuance. Dee. IV, 1, 299: ...: poi alla fine ad tempo dimorata con lui, rimase vedova einem Sohn des Herzogs von Capua wesen war, wurde sie schließlich Witwe

un figliuolo del Duca di Càpova datala, poco et al padre tornossi. Nachdem er sie am Ende gegeben hatte und sie kurze Zeit bei ihm geund kehrte zum Vater zurück.

Diese Bedeutungsnuance finden wir besonders dort, wo, wie bereits erwähnt, eine Entwicklungsreihe vorausgeht, die den Eindruck einer gewis-

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Rimanere + Part. Perf. Passiv

sen Dauer der Entwicklung erweckt. Die Nebenbedeutung des schließlich, endlich fehlt aber, wenn ein plötzliches Eintreten in einen neuen Zustand wiedergegeben wird. Dee. III, 10, 287: ... avvenne che un fuoco s'apprese in Capsa, il quale nella propria casa arse il padre d'Alibech con quanti figliuoli et altra famiglia avea; per la qual cosa Alibecb d'ogni suo bene rimase erede... es geschah, daß ein Feuer in Capsa ausbrach, welches den Vater Alibechs mit allen Söhnen und Familiengliedern, die er hatte, im eigenen Hause verbrannte ; und dadurch wurde Alibech Erbin seines ganzen Vermögens. In den beiden letzten Beispielen steht rimanere im Passato remoto. Dies ist das Tempus des dynamischen Geschehens, das Tempus, in dem Verben mit doppelter Aktionsart perfektiv erscheinen. W i e neben sapeva er wußte, seppe er erfuhr, neben era er war, fu er wurde, neben conosceva er kannte, conobbe er lernte kennen, neben aveva er hatte, ebbe er bekam steht, so tritt neben rimaneva er blieb, als Ausdruck des statischen Seins, rimase er geriet in einen neuen Zustand, er wurde, als Ausdruck der dynamischen Entwicklung. Auch in anderen Verbformen kann rimanere

perfektiv gebraucht werden.

Dee. II, 3, 117 : . . . quando esso messer Tedaldo ricchissimo venne a morte et a loro, sì come a legittimi suoi eredi, ogni suo bene e mobile e stabile lasciò. Li quali, veggendosi rimasi ricchissimi e di contanti e di possessioni, senza alcuno freno o retegno cominciarono a spendete, ... ... Und diese begannen, nachdem sie sich reich geworden sahen an Bargeld und an Besitzungen, rückhaltlos auszugeben. Dee. V, 8, 407: In Ravenna, antichissima città di Romagna, furon già assai nobili e gentili uomini, tra' quali un giovane chiamato Nastagio degli Onesti, per la morte del padre di lui e d'un suo zio, senza stima rimaso ricchissimo. In Ravenna, einer sehr alten Stadt der Romagna, waren einst viele edle und artige Männer, und unter ihnen ein Jüngling namens Nastagio degli Onesti, der durch den Tod seines Vaters und eines Onkels über Maßen reich geworden war. Einmal wird durch rimanere + Nomen der Eintritt in einen Zustand wiedergegeben, der durch den Tod eines Menschen entsteht: rimanere vedova, erede, ricco Witwe, Erbe, reich werden. Dann bezeichnet perfektives rimanere Gemütszustand :

+ Nomen den Eintritt in einen

Dee. IV, introd. 293: Costui per la morte della sua donna tanto sconsolato rimase, quanto mai alcuno altro, amata cosa perdendo, rimanesse. Dieser wurde durch den Tod seiner Frau so verzweifelt, wie nie ein anderer es wurde durch den Verlust eines geliebten Wesens. Conv. II, XII, 1 : E però, principiando ancora da capo, dico che, come per me fu perduto lo primo diletto de la mia anima, de la quale fatta è menzione di sopra, io rimasi di tanta tristizia punto, che conforto non mi valeva alcuno. Und ich sage daher, indem ich wieder von vorne anfange, daß ich, da von mir die erste Freude meiner

Rimanere + Part. Perf. Passiv

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Seele, von der oben Erwähnung getan worden ist, verloren wurde, von so großer Traurigkeit bedrängt wurde, daß mir überhaupt kein Trost half. Dee. III, 9, 276: .... al quale, morto il conte e lui nelle mani del re lasciato, ne convenne andare a Parigi; di che la giovinetta fieramente rimase sconsolata: ..., welcher, da der Graf gestorben war und er in den Händen des Königs zurückgelassen war, nach Paris ziehen mußte; worüber das Mädchen gar sehr verzweifelt wurde. Rimanere ist in diesen Beispielen noch kein einwandfrei grammatikalisches Mittel zum Ausdruck des Mediums. Das zeigt sich darin, daß die ursprüngliche Bedeutung des Zurückbleibens mehr oder weniger mitschwingt. Ganz gering ist die Nebenbedeutung des Zurückbleibens in den folgenden Beispielen : Dee. IV, 9, 348 : A cui il marito disse: Donna, io ho avuto da lui che egli non ci può essere di qui domane ; di che la donna un poco turbata rimase. Und der Gatte sagte ihr: Frau, ich habe von ihm die Nachricht bekommen, daß er vor morgen nicht hier sein kann; weswegen die Frau etwas betrübt wurde. Die Konstruktion rimanere + Adjektiv findet sich überhaupt zur Bezeichnung des Eintritts in einen Zustand. Dee. V, 9, 413: Spendendo adunque Federigo oltre ad ogni suo potere molto e niente acquistando, si come di leggiere avviene, le ricchezze mancarono et esso rimase povero, senza altra cosa che un suo poderetto piccolo essergli rimasa... Während also Federigo über seine Kräfte viel ausgab und nichts dazu erwarb, wie es leicht geschieht, gingen ihm die Reichtümer aus, und er wurde arm, ohne daß ihm etwas anderes geblieben war als ein kleines Gütchen... Hier stehen in einem Satze beide Aktionsarten v o n rimanere: , , . . . er wurde arm ... ohne daß ihm etwas anderes geblieben war." Dee. III, 10, 286: . . . ; e cominciossi a spogliare quegli pochi vestimenti che aveva, e rimase tutto ignudo, ... und er begann sich die wenigen Kleider, die er hatte, auszuziehen und ward dann gan% nackt, ... Villani I, XLIII, 64: ... la detta pietra ... fu tagliata e dibassata per modo, eh '1 corso del fiume d'Arno calò e dibassò si che detti paduli scemaro, e rimase terra guadagnatile. der besagte Stein ... wurde zugehauen und hinabgelassen derart, daß der Lauf des Arno tiefer wurde, so daß die genannten Sümpfe abnahmen, und es entstand schließlich fruchtbares Land. Hier geht wieder eine Entwicklungsreihe voraus, die auf einen bleibenden Zustand zustrebt. Bisher gaben die Wendungen mediale Geschehen wieder. Rimanere stand bei Substantiven, Adjektiven und auch bei Partizipien, die einen durch den Tod eines Menschen verursachten neuen Zustand bezeichnen, die einen Gemütszustand ausdrücken oder überhaupt eine Veränderung angeben. Nun finden wir die Konstruktion auch mit Partizipien v o n Verben, die nur mit einem Urheber gedacht werden können. In diesem Falle dient unsere Wendung zum Ausdruck der Passividee. Villani, Cron. VII, IX, 153: Molti baroni caporali del re Manfredi rimasono presi: intra gli altri furono presi il conte Giordano, e ... Viele Barone des Königs Manfred wurden gefangen: unter anderen wurden gefangen der Graf Giordano und ...

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Rimanere + Part. Perf. Passiv

Auch hier ist rimanere nicht zum reinen Hilfsverb geworden, das seiner ursprünglichen Bedeutung ganz entleert worden ist. Vielmehr schwingt die Bedeutung des Bleibens mit. Es wird der Eintritt in einen neuen Zustand, der unter Mitwirkung eines Agens denkbar ist, ausgesagt, und obendrein wird das Weiterdauern des neuen Zustandes durch die Wahl des Hilfsverbs angedeutet. Eine vollständig erschöpfende Übersetzung müßte also lauten : Viele Barone wurden gefangen und blieben es dann. So auch Compagni, II, 35,172: E ruppono la sagrestia e la tesoreria del papa, e tolsonli molto tesoro. Il papa abbandonato dalla sua famiglia, rimase preso. ... Der von seinen Leuten im Stich gelassene Papst wurde gefangengenommen (und blieb es dann). Vili. VII, CXXXVI, 346 : e trovando la detta oste de' Chiusini, gli assalirono francamente e gli misono in ¡sconfitta, e rimasonne morti da centoventi, e presi più di dugento ; ... und nachdem sie das besagte Heer derer von Chiusi gefunden hatten, griffen sie sie herzhaft an und brachten ihnen eine Niederlage bei, und es wurden an die hundertzwanzig getötet und mehr als zweihundert gefangen; ...

Auch hier liegt eine Passivkonstruktion vor, die den Vorgang des Eintritts in einen Zustand und dessen Weiterdauern wiedergibt. Die Konstruktion mit rimanere ist also eine bedeutungsvollere, nuancenreichere Variante der normalen passiven Aussage: mit essere + Part. Perf. Pass. Weitere Beispiele Vili. II, II, 90 : E perchè noi facciamo in questa nostra storia digressione, lasciando come Firenze rimase diserta e disfatta, e seguendo le storie e' fatti de' Vandali, ..., si ne pare di necesità; ... und daß wir in dieser unserer Geschichte eine Abschweifung machen, indem wir hintanlassen, wie Florenz verwüstet und zerstört wurde, und indem wir die Geschichten und Taten der Vandalen verfolgen, ..., scheint uns eine Notwendigkeit. Vili. VII, LXXIV, 259: ..., e disse: Signore nostro, com'io t'ho detto altra volta, per Dio, manda l'ammiraglio tosto colle tue galee alla bocca del Faro, e fa' prendere il navilio che porta la vivanda all'oste e avrai vinta la guerra; e se il re Carlo si mette a stare, rimarrà preso e morto con tutta sua gente. . . . ; und wenn der König Karl sich anschickt, zu bleiben, wird er gefangengenommen und getötet werden mit allen seinen Leuten. Vili. V, VII, 226:..., alcuno giovane fiorentino isforzò nel detto borgo una pulcella; onde tutta la terra si commosse a zuffa contra i Fiorentini, e alquanti ve ne rimasono morti e assai fediti e vergognati; , und einige von ihnen wurden dabei getötet, und ziemlich viele verwundet und beschämt; ...

Es kann auch die Idee des Weiterdauerns des eben erreichten Zustandes in den Hintergrund treten wie in Dante, Vita Nuova XXXVII, 3 : E acciò che questa battaglia che io avea meco non rimanesse saputa pur dal misero che la sentia, propuosi di fare un sonetto, ... Und damit dieser Kampf, den ich mit mir selbst führte, nicht erfahren werde von dem Elenden, der ihn hörte, beschloß ich, ein Sonett zu machen, ...

Rimanere saputo ist hier nicht medial aufzufassen, etwa als bekannt werden, sondern passivisch. Darauf weist schon die Angabe des Urhebers hin. Es

Rimanere -f Part. Perf. Passiv

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ist allerdings ungewöhnlich, ein Passiv von sapere zu bilden. Es steht aber, weil das Subjekt des Satzanfanges weiter im Mittelpunkt des Interesses bleiben und nicht durch ein neues Subjekt verdrängt werden soll. Der Gedanke des Weiterdauerns der Handlung verschwindet. So ist es auch in Novellino X X , 35 : Ebbevene un che mal volentieri lasciava una ricca coltre che '1 re avea sopra : presela, e cominciò a tirare. Lo re per non rimaner scoperto, prese la sua partita, e teneva, siccome que' tirava; tanto che per fare più tosto li altri vi puosero mano. Da war einer, der ungern eine reiche Decke zurückließ, die der König auf sich hatte : er packte sie und fing an, zu ziehen. Um nicht aufgedeckt werden, nahm der König seinen Teil und hielt so, wie jener zog; ...

Es heißt hier nicht: aufgedeckt bleiben, denn die Handlung ist erst angefangen, ja sie wird überhaupt durch des Königs Handeln verhindert, nicht rückgängig gemacht. Einwandfrei passivisch ist auch: Vili. VII, XLIII, 213: ...; e'l detto Ridolfo promise sotto pena di scomunicazione d'essere in Milano infra certo tempo; la quale promessione per sue imprese e guerre d'Alamagna non venne, e non passò i monti, e mai non ebbe la corona nè la benedizione dello 'mperio ma rimase scomunicato; e per avere poi sua pace col papa e colla chiesa e essere ricomunicato, si privilegiò la contea di Romagna, ... ...; und der genannte König Rudolf versprach bei Bannesstrafe, innerhalb einer gewissen Zeit in Mailand zu Sein; dieses Versprechen wurde aber wegen seiner Unternehmungen und Kriege in Deutschland nicht erfüllt, und niemals bekam er die Krone, noch die Weihen des Reiches, sondern er wurde gebannt; und um hierauf seinen Frieden mit dem Papst und der Kirche zu bekommen und wieder vom Banne gelöst zu werden, gab er die Grafschaft Romagna als Lehen.

Zusammenfassend können wir sagen, daß rimanere, das zunächst als Kopula zum Ausdruck eines Zustandes dient, weil es Fälle gibt, wo sowohl die perfektive, wie auch die imperfektive Interpretation möglich ist, und weil gewisse Tempora die imperfektiven Verben perfektiv machen, zu einem Hilfsverb des Mediums und dann des Passivs geworden ist. Zu einer Grammatikalisierung der Konstruktion ist es aber nicht gekommen. Dies zeigt sich daran, daß rimanere meist mit gewissen Adjektiven (zum Ausdruck des Mediums) und Partizipien (zum Ausdruck des Mediums und des Passivs) verbunden ist, die die ursprüngliche Bedeutung zumindestens mitschwingen lassen. Es handelt sich da um Ausdrücke des Nacheinem-Tode-Zurückbleibens, des In-einen-Gemütszustand-Geratens und Dann-darin-Bleibens, um Ausdrücke des Schlachtfeldes (besiegt, getötet, gefangen werden und es bleiben). Konstruktionen, die außerhalb dieser Bedeutungsfelder liegen, sind selten, müssen aber einwandfrei als Passiva angesehen werden. Auch hier wieder wirkt die Herkunft der Konstruktion nach. Schon F o r n a c i a r i , Sintassi italiana dell'uso moderno weist S. 231 ff. darauf hin, daß rimanere + Part. Perf. Pass, das Passiv ausdrücken kann.

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Das Pasiv in der si-Form

Auch B. Setterberg erwähnt unsere Form und erklärt S. 15f. die passive Funktion durch die Bedeutung des Eintritts in einen Zustand, die rimanere annehmen kann. Das deckt sich mit der Erklärung, die wir gegeben haben. Sie geht dem Problem aber nicht weiter nach, arbeitet vor allem nicht die Durchgangsstation des Mediums heraus.

Das Passiv in der si-Form I. II. III. IV. V.

Drückt die «'-Form eine passivische Idee aus ? Abgrenzung »¿«-Passiv. Abgrenzung «'-Passiv-Medium. Das «'-Passiv im Verhältnis zum essere-Vassiv. Das «'-Passiv von imperfekten Verben. I. Drückt die //-Form eine passivische Idee aus? Dee. I, 1, 71 : se tutti i peccati che furon mai fatti da tutti gli uomini, o che si debbon fare da tutti gli uomini mentre che il mondo durerà, fosser tutti in uno uom solo, ... wenn alle Sünden, die je von allen Menschen begangen wurden, oder die von allen Menschen begangen Verden werden, solange die Welt dauert, in einem einzigen Menschen wären, ...

Eine Sache - i peccati - steht zu Anfang des Satzes im Mittelpunkt der Betrachtung. Die Handelnden sind dabei die Menschen ; also erscheint das Ganze im Passiv mit Urheberangabe mit da. Das gleiche Geschehen, das für die Vergangenheit mit dem £i\we-Passiv ausgedrückt ist, wird auch als für die Zukunft geltend dargestellt. Das Sachsubjekt erscheint als Relativpronomen; die Urheber sind wieder dieselben und werden wieder mit da eingeführt: da tutti gli uomini. Es handelt sich um zwei Relativsätze, die in gleichem Grade vom Vordersatz eines Bedingungssatzes abhängig sind. Die Konstruktion ist parallel. Im ersten Relativsatz wird das gleiche Geschehen ausgesagt wie im zweiten. Der Unterschied liegt nur in der Zeit. Das Präsens von dovere -(- Infinitiv steht hier für eine Futurform. Es wird in beiden Nebensätzen das gleiche Genus verwendet: das Passiv. Es ist ein Vorgangspassiv, das Passiv eines perfektiven Verbs, einmal in der Form essere + Part. Perf. Pass, und einmal in der «'-Form. Dee. IV, 3, 318: Delle quali le due, ..., erano d'età di quindici anni, la terza aveva quattordici ; nè altro s'attendeva per li loro parenti a maritarle, che la tornata di Narnald, il quale era andato in Ispagna. und zwei von diesen waren fünfzehn Jahre alt, die dritte war vierzehn; und nur noch die Rückkehr Narnalds, welcher nach Spanien gegangen war, wurde von ihren Eltern erwartet, um sie zu verheiraten.

Durch die Umschreibung nè altro ... che ist la tornata stark hervorgehoben. Was nun gedanklich im Mittelpunkt steht, soll auch grammatisch Subjekt

Das Passiv in der si-Form

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sein. So vollzieht sich das Geschehen an la tornata als Subjekt, und der Satz steht im Passiv. Das Verb ist imperfektiv, das Passiv demnach ein Zustandspassiv. Die Geschichte des reflexiven Passivs hat uns Reichenkron, S. 45/47 und S. 62/66 dargestellt. Nach ihm geht die Bildung der Form aus von im Vulgärlateinischen neugebildeten Impersonalien (potest, debet, dicit, habet), die dann se zu sich nehmen, 1) aus Analogie zu andern unpersönlichen Verben wie accidit, die mit se erscheinen, um das Geschehen zu bezeichnen, 2) aus der Verbindung potest -)- se + Verb, in der zunächst se + Verb das Medium darstellt, dann aber se zu potest gezogen wird. Es werden dann auch absolut angewandte transitive Verben und mit Objekt verbundene transitive Verben gebraucht. Das Objekt kann auch im Plural stehen. Dazu gibt Reichenkron S. 62f. u. a. folgende Beispiele: Mo. 537, 137: secundo come se lege. - Mo. 481, 36: N'Apocalisi legese tucta la sua mesura. - Mo. 158, 188: Et Semper pare che si dica altre cose. Dann tritt eine Funktionsverschiebung ein: Dadurch, daß das Objekt vorangestellt wird, wird es als Subjekt aufgefaßt, und das Verb wird mit ihm übereingestimmt. Dazu Beispiel aus Reichenkron, S. 64: B. R. 633c: Ecco la testa sua in lancia se và portando. - Mo. 164, 107: Ché v'andò anzi che le lettere si scrivessero. Dieselbe Wortstellung treffen wir auch beim Medium an. Durch das Zusammenwirken der beiden Gebilde unpersönliches Passiv und Medium entsteht über die Brücke der sekundären Wortstellung - 1) Subjekt (Objekt) + 2) si + Verb - das persönliche Passiv. Als letzten Schritt bezeichnet Reichenkron das Dazutreten des Agens zu dieser persönlichen Passivkonstruktion: Mo. 336, 291: Et questo non si poterebbe far da te. Beispiele einwandfreien Passivs mit Urheber finden sich in den von uns untersuchten Texten sehr zahlreich: Trattato morale di Albertano de Brescia, Monaci 114, A 315: nè non ti vai neente chel che tu dl, che 1 consiglio è ordinato e affermato da molta giente ; per ciò che la verità e l'utilità de le cose sempre si truova meglio dai pochi savi huomini, che quando ell'è proposta infra grande multitudine di gente. ... denn die Wahrheit und der Nutzen der Dinge wird immer besser von den wenigen weisen Männern gefunden werden, als ...

Besser noch der Text S 317: perciò che la veritade e l'utilitade de le cose sempre da pogbi savi si cognoscie meglio che dal popolo gridatore; ... denn die Wahrheit und der Nutzen der Dinge wird immer besser von wenigen Weisen erkannt als vom lärmenden Volk. Tav. Rit. VIII, 22 : E Lancilotto domanda allora al romito, per cui quella rócca si guardava;,.. Und Lancelot fragte dann den Einsiedler, von wem dieser Fels bewacht werde;... Conv. I, II, 3 : Non si concede per li retorici alcuno di se medesimo sanza necessaria cagione parlare,... Von den Rhetorikern wird nicht gestattet, daß einer ohne notwendigen Grund von sich selber spricht, ...

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Das Passiv in der si-Form Villani, Cronica, VI, LV, 79 : Ma dopo la sconfitta da Montaperti, tornati i Ghibellini in Pistoia, ti disfece il detto castello per gli Pistoiesi. Aber nach der Niederlage bei Montaperti wurde, nachdem die Ghibellinen nach Pistoia 2urückgekehrt waren, die besagte Burg von denen von Pistoia verstört. Dee. VIII, 7, 554: ... ; e ciò che udiva credeva che uscio fosse che per lui dalla donna s'aprisse, ma invano sperava. ... ; und er glaubte, daß das, was er hörte, die Türe sei, die für ihn von der Frau geöffnet werde, ...

I. Abgrenzung

man-Passiv

Das lateinische synthetische unpersönliche Passiv wird abgelöst vom analytischen si + Verb, d. h. der Typus dicitur wird ersetzt durch den Typus si dice. Beim unpersönlichen Passiv wird allein das Geschehen, das sich Vollziehen der im Verb enthaltenen Idee ausgesagt. Dicitur - si dice heißt: sagen findet statt. Nun besteht in der Sprache die Tendenz, für jedes Geschehen einen Träger zu finden. Im Falle des unpersönlichen Passivs kann ein solcher Träger nur in einem ganz allgemeinen Subjekt gefunden werden. Im Deutschen drücken wir dieses allgemeine Subjekt mit man aus. Man - und auch das französische on - hat einzig die Funktion, das ganz allgemeine Subjekt auszudrücken. Von stilistischen Ausweitungen dieser Funktion wollen wir hier nicht sprechen. Sie bilden sich von der Grundbedeutung aus und haben nicht etwa eine andere Wurzel. Für das Italienische können wir zunächst nur feststellen, daß si + Verb der Ausdruck eines Geschehens ist, das von einem allgemeinen Subjekt ausgeht. Das gilt zuerst einmal für Wendungen mit intransitiven Verben, dann aber ebenfalls für si + absolut gebrauchte transitive Verben. Diese können auch ein Objekt zu sich nehmen, ohne daß sich an ihrer Auffassung etwas zu ändern braucht, d. h. das Geschehen wird wie beim intransitiven Verb als vom unbestimmten Subjekt ausgehend angesehen. Andererseits findet sich die Kombination si + Verb + Nomen beim Medium, wobei die Satzfunktionen verschieden sind. Das Nomen ist hier das Subjekt des Satzes, an dem sich eine Veränderung vollzieht. Während im obenbesprochenen Fall si + Verb gedanklich zerlegbar war in allgemeines Subjekt + Verb, also zweigliedrig war, ist bei der medialen Wendung si + Verb nur eingliedrig, es bildet eine Einheit. Si ist da nur ein Flexionsmittel, geradezu ein Präfix, unter Umständen auch ein Suffix (beim Infinitiv etwa), um die mediale Veränderung zu bezeichnen. Dann vereinigen sich beide Formen: das Nomen bleibt Subjekt; si + Verb, die in der unpersönlichen Konstruktion anzeigten, daß eine Handlung vor sich geht, wobei diese Handlung einem allgemeinen Urheber zugeschrieben wurde, haben weiterhin diese Aufgabe. Wir gelangen zum Passiv mit ungenanntem, aber denkbarem Urheber. Daß es sich um ein Passiv

Das Passiv in der si-Form

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handelt, zeigt sich auch daran, daß auf der nächsten Stufe der Entwicklung Formen mit dem Agens auftreten. Demnach hat das .«'-Passiv eine doppelte Wurzel: das unpersönliche Passiv und das Medium. Diese beiden sind auf der einen Seite im .¿-Passiv aufgegangen, bestehen aber auf der anderen Seite in ihrer ursprünglichen Form und Funktion weiter und bewirken, daß in manchen Formen si + Verb + Nomen nicht eindeutig sind und verschieden aufgefaßt werden können. Neben Dec. I, 2, 75: quando da cosa che per noi veder non si possa procedano: ... wenn sie von etwas herrühren, was von uns nicht gesehen werden kann;

gibt es noch: Dec. II, 8, 178: Corsesi adunque a furore alle case del conte per arrestarlo. ... man rannte also wütend zu den Häusern des Grafen, um ihn zu verhaften; ...

und medial: Dec. IV, 8,334: Di che io sentiva si fatto dolore, che il mio sogno si ruppe;... wegen ich einen solchen Schmerz spürte, daß mein Traum plötzlich aufhörte,

Wes-

Tritt dann ein Objekt zum unpersönlichen Passiv, fragt man sich, ob die Konstruktion vom allgemeinen Subjekt man her erfaßt werden soll, oder ob schon ein passiver Satz vorliegt, in dem das Nomen nicht mehr Objekt, sondern Subjekt ist. Beispiele: Dec. III, 10, 288: Le donne domandarono: Come si rimette il diavolo in inferno? Wie bringt man den Teufel in die Hölle zurück? oder: Wie wird der Teufel in die Hölle zurückgebracht ? Dec. III, 10, 2 8 4 : . . . voi non udiste forse maidire, comeil diavolo sirimetta in inferno.

Dieser Satz enthält die gleichen Elemente wie der vorher genannte. Verschieden ist nur die Stellung des Nomens, weil aus einem direkten Fragesatz ein indirekter entstanden ist. Soll man sich hier eher für die manAuffassung entscheiden, weil das Nomen dem «'-Komplex vorangeht? Dec. IV, 5, 330: Poi prese un grande et un bei testo, di questi ne' quali si pianta la persa o il hassilico, ... Dann nahm sie einen großen und schönen Topf, einen von denen, in n/eiche man Majoran oder Basilikum pflanzt, oder: ..., einen von denen, in welche Majoran oder Basilikum gepflanzt wird. Dec. IV, 4, 352: ..., pensö che senza alcuno indugio da trovare era modo come iui morto si traesse di casa; , kam er auf den Gedanken, daß ohne Verzug eine Möglichkeit gefunden werden müsse, wie man ihn tot aus dem Hause schleppe; ... oder: ..., wie er tot aus dem Hause geschleppt werden könne.

Sehr oft sind beide Auffassungen - die man-Auffassung und die persönlichpassivische - möglich. Daß es Fälle gibt, wo eindeutig die eine oder die andere Funktion erscheint, beweist, daß in der Form beides enthalten ist. Meist kann ohne Schaden für den Sinn des Satzes beides verstanden werden. 5

Kontzi, Ausdruck

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Das Passiv in der si-Form

Es ist dies eine Erscheinung, auf die wir in der Sprache ab und zu stoßen: eine Wendung ist nicht starr festgelegt, sie kann so oder anders verstanden werden. Z. B. kann beim Konjunktiv oder Futur der Verbindung essere + Part. Perf. Pass. eines perfektiven Verbs der Endzustand oder die Handlung, die zum Zustand führt, ins Auge gefaßt werden, ohne daß der Satz einen andern Sinn bekäme. Beim Passiv vollzieht sich eine Handlung an einem Subjekt. Der Urheber muß wohl denkbar, aber nicht genannt sein. Ist er nicht genannt, so kann er ganz allgemeiner Art sein, etwa ein Unbestimmter, ein aus irgendwelchen Gründen jetzt nicht genau zu Bezeichnender. Dann liegt in der Bedeutung das gleiche vor wie beim man-Ausdruck: Ein im Augenblick der Aussage nicht genau zu Bezeichnender wirkt auf ein Seiendes. Der Unterschied zwischen 1), dem ««»-Ausdruck, und 2), dem Passivausdruck bei ungenanntem Agens, liegt nicht in der Bedeutung, sondern a) in der A r t der D a r s t e l l u n g des Geschehens. Was ich sehe, ist in 1) und 2) dasselbe. Wie ich es sehe, ist verschieden. Die Standpunkte des Aussagenden sind verschieden. In 1) - beim man-Ausdruck stellt sich der Mitteilende an die Seite des Täters und stellt ihn als auf ein Objekt wirkend dar. So wird auch jedes aktive Geschehen ausgedrückt. In 2) - beim Passiv - stellt sich der Mitteilende an die Seite des von der Handlung erfaßten Seienden und stellt von diesem Standpunkt aus die Handlung als auf dieses Seiende zukommend dar. b) in der Form. In 1) entspricht dem unbestimmten Täter ein sprachlicher Ausdruck. Im Französischen lautet er on, im Deutschen man. Im Italienischen bekommt si den Wert eines Signalmittels für den unbestimmten Täter. Die Verbindung si + Verb hat ja die Funktion, eine Handlung mit unbestimmtem Subjekt zu bezeichnen. Die Sprache hat nun die Tendenz, den unbestimmten Täter nicht nur zu denken, sondern sie will ihn auch sprachlich ausgedrückt sehen. So wird si die Funktion der Bezeichnung des unbestimmten Täters untergeschoben. In 2) ist der sprachliche Ausdruck für den unbestimmten Täter nicht vorhanden. Doch hat das italienische si nicht so vollständig die Funktion eines unbestimmten Pronomens angenommen, wie das französische on oder das deutsche man. Dadurch, daß das Medium und das Passiv mit si + Verb + Objekt existieren, ist ein vollständiges Aufgehen in der «ra»-Bedeutung verhindert worden. Hier im Italienischen ist also nicht der vollständige Verlust der etymologischen Bedeutung eingetreten wie im Französischen oder Deutschen. Andererseits wirkt auch die Herkunft vom unpersönlichen Passiv nach. Auch bestehen ^/'-Konstruktionen vom intransitiven und absolut transitiven Verb, bei denen der geschilderte Sachverhalt nur vom unbestimmten Subjekt her erfaßt werden kann. So ist ein vollständiges Aufgehen in der Passivfunktion ebenfalls nicht erfolgt.

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Bei der obenbeschriebenen Verwandtschaft des Ideengehaltes des manTypus und des Passivs ist es nicht verwunderlich, wenn die beiden Funktionen in einer Form erfaßt werden können. Man kann eine der beiden Funktionen aus der gleichen Form herauslesen, eben aus der Verbindung si + Verb + Objekt (Subjekt). Doch in der Aktualisierung der Sprache werden die Sprechenden und die Hörenden nur eines der beiden meinen : Erfassung des Geschehens vom der si-Partikel untergeschobenen man-Agens aus oder Erfassung des Geschehens vom Patiens aus. Im ersten Fall wird si Subjektbedeutung zugelegt und das dabeistehende Nomen (Nomen = alles, was deklinierbar ist, also auch Pronomina) wird als Objekt aufgefaßt. Im 2. Fall ist si ein Signalmittel für das Passiv und das Nomen ist Subjekt. Von wo aus das Geschehen nun erfaßt wird, ist mit den Mitteln der Grammatik in den meisten Fällen nicht klar zu sagen, weil das Italienische beim Substantiv und oft auch beim Pronomen für den Subjekts- und den Objektskasus nur eine Form hat. Kann man das bei si + Verb stehende Nomen sicher als Subjekt oder als Objekt erkennen, ist die Auffassung eindeutig. Es gibt Indizien, die nur eine der beiden Auffassungen zulassen oder mindestens nahelegen. I. „man"-Auffassung 1) si + intransitives Verb. Vita Nuova, XIV, 8 : Io tenni li piedi in quella parte de la vita di là da la quale non si puote ire più per intendimento di ritornare. Ich hatte die Füße in jenem Teil des Lebens, über den hinaus man nicht gehen kann mit der Absicht, zurückzukehren. Dee. VI, 10, 461 : E comandato alla lor fante che sopra la via per la quale quivi s'entrava dimorasse, ..., tutte e sette si spogliarono ... Und nachdem sie ihrem Mädchen befohlen hatten, oberhalb des Wegs, auf dem man hierherein gelangt, zu bleiben, ... zogen sich alle sieben aus ... Dee. III, 7, 261: Quando la donna il vide, ..., tutta stordì, cosi di lui temendo, come de' corpi morti, se poi veduti andare come vivi, si teme; ... Als die Frau ihn sah entsetzte sie sich sehr und fürchtete sich so sehr vor ihm, wie man sich vor den toten Körpern fürchtet, wenn man sie dann lebendig gehen sieht.

Das intransitive Verb hat kein Akkusativobjekt bei sich, das in einem passivisch aufgefaßten Satz als Subjekt dienen könnte. So ist in dem Nexus si + intransitives Verb nur die «M»-Auffassung möglich. Man könnte in den obenangeführten Sätzen auch unpersönliche Passive sehen, - „in jenem Teil des Lebens, über den hinaus nicht gegangen wird . . . " „oberhalb des Weges, auf dem hierher gelangt wurde . . . " „ . . . wie vor den toten Körpern Furcht gehabt wird . . . " - , aber unpersönliche Konstruktion ist mit essere so selten, während die Konstruktion si + intransitives Verb häufig vorkommt, daß wir in den obengenannten Fällen keine unpersönlichen Passiva zu erkennen brauchen, sondern Erfassung des Geschehens vom unbestimmten ««»-Subjekt aus.

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Das Passiv in der si-Form

2) si + absolut gebrauchtes transitives Verb. Was f ü r das von sì begleitete intransitive Verb gilt, gilt auch f ü r die Verbindung si + absolut gebrauchtes transitives Verb. Tav. Rit. XVIII, 67 : ... ; ma osservare vogliam la legge di Dio al quale piace, non per potenzia ma per ragione e per giustizia siposseda, ... aber wir wollen das Gesetz Gottes beachten, dem es beliebt, daß man nicht durch Gewalt, sondern durch Vernunft und Gerechtigkeit Besitz habe. Vili. VII, IX, 154: Nella sua fine, di Manfredi si cercò più di tre giorni, che non si ritrovava, e non si sapeva se fosse morto, e preso, o scampato, ... An seinem Ende suchte man Manfred drei Tage lang, und er ward nicht gefunden, und man wußte nicht, ob er tot, gefangen oder geflohen war, ... Dee. V, 7, 406 : Mandassi adunque alla giovane, a sentire del suo volere : ... Man schickte also nach dem jungen Mädchen, um ihren Willen zu erfahren. Dee. III, 5, 241: ..., se di là come di qua s,ama, in perpetuo v'amerò. Wenn man dort wie hier liebt, werde ich euch immer lieben. 3) Bei si + Verb steht ein Pronomen im Akkusativ. Bonvesin da Riva, Monaci, 131, II, 49ff.: ... : quando tu dl prende la copa con doe man la receve e ben te furbe la boca. co l'una conzamente no se po la ben receve; . . . : wenn du das Glas nehmen mußt, so faß es mit zwei Händen und wisch dir gut den Mund. Mit einer Hand kann man es nicht gut annehmen, Tav. Rit. I, 6 : Monsignore, fommi grande maraviglia che a mangiare a vostra tavola è uno cavaliere lo quale, per sua codardia, perdè sua dama et donzella per lo cammino; chè innanzi si vorrebbe premiarlo e legare in sulla carretta, sicondo vostra leggie. ... denn vielmehr sollte man ihn greifen und auf den Karren binden nach eurem Gesetze. Das bei der Verbindung si -f- Verb stehende Pronomen ist im Akkusativ. Es kann also nicht das Subjekt abgeben in der Konstruktion si + Verb + Nomen, und daher kann der Satz auch nicht persönlich-passivisch verstanden werden, sondern das Geschehen wird v o m allgemeinen »««-Subjekt her erfaßt. Weitere Beispiele: Jacopone da Todi, Monaci, 147, IUI, 3 : Accurre, donna, e vide che la gente l'allide, credo che Ilo s'occide, tanto l'on flagellato. Eil herzu, liebe Frau, und sieh, wie die Leute ihn schlagen, ich glaube daß man ihn tötet, so sehr haben sie ihn gegeißelt. Das Pronomen steht in der obliquen Form und nicht in der Subjektform. Die die fragliche Stelle umgebenden Teilsätze geben beide das Geschehen als aktiv von einem allgemeinen Satz ausgehend wieder: la gente Valtide tanto l'on flagellato. Wenn er nicht ganz aus diesem Rahmen fallen soll, muß auch schon deswegen unser Teilsatz als v o m unbestimmten ««»-Subjekt

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ausgehend verstanden werden. Dann läge in all diesen Teilsätzen eine

Variante von man als Subjekt zugrunde: àie Leute - man - sie. Vita Nuova, XXVII, 5: Questo m'avvene ovunque ella mi vede e si è cosa umil, che noi si crede. Das geschieht mir, wo immer sie mich sieht, und es ist etwas so Demütiges, daß man es nicht glaubt. Dee. IV, 8, 345 : Il buono uomo rispose che a lui parrebbe che colui che morto fosse si dovesse chetamente riportar a casa sua, e quivi lasciarlo, senza alcuna malavoglienza alla donna portarne, ... Der gute Mann antwortete, er sei der Ansicht, daß man den, der tot sei, ruhig nach Hause tragen und ihn da lassen solle, ohne daß man der Frau deswegen böse sei, ... 4) Das Verb steht im Singular und das Nomen im Plural. In diesem Fall kann das Nomen nicht das Subjekt zum Verb sein, sondern nur Objekt und das Subjekt muß im allgemeinen man gesucht werden. Wir geben im folgenden dazu einige Beispiele: Storia di S. Caterina verseggiata da Buccio di Ranallo, Monaci G. 238ff.: Sci bella creatura No fece la natura; Contare se no porria Le bellici ch'avea. Ein so schönes Geschöpf machte nicht die Natur; Die Schönheiten, die sie besaß, könnte man nicht in Worten wiedergeben. Tav. Rit. XI, 39: Et allora fu comandato che si raccogliesse tende, trabacche e padiglioni; ... Dann wurde befohlen, daß man die Zelte und Hütten abbrechen solle, ... Dee. VI, 4, 439: e fatto montar Chichibio sopra un ronzino, verso una fiumana, alla riviera della quale sempre soleva in sul far del di vedersi delle gru, nel menò dicendo: ... und er ließ Chichibio auf einen Klepper steigen, einem Flusse zu, an dessen Ufer man gegen Tagesanbruch Kraniche sehen pflegte, indem er dabei sagte: ... Dee. VIII, 10, 599 : Io son diserto per ciò che il legno, sopra il quale è la mercatanzia che io aspettava, è stato preso da' corsari di Monaco, e riscattasi diecimilia fiorin d'oro, de' quali ... ich bin hilflos, weil das Schiff, auf dem die Ware ist, die ich erwartete, von den Seeräubern aufgegriffen worden ist, und man verlangt zehntausend Goldguiden, ... Dee. I, 7, 93: Era in quella corte questa usanza, che in su le tavole vino ni pane nè altre cose da mangiare o da bere siponea giammai, se prima l'abate non veniva a sedere alla tavola. An jenem Hof bestand der Brauch, daß man niemals Wein oder Brot oder andere Sachen zum Essen oder Trinken auf den Tisch stellte, bevor der Abt kam und sich an den Tisch setzte. Reichenkron zitiert noch einen Satz aus Monaci (Reich., S. 63), Mon. 158, 188: Et sempre pare che si dica altre cose. Und immer scheint es, daß man andere Dinge sagt.

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Das Passiv in der si-Form

6) Sonderfall. Dee. II, 6, 149: ..., quel peccato commisi, il quale sempre seco tiene la giovanezza congiunto, e che, se via si volesse tètre, converrebbe che via si togliesse la giovanezza, et , ich beging die Sünde, die immer mit der Jugend verbunden ist, und wenn man die wegnehmen wollte, müßte man auch die Jugend wegnehmen, ...

Hier finden wir die Verbindung si + finites volere -f- Infinitiv. Das dazugehörige Nomen ist eine Sache: peccato. Diese Sache kann keinen eigenen Willen haben. Der Willensträger muß also in der «'-Gruppe gesucht werden in dem unbestimmten man, und dementsprechend ist auch der folgende Nebensatz vom unbestimmten man aus zu erschließen. II. Passiv-Auffassung 1) Es tritt zu der Verbindung si + Verb + Nomen noch ein durch eine Präposition eingeleiteter Urheber. In diesem Fall ist die Handlung als von dem angegebenen Urheber ausgehend dargestellt. Ein anderer, unbestimmter Urheber ist nicht denkbar. Tenzone di Monte e di un anonimo, Monaci 7,1, 1 f. : Per molta giente par bene che si dica ca re di Spangna volglia la corona ; Es scheint wohl, daß von vielen Leuten gesagt wird, daß der König von Spanien die Krone will;

An die Stelle des Nomens ist hier ein Subjektsatz - ca re di Spangna . .. getreten. Die Handlung geht von molta giente aus, das in der Form des Urhebers beim passiven Satz erscheint. Der Satz ist einwandfrei passivisch. Tav. Rit. LI, 188 : Cavaliere, verrete allo palagio, e per me sifaràe quello che si potràe fare. Ritter, Ihr werdet zum Palast kommen, und von mir wird getan werden, was getan werden kann. Dino Compagni, II, 3, 111: ...: per Dio, prendi guardia di te e della tua gente, perché la nostra città si regge da Ghibellini. ... : bei Gott, paß auf dich und deine Leute auf, denn unsere Stadt wird von Ghibellinen regiert. Dee. V, 7, 403 : O tu manifesta di cui questo parto si generasse, o tu morrai senza indugio. Entweder sagst du mir, von wem dieses Kind gezeugt wurde, oder du wirst unverzüglich sterben.

Beispiele von jz'-Passiven + Urheber sind sehr zahlreich. 2) Nomen und Verb sind im Plural. Das Verb wird immer mit dem Subjekt übereingestimmt. Steht das Verb im Plural, kann nur ein pluralisches Subjekt dazu gedacht werden und die Erfassung des Geschehens vom singularen «?