Demokratie als Gefahr für die Republik: Andrew Jackson und warum die USA Tyrannen (nicht) fürchten sollten 9783839439975

Processes of democratization in the U.S. in the 19th Century, as shown by taking Andrew Jackson, Donald Trump`s professe

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Demokratie als Gefahr für die Republik: Andrew Jackson und warum die USA Tyrannen (nicht) fürchten sollten
 9783839439975

Table of contents :
Inhalt
Danksagung
Einleitung
Die Gründerväter und die Antike
Die Seminole War Debate 1819
Die Wahl von 1824
Die Wahl von 1828
Jacksons Präsidentschaft (1829-1837)
Die Jahre nach Jacksons Präsidentschaft
Fazit
Abbildungen
Quellen- und Literaturverzeichnis
SEKUNDÄRLITERATUR

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Jan Hildenhagen Demokratie als Gefahr für die Republik

Histoire | Band 119

Jan Hildenhagen (Dr. phil.) lehrt u.a. Amerikanische Geschichte sowie die Geschichte der römischen Republik an verschiedenen Universitäten in Deutschland. Forschungsschwerpunkte sind Demokratisierungsprozesse sowie die Antikerezeption in den USA.

Jan Hildenhagen

Demokratie als Gefahr für die Republik Andrew Jackson und warum die USA Tyrannen (nicht) fürchten sollten

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2017 transcript Verlag, Bielefeld

Die Verwertung der Texte und Bilder ist ohne Zustimmung des Verlages urheberrechtswidrig und strafbar. Das gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Verarbeitung mit elektronischen Systemen. Umschlagkonzept: Kordula Röckenhaus, Bielefeld Umschlagabbildung: Kind Andrew the First, Library of Congress, https://lccn.loc.gov/2008661753 Satz: Jan Hildenhagen Druck: docupoint GmbH, Magdeburg Print-ISBN 978-3-8376-3997-1 PDF-ISBN 978-3-8394-3997-5 Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier mit chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Besuchen Sie uns im Internet: http://www.transcript-verlag.de Bitte fordern Sie unser Gesamtverzeichnis und andere Broschüren an unter: [email protected]

Inhalt

Danksagung | 7 Einleitung | 9 Die Gründerväter und die Antike | 17 Die Seminole War Debate 1819 | 43

Remember that Greece had her Alexander – Jackson als potenzielle Gefahr für die Republik | 50 Greece had its Miltiades – Die undankbare Republik opfert ihre Helden | 56 Folgen der Seminole War Debate | 66 Die Wahl von 1824 | 75

I say again, Beware how ye trust him! – Jackson als neuer Caesar | 80 An ARISTOCRACY is rising in our land – Jackson als Retter der Republik | 83 Der corrupt bargain 1824/1825 | 95 Die Wahl von 1828 | 105

It is never by open violence […] that the liberty of the people is destroyed – Ein Demagoge auf dem Weg zur Macht | 116 He abandoned his farm, to save his country – Jackson als amerikanischer Cincinnatus | 130 Jacksons Triumph 1828 | 144 Jacksons Präsidentschaft (1829-1837) | 151 The Republic has degenerated into a Democracy – Demokratie als Gefahr für die Republik | 169 The majority is to govern! – Demokratie als Rettung der Republik | 185 King Andrew the First | 198

Die Jahre nach Jacksons Präsidentschaft | 203 Fazit | 231 Abbildungen | 243 Quellen- und Literaturverzeichnis | 249

Danksagung

Bei diesem Buch handelt es sich um eine leicht überarbeitete Version meiner Dissertation welche 2016 an der Ruhr-Universität Bochum vorgelegt und verteidigt wurde. Mein Dank gilt meinen Gutachtern Prof. Dr. Michael Wala sowie Prof. Dr. Walter Grünzweig. Zudem möchte ich mich für die stetige Unterstützung bei Prof. Dr. Linda-Marie Günther bedanken. Mein ganz besonderer Dank gilt Dr. Iris-Aya Lämmerhirt und Dr. Dirk Jäckel; Ihr beide habt viel Zeit und Nerven geopfert und ohne Eure Hilfe hätte ich dieses Projekt nicht fertigstellen können. Für konstruktive Kritik und Unterstützung danke ich Prof. Daniel Walker Howe, Prof. Joan Waugh von der UCLA, Dr. Mark Cheathem von der Cumberland University, Dr. Katharina Vester von der AU Washington D.C., Brian McKnight und der UVA Wise Virginia, der CMU, Mischa Honeck und dem GHI Washington D.C. sowie H.W. Brands von der UT at Austin. Meinen Kollegen und Weggefährten danke ich ebenfalls, vor allem Dr. Meret Strothmann, Dr. Lucie-Patrizia Arndt, Carina Steller, Dr. Jochen Krebber und Dr. Eva Bischof, für Beistand, Verständnis und liebe Worte zur rechten Zeit. Zu guter Letzt gilt mein Dank meinem Vater, meinen Schwestern und meinen lieben Freunden. Hervorheben möchte ich hierbei Joe Seeling und Lisa del Sesto die mir nicht nur in der Ferne ein zu Hause gegeben, sondern mich auf vielen meiner Reisen begleitet und unterstützt haben. Vielen Dank Euch allen! Dieses Buch ist meiner Mutter, Erika Feja-Hildenhagen, gewidmet.

Einleitung

Donald Trump schürt mit seiner Wahl die Zukunftsangst in und außerhalb der USA. Seit dem Wahlkampf und in den ersten Wochen seiner Präsidentschaft ebbt die Kritik an seiner Person und seinem Regierungsstil nicht ab. Trump sei unberechenbar und eine Gefahr für die Demokratie, so ein häufiger Vorwurf. Trump führe sich auf wie ein Tyrann und ein Alleinherrscher: Nero Trump titelte der Spiegel im Februar 2017 und konstatierte: „Donald Trump regiert die USA wie ein Autokrat. Auch international will er uneingeschränkt herrschen, Verträge und Abkommen aufkündigen. Der US-Präsident wird zur Gefahr – und Deutschland muss den Widerstand vorbereiten.“1 Der britische Guardian ermahnte seine Leser, dass wer Trump verstehe wolle, „should look to the tyrants of ancient Rome.“ Dabei müsse man bedenken: „All tyrants are different – mad, bad, stupid or sick, they tend to be wild and uninhibited characters who are highly original in their excesses. So is the 45th president of the United States.“2 Beide hier exemplarisch aufgeführte Artikel diskreditieren Trump, indem sie ihn mit antiken historischen Persönlichkeiten gleichsetzen, welche sinnbildlich für eine ungerechte und unberechenbare Alleinherrschaft stehen. Dadurch werden komplexe politische Prozesse vereinfacht und die auf diversen Stufen vorherrschende Gefahr für die USA oder gleich die gesamte Welt, welche von Trump ausgehe, deutlich gemacht. Der Argumentation zugrunde liegt die Vor-

1

Brinkbäumer, Klaus: Nero Trump, in: Der Spiegel, 6/2017, 4. Februar 2017. Alle Zitate werden aus dem Original, inklusive eventueller Rechtschreibfehler, übernommen. Auf die Anmerkung „[sic]“ oder ähnlich wird verzichtet. Zudem werden Zitate bis zur Länge von fünf Zeilen in nicht eingerückt.

2

Jones, Jonathan: To understand Trump, we should look to the tyrants of ancient Rome, in: TheGuardian.com, 25. Januar 2017, www.theguardian.com/artanddesign/ jonathanjonesblog/2017/jan/25/donald-trump-president-tyrants-ancient-rome.

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stellung, dass sich historische Entwicklungen immer wieder ähneln, man jedoch idealerweise aus der Vergangenheit lernen könne. Daher versuchen Trumps Kritiker eine Erklärung für dessen Wahlsieg zu finden, indem Vergleiche aus der Geschichte bemüht werden. In einem Artikel des Princeton-Professors und Nobelpreisträgers Paul Krugman3 in der bei Trump verhassten New York Times, mit dem Titel How Republics End, wird unter anderem der schleichende Übergang der römischen Republik in eine Monarchie beschrieben. Krugman vertritt dabei die These, Caesar sei nicht die Ursache, sondern ein Symptom für den Untergang der römischen Republik gewesen. Ebenso sei auch Trump nur ein Symptom für diesen schleichenden Prozess in den USA. Krugman schließt mit der eindringlichen Warnung: „The erosion of democratic foundations has been underway for decades, and there’s no guarantee that we will ever be able to recover. […] American democracy is very much on the edge.“4 Krugman zieht also bewusst einen Vergleich zum republikanischen Rom und sieht Trumps Wahl als Anzeichen dafür, dass die Zukunft der amerikanischen Republik und Demokratie bedroht sei.5 Allerdings muss betont werden, dass der Vergleich eines US-Präsidenten mit antiken Alleinherrschern in der Geschichte der USA keineswegs einzigartig ist und sich Trumps Kritiker somit, bewusst oder unbewusst, in eine bis in die Entstehungsphase der Republik zurückreichende Tradition einreihen. So wurde auch der siebte US-Präsident und populäre Kriegsheld Andrew Jackson (1767-1845) von seinen Zeitgenossen mit Despoten aus der Geschichte gleichgesetzt und es wurde gewarnt, er wolle eine Alleinherrschaft errichten. Es ist daher umso bemerkenswerter, dass Donald Trump ausgerechnet das Portrait Andrew Jacksons in das Oval Office hängen ließ und dass das Trump nahestehende Onlinemagazin Breitbart dies mit der Vergleichbarkeit der beiden Präsidenten erklärt. Dass sich damit der Republikaner Trump in die Nähe des Gründers der Democrats rückt, wird damit begründet, dass mit dem Amtsantritt Obamas die Demokratische Partei de facto ohnehin aufgehört habe zu existieren.6 Dies verdeutlicht, dass viele 3

Autoren der Sekundärliteratur werden kursiv dargestellt, um sie von historischen Persönlichkeiten besser zu unterscheiden.

4

Krugman, Paul: How Republics End, in: The New York Times, 19. Dezember 2016,

5

Siehe auch zum Beispiel: Schmookler, Andy: Trump: An American Caesar, 2. Sep-

www.nytimes.com/2016/12/19/opinion/how-republics-end.html. tember

2015,

huffingtonpost.com/andy-schmookler/trump-an-american-caesar_b_

8071742.html; Charton, Michael: Donald Trump as Julius Caesar?!, 11. August 2015, www.angiesdiary.com/articles/essay/donald-trump-as-julius-caesar. 6

Huston,

Warner

Todd:

President

Trump

Adds

Portrait

of

President

Andrew Jackson to Oval Office Décor, in: Breitbart.com, 25. Januar 2017,

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Republikaner davon überzeugt sind, dass bereits mit der Wahl des AfroAmerikaners und vermeintlichen Sozialisten Obama eine für die USA schädliche Tendenz eingesetzt hatte und die Republik akut bedroht ist.7 So ist auch der starke Zuspruch für Trump zu erklären, der immer wieder behauptet hatte, für den einfachen Mann zu kämpfen, der unter anderem unter der Gesundheits- und Einwanderungspolitik Obamas habe leiden müssen. Auch hatte Trump immer wieder versichert, dass nur er in Lage sei, der korrupten politischen Elite in Washington Einhalt zu gebieten.8 Hier setzt auch der Vergleich mit Jackson wieder ein: „Like Trump, Jackson was most decidedly not of the same elite group to which our other national leaders belonged. Backed by tens of thousands of ‚common‘ Americans whom many elites of the day felt weren’t capable of casting informed votes, Jackson was excoriated as having instituted ‚mob rule‘ by taking power from the Washington establishment and wielding it for the people instead of the elite classes.“9

In der Tat wurde Jackson von seinen Anhängern als Verfechter der Rechte des einfachen Mannes gefeiert, welcher den angeblichen korrupten Machenschaften in der Hauptstadt ein Ende gesetzt habe. Trump wird von seinen Anhängern ähnlich wahrgenommen. So begründeten bereits im Oktober 2016 Großspender für Trumps Wahlkampf ihre Unterstützung damit, die Amerikaner seinen „finally fed up and disgusted with its political elite. […] We have a country to save and there is only one person who can save it. We, and Americans across the country and around the world, stand steadfastly behind Donald J. Trump.“10 www.breitbart.com/big-government/2017/01/25/president-trump-adds-portraitpresident-andrew-jackson-oval-office-decor/. 7

Siehe hierzu zum Beispiel: Blake, Aaron: The Obama presidency, from ‘socialist’ to ‘dictator’, in: The Washington Post, 20. Januar 2015, www.washingtonpost.com/ news/the-fix/wp/2015/01/20/the-obama-presidency-from-socialist-to-dictator/?utm_ term=.35b52effa124.

8

Siehe zum Beispiel: Goodwin, Michael: Trump victory is a win for the little guy over the elite, in: New York Post, 9. November 2016, nypost.com/2016/11/09/trumpvictory-is-a-win-for-the-little-guy-over-the-elite/.

9

Huston,

Warner

Todd:

President

Trump

Adds

Portrait

of

President

Andrew Jackson to Oval Office Décor, in: Breitbart.com, 25. Januar 2017, www.breitbart.com/big-government/2017/01/25/president-trump-adds-portraitpresident-andrew-jackson-oval-office-decor/. 10 Statement von Robert and Rebekah Mercer in der Washington Post vom 8. Oktober 2016. Gold, Matea: GOP mega-donors Robert and Rebekah Mercer stand

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Betrachtet man die Argumente der Unterstützer sowie Gegner Trumps, ist auffällig, dass beide Seiten um die Zukunft der USA oder gleich der gesamten Welt fürchten und, um den eigenen Argumenten Gewicht zu verleihen, Beispiele und Vergleiche aus der Geschichte bemühen. Man könnte vermuten, dass es sich hierbei um eine Art rhetorischen Reflex handelt, um den jeweiligen Präsidenten beziehungsweise Kandidaten und dessen Politik zu kritisieren beziehungsweise zu verteidigen. Dies würde jedoch deutlich zu kurz greifen und weder Kritikern noch Unterstützern gerecht werden Stattdessen muss diese Debatte als ernstzunehmender Diskurs verstanden werden, der alle auf den politischen Willensbildungsprozess Einfluss nehmende Bevölkerungsgruppen durchdringt. In der Tat wird in Zeiten rasanter sozio-ökonomischer Veränderungen und Krisen (Kampf gegen den Terror, Klimawandel, Globalisierung, Digitalisierung, Immigration, Finanz- und Wirtschaftskrise, soziale Ungerechtigkeit etc.) nach einfachen Erklärungen und politischen Lösungen für komplexe und nicht-beherrschbarscheinende Vorgänge gesucht. Dabei kommt es oftmals zu einer Polarisierung in der öffentlichen Debatte, wobei sich grob zwei unterschiedliche Positionen festmachen lassen: Die Einen versuchen tendenziell eher das Rad der Zeit in eine vermeintlich stabilere und einfachere Vergangenheit zurückzudrehen, während die Anderen sich neue Stabilität in einer progressiven Flucht nach vorne erhoffen. Dies lässt sich besonders deutlich in der Untersuchung des im Folgenden untersuchten Diskurses über die Zukunft der Republik aufzeigen, welcher seit ihrer Entstehungsphase die öffentlich-politische Diskussion in den USA massiv prägte. Seit den ersten Unabhängigkeitsbestrebungen im 18. Jahrhundert hatte sich das Konzept einer Republik als Gegenentwurf zur Monarchie herauskristallisiert und bereits seit der Verabschiedung der Bundesverfassung 1787 misstrauten Teile der amerikanischen Bevölkerung einer zu mächtigen Zentralgewalt. Besonders mit dem Ausscheiden der Generation der Gründerväter (also derjenigen, die aktiv am Unabhängigkeitskrieg und am Verfassungsdiskurs teilgenommen hatten) aus dem politischen Geschehen entzündete sich in den USA eine öffentlichpolitische Debatte über die Zukunft der noch jungen Union. Dabei war die Angst vor dem Untergang der Republik sehr real und es herrschte große Unsicherheit darüber, ob das republican experiment dauerhaft von Erfolg gekrönt sein würde. Dies ist unter anderem mit gravierenden sozio-politischen Veränderungen in der Zeit zwischen Washingtons Tod 1799 und dem Beginn von Jacksons Präsidentschaft 1829 in den USA zu erklären. Die Population und die Urbanisierung nahmen unaufhaltsam und rasant zu: Lebten zur Jahrhundertwende in den Vereinigby Trump, www.washingtonpost.com/news/post-politics/wp/2016/10/08/gop-megadonors-robert-and-rebekah-mercer-stand-by-trump/?utm_term=.c9970a74367d.

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ten Staaten noch circa fünf Millionen Menschen, waren es 1830 bereits 13 Millionen. Gab es 1800 nur sechs Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern, waren es zu Beginn von Jacksons erster Amtszeit bereits 23 Städte. Ab Mitte der 1820iger Jahre wanderten mindestens 30.000 Immigranten jährlich in die USA ein, während gleichzeitig mit dem Louisiana Purchase (1803) und dem Erwerb Floridas (1819) die geographische Expansion massiv voranschritt. In dieser Zeit wurden jährlich mehr als zwei Millionen acres (circa 8100 km²) Land an Siedler verkauft. und die Union war zwischenzeitlich auf 24 Bundesstaaten angewachsen. Auch die wirtschaftliche Entwicklung nahm deutlich zu und mit ihr das Warenangebot. Die Verbreitung von Dampfschiffen, die Verbesserung der Straßen sowie die Einführung der Eisenbahn 1828 verkürzten signifikant die Zeiten und verringerten die Kosten, welche erforderlich waren, um Menschen und Waren zu transportieren sowie Nachrichten zu verbreiten.11 11 Cole, Donald B.: The Presidency of Andrew Jackson, Lawrence 1993, S. 7-10, im Folgenden zitiert als: Cole: The Presidency of Andrew Jackson; Remini, Robert V.: Andrew Jackson and the Course of American Democracy, 1833-1845, 3, New York 1984, S. 2 ff., im Folgenden zitiert als: Remini: Jackson, 3. Für das Verständnis Jacksons und seiner Zeitgenossen war lange vor allem James Partons Life of Andrew Jackson (1860) sowie Arthur Schlesinger Jr.s The Age of Jackson (1949) prägend. Während Schlesinger die Ansicht vertritt, es habe in der amerikanischen Gesellschaft zu Jacksons Zeit bereits eine Art Klassenkampf gegeben, fokussiert die jüngere Forschung sich eher auf die Expansion und damit verbundene Demokratisierungsprozesse in den USA in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Neben der dreiteiligen und sicherlich ausführlichsten Jackson-Biographie Andrew Jackson and the Course of American Empire; Andrew Jackson and the Course of American Freedom; Andrew Jackson and the Course of American Democracy (19771984) von Robert R. Remini sowie dessen Monographie über Henry Clay (1991) ist dabei auch die Publikation von Donald B. Cole, The Presidency of Andrew Jackson (1993) von Bedeutung. Sean Wilentz’ The Rise of American Democracy sowie dessen kurze Jackson-Biographie (beide aus dem Jahr 2005) helfen vor allem die politischen Prozesse in den USA für den Untersuchungszeitraum zu verstehen. Gleiches gilt für die beiden Werke von Daniel Walker Howe, The Political Culture of the American Whigs (1979) und What Hath God Wrought. The Transformation of America, 18151848 (2007), wobei Howe vor allem die Whigs als Antrieb eines modernen demokratischen Amerika versteht. Die jüngste Publikation, welche sich mit Andrew Jackson auseinandersetzt, stammt von Mark Cheathem. In Andrew Jackson. Southerner (2013) argumentiert er, dass Jackson in erster Linie kein self-made frontiersman gewesen sei, sondern durch seine Verbindung zu den amerikanischen Südstaaten tief ideologisch und sozio-kulturell geprägt wurde.

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Diese Veränderungen wurden von Teilen der amerikanischen Bevölkerung als zu rasant empfunden und somit als Gefahr für den Fortbestand des Staates wahrgenommen. Es waren jedoch vor allem die Demokratisierungsprozesse im Land, welche die unterschiedlichen Visionen von der Zukunft der Republik aufeinanderprallen ließen. Bislang hatte keine Republik dauerhaft bestehen können und die Hoffnung, dass die eigene Republik eine Sonderrolle in der Geschichte einnehmen würde, war zwar vorhanden, doch zog man die Geschichte der untergegangenen Republiken in Betracht, erschien dies eher unwahrscheinlich. Wenn überhaupt, war dies nur möglich, wenn man die Fehler der vergangenen Republiken vermied. Lösungsansätze suchte man in historischen und staatstheoretischen Vorbildern, wobei man sich vor allem der Theorien antiker Autoren und der Geschichte antiker Republiken als Exempel bediente. So schreibt der Historiker Carl J. Richard: „The classics have provided a giant smorgasbord, from which various individuals and societies have concocted the feasts that have best suited their tastes. But classical works have not been mere reflectors of the personalities and cultures of the individuals and societies that have read them. They have also reinforced and helped give precise form to these often vague tendencies.“12

Mit der Geschichte untergegangener Republiken vor Augen und den Theorien antiker Autoren im Hinterkopf, artikulierten auch Jacksons Zeitgenossen ihre Vorstellungen von der eigenen Republik. Somit hat die Forschung die Existenz des Diskurses über die Zukunft der Republik mit dem Verweis auf die Antike in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in den USA zwar festgestellt, jedoch fehlt bislang eine Untersuchung des politischen Weltbilds Jacksons und seiner Zeitgenossen sowie dessen Bedeutung im Kontext politischer Entscheidungen.13 Die 12 Richard, Carl J.: The Golden Age of the Classics in America: Greece, Rome, and the Antebellum United States, Cambridge 2009, S. 211, im Folgenden zitiert als: Richard: The Golden Age of the Classics in America. 13 Dies mag darin begründet sein, dass die meisten Historiker weiterhin davon ausgehen, dass die Antike nach 1790 kaum noch eine Relevanz für die USA hatte. Meyer Reinhold bezeichnet die Phase von 1790-1830 als Silver Age of Classical Studies in America und behauptet, spätestens mit dem Beginn von Jacksons Präsidentschaft habe klassische Bildung aufgehört „to be useful knowledge for the larger society, and no longer offered guidelines for the nation.“ Auch Gordon Wood ist der Ansicht, dass Rom als Vorbild für die Amerikaner im 19. Jahrhundert nicht mehr taugte: „By the 1820s American society had left the georgic dreams of quiet farms and settled husbandmen far behind. […] For most Americans the great legacy of ancient Rome was

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Erforschung dieses Diskurses ist für den Zeitraum der Jacksonian Era mehr oder weniger auf dem Stand von 1974 stehen geblieben, als Edwin Miles in zwei Aufsätzen die Bedeutung der Antike auf politische Willensbildungsprozesse für diesen Zeitraum angedeutet hat.14 An Miles’ Forschungen anknüpfend, treibt diese Untersuchung daher einen Paradigmenwechsel voran, welcher den Einfluss der Geschichte der (antiken) Republiken und der Philosophie antiker Autoren auf die politischen Akteure in den USA für die Zeit nach 1815 neu definiert. Eine reine Diskursanalyse im soziologischen oder philosophischen Sinn wäre hierfür aber wenig hilfreich, auch wenn zum besseren Verständnis, wie Diskurse funktionieren, Michel Foucaults Ideen zur Diskursanalyse Orientierung bieten. Nach diesem Konzept muss bedacht werden, dass es sich bei dem Diskurs um regelgeleitete Aussagen handelt, welche klaren Formationsregeln unterliegen. Im ersten Schritt wird daher untersucht, warum eine Aussage in einem bestimmten Kontext getroffen wurde und wer die Autoren beziehungsweise Rezipienten dieser gone.“ Diese Aussagen wurden in den letzten Jahren in Frage gestellt. Vor allem Carl Richards Publikation aus dem Jahr 2009, The Golden Age of the Classics in America: Greece, Rome, and the Antebellum United States, ist wohl als Gegenentwurf zu Reinhold zu verstehen. Laut Richard nutzte die Folgegeneration der Gründerväter als Maßstab für das eigene Verhalten ebenfalls die Antike, welche auch gleichzeitig eine identitätsstiftende Funktion gehabt habe. Richard untersucht verschiedene Diskurse mit einem Bezug zur Antike, widmet sich jedoch dem hier zu untersuchenden Diskurs über die Zukunft der Republik nur kurz und verkennt somit dessen Relevanz. Gleiches gilt für das Werk von Caroline Winterer, The Culture of Classicism: Ancient Greece and Rome in American Intellectual Life, 1780-1910 (2002), in welchem sie unter anderem deutlich macht, dass Griechisch und Latein an den Universitäten ebenso wie die Werke antiker Autoren in den USA auch im 19. Jahrhundert weiterhin weit verbreitet waren. Die Bedeutung der Antike für den Diskurs über die Zukunft der Republik findet jedoch bei ihr ebenfalls kaum Beachtung. Auch Margaret Malamud legt in Ancient Rome and Modern America (2009) den Fokus vor allem auf die künstlerische Rezeption der Antike in den USA. Dabei versäumt sie jedoch, diese als Ausdruck eines folgenreichen Weltbildes zu kennzeichnen. Eran Shalev widmet sich in dem Epilog seines Werkes Rome Reborn on Western Shores: Historical Imagination and the Creation of the American Republic (2009) diesem Diskurs ebenfalls nur oberflächlich. Zitate: Reinhold, Meyer: Classica Americana. The Greek and Roman Heritage in the United States, Detroit 1984, S. 174-203; Wood, Gordon S.: The Idea of America. Reflections on the Birth of the United States, New York 2001, S. 75 f. 14 Miles, Edwin: The Whig Party and the Menace of Caesar, in: Tennessee Historical Quarterly, 27, 4 (1968), S. 361-379; Miles, Edwin: The Young American Nation and the Classical World, in: Journal of the History of Ideas, 35, 2 (1974), S. 259-274.

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Aussage waren. Anschließend werden die Formationsregeln des Diskurses aufgedeckt. Im konkreten Fall entwickelt der Diskurs eine eigene Dynamik, doch immer auf der Basis des kommentierenden Diskurses, welchem Foucault eine Kontinuität innerhalb eines bestimmten Kultursystems unterstellt (zum Beispiel in einem Kultursystem immer wieder rezipierte Texte). Bei der Erforschung des Diskurses über die Zukunft der Republik müssen daher zunächst die Signifikanten des Diskurses erkannt und eingeordnet werden. Doch reicht es nicht, den Diskurs lediglich aufzuzeigen. Der Forderung von Clifford Geertz folgend, muss das Ziel „the analysis of social discourse“ sein. Nach Erkennung der sprachlichen Muster, die bezeichnend für den Diskurs sind, gilt es daher als Nächstes diese zu ordnen und schließlich zu interpretieren. Als Basis hierzu dienen schriftliche Quellen.15 Die Untersuchung des Diskurses über die Zukunft der Republik ermöglicht, politische Prozesse, Aspirationen und die damit verbundene Herausbildung des politischen Systems in dieser grundlegenden Phase der Geschichte der Vereinigten Staaten neu zu interpretieren. Zudem lassen sich Erkenntnisse über die Ursprünge und Traditionen des öffentlich-politischen Diskurses in den Vereinigten Staaten seit deren Entstehung im Allgemeinen gewinnen, da der Furcht vor dem Untergang der eigenen Republik ein zyklisches Weltbild und damit die Überzeugung zugrunde liegt, dass Geschichte sich nach gewissen Mustern wiederholt. Dabei ist dieser Diskurs nicht nur Ausdruck eines Weltbildes, sondern es lassen sich durch diese Untersuchung auch Handlungsmuster der politischen Akteure aufzeigen und erklären. Diese Untersuchung hilft somit dabei, die Frage zu beantworten, inwieweit man sich in den USA heute vor Tyrannen fürchten sollte beziehungsweise welchen Einfluss Demokratisierungsprozesse auf die Zukunft der US-Republik haben. Dadurch können vergangene und aktuelle politische Debatten und Ereignisse in den Vereinigten Staaten neu interpretiert und eingeordnet werden.

15 Foucault, Michel: Archäologie des Wissens, Frankfurt am Main 1973, S. 58; Foucault, Michel: Die Ordnung des Diskurses, München/Wien 1974, S. 18; Geertz, Clifford: Thick Description: Toward an Interpretive Theory of Culture, in: The Interpretation of Cultures: Selected Essays, New York 1973, S. 3-30, S. 24.

Die Gründerväter und die Antike

Das Ziel der amerikanischen Revolution war zunächst aus der Sicht der Kolonisten keineswegs die vollständige Umwälzung der sozialen und politischen Verhältnisse, sondern die Aufrechterhaltung politischer Freiheit. Als freeborn Englishmen glaubten sie diese im British Empire besser geschützt als in allen anderen Nationen. Jedoch kristallisierte sich zunehmend eine Entwicklung heraus, die sie vermuten ließ, dass der Erhalt dieser Errungenschaft im Empire bedroht war, denn aus ihrer Perspektive war die „wohlwollende Vernachlässigung“ durch Krone und Parlament nicht nur eine imperiale Strategie zur Stärkung der kolonialen Peripherie, sondern der Normalfall. Nach dem siegreichen Ende des French and Indian War (1754-1763), durch den Frankreich als Kolonialmacht vom Nordamerikanischen Kontinent (zunächst) vertrieben worden war, verstärkte das Mutterland die imperiale Kontrolle, um so die Kolonien auch endlich an den Kosten des Empires zu beteiligen. In diesem Zusammenhang wurden in Nordamerika diverse Gesetze erlassen, welche die Kolonisten als Eingriff in ihre politischen Rechte und Freiheiten empfanden. Der Versuch der britischen Regierung, dauerhaft eine standing army in den amerikanischen Kolonien zu stationieren, und die Festlegung einer Siedlungsgrenze waren bereits auf Unmut der Bevölkerung gestoßen. Doch vor allem die Verabschiedung diverser Steuergesetze, wie des Stamp Act (1765), ein Gesetz, welches eine Steuer auf nahezu alle Druckwaren erhob, und des Tea Act (1773), ein Gesetz welches der East India Company ein Quasi-Monopol in den amerikanischen Kolonien ermöglichen sollte, führten zu massiven Protesten seitens der Kolonisten. Neben Boykotten auf englische Waren, Übergriffen auf Steuerbeamte und dem symbolischen Verbrennen von Puppen, welche englische Regierungsvertreter darstellen sollten, gipfelte der Widerstand zunächst in der sogenannten Boston Tea Party (1773). Eine radikale Gruppe von Kolonisten, welche sich selbst als Sons of Liberty be-

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zeichnete, enterte im Hafen von Boston liegende britische Schiffe und warf den geladenen Tee als Zeichen des Protests über Bord.1 Auch die politische Rhetorik wurde zunehmend aufgeladen und ein öffentlich sehr präsenter Teil der Kolonisten war mittlerweile davon überzeugt, dass alle Institutionen der britischen Regierung von Verderbtheit (corruption2) und Degeneration (degeneracy) infiziert waren.3 So verkündete Thomas Jefferson 1774, dass hinter den britischen Handlungen nichts anderes stecke als ein „systematical plan of reducing us to slavery.“4 Die Ideologie der Unabhängigkeitsbewegung fußte nicht zuletzt auf der Literatur der Gegner der britischen Monarchie im England des 17. und mehr noch des frühen 18. Jahrhunderts, der sogenannten Whigs, welche sich aus den Wirren des englischen Bürgerkriegs und der politischen Neuordnung entwickelt hatten.5 Die Argumentation der Whigs war stark von den Theorien antiker Autoren geprägt und so verfestigte sich eine idealisierte republikanische Gedankenwelt in den Köpfen von breiten sozialen Schichten in Amerika. Neben John Trenchards und Thomas Gordons Cato’s Letters (1720) und dem postum veröffentlichte Werk Discourses Concerning Government (1698) von Algernon Sidney6 nimmt dabei das Theaterstück Cato von Joseph Addison eine wichtige Rolle für das Verständnis der Antike im Ame1

Eine historische Übersicht bietet zum Beispiel: Heideking, Jürgen/Mauch, Christof:

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Der Begriff corruption kann im englischen verschiedene Begrifflichkeiten umschrei-

Geschichte der USA, 5. Auflage Tübingen 2007, S. 27-34. ben. Neben Verderbtheit umschreibt er auch unter anderem Korruption, Fäulnis, Bestechlichkeit und Verfälschung. Im Folgenden soll daher bei Schlüsselbegriffen, welche diverse Interpretationsmöglichkeiten offen lassen und im Diskurs als feststehende Begriffe verwendet werden, jeweils das englische Wort gebraucht werden. 3

Zu den Ursprüngen der Revolution siehe vor allem: Bailyn, Bernard: The Ideological Origins of the American Revolution, Cambridge 1967, S. 85-119, im Folgenden zitiert als: Bailyn: The Ideological Origins of the American Revolution.

4

Jefferson, Thomas: A Summary of the Rights of British America, printed by Clementina Rind, Williamsburg 1774, S. 5-25. Siehe auch: Wood, Gordon S.: The Idea of America, S. 102; Bailyn, Bernard: The Ideological Origins of the American Revolution, S. 120.

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Zu den Quellen für die Gründerväter aus der Whig-Tradition siehe vor allem: Bailyn: The Ideological Origins of the American Revolution, S. 30-40.

6

Der Engländer Algernon Sydney wurde 1683 aufgrund seiner Opposition zu König Charles II. in seinem Heimatland wegen Hochverrats hingerichtet. Seine Schriften waren auf beiden Seiten des Atlantiks populär. Siehe hierzu: Robbins, Caroline: Algernon Sidney’s Discourses Concerning Government: Textbook of Revolution, in: The William and Mary Quarterly, Third Series, 4, 3 (Jul. 1947), S. 267-296.

D IE G RÜNDERVÄTER

UND DIE

A NTIKE

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rika des 18. Jahrhunderts ein. Auch wenn große Teile des Stücks bereits in den 1680ern Jahren verfasst worden waren, wurde es erst 1713 in London uraufgeführt. Schnell wurde das Drama europaweit bekannt, doch wurde es in den britischen Kolonien Nord-Amerikas besonders erfolgreich, wo es 1749/1750 zum ersten Mal aufgeführt und bis 1800 mindestens neunmal neu aufgelegt wurde. Zwischen 1760 und 1780 wurde Cato in Amerika wiederholt im revolutionären Kontext zitiert. Hierbei wurde der namensgebende Hauptakteur des Stückes, einer der erbittertsten Gegner Julius Caesars, zu einem Symbol des Widerstandes gegen die vermeintliche britische Tyrannei hochstilisiert.7 Es war die Tugendhaftigkeit (virtue) des Protagonisten und dessen Kampf für die Freiheit (liberty), die das Stück im Kontext des amerikanischen Unabhängigkeitskriegs so beliebt machte. Virtue und liberty wurden power und corruption, personifiziert in dem Tyrannen Caesar (100-44 vor Christus), welcher die römische Republik beendet und sich zum Diktator auf Lebenszeit ernannt hatte, gegenübergestellt. Während Caesar somit den Archetyp des tyrannischen Erfolges repräsentierte, war Cato das edle republikanische Vorbild, welches letztlich jedoch scheitert.8 Diese Gegenüberstellung führte zu einem ideologisch besetzten binären Modell, das eine Identifikation mit dem Protagonisten und seinen Werten erleichterte. Daher ist es wenig überraschend, dass George Washington die Tragödie bereits in seiner Korrespondenz vor dem Unabhängigkeitskrieg zitierte und 1778 das Stück bei Valley Forge besuchte, wo es zur moralischen Ermunterung seiner Soldaten aufgeführt wurde.9 Doch nicht nur aus der Whig-Literatur des Mutterlandes, auch aus der Geschichte selbst, insbesondere der Roms, versuchten die Amerikaner zu lernen, um eine Richtschnur für ihr eigenen Handlungsweisen zu erhalten. In den höheren Bildungseinrichtungen wurde Wert auf den Unterricht der griechischen sowie lateinischen Sprache und Literatur gelegt, wodurch die gebildete Elite in

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Litto, Fredric M.: Addison’s Cato in the Colonies, in: The William and Mary Quarterly, Third Series, 23, 3 (Jul. 1966), S. 431-449, S. 431-440, im Folgenden zitiert als: Litto: Addison’s Cato in the Colonies. Zu P. Cato Uticenensis im historischen Kontext siehe zum Beispiel: Frigo, Thomas: Art. Porcius, in: Der Neue Pauly, 10 (2001), Sp. 158-161.

8

Wills, Garry: Cincinnatus. George Washington and the Enlightenment. Images of Power in Early America, New York 1984, S. 137, im Folgenden zitiert als: Wills: George Washington and the Enlightenment.

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Litto: Addison’s Cato in the Colonies, S. 447.

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Amerika die Geschichte der Antike stets vor Augen hatte.10 Als antike Quellen dienten ihnen unter anderen Polybios, Cicero, Plutarch, Sallust, Livius, Vergil und Tacitus, sowohl in der Originalsprache als auch als Übersetzung ins Englische beziehungsweise als Exzerpt. Einem breiteren Publikum im 18. und 19. Jahrhundert war die Geschichte Roms durch populäre Werke wie zum Beispiel Roman History von Charles Rollin, welcher sich vor allem auf Plutarch bezog, bekannt.11 Auch die zwischen 1776 und 1788 veröffentlichten sechs Bände The History of the Decline and Fall of the Roman Empire von Edward Gibbon und Alexander Adams’ 1791 erschienene Roman Antiquities erfreuten sich großer Beliebtheit.12 Die Geschichte der Antike war somit gebildeten Menschen in den Kolonien beziehungsweise den frühen USA bekannt und beeinflusste sie maßgeblich in ihrem Weltbild und ihrer politischen Denkweise.13 War die Argumentation des Widerstands aus der britischen Whig-Ideologie und einem klassischen Idealbild hervorgegangen, musste nach Erlangung der Unabhängigkeit eine Möglichkeit gefunden werden, liberty langfristig in Amerika zu erhalten. Das Konzept des Republikanismus, welches ein klassisches Bürgerideal von virtue und liberty beinhaltet und als Alternative zum monarchischen Modell, welches für power, corruption und degeneracy steht, hatte bereits im Laufe des 18. Jahrhunderts auf beiden Seiten des Atlantiks Aufmerksamkeit er-

10 Nippel, Wilfried: Antike oder moderne Freiheit? Die Begründung der Demokratie in Athen und in der Neuzeit, Frankfurt am Main 2008, S. 127, im Folgenden zitiert als: Nippel: Antike oder moderne Freiheit. 11 Reinhold: Classica Americana, S. 253. 12 Siehe zum Beispiel: Nippel, Wilfried: Edward Gibbon – The History of the Decline and Fall of the Roman Empire, in: Stein-Hölkeskamp, Elke/ Hölkeskamp, KarlJoachim (Hrsg.): Erinnerungsorte der Antike. Die römische Welt, München 2006, S. 644-659; Winterer, Caroline: The Culture of Classicism: Ancient Greece and Rome in American Intellectual Life, 1780-1910, Baltimore 2002, S. 18 f., im Folgenden zitiert als: Winterer: The Culture of Classicism. 13 Reinhold: Classica Americana, S. 39 und S. 96; Wood: The Idea of America, S. 58 ff.; Winterer: The Culture of Classicism, S. 17 und 25. Die propagierte Rechtmäßigkeit, sich gegen Tyrannei und Despotismus zu erheben, lässt sich zum Beispiel in der von Jefferson verfassten Declaration of Independence vom 4. Juli 1776 erkennen; Jefferson gab an, unter anderem von Locke und Aristoteles beeinflusst worden zu sein. Declaration of Independence (1776), National Archives and Records Administration, www.archives.gov/founding-docs/declaration-transcript; Burstein, Stanley M.: The Classics and the American Republic, in: The History Teacher, 30, 1 (Nov. 1996), S. 29-44, S. 35.

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regt.14 Die Gründerväter, also die Generation von Amerikanern, welche aktiv am Unabhängigkeitskrieg und am Verfassungsdiskurs teilnahmen, waren der Ansicht, dass im Gegensatz zu Monarchien Republiken jedoch nur funktionieren konnten, wenn ein hoher Grad an bürgerlicher Tugendhaftigkeit (civic virtue oder auch public virtue) und Uneigennützigkeit (disinterestedness) bei einem Großteil der Population vorhanden war. Diese Uneigennützigkeit konnte nur durch ein hohes Maß von Unabhängigkeit (independence) gewährleistet werden. Jeglicher Verlust von independence und virtue führte hingegen unausweichlich zu corruption. Die Gründerväter waren daher davon überzeugt, dass „without virtue and self-sacrifice, republics would fall apart.“15 Da eine Republik nur funktioniert, wenn sie von tugendhaften und unabhängigen Bürgern geführt wird, schien es nur logisch, dass die Ämter innerhalb der Republik von einer Art Pflanzer-Aristokratie (farmers’ aristocracy) bekleidet werden sollten, welche den Dienst am Staat als Bürde und Pflicht ansah und nicht als Möglichkeit, eigene Interessen zu verwirklichen. Gleichzeitig sollten diese Ämter unbesoldet sein, um keinen Anreiz für corruption zu schaffen beziehungsweise um die disinterestedness der Ämterinhaber nicht zu unterwandern.16 Nur wer finanziell unabhängig war, konnte auch uneigennützig und im reinen Interesse des Staates handeln. Diese Ideen entsprechen dem klassischen Idealbild einer Republik, wie sie von antiken Quellen beschrieben worden war, und in deren Tradition sich die Gründerväter (welche meist dem selbstgewählten Ideal der farmers’ aristocracy entsprachen) einreihen wollten.17 Des Weiteren versuchten die Gründerväter zu analysieren, woran vergangenen Republiken gescheitert waren und sie setzten sich mit verschiedenen politischen Theorien auseinander. Hierbei griffen sie meist direkt auf antike Autoren zurück.18 Als einflussreiche Quellen für den Verfassungsdiskurs sind Platon,

14 Wood: The Idea of America, S. 61-65. 15 Wood: The Idea of America, S. 68 f. 16 Eine Forderung welche in der Verfassung letztlich allerdings nicht umgesetzt wurde. „The Senators and Representatives shall receive a Compensation for their Services.“ Constitution of the United States (1787), Article 1, Section 6, National Archives and Records Administration, www.archives.gov/founding-docs/constitution-transcript# toc-section-6. 17 Wood: The Idea of America, S. 70 f. 18 Beziehungsweise wandten sich die Gründerväter indirekt, durch die Schriften zum Beispiel von Montesquieu, Machiavelli, Locke und Sidney, der Antike zu. Nippel: Antike oder moderne Freiheit, S. 125 f.

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Aristoteles, Polybios und Cicero zu nennen.19 Platon hatte bereits im vierten Jahrhundert vor Christus mit Monarchie beziehungsweise Aristokratie, Timokratie, Oligarchie, Demokratie und Tyrannis eine Abfolge von verschiedenen grundlegenden Herrschaftsformen beschrieben, wobei er die Herrschaft „der Besten“, die Aristokratie, bevorzugt. Zugleich warnt er vor einer Oligarchie, deren Streben nach Reichtum unersättlich sei, wodurch sich Zügellosigkeit ausbreite. Als Resultat schließe sich das Volk zusammen und erhebe sich gegen die Reichen, wodurch eine Demokratie entstehe. Vor dieser warnt Platon jedoch ebenso eindringlich, denn er ist der Ansicht, dass der Drang nach zu viel Freiheit letztlich Demagogen die Möglichkeit bieten würde, das Volk aufzuhetzen. Dies wiederum würde zur Bildung von Parteiungen und folglich zunächst zu Anarchie und schließlich einer Tyrannis führen.20 Aristoteles nahm Platons Modell auf und modifiziert es. Aristoteles definiert die Monarchie als die Herrschaft des Einzelnen zum allgemeinen Wohl, Aristokratie als die Herrschaft weniger tugendhafter Personen zum allgemeinen Wohl und die politeia als die rechtsstaatliche Herrschaft Vieler im Sinne des Allgemeinwohls. Diesen einzelnen Herrschaftsformen gegenüber stehen die Tyrannis (Herrschaft des Einzelnen), die Oligarchie (Herrschaft der Reichen) und Demokratie (Herrschaft der armen freien Bürger).21 Aristoteles erläutert weiter, dass eine Monarchie in eine Tyrannis, eine Aristokratie in eine Oligarchie und die politeia zu einer Demokratie entarten könnten.22 Tatsächlich, so Aristoteles, sei in einem Staat jedoch meist eine Mischform aus Oligarchie und Demokratie (wobei letztere die Mehrheit des Volkes bilden) zu finden. Diese beiden Gruppen befänden sich in einem grundsätzlichen Kampf um politischen Einfluss.23 Gleichzeitig würde sich die Oligarchie durch Wohlstand und die Demokratie durch den Drang nach Freiheit auszeichnen, während für die Aristokratie die areté (virtue) kennzeichnend sei. In der Staatsform der politeia würden Freiheit, areté und Wohlstand jeweils Anspruch auf Gleichberechtigung erheben. Am Ende würde 19 Richard, Carl: The Founders and the Classics: Greece, Rome, and the American Enlightenment, Cambridge 1995, S. 124 ff., im Folgenden zitiert als: Richard: The Founders and the Classics; Howe, Daniel: The Political Culture of the American Whigs, Chicago 1979, S. 74, im Folgenden zitiert als: Howe: The Political Culture of the American Whigs. 20 Platon: Politeia, 4, 445; Platon: Politeia, 8, 557-565; Platon: Nomoi, 8, 832b. Die Idee eines Volksverführers welcher sich zum Tyrannen aufschwingt, findet sich bereits bei Herodot. Nippel: Antike oder moderne Freiheit, S. 89. 21 Aristoteles, Politeia, III, VII, und IV, IV. 22 Aristoteles, Politeia, III, VII. 23 Aristoteles, Politeia, II, VIII.

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aber jeder Staat zu einer Aristokratie, der besten Staatsform, tendieren.24 Die Tyrannis stellt hingegen für Aristoteles die schlimmste Herrschaftsform dar, während er in der Demokratie die geringste fatale Entartung sieht.25 Während Platons Demokratiebegriff ambivalent verstanden werden kann, warnt Aristoteles vor einer zu großen Beteiligung des Volkes am politischen Willensbildungsprozess. Da jedoch die armen, aber freien Bürger zugleich die Mehrheit des Volkes ausmachen, sollten sie ein politisches Mitspracherecht erhalten, denn es sei gefährlich, ihnen keinerlei politischen Einfluss zu gewähren. Ohne Wohlstand und areté sollten sie aber nicht mit den höchsten Ämtern im Staat betraut werden, doch sollten sie die Möglichkeit haben, Repräsentanten zu wählen.26 Dass diese Repräsentanten der Oberschicht angehören müssen, erschließt sich aus der Logik, dass das einfache Volk nicht mit diesen Ämtern betraut werden sollte. Aristoteles warnt darüber hinaus vor einer Mehrheitsdemokratie: Würde alles nur nach Mehrheitsbeschluss des Volkes entschieden, würden durch Schmeicheleien Demagogen an Einfluss gewinnen und das Volk gegen die Wohlhabenden aufbringen. Die Demagogen könnten dann das Volk manipulieren und es davon überzeugen, dass sich die gewählten Magistrate einzig dem Willen des Volkes zu beugen hätten.27 Aristoteles warnt auch vor einem zu großen Einfluss einer Oligarchie. Sollte es in einem Staat nur eine geringe Anzahl sehr reicher Personen geben, würden diese sich über die gegebenen Gesetze stellen und versuchen, über alle anderen zu herrschen. Sie würden versuchen, alle Ämter im Staat zu übernehmen und Gesetze erschaffen, die es ihnen ermöglichen, ihren Posten an ihre Söhne weiterzuvererben, um so eine monarchische Dynastie zu etablieren.28 Profitgier und Arroganz der Amtsträger sowie Eifersucht zwischen und gegenüber den Amtsinhabern würden zu Revolutionen führen. Auch überschwängliche Ehrungen für eine einzelne Person könnten zur Etablierung einer Monarchie führen, so Aristoteles.29 All diese von Aristoteles genannten Gründe für einen Verfassungswechsel haben die Aufspaltung der Gesellschaft in verschiedene Interessensgruppen oder Faktionen und eine ungleiche Verteilung der Macht gemein. Waren die Theorien von Platon und Aristoteles für die Gründerväter im Verfassungsdiskurs durchaus von Bedeutung, so haben beide Autoren jedoch vor der Blütezeit der römischen Republik gewirkt und sie beschrieben daher vor allem 24 Aristoteles, Politeia, IV, VIII. 25 Aristoteles, Politeia, IV, II. 26 Aristoteles, Politeia, II, XI. 27 Aristoteles, Politeia, IV, IV, und V,V. 28 Aristoteles, Politeia, IV, VI. 29 Aristoteles, Politeia, V, III.

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die griechisch geprägte Welt. Die griechischen Stadtstaaten boten, in ihrer Zerstrittenheit und Kurzlebigkeit, allerdings nur bedingt ein nachahmungswürdiges Vorbild für die Gründerväter – ganz im Gegensatz zur römischen Republik, welche nach der Vertreibung des letzten Königs zur unumstrittenen Weltmacht aufstiegen war.30 Daher waren für die Gründerväter die Ausführungen des griechischen Historikers Polybios besonders bedeutsam, denn dieser legte im 2. Jahrhundert vor Christus dar, warum die Mischverfassung der römischen Republik maßgeblich zum Aufstieg der Römer zur Weltherrschaft beitragen hatte.31 Polybios unterscheidet zunächst ebenfalls zwischen Monarchie, Aristokratie und Demokratie als verschiedene Formen von Herrschaft. Diese jeweiligen Herrschaftsformen, so Polybios, entarten jedoch früher oder später in Tyrannei, Oligarchie und Ochlokratie (Mob-Herrschaft). Polybios beschreibt einen natürlichen Verfassungskreislauf: Aus einer Art verfassungslosem Naturzustand entsteht zunächst die Monarchie als eine gerechte Herrschaftsform. Mit der Zeit entartet diese allerdings zur Tyrannei, da der Herrscher sich durch sein Erbrecht legitimiert fühlt und nicht mehr das Allgemeinwohl als höchstes Gut vertritt. Auch durch seinen Lebensstil setzt der Monarch sich von den weiteren Bürgern ab, was zu weiterer Eifersucht und Hass gegenüber dem Herrscher führt. Die besten und mutigsten Männer, welche am wenigsten diese ungerechte Herrschaft ertragen, verschwören sich gegen den Tyrannen. So entsteht mit der Unterstützung des Volkes eine Aristokratie. Auch diese ist zunächst auf das Allgemeinwohl bedacht, doch die Folgegeneration tendiert dazu, Werte wie die Redefreiheit und Gleichheit zu vergessen und ihre Machtkompetenz erneut als selbstverständlich anzusehen. Somit entartet die Aristokratie zu einer Oligarchie, deren Mitglieder auf skrupellose Art und Weise versuchen ihren eigenen Profit zu erzielen beziehungsweise sich der Dekadenz hingeben. Laut Polybios wird sich das Volk gegen diese ungerechte Herrschaft erheben, um eine Volksherrschaft, eine Demokratie zu etablieren. Solange man sich im Volk noch an die ungerechte Herrschaft der Oligarchen erinnert, bleiben Gleichheit und Redefreiheit hohe Werte. Doch bereits nach zwei Generationen hat sich die Mehrheit der Bevölkerung wieder so sehr an Freiheit und Gleichheit gewöhnt, dass diese Werte nicht mehr sonderlich geschätzt werden. Dies führt dazu, dass insbesondere die wohlhabenden Bürger versuchen, eine Vorrangstellung einzunehmen. Aus Machtund Reputationsgier versuchen sie das Volk zu korrumpieren.32 Dies folgert Po30 Miles, Edwin A.: The Young American Nation and the Classical World, in: Journal of History of Ideas, 35, 2 (Apr.-Jun. 1974), S. 259-274, S. 263. Siehe auch: Reinhold: Classica Americana, S. 95. 31 Polybios, III, 2.6. 32 Polybios, VI, 5.4-9.6.

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lybios aus der Erkenntnis, dass, sobald ein Staat sich gegen äußere Feinde behauptet hat und Wohlstand herrscht, auch der Lebensstil der Bürger aufwändiger wird und somit Ehrgeiz zu einem Kampf um politische Ämter führt. Das Volk wird von den Bewerbern um höhere Ämter umschmeichelt und will schließlich selbst regieren. Polybios folgert, dass der Staat dann mit wohlklingenden Begriffen wie „Freiheit“ und „Demokratie“ beschrieben wird, er sich aber in Wirklichkeit zu der schlimmsten Herrschaftsform von allen, der Ochlokratie, entwickelt.33 Das Volk wendet sich schließlich an einen neuen Anführer, der von der Oberschicht ausgeschlossen wurde. Als Konsequenz sind Gewalt und Plünderungen an der Tagesordnung, bis die Gesellschaft letztlich wieder in einen unzivilisierten Zustand degeneriert und der Herrschaftskreislauf von neuem beginnt. Da dieser Kreislauf stark an einen biologischen Prozess mit natürlichen Entwicklungsstadien angelehnt ist, stand für Polybios außer Frage, dass sich jeder, der versucht, die Zukunft eines Staates vorherzusagen, sich zwar in dem Zeitpunkt irren mag, wann der Staat untergeht, nicht jedoch, in welchem Zustand der Staat sich aktuell befindet und somit welche Stufe im Verfassungskreislauf als nächste zu erwarten ist.34 Um diesen Kreislauf zumindest zu verzögern schlägt Polybios eine Mischverfassung, bestehend aus monarchischen, aristokratischen und demokratischen Elementen, vor. Sollte eines der Elemente dazu tendieren zu entarten, würde es von den anderen beiden Elementen gezügelt. Polybios führt die römische Republik hierfür als Paradebeispiel an.35 Allerdings verdeutlicht Polybios, dass auch eine Mischverfassung den Kreislauf der Verfassungen nicht ewig aufhalten kann. Letztlich würde die Aristokratie, nach Polybios wohl die beste Herrschaftsform, auch in einem Staat mit einer Mischverfassung an Einfluss verlieren und dafür das Volk an Macht gewinnen. Dies führe letztlich zu Dekadenz, Prunksucht und Faktionalismus und somit schließlich zum Untergang des Staates durch äußere Feinde oder einem Bürgerkrieg. So argumentiert Polybios, dass zum Zeitpunkt des Zweiten Punischen Kriegs (218-201 vor Christus) Rom bereits Karthago überlegen gewesen sei, da innerhalb der Mischverfassung die Aristokratie in Rom noch den größten Einfluss gehabt hätte, während in Karthago bereits das Volk zu sehr politisch partizipierte.36 33 Polybios, VI, 57, 5-9. 34 Polybios, VI, 57, 9-11. 35 Polybios, VI, 11,11-14, und Polybios, VI, 18. 36 Polybios, VI, 51. Auch beschrieb Polybios als Augenzeuge die Zerstörung Karthagos 146 vor Christus durch Scipio Aemilianus. Scipio soll sich wohl bei dem Anblick der brennenden Ruinen darüber bewusst gewesen sein, dass alle Staaten untergehen müssen und somit auch Rom eines Tages dieses Schicksal ereilen würde. Polybios, XXXVIII, 5.22.

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Neben Platon, Aristoteles und Polybios wertete im ersten Jahrhundert vor Christus auch Cicero zu viel politischen Einfluss des Volkes als schädlich für den Staat. Unter Bezug auf Aristoteles und vor allem auf Polybios37 legt Cicero in seiner dialogischen Abhandlung De legibus Atticus in den Mund, dass alles, was dem Mob jemals gefallen habe, er selbst ablehne und er die Macht der Aristokratie einflussreicher sehen möchte als die des Volkes.38 Während Platon, Aristoteles und Polybios über die Jahrhunderte hinweg politische Denker prägten, war Ciceros einflussreiche Schrift De re publica jedoch lange Zeit nur fragmentarisch überliefert. Es ist daher schwer zu beurteilen, welchen konkreten Einfluss seine Staatstheorie auf die Gründerväter haben konnte. Es ist jedoch erwiesen, dass Cicero bereits in der jungen amerikanischen Republik als moralisches und rhetorisches Exempel eine wichtige Rolle einnahm.39 Sein Einfluss auf politische Debatten verstärkte sich vor allem seit Andrew Jacksons Präsidentschaft (1829-1837). 1820 wurden große Teile des ersten und zweiten sowie Fragmente des dritten, vierten und fünften Buches von De re publica wiederentdeckt. 1822 erschien erstmals eine kommentierte Gesamtausgabe,40 welche in den USA in Jacksons erstem Amtsjahr 1829 in Übersetzung veröffentlicht wurde.41 Cicero bestätigte in seinem Werk allerdings, was bereits bekannt war: Er warnt, mit explizitem Verweis auf Platon, vor dem Einfluss des Volkes und vor Demagogen, welche die Republik beenden würden. In der amerikanischen Übersetzung ist zu lesen: „the insatiable throats of the people, parched with the thirst of liberty, and led on by rash demagogues, have greedily drank, not temperate but too unalloyed draughts of freedom. Then the magistrates and chiefs, unless they are too lenient and indulgent, permitting them every excess of liberty; are pursued, impeached, insulted, and called oppressors, kings, and tyrants.“42 Der ungezügelte Freiheitswille des Volkes führe demnach dazu, dass es sich einen Anführer sucht, welcher gegen die wohlhabende Klasse vorgeht. Entweder etabliere dieser Anführer im Anschluss eine gerechte Herrschaft und regeneriere den Staat oder er schwinge sich zum Tyrannen auf, was wiederum zu Faktionalismus und Umstürzen führe. Um diese Vorgänge zu verhindern, fordert auch 37 Polybios als Quelle für Cicero siehe zum Beispiel: Zetzel, James E.G. (Hrsg.): Cicero: On the Commonwealth, New York 1999, S. 16, Fußnote 49. 38 Cicero, De legibus, XVII. 39 Winterer: The Culture of Classicism, S. 25 f. 40 Nickel, Rainer (Hrsg.): Cicero: Der Staat/De re publica, München/Berlin 2012, S. 12 f. 41 Featherstonhaugh, G.W.: The Republic of Cicero, New York 1829. 42 Cicero, De re publica, I, XLII f., Featherstonhaugh, G.W. (Hrsg.), New York 1829, S. 73.

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Cicero eine Mischverfassung mit monarchischen, aristokratischen und demokratischen Elementen, um einer Entartung in eine Tyrannei beziehungsweise Faktionalismus oder einer Mob-Herrschaft vorzubeugen.43 Vor allem Polybios’ Theorie blieb über die Jahrhunderte hinweg einflussreich.44 Auch für die Gründerväter in Amerika bildete das republikanische Rom, wie Polybios es beschreibt, zwar zunächst ein nachahmungswürdiges Beispiel, doch fungierte der Untergang der römischen Republik ebenso als abschreckendes Exempel, da sich die römische Republik letztendlich nach einer Militärdiktatur und einem Bürgerkrieg wieder in eine Monarchie verwandelt hatte – so wie von Polybios vorhergesagt.45 Auch das Beispiel Oliver Cromwells, welcher in den Wirren des englischen Bürgerkriegs Mitte des 17. Jahrhunderts maßgeblich am Sieg über die Royalisten beteiligt war und danach als Lord Protector eine äußerst einflussreiche militärische wie politische Position einnahm, schien nur zu bestätigen, dass Polybios mit seinem Kreislaufmodell der Verfassungen Recht hatte.46 Für die Gründerväter war deutlich, dass es in England nach der Glorreichen Revolution von 1688 vorübergehend gelungen war, eine stabile Mischverfassung zu etablieren, in welcher sich sowohl monarchische als auch aristokratische und demokratische Elemente fanden, die dabei von den jeweils anderen Herrschaftsformen in Schach gehalten wurde.47 Doch in den vom Mutterland befreiten Kolonien war man nun überzeugt davon, dass das British Empire seinen Zenit überschritten hatte und sich im Niedergang befand. John Adams verglich die Situation Englands daher auch mit dem Niedergang der römischen Republik. Rechtmäßiger Nachfolger dieses Erbes waren aus Sicht der amerikanischen Gründerväter sie selbst.48 Sie wollten das erschaffen, was in ihren Augen Eng43 Cicero, De re publica, I, XLIV f. 44 So bildete Polybios unter anderem in England im 17. Jahrhundert ein wichtiges Gerüst für die Auseinandersetzung zwischen dem König und den Whigs. Nippel: Antike oder moderne Freiheit, S. 93-98. 45 Siehe zum Beispiel: Christ, Karl: Krise und Untergang der römischen Republik, 7. Auflage, Darmstadt 2010. 46 Piecuch, Jim: Washington and the Specter of Cromwell, in: Fishman, Ethan, u.a. (Hrsg.): George Washington: Foundation of Presidential Leadership and Character, Westport 2001, S. 193-207, S. 194 f., im Folgenden zitiert als: Piecuch: Washington and the Specter of Cromwell; Nippel: Antike oder moderne Freiheit, S. 105. 47 Bailyn, Bernard: The Ideological Origins of the American Revolution, S. 70. 48 Bailyn, Bernard: The Ideological Origins of the American Revolution, S. 135-141. Die Idee einer Translatio imperii und dass die USA in einer Kette von Reichen von der Antike bis zur Neuzeit nun dazu bestimmt wären, zu einer Weltmacht aufzusteigen, ist hingegen im Diskurs über die Zukunft der Republik nur sehr selten konkret

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land nicht erreicht hatte, nämlich eine Gesellschaft nach klassischem republikanischem Vorbild, frei von inneren Auseinandersetzungen, Eigennutz und Dekadenz.49 Den von antiken Autoren beschriebene Wandel von Herrschaftsformen hofften sie mit der Schaffung eines neuen republikanischen Systems endgültig aufzuhalten oder zumindest möglichst lange hinauszuzögern.50 Darüber, wie die Kompetenzen der einzelnen Verfassungsorgane in dieser neuen Republik verteilt werden sollten, herrschte im Verfassungskonvent allerdings Uneinigkeit. Man wollte kein zu starkes monarchisches Element, fürchtete sich aber auch vor dem anderen Extrem: einer Mob-Herrschaft. Polybios und weiteren antiken Autoren folgend wurde democracy demnach keineswegs als Lösung, sondern als das eigentliche Problem für die Republik angesehen. Zudem schien die Geschichte zu lehren, dass Republiken nur innerhalb kleiner Territorien funktionieren.51 Schließlich wurde vor allem durch James Madison eine Verfassung erarbeitet, welche sowohl den Erfahrungen aus der Geschichte als auch den politischen Theorien über Mischverfassungen Rechnung trug. Mit der Schaffung von zwei Regierungsebenen, den Bundesstaaten und einer Zentralregierung, wurde ein völlig neues System etabliert, welches es der Republik ermöglichen sollte, auch in einem expandierenden Territorialstaat stabil zu bleiben.52 Innerhalb dieses föderalistischen Systems konnte das demokratische Element nicht ohne Weiteres auf Bundesebene die Oberhand gewinnen, da die Verfassungsväter als Sicherungsmaßnahme vor zu viel direkter Demokratie dafür gesorgt hatten, dass die wahlberechtigte Bevölkerung zwar die jeweiligen Staatenparlamengreifbar. Zur Entstehung der Theorie der Translatio imperii siehe vor allem: Goez, Werner: Translatio Imperii, Tübingen 1958. 49 Wood: The Idea of America, S. 72 f. 50 Dass Polybios’ Theorie einen signifikanten Einfluss auf die Denkweise der Gründerväter hatte, lässt sich zum Beispiel an dem ersten Teil von John Adams’ Werk: Defence of the Constitutions of Government of the United States of America festmachen, welches im Frühjahr 1787 veröffentlicht wurde. Adams beschäftigt sich intensiv mit der Antike, wobei er sich auf mehr als zehn Seiten auf Polybios bezieht. Chinard, Gilbert: Polybius and the American Constitution, in: Journal of the History of Ideas, 1, 1 (Jan. 1940), S. 38-58, S. 42-52. Zu den Gründervätern und der Idee des Verfassungskreislaufs siehe auch: Persons, Stow: The Cyclical Theory of History in Eighteenth Century America, in: American Quarterly, 6, 2 (Summer, 1954), S. 147-163. 51 Bailyn, Bernard: The Ideological Origins of the American Revolution, S. 281 f. 52 Heun, Werner: Die Antike in den amerikanischen politischen Debatten in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, in: Niggemann, Ulrich/Ruffin, Kai (Hrsg.): Antike als Modell für Nordamerika? Konstruktion und Verargumentierung 1763-1809, München 2011, S. 65-83, S. 77-81.

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te direkt wählte, diese dann aber selbst festlegten, wie die Wahlmänner welche schließlich den Präsidenten wählten, bestimmt wurden. Die Senatoren auf Bundesebene wurden ebenfalls von den Staatenparlamenten gewählt. Nur die Repräsentanten der zweiten Kammer, des House of Representatives (HoR), wurden direkt von den Wahlberechtigten der jeweiligen Staaten gewählt.53 Die Staaten legten dabei selbst fest, wer im Einzelnen wahlberechtigt war. In den meisten Fällen waren dies volljährige weiße Männer, welche ein gewisses Eigentum beziehungsweise Grundbesitz nachweisen konnten. 1790 waren so circa 60-70 Prozent aller weißen erwachsenen Männer in den USA wahlberechtigt. Frauen und freie Schwarze waren hingegen nur in wenigen Fällen wahlberechtigt und ihre politische Partizipation wurde im Laufe der Zeit immer weiter eingeschränkt.54 Dieses Verfassungskonzept rief Kritiker auf den Plan. Zwar hatte man mit dem Amt des Präsidenten ein quasi-monarchisches, mit dem Senate ein quasiaristokratisches und mit dem HoR ein demokratisches Element geschaffen, doch lag allen drei Elementen ein indirekt demokratisches Prinzip zugrunde, in welchem sich der Volkswille ausdrückte. Nicht nur das HoR, sondern alle zunächst unabhängig voneinander agierenden Elemente wurden dadurch letztlich Repräsentanten des Volkswillens. Einige der Gründerväter, wie zum Beispiel John Adams, zeigten sich über diese Entwicklung enttäuscht. Anstelle einer Mischverfassung habe man eine Demokratie geschaffen, so Adams, der in der Verknüpfung der Begriffe representation und democracy bereits einen Widerspruch in sich sah.55 53 Constitution of the United States (1787), National Archives and Records Administration, www.archives.gov/founding-docs/constitution-transcript. Erst seit dem 17. Amendment von 1913 werden die Senatoren direkt gewählt. Constitution of the United States (1787), Amendment XVII, National Archives and Records

Administration,

www.archives.gov/exhibits/charters/constitution_ amend

ments_11-27.html#17. 54 So schaffte New Jersey 1807 das Wahlrecht für Witwen mit Grundbesitz ab. Auch wurden den einzelnen Staatsverfassungen zwischen 1790 und 1840 sogenannte race exclusions zugefügt. Gab es 1790 lediglich in drei der 13 Staaten explizite Regelungen, dass nur Weiße wählen durften, galt dies bei der Wahl von 1824 bereits für 15 Staaten. 1840 bestand die Union aus 26 Staaten und alle, bis auf Massachusetts, New Hampshire, Rhode Island, Vermont und Michigan, hatten race exclusions in ihren jeweiligen Verfassungen etabliert. Keyssar, Alexander: The Right to Vote. The Contested History of Democracy in the United States, 2. Auflage, New York 2009, S. 18-21, S. 43 f., S. 314 und S. 320. 55 Heun, Werner: Die Antike in den amerikanischen politischen Debatten in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, in: Niggemann, Ulrich/Ruffin, Kai (Hrsg.): Antike als

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Die Abkehr von der Idee eines losen Staatenbundes hin zu einer einflussreichen Zentralregierung mit einem mächtigen Präsidenten an der Spitze führte ebenfalls zu massiver Kritik an dem Verfassungsentwurf. Bei der Debatte um die Verfassung entwickelten sich mit den Federalists als Verfassungsbefürworter und den sogenannten Anti-Federalists, welche den Entwurf ablehnten, zwei gegensätzliche politische Strömungen. Ein vorgebrachtes Argument der AntiFederalists war, dass die Verfassung das gesamte republikanische Experiment unterwandere und zu einer Alleinherrschaft führe. Die Machtfülle sowie die Möglichkeit der unbeschränkten Wiederwahl alle vier Jahre würden einem machthungrigen Präsidenten die Etablierung einer Monarchie erleichtern, so die Kritiker. Ganz unbegründet waren ihre Befürchtungen nicht, da tatsächlich einige Mitglieder des Verfassungskonvents der Ansicht waren, dass ohnehin letztlich nur die Etablierung einer Monarchie die einzelnen Staaten zusammenhalten würde und die Gefahr abwenden könne, welche von einer potenziellen Ochlokratie ausging.56 So argumentierte zum Beispiel Noah Webster 1786, dass er selbst lieber der Laune eines Einzelnen ausgesetzt sei als der Leidenschaft und Ignoranz der Menge und dass eine begrenzte Monarchie für Amerika immer noch besser sei als eine Mob-Herrschaft.57 Die Federalists hingegen verteidigten ihren Verfassungsentwurf vor allem durch eine Reihe von Artikeln, welche von James Madison, John Jay und Alexander Hamilton verfasst wurden. Diese Artikel waren nicht nur gespickt mit Verweisen auf die Antike, sondern wurden zudem unter dem Pseudonym Publius58 verfasst.59 Hierbei nahm man Bezug auf Publius Valerius Publicola, einen erfolgreichen römischen Feldherren gegen Ende des 6. Jahrhunderts vor Christus. Publius’ Mitbürger befürchteten zunächst, dieser würde nach der AlModell für Nordamerika? Konstruktion und Verargumentierung 1763-1809, München 2011, S. 65-83, S. 80. 56 Wood: The Idea of America, S. 232. 57 Hünemörder, Markus: The Society of the Cincinnati, Conspiracy and Distrust in Early America, New York/Oxford 2006, S. 106, im Folgenden zitiert als: Hünemörder: The Society of the Cincinnati. 58 Pseudonyme werden hier kursiv dargestellt um sie besser von historischen Personen zu unterscheiden. 59 Siehe zum Beispiel: The Federalist Papers No. 63, in denen die Notwendigkeit eines Senats und von direkten Volksvertretern thematisiert wird. Hier wird sich vermehrt auf Sparta, Karthago und vor allem Rom bezogen. The Federalist Papers: No. 63, in:

The

Avalon

Project.

Documents

in

Law,

History

and

Diplomacy,

avalon.law.yale.edu/18th_century/fed63.asp. Siehe auch: Reinhold: Classica Americana, S. 102.

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leinherrschaft streben, doch laut Plutarch bewies Publius durch sein Verhalten das Gegenteil und war daher beim Volk sehr beliebt.60 Mit der Wahl des Pseudonyms Publius wollten die Autoren somit die Kritiker einer starken Staatsverfassung widerlegen, welche hartnäckig behaupteten, die Federalists wollten eine Monarchie etablieren. Jedoch machten die Federalists auch deutlich, inwiefern sich ihr Entwurf von den Verfassungen der Antike unterschied und daher besser geeignet war, den Kreislauf der Verfassungen zu umgehen. Zwar folgten auch die Anti-Federalists der römisch-republikanischen Tradition, indem sie sich die Pseudonyme von Tyrannengegnern wie Cato und Brutus gaben (wobei mit Brutus sowohl der Caesarmörder als auch der Begründer der römischen Republik gemeint sein konnte61), doch setzten sich am Ende die Federalists mit ihrem Entwurf durch. Auch wenn sie Zugeständnisse an ihre Gegner machen mussten,62 waren sie letztlich auch deshalb erfolgreicher, weil sie intensiver als diese mithilfe der Antike argumentierten und genau aus diesem Grund am deutlichsten die Unterschiede zwischen ihrem Verfassungsentwurf und den gescheiterten antiken politischen Modellen aufzeigen konnten.63 Die Gründerväter kopierten somit keineswegs die antiken Stadtstaaten. Stattdessen dienten diese als Exempel und warnendes Beispiel zugleich.64 Ganz bewusst bedienten sich die Amerikaner jedoch der moralischen Autorität, welche der klassischen Antike innewohnte, um diese als Leitfaden auf ihre neue Gesell-

60 Müller, Christian: Art. Valerius, in: Der Neue Pauly, 12/1 (2002), Sp. 1103 f. 61 Zum Begründer der Republik siehe: Plutarch, Poplicola,VI und Elvers, Karl-Ludwig: Art. Iunius, in: Der Neue Pauly, 6 (1999), Sp. 58 f.; zu dem Caesarmörder: Plutarch, Brutus, V und XVII; sowie: Will, Wolfgang: Art. Iunius, in: Der Neue Pauly, 6 (1999), Sp. 60 f. 62 Insbesondere ist hier die Erweiterung der Verfassung um zehn Zusatzartikel (der sogenannten Bill of Rights) zu nennen, welche die Bürger vor der Willkür des Staates schützen sollen und gewisse Grundrechte wie die Meinungsfreiheit garantieren. Bill

of

Rights

(1791),

National

Archives

and

Records

Administration,

www.archives.gov/founding-docs/bill-of-rights-transcript. 63 Nippel: Antike oder moderne Freiheit, S. 134. Zu dem lange Zeit von der Forschung angeblich überschätzten Einfluss der antiken politischen Theorien auf die Federalists beziehungsweise Anti-Federalists siehe zum Beispiel: Hanses, Mathias: Antikebilder im „Federalist“/„Anti-Federalist“, in: Niggemann, Ulrich/Ruffin, Kai (Hrsg.): Antike als Modell für Nordamerika? Konstruktion und Verargumentierung 1763-1809, München 2011, S. 85-110. 64 Siehe zum Beispiel: Burstein, Stanley M.: The Classics and the American Republic, in: The History Teacher, 30, 1 (Nov. 1996), S. 29-44, S. 35 f.

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schaftsform zu übertragen.65 So verwies zum Beispiel Thomas Jefferson darauf, dass durch das Kopieren der römischen Architektur in den USA auch eine politische Philosophie vermittelt werden sollte.66 Diese Idee wurde unter anderen durch die Verwendung römischer Symbolik, zum Beispiel in den amerikanischen Staatswappen, sowie der Namensgebung von repräsentativen Orten wie zum Beispiel dem Capitol in Washington D.C. umgesetzt.67 Doch besonders die Personifizierung von Zeitgenossen mit antiken, insbesondere römischen, Vorbildern versinnbildlichte den Anspruch, welchen die Amerikaner an ihre politischen Führer beziehungsweise an sich selbst hatten. So wurde seit der amerikanischen Revolution neben Cato auch die Figur des Cincinnatus von den Amerikanern zu einem republikanischen Ideal erhöht. Die Identifikation mit und Faszination für Cincinnatus im jungen Amerika ist durch die Geschichte des ehemaligen römischen Konsuls Lucius Quinctius Cincinnatus zu erklären. Dieser war angeblich 458 vor Christus bei der Feldarbeit, als er erfuhr, dass er zum Diktator ernannt worden war. Daraufhin legte er den Pflug beiseite, zog erfolgreich in den Krieg, triumphierte und legte die Diktatur am sechzehnten Tag nieder. Schon in der römischen Geschichtsschreibung, spätestens seit Cicero, wurde Cincinnatus als exemplum altrömischer Tugendhaftigkeit stilisiert.68 Auch in den Schriften des englischen Politikers Algernon Sidneys ist der Bezug zu Cincinnatus zu finden, welcher später von den Amerikanern auf ihre

65 Winterer, Caroline: From Royal to Republican: The Classical Image in Early America, in: The Journal of American History, 91, 4 (Mar., 2005), S. 1264-1290, S. 1268. Siehe auch: Miles, Edwin A.: The Young American Nation and the Classical World, in: Journal of History of Ideas, 35, 2 (Apr.-Jun. 1974), S. 259-274, S. 263. 66 Winterer: The Culture of Classicism, S. 29. 67 Siehe zum Beispiel: Burstein, Stanley M.: The Classics and the American Republic, in: The History Teacher, 30, 1 (Nov. 1996), S. 29-44, 30 ff. Siehe auch: Schild, Georg: Res Publica Americana, Romrezeption und Verfassungsdenken zur Zeit der Amerikanischen Revolution, in: Historische Zeitschrift 284, (2007) S. 31-58, S. 31 f. Jedoch sollte die Verwendung antiker Ortsnamen und die Kopie von klassischen Bauten auch nicht überbewertet werden, da es sich m. E. auch durchaus um eine Modeerscheinung handeln kann, der nicht zwangsläufig immer auch eine politische Bedeutung zugemessen werden muss. Es muss dabei also im Einzelfall unterschieden werden, ob der Verwendung dieser Symbolik eine Typologie innewohnt. 68 Dunsch, Boris: “Exemplo aliis esse debetis“. Cincinnatus in der antiken Literatur, in: Niggemann, Ulrich/Ruffing, Kai (Hrsg.): Antike als Modell in Nordamerika? Konstruktion und Verargumentierung 1763-1809, München 2011, S. 219-247.

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eigene Art und Weise interpretiert wurde.69 Das prägnanteste Beispiel für eine amerikanische Interpretation des Cincinnatus-Mythos ist der Oberbefehlshaber der Kontinentalarmee während des Unabhängigkeitskriegs, George Washington. Bereits kurz nach Kriegsende 1783 wurde Washington auf beiden Seiten des Atlantiks mit Cincinnatus gleichgesetzt.70 Nicht wenige Amerikaner waren davon überzeugt, dass sich Washington nach dem Sieg über die Briten, mit einer willigen Armee im Rücken, selbst die Krone hätte aufsetzen und somit das republikanische Experiment hätte beenden können, bevor es beginnen konnte. Stattdessen gab Washington in einer symbolischen Inszenierung seine Macht an den Kontinentalkongress zurück. Bei dieser Zeremonie in Annapolis wurde Washingtons Position bewusst relativiert. Er war der Befehlsempfänger; Inhaber aller Macht war der Kongress. Washington zog sich daraufhin, Cincinnatus gleich, auf seinen Landsitz Mount Vernon zurück. Aus Angst, es würde seinem Selbstbild von disinterestedness widersprechen, zögerte er daher auch zunächst, den Vorsitz beim Verfassungskonvent in Philadelphia (1787) zu übernehmen.71 Letztlich kam er der Aufforderung allerdings nach, da anzunehmen war, dass nur durch seine Anwesenheit der Konvent von Erfolg gekrönt und diesem Legitimität eingehaucht werden würde. Für die Mitglieder des Konvents war ebenso eindeutig, dass nach Verabschiedung der Verfassung nur Washington als Präsident in Frage kam. Mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass einerseits nur Washington der neuen Verfassung Autorität verleihen könne, andererseits dadurch die Gefahr stieg, dass er doch noch die alleinige Macht an sich reißen und eine Monarchie etablieren würde, erarbeiteten sie den Verfassungsentwurf; Washington wurde ohne Gegenstimme zum ersten Präsidenten der neuen Vereinigten Staaten von Amerika gewählt und am 30. April 1789 in das Amt eingeführt.72 Kritiker wie Anhänger sahen in dem Präsidenten Washington einen König unter anderem Namen. Dieser und der Kongress waren sich bewusst, dass Washingtons Auslegung der Präsidentschaft vorbildhaft für die zukünftige Aus69 Siehe zum Beispiel: Niggemann, Ulrich: Von einer Oppositionsfigur zum staatstragenden Modell. Cincinnatus in der anglo-amerikanischen Publizistik des 18. Jahrhunderts, in: Niggemann, Ulrich/Ruffin, Kai (Hrsg.): Antike als Modell für Nordamerika? Konstruktion und Verargumentierung 1763-1809, München 2011, S. 249-273, S. 256 f. 70 Reinhold: Classica Americana, S. 99. Zu Washingtons Bild in England siehe zum Beispiel: Wills: George Washington and the Enlightenment, S. 197. 71 Schwartz, Barry: George Washington. The Making of an American Symbol, New York 1987, S. 137-145, im Folgenden zitiert als: Schwartz: George Washington. The Making of an American Symbol. 72 Schwartz: George Washington. The Making of an American Symbol, S. 46.

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richtung der jungen Nation sein würde. Unter der Fragestellung, wie viel Monarchie eine Republik verträgt beziehungsweise braucht, musste ein Balanceakt zwischen Hofzeremoniell, wie man es aus Europa kannte und welches die Würde des Amtes nach innen und außen attestierte, und republikanischen Tugenden gefunden werden. So entsprach die Tatsache, dass der Präsident ein Gehalt von 25.000 Dollar bezog, in einer luxuriösen Kutsche fuhr und in öffentlichen Äußerungen von sich selbst in der dritten Person sprach, nicht dem republikanischen Ideal. Andererseits versuchte Washington deutlich zu machen, dass ihm keineswegs daran gelegen war, den Eindruck eines uneingeschränkten Herrschers zu vermitteln. So zeigte er sich erleichtert, als der Kongress sich darauf einigte, Washingtons Portrait nicht auf alle Münzen zu pressen und dass sich, anstelle von His Highness the President of the United States of America, and Protector of their Liberties oder ähnlicher Vorschläge schließlich die simple Anrede Mr. President durchsetzte.73 Die Befürchtung, dass die Republik unterwandert werden und in eine Alleinherrschaft übergehen könnte, blieb allerdings weiter bestehen. Vor allem von Seiten der Republicans, wie sich die Gegner der Federalists nun nannten, wurde während George Washingtons zweiter Amtszeit der Vorwurf laut, dass dieser eine Monarchie einführen wolle oder zumindest die USA geradewegs in diese Richtung führe.74 Dieser Vorwurf spiegelt sich auch in der politischen Rhetorik wider, denn während Washingtons Anhänger ihn zu einem neuen Cincinnatus hochstilisierten, wurde der Name des Präsidenten von seinen Gegnern oft mit dem Oliver Cromwells verbunden. Zwar wurde Washington bereits während des Revolutionskriegs vereinzelt im positiven Sinne mit Cromwell verglichen, jedoch spätestens ab 1779 war ein Vergleich mit Cromwell negativ konnotiert und wurde in einem Atemzug mit Caesar verwendet.75 Auch Washingtons mehrfacher freiwilliger und glaubhafter Verzicht auf die Macht bewirkte nicht, dass seine Kritiker ihre Meinung änderten. Noch im Oktober 1795 fragte ein Autor in der Philadelphia Aurora: „Will not the world be led to conclude that the mask of political hypocrisy has been alike worn by a CAESAR, a CROMWELL, and a WASHINGTON?“76

73 Wood: The Idea of America, S. 240-245. 74 Siehe zum Beispiel: Schwartz: George Washington. The Making of an American Symbol, S. 65-69. 75 Piecuch: Washington and the Specter of Cromwell, S. 200. 76 Zitiert nach: Piecuch: Washington and the Specter of Cromwell, S. 203. Auch andere politische Personen wurden mit antiken Figuren verglichen, so zum Beispiel Alexander Hamilton mit Caesar oder Aaron Burr mit Brutus. Siehe zum Beispiel:

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Neben der Kritik an Washingtons Person und Regierungsstil wurde die Gefahr für die Republik auch an einer Verbindung von ehemaligen Offizieren unter dem Namen Society of the Cincinnati festgemacht, deren Vorsitz Washington innehatte. Als Pate für die Namensgebung stand hierbei offensichtlich Cincinnatus als Archetyp des selbstlosen republikanischen Helden. War die Gründung 1783 zunächst nicht politisch motiviert gewesen, wurde jedoch schnell deutlich, dass der Zusammenschluss den Militärs eine Möglichkeit bot, mit einer gemeinsamen Stimme zu sprechen und sich gegebenenfalls auch politisch zu organisieren.77 Daher und aufgrund ihrer Strukturen und Satzungen wurde der Society of the Cincinnati bereits kurz nach ihrer Gründung vorgeworfen, eine Brutstätte der Aristokratie und Tyrannei zu sein und eine konkrete Gefahr für die junge Republik darzustellen. Kritiker fragten offen, wann aus der Doppelrolle als Präsident der Vereinigten Staaten und des President-General der Society of the Cincinnati ein potenzieller Nachfolger Washingtons über die Macht eines römischen Kaisers verfügen würde.78 Dies veranlasste Washington, besorgt um seine Reputation und den Fortbestand der Vereinigung, Reformen innerhalb der Verbindung zu verlangen. Letztlich erwiesen sich die Vorwürfe jedoch, auch aufgrund des tadellos republikanischen Verhaltens des Vorsitzenden, ohnehin als haltlos.79 Handelte es sich bei denjenigen, die Washington öffentlich angriffen, letztendlich nur um eine Minderheit, so drückt sich in ihrer Kritik jedoch mehr als reiner Oppositionalismus aus. Vielmehr muss die nahezu schon paranoide Furcht, dass die Republik bedroht sei, im Kontext der republikanischen Tradition gesehen werden. Diese ermahnt, potenziellen Gefahren gegenüber stets wachsam zu sein und darauf zu achten, dass nicht ein Einzelner zu viel Macht erhält oder sich corruption innerhalb der Gesellschaft ausbreiten kann, wodurch letztlich eine Mob-Herrschaft entstehen würde. Die politischen Theorien seit der Antike und die Geschichte selbst, nicht zuletzt das Beispiel Roms und Englands, schienen diesen Kritikern Recht zu geben. Washington bemühte sich daher während seiner Regierungszeit, der Rolle eines amerikanischen Cincinnatus gerecht zu werden und er wurde nicht müde zu betonen, dass er das Amt als Bürde betrachte und lieber auf seiner Farm im Ruhestand geblieben wäre.80 Er entschied sich bewusst dafür, nicht für eine dritShalev, Eran: Historical Imagination and the Creation of the American Republic, Charlottesville 2009, S. 223 f. 77 Hünemörder: The Society of the Cincinnati, S. 16 f. 78 Hünemörder: The Society of the Cincinnati, S. 25-43. 79 Wills: George Washington and the Enlightenment, S. 138-148. 80 Schwartz: George Washington. The Making of an American Symbol, S. 123.

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te Amtszeit zur Verfügung zu stehen und betonte in seiner Farewell Address 1796, dass er bereits zweimal das Opfer erbracht habe, das Amt des Präsidenten zu akzeptieren, wo es doch stets sein Wunsch gewesen sei: „to return to that retirement from which I had been reluctantly drawn.“81 Während seine Kritiker sich vor allem vor einer Machtergreifung seitens der Exekutive und der Etablierung einer Alleinherrschaft fürchteten, sah auch Washington die Republik keineswegs als gefestigt an. Für ihn bestand die Gefahr in der Bildung von factions und er warnte, Parteiinteressen würden dazu führen, dass „ambitious, and unprincipled men will be enabled to subvert the power of the people and to usurp for themselves the reins of government, destroying afterwards the very engines which have lifted them to unjust dominion.“82 Diese Aussage zeigt, dass Washington ganz im Sinne der Federalists argumentiert. James Madison hatte bereits in seinem Paper Number 10 eine faction definiert als: „a number of citizens, whether amounting to a majority or a minority of the whole, who are united and actuated by some common impulse of passion, or of interest, adversed to the rights of other citizens, or to the permanent and aggregate interests of the community.“ Folglich war für Madison Faktionalismus eine Gefahr für das Allgemeinwohl und er fügt hinzu: „different leaders ambitiously contending for pre-eminence and power […] have, in turn, divided mankind into parties, inflamed them with mutual animosity, and rendered them much more disposed to vex and oppress each other than to cooperate for their common good.“83 Somit sind Faktionalismus und Parteienbildung nach Ansicht der Federalists und auch Washingtons ein Werkzeug, welches es einzelnen Personen oder Gruppen ermöglicht, ihre eigenen Interessen zu vertreten, welche im Gegensatz zum Allgemeinwohl stehen und somit die Republik bedrohen – ganz wie in den antiken Quellen bereits beschrieben. War Washington zu Lebzeiten bereits mit antiken Helden verglichen worden und pflegte er auch bewusst gerne selbst dieses Bild, so verstärkte sich der Vergleich massiv nach seinem Tod im Jahr 1799. War er vor seinem Tod manchmal auch mit biblischen Figuren, vor allem mit Moses, verglichen worden, ließen

81 President George Washington’s Farewell Address (1796), National Archives and Records Administration, www.ourdocuments.gov/doc.php?flash=false&doc=15, im Folgenden zitiert als: Washington’s Farewell Address (1796). 82 Washington’s Farewell Address (1796). 83 Federalist Papers, No. 10 & No. 51 (1787-1788), National Archives and Records Administration, www.ourdocuments.gov/doc.php?flash=true&doc=10&page=transcript.

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diese Vergleiche nach Washingtons Tod zugunsten antiker Vorbilder nach.84 Dazu trug insbesondere die Washington-Biographie von Mason Locke „Parson“ Weems bei, welche erstmals 1800 erschien und in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts mehrfach erweitert und neuaufgelegt wurde. Mehrmals wird Washington in diesem Werk mit dem karthagischen Feldherren Hannibal gleichgesetzt, welchem es im Zweiten Punischen Krieg (218-201 vor Christus) beinahe gelungen war, über die Römer zu triumphieren. Jedoch finden sich auch Vergleiche von Washington mit den römischen Feldherren, welche Hannibal letztlich besiegten, wodurch Weems Washington eine positive Machtrolle und militärisches Geschick zuspricht.85 Im Zentrum der Vergleiche Washingtons mit antiken Helden steht bei Weems jedoch Cincinnatus. „Disinterested“ wie Cincinnatus sei Washington gewesen,86 und: „Cincinnatus-like, he betook him to his favourite plough; but the season called for the sword.“87 Nachdem der Feind besiegt wurde, so Weems, habe Cincinnatus vorbildlich seine Macht an den Senat zurückgegeben, um seine Farm zu bestellen. „O wondrous man! O prodigy and pride of purest republican virtue! May each exalted American imitate thy glorious example. WASHINGTON imitated! WASHINGTON equaled it!“88 Weems bringt mit diesem euphorischen Satz auf den Punkt, warum die Person Washington einen so bedeutenden Einfluss auf die Geschicke der jungen Republik hatte. Dass es Washington gelungen war tugendhaft zu bleiben und der Versuchung der Macht zu widerstehen, machte ihn zum amerikanischen Vorbild republikanischen Verhaltens, 84 Wills: George Washington and the Enlightenment, S. 27-34. Der Bezug zu Moses ist ebenfalls bereits bei Cromwell zu finden: Siehe zum Beispiel: Sandoz, Ellis: Republicanism, Religion, and the Soul of America, Columbia 2006, S. 5. 85 So behauptet Weems zum Beispiel: „The character of Washington was exalted to the highest pitch, even throughout Europe, where he was generally styled the American Fabius, from the famous Roman general of that name, who opposed Hannibal with success.“ Weems, Mason Locke: A History of the Life and Death, Virtues and Exploits of General George Washington, 3rd edition, Philadelphia 1800. Washington als Hannibal: S. 4, S. 36, S. 76, Zitat auf Seite S. 16. Washington als Fabius siehe auch: Schwartz: George Washington. The Making of an American Symbol, S. 164. 86 Weems, Mason Locke: A History of the Life and Death, Virtues and Exploits of General George Washington, 3rd edition, Philadelphia 1800, S. 74. 87 Weems, Mason Locke: The Life of George Washington; with curious anecdotes, equally honourable to himself, and exemplary to his young countrymen, 7th edition, Philadelphia 1808, S. 38. 88 Weems, Mason Locke: A History of the Life and Death, Virtues and Exploits of General George Washington, 3rd edition, Philadelphia 1800, S. 41 f.

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ebenbürtig mit den römischen Vorbildern. Weems legt bei seiner Abhandlung besonderen Wert darauf, dass genau dieser Aspekt Washington von einem Tyrannen klar unterscheide, indem er unterstreicht: „[Washington] had so completely won the hearts of his army and his nation, that he could perhaps have made himself their master. At all events, a Caesar or a Cromwell would, at the hazard of a million of lives, made the sacrilegious attempt.“89 Einzig der Person Washington sei es zu verdanken, dass man die Republik und liberty gewonnen und bewahrt habe. In einer Neuauflage des Werks wurde im Anhang einmal mehr daran erinnert: „[Washington] did not pass the Rubicon and enslave his country, like Cesar – he did not abjure his religion to obtain a kingdom, like Henry the Fourth – neither ambitious nor hypocritical, he did not overturn a rising Republic, like Cromwell – nor did he create himself a Dictator for ten years, like Buonaparte“.90 Es schien, als ob virtue und liberty, personifiziert durch Cato, Cincinnatus und nun durch Washington, über power und corruption, typischerweise personifiziert durch Caesar, doch mit historisch aktuelleren Vergleichen angereichert, gesiegt hatten. Während John Adams das Verhalten Washingtons in der Einzigartigkeit der USA und der Tugendhaftigkeit der Gesamtheit seiner Bürger begründet sehen wollte,91 fokussierten sich Washingtons Lobredner ganz auf den amerikanischen Cincinnatus.92 Auch in der damaligen Kunst taucht Washington immer wieder in diversen Darstellungen als ein neuer Cincinnatus auf. Als ein prägnantes Beispiel kann dabei sicherlich die WashingtonStatue von Jean-Antoine Houdon von 1788 im State Capitol in Richmond in Virginia dienen, welche Washington unter anderem mit den Insignien römischer Macht, aber auch einem Pflug darstellt.93 Wie das Beispiel Washingtons zeigt, hatte sich die republikanische Typologie und der Verweis auf antike politische Theorien sowie auf die Geschichte der Antike für die Generation der Gründerväter als nützlich erwiesen und sie vererbte diesen Fixpunkt als Richtschnur für das eigene Verhalten an die nächste Generation. John Adams verlangte von seinem Sohn John Quincy, dass er sich mit den antiken Klassikern auseinandersetzte und zeigte sich hocherfreut, dass sein 89 Weems, Mason Locke: The Life of George Washington; with curious anecdotes, equally honourable to himself, and exemplary to his young countrymen, Philadelphia 1833, S. 127 f. 90 Weems, Mason Locke: A History of the Life and Death, Virtues and Exploits of General George Washington, 3rd edition, Philadelphia 1800, S. XVI. 91 Piecuch: Washington and the Specter of Cromwell, S. 202. 92 Schwartz: George Washington. The Making of an American Symbol, S. 148. 93 Jean Antoine Houdon, Statue of George Washington, Virginia State Capitol, (17851788); Siehe auch Abbildung 1.

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Enkel ebenfalls Vergil las. Ohnehin waren die Gründerväter, auch die, deren eigene Ausbildung eher bescheiden war, darum bemüht, dass ihre Kinder die sogenannten Classics lasen und zwar durchaus im Original. Noch 1819 zeigte sich Jefferson darüber besorgt, dass die Aufnahmebedingungen für die von ihm gegründete University of Virginia zu einfach seien und legte daher exzellente Kenntnisse der antiken Sprachen als eine Grundvoraussetzung für die Aufnahme an der Universität fest.94 Von der Kolonialzeit bis zum amerikanischen Bürgerkrieg stieg die Zahl der Universitäten von 9 auf 182 an und nahezu alle verlangten Kenntnisse in Latein und Alt-Griechisch.95 Zwar wurden auch Stimmen laut, welche sich gegen die strikte Sprachlehre dieser „toten Sprachen“ an den Universitäten aussprachen, doch richteten sich diese meist nicht gegen die Lektionen, welche die antike Geschichte vermittelte, sondern man verwies auf vorliegende Übersetzungen der antiken Autoren.96 John Calhoun riet 1840 einem jungen Mann dazu, sich mit der Geschichte der Antike, der Englands und der eigenen vertraut zu machen. Darüber hinaus empfahl er: „to read the best elementary treatises on Government, including Aristotle’s, which I regard, as among the best.“97 Auch für die breite Bevölkerung blieb die Antike faszinierend. Addisons Cato blieb weiterhin gefragt und wurde mindestens achtmal neu aufgelegt.98 Die Schriften von Plutarch behaupteten sich als Bestseller in den USA und Standardwerke über die Antike, wie die von Rollins, waren nach wie vor weit verbreitet.99 Illustrierte Bücher über die Geschichte Roms wurden im Laufe der Zeit immer erschwinglicher und richteten sich nun explizit nicht mehr nur an eine gebildete Oberschicht.100 Mit der Erinnerung an republikanische Tugenden lebten so auch die Theorien der antiken Autoren sowie das Idealbild der Republik, 94 Richard: The Founders and the Classics, S. 34-37. 95 Richard, Carl J.: The Golden Age of the Classics in America, S. 5. 96 Winterer: The Culture of Classicism, S. 42. Zur Verteidigung der Sinnhaftigkeit der Lehre der antiken Sprachen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in den USA siehe auch: Richard: The Golden Age of the Classics in America, S. 95-104. 97 To A. D. Wallace, 17. Dezember 1840, in: Wilson, Clyde N. (Hrsg.): The Papers of John C. Calhoun, XV, Columbia 1983, S. 389. 98 Litto: Addison’s Cato in the Colonies, S. 435. 99 Reinhold nennt Plutarch nach der Bibel sogar für 250 Jahre das einflussreichste Buch in der amerikanischen Geschichte und bezieht sich damit auf die Zeit von 1650-1900 und darüber hinaus. Reinhold: Classica Americana, S. 250-264. 100 Winterer, Caroline: From Royal to Republican: The Classical Image in Early America, in: The Journal of American History, 91, 4 (Mar., 2005), S. 1264-1290, S. 1281 f.

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vor allem manifestiert in der Geschichte der römischen Republik, in den Köpfen der Amerikaner in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts fort. Nach Washingtons Tod blieben die noch lebenden Gründerväter für mehr als zwei Jahrzehnte wegweisend für die Geschicke der Republik und sie bestimmten aus ihren Reihen wichtige politische Ämter wie das des Präsidenten. Trotz erbitterter politischer Kämpfe zwischen Washingtons Nachfolger, dem Federalist John Adams und dem Republican Thomas Jefferson, blieb die Hoffnung bestehen, dass die junge Republik weiter gedeihen würde, unter anderem auch, weil Adams seine Wahlniederlage annahm und nach bereits einer Amtszeit aus dem Amt ausschied. Jefferson erklärte daraufhin in seiner Antrittsrede: „We are all Republicans, we are all Federalists“ und brachte damit zum Ausdruck, dass bei allen Differenzen letztlich alle Amerikaner das gleiche Ziel verfolgten – das Wohl der Republik.101 In den Folgejahren verschwanden die Federalists als Partei immer mehr von der politischen Bildfläche. Auch wenn es den Republicans gelungen war, über die Federalists zu triumphieren, hatten diese dennoch ihre politischen Hauptziele, die Verabschiedung einer Verfassung in einer Bundesunion mit einer relativ starken Zentralregierung, erreicht.102 Nach Jefferson wurde 1809 mit Madison der Hauptverfasser der Constitution (und mittlerweile ein Republican) Präsident und wie Jefferson folgte er dem Beispiel Washingtons und kandidierte nicht für eine dritte Amtszeit. 1817 wurde er von James Monroe abgelöst, unter dessen Präsidentschaft eine angebliche era of good feelings anbrach. Diese fand unter anderem darin ihren Ausdruck, dass es nach dem Rückzug der Federalists keine politischen Parteien mehr gab und somit ein weiteres klassisches republikanisches Ideal in den USA in Erfüllung zu gehen schien. Doch trotz der territorialen Erweiterung und der Behauptung gegen die Briten im zweiten britisch-amerikanischen Krieg (1812-1815), welcher von den Amerikanern zu einem Second War of Independence erklärt wurde, waren sich die Gründerväter sowie die nachfolgende Generation darüber im Klaren, dass die Republik alles andere als gesichert war.103 Wurde der Staat zuvor vor allem durch äußere Gefahren bedroht, so schien nun ein interner Zwist erneut die Zukunft der 101 Jefferson, Thomas: First Inaugural Address, 4. März 1801, in: The Avalon Project. Documents in Law, History and Diplomacy, avalon.law.yale.edu/19th_century/ jefinau1.asp. 102 Cunningham, Noble E. Jr.: The Jeffersonian Republican Party, in: Schlesinger, Arthur Jr. (Hrsg.): History of U.S. Political Parties, 1, 1789-1860, From Factions to Parties, New York 1973, S. 239-272, 266 f., im Folgenden zitiert als: Cunningham: The Jeffersonian Republican Party. 103 Zur historischen Entwicklung siehe zum Beispiel: Heideking, Jürgen/Mauch, Christof: Geschichte der USA, 5. Auflage, Tübingen 2007, S. 75-91.

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Republik zu gefährden. Monroe war der letzte Präsident aus den Reihen der Gründerväter und die Machtübergabe an die Folgegeneration erwies sich als heikel. Mit dem Fehlen einer Oppositionspartei zersplitterten sich die Republicans immer mehr. Während sich potenzielle Nachfolger in Position brachten, trat die Diskussion über die Zukunft der Republik bereits während Monroes Präsidentschaft wieder deutlich in den Vordergrund des öffentlichen und politischen Interesses. Die sogenannte Seminole War Debate des Jahres 1819 bietet dabei ein signifikantes Beispiel für die Weiterführung des Diskurses über die Zukunft der Republik in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Sie zeigt auf, dass die Theorie des Kreislaufs der Verfassungen sowie das Schicksal der antiken Republiken in den Köpfen der jungen Nation stets gegenwärtig blieben.

Die Seminole War Debate 1819

Anlass dieser Kongressdebatte1 war der Seminole War im spanischen Florida 1818. Obwohl er selbst bei keiner der Sitzungen persönlich anwesend war, stand der populärste lebende Militär der amerikanischen Geschichte, US Major General Andrew Jackson, im Fokus der Debatte. Jackson hatte am 8. Januar 1815 bei New Orleans mit seiner aus Milizsoldaten bestehenden Armee den kampferprobten Engländern eine empfindliche Niederlage zugefügt. Doch war das Vorgehen des „Hero of New Orleans“ nicht unumstritten, denn Jackson hob auch nach seinem Sieg das von ihm ausgerufene Kriegsrecht (martial law) in der Stadt nicht auf, sondern wartete, bis er die Nachricht vom endgültigen Friedensschluss mit den Briten erhalten hatte. Somit stand New Orleans insgesamt 89 Tage lang vollständig unter Jacksons Autorität. In dieser Zeit hatte der General nicht nur Milizsoldaten, sondern auch dutzende Zivilisten, darunter auch einen State Senator und einen Richter, aus verschiedensten Gründen unter Berufung auf das Kriegsrecht festnehmen lassen.2 Zeitlebens war Jacksons grandioser Sieg daher mit der Kritik verbunden, sich in New Orleans wie ein Militärdespot aufgeführt zu haben. Jedoch gingen die Stimmen der Kritiker zunächst im allgemeinen Lob über Jackson unter. Ebenso geriet die Tatsache, dass Jacksons Sieg letztendlich kei-

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Kongressdebatten lassen sich größtenteils digital über die Annals of Congress (17891824), das Register of Debates (1824-1837) und den Congressional Globe (18331873) sowie das House Journal und das Senate Journal rekonstruieren. Bei diesen äußerst umfangreichen Datenbanken der Library of Congress gilt es jedoch zu berücksichtigen, dass diese nicht alle Debatten im Wortlaut wiedergeben, sondern die Beiträge teilweise nur noch in paraphrasierter Form aufzufinden sind.

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Siehe ausführlich dazu: Warschauer, Matthew: The Battle of New Orleans Reconsidered: Andrew Jackson and Martial Law, in: Louisiana History. The Journal of the Louisiana Historical Association, 39, 3 (1998), S. 261-291.

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nerlei politische Bedeutung innewohnte, da bereits im Dezember im belgischen Gent erfolgreiche Friedensverhandlungen geführt worden waren, in den Hintergrund. Jacksons Sieg hatte deutlich gemacht, dass die amerikanischen Milizen es durchaus mit jeder Berufsarmee aufnehmen konnten, um die Freiheit der Republik zu verteidigen. Der Sieg bei New Orleans war für die USA von moralisch unschätzbarem Wert, denn er gab der jungen Republik das Selbstvertrauen zurück, welches unter anderen durch die Niederbrennung weiter Teile von Washington D.C. 1814 durch die Briten und den status quo-Frieden merklich gelitten hatte.3 Es wurden Jackson zu Ehren Paraden abgehalten, Loblieder auf ihn gedichtet und Reden vorgetragen, die Jackson als Retter der Republik feierten.4 Der Kongress dankte Jackson und verlieh ihm aufgrund seines militärischen Erfolgs bei New Orleans die Goldene Ehrenmedaille.5 Jackson war darüber hinaus nicht nur gegen die Engländer siegreich gewesen. Bereits 1814 hatte er aufständische Indianer im sogenannten Creek War eindrucksvoll besiegt und sie unabhängig davon, ob es sich um befreundete oder feindliche Stämme handelte, gemeinschaftlich bei Fort Jackson harten Friedensbedingungen unterworfen. Besonders schmerzhaft war für die Creek die Tatsache, dass sie einen Großteil ihres Landes unwiderruflich an die USA abtreten mussten. Der Jackson-Biograph Robert V. Remini nennt den Creek War und den Treaty of Fort Jackson zu Recht: „the beginning of the end not only for the Creek Nation but for all Indians throughout the south and southwest.“6 Zu Beginn des Jahres 1818 sollte Jackson auch gegen die Seminolen vorgehen. Dieser Indianerstamm siedelte vor allem im spanischen Florida, doch kam es im Grenzgebiet zu den Vereinigten Staaten immer wieder zu Zwischenfällen zwischen den Seminolen und amerikanischen Siedlern. Jackson sollte diesen Zwischenfällen ein Ende bereiten. Seine Kampagne war von der Monroe Administration keinesfalls konkreten Einschränkungen unterworfen und es war expli-

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Ward, John William: Andrew Jackson, Symbol for an Age, New York 1962, S. 4 f., im Folgenden zitiert als: Ward: Andrew Jackson; Pitch, Anthony: The Burning of Washington. The British Invasion of 1814, Annapolis 1998, vor allem S. 99-129.

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Remini, Robert V.: Andrew Jackson and the Course of American Empire, 1767-1821, 1, New York 1977, S. 293-297, im Folgenden zitiert als: Remini: Jackson, 1. Siehe zum Beispiel auch: Albany Register, 27. Januar 1815.

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Furst, Moritz: Gold medal presented to Jackson by Congress, Library of Congress,

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Treaty of Fort Jackson, 1814, 7 Stat. 120. Ausführlich zum Creek War siehe: Remini:

www.loc.gov/pictures/item/2012645265/. Jackson, 1, S. 187-233, Zitat: S. 231.

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zit gestattet, die Indianer auch bis in das spanische Territorium zu verfolgen.7 Diese Politik Monroes war eine Abkehr von der Jeffersons. Dieser hatte 1805 betont, dass eine militärische Intervention in Florida nur mit der Legitimierung des Kongresses möglich sei, da einzig und allein der Kongress die Kompetenz habe einen Krieg zu erklären. Monroe überging somit den Kongress und der Historiker David Heidler formuliert hierzu treffend: „In any event, the administration unleashed Jackson to move against Spain at his will.“8 Niemand im Kabinett Monroes ging wohl ernsthaft davon aus, dass Jackson bei der Verfolgung der Indianer spanische Interessen respektieren würde.9 Jackson marschierte folglich im Frühjahr 1818 zügig über die Grenze nach Florida und eroberte ohne nennenswerte Gegenwehr den spanischen Posten St. Marks, nachdem er Hinweise erhalten hatte, dass die Spanier dort die Seminolen unterstützten. St. Marks diente Jackson fortan als Basislager für seine Kampagne gegen die Indianer. Im Zuge dieser Aktionen ließ er auch die beiden britischen Staatsbürger Alexander Arbuthnot und Robert Armbrister exekutieren, da er sie verdächtigte, mit den Indianern zusammengearbeitet zu haben.10 Im Mai 1818 eroberte Jackson (erneut) Pensacola11 und nahm dort den spanischen Gouverneur gefangen.12 Dieses Vorgehen war für die Monroe Administration weder innen- noch außenpolitisch zu rechtfertigen. Vor allem Kriegsminister John Calhoun und Finanzminister William Crawford forderten, Jacksons Verhalten öffentlich zu verurteilen. Einzig John Quincy Adams, Sohn des zweiten Präsidenten und amtierender Secretary of State, verteidigte Jackson.13 Präsident Monroe, bemüht den außenpolitischen Schaden gering zu halten, signalisierte, dass er Pensacola und St. Marks den Spaniern zügig zurückgeben wolle. Gleichzeitig verteidigte er jedoch die Aktionen Jacksons in Florida und das Verhalten der Regierung in seiner Annual Mes7

Secretary Calhoun to Jackson, 26. Dezember 1817, in: Bassett, John Spencer (Hrsg.): Correspondence of Andrew Jackson, 2, Washington D.C. 1927, S. 341 f., im Folgenden zitiert als: Bassett: Correspondence of Andrew Jackson, 2.

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Heidler, David S.: The Politics of National Aggression: Congress and the First Seminole War, in: Journal of the Early Republic, 13 (Winter 1993), S. 501-530, S. 504, im Folgenden zitiert als: Heidler: The Politics of National Aggression.

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Siehe auch: Wilentz, Sean: Andrew Jackson, New York 2005, S. 37, im Folgenden zitiert als: Wilentz: Andrew Jackson.

10 To Secretary Calhoun, 20. April 1818, in: Bassett: Correspondence of Andrew Jackson, 2, S. 360-363. 11 Jackson hatte bereits im Zuge des Kriegs von 1812 Pensacola erobert, die Stadt jedoch an Spanien zurückgegeben. Wilentz: Andrew Jackson, S. 28. 12 Heidler: The Politics of National Aggression, S. 504 f. 13 Remini: Jackson, 1, S. 366-369.

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sage an den Kongress im November 1818.14 Der Kongress wollte das Thema allerdings nicht auf sich beruhen lassen und das HoR beauftragte das House Committee on Military Affairs mit den Untersuchungen und der Abfassung eines umfassenden Berichts, welcher am 12. Januar 1819 vorgelegt wurde. In diesem Bericht wurde die Empfehlung ausgesprochen, Jacksons Verhalten zumindest in Bezug auf die Exekution der beiden Briten zu missbilligen: „Your committee must […] disapprove the conduct of one who has, on former occasion, so eminently contributed to the honor and defense of the nation as has Major General Jackson; but the more elevated the station, the more exalted the character of the individual, the more necessary is it, by a seasonable, yet temperate expression of public opinion, through the Constitutional organ, to prevent the recurrence of incidents at variance with the principles of our Government and laws. […] After mature deliberation, your committee beg leave to submit the following resolution: Resolved, That the House of Representatives of the United States disapproves the proceedings in the trial and execution of Alexander Arbuthnot and Robert C. Armbrister.“15

Der Bericht verlangt zwar Jackson für die Exekution der beiden Briten zu tadeln, doch wird bereits deutlich, dass es weniger um die konkreten Aktionen Jacksons in Florida ging, sondern präventiv der „recurrence of incidents“ vorgebeugt werden sollte. Die Formulierung ist unspezifisch und es wird nicht deutlich, ob konkret Jackson Einhalt geboten oder an ihm ein mahnendes Exempel statuiert werden soll. Ohnehin war die Entscheidung, diesen Bericht verfassen zu lassen, innerhalb des Komitees keineswegs einstimmig getroffen worden. Sie fiel mit vier zu drei Stimmen äußerst knapp aus und es wurde im direkten Anschluss ein weiterer Bericht verlesen, welcher zuvor mit nur einer Stimme eine Mehrheit verfehlt hatte. Dieser Bericht kam zu einem völlig anderen Schluss: „Under this View of the whole subject, the committee can discover much that merits applause, and little that deserves censure“. Zudem wurden die „incalculable benefits resulting to the nation, from the […] services of General Jackson“ hervorgehoben.16 Die Verlesung der beiden Berichte führte zu heftigen Diskussionen im HoR, mit einer vor allem innenpolitische Dimension. Der Abgeordnete Thomas Willis Cobb aus Georgia sprach sich dafür aus, dass nicht nur der Fall der beiden Briten, sondern Jacksons Verhalten in Florida im Allgemeinen missbilligt werden müsse und schlug eine Reihe von Resolutionen vor. Er betonte, dass es sich beim 14 Annals of Congress, 15th Congress, 2nd Session, Senate, S. 12-15. 15 Annals of Congress, 15th Congress, 2nd Session, S. 517 f. 16 Annals of Congress, 15th Congress, 2nd Session, S. 518-527, Zitat auf S. 527.

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Seminole War um einen Präzedenzfall handle und gab zu bedenken, dass man sich in den USA zwar prinzipiell nicht vor Tyrannen zu fürchten brauche, doch dass potenzielle Usurpatoren am ehesten immer aus Kreisen des Militärs kämen.17 Wie schon im Mehrheitsbericht des House Committee on Military Affairs steht für Cobb die potenzielle Gefahr für die Republik durch einen populären Militär im Vordergrund, welcher die Gesetze auf seine Weise interpretiert. Auch in der Öffentlichkeit wurde der Seminole War, die daraus resultierenden Folgen und der Umgang mit dem populären Militär Andrew Jackson als wichtiger Präzedenzfall wahrgenommen. Folglich war das Interesse an der Seminole War Debate groß, denn hier ging es um weit mehr als um die Reputation eines verdienten Soldaten – es ging um die Zukunft der eigenen Republik. So waren nicht nur die Zuschauerränge im HoR oft überfüllt, auch in den Zeitungen war die Seminole War Debate das beherrschende Thema.18 Die Rolle von Zeitungen kann bei der politischen Meinungsbildung der Amerikaner in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts kann kaum überschätzt werden. Zeitungen, als Organe der freien Meinungsäußerung, versinnbildlichten von Beginn an die Errungenschaften der Republik in den USA und ihre Anzahl und Verbreitung nahm stetig und überproportional zur Bevölkerungsentwicklung zu.19 Neben der ausführlichen Berichterstattung über die Kongressdebatte fand in 17 Annals of Congress, 15th Congress, 2nd Session, S. 583-597. 18 In den Zeitungen wurde der Seminole War Debate teilweise sogar mehr Aufmerksamkeit gewidmet als den Ereignissen rund um die Aufnahme Missouris als sklavenhaltender Staat zur selben Zeit. Rosen, Deborah A.: Wartime Prisoners and the Rule of Law. Andrew Jackson’s Military Tribunals during the First Seminole War, in: Journal of the Early Republic, 28 (Winter 2008), S. 559-595, S. 565. 19 Gab es 1815 insgesamt 413 Zeitungen in den USA, so waren es 1820 bereits 512; im Jahr von Jacksons Wahl 1828 hatte sich die Zahl im Vergleich zu 1815 mit 863 Zeitungen mehr als verdoppelt. Ein erneuter deutlicher Zuwachs lässt sich während Jacksons Präsidentschaft feststellen: 1833 gab es in den USA bereits etwa 1200 Zeitungen. Zahlen aus: Humphrey, Carol Sue: The Press of the Young Republic, 17331833, Westport 1996, insbesondere S. 99, S. 113-140 und S. 156-160. Ähnliche Zahlen lassen sich auch finden in: Hudson, Frederic: Journalism in the United States, from 1690 to 1872, New York 1969, S. 77 ff. Hudson listet für das Jahr 1810 359 Zeitungen und eine Bevölkerung von über 7 Millionen auf, 1828 listet er eine Anzahl von 852 Zeitungen bei einer Bevölkerung von 12 Millionen auf. Der Zugang zu diesen Zeitungen ist heute größtenteils in digitaler Form möglich. Besonders die beiden Sammlungen America’s Historical Newspapers sowie 19th Century US Newspapers ermöglichen eine repräsentative Darstellung des zu untersuchenden Diskurses, da sie eine bundesweite Abdeckung von Zeitungsartikeln ebenso gewährleisten wie den Zu-

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ihnen parallel eine Diskussion über Jacksons Verhalten statt. Unter dem bedeutungsschwangeren Pseudonym Algernon Sidney20 wurden zwischen dem 22. Dezember 1818 und dem 4. Februar 1819 im Richmond Enquirer mehrere Artikel veröffentlicht, welche Jackson kritisierten und seinen vermeintlichen Ruhm als „the scene of restrained violence and tyranny“ verurteilten.21 Mehrere Autoren reagierten auf diese Anschuldigung und verteidigten, meist unter antiken Pseudonymen, Jackson in diversen Zeitungsartikeln.22 Unter dem Pseudonym Fiat Justitia erinnerte ein Autor die Leser daran, dass sich teilweise in der Antike auch die Römer über ihre Gesetze und Institutionen hinweggesetzt hätten, wenn dies notwendig gewesen sei. Auch in der Geschichte der USA sei Jackson nicht der Einzige, der sich nicht immer an alle Gesetze gehalten habe. Die Nation habe sich zuvor niemals beschwert, da sie von der situationsbedingten Notwendigkeit dieser Taten überzeugt gewesen war und diese Handlungen letztlich zum Wohle der Allgemeinheit beigetragen hätten.23 Fiat Justitia vertritt somit die Ansicht, dass es durchaus gerechtfertigt sei, Gesetze zu beugen, solange dies zum Wohl der Republik geschehen würde. Dabei wird auf das antike Rom und auf die noch eigene junge Geschichte verwiesen. Auch im HoR diente, neben juristischen Schriften als rechtlichem Fixpunkt,24 der Verweis auf die Geschichte der untergegangen Republiken als Gradmesser griff auf lokale beziehungsweise überregional wichtige Zeitungen. Americas Historical Newspapers ist eine Sammlung von Zeitungen, die zwischen 1690 und 1922 publiziert wurden, und umfasst etwa 2000 Zeitungen aus allen US-Bundesstaaten. Die Datenbank 19th Century US Newspapers beinhaltet 500 Zeitungen mit insgesamt über 1,8 Millionen Seiten, welche zwischen 1800 und 1900 in den Vereinigten Staaten publiziert wurden. 20 Hinter dem Pseudonym verbarg sich Benjamin Watkins Leigh. Rosen, Deborah A.: Wartime Prisoners and the Rule of Law. Andrew Jackson’s Military Tribunals during the First Seminole War, in: Journal of the Early Republic, 28 (Winter 2008), S. 559595, S. 566. 21 White, T.W. (Hrsg.): The Letters of Algernon Sidney in Defence of Civil Liberty and Against the Encroachments of Military Despotism. Written by an Eminent Citizen of Virginia, and First Published in the Richmond Enquirer in 1818-1819, Richmond 1830, Zitat S. 4. 22 Siehe zum Beispiel: National Advocate, 16. Januar 1819. 23 Daily National Intelligencer, 29. Dezember 1818. 24 Mehrere Abgeordnete bezogen sich in der Diskussion vor allem auf die Theorien des Schweizers Emmerich de Vattel, so zum Beispiel Thomas Willis Cobb aus Georgia, welcher bei seiner Rede de Vattels Law of the Nations in den Händen hielt. Annals of Congress, 15th Congress, 2nd Session, S. 590.

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für den aktuellen Zustand der eigenen Republik. Hierzu wählten die Redner historische Ereignisse und Personen und übertrugen diese auf die aktuelle Situation. Als unsichtbares theoretisches Konstrukt dienten die Theorien der antiken Autoren von der Abfolge von Verfassungen. Letztlich stellt dieser historische Rekurs zwar nur eine von mehreren Facetten in der öffentlich-politischen Debatte um den Seminole War dar, aber er diente Jacksons Zeitgenossen, ganz in der Tradition der Gründerväter, als Referenz für das richtige Verhalten im Sinne einer freiheitlichen Republik. Der Bezug zur Geschichte, vor allem zur Antike, war somit nicht nur ein wichtiges Instrument für die Redner, um ihre Argumente rhetorisch zu untermauern. Er zeugte auch von einem Selbstverständnis, nach dem Männer, welche die Geschicke der Republik leiten wollten, neben der eigenen Geschichte auch zwingend mit der Geschichte der antiken Republiken vertraut sein mussten. Schließlich sollten die USA an deren Tradition anknüpfen und aus deren Fehlern lernen, um nicht dasselbe Schicksal zu erleiden. Wie bereits nach der Verlesung der beiden Berichte des House Committee on Military Affairs zu vermuten, waren die Interpretationsansätze dabei jedoch sehr unterschiedlich und so teilte sich das HoR in zwei Lager: Die eine Seite verlangte, an Jackson ein Exempel zu statuieren, um eine potenzielle Gefahr für die Republik im Keim zu ersticken. Die andere Seite verteidigte Jackson vehement, nicht nur aufgrund seiner Person, sondern ebenfalls zum Wohle der Republik. Zu welchem Schluss man letztlich auch kommen würde, die Abgeordneten waren sich darüber im Klaren, dass es sich um ein Urteil mit Signalwirkung für das Inund Ausland handelte: „We are fighting […] a great moral battle for the benefit, not only for our country, but of all mankind“, beschwor Henry Clay, der einflussreiche Sprecher des HoR, in seiner Rede zum Seminole War seine Zuhörer und fügte sicherlich etwas übertrieben hinzu: „The eyes of the whole world are in fixed attention upon us.“25

25 Annals of Congress, 15th Congress, 2nd Session, S. 654.

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R EMEMBER THAT G REECE HAD HER A LEXANDER – J ACKSON ALS POTENZIELLE G EFAHR FÜR DIE R EPUBLIK Henry Clay war ein ausgemachter Gegner Präsident Monroes, da dieser Clay bei dem Posten des Secretary of State übergangen und stattdessen John Quincy Adams den Vorzug gegeben hatte. Clay betrachtete jedoch den Posten des Secretary of State als wichtigen Schritt zur Präsidentschaft, welche er mittelfristig anstrebte. Madison und Monroe hatten vor ihrer Präsidentschaft dieses Amt innegehabt und nun wurde Adams, welcher Clays Ansicht nach nicht über die nötige Erfahrung für das Amt verfügte, zu einem direkten Konkurrenten Clays.26 So ist es nicht verwunderlich, dass der ehrgeizige Clay versuchte, Monroe und Adams in nahezu jeder Situation zu schaden. Ein Angriff auf Jackson stellte somit indirekt auch einen Angriff auf die Monroe Administration dar, welche Jacksons Verhalten öffentlich verteidigt hatte. Des Weiteren gab die öffentliche Aufmerksamkeit, die die Seminole War Debatte auf sich zog, Clay eine Möglichkeit, sich weiter zu profilieren. Am 20. Januar 1819 hielt er eine mit Spannung erwartet Rede im Kongress, dessen Zuschauererränge so dicht gefüllt waren, dass einige Beobachter auf dem Boden Platz nehmen mussten.27 Zuvor hatten neben Cobb auch Thomas Nelson aus Virginia, Mitglied des House Committee on Military Affairs und Befürworter des Mehrheitsberichts,28 sowie James Johnson, ebenfalls aus Virginia,29 Jacksons Verhalten kritisiert. Lediglich John Holmes aus Massachusetts verteidigte sowohl Präsident Monroe als auch Jackson.30 Es war jedoch Clay, der mit seiner Rede zum Seminole War ein Bild von Jackson schuf, welches diesen für den Rest seines Lebens begleiten sollte. Bereits zu Beginn seiner Rede nennt Clay Jackson einen „military chieftain“31 und verweist zunächst auf den Treaty of Fort Jackson, dessen Inhalt ihm bislang angeblich unbekannt gewesen war. Nun habe er diesen „with deepest mortification and regrets“ gelesen, denn niemals zuvor sei ihm ein Vertrag mit einem „more dictatorial spirit“ untergekommen, so Clay.32 Er behauptet weiter, dass man in der Geschichte der Diplomatie keinen vergleichbaren Fall finden

26 Peterson, Merill D.: The Great Triumvirate, Webster, Clay, and Calhoun, New York 1987, S. 50-55, im Folgenden zitiert als: Peterson: The Great Triumvirate. 27 Heidler: The Politics of National Aggression, S. 516, Fußnote 34. 28 Annals of Congress, 15th Congress, 2nd Session, S. 615-620. 29 Annals of Congress, 15th Congress, 2nd Session, S. 620-630. 30 Annals of Congress, 15th Congress, 2nd Session, S. 600-615. 31 Annals of Congress, 15th Congress, 2nd Session, S. 631. 32 Annals of Congress, 15th Congress, 2nd Session, S. 633 f.

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würde. Nicht einmal im römischen Imperium hätte man gegenüber Barbaren auf solch erbarmungslose Weise Bestimmungen diktiert und diese anschließend als Friedensvertrag tituliert. Clay leitete dann zu dem aktuellen Fall und der Hinrichtung der beiden Briten in Florida über: Selbst wenn diese schuldig gewesen wären, seien sie Gefangene gewesen, die man nicht ohne rechtskräftiges Gerichtsurteil hätte hinrichten dürfen. Jackson habe sich somit klar über Grundsätze der eigenen Republik hinweggesetzt. Es sei aber unabdingbar, an diesen festzuhalten, um nachhaltig negative Folgen für das ganze Land oder gar eine Gefährdung der Republik zu vermeiden. Clay warnt somit davor, Jacksons Verhalten in Florida zu tolerieren, und bedient sich erneut eines Beispiels aus der römischen Geschichte: „It was in the provinces were laid the abuses and the seeds of the ambitious projects which overturned the liberties of Rome.“33 Jacksons Aktionen in Florida bezeichnet Clay als „open, undisguised, and unauthorized hostility“ und weder mit der Verfassung vereinbar noch den Befehlen des Präsidenten entsprechend. Stattdessen sei Jackson getreu dem Motto „Veni, vidi, vici!“ vorgegangen.34 Bei diesem mit Julius Caesar assoziierte Ausspruch35 konnte sich Clay wohl sicher sein, dass seine Zuhörer das Argument verstanden: So wie Caesar aus Gallien zurückgekehrt war, um die Republik zu stürzen, war nun auch Jackson aus Florida zugekehrt, um die Macht an sich zu reißen.36 Im weiteren Verlauf seiner Rede verweist Clay jedoch nicht nur auf Rom, sondern auch auf das Schicksal weiterer Republiken: „Recall to your recollection […] the free nations which have gone before us. Where are they now, and how have they lost their liberties? If we could transport ourselves back to the ages when Greece and Rome flourished in their greatest prosperity, and, mingling in the throng ask a Grecian if he did not fear some daring military chieftain, covered with glory, some Philip or Alexander, would one day overthrow his liberties? No! no! the confident and indignant Grecian would exclaim, we have nothing to fear from our heroes; our 33 Annals of Congress, 15th Congress, 2nd Session, S. 647. 34 Annals of Congress, 15th Congress, 2nd Session, S. 650 f. 35 Plutarch, Caesar, 50; Sueton, Caesar, 37, 2. 36 Es lässt sich nur mutmaßen, ob Clay sich hier bewusst auf die erst ein Jahr zuvor erschienen Jackson-Biographie von S. Putnam Waldo bezog, welcher Jacksons Erfolg gegen die Creek mit den Worten zusammenfasste: „He [Jackson] might have said with Caesar ‚Veni, vidi, vici‘ – I came – I saw – I conquered!“ Im Gegensatz zu Waldos Biographie ist die Assoziation mit Caesar durch Clay jedoch eindeutig negativ besetzt. Siehe: Waldo, S. Putman: Memoirs of Andrew Jackson, Major-General in the Army of the United States; and Commander in Chief of the Division of the South, Hartford 1818, S. 133.

52 | D EMOKRATIE ALS G EFAHR FÜR DIE R EPUBLIK liberties will be eternal! If a Roman citizen had been asked, if he did not fear the conqueror of Gaul might establish a throne upon the ruins of the public liberty, he would have instantly repelled the unjust insinuation. Yet Greece had fallen, Caesar had passed the Rubicon, and the patriotic arm even of Brutus could not preserve the liberties of his country! [….] Bonaparte […] laid the foundations of that vast fabric of despotism which overshadowed all Europe. […] Remember that Greece had her Alexander, Rome had her Caesar, England her Cromwell, France her Bonaparte, and, that, if we would escape the rock on which they split, we must avoid their errors.“37

Um die Freiheit der eigenen Republik zu erhalten, so Clay weiter, müsse man ein wachsames Auge auf die Exekutive haben und vor allem müsse darauf geachtet werden, dass militärische Gewalt immer legitimiert sei (public force). Clay beendete seine Rede mit dem nachdrücklichen Hinweis, sollte Jacksons Verhalten keinerlei negative Konsequenzen für diesen haben und spräche man ihm stattdessen sogar öffentlichen Dank aus und feiere ihn, so impliziere dies auch den Triumph der Insubordination – ein Triumph des Militärs über die zivilen Behörden, über den Kongress, über die Verfassung und schließlich über die Freiheit der Bürger.38 Clays eindringliche Erinnerung an den Untergang der vergangenen Staaten hat zwei Funktionen: Zum einen ist sie ein Verweis auf die Geschichte als mahnendes Exempel, zum anderen macht Clay sich die Rhetorik der Gründerväter zunutze. Die Aufzählung von Despoten wie Caesar und Cromwell stellt ein bewährtes und bekanntes Stilmittel dar, welches unter anderen bereits Washingtons Kritiker verwendet hatten.39 Clay fügt Napoleon Bonaparte hinzu, welcher erst wenige Jahrzehnte zuvor in Frankreich mithilfe des Militärs eine Alleinherrschaft errichtet hatte, bevor er 1815 endgültig verbannt wurde.40 Für die Amerikaner bestätigte Napoleons Beispiel erneut die Richtigkeit der Theorie vom Kreislauf der Verfassungen und dass Militärs für Republiken die größte Gefahr darstellen. So passte das Beispiel Napoleons ausgezeichnet in Clays Argumentation. Doch geht Clay noch einen Schritt weiter, indem er sich konkret auf eine Rede des berühmten Gründervaters Patrick Henry bezieht, welche zum Zeitpunkt der Seminole War Debate bereits in das kollektive Gedächtnis der jungen amerikanischen Republik eingegangen war. Henry hatte sich 1765 mit folgenden Worten gegen den Stamp Act ausgesprochen: „Tarquin and Caesar had each its Brutus, Charles the First his Cromwell, and George III [cries of ‚Trea37 Annals of Congress, 15th Congress, 2nd Session, S. 653 ff. 38 Annals of Congress, 15th Congress, 2nd Session, S. 654 f. 39 Vgl. S. 34. 40 Siehe zum Beispiel: Hunecke, Volker: Napoleon. Das Scheitern eines guten Diktators, Paderborn 2011.

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son!‘] may profit by their example — if this be treason, make the most of it.“41 Während Henrys Aufzählung im Kontext der amerikanischen Revolution darauf verweist, dass alle Tyrannen früher oder später gestürzt werden, passt Clay das Argument an und erinnert daran, dass alle Republiken früher oder später zwangsläufig dem Untergang geweiht sind.42 Clay zeichnet in seiner Rede folglich ein Schreckensszenario. In diesem ist die Republik durch einen neuen Caesar bedroht, welcher die Freiheiten und Gesetze der Republik beseitigen würde, wenn man Jackson nicht verurteile. Als Folge würde den USA dasselbe Schicksal bevorstehen wie den untergegangenen Republiken der Geschichte. Clay bezieht sich, wie Henry, auf die antike Theorie des Kreislaufs der Verfassungen und warnt, dass, historisch betrachtet, vergangene Republiken die Gefahr durch einen ambitionierten Militär zu spät erkannt hätten. Clay stellt somit in seiner Rede nicht nur einen Bezug zur Geschichte der Antike, sondern mit dem Verweis auf Henry auch eine direkte Verbindung zu den Gründervätern und den republikanischen Grundwerten der Vereinigten Staaten her, welche er durch die aktuellen Vorfälle bedroht sieht. Der Abgeordnete Henry Storrs aus New York griff in seiner Rede zum Seminole War Clays Argumentation auf und war der Ansicht, dass es die Aufgabe des Kongresses sei zu beurteilen, ob Jackson gegen die Verfassung verstoßen habe. Wäre dies der Fall, müsse man daraus Konsequenzen ziehen. Welche Motive Jackson dazu veranlasst hätten, sei dabei unwesentlich. Ebenso, so Storrs, dürfe man Jackson aufgrund seiner unbezweifelbaren Erfolge keineswegs erlauben, gegen die Verfassung zu verstoßen. Storrs gibt zu bedenken, dass jeder Tyrann, der erfolgreich die Freiheit seines Landes gestürzt, zuvor die Zuneigung des Volkes gewonnen habe. Dies gelang, wie bei Caesar und Napoleon, meist durch militärische Erfolge. Daraus folgert Storrs, dass es eine Frage des Selbsterhalts sei, Jackson zu verurteilen. Andernfalls könne man die Verfassung auch direkt einem „military chieftain“ opfern.43 Storrs verwendet, wenn er auf Caesar und Napoleon verweist, nicht nur die historischen Beispiele Clays, sondern benutzt ebenfalls den Begriff military chieftain. Im Gegensatz zu Clay, welcher nicht konkretisiert, wie in der Vergangenheit Militärs die Macht ergreifen konnten, verweist Storrs auf deren Popularität im Volk und bedient sich folglich des Ar41 Zitiert nach: Matthews, Lloyd J.: Patrick Henry’s “Liberty or Death” Speech and Cassius’s Speech in Shakespeare’s “Julius Caesar”, in: The Virginia Magazine of History and Biography, 86, 3 (Jul. 1978), S. 299-305. 42 Dass Clays Bezug zu Henry durchaus verstanden wurde, zeigt zum Beispiel die Rede von John Floyd aus Virginia, welcher explizit darauf verweist, dass Clay wohl Patrick Henry nachahme. Annals of Congress, 15th Congress, 2nd Session, S. 1117. 43 Annals of Congress, 15th Congress, 2nd Session, S. 740-754, S. 742 f.

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guments vom Volksverführer, welches bereits bei den antiken Autoren zu finden ist.44 Auch der Abgeordnete Philip Reed aus Maryland folgte in seiner Rede den Beispielen Henry Clays. „We are told, however, that this country has nothing to fear of our military commanders. This, sir, is the language that has been repeated in all countries. If, when Caesar was carrying on his wars against Britain, the question had been asked at Rome whether Caesar would overturn the liberties of his country, the answer would have been, (with the exception of Cato,) No; Caesar is the friend of his country!“ Im Folgenden nennt Reed ebenfalls die Beispiele Cromwell und Napoleon, bevor er zur amerikanischen Revolutionszeit übergeht und die Person George Washingtons als Kontrast zu genannten antiken Beispielen darstellt.45 Während Reed, wie zuvor auch Storrs, aus demselben Fundus an historischen Beispielen schöpft wie Henry Clay, argumentierte John Tyler aus Virginia hingegen mit anderen Verweisen auf die Antike. Auch er ist der Meinung, dass unabhängig davon, wie großartig Jacksons Taten in der Vergangenheit gewesen seien, diese keinesfalls einen Verstoß gegen die Verfassung erlaubten. Eine Republik müsse das Fehlverhalten ihres geliebten Sohnes tadeln, so wie es die Römer mit Manlius getan hätten. Die Gefahr für eine Republik gehe nicht von dem aus, den man verachte, da man gegen ihn immer gewappnet sei, so Tyler. Die eigentliche Bedrohung gehe immer von dem Liebling der Nation aus.46 Tylers Vergleich Jacksons mit Manlius verwundert zunächst, da dieser nicht in die sonst übliche Aufzählung von Militärdespoten zu passen scheint. Marcus Manlius Capitolinus ist vor allem für die Verteidigung des Kapitols bei der Plünderung Roms durch die Gallier 387 vor Christus bekannt. Jedoch soll er später mithilfe des einfachen Volkes nach der Königsherrschaft gestrebt haben, wofür er 384 vor Christus angeblich hingerichtet wurde.47 Tyler wählt Manlius daher wohl ganz bewusst, da er so erneut auf die potenzielle Gefahr verweisen konnte, dass das Volk von einem Kriegshelden verführt werden könnte. Jedoch zeigt dieses Beispiel auch, dass eine Republik manchmal ihre Helden opfern muss, um weiter 44 Vgl. S. 22-27. 45 Annals of Congress, 15th Congress, 2nd Session, S. 1061-1073, S. 1072. 46 Annals of Congress, 15th Congress, 2nd Session, S. 925-935, S. 925 f. 47 Überliefert ist die Geschichte unter anderem bei Plutarch. Dort fällt es den Römern schwer, Manlius zu verurteilen, da sein Verdienst allen ersichtlich war. Allerdings waren die Anschuldigungen so schwerwiegend, dass die Hinrichtung, außerhalb der Sichtweite des Kapitols, schließlich vollzogen wurde. Plutarch, Camillus, 36,5. Siehe auch: Livius, VI, 20; und: Cornell, T. J.: The Recovery of Rome, in: Walbank, F.W., u.a. (Hrsg.): The Rise of Rome to 220 B.C., Cambridge 1989, S. 309-350, S. 331 f.

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bestehen zu können. Während die Namen Caesar und Napoleon nur Assoziationen vom Scheitern der Republik hervorrufen, ist das Beispiel des Manlius positiv konnotiert: Wenn man Jackson verurteilt, so wie die Römer Manlius verurteilt haben, könne die Republik weiterbestehen. Somit wird Jackson implizit nicht die Rolle eines Tyrannen, sondern eher eines tragischen Helden zugesprochen. William Henry Harrison aus Ohio führte diesen Gedankengang in seiner Rede weiter.48 Auch er spricht sich entschieden dagegen aus, über Jacksons Fehltritt aufgrund seiner früheren Verdienste hinwegzusehen. Selbst wenn Jackson seinem Land treu ergeben sein sollte, sei dessen Verhalten dennoch falsch gewesen und deshalb müsse ein Exempel an ihm statuiert werden. Harrison erinnert des Weiteren daran, dass es manchmal notwendig sei, seine treuen Helden zu bestrafen, ungeachtet dessen, ob sie so angesehen seien wie die beiden erfolgreichen römischen Feldherren Scipio und Fabius Maximus aus der Zeit der Punischen Kriege.49 Nur ein solch konsequentes Verhalten könne die Republik vor der Gefahr durch potenzielle Militärdespoten wie Sulla oder Marius schützen.50 Harrison spricht sich somit dafür aus, Jackson im Zweifel präventiv zu verurteilen. Sogar wenn Jackson selbst keine Gefahr darstelle, so sein Argument, würde eine Nichtverurteilung einen Präzedenzfall schaffen, welcher im weiteren Verlauf der Geschichte zum Untergang der Republik führen könnte. Harrison bezieht sich bei seiner Argumentation auf die römische Republik in ihrer von Polybios beschriebenen Blütezeit beziehungsweise dem von ihm prophezeiten Wendepunkt.

48 Annals of Congress, 15th Congress, 2nd Session, S. 1012-1036. 49 Mit Scipio ist entweder der Hannibalbezwinger (236-183 vor Christus) oder der Zerstörer Karthagos (185-129 vor Christus) gemeint. Zu den Scipionen siehe zum Beispiel: Elvers, Karl-Ludwig: Art. Cornelius, in: Der Neue Pauly, 3 (1997), Sp. 178183. Zu Fabius Maximus siehe zum Beispiel: Elvers, Karl-Ludwig: Art. Fabius, in: Der Neue Pauly, 4 (1998), Sp. 372 f. 50 Sulla und Marius waren zwar zunächst militärisch für die römische Republik erfolgreich, hatten aber letztlich im ersten Jahrhundert vor Christus Schreckensherrschaften errichtet. Siehe zum Beispiel: Christ, Karl: Krise und Untergang der römischen Republik, 7. Auflage, Darmstadt 2010, S. 150-230.

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G REECE HAD ITS M ILTIADES – D IE R EPUBLIK OPFERT IHRE H ELDEN

UNDANKBARE

Während im Kongress die Debatte um den Seminole War an Intensität zunahm, verfolgte Andrew Jackson auf Anraten seiner Freunde, welche – wie sich zeigen sollte zu Recht – fürchteten, sein aufbrausendes Temperament könnte der Sache vor Ort schaden, die Vorkommnisse in Washington zunächst von seinem abgeschiedenen Landsitz Hermitage in Tennessee aus.51 Aufgebracht durch die Anschuldigungen seiner Gegner, ließ Jackson sich allerdings nur schwer beruhigen, da er der festen Überzeugung war, er habe auftragsgemäß den Konflikt in Florida zügig und legitim beendet. Jackson betonte, es sei schier unmöglich, dass er gegen die Verfassung verstoßen habe, da er sich außerhalb der Grenzen der USA befunden habe und seine Gegner keine amerikanischen Staatsbürger gewesen seien.52 Neben dieser eigenwilligen Gesetzesauslegung erklärte Jackson zudem, dass es unabdingbar sei, dass die Vereinigten Staaten Pensacola behielten, um in Zukunft Konflikte mit Spanien zu vermeiden. An seinem Vorgehen in Florida bedauere er zudem nur, den spanischen Gouverneur nicht gehängt zu haben.53 Letztlich ließ es sich Jackson nicht nehmen, die Angelegenheit doch selbst vor Ort in die Hand zu nehmen und er machte sich auf den Weg nach Washington.54 Drei Tage nach Clays Rede erreichte Jackson die Hauptstadt und war außer sich: „I fortunately arived here in time to explode one of the basest combinations ever formed, the object not to destroy me but the President of the u[nited] states, and to wound my reputation and feelings.“55 Nicht nur Jackson witterte ein Komplott gegen den Präsidenten, in welchem er als Bauernopfer fungieren sollte, sondern auch seine Fürsprecher im HoR vertraten diese Sichtweise. Im direkten Anschluss an Henry Clay sprach dort Richard M. Johnson, Mitglied des House Committee on Military Affairs und Befürworter des Jackson-freundlichen Minderheitsberichts. Johnson verteidigte in seiner Rede Jacksons Verhalten vehement und erinnerte unter anderem daran,

51 Heidler, David S./Heidler, Jeanne T.: Old Hickory’s War, Andrew Jackson and the Quest for Empire, Mechanicsburg 1996, S. 210, im Folgenden zitiert als: Heidler: Old Hickory’s War. 52 To General Francis Preston, 2. Februar 1819, in: Bassett: Correspondence of Andrew Jackson, 2, S. 409 f. 53 Heidler: Old Hickory’s War, S. 205. 54 Remini: Jackson, 1, S. 371. 55 To Andrew J. Donelson, 31. Januar 1819, in: Bassett: Correspondence of Andrew Jackson, 2, S. 408 f.

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dass George Washington während seiner Präsidentschaft ebenfalls ohne Autorität des Kongresses Krieg gegen Indianer geführt habe.56 Zudem müsse man Generälen zutrauen, im Feld die richtigen Entscheidungen zu treffen. Wenn man sich vor Militärs fürchte, dürfe man keine Armee haben. Johnson fragt: „Is it […] of the Caesars, the Philips and the Cromwells alone we have reason to be afraid? Let us rather avoid the treatment of an ungrateful country to Belisarius – let us avoid the example of the banishment of Aristides – let us rather fear to take from our aged warrior the only recompense he asks or can receive for his services – the gratitude of his country.“57 Er stimme Clay zu, so Johnson weiter, dass Jackson in der Tat nach dem Motto: „He came, he saw, he conquered!“ vorgegangen sei. Situationsbedingt habe Jackson aber völlig richtig und zum Wohle der Republik gehandelt. Die USA sollten sich glücklich schätzen, mit Jackson einen General mit der Tatkraft und dem militärischen Genie eines Caesar oder Napoleon an der Spitze ihrer Armee zu haben. Jackson sei zu Recht von der Exekutive für sein Vorgehen in Florida nicht zur Rechenschaft gezogen worden. Die Bürger der Vereinigten Staaten würden Jacksons Verhaltensweise ebenso wenig missbilligen und der Kongress hoffentlich auch nicht. Wenn man, statt vehement gegen seine Feinde vorzugehen, lieber Überfälle an den eigenen Grenzen zulassen würde und damit die Vandalen und Goten einladen wolle, die Schwäche des Staates auszunutzen, nur dann müsse man Jackson verurteilen, so Johnson.58 Johnson argumentiert somit, dass es für die Republik zwar potenziell gefährlich sein könne, das Fehlverhalten militärisch talentierte Männer nicht zu ahnden. Doch stelle eine Bestrafung ebenfalls eine Gefahr für die Republik dar, wenn nämlich diese Männer nur zum Wohle des Staates gehandelt hätten. Der Versuch, Jackson zu verurteilen, zeigt nach Johnsons Ansicht nur, dass es riskant sei, Verantwortung im Dienst für die Nation zu übernehmen. Er benennt dabei zwei Beispiele aus der Antike: Zum einen verweist Johnson auf den oströmischen Feldherrn Belisarius, welcher im 6. Jahrhundert nach Christus die Vandalen und Goten besiegt hatte, allerdings von Kaiser Justinian ohne einen Triumphzug abberufen wurde.59 Zum anderen nennt er den athenischen Heerführer 56 Gemeint sind die Auseinandersetzungen mit den Cherokee-Indianern zwischen 17831794. 57 Annals of Congress, 15th Congress, 2nd Session, S. 655-674, 668. 58 Annals of Congress, 15th Congress, 2nd Session, S. 672. 59 Das Belisariusbild war für Johnson und seinen Zeitgenossen überaus positiv. In Gibbons populärem Werk The History of the Decline and Fall of the Roman Empire wird der beim Volk sehr beliebte Belisarius nur aus Neid von seinem Kaiser abberufen. Siehe: Gibbon, Edward: The History of the Decline and Fall of the Roman Empire,

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Aristides, welcher unter anderem bei der Schlacht von Marathon 490 vor Christus eine zentrale Rolle spielte, später aber unter dem Vorwand, eine Alleinherrschaft errichten zu wollen, verbannt wurde.60 Johnson nennt in seiner Rede auch Napoleon und stellt ihm Belisarius und Aristides als Vorbilder entgegen. Somit widerspricht Johnson eindrucksvoll Clays Topos einer Gefahr für die Republik durch einen military chieftain. Auch mit dem Verweis auf die Vandalen und Goten (beide Völker hatten im 5. Jahrhundert nach Christus Rom geplündert61) vergleicht Johnson nicht nur die USA mit der antiken Metropole, sondern stellt einen Bezug zur jüngsten amerikanischen Geschichte her, denn es ist anzunehmen, dass Johnson auf den Krieg mit den Briten und die Niederbrennung großer Teile von Washington D.C. 1814 anspielt. Die Briten wurden in Folge von den Amerikanern als unzivilisiert beschrieben und mit den Vandalen verglichen.62 Folglich hatte Jackson mit seinem Sieg über die Briten bei New Orleans die Stadt vor den „Vandalen“ gerettet, wie auch der Danksagung der Legislative von Ohio an Jackson zu entnehmen ist.63 Damit passt auch der Vergleich von Jackson und Belisarius perfekt, da es letzterem gelungen war, die Goten und Vandalen zu besiegen.64 Johnsons Argumentationsweise wurde auch von weiteren JacksonVerteidigern wie Alexander Smyth aus Virginia aufgenommen und modifiziert.65 Smyth führt an, dass die eigenen Feldherren von der Legislative verurteilen zu lassen, „a novel proceeding“ sei, denn die Römer zu Zeiten der Republik hätten New York 1906, Kap. 41 und 43, im Folgenden zitiert als: Gibbon: Decline and Fall of the Roman Empire. 60 Plutarch nennt als Motiv für Aristides᾽ Verbannung Neid. Schon bei Herodot erhält Aristides den Beinamen „der Gerechte“. Plutarch, Aristeides, 7. Siehe auch: SteinHölkeskamp, Elke: Art. Aristeides, in: Der Neue Pauly, 1 (1996), Sp. 1094 f. 61 Die Vandalen hatten Rom unter ihrem König Geiserich 455 nach Christus, die Goten unter Alarich bereits 410 nach Christus geplündert. Auch diese Ereignisse waren den gebildeten Zeitgenossen Johnsons durch Werke wie dem von Gibbon bekannt, welcher diese Ereignisse ausführlich beschreibt. Gibbon: Decline and Fall of the Roman Empire, Kap. 31 und 36. 62 Siehe zum Beispiel: Dedham Gazette, 20. Januar 1815, oder auch: Boston Daily Advertiser, 12. Oktober 1814. 63 A Card (from the Ladies of New Orleans), 3. Januar 1815, Andrew Jackson Papers, 1775-1874, Library of Congress. 64 Johnson, der wie Clay Kentucky im HoR repräsentierte, widersprach Clay somit in ungewohnter Weise in aller Deutlichkeit, wie bereits Zeitgenossen feststellten. Heidler: The Politics of National Aggression, S.514. 65 Annals of Congress, 15th Congress, 2nd Session, S. 674-703.

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ihre Heerführer sogar bei Niederlagen gut behandelt. Als Beispiel nennt er die Ereignisse nach der schweren Niederlage gegen Hannibal bei Cannae 216 vor Christus. Der geschlagene Feldherr sei, obwohl er den Staat an den Rand des Abgrunds getrieben habe, vom römischen Senat nicht verurteilt worden, sondern habe stattdessen Dankbarkeit erfahren. Das zerstörte und degenerierte Karthago hingegen habe Hannibal dem Hass der Römer ausgeliefert.66 Um seine Argumentation zu verdeutlichen, vergleicht Smyth im Folgenden Jackson mit Marcus Furius Camillus.67 Dieser war im 4. Jahrhundert vor Christus aufgrund seiner großen militärischen Verdienste und seines tugendhaften Verhaltens auch als „zweiter Gründer Roms“ gefeiert worden, wurde zwischenzeitlich jedoch verbannt.68 Auf die Vereinigten Staaten übertragen, kann George Washington als „erster Gründer“ angesehen werden. Folglich rückt der Vergleich Jacksons mit Camillus ersteren in das Licht eines „zweiten Washington“, der durch die Schlacht von New Orleans die Heimat gerettet hatte. Wie in Johnsons Rede wird Jackson auch von Smyth als genialer Feldherr und gleichzeitig als Opfer stilisiert. Wenn man, so die Logik von Smyth, sich am Vorbild der römischen Republik orientiere, dürfe man Jackson nicht verurteilen. Die Römer hätten schließlich nicht einmal gescheiterte Feldherren verurteilt, geschweige denn erfolgreiche Militärs, wie es der Kongress mit Jackson vorhabe. Wenn man Jackson verurteilen würde, verhielte man sich folglich keineswegs wie die Römer, die ver66 Annals of Congress, 15th Congress, 2nd Session, S. 700. Smyth bezieht sich hier wahrscheinlich auf Livius, welcher am Ende seines XXII. Buches das römische Verhalten nach der schweren Niederlage bei Cannae 216 vor Christus beschreibt. Dort heißt es: „Gerade in der Stunde der Not beseelte die Bürger eine so erhabene Gesinnung, dass sehr viele Menschen aller Stände dem Konsul bei seiner Rückkehr trotz einer so schweren Niederlage, für die er selbst doch einen beachtlichen Teil der Verantwortung trug, entgegengingen und ihm dafür dankten, dass er den Staat nicht ganz aufgeben habe. Als Heerführer Karthagos hätte er jede Art von Strafe gewärtigen gehabt.“ Livius, XXII, 62, 14-15; Übersetzung von: Hans Färber/Max Faltner (Hrsg.), München 1974. 67 „And shall we see him depart from this city in disgrace; censored and dismissed from office by Congress; and, like Camillus, imploring heaven so to direct human affairs, that his country may never have occasion to regret her treatment of him? No; it cannot be!“ Annals of Congress, 15th Congress, 2nd Session, S. 703. 68 Livius, VII. 1,8-1,10. Camillus wird bei Livius als tugendhaftes republikanisches Vorbild dargestellt und kontrastiert das Verhalten des Manlius Capitolinus. Siehe hierzu: Burck, Erich: Die Gestalt des Camillus, in: Burck, Erich (Hrsg.): Wege zu Livius, Darmstadt 1987, S. 310-328, Camillus als zweiter Gründer Roms auch bei: Plutarch, Camillus, 1.

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suchten ihre Republik zu schützen, sondern im Gegenteil: Die USA wären dann nicht besser als das degenerierte und zerstörte Karthago, welches unterging, nachdem Hannibal aus Furcht und Neid von seinen Gegnern zunächst nach Karthago zurückgerufen und später aus der Stadt verbannt worden war.69 George Poindexter aus Indiana beendete seine Rede im Kongress ebenfalls mit dem Verweis auf die Antike: „Greece had its Miltiades, Rome her Bellisarius, Carthage her Hannibal, and, may we, Mr. Chairman, profit by the example!“70 Neben den bereits zuvor genannten Belisarius und Hannibal ergänzt Poindexter somit die Aufzählung um die Person des Miltiades. Dieser hatte wie Aristides entscheidenden Anteil an dem Sieg der Athener bei der Schlacht von Marathon und wurde später aus Furcht, er wolle eine Alleinherrschaft etablieren, aus fadenscheinigen Motiven verurteilt und starb im Gefängnis.71 Der Stil von Poindexters Aufzählung verweist nicht nur auf Patrick Henrys Stamp Act Rede, sondern greift die Anspielung von Henry Clay wieder auf, um dessen Interpretation und Argumentation zu widerlegen. Poindexter bedient sich somit ebenfalls 69 Das Argument des Neids, welches Hannibal zum Scheitern verurteilte, taucht ebenfalls bei Livius auf. Dieser beschreibt Hannibals angebliche Reaktion, als dieser erfuhr, dass er nach Karthago zurückberufen wurde: „Jetzt rufen mich [Hannibal] die, die mich durch das Verbot, mir Ersatz und Geld zu schicken, schon längst zur Rückkehr zu nötigen suchten, nicht mehr versteckt, sondern offen zurück. Den Sieg über Hannibal hat also nicht das römische Volk errungen, das so oft niedergemetzelt und in die Flucht gejagt wurde, sondern der Senat von Karthago durch seine Eifersucht und Mißgunst.“ Livius, XXX, 20; Übersetzt von Hans Jürgen Hillen, Mannheim 1994. 70 Annals of Congress, 15th Congress, 2nd Session, S. 936-985, Zitat auf S. 984 f. 71 Als Quelle diente Poindexter hier vermutlich Cornelius Nepos, welcher den wahren Grund für Militiades Schicksal zu kennen glaubte. Dort heißt es: „Wenn auch wegen des Paros-Verbrechens Anklage gegen ihn erhoben worden war, so gab es doch eigentlich einen anderen Grund für seine Verurteilung. Denn die Athener hatte wegen des Tyrannen Peisistratos, der wenige Jahre zuvor noch geherrscht hatte, große Angst vor dem Machtzuwachs aller ihrer Bürger. Miltiades schien für sie nicht ein Privatmann sein zu können, da er bereits lange Zeit Militär- und Zivilämter innehatte, zumal er durch seine Gewöhnung daran große Lust an der Macht zu bekommen schien. [….] Er stand in großem Ansehen bei allen Völkern, hatte einen berühmten Namen und genoss aufgrund seiner militärischen Fähigkeiten höchstes Ansehen. Sein Volk wollte ihn aber, dieses genau abwägend, lieber unschuldig büßen lassen als länger in Furcht zu leben.“ Cornelius Nepos: Berühmte Männer/De viris illustribus, Miltiades, Kap. VIII, Pfeiffer, Michaela (Hrsg.), Düsseldorf 2006. Zu Miltiades᾽ Biographie siehe: Kinzl, Konrad: Art. Miltiades der Jüngere, Sieger der Schlacht von Marathon, in: Der Neue Pauly, 8 (2000), Sp. 192 f.

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der Anti-These zu Clays Topos der Gefahr für die Republik durch einen military chieftain, indem er den antiken Typus des ungeliebten Helden des Vaterlandes, welcher aus Furcht und Neid in ungerechtfertigter Weise in Ungnade fällt, für Jackson verwendet. Wie andere Befürworter Jacksons vergleicht auch George Strother aus Virginia in seiner Rede Jacksons militärische Fähigkeiten mit denen Caesars und konnotiert den Ausspruch „Veni! Vidi! Vici!“ ebenfalls positiv.72 Strother vertritt jedoch die Ansicht, dass Clays historische Verweise auf Caesar, Cromwell und Alexander nicht auf die eigene Republik übertragbar seien. Cromwell sei durch die Bigotterie der Nation an die Macht gelangt, nicht durch die Macht seiner Soldaten. Alexander der Große sei bereits in die Tyrannei hineingeboren worden und konnte die griechischen Republiken erobern, da diese durch internen Zwist bereits zuvor paralysiert gewesen seien. Caesar habe ein korruptes Rom vorgefunden, mit einer Regierung, welche ohnehin bereits am Ende gewesen sei. Im Gegensatz zu den USA habe Rom keinen politischen Jungbrunnen gekannt und sei daher zu Caesars Zeit bereits so degeneriert gewesen, dass auch durch dessen Ermordung die Republik nicht mehr gerettet werden konnte. Zwar ist Strother der Ansicht, dass das von den Gründervätern etablierte System sich als beständiger erweisen würde als die antiken Republiken, doch sieht er die Zukunft der eigenen Republik keineswegs als gesichert an. Er erinnert daran, dass niederträchtiger Faktionalismus und Verrat erst den Grundstein für die Machtergreifung von Militärdespoten gelegt hätten. Wie Smyth nennt Strother ebenfalls Karthago als Negativbeispiel: Es sei ein karthagischer Senator voller Neid und Missgunst gewesen, der den karthagischen Senat dazu gebracht habe, dem unbesiegten Patrioten Hannibal jegliche weitere Unterstützung zu versagen. Dadurch sei Rom zum Sieg geführt und Karthago der Zerstörung preisgegeben worden, so Strother.73 Eindringlich mahnt er zum Ende seiner Rede: „Give not to America a Bellisarius, nor permit the historian, with his immortal pen, to inscribe the name of another Aristides upon his page! Sir, upon every view in this subject, I shall vote against the resolutions!“74 Strother verwendet in seiner Rede mit Hannibal, Belisarius und Aristides einmal mehr dieselben Beispiele wie Johnson und Smyth, um die Argumente der Jackson-Gegner zu entkräften. Mithilfe dieser Rhetorik greift Strother auch Henry Clay an. Der Verweis auf den karthagischen Senator, welcher Hannibal die Unterstützung entzogen habe, ist offensichtlich 72 Annals of Congress, 15th Congress, 2nd Session, S. 832-850, S. 844. 73 Gemeint ist vermutlich Hanno, welcher bei Livius als Gegenspieler Hannibals im karthagischen Senat dargestellt wird. Letztlich wird Hannibal gegen seinen eigenen Willen abberufen. Livius, XXX, 20. 74 Annals of Congress, 15th Congress, 2nd Session, S. 848 ff.

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sinnbildlich an Clay gerichtet. Somit wirft er diesem indirekt vor, aus Neid und Missgunst selbst den Untergang der eigenen Republik herbeizuführen. Mit seiner Warnung vor corruption und Faktionalismus als eigentliche Gefahr für die Republik knüpft Strother nicht nur an die Rhetorik der Federalists an, sondern verweist auch indirekt auf Polybios. Dieser hatte den Machthunger einzelner wohlhabender Individuen und deren Willen, das Volk zu korrumpieren, als Vorstufe zu Bürgerkrieg und Gewaltherrschaft beschrieben.75 Deutlicher als seine Vorredner bringt Strother somit zum Ausdruck, dass eine Verurteilung Jacksons eine Gefahr für die Republik bedeute. Er argumentiert, dass dadurch nicht nur das Land gegenüber äußerer Gefahren geschwächt würde. Sollte es Clay gelingen, eine Verurteilung Jacksons herbeizuführen, wäre dies zudem ein Zeichen dafür, dass die von den Gründervätern etablierte Republik bereits jetzt durch Faktionalismus bedroht sei. John Floyd aus Virginia betonte in seiner Rede ebenfalls, dass die von Jacksons Gegnern aufgezählten Staaten bereits zuvor dem Untergang geweiht gewesen seien, ehe sie von Despoten erobert wurden. Caesar sei erst nach Rom zurückgekehrt, als sich die Faktionen in der Stadt gegenseitig bekämpft hätten und Entscheidungen nur noch mit dem Schwert getroffen werden konnten. In England trage das Parlament die Schuld am Bürgerkrieg und Cromwell habe lediglich für die stärkere Faktion Partei ergriffen, um den Frieden wiederherzustellen. Auch das Chaos der Französischen Revolution tauge nicht als Beispiel für den Sturz eines funktionierenden Systems, denn auch dort sei es die Unaufrichtigkeit einflussreicher Politiker gewesen, welche das Land in die Revolution getrieben habe. Floyd betont, dass er kein Beispiel aus der Geschichte kennen würde, in dem ein Militär in seine Heimat zurückgekehrt sei und deren gefestigten Institutionen zu Fall gebracht habe. Daher bestünde auch kein Grund zur Besorgnis vor einem „successful chieftain“, auch wenn dieser noch hunderte von Siegen wie den von New Orleans erringen sollte. Wenn, dann würde die Freiheit im Kongress durch die verräterische Eloquenz und den Stolz und Ehrgeiz eines aufstrebenden Demagogen geopfert.76 Floyd verwendete somit Clays Beispiele, interpretiert aber die Geschichte auf seine Weise und macht erneut auf den Kreislauf der Verfassungen aufmerksam. Er erinnert daran, dass die Republiken zunächst durch Faktionalismus und Anarchie gespalten waren, bevor schließlich ein Militärdespot die Macht übernahm und eine Monarchie etablierte. Für Floyd geht die Gefahr für die Republik daher nicht von Jackson aus, sondern vielmehr von aufstrebenden Demagogen wie Henry Clay, der die USA in Faktionalismus und einen Bürgerkrieg treiben würde. 75 Polybios, VI, 9.4-9.9. 76 Annals of Congress, 15th Congress, 2nd Session, S. 1104-1118, S. 1116 ff.

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Auch der Abgeordnete Henry Baldwin aus Pennsylvania verweist darauf, dass in der Debatte um den Seminole War gerne auf den Untergang vergangener Republiken durch Militärdespoten verwiesen würde. Dabei würde aber außer Acht gelassen, dass diese Republiken bereits soweit im Chaos von Banden, Faktionalismus und Aufruhr versunken gewesen seien, dass selbst eine Militärdiktatur als Segen erschien. Auch ließe man die Namen derjenigen unerwähnt, welche sich um ihr Land verdient gemacht hätten, sich selbst allerdings nicht verteidigen konnten, wodurch sie dem Neid ihrer eigenen Landsleute zum Opfer fielen, die es nicht ertragen konnten, immer im Schatten des Ruhmes anderer Männer zu stehen.77 Ohne konkrete antike Beispiele zu nennen, verweist auch Baldwin auf den Kreislauf der Verfassungen und verwendet ebenfalls, wie die weiteren Verteidiger Jacksons, das Argument des ungeliebten Helden. David Walker aus Kentucky argumentiert in seiner Rede hingegen, dass die USA durchaus aus den Fehlern der vergangenen Republiken gelernt hätten. Im Gegensatz zu den anderen Rednern sieht er keine aktuellen inneren Gefahren für die Republik. Er vertritt die Meinung, dass man sich nicht vor einem neuen Philipp von Makedonien, Caesar, Bonaparte oder Cromwell zu fürchten brauche, denn im Gegensatz zu den USA hätten die untergegangenen Republiken über keinerlei repräsentatives Organ verfügt, in dem sich der gesamte Volkswille indirekt ausdrücke. In der Antike, so Walker, fand das demokratische Element lediglich in Volksversammlungen, an denen nur die verarmte und leicht beeinflussbare Stadtbevölkerung teilnahm, Ausdruck. Man müsse sich daher in den Vereinigten Staaten nicht vor einem plötzlichen Verlust der Freiheit fürchten. Dies sei ohnehin ein Prozess und würde vielmehr durch die ungleiche Verteilung von Landbesitz und durch „moneyed aristocracies and land monopolies“ in Gang gesetzt.78 Diese Gefahr dürfe man zwar grundsätzlich nicht unterschätzen, so Walker, jedoch bestünde sie für die USA aktuell noch nicht. Eine Verurteilung Jacksons, um die Republik zu schützen, sei daher nicht notwendig, sondern würde im Gegenteil ein fatales außenpolitisches Signal an England und Spanien senden, welche eine Verurteilung sicher als Zeichen der Schwäche interpretieren würden. Wie andere Jackson-Verteidiger beendet auch Walker seine Rede mit dem Verweis auf die Antike: „Jackson’s laurels can never scatter the seed that may hatch some future Tarquin, to wound the tender breast of some chaste Lucretia.“79 Walker, vermutlich Livius folgend, bezieht sich dabei auf die Geschichte des älteren Lucius Iunius Brutus, welcher sich nach der Vergewaltigung

77 Annals of Congress, 15th Congress, 2nd Session, S. 1038-1061, S. 1052. 78 Annals of Congress, 15th Congress, 2nd Session, S. 1006-1012, S. 1007 f. 79 Annals of Congress, 15th Congress, 2nd Session, S. 1012.

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Lucretias durch den Königssohn Tarquinius offen gegen die Monarchie stellte.80 In der Gegenüberstellung von Jackson und Tarquinius betont David Walker somit nochmals, dass für ihn Jacksons Verhalten keine Gefahr für die Republik darstellt. Er argumentiert in seiner Rede im Sinne der Federalists, welche wie bereits Aristoteles den Untergang von Staaten in Faktionen und in unterschiedlichen Besitzverhältnissen begründet sahen, verweist aber auch auf das HoR als Sicherungsmechanismus, da in diesem Volksvertreter aus dem ganzen Land die jeweiligen Interessen der Bevölkerung wahrnehmen.81 Der Abgeordnete Felix Walker aus North Carolina erklärte, Clay habe zwar Usurpatoren von den Zeiten Caesars bis hin zu Bonaparte angesprochen und mit diesen Beispielen selbst vor dem geringsten Anflug militärischer Macht gewarnt, allerdings seien diese Beispiele unglücklich gewählt. Caesars Überquerung des Rubikon könne keineswegs als Anspielung auf Jacksons Grenzüberschreitung nach Florida dienen. Im Gegensatz zu Caesar sei Jackson nach Florida gegangen, um die Freiheit und Interessen seines Landes zu verteidigen, nicht um sie zu zerstören. Er habe dies weder aus militärischer Abenteuerlust noch aus Ruhmsucht oder Eroberungsdrang getan und habe sich auch nicht zum obersten Feldherrn der spanischen Besitzungen ernannt. Andrew Jackson verdiene daher die Anerkennung seines Landes für seine Leistungen.82 Anstatt also den grundsätzlichen Vergleich Jacksons mit Personen der Vergangenheit anzunehmen, widerlegt Walker relativ einfach Clays Vergleich zwischen Caesar und Jackson, indem er auf die historische Person und nicht auf den Topos eingeht. Ähnlich argumentierte auch James Erving aus South Carolina in seiner Rede vom 8. Februar 1819. Hierbei handelt es sich zugleich um die letzte Rede in der 80 Livius, I, 58-60 und Müller, Christian: Art. Tarquinius, in: Der Neue Pauly, 12/1 (2002), Sp. 31-34. 81 Im Federalist No. 10 von James Madison heißt es: „But the most common and durable source of factions has been the various and unequal distribution of property. Those who hold and those who are without property have ever formed distinct interests in society. Those who are creditors, and those who are debtors, fall under a like discrimination. A landed interest, a manufacturing interest, a mercantile interest, a moneyed interest, with many lesser interests, grow up of necessity in civilized nations, and divide them into different classes, actuated by different sentiments and views. The regulation of these various and interfering interests forms the principal task of modern legislation, and involves the spirit of party and faction in the necessary and ordinary operations of the government.“ Federalist Papers, No. 10 & No. 51 (1787-1788), National

Archives

and

Records

Administration,

doc.php?flash=true&doc=10&page=transcript. 82 Annals of Congress, 15th Congress, 2nd Session, S. 850-855.

www.ourdocuments.gov/

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Debatte um den Seminole War vor der Abstimmung über die Resolutionen.83 Erving macht deutlich, dass er die gegen Jackson erbrachten Vorwürfe und den Bezug auf den Untergang der anderen Republiken durch Militärdespoten als scheinheilig erachte.84 Es werde behauptet, Jackson stelle wie ein neuer Caesar oder Cromwell eine Gefahr für die Republik dar. Sollten Jacksons Gegner dies belegen können, würde dies Jacksons augenblicklichen Untergang bedeuten, denn anstelle von nur einigen Verschwörern, wie in Caesars Fall, würde dann das ganze Volk sich gegen ihn erheben. Jackson würde dann keine Gelegenheit zu einem „et tu Brute!“85 haben, denn Tausende und Abertausende würden versuchen ihn zu töten und ihr Land zu befreien. Diese Beweise gegen Jackson gebe es aber nicht. Des Weiteren vergleicht Erving das Verhalten Jacksons mit dem Caesars und Philipps und er kann ebenfalls keine Parallelen feststellen. Statt seine Reputation zu verteidigen, verbeuge sich Jackson in aller Stille und bleibe aus Respekt der Halle der Beratungen fern.86 Erving beschreibt somit in seiner Rede die US-Republik als intakt und ihre Bürger als tugendhaft. Mit dem Argument einer angebliche Zurückhaltung, trotz der Diskreditierung durch seine Gegner, versucht Erving ebenfalls das Bild des ungeliebten Helden auf Jackson zu projizieren, um so den Vorwurf, dieser verhalte sich wie ein Despot, zu entkräften. Ervings Beschreibung von Jacksons Verhalten entsprach jedoch keineswegs den Tatsachen, denn dieser war alles andere als still und respektvoll. Gleich nach seiner Ankunft in Washington D.C. veranlasste Jackson eine Zeitungskampagne gegen Clay und schwor, sich nach der Kongressdebatte mit ihm zu duellieren (wozu es jedoch nie kam). Darüber hinaus soll Jackson versucht haben, Kongressmitglieder einzuschüchtern und in einem Fall sogar angeblich damit gedroht haben, einem Senator die Ohren abzuschneiden.87 Dieses Vorgehen Jacksons verstärkte folglich die Argumente seiner Gegner, der General führe sich wie ein Tyrann auf, der gestoppt werden müssee, so lange es noch möglich war. 83 Annals of Congress, 15th Congress, 2nd Session, S. 1118-1132. 84 Annals of Congress, 15th Congress, 2nd Session, S. 1121. Auch James Tallmadge argumentiert in seiner Rede ähnlich. Annals of Congress, 15th Congress, 2nd Session, S. 710-740, S. 733 f. 85 Hierbei handelt es sich um den berühmten Ausspruch Julius Caesars aus dem gleichnamigen Stück Shakespeares, als Caesar erkennt, dass auch Brutus zu den Verschwörern gehört (3. Akt. 1. Szene). Der Ausspruch ist historisch nicht belegt. Nach Sueton habe Caesar auf Griechisch gesagt: „Auch du, mein Sohn?“ Sueton, Die Kaiserviten, Caesar, Kap. 82; Martinet, Hans (Hrsg.), Düsseldorf/Zürich 1997. 86 Annals of Congress, 15th Congress, 2nd Session, S. 1131 f. 87 Heidler: Old Hickory’s War, S. 218.

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F OLGEN DER S EMINOLE W AR D EBATE Insgesamt sprachen 32 Abgeordnete in der Seminole War Debate. Dabei verwendeten fünf Redner das Beispiel von vergangenen Republiken, vor allem aus der Antike, um für eine Verurteilung Jacksons zu argumentieren. Doppelt so viele Abgeordnete verteidigten hingegen mithilfe der Antike dessen Vorgehen und das der Monroe Administration.88 Für die Jackson-Gegner war dessen Verurteilung aus verschiedenen Gründen notwendig: Zunächst, um die potenzielle Gefahr durch einen Militär zu bannen, welcher angeblich nach der Macht im Staat strebte. Jackson wird direkt und indirekt mit Julius Caesar, Philipp von Makedonien beziehungsweise Alexander dem Großen, Marius, Cromwell und Napoleon Bonaparte verglichen. Alle diese Namen haben gemein, dass sie offensichtlich als festgefügter Typus als Synonym für den Übergang einer verfassungsrechtlichen Ordnung in eine unrechtmäßige Alleinherrschaft durch einen populären Militär stehen. Doch auch wenn Jackson selbst keine Gefahr darstellen sollte, so sei es der Präzedenzfall, der früher oder später dazu führen würde, dass ein anderer Militär die Republik zerstört, so Jacksons Kritiker. Allerdings war es ihrer Ansicht nach noch nicht zu spät, diese Gefahr zu bannen. John Tyler verdeutlicht dieses Argument weiter, wenn er auf das quasi positive Beispiel des Manlius verweist. Durch eine Verurteilung

88 Redner welche sich klar als Gegner Jacksons kategorisieren lassen: Henry Clay of Kentucky, Henry Storrs of New York, Charles F. Merce of Virginia, Edward Colston of Virginia, Joseph Hopkins of Pennsylvania (dieser stimmte nicht für die Resolution, ist aber durch den Inhalt seiner Rede deutlich als Jackson-Gegner auszumachen), John Tyler of Virginia, Timothy Fuller of Massachusetts, William Henry Harrison of Ohio, Philip Reed of Maryland, Thomas S. Williams of Connecticut. Redner welche sich klar als Verteidiger Jacksons kategorisieren lassen: Richard M. Johnson of Kentucky, Alexander Smyth of Virginia, Francis Jones of Tennessee, James Tallmadge of New York, James Barbour of Virginia, Lemuel Sawyer of North Carolina, George Strother of Virginia, Felix Walker of North Carolina, John Rhea of Tennessee, Richard Anderson of Kentucky, Hugh Nelson of Virginia, George Poindexter of Mississippi, David Walker of Kentucky, Henry Baldwin of Pennsylvania, Joseph Desha of Kentucky, John Floyd of Virginia, James Ervin of South Carolina. Antikebezug bei den Jackson-Gegnern zu finden bei: Henry Clay, Henry Storrs, John Tyler, William Henry Harrison, Philip Reed. Antikebezug bei Jacksons Verteidigern: Richard M. Johnson, Alexander Smyth, James Tallmadge, George Strother, Felix Walker, Hugh Nelson, George Poindexter, David Walker, Henry Baldwin, John Floyd.

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Jacksons würde die Folgegeneration der Gründerväter beweisen, dass sie nach wie vor die Lehren der antiken Autoren nicht vergessen hatte und die Geschichte der untergegangenen Republiken weiterhin als mahnendes Exempel diente. Somit würde auch bewiesen, dass die eigene Republik nach wie vor in ihrer Blüte stand. Diese Argumentationsweise zeigt, dass bei den Akteuren weiterhin ein zyklisches Weltbild vorherrschte. Doch entwickelte sich der Diskurs, welcher ebenso als ideologische und kulturelle Klammer zwischen den Gründervätern und der Folgegeneration fungierte, auch weiter. So war Jackson vor Clays Rede kaum mit Julius Caesar oder anderen antiken Personen in Verbindung gebracht worden. In den wenigen Verweisen die vor der Seminole War Debatte existierten, ist die Verbindung immer positiv konnotiert.89 Jackson wurden zwar, wie die Artikel von Algernon Sydney zeigen, bereits zuvor despotische Tendenzen unterstellt, jedoch erst der direkte Vergleich zwischen Jackson und Militärdespoten wie Caesar schufen das Bild des antirepublikanischen Andrew Jackson, des military chieftain, welches sich in den Folgejahren manifestieren sollte. Jacksons Verteidiger sahen in dem General hingegen ein Opfer von Neid und Intrigen. Den Despoten, mit denen Jackson von seinen Gegnern verglichen wird, wird daher Belisarius, Aristides, Miltiades, Hannibal und Camillus gegenübergestellt. Alle von Jacksons Verteidigern genannten Personen waren gleichzeitig auch große Feldherren der Antike, so dass Jackson, in deren Tradition gestellt, ebenfalls in die Nähe eines militärischen Genies gerückt wurde. Den Bezug zu Caesar und Napoleon nahmen die Jackson-Verteidiger in militärischen Kontext daher gerne an. Mehrmals wird in der Debatte auf das Caesar-Zitat Veni, vidi, vici! verwiesen. Während es von Clay im negativen Kontext benutzt wurde, diente es Jacksons Verteidigern als positiv konnotierter Ausspruch für militärische Schlagfertigkeit. Eine Verurteilung Jacksons wäre somit auch eine Schwächung der Republik gegenüber äußeren Feinden und würde zudem von Undankbarkeit der Republik gegen ihre Helden zeugen. Somit nahmen auch Jacksons Verteidiger den Diskurs auf, entwickelten aber einen eigenen Argumentationsstrang, um Jackson und so auch die Republik zu verteidigen. Dass auch Jacksons Verteidiger durchaus den grundsätzlichen Vergleich mit der Geschichte der untergegan89 Bei einer Veranstaltung 1815 zu Ehren von Brigadier General Ripley wurden mehrere Trinksprüche gehalten. Unter vielen anderen lässt sich auch ein Toast auf Andrew Jackson finden: „The Hero of the West – like Caesar he came, he saw, he conquered.“ Vermont Centinel/Northern Sentinel, 10. März 1815. Nach der Schlacht von New Orleans wurde durch den Abgeordneten George Troup of Georgia auf Caesar angespielt, doch auch diese Assoziation war eindeutig positiv: „I came, I saw, I conquered, says the American Husbandman, fresh from his plough.“ Zitiert nach: Ward: Andrew Jackson, S. 7 f.

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genen Republiken nicht ablehnten, zeigt auch das Argument, dass ohnehin nicht military chieftains Republiken in der Vergangenheit gestürzt hätten. Der Rhetorik der Gründerväter und somit indirekt auch den Theorien der antiken Autoren seit Platon folgend, wird dabei vor allem auf den Faktionalismus als eigentliche Gefahr für die Republik verwiesen. Erst dadurch seien Militärdespoten an die Macht gelangt. Zwar wird bereits in der Seminole War Debate vereinzelt auf die Sonderrolle der Vereinigten Staaten hingewiesen und argumentiert, dass es den Gründervätern gelungen sei, ein stabileres System zu etablieren, als das bei den vergangenen Republiken der Fall war. Jedoch wird trotzdem meist davon ausgegangen, dass die USA wie alle anderen Staaten dem natürlichen Kreislauf der Verfassungen unterliegen. Der Diskurs über die Zukunft der Republik wurde mit der Person Jackson verwoben und entwickelte hieraus eine ganz eigene Dynamik, welche tatsächliche Folgen für die Demokratisierung der USA haben sollte. Bildeten Jacksons Verteidiger die Mehrheit der Redner mit Antikebezug, so spiegelt dies auch die tatsächlichen Mehrheiten im Kongress wider. Am 8. Februar 1819 kam es zur Abstimmung und die Resolutionsvorschläge des House Committee on Military Affairs und von Cobb wurden mit deutlicher Mehrheit abgelehnt, so dass Jackson unbeschadet aus der Seminole War Debate hervorging.90 Vielmehr hatte Jackson seine Popularität im Land weiter gesteigert, denn durch das öffentliche Interesse an der Debatte waren seine heldenhaften Taten zum Wohle der Nation großen Teilen der Bevölkerung erneut ins Gedächtnis gerufen worden. Jackson reiste von Washington D.C. über Philadelphia nach New York und überall wurden ihm zu Ehren Bankette gehalten und militärische wie öffentliche Ehrenbeurkundungen zuteil. Seine Reise wurde zu einem öffentlichen Spektakel, welches James Parton, einer der ersten Jackson-Biographen, folgendermaßen beschreibt: „Whenever the General went into the streets it was difficult to find a passage through them, so great was the desire of the people to

90 Eine Resolution welche die Exekution der beiden Briten verurteilen sollte, wurde mit 54 zu 90 abgelehnt. Ein Verbot von Hinrichtungen von Gefangenen ohne Zustimmung der Exekutive wurde 57 zu 98 abgelehnt, die Missbilligung der Einnahme der spanischen Forts wurde mit 65 zu 91 abgelehnt. Eine Resolution, welche einen Einmarsch der Armee in fremdes Territorium ohne Zustimmung des Kongresses verbieten sollte, außer um einen soeben geschlagenen Feind zu verfolgen, wurde mit 42 zu 112 abgelehnt. Annals of Congress, 15th Congress, 2nd Session, S. 1132-1138. Zum genauen Abstimmungsverhalten nach politischen Gruppierungen und Regionen siehe: Heidler: The Politics of National Aggression, S. 501-530.

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see him.“91 Dies galt auch für Baltimore, welches auf Jacksons Reiseroute lag. Bei einem Bankett dort zu Jacksons Ehren erfuhren er und die weiteren Anwesenden von einer vorgelegten Resolution im Senat, durch welche Jacksons Gegner doch noch eine Verurteilung erzwingen wollten. Diese Resolution wurde letztlich niemals debattiert oder verabschiedet und stieß auch in Baltimore auf Unverständnis.92 Als direkte Reaktion auf diese Ereignisse wurde jedoch der Trinkspruch des Abends vorgetragen: „General Jackson – Who like the Carthaginian warrior, passed the prohibited bounds of an enemy to close with him at home; and; like Hannibal, victorious in the field, destined to be assailed in the Senate.“ Der Trinkspruch erhielt ein neunfaches „Hoch!“ des Publikums und Jackson antwortete bescheiden: „What I have done [….] was for my country. […] to receive the approbation of myfellowcitiziens is to me source of highest gratification. It is the proudest reward of a soldier.“ Die Seminole War Debate betreffend fügte er jedoch hinzu: „Not only my public acts, but my private character have been assailed.“93 Der Trinkspruch und die Reaktion Jacksons lassen deutlich erkennen, dass durch das große Interesse und die daraus folgende Berichterstattung die Argumentationsmuster der Seminole War Debate auch in der Öffentlichkeit wahrgenommen und weiterhin verwendet wurden. Des Weiteren wird deutlich, dass Jackson die Anschuldigungen gegen sich durchaus sehr persönlich nahm.94 Ob Clays Angriff auf Jackson rein politischer Natur war und ausschließlich darauf abzielte, Monroe zu schaden und sich selbst zu profilieren, oder ob Clay in Jacksons Vorgehen zu diesem Zeitpunkt tatsächlich eine Gefahr für die Republik sah, ist nicht mit letzter Sicherheit feststellbar.95 Sah Clay wirklich eine 91 Parton, James: Life of Andrew Jackson, 2, Boston 1860, S. 557-565, Zitat auf S. 565, im Folgenden zitiert als: Parton: Jackson, 2. 92 Aufgrund der Unterzeichnung des Adams-Onis Treaty und der neuerlichen Sympathiewellen, welche Jackson in der Bevölkerung durch die Seminole War Debatte entgegenschlugen, entschied der Senat das Thema nicht weiter zu behandeln. Remini: Jackson, 1, S. 376. 93 Zitiert nach: Parton: Jackson, 2, S. 568 f. 94 Der Vergleich mit Hannibal, welcher vom eigenen Senat im Stich gelassen wurde, findet sich zum Beispiel in der Rede Alexander Smyth’s vom 21. Januar 1819. Annals of Congress, 15th Congress, 2nd Session, S. 674-703, S. 700, Vgl. auch: S. 58 f. 95 Erstere Ansicht vertritt zum Beispiel Robert Remini. Letztere Ansicht hingegen zum Beispiel Jeanne und David Heidler. Remini, Robert V.: Henry Clay, Statesman for the Union, New York 1991, S. 166 f., im Folgenden zitiert als: Remini: Henry Clay; Heidler, David S./Heidler, Jeanne T.: Henry Clay, the Essential American, New York 2010, S. 140, im Folgenden zitiert als: Heidler: Clay.

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Gefahr, so richtete sich sein Angriff in der Tat gegen den Militär Jackson und nicht gegen die Person an sich, denn bereits kurz nach seiner Rede ließ Clay Jackson wissen, dass seine Äußerungen nicht persönlich gemeint gewesen seien.96 Dies scheint durchaus glaubhaft, denn zumindest war Jackson bis zum Seminole War für Clay kaum von Interesse.97 Für Jackson war Kritik an seinem Handeln als Militär jedoch immer auch ein Angriff auf seine persönliche Reputation.98 So kam es für ihn überhaupt nicht in Frage, Clay zu verzeihen. Bereits sechs Tage vor der Abstimmung im HoR nannte er Clay: „A man who would exalt himself upon his countrys ruin ought to fall and never to rise again in the affections of his country“.99 Jackson sah in Clay einen Heuchler und Demagogen, der nicht wirklich im Interesse seines Landes handelte, sondern nur aus politischem Kalkül und dabei auf seinen eigenen Vorteil bedacht war.

96 Remini: Jackson, 1, S. 374. 97 Bis zu Jacksons Sieg bei New Orleans hatten Clays und Jacksons Wege sich so gut wie nicht gekreuzt. Lediglich in zwei Korrespondenzen Clays aus den Jahren 1803 und 1806 taucht der Name Andrew Jackson auf und beide Male handelt es sich um rein geschäftliche Angelegenheiten. Zum Zeitpunkt des Treaty of Fort Jackson hielt sich Clay in Europa auf, wo er die Friedensverhandlungen mit den Briten führte. Dort erfuhr er auch von dem Sieg von New Orleans im Januar 1815. Er war folglich auch nicht im Kongress, als dieser im Februar 1815 beschloss, Jackson für seine Taten eine goldene Medaille zu verleihen. Der Sieg von New Orleans ist für Clay in einem Brief vom 23. März 1815 aus London (wo er nach den Verhandlungen von Gent verweilte) an William Crawford nur ein sekundäres Thema. Auch danach taucht der Name Jackson nur vereinzelt in Clays Korrespondenz auf und es ist kein Hinweis darauf zu finden, dass Clay sich intensiv mit Jackson oder dessen Verhalten beschäftigt hat. Siehe: To John Breckinridge, 21. November 1803; und: From Andrew Jackson, 27. Oktober 1806, in: Hopkins, James F. (Hrsg.): The Papers of Henry Clay, 1, Lexington 1959, S. 22 f. und S. 250; To William H. Crawford, 23. März 1815; Debate on Revenue Proposals, 20. Januar 1816; Speech on the Direct Tax and Public Affairs, 29. Januar 1816, in: Hopkins, James F. (Hrsg.): The Papers of Henry Clay, 2, Lexington 1961, S. 10 f., S. 134-1377, 140-158, S. 148; siehe auch: Remini: Henry Clay, S. 126. 98 Siehe zum Beispiel: Cheathem, Mark: Andrew Jackson, Southerner, Baton Rouge 2013, S. 56, im Folgenden zitiert als: Cheathem: Andrew Jackson. 99 To General Francis Preston, 2. Februar 1819, in: Bassett: Correspondence of Andrew Jackson, 2, S. 409 f.

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Hatte Jacksons Verhalten in Florida mit der Seminole War Debate zu der bis dahin längsten Kongressdebatte in der amerikanischen Geschichte geführt,100 so hatte sein aggressives Vorgehen gegen die Seminolen und vor allem gegen die Spanier den USA durchaus Vorteile verschafft.101 Bereits Jefferson und Madison hatten während ihrer jeweiligen Präsidentschaft versucht, sich Floridas zu bemächtigen. Jackson hatte nun deutlich gezeigt, dass dies jederzeit militärisch möglich war, sollte es zu keiner politischen Einigung kommen. Spanien, das vergeblich versuchte, die Unabhängigkeitsbewegungen in Südamerika zu unterdrücken, wollte um jeden Preis einen Krieg mit den USA verhindern. In den Verhandlungen zwischen John Quincy Adams und dem spanischen Gesandten Luis de Onis beschloss Spanien daher am 22. Februar 1819, Florida an die USA zu verkaufen. Diese nahmen im Gegenzug spanische Schuldverpflichtungen im Wert von fünf Millionen US-Dollar auf sich. Zudem einigten sich beide Seiten auf eine (vermeintlich) exakte Grenze zwischen amerikanischem und spanischem Territorium für den Rest des Kontinents bis hin zum Pazifik.102 Die Bewohner im Süden der Vereinigten Staaten, welche einer Expansion in das Gebiet Floridas ausdrücklich begrüßten, dankten es Jackson und seinem Vorgehen im Seminole War.103 Colonel Robert Butler fasste deren Sicht zusammen, als er bereits bei Jacksons Rückkehr aus Florida pragmatisch feststellte: „The Floridas – Ours without 16 years of negotiation!“104 Im Januar 1821 beschloss der Kongress, die Armee auf 6000 Mann zu reduzieren. Jacksons Kommando als major general wurde daher zum 1. Juni 1821 aufgehoben.105 Monroe, welcher trotz des Streits über die Aufnahme Missouris als

100 Heidler: The Politics of National Aggression, S. 501. 101 Zum Verhältnis zwischen Monroe und Jackson in Bezug auf die Eroberung Floridas siehe: Remini: Jackson, 1, S. 346 ff. 102 Howe, Daniel Walker: What Hath God Wrought. The Transformation of America, 1815-1848, New York 2007, S. 97, S. 108 f., im Folgenden zitiert als: Howe: What Hath God Wrought. Siehe auch: Cubberly, Frederick: John Quincy Adams and Florida, in: The Florida Historical Society Quarterly, 5, 2 (1926), S. 88-93. 103 Heidler: Old Hickory’s War, S. 188. 104 Zitiert nach: Ward: Andrew Jackson, S. 61. 105 Annals of Congress, 16th Congress, 2nd Session, S. 932 ff.; Domherty, Herbert J. Jr.: The Governorship of Andrew Jackson, in: The Florida Historical Quarterly, 33, 1 (Jul. 1954), S. 3-31, S. 4, im Folgenden zitiert als: Domherty: The Governorship of Andrew Jackson.

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sklavenhaltender Staat in die Union106 und der Wirtschaftskrise von 1819107 im Folgejahr ohne Gegenkandidat wiedergewählt worden war,108 beschloss daraufhin Jackson das Amt des Militärgouverneurs von Florida mit weitreichenden Kompetenzen anzubieten. Unter anderem sollte er die Übergabe Floridas vornehmen.109 Jackson nahm den Posten an. Auf seinem Weg nach Pensacola reiste er über New Orleans, wo er bei einem Theaterbesuch nicht nur mit „Vive Jackson!“ Rufen begrüßt wurde, sondern ihm Frauen auch Lobeshymnen sangen und ihn mit einem Lorbeerkranz krönten.110 Am 17. Juli 1821 wurden in Pensacola letzte Unterschriften geleistet, die spanische Fahne eingeholt und die amerikanische gehisst. Florida war nun offiziell Teil der USA.111 Es muss eine Genugtuung für Jackson gewesen sein zu wissen, dass sein dritter Besuch in Pensacola (nach 1814 und 1819) die amerikanische Herrschaft nun dauerhaft etablierte. Doch bereits vor Antritt seiner Reise hatte Jackson an seinen Neffen geschrieben, dass er die Regierung in Florida schnellstmöglich organisieren wolle: „[to] retire to private life.“112 Nach nur elf Wochen Amtszeit sah Jackson seine Aufgabe als erfüllt an und am 8. Oktober 1821 verließ er Florida wieder.113 In Nashville angekommen, leitete er sein Rücktrittsgesuch an Monroe weiter. In diesem schrieb Jackson, er trete aus persönlichen Gründen zurück, unter ande106 Siehe zum Beispiel: Wilentz, Sean: The Rise of American Democracy: Jefferson to Lincoln, New York 2005, S. 222-240, im Folgenden zitiert als: Wilentz: Rise of American Democracy. Siehe auch: Brown, Richard: The Missouri Crisis, Slavery, and the Politics of Jacksonianism, in: The South Atlantic Quarterly 65 (Winter 1966), S. 55-72. 107 Siehe: Rothbard, Murray N.: The Panic of 1819, Reactions and Policies, New York/London 1962. 108 Wilentz: Rise of American Democracy, S. 216 f. und S. 246. Monroe erhielt alle Stimmen des Electoral College bis auf eine. Turner, Lynn: The Electoral Vote against Monroe in 1820 – An American Legend, in: The Mississippi Valley Historical Review, 42, 2 (Sep. 1955), S. 250-273. 109 President Monroe to Jackson, 24. Januar 1821, und: The Secretary of State (John Quincy Adams) to Jackson, 12. März 1821, in: Bassett, John Spencer (Hrsg.): Correspondence of Andrew Jackson, 3, Washington D.C. 1928, S. 38 und S. 42, im Folgenden zitiert als: Bassett: Correspondence of Andrew Jackson, 3. 110 Remini, Jackson, 1, S. 403. 111 Domherty: The Governorship of Andrew Jackson, S. 10. 112 To Andrew Jackson Donelson, 31. März 1821, in: Moser, Harold D., u.a. (Hrsg.): The Papers of Andrew Jackson, 5, Knoxville 1996, S. 24, im Folgenden zitiert als: Moser: The Papers of Andrew Jackson, 5. 113 Domherty: The Governorship of Andrew Jackson, S. 23.

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rem, um seine finanzielle Situation zu verbessern, welche in seinen Dienstjahren merklich gelitten habe.114 Auch Henry Clay hatte die Krise von 1819 zu spüren bekommen und befand sich in finanziellen Schwierigkeiten. Zwischen 1821 und 1824 arbeitete Clay daher unter anderem als Anwalt für die Second Bank of the United States (BUS), welche ihn mit 6000 Dollar jährlich entlohnte. Dafür zog sich Clay zwischenzeitlich aus dem HoR zurück, ließ sich aber bereits im Sommer 1822 erneut zu dessen Sprecher wählen, da er davon überzeugt war, dass dies seine Chancen auf die Präsidentschaft bei der Wahl von 1824 signifikant erhöhen würde.115 Clays direkte Konkurrenz auf das Amt waren der amtierende Secretary of State John Quincy Adams, Finanzminister William Harris Crawford und Verteidigungsminister John Calhoun. Doch musste Clay, der als „Kandidat des Westens“ ins Rennen ging, im Sommer 1822 irritiert feststellen, dass auch Andrew Jackson von der Legislative in Tennessee als Präsidentschaftskandidat nominiert worden war.116 Bei Jacksons Nominierung handelte es sich zunächst jedoch wohl um ein rein politisch motiviertes Manöver innerhalb Tennessees und es wurde kaum damit gerechnet, dass er sich außerhalb seines Heimatstaates gegen seine politisch erfahrenen Gegner durchsetzen könnte.117 Clay sah daher in Jacksons Kandidatur zunächst kein zu großes Hemmnis für seine eigenen Chancen und seine politischen Freunde unterstützten ihn lange Zeit in dieser Ansicht.118 So speku114 To President Monroe, 14. November 1821, in: Bassett: Correspondence of Andrew Jackson, 3, S. 129. 115 Während dieser Zeit gewann Clay unter anderem den spektakulären Fall Osborn v. the Bank of the United States vor dem United States Supreme Court, Remini: Henry Clay, S. 147 ff. und S. 200-220. Peterson: The Great Triumvirate, S. 66 ff. 116 From Andrew Hynes, 31. Juli 1822; und: From Anthony Butler, 3. August 1822, in: Hopkins, James F. (Hrsg.): The Papers of Henry Clay, 3, Lexington 1963, S. 264 f. und S. 267 f., im Folgenden zitiert als: Hopkins: Papers of Henry Clay, 3. 117 Sellers, Charles Grier: Jackson Men with Feet of Clay, in: The American Historical Review, 62, 3 (Apr. 1957), S. 537-551. 118 Unter anderem: To Peter B. Porter, 10. August 1822; To Peter B. Porter, 22. Oktober 1822; To Langdon Cheves, 5. Oktober 1822, in: Hopkins: Papers of Henry Clay, 3, S. 273 f., S. 291 ff. und S. 300 f. Langdon Chavez, ein langjähriger politischer Weggefährte Clays, war der Meinung, dass Jackson nur nominiert worden sei, um Clay zu schaden. Der Abgeordnete des HoR John Sloane schrieb an Clay, dass er nicht verstehe, warum Tennessee seine Stimme wegwerfen wolle, indem sie für Jackson stimmen würden, und dass er hoffe, dass Jacksons Nominierung zurückgezogen würde. From Langdon Chavez, 9. November 1822; From John Sloane, 16. Oktober 1822, in: Hopkins: Papers of Henry Clay, 3, S. 313-317 und S. 294 f. Siehe zum

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lierten einige bereits über die letztendliche Stimmenverteilung, wenn Jackson seine Kandidatur zurückziehen würde, oder nannten Jackson bewusst gar nicht erst als potenziellen Kandidaten.119

Beispiel auch: From Return Jonathan Meigs, 3. September 1822, in: Hopkins: Papers of Henry Clay, 3, S. 282. 119 From Henry Shaw, 11. Februar 1823; From George McClure, 23. Juli 1823; From George C. Thompson, 12. August 1822; From William Carroll, 1. Februar 1823; From David Woods, 27. August 1823; From Peter B. Porter, 6. September 1823, in: Hopkins: Papers of Henry Clay, 3, S. 372-376; S. 461 ff.; S. 275; S. 360 ff.; S. 475 ff.; S. 485 ff.

Die Wahl von 1824

Wie bereits in der Seminole War Debate, bildete der Rückbezug auf die Antike und auf die Geschichte untergegangener Republiken im Wahlkampf von 1824 weiterhin einen wichtigen Fixpunkt in der politischen Debatte. Aktuelle Entwicklungen im Land wurden von Teilen der Bevölkerung als unheilvoll angesehen, denn bei der Wahl von 1824 gab es, verglichen mit den vorangegangenen Wahlen, einige Neuerungen: Durch Reformen im Wahlrecht hatten erstmals die meisten weißen männlichen volljährigen Amerikaner die Möglichkeit, auch an der Präsidentschaftswahl teilzunehmen. Nur in den sechs Staaten Delaware, Georgia, Louisiana, New York, South Carolina und Vermont wurden die Wahlmänner weiterhin von der Legislative bestimmt. In den anderen 18 Staaten entschieden die Wähler. Auch gab es nach dem Ende der Federalists offiziell nur noch die Partei der Republicans, in welcher allerdings verschiedene politische Strömungen herrschten. So traten offiziell alle fünf Kandidaten für die Republicans an und alle waren durch Staatenparlamente nominiert worden.1 Erstmals gehörten in der jungen Geschichte der USA alle Kandidaten der Folgegeneration der Gründerväter an, hatten also nicht aktiv und entscheidend an der Revolution und Verfassungsdiskussion teilgenommen (wenn auch Jacksons Anhänger darauf verwiesen, dass dieser sehr wohl im Revolutionskrieg gekämpft habe2) und die unterschiedlichen Lager im Wahlkampf diskreditierten die jeweils gegneri-

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Parsons: Modern Politics, S. 69 f. und S. 95. Siehe auch: Brown, Everett S.: The Presidential Election of 1824-1825, in: Political Science Quarterly, 40, 3 (Sep. 1925), S. 384-403.

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Siehe zum Beispiel: „It is a subject of proud satisfaction to us all, that another Hero of Seventy-six still survives to receive the homage of our gratitude and love, by being placed in that distinguished station.“ Easton Gazette, 22. November 1823.

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schen Kandidaten mit allen verfügbaren Mitteln.3 Althergebrachte Strukturen, wie der Congressional Caucus, ein halb-offizielles Treffen der Kongressabgeordneten der jeweiligen Parteien, in dem intern beschlossen wurde, welcher Kandidat sich zur Wahl des Präsidenten stellen sollte, verloren an Bedeutung.4 Da alle fünf Kandidaten als Republicans antraten, wäre bei Anwendung des Caucus-Verfahrens streng genommen letztlich nur ein Kandidat nominiert worden, aller Wahrscheinlichkeit nach Crawford. Dieser hatte beim Congressional Caucus 1816 nur elf Stimmen weniger als Monroe erhalten und wurde so von vielen Anhängern des Caucus System als legitimer Nachfolger gesehen.5 Crawfords Anhänger sprachen sich daher verständlicherweise für einen Congressional Caucus aus. Ebenso verständlich ist, dass die anderen vier Kandidaten den Caucus kategorisch ablehnten. Doch war die Kritik am Caucus System nicht neu; der Abgeordnete Thomas Peabody Grosvenor hatte in diesem Kontext bereits 1816 auf das antike Rom verwiesen.6 Acht Jahre später kritisierte nun das Daily National Journal das Caucus System ebenfalls mit dem Verweis auf die Antike: „In republics we should look to consequences, and not suffer the adoption of a mischievous custom, because it may happen to been exercised on one or

3

Als ein Beispiel sei auf den sogenannten A.B. Plot verwiesen, bei dem Crawford Verfehlungen als Finanzminister vorgeworfen wurden. Als ein weiteres Beispiel lässt sich die Duplicate Letters Affäre nennen, in welcher der Henry Clay nahestehende HoRAbgeordnete Jonathan Russell Adams vorwarf, bei den Verhandlungen von Gent nach dem Krieg von 1812 nicht die Interessen der Bundesstaaten und Territorien im Westen der USA vertreten zu haben. Adams konnte sich allerdings erfolgreich rechtfertigen. Siehe zum Beispiel: Humphrey: The Press of the Young Republic, S. 110 und 114; Wiltse, Charles M.: John C. Calhoun and the “A. B. Plot”, in: The Journal of Southern History, 13, 1 (Feb. 1947), S. 46-61; Adams, John Quincy: The Duplicate Letters, the Fisheries and the Mississippi, Documents relating to Transactions at the Negotiation of Ghent, Washington 1822.

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Ausführlich zu der Entstehung des Caucus System siehe: Ostrogorski, Moisey: The Rise and Fall of the Nominating Caucus, Legislative and Congressional, in: The American Historical Review, 5, 2 (Dec. 1899), S. 253-283.

5

Cunningham: The Jeffersonian Republican Party, S. 239-272, S. 267.

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„That great abuses have entered into the election of a Chief Magistrate, none can deny. That through the agency of that modern invention – a legislative caucus – the Executive finds no difficulty in designating his successor with greater certainty than could the first tyrants of imperial Rome – the Caesars – who should succeed them, is unfortunately too true.“ Annals of Congress, 14th Congress, 2nd Session, S. 347-355, S. 352.

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VON

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two occasions with impunity.“7 Exemplarisch nennt die Zeitung den ersten princeps Augustus sowie den optimus princeps Trajan; als Negativbeispiele wird auf Nero und Domitian verwiesen.8 Der Caucus, so das Argument der Zeitung, war demnach eine Institution, welche zwar in der Vergangenheit vereinzelt die besten Männer an die Macht gebracht habe. Dies sei aber keine Garantie, dass dies auch weiterhin so bliebe. Auch Henry Clay schloss sich wenige Tage später der Kritik an und verdeutlichte mithilfe von Beispielen aus der Antike, dass der Caucus antirepublikanische Strukturen fördern würde.9 Der Senator von Missouri, Thomas Hart Benton, sprach sich sogar für eine grundlegende Änderung der Verfassung aus und schlug vor, electoral districts einzurichten, in denen das Volk den Präsidenten direkt wählte. Benton verwies darauf, dass sich die Gründerväter für die Etablierung des Wahlsystems der Antike als Bezugspunkt bedient hätten. Auch er benutze daher in seinem Reformvorschlag antike Beispiele, welche die Argumentation der Federalists widerlegen sollten: Ein Argument gegen eine direkte Wahl des Präsidenten sei die Gefahr „of Corrupting the People“, so Benton. Doch ohne eine Änderung des bestehenden Systems würde eine Zeit kommen: „when the American President, like the Roman Emperors, will select his successor, take him by the hand, exhibit him to the people, place him upon the heights and eminences in the Republic, […] and draw the whole tribe of parasites and office hunters to the feet of the favorite.“10 Benton spricht sich für eine weitere Demokratisierung der Wahlstrukturen aus und kritisiert indirekt die Tendenz, dass der 7

Daily National Journal, 20. August 1824.

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Wie bereits antike Quellen beschreibt auch Gibbon Augustus und Trajan als Idealherrscher, während unter anderem Nero und Domitian äußerst negativ dargestellt werden. „The golden age of Trajan and the Antonines had been preceded by an age of iron. It is almost superfluous to enumerate the unworthy successors of Augustus. […] The dark unrelenting Tiberius, the furious Caligula, the stupid Claudius, the profligate and cruel Nero, the beastly Vitellius, and the timid inhuman Domitian are condemned to everlasting infamy.“ Gibbon: Decline and Fall of the Roman Empire, Kapitel 3. Das Bild Neros, des letzte Kaisers der julisch-claudischen Dynastie und Domitians, des letzten Kaisers des Geschlechts der Flavier, ist in den antiken Quellen weitesgehend negativ. Zu Nero siehe zum Beispiel: Sueton, Nero, 26; zu Domitian: Cassius Dio, Römische Geschichte, Epitome des 67. Buches. Einen Überblick über den aktuellen Forschungsstand bietet zum Beispiel: Bellen, Heinz: Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian, Grundzüge der römischen Geschichte, 2. Auflage, Darmstadt 2010.

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To Francis T. Brooke, 28. August 1824, in: Hopkins: Papers of Henry Clay, 3, S. 477481, S. 479.

10 Annals of Congress, 18th Congress, 1st Session, Senate, S. 167-204, S. 183 f.

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amtierende Präsident mit der Besetzung des Amtes des Secretary of State quasi seinen Nachfolger bestimmt, so wie es seit Jeffersons Präsidentschaft der Fall gewesen war. Von daher bestanden nun gute Chancen für John Quincy Adams, diese Tradition fortzusetzen. Stattdessen müsse es einen Kandidaten des Volkes geben, so Benton weiter. Dieser Kandidat solle, wie Cato der Ältere, durch sein eigenes tugendhaftes und republikanisches Vorbild die Verhaltensweisen einer degenerierten Epoche reformieren11 und wie Appius Claudius sein Land verbessern und verschönern.12 Wie Cicero solle er die Verschwörer mit seiner Sprachgewalt zerschmettern,13 wie Scipio dazu in der Lage sein, eine rivalisierende Nation auszulöschen14 und dabei wie Marius unzählige Wunden aus dem Kämpfen mit den Staatsfeind davongetragen haben.15 Der Kandidat müsse wie „our own great Washington“ sein, „not to pillage his country, but to serve her, and to retire from her service, through the portals of everlasting fame.“16 Bentons idealer Kandidat verkörpert somit alle Tugenden von republikanischen Leitbildern aus der Zeit der römischen Republik. Auffälligerweise fehlt in der Aufzählung das Beispiel des Cincinnatus, doch nennt Benton an dessen Stelle George Washington. Benton verknüpft so die Geschichte der römischen Republik mit den USA. Seine Rede macht deutlich, dass es bei der Wahl von 1824 um die Vererbung der Werte der Gründerväter auf die nächste Generation ging, denn auch Bentons Kandidat des Volkes sollte mit allen erdenklichen republikanischen Tugenden ausgestatten sein. Gleichzeitig spiegelt seine Rede das Verlangen von Teilen der Bevölkerung nach mehr Partizipation im politischen Willensbildungsprozess wider.17 11 Marcus Porcius Cato galt bereits in der Antike als Vorbild für republikanische Tugend und Einfachheit. Plutarch, Cato, IV. 12 Appius Claudius setzte während seiner Zeit als Zensor ab 312 vor Christus bedeutende Reformvorhaben durch. Elvers, Karl-Ludwig: Art. Claudius, in: Der Neue Pauly, 3 (1997), Sp. 8. 13 Gemeint ist die sogenannte Verschwörung des Catilina, welcher mit seinen Anhängern 63 vor Christus einen gewaltsamen Umsturz plante. Cicero war maßgeblich an der Überführung und Hinrichtung der Verschwörer beteiligt. Bringmann, Klaus: Art. Cicero, in: Der Neue Pauly, 2 (1996), Sp. 1191-1196. 14 Benton bezieht sich hier auf Scipio Aemilianus, den Zerstörer Karthagos 146 vor Christus. 15 Vgl. S. 55. 16 Annals of Congress, 18th Congress, 1st Session, Senate, S. 167-204, S. 184 f. 17 Bereits zuvor hatte es vereinzelt Forderungen nach mehr direkter Demokratie gegeben. So hatte sich 1813 der Abgeordnete Israel Pickens für eine direktere Demokratie und Reform des Wahlsystems ausgesprochen, damit in „times less virtuous a few

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Der Erhalt der Werte der Gründerväter auf der einen Seite, während man gleichzeitig mehr Demokratie zuzulassen wollte, ist somit das Spannungsfeld im Wahlkampf von 1824. So ging es kaum um inhaltliche Themen, sondern vor allem darum, welcher Kandidat am geeignetsten schien, dass Erbe der Gründerväter weiterzuführen beziehungsweise die Republik zu bewahren. Eines der Hauptwerkzeuge bot erneut der Verweis auf die Geschichte der untergegangenen Republiken. So richtete sich einer der Verteidiger Jacksons in der Seminole War Debate, Alexander Smyth, in einem zunächst im National Intelligencer veröffentlichten offenen Brief gegen Adams und bezog sich hierbei mehrfach auf die Antike. Unter anderem argumentiert Smyth, dass nicht der Eindruck entstehen dürfe, Ämter seien von Generation zu Generation vererbbar. Er erinnert dabei an die Entstehung der Monarchie in Rom: „Augustus succeeded Julius Caesar, and the office of Chief Magistrate became hereditary.“18 Smyth verweist somit darauf, dass bereits Adams’ Vater das Amt des Präsidenten innegehabt hatte, und kritisiert darüber hinaus die Praxis, dass der Secretary of State zuletzt immer dem amtierenden Präsidenten nachfolgte. Mit der Kritik an ihrem Kandidaten konfrontiert, versuchten Adams’ Anhänger ihn stattdessen gelegentlich mit Aristides und Camillus zu vergleichen.19 Auch die anderen Kandidaten wurden vereinzelt antiken Personen gegenübergestellt.20 Jedoch wurde keiner der Kandidaten so sehr in den Fokus der öffentlichpolitischen Debatte gerückt und in den Kontext der Antike und der Geschichte von Republiken gestellt wie Andrew Jackson. Dass ein Militär sich anschickte, das höchste Amt im Staat zu bekleiden, und ihm, aufgrund seiner bundesweiten Popularität im Volk, immer mehr Chancen eingeräumt wurden, diese auch zu gewinnen, rief die Geschichte der untergegangenen Republiken, die Theorie des Verfassungskreislaufs und die damit verbundenen Argumente der Gegner Jacksons aus der Seminole War Debate erneut ins Bewusstsein der jungen Nation.

powerful men“ nicht in das Amt einsetzen könnten, wen sie wollten.. Annals of Congress, 13th Congress, 1st Session, S. 828-835, S. 833 f. 18 City Gazette, 24. Januar 1823. 19 Adams als Aristides: Salem Gazette, 4. Mai 1824, Adams als Camillus: Salem Gazette, 21. Februar 1823. 20 Zum Beispiel Calhoun als Cassius (einer der Caesarmörder), in: New-Hampshire Patriot & State Gazette, 12. August 1822.

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I SAY AGAIN , B EWARE HOW YE J ACKSON ALS NEUER C AESAR

TRUST HIM !



Der öffentliche und veröffentlichte Diskurs über die Zukunft der Republik im Wahlkampf von 1824 lässt sich erneut vor allem anhand von Zeitungsartikeln ausgezeichnet untersuchen. Diese zirkulierten ständig bundesweit, da die Herausgeber kostenlos Kopien ihrer Ausgabe an andere Zeitungsverleger senden konnten. Diese veröffentlichten dann oftmals fremde Artikel in ihrer eigenen Zeitung.21 Diese Zeitungen (deren Anzahl landesweit mittlerweile deutlich über 500 lag)22 druckten politische Leserbriefe ab und auch die Herausgeber positionierten sich mehr und mehr, welchen Kandidaten sie unterstützten und auf welche Weise sie die Geschichte interpretierten. So schrieb der Baltimore Patriot: „history informs us, that those Republics that have lost their liberties, the work has been accomplished by military men.“ Doch selbst wenn Jackson die Qualitäten eines Jefferson habe, sei die Republik in Gefahr: „It is the example that we look to – if once elevated by the people, who can tell how long it will be before a military usurper may rise upon his successor, and proclaim himself Emperor for life!“23 Wie bereits in der Seminole War Debate wird hier vor dem Präzedenzfall, nicht zwangsläufig vor der Person Jackson gewarnt. Noch deutlicher wurde dies in der Zeitung kurz vor der Wahl im Oktober 1824 formuliert: „If you elect General Jackson a PRECEDENT will be established which your children will cite, and which may bind your grand-children in CHAINS! Remember that, it is from the military power, and that alone, that your liberties have any thing to fear.“24 Abermals ist es das Exempel, einen Militär in das Amt zu wählen, welches, wenn nicht jetzt, so doch für folgende Generationen vermeintlich eine Gefahr darstellt. Auch wenn kein konkretes Beispiel genannt wird, ist der Fingerzeig auf den Kreislauf der Verfassungen und die Mahnung der Geschichte zu erkennen. Bereits im März desselben Jahres sah ein Autor unter dem Pseudonym Jefferson in der Nominierung Jacksons zum Präsidenten und der des Kriegsministers Calhoun zum Vizepräsidenten eine Gefahr für die USA: „I look upon these things with alarm. Are we not going the way of the Romans?“25 Konkreter musste Jef-

21 Parsons, Lynn Hudson: The Birth of Modern Politics. Andrew Jackson, John Quincy Adams and the Election of 1828, New York 2009, S. 134 f. 22 Humphrey: The Press of the Young Republic, S. 99. 23 Baltimore Patriot, 22. April 1823. 24 Baltimore Patriot, 23. Oktober 1824. 25 Baltimore Patriot,11. März 1824.

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ferson anscheinend nicht werden, um zu verdeutlichen, dass er mit seinem Verweis auf Rom den Übergang der Republik in eine Militärdiktatur meinte. Andere Jackson-Gegner bezogen sich hingegen direkt auf Julius Caesar: „By electing him [Jackson] President, […] we entrust a degree of power to a great military chieftain, which it may, especially in time of war, be difficult to resume. It was the military renown of Caesar, which was fatal to the liberties of Rome.“26 Neben dem Verweis auf Caesar findet sich auch das Schlagwort military chieftain wieder, welches seit Henry Clays Rede zum Seminole War immer wieder benutzt wurde, um Jackson zu diskreditieren und als Gefahr für die Republik darzustellen. Doch nicht nur im Baltimore Patriot, sondern auch in diversen anderen Zeitungen wurde Jackson angegriffen. Unter dem Pseudonym A North-Carolinian unterstellte ein Autor, dass Jackson bewusst dem Beispiel Caesars und Cromwells folgen würde: Ein stehendes Heer in Friedenzeiten sei immer eine Gefahr für die Freiheit der Republik und müsse stets unter der strengen Kontrolle der civil power stehen, so A North-Carolinian. Daher habe der Kongress die Armee richtigerweise reduziert. Nach dem dadurch bedingten Verlust seines Amtes als major general habe Jackson in seiner Abschiedsrede an seine Soldaten den Kongress als Feinde der Armee bezeichnet. Dies habe zur Folge, dass seine Soldaten nun auf die Gelegenheit warten würden, die Republik zu stürzen: „Now every army watches for an opportunity to attack and subdue its enemies, as Jackson well knew. […] When Julius Caesar, after an eight year war, had subdued Gaul, the Roman Senate (the civil power in that republic) passed a law, that he should disband his army. […] He one day harangued that army, on the injustice of depriving them of the profession which they had chosen, and throwing them ‚on the world‘, and in which he pointed out the Senate as its enemies. The following night he crossed the Rubicon and commenced a war against the civil power, which terminated in the slavery of his country. When the civil war, in the time of Charles I. was ended by the capture of the king and the subjugation of his party, the Parliament of England (the civil power then and there established) passed a law of disbanding their army in part. Oliver Cromwell, the commanding General […] pointed out the members of the legislature who had voted for the law, as the enemies of the army. By these means, the army being inflamed, marched to London, placed a strong detachment at the doors of the Parliament house (as General Jackson did at New Orleans) and excluded all the members who were considered as enemies to the army. Cromwell soon after […] established military despotism. […] How comes it that there is such a similarity in the disposition and views of these three men? It is because Jackson, although a man of very little reading, hath studied […] the history of these two famous 26 Baltimore Patriot, 28. August 1824.

82 | D EMOKRATIE ALS G EFAHR FÜR DIE R EPUBLIK military usurpers, and wishes to imitate their example. […] Therefore I say again, Beware how ye trust him!“27

Jackson wird somit in direkten Bezug zu Caesar und Cromwell gesetzt. Der Fokus liegt auf dem Verhältnis zwischen dem Feldherren zu seinen Soldaten und dem Zerwürfnis mit der civil power. Wie Caesar und Cromwell habe Jackson nicht akzeptiert, der zivilen Macht unterstellt zu sein und wolle nun, bewusst dem Beispiel der beiden Militärs folgend, die Republik stürzen. Als Beweis dient hierbei dem Verfasser Jacksons Rede an seine Soldaten am 31. Mai 1821. Diese war in mehreren Zeitungen abgedruckt worden, gab zu jenem Zeitpunkt jedoch keinerlei Anlass, eine Verschwörung Jacksons und seiner Soldaten zu vermuten. A North-Carolinian verdreht den Kontext, wenn er Jackson Verrat an der Republik vorwirft. Zwar drückt Jackson in seiner Ansprache seinen Missmut über die Reduzierung der Armee durch den Kongress aus, ein Verweis auf Usurpation oder dass Jackson den Kongress als Feind bezeichnet hätte, lässt sich allerdings nicht finden.28 Auch wenn es keinen offensichtlichen Beweis gab, taucht das Argument, Jackson wolle gewaltsam an der Spitze einer Armee die Republik beenden, häufiger auf. Unter dem Pseudonym Brutus the Elder (und somit wohl bezugnehmend auf den Vater des Caesarmörders) warnte ein Verfasser im Sommer 1824: „Brilliant dreams of future dignity bewitch his [Jacksons] restless slumbers, and decorate his brow with an Imperial Diadem […] When Caesar passed the Rubicon, and bore to Rome upon his falchion’s point the Senatorial interdictory decree, a few devoted legions in his train enthroned him on the prostate liberties of countless millions. The Roman Empire, mistress of the world, became a slave to one ambitious mind, and kissed the rod of chastisement and terror.“

Neben dem Vorwurf, Jackson würde nach kaiserlicher Macht streben und dem Verweis auf Caesars Übertritt über den Rubikon, bedient sich Brutus the Elder im Weiteren auch der Beispiele Cromwell und Napoleon. Er schließt mit dem Argument, dass man aus der Geschichte lernen und sich darüber bewusst sein müsse, dass der eigenen Republik dasselbe Schicksal widerfahren könne.29 Jacksons Gegner bedienten sich somit weiterhin der Argumente aus der Seminole War Debate und beschuldigten ihn, eine Alleinherrschaft anzustreben. 27 Raleigh Register and North-Carolina State Gazette, 27. August 1824. 28 Jacksons Rede ist zum Beispiel zu finden in: Washington Gazette, 10. September 1821. 29 The National Advocate, 13. Juli 1824.

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Sie warnten zudem, dass, selbst wenn Jackson nicht selbst die Republik zerstören würde, seine Wahl dennoch einen Präzedenzfall schüfe, der es früher oder später einem Militär ermöglichen würde, eine Diktatur zu etablieren. Dass zum Beispiel im Raleigh Register and North-Carolina State Gazette am 6. April 1824 nahezu kommentarlos die Rede von Henry Storrs aus der Seminole War Debate gegen Andrew Jackson erneut abdruckte, in welcher Storrs vor Jacksons Popularität im Volk gewarnt und die Beispiele Caesar und Cromwell bemüht hatte,30 verdeutlicht einmal mehr, dass diese Argumente in der amerikanischen Öffentlichkeit noch präsent waren und keiner zusätzlichen Erklärungen bedurften.31

A N ARISTOCRACY IS RISING IN OUR J ACKSON ALS R ETTER DER R EPUBLIK

LAND



Jacksons Anhänger versuchten den Anschuldigungen gegen ihren Kandidaten auf unterschiedliche Arten zu begegnen. Wie bereits in der Seminole War Debate, nannten sie ihn zum einen in einem Atemzug mit antiken Personen, um ihn als Opfer von Neid und Intrigen zu stilisieren. Zum anderen wurde Jackson nun immer häufiger, nicht nur im militärischen Bereich, sondern auch in Bezug auf das politische Geschehen, als Verfechter der Republik und ihrer Werte dargestellt. Von der reinen Opferrolle befreit wurde Jackson besonders dadurch, dass seine Anhänger ihn verstärkt in die Nähe des unantastbaren George Washingtons rückten.32 Vereinzelt war dies bereits zuvor geschehen,33 doch nun wurde

30 Raleigh Register and North-Carolina State Gazette, 6. April 1824. Rede Storr’s im Kontext zum Seminole War vgl. auch S. 53. 31 Weitere Beispiele: Richmond Whig, 21. Dezember 1824; Salem Gazette, 27. Juli 1824; Boston Commercial Gazette, 19. Januar 1824. 32 Nach Washingtons Tod 1799 hatte sich der Kult um das republikanische Idol verstärkt. Bis zum amerikanischen Bürgerkrieg (1861-1865) wurden mehr als 400 Werke über Washington veröffentlicht und Gustave de Beaumon, welcher gemeinsam mit Tocqueville während Jacksons Präsidentschaft die USA bereiste, hatte sogar den Eindruck, dass für die Amerikaner Washington kein Mensch, sondern ein Gott sei. Wills: George Washington and the Enlightenment, insbesondere S. 13 ff., und: Schwartz, Barry: George Washington. The Making of an American Symbol, New York 1987, S. 125. 33 Bereits in der Seminole War Debate hatte James Tallmadge in seiner Rede vom 23. Januar 1819 daran erinnert, dass im Unabhängigkeitskrieg auch George Washington Deserteure ohne Verfahren habe hinrichten lassen. Für den Kongress und für die Be-

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Jackson entweder direkt als „zweiter Washington“ bezeichnet oder man versuchte Washingtons Handlungsweise mit der Jacksons zu vergleichen. War das Verhalten ihres Kandidaten mit dem des Idols des amerikanischen Republikanismus vergleichbar, so konnte es gar nicht falsch gewesen sein, so die Logik der Jackson-Anhänger. Washington war zudem bereits zu Lebzeiten mit Cincinnatus, der Idealfigur für ein republikanisches Verhalten, gleichgesetzt worden und auch Jackson wurde nun häufiger als neuer Cincinnatus und als Retter der Republik inszeniert. Dabei wurde auch weiterhin auf die Schlacht von New Orleans verwiesen. So schrieb anlässlich des neunjährigen Jubiläums der Schlacht der Baltimore Patriot, dass der Sieg gegen die kampferfahrenen Briten durch einfache Milizionäre, angeführt von einem „plain republican – an American Cinncinatus“ errungen worden sei. Dieser Sieg „engraved the name of JACKSON on the imperishable monument of fame, and won for him the gratitude of his country.“34 Die Jackson-Anhänger griffen somit auf die etablierten Argumentationsmuster der Gründerväter zurück und führten diese weiter. Durch diese Argumentation verschmolz Jackson mit den republikanischen Vorbildern aus der Antike sowie aus der amerikanischen Historie. Ein bedeutendes Beispiel für diese Strategie sind die von Jacksons politischem Berater John Eaton verfassten Artikel, welche zunächst im Juni und Juli 1823 in der Zeitung The Columbian Observer unter dem Pseudonym Wyoming veröffentlicht und bis zur Präsidentschaftswahl diverse Male von mehreren Zeitungen abgedruckt wurden.35 Die ersten zwölf völkerung sei dies damals offenbar kein Grund zur Besorgnis gewesen: „[D]id any man with prophetic spirit caution against military despotism, and forewarn against the coming Caesars? No, all was then joy and aplause.“ Der HoR-Abgeordnete Hugh Nelson war der Meinung, dass Jackson einzig von George Washington übertroffen würde. Joseph Desha verwies in seiner Rede darauf, dass es die Feinde der Freiheit gewesen seien, die damals George Washington kritisiert hätten, ebenso wie jetzt Jackson kritisiert würde. Nach Jacksons Ernennung zum Gouverneur von Florida wurde er in der City Gazette and Daily Advertiser als „second Washington“ beschrieben, woraufhin die Washington Gazette sogar meinte: „In military talents, in truth we believe him [Jackson] not second, but superior to Washington.“ Annals of Congress, 15th Congress, 2nd Session, S. 710-740, 734; Boston Patriot, 9. Februar 1819; Annals of Congress, 15th Congress, 2nd Session, S. 1088-1100, S. 1099; City Gazette and Daily Advertiser, 18. April 1821; City of Washington Gazette, 26. April 1821. 34 Baltimore Patriot, 8. Januar 1824. 35 Zum Beispiel: Carolina Gazette; Juni-August 1824; oder auch: Louisville Public Advertiser, 11. Juni 1823. Siehe auch: Lowe, Gabriel: John H. Eaton, Jackson’s Campaign Manager, in: Tennessee Historical Quarterly 11 (1952), S. 99-147, S. 104.

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dieser Artikeln erschienen im Wahljahr erneut als Pamphlet unter dem Titel The Letters of Wyoming to the People of the United States on the Presidential Election and in Favour of Andrew Jackson.36 Im selben Jahr wurde auch die 1817 von John Reid verfasste Jackson-Biographie The Life of Andrew Jackson ebenfalls durch John Eaton erweitert und wiederveröffentlicht.37 Während in der Biographie keinerlei Zusammenhang zu antiken Republiken oder George Washington hergestellt wird, gilt dies nicht für die Letters of Wyoming: Bereits im Vorwort vergleicht der Herausgeber Jackson mit Cincinnatus und George Washington.38 Eaton setzt dann im Folgenden Jackson sechs Mal in direkten Bezug zu dem ersten Präsidenten: „No one has done more for his country since the days of Washington.“39 Jeglichen Beweis der Hingabe und Liebe Washingtons für sein Land „has been equally afforded by Jackson, and in saying so, no injustice is done to the merits of the former.“40 Jackson, einer der letzten lebenden Kämpfer aus dem Revolutionskrieg, habe auch im „zweiten Unabhängigkeitskrieg“ das Land verteidigt und befreit.41 Daher verdiene Jackson die „affections of the American people, next to the immortal Washington.“42 Kritik an Jackson, zum Beispiel für die Aufrechterhaltung des martial law nach der Schlacht von New Orleans, wischt Eaton mit der Bemerkung beiseite: „Washington would have done the same.“43 Im Gegensatz zu seinen Gegnern habe der Held von New Orleans keinerlei Ehrgeiz politische Macht auszuüben. Im Gegenteil, wie Cincinnatus würde Jackson bei seinem Pflug auf seiner Farm verweilen und auch gerne dort bleiben – außer das Volk würde ihn brauchen und rufen.44 Dieses Verhalten sei bereits in der Vergangenheit zu beobachten gewesen, zum Beispiel als Jackson zum Gouverneur von Florida ernannt worden war: Obwohl er für diese Position 6000 Dollar jährlich erhalten hätte, sei Jackson, sobald seine Auf36 Simpson, S. & Conrad, J. (Hrsg.): The Letters of Wyoming to the People of the United States on the Presidential Election and in Favour of Andrew Jackson, Philadelphia 1824, im Folgenden zitiert als: Letters of Wyoming. Autorenschaft Eatons nach: Warschauer, Matthew: Andrew Jackson as a Military Chieftain in the 1824 and 1828 Presidential Elections, in: Tennessee Historical Quarterly 57/1 (1998), S. 4-23, S. 12. 37 Eaton, John Henry: The Life of Andrew Jackson, Philadelphia 1824. 38 Letters of Wyoming, S. 1. 39 Letters of Wyoming, S. 10. 40 Letters of Wyoming, S. 91. 41 Letters of Wyoming, S. 23. 42 Letters of Wyoming, S. 15. 43 Letters of Wyoming, S. 36, weitere Vergleiche Jacksons mit Washington auf S. 39 und S. 45. 44 Letters of Wyoming, S. 45 f.

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gabe erfüllt war, bereits nach kurzer Zeit ins Privatleben zurückgekehrt. Auch sei er im Ruhestand geblieben und habe den von der Monroe Administration angebotenen Posten des Botschafters in Mexiko ausgeschlagen, da er sich vor keinem Tyrannen habe verbeugen wollen.45 Für diesen Posten hätte Jackson mehr als 20.000 Dollar erhalten und kaum einer der anderen Präsidentschaftskandidaten, so Eaton, hätte wohl dieser Versuchung widerstehen können.46 Als Kontrast zu Jackson als neuem Washington und Cincinnatus kreiert Eaton das Bild einer kleinen elitären Gruppe, der „leading men of the country, governed by faction, or controlled by interest.“47 Diese seien, wie die Generäle Alexanders des Großen, nur auf Machtgewinn aus und dafür bereit, die Zukunft des Landes zu opfern.48 Wenn keine direkte Wahl des Präsidenten durch das Volk möglich sei, müssten die Einzelstaaten wenigsten den Willen ihrer Bevölkerung respektieren, so Eaton weiter. Andernfalls werde das amerikanische Volk zu einem bloßen Werkzeug der „leading men“, die eine Aristokratie anstreben würden, reduziert.49 Bereits zuvor hatte Eaton in einem Absatz mit der Überschrift The Next President and Ursurpation deutlich gemacht, dass das CaucusVerfahren, welches nur dazu diene, dem Volk mitzuteilen „who shall take the helmet“, eine Form von Usurpation sei. Gleiches gelte für die Staatenparlamente, welche den Willen ihrer Bevölkerung in der Frage der Präsidentschaft ignorieren

45 Tatsächlich hatte Jackson das Amt des US-Botschafters im politisch höchst instabilen Mexiko abgelehnt und bei dem Angebot durch John Quincy Adams schnell durchschaut, dass es sich hierbei um einen Versuch handelte, ihn auf den einfachsten Weg aus dem Rennen um die Präsidentschaft zu nehmen. Hierzu war Jackson allerdings keineswegs bereit. Seine offizielle Begründung gegenüber Präsident Monroe für die Ablehnung des Postens entsprach den Ausführungen Eatons in The Letters of Wyoming, dass Jackson niemals einem Tyrannen und Despoten dienen wolle. Gemeint ist Agustín de Iturbide, welcher zunächst als Freiheitskämpfer auftrat, jedoch von Juli 1822 bis März 1823 Kaiser von Mexiko war. Nach seiner Rückkehr aus dem Exil 1824 wurde er hingerichtet. Zu finden in Jacksons Korrespondenz zum Beispiel: To Secretary Adams, 15. März 1823; To President Monroe, 19. Februar 1823; To Brigadier-General John Coffee, 10. März 1823, in: Bassett: Correspondence of Andrew Jackson, 3, S. 192 f.; S. 188; S. 192 f. Zu Iturbide und die Gründe der Einführung der Monarchie in Mexiko siehe: Anna, Timothy E.: The Rule of Agustín de Iturbide: A Reappraisal, in: Journal of Latin American Studies, 17, 1 (May 1985), S. 79-110. 46 Letters of Wyoming, S. 98 f. 47 Letters of Wyoming, S. 4. 48 Letters of Wyoming, S. 3. 49 Letters of Wyoming, S. 65.

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würden.50 „If so, away with the right secured by the Constitution; for an ARISTOCRACY is rising in our land.“51 Während Eaton in Jackson einen zweiten Washington und neuen Cincinnatus sieht, welcher die republikanischen Tugenden virtue und disinterestedness verkörpert, beschreibt er Jacksons Gegner als eine elitäre Gruppe, welche von eigenen Interessen und von Faktionalismus getrieben wird. Eaton folgt damit der Rhetorik der antiken Autoren und der Federalists, wenn er vor Faktionen und ehrgeizigen, von Selbstinteresse getriebenen Männern warnt. Ein Schlüsselbegriff in der Argumentation der Jackson-Anhänger ist hierbei der der Aristokratie. Eaton beschreibt damit eine korrupte und von Selbstinteresse geleitete Elite, wobei meist nach Definition der antiken Autoren eine Oligarchie, eine degenerierte und ungerechte Herrschaft, gemeint ist und keineswegs die idealisierte farmers’ aristocracy, welche zum Wohle der Republik handelt. Im Kontext der Ausführungen der antiken Autoren würde daher eher das Wort Oligarchie anstelle von Aristokratie passen, da Eaton ja eine ungerechte Herrschaft meint. Der Ausdruck Oligarchie taucht jedoch nur sehr selten in dem Diskurs über die Zukunft der Republik auf. Stattdessen wird häufig von einer moneyed aristocracy gesprochen, ein Begriff, welcher der ungerechten und korrumpierenden Form der „Herrschaft von einigen Wenigen“ in den Texten der antiken Autoren sehr nahe kommt. Bereits Aristoteles hatte davor gewarnt, dass oligarchische Elemente im Staat die Überhand gewinnen könnten und dann versuchen würden, alle politischen Posten zu besetzen und zu vererben.52 In den USA hatte Thomas Jefferson, der zeitlebens sowohl gegen die Staatsverschuldung als auch gegen die Zentralisierung des Bankensystems eingetreten war, noch 1817 von der Gefahr für die Institutionen der Republik durch das Bankensystems und einer „monied aristocracy“ gewarnt.53 Auch in der Seminole War Debate hatte David Walker ar50 Letters of Wyoming, S. 16-19. Eaton meint hiermit wohl die Staaten, die zu diesem Zeitpunkt noch die Wahlmänner für die Präsidentschaftswahl von der Legislative bestimmen ließen. Vgl. S. 75. 51 Letters of Wyoming, S. 23. 52 Vgl. S. 22 f. 53 „The bank mania is one of the most threatening of these imitations. It is raising up a monied aristocracy in our country which has already set the government at defiance, and although forced at length to yield a little on this first essay of their strength, their principles are unyielded and unyielding. These have taken deep root in the hearts of that class from which our legislators are drawn. […] and thus those whom the Constitution had placed as guards to its portals, are sophisticated or suborned from their duties.“ Thomas Jefferson to Josephus B. Stuart, 10. Mai 1817, in: Lipscomb, Andrew A. (Hrsg.): The Writings of Thomas Jefferson, 15, Washington D.C. 1905, S. 111-

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gumentiert, dass der Untergang einer Republik durch eine „moneyed aristocracy“ verursacht würde.54 In diesem Kontext verwendete auch Jackson diesen Begriff des Öfteren. In einem Brief vom April 1824 macht er zunächst deutlich, dass es seine Pflicht sei, die in der Revolution erkämpften Errungenschaften zu verteidigen und fügt hinzu: „I am one of those who do not believe that a national debt is a national blessing, but rather a curse to a republic; inasmuch as it is calculated to raise around the administration a moneyed aristocracy dangerous to the liberties of the country.“55 Jackson bezieht somit bewusst Stellung gegen Alexander Hamiltons Philosophie, welcher mehr als 40 Jahre zuvor Staatsverschuldung als „a national blessing“ bezeichnet hatte.56 Jacksons Ansicht nach ermöglicht die Staatsverschuldung hingegen einer moneyed aristocracy, sich in Washington zu etablieren und entscheidenden Einfluss auf die Politik zu nehmen. In einem weiteren Brief erklärte er, dass es sein primäres Ziel sei: „to prevent a monied aristocracy from growing up around our administration that must bend it views, and ultimately destroy the liberty of our country.“57 Jackson berief sich folglich auf republikanische Werte und glaubte, die Republik vor einer elitären Gruppe beschützen zu müssen, welche sich in Washington festgesetzt hatte, um, eigennützigen Interessen folgend, Einfluss auf die Politik zu nehmen.58 Als Mitglieder dieser Gruppe machten Jackson und seine Anhänger, wenig überra-

114, S. 112. Jeffersons Äußerungen wurden auch im Wahlkampf um die Präsidentschaft 1828 erneut aufgenommen und veröffentlicht; zum Beispiel: Baltimore Patriot, 25. September 1826. Zur allgemeinen Einstellung Jeffersons zur Staatsverschuldung und dem Bankensystem siehe zum Beispiel: Swanson, Donald F.: “Bank-Notes Will Be but as Oak Leaves”: Thomas Jefferson on Paper Money, in: The Virginia Magazine of History and Biography, 101, 1, “In the Modest Garb of Pure Republicanism”: Thomas Jefferson as Reformer and Architect (Jan. 1993), S. 37-52. Siehe auch: Dorfmann, Joseph: The Economic Philosophy of Thomas Jefferson, in: Political Science Quarterly, 55, 1 (Mar., 1940), S. 98-121. 54 Vgl. S. 63 f. 55 Zitat siehe: To L.H. Coleman, 26. April 1824, in: Bassett: Correspondence of Andrew Jackson, 3, S. 249 f. Siehe auch: To Brigadier-General John Coffee, 18. Juni 1824, in: Bassett: Correspondence of Andrew Jackson, 3, S. 255-258. 56 Alexander Hamilton to Robert Morris, 30. April 1781, in: Syrett, Harold (Hrsg.): The Papers of Alexander Hamilton, 2, New York/London 1961, S. 604–635, S. 635. 57 To William S. Fulton, 4. Juli 1824, Bassett: Correspondence of Andrew Jackson, 3, S. 259 ff. 58 Einflussreich in diesem Bezug waren auch die Ideen von John Taylor. Siehe: Taylor, John: Tyranny Unmasked, first time published in 1821, New York 2005.

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schend, die politischen Gegner aus, die alle seit längerer Zeit bereits politisch einflussreiche Posten innehatten. Neben Jacksons Korrespondenz und den ohne Zweifel einflussreichen Letters of Wyoming findet sich eine ähnliche Argumentation vor allem auch immer wieder in Protokollen von Treffen von Jackson-Anhängern auf meist lokaler Ebene. Als Ausdruck eines direkteren Demokratieverständnisses wurden bei diesen Treffen Reden gehalten und Beschlüsse gefasst, welche dann in diversen Jackson freundlich gesinnten Zeitungen veröffentlicht wurden. Die Argumentationsstruktur der Letters of Wyoming übernehmend, beschloss ein Treffen der Democratic Citizens of the City and the County of Philadelphia, dass man sich niemals einer „self-constituted Aristocracy“ beugen werde. Es sei das verfassungsmäßige Recht des Volkes, seine Kandidaten für die Präsidentschaft selbst nominieren zu dürfen. Dieser Kandidat könne kein anderer als Jackson sein: „Retired on his farm, the American Cincinnatus is cultivating with his own hand the soil that he defended from the grasp of a foreign foe. […] From such a man, we may responsibly expect, the military skill of a WASHINGTON, combined with the political sagacity of a JEFFERSON. […] let us proclaim the HERO OF NEW ORLEANS our next President.“59 Das Bild des American Cincinnatus, welcher eigenhändig das Land kultiviert, welches er zuvor in den Kriegen gegen die Briten verteidigt hat, verweist auf urrepublikanische Tugenden, welche sich in Jackson angeblich sogar perfektionieren, da sich in ihm das militärische Genie eines Washington mit dem politischen eines Jefferson vereinen. Somit wird Jackson als Held der amerikanischen Geschichte und als Inbegriff einer neuen Symbiose der Werte der Republik und Revolution gefeiert, verkörpert durch Washington und Jefferson. Auch bei einem meeting of the friends of General Andrew Jackson in New Orleans wurde festgestellt: „Washington was their [the people’s] candidate; they called him from the shades of Mount Vernon, and unanimously gave him the reins of government. And now they have found JACKSON like their ancient Cincinnatus at his plough, and have called him forth as their candidate.“ Jackson zu rufen sei notwendig, da eine Usurpation in Form des Caucus im Gange sei, welche die Republik zerstören würde. Früher habe der Kongress richtigerweise „those great and unsullied patriots whom all hearts approved“ nominiert, ebenso wie in den Tagen der römischen Republik. Aber aufgrund des natürlichen Verfalls sei in Rom das Reich bald von den Prätorianern an den Höchstbietenden versteigert worden.60 In den USA habe man zwar keine Prätorianer, dafür aber „cohorts of 59 Daily National Intelligencer, 14. November 1823. 60 Genannt wird konkret das Beispiel des M. Didius Severus Iulianus. Dieser hatte nach der Ermordung des Pertinax durch die Prätorianer 193 nach Christus seine

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office-holders and office-hunters, who would sell the nation for a place.“ Nur Jackson, der Kandidat des Volkes, könne diese korrupten Machenschaften und dem Verfall der Republik noch Einhalt gebieten.61 Bei dieser Argumentation und dem Verweis auf Rom spiegelt sich ebenfalls die Theorie des Kreislaufs der Verfassungen, mitsamt der befürchteten Degeneration der Republik, wider: Während die Generation der Gründerväter die besten Männer aus ihren Reihen gewählt hätte, würde jetzt nur noch um Posten und Einfluss geschachert und derjenige, der am meisten zu bieten habe, würde an die Macht gelangen. Diesen Verfall aufzuhalten gelinge nur, indem man dem Volkswillen, welcher sich durch die Wahl des neuen amerikanischen Cincinnatus Andrew Jackson ausdrücke, respektiere und man so die republikanischen Tugenden wiederbeleben würde. Eine Kombination der Argumente aus der Seminole War Debate und den Letters of Wyoming lässt sich in einer Ansprache erkennen, die bei einem Jackson Meeting in Pittsburgh gehalten und später in der Illinois Gazette abgedruckt wurde. Zunächst wird Jacksons Verhalten verteidigt und mehrmals darauf verwiesen, dass, wenn Jacksons Handlungsweise der eines Tyrannen gleiche, George Washington ebenfalls ein Tyrann gewesen sein müsse. Jacksons Verhalten zeige aber deutlich, dass er sich nicht wie ein Marius oder Caesar aufführe, sondern wie ein Phokion, Sokrates oder Camillus. Es folgt der Verweis auf die Geschichte vergangener Republiken: „Let us therefore guard every avenue against intrigue and corruption. Other republics equally virtuous and enlightened have fallen by permitting their rulers gradually to expand their power, and encroach on the liberties of the people. Let the fall of republicks of Greece, of Rome and Venice, warn us from a similar fate.“ Um deren Schicksal zu vermeiden, habe man daher Jackson als Kandidaten auserkoren: „Like Cincinnatus and Washington let us call him from the plough to direct the destinies of his country! […] Republics are proverbially ungrateful; ingratitude is the fatal rock on which many have already wrecked. Let us profit by their downfall. Athens banished Aristides because he was just and her liberties were overthrown. If we refuse to elect the patriot Jackson, it will be a political ostracism more disgraceful than the banishment of Aristides, and deserving a similar fate.“62 Akklamation als Imperator gegen seinen Mitbewerber Sulpicianus im wahrsten Sinne des Wortes ersteigert, herrschte allerdings nur 66 Tage. Zu finden unter anderem bei: Cassius Dio, Römische Geschichte, LXXIV, 10-16; auch ausführlich bei Gibbon: Decline and Fall of the Roman Empire, Kap. 5. 61 Louisville Public Advertiser, 30. Juni 1824. 62 The Illinois Gazette, 31. Januar 1824.

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Jackson wird hier als einfacher Farmer beschrieben und konkret in eine Reihe mit Cincinnatus und Washington gestellt. Neben diesen Vergleichen wird auf das bewährte Muster zurückgegriffen, Jackson als Opfer der Republik darzustellen und den aggressiven Typen der Gegner gegenüberzustellen. Marius und Caesar sind bekannte Beispiele, mit denen Jacksons Gegner versuchten, diesen zu diskreditieren. Auch Aristides und Camillus tauchen bereits in der Seminole War Debate als republikanische Vorbilder auf.63 In diesem Fall wird die Reihe von Fallbeispielen durch Sokrates und Phokion ergänzt. Die Erweiterung um diese beiden Persönlichkeiten (welche bereits bei Plutarch in Zusammenhang gebracht werden), passt in die Argumentation, da Sokrates und auch der Staatsmann Phokion sich gegen die Athener Elite gestellt hatten. Daraufhin wurde Sokrates 399 vor Christus und Phokion 318 vor Christus zum Tode durch Gift verurteilt.64 Zwar sind diese beiden Beispiele nur selten zu finden, doch verbirgt sich dahinter erneut das Motiv der undankbareren Republik, welche ihre besten Männer opfert. Interessant ist zudem der Verweis, dass man aus den Gründen für den Untergang von Republiken lernen müsse, in diesem Falle Griechenlands, Roms und Venedigs.65 Der Grund für deren Untergang sei kein Militärdespot, sondern die politische Elite selbst gewesen, welche immer mehr Macht erlangt habe. Diesen Prozess könne man nur aufhalten, indem man Jackson zum Präsidenten wähle. Sollte dies nicht geschehen, wäre dies schlimmer für die Republik als das Verhalten der Athener gegenüber Aristides; die USA hätten dann auch kein besseres Schicksal als der antike Stadtstaat verdient. Dieses Argument knüpft somit ebenfalls nicht nur an die Rhetorik der Reden von Jacksons Verteidigern in der Seminole War Debate an,66 sondern folgt auch der Argumentation antiker Autoren wie Aristoteles. Inwieweit die hier exemplarisch angeführten Zeitungsartikel durch Eatons Letters of Wyoming beeinflusst wurden, ist nicht mit letzter Sicherheit festzustellen. Der Historiker Robert P. Hay vertritt in einem Aufsatz von 1970 jedoch die Ansicht, dass wohl viele Unterstützer Jacksons ähnlich wie Eaton argumentierten, ohne jedoch die Letters of Wyoming jemals gelesen zu haben. Hay erklärt 63 Vgl. zum Beispiel S. 57-61. 64 Plutarch, Phokion 38.2. 65 Die Republik Venedig passt eigentlich ausgezeichnet in diese Argumentation, da sie 1797 durch den Einmarsch Napoleons beendet wurde und fortan den Amerikanern als ein Beispiel für den Untergang einer Republik diente. Es überrascht daher, dass Venedig als Fallbeispiel von der Folgegeneration der Gründerväter sehr selten vorgebracht wird. Zu Venedig als Beispiel bei den Gründervätern siehe: Bailyn: The Ideological Origins of the American Revolution, S. 64. 66 Siehe zum Beispiel die Reden von John Floyd und Henry Baldwin, S. 62 f.

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dies mit der Tatsache, dass die Gemeinsamkeiten zwischen den Aussagen Eatons und weiterer Jackson-Anhänger wohl darauf beruhen, dass sie gemeinsame Werte sowie Hoffnungen an Jackson teilten: „[They] were writing out of a climate of shared assumptions and values, common beliefs and hopes.“67 Dies ist zwar richtig, doch verfehlt Hay in diesem Kontext, auf das zyklische Weltbild von Jacksons Zeitgenossen zu verweisen. Er übersieht dadurch auch einen weiteren Grund für die Ähnlichkeiten: das Kontern der rhetorischen Angriffe auf Jackson durch dessen Gegner vor der Folie der Antike und der von den antiken Autoren beschriebenen Gründe für den Übergang der einzelnen Verfassungsformen. Jacksons Anhänger etablierten ein konkretes Gegenargument, indem sie das bereits zur Revolutionszeit auf Washington projizierte Bild des tugendhaften und republikanischen Farmers Cincinnatus übernahmen und auf Jackson übertrugen. Dieser erhob sich nun mithilfe des Volkes gegen die perfiden Machenschaften einer Elite, einer moneyed aristocracy, in Washington D.C. Jackson selbst glaubte, dass: „the redeeming spirit of a virtuous people, who will arise in the majesty of their strength, and hurl these Demagogues of corruption from their confidence; can redeem our nation from woe, & our republican Government from destruction.“68 Er war von der Tugendhaftigkeit des einfachen Volkes überzeugt, welches sich nicht von den korrupten Machenschaften der Demagogen blenden lassen und die Republik retten würde. Sollte das Volk jedoch zulassen: „to be dictated to by designing demagogues, who carry on every thing by intrigue, & management, they cannot expect to see their present happy Government perpetuated; it must sink under the scenes of Corruption that will be practiced under such a system; and in time open bribery may, & I have no doubt will be resorted to, to obtain a seat in the presidential chair, if the people do not assume their rights of choosing a president themselves.“69

Für Jackson, wie auch für John Eaton und weitere Anhänger, geht die Gefahr klar von einer kleinen, elitären Gruppe aus, welche versucht, größeren politischen Einfluss zu erringen und Ämter unter sich aufzuteilen. Sollte dieser Zu67 Hay, Robert P.: The Case for Andrew Jackson in 1824; Eatons Wyoming Letters, in: Tennessee Historical Quarterly, 29 (1970), S. 139-151, S. 150. 68 To Andrew Jackson Donelson, 17. April 1824, in: Moser: The Papers of Andrew Jackson, 5, S. 395 f. Siehe auch: To William Savin Fulton, 21. Dezember 1823, in: Moser: The Papers of Andrew Jackson, 5, S. 328 f.; To Andrew Jackson Donelson, 6. August 1822, in: Moser: The Papers of Andrew Jackson, 5, S. 221 f. 69 To John Donelson, 9. Februar 1824, in: Moser: The Papers of Andrew Jackson, 5, S. 354 f.

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stand erreicht sein, würde die Republik untergehen. Wie die antiken Quellen, welche vor dem Einfluss von Volksverführern warnen, verwendet auch Jackson das Schlagwort „designing demagogues“ in diesem Kontext. Doch war Jackson auch davon überzeugt, dass ein Volk, welches zur Blütezeit einer Republik tugendhaft ist, sich sein Recht erkämpfen werde, selbst zu entscheiden, wen es an der Spitze des Staates stellen will. Jackson wurde daher nicht müde zu betonen, er selbst hege keinerlei Ambitionen, jemals Präsident der Vereinigen Staaten zu werden: „when my name was presented to the nation, for the important and highly responsible office of chief magistrate, none certainly less expected it, and none desired it less than I did.“70 Von Beginn des Wahlkampfs an füllte Jackson somit die Rolle eines modernen Cincinnatus und „zweiten Washington“ ausgezeichnet aus und stellte sich selbst in die republikanische Tradition, ein Amt als Bürde zu sehen, welches man wider Willen annahm, um seine Pflicht zum Wohle der Republik nachzukommen. In seiner Korrespondenz beschreibt er immer wieder, dass seine mögliche Präsidentschaft ihn nur davon abhalten würde, auf seiner Farm zu verweilen: „had I a choice, I would prefer a retired life on my farm, for I do assure you there is no happiness for me, in Public life. I find mankind Treacherous, and corrupt, and virtue to be found amonghst the farmers of the country alone, not about courts, where courtiers dwell.“71 Jackson betonte mehrmals, dass man ihn nominiert habe, ohne ihn zuvor zu fragen, ob er dazu bereit sei, das Amt des Präsidenten auszufüllen. Wenn sein Vaterland ihn allerdings bräuchte, wäre er bereit, seine Pflicht zu tun.72 Virtue sei „the main pillar

70 To James Tallmadge, 12. März 1824, in: Bassett: Correspondence of Andrew Jackson, 3, S. 237 f. Siehe auch: To James Craine Bronaugh, 1. August 1822, in: Moser: The Papers of Andrew Jackson, 5, S. 210 f. 71 To Andrew J. Donelson, 26. Februar 1824, in: Bassett: Correspondence of Andrew Jackson, 3, S. 230 ff., bereits zuvor: „My only ambition was to spend the remainder of my days in domestic retirement, with my little family; it has turned out otherwise to my great annoyance; still I submit with proper resignation.“ To Captain John Donelson, 9. Februar 1824, in: Bassett: Correspondence of Andrew Jackson, 3, S. 226 f. 72 To Henry Baldwin, 24. Januar 1823, und: To H.W. Peterson, 23. Februar 1823, in: Bassett: Correspondence of Andrew Jackson, 3, S. 184 und S. 189 f. Jackson verschweigt hierbei, dass er sehr wohl zunächst zugestimmt hatte, bevor er am 20. Juli 1822 einstimmig von Tennessees Legislative als Präsidentschaftskandidat vorgeschlagen wurde. Remini, Robert V.: Andrew Jackson and the Course of American Freedom, 1822-1832, 2, S. 49, Baltimore/London 1981, im Folgenden zitiert als: Remini: Jackson, 2.

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of a Republican Government“,73 so Jackson, und das Amt des Präsidenten sei zu verantwortungsvoll, als dass jemand danach strebe sollte, unabhängig von seinen Verdiensten. „I never did electioneer, intrigue, or combine for office in my life.“74 Sein eigenes Verhalten in der Vergangenheit, so Jackson, würde bezeugen, dass das Verhalten des „immortal Washington“ auch seiner eigenen lebenslangen Maxime entspräche „[n]either to seek, nor decline public favour.“75 Er konkretisiert diesen Gedanken auch, indem er Washington als republikanisches Vorbild beschreibt und in den Kontext des Diskurses über die Zukunft der Republik setzt: „Both the surrender of his [Washington’s] sword to Congress at the termination of the Revolutionary War, and his relinquishment of the Presidency, are imperishable moments of self-conquest, from which future generations will learn how vain is the fame of the Warrior or the renown of the statesman, when built upon the ruin and subjection of a country, contrasted with that which establishes its freedom and Independence; the fame of a Cesar and Bonaparte, with that of a Washington.“76

Jackson stellt Washington bewusst Caesar und Napoleon gegenüber, wohl auch um deutlich zu machen, an wessen Handeln er sich selbst orientiert, und um auszudrücken, dass seine Kritiker ihm Unrecht täten. Rhetorisch ließ sich Jackson hier vermutlich von Weems inspirieren, welcher Washington nahezu exakt in diesem Kontext beschreibt.77 Jackson betont mehrfach, dass das tugendhafte amerikanische Volk sich gegen Demagogen und Eliten erheben und um politisches Mitspracherecht kämpfen müsse. Jackson verwendet somit nicht nur ähnliche Argumentationsmuster wie seine Anhänger, sondern stellt sich persönlich in die Tradition der Gründerväter, in dem er virtue und disinterestedness als republikanische Tugenden hervorhebt, denen es nachzueifern gelte. Die hier exemplarisch angeführten Beispiele zeigen, dass die Theorien der antiken Autoren nach wie vor Einfluss auf die Gedankenwelt Jacksons und seiner Zeitgenossen hatten.

73 To George Kremer, 6. Mai 1824, in: Moser: The Papers of Andrew Jackson, 5, S. 402 f. 74 To Samuel Swartwout, 25. März 1824, in: Moser: The Papers of Andrew Jackson, 5, S. 380 ff. 75 To John Overton and the Citizens of Nashville, 16. April 1825, in: Moser, Harold D., u.a. (Hrsg.): The Papers of Andrew Jackson, 6, Knoxville 2002, S. 62 f., im Folgenden zitiert als: Moser: The Papers of Andrew Jackson, 6. 76 To James Mease, 8. Januar 1825, in: Moser: The Papers of Andrew Jackson, 6. S 9 f. 77 Vgl. S. 37 f.

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Am 1. Oktober 1823 wurde Jackson zunächst für Tennessee in den US-Senat gewählt und setzte sich damit gegen Amtsinhaber Senator John Williams mit 35 zu 25 Stimmen durch.78 Dies war für Jackson und seine Unterstützer von strategischer Bedeutung, denn das Ergebnis zeigte dem Rest der Nation, dass Tennessee es mit der Präsidentschaftskandidatur Jacksons tatsächlich ernst meinte. Ferner war bewiesen, dass Jackson sehr wohl in der Lage war, politisch erfahrene Männer mit einer vermeintlich besseren Ausgangslage zu schlagen.79 Gleichzeitig feierte Jackson einen Sieg gegen einen seiner Erzfeinde, denn Williams war ein Anhänger Crawfords, welchen Jackson nicht zu Unrecht als einen der Drahtzieher der Vorwürfe gegen ihn in der Seminole War Affäre vermutete. Zudem machte Jackson ihn auch für die Reduzierung der Armee mitverantwortlich.80 Nach Jacksons Ankunft in Washington im Dezember 1823 wurde jeder Schritt des neuen Senators beobachtet. Jackson verhielt sich auffällig freundlich, offen und charmant, ging auf diverse Empfänge und Dinner Partys und vertrug sich offiziell mit seinen Gegnern – zum Schein sogar mit Henry Clay.81 In Wirklichkeit jedoch war ihm die Stadt zuwider. Seiner Frau Rachel schrieb Jackson, dass er sich bewusst aus allen manipulativen Manövern um die Präsidentschaftswahl heraushalte.82 Im Frühjahr 1824 gab John Calhoun seine Kandidatur um die Präsidentschaft auf, nachdem deutlich geworden war, dass er aufgrund von Jacksons Popularität in Pennsylvania diesen für ihn wichtigen Staat nicht gewinnen würde. Somit hatte Calhoun keine reelle Chance auf die Präsidentschaft mehr und musste sich mit

78 Remini: Jackson, 2, S. 52. 79 To Brigadier-General John Coffee, 5. Oktober 1823, in: Bassett: Correspondence of Andrew Jackson, 3, S. 210 f. 80 Jackson schrieb bereits vor seiner eigenen Kandidatur um die Präsidentschaft, dass er eher den Teufel unterstützen würde, als Crawford. Er änderte diesbezüglich seine Meinung auch in den folgenden Jahren nicht. To Colonel James Gadsden, 6. Dezember 1821, und: To Brigadier-General John Coffee, 31. Dezember 1823, in: Bassett: Correspondence of Andrew Jackson, 3, S. 139 ff. und S. 220 f. 81 Remini: Jackson, 2, S. 59-62. 82 To Mrs. Jackson, 21. Dezember 1823, in: Bassett: Correspondence of Andrew Jackson, 3, S. 217 ff.

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der Nominierung als Vizepräsident zufrieden geben.83 Da es mit Adams, Clay, Crawford und Jackson noch immer vier Kandidaten gab, konnte davon ausgegangen werden, dass bei der Wahl keiner die notwenige absolute Mehrheit der Wahlmännerstimmen (electoral vote) erhalten würde. Der zwölfte Zusatzartikel der Verfassung sieht in einem solchen Fall vor, dass die drei Kandidaten mit den meisten Stimmen sich im HoR einer Stichwahl stellen. Dort hat jeder Bundesstaat nur eine Stimme zu vergeben. Eine absolute Mehrheit ist erforderlich.84 Crawfords Anhänger versuchten daher die Wahl ihres Kandidaten durch einen Congressional Caucus abzusichern. Jedoch war bereits im Vorfeld bekannt geworden, dass 181 der 266 Abgeordneten den Caucus unter den gegebenen Umständen ablehnten. Zur Abstimmung am 14. Februar 1824 erschienen lediglich 66 Abgeordnete und stimmten mehrheitlich für Crawford. Doch war allzu deutlich geworden, dass der Congressional Caucus seine Akzeptanz verloren hatte.85 Die Nominierung Crawfords durch den Caucus hatte folglich einen eher negativen Effekt und schien die Argumente derjenigen zu bestätigen, die davon überzeugt waren, dass eine kleine Elite in Washington versuche, dem Volk die Entscheidung über einen Präsidentschaftskandidaten zu versagen. Erschwerend für Crawford kam hinzu, dass dieser bereits im Sommer 1823 einen Schlaganfall erlitten hatten, wodurch er zeitweise gelähmt und blind war. Auch wenn seine Anhänger hofften, dass er sich wieder ganz erholen würde, war sein Gesundheitszustand seiner Kandidatur sicherlich nicht zuträglich.86 Henry Clay blieb nach wie vor siegessicher. Zwar musste er mittlerweile anerkennen, dass Jackson ein ernstzunehmender Gegner war. Jedoch sah Clay es als seinen Vorteil an, dass die Wahl wohl im HoR entschieden werden würde. Er 83 Hay, Thomas Hobson (Hrsg.): John C. Calhoun and the Presidential Campaign of 1824. Some Unpublished Calhoun Letters, II, in: The American Historical Review, 40, 2 (Jan. 1935), S. 287-300, S. 290. 84 Constitution of the United States, Amendment XII, www.archives.gov/exhibits/ charters/constitution_amendments_11-27.html. 85 Cunningham: The Jeffersonian Republican Party, S. 269. Jacksons Abneigung gegen Crawford war sicherlich persönlicher Natur, doch lehnte er ebenso den Congressional Caucus kategorisch ab. Sollte er weiterhin praktiziert werden, so Jackson, etabliere sich ein System, welches die Freiheit der Republik zerstören würde. Eine „central power“ würde entstehen, welche „under patronage of a corrupt, and venal administration, will deprive the people of their liberties; and place into the executive chair whom they may will.“ To Brigadier-General John Coffee, 28. März 1824, in: Bassett: Correspondence of Andrew Jackson, 3, S. 241 f. 86 Parsons: Modern Politics, S. 83. Siehe auch: Wilentz: Rise of American Democracy, S. 242.

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spekulierte, dass sein Einfluss und Ansehen als dessen Sprecher auch bei der Wahl zum Präsidenten zum Tragen kommen würde. Bereits im Februar 1822 war er sich sicher, dass, wenn es ihm möglich wäre bei der Stichwahl anzutreten, er diese auch gewinnen würde.87 Auch zwei Monate später hatte sich für Clay die Lage nicht geändert: „there is no doubt of my election if I am one of the three highest that enter the H[ouse] of R[epresentatives] no matter who my two associates may be. I believe myself that I should obtain the votes of 15 or 16 states against any one of the Candidates.“88 Während Clay schon kalkulierte, wie viele Stimmen er letztlich bei der entscheidenden Abstimmung erhalten würde, kam es anders als von ihm erhofft. Ende Dezember 1824 stand das Wahlergebnis fest und wie erwartet musste das HoR über den neuen Präsidenten entscheiden. Jackson hatte 152.901 der insgesamt 361.120 Wählerstimmen erhalten und somit circa 42 Prozent der moralisch wichtigen popular vote für sich verbuchen können, doch verfehlte er die notwendige absolute Mehrheit der entscheidenden electoral vote um 32 Stimmen. Insgesamt erhielt Jackson 99, Adams 84, Crawford 41 und Clay nur 37 der Wahlmännerstimmen.89 Henry Clay war damit nicht in der Stichwahl im HoR vertreten und konnte seinen Einfluss dort nur noch für einen der anderen drei Kandidaten geltend machen, wobei er Adams und Jackson die besten Chancen einräumte: „I cannot tell you who will be elected, most probably it will be either Genl. Jackson or Mr. Adams. And what an alternative that is!“90 Bei der entscheidenden Abstimmung am 9. Februar 1825 erhielt Adams die notwendigen 13 Stimmen für eine direkte Wahl. Jackson erhielt mit sieben Stimmen vier Stimmen weniger als bei der eigentlichen Wahl. Crawford erhielt die Stimmen von vier Bundesstaaten.91 Damit wurde Adams zum sechsten Präsidenten der USA gewählt. Dadurch wird deutlich, dass die Abgeordneten des HoR sich keineswegs dem Mehrheitswillen der Wähler in ihren Staaten verpflichtet fühlten. Nicht ohne Grund hatten die Gründerväter den Einfluss des Volkswillens reglementiert und den einzelnen Repräsentanten der Staaten überlassen, wen sie wählen wollten. Es erscheint daher durchaus plausibel, dass für viele Abgeordnete Adams als der am besten geeignete Kandidat erschien, da er

87 To Charles Hammond, 22. Februar 1824, in: Hopkins: Papers of Henry Clay, 3, S. 654 f. 88 To Peter B. Porter, 26. April 1824, in: Hopkins: Papers of Henry Clay, 3, S. 743 f. 89 Siehe: Remini: Jackson, 2, S. 81-84. 90 To James Erwing, 13. Dezember 1824, in: Hopkins: Papers of Henry Clay, 3, S. 895. 91 Remini: Jackson, 2, S. 92-95.

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dem von den Gründervätern vorgelebten Ideal eines Präsidenten am ehesten zu entsprechen schien.92 Adams wurde am 4. März 1825 in sein Amt eingeführt. Jackson beschrieb die Prozession zum Kapitol als eine pompöse Zeremonie: „with guns and drums not very consisted in my Humble opinion with the character of the occasion. Twenty-four years ago when Mr. Jefferson was inducted into office, no such machinery was called in to give solemnity to the scene. He rode his own horse, and hitched him himself to the inclosure. But it seems that times are changing.“93 Entsprach die Einführungszeremonie nicht Jacksons Vorstellung eines republikanischen Verhaltens, so galt dies umso mehr für die Umstände, unter denen Adams ins Amt gelangt war. Alle Vorwürfe über eine moneyed aristocracy schienen sich bewahrheitet zu haben: Der Wille der Mehrheit des Volkes war missachtet und die Präsidentschaft durch eine kleine Elite entschieden worden, welche sich gegenseitig Posten und Einfluss sicherte. Verbittert schrieb Jackson: „I weep for the liberty of my country when I see at this early day of its ‚successful experiment’, that corruption has been imputed to many members of the House of Representatives, and the rights of the people have been bartered for promises of office“.94 Konkrete, aber zunächst nicht haltbare Gerüchte über einen corrupt bargain zwischen Adams und Clay kursierten bereits vor der letztlichen Abstimmung im HoR und waren wohl bewusst von Jackson selbst oder nahen Vertrauten in die Welt gesetzt worden. Welchen Einfluss Clay bei der Abstimmung schlussendlich hatte, ist schwer zu belegen. Zumindest gelang es ihm, dass Kentucky, der Staat, den er selbst repräsentierte, für Adams stimmte. Das ist bemerkenswert, denn Adams hatte zuvor dort keine einzige popular vote erhalten und das Staatenparlament von Kentucky hatte die Instruktion nach Washington geschickt, für Jackson zu stimmen.95 Nach seiner Wahl hatte Adams dann Clay den Posten des Secretary of State angeboten, den Clay am 20. Februar 1825 annahm. Clay wurde nun endgültig vorgeworfen, seinen Einfluss für Adams im Austausch gegen den Kabinettsposten geltend gemacht zu haben.96 92 Remini: Henry Clay, S. 239. 93 To Samuel Swartwout, 5. März 1825, in: Bassett: Correspondence of Andrew Jackson, 3, S. 280 f. 94 To Brigadier-General John Coffee, 19. Februar 1825, in: Bassett: Correspondence of Andrew Jackson, 3, S. 277 f. 95 Remini folgend ist es auf Clay zurückzuführen, dass auch Ohio für Adams stimmte. Insgesamt spricht Remini Clay zwar einen gewissen Einfluss zu, welcher allerdings auch überschätzt worden sei. Remini: Jackson, 2, S. 86-89. 96 Peterson: The Great Triumvirate, S. 128 f.

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Es ist allerdings nicht zu beweisen, dass Clay sich tatsächlich deswegen für Adams ausgesprochen und es einen corrupt bargain zwischen beiden gegeben hat.97 Clay selbst blieb zumindest weiterhin seiner Argumentation von der Seminole War Debate und der Wahlkampfkampagne treu. Bereits Ende Dezember 1824 hatte Clay erklärt, dass er sich längst für Adams entschieden habe, da er keinesfalls „a military man“ unterstützen könne.98 Dieses Argument führte er einen Monat später weiter aus: „I cannot but fear that the election of Genl. Jackson, when we look at the cause which would produce it, and the principles by which it has been supported, would be a precedent fraught with much danger to the character and security of our institutions.“99 Ende Januar 1825 äußerte sich Clay erneut, dass er nicht dazu beitragen würde: „to establish the dangerous precedent of elevating, in this early stage of the Republic, a Military Chieftain, merely because he has won a great victory“.100 Bereits zuvor hatte Clay geschrieben: „I consider whatever choice we may make will be only a choice of evils – To both those Gentlemen [Jackson und Adams] there are strong personal objections – The principal difference between them is that in the election of Mr Adams we shall not by the example inflict any wound upon the character of our institutions; but I should much fear hereafter, if not during the present generation, that the election of the General would give to the Military Spirit a Stimulus and a confidence that might lead to the most pernicious results – I

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Gegenüber Senator Thomas Hart Benton hatte Clay angeblich bereits vor dem 15. Dezember 1824 geäußert, dass er für Adams stimmen werde, und nach den Memoiren von John Quincy Adams teilte Clay ihm diese Entscheidung am 9. Januar 1825 in einer privaten Unterredung mit. Benton, Thomas H.: Thirty Years’ View; or, a History of the Working of the American Government for Thirty Years, from 1820 to 1850, New York 1854, S. 48, im Folgenden zitiert als: Benton: Thirty Years’ View. The Diaries of John Quincy Adams, A Digital Collection, 36, Januar 1825, S. 7 ff., Massachusetts Historical Society, www.masshist.org/jqadiaries.

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To George McClure, 28. Dezember 1824, in: Hopkins: Papers of Henry Clay, 3,

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To George William Featherstonhaugh, 21. Januar 1825, in: Hopkins, James F.

S. 906. (Hrsg.): The Papers of Henry Clay, 4, Lexington 1972, S. 34, im Folgenden zitiert als: Hopkins: Papers of Henry Clay, 4. 100 To Francis Preston Blair, 29. Januar 1825, in: Hopkins: Papers of Henry Clay, 4, S. 46 ff.

100 | D EMOKRATIE ALS G EFAHR FÜR DIE R EPUBLIK shall therefore with great regret, on account of the dilemma in which the people have placed us, support Mr Adams.“101

Clay entschied sich somit nicht für Adams, sondern gegen Jackson und rechtfertigte seine Entscheidung weiterhin damit, dass er in dem military chieftain Andrew Jackson eine potenzielle Gefahr für die Institutionen der Republik sehen würde. Clay positionierte sich auch eindeutig in der Öffentlichkeit: In einem zur Veröffentlichung bestimmten Brief, welcher zunächst am Tag vor der Wahl im HoR im Richmond Enquirer und dann in mehreren weiteren Zeitungen erschien, schrieb Clay: „As a friend of liberty, & to the permanence of our institutions, I cannot consent, in this early stage of their existence, by contributing to the election of a military chieftain, to give the strongest guarranty that this republic will march in the fatal road which has conducted every other republic to ruin.“102 Erneut verwendet Clay hier das Schlagwort des military chieftain und verweist zudem darauf, dass die Wahl eines solchen in der Geschichte immer zum Untergang von Republiken geführt habe. Ungeachtet der Darlegungen der Verteidiger Jacksons, greift Clay in seinem Brief seine Argumente aus seiner Rede zum Seminole War und die der Gegner Jacksons aus dem zurückliegenden Wahlkampf wieder auf. Wenige Wochen nach Adams᾽ Amtseinführung verteidigte Clay in einer Address to the People of the Congressional District sein Vorgehen rund um die Präsidentschaftswahl von 1824 erneut und betonte dabei, dass es das Volk gewesen sei, welches sich nicht mehrheitlich für Jackson entschieden und ihn somit vor die schwierige Aufgabe gestellt habe, sich für Adams auszusprechen.103 Clays Erklärungsversuche halfen ihm letztlich jedoch wenig; seine Reputation war erheblich geschädigt. Jacksons politischer Unterstützer Samuel Swartwout schrieb, dass bei einem Dinner in New York von 100 Gästen keine fünf Gäste auf Clay angestoßen hätten. Jedesmal hingegen wenn Jacksons Name gefallen sei, „the company rose in a body & drank it standing with 6 cheers“.104 Auch in 101 To Francis Preston Blair, 8. Januar 1825, in: Hopkins: Papers of Henry Clay, 4, S. 9 f. 102 To Francis Brooke, 28. Januar 1825, in: Hopkins: Papers of Henry Clay, 4, S. 45 f. 103 In seinen Ausführungen geht Clay auch auf den Vergleich Jacksons mit George Washington ein und kommt zu dem Schluss, dass er keine von Jacksons Taten eines Vergleichs mit Washington als würdig erachte. Address to the People of the Congressional District, 26. März 1825, in: Hopkins: Papers of Henry Clay, 4, S. 143165, S. 153 und 163 f. 104 From Samuel Swartwout, 2. April 1825, in: Moser: The Papers of Andrew Jackson, 6. S. 55 ff.

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seinem Heimatstaat Kentucky wurde Clay von einigen einflussreichen Personen bewusst gemieden, wie zum Beispiel von dem Gouverneur Joseph Desha, welcher es stattdessen vorzog, an gut besuchten Veranstaltungen zu Ehren Jacksons teilzunehmen.105 So wurde auch Clays Verhalten öffentlich diskutiert und kritisiert. Bereits wenige Tage nach Clays Erklärung im Richmond Enquirer druckte auch die Washington Gazette Clays Brief ab, zusammen mit einem wütenden Kommentar des Herausgebers: „What had we to fear from Gen. Jackson [as President]? He could not make war; for Congress alone can declare it. He could not raise and collect money, because that is the exclusive privilege of the same body. Checked on every side, what danger was there from this Hero which Mr. Clay attempted to brand as a mere ‚military chieftain‘? […] If the People thought Gen. Jackson worthy, is it for Henry Clay to pronounce him unworthy? […] No. – Henry Clay himself has inflicted the deepest wound on the fundamental principle of our government. […] A thousand ‚military chieftains‘ could not have done so much harm to our constitutional principles. – He has set a fatal example of corruption, which will open the way for future political adventurers. He has gambled away the rights of the People, and opened a course full of peril for free government. He has shewn to the foreign world that the Presidency may be bought and sold, like any other commodity in the market, and taught crowned heads, if they desire to subvert our liberties, where and how to apply their means.“106

Der Autor entkräftet nicht nur Clays Argument, dass dieser seinem Gewissen folgend zum Wohl Republik gehandelt habe, sondern er wirft ihm vor, dass nicht die Wahl eines military chieftain, sondern Clay selbst die eigentliche Gefahr darstelle. Die Republik habe Institutionen und Mechanismen, die verhindern, dass ein Präsident zu mächtig würde. Daher gehe von Jackson nicht einmal theoretisch eine Gefahr aus. Henry Clay aber habe einen Präzedenzfall erschaffen, der der Welt vor Augen führe, dass in den USA das Amt des Präsidenten käuflich sei. Gleichzeitig hätte er den Monarchien im Ausland, den Feinden der Republik, aufgezeigt, wie man die Republik zerstören könne. Clays Verhalten bedrohe daher die Republik sowohl von innen wie auch von außen.

105 The Governor of Kentucky (Joseph Desha) to Jackson, 8. Juni 1825; To BrigadierGeneral John Coffee, 23. Juli 1825, in: Bassett: Correspondence of Andrew Jackson, 3, S. 286; S. 288. 106 Washington Gazette, 11. Februar 1825, zitiert nach: Watson, Harry L.: Andrew Jackson vs. Henry Clay: Democracy and Development in Antebellum America, Boston 1998, S. 160 f.

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Sowohl Clays Stellungnahme als auch die Reaktion des Herausgebers der Washington Gazette machen deutlich, dass die Grundlage der Argumente nach wie vor ein zyklisches Weltbild war. In diesem Gedankenkonstrukt wiederholt sich Geschichte immer wieder in einer Art natürlichen Abfolge, doch interpretieren beide Autoren die aktuellen Vorkommnisse unterschiedlich und ziehen somit auch verschiedene Schlüsse darüber, was zum Erhalt der Republik zu tun sei. Auch Jackson selbst bezog öffentlich Stellung, da er wusste, dass, wenn er die nächste Wahl gegen Adams gewinnen wollte, er zunächst die andauernden Vorwürfe Clays entkräften musste. So ließ Jackson durch einen Vertrauten eine Antwort auf Clays öffentlichen Brief publizieren. Diese wurde ebenfalls im Daily National Intelligencer und diversen weiteren Zeitungen abgedruckt.107 Jackson verdeutlicht in seiner Stellungnahme, dass der Begriff military chieftain absichtlich von Clay und seinen Anhänger verwendet würde, um ihn zu diskreditieren. Jackson verweist aber darauf, dass er zeitlebens gegen Tyrannei und für die freiheitliche Ordnung der Republik gekämpft habe, sowohl im Unabhängigkeitskrieg als auch bei der Schlacht von New Orleans. Jackson stellt fest: „If this can constitute me a ‚Military Chieftain‘ I am one.“ Er habe in Zeiten der Gefahr stets sein Land und dessen Unabhängigkeit verteidigt und alle seine Taten seien zum Wohle der Nation gewesen: „Does this constitute a ‚Military Chieftain‘? and are all our brave men in war, who go forth to defend their rights, and the rights of their country to be termed Military Chieftains, and therefore denounced?“ Henry Clay, der hingegen nie selbst sein Leben für sein Land riskiert habe, würde wohl jeden erfolgreichen Feldherren, einschließlich George Washington, diskreditieren wollen: „according to his [Clays] standard be held up as a ‚Military Chieftain‘: even Washington could he again appear among us might be so considered, because he dared to be a virtuous and successful soldier, an honest statesman, and a correct man.“ Ganz im Gegensatz zu Henry Clay habe er, Jackson, sich stets korrekt verhalten: „No midnight taper burnt by me; no secret conclaves were held, or cabals entered into, to persuade any to a violation of pledges given, or of instructions received. By me no plans were concerted to impair the pure principles of our Republican institutions, or to frustrate that fundimental one which maintains the supremacy of the people’s will. […] Demagogues I am persuaded have in times past, done more injury to the cause of freedom and the rights of man, than ever did a ‚Military Chieftain‘; and in our country, at least in times of peace, should be more feared. […] I became a soldier for the good of my country: […] 107 To Francis T. Brooke, 28. Januar 1825, in: Hopkins: Papers of Henry Clay, 4, S. 45 f., Fußnote 1.

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The war over and peace restored I sought to retire again to my farm, and to private life, where but for the call made by my country to the Senate I should have contentedly remained. I never yet have been a hanger on upon office and power, or was willing to hold any post, longer that I could be usefull to my country, not myself, and I trust I never shall. If this makes me so, I am a ‚Military Chieftain‘.“108

In seinem Brief bezeichnet sich Jackson nun selbst mehrfach als military chieftain und dreht die negative Bedeutung des Begriffs um, in dem er die Argumentation seiner Anhänger aus dem Wahlkampf verwendet. Jackson hebt seine eigenen Taten zum Wohle der Nation hervor, um diese dann mit denen des unantastbaren George Washington zu vergleichen. Dadurch konnotiert Jackson nicht nur die Bedeutung des Begriffs military chieftain positiv, sondern charakterisiert sich selbst zudem auch als fähigen Staatsmann. Gleichzeitig inszeniert sich Jackson als neuen Cincinnatus, indem er schreibt, dass er immer uneigennützig ausschließlich den Interessen seines Landes gedient habe und nach dem Krieg auf seine Farm zurückgekehrt sei, bis die Nation ihn aus dem Ruhestand in den Senat berufen habe. Er selbst würde niemals ein Amt länger ausüben als dies für sein Land dienlich sei. Clay hingegen habe die Prinzipien der Republik durch sein Verhalten bewusst verraten. Jackson macht zudem deutlich auf die Intrigen und Manipulationsversuche der anderen Kandidaten, vor allem Clays, rund um die Präsidentschaftswahl aufmerksam. Besonders der Verweis, der Wille des Volkes sei missachtet und Instruktionen nicht eingehalten worden, bezieht sich wohl auf die durch Clay manipulierte Stimmabgabe Kentuckys für Adams. Jackson bezeichnet Clay als Demagogen und bestätigt somit nicht nur die Richtigkeit der Darstellungsweise des Herausgebers der Washington Gazette, sondern nimmt ebenso ein Argument John Floyds aus der Seminole War Debate wieder auf. Dieser hatte behauptet, dass nicht von dem „successful chieftain“ Jackson eine Gefahr für die Republik ausgehe, sondern der Kongress der Ort sei, an dem die Freiheit dem Ehrgeiz eines aufstrebenden Demagogen (wie Clay) geopfert würde.109 Jackson hatte bereits nach Bekanntwerden des Angebots von Adams an Clay letzteren mehrmals als Judas und Demagogen bezeichnet. Taucht der Vergleich mit der biblischen Figur danach kaum noch in Jacksons Korrespondenz auf, verstärkt sich hingegen der Vorwurf, dass Clay ein „ambitious demagogue“ sei,

108 To Samuel Swartwout, 22. Februar 1825, in: Bassett: Correspondence of Andrew Jackson, 3, S. 278 ff. 109 Vgl. S. 62.

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welcher die Freiheit des amerikanischen Volkes gefährde.110 Immer häufiger stellt Jackson den Begriff des demagogue den von ihm nun positiv konnotierten Begriff des military chieftain gegenüber. Im Oktober 1825 schrieb er: „The people must look to themselves, government was made for their prosperity & happiness not for designing Demagogues, whose […] intrigue & management is more dangerous to the liberties of our country than the arm of the ‚Military Chieftain,‘ who has risqued his life to preserve & defend it.“111 Jackson und seine Anhänger etablierten damit ein starkes Gegenargument zu Clays Rhetorik: Nicht durch einen Militär wie Jackson, sondern von einem Demagogen wie Clay geht demnach die Gefahr für die Republik aus.112 Im Frühjahr 1825 schrieb Jackson, Clay sei ein politischer Glücksspieler, der keine Prinzipien habe und vor nichts zurückschrecken würde, um seinen Ehrgeiz zu befriedigen. Die Seminole War Debate und die aktuellen Vorkommnisse würden dies belegen: „I cannot from the scenes lately, & now acting here, refrain from shuddering for the liberty of my country. There is no other corrective of these abuses, but the suffrages of the people; if they apply calmly, & Judiciously, this corrective, they may preserve & perpetuate the liberty of our happy country.“ Sollte das Volk jedoch die Ereignisse in Washington hinnehmen, wäre dies auch das Ende der Republik und in weniger als 25 Jahren „we will become the slaves, not of a ‚military chieftain,‘ but of such ambitious demagogues as Henry Clay.“113 Wie seine Anhänger in der Seminole War Debate und im Wahlkampf von 1824 sieht Jackson in Demagogen, die durch politische Tricks das Volk betrügen, die eigentliche Gefahr für die Republik. Demagogen sind demnach der Ausdruck für den korrumpierenden Einfluss der moneyed aristocracy, welcher langsam, aber sicher die Republik bedroht. Jackson folgt damit der Idee des Verfassungskreislaufs der antiken Autoren; der corrupt bargain war für ihn und seine Anhänger der beste Beweis dafür, dass dieselben Prozesse auch in den USA tatsächlich existierten. Doch war Jackson davon überzeugt, dass das Volk diesen Entwicklungen in der nächsten Wahl korrigieren und so die Republik erhalten würde.

110 To Colonel Squire Grant, 18. Februar 1825, in: Bassett: Correspondence of Andrew Jackson, 3, beides S. 276, und: To John Coffee, 19. Februar 1825, in: Moser: The Papers of Andrew Jackson, 6, S. 35 f. 111 To John Telemachus Johnson, 30. Oktober 1825, in: Moser: The Papers of Andrew Jackson, 6, S. 116 f. 112 Siehe auch: To Joseph Desha, Juni 1825, in: Moser: The Papers of Andrew Jackson, 6, S. 87. 113 To William Berkley Lewis, 20. Februar 1825, in: Moser: The Papers of Andrew Jackson, 6, S. 36 ff.

Die Wahl von 1828

Für John Quincy Adams, der sich selbst gerne als einen modernen Cicero sah,1 waren die vier Jahre seiner Präsidentschaft keineswegs einfach und Jackson konnte sich bald berechtigte Hoffnungen machen, ihn abzulösen.2 Den Posten des Secretary of State, welchen Adams zuvor selbst ausgefüllt hatte, und des Secretary of War, welcher aufgrund von Calhouns Vizepräsidentschaft vakant geworden war, musste er neu besetzen. Grundsätzlich versuchte Adams allerdings der Tradition Monroes treu zu bleiben und bot alle Posten ihren bisherigen Inhabern an. Das bedeutete aber auch, dass er politische Gegner in seiner Regierung duldete, sofern diese nicht wie Crawford freiwillig das Feld räumten.3 Dieses Vorgehen entsprach der Idee einer idealen Republik ohne Parteien. Politisch klug war diese Entscheidung allerdings nicht und bei den Posten, die Adams neu besetzte, traf er keine glückliche Wahl.4 Im neugewählten Kongress hatten seine Anhänger ebenfalls einen schweren Stand. In das Amt des Speaker of the HoR wurde mit John W. Taylor zwar ein loyaler Anhänger von Adams gewählt, doch war dies eine knappe Entscheidung.5 Von 213 Sitzen besetzte die AdamsFraktion 109, nach den Zwischenwahlen zwei Jahre später drehte sich jedoch das

1

Howe: The Political Culture of the American Whigs, S. 44.

2

Zu Adams’ Präsidentschaft siehe zum Beispiel: Hecht, Marie B.: John Quincy Adams, a Personal History of an Independent Man, New York 1972. Siehe auch: Bemis, Samuel Flagg: John Quincy Adams and the Union, New York 1970, S. 71-91, im Folgenden zitiert als: Bemis: John Quincy Adams.

3

Bemis: John Quincy Adams, S. 56.

4

Remini, Robert V.: The Election of Andrew Jackson, Philadelphia/New York 1963, S.

5

Parsons: Modern Politics, S. 112.

35, im Folgenden zitiert als: Remini: The Election of Andrew Jackson.

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Verhältnis zugunsten der Regierungsgegner, welche fortan 113 Sitze innehatten.6 Mit Andrew Stevenson wurde 1827 in der Konsequenz auch ein Adams-Gegner zum neuen Speaker of the HoR gewählt, ein Posten, den dieser bis zum 2. Juni 1834 behielt.7 Im Senat bildeten die Adams-Anhänger bereits 1825 die Minderheit; sie hatten nur 22 von 48 Sitzen inne, zwei Jahre später verloren sie einen weiteren Sitz.8 Trotz dieser Gegebenheiten und ungeachtet der Umstände seiner Wahl formulierte Adams in seiner ersten Annual Message am 6. Dezember 1825 ein ehrgeiziges politisches Programm mit weitreichenden bundesweiten Maßnahmen der Regierung. Adams unterstrich seine Ambitionen, indem er formulierte, dass die Kombination von power und liberty für ihn keinen Widerspruch darstelle.9 Hatten die Gründerväter noch sorgfältig beide Begriffe in Kontrast zueinander gesetzt, verkündete Adams: „let us not be unmindful that Liberty is Power; that the nation blessed with the largest portion of liberty, must, in proportion to its numbers, be the most powerful nation upon earth.“10 Mit diesem Bruch der Tradition der Gründerväter und dem Versuch der Einmischung in die Kompetenzen der Einzelstaaten spaltete Adams endgültig die politische Landschaft. Die Idee einer Republik ohne Parteien (oder factions, wie es die Federalists genannt hatten), die zur angeblichen era of good feelings unter Monroe geführt hatte, war gescheitert. Auch wenn John Quincy Adams gehofft haben mag, dieses Ideal weiter verwirklichen zu können, war spätestens im Wahljahr 1828 allen Abgeordneten des 20th Congress deutlich, was John Randolph am 25. Januar laut aussprach: „This country, as we all know, is divided into two adversary parties; and we must shut our eyes to the fact; if we do not know that this House is nearly, or quite, equally divided between them.“11 Das Land und der Kongress waren ohne Zweifel in zwei Parteien gespalten: in die Gegner der Adams Administration und in deren Befürworter. Zwar war noch nicht jeder, der gegen Adams war, automatisch für Jackson, doch wurde den Regierungsgegnern schnell deutlich, dass sie Adams nur abwählen konnten, wenn sie sich auf einen gemeinsamen Kandidaten einigten. Zu diesem Zeitpunkt 6

Zahlen aus: History, Art & Archives, United States House of Representatives,

7

History,

history.house.gov/Institution/Party-Divisions/Party-Divisions/. Art

&

Archives,

United

States

House

of

Representatives,

history.house.gov/People/Office/Speakers/. 8

United States Senate, www.senate.gov/history/partydiv.htm.

9

Parsons: Modern Politics, S. 112 f.

10 Register of Debates, 19th Congress, 1st Session, Appendix, S. 2-8, S. 8. Zu Adams’ Politikverständnis siehe: Bemis: John Quincy, S. 60-65. 11 Register of Debates, 20th Congress, 1st Session, S. 1163-1170, S. 1169.

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konnte diese Alternative nur Andrew Jackson sein, der ohnehin bereits 1824 die Mehrheit der Stimmen der Wähler erhalten hatte. Kaum zu überschätzen ist die Unterstützung Jacksons durch den Vizepräsidenten John Calhoun. Wie viele seiner Zeitgenossen betrachtete auch Calhoun die Geschichte der antiken Republiken als mahnendes Exempel und verwies bereits 1814 explizit auf Autoren wie Polybios.12 Adams’ Annual Message hatte Calhoun nun vor Augen geführt, dass die Freiheit der Republik nur zu verteidigen war, wenn der in seinen Augen machthungrige Adams gestürzt würde. In einem persönlichen Brief an Jackson vom 4. Juni 1826 schrieb Calhoun: „In my opinion liberty never was in greater danger […] An issue has been fairly made, as it seems to me, between power and liberty; and it must be determined in the next three years, whether the real governing principle in our political system be the power of patronage of the Executive, or the voice of the people.“ Die Stimme des Volkes würde durch „corrupt patronage“ zu einer Farce verkommen und langfristig würde sich eine Erbmonarchie etablieren, so Calhoun weiter. In diesem Kampf zwischen power und liberty spricht Calhoun Jackson eine entscheidende Rolle zu: „It will be no small addition to your future renown, that in this great struggle your name is found, as it always has been on the side of liberty, and your country. Occupying the grounds that you do, there can be no triumph over you, which will not also be a triumph over liberty.“13 In der Tradition der Gründerväter betont Calhoun somit weiterhin den Gegensatz von liberty und power. Auch ist er wie Jackson der Ansicht, dass der Kampf um die Republik zwischen einer korrumpierten Elite und dem Volk ausgetragen wird. Calhoun war zwar sicher der Meinung, dass er selbst besser als Jackson das Amt des Präsidenten ausfüllen würde. Dennoch ist es durchaus glaubhaft, dass er in dieser Situation Jackson als einzigen akzeptablen Kandidaten sah, um Adams zu besiegen und die Freiheit der Republik zu verteidigen. Auch der Senator von New York, Martin Van Buren, hatte eigene politische Ambitionen, doch wie Calhoun erkannte auch er, dass zu diesem Zeitpunkt Jackson die besten Erfolgsaussichten auf die Präsidentschaft hatte. Im Gegensatz zu den Gründervätern, die Parteien als Übel ansahen, war Van Buren allerdings der Ansicht, dass das Ein-Parteiensystem unter Monroe zu Machtkonzentration und Korruption in Washington geführt hatte. Nur durch das Fehlen einer zweiten politischen Partei war in Van Burens Augen der Neo-Federalist John Quincy Adams überhaupt erst an die Macht gelangt, welcher seine antirepublikanische Haltung in seinem politischen Programm deutlich gemacht habe. Die Degenera12 Richard: The Golden Age of the Classics in America, S. 72. 13 To A[ndrew] Jackson. “Private”, 4. Juni 1826, in: Wilson, Clyde N. (Hrsg.): The Papers of John C. Calhoun, 10, Columbia 1977, S. 110 f.

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tion der Republik aufzuhalten, konnte Van Burens Ansicht nach nur in einem Zweiparteiensystem gelingen.14 Er war daher bemüht, ein bundesweites und Regionen übergreifendes Pro-Jackson Bündnis zu schmieden. Van Buren ist es wohl zu verdanken, dass sein Freund Thomas Ritchie, Herausgeber des einflussreichen Richmond Enquirer (in dem zuvor unter anderem die Briefe Algernon Sydneys und einige Ausführungen Clays gegen Jackson veröffentlicht worden waren), nun Jackson unterstützte. 1827 reiste Van Buren in Clays Heimatstaat Kentucky; nach seinem Aufenthalt schlugen sich auch Francis Blair und Amos Kendell, die Herausgeber der Zeitung Argus, auf Jacksons Seite. Auch die Tatsache, dass Politiker wie der Senator John Tyler (in der Seminole War Debate noch ein Gegner Jacksons) und schließlich selbst William Crawford, einer von Jacksons Erzfeinden, ihren Einfluss für Jackson geltend machten, ist wohl Van Buren zu verdanken.15 Dieses breite Bündnis zu schmieden, gelang aufgrund der Unbeliebtheit des Präsidenten sowie der Umstände, unter denen er ins Amt gelangt war. Eines der Schlagwörter des Wahlkampfs war dabei reform und bezog sich vor allem auf die Reformierung der politischen Verhältnisse in Washington. Während Adams und Clay sich für eine starke Bundesregierung aussprachen und die Vision einer wirtschaftlichen Entwicklung der Nation durch zentralgelenkte Maßnahmen hatten, befürworteten die anderen ehemaligen Kandidaten von 1824, Jackson, Calhoun und Crawford, starke Einzelstaatsrechte und die weitere Expansion. Dies bedeutete neues Siedlungsland und ebenso eine Ausdehnung der Sklaverei.16 Jackson lehnte ebenso eine Teilnahme der USA an der Panamakonferenz ab17 14 Wilson, Major: Republicanism and the Idea of Party in the Jacksonians Period, in: Journal of the Early Republic, 8, 4 (Winter, 1988), S. 419-442, S. 438 f.; Remini: Jackson, 2, S. 114; Howe: What Hath God Wrought, S. 279 ff. 15 Zu Van Burens Rolle im Wahlkampf 1828 siehe: Wilentz: Rise of American Democracy, S. 295-300; ausführlich zu Kendell und seinem Verhältnis zu Clay siehe: Cole, Donald B.: A Jackson Man: Amos Kendall and the Rise of American Democracy, Baton Rouge 2004. 16 Wilentz: Rise of American Democracy, S. 307; Howe: What Hath God Wrought, S. 275-279. 17 Für 1826 hatten die von Portugal und Spanien unabhängigen Staaten Süd-Amerikas einen Kongress in Panama einberufen, zu dem auch die USA eingeladen waren. Da das Treffen rein repräsentativen Charakter haben sollte, nahm Adams die Einladung an und nominierte zwei Delegierte, welche die Freundschaft und das Wohlwollen der USA gegenüber den neuen Republiken symbolisieren sollten. Sobald der Plan bekannt wurde, regte sich im Kongress Widerstand. Adams habe nicht das Recht, die Einladung anzunehmen, da dieses dem Kongress vorbehalten sei. Zudem waren einige Ab-

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und in der Indianerfrage vertrat er die populäre Meinung, dass die Indianer zu ihrem eigenen Wohl sowie zum Wohl der Amerikaner aus den zivilisierten Gebieten umgesiedelt werden müssten.18 Grundsätzlich vermied Jackson es jedoch, klare Aussagen zu politischen Themen wie der Zollpolitik zu treffen.19 Traditionell galt es für Präsidentschaftskandidaten ohnehin, sich aus dem Wahlkampf herauszuhalten.20 Diese Position vertrat auch John Quincy Adams, der verlauten ließ, es verstoße gegen seine Prinzipien, persönlich aktiv zu werden.21 Theoretisch musste diese Einstellung für Jackson, der sich in die Rolle des modernen Cincinnatus begab und sich wie Washington nur zum Wohle seines Landes aus dem Ruhestand zurückholen lassen wollte, umso mehr gelten. Bereits im Oktober 1825 war Jackson von der Legislative in Tennessee als Präsidentschaftskandidat für 1828 vorgeschlagen worden. In der Erklärung heißt es: „that the Character of the Military Chieftain and the able Civilian may unite in the same individual, and that in the future elevation of him […] the freedom, and rights, of this nation have nothing to dread.“22 Die Erklärung rechtfertigt Jacksons Nominierung damit, dass es durchaus möglich sei, militärische und zivile Eigenschafgeordnete empört darüber, dass Schwarze und Mischlinge mit US-Amerikanern gleichberechtigt an einem Tisch sitzen sollten. Letztlich gelang es den Gegnern nicht sich durchzusetzen, doch war es ihnen gelungen, die Entscheidung solange zu verzögern, dass eine Partizipation kaum noch sinnvoll erschien. Schlussendlich machten sich dennoch zwei Delegierte auf die Reise, wobei einer auf der Reise verstarb. Parsons: Modern Politics, S. 116-119, Jacksons Meinung zur Panamakonferenz unter anderem: To Hugh Lawson White, 16. März 1826, in: Moser: The Papers of Andrew Jackson, 6, S. 152 ff. Zitat Bentons: Benton: Thirty Years’ View, S. 66. 18 Zu Jacksons Meinung zur Indianerfrage siehe zum Beispiel: To John Dabney Tarrell, 29. Juli 1826, in: Moser: The Papers of Andrew Jackson, 6, S. 192. 19 Unter der Federführung Van Burens wurde ein neuer, bundesweiter Zoll vorgeschlagen, welcher als Tariff of Abominations in die Geschichte einging. Van Buren wollte durch die sogenannte Tariff Bill vor allem die Stimmen der Farmer in Staaten wie Ohio, Kentucky und Missouri für Jackson gewinnen, da diese von einem hohen Zoll profitierten. Die Baumwolle exportierenden Staaten des Südens sahen sich durch die Zollpolitik benachteiligt, spielten bei Van Burens Kalkulierungen jedoch keine Rolle, da diese Staaten ohnehin gegen Adams stimmen würden, da sie diesen für ihre wirtschaftlich schwierige Situation verantwortlich machten. Remini: Jackson, 2, S. 136 f. 20 Remini: Jackson, 2, S. 108. 21 Reynolds, David S.: Waking Giant, America in the Age of Jackson, New York 2009, S. 72 f., im Folgenden zitiert als: Reynolds: Waking Giant. 22 From Robert Coleman Foster, 14. Oktober 1825, in: Moser: The Papers of Andrew Jackson, 6, S. 111 ff.

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ten in einer Person zu vereinigen, und dass von Jackson keinerlei Gefahr für die Freiheit der Republik ausgehe. Jackson akzeptierte die Nominierung und legte sein Amt als Senator nieder.23 Er begründete diese Entscheidung damit, dass es gefährlich sei, wenn Macht in der Legislative und Exekutive gebündelt würde.24 So zog sich Jackson erneut offiziell in den Ruhestand auf sein Anwesen Hermitage bei Nashville zurück und verkündete bis zum Ende des Wahlkampfs immer wieder: „Retired as I have been upon my farm, attending to my domestic concerns, interfering with none, and mixing not in politics of the day, or the affairs of others“.25 Jackson wusste, dass nicht politische Inhalte, sondern seine Person beziehungsweise vielmehr das Bild, welches die Amerikaner von ihm hatten, der Grund für die meisten war, ihn zu wählen oder ihn nicht zu wählen.26 Dies war auch seinen politischen Gegnern bewusst. Um Jacksons Wahl zu verhindern, fokussierten sich daher die Zeitungen, welche die Adams Administration unterstützten, darauf, Jackson und seinen Ruf zu diskreditieren. Dies geschah, neben dem zunehmenden Diskurs über die Zukunft der Republik sowie der Stigmatisierung Jacksons als Caesar, unter anderem auch über Gerüchte und Verleumdungen über Jacksons Vergangenheit, welche nicht nur ihn, sondern auch seine Familie betrafen. Von Bedeutung waren dabei das National Journal, der American, der National Advocate sowie seit 1827 auch der National Intelligencer, doch auch die vielen kleineren Zeitungen, welche der Regierung die Treue hielten.27 So behauptete zum Beispiel Charles Hammond, Herausgeber der Cincinatti Gazette und ein Anhänger Clays, Jacksons Mutter sei eine Prostituierte gewesen, welche durch Britische Soldaten in die Neue Welt verschleppt worden sei. Dann habe sie einen Mulatten geheiratet, welchem sie mehrere Kinder gebar, unter anderem auch Andrew Jackson.28 War diese Behauptung so plump, dass sie sich schnell als haltlos erwies, waren die Umstände seiner Ehe mit seiner Frau Rachel für Jackson nicht so leicht zu erklären. Nachdem ihr erster Mann Rachel verlassen hatte, hatte Jackson mit ihr einige Jahre zusammengelebt, jedoch konnte er sie erst im Frühjahr 1794 offiziell heiraten, nachdem die

23 Peterson: The Great Triumvirate, S. 146. 24 To The Tennessee Legislature, 12. Oktober 1825, in: Bassett: Correspondence of Andrew Jackson, 3, S. 293-296. 25 To Colonel Robert Weakly, 5. August 1828, in: Bassett: Correspondence of Andrew Jackson, 3, S. 419. 26 Remini, Robert V.: Martin Van Buren and the Tariff of Abominations, in: The American Historical Review, 63, 4 (Jul. 1958), S. 903-917, S. 917. 27 Wilentz: Rise of American Democracy, S. 305; Parsons: Modern Politics, S. 136 f. 28 Parsons: Modern Politics, S. 142 f.

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Scheidung der ersten Ehe vollzogen war.29 Um Jacksons Moral und Integrität in Zweifel zu ziehen, wurde Rachel nun, mehr als 30 Jahre später, Ehebruch und Bigamie vorgeworfen.30 Auch Jacksons unglückliche Involvierung in die sogenannte Burr Conspiracy wurde wieder thematisiert. Der ehemalige Vizepräsident Aaron Burr war zwischen 1805 und 1806 mehrfach zu Gast bei Jackson gewesen und hatte diesen davon überzeugt, dass eine spanische Invasion kurz bevorstünde und man präventiv handeln müsse. Zu spät merkte Jackson, dass es sich jedoch in Wahrheit um eine Verschwörung gegen die Vereinigten Staaten handelte mit dem Ziel, einen eigenständigen Staat im Süd-Westen zu gründen.31 Letztlich wurde Burr zwar von den Anschuldigungen freigesprochen, doch haftete Jackson seitdem der Makel an, Teil der Verschwörung gewesen zu sein.32 Darüber hinaus wurde Jackson unter anderem zu Recht vorgeworfen, sich des Öfteren, teilweise mit tödlichem Ausgang für seine Gegner, duelliert zu haben.33 Auch wurde auf sein unmenschliches Vorgehen in den Militärkampagnen verwiesen, welches nicht nur Feinde traf, sondern auch die eigenen Soldaten. Eines der bekanntesten Beispiele für diese Art der Anti-Jackson Propaganda stellt der sogenannte Coffin-Handbill dar, ein Pamphlet welches die Exekution von sechs Milizionären unter Jacksons Kommando thematisiert.34 29 Remini: Jackson, 1, S. 59-63. 30 Basch, Norma: Marriage, Morals, and Politics in the Election of 1828, in: The Journal of American History, 80, 3 (Dec. 1993), S. 890-918, S. 896 f. 31 Cheathem: Andrew Jackson, S. 46 f. 32 Remini: Jackson, 1, S. 144-159. 33 Unter anderem hatte Jackson 1806 im Duell Charles Dickinson erschossen, während er selbst in die Brust getroffen und schwer verwundet wurde. Remini: Jackson, 1, S. 141 ff. 34 Dieses Pamphlet mit dem Titel Some Account of Some of the Bloody Deads of General Jackson, beschreibt unter anderem den Tod von sechs Milizionären während des Creek War. Diese hätten nach Ende ihres Dienstes nach Hause zurückkehren wollen, seien aber stattdessen von Jackson als Deserteure verurteilt und erschossen worden. Auf dem schwarzumrandeten Pamphlet sind sechs schwarze Särge zu sehen über denen die Namen der Exekutierten steht. Das Pamphlet wurde von den Jackson-Gegnern (teilweise mit leicht unterschiedlicher Form und Inhalt) in diversen Zeitungen abgedruckt und zirkulierte wohl bundesweit. Am weitesten verbreitet war die Version des Herausgebers der Democratic Press aus Philadelphia, John Binns, welcher das Pamphlet weiter dramatisierte, in dem er unter anderem weitere Bilder von Särgen ergänzte. Hinzu kam der Vorwurf unnötiger Grausamkeit auch gegen die Creek mit dem Fazit: „and the man [Jackson] who has half as much blood upon his conscience, as he has upon his hands, – he, forsooth, is to be called peer and like of Washington, the

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Wie bereits in der Seminole War Debate nahm Jackson die Angriffe gegen ihn und sein Umfeld äußerst persönlich und es fiel ihm alles andere als leicht, der Rolle als Cincinnatus gerecht zu werden. Noch 1828 musste sein Berater John Eaton ihn beschwören: „Your course under any and all circumstances is retirement and silence.“35 Jackson war voller Wut; sein Zorn richtete sich vor allem gegen Henry Clay, den er als „the bases[t], meanest, scoundrel, that ever disgraced the image of his god“ bezeichnete. Doch wusste Jackson, dass Eaton Recht hatte. Er würde nur gewählt werden, wenn er weiter seinem selbstgewählten Typus entsprach. Nur dann konnte er Rache an seinen Feinden nehmen, welche ihm und seiner Familie Unrecht taten. Also schrieb er: „I will curb my feelings until it becomes proper to act, when retributive Justice will vissit him and his panders heads.“36 Somit sprach sich Jackson noch kurz vor der Wahl gegen eine Wahlkampftour aus und vertrat die Ansicht, das Volk müsse selbst entscheiden: „The people having taken me up must determine the canvass themselves, without any agency of mine. If they succeed, then it can with truth be said, that virtue has triumphed over the corrupting influence of executive patronage and designing Demagogues. […] Then will our Republican form of government endure forever, but if the dictation of designing demagogues be acknowledged, freedom and independence are gone. I do not despair of the republic.“37

Jackson war weiterhin fest von der virtue des amerikanischen Volkes überzeugt und davon, dass dieses den Machenschaften von Demagogen wie Clay ein Ende bereiten würden: „The present is a contest between the virtue of the people, and the influence of patronage, should patronage prevail, over virtue, then indeed ‚the safe precedent‘, will be established, that the President, appoints his successor in the person of the sec of state.“38 Diesen safe precedent, wie die Jacksonihappy warrior.“ Die Abschrift eines Coffin Handbill, gedruckt am 18. Oktober 1828 in Our Country, findet sich in: Bassett: Correspondence of Andrew Jackson, 3, S. 455-464. 35 John H. Eaton to Jackson, 21. Januar 1828, in: Bassett: Correspondence of Andrew Jackson, 3, S. 389 f. 36 To Sam Houston, 15. Dezember 1826, in: Bassett: Correspondence of Andrew Jackson, 3, S. 324 f. 37 To Richard M. Johnson, September 1828, in: Bassett: Correspondence of Andrew Jackson, 3, S. 431. 38 To Brigadier-General John Coffee, 12. Mai 1828, in: Bassett: Correspondence of Andrew Jackson, 3, S. 402 f.

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ans verächtlich die vermeintliche übliche Regelung nannten, dass der Präsident mit der Besetzung des Postens des Secretary of State seinen Nachfolger bestimmen würde,39 zu beenden und somit die Republik zu retten, war Jacksons Ansicht nach die Aufgabe des Volkes, indem es ihn aus dem Ruhestand holen müsse, um der Korruption in Washington ein Ende zu setzen. Tugendhaftes Verhalten war demnach, bei der Wahl für Jackson zu stimmen. Jackson schrieb diverse ähnliche Briefe an seine Freunde und an einflussreiche Politiker, welche er auch persönlich zu sich einlud.40 Zudem wurden, vor allem in den Jahren 1827 und 1828, von und in Jacksons Namen, regelmäßig Zeitungsartikel verfasst, in denen sich Jackson vehement gegen die Anschuldigungen seiner Gegner verteidigte.41 Offiziell gab Jackson demnach vor, sich traditionsbewusst aus dem Wahlkampf herauszuhalten, doch in Wirklichkeit beeinflusste er diesen so aktiv wie kein Kandidat jemals zuvor. In Nashville wurde ein Hauptquartier eingerichtet, in welchem sich Jacksons engste Vertraute, gemeinsam mit dem Kandidaten, auf Wahlkampfstrategien und über aktuelle Anlässe beraten konnten. Eine kleinere Schaltzentrale mit Jacksons Vertrauten existierte ebenfalls in Washington. Auch wurden im gesamten Land Jackson Committees etabliert. Diese Committees, oft Old-Hickory Clubs42 genannt, betrieben lokal Wahlkampf, zum Beispiel in Form von regelmäßigen Treffen und Paraden zu

39 Seit Jefferson waren alle US-Präsidenten zuvor zunächst Secretary of State gewesen. Mit Adams’ Wahl hatte sich der safe precedent erneut bestätigt. 40 Siehe zum Beispiel: Jackson to John Branch, 3. März 1826, in: Moser: The Papers of Andrew Jackson, 6, S. 141 ff. 41 Remini: The Election of Andrew Jackson, S. 61 f. Bezugnehmend auf den Coffin Handbill rechtfertigte Jackson zum Beispiel die Exekution der sechs Milizionäre, indem er sie als Anführer einer Anzahl von Deserteuren bezeichnete. Mit Ausnahme von neun Männern seien jedoch alle zur Truppe zurückgekehrt und begnadigt worden. Diese neun flüchtigen Deserteure seien schließlich gefasst und korrekterweise zum Tode verurteilt worden, wobei sogar drei begnadigt und letztlich „nur“ genannte sechs hingerichtet worden seien. To James Allen, 31. März 1827, in: Bassett: Correspondence of Andrew Jackson, 3, S. 349-352. 42 Old Hickory war Jacksons Spitzname seit dem Creek War, als seine Soldaten feststellten, dass er im positiven Sinne genauso hart sei wie das Holz des Baumes. Brands, Henry W.: Andrew Jackson, His Life and Times, New York 2005, S. 186, im Folgenden zitiert als: Brands: Andrew Jackson.

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Ehren Jacksons. 43 So entstand ein Netzwerk aus gut organisierten Jacksonians, wie sich Jacksons Anhänger jetzt nannten.44 Flankiert wurde der Wahlkampf von immer mehr neu gegründeten Zeitungsverlagen, welche Jackson unterstützten. Die Alphabetisierungsrate in den USA war hoch; zu Beginn von Jacksons Präsidentschaft hatten bereits mehr als die Hälfte aller Familien eine Zeitung abonniert. Zeitungen entwickelten sich folglich zunehmend als Sprachrohr der sich langsam etablierenden politischen Parteien, die daran interessiert waren, möglichst weite Teile der amerikanischen Bevölkerung zu erreichen.45 Neben Thomas Ritchies Enquirer, Kendalls Argus und Stephen Simpsons Columbian Observer, welcher im vorangegangenen Wahlkampf als erster die Letters of Wyoming publiziert hatte, war die Zeitung United States’ Telegraph für Jackson besonders bedeutsam. Herausgegeben von Duff Green, einem engen Vertrauten Calhouns, wurde der Telegraph das neue Sprachrohr der Jacksonians und hatte 1828 mehr als 20.000 Abonnenten. Doch war die Reichweite um einiges größer, denn die Artikel wurden in anderen Jackson freundlich gesinnten Zeitungen häufig abgedruckt und zirkulierten so im gesamten Land.46 Diese Zeitungen standen den Anschuldigungen der JacksonGegner keinesfalls nach, wenn es umgekehrt darum ging, Adams auf jede erdenkliche Weise zu verunglimpfen. So wurde Adams unter anderem Zuhälterei und Bereicherung auf Staatskosten vorgeworfen. Angeblich hatte Adams in seiner Zeit als Diplomat in St. Petersburg ein amerikanisches Mädchen an Zar Alexander I. vermittelt und im Weißen Haus einen aufwändigen Billardtisch und ein Schachspiel auf Staatskosten angeschafft. Zudem behaupteten die Zeitungen, Adams sei nicht nur Alkoholiker, sondern habe mit seiner Frau vor ihrer Heirat „in Sünde“ gelebt.47 Neben diesen genannten Versuchen auf beiden Seiten, den Gegner mit allen verfügbaren Mitteln zu diskreditieren, nahm jedoch der Diskurs über die Zukunft der Republik die zentrale Rolle im Wahlkampf ein. So stand Jackson im Fokus des Wahlkampfs und damit verbunden die Frage, ob Jackson aufgrund seines Charakters, seiner Rolle als Militär und seiner damit verbunden Popularität im Volk eine Bedrohung für die Republik darstelle oder ob er sein Land vor Kor43 Wilentz: Rise of American Democracy, S. 303 44 Politisch traten Jacksons Anhänger als Republicans oder Democratic Republicans und bereits immer häufiger als Democrats auf. 45 Humphrey: The Press of the Young Republic, S. 135. 46 Ewing, Gretchen Garst: Duff Green, John C. Calhoun, and the Election of 1828, in: The South Carolina Historical Magazine, 79, 2 (Apr. 1978), S. 126-137, S. 126 und S. 137. 47 Johnson, Paul: A History of the American People, New York 1997, S. 333 ff.

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ruption und Degeneration retten würde. Dutee Jerauld Pearce aus Rhode Island fasste im HoR die Argumente der jeweiligen Parteien zusammen: „As the passions of the opposite parties kindle by collision – as they will – we may expect to hear from one side of the House, a glowing description of the dangers of military despotism, while, from the other, we will present the picture of a great nation sinking by corruption. When, from the other side, shall be held up to public view, the evils to be apprehended from the elevation of a Military Chieftain; on this side you shall hear of the ills that will ensue from establishing a succession, by adhering to the line of safe precedents. When we shall have carried this war of crimination and recrimination to the highest pitch to which party feeling can ascend, all we shall be able to accomplish will be, perhaps, to degrade the character of the Congress of the United States, consume ourselves in the heat of controversy, and vomit forth, through the channel of the newspapers, upon the People of this Union, the poison or our own gall, to embitter and stir them up to a like useless rage.“48

Pearce beschreibt, dass die eine Seite im Kongress vor einer Militärdiktatur und den Gefahren, welche von einem military chieftain ausgingen, warnen würde. Die andere Seite sehe die Gefahr für die Republik stattdessen in Korruption und der Etablierung eines safe precedents. Diesen parteipolitisch geprägten Diskurs fortzuführen, so Pearce, würde jedoch allenfalls zu einer Erniedrigung und Schwächung des Kongresses führen und würde durch die politisch motivierten Zeitungsartikel die Nation nur weiter polarisieren. Pearces Warnung vor dem schädlichen Einfluss des Faktionalismus sollte unbeachtet bleiben. Stärker denn je wurde in der Öffentlichkeit der Diskurs über die Zukunft der Republik vor allem von Zeitungen, aber auch durch politische Reden und Pamphlete ausgetragen und die Nation polarisiert. Prophetisch waren Pearces Worte dennoch nicht, denn der Wahlkampf und somit die Frage, in welche Richtung sich die Republik entwickeln würde, hatte zum Zeitpunkt seiner Rede bereits begonnen.

48 Register of Debates, 20th Congress, 1st Session, S. 1230-1251, 1250.

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NEVER BY OPEN VIOLENCE […] THAT THE LIBERTY OF THE PEOPLE IS DESTROYED – E IN D EMAGOGE AUF DEM W EG ZUR M ACHT Nach wie vor prägte Henry Clay, jetzt Secretary of State, den Diskurs über die Zukunft der Republik entscheidend mit. In einem vertraulichen Brief erklärte Clay, dass Jacksons angeblicher Rückzug aus der Politik eine armselige Imitation des Vorbilds Washingtons sei, vor allem da Jackson in seiner Amtszeit als Senator nichts geleistet habe und die Niederlegung seines Amtes als Senator lediglich der Eigendarstellung diene: „Such an exhibition on the occasion of the resignation of a seat in the Senate! It is a miserable compound imitation of the August event at Annapolis, when Washn. [George Washington] resigned the sword of Liberty.“49 Für Jacksons Verweis auf die Intrigen und Vorkommnisse in Washington hatte Clay im weiteren Verlauf des Briefes nur Spott übrig: „If the general had been elected, all would have been pure. We shd. have heard nothing of corruption. But that any man shd. have thought that it was a dangerous precedent to elect a mere military chieftain sticks in the General’s stomach. The Generals desire for the Presidency seems to be increased, as the prospect of obtaining it grows dim […] And, at the moment, when he thus lends himself to the premature disturbance of public repose, he is playing the affected part of a Cincinnatus by a retirement to the vocation of the plough!“50 Clay wirft Jackson vor, nur von Korruption und Intrigen zu sprechen, da er selbst nicht gewählt worden sei. Erneut verwendet Clay die Schlagworte dangerous precedent und military chieftain und vertritt die Ansicht, Jackson strebe stärker als zuvor nach der Präsidentschaft, während er nur nach außen hin die Rolle eines modernen Cincinnatus vortäusche. Auch die von Clay betonte Nichtvergleichbarkeit Jacksons mit Washington bildete ein wichtiges Argument der Jackson-Gegner im Wahlkampf von 1828. Während einige nüchtern feststellten: „there is no second Washington in North America, and probably will not be for many years to come“,51 bezeichneten andere bereits den Vergleich als „blasphemy against the Father of our country, and an insult to our understanding, to point

49 Gemeint ist Washingtons Rücktritt als Commander in Chief am 23. Dezember 1783. 50 Henry Clay to Charles Hammond, 1. November 1825, in: Hopkins: Papers of Henry Clay, 4, S. 780-783. 51 Newburyport Herald, 1. Januar 1828.

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out wherein they differ.“52 War Jacksons Verhalten für einige nicht einmal des Vergleiches mit dem Washingtons würdig, galt dies umso mehr für Jacksons angeblichen Rückzug aus der Politik. „[Jackson] skulks in the shades of the Hermitage, aping the modesty and industry of Cincinnatus, while the ambition of a Caesar is raging wildly and hotly through his veins“,53 schrieb das Daily National Journal 1827, womit die bereits zuvor durch Clay formulierte Ansicht, Jackson täusche seine republikanischen Tugenden nur vor und würde in Wahrheit nach der alleinigen Macht streben, pointiert zusammengefasst wurde.54 Der Vorwurf, Jackson sei eine Gefahr für die Republik, blieb somit bestehen. Ebenso wurde weiter debattiert, woran vergangene Republiken gescheitert waren. Bei einer Ansprache in Kentucky wurde festgestellt, dass die Republik an einem Punkt angelangt sei, an welchem sich zeigen müsste, ob sie weiter bestehen könne: „All republicks that have gone before us have lost their liberties by military chieftains, who have first become the tools of the people, and then their masters. From Pisistrates to Caesar, and from Caesar to Buonaparte - each tyrant that ever overturned a republic first won the affection and gratitude of the people, and then, through the people themselves, overturned the republic.“ Zwar habe Cincinnatus, nachdem er von den Bürgern Roms zum Diktator ernannt worden war, die Republik gerettet „because he was a virtuous man; so with our good and great Washington.“ Andere „ambitious tyrants“ hätten jedoch ebenfalls auf das Exempel Cincinnatus verwiesen, nur um vom Volk mit eben solcher Machtfülle ausgestattet zu werden und um dann die Republik zu stürzen: „The friends of the military chieftain tell us that Washington was a military chieftain and made a good president. True, but so was Cromwell, so was Buonaparte, so was Caesar, and each overturned a republick.“ Es folgt eine Gegenüberstellung von Washingtons glanzvollen Taten und tugendhaftem Verhalten mit Jacksons Vorgehen, der sich immer über die Gesetze gestellt und kaltblütig Unschuldige habe hinrichten und verhaften lassen. Wenn Jackson noch mehr Macht erhalte, dann seien die Tage der Republik gezählt. Jackson habe in der Vergangenheit seinen wahren Charakter bereits gezeigt und doch sei den Bürgern der USA dieser offenbar nicht bewusst.55

52 Salem Messenger & Public Advertiser, 10. Oktober 1827. 53 Daily National Journal, 14. November 1827. 54 Siehe zum Beispiel auch: „men begin to see with accuracy into the merits and qualifications of this pretended Cincinnatus, but would be Caesar.“ Connecticut Courant, 16. September 1828. 55 Address on the proceedings in the Senate of Kentucky, against the President, Secretary of State and members of Congress; and on other subjects connected with the

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Der Verweis, dass alle Republiken seit Peisistratos im 6. Jahrhundert vor Christus durch military chieftains gestürzt worden seien, welche zuvor die Gunst des Volkes erworben hatten, zeigt das zyklische Weltbild des Redners auf. Diese Darlegung beruht auf den Warnungen der antiken Autoren. Im Verlauf der Argumentation werden dann auch die altbekannten Beispiele aus der Seminole War Debate genannt. Zwar gebe es Ausnahmen wie Cincinnatus oder Washington, doch würde der Verweis auf genau diese Ausnahmen potenziellen Tyrannen es erst ermöglichen, die Macht an sich zu reißen, ebenso wie es jetzt Jackson und dessen Anhänger täten. Erneut ist folglich das Argument zu finden, Jackson würde nur vorgeben, ein neuer Washington und Cincinnatus zu sein, um in das Amt des Präsidenten zu gelangen. Dabei sei offensichtlich, dass Jacksons Verhalten in der Vergangenheit keineswegs mit dem Washingtons vergleichbar sei. In der Feststellung, dass diese Tatsachen weiten Teilen des Volkes wohl nicht bewusst seien, lässt sich ebenfalls die seit der Antike verbreitete Ansicht finden, dass das Volk sich von einem populären Führer leicht verführen lasse und dieser schließlich eine Alleinherrschaft etablieren würde.56 Dabei taten die Jackson-Gegner ihr Möglichstes, um der eigenen Bevölkerung weiterhin aufzuzeigen, dass Jackson gefährlich für das Fortbestehen der Republik sei. Ein Artikel mit dem Titel Julius Caesar and Andrew Jackson thematisiert Jacksons Verhalten in Bezug auf sein Vorgehen in New Orleans und in Florida, seine Involvierung in die Burr-Affäre, die Umstände seiner Ehe sowie seine Vorliebe für Duelle. Jedes Mal wird hierbei Jacksons Verhalten mit dem Julius Caesars gleichgesetzt, ohne zu hinterfragen, ob das historisch und kontextuell sinnvoll ist. So wird zum Beispiel Jacksons Vorgehen im Seminole War mit dem Caesars während dessen Statthalterschaft in der römischen Provinz Hispania Ulterior 61 vor Christus verglichen: „C[aesar] at length gave loose to his military ambition, by attacking Spanish provinces and reducing them under subjection to his arbitrary will. J[ackson] attacked and reduced Spanish provinces under subjection to his military power, that too, in direct violation of the orders of his government.“ Im selben Stil wird auch Caesars Verhalten in Gallien mit Jacksons Verhalten bei New Orleans verglichen. Dabei wird für beide Fälle lediglich von „Orleans“ gesprochen, also ein Bezug zu Gallien durch die Nennung der französischen Stadt hergestellt. Nach einer Auflistung von weiteren Vergleichen kommt der Autor zu dem Schluss, dass Caesar zu Recht „tyrant of Rome, the destroyer of liberty, the enslaver of his country“ genannt werde. Jackson

approaching Presidential election, Lexington, Thomas Smith, Printer [1828?] – Newberry Library. 56 Siehe zum Beispiel: Polybios, VI, 5.7-9.11.

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hingegen werde von einigen als „second Washington, the defender of liberty; the second saviour of his country“ gefeiert. Der Autor gibt allerdings zu bedenken: „C[aesar] set up for the highest civil office founding his claims on his military service. J[ackson] has set up for the highest civil office founding his claims on his military exploits. The friends of Roman liberty warned the people of the danger of trusting their government in the hands of an ambitious military man, telling them that he would subvert their liberties, and which he accordingly did. The friends of American liberty are now warning and admonishing the people of the United States of the danger of placing an ambitious military man at the head of their government, and as a proof of that danger are pointing them to the fate of the Roman republic, which was overthrown by her great ‚military chieftain‘.“57

Neben der simplen Diskreditierung Jacksons durch Verweise auf seine Fehltritte betont der Artikel, dass bereits jetzt Jacksons Taten mit Caesars vergleichbar seien und man daraus auf sein zukünftiges Verhalten schließen könne. Dieser Argumentation liegt gleichfalls die Überzeugung zugrunde, dass sich Geschichte wiederholt. Die Warnung ist eindeutig: Würde der vermeintliche „zweite Washington“ gewählt, würde dieser in Wahrheit „neue Caesar“ die Republik beenden, wie das Beispiel Roms deutlich gezeigt habe. In einem Pamphlet, welches unter dem Pseudonym Cato verfasst wurde, schreibt Ezekiel Webster, Bruder des Senators und Jackson-Gegners Daniel Webster: „There are not points of resemblance enough between Washington and Jackson to form a comparison.“ Zudem gelte es zu bedenken, dass John Quincy Adams ein Mann von republikanischer Schlichtheit, größter Integrität und Patriotismus sei, auf den man in Rom zur Blütezeit stolz gewesen wäre. Jackson hingegen stelle eine Gefahr für die Republik dar: „Of all military men, we deem him among the most unfit and dangerous, to be entrusted with the duties of high civil authority. […] The crisis, fellow citizens, is momentous and full of danger. – It is a time for man to act in. Ours is a contest of principle. It is a contest between the constitution and the sword.“ Ohne ein konkretes Beispiel zu nennen, verweist Cato auf die Geschichte vergangener Republiken und die Gründe für deren Niedergang, den Ehrgeiz von Militärs, welche auch zivile Macht innegehabt hatten: „Consider what has proved the destruction of ancient and modern republics! Travel up the track of history to remotest time, and you will find your way strewed with the ruins of republics, destroyed by the ambition of military

57 The Washington Whig, 4. Oktober 1828.

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chiefs exercising civil authority, by usurpation or by gift.“58 Webster reichte die Verwendung des republikanische Tugenden symbolisierenden Pseudonyms Cato, um auf die Geschichte Roms zu verweisen, war dieser doch einer der erbittertsten Gegner Caesars gewesen. Während Cato Adams republikanische Tugenden zuspricht, weist er zugleich auf die Nichtvergleichbarkeit Jacksons mit Washington hin und auf die Gefahr für die Republik durch Militärs wie Jackson. Ein Artikel, verfasst unter dem Pseudonym A Farmer, welches wohl für republikanische Schlichtheit stehen soll, greift hingegen Beispiele aus der Seminole War Debate wieder auf und warnt: „In vain did Cato, the stern Roman patriot, warn his countrymen against Caesar. Equally vain was the English patriot’s admonition, that Cromwell, […] was a man of deep designs & unlimited ambition. Vain also were the warnings of experience against Napoleon and his designs. The sycophants of these military chieftains then, as now, denounced the solemn admonition as slanders against patriotism – they contended then, as now, that these men had nothing so much at heart as the liberties of their respective countries – that their energy and purity of character were necessary to cleanse their governments of corruption – that they alone could save the country!“59

A Farmer unterstellt mithilfe der Beispiele Caesar, Cromwell und Napoleon nicht nur, dass die Mitbürger vor diesen military chieftains gewarnt worden wären. Er behauptet zudem, dass deren Anhänger damals, wie die „kriecherischen“ Anhänger Jacksons jetzt, argumentiert hätten, dass ihr military chieftain der Einzige sei, welcher das Land von korrumpierenden Einflüssen säubern könnte. Waren die genannten Staaten untergegangen, so war es für die USA aber noch nicht zu spät, um Jacksons wahre Absichten zu durchschauen und die Republik zu bewahren. Somit ist bei A Farmer die Überzeugung zu erkennen, dass man durchaus den Kreislauf der Verfassungen aufhalten könne, wenn man den Zustand im eigenen Staat nur richtig interpretiert und die richtigen Schlussfolgerungen trifft. Gleiches lässt sich auch in einem im Mai 1827 im Daily National Journal abgedruckten Leserbrief erkennen, in welchem ein Autor unter dem Pseudonym Jefferson versichert, dass in seinem Wahldistrikt Jackson keine Chancen auf den Sieg habe: „With the ancient examples of Caesar and Cromwell, and the modern one of Iturbide, before us, the good people of Kent can ne-

58 Cato: A Defence of the National Administration in an Address to the People of NewHampshire, Concord 1828. Autorenschaft Ezekiel Websters nach: Parsons: Modern Politics, S. 165. 59 Salem Messenger & Public Advertiser, 10. Oktober 1827.

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ver support a mere military leader for the Presidency.“60 Zumindest in Kent County wollte man angeblich aus der Geschichte gelernt haben. Wie so häufig bei den Argumenten der Jackson-Gegner, werden die Beispiele Caesar und Cromwell verwendet. Anstatt jedoch als nächstes Napoleon in der Reihe aufzuzählen, wird stattdessen Iturbide, der 1822 bis 1823 Kaiser von Mexiko war, genannt.61 Dessen Beispiel war aktueller und auch geographisch den Amerikanern näher. Von daher ist es verständlich, dass Jacksons Gegner auf die Ereignisse in Mexiko verweisen. Unbeachtet bleibt dabei jedoch, dass Jackson den Posten des Botschafters in Mexiko im Frühjahr 1823 nicht nur abgelehnt, sondern dabei auch ausdrücklich betont hatte, keinem Tyrannen wie eben diesem Iturbide dienen zu wollen, und sich später erleichtert über dessen Sturz gezeigt hatte.62 Auch Simón Bolívar wurde nun häufiger von Jacksons Gegnern in den Diskurs eingebunden. Dieser war zunächst in Südamerika als Freiheitskämpfer aufgetreten und wurde kurzzeitig bei Jacksons Anhängern im Wahlkampf von 1824 als republikanisches Vorbild in die Argumentation mit aufgenommen. Als Bolívar jedoch im Februar 1824 zum Diktator ernannt wurde, verschwand der Vergleich mit Jackson und Bolívar bald, wollten Jacksons Befürworter doch den Bezug zu einem Diktator dringend vermeiden.63 Ausgerechnet Henry Clay war es jedoch, der Bolívar als „the Washington of South America“64 bezeichnet hatte. Doch nahm Clay nach Bolívars Ernennung zum Alleinherrscher diesen Vergleich im Sommer 1827 teilweise zurück: „I proposed as a toast Bolivar, the Washington of South America. I must revoke or at least suspend that sentiment. […] He has grown, I understand, passionate, impatient and overbearing, and takes Bonaparte as his model.“65 60 Daily National Journal, 11. Mai 1827. 61 Zu Iturbide vgl. S. 86. 62 To Willie Blount, 29. Mai 1823, in: Moser: The Papers of Andrew Jackson, 5, S. 278 f. 63 Der Vergleich Bolívars mit Jackson durch seine Anhänger ist zum Beispiel zu finden in: Louisville Public Advertiser, 9. Juli, 1823. Zum Bild Bolívars in den USA zwischen 1821 und 1831 siehe: Sowell, David: The Mirror of Public Opinion Bolívar, Republicanism and the United States Press, 1821-1831, in: Revista de Historia de América, No. 134 (Jan.-Jun. 2004), S. 165-183. 64 Remarks and Toasts at Public Dinner, 1. Januar 1825, in: Hopkins: Papers of Henry Clay, 4, S. 1. 65 To Lafayette, 10. August 1827, in: Hopkins, James F. (Hrsg.): The Papers of Henry Clay, 6, Lexington 1981, S. 872 ff.; Siehe auch: Henry Clay to Lafayette, 1. Januar 1828, in: Seager, Robert (Hrsg.): The Papers of Henry Clay, 7, Lexington 1982, S. 1 ff., im Folgenden zitiert als: Seager: Papers of Henry Clay, 7. Im Oktober 1828

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Bolívar galt fortan ebenso wie Iturbide vor allem den Gegnern Jacksons als Fallbeispiel.66 Ausführlich wurden die Wähler von New Hampshire daran erinnert, dass Jackson sein Leben lang sich Befehlen seiner Vorgesetzten widersetzt und der „civil power“ getrotzt habe. Solch ein Mann dürfe niemals die Präsidentschaft erlangen, sondern müsse stattdessen wachsam kontrolliert werden, denn auch Caesar und Napoleon hätten sich ähnlich verhalten, bevor sie die alleinige Macht ergriffen: „Caesar afterwards became Emperor of Rome, and Bonaparte of France – and let their history, and the history of their respective countries serve as a beacon for us.“ Neben diesem altbekannten Argument aus der Seminole War Debate wird argumentiert, dass Jacksons illegitimes und grausames Verhalten nichts mit dem Verhalten Washingtons gemeinsam habe. Doch leider sei Washington gestorben ohne einen Sohn zu hinterlassen und daher seien verschiedene Männer seit dessen Tod als „second Washingtons“ bezeichnet worden, darunter auch Napoleon, Iturbide, Bolívar und nun schließlich Jackson. Doch, so warnt der Autor: „forever venerate the name of George Washington, but oh! beware of your Napoleon Washingtons, your Iturbide Washingtons, your Bolivar Washingtons, and your Jackson Washingtons.“67 Jeder, der in der Vergangenheit mit Washington verglichen worden war, griff letztlich nach der alleinigen Macht, so das Argument. Da Jackson ebenfalls mit Washington verglichen würde, stelle er wie Napoleon, Iturbide und Bolívar eine konkrete Gefahr für die Republik dar. Auch in einem Artikel im Washington Whig wird Bolívar mit in die Liste von Despoten von Caesar bis Jackson aufgenommen, nur dass bei diesem Beispiel auch weitere historische Personen aus der amerikanischen Geschichte negativ in die Argumentation mit eingewoben werden: „Andrew Jackson suffered some hardships, like Arnold; he fought some for his country like Caesar; he wrote letters boasting of his purity and patriotism like Bolívar; yet he put poor and innocent militia men to an ignominious death, he violated the constitution and laws of the land; he tyrannised over the people of New Orleans and of Florida; he disoschrieb Clay an Bolívar und appellierte an dessen Gewissen, nicht den Weg des Militärdespoten, sondern den des „imortal Washington“ zu beschreiten. To Simon Bolívar, 27. Oktober 1828, in: Seager: Papers of Henry Clay, 7, S. 517 f. 66 „I believe that should such a man as Gen Jackson get to be president he might almost revolutionize the government and I have no doubt he would make the experiment; look at the Washington of South America as he has been styled (Boliver) and that is enough to make N. Americans fear military men.“ From Marquis Barnett, 22. Februar 1827, in: Hopkins: Papers of Henry Clay, 6, S. 220 f. 67 New Hampshire Statesman and Concord Register, 25. Oktober 1828.

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beyed the orders of the President; he was the friend associate, and assistant of Aaron Burr, he now strives to obtain the presidency. […] if he should succeed, he may then do what other military chieftains have heretofore done.“68

Insgesamt zählt der Artikel sieben military chieftains auf, welche zunächst auf dem Schlachtfeld erfolgreich waren, später aber ihre Ideale und ihr Land verraten hätten. Neben den bekannten Beispielen Caesar, Cromwell und Napoleon werden auch Bolívar, Benedict Arnold, Aaron Burr und schließlich Andrew Jackson genannt. Der Autor stellt so einen direkten Zusammenhang zwischen dem Diskurs und Jacksons angeblicher Verwicklung in der Burr Conspiracy her, erweitert diesen aber noch um Benedict Arnold, einem hochdekorierten Offizier der Revolutionsarmee und Vertrautem Washingtons, der heimlich die Seiten gewechselt und erfolglos versucht hatte, den Revolutionskrieg zugunsten der Engländer zu beenden.69 Der Artikel suggeriert zwar, dass in der amerikanischen Geschichte Verschwörer wie Arnold und Burr bislang keinen Erfolg gehabt hätten. Allerdings warnt er auch, dass, sollte Jackson in das Amt des Präsidenten gewählt werden, er sich wie alle anderen genannten military chieftains zuvor verhalten und die Republik beenden werde. Kurz vor der Wahl verweist ein Artikel im New Orleans Argus ebenfalls zunächst auf Jacksons Involvierung in der Burr Conspiracy und setzt diese mit Caesars Rolle in der Verschwörung des Catilina70 gleich. Letztlich kommt der Autor zu dem Schluß, dass: „The specious virtues, but real vice, of that remorseless conqueror of Rome [Caesar], we never admired; neither shall we waste admiration on a little Caesar, whose ambition is without even a show of clemency or forbearance – who possesses the dangerous properties of the tyrant in full life – but whose generous qualities, (if they exist!) are seen wholly in miniature.“71 Jackson wird hier nicht nur mit Caesar verglichen beziehungsweise als „little Caesar“ bezeichnet, sondern es wird ihm vorgeworfen, in einigen Aspekten noch schlimmer als Caesar zu sein, denn Jackson zeige keinerlei Milde und Nachsicht 68 Rhode-Island Republican, 21. August 1828. 69 Arnold und Burr können beide als Paradebeispiele für erfolgreiche Militärs, welche sich zu Verräter an der amerikanischen Republik entwickelten, dienen. Dies gilt auch bereits für die Zeit Jacksons. Zur Burr-Verschwörung und ihrer Rezeption durch die Zeitgenossen, siehe: Carso, Brian F.: Whom Can We Trust Now? The Meaning of Treason in the United States, from the Revolution Through the Civil War, Lexington 2006, S. 96-123, zu Arnold: S. 121-174. Zu dem Arnold-Bild zu Jacksons Zeit siehe auch: Sparks, Jared: The Life and Treason of Benedict Arnold, New York 1835. 70 Zu Catilina vgl. S. 78. 71 New Orleans Argus, 1. Oktober 1828.

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in seinem Verhalten und besitze dazu noch die gefährlichen Eigenschaften eines Tyrannen.72 Bereits zuvor hatte ein Autor unter dem Pseudonym Junius im Washington Whig Jackson als einen „tyrant in embryo“ bezeichnet und davor gewarnt, dass: „[L]ike Hazael or Cataline, or Sylla, or Bonapart, he [Jackson] would walk into power by force or intrigue; and the desperation of his character would secure him there, as an opposition to a man elevated to power by military pretence and aid would insure those who would undertake it inevitable destruction.“73 Der direkte Vergleich zwischen Jackson und Napoleon sowie auch mit Sulla ist bekannt. Interessant ist nun allerdings die Wahl der anderen Charaktere, denn Jackson wird nicht mit Caesar, sondern direkt mit dem erfolglosen Verschwörer Catilina gleichgesetzt. In diesem Kontext ist ein Scheitern Jacksons ebenso vorhersehbar. Die Verweise auf biblische Referenzen, wie hier das Beispiel Hazaels,74 sind hingegen relativ selten zu finden. Dabei sollte bedacht werden, dass in diesem Zusammenhang die Bibel nicht als religiöses, sondern als historisches Dokument zitiert wird. Des Öfteren wurden hingegen weiterhin Bezüge auf Hannibal75 und weitere Protagonisten aus der späten römischen Republik und der Kaiserzeit,76 aber auch aus der griechischen Antike verwendet.77 Insgesamt kann 72 Caesar war angeblich stets bemüht, Milde und Nachsicht zu zeigen, denn die Tugend der Clementia gehörte für ihn zum politischen Programm. Siehe zum Beispiel: Konstan, David: Clemency as a Virtue, in: Classical Philology, 100, 4 (Oct. 2005), S. 337-346. 73 Washington Whig, 16. August 1828. 74 Gemeint ist der biblische König Hazael, welcher vermutlich im 9. Jahrhundert vor Christus lebte. Der alttestamentarische Text (2 Kön 8) lässt die verbreitete Auslegung zu, Hazael habe den Thron in Damaskus unrechtmäßig erworben. Siehe hierzu zum Beispiel: Frymer, Tikva S./Sperling, David S.: Art. Hazael, in: Encyclopaedia Judaica, 2. Auflage, 8 (2007), S. 485-486. 75 „It is unnecessary to recapitulate the whole of the long catalogue of crimes which have been perpetrated by this modern Hannibal.“ New Orleans Argus, 25. März 1828. 76 Im Baltimore Patriot argumentiert zum Beispiel A Maryland Farmer, dass eine Tyrannei unter dem Deckmantel des Republikanismus, zu finden in der Geschichte bei Caesar, Marius, Pompeius, Augustus, Marcus Antonius und letztlich Napoleon, gefährlicher und langlebiger sei als der offene und direkte Despotismus eines Nero, Caligula, Domitian und Robespierre, deren Herrschaft dadurch nur kurzlebig gewesen sei. Jackson gehöre jedoch zu der gefährlicheren Variante. Baltimore Patriot, 5. September 1828. 77 Address of the Friends of the National Administration to the Citizens of Washington County, PA, September/Oktober 1827.

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jedoch festgestellt werden, dass diese Vergleiche meist nur in Zusammenhang mit der bekannten Argumentation und den Beispielen aus der Seminole War Debate zu finden sind. So druckte der National Intelligencer unter anderem Reden aus der Debatte von 1819 erneut ab, um zu beweisen, dass Jackson für die Präsidentschaft ungeeignet sei. Dabei wurden Teile von Henry Clays und John Reeds Rede erneut veröffentlicht, in denen beide auf die Beispiele Caesar, Cromwell und Napoleon verwiesen hatten.78 Auch Clays Rechtfertigungen, sich bei der Wahl von 1824 für Adams entschieden zu haben, da Jackson ein military chieftain sei und dessen Wahl einen gefährlichen precedent schaffen würde, wurden abermals abgedruckt.79 So wurde weiterhin von Jacksons Gegnern behauptet, dass, selbst wenn Jackson keine Gefahr für die Republik darstellen sollte, das Exempel, einen Militär in diese Position zu erheben, letztlich das Schicksal der Republik mittelfristig besiegeln würde: „But suppose Jackson should not enslave us, his example may. Hereafter, some aspiring chieftain may demand the same tribute of gratitude and plead the ‚safe precedent‘ of Jackson. Some future Caesar, or Buonaparte, may tell our posterity, ‚Fear not my fierce eye and glittering sword; the first and the second Washington did not destroy your liberties; behold in me another Washington!‘ If my friend, your favorite [Jackson] had any of the civic virtues of Washington, the case would be different, but when I ask his friends to name his qualifications for the highest civil office, and they point me only to his sword, I shudder for the liberties of my country.“80

Wenn also Jackson nicht selbst die Republik beenden würde, dann sicherlich einer seiner Nachfolger mit Berufung auf ihn. Da Jackson mit Washington nichts gemeinsam habe, sei genau dieser Präzedenzfall eine Gefahr für das Land, so das Argument der Jackson-Gegner. Während die Jacksonians das Schlagwort safe precedent verwendeten, um eine vermeintlich sichere Übergabe der Macht des Präsidenten an den jeweiligen Secretary of State zu kritisieren, wird hier der Kontext hergestellt, dass der Verweis auf Jackson als „zweiten Washington“ es einem Militär im weiteren Verlauf der Geschichte ermöglichen würde, an die Macht zu gelangen und die Republik in eine Diktatur zu wandeln. 78 Daily National Intelligencer, 8. August 1827. 79 Daily National Intelligencer, 28. März 1828. Auch andere Zeitungen druckten Artikel mit antiken Beispielen aus dem vorangegangenen Wahlkampf erneut ab. Zum Beispiel: Gazette of Maine, 26. August 1828. Siehe auch: The Portsmouth Journal, 6. September 1828; Farmers’ Cabinet, 13. September 1828. 80 Vermont Watchman and State Gazette, 2. Oktober 1827.

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In den Zeitungen fanden auch indirekte Streitgespräche statt, in welchen Jacksonians und Jacksons-Gegner versuchten, die Argumente des jeweils anderen zu entkräften.81 Doch auch auf sogenannten Anti-Jackson Meetings wurde immer wieder auf die untergegangenen Republiken in der Geschichte verwiesen. Dabei wurde nach wie vor auf die Argumente Clays aus der Seminole War Debate zurückgegriffen. Diese Reden wurden wiederum in der Presse oder als Pamphlet weiter verbreitet. Beispielsweise wurde bei einem Anti-Jackson Meeting in Virginia festgehalten: „From Gen. Jackson we apprehend no attack upon public liberty: it would be valueless, indeed, and not worth the defence, if it fell before the first example of a military ruler[.] States do not rush at once from liberty to despotism; the seeds of the latter are sown in long antecedent events. It is against sowing them […] that we respectfully caution our fellow-citizens. In the general constitution of things, the military principle seemed designed by fate to the irreconcilable foe and the destroyer of Liberty. The liberties of Greece fell before Alexander; those of Rome before Sylla and Caesar; of England before Cromwell; of France before Buonaparte. Why […] should we not profit by the example of those celebrated and unfortunate States? […] Why should we establish a precedent which, although it may prove harmless in its own case, may prove fatal in its next repetition?“82

Es wird betont, dass die genannten Republiken bereits vor den Militärdespoten dem Untergang geweiht gewesen seien. Die konkrete Gefahr geht demnach nicht von Jackson selbst aus. Stattdessen wird erneut auf den precedent verwiesen, denn sollte die Republik tatsächlich durch Jackson zugrunde gehen, sei diese ohnehin es nicht wert gewesen, verteidigt zu werden. Vielmehr sei der Untergang aber ein schleichender Prozess. Diesen, welcher unwillkürlich mit der Wahl des Militärs Jackson verbunden wäre, aufzuhalten, ist somit das erklärte Ziel. Es ist bemerkenswert, dass Jacksons Gegner ihre Argumente aus der Seminole War Debate modifizierten, indem sie sich der Argumentation der Jacksonians 81 Auf die Frage eines Jacksonians, woher der Autor unter dem Pseudonym Americanus denn wisse, dass Jackson völlig ungeeignet für den Posten des Präsidenten sei, antwortete dieser: „there was such a man as Julius Caesar[…] – that he invaded England – that he was a ‚military chieftain‘, and being made a chief civil magistrate (President if you please) Rome lost her liberties – I know it in the same way that I know there was such a man as Napoleon Bonaparte, that he, too, was a ‚military chieftain‘ – that he fought the battles of the Republic of France – and that, being made chief civil magistrate, that Republic was also destroyed – I know it, as we all know any other historical fact.“ Augusta Chronicle, 16. Mai 1828. 82 Siehe zum Beispiel: Daily National Journal, 29. Oktober 1827.

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bedienten, dass die Republiken bereits vor den eigentlichen Usurpatoren dem Untergang geweiht gewesen seien. Während die Jacksonians aber argumentierten, dass, solange die Republik funktioniere, keine Gefahr von einem Militär ausgehen würde, wird das Argument nun verändert: Es wird behauptet, dass die Wahl Jacksons genau diesen schleichenden Untergang einleiten würde. Auch auf einer Wahlveranstaltung in Clays Heimatstaat Kentucky ist ein Wandel in der Argumentation festzustellen: Die Geschichte aller Republiken zeige, dass „the liberty of the people“ niemals durch „open violence, by direct and positive force“ zerstört worden sei. Der Grund sei vielmehr „the creation of a strong party“ gewesen, „subservient to its leader, by winning the affections and appealing to the gratitude of the people. The history of usurpation, when traced, will be found in all instances, to have originated by exciting the administration of the multitude.“ Im Folgenden werden die Namen Bonaparte, Caesar und Augustus genannt, Jackson aber nicht direkt mit diesen gleichgesetzt. Vor einem Despotismus unter Jackson würde man sich nicht fürchten: „But if elected president, and time shall roll on in his course, until the party collisions of the present day shall be buried in oblivion, who can tell that some ambitious chieftain may not act upon the very sentiment which we have here condemned […] to reach the summit of his ambition.“83 Erneut ist somit nicht zwangsläufig Jackson selbst die Gefahr, sondern ebenso kann die Gefahr für die Republik von einem potenziellen Nachfolger ausgehen. Besonders auffällig ist jedoch, dass in dieser Argumentation nicht mehr die direkte Machtergreifung eines populären Militärs mithilfe seiner Soldaten84 oder durch die Verblendung des Volkes eine große Rolle spielt, sondern die Entstehung einer starken Partei, welche angeblich bereits zum schleichenden Untergang vergangener Republiken geführt habe. Dass hier nicht das Wort factions, sondern bewusst party gewählt wurde, ist wohl als Verweis auf die Etablierung des neuen Bündnisses rund um Jackson zu verstehen, welches letztlich in der offiziellen Gründung der politischen Partei der Democrats mündete.85 Dieses Argumentationsmuster tritt daher während und nach Jacksons Präsidentschaft vermehrt weiter auf. Doch scheinen diese Darstellungen im Wahlkampf von 1828 noch die Ausnahme zu bilden. Meist wurde weiterhin mit den bekannten Beispielen Clays aus der Seminole War Debate argumentiert. Dabei wurde selten konkretisiert, mit 83 An Address to the Freemen of Kentucky, From a Convention of Delegates friendly to the reelection of JOHN QUINCY ADAMS, as President of the United States, and held in the town of Frankfort, on the 17th, 18th, and 19th days of December, 1827. 84 Siehe zum Beispiel: Daily National Intelligencer, 20. Oktober 1827; vgl. auch S. 81 f. 85 Vgl. S. 155.

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welchen Mitteln es dem potenziellen Tyrannen Jackson gelingen würde, die Republik zu stürzen. So wurde bei einem Treffen von Adams-Anhängern in Pennsylvania formuliert, dass sich die Bürger der USA vor Militärs in Acht nehmen müssten, da diese immer ehrgeizig und gefährlich seien. Als Beleg dienten wieder Beispiele der Geschichte: „Greece lost her liberties, by the military ambition of Alexander, Rome by Sylla and Caesar, and England and France in their turn passed under the yoke of the military despots, Cromwell and Bonaparte. By their examples let us profit, and not split upon the same rock upon which all former republics were wrecked. Ours is the only republic now remaining on the face of the earth: all others and free governments have been swept into the vortex of military despotism.“86

Der Artikel betont folglich die Vorbildfunktion der USA als vermeintlich weltweit letzte Republik, die noch nicht in den Sog des military despotism geraten sei. Bereits Clay hatte dies in seiner Rede zum Seminole War hervorgehoben und auch der weitere Bezug auf dessen Rede ist kaum zu übersehen, ähnelt doch die Wortwahl der Clays deutlich. Einzig die Person Sulla wird in die Aufzählung neu mit aufgenommen, ansonsten orientierte man sich an Clays Äußerungen von 1819.87 Auch bei einer Veranstaltung in Louisiana hieß es: „Rome had her Caesar, England her Cromwell, France her Napoleon, Mexico her Iturbide. Let us be wiser than these nations, or at least profit by their lessons“88 Fast wörtlich wird hier Henry Clay zitiert, einzig das aktuellere Beispiel Iturbide wird hinzugefügt.89 Somit bilden die Argumente der Jackson-Gegner aus der Seminole War Debate weiterhin die Basis dafür, Jackson im Wahlkampf von 1828 zu kritisieren. Die genannten Beispiele wurden jedoch teilweise aktualisiert. Doch liegt den eindringlichen Warnungen die Überzeugung zugrunde, dass es noch nicht zu spät sei, die Republik zu retten. Bei einem Treffen zu Ehren der beiden HoRAbgeordneten John Sloane und John Crafts Wright von Ohio wurde letzterer wie folgt angesprochen: „We identify you, Sir, with the band of patriot representatives in the congress of 1825, who had realized that history is philosophy, teaching by example. That philosophy whispered to you, that a Caesar once passed the Rubicon […] Our modern Caesar has not yet crossed it!“ Der Angesprochene übte zunächst deutlich Kritik an Jackson und erwiderte dann: „Caesar, it is true, 86 Daily National Intelligencer, 16. November 1827. 87 Vgl. S. 50-53. 88 Haverhill Gazette, published as Essex Gazette, 22. Dezember 1827. 89 Weitere Verwendung von Clays Beispielen gegen Jackson: The Washington Whig, 22. März 1828; New York Spectator, 1. Februar 1828.

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is in arms, and threatens vengeance, but Caesar has not yet passed the Rubicon. […] [there is] virtue and firmness enough on the nether bank of the stream to prevent Caesar’s advance, and to save the republic!“90 Die Auffassung von Geschichte als Exempel zeugt erneut von dem Selbstverständnis von Jacksons Zeitgenossen, wie die Gründerväter aus der Geschichte lernen zu wollen: Auch wenn diese zyklisch verläuft, können diese Prozesse, wenn auch nicht aufgehalten, so doch verzögert werden. Das Beispiel Caesars vor Augen, kann demnach dazu beitragen, die Republik vor Jackson zu retten. Doch musste dazu auch die Mehrheit der Wähler ihre virtue beweisen und die Gefahr erkennen, welche ihnen direkt oder der nächsten Generation mit einer Wahl Jacksons bevorstünde. Bei einer Rede in Lexington wiederholte Clay, dass die junge Republik noch zu instabil sei, um den Präzedenzfall zu schaffen, einen Militär in das Amt des Präsidenten zu heben: „If we start right, we may run a long race of liberty, happiness and glory. If we stumble, in setting out, we shall fall as others have fallen before us.“ Clay fügt hinzu, er habe Jackson niemals willentlich schaden wollen, doch würde er seine Meinung nicht ändern: „[Jackson] trampled upon the Constitution of his country, and […] violated the principles of humanity.“91 Einige Monate später schrieb Clay: „These are the darkest pages of our history. Every man should awaken to the impending danger. None should under rate it; for it is perilous and alarming.“92 Wenn auch in Clays Rhetorik sicherlich politisches Kalkül mitschwingt, widerspricht dies nicht der Annahme, dass für ihn die Gefahr, die von Jackson für die Republik ausging, sehr real war. Clay war davon überzeugt, dass er selbst das richtige politische Konzept für das Land verfolgte, während Jackson eine immer näher rückende Bedrohung darstellte. Welche fatalen Konsequenzen es hätte, einen Militär in das höchste Staatsamt zu erheben, hatte bereits die Geschichte der untergegangenen Republiken an zahlreichen Beispielen aufgezeigt.

90 Daily National Journal, 13. September 1828. 91 Toasts and Speech at Lexington Public Dinner, 12. Juli 1827, in: Hopkins: Papers of Henry Clay, 6, S. 763-777, S. 776 f. 92 To Charles Hammond, 16. November 1827, in: Hopkins: Papers of Henry Clay, 6, S. 1269 f.

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H E ABANDONED HIS FARM , TO SAVE HIS COUNTRY – J ACKSON ALS AMERIKANISCHER C INCINNATUS Die Argumente der Anhänger und der Gegner Jacksons im Wahlkampf von 1828 bedingten sich wie bereits zuvor gegenseitig. Neben der Schmutzkampagne auf beiden Seiten fokussierten sich die Jacksonians jedoch ebenfalls auf den Diskurs über die Zukunft der Republik. Dieser fand auch im Kongress statt und dabei verstand es vor allem der Abgeordnete John Randolph zu provozieren. Bereits 1826 hatte sich Randolph mit Clay duelliert, da Randolph während der Debatte um die Panamakonferenz Adams und den Secretary of State massiv persönlich beleidigt hatte.93 Nach dem Duell, aus dem beide unverletzt hervorgingen, nahm Randolph weiterhin jede Gelegenheit im Kongress wahr, um Clay und Adams verbal zu attackieren.94 So erhitzte Randolph am 1. Februar 1828 erneut die Gemüter, indem er ausführte, dass Jackson zwar kein großer Literat sei, doch berechtige das Talent, eine Rede halten oder ein Buch schreiben zu können, kaum dazu, eine Armee oder einen Senat anzuführen, da das Verfassen von Texten erlernbar sei und für diese Posten keinen wirklichen Nutzen erbringe. Große Diplomaten und Gelehrte seien niemals Anführer, so Randolph. Niemand würde wohl behaupten, dass Washington ein besserer Autor gewesen sei als Jefferson oder ein besserer Redner als Hamilton. Selbiges gelte auch für Cromwell. Auch Hannibal hätte wohl kaum die Alpen mit Elefanten überquert und Angst und Schrecken bis vor die Tore Roms verbreitet, wenn er seine Jugend damit verbracht hätte, Bücher zu lesen. „We hear much of military usurpation, of military despotism – of the sword of a conqueror – of Caesar – and Cromwell – and Bonaparte“ so Randolph weiter. Sein eigenes Wissen über die römische Geschichte basiere vor allem auf den wenigen überlieferten Quellen dieser Zeit, insbesondere auf Cicero. Randolph ist sich jedoch sicher: „if I had then lived, and been compelled to take sides, I must, though very reluctantly, have sided with Caesar, rather than take Pompey for my master.“ Er führt weiter aus, dass, auch wenn Cromwell ein schlechter Mensch gewesen sei, es im Interesse der Stuarts (der Königsdynastie die England vor und nach Cromwell regierte) gelegen habe, Cromwell negativer darzustellen als er in Wahrheit gewesen sei. Randolph schließt die rhetorische Frage an, wer denn nicht lieber Cromwell gehorcht hätte als dem „self-styled Parliament“? Cromwell sei zwar ein Usurpator gewesen, doch habe er wohl kaum eine andere Möglichkeit gehabt. Zwar sei er von der

93 Remini: The Election of Andrew Jackson, S. 42. 94 From John Henry Eaton, 5. Mai 1826, in: Moser: The Papers of Andrew Jackson, 6, S. 168-171.

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Macht korrumpiert worden, aber im Vergleich zu den Stuarts sei er ein „angel of light“ gewesen. Auch Napoleon sei zwar ein schlechter Mensch gewesen, aber auch ihn würde er gegenüber dem „set of corrupt, intriguing, public plunderers as he turned adrift“ bevorzugen. Verhasst und verachtenswert seien der Senat von Rom, das englische Parlament und die französische Legislative gewesen, bevor ein Usurpator ihre Regentschaft beendet habe. Dies sei „the natural end of a corrupt civil Government.“ Nun, so Randolph weiter, bleibe die Frage bestehen, was wohl eher die Freiheit der Bürger zerstören würde: „collusion, bargain, and corruption here, or a military despotism?“ Eine Militärdiktatur könne in den USA niemals entstehen, solange der Kongress in den Augen der Bürger nicht verhasst und verachtenswert sei. Daher würden die Jacksonians nach der gewonnenen Wahl die Verfassung wiederherstellen, das Volk für seinen erlittenen Schaden entschädigen und das Land neu gestalten. Doch selbst wenn alles Schlechte, was seine Gegner von Jackson behaupten, zuträfe, steht für Randolph fest, dass dessen Herrschaft immer noch besser sei, als „the present dynasty, because it had been fairly elected. The fountain of its authority will not have been poisoned at the source.“95 Randolphs Rede ist aus mehreren Gründen von Interesse. Neu ist zunächst, dass er George Washington nicht nur in Bezug zu Jackson, sondern auch zu Hannibal und Cromwell setzt. Randolphs Ansicht nach hätten diese Feldherren Großartiges vollbracht, gerade weil sie nicht hochgebildet und belesen waren. Sie hätten das Talent gehabt, Männer zu führen, wobei erlernte Rhetorik und Etikette nur hinderlich seien. Randolphs Argument ist von Bedeutung, denn tatsächlich hatte Jackson im Vergleich zu dem hochgebildeten und als intellektuell geltenden Adams in diesem Bereich Defizite. Dies machte Jackson allerdings umso mehr zu einem Mann des Volkes. Die Jacksonians griffen daher einen Wahlkampfslogan von 1824 wieder auf, um die beiden Kandidaten zu kontrastieren: „Adams who can write, Jackson who can fight!“96 War es einst im Sinne der Gründerväter gewesen, dass vor allem gebildete und wohlhabende Männer die Geschicke der Republik lenkten, machen die Argumente der Jacksonians deutlich, dass aufgrund der Änderungen in den Wahlbestimmungen nun Volksnähe erfolgsversprechender war, um eine Wahl zu gewinnen. Doch Randolph dreht noch ein weiteres Argument von Jacksons Gegnern um: Diese waren der Ansicht, dass, selbst wenn nicht Jackson die Republik beenden würde, dann doch einer seiner Nachfolger sich auf eben diesen precedent von Jackson bezie95 Register of Debates, 20th Congress, 1st Session, S. 1315-1335, S. 1326-1334. 96 Ironischerweise war der Ausspruch ursprünglich im Wahlkampf von 1824 als gemeinsamer Wahlslogan gedacht gewesen, welcher zeigen sollte, wie gut Adams und Jackson sich ergänzen würden. Wilentz: Rise of American Democracy, S. 307.

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hen würde, um letztlich die republikanische Ordnung zu stürzen. Randolph behauptet nun, dass in jeder Republik die Regierung zuvor vom Volk verhasst und verachtet worden sei, bevor sie gestürzt wurde, und dass dies dem natürlichen Verlauf entspreche. Dieses Argument Randolphs erinnert an Polybios’ Modell des Kreislaufs der Verfassungen. Allerdings stellt Randolph eine Regeneration in Aussicht: Zwar seien die USA auf dem besten Weg, diesen fatalen Zustand zu erreichen, doch um dies zu verhindern, sei es notwendig, dass Jackson gewählt würde, damit man zu einer reformierten und tugendhafteren Republik zurückkehren könne. Doch selbst wenn Jackson die Republik beenden würde, sei dessen Herrschaft immer noch besser als die zurzeit herrschende dynasty. Randolph verweist somit auf den safe precedent und auf Adams als Nachfolger seines Vaters. Auch James Buchanan aus Pennsylvania kritisierte am 4. Februar 1828 Adams scharf.97 Auf den Inhalt von Adams’ erster Annual Message bezugnehmend erklärte Buchanan, liberty sei ein wertvolles Gut, an welchem sich allerdings kein Volk lange erfreuen könne, denn power würde jedes reine Herz korrumpieren. In der Tat sei die Republik derzeit in Gefahr. Der Grund für diese Gefahr gehe von der aktuellen Regierung aus und der Art und Weise, wie diese ins Amt gelangt sei. Jackson habe 1824 die meisten Stimmen erhalten und nur durch Clays Einfluss sei Adams gewählt worden, woraufhin Clay von Adams ein Kabinettsposten angeboten worden sei. Dieser precedent stelle eine Gefahr für die Republik dar. Sollte Adams wiedergewählt werden, würde dies „future bargains and corrupt combinations“ nach sich ziehen und somit die Verfassung zu einem reinen Papiertiger degradiert. Eine weitere Gefahr stelle auch der safe precedent dar. Wie eine Königskrone werde das Präsidentenamt seit Jefferson an 97 Buchanan, welcher später zum letzten Präsidenten der USA vor dem Bürgerkrieg gewählt wurde (1857-1861), hatte gegenüber Jackson einiges wiedergutzumachen, da er zuvor die corrupt bargain Vorwürfe angeheizt und fälschlicherweise gegenüber Jackson behauptet hatte, Clay habe vor der finalen Abstimmung im HoR 1825 durch ihn eine Offerte an Jackson und an Adams geschickt. Angeblich sei Clay bereit gewesen, im Tausch gegen den Posten des Secretary of State seinen Einfluss für Jackson geltend zu machen. Jackson hatte dies im Sommer 1827 publik gemacht, woraufhin alle Beteiligten der Aussage widersprachen, inklusive Buchanan. Damit war Clay für einen Teil rehabilitiert, denn wer konnte noch sagen, welchen Wahrheitsgehalt die corrupt bargain Vorwürfe überhaupt hatten, wenn solche offenen Falschaussagen seiner Gegner im Umlauf waren. Diese Vorkommnisse hinderten Jackson allerdings nicht daran, Clay auch weiterhin einen corrupt bargain vorzuwerfen. To the Public, 18. Juli 1827, in: Moser: The Papers of Andrew Jackson, 6, S. 361-366; To BrigadierGeneral John Coffee, n.d./late 1827, or early in 1828, in: Bassett: Correspondence of Andrew Jackson, 3, S. 387 f. Siehe auch: Remini: Jackson, 2, S. 125.

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den Secretary of State vererbt. Das Volk bliebe außen vor – und dies würde langfristig zum Untergang führen: „It is the regular course of succession, which, in the lapse of time, destroys monarchies. The abuses which the father introduces are sanctioned and extended by the son, until at length, after a few generations, the whole Government becomes tainted with corruption, and there is nothing left for the People, but the dreadful remedy of a revolution.“ Er danke daher dem Himmel für einen „military chieftain“, welcher die „power“ aus den Händen der aktuellen Regierung reißen werde, denn niemand sonst könnte der „immense patronage and power of the Administration“ trotzen. „I trust and believe that the People of the United States, will elevate the ‚citizien soldier‘ to the supreme magistracy of the Union“, so Buchanan weiter. „In that event […] Jackson will live in the history of his country, as the man, of the present age, who was ‚first in war, first in peace, and first in the hearts of his countrymen‘“ und wie viele andere, wie Cincinnatus und „our own unequalled Washington“, werde auch Jackson als Beispiel für militärische wie staatsmännische Kompetenz in die Geschichtsbücher eingehen.98 Auch Buchanan verwendet folglich das Polybianische Modell des Verfassungskreislaufs, wenn er argumentiert, dass es einen natürlichen Verfall darstelle, dass die Missetaten der Väter von den Söhnen gerechtfertigt würden, einige Generationen später die Regierung vollständig korrumpiert sei und schließlich gestürzt werde. Jedoch war es Buchanans Ansicht nach noch nicht zu spät, die Republik zu regenerieren, denn das Volk habe nun Jackson als seinen neuen Cincinnatus auserkoren, um den Staat von der ungerechten Herrschaft der aktuellen Regierung zu retten. Buchanan verwendet in diesem Kontext den Begriff des military chieftain positiv und verweist zudem mehrfach auf George Washington, denn auch der Ausspruch: „first in war, first in peace, and first in the hearts of his countrymen“ entstammt Henry Lees Eulogie vor dem Kongress auf George Washington.99 Somit verbindet auch Buchanan die Staatstheorie der antiken Autoren mit der Autorität der Gründerväter. Doch fanden die Angriffe auf Adams nicht nur im Kongress statt, sondern wurden auch in die Öffentlichkeit getragen. Ein gutes Beispiel für die Propaganda der Jacksonians ist ein Pamphlet, in welchem Adams vorgeworfen wurde, ein Monarchist zu sein. 1827 von Samuel D. Ingham, einem Kongressabgeordneten und Jacksonian, herausgegeben und von Duff Green gedruckt, heißt es bereits 98 Register of Debates, 20th Congress, 1st Session, S. 1360-1377. 99 Lee, Henry: Funeral Oration on the Death of General Washington, Delivered at the Request of Congress, Dec. 26 1799, in: Eulogies and Orations on the Life and Death of General George Washington, First President of the United States of America, Boston 1800, S. 9-18, S. 17.

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auf dem Deckblatt: „He [John Q. Adams] was educated as a Monarchist, has always been hostile to Popular Government […] and that he affected to become a Republican only to attain the power to pervert and degrade the Democratic Party, and to pave the way for such a change of the Constitution as would establish the United States, an Aristocratical Hereditary Government.“ Wie das Deckblatt bereits verspricht, wird auch auf den folgenden circa 20 Seiten versucht, anhand von Zitaten zu belegen, dass John Adams und dann sein Sohn von Beginn an versucht hätten, die Republik der USA in eine Wahlmonarchie zu verwandeln.100 Aufgenommen wurde dieser Vorwurf auch bei einem Trinkspruch auf einer der Feierlichkeiten 1828 zum Unabhängigkeitstag: „Caesar had its Brutus, Charles the 1st his Cromwell, and John the 2nd may expect the People.“101 Der Ausspruch spielt offensichtlich auf Clays Rede zum Seminole War an, doch ist es in diesem Kontext nicht mehr Jackson, von dem die Gefahr ausgeht, sondern die Bemerkung wurde wieder in ihren ursprünglichen, von Patrick Henry intendierten, Zusammenhang gesetzt. In diesem Kontext wird Adams zu dem tyrannischen Monarchen, welcher vom Volk mithilfe Andrew Jacksons gestürzt werden würde. Ein weiteres Beispiel bietet ein Pamphlet, ebenfalls aus dem Jahr 1828, in welchem Zeitungsartikel aus dem Nashville Republican vom Dezember 1827 und März 1828 erneut veröffentlicht wurden.102 Verfasst wurden diese Artikel unter dem Pseudonym Jefferson, hinter welchem sich allerdings Henry Lee verbarg.103 Lee verteidigt darin Jackson gegen Vorwürfe, welche zunächst bei einem Anti-Jackson Meeting in Virginia vorgebracht und dann im Richmond En100 Ingham, Samuel Delucenna: An Exposition of the Political Character and Principles of John Quincy Adams, Washington D.C. 1827. 101 Richmond Enquirer, 11. Juli 1828. 102 Vindication of the Character and Public Services of Andrew Jackson; in Reply to the Richmond Address, signed by Chapman Johnson and to Other Electioneering Calumnies. Originally Published in the Nashville Republican and Attributed to Major Henry Lee, of Virginia, Boston 1828, im Folgenden zitiert als: Lee: Vindication of the Character and Public Services of Andrew Jackson. Datum der Veröffentlichung im Nashville Republican nach: Moser: The Papers of Andrew Jackson., 6, S. 401, Fußnote 5. 103 Black Horse Harry Lee war der älterer Bruder des späteren Bürgerkriegs-Generals Robert E. Lee und Sohn des Unabhängigkeitskriegshelden Henry Light Horse Harry Lee, welcher unter anderem die Eulogie auf George Washington gehalten hatte. Black Horse Harry war ein glühender Anhänger Jacksons und schrieb für ihn im Wahlkampf 1828 Briefe und Reden. Davis, Louise: Frontier Tales of Tennessee, Gretna 1976, S. 72-76.

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quirer abgedruckt worden waren.104 In Lees Pamphlet wird Jackson als Held des Vaterlandes und als Retter der Republik gepriesen. Er werde das Land von „Federalism and Aristocracy which now govern us“ befreien.105 Lee verweist im Weiteren auf die Geschichte Europas: „The first year of Charles the Second’s reign, after he was restored to the throne of his father, are admitted on all hands […] to have been legal and moderate. – But as soon as he got firmly seated, he showed the people that love of pleasure was inferior to lust of power […] Louis the XVIII. for the first year or two, was moderate and gentle in his sway, but he soon muzzled the press, and effected a complete despotism. And why should we think that what is true of a Stuart, or a Bourbon, is not true of an Adams?“106

Lee unterstellt Adams, ein monarchischer Tyrann zu sein, und nennt hierfür die Beispiele der Monarchen in England und Frankreich, welche nach Cromwell und Napoleon herrschten. Als die Monarchien dort wiederhergestellt waren, hätten sich beide Monarchen erst allmählich zu Tyrannen entwickelt. Lee dreht somit das Argument der Gegner Jacksons um: Nicht Cromwell oder Napoleon seien die Gefahr für die Republik, vielmehr sei es Adams, der versuche, eine ungerechte Alleinherrschaft zu etablieren. Ebenso wie „the Athenian citizen, who voted for the banishment of Aristides because he could not bear to hear him called the Just“ seien die Gegner Jacksons neidisch auf dessen Tugenden und Taten und würden deswegen versuchen ihn zu verunglimpfen, so Lee weiter.107 Neben dem Verweis auf Aristides verteidigt Lee auch Jacksons Verhalten bei New Orleans und im Seminole War: Jackson habe im Sinne des Staates völlig richtig gehandelt und selbst George Washington habe niemals den Gesetzen mehr Respekt gezollt als Jackson. Dennoch seien beide ihrem Land ebenso treu ergeben gewesen. Als Beleg zählt Lee einzelne Episoden aus Washingtons Leben auf, in welchen Washington sich ähnlich wie später Jackson verhalten haben soll.108 An anderer Stelle betont Lee erneut Jacksons republikanische Tugenden, indem er ihn in direkten Bezug mit Cincinnatus und Washington setzt.109 Den Vorwurf, Jackson sei eine Gefahr für die Republik, beantwortet Lee damit, dass weder Sulla noch Cromwell oder Napoleon die Freiheit der jeweiligen Staaten zerstört 104 Siehe: Moser: The Papers of Andrew Jackson, 6, S. 401, Fußnote 6, und: Lee: Vindication of the Character and Public Services of Andrew Jackson, S. 4. 105 Lee: Vindication of the Character and Public Services of Andrew Jackson, S. 3. 106 Lee: Vindication of the Character and Public Services of Andrew Jackson, S. 10 f. 107 Lee: Vindication of the Character and Public Services of Andrew Jackson, S. 7. 108 Lee: Vindication of the Character and Public Services of Andrew Jackson, S. 17 f. 109 Lee: Vindication of the Character and Public Services of Andrew Jackson, S. 31.

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hätten, sondern dass diese Staaten bereits zuvor korrupt und degeneriert gewesen seien. Demagogen wie Clay hätten die Institutionen der Republik untergraben und die öffentliche Meinung vergiftet; die Militärs seien vom Volk schließlich diesen Demagogen vorgezogen worden: „The men who endeavour to sustain and prolong the corrupt practices of the present administration, are the persons who are paving the way for military despotism. They are undermining our institutions, poisoning our public spirit and disgusting the people with a form of government which cannot subsist without the support of opinion.“110 Der Argumentation der antiken Autoren folgend, verweist somit auch Lee darauf, dass Republiken durch Demagogen in den Untergang geführt worden seien. Doch könne Jackson, welcher von Lee mit Washington und Cincinnatus gleichgesetzt wird, die Republik vor der Quasi-Monarchen Adams und dem Demagogen Clay retten. Neben der inhaltlichen Ebene ist Lees Pamphlet auch deshalb von Bedeutung, da Jackson persönlich erst dessen Entstehung und dann die bundesweite Verbreitung persönlich gefördert und koordiniert hat.111 Lees Pamphlet ist somit ist ein prägnantes Beispiel für den gezielten Wahlkampf, der von Andrew Jackson ausging, und dessen Willen, den Diskurs über die Zukunft und die Demokratisierung der Republik zum zentralen Thema des Wahlkampfs zu machen. Wie die aufgeführten Beispiele bereits zeigen, hatten die Jacksonians ihre Argumentation seit dem Wahlkampf von 1824 deutlich verschärft und an das tagespolitische Geschehen angepasst. Sie griffen vermehrt direkt die politischen Gegner an: Adams wurde als Aristokrat und Monarchist gebrandmarkt, von James Hamilton Jr. aus South Carolina wurde Adams mit Cromwell verglichen112 und vereinzelt wurden Adams und Clay auch in den Kontext von Caesar und Marc Anton gesetzt.113 Auf einer Republican Convention in New Jersey wurde behauptet, dass kein Despotismus schlimmer sein könne als die aristokratische Herrschaft einer kleinen Gruppe. Mit der Wahl von Adams habe der Kongress sich Rechte angemaßt, welche ihm nicht zustehen würden: „These self-created unconstitutional dictators, must be reproved. [….] This anti-republican and unconstitutional aristrocracy should be made to known, that the people must and

110 Lee: Vindication of the Character and Public Services of Andrew Jackson, S. 19 f. 111 Andrew Jackson to Henry Lee, 17. November 1827, in: Moser: The Papers of Andrew Jackson, 6, S. 400 f. und: To William Berkley Lewis, 8. März 1828, in: Moser: The Papers of Andrew Jackson, 6, S. 432 f. 112 Register of Debates, 20th Congress, 1st Session, S. 1336-1343, S. 1342. 113 United States’ Telegraph, 9. März 1826.

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WILL be SOUVEREIGN.“114 Ein Redner fragte bei einem Jackson Meeting in Virginia: „Where are the armies of Alexander? – the legions of Caesar? – the soldiers of Cromwell? Or the guards and marshals of Bonaparte, by which in turn they destroyed the liberties of their respective countries? – Jackson has none.“ Zudem müsse man beachten, wie die genannten Staaten ihre Freiheit verloren hätten: „It was by misrule, and corruption in the civil administration of the governments respectively – by the negligence, or folly of the people in permitting those in power to depart from the original principles of their civil institutions, and by corrupt practices to undermined the civil authority, and overrule the power and the influence of the people.“115 In New Hampshire erinnerte man daran, dass es Clay gewesen sei, der erstmals den Begriff „Military Chieftain“ im Zusammenhang mit Jackson, dem Kandidaten des Volkes, verwendet habe, um Jackson seines Ruhmes zu berauben und mit perfiden Methoden das Volk in Panik zu versetzen. Dabei sei Jackson wie Washington ein ehrbarer Patriot und Republikaner. Warum sollte gerade er, der für die Freiheiten seines Landes gekämpft und geblutet habe, diese beenden wollen? Zudem seien die Verfassung und das tugendhafte Volk nicht anfällig für Gefahren, welche von Militärs ausgingen. Vielmehr müsse man ein Auge auf diejenigen haben, welche nie selbst gekämpft, sondern immer auf Kosten des Staates gelebt hätten und doch nie genug kriegen würden. Man dürfe nicht vergessen, dass Napoleon erst vom Volk die Macht erhielt, nachdem dieses (Berufs)politiker leid war. Die eigentliche Gefahr für die republikanische Freiheit gehe daher nicht von den Militärs, sondern von Männern wie John Quincy Adams oder Henry Clay aus, welche dazu bereit wären „to stretch the Constitution to any dimension, so it might suit there purposes of patronage; ready to seize on any precedent as a pretext, and to do any violence to right and justice, even on mistaken precedents; than from the combined efforts, in that capacity, of all the military men that have lived, now live, or will live in this country for a century.“116

114 Address at a Republican Convention of Cumberland County, N.J., 26. Dezember 1827 – Newberry Library. 115 Richmond Enquirer, 6. November 1827; ganz ähnlich wird auch bei einem Jackson Meeting in Brunswick County argumentiert. Siehe: United States’ Telegraph, 26. Dezember 1827. 116 Proceedings and Address of the New Hampshire of the Republican State Convention of Delegates Friendly to the Election of Andrew Jackson to the Next Presidency of the United States, Assembled at Concord, June 11 and 12, 1828 (Concord 1828), in: Silbey, Joel H. (Hrsg.): The American Party Battle: Election Campaign Pamphlets, 1828-1876, 1: 1828-1854, Harvard 1999, S. 55-83, S. 81 f.

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Diese exemplarisch aufgeführten Beispiele zeigen, dass bei den öffentlichen Treffen der Jacksonians als Gründe für den Untergang der von Clay aufgeführten Staaten vermehrt geld- und machthungrige Demagogen genannt werden. Erst dann hätten die Militärs die Macht ergriffen.117 Die Gefahr für die Republik gehe daher von der aktuellen Regierung, vor allem von Adams und Clay, aus, nicht von Jackson, so das oft zu findende Argument. Doch auch die Jacksonians waren der Ansicht, dass es noch nicht zu spät war, die Republik zu retten, und man den Machenschaften der korrupten und degenerierten aktuellen Regierung ein Ende bereiten könne. Durch die Wahl des Zivilisten Jackson, welcher über keine Armee mehr verfüge und wie Washington ohnehin republikanisch tugendhaft sei, könne der Staat regeneriert werden. Der Telegraph stellte fest: „Mr. Clay mistakes or misrepresents the cause for the effect: military chiefs triumph only when civil chiefs are corrupt and corrupting the people.“ Konkret werden dabei mehrere antike Beispiele angeführt, auf Plutarch verwiesen und daran erinnert, dass „Civil Demagogues“ und geldgierige Anführer jeweils den Untergang herbeigeführt hätten. Bereits der im vierten Jahrhundert vor Christus lebende griechische Redner Demosthenes118 habe berichtet „that the ruin of the republic was produced by the ambitious and mercenary demagogues and trafficking had become so common, that honor, character, the liberty of the country itself, were set up for sale for the highest bidder.“ Ebenso sei es in Rom gewesen, so der Artikel weiter, und es sei eine Schande und Unsinn, dass Clay den Untergang der Republiken auf „military chieftains“ zurückführen würde. „If, indeed, the people shall sanction the trafficking of 1825, I will not contend that they are not in the road to ruin. I will, on the contrary, admit that they are near the end of their journey; but, even at such a calamitous crisis, the sword which conquered a foreign foe would leap from its scabbard, not to rob the people of their liberties, but to aid in their perseveration.“119 Auch ein unter dem Pseudonym Junius verfasster Artikel erinnert daran, dass Menschen wie Caesar, Augustus, Cromwell und Napoleon die Macht erst ergriffen hätten, nachdem die Staaten bereits von „civil chieftains“ ins Chaos gestürzt 117 Siehe zum Beispiel auch: New Orleans Argus, 23. Oktober 1828. 118 Demosthenes wurde von den Gründervätern und der Folgegeneration gelesen und wie Cicero als Paradebeispiel für Rhetorik angesehen. Zur Rezeption von Demosthenes siehe zum Beispiel: Richard: The Founders and the Classics, S. 29 und S. 204 f.; Remini: Henry Clay, S. 514; Miles, Edwin: The Whig Party and the Menace of Caesar, in: Tennessee Historical Quarterly 27, 4 (1968), S. 361-379, S. 361 f. Zur historischen Person siehe zum Beispiel: Weißenberger, Michael/Engels, Johannes: Art. Demosthenes, in: Der Neue Pauly, 3 (1997), Sp.467-473. 119 United States’ Telegraph, 10. Oktober 1827.

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worden waren und das Volk ihre Führer nur noch verabscheuten. Wäre die Republik noch rein gewesen, hätte ein Marius nie die Macht ergreifen können, sondern er wäre hingerichtet worden wie Manlius Capitolinus.120 Junius führt unter anderem Caesar als Beispiel auf und erklärt, dass der Zerfall von Republiken zwar ein langsamer, aber unaufhaltsamer Prozess sei, dem immer eine Degeneration der Tugenden und Korruption vorausgehen würde, bevor ein Militär die Macht ergreifen würde. Doch seien Caesar, Cromwell und Napoleon an der Spitze von Berufsarmeen marschiert. Jackson würde hingegen keinen ähnlichen Versuch unternehmen, sondern von den aufgeklärten Bürgern legal gewählt werden. Wenn Clay der Meinung sei, dass alle Militärs gefährlich für die Freiheiten der Republik seien, dann müsse er auch George Washington unterstellen, ein Usurpator gewesen zu sein. Allein der Gedanke sei allerdings absurd. Bliebe man jedoch dem „safe precedent“ treu, dann würde der Zerfall der Republik auch bald den USA bevorstehen.121 Beide Artikel suggerieren, dass Republiken grundsätzlich der Gefahr ausgesetzt sind, zu degenerieren und unterzugehen. Die USA würden dabei keinen Sonderfall bilden. Dem Gedankengang antiker Autoren wie Polybios folgend, wird erneut argumentiert, dass in der Geschichte Demagogen die Schuld am Untergang des Staates trügen; erst dann hätten die Militärs die Macht übernommen. Die nächste Wahl werde somit zeigen, ob die Volksverführer bereits genug Einfluss hätten, um das Volk zu korrumpieren und letztlich den safe precedent weiterzuführen, oder ob gerade durch die Wahl Jacksons bewiesen würde, dass die Republik noch intakt sei. Ist der Vergleich Jacksons mit diversen historischen Persönlichkeiten zwar nach wie vor auch auf Seiten seiner Anhänger zu finden,122 so nahm vor allem die Kontextualisierung Jacksons mit Washington und mit Cincinnatus im Wahlkampf von 1828 massiv zu. So wurde im Telegraph wurde festgestellt: „more than 40 years devoted to civil and agricultural pursuits, could not save Gen. Jackson from the denunciations of Mr. Clay, because in an hour when the fate of our country was awfully suspended, like another Cincinnatus, he left his farm – took the command of

120 Manlius wurde in der Seminole War Debate von John Tyler als positives Beispiel für die erfolgreiche Rettung der Republik vor einem Militärdespoten angeführt. Vgl. S. 54 f. 121 United States’ Telegraph, 23. Juni 1828. 122 Siehe zum Beispiel: New-Hampshire Patriot & State Gazette, 10. Dezember 1827; United States’ Telegraph, 21. Juli 1828; United States’ Telegraph, 30. August 1826; Augusta Chronicle and Georgia Advertiser, 16. Mai 1828.

140 | D EMOKRATIE ALS G EFAHR FÜR DIE R EPUBLIK our gallant militia – met and conquered the enemy at New Orleans. As well might the immortal Washington have been denounced for gaining the battle at York town.“123

Clays Einstellung gegenüber Jackson, einem neuen Cincinnatus, wird getadelt. Dies wurde bereits durch Jackson selbst forciert, doch auch in weiteren Quellen wird Jackson in direkten Bezug zu Washingtons Taten gestellt. Somit ist jegliche Kritik gegen Jackson auch eine Kritik an dem für Jacksons Zeitgenossen unfehlbaren George Washington. Aber insbesondere das Argument, dass Jackson wie Cincinnatus von seinem Pflug geholt worden war, um sein Land zu retten, taucht immer wieder auf. So schrieb der Louisville Public Advertiser bereits im Oktober 1826: „like Cincinnatus, he [Jackson] abandoned his farm, to save his country – and when danger no longer threatened the liberty or repose of his country, like Cincinnatus, he returned to his plough.“124 Im Juni 1827 hieß es dort in Bezug auf Jackson nochmals: „the unassuming farmer who will ere long be called from his plough, like another Cincinnatus, to preside over a great nation.“125 Im folgenden Monat wurden die Amerikaner dann erinnert: „[Andrew Jackson] made no compromise but retired to that farm, to wait with all the dignity of Cincinnatus the period when his country should call him to preside in her councils.“126 Im Frühjahr 1828 stellte der Delaware Patriot fest, nur Andrew Jackson „can guide the bark of state from amongst the rocks and whirlpools of aristocracy to the smooth ocean of republicanism. […] this is the time when a President should be called from the bosom of the people, this is the crisis when Cincinnatus should be called from the plough to serve his country.“127 Diese Beispiele zeigen, dass Jackson vermehrt direkt mit Cincinnatus verglichen wurde, ohne dass Washington in diesem Kontext ebenfalls genannt werden musste. Das Bild Jacksons als Retter der Republik wurde folglich von den Gründervätern gelöst und man bezog sich ausschließlich auf das idealisierte antike republikanische Vorbild. Doch blieb der Bezug zum fast vergöttlichten Washington in Kombination mit Cincinnatus hilfreich, um an die Tradition der Gründerväter anzuknüpfen. Es gehörte dabei auch zum Kalkül der Jacksonians, im Wahljahr noch einmal an die größte Tat des Hero of New Orleans zu erinnern. So dauerten die Feierlichkeiten zum 13. Jahrestag des Sieges von New Orleans

123 United States’ Telegraph, 7. November 1827. 124 Louisville Public Advertiser, 21. Oktober 1826. 125 Louisville Public Advertiser, 19. Mai 1827. 126 Louisville Public Advertiser, 9. Juni 1827. 127 Delaware Patriot & American Watchman, 1. Februar 1828; United States’ Telegraph, 17. Juli 1827.

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mehrere Tage an und wurden von den Jacksonians genauestens inszeniert.128 Jackson hatte die Einladung angenommen, am 8. Januar in die Stadt seines größten Triumphes zu reisen. Einer seiner Vertrauten empfahl ihm dabei, sich bewusst auf Cincinnatus zu beziehen und sich wie Washington zu verhalten.129 Bei anderer Gelegenheit wurde ein Toast auf „Military Chieftains“ gehalten: „As Washington, first President, No tyrant proved to be, So Jackson, our next President, Will leave his Country free!“130 Auch bei einem Dinner in Washington D.C., zu dem Vizepräsident John Calhoun und der Jackson-Vertraute John Coffee geladen hatten, wurde vor allem des Helden von New Orleans gedacht und einmal mehr der Bezug zu Cincinnatus und Washington hergestellt. So wurden Trinksprüche gehalten auf: „The Cincinnati, the Washingtons, the Jacksons, of the world, who, at their country’s call, grasped the sword in war, and in peace returned to the plough.[…] Washington and Jackson, ‚Military Chieftains‘ – Honored and respected for faithful and patriotic services. […] to General Andrew Jackson, the Hero, and Military Chieftain, whose dignified course is worthy of example, and justly entitles him to the highest trust in the gift of the American People. […] Jackson. Like Washington, his prowess and skill have subdued his country’s enemies; like him, his republican virtues have bowed in submission to the majesty of her laws. Hail to the Chief who has sustained, and to the Patriot who respects our institutions.“131

Nur Jackson, ein moderner Cincinnatus, ein zweiter Washington, der die Republik schon einmal gerettet hatte, könne nun auch die Republik vor den inneren

128 Remini, Jackson, 2, S. 131 ff. 129 „The first idea, I would wish to see expressed is this – That like ‚Cincinnatus‘ , you left your Farm, the shade of your own ‚Vine and Fig Tree‘ , at the call of your country in the hour of peril and danger, and like ‚Cincinnatus‘ you returned to your Farm, the first moment the publick service of your Country would allow. […] It appears to me also, that your address shd. be concise, and like Washington, whom of all other men you most resemble, I would wish you to read them, rather than deliver them extemporaneously.“ Arthur P. Hayne to Jackson, 27. Dezember 1827, in: Bassett: Correspondence of Andrew Jackson, 3, S. 386. Bedauerlicherweise ist nicht nachvollziehbar, ob Jackson diesen Empfehlungen gefolgt ist. 130 Newburyport Herald, 22. Januar 1828. 131 Louisiana Advertiser, 13. September 1826.

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Gefahren retten, so der Tenor der Argumentation.132 Die Saat, die Eaton in seinen Letters of Wyoming 1823 gepflanzt hatte, trug also auch in den Folgejahren weiter Früchte, ebenso wie Jacksons eigene Äußerungen, die von seinen Anhängern immer wieder aufgenommen wurden. Das Motiv blieb immer dasselbe, wurde manchmal jedoch etwas abgewandelt. In einem Gedicht mit der Überschrift General Jackson heißt es zum Beispiel: „As Cincinnatus pure, as Caesar brave; Whose lofty honor well this land may trust, As Brutus firm, as Aristides just.“133 Mutig sei Jackson wie Caesar, doch ansonsten rein, beständig und gerecht wie die antiken republikanischen Helden. Ähnliches findet sich auch in den Äußerungen des Committee of Correspondence in Virginia, wo allerdings auf dem Vergleich mit Caesar verzichtet wurde. Stattdessen heißt es dort, Jackson sei mutig wie Scipio und gerecht wie Aristides. Zudem könne nur Jacksons „Roman virtue and republican simplicity of character“ die Republik „from the disastrous consequences of civil corruption and misrule“ noch retten.134 Es ist geradezu fast schon auffällig, dass in diesem Beispiel Cincinnatus ausnahmsweise als Vorbild fehlt. Für Jacksons Gegner war die Argumentation der Jacksonians hingegen eine Verdrehung der Tatsachen und gefährlich für die Freiheit der Republik. Henry Clay stellte in einer Rede im Mai 1828 in Baltimore fest: „Cromwell and Caesar have recently found apologists. The judgment of centuries is reversed. Long established maxims are overturned – the Etheopian is washed white, and the only genuine lovers of liberty were the Philips – the Caesars – the Cromwells – the Marius’s and Syllas of former ages. It is time for slumbering patriotism to awake when such doctrines are put forth from the Capitol and from popular assemblies. […] If indeed, we have incurred the divine pleasure, and it be necessary to chastise this people with the rod of His vengeance, I would humbly prostrate myself before Him, and implore His mercy to visit our favoured land with war, with pestilence, with famine, with any scourge other than Military rule or a blind and heedless enthusiasm for mere Military renown.“135

Clay beschreibt treffend, wie der Diskurs, welchen er schließlich selbst mit Jackson verknüpft hatte, sich im Wahlkampf von 1828 verändert hatte. Von Clay und weiteren Gegnern Jacksons noch als rhetorische Waffe zur Diskreditierung 132 Für weitere Beispiele mit Cincinnatus-Kontext aus dem United States’ Telegraph siehe: 23. April 1827; 17. Juli 1827; 28. Juli 1827; 25. Oktober 1827; 1. November 1827; 29. Juli 1828. 133 Louisiana Advertiser, 27. November 1827. 134 United States’ Telegraph, 13. November 1827. 135 Delaware Patriot and American Watchman, 20. Mai 1828.

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verwendet, waren mittlerweile die Vorzeichen umgekehrt worden und die Rolle, die die besagten Militärs bei dem Niedergang der Republik gespielt hatten, wurde von den Jacksonians zunehmend relativiert. Doch, so Clays provokante These, sei jede Plage, egal ob Krieg oder Krankheit, nicht so schlimm wie die Herrschaft eines Militärs. Dass Clay damit Jackson meint, auch wenn er ihn nicht namentlich nennt, ist offensichtlich und so wurde Clay auch nach Jacksons Wahlsieg von den Jacksonians für diese Aussagen scharf attackiert.136 Auch die Tatsache, dass Adams von den Jacksonians vor allem als Monarch und Aristokrat gebrandmarkt wurde, war für Anhänger der Regierung ein Beleg dafür, dass Clay Recht hatte und nun die Vorzeichen verdreht würden. Ein Adams-Anhänger formulierte ungläubig: „can the American people know so little of character as to permit themselves to be persuaded that Mr Adams, whose whole life has been one of unostentatious republican simplicity, is a proud arrogant aristocrat, whilst his competitor, […] is made to pass for a plain modest and exemplary Democrat?“137 Die Verführung des Volkes und die Unsicherheit über die Zukunft der Republik schwingt auch in diesem Artikel mit. Ob Jackson oder doch Adams die Oberhand behalten sollte, darüber war man sich zunächst noch unsicher. Den Tod von Thomas Jefferson und von John Adams am 4. Juli 1826, exakt 50 Jahre nach der Unterzeichnung der Unabhängigkeitserklärung, interpretierte Jackson wie wohl viele Amerikaner als Zeichen einer höheren Macht. Wie dieses Zeichen allerdings gedeutet werden sollte, war ihm nicht klar: „Is this an omen that Divinity approbated the whole course of Mr. Jefferson […] and is the death of Mr. Adams a confirmation of the approbation of Divinity also, or is it an omen that his political example as President and adopted by his son, shall destroy this holy fabric created by the virtuous Jefferson.“138

136 Siehe zum Beispiel: „Henry Clay! He can never be the sincere advocate of any system that is TRULY American, after having implored Heaven to visit his country with ‚war, pestilence, and famine‘, rather than the PEOPLE should have a President of their own choice.“ United States’ Telegraph, 9. Juli, 1830. 137 From James Brown, 10. Mai 1828, in: Seager: Papers of Henry Clay, 7, S. 265-268. 138 To Richard Keith Call, 26. Juli 1826, in: Moser: The Papers of Andrew Jackson, 6, S. 190 f.

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J ACKSONS T RIUMPH 1828 Bei der Wahl 1828 wurden im Vergleich zur Wahl vier Jahre zuvor mehr als dreimal so viele Stimmen abgegeben. Das lag zum einen daran, dass weitere Wahlrechtsreformen in den Einzelstaaten stattgefunden hatten. Bis auf Delaware und South Carolina, welche weiterhin die Wahlmänner durch ihre Legislative bestimmen ließen, wurden die electors überall in den USA jetzt durch popular vote bestimmt.139 Auch hatte sich endgültig das general ticket system durchsetzt, bei welchem die einfache Stimmenmehrheit in einem Staat für einen Kandidaten entscheidend war. 18 der 24 Staaten bestimmten 1828 auf diese Weise, welcher Kandidat alle Wahlmännerstimmen des jeweiligen Staates erhalten würde.140 Zum anderen ist anzunehmen, dass neben den Reformen allerdings der emotionale und hart geführte Wahlkampf, welcher die Nation gespalten hatte, die Wähler an die Urnen trieb. Im Gegensatz zur Wahl zuvor fokussierte sich alles auf zwei Kandidaten und beide Seiten behaupteten, die Wahl sei wegweisend für Zukunft der Republik. Je nach Staat und Wahlprozess wurde zwischen September und November gewählt. Am 3. Dezember trat dann das electoral college zusammen und bestimmte mit überragender Mehrheit Jackson zum neuen Präsidenten.141 Die Erwartung John Eatons, welcher Old Hickory bereits im Januar 1828 mindestens 170 Wahlmännerstimmen prophezeit hatte,142 wurde um 8 Stimmen übertroffen, während Adams nur 83 Stimmen auf sich vereinen konnte. Zudem entfielen von den 1.148.018 insgesamt abgebenden Stimmen 642.553 auf Jackson. Damit hatte dieser über 56 Prozent der popular vote erhalten, ein Erfolg, den kein Kandidat im 19. Jahrhundert wiederholen konnte.143 Selbst in Clays Heimatstaat Kentucky

139 Howe: What Hath God Wrought, S. 276. 140 Heale, M. J.: The Presidential Quest, Candidates and Images in American Political Culture, 1787-1852, New York 1982, S. 33 f. 141 Reynolds: Waking Giant, S. 76. 142 John H. Eaton to Jackson, 21. Januar 1828, in: Bassett: Correspondence of Andrew Jackson, 3, S. 389 f. 143 Dass die Zahlen zwischen popular vote und electoral vote relativ stark differieren, liegt einerseits sicherlich am Mehrheitswahlrecht, allerdings auch an der damals in der Verfassung noch festgeschriebenen 3/5-Klausel, nach der in den sklavenhaltenden Staaten die Stimmengewichtung von 5 Sklaven der von 3 Wählern entsprach und somit den Stimmen des Südens mehr Gewicht verlieh. Nach Howe kreierten die circa 200.000 Stimmen des Südens 105 electoral votes für Jackson, während die in etwa doppelte Menge an Stimmen im Norden ihm lediglich 73 Wahlmännerstimmen

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erhielt Jackson 55,5 Prozent der Stimmen.144 Auch im 21st Congress behielten die Jacksonians die Überhand: Im HoR waren von 213 Abgeordneten 136 Anhänger Jacksons,145 im Senat verloren sie zwar zwei Sitze, stellten mit 25 von 48 aber immer noch knapp die Mehrheit.146 John Calhoun wurde ebenfalls als Vizepräsident wiedergewählt.147 Die Abwahl der Adams Administration, welche von den Jacksonians als „nominally a Republican government: but practically a monarchy of the worst stamp“148 bezeichnet worden war, kommentierte Jackson daher als „a victory indeed of the virtue of the people over corruption“149 und als „triumph […] over

einbrachten. Parsons hält allerdings dagegen, dass Jackson auch ohne die 3/5Klausel gewonnen hätte und dass, wenn in bereits allen Staaten das general ticket system Anwendung gefunden hätte, Jacksons Sieg noch deutlicher ausgefallen wäre. Als ein Beispiel hierfür kann wohl New York angeführt werden, welches noch nicht das general ticket system adaptiert hatte und stattdessen die Stimmen aufteilte. Jackson erhielt dort 20, Adams 16 Stimmen. Nach dem general ticket system hätte Jackson dort alle 36 Stimmen erhalten. Zwar traten bei der Wahl von 1828 mit Jackson und Calhoun erstmals zwei Kandidaten aus dem Süden gegen Adams und Rush (welchen der Präsident statt Calhoun als Vizepräsidentschaftskandidaten ins Rennen geschickt hatte), zwei Kandidaten aus dem Norden, an. Jedoch war Jackson tatsächlich der Kandidat der Mehrheit des Volkes, und zwar fast überall in den USA. Besonders die über 300.000 Stimmen aus den (sklavenfreien) Staaten Pennsylvania, New York und Ohio kreierten 64 electoral votes für Jackson, während Adams in diesen Staaten fast 60.000 Stimmen weniger auf sich vereinen konnte. Eigene Berechnung aufgrund der Daten von: Peters, Gerhard/Woolley, John T.: The American Presidency Project, www.presidency.ucsb.edu/showelection.php?year=1828); Howe: What Hath God Wrought S. 282; Parsons: Modern Politics, S. 183. 144 Peters,

Gerhard/Woolley,

John

T.:

The

American

Presidency

Project,

www.presidency.ucsb.edu/showelection.php?year=1828. 145 History,

Art

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Archives,

United

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House

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Representatives,

history.house.gov/Institution/Party-Divisions/Party-Divisions/, Howe spricht von 138 zu 74 Sitzen; Howe: What Hath God Wrought, S. 281. 146 United States Senate, www.senate.gov/history/partydiv.htm 147 Parsons, Modern Politics, S. 181. 148 Hugh L. White to Jackson, 7. April, 1827, in: Bassett: Correspondence of Andrew Jackson, 3, S. 353. 149 To Brigadier-General John Coffee, 11. Dezember 1828, in: Bassett: Correspondence of Andrew Jackson, 3, S. 452.

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the intrigues of aristocracy.“150 Während Jackson und seine Anhänger von einem Sieg der Tugend und des Republikanismus über Korruption, Monarchie und Aristokratie sprachen, sahen dies seine Gegner verständlicherweise ganz anders. Einer von ihnen schrieb verbittert: „Nero never fully exhibited his character until made emperor. No doubt the praetorian bands would not have elected him, had they known his character was in its nature so sanguinary. But the praetorian bands of Gen. Jackson have elected him, knowing him to be sanguinary. […] It does appear as if it is destined to suffer the fate of all antecedent republics. That Jackson’s reign will be a reign of terror, is daily evidenced by the acts of his abettors. […] We are destined to be a military republic; the worst government possible. The people have now given evidence that a republic cannot long exist.“151

Mit Jacksons Wahl war für seine Gegner das Unvorstellbare und letztlich doch Unvermeidbare eingetreten: Der Despotismus, Zerstörer von Freiheit und Leben, hatte nun auch von den USA Besitz ergriffen. Sie waren überzeugt, dass Jackson mit Terror regieren werde und die Tage der Republik gezählt seien. So wird in der Konsequenz Jackson nun mit dem in den antiken Quellen als grausam und verschwenderisch beschriebenen Nero verglichen.152 Für Jacksons Gegner war endgültig bewiesen, dass eine größere politische Partizipation des Volkes letztlich nur zu dem Untergang von Republiken führt, und erneut schien sich Polybios’ Theorie vom Kreislauf der Verfassungen zu bewahrheiten. Als Jacksons Sieg sich deutlicher abzeichnete, aber in einigen Teilen des Landes noch nicht gewählt worden war, schlugen einige verzweifelte JacksonGegner vor, schnell noch einen weiteren Kandidaten zu nominieren, um Jacksons direkte Wahl zu verhindern und die Entscheidung erneut vor das HoR zu bringen, um so „the election of a despotic military Tyrant“153 doch noch abzuwenden. Diese Idee lehnte Henry Clay allerdings kategorisch ab: „Nothing could be more exceptionable than any such attempt at this time. It would be a gross violation of the pledge which has been implied, if not expressed, in the choice of all the electors. Calamitous as I regard the election of General Jackson, I should consider the defeat of his election, at this time, by any such means, as a

150 To Edmund Pendelton Gaines, 4. Dezember 1828, in: Andrew Jackson Papers, 1775-1874, Library of Congress. 151 Daily National Journal, 19. November 1828. 152 Zu Nero vgl. auch S. 77. 153 From Asakel Thomson, 22. November 1828, in: Seager: Papers of Henry Clay, 7, S. 545 f. Siehe auch: National Intelligencer, 18. November 1828.

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still greater calamity.“154 Zwar beschrieb auch Clay die Wahl Jacksons als größte Katastrophe, die jemals über das Land hereingebrochen sei,155 doch war er klug genug, sich nicht zu einer Verzweiflungstat hinreißen zu lassen. Hatte er bei der letzten Wahl aus seiner Sicht zum Wohl seines Landes gehandelt, war ihm jetzt klar, dass eine weitere Auslegung der Verfassung den Jacksonians in ihren Argumenten nur Recht geben würde. Spätestens dann würde sich wohl niemand mehr an die gesetzgebenden Normen halten und dies würde unmittelbar den endgültigen Untergang der Republik zur Folge haben. Seine Niederlage eingestehend, gab sich Clay dennoch weiterhin kämpferisch und betonte: „We must still struggle for our Country, in private life, and hope that Providence may yet watch over and preserve our Liberties.“156 Das Land wartete nun gebannt auf Jacksons Amtseinführung. Jacksons Gegner fürchteten das Schlimmste und warnten weiterhin vor dem Untergang der Republik. So schrieb der New-Hampshire Statesman and Concord Register: „People begin to look forward to, and speak of, the spectacle to be presented at the inauguration of the next President, as they do in England in anticipation of the coronation of their Kings. Does not the conduct of the Roman people, when Caesar, on the ‚feast of Lupercal‘ thrice refused the ‚kingly crown‘, afford matter of much reflection? There was the insence???? Of flattery and adulation offered up, and the shoutings of the mob heard, when the Chieftain put back the Peoples proffered honor. We know the times are not ripe for such things here – we do not believe that men are ripe for them either; but who can tell the controlling power of circumstances, and what pilot would not shun the rock on which he has seen others split. […] we may think the danger is in our own imaginations, rather than to reality; but a people never can be too watchful, or too jealous of their rights and liberties.“157

Auffällig bei dieser Aussage ist, dass zunächst zwar auf die Krönung eines britischen Monarchen, dann aber auf Caesar, welcher symbolisch mehrmals die Königskrone abgelehnt hatte und vom Mob bejubelt wurde, verwiesen wird. Dieser Vergleich passte auch besser in die Gedankenwelt der Jackson-Gegner, da kaum zu erwarten war, dass Jackson jetzt öffentlich die alleinige Macht beanspruchen würde. Es war hingegen anzunehmen, dass er sich weiterhin republikanisch prä154 To Francis T. Brooke, 18. November 1828, in: Seager: Papers of Henry Clay, 7, S. 541. 155 To Henry David Lee Child, 20. November 1828, in: Seager: Papers of Henry Clay, 7, S. 542 f. 156 To Joan Sloane, 12. November 1828, in: Seager: Papers of Henry Clay, 7, S. 535 f. 157 New-Hampshire Statesman and Concord Register, 21. Februar, 1829.

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sentieren würde, nur um schrittweise die Republik letztlich doch zu beenden. Zwar wird in dem Artikel auch gesagt, dass die Zeit jetzt für einen Caesar noch nicht reif sei, man aber nie wachsam genug sein könne. Auch wenn somit das Argument des precedent vorgeschoben wird, wird Jacksons Amtseinführung und die Verbindung eines Militärs mit dem Pöbel als ein Zeichen des unaufhaltsamen Niedergangs der Republik interpretiert. Dies sah auch John Quincy Adams so, welcher an der Amtseinführung seines Nachfolgers gar nicht erst teilnahm. Jackson hatte ihm nach seiner Ankunft nicht die Aufwartung gemacht und nach einer Beratung mit seinem Kabinett und vor allem auf Drängen Clays hatte Adams beschlossen, den Feierlichkeiten fernzubleiben.158 Jackson konnte dies nur recht sein, war doch auch John Adams der Amtseinführung Jeffersons ferngeblieben.159 Für die Jacksonians war dies ein symbolträchtiges Zeichen. Waren sie sich beim Tod von Jefferson und John Adams noch unsicher gewesen, wie dies zu interpretieren war, musste es jetzt offensichtlich sein, dass die Republik auf dem richtigen Weg war. Für Andrew Jackson begann am 4. März 1829 mit seiner Vereidigung zum siebten Präsidenten der USA ein neues Kapitel in seinem Leben. Nicht nur, dass er mit fast 62 Jahren die Hermitage gegen das Weiße Haus eintauschte, auch kam er als Witwer nach Washington.160 Am Tag seiner Vereidigung trug Jackson daher Trauer, doch für viele Amerikaner war es ein Tag der Freude und Tausende kamen, um ihn zu sehen. Daniel Webster, Senator von Massachusetts und ein bekennender Gegner Jacksons, kommentierte das Treiben ungläubig: „Persons have come five hundred miles to see General Jackson, and they really seem to think that the country is rescued from some dreadful danger.“161 Man kann argumentieren, dass für einige der hartgeführte Wahlkampf reine Rhetorik gewe158 Parsons: Modern Politics, S. 190. 159 Remini: Jackson, 2, S. 172 f. 160 Jacksons Frau Rachel, mit der er fast 40 Jahren zusammen gewesen war, war am 22. Dezember 1828 an den Folgen von wohl mehreren Herzinfarkten verstorben. Landesweit berichteten die Zeitungen über Rachels Tod und kontrastierten dabei ihre menschliche Güte im Gegensatz zu der Verunglimpfung ihres Charakters während des Wahlkampfs. Tatsächlich hatten Rachel die vorgebrachten Anschuldigungen tief betroffen und beschämt, und auch der Gedanke, die Rolle der First Lady zu übernehmen, war ihr höchst unangenehm gewesen. Nach dem Eintreffen des endgültigen Wahlergebnisses hatte sie sich für ihren Mann gefreut, sagte aber auch: „for my own part, I never wished it!“ Remini: Jackson, 2, S. 148-155, Zitat auf S. 148. 161 Mr. Webster to Mrs. E. Webster, 4. März 1829, in: Webster, Fletcher (Hrsg.): The Private Correspondence of Daniel Webster, 1, Boston 1857, S. 473 f.

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sen war; für viele Amerikaner aber erschien die Gefahr für die Republik real – und Jackson hatte sie gerettet. Ein neuer Cincinnatus hatte seine Aufgabe erfüllt; das Unrecht, welches ihm und dem Volk vier Jahre zuvor widerfahren war, war korrigiert worden. Jackson, darauf bedacht, auf jeglichen Pomp zu verzichten, lief zu Fuß zum Kapitol, wo die Vereidigung außerhalb des Gebäudes zum ersten Mal an der sogenannten East Portico stattfand, um dem angereisten Publikumsansturm gerecht zu werden. Ungefähr 20.000 Zuschauer waren anwesend, als Jackson eine knappe Rede hielt, welche an Jeffersons Inaugural Address angelehnt war162 und in welcher Jackson darauf hinwies, dass er „standing armies“ in Friedenszeiten als gefährlich erachte und daher keinerlei Intentionen habe, den aktuellen Zustand in dieser Hinsicht zu ändern. Darüber hinaus würde er „that salutary lesson of political experience which teaches that the military should be held subordinate to the civil power“ beachten.163 Jackson machte somit von Beginn deutlich, dass die Ängste vor ihm als Militär unbegründet waren. Nachdem er von Chief Justice John Marshall vereidigt worden war, verbeugte sich Jackson demonstrativ vor dem Volk.164 Margaret Bayard Smith, Augenzeugin des Geschehens, beschrieb diese Geste als eine Verbeugung „to the people in all their majesty“ und fuhr fort: „[H]ad the spectacle closed here, even Europeans must have acknowledged that free people […] restrained solely by moral power, without a shadow around of military force, was majesty, rising to sublimity, and far surpassing the majesty of Kings and Princes, surrounded with armies and glittering in gold.“165 Als Frau des Senators Samuel Smith und Mitglied der High-Society von Washington166 beschreibt Margaret Smith diesen Moment als Sieg der Demokratie über die Monarchien Europas, allerdings nur, um wenig später zu verdeutlichen, wohin die Macht des Volkes ihrer Meinung nach wohl zwangsläufig führen musste. Denn nach Jacksons Vereidigung war dieser, begleitet von seinen Anhängern, im Weißen Haus eingetroffen. Dort war ein kleiner Empfang vorbereitet worden, doch stürmten deutlich zu viele Besucher das Anwesen. Jackson wurde beinahe zu Tode gedrückt und floh von der Festivität 162 Remini: Jackson, 2, S. 173 f. 163 Zitiert nach: Benton: Thirty Years’ View, S. 119. 164 Remini: Jackson, 2, S. 176. 165 Margaret Smith to Mrs. Kirkpatrick, 11. März 1829, in: Hunt, Gaillard (Hrsg.): The First Forty Years of Washington Society in the Family Letters of Margaret Bayard Smith, New York 1965, S. 290-298, S. 291. 166 Zu Margaret Smith siehe zum Beispiel: Good, Cassandra: “A Transcript of My Heart”: The Unpublished Diaries of Margaret Bayard Smith, in: Washington History, 17, 1 (2005), S. 66-82, S. 67 f.

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zu seinen Ehren. Als Mrs. Smith das Weiße Haus erreichte, war Jackson bereits nicht mehr vor Ort: „The Majesty of the People had disappeared, and a rabble mob, of boys, negros, women, children, scrambling, fighting, romping. […] it was the People’s day, and the People’s President and the People would rule. God grant that one day or other, the People, do not put down all rules and rulers. I fear, enlightened Freeman as they are, they will be found, as they have been found in all ages and countries where they get the Power in their hands, that of all tyrants, they are the most ferocious, cruel and despotic. The noisy and disorderly rabble in the President’s House brought to my mind descriptions I had read, of the mobs in the Tuileries and at Versailles.“167

Alle Vorbehalte, die gegenüber einer größeren politischen Partizipation des Volkes gemacht worden waren, schienen für Margaret Smith eingetroffen zu sein. Erst ernennt das Volk Jackson zur Majesty of the People, nur um daraufhin das Land für sich selbst zu beanspruchen und ins Chaos zu stürzen. Die Herrschaft des Volkes sei die grausamste und despotischste und die USA würden nun den Weg aller vorherigen Republiken beschreiten. Eine Volksherrschaft führt Mrs. Smiths Ansicht nach zu Anarchie und dem Ende der Republik; die Szenen im Weißen Haus würden denen der Französischen Revolution gleichen. Dies verdeutlicht sie nicht nur durch die Beschreibung der tumultartigen Szenen, sondern auch darin, dass sie mit „boys, negros, women, children“ wohl bewusst die Teile der Bevölkerung aufzählt, welche über keinerlei Wahlrecht verfügten. Ähnlich kommentierte Joseph Story, Richter am Supreme Court die Szene mit den Worten: „The reign of KING MOB seemed triumphant!“168

167 Margaret Smith to Mrs. Kirkpatrick, 11. März 1829, in: Hunt, Gaillard (Hrsg.): The First Forty Years of Washington Society in the Family Letters of Margaret Bayard Smith, New York, 1965, S. 290-298, S. 295 f. Auch James Hamilton Jr. beschreibt die Situation im Weißen Haus ähnlich. Siehe: Van Deusen, Glyndon G.: The Life of Henry Clay, Boston 1937, S. 425 f. 168 Auch später änderte Story seine Meinung nicht, sondern war überzeugt, dass unter Jacksons Präsidentschaft das Land in Despotismus versinken würde, welches nur den Anschein einer Demokratie wahre. Wilentz: Rise of American Democracy, S. 312; Schlesinger, Arthur Jr.: The Age of Jackson, Boston 1949, S. 322 f., im Folgenden zitiert als: Schlesinger: The Age of Jackson.

Jacksons Präsidentschaft (1829-1837)

Jacksons Gegner wurden in ihren Befürchtungen schnell bestätigt. Bereits kurze Zeit nach seinem Amtsantritt begann Jackson mit seinem Reformprogramm, indem er im Regierungsapparat nach Verfehlungen und Korruption suchen ließ. In der Tat wurde man schnell fündig, denn innerhalb des ersten Amtsjahres wurde der frühere Diebstahl von über 280.000 Dollar aus dem Finanzministerium aufgedeckt. Korrupte Staatsbedienstete wurden entlassen, Schmiergeldzahlungen eingestellt, im Navy Department wurden die Ausgaben um eine Million Dollar reduziert.1 Die Behauptung, in Washington D.C. habe sich Korruption ausgebreitet, war also keineswegs reine Wahlkampfpropaganda gewesen.2 Trotz dieser Erfolge wurde Jackson vorgeworfen, er würde ein spoils system errichten, indem er seine Anhänger mit Regierungsposten versorgen und dafür langjährige Angestellte entlasse würde. Dieses Verhalten galt als anti-republikanisch, da es nicht dem Wohle des Staates, sondern der Einzelpersonen beziehungsweise nur den Interessen des Präsidenten diente. Tatsächlich entließ Jackson während seiner achtjährigen Präsidentschaft ungefähr zehn Prozent aller Bediensteten, was zunächst nicht für eine radikale Umwälzung spricht.3 Während aber seine drei Vorgänger zusammen gerade einmal 66 direkt der Regierung unterstellte Ange-

1

Remini: Jackson, 2, S. 187 ff.

2

Jedoch verbesserte sich auch unter Jackson in diesem Bereich die Situation nicht zwangsläufig, da er einige Posten zwar mit vermeintlich loyalen, aber in Wahrheit korrupten Männern besetzte. Das markanteste Beispiel hierfür ist sicherlich Samuel Swartwouth, der den Posten des Collector of the Port of New York erhielt. Mit nahezu 25.000 Dollar pro Jahr war der Posten sehr lukrativ und dennoch war Swarthouth korrupt genug, um 1839 mit über einer Million Dollar zu fliehen und das Land zu verlassen. Siehe zum Beispiel: Cole, The Presidency of Andrew Jackson, S. 45 f.

3

Remini: Jackson, 2, S. 192.

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stellte entlassen hatten, entließ Jackson von den 610 Angestellten fast die Hälfte in seinem ersten Amtsjahr.4 Vor allem ranghohe Bedienstete mussten um ihre Position fürchten. Jacksons Reform wurde verständlicherweise von denjenigen, welche seit Jahrzehnten einen Posten besetzten und keinesfalls in Legislaturperioden dachten, mit großer Sorge betrachtet und öffentlich beklagt. Jackson sah jedoch in seinen Maßnahmen einen notwendigen Schnitt, um der Republik zu neuer Lebenskraft zu verhelfen. Er war keineswegs nur daran interessiert, Posten mit treuen Anhängern zu besetzen, sondern wollte eine regelmäßige Ämterrotation einführen, welche es niemandem erlauben sollte, für mehr als vier Jahre einen Posten zu besetzen. Dies war Teil seines Politikverständnisses. Diesem Verständnis lag auch seine Ansicht zugrunde, dass die Amtszeit von Senatoren ebenfalls auf vier Jahre reduziert und Richter direkt vom Volk gewählt statt ernannt werden sollten. Auch der Präsident sollte direkt vom Volk gewählt werden, und zwar für nur eine Amtszeit von vier oder sechs Jahren.5 Jackson konnte die meisten dieser ehrgeizigen Reformvorhaben letztlich nicht durchsetzen, jedoch zeigen seine Ambitionen, welches Demokratieverständnis Jackson für die Republik im Sinn hatte. Für ihn stellte eine größere politische Partizipation des Volkes auf allen Ebenen das Heilmittel gegen power und corruption dar. Seiner Auffassung nach, konnte durch regelmäßige Rotation der Ämter einer Degeneration der Republik vorgebeugt werden. Neben den Auseinandersetzungen mit seinen politischen Gegnern war Jacksons Präsidentschaft in den ersten Jahren von Regierungskrisen geprägt. Diese führten dazu, dass er mehrmals Kabinettsposten neu besetzen musste beziehungsweise sein Kabinett neu ordnete. Bereits zu Beginn des Jahres 1830 war es zum öffentlichen Bruch zwischen Jackson und Vizepräsident Calhoun gekommen, bezeichnenderweise über die Seminole War Affäre, als öffentlich geworden war, dass sich Calhoun damals für eine Verurteilung Jacksons eingesetzt hatte.6 Gleichzeitig vermutete Jackson Calhoun als einen der Drahtzieher der sogenannten Petticoat-Affäre,7 an deren Ende nicht nur Jacksons Vertrauter und 4

Cole: The Presidency of Andrew Jackson, S. 41 f.

5

Jackson, Andrew: First Annual Message, 8. Dezember 1829, Online by: Peters,

Gerhard/Woolley,

John

T.:

The

American

Presidency

Project,

www.presidency.ucsb.edu/ws/?pid=29471; Jackson, Andrew: Fifth Annual Message, 3. Dezember 1833, Online by: Peters, Gerhard/Woolley, John T.: The American Presidency Project, www.presidency.ucsb.edu/ws/?pid=29475. Siehe auch: Wilentz: Andrew Jackson, S. 57 f.; Remini: Jackson, 2, S. 185; Brands: Andrew Jackson, S. 432 f. 6

Cole: The Presidency of Andrew Jackson, S. 80 ff.

7

John Eaton hatte zu Beginn des Jahres 1829 Margaret O’Neal Timberlake, eine Frau mit bereits zweifelhaften Ruf, geheiratet. Timberlakes Mann war erst kurz zuvor ver-

J ACKSONS P RÄSIDENTSCHAFT (18 2 9-1837)

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Autor der Letters of Wyoming, John Eaton, als Secretary of War, sondern auch der Secretary of State, Martin Van Buren, freiwillig zurücktraten, während drei weitere Minister von Jackson zum Rücktritt gedrängt wurden.8 Somit war bis Juni 1831 das Kabinett faktisch aufgelöst, ein zuvor nie dagewesener Vorgang in der Geschichte der USA. Dieser Umstand wurde in der Bevölkerung mit Schrecken aufgenommen und die Furcht vor dem Ende der Republik wurde weiter genährt.9 Unbeeindruckt von der Kabinettskrise war sich Jackson sicher, dass seine Reformmaßnahmen noch nicht ausreichten: Um virtue in der Republik wiederherzustellen, musste das Übel an der Wurzel gepackt werden. Dieses Übel sah Jackson in der moneyed aristocracy, in der Kombination von politischer und finanzieller Macht, verkörpert vor allem in der Second Bank of the United States (BUS). Diese fungierte als eine Art Bundesbank für den Staat, welcher zu einem Fünftel an der Bank beteiligt war, wodurch die Bank etlichen Vergünstigungen, wie zum Beispiel Steuerbefreiungen, erhielt. Zudem hatte die Bank alle Befugnisse einer Privatbank, war also nur ihren 25 Direktoren und circa 4000 Anteilseignern im In- und Ausland gegenüber verpflichtet und hatte zudem das Recht, eigene Banknoten in Umlauf zu bringen. So waren während Jacksons erstem Amtsjahr über 40 Prozent aller Banknoten in den USA von der BUS ausgestellt. Darüber hinaus umfassten die Finanzmittel der Bank mehr als das Doppelte des jährlichen Staatshaushalts. Der Präsident der Bank war Nicolas Biddle. Er entstammte einer einflussreichen Kaufmannsfamilie aus Philadelphia und war Absolvent der Eliteuniversität Princeton. Als Präsident der BUS verlieh Biddle häu-

storben und hatte sich angeblich wegen der Liebesaffäre zwischen Eaton und seiner Frau das Leben genommen. Sie wurde daraufhin weitestgehend vom gesellschaftlichen Anlässen in Washington D.C. ausgeschlossen und auch von den Frauen von Jacksons Kabinettsmitgliedern beziehungsweise von Calhoun bewusst gemieden. Jackson verteidigte Margaret und vermutete hinter der gesellschaftlichen Affäre eine politische Verschwörung gegen ihn und „made the social matter of the ladies into a litmus test of political loyalty.“ Marszalek, John F.: The Petticoat Affair: Manners, Sex, and Mutiny in Andrew Jackson’s White House, New York 1997, Zitat auf S. 239. 8

Cole: The Presidency of Andrew Jackson, S. 84 ff.

9

Remini, Jackson, 2, S. 316. Jackson beriet sich jedoch vornehmlich ohnehin mit einem engen Beraterkreis, welcher von seinen Gegnern als Kitchen Cabinet bezeichnet wurde. Jedoch sollte der Einfluss dieser Personen auf Jacksons Meinungsbildung nicht überschätzt werden. Siehe zum Beispiel: Meacham, Jon: American Lion. Andrew Jackson in the White House, New York 2008, S. XXII.

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fig Geld zu günstigen Konditionen an Staatsbedienstete sowie an Politiker und Zeitungsredakteure, um sich deren Unterstützung zu sichern.10 Die Machtkompetenz der BUS und ihres Präsidenten sowie dessen Herkunft und Verhalten standen somit für alles, was aus der Sicht der Jacksonians die Republik gefährdete. Für Jackson war die BUS sinnbildlich und faktisch ein Nährboden für eine schädliche Vermischung von politischer Macht und Geld.11 Er setzte es sich somit zum Ziel seines Reformprogramms, die BUS abzuschaffen und auch der unkontrollierten Menge an Papiergeld, welches im Land zirkulierte, Einhalt zu gebieten. Bereits im Wahlkampf von 1824 hatte Jackson vor der Gefahr durch eine moneyed aristocracy gewarnt.12 Im Verlauf des nun folgenden sogenannten Bank War stellte sich tatsächlich heraus, dass die Vorgehensweise der BUS nicht nur teilweise illegal war, sondern dass Biddle durchaus glaubte, über den Institutionen des Staates zu stehen beziehungsweise Volk und Politiker nach Belieben manipulieren zu können.13 Einer der weiteren Hauptakteure im Bank War war erneut Jacksons Erzfeind Henry Clay, welcher in den Jahren 1821 bis 1824 selbst für die BUS tätig gewesen war.14 Als neugewählter Senator von Kentucky wieder in Washington präsent, trat er erneut als Präsidentschaftskandidat gegen Jackson an.15 Clay nutzte die Kontroverse über die BUS, um Jackson bei der bevorstehenden Präsidentschaftswahl von 1832 in eine politische Zwickmühle zu bringen: Die Charta der BUS von 1816 belief sich auf 20 Jahre und musste somit bis 1836 vom Kongress erneuert werden. Sollte Jackson wiedergewählt werden, war es wahrscheinlich, dass Jackson durch sein Veto eine Verlängerung der Charta verhindern würde. Sollte es jedoch noch vor der Wahl zu einer Abstimmung über die Zukunft der BUS kommen, so Clays Spekulation, würde sich im Kongress eine Mehrheit für die Verlängerung der Charta finden lassen. Sollte Jackson dann vor der Wahl, selbst gegen die Mehrheit seiner eigenen Anhänger im Kongress, sein Veto einlegen, konnte dies seinen Gegnern als Beweis dienen, dass Jackson wie ein Des10 Wilentz: Andrew Jackson, S. 75 ff. 11 Jacksons Abneigung gegenüber der BUS war auch eine Wiederbelebung der Philosophie Jeffersons, von der sich dessen Nachfolger Stück für Stück entfernt hatten. Schlesinger: The Age of Jackson, S. 18 f. 12 Vgl. S. 87 f. Zu Jacksons Abneigung gegen Banken an sich siehe zum Beispiel: Wilentz: Rise of American Democracy, S. 360 f. 13 Siehe zum Beispiel: Remini: Jackson, 3, S. 52 f.; Schlesinger: The Age of Jackson, S. 113 f. 14 Vgl. S. 72 f. 15 Clay wurde im Dezember 1831 auf einem Parteikonvent der National Republicans zum Kandidaten ernannt. Remini: Henry Clay, S. 375 f.

J ACKSONS P RÄSIDENTSCHAFT (18 2 9-1837)

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pot seinen Willen unbedingt durchsetzen wollte und die Freiheit der Republik bedroht war. Würde Jackson die Verlängerung jedoch hinnehmen, wäre gleichzeitig eines seiner wichtigsten Reformvorhaben gescheitert. Clay sowie weitere Gegner Jacksons wie Daniel Webster überzeugten daher Biddle, baldmöglichst einen Antrag beim Kongress zu stellen, die Charta der Bank um weitere 15 Jahre zu verlängern, was Biddle im Januar 1832 tat.16 Nach heftigen Debatten und einer von Biddle finanzierten Öffentlichkeitskampagne passierte der Antrag im Sommer 1832 mit einer soliden Mehrheit sowohl den Senat als auch das HoR.17 In der Zwischenzeit wurde Jackson auf einem bundesweiten Parteitag, auf welchem Delegierte aus dem ganzen Land ihren Präsidentschaftskandidaten bestimmen sollten, von seinen Anhängern das Vertrauen ausgesprochen. Auf dieser National Convention in Baltimore wurde darüber hinaus Jacksons Wunschkandidat Martin Van Buren zum Vizepräsidentschaftskandidaten nominiert und man beschloss, sich fortan als Democrats zu bezeichnen.18 War der Begriff zunächst von den politischen Gegnern verwendet worden, um die Jacksonians zu brandmarken und auf die Gefahren, welche von Demokratien ausgingen, aufmerksam zu machen, war der Begriff für Jackson und seine Anhänger nun zum Ausdruck des neuen Politikverständnisses geworden, dass gerade mehr Demokratie die Republik retten könne.19 Ziel der Democrats war daher nicht die Etablierung einer politischen Partei nach dem heutigen Verständnis, sondern nach wie vor, die aristokratischen Mächte im Land effektiv und dauerhaft aufzuhalten.20 Dass trotz Jacksons offensichtlicher Abneigung der Antrag zur Verlängerung der Charta der BUS den mehrheitlich mit Democrats besetzten Kongress passierte, verdeutlicht zudem, dass sich zu diesem Zeitpunkt noch keine festen Parteistrukturen etabliert hatten und dass keinesfalls alle Democrats den Präsidenten bedingungslos unterstützen. Jackson, angewidert von den „corrupting scenes in congress“, war jedoch weiterhin davon überzeugt, dass „the virtue of the people“ letztlich die Freiheit des Landes vor dem „corrupting course of the ambitious demagogues“ retten würde.21 Anstatt also tatenlos einer Verlängerung der Bankcharta zuzusehen und somit an politischer Glaubwürdigkeit zu verlieren, legte Jackson

16 Remini: Jackson, 2, S. 339-344. 17 Remini: Jackson, 2, S. 364 f. 18 Brands: Andrew Jackson, S. 474; Remini: Jackson, 2, S. 356 ff. 19 Heidler: Henry Clay, S. 207. 20 Wilentz: Rise of American Democracy, S. 516. 21 Andrew Jackson to Sarah Jackson, 6. Mai 1832, zitiert nach: Remini: Jackson, 2, S. 364 f.

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am 10. Juli 1832 sein Veto ein, welches vom Senat nicht überstimmt wurde.22 Jackson hatte den Kampf mit der aus seiner Sicht korrupten und intrigenspinnenden moneyed aristocracy, personifiziert in Biddle und seinem Erzfeind Clay, aufgenommen und band seine Wiederwahl an die Zukunft der BUS. In der Begründung zu seinem Veto argumentierte Jackson unter anderem, dass die BUS die Existenz der Einzelstaaten bedrohe, verfassungswidrig und „dangerous to the liberties of the people“ sei. Die Bank habe ein QuasiMonopol, ihre Anteilseigner seien überwiegend Ausländer und einige hundert Amerikaner „chiefly of the richest class.“ Die Notwendigkeit der Existenz der Bank anzuerkennen hieße „the present stockholders and those inheriting their rights as successors be established a privileged order, clothed both with great political power and enjoying immense pecuniary advantages from their connection with the Government. […] [T]he rich and powerful too often bend the acts of government to their selfish purposes.“23 Jackson verweist in seiner Veto Message auf die Gefahren von außen und innen für die Republik, indem er die Anteilseigener der Bank als politisch und monetär einflussreiche elitäre Gruppe mit eigennützigen Zielen beschreibt, welche ihren Einfluss quasi weitervererben könnte. Biddle, außer sich vor Wut, bezeichnete Jacksons Veto daraufhin als „a manifesto of anarchy – such as Marat or Robbespierre might have issued to the mob.“24 Dass Biddle das amerikanische Volk mit dem französischen Mob während der Französischen Revolution gleichsetzt, zeigt sein Unverständnis für die in den USA vorgehenden politischen Prozesse der Demokratisierung. Auch die Tatsache, dass er 30.000 Kopien von Jacksons Veto Message im Land verteilen ließ, da er glaubte, Jackson habe seine Kompetenzen überschritten und sich mit seinen Aussagen nur selbst geschadet, verdeutlicht Biddles Unverständnis der Situation umso mehr.25 Jacksons Anhänger nannten dessen Veto Message hingegen eine „Second Declaration of Independence“26 und tatsächlich wurde Jackson von der Mehrheit der Wähler erneut als ihr Vertreter und Retter wahrgenommen, der sie gegen die 22 Zwar stimmte der Senat mit 22 zu 19 für die Verlängerung, verfehlte somit jedoch die nötige Zweidrittelmehrheit, um Jackson Veto zu verhindern, deutlich. Wilentz: Rise of American Democracy, S. 371. 23 Andrew

Jackson:

Bank

Veto,

10.

Juli

1832,

The

Miller

Center,

millercenter.org/the-presidency/presidential-speeches/july-10-1832-bank-veto. 24 From Nicholas Biddle, 1. August 1832, in: Seager, Robert (Hrsg.): The Papers of Henry Clay, 8, Lexington 1984, S. 556, im Folgenden zitiert als: Seager: Papers of Henry Clay, 8. 25 Cole: The Presidency of Andrew Jackson, S. 145. 26 Remini: Jackson, 2, S. 369.

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machthungrige Elite verteidigte. Jackson erhielt etwa 700.000 Stimmen oder circa 54 Prozent der popular vote, während Clay lediglich 37 Prozent erhielt. Bei der electoral vote fiel das Ergebnis mit 219 zu 49 noch deutlicher aus.27 Insgesamt hatte Jackson in 16 der 24 Staaten eine Mehrheit erreicht und war somit rechtlich wie moralisch mit einem beeindruckenden Mandat ausgestattet.28 Jacksons Wunschkandidat Martin Van Buren wurde zum Vizepräsidenten gewählt. Im 23rd Congress war das Ergebnis hingegen gespalten: Im HoR waren von 240 Abgeordneten 143 Anhänger Jacksons.29 im Senat, der ja von den Staatenparlamenten gewählt wurde, stellten sie jedoch nur noch 20 von 48 Senatoren.30 Das Volk war offenbar mit Jacksons Politik im Allgemeinen und vor allem in der Bank-Frage einverstanden. Doch hatte Jacksons Veto auch dazu geführt, dass die Mitglieder der ehemaligen Anti-Adams-Koalition sich jetzt endgültig entscheiden mussten, ob sie auch uneingeschränkt für Jackson waren, denn dieser beschloss, die BUS endgültig zu vernichten. Er wies daher im Herbst 1833 seinen Finanzminister Duane an, die deposits, also die Staatseinlagen, aus der BUS abzuziehen. Duane weigerte sich diesen Schritt auszuführen und gab zu bedenken, dass der Kongress diesbezüglich ebenfalls zu entscheiden hätte. Daraufhin entließ Jackson Duane am 23. September 1833 und ernannte Roger B. Taney zum neuen Secretary of the Treasury, welcher dann bis zum Jahresende die Staatsgelder fast vollkommen aus der BUS abzog und auf kleinere state banks verteilte.31 Biddle, Clay und die weiteren Sympathisanten der Bank konnten trotz politischer und finanzieller Anstrengungen das Ende der BUS nicht verhindern. Dieses wurde im April 1834 besiegelt, als der Kongress vier Resolutionen verab27 Dass Jackson weniger Stimmen als bei der Wahl von 1828 erhielt, lag auch an der populistischen Anti-Masonic Party welche 1832 knapp acht Prozent der popular vote erhielt. Siehe zum Beispiel: Wilentz: Rise of American Democracy, S. 373 f. 28 Henry Clay konnte außer in seinem Heimatstaat Kentucky nur in fünf weiteren Staaten eine Mehrheit der electoral vote erringen (Connecticut, Delaware, Maryland, Massachusetts und Rhode Island). William Wirt von der Anti-Masonic Party gewann Vermont; die Legislative von South Carolina gab ihre Stimmen aufgrund der Nullification Crisis aus Protest an John Floyd. Zahlen von: Peters, Gerhard/Woolley, John T.: The American Presidency Project, www.presidency.ucsb.edu/showelection.php? year=1832, leicht abweichend bei Remini: Jackson, 2, S. 289 f. 29 History,

Art

&

Archives,

United

States

House

history.house.gov/Institution/Party-Divisions/Party-Divisions/. 30 United States Senate, www.senate.gov/history/partydiv.htm 31 Remini: Jackson, 3, S. 100-106.

of

Representatives,

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schiedete, die sich unter anderem gegen eine Verlängerung der Charta der Bank aussprachen und ebenso gegen eine Zurücküberführung der deposits aus den state banks. Jackson verkündete, dass er über „that mamouth of corruption and power“ gesiegt habe. Gleichzeitig setzen die Democrats auch eine Geldreform durch, in der schrittweise Banknoten mit einem Wert von unter 20 Dollar aus dem Umlauf genommen und durch Gold- und Silbermünzen ersetzt wurden.32 Zu Beginn des Jahres 1835 konnte Jackson (bislang als einziger Präsident in der Geschichte der USA) das Ende der Staatsverschuldung verkünden.33 Jackson triumphierte, jedoch hatten seine Erfolge einen politischen Preis. Bis 1836 hatten 28 Kongressabgeordnete, welche als Jacksonians für eine Verlängerung der Charta der BUS gestimmt hatten, die Democrats verlassen.34 Des Weiteren war zum ersten Mal in der Geschichte der Vereinigten Staaten ein Kabinettsmitglied vom Präsidenten entlassen worden. Dass Taney, ohne vom Senat zuvor als Kabinettsmitglied bestätigt worden zu sein, Jacksons Willen ausführte, war zwar legal, ignorierte jedoch die Interessen der Legislative vollkommen.35 Jackson forcierte somit die politischen Fronten, denn seine Gegner wollten keinesfalls tatenlos zusehen, wie Jackson die etablierten Strukturen der Republik immer weiter aushöhlte. Bereits im Oktober 1831 schrieb der HoR-Abgeordnete Henry A.S. Dearborn an Henry Clay: „The republic is in a fearful condition, & nothing can save it from ruin, but the powerful cooperation of our ablest & best men.“36 Die fähigsten und besten Männer waren im Verständnis Dearborns die Anti-Jackson-Kräfte im Kongress, insbesondere im Senat. In der Tat wurde nach dem Abzug der deposits aus der BUS nach heftigen Debatten im Senat eine Resolution verabschiedet, welche das Verhalten des Präsidenten tadelte und feststellte: „[Jackson] assumed himself authority and power not conferred by the Constitution and laws“. Zudem wurde eine Begründung Taneys für das Entfernen der deposits aus der BUS als „unsatisfactory and insufficient“ bezeichnet. Dieses Vorgehen des Senats war bis dahin in der Geschichte der USA einmalig und Jackson antwortete seinerseits mit einer Protestnote.37 In dieser erklärte er 32 Remini: Jackson, 3, S. 166-169, Jackson-Zitat auf S. 167. Die BUS, nun nur noch eine reine Privatbank, musste sich schließlich 1841 für bankrott erklären. Remini: Jackson, 3, S. 471 f. 33 Remini: Jackson, 3, S. 222. 34 Howe: What Hath God Wrought, S. 390. 35 In der Tat wurde Taney im Juni 1834 schließlich vom Senat abgelehnt. Meacham, Jon: American Lion. Andrew Jackson in the White House, New York 2008, S. 269. 36 From Henry A.S. Dearborn, 2. Oktober 1831, in: Seager: Papers of Henry Clay, 8, S. 411. 37 Remini: Jackson, 3, S. 151 f.

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unter anderem, dass die Verfassungsauslegung des Senats eine Gefahr für die Republik bedeute, denn dieser würde dem Präsidenten „the power of supervising, directing, and controlling the Secretary of the Treasury in like manner with the other executive officers“ verweigern. Jackson war jedoch der Ansicht, dass der Präsident der direkte Repräsentant des Volkes sei und seine Minister wiederum direkt dem Präsidenten unterstellt seien: „If the Secretary of the Treasury be independent of the President in the execution of the laws, then is there no direct responsibility to the people in that important branch of this Government.“ Wenn also der Secretary of the Treasury nicht direkt dem Präsidenten unterstellt wäre, könnte auf diesem Weg die BUS „or any other corporation, body of men, or individuals“ die Regierung in diesem Bereich kontrollieren, sogar gegen den Willen des vom Volk gewählten Präsidenten. Aufgrund des offiziellen Tadels durch den Senat, welcher Jacksons Ansicht nach „wholly unauthorized by the Constitution“ war, würde zudem das Vertrauen der Bevölkerung in die Fähigkeiten und die virtue des Präsidenten geschwächt. Dies führe dazu, dass „the character and usefulness of his Administration will soon be at an end, and the real power of the Government will fall into the hands of a body holding their offices for long terms, not elected by the people and not to them directly responsible.“ Sollten also die aktuelle Entwicklung anhalten, würden „all the independent departments of the Government, and the States which compose our confederated Union, […] fall to mutual crimination and recrimination and give to the people confusion and anarchy instead of order and law, until at length some form of aristocratic power would be established on the ruins of the Constitution or the States be broken into separate communities.“ Seine eigenen Ambitionen bezeichnete Jackson im Folgenden als: „an anxious desire and a fixed determination to return to the people unimpaired the sacred trust they have confided to my charge; to heal the wounds of the Constitution and preserve it from further violation; to persuade my countrymen, so far as I may, that it is not in a splendid government supported by powerful monopolies and aristocratical establishments that they will find happiness or their liberties protection, but in a plain system, void of pomp, protecting all and granting favors to none, dispensing its blessings, like the dews of Heaven, unseen and unfelt save in the freshness and beauty they contribute to produce. It is such a government that the genius of our people requires; such an one only under which our States may remain for ages to come united, prosperous, and free.“38 38 President Jackson’s Message of Protest to the Senate, 15. April 1834, in: A Compilation of the Messages and Papers of the Presidents Prepared under the direction of the Joint Committee on printing, of the House and Senate Pursuant to an Act of the FiftySecond Congress of the United States. New York: Bureau of National Literature, Inc.,

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In seiner Protestnote verdeutlichte Jackson noch einmal, worum es ihm im Kern ging: um die Verteidigung der Freiheit beziehungsweise Wiederherstellung der Republik und ihrer Werte. Während Jackson vor Anarchie und der Machtergreifung einer wirtschaftlich und politisch privilegierten Klasse warnt, präsentiert er sich selbst als Beschützer und als direkter Repräsentant des Volkes. Die Minister, als Teil der Exekutive, seien nur dem Präsidenten gegenüber verpflichtet, welcher wiederum nur dem Volk gegenüber verpflichtet sei. Jacksons Veto Message, seine Protestnote und der vorausgegangene Tadel durch den Senat zeigen deutlich, dass die Ereignisse rund um die BUS nicht nur als Kampf zwischen zwei politischen Lagern, sondern vielmehr als Gradmesser für das Kräfteverhältnis zwischen Exekutive und Legislative betrachtet werden müssen. Jackson interpretierte die von den Verfassungsgebern installierte Mischverfassung neu. Keiner seiner Vorgänger hatte die Rolle des Präsidenten zuvor in dieser Form ausgelegt. So kam es während seiner Präsidentschaft vor allem zu einer Kraftprobe zwischen dem von den Gründervätern in der Verfassung als aristokratisches Element gedachten Senat und der monarchischen Exekutive.39 Jacksons Protestnote unterstreicht dessen Demokratieverständnis und macht deutlich, dass zwar eine Machtverschiebung von der Legislative zur Exekutive erfolgt war, letztere allerdings nicht mehr das monarchische, sondern nun das demokratische Element in der Mischverfassung darstellte. Dass der Kongress zunächst der Verlängerung der Charta der BUS zugestimmt hatte und Jackson in der Folge vom Volk mit einem Mandat gegen die Bank ausgestattet worden war, zeigt, dass seine Argumentation tatsächlich den Zeitgeist innerhalb der Bevölkerung traf. Die Ereignisse rund um die Wahl von 1824 hatten Jacksons ohnehin vorhandenes Misstrauen gegen die gesamte Legislative weiter geschürt. Er glaubte nicht, dass der Kongress noch die Freiheit der Republik garantieren konnte. Vielmehr schien dieser bereits degeneriert und von power und corruption zerfressen. Hoffnung, die Freiheit zu verteidigen, so betonte Jackson immer wieder, lag einzig in „the virtuous people“ begründet, deren Repräsentant er sei.40 Jackson interpretierte somit das Konzept der Mischverfassung, wie es beispielsweise bei Polybios zu finden ist, neu. Jackson veränderte während seiner Präsidentschaft indes nicht nur das Verständnis der Rolle der bundesstaatlichen Institutionen zueinander, sondern auch zwischen dem Bund und den Einzelstaaten. Vor allem die Nullification Crisis

1897, zitiert nach: The Avalon Project. Documents in Law, History and Diplomacy, avalon.law.yale.edu/19th_century/ajack006.asp. 39 Vgl. S. 28 f. 40 Remini: Jackson, 3, S. 156-159.

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(1832/1833), welche das Land an den Rand eines Bürgerkriegs führte, bildet hierfür ein Beispiel. Bereits 1828 waren neue Zollgesetze vom Kongress beschlossen worden, durch welche sich die Südstaaten, insbesondere South Carolina, gegenüber dem Norden benachteiligt fühlten. Bald darauf verfasste Calhoun mit der Zustimmung der Legislative seines Heimatstaates anonym ein Dokument unter dem Titel South Carolina Exposition and Protest, welches sich gegen das Recht der Bundesregierung aussprach, bundesweit Zölle festzulegen. Er merkte an, dass die Bundesinstitutionen verfassungswidrig immer mehr in die Rechte der Einzelstaaten eingreifen würden. Die USA seien ein Staatenbund und wenn ein Staat sich durch Gesetze des Bundes benachteiligt fühlen würde, hätte dieser Staat das Recht, diese Gesetze für den eigenen Herrschaftsraum für ungültig zu erklären (Nullification) und notfalls sogar das Recht, die Union zu verlassen. Calhoun argumentierte, dass sich eine Minderheit, in diesem Falle der Staat South Carolina, keineswegs immer der Mehrheit beugen müsse. Die Geschichte würde beweisen, dass eine reine Mehrheitsherrschaft immer in „violence, injustice, and anarchy“ geendet habe, gefolgt von der Herrschaft eines Einzelnen oder von einigen Wenigen „under which the people seek refuge from the more oppressive despotism of the many.“41 Calhoun verweist in seiner Argumentation also weitestgehend auf die politischen Theorien der antiken Autoren. Eine reine Mehrheitsdemokratie führt demnach zu Gewalt und Anarchie, aus welcher sich wiederum eine Alleinherrschaft beziehungsweise eine Aristokratie oder Oligarchie entwickelt.42 Calhoun hatte zunächst gehofft, dass bei einem Wahlsieg Jacksons 1828 in der neuen Regierung ein Umdenken in der Zollpolitik stattfinden würde beziehungsweise Calhoun als Vizepräsident im Sinne seines Heimatstaates Einfluss auf den Präsidenten nehmen könnte. Nach dem persönlichen Bruch mit Jackson43 bekannte sich Calhoun offen als Befürworter der Nullification. Bei den Wahlen von 1832 konnten die sogenannten Nullifier mit einer Zweidrittelmehrheit in South Carolinas Parlament einziehen, welches kurze Zeit später eine state convention einberief. Diese erklärte am 24. November 1832 alle Bundeszölle in South Carolina für nichtig und jeglichen Versuch des Bundes, Zölle nach dem 1.

41 “Exposition and Protest”, December 1828, in: Cheek, Lee Jr. (Hrsg.): John C. Calhoun: Selected Writings and Speeches, Washington D.C. 2003, S. 267-308, S. 290. 42 Siehe zum Beispiel Polybios, III, 57. 5-9; Calhoun hatte sich bei seinen Ausführungen auch von der römischen Geschichte beziehungsweise explizit von Niebuhr inspirieren lassen. Siehe: S.C. Exposition: Calhoun’s Draft, in: Wilson, Clyde N. (Hrsg.): The Papers of John C. Calhoun, 10, Columbia 1977, S. 493 f. 43 Vgl. S. 152 f.

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Februar 1833 einzuziehen, für illegal.44 Bei der gleichzeitig stattfindenden Präsidentschaftswahl gab South Carolinas Legislative ihre elf Stimmen im electoral college aus Protest an den Gouverneur von Virginia und state rights Verfechter John Floyd.45 Jackson nahm diese Entwicklungen sehr ernst, widersprachen sie doch vollkommen seiner Vorstellung einer Demokratie. Seiner Auffassung nach war es sehr wohl der Wille der Mehrheit, der stets befolgt werden musste. Bereits in seiner ersten Annual Message hatte Jackson verkündet, das oberste Prinzip des politischen Systems sei „that the majority is to govern.“46 Allerdings erkannte Jackson auch durchaus die Notwendigkeit der Rechte der Einzelstaaten für den Erhalt der Republik an. In seiner zweiten Inaugural Message am 4. März 1833 erklärte Jackson daher, dass er davon überzeugt sei: „that the destruction of our State governments or the annihilation of their control over the local concerns of the people would lead directly to revolution and anarchy, and finally to despotism and military domination. […] But of equal and, indeed of incalculable, importance is the union of these States, and the sacred duty of all to contribute to its preservation by a liberal support of the General Government in the exercise of its just powers.“47

Jackson erkennt einerseits also durchaus eine Gefahr in einer zu großen Machtbündelung auf Bundesebene, verweist aber auch auf die Gefahr eines Bürgerkriegs und der Auflösung der Union. Bereits zuvor hatte Jackson daher South Carolina mit einer Proklamation am 10. Dezember 1832 offen gedroht und deutlich gemacht, dass sich alle Staaten den verfassungskonformen Mehrheitsbeschlüssen des Kongresses, welcher sie schließlich repräsentiere, zu beugen hätten. Die Idee der Nullification sei verfassungswidrig und nicht im Sinne der Gründerväter. Während Calhoun gerade in der Möglichkeit der Nullification die Chance sah, dass ein einzelner Staat Teil der Union sein könne, ohne alles über sich ergehen lassen zu müssen, war für Jackson die Nullification nur der erste Schritt zur Sezession und somit Auflösung der Union. Er argumentiert: „The Constitution of the United States, […] forms a government, not a league.“ Die 44 Cole: The Presidency of Andrew Jackson, S. 158. 45 Wilentz: Rise of American Democracy, S. 374. Floyd hatte in der Seminole War Debate Jackson verteidigt. Vgl. S. 62. 46 Jackson, Andrew: First Annual Message, 8. Dezember 1829, Online by: Peters,

Gerhard/Woolley,

John

T.:

The

American

Presidency

Project,

www.presidency.ucsb.edu/ws/?pid=29471. 47 Jackson, Andrew: Second Inaugural Address, 4. März 1833, Library of Congress, www.memory.loc.gov/ammem/pihtml/pi012.html.

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Bürger South Carolinas sollten sich nicht von Wortspielen blenden lassen: „disunion, by armed force, is treason!“ Er hoffe, so Jackson weiter, dass alle Bürger der USA ihn in seiner Rolle als Präsidenten unterstützen würden „to preserve the union by all constitutional means“.48 Jackson war bereit seine politischen Überzeugungen von der Rolle der Union sowie sein Demokratieverständnis um jeden Preis durchzusetzen. Er war entschlossen, notfalls schnell und militärisch gegen South Carolina vorzugehen. Ihm war jedoch bewusst, dass seine Gegner in der Drohung gegen South Carolina den endgültigen Beweis zu sehen glaubten, dass er nach alleiniger Macht streben würde und dass er nun sein wahres Gesicht zeige. Daher, so schrieb er seinem designierten Vizepräsidenten Martin Van Buren, wolle er sich zunächst die Unterstützung des Kongresses sichern: „was I therefore to act without the aid of congress, or without communicating to it, I would be branded with the epithet, tyrant.“49 Jacksons Forderungen an den Kongress, ihn mit Vollmachten auszustatten, um die Bundesgesetze auch weiterhin in South Carolina durchzusetzen, waren durchaus nachvollziehbar, doch sahen seine Gegner darin nur einen Vorwand Jacksons, noch mehr Macht an sich zu reißen und den Kongress hierzu als Werkzeug zu benutzen. Der Gesetzesentwurf, die so genannte Force Bill,50 wurde daher von Jacksons Gegnern vehement angegriffen. John Calhoun, der als Senator von South Carolina in den Kongress zurückgekehrt war, bezog sich in seiner Argumentation indirekt auf antike Autoren wie Polybios und warnte eindringlich vor den offensichtlichen Gefahren für die Republik: „It had been often said that every thing which lives carries in itself the elements of its own destruction.“ Dieses Prinzip sei auf die Politik ebenso anwendbar wie auf „physical constructions. The principle of decay is to be found in our institutions; and, unless it can be checked and corrected in its course, by the wisdom of the Federal Government, its operation will form no exception to the general course of events.“ Wenn der nun eingeschlagene Kurs aber weiter fortgesetzt würde, würde das Land innerhalb von einem Jahrzehnt „degenerate into military despotism.“51 Im Kongress fürchteten die Abgeordneten beider Parteien eine Eskalation. Aufgrund von Jacksons Vergangenheit als Militär konnte kein Zweifel bestehen, dass dieser notfalls zum Einsatz von Waffengewalt bereit war. Anderer48 Jackson, Andrew: Proclamation No. 26, Respecting the Nullifying Laws of South Carolina, 10. Dezember 1832, Statutes at Large, Appendix Proclamations 25-26, Library of Congress, www.memory.loc.gov/ammem/amlaw/lwsl.html. 49 Andrew Jackson to Martin van Buren, 13. Januar 1833, Andrew Jackson Papers, 1775-1874, Library of Congress. 50 Eigentlich Revenue Collection Bill. 51 Register of Debates, 22nd Congress, 2nd Session, S. 100-104, S. 101 ff.

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seits war auch die Situation in South Carolina schwer einzuschätzen. So galt es zunächst die Gemüter zu beruhigen und man versuchte einen Kompromiss auszuhandeln. South Carolina war bereit, die Durchsetzung der NullificationBeschlüsse solange auszusetzen, bis der Kongress über die Zollpolitik abgestimmt hätte. Damit war Zeit gewonnen, denn gleichzeitig wurde eine Abstimmung über die Force Bill vertagt.52 Jackson bereute es folglich bald, den Kongress um Unterstützung gebeten zu haben, gab dies seinen Gegnern doch die Möglichkeit, ihr Intrigenspiel gegen ihn im Kongress weiterzuspinnen. So schrieb er im Februar 1833 in einem Brief, dass, obwohl er mit überwältigender Mehrheit gewählt worden sei, sich der Kongress seinen Wünschen widersetzt habe. Das Volk müsse diesen Makel korrigieren, denn nur so könne „our happy constitution, and our union, upon which our own liberty, and that of the whole world rests“ gerettet werden. „If we should fail, and our blessed union be dissolved, the civil wars, blood and destruction must be our unfortunate lot, and despotism will again triumph over the world.“ Dies zu verhindern, war Jacksons absolute Priorität: „the union shall be preserved, or I perish with it….“53 Nach Jacksons Verständnis hatte sich der Kongress nicht im Sinne des Erhalts der Republik verhalten, da er unter anderem zunächst seine Force Bill blockierte; die Missachtung des Präsidenten, des Repräsentanten des Volkes, durch den Kongress bringe die Republik in Gefahr. Sollte die Krise nicht abgewandt werden und die Union sich auflösen, würde dies in Bürgerkrieg und Despotismus enden. Diese Entwicklung zu verhindern, sah Jackson als seine fundamentale Aufgabe an. Jedoch gewann die Legislative das Heft des Handelns zurück. Weder die Exekutive noch ein einzelner Staat sollten über die Zukunft der Union entscheiden. Nach heftigen Debatten und verschiedenen Vorschlägen setzte sich schließlich ein Entwurf Henry Clays durch, welcher unter anderem eine schrittweise Senkung der Zölle vorsah und von Calhoun unterstützt wurde. Der Entwurf wurde am 1. März 1833 vom Kongress mit großer Mehrheit verabschiedet. Bereits zuvor hatte der Senat die Force Bill verabschiedet. Nun, da ein Kompromiss erzielt war, stimmte auch das HoR für die Force Bill, welche die Grundlage für Jacksons Zustimmung zu Clays Kompromiss bildete.54 Am 2. März 1833 unterzeichnete Jackson beide Gesetze, wobei er darauf Wert legte, dass er zunächst die Force Bill und erst dann die 52 Remini: Jackson, 3, S. 35 ff.; Cole: The Presidency of Andrew Jackson, S. 168. 53 To Rev. Hardy M. Cryer, 20. Februar 1833, in: Bassett, John Spencer (Hrsg.): Correspondence of Andrew Jackson, 5, Washington D.C. 1931, S. 19, im Folgenden zitiert als: Bassett: Correspondence of Andrew Jackson, 5. 54 Cole: The Presidency of Andrew Jackson, S. 167-176. Siehe auch: Peterson: The Great Triumvirate, S. 226-231.

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Zollreform unterschrieb. Damit war die Nullification Crisis beigelegt.55 Auch wenn der Kompromiss in South Carolina als Sieg und Calhoun als Held gefeiert wurden, so fehlte dem Staat die Unterstützung der anderen Staaten und er musste sich somit sehr wohl Jacksons Credo – that the majority is to govern – beugen.56 Jackson hatte sich aus seiner Sicht mit der Force Bill durchgesetzt, wobei er selbst keineswegs die Situation unter Kontrolle gehabt hatte, sondern seine Widersacher im Kongress. Vor allem Clay hatte bewiesen, dass Jacksons Gegner dessen Machtanspruch keineswegs akzeptierten, sondern weiterhin den Kongress als Zentrum der politischen Macht verstanden.57 Gleichzeitig formierten sich Jacksons Gegner nun bereits häufiger unter der Bezeichnung Whigs, um an die Tradition der Gründerväter zu erinnern und um gegen Jacksons vermeintlich monarchische Tendenzen zu protestieren.58 Jackson hingegen sollte bis zum Ende seiner Präsidentschaft mehr Vetos einlegen als alle seine Vorgänger zusammen.59 Diese Tatsache wiederum verdeutlicht seinen Anspruch gegenüber der Legislative. Jacksons Umgang mit dem Kongress, den Einzelstaaten und dem eigenen Kabinett schien seinen Gegnern Recht zu geben, dass Jackson versuchte, Stück für Stück mehr Macht an sich zu raffen, und zwar unter dem Vorwand, zum Wohle der Nation und des Volkes zu handeln. In der Nullification Crisis hatte Jackson die Union über die Rechte der Einzelstaaten gestellt. Doch stärkte Jackson die Einzelstaaten in der Auseinandersetzung mit dem Supreme Court. Mit seinen auf Lebenszeit gewählten Richtern war dieser aus Jacksons Sicht nicht nur undemokratisch, er mochte auch den Vorsitzenden John Marshall, nicht besonders, welcher seit über 30 Jahren dieses Amt ausführte. Zudem zweifelte Jackson, ob Urteile des Supreme Court auch bindend für die Exekutive waren.60 Dies wird im Kontext der Umsiedlung der Indianerstämme in Gebiete westlich des Mississippi besonders deutlich. Die kontrovers diskutierte Verabschiedung des von der Jackson Administration bald nach Amtsantritt initiierten Indian Removal Act, welcher bereits am 26. April 1830 zunächst im Senat mit 28 zu 19 Stimmen, einen Monat später auch vom HoR mit 102 zu 97 Stimmen verabschiedet wurde,61 muss daher vor allem vor 55 Remini: Jackson, 3, S. 42. 56 Peterson: The Great Triumvirate, S. 233. 57 Der Historiker Merill Peterson bezeichnet die Zeit zwischen 1832 und 1841, in der Calhoun, Clay und Webster im Senat saßen, sogar als „golden age of the Senate.“ Peterson: The Great Triumvirate, S. 234. 58 Vgl. hierzu: S. 198-201. Zum Whigs-Begriff siehe S. 18 f. 59 Remini: Jackson, 2, S. 280. 60 Brands: Andrew Jackson, S. 289-293. 61 Remini: Jackson, 2, S. 260-263.

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dem Hintergrund verschiedener politischer Interessen und weniger aus der humanitären oder moralischen Sichtweise betrachtet werden.62 Überzeugt, letztlich auch zum Wohle der Indianer zu handeln, wurden unter Jacksons Führung circa 46.000 Indianer oft auf brutale und unmenschliche Weise umgesiedelt, wodurch sich das Territorium der USA um über 130 Millionen acres (über 526.000 km²) vergrößern sollte.63 Im Verlauf der Umsetzung der Indianervertreibung vertrat Jackson die Ansicht, dass es nicht Angelegenheit des Bundes sei, wenn die Einzelstaaten ihre Gerichtsbarkeit auch auf Indianergebiete innerhalb der einzelnen Staaten ausdehnten. Dem widersprach der Supreme Court und urteilte am 3. März 1832, dass dem Bund die alleinige Gerichtsbarkeit in den Indianergebieten zufalle. Jackson tat allerdings nichts, um diesem Urteil der obersten Judikative auch Taten der Exekutive folgen zu lassen. Jackson zeigte damit die Machtlosigkeit des Supreme Court auf.64 Jackson ließ sich folglich weder von der Judikative noch von der Legislative in seiner Entscheidungsfindung beeinflussen und entschied je nach Situation selbst, was zum Wohle der Republik zu tun sei. Das galt auch für seine eigene politische Zukunft. Hatte Jackson vor seiner Wahl suggeriert, nur für eine Amtszeit antreten zu wollen,65 stellte sich nach Jacksons gewonnener Wiederwahl die Frage, wie lange dieser gedachte, an der Macht zu bleiben. Zwar waren alle seine Vorgänger (zumindest jene, welche die Möglichkeit gehabt hatten) George Washingtons Vorbild gefolgt und waren nach zwei Amtszeiten zurückgetreten. 62 Moralische Bedenken vor einem religiösen Hintergrund sind jedoch nicht außer Acht zu lassen. Es wurden landesweit zahlreiche Petitionen eingereicht, welche den Kongress aufforderten, den Indian Removal Act abzulehnen. Einige Abgeordnete fürchteten die Unterstützung gewisser religiöser Gruppen (wie der Quäker) zu verlieren, sollten sie für das Gesetz stimmen. Wilentz: Rise of American Democracy, S. 323 f. Zur Rolle der vom Wahlrecht ausgeschlossenen Frauen und derer Proteste im Kontext des Indian Removal siehe vor allem: Hershberger, Mary: Mobilizing Women, Anticipating Abolition: The Struggle against Indian Removal in the 1830s, in: The Journal of American History, 86, 1 (Jun. 1999), S. 15-40. 63 Siehe zum Beispiel: Remini: Jackson, 3, S. 314. 64 Es lässt sich darüber streiten, ob Jackson aufgrund der parallel stattfindenden Nullification Crisis, selbst wenn er gewollt hätte, das Urteil faktisch hätte umzusetzen können, oder ob weitere Südstaaten gerade aus Dankbarkeit über den Indian Removal Jackson die Treue hielten. Cole: The Presidency of Andrew Jackson, S. 113 ff.; Richard: The Golden Age of the Classics in America. S. 79. Zu Jacksons ambivalenter Haltung zum Supreme Court siehe: Longaker, Richard P.: Andrew Jackson and the Judiciary, in: Political Science Quarterly, 71, 3 (Sep. 1956), S. 341-364. 65 Remini: Jackson, 2, S. 304.

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Dies war jedoch keineswegs gesetzlich geregelt.66 Bei Jacksons Popularität und seinen vermeintlich tyrannischen Aspirationen war für seine Gegner der Gedanke nicht abwegig, dass Jackson auch eine dritte Amtszeit anstreben könnte.67 Doch auch als Jackson verkündete, sich nach seiner zweiten Amtszeit zurückzuziehen und stattdessen am 20. Mai 1835 auf der National Convention Jacksons Wunschkandidat, Vizepräsident Van Buren, von den Democrats als Präsidentschaftskandidat nominiert wurde,68 ebbte die Kritik von Jacksons Gegnern nicht ab. Stattdessen wurde Jackson vorgeworfen, einen mächtigen, ihm unterstellten Parteiapparat etabliert zu haben, welcher den Fortbestand der Republik gefährde. Auch die Gründung einer neuen Zeitung in Washington D.C., des Globe, welche Jackson als neues Sprachrohr diente, wurde von seinen Kritikern als Versuch des Präsidenten gesehen, noch mehr Macht auf sich zu vereinen und das Volk zu blenden. Jedoch war die Etablierung der Zeitung Jacksons Ansicht nach notwendig geworden, nachdem es zum Bruch mit Calhoun und so auch mit dessen Verbündetem Duff Green vom Telegraph gekommen war. Der Globe erschien erstmalig am 7. Dezember 1830 und der Herausgeber Francis P. Blair genoss bald Jacksons vollstes Vertrauen.69 In den folgenden Jahren entwickelte sich der Globe zu einer der weitestverbreiteten Zeitungen in den USA.70 Gegen 1835 gab es etwa 400 Zeitungen, welche den Democrats gehörten oder ihnen nahestanden. Da diese Artikel aus dem Globe vervielfältigten, konnte Jackson so jeden Leser in jedem Teil des Landes erreichen.71 Die Zeitung erwies sich nicht nur als nützlich zur Verbreitung von Jacksons politischen Ansichten, sondern ermöglichte ihm auch, die unter seiner Führung immer mehr Gestalt annehmende Partei der Democrats enger an sich zu binden.72 Neben Jacksons Führungsstil und den damit verbunden Veränderungen der politischen Gegebenheiten gab es während seiner Präsidentschaft einige weitere 66 Erst der 22. Zusatzartikel von 1951 legt maximal zwei Amtsperioden fest. United States Senate, www.senate.gov/civics/constitution_item/constitution.htm# amdt_22_(1951). 67 Siehe auch: Remini: Jackson, 2, S. 391 f. 68 Remini: Jackson, 3, S. 255. 69 Blairs Nähe zu der Person Jackson und nicht zur Partei besiegelte letztlich auch den Untergang der Zeitung. Am 30. April 1845 wurde der Globe in Washington Union umbenannt und Blair durch Präsident Polk entlassen. Remini: Jackson, 3, S. 515 f. 70 Cole: The Presidency of Andrew Jackson, S. 90. 71 Cole: The Presidency of Andrew Jackson, S. 250. 72 Remini: Jackson, 2, S. 292-299. Jackson und der Globe trugen unter anderem dazu bei, dass sich ab 1832 der Name Democrats immer weiter durchsetzte. Cole: The Presidency of Andrew Jackson, S. 138.

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Ereignisse, die seine Gegner darin bestätigten, dass das Ende der Republik nah sei und sich einmal mehr die Theorien der antiken Autoren bestätigten. So wurde auf Jackson als ersten Präsidenten in der amerikanischen Geschichte ein Attentat verübt: Am 30. Januar 1835 hatte der wohl geistig verwirrte Richard Lawrence vor dem Kapitol Jackson aufgelauert und versucht, aus zwei Pistolen auf ihn zu feuern. Beide Male löste sich jedoch kein Schuss und Lawrence wurde überwältigt, noch bevor Jackson ihn mit seinem Stock hätte niederschlagen können. Während das Attentat von Jacksons Gegnern als Zeichen des degenerierten Zustands der Republik interpretiert wurde, vermuteten Jackson und seine Anhänger eine Verschwörung gegen ihn.73 Auch kam es während Jacksons Präsidentschaft in Washington D.C. und anderen größeren Städten im Land zu Aufständen von Sklaverei-Befürwortern, welche sich mit Gewalt gegen die aufkommende Abolitionismusbewegung wehrten. Den Abolitionisten stand Jackson, selbst einer der größten Sklavenhalter Tennessees,74 kritisch gegenüber. Doch auch die Whigs waren weitestgehend gegen die Emanzipation der Sklaven, da es ihrer Ansicht nach bereits schwer genug war, die leicht zu erhitzenden Gemüter der white working classes unter Kontrolle zu halten.75 Beide politischen Lager begriffen die Abolitionismusbewegung zu diesem Zeitpunkt kaum als eine tiefgreifende Veränderung der moralischen oder sozialen Gegebenheiten in den USA. Stattdessen wurden die Unruhen als Zeichen für den Kampf um Demokratisierung der Republik interpretiert und mit etablierten Erklärungsmustern argumentiert: Während Jacksons Gegner in den Aufständen die Degenerierung der Republik in eine Demokratie sahen, welche schon bald in Anarchie und Bürgerkrieg enden würde, verstanden die Democrats diese Konfrontation als den Versuch von einigen machthungrigen Politikern und einer finanziellen Elite, einen Keil zwischen die Bevölkerung zu treiben, um Jackson zu stürzen und so selbst wieder in ihre angestammten Positionen zu gelangen.76 Der Diskurs über die Zukunft der Republik ist somit nach wie vor Ausdruck eines zyklischen Weltbildes und der Vorstellung, dass verschiedene Gruppierungen innerhalb eines Staates im stetigen Kampf miteinander stehen. Alle politisch relevanten Themen oder soziale Veränderungen während Jacksons Präsidentschaft wurden daher mit diesem Diskurs verknüpft, welcher weiterhin die politische und öffentliche Meinung über den Zustand der Republik und Jacksons Rolle bestimmte. Dabei diente Jacksons Gegnern und seinen Befürwortern nach wie vor die Geschichte der untergegangenen Staaten, insbesondere die der antiken 73 Remini: Jackson, 3, S. 227 ff. 74 Cheathem: Andrew Jackson, S. 186. 75 Howe: The Political Culture of the American Whigs, S. 135. 76 Remini: Jackson, 3, S. 268-273; Wilentz: Rise of American Democracy, S. 409 f.

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Republiken, als Exempel. Dabei wurde vor allem der steigende Einfluss der demokratischen Elemente im Staat von vielen Gegnern Jacksons als besorgniserregend empfunden.

T HE R EPUBLIC HAS DEGENERATED INTO A D EMOCRACY – D EMOKRATIE ALS G EFAHR FÜR DIE R EPUBLIK Die antiken Autoren hatten vor zu viel Demokratie gewarnt, da dies MobHerrschaft und Militärdespotismus fördern würde. So stellte auch für den französischen Aristokraten Alexis de Tocqueville, welcher während Jacksons erster Amtszeit die USA besuchte, eine reine Mehrheitsdemokratie lediglich eine Stufe zwischen Republikanismus und Despotismus beziehungsweise Bürgerkrieg dar.77 Tocqueville stellt in seinem Werk Democracy in America fest: „If ever the free institutions of America are destroyed, that event may be attributed to the unlimited authority of the majority, which may at some future time urge the minorities to desperation, and oblige them to have recourse to physical force. Anarchy will then be the result, but it will have been brought about by despotism.“78 Tocquevilles Meinung über die Vereinigten Staaten wurde sicherlich durch seine Gesprächspartner beeinflusst, welche hauptsächlich dem Lager der JacksonGegner zuzuordnen sind, wie zum Beispiel Nicolas Biddle.79 Tocquevilles negative Ansicht über Jackson ist daher wenig verwunderlich. Jackson sei „a man of a violent temper and mediocre talents; no one circumstance in the whole course of his career ever proved that he is qualified to govern a free people, and indeed the majority of the enlightened classes of the Union has always been opposed to him.“80 Auch wenn Tocqueville der Ansicht ist, dass die Mehrheit der aufgeklärten Bürger der USA (offenbar die Minderheit der Wähler, wenn man Jacksons Popularität bedenkt) Gegner Jacksons seien, verwirft Tocqueville die Idee, dass Jackson aufgrund seiner Militärlaufbahn eine Gefahr für die Republik darstelle: „It has been imagined that General Jackson is bent on establishing a dictatorship in America, on introducing a military spirit, and on giving a degree of influence to the central authority which cannot but be dangerous to provincial liberties. But in America the time for

77 Brands: Andrew Jackson, S. 455. 78 De Tocqueville, Alexis: Democracy in America, übersetzt von: Reeve, Henry, Kent 2013, S. 110, im Folgenden zitiert als: De Tocqueville: Democracy in America. 79 Brands: Andrew Jackson, S. 456 ff. 80 De Tocqueville: Democracy in America, S. 119.

170 | D EMOKRATIE ALS G EFAHR FÜR DIE R EPUBLIK similar undertakings, and the age for men of this kind, is not yet come […] General Jackson is the slave of the majority: he yields to its wishes, its propensities, and its demands; say rather, that he anticipates and forestalls them.“81

Tocqueville, obwohl überzeugt, dass die USA noch nicht an dem Punkt angelangt seien, in Despotismus und Bürgerkrieg zu versinken, empfindet nicht Jacksons Militärkarriere, sondern den zunehmenden demokratischen Einfluss, welcher Jackson zu einem reinen Sklaven des Mehrheitswillen mache, als Gefahr für die junge Nation.82 Im Gegensatz zu Tocqueville sahen viele seiner amerikanischen Zeitgenossen die Republik bereits am Ende. So schrieb zum Beispiel der Richmond Whig: „The deduction of close observation is, that the Republic has degenerated into a Democracy, and this, as is its nature, is rapidly tending to anarchy. The stages of declination are as demonstrable as any proposition from the history of nations, and the succession of anarchy to democracy, of civil war to anarchy, and of tyranny to civil war, as infallible as the succession of day and night.“83 Der Artikel suggeriert, dass die aktuellen Vorkommnisse während Jacksons Präsidentschaft Beleg dafür wären, dass die Republik bereits degeneriert sei. Es wird deutlich, dass Demokratie nach wie vor als ein negativ konnotierter Begriff und keineswegs als erstrebenswert, sondern lediglich als Zwischenstufe hin zu Anarchie und letztlich Gewaltherrschaft wahrgenommen wurde, so wie es Polybios beschrieben hatte. Auch der HoR-Abgeordnete aus Clays Heimatstaat Kentucky, Thomas Metcalfe, machte noch vor Jacksons Wiederwahl die düstere Feststellung: „Now in all this I think I see the downward tendency of the Republic. 81 De Tocqueville: Democracy in America, S. 167. 82 Tocqueville scheint grundsätzlich der Ansicht zu sein, dass eine aristokratische Herrschaftsform die beste sei: „Almost all the nations which have ever exercised a powerful influence upon the destinies of the world by conceiving, following up, and executing vast designs – from the Romans to the English – have been governed by aristocratic institutions. Nor will this be a subject of wonder when we recollect that nothing in the world has so absolute a fixity of purpose as an aristocracy. The mass of the people may be led astray by ignorance or passion; the mind of a king may be biased, and his perseverance in his designs may be shaken – besides which a king is not immortal – but an aristocratic body is too numerous to be led astray by the blandishments of intrigue, and yet not numerous enough to yield readily to the intoxicating influence of unreflecting passion: it has the energy of a firm and enlightened individual, added to the power which it derives from perpetuity.“ De Tocqueville: Democracy in America, S. 97. 83 The Globe (recited from the Richmond Whig), 20. August 1835.

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There is no such thing as principle – no moral courage among the leading politicians: or rather among the miserable demagogues who continue to lead, and to mislead the people.“84 Der noch junge William Seward85 fragte sich 1831, wie man sich denn sicher sein könne, dass die republikanischen Institutionen nicht ausgehöhlt und unterwandert würden: „Are we quite sure that neither we nor our children shall ever come to drink of the bitter waters of slavery? By no means. There is a law of dissolution to which all the works of man are subject. Even this land, like Italy and the Peloponnesus, like Carthage and Syracuse, must one day own the sway of tyrants. Then the glowing record of our present condition will be read in sad contrast with our then estate, and our land will not, as now, be thronged as a highway cast up for the deemed of the nations, but will be visited in search of monuments of the people who once were free. It is ours to do all that in our day and generation may be done, that this catastrophe may be long postponed; and to that end, it is of the last importance to revive, renew, and invigorate the national feeling of the republic.“86

Seward war überzeugt davon, dass jede Republik früher oder später untergehen müsse. Daher würden auch die USA Opfer der Tyrannei und wie die antiken Vorbilder vergehen und nur Ruinen zurücklassen. Polybios folgend, welcher der Ansicht war, dass der aufmerksame Beobachter sich über den Zeitpunkt des Untergangs im Unklaren seien könne, aber nicht über den aktuelle Stufe im Verfassungskreislauf, ist sich auch Seward unsicher, wann dieser Punkt der endgültigen Degeneration erreicht sei. Es sei aber Aufgabe eines jeden Einzelnen, diesen Verfall soweit wie möglich aufzuhalten, und es sei daher notwendig, republikanische Tugenden und Werte wiederzubeleben. Der Maler Thomas Cole brachte in seiner fünfteiligen Serie The Course of Empire, die während Jacksons zweiter Amtszeit entstand, seine Vorstellung von einem natürlichen Kreislauf eines Staates allegorisch auf die Leinwand. In dem ersten Bild dieser Reihe wird eine einsame Landschaft dargestellt, welche den Naturzustand des Staates symbolisiert. Das zweite Bild zeigt einen ländlich geprägten, pastoralen Staat, bevor der Höhepunkt des Imperiums, The Consumma84 From Thomas Metcalfe, 14. Februar 1832, in: Seager: Papers of Henry Clay, 8, S. 463 f. 85 Seward wurde später einer der bedeutendsten Whig-Politiker und Senator, bevor er von Lincoln zum Secretary of State ernannt wurde. Informationen von: Biographical Directory of the United States Congress, 1774 – present, bioguide.congress.gov/ 86 Seward, William H.: Patriotism, 4. Juli 1831, in: Baker, George (Hrsg.): The Works of William H. Seward, 3, New York 1853, S. 200-205, S. 204 f.

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tion of Empire, im dritten Bild dargestellt wird. Es zeigt eine prunkvolle Stadt mit griechisch-römischen Bauten und einen Feldherren, der im Triumph, vom Volk bejubelt, zurückkehrt. Es folgt im vierten Bild, Destruction, der gewaltsame Untergang der Stadt, bevor das letzte Bild nur noch Ruinen zeigt und suggeriert, dass der Kreislauf geschlossen wurde.87 Cole ließ sich für seine Bilder von Gibbons Decline and Fall of the Roman Empire inspirieren und fürchtete, dass die Vereinigten Staaten eine ähnliche Entwicklung wie vorangegangene Republiken nehmen würden. Die Demokratiebewegung und Jacksons Wahl (sowie Wiederwahl) schienen diese Sichtweise zu bestätigen. Es ist daher durchaus plausibel zu argumentieren, dass Cole mit dem ruhmreichen Feldherren in The Consummation of Empire auf Jackson anspielt. Sollte der aktuellen Entwicklung kein Einhalt geboten werden, so die Aussage Coles, würden auch die USA in Chaos und Zerstörung abdriften.88 Sinnbild des Widerstands gegen Jackson blieb Henry Clay. Nach einem Besuch an Ciceros Grab in Italien schrieb R.S. Browning, ein Unterstützer Clays, ihm im Vorfeld der Wahl von 1832: „[Ciceros] fearless defense of the Roman Republic – his eminence as a lawyer – the ability with which he presided over the Roman people – all hurried upon my memory in rapid succession. Nor did I forget that the enemies of Cicero were numerous. But they were the enemies of the Republic, and sought to destroy Roman liberty by blasting the character of its most able defender. But Cicero was virtuous, and the Roman people were not yet dazzled by the success of a military chieftain, and rewarded their virtue by their highest gift. How could these reflections cross my mind without calling you to my recollection? […] May the Republicans of the United States prove to the world that they are not deluded by the success of a military chieftain, by rewarding your virtue and talents with the first 87 Thomas

Cole,

The

Consummation

of

Empire,

(1835-1836),

Bilder

im

Besitz der New York Historical Society, www.nyhistory.org. Siehe auch: www.explorethomascole.org. 88 Siehe vor allem: Miller, Angela: Thomas Cole and Jacksonian America: The Course of Empire as Political Allegory, in: Prospects, 14 (October 1989), S. 65-92. Es lassen sich weitere ähnliche Beispiele aufzeigen. So schrieb am Tag von Jacksons zweiter Amtseinführung der Telegraph, dass die Vorausahnung über „that certain loss of liberty“ sich erfüllen würde: „those certain fetters of despotism, which all, at the adoption of the Constitution, acknowledged would come of consolidation, must befall us, unless, indeed a kind Providence should open the eyes of the people, and awaken them in time to a sense of their danger.“ United States’ Telegraph, 4. März 1833. Siehe auch die Rede von Tristam Burges aus Rhode Island vom 26. März 1834, Register of Debates, 23rd Congress, 1st Session, S. 3159-3236, S. 3200.

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gift of the nation. May they show themselves superior to the Romans by never deserting the cause of liberty, and by confiding only in wise and virtuous lovers of liberty.“89

Browning vergleicht Clay mit Cicero und setzt die Geschichte der römischen Republik in Zusammenhang mit der amerikanischen. Die noch tugendhaften Bürger der römischen Republik hätten Cicero und nicht einen military chieftain für ihr höchstes Amt bestimmt. Allerdings war die römische Republik ja letztlich (und zwar nur wenige Jahre später) dennoch durch einen Militär untergegangen. Browning hoffte daher, dass die Bürger der USA sich denen der römischen Republik überlegen zeigen und niemals die Fundamente der Freiheit außer Acht lassen würden. Beweisen könnte das amerikanische Volk dies, indem es einen Verteidiger der republikanischen Freiheit, nämlich Clay statt den military chieftain Jackson wählen würde. Brownings Hoffnungen zerschlugen sich nach Jacksons Wiederwahl, doch blieb Henry Clay während Jacksons gesamter Präsidentschaft einer seiner einflussreichsten Gegner und wurde nicht müde, seine Landsleute vor dem drohenden Untergang der Republik zu warnen. 1829 nannte er bei seinem FarewellDinner aus Washington Jacksons Wahl: „an awful foreboding of the fate which at some future […] day was to befall this infant Republic.“ Dies sei die logische Konsequenz, wenn man die Geschichte betrachte, so Clay weiter. Jedoch würde die Mehrheit seiner Mitbürger diese Gefahren nicht erkennen oder ernst nehmen, „[b]elieving that they are not real or that we have some security against their effect which ancient and modern Republics have not found, that majority, in the exercise of their incontestable right of Suffrage, have chosen for Chief Magistrate a Citizen who brings into that high trust no qualification other than military triumphs.“90 Für Clay blieb es unverständlich, dass seine Mitbürger seine Warnung vor Jackson in der irrigen Annahme, dass die USA dem Schicksal anderer Republiken entgehen könnten, nicht ernst genommen hatten. Auch wenn Jackson jetzt an der Macht war, so hoffte Clay jedoch weiterhin die Mehrheit der Bevölkerung von der Gefahr, welche von Jackson ausgehen würde, überzeugen zu können. Wenige Monate nach Jacksons Amtsantritt hielt Clay, nach eigenen Angaben vor mehreren tausend Zuhörern, eine Rede, über deren Signalwirkung er sich sicher sein konnte – zum einen, da er zu Recht davon ausging, dass die Rede in der Presse abgedruckt und verbreitet würde, zum anderen, da er auch selbst

89 R.S. Browning to Henry Clay, 5. April 1832, in: Colton, Calvin (Hrsg.): The Private Correspondence of Henry Clay, New York 1856, S. 334. 90 Henry Clays speech at Farewell Dinner, 7. März 1829, in: Seager: Papers of Henry Clay, 8, S. 4-6.

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aktiv an der Verbreitung mitarbeitete.91 So erschien wenig später eine gedruckte Version seiner Rede als Pamphlet mit einigen „prefatory remarks“, welche ebenfalls in der Presse abgedruckt wurden. In diesen wird festgestellt, dass „the enemies of free government“ immer behaupten würden, dass Republiken undankbar seien, und dafür die Beispiele Camillus, Aristides, Miltiades und weitere angeführt würden. „Shall it be said in after times, that America has added another to this odious catalogue. Shall the enemies of freedom point to Henry Clay as a public benefactor, immolated by public ingratitude?“92 Nun war es Henry Clay, der als Opfer der undankbaren Republik dargestellt wurde. Dabei wurden dieselben Beispiele genannt, mit denen seit der Seminole War Debate eigentlich Jackson immer verteidigt worden war. In dem Pamphlet wird weiter argumentiert, dass diejenigen, die Jackson mit diesen antiken Verweisen verteidigten, Gegner der Freiheit seien. In diesem Kontext steht auch Clays Rede selbst, in welcher er behauptet, dass eine Regierung zwar dem Schein nach eine Republik, in Wirklichkeit aber eine Monarchie sein könne. Wenn in einer dem Namen nach freien Republik der gerade in das Amt eingeführte Präsident seine Macht nach Belieben verwenden würde, „to gratify his favorites, and systematically distributes his rewards and punishments, in the application of the power of patronage, with which he is invested for the good of the whole, upon principle of devotion and attachment of him, and not according to the ability and fidelity with which the people are or may be served, that Chief Magistrate […] is in fact, if not in form, a monarch.“ Zwar würde er Jackson nicht unterstellen, die Republik zerstören zu wollen, so Clay, aber wenn „an ambitious President sought the overthrow of our Government, and ultimately to establish a different form, he would, at the commencement of his administration, proclaim, by his official acts, that the greatest public virtue was ardent devotion to him. […] Such an ambitious President would say, as monarchs have said, ‚I am the state.‘“ Wenn dieser Zustand erreicht sei, dann würde das Wohl des Staates außen vor bleiben, so Clay weiter. Wahlkämpfe würden zu reinen Bewerbungswettläufen um öffentliche Ämter verkommen, an deren Ende der Sieger „like a military commander“ direkt nach dem Sieg die Beute und Strafen verteilen würde. „Congress corrupted, and the press corrupted, general corruption would ensue, until the substance of free government having disappeared, some Pretorian band would arise, and, with the general concurrence of a distracted people, put an end to useless forms.“ Jacksons Reformprogramm, welches unter dem Deckmantel von 91 To Unknown Recipient. 23. Mai 1829; und: To Jesse B. Harrison, 2. Juni 1829, beides in: Seager: Papers of Henry Clay, 8, S. 55 f. und 64 f.; Rede unter anderem zu finden in: Richmond Enquirer, 23. Juni 1829. 92 Daily National Journal, 4. September 1829.

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Jeffersons Idealen durchgeführt werde, sei scheinheilig. „The object of President Jefferson was the Republic, not himself. That of President Jackson is himself and not the State.“93 Auch wenn Clay zwar angeblich vor einer zukünftigen Entwicklung warnt, richtet sich die Kritik direkt gegen Jackson. Clay kritisiert dessen Rotationsprinzip, da er darin nur eine Möglichkeit sieht, Anhänger mit Ämtern zu belohnen und politische Gegner zu bestrafen. Jacksons Politik würde dazu führen, dass sich jeder selbst der Nächste sei und das Wohl des Staates in den Hintergrund trete. Es würde nur noch um Ämter gebuhlt und dies würde durch einen korrumpierten Kongress und einer korrumpierten Presse schließlich zu einer Korrumpierung des gesamten Volkes führen. Clay warnt zudem vor den aktuellen Entwicklungen der Parteibildung und wirft Jackson vor, sich keineswegs disinterested im Sinne der republikanischen Vorbilder zu verhalten. Im Gegensatz zu Jefferson würde Jackson aus reinem Egoismus handeln. Clay unterstreicht dies, indem er Jackson mit einem Monarchen gleichsetzt. Waren es zuvor die Jacksonians gewesen, welche die corruption in Washington beenden wollten, waren es nun Jacksons Gegner, die ihm vorwarfen, sämtliche öffentliche Organe zu vergiften. Sah Clay in Jacksons Ämterrotation zu Beginn von dessen Präsidentschaft bereits eine Gefahr für die Republik, galt dies nach Jacksons Wiederwahl und dem Abzug der deposits aus der BUS umso mehr.94 Im Dezember 1833 stellte Clay im Senat fest: „We are […] in the midst of a revolution, hitherto bloodless, but rapidly tending towards a total change of the pure republican character of the government, and to the concentration of all powers in the hands of one man. […] In a term of years […] the Government will have been transformed into an elective monarchy – the worst of all forms of government.“95 Neben dem fast schon obligatorischen Bezug zu Cromwell verweist Clay in seiner Rede explizit auf Plutarch und dessen Beschreibung von Caesars Plünderung der römischen Schatzkammer und setzt diese mit Jacksons Verhalten gleich: „In plain English, he [Jackson] proclaimed an open, palpable, 93 Fowler’s Garden Speech, Lexington 16. Mai 1829, in: Seager: Papers of Henry Clay, 8, S. 41-54. 94 An den ehemaligen HoR-Abgeordneten Ambrose Spencer schrieb Clay: „The reign of Jackson was the reign of corruption & demoralization. My fears from his election were great, and they have been more than realized. He has put a pick axe at the base of every pillar that supports every department and every valuable institution in the Country.“ To Ambrose Spencer, 12. Mai 1832, in: Seager: Papers of Henry Clay, 8, S. 511 f. 95 Register of Debates, 23rd Congress, 1st Session, Senate, S. 59-94, S. 59.

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and daring usurpation!“96 Seit dem Seminole War, so Clay weiter, habe er vor Jackson gewarnt. Doch noch sei es nicht zu spät, die Republik zu retten, und die Augen des amerikanischen Volkes seien nun ängstlich auf den Kongress gerichtet: „[The American people] feel they have been deceived and insulted; their confidence abused; their interests betrayed; and their liberties in danger. They see a rapid and alarming concentration of all power in one man’s hands. They see that […] the will of one man alone prevails, and governs the republic. […] The premonitory symptoms of despotism are upon us; and if Congress do not apply an instantaneous and effective remedy, the fatal collapse will soon come on, and we shall die – ignobly die – base, mean, and abject slaves; the scorn and contempt of mankind; unpitied, unwept, unmourned!“97

Clay behauptet, dass aktuell eine Revolution vonstatten gehe, welche ohne Blutvergießen die Republik in wenigen Jahren in eine Wahlmonarchie verwandeln würde – für Clay die schlimmste Herrschaftsform überhaupt. Mit Recht sagt Clay, dass er seine Mitbürger seit 15 Jahren vor Jackson warnen würde und alles getan habe, um diesen aufzuhalten. Dabei hält Clay das amerikanische Volk jedoch offenbar für kurzsichtig und unmündig, denn er moniert, dies habe Jackson gewählt und nun, den Fehler erkennend, würde es sich hilfesuchend an den Kongress wenden. Dieser wird von Clay als letztes Bollwerk vor dem bevorstehenden Absolutismus und dem Untergang der Republik beschrieben. Hinter Clays Argumentation steht die Theorie, dass nur ein starker Kongress die Mischverfassung und somit die Freiheit der Republik langfristig vor Monarchie und Despotismus schützen könne. Diese Ansicht verweist auf den Kampf zwischen Exekutive und Legislative während Jacksons Präsidentschaft. Clays Rede aufgreifend, warnte auch John Calhoun am 13. Januar 1834 im Senat vor dem Untergang der Republik: „The senator from Kentucky [Henry Clay] […] read a striking passage from one of the most pleasing and instructive writers in any language [Plutarch], the description of Caesar forcing himself, sword in hand, into the treasury of the Roman commonwealth.“ Man sei jetzt in 96 Register of Debates, 23rd Congress, 1st Session, Senate, S. 59-94, 73 ff. 97 Register of Debates, 23rd Congress, 1st Session, S. 59-94, S. 94. Clays Rede wurde von den Zuhörern mit Begeisterung aufgenommen und auch in seiner privaten Korrespondenz wurde er für seine Rede beglückwünscht: „With the sword & the purse & that [force] bill at his command an American Caesar [Jackson] might sink into comparative insignificance that puny whipster of a [Julius] Caesar whom you so eloquently described as swaying the fiscal destinies of Rome.“ From Erastus Root to Henry Clay, 12. Januar 1834, in: Seager: Papers of Henry Clay, 8, S. 688.

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den USA „at the same stage of our political revolution, and the analogy between the two cases is complete, varied only by the character of the actors and the circumstances of the times.“ Caesar habe öffentlich und mit Gewalt die Staatskasse an sich gerissen „which, in that republic, as well as ours, was confined to the custody of the legislative department of the government.“ Im aktuellen Fall hätten die Akteure aber hinterhältig und im Verborgenen agiert, so Calhoun. Motiv und Ziel seien dessen ungeachtet bei Caesar und Jackson identisch: Beide hätten das Geld benötigt, um sich Anhänger und deren Stimmen zu kaufen. Mit diesem Geld hätten sie dann versucht ihre Macht zu sichern. Caesar habe so bei der Schlacht gegen die senatstreuen Truppen unter Führung von Pompeius bei Pharsalia siegen können und die Freiheit der römischen Republik beendet. Mit korrupten Anhängern, einer korrupten Presse und durch die Einschüchterung der anderen politischen Institutionen würde nun Jackson ebenso versuchen, die amerikanische Freiheit zu beenden. Als Instrument diene ihm hierzu die National Convention, bei welcher eine kleine Gruppe einen Nachfolger festlegen könnte. Der eigentliche Wille des Volkes würde somit verfälscht und alle Macht auf den Präsidenten übergehen. „We have […] arrived at a fearful crisis; things cannot long remain as they are. It behooves all who love their country, who have affection for their offspring, or who have any stake in our institutions, to pause and reflect“, so Calhoun weiter. „Confidence is daily withdrawing from the general government. Alienation is hourly going on. These will necessarily create a state of things inimical to the existence of our institutions, and, if not speedily arrested, convulsions must follow, and then comes dissolution or despotism.“98 Wie Clay setzt auch Calhoun die Plünderung der Staatskasse durch Caesar mit den removal of the deposits durch Jackson gleich, wobei er Caesar anrechnet, dass dieser offen vorgegangen sei, während Jackson hinterhältig gehandelt habe. Calhoun kritisiert ebenso die Entwicklung hin zu einem Parteiensystem und der National Convention, welche von der Exekutive dazu genutzt werde, ihre Macht zu sichern. Der Idee einer natürlichen Abfolge von Verfassungen folgend, sieht Calhoun in den gegenwärtigen Entwicklungen einen Niedergang der Republik, welcher in der Auflösung oder in Despotismus ende, wenn jetzt nicht zügig gehandelt und sich den aktuellen Entwicklungen widersetzt würde.99 Bei seiner Rede auf einer Whig-Veranstaltung sagte der ehemalige Senator John Holmes, wenn man akzeptieren würde, „that any Executive officer can shall thus put his hand into our Treasury“, dann habe man es verdient, Unterta98 Register of Debates, 23rd Congress, 1st Session, S. 206-223. 99 Auch ein Jahr später spricht Calhoun weiterhin von „political disorder“ und „corruption“ im Land und sagt, dass der Zeitpunkt erreicht sei, „when reformation or revolution must go on.“ Register of Debates, 23rd Congress, 2nd Session, Senate, S. 268.

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nen eines absoluten Herrschers zu sein, denn es gebe keinen Unterschied zwischen diesem Anspruch und Despotismus: „When Caesar had crossed the Rubicon, Rome was still safe; when he reached the gates of the city, she was not lost. It was only when he got the money of the nation, that she was in danger. […] not till then, was Roman liberty prostrated in the dust.“100 Holmes bezieht sich wie Clay und Calhoun auf Plutarchs Episode über Caesars Plünderung der Staatskasse und ist der Ansicht, dass erst diese Tat die römische Freiheit endgültig beendete. Es lässt sich folglich ein Wandel in der Argumentation der Jackson-Gegner erkennen, denn es ist nicht mehr das sprichwörtlich gewordene Überschreiten des Rubikon, welches das Ende der römischen Republik eingeläutet habe, sondern erst Caesars Plünderung der Staatskasse. Die Argumentation anzupassen war notwendig, denn setzte man Jackson mit Caesar gleich, hatte dieser nun mit seiner Präsidentschaft den Rubikon längst überschritten. Meist war vor Jacksons Präsidentschaft lediglich vor der Machtergreifung gewarnt worden. Jetzt galt es einen fokussierten Blick auf die Vergangenheit zu werfen, um die Details, welche zum Untergang der römischen Republik geführt hatten, mit der jetzigen Situation in den USA vergleichen zu können.101 Immer häufiger wurde dabei auf die Gefahr der unheilvollen Verbindung von Exekutive und Volk hingewiesen. Der Kongress beziehungsweise explizit der Senat wurden dabei als letztes Bollwerk der republikanischen Freiheit gegen Despotismus und Monarchie bezeichnet.102 So verlangte am 29. Januar 1834 Senator Peleg Sprague, dass das Volk sich entscheiden müsse, ob es in einer „elective monarchy“ oder einer „constitutional republic“ leben wolle. „[T]hese two tremendous powers, the Executive and the people, cannot meet, and in their coming together, crush the legislature, the judiciary, and the Senate between them, and still leave a constitutional republic.“ Eben solche Entwicklungen „crushed the Senate and the liberties of ancient Rome, and placed the bloodstained Caesar upon the throne.“ Ähnlich sei auch Napoleon an die kaiserliche Macht gelangt. Das Volk müsse die bevorstehende Katastrophe begreifen. Stattdessen, in „the paroxysm of their devotion“, sei das Volk dazu bereit, seine Rechte, seine Freiheit, seine Kinder und sich selbst auf dem Altar des „military 100 Speech of John Holmes at Whig Festival at Concord New Hampshire, in: Connecticut Gazette, 5. November 1834. 101 Ein weiterer Verweis auf die Episode bei Plutarch ist hier zu finden: Daily National Intelligencer, 26. Oktober 1833. 102 Speech at Dinner Honoring George Poindexter, 11. Juli 1835, in: Seager: Papers of Henry Clay, 8, S. 781 f.; Henry Storrs am 15. Mai 1830, Register of Debates, 21st Congress, 1st Session, S. 995-1016, S. 1002; Daniel Webster am 7. Mai 1834, Register of Debates, 23rd Congress, 1st Session, Senate, S. 1663-1690, S. 1682-1688.

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chieftains“ zu opfern. „Such are the delusions which have placed the iron scepter in the hands of the Caesars and Bonapartes of past ages, and overwhelmed and jeopardized all free Governments of the earth.“103 Seit der Seminole War Debate hatte für die Jackson-Gegner die Wahl eines Militärs in das höchste Amt als die Hauptbedrohung für die Republik gegolten. Jetzt glaubte man erkannt zu haben, dass dieser Militär mittlerweile vermeintlich fast am Ziel war, jedoch die Unterstützung des Volkes benötigte, um seine Macht zu vervollständigen. So verschwindet in der Argumentation und auch bei den historischen Verweisen auf Caesar, Cromwell und Napoleon immer häufiger die militärische Komponente als Gefahr für die Republik. Stattdessen ist es die vollkommene Hingabe des Volkes, welche das Ende der Republik beschließt. Erneut wird dem Volk keine rationale Meinung zugesprochen und als einzige Sicherheit für die Republik wird vor allem die Legislative beziehungsweise explizit der Senat genannt. Doch würden diese Institutionen durch das fatale Bündnis zwischen Exekutive und Volk zerstört. George McDuffie aus South Carolina behauptet in seiner Rede vom 4. April 1834 sogar, dass in der Geschichte von „any civilized Government of modern times“ noch nie der Prozess der Usurpation so offen und schnell ausgeführt worden sei wie in den letzten 15 Monaten in den USA. McDuffie verweist im Folgenden auf die Beispiele Caesar, Cromwell und Napoleon und kritisiert die National Convention der Democrats. Die Verschleierung der wahren Motive der aktuellen Regierung seien „more fatal than those which Cromwell had formed against the liberties of England.“ Die letzten sechs Monate, seitdem die deposits weggeschafft worden waren, seien eine „brief period of a Roman dictatorship“ gewesen, so McDuffie. Er kommt zu dem Schluss: „I do most sincerely believe that our liberties are in imminent danger; and if the projected union between the political power and the banking power of the country should be once established, I do not believe it will be in the power of human wisdom to save us from the deep-seated, all-pervading despotism.“104 Die Beispiele die McDuffie nennt, orientieren sich an denen aus der Seminole War Debate, doch richtet sich seine Kritik nun insbesondere gegen Jacksons Bankenpolitik. Jackson rechtfertige diese unter dem Vorwand, dass er nur den Willen des Volkes durchsetzen würde. Durch den Eingriff in legislative Kompetenzen, wie bei dem removal of the deposits, etabliere Jackson eine unheilvolle Allianz zwischen politischer Macht und der banking power of the country. McDuffie argumentiert folglich genau wie Jackson, dass die Kombination von finanzieller und politischer Macht eine 103 Register of Debates, 23rd Congress, 1st Session, Senate, S. 380-397, 386 f. 104 Register of Debates, 23rd Congress, 1st Session, S. 3443-3472. Siehe auch: Baltimore Patriot, 14. April 1834.

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Gefahr für die Republik darstelle, doch sieht er diese Kombination nicht in der BUS, sondern in Jacksons Verhältnis zu den state banks begründet. Drei Wochen später warnte Clays Kollege aus Kentucky, George Mortimer Bibb: „Caesar degraded the dignity and authority of the Senate, to pave the way to sovereign power. He introduced into the Senate his retainers, soldiers, and followers. He harangued the Senate, said he had never affected extraordinary honors, or illegal powers; talked of peace, equity, and justice, and immediately after broke into the public treasury and carried off the money to procure the men.“ Die Geschichte würde anhand von vielen Beispielen zeigen, dass das Volk, „by fair pretences, have been cheated, flattered, and soothed into a confidence and deathlike slumber, fatal to their rights and liberties.“ Jacksons Verhalten sei unrechtmäßig und wenn man ihm die in seiner Protestnote geforderten Rechte zugestehen würde, sei die Verfassung wertlos, der Kongress unbedeutend und ein „despotic Government“ bereits etabliert.105 Auch Bibb sieht folglich in Jacksons Verhalten eine Parallele zu Caesars Verhalten, vor allem wenn er darauf verweist, dass auch Caesar seine Anhänger in der Legislative platziert habe, nur um danach die öffentlichen Gelder an sich zu reißen. Dies ist sicherlich ein Verweis auf die Tatsache, dass es den Democrats kurz zuvor gelungen war, eine Verlängerung der Charta der BUS und eine Rücküberführung der deposits aus den state banks zu verhindern.106 In diesen Beispielen lässt sich auch erkennen, dass Jacksons Gegner in den Democrats ein reines Werkzeug des Präsidenten sahen, welches diesem dazu diente, das von den Verfassungsvätern installierte System einer Mischverfassung zu zerstören. Der Verweis, dass in der Geschichte das Volk betrogen, umschmeichelt und in Sicherheit gewogen worden sei, zeugt von der bereits bei den antiken Autoren zu findenden Annahme, dass das Volk sich leicht blenden und in die Irre führen lasse. Der zu große politische Einfluss des Volkes wurde daher weiterhin als eigentliche Bedrohung der Republik angesehen. In einem Zeitungsartikel zu Jacksons bevorstehender Wiederwahl 1832 wird argumentiert: „It was these measures, with the huzzas for Caesar, then raised by the democracy of the world, that enabled him to lay deep the foundations of the imperial throne, and transmit it to his successors. I may be told, that Caesar had an army of veterans that did work for him. But what was Caesar’s army, compared with the physical strength of the Roman world, or even Rome alone? A Party Post Office, a subsidized press, controlled and used by the officers of the Government, are more powerful agents for commanding mankind, than all the

105 Register of Debates, 23rd Congress, 1st Session, S. 1488-1526, 1525 f. 106 Vgl. S. 157 f.

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means that Caesar possessed. […] it is time to look about us, an anxiously consider, whether the days of the constitution and of the Republic be not already numbered.“107

Der Artikel drückt eine tiefe Abneigung gegen die Vorstellung einer Demokratie aus. Nur so sei es Caesar überhaupt gelungen, seine Macht zu festigen und zu vererben. Auch wenn Jackson, im Gegensatz zu Caesar, keine Armee zur Verfügung stehe, so habe er doch mit einem mächtigen Parteiapparat und einer ihm treu ergebene Presse zahlreiche Mittel zur Machtsicherung. Es sei an der Zeit sich zu fragen, ob es nicht bereits zu spät sei, die Republik noch retten zu können. Somit ist bei den Gegnern Jacksons immer häufiger die Vorstellung zu finden, dass der Kreislauf der Verfassungen auch in den USA stattfände und es wenig Hoffnung auf eine Rettung der Republik gebe. Auch Benjamin Watkins Leigh, der bereits über 15 Jahre zuvor in The Letters of Algernon Sidney, welche 1830 als Pamphlet erneut veröffentlicht wurden, Jackson kritisiert hatte,108 stimmte am 18. April 1834 in den Tenor gegen Jacksons Protestnote ein: „[Jackson] speaks to us in the imperial style of the Caesars to the degraded Senate of Rome, while yet the ancient forms of the republic were decently preserved.“109 Auffällig ist, dass Leigh ebenfalls explizit die Degradierung des Senats anspricht. Zudem greift er Clays Argument auf, dass ein Staat offiziell eine Republik, in Wahrheit allerdings eine Monarchie sein könne. Leigh nennt das Beispiel der ersten römischen Kaiser, denn offiziell hatte Augustus die Republik wiederhergestellt, auch wenn er in Wahrheit eine Alleinherrschaft etablierte.110 Chilton Allan, Abgeordneter im HoR für Kentucky, sprach sich 1834 in einer Kongressrede mithilfe der Beispiele Marius, Sulla, Caesar, Cromwell und Bonaparte, welche Allans Ansicht nach jedem Schuljungen bekannt seien, gegen Jacksons Vorgehen im Bank War aus und warnte vor der Bündelung exekutiver Macht. Es sei offensichtlich, dass „despotic power and liberty cannot live together. In the course of a few ages, this power would convert this republic into an empire, your President into an Emperor, and the people into slaves.“ Die 107 Farmers’ Cabinet, 28. September 1832. 108 White, T.W. (Hrsg.): The Letters of Algernon Sidney in Defence of Civil Liberty and Against the Encroachments of Military Despotism. Written by an Eminent Citizen of Virginia, and First Published in the Richmond Enquirer in 1818-1819, Richmond 1830. Der Titel mit dem Schlagwort „Military Despotism“ wurde erst bei dieser Ausgabe dort hinzugefügt. Vgl. auch S. 48. 109 Register of Debates, 23rd Congress, 1st Session, Senate, S. 1373-1389, 1378. 110 Siehe zum Beispiel: Bellen, Heinz: Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian, Grundzüge der römischen Geschichte, 2. Auflage, Darmstadt 2010, S.23.f

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Bündelung der obersten militärischen Befehlsgewalt, der obersten Gewalt über die Finanzen und über alle Regierungsbeamte würde den Präsidenten dazu befähigen, sich seine Nachfolger selbst auszusuchen, bis irgendwann das Amt schließlich nur noch vererbt würde. „As we advance in the direction of royal power, we of course recede from republicanism. Thus it has ever been. The first evidence of the decline of Roman liberty were displayed in efforts to degrade the Senate, and disrobe it from its just powers.“111 Allan stellt in der Tradition der Gründerväter power und liberty gegenüber und sieht in der Verschiebung der Kompetenzen von der Legislative zur Exekutive hin den ersten Schritt zum Untergang der Republik und der langfristigen Etablierung einer Monarchie, denn auch in der römischen Republik sei die Entmachtung des Senats das erste Anzeichen des Niedergangs gewesen. Zwei Jahre später warnte Allan erneut im Kongress vor dem nahen Ende der Republik: Allen Anhängern der Freiheit sei bewusst, dass eine stabile freie Regierung von der Aufteilung in voneinander unabhängige Bereiche abhängig sei. Der Vorgang, dass „the executive power has made such advances of usurpation upon the other departments in so short a time as in the United States“, sei in der Geschichte einzigartig. „The expanded dimensions of executive power leave no room for liberty to breathe in. The office is too high, too attractive, for human weakness. The temptation to arrive at it is too great for human virtue. In the contests for this office, the country will be sacrificed, and liberty overthrown.“ Um seinen Standpunkt zu belegen, so Allan weiter, wolle er einige Beispiele aus der römischen Geschichte zitieren, denn in den glorreichen Tagen der Republik seien als römische Magistrate nur die Bürger mit der größten Erfahrung, der höchsten Führungsbegabung und der größten Integrität durch die „qualified voters“ in das Amt gelangt. „Such public servants conducted Rome to the highest elevation of power and glory that has ever been reached by any nation. But at last the destroyer came, and breathed the breath of corruption on elections.“112 Um diesen Punkt zu untermauern, las Allan während seiner Rede einen Auszug aus Alexander Adams᾽ 1791 erschienenen Roman Antiquities vor, in welchem Caesar das römische Wahlvolk besticht, und fragt seine Zuhörer dann, ob es eine treffendere Beschreibung der aktuellen Vorgänge in den Vereinigten Staaten geben könne als diese. Allan fuhr fort, indem er aus Gibbon zitierte und daran erinnerte, dass später in Rom das Kaiseramt an den Höchstbietenden versteigert wurde.113 „Such is the result of Roman elections. Such the manner in which executive patronage was brought into conflict with the freedom of elections in the most renowned na111 Register of Debates, 23rd Congress, 1st Session, S. 3329-3359, 3353-3357. 112 Register of Debates, 24th Congress, 1st Session, S. 3904-3937, 3932 ff. 113 Vgl. S. 89 f.

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tion of antiquity.“ Die Wahlen in den USA würden dieselbe Richtung nehmen wie die im antiken Rom „if we do not reduce the power of the President, and thereby take away the temptation to betray and corrupt the country to get the office.“ Die Gründerväter, so Allan weiter, seien Männer mit Talenten, Erfahrung und virtue gewesen und hätten sich in den Dienst des Staates gestellt. Jetzt habe sich die Liebe zum Vaterland in Richtung Hingabe und Ergebenheit zu einzelnen Personen entwickelt: „The glory is not derived from services rendered Rome, but from the honor of having served under Caesar. Here we have, in bold relief, the principle and example of the leader of the party. […] We have already come to the point where every candid man will admit that the next presidential election, so far as one of the candidates is concerned, depends on the wish of the present Chief Magistrate. Did any American expect to live to see such a wonder?“114

Im Zentrum von Allans Rede steht die Parallele zwischen Rom und den USA sowie die Vermeidung der Wiederholung der Geschichte. Ihr liegt der Gedanke zugrunde, dass man aus der Geschichte lernen könne, wenn man sie nur richtig interpretiert. Dies wird unter anderem dadurch verdeutlicht, dass er Alexander Adams und Gibbon zitiert und die beschriebenen Ereignisse auf die USA überträgt. Allan verwendet folglich die römische Geschichte als mahnendes Exempel für die Entwicklung der Vereinigten Staaten. Er beginnt mit der Blütezeit der römischen Republik, doch gingen seiner Ansicht nach die zunächst vorhandenen Tugenden in Rom dadurch verloren, dass Caesar durch die Bestechung des Volkes an die Macht gelangte. Dadurch habe sich eine Alleinherrschaft entwickelt und die Degeneration sich weiter fortgesetzt, bis schließlich das Amt des Kaisers an den Meistbietenden versteigert worden sei. Allan ist sich bewusst, dass dieser Prozess in Rom einige Jahrhunderte gedauert hat, doch wie auch McDuffie ist er der Überzeugung, dass diese Entwicklung in den Vereinigten Staaten viel schneller vonstattengehen würde. Allan glaubt, die Blütezeit der Republik sei für die USA bereits vorüber. Er vergleicht die aktuelle Situation mit der zu Zeiten Caesars. Die Gründerväter hätten noch Prinzipien gehabt und dem Staat gedient. Jetzt seien die USA bereits an einem Punkt, an dem stattdessen im Interesse des Parteiführers gehandelt werde und bereits alle darin übereinstimmen würden, dass der Präsident seinen eigenen Nachfolger bestimmt. Auf die Geschichte Roms bezogen, ist somit Jackson ein neuer Caesar, der zunächst das Volk besticht, um an die Macht zu gelangen. Diese festigt er und ernennt schließlich, als Anführer der Democrats, seinen Nachfolger. Nicht mehr lange, dann würde auch 114 Register of Debates, 24th Congress, 1st Session, S. 3904-3937, 3934-3937.

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in den Vereinigten Staaten das höchste Amt im Staat versteigert werden, so Allans Argument. Francis Pickens aus South Carolina betonte in einer Kongressrede im Mai 1836, dass die Jackson Administration mit ihrem Verhalten bereits deutlich gezeigt habe, „that the constitutional republic of States was to be broken down, and that simple democracy of brutal numbers, with an elective and unlimited monarchy, was to be raised over the ruins.“ Caesar habe, als er den Rubikon überschritt, dies scheinbar zum Wohle des Volkes und zur Erhaltung der Gesetze getan, so Pickens weiter. „[Caesar] refused the crown that was urged upon him, and then took royal power to please the people. […] it is the reign of Caesar, and we are cowards, dastards, slaves, if we submit to this state of things, and shall deserve to have our children raise before us their little hands, and shake manacles, saying, thou did it! thou did it!“ Die USA seien nun bereits an dem Punkt, dass Caesars Nachfolger bestimmt werde, so Pickens. Oktavian, der zuvor nichts zu dem Ruhm seines Landes beigetragen habe und nur populär dadurch geworden sei, dass die Sympathien Caesars auf ihn übertragen wurden, habe damals scharfsinnig und gekonnt seinen Vorteil aus der Situation gezogen: „We too have a modern Octavius, who, winding his way under the robes of royal favor, proclaims himself the true and anointed successor, pledged to carry out his principles of his master. What other earthly claim has the Vice President to his present position, except that he is supposed to be the chosen favorite of him who has trampled over the liberties of his country?“115 Der Idee des Verfassungskreislaufs folgend und dessen Richtigkeit am Beispiel Roms vor Augen, überträgt auch Pickens vermeintlich wiederkehrende historische Prozesse auf die USA. Eine reine Mehrheitsdemokratie habe bereits Caesar ermöglicht, an die Macht zu gelangen. Dieser habe zwar die Königskrone abgelehnt, dann aber im Sinne des Volkes doch die königliche Macht ergriffen und eine Wahlmonarchie etabliert. Ähnliche Vorgänge würden jetzt auch die Vereinigten Staaten betreffen, so Pickens᾽ Argument. Da Jackson nun als ein amerikanischer Caesar herrscht, ergibt es in der Argumentation Sinn, Jacksons Nachfolger mit Caesars Nachfolger Oktavian, dem späteren Kaiser Augustus, zu vergleichen. Die Tatsache, dass Caesar, wenn man ihn nicht ermordet hätte, wohl weiter an der Macht geblieben wäre, während Jackson sich freiwillig aus der aktiven Politik zurückzog, ignoriert Pickens. Ebenso ignoriert er, dass Van Buren zunächst vom Volk gewählt werden musste. Es spielt für diese Art der Argumentation jedoch auch keine Rolle, da es Pickens um die eigentlichen Prozesse geht, denen vermeintlich alle Staaten ausgesetzt sind. Diese können im Einzelfall anders aussehen, müssen aber immer zu demselben Ergebnis führen. Vor Jacksons Präsidentschaft waren 115 Register of Debates, 24th Congress, 1st Session, S. 3865-3880, 3874-3878.

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es noch dessen Anhänger gewesen, welche vor dem safe precedent und davor, dass die Tugenden der Gründerväter verkommen würden und somit die Republik in Gefahr sei, gewarnt hatten. Jacksons Gegner verwendeten während dessen Präsidentschaft dieselben Beispiele, interpretierten die Geschichte aber auf ihre Weise und übertrugen die vermeintlichen Parallelen auf die aktuellen Ereignisse. Weiterhin wurde Jackson zwar mit Caesar verglichen, aber nun nicht mehr mit dem Feldherren, welcher die Republik bedroht, sondern konsequenterweise mit dem Diktator.116 Pickens’ Rede zeigt zudem auf, dass der Diskurs über die Zukunft der Republik, mit welchem die Person Andrew Jackson verwoben war, sich bereits während dessen Präsidentschaft langsam auch auf seinen Nachfolger Martin Van Buren übertragen sollte.

T HE MAJORITY IS TO GOVERN ! – D EMOKRATIE R ETTUNG DER R EPUBLIK

ALS

Bei den Democrats war ebenso weiterhin die Vorstellung eines Verfassungskreislaufs vorhanden, doch ging für sie die Gefahr für die Republik weiterhin von Demagogen und kleinen elitären Gruppen aus, die versuchen würden, an politischer Macht zu gewinnen. Es konnte zwar nicht bewiesen werden, dass der Attentäter Lawrence tatsächlich von Jacksons Gegnern angestiftet worden war, den Präsidenten zu ermorden, aber der Globe mutmaßte trotzdem, dass Lawrence zumindest von den Reden im Kongress beeinflusst worden war: „Whether Lawrence has caught, in his visits to the Capitol, the mania which has been prevailed during the two last sessions in the Senate – whether he has become infatuated with the chimeras which have troubled the brains of the disappointed and ambitious orators who have depicted the President as a Caesar, who ought to have a Brutus – as a Cromwell – a Nero – a Tiberius, we know not. If no secret conspiracy has prompted the perpetration of the horrid deed, we think it not improbable that some delusion of intellect has grown out of his visits to the Capitol, and that hearing despotism and every horrible mischief threatened to the republic, and revolution and all its train of calamities imputed as the necessary

116 Siehe zum Beispiel: „Andrew Jackson has the robes of office. He is the Caesar with the imperial purple.“ Connecticut Gazette, 25. Januar 1832. Weitere Beispiele: Daily National Journal, 28. Februar 1831; Register of Debates, 23rd Congress, 1st Session, S. 3392-3439; Register of Debates, 23rd Congress, 1st Session, S. 301-329.

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consequence of the President’s measures, it may be that the infatuated man fancied he had reasons to become his country’s avenger.“117 Der Herausgeber der Zeitung mutmaßt, dass die Reden im Senat Lawrence dazu bewegt hätten, sich als neuen Brutus zu sehen. Für die Einordung der Bedeutung des Diskurses über die Zukunft der Republik ist es bezeichnend, dass es keine persönlichen, politischen oder sozialen Motive sind, welche dem Attentäter unterstellt werden, sondern der Vergleich Jacksons mit Caesar als Auslöser für das Attentat gesehen wird. Die fortbestehende Bedeutung des Diskurses mit Verweis auf antike Autoren und auf die antike Geschichte lässt sich folglich auch in der Rechtfertigung der politischen Maßnahmen Jacksons auf Seiten der Democrats als Leitmotiv feststellen. So merkte der HoR-Abgeordnete Henry Alexander Wise aus Virginia in seiner Rede am 6. Februar 1834 an, dass Jackson als „a Caesar, – a Cromwell, – a Tiberius“ von seinen Gegnern verunglimpft würde und diese dem amerikanischen Volk unterstellten, sich in eine Monarchie und Tyrannei zu fügen.118 Doch wo sei denn der Thron in den USA errichtet worden? „America’s Cato, James Madison, has not yet been alarmed by the approach of Caesar“ und auch sonst würde er den Bürgern durchaus zutrauen, einem neuen Caesar Einhalt zu gebieten, so Wise. Wenn doch die Republik tatsächlich in Gefahr sei, warum würden Jacksons Gegner dann Reden schwingen anstatt wie ein Brutus zu handeln?119 Wise hatte eine Schwäche in der Argumentation der Gegner Jacksons erkannt: Wenn es zutreffend war, dass Jackson sich wie ein amerikanischer Caesar verhielt, dann müsste das amerikanische Volk bereits völlig degeneriert sein, da es sich nicht gegen ihn erhob. Zudem müsste es doch dann auch die republikanische Pflicht der tugendhaften Senatoren sein, aktiv gegen Jackson vorzugehen, um die Republik zu retten. Doch James Madison, einer der letzten lebenden Gründerväter, welcher von Wise als amerikanischer Cato bezeichnet wird, sehe in Jackson keine Gefahr für die Republik, ganz im Gegensatz zu seinem Vorbild in Rom in Caesar. Von daher könne Jackson kein neuer Caesar sein, so das Argument, und wenn er einer wäre, dann sei es in den USA das Volk, welches ihn abwehren würde. Am selben Tag gab Balie Peyton aus Jacksons Heimatstaat Tennessee zu bedenken, dass die Freiheit Roms auf dem Schlachtfeld beendet wurde und nirgends sonst. Das endgültige Ende der Koalition mit dem reichen Crassus und 117 The Globe, 31. Januar 1835. 118 Zu Jackson als Tiberius siehe zum Beispiel: Richard: The Golden Age of the Classics in America, S. 66 f. 119 Register of Debates, 23rd Congress, 1st Session, S. 2668-2682, 2674-2677.

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dem populären Pompeius habe der geniale Caesar mit der Schlacht von Pharsalia besiegelt und somit auch das Ende der Republik. Durch diese Koalition sei es gelungen, Catos Einfluss im Senat und im Volk zu zerschlagen. Im Gegensatz dazu sei Andrew Jackson ein Verteidiger der Freiheit des Volkes: „When Caesar won his battles, he crossed the Rubicon, and marched at the head of his Gallic legions to a throne. When Andrew Jackson had won for himself imperishable renown, and completed the work of glory for his country, he disbanded his soldiers and retired to his farm.“ Im Gegensatz zu Caesar, welcher den Staatsschatz raubte, habe Jackson sich an die Gesetze gehalten, so Peyton weiter. Als Jackson die removal of the deposits anordnete, habe er dies nicht aus Machtgier oder persönlichem Ehrgeiz getan. Vielmehr sei er von seiner Farm von seinen Mitbürgern in den Dienst des Staates gerufen worden und „unlike Caesar when he marched to Rome“ habe Jackson keinerlei Schrecken verbereitet und auch keinen Senat aufgelöst. Stattdessen habe er denselben Weg eingeschlagen, den auch Washington vor ihm beschritten hatte. „The historian had but to complete his office, and his name was immortal; the sculptor to perform his task, and he stood beside the father of his country, with that finger which penned the Declaration of Independence pointing him out as the noblest Roman of his day.“120 Peyton betont die militärische Komponente in Caesars Vorgehen und stellt sie in Kontrast zu Jackson, welcher den Willen des Volkes ausführe. Die Vorgehensweise, zunächst Caesars Verhalten mit dem Jacksons zu vergleichen, um letzteren schließlich als Cincinnatus zu charakterisieren, entspricht dem gängigen Argumentationsmuster aus dem Wahlkampf von 1828 und ebenso der republikanischen Typologie der Gründerväter. Auch der konkrete Verweis Peytons auf Gründerväter wie Washington und Jefferson ist in diesem Kontext bekannt, obwohl die Behauptung, Jefferson habe Jackson als edelsten Römer seiner Zeit bezeichnet, kaum zu belegen ist.121 Jackson, als selbsternannter direkter Repräsentant des Volkes, sah die Gefahr für die Republik weiterhin in einer korrupten und machthungrigen elitären Gruppe begründet. Die Beweggründe für seinen Protest an den Senat erklärte er daher in einem Brief an seinen Adoptivsohn mit Bezug auf das antike Rom:

120 Register of Debates, 23rd Congress, 1st Session, S. 2654-2668, S. 2655-2659. 121 Peyton bezieht sich vermutlich auf eine Aussage von Jeffersons Schwiegersohn Thomas Mann Randolph, der behauptet hatte, Jefferson habe 1825 Jackson als: „an honest, sincere, clear-headed and strong minded head; of the soundest political principles“ bezeichnet. Welche Meinung Jefferson tatsächlich von Jackson hatte, lässt sich nicht mit Sicherheit feststellen. Siehe hierzu: Peterson, Merrill D.: The Jefferson Image in the American Mind, Charlottesville 1998, S. 26 ff., Zitat S. 26.

188 | D EMOKRATIE ALS G EFAHR FÜR DIE R EPUBLIK „I think my protest will shew, that it is not I, but the Senate who have usurped power and violated the constitution, and I am sure the people will recollect, that is was the corrupt and venal senate that overturned the liberty of Rome before ever Cezar reached her gates, and if ever our republic is overthrown, it will be by the venal Senate usurping all power and forming an alliance with a corrupt monied monopoly.“122

Jackson wirft dem Senat vor, gegen die Verfassung verstoßen zu haben und verdeutlicht, dass für ihn nur die Sichtweise des Volkes von Belang ist. Dieses würde erkennen, dass die Gefahr für die Republik von der Allianz zwischen politischer und finanzieller Macht ausgehe, die sich im Senat manifestiert habe. Hierzu verweist Jackson auf die römische Geschichte: Nicht Caesar, sondern der Senat habe das Schicksal der Republik besiegelt.123 Kurz zuvor schrieb Jackson ebenfalls an einen Schützling, dass „public concerns growing out of the most factious and corrupt majority that has ever disgraced any senate, lead on as the majority have been by the corrupting influence of the most corrupt monied monopoly that has ever existed at any country or clime, using all its power and means of corruption to cause its recharter.“124 Für Jackson waren die Anzeichen eines Einflusses einer korrupten Elite im Senat bereits sichtbar. Ihr Einfluss, eine Mehrheit in der Frage um die Zukunft der BUS zu kreieren, erschien ihm in diesem Kontext unheilvoll. Bereits im September 1833 hatte Jackson in dem Entwurf eines Schreibens an das Kabinett bezüglich der removal of the deposits deutlich gemacht, dass es unbestreitbar sei, dass aristokratischen Tendenzen die größte Gefahr für jedes politische System darstellen: „Reason suggests and experience confirms the position that nothing has a stronger tendency to engender an aristocratical spirit, or to sustain it when it has once acquired a foothold in the community, than extensive monied incorporations, with their appendages to exclusive priviliges. The divine right of kings and the prerogative authority of rulers, have 122 To Andrew Jackson Jr., 15. April 1834, in: Bassett: Correspondence of Andrew Jackson, 5, S. 261. 123 Unterstützung erhielt Jackson auch von dem englischen Philosophen Jeremy Bentham. 1830 ließ dieser Jackson unter anderem seine bereits in den Jahren 1822-1824 verfasste Schrift mit dem Titel Anti-Senatica zukommen, in welcher Bentham den U.S.-Senat unter anderem aufgrund seines aristokratischen Ursprungs angriff. Siehe: Anti-Senatica. An attack on the U.S. Senate, sent by Jeremy Bentham to Andrew Jackson, President of the United States, in: Fay, Sidney Bradshaw/Faulkner, Harold Underwood (Hrsg.): Smith College Studies in History, 11, 4 (Jul. 1926), S. 221-267. 124 To Andrew J. Hutchings, 8. Mai 1834, in: Bassett: Correspondence of Andrew Jackson, 5, S. 264 f.

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fallen before the intelligence of the age. Standing armies, and military chieftains can no longer uphold tyranny against the resistance of public opinion. The mass of the people have more to fear from combinations of the wealthy and professional classes – from an arictocracy which thro’ the influence of riches and talents, insidiously employed, sometimes succeeds in preventing political institutions however well adjusted, from securing the freedom of the citizen, and in establishing the most odious and oppressive Government under the forms of a free constitution.“125

Jackson sieht demnach die Gefahr für die Republik nicht in einem potenziellen Alleinherrscher oder military chieftain. Gegen diese Machenschaften sei das aufgeklärte Volk wachsam und wehrhaft genug. Vielmehr warnt Jackson vor einem zu großen Einfluss einer Aristokratie. Jackson verwendet den Begriff Aristokratie weiterhin negativ und meint somit nicht die tugendhafte und von den Gründervätern idealisierte farmers’ aristocracy, als dessen Mitglied er sich selber sah.126 Vielmehr meint Jackson eine korrumpierte machthungrige Elite, nach Definition der antiken Autoren eine Oligarchie, welche finanzielle Mittel und politische Macht zum Eigennutz verwendet. Unterstützung in seiner politischen Theorie erhielt Jackson unter anderem von dem Autor James Fenimore Cooper. Wie viele seiner Zeitgenossen war dieser davon überzeugt, dass die Vereinigten Staaten keine historische Ausnahme bildeten und daher früher oder später untergehen müssten.127 Cooper, ein Mitglied der Democrats, war 1834 der Ansicht, dass die Gefahr für die Republik nur von der Legislative ausgehen könne: „If this Union shall ever be destroyed by any error or faults of an internal origin, it will not be by executive, but by legislative usurpation. The former is easily enough restrained, while the latter, cloaked under the appearance of legality and representation, is but too apt to carry the public sentiment with it.“ England habe seine Regierungsform geändert, so Cooper weiter. Statt einer Monarchie sei dort nun eine „exceedingly oppressive aristocracy“ an der Macht. Jackson hingegen, auch wenn seine Kompetenzen die des Königs von Englands übersteigen würden, sei aber nun einmal nicht der 125 Paper read to the Cabinet, 18. September 1833, in: Bassett: Correspondence of Andrew Jackson, 5, S. 192-203. 126 Zu Jacksons Selbstverständnis als Patriarch und Großgrundbesitzer und der Bedeutung des Patron-Klient-Verhältnisses siehe vor allem: Cheathem: Andrew Jackson, S. 81 f. Jedoch versäumt Cheathem es, auf die ideologisch republikanischen Wurzeln dieser Südstaatenmentalität hinzuweisen, welche auch auf einer idealisierten Vorstellung der Vergangenheit, insbesondere der römischen Republik, beruhen. 127 Axelrad, Allan M.: History and Utopia: A Study of the World View of James Fenimore Cooper, Norwood, 1978.

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König von England, sondern „our fellow citizen, named to a high trust for a definite period, and with a defined authority. Common sense and common honesty would tell us, therefore, the expediency of looking into the conditions of the bargain under which he has accepted service, before we open the vials of our wrath upon his head.“128 Die Gefahr für die Republik geht demnach nicht von der Exekutive aus, da diese nach Coopers Ansicht leicht zu kontrollieren sei, sondern vielmehr von der Legislative, da diese unter dem Vorwand der Legalität und als legitimer Repräsentant auftrete. So hatte sich Coopers Ansicht nach England in eine repressive Aristokratie beziehungsweise eine Oligarchie verwandelt.129 Jacksons Kompetenzen seien hingegen klar definiert und er sei vom Volk gewählt worden. Wie Jackson sah auch Cooper in den Jackson-Gegnern, den selbsternannten Whigs, eine aristokratische Gefahr für die Republik.130 Doch im Gegensatz zu Jackson, der immer wieder betonte, dass das tugendhafte Volk die Republik retten könne, blieb Cooper grundsätzlich gefangen in der klassischen republikanischen Sichtweise und war der Theorie des Verfassungskreislaufs folgend davon überzeugt, dass die USA in einem halben Jahrhundert dasselbe Schicksal erleiden würden wie andere Republiken zuvor. So schrieb er 1838: „a fearful progress has been made towards anarchy and its successor tyranny, in that period. Another such half century will, in my judgment, bring the whole country under the bayonet.“131 Während Cooper die Geschichte als unabwendbarer Abfolge von Verfassungen begreift und die Ansicht vertritt, dass Anarchie und Militärdiktatur unabwendbar seien, wurde Jackson von dem ehemaligen französischen Botschafter Edmond-Charles Genêt als tugendhafterer Caesar bezeichnet. Anlass war die Überreichung einer Medaille an Jackson, welche angeblich dem antiken Heerführer gehörte hatte und die Inschrift Veni, Vidi, Vici! trug. Genêt war der Ansicht:

128 Cooper, James Fenimore: A Letter to His Countrymen, New-York 1834, S. 87 ff. 129 Wie viele Zeitgenossen verwendet auch Cooper die Begriffe Aristokratie und Oligarchie synonym, denn zuvor beschrieb er den Wandel in England als einen „from a monarchy to an oligarchy.“ Cooper, James Fenimore: A Letter to His Countrymen, New-York 1834, S. 65 f. 130 Siehe zum Beispiel: Clark, Thomas: “The American Democrat” Reads “Democracy in America”: Cooper and Tocqueville in the Transatlantic Hall of Mirrors, in: Amerikastudien/American Studies, 52, 2 (2007), S. 187-208, S. 192. 131 Cooper to Thomas Warren Field, 4. November 1848, in: Beard, James Franklin (Hrsg.): The Letters and Journals of James Fenimore Cooper, 5, Cambridge 1968, S. 388.

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„The Romans, in commemorating that glorious event [Caesars Sieg bei Zela], did not anticipate that it would ever be surpassed, but it is already recorded in history, sir, that you have effectually surpassed Caesar. The Roman hero corrupted his fellow citiziens with the plundered treasures of Asia, became the oppressor of the world, and attempted to raise a throne on the ruins of the republic; whilst the patriotic hero of New-Orleans, after having gained a battle not less prompt and decisive than the defeat of Pharnacius, hath strengthened the independence and liberty of his country, and now devotes the last days of his glorious career, to perpetuate her peace and happiness. […] Quop Caesar fecit, Jackson superavit.“132

Jacksons Sieg von New Orleans sei durchaus mit dem schnellen Sieg Caesars gegen Pharnakes II. 47 vor Christus vergleichbar, so Genet.133 Doch während Caesar eine Alleinherrschaft auf den Ruinen der Republik errichten wollte, habe Jackson die Republik gestärkt und zu deren Dauerhaftigkeit beigetragen. Von daher habe Jackson Caesar übertroffen. Statt dieses zwar positiven, doch immer noch leicht anstößigen Vergleichs mit Caesar wurde Jackson von seinen Landsleuten lieber weiterhin vor allem mit Cincinnatus gleichgesetzt: Der HoR-Abgeordnete Samuel Carson würdigte in einer Rede Jackson als: „an individual, sir, whose highest ambition is, to be permitted to walk in the peaceful shades of retirement […] an individual who has never sought office but who, like old Cincinnatus, when the exigencies of his country have demanded his services, has never refused the call, whether it to be to the field or to the cabinet.“134 Noch vor Jacksons Amtsantritt wurde er als „[The] American Cincinnatus, the Hero of two Wars“135 gefeiert. Zu seiner Amtseinführung wurden auf diversen Feiern immer wieder Trinksprüche gehalten, welche Jackson als Cincinnatus priesen.136 Dass Jackson zu Beginn und während seiner ersten Amtszeit weiterhin als Cincinnatus charakterisiert wurde

132 Vermont Gazette, 24. Januar 1832. 133 In diesem Kontext soll Caesar die Worte „Ich kam, sah und siegte“ gesprochen haben. Plutarch, Caesar, 50.1. 134 United States’ Telegraph, 28. Februar 1831. 135 The Macon Telegraph, 28. Februar 1829. 136 Zum Beispiel: „Andrew Jackson – like the Roman Cincinnatus, only called from domestic life when his country is in danger“; „Andrew Jackson, the American Cincinnatus – equally great in the Senate or at the plough, and unrivalled in the field.“; „Andrew Jackson – the Cincinnatus of the United States!“ United States’ Telegraph, 13. März 1829; Eastern Argus, 13. März 1829.

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erscheint logisch.137 Dass allerdings auch nach Bekanntgabe seiner Intention erneut zu kandidieren und nach seiner Wiederwahl der Bezug weiterhin zu finden ist, mag ein wenig verwundern.138 Schließlich war Jackson nicht zum Pflug zurückgekehrt. Andererseits kann argumentiert werden, dass Jacksons Aufgabe noch nicht erfüllt war. So behaupte auch Jackson selbst, dass er das Amt, in welches er jetzt zum zweiten Mal berufen worden sei, nur zum Wohle des Volkes ausübe; er würde mit seiner verbleibenden Kraft versuchen: „to secure […] their power permanently over their Government. If I can restore to our institutions their primitive simplicity and purity, can only succeed in banishing those extraneous corrupting influences which tend to fasten monopoly and aristocracy on the constitution and to make the Government an engine of oppression to the people instead of the agent of their will, I may then look back to the honors conferred upon me, with feelings of just pride.“139

Jackson sah sich folglich weiter als Beschützer der Republik. Die Aufgabe des neuen amerikanischen Cincinnatus war noch nicht beendet, so das Argument, denn noch war der Kampf gegen die korrumpierenden aristokratischen Kräfte nicht gewonnen. Auch für seinen Umgang mit der Nullification Crisis wurde Jackson von seinen Befürwortern als Cincinnatus gefeiert: „the Union was safe in the protection of the venerable chief, of the true patriot in whose way of life aforetime it has been to save his country, and who has vowed, with Cincinnatus, that ‚the republic shall receive no detriment‘.“140 Ebenso ist der Bezug zu George Washington und die positive Verwendung des Begriffs military chieftain weiterhin zu finden.141 Sehr vereinzelt wurde nach wie vor der Vergleich Jacksons mit Aristides und anderen antiken Charakteren verwendet, ein Vergleich, der seit der Seminole War Debate zwar immer weiter nachließ, jedoch zuweilen Jacksons 137 Siehe zum Beispiel: „General Jackson, the Tennessee Farmer – Like Cincinnatus of old, he leaves the plough when his country calls him into service and will return again with a good conscience.“ in: The Pittsfield Sun, 9. Juli 1829. 138 Siehe zum Beispiel: „General Jackson […] The Cincinnatus of America, who like a Roman veteran, after he had conquered the enemies of his country returned to his plough.“ in: The Globe, 26. September, 1831. 139 To Tilghman A. Howard, 20. August 1833, in: Bassett: Correspondence of Andrew Jackson, 5, S. 165 f. 140 United States’ Telegraph, 9. März 1833. 141 „The memory of Washington: Though a ‚Military Chieftain,‘ he was the ‚Father of his country.‘ […] Andrew Jackson: The Cincinnatus of the age.“ in: The Globe, 17. Juli 1833.

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Kampf für die Demokratie und gegen den Senat sinnbildlich untermauern sollte.142 Ein Beispiel, welches hervorragend die Entwicklung des Diskurses illustriert, ist ein Artikel aus dem offiziellen Sprachrohr der Democrats, dem Globe, in welchem Henry Clay, „the champion of Aristocracy and monopoly“, vorgeworfen wird, wohl vergessen zu haben, dass dessen „dynasty, founded on intrigue and management“ durch die freie Wahl der Bürger beendet wurde und nicht durch das Schwert oder Bayonett. Dabei seien doch Sulla, Marius und der Rest von Clays „spectral army of military usurpers“, durch die Gewalt des Militärs an die Macht gelangt und hätten Angst und Schrecken unter ihrem eigenen Volk verbreitet. Cincinnatus, Scipio, Washington und tausende andere ruhmreiche Militärs hätten im Verlauf der Geschichte jedoch mit Milizen die „royal armies of foreign invaders“ besiegt. „And it is only because the Tennessee farmer […] has been chosen by cultivators of the soil, to preside over the Government, like Washington, in the robes of peace, that his successes over the foreign enemy, are compared by him [Clay] to the bloody triumphs of Sylla, Marius, and Cromwell, over their own countrymen.“ Durch Söldner hätten diese ihre Macht erlangt, doch habe der „military despot whom Mr. Clays conjures up, in his eloquence, to alarm the jealousy of the nation“, gar keine Soldaten zur Verfügung und der military chieftain, welcher sich angeblich so grausam gegenüber der Bevölkerung verhalte, sei von dieser in einer freien Wahl gewählt worden. „But Mr. Clay thinks, the People do not know how to choose their Chief Magistrate. It must be left to those who are not so corrupt and ignorant as the People […] to Mr. Clay.“143 Zunächst wird Clay als Vertreter der Aristokratie beschrieben, dann die Regierung von John Quincy Adams, deren Mitglied Clay gewesen war, als Dynastie bezeichnet, welche nur durch Intrigen und Manipulation an die Macht gelangt sei. Gemeint ist hierbei sicherlich der corrupt bargain. Im Folgenden wird darauf hingewiesen, dass Jackson, im Gegensatz zu Clays Beispielen Sulla, Marius und Cromwell, keine Armee von Söldnern zur Verfügung habe. Zusätzlich wird Jackson in eine Reihe mit Cincinnatus, Scipio und Washington gestellt und als „Tennessee farmer“ bezeichnet, ein Indiz für die simple republikanische Tugendhaftigkeit Jacksons. Dies entspricht soweit dem Argumentationsstrang, der auch vor Jacksons Präsidentschaft zu finden war. Allerdings wird zusätzlich angeführt, dass Jackson von der Bevölkerung in einer freien Wahl gewählt worden 142 „Gen. Jackson – Like Cato firm, and Aristides Just – the only stronghold of the Democracy.“; „The President of the United States […] Yet, like the good Aristides, he would be subject to a cruel ostracism by a malicious and factious senate.“ The Globe, 13. Juli 1831; The Globe, 11. August 1834. 143 The Globe, 2. Dezember 1834.

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sei. Clay hingegen wolle dem Volk nicht die Entscheidung überlassen, wer Präsident werde, sondern dies lieber selbst festlegen. Der Artikel suggeriert somit, dass Clay ein Feind der Demokratisierungsprozesse in den USA sei, und bezichtigt ihn, als Sprecher der Aristokratie dem Volk das Recht auf freie Wahlen nehmen zu wollen. Vermuteten die Jackson-Gegner in der direkten Mehrheitsdemokratie tatsächlich eine Gefahr und warnten vor dem Untergang der Republik, sahen die Democrats in den Vorgängen ein positives Zeichen der Umverteilung der Macht zugunsten des Volkes und der Exekutive. Vor allem Thomas Hart Benton wurde nicht nur zu einem der bedeutendsten Fürsprecher dieser Demokratisierungsprozesse, sondern auch zu einem der wichtigsten Verteidiger Jacksons im Senat. Im Wahljahr 1832 argumentierte Benton, dass, wenn die BUS144 gegenüber Jackson siegreich bliebe, dies „an end of American liberty – an end of the republic“ bedeuten würde. Zwar würden Wahlen der Form nach zunächst noch für eine Weile bestehen bleiben „as the forms of the consular elections were permitted in Rome, during the last years of the republic.“ Letztlich würden der Präsident der Vereinigten Staaten und der Präsident der BUS sich jedoch gegenseitig ernennen: „They will elect each other. They will elect their successors; they will transmit their thrones to their descendants, and that by legislative construction.“ Ebenso wie die Legislative Napoleon verfassungsgemäß das Recht gegeben habe, sich zum Kaiser zu ernennen, sei es auch möglich, die Verfassung der USA in diesem Sinne auszulegen.145 Während die Whigs in Jacksons Präsidentschaft und in dessen Bemühungen, Van Buren als Nachfolger zu installieren, das Ende der Republik und den Übergang in eine Monarchie sahen, argumentiert Benton genau umgekehrt: Sollte die BUS nicht zerstört werden, hätte sie genug Macht, um durch ihren Einfluss ihren Wunschkandidaten als Präsidenten der USA einzusetzen. Der Präsident wiederum würde zusätzliche Macht durch die BUS erhalten und so würde eine Art Monarchie etabliert. Dazu würden diese Vorgänge noch durch die Legislative legitimiert und letztlich nur noch Scheinwahlen abgehalten, welche schließlich gänzlich abgeschafft würden. Hatten die Jacksonians im Wahlkampf von 1828 bereits vor einem safe precedent gewarnt, dass der Präsident seinen Nachfolger selbst bestimmen würde, so wird dieses Argument nun von Benton mit der Gefahr für die Republik durch die BUS kombiniert. Nachdem Jackson für die removal of the deposits vom Senat offiziell getadelt worden war, setzte sich Benton fortwährend dafür ein, diesen Tadel aus den Kongressbüchern streichen zu lassen, was schließlich im Januar 1837 gelang.146 144 Zur Second Bank of the United States siehe vor allem S. 153-158. 145 Benton: Thirty Years’ View, S. 257. 146 Remini: Jackson, 3, S. 376-381.

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Bereits im März 1836 stellte Benton in einer Rede fest, dass der Präsident ausschließlich aus politischem Kalkül der Oppositionspartei getadelt worden sei mit dem Ziel, Jackson zu zerstören und eine populäre und vom Volk beauftragte Regierung zu beenden: „For what are all the attacks upon President Jackson’s administration but attacks upon the people who elect and re-elect him, who approve his administration, and, by approving, make it their own?“ Einen Präsidenten zu verurteilen, der solch eine Unterstützung habe „is to condemn the people, to condemn the elective principle, to condemn the fundamental principle of our Government, and to establish the favorite dogma of the monarchists, that the people are incapable of self-government, and will surrender themselves as collared slaves into the hands of military chieftains.“ Er habe vieles über die neuere wie auch antike Geschichte gelesen, so Benton weiter, und er würde keinen besseren historischen Vergleich finden als den zwischen Jackson, „crushing the conspiracy of the bank“ und dem Handeln Ciceros, „crushing the conspiracy of Catiline.“ Die beiden Verschwörungen seien identisch: „Cicero extinguished the Catilinean conspiracy, and saved Rome; President Jackson defeated the conspiracy of the bank, and saved our America.“ 2000 Jahre seien seitdem vergangen und doch seien die großen Taten Ciceros weiterhin bekannt. „The school-boy learns them; the patriot studies them, the statesman applies them.“ Jackson werde es ähnlich ergehen, so Benton: „while time itself shall last, the name and fame of Jackson shall remain and flourish; and this last great act by which he saved the Government from subversion, and property from revolution, shall stand forth as the seal and crown of his heroic services.“ Bürgerkriege und Verbannungen wie im antiken Rom und Athen würden durch „ambition for office“, ausgelöst. Daher hätten die Verfassungsväter sinnvolle Gesetze erschaffen und Maßnahmen, die einem Missbrauch vorbeugen, getroffen. Eben diese Gesetze würden jetzt missbraucht werden, um den Präsidenten zu stürzen, und der einst glorreiche Senat befinde sich im Niedergang.147 Benton argumentiert ganz im Sinne von Jacksons Protestnote gegen den Senat: Das Volk habe Jackson gewählt und im Amt bestätigt. Daher sei ein Angriff auf Jackson auch ein Angriff auf das amerikanische Volk und dessen Institutionen. Benton sieht den Senat, dessen Mitglied er selbst ist, im Zustand der Degeneration. Das Verhalten von Jacksons Gegnern beweist für ihn, dass diese dem monarchischen Dogma folgten, dass das Volk unfähig sei, sich selbst zu regieren. Während Benton zu Recht auf diese Grundtendenz in der Argumentation der Whigs hinweist, stellt er Jackson durch den Vergleich mit Cicero als tugendhaften Helden und Verfechter

147 Register of Debates, 24th Congress, 1st Session, Senate, S. 892-933, 931 ff. Antikebezug auch auf S. 901.

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der Republik dar, dessen Taten noch lange der Nation im Gedächtnis bleiben würden. Kurz vor dem Ende von Jacksons zweiter Amtszeit hielt Benton eine weitere Lobrede auf den Präsidenten, in welcher er behauptete, dass Jacksons Heldentaten von jemandem wie Livius, Sallust oder Plutarch verfasst werden müssten, um ihm gerecht zu werden. Erst durch Jacksons Veto habe die Nation die wahre Intention der Verfassungsväter verstanden: „Far from being an odious, dangerous, or kingly prerogative, this power, as vested in the President, is nothing but a qualified copy of the famous veto power vested in the tribunes of the people among the Romans, and intended to suspend the passage of a law until the people themselves should have time to consider it.“ Das Veto des Präsidenten würde die Verabschiedung eines Gesetzes nicht zwangsläufig verhindern, sondern nur verzögern. „It is a recommitment of the bill to the people, for them to examine and consider; and if, upon this examination, they are content to pass it, it will pass at the next session.“148 Benton vertritt die Ansicht, dass die Gründerväter bereits in der Gestaltung der Exekutive nicht nur ein Gegengewicht zu der Legislative hergestellt, sondern gleichzeitig den Präsidenten mit den Machtmitteln eines Volkstribuns ausgestattet hätten. Das Veto als ein monarchisches Element wird so von Benton zu einem demokratischen umgedeutet. Er argumentiert folglich erneut im Sinne Jacksons, dass der Präsident ein Repräsentant des Volkes sei. Somit wurde die ursprüngliche Idee der Gründerväter, eine Mischverfassung aus monarchischen, demokratischen und aristokratischen Elementen zu schaffen, im Sinne der Demokratisierung von den Democrats uminterpretiert. Jedoch wurden einige Entwicklungen während Jacksons Präsidentschaft nicht von allen Democrats durchweg positiv beurteilt. So stellte für Jackson die National Convention ein demokratisches Instrument dar, durch welches das Volk ohne die Zwischeninstanz der Einzelstaatslegislativen sich für einen Kandidaten entscheiden konnte. Einige Democrats sahen darin jedoch nur eine Wiederbelebung des Caucus und fühlten sich des Rechts beraubt, sich frei für einen Kandidaten entscheiden zu können, da sie zwischen den von der Convention Nominierten wählen mussten.149 Die Kritik an der National Convention war vor allem 148 Register of Debates, 24th Congress, 2nd Session, Senate, S. 382-391, 387. 149 Dieser Vorwurf scheint durchaus angebracht, wenn man zum Beispiel die Ereignisse bei der National Convention von 1836 bedenkt. Die Whigs scherzten, es handle sich um die „Van Buren Convention“, da der Ausgang der Wahl von Beginn an klar war. Der Historiker Donald B. Cole nennt die Versammlung kaum repräsentativer als den Caucus, welcher Crawford in 1824 nominiert hatte. Remini: Jackson, 3, S. 255; Cole, Donald B.: Martin Van Buren and the American Political System, Princeton 2014, S. 262 f.

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in den westlichen Bundesstaaten, insbesondere Jacksons Heimatstaat Tennessee, laut geworden, wo viele Wähler mit der Nominierung des New Yorkers Van Buren als Jacksons Nachfolger nicht einverstanden waren und eher den lokalen Kandidaten Hugh Lawson White unterstützten.150 So argumentierte der Abgeordnete Abram Maury aus Tennessee, dass Jackson als „a Cincinnatus on his farm“ in das Amt des Präsidenten gewählt worden sei, um die republikanischen Institutionen zu schützen und um zu gewährleisten, dass das Volk wieder seinen eigenen Kandidaten aufstellen könne. Dieser Gedanke werde nun aber durch die National Convention zunichte gemacht. Vielmehr wünsche er sich den Tag herbei, so Maury weiter, indem es keine factions mehr gäbe, keine Demagogen sich in das Gewand des Patrioten hüllen könnten und Aristokraten nicht mehr von angeblicher „equality and popular rule“ sprechen würden, sondern „the People of this country shall have attained to such a degree of virtue and enlightment as to be alike capable and desirous of viewing measures of their public men in the light alone of reason and of truth!“151 Mit der Ablehnung der National Convention als undemokratisches Element verweist Maury auf die aktuelle Situation im Land, in welcher seiner Ansicht nach Faktionalismus, Demagogen und aristokratische Tendenzen vorherrschend seien. Doch verknüpft Maury die Beschreibung des Ist-Zustands mit einer utopischen Vision einer aufgeklärten tugendhaften Gesellschaft und spricht somit die Hoffnung aus, dass der Kreislauf der Verfassungen letztlich doch durchbrochen werden kann.

150 Zur Kritik an der National Convention auf Seiten der Democrats und zu der Kandidatur Whites siehe vor allem: Atkins, Jonathan M.: The Presidential Candidacy of Hugh Lawson White in Tennessee, 1832-1836, in: The Journal of Southern History, 58, 1 (Feb. 1992), S. 27-56. 151 Daily National Intelligencer, 9. Juni 1836.

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K ING ANDREW

THE

F IRST

Dass dem Diskurs über die Zukunft der Republik ein zyklisches Weltbild der Akteure zugrunde liegt, lässt sich während Jacksons Präsidentschaft auch anhand des hier als „King Andrew“ bezeichneten Diskurses feststellen. Während Jacksons Gegner zwar weiterhin vor allem mithilfe der etablierten Beispiele Caesar, Cromwell und Napoleon vor dem baldigen Untergang der Republik warnten, formierte sich aus diesem Diskurs ein zweiter Argumentationsstrang heraus und erneut hatte Henry Clay Einfluss auf dessen Verbreitung. So brandmarkte Clay am 14. April 1834 Jackson zum wiederholten Male als Monarchen, verwies aber diesmal nicht mehr auf die Antike. In seiner Rede betont Clay zwar erneut, dass eine Regierung „in form be free, in practice tyrannical“ sein könne, dabei verweist er nun jedoch auf die britische Geschichte und auf die Unterschiede zwischen den politischen Gruppierungen in Großbritannien: Die britischen Tories seien nicht nur die Unterstützer der Exekutivgewalt und Monarchie gewesen, sondern auch Anhänger „of the detestable doctrines of passive obedience and non-resistance.“ Die Whigs hingegen seien die Verfechter der Freiheit, die Freunde des Volkes „and the defenders of the power of their representatives in the House of Commons“ gewesen. Während des amerikanischen Unabhängigkeitskriegs hätten dann die Tories auf Seiten der Exekutive, also auf Seiten des britischen Königs, gegen Freiheit und Unabhängigkeit gekämpft: „And what is the present but same contest in another form? The partisans of the present Executive sustain his powers in the most boundless extent. They claim for him all Executive authority. They make his sole will the governing power. […] The whigs of the present day are opposing Executive encroachments, and a most alarming extension of Executive power and prerogative. […] Senators! we have a highly responsible and arduous position; but the people are with us, and the path of duty lies clearly marked before us. Let us be firm, preserving, and unmoved. Let us perform our duty in a manner worthy of our ancestors – worthy of American Senators – worthy of the dignity of the sovereign states that we represent – above all, worthy of the name of American freeman! Let us ‚pledge our lives, our fortunes, and our sacred honor,‘ to rescue our beloved country from all impending dangers.“152

Clay setzt die aktuelle Auseinandersetzung in den Kontext der britischen und amerikanischen Whigs, welche sich stets gegen eine übermächtige exekutive und monarchische Gewalt gestellt hätten. Es ist wieder der stetige Kampf zwischen

152 Register of Debates, 23rd Congress, 1st Session, Senate, S. 1310-16, S. 1314 ff.

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der Exekutive und deren Gier nach mehr Macht, welche nur von der Legislative, vor allem durch den Senat, aufgehalten werden kann. Somit sind auch die Rollen klar verteilt. Clay sieht sich als Verfechter der legislativen Freiheit und des Volkes, als einen Whig, und stellt sich somit in diese Tradition. Clay appelliert an seine Mitsenatoren, sich der Vorfahren sowie der Staaten, die sie repräsentieren, als würdig zu erweisen. Gegen eine ihre Kompetenzen überschreitende Exekutive vorzugehen, sei keine Frage der politischen Gesinnung, sondern eine Frage, ob man Amerikaner sei oder nicht. Clay unterstreicht dies, indem er den Schlusssatz der Declaration of Independence zitiert und somit erneut an die ursprüngliche Tradition der Whigs und der Gründerväter erinnert.153 Clays Rede zeigt somit auch den veränderten Diskurs rund um die Person Andrew Jacksons während dessen Präsidentschaft auf. War es Henry Clay gewesen, der in der Seminole War Debate die Rhetorik der Gründerväter inhaltlich aufgenommen hatte, welche wiederum auf der Rhetorik der britischen Whigs basierte, war es nun nicht mehr nur die Rhetorik, sondern auch das Exempel der Vorbilder, welches bemüht wurde, um Jackson zu kritisieren. Folgt man Clays Logik, blieb einem amerikanischen Patrioten gar nichts anderes übrig, als sich den Whigs gegen Jackson anzuschließen. Auch wenn der Bezug zur Antike in dem Diskurs über die Zukunft der Republik noch deutlich erkennbar bleibt, ist unbestreitbar, dass dieser während Jacksons Präsidentschaft teilweise von dem Bild Jacksons als modernem Monarchen verdrängt wurde. Für Jacksons Gegner war mit der Wahl eines Militärs in das höchste Amt des Staates das Ende des republican experiments der Gründerväter fast schon besiegelt. Man brauchte keine düsteren Prognosen über den precedent anzustellen, wenn man die Usurpation an dem Verhalten des Präsidenten und seiner „Armee“ von office holders tagtäglich sehen konnte. Vielmehr galt es Widerstand zu leisten und Jackson daran zu hindern, die alleinige Macht endgültig an sich zu reißen. Daher bedurfte es nicht mehr zwangläufig des mahnenden Exempels der Schicksale antiker Republiken. Der Bezug zu den Whigs, den Gründervätern und deren Kampf gegen moderne Monarchen war ausreichend. War Jackson im Wahlkampf von 1828 vereinzelt als die Shakespeare-Figur 153 Der Ausdruck Whigs war für die Amerikaner ein symbolträchtiger Begriff: Zum einen sicherlich aufgrund der Bedeutung in der eigenen Revolution, doch zum anderen wurde der Ausdruck auch dadurch erneut ins Bewusstsein gerufen, dass im Jahr 1834 während einer Regierungskrise in England auch die britischen Whigs noch einmal in den Fokus traten. Während nun die Jackson-Gegner sich in den USA unter dem Namen Whigs sammelten, versuchten sie, die Democrats als Tories zu brandmarken, was allerdings in der öffentlichen Wahrnehmung kaum gelang. Howe: The Political Culture of the American Whigs, S. 88.

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Richard III. stilisiert worden,154 entwickelte sich erst während seiner Präsidentschaft die Figur von King Andrew. Oftmals in der Presse satirisch und auch grafisch aufgearbeitet, zeigt dieses Bild jedoch die ernsthafte Befürchtung, dass die Republik sich in naher Zukunft auch ohne einen Bürgerkrieg und Blutvergießen in eine Monarchie wandeln würde. Eine der bekanntesten Karikaturen zeigt Jackson als modernen Monarchen King Andrew the First, welcher, Zepter und Veto Message in den Händen, die Verfassung mit Füßen tritt.155 In der Logik der Whigs war es jetzt unabdingbar, diesen Quasi-Monarchen ebenfalls ohne Blutvergießen zu stürzen und die Republik wiederherzustellen. Ein bewaffneter Widerstand würde nur in Bürgerkrieg, Anarchie und letztlich erneut in Despotismus münden – das hatten auch Jacksons Gegner spätestens während der Nullification Crisis einsehen müssen. Die Stigmatisierung Jacksons als King Andrew setzte bereits zu Beginn seiner Präsidentschaft ein. So kritisiert ein Artikel bereits im Juli 1829 Jacksons Haushaltspolitik, welche nur dazu dienen würde „to erect a golden throne for King Andrew.“156 Auch in den weiteren Jahren seiner Präsidentschaft wurde Jackson immer wieder als „King Andrew the first“ bezeichnet.157 Weitere Auslegungen in der Presse waren „His Majesty King Andrew“158 oder auch „dynasty of King Andrew“.159 In einem Fall wird Jackson in einem fünfspaltigen Artikel dreißigmal als „King Andrew“ bezeichnet.160 Jacksons Protestnote nannten seine Gegner „King Andrew’s Protest“ und sie behaupteten: „This document would have done honor both to the head and heart of Oliver Cromwell. It arrogates SUPREME POWER in accents as honied and periods as musical as any ever fell from the lips of a USURPER. […] This Protest […] is nothing less than the Proclamation of a DICTATOR.“161 Jackson wurde zudem unterstellt, „the Crown“ an Van Buren weiterzugeben: „Majesty King Andrew […] filching as much as possible from powers of others – and who looking up to high places, when the Crown shall pass from ANDREW to MARTIN.“162 In der Connecticut 154 Siehe zum Beispiel: Burstein, Andrew: The Passions of Andrew Jackson, New York 2003, S. 167 f. 155 King Andrew the First, (1833), Library of Congress; www.loc.gov/item/ 2008661753/; siehe Abbildung 2. 156 American Mercury, 14. Juli 1829. 157 Baltimore Patriot, 11. Juni 1830. 158 Portsmouth Journal of Literature and Politics, 12. Juli 1834. 159 Jamestown Journal, 30. Juli 1834. 160 Independence, 12. September 1832. 161 Jamestown Journal, 30. April 1834. 162 Easton Gazette, 26. April 1834.

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Gazette wurde der Reim veröffentlicht: „Our noble state, has turned at length, Her insides out, her outsides in, King Andrew here has gained new strength, Next heat, we’ll have Prince Van our king.“163 Jackson als modernen Monarchen, als King Andrew, zu bezeichnen, war demnach seit seiner Amtseinführung populär und dieses Bild zog sich durch dessen gesamte Präsidentschaft.164 Dieser Umstand erklärt sich in der Einfachheit, einen Monarchen als Feindbild zu stigmatisieren. Dazu war kein Wissen über die Antike oder über Theorien von Abfolgen von Verfassungen notwendig. Auch war der Kampf gegen die Monarchie durch die Kriege mit England präsent; der Bezug zu den Whigs verankerte den Kampf gegen Monarchen im Bewusstsein der Amerikaner und prägte deren Identität. Dennoch muss betont werden, dass der Diskurs rund um King Andrew aus dem Diskurs über die Zukunft der Republik mit Bezug auf die Antike hervorgegangen war, sich zwar teilweise mit ihm vermischte,165 ihn jedoch nie völlig ablöste. Beide Diskurse existierten parallel. Während nach Jacksons Amtszeit der Diskurs rund um das Bild eines modernen Monarchen nur vereinzelt erfolgreich auf Van Buren übertragen wurde,166 blieb der Diskurs über die Zukunft der Republik und mit ihm der Verweis auf antike Autoren und die Geschichte der antiken Republiken weiterhin präsent.

163 Connecticut Gazette, 6. Mai 1835. 164 Weitere Beispiele für den King Andrew-Diskurs: Baltimore Patriot, 6. April 1831; Jamestown Journal, 25. Juli 1832; Independence, 12. September 1832; United States’ Telegraph, 19. März 1833; Jamestown Journal, 26. März 1834; United States’ Telegraph, 25. April 1834; Portsmouth Journal of Literature and Politics, 31. Mai 1834; Jamestown Journal, 13. August 1834; Connecticut Gazette, 17. September 1834; Easton Gazette, 20. September 1834. 165 Siehe zum Beispiel: United States’ Telegraph, 16. Mai 1833. 166 So wurde auch Van Buren während seiner Amtszeit als Monarch in königlichem Gewand dargestellt, welcher die Verfassung mit Füßen tritt. Winston, F. J.: Capitol fashions for 1837, (1837), Library of Congress, www.loc.gov/item/2008661297; siehe Abbildung 3.

Die Jahre nach Jacksons Präsidentschaft

Dass Henry Clay tatsächlich davon überzeugt war, dass Jacksons Präsidentschaft eine fatale Entwicklung für die Republik bedeutete, beweist auch ein Brief, in welchem er ein privates Gespräch mit Van Buren wiedergibt. Clay gibt an, er habe Van Buren gesagt, dass dieser wohl Jackson nachfolgen werden würde und „that he would introduce a system of intrigue and corruption that would enable him to designate his successor; and that, after a few years of lingering and fretful existence we should end in a dissolution of the Union or in despotism. He [Van Buren] laughed and remarked that I entertained morbid feelings. I replied, with good nature, that what I had said I deliberately and sincerely believed.“1 Für Henry Clay, stellvertretend für viele seiner Zeitgenossen, waren die politischen Prozesse in den USA ein untrügliches Zeichen für den Niedergang der Republik; in der bevorstehenden Wahl von Jacksons Wunschkandidat Van Buren sah Clay tatsächlich eine Entwicklung hin zu Bürgerkrieg und Despotismus. Die Wahl seines Wunschnachfolgers gab Jackson die Gewissheit, dass seine Politik der letzten Jahre weitergeführt werden würde. Zwar wurde Van Buren nur von einer äußerst knappen Mehrheit der Bevölkerung gewählt, doch erhielt er mit 170 electoral votes 46 Stimmen mehr als alle Gegenkandidaten und somit eine absolute Mehrheit.2 Zum Vizepräsidenten wurde, nach verfehlter absoluter

1

To Francis T. Brooke, 23. März 1834, in: Seager: Papers of Henry Clay, 8, S. 706 f.

2

Wohl auch mit der Hoffnung, dass die Wahl erneut im HoR entschieden werden müsste, hatte die Whigs sich nicht im Vorfeld auf einen gemeinsamen Kandidaten geeinigt, wodurch unter anderem William Henry Harrison und Daniel Webster zur Wahl standen. Henry Clay hatte bereits im Vorfeld auf eine Kandidatur verzichtet. Wilentz: Rise of American Democracy, S. 448 f; Heidler: Clay, S. 273 ff.

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Mehrheit, Richard M. Johnson3 durch den Senat bestimmt.4 Auch in beiden Häusern des Kongresses konnten sich die Democrats 1836 und bei den Zwischenwahlen behaupten.5 Jackson gratulierte Van Buren zum Wahlsieg, nicht ohne auch noch einmal stolz auf seinen eigenen Sieg gegen „the combined talents, wealth and power of the whole aristocracy of the united states aided as it was, by the monied monopolies of the whole country with their corrupting influence“ zu verweisen. Jedoch betonte Jackson auch, dass „the virtue & power of the sovereign people […] that so nobly sustained us against this formidable power“ diesen Sieg letztlich ermöglicht habe. Ebenso werde das Volk nun auch Van Buren während dessen Präsidentschaft unterstützen gegen die „combinations of […] ambitious and designing men.“6 Jackson sah in Van Burens Sieg einen Triumph über die Aristokratie, gegen power und corruption, welche trotz der mächtigen Unterstützung der BUS nicht gegen die Democrats hatte siegen können. Erneut betonte Jackson, die virtue des Volkes habe ihn dabei unterstützt, seinen Kampf gegen diese Mächte zu gewinnen und somit der Demokratie im Land zum Sieg verholfen. Ebenso optimistisch blickte Jackson in seiner Farewell Address am 4. März 1837 in die Zukunft: „Our Constitution is no longer a doubtful experiment, and at the end of nearly half a century we find that it has preserved unimpaired the liberties of the people […] and that our country has improved and is flourishing beyond any former example in the history of nations.“ Es stehe mittlerweile außer Frage „whether this great country can remain happily united and flourish under our present form of government.“ Dieser positiven Aussage folgt jedoch sofort die Warnung, dass die Republik nur bestehen bleiben könne, wenn auch die Union erhalten bliebe. Es gebe in den USA Kräfte, die danach streben würden, den Norden gegen den Süden und umgekehrt aufzuhetzen, so Jackson. Diese Entwicklung sei sehr gefährlich, denn „artful and designing men“ würden nur darauf warten, diesen beginnenden Bruch der Union auszunutzen „to inflame the natural jealousies of different sections of the country. The history of the world is full of such examples, and especially the history of republics.“ Sollte die Union jedoch langsam auseinanderbrechen, wäre dies gleichbedeutend mit dem Untergang der gesamten USA und würde unweigerlich zu Militärdespotismus führen. 3

Johnson war einer von Jacksons vehementesten Verteidigern in der Seminole War De-

4

Remini: Jackson, 3, S. 376.

5

United States Senate, www.senate.gov/history/partydiv.htm ; History, Art & Archives,

bate. Vgl. S. 56 ff.

United

States

House

of

Representatives,

history.house.gov/Institution/Party-

Divisions/Party-Divisions/. 6

Andrew Jackson to Martin Van Buren, 30. März, 1837, Martin Van Buren Papers, 1787-1910, Library of Congress.

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Hoffnung findet Jackson wie so oft im Volk begründet, welches seiner Ansicht nach letztlich immer die richtige Entscheidung treffen würde. Es würde eventuell zeitweise fehlgeleitet, „but in a community so enlightened and patriotic as the people of the United States, argument will soon make them sensible of their errors“, und schließlich würde das Volk immer auf den Pfad der Tugend zurückkehren. Jackson beendete seine Farewell Address jedoch mit einer eindringlichen Warnung: „Knowing that the path of freedom is continually beset by enemies who often assume the disguise of friends, I have devoted the last hours of my public life to warn you of the dangers. The progress of the United States under our free and happy institutions has surpassed the most sanguine hopes of the founders of the Republic. […] It is from within, among yourselves – from cupidity, from corruption, from disappointed ambition and inordinate thirst for power – that factions will be formed and liberty endangered. It is against such designs, whatever disguise the actors may assume, that you have especially to guard yourselves.“7

Jackson war der erste Präsident seit Washington, der mit einer Farewell Address aus dem Amt schied; damit folgte er bewusst dem Beispiel des ersten Präsidenten.8 Jackson vertritt in seiner Farewell Address die Ansicht, dass die USA mittlerweile dem republican experiment der Gründerväter entwachsen seien und die Langlebigkeit der Republik bereits jetzt die Erwartungen übertroffen habe. Er betont auch seinen Glauben an eine Mehrheitsdemokratie in einem republikanischen System. Wie bereits George Washington, warnt Jackson jedoch seine Mitbürger vor der Gefahr von Faktionen, auch wenn Washington in seiner Farewell Address noch von „the spirit of party generally“ gesprochen hatte, ein Anachronismus zu Jacksons Zeit.9 Faktionalismus ist für Jackson daher nicht in der Bildung von politischen Parteien zu finden, sondern eher im Sektionalismus. Jackson warnt vor aktuellen Entwicklungen und spielt auf die Nullification Crisis und den zunehmenden, für die Republik schädlichen Einfluss der Abolitionismusbewegung an. Jackson bezieht sich somit nicht nur auf Washington, mit dem er immer wieder auch von seinen Anhängern verglichen worden war, sondern betont erneut die Gefahr für die Republik und folgt dem Polybianischen Modell, wenn er von der Auflösung der Union und Militärdespotismus spricht. 7

Jackson, Andrew: Farewell Address, 4. März 1837, Online by: Peters, Gerhard/Woolley,

John

T.:

The

www.presidency.ucsb.edu/ws/?pid=67087. 8

Wilentz: Rise of American Democracy, S. 351.

9

Washington’s Farewell Address (1796).

American

Presidency

Project,

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Jacksons Nachfolger Martin Van Buren beschreibt in seiner Antrittsrede die Zukunft der Republik hingegen deutlich positiver: „Fifty years ago its rapid failure was boldly predicted. Latent and uncontrollable causes of dissolution were supposed to exist even by the wise and good, and not only did unfriendly or speculative theorists anticipate for us the fate of past republics, but the fears of many an honest patriot overbalanced his sanguine hopes. Look back on these forebodings, not hastily but reluctantly made, and see how in every instance they have completely failed.“10

Van Buren kommt somit ohne Warnungen aus und sieht die USA als ein einzigartiges Projekt an, welches alle Zweifler Lügen strafe. Wie jedoch in Jacksons Farewell Address bereits angedeutet, waren sich keineswegs alle Zeitgenossen so sicher, ob die Republik nun dauerhaft bestehen würde und die Vereinigten Staaten somit tatsächlich ein bis dahin einmaliges Beispiel in der Weltgeschichte bilden würden. Somit blieb der Diskurs über die Zukunft der Republik weiterhin ein lebhafter Bestandteil der amerikanischen Gesellschaft. Jackson selbst zog sich nach Ende seiner Präsidentschaft auf seinen Landsitz Hermitage zurück, von wo er allerdings weiterhin Einfluss auf die nationale Politik nahm.11 Er hatte während seiner Präsidentschaft das Haupthaus drastisch im griechisch-klassischen Stil umbauen und erweitern lassen, so dass dieses nun auch optisch dem Selbstverständnis der farmers’ aristocracy und seinem eigenen Status entsprach.12 Noch zu seinen Lebzeiten wurde die Hermitage zu einem Pilgerort und Jackson, welcher sich nach wie vor als ein Diener des Volkes betrachtete, empfing nach Möglichkeit jeden Besucher.13 Cincinnatus war auf seine Farm zurückgekehrt und so schrieb The Mississippian im Mai 1837, ein Besucher habe Jackson „like his great predecessors; Cincinnatus and Washington […] busily engaged in superintending the agricultural arrangements of his

10 Van Buren, Martin: Inaugural Address, 4. März 1837, Online by: Peters, Gerhard/Woolley,

John

T.:

The

American

Presidency

Project,

www.presidency.ucsb.edu/ws/?pid=25812. 11 So hielt Jackson unter anderem Kontakt zu Santa Ana und Sam Houston, um die Annexion von Texas durch die USA voranzutreiben. Jackson hatte zumindest auch einen Anteil daran, dass Tyler, welcher Harrison nach dessen überraschenden Tod gefolgt war, nicht mehr kandidierte, sondern stattdessen James K. Polk. Siehe: Remini: Jackson, 3, S. 440, S. 492 und S. 502 ff. 12 Zur Geschichte der Hermitage siehe: Horn, Stanley F.: The Hermitage, Home of Andrew Jackson, in: Tennessee Historical Quarterly, 20, 1 (Mar., 1961), S. 3-19. 13 Remini: Jackson, 3, S. 460.

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farm“ vorgefunden.14 Im Dezember 1837 berichtete ein weiterer Besucher: „I visited the Hermitage, which you know is the residence of the most distinguished American of the age. […] a gate opens to a private avenue which leads to the dwelling of the retired soldier and statesman, who, Cincinnatus like, had gladly embraced the quiet and rural life, after having long and successfully served his country.“15 Zwei Jahre später wurden im Richmond Enquirer Jacksons politische Errungenschaften gepriesen – der Autor kommt zu dem Schluss: „All this, which had been so long deemed desirable, yet impracticable, was accomplished by the energy of that remarkable man, who has now, retired, Cincinnatus like, to his quite farm.“16 Auch im Ruhestand blieb Jackson ein Symbol für den Republikanismus und wurde weiterhin in einem Atemzug mit Cincinnatus und Washington genannt. Doch auch Jacksons Gegner ließen nach dessen Präsidentschaft nicht von ihm ab. Noch 1840 wurde von den Whigs behauptet, Jackson hätte über jegliche Opposition triumphiert und, „as Caesar did, when he trampled under foot the remnant of Roman liberty“, sich zum Repräsentanten des Volkes ernannt „and set at naught the legislative authority.“17 Was für die Democrats ein Sieg über die vermeintliche Aristokratie war, blieb für die Whigs eine unheilvolle Entwicklung und eine Gefahr für die Republik. Die Verschiebung der Macht während Jacksons Präsidentschaft zugunsten der Exekutive blieb somit weiterhin Thema während Van Burens Amtszeit. Bei einem Treffen von Veteranen des Unabhängigkeitskriegs stellte der Senator von Rhode Island, Asher Robbins, fest, dass die militärische Unterwerfung Griechenlands durch Philipp II., Caesars Überschreitung des Rubikons sowie sein Sieg bei Pharsalia für diese Reiche der Antike ebenso bedeutsam gewesen seien wie der Machtanspruch der Exekutive in den USA. In dieser nun etablierten Dynastie mache es keinen Unterschied mehr, „who is President; whether it be a strong and decided character, like Andrew Jackson, or a feeble character, but managing, adroit, and specious, like Martin Van Buren; or what the character may be; that influence will be enough, in any hands, to perpetuate the dynasty“ so Robbins. „Such a character as Jackson was necessary to begin it, but the feeblest may continue it.“ Er sei daher davon überzeugt: „that the present is to be the struggle of life or death to this country; that if she now falls, she falls to rise no more; and then that I who witnessed, and these veterans who helped achieve, the glories of the Revolution, shall live to see

14 The Mississippian, 26. Mai 1837. 15 The Globe, 15. Dezember 1837. 16 Richmond Enquirer, 23. April 1839. 17 Raleigh Register and North-Carolina Gazette, 22. Mai 1840.

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them expire.“18 Mit seinen Aussagen macht Robbins den logischen nächsten Schritt im Diskurs: Es ist nicht mehr die Person Jackson, von welcher die Gefahr ausgeht, sondern es sind dessen Taten, die nachwirken. Dass von Jackson etablierte System werde von seinem Nachfolger weitergeführt. Der einmal etablierte precedent, vor dem Jacksons Gegner immer gewarnt hatten, war nun eingetreten und entfaltete bereits seine Wirkung. Wer nun konkret das Amt des Präsidenten ausfüllte, war somit unwichtig geworden, und die Furcht vor dem baldigen Untergang der Republik blieb präsent.19 Jedoch lässt sich ein signifikanter Wandel bei den Whigs nach Jacksons Präsidentschaft feststellen. Zwar blieben sie davon überzeugt, dass Parteien und Mehrheitsdemokratie eine Gefahr für die Republik darstellten, doch änderten sie ihre Wahlkampfstrategie nun grundlegend.20 In der festen Überzeugung, dass nur eine Elite das Volk vor sich selbst retten und jegliche Form der Tyrannei, sei es eine Wahlmonarchie, Parteiendespotismus oder eine Militärdiktatur, noch verhindern könne, beschlossen die Whigs, die Democrats mit ihren eigenen Waffen zu schlagen.21 Für die Präsidentschaftswahl von 1840 wurde Clay auf dem WhigParteitag übergangen und stattdessen der Kriegsheld William Henry Harrison aus Ohio nominiert, welcher bereits bei der vorausgegangenen Wahl 73 electoral votes errungen hatte.22 Harrison entstammte einer wohlhabenden und politisch einflussreichen Familie aus Virginia, war aber bereits früh nach North Bend in Ohio umgesiedelt. In den Indianerkriegen und dem Krieg von 1812 erwarb Harrison militärischen Ruhm, insbesondere durch den Sieg bei der Schlacht von Tippecanoe im November 1811.23 Ähnlich wie die Jacksonians im Wahlkampf von 1824 und vor allem 1828, setzen nun die Whigs auf Harrisons militärische Reputation und inszenierten diesen ebenfalls gezielt als einen neuen Cincinnatus. Neben dem Ideal des einfachen Farmers verklärten die Whigs Harrisons Vita, indem sie dessen Herkunft als einen Frontiersmen, der angeblich in einer Blockhütte (log cabin) aufgewachsen war, idealisierten. Vereinzelt nutzen die Whigs Jacksons Popularität und versuchten Harrison in eine Reihe mit Cincinnatus, 18 Daily National Intelligencer, 10. Oktober 1840. 19 Ähnlich und mithilfe der römischen Kaiserzeit argumentiert auch Senator William Rives: Congressional Globe, 25th Congress. 3rd Session, Appendix, S. 407-412, S. 412. 20 Wilson, Major: Republicanism and the Idea of Party in the Jacksonians Period, in: Journal of the Early Republic, 8, 4 (Winter, 1988), S. 419-442, S. 428 f. 21 Wilentz: Rise of American Democracy, S. 496 f. 22 Remini: Henry Clay, S. 548-553. 23 Eine gute Übersicht über Harrisons Vita gibt: Norris, Keith W.: Goodbye, Old Tippecanoe: William Henry Harrison and His One Month Presidency, Louisville 2010, im Folgenden zitiert als: Norris: William Henry Harrison.

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Washington und Jackson zu stellen.24 Meistens jedoch lehnten die Whigs den Vergleich mit Jackson ab und versuchten stattdessen, Jackson durch Harrison im Diskurs über die Zukunft der Republik zu ersetzen. So schrieb etwa der National Intelligencer im März 1840, dass Jackson zwar mit Washington gleichgesetzt worden sei, es dabei aber vielmehr Parallelen zwischen Harrison und Washington geben würde: „Their stern virtues and sterling integrity were formed after the best of Roman models: the sword of Marcellus and caution of Fabius, with the disinterestedness of Camillus and of Cincinnatus, rather than the brilliancy of the ambitious Caesar, or the calculating craftiness of […] Octavius“. Wie Camillus werde Harrison die Feinde aus der Hauptstadt vertreiben. „Both Washington and HARRISON will have been their country’s deliverer.“ Es gebe zwar auch diverse Parallelen zwischen Harrison und Jackson, so der Artikel weiter, jedoch halte der eine sich strikt an die Gesetze und die Verfassung, während Jackson „tramplest hem under foot, by such construction as it pleases a dictator to understand them.“ Doch sei die „reign of terror“ der Democrats nun endlich vorbei.25 Auffällig ist, dass Harrison mit diversen Personen aus der Antike gleichgesetzt wird. Marcellus, Fabius, Camillus und Cincinnatus sollten den republikanischen Charakter Harrisons versinnbildlichen und erinnern an den Vergleich Jacksons mit diesen Personen, insbesondere in der Seminole War Debate. Harrison wird somit als ein republikanisches Vorbild beschrieben und in die Nähe Washingtons gerückt. Im Gegensatz dazu werden Jackson und Van Buren weiterhin als Alleinherrscher wie Caesar und Augustus verunglimpft. Somit blieben sich die Whigs ihrer Kritik gegenüber Jackson und Van Buren treu, übertrugen aber die republikanische Typologie der Democrats nun auf ihren eigenen Kandidaten. Der Vergleich Harrisons mit Washington und Cincinnatus ist im Wahlkampf von 1840 daher häufig zu finden. So fragt ein Anhänger Harrisons polemisch, ob denn dessen Gegner der Meinung seien, Harrison wäre nicht in der Lage, ein Land zu regieren, nur weil dieser ein „plain, unassuming, practical Farmer“ sei. Man dürfe nicht vergessen, dass auch Washington ein Farmer gewesen sei und „that at disastrous periods of the Roman Republic, FABIUS and CINCINNATUS were called from their rural retreats, invested with the highest authority, and thereby saved the Republic!“ Als Cincinnatus 460 B.C. zum Konsul ernannt worden sei „he was ‚found at the plough in his fields.‘ – After restoring order 24 Zum Beispiel: „General Jackson, like a real Cincinnatus, has retired from the excitements and the turmoils of office. His old age is cheered by the unanimous respect of millions of freemen. He was and is, ‚THE MAN OF THE PEOPLE!‘ So also was Washington – and so, also was and is, GENERAL WILLIAM HENRY HARRISON.“ Ohio State Journal, 4. März 1840. 25 Daily National Intelligencer, 9. März 1840.

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and prosperity, he retired, hailed as ‚the deliverer of his country.‘ May it be so with ‚the farmer of North Bend.‘“26 Erneut steht die Schlichtheit Harrisons im Mittelpunkt, der, ganz im republikanischen Sinne, angeblich ein einfacher Farmer sei, ebenso wie es auch Washington, Fabius und vor allem Cincinnatus gewesen seien sollen. Neben der Adaptierung des Cincinnatus-Vergleichs übernahmen die Whigs von den Democrats auch weitere Methoden, um einen zielgerichteten Wahlkampf zu betreiben. So richteten sie zwei Wahlkampfzentralen in Washington D.C. und in Ohio ein, die gezielt in den Zeitungen Wahlkampfpropaganda verbreiteten, aber auch die Wahlkampfstrategie bis auf die Lokalebene vorgaben. Was für die Jacksonians die Hickory Clubs gewesen waren, wurden die Tippecanoe Clubs für die Whigs. Jedoch führten die Whigs auch einige Neuerungen ein: So wurde Harrisons Wohnhaus schlichter umgestaltet, um mehr dem Image einer Blockhütte zu entsprechen. Im Gegensatz zu Van Buren, welcher sich aus dem Wahlkampf heraushielt,27 hielt Harrison öffentliche Reden, in denen sein politisches Konzept allerdings sehr vage blieb. Jedoch sprach er sich für eine Beschneidung der Exekutivgewalt aus und versicherte, nur für eine Amtszeit zur Verfügung zu stehen.28 Neben dieser Abkehr vom republikanischen Prinzip, dass der Kandidat sich zumindest offiziell bedeckt hielt, begannen die Whigs bei groß inszenierten Paraden kostenlos Apfelmost (hard cider) zu verteilen. Zudem wurden regelrechte Wahlkampflieder gedichtet, welche auf Harrison als Cincinnatus verwiesen. Als Beispiel hierfür kann das Lied: „The Cincinnatus of the West. A Favorite Patriotic Ballad“ dienen. Auf dem Deckblatt ist neben einem Portrait von Harrison eine Blockhütte und eine Schlachtszene, vermutlich die Schlacht von Tippecanoe, abgebildet. In dem Liedtext heißt es unter anderem: „No wine cup fill’d, to fire the brain, But good hard Cider of the best; We’ll drink to Harrison again, The Cincinnatus of the West.“29 In einem anderen Lied heißt es: „Let Greece praise the deeds of her great Alexander, And Rome boast of Caesar and Scipio too; Just like Cincinnatus, that noble commander, Is our old Hero of Tippecanoe.“30 Diese Lieder wurden unter anderem auf den Whig-Paraden gesungen, über die wiederum in den Zeitungen ausführlich berichtet wurde: „we must omit to mention the large transparency back of the President’s Chair, which 26 Portsmouth Journal of Literature and Politics, 31. Oktober 1840. 27 Wilson, Major J.: The Presidency of Martin Van Buren, Lawrence 1984, S. 206. 28 Norris: William Henry Harrison, S. 34; Wilentz: Rise of American Democracy, S. 502 ff. 29 Thomas Birch, A Member Of The Fifth Ward Club. The Cincinnatus of the West,, 1840, Library of Congress, www.loc.gov/item/sm1840.371470; siehe Abbildung 4. 30 Indiana Journal, 16. Mai 1840.

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represented the ‚Cincinnatus of his country‘ on his farm at North Bend. He was dressed in true farmer style, with hat and coat off, and one hand hold of the plough; and near by was a Log Cabin. This exhibited the old General as he is when at home.“31 Das Bildnis Harrisons als Cincinnatus bei seiner einfachen Blockhütte wurde auch auf einer Whig-Veranstaltung in Baltimore verwendet: „The Fifth Ward – Displayed in the foreground of its banner a Log Cabin; in an adjoined field, Gen. Harrison by the side of his plough is attending to the information of his nomination, which a friend imparts, who points to the capital in the distance. The motto above ‚Cincinnatus of America‘ and that below ‚From the Plough to the Presidency‘.“32 Harrison wird folglich als Cincinnatus dargestellt, der wie das republikanische Vorbild bei der Feldarbeit erfährt, dass sein Land ihn braucht. Dass Harrison in der Nähe von Cincinnati in Ohio lebte, verstärkte das Bildnis von ihm als Cincinnatus noch weiter, verwies doch der Name der Stadt bereits indirekt auf das römische Vorbild.33 So ist einer Beschreibung einer Whig-Parade zu entnehmen, dass auf dem Banner des Bundesstaates Ohio zu lesen war: „She offers her Cincinnatus to redeem the Republic.“ Es folgte eine Gruppe von Bürgern aus Hamilton County (Harrisons Wohnsitz), auf deren Banner Harrison am Pflug dargestellt wird, während im Hintergrund die Stadt Cincinnati zu sehen ist. Eine Miniatur-Blockhütte wurde ebenfalls mitgeführt.34 Zudem wurden Medaillen und Münzen mit der Aufschrift „He leaves the plow to save the country“ geprägt, die Harrison bei der Feldarbeit abbildeten.35 Auch wurden vermehrt Alltagsgegenstände wie Kaffeekannen, Teller und Gläser hergestellt, welche Harrison vor einer Blockhütte und bei seinem Pflug zeigten.36 Gleichzeitig ging der Vergleich, Jackson habe wie Caesar die Staatskasse geplündert, nahtlos auf Van Buren über, welchem zusätzlich vorgeworfen wurde, angeblich in königlichem Luxus im Weißen Haus zu leben.37

31 Connecticut Courant, 29. Februar 1840. 32 North American and Daily Advertiser, 7. Mai 1840. 33 Die Stadt war nach der Society of the Cincinnati benannt worden. Nippel, Wilfried: Antike oder moderne Freiheit, S. 130. 34 New Hampshire Sentinel, 13. Mai 1840. 35 Zitiert nach: Wilentz: Rise of American Democracy, S. 503. 36 Schlesinger, Arthur Jr. (Hrsg.): Running for President, the Candidates and their Images, 1, 1789-1896, New York 1994, S. 153-159. 37 Siehe zum Beispiel: Daily National Intelligencer, 13. August 1840; Daily National Intelligencer, 26. September 1840. Zur Verschwendung im Weißen Haus siehe zum Beispiel: New-Hampshire Sentinel, 22. Juli 1840. Siehe auch: Wilson, Major J.: The Presidency of Martin Van Buren, Lawrence 1984, S. 196 f.

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Die Whigs versuchten somit im Wahlkampf von 1840, das Bild des Monarchen beziehungsweise römischen Kaisers von Jackson auf Van Buren zu übertragen. Gleichzeitig wurde Harrison in der Presse und auf großangelegten Paraden, welche weniger einen politischen als einen Volkfestcharakter besaßen, als einfacher republikanischer Farmer des Westens inszeniert. Neben dieser vermeintlichen Volksnähe des Kandidaten nutzten die Whigs Harrisons militärische Reputation, um ihn in den Kontext republikanische Vorbilder, vor allem Cincinnatus, aber auch George Washington, zu rücken. Harrison sollte die republikanischen Werte des Landes wiederherstellen, welche unter der Tyrannei Jacksons und seines Nachfolgers angeblich gelitten hatten. Somit war die Wahlkampfstrategie der Whigs vergleichbar mit der der Jacksonians in den Wahlkämpfen von 1824 und 1828. Doch im Gegensatz zu Jackson, welcher ja als Kandidat des Volkes angetreten war und diesem tatsächlich zu mehr Einfluss verholfen hatte, galt es für die Whigs, das Machtverhältnis der Exekutive und der demokratischen Elemente im Staat im Sinne der Gründerväter zurück zur Legislative zu verschieben. Die Democrats und Jackson beobachteten diese Entwicklungen mit Besorgnis und verwiesen zu Recht darauf, dass es doch die Whigs gewesen seien, die stets gegen einen military chieftain als Präsidenten plädiert hätten.38 Auch zeigten sie auf, dass die Whigs bewusst versuchen würden, den Wähler zu täuschen. So stellte der Richmond Enquirer fest, dass die Whigs wohl annehmen würden, die Wähler seien zu inkompetent, um Fakten zu verstehen oder rationalen Argumenten zu folgen: „For instance, they [the Whigs] have sent among you a picture representing their candidate for the Presidency (Gen. Harrison,) as a ‚Cincinnatus at his Plough‘ – when they know, that Gen. Harrison’s occupation for many years past, has been the clerkship of a Court of Ohio, and that in all probability he never ploughed a furrow in his life. They have circulated another picture, representing him as living in a ‚log cabin‘, which they knew to be false – for they know instead of his living in a ‚log cabin‘ and drinking ‚hard cider‘, he resided in a splendid mansion, and drinks the most costly wines. […] The free principles of the Government are in danger! Let the whole Democracy move onward to the rescue in solid column, and the day will assuredly be yours!“39

Der unter dem Pseudonym Madison veröffentlichte Artikel verweist darauf, dass Harrison niemals einen Pflug betätigt habe. Das hatten allerdings vermutlich Washington und Jackson auch nicht, doch geht es hierbei wohl eher um das Ideal 38 Siehe zum Beispiel: Dover Gazette & Strafford Advertiser, 7. Januar 1840. 39 Richmond Enquirer, 18. Mai 1840.

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des republikanischen Farmers, welches Harrison nach Ansicht der Democrats nicht erfüllte. Auch verweist der Artikel zu Recht darauf, dass Harrison keineswegs in einer einfachen Blockhütte lebend billigen Apfelmost trinken würde.40 Die Whigs würden vielmehr versuchen, die Wähler zu täuschen. Um die Freiheit der Republik zu retten und den Einfluss des Volkes auf die Politik zu bewahren, müssten nun alle Democrats zusammenhalten. Auch Jackson, weiterhin davon überzeugt, dass der Kampf zwischen dem Volk und einer moneyed aristocracy andauerte, leistete jeden ihm möglichen Beitrag, der democracy endgültig zum Sieg zu verhelfen. So reiste er trotz seines sich verschlechternden Gesundheitszustandes 1840 nach New Orleans, um bei der Feier zu dem 25. Jubiläum seines Sieges aufzutreten.41 Auch betrieb er aktiv Wahlkampf für Van Buren und hielt unter anderem in Nashville eine Rede vor mehr als 10.000 Zuhörern, welche dann in den Zeitungen bundesweit abgedruckt wurde. In dieser Rede verweist Jackson nicht nur auf seine Farewell Address und auf die Gründerväter, sondern kommt auch zu dem Schluss, dass eine Wahl Harrisons die Republik bedrohe. Auch auf die Gefahr hin, von den Whigs „as a dictator“ verunglimpft zu werden, sei es seine Pflicht, so Jackson, seine Mitbürger zu warnen da sonst den USA dasselbe Schicksal bevorstehen würde wie den Republiken der Antike: „Remember, my fellow citizens, the fate of ancient Rome! Remember that by corruption and the combined corrupt factions she lost her liberty. […] if you vote for the candidate of this combined and corrupt faction, whose candidate is silence and will not answer any question you ask him, and in which your important rights are deeply concerned, you seal the fate of your constitutional freedom. I say again, fellow-citizens, remember the fate of ancient Rome.“42

Jackson wirft Harrison vor, sich zu politisch relevanten Themen nicht zu äußern. Allerdings muss daran erinnert werden, dass auch Jackson vor seiner Wahl selten präzise über sein politisches Programm gesprochen hatte. Interessant ist, dass Jackson nicht auf die Gefahr durch den Militär Harrison hinweist, sondern ihn als Kandidaten einer corrupt faction bezeichnet und dies auch als Grund für den 40 Allerdings lagen Harrisons Gegner wohl falsch damit, dass dieser stattdessen teure Weine in seinem Herrenhaus zu sich nehmen würde, denn obwohl Harrison im Mittelpunkt der hard cider campaign stand, war er selbst Anti-Alkoholiker, wohl auch da er zwei seiner Söhne aufgrund von Alkoholismus verloren hatte. Norris: William Henry Harrison, S. 40 f. 41 Remini: Jackson, 3, S. 454 f. 42 Richmond Enquirer, 29. Oktober 1840.

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Untergang der römischen Republik ansieht. Jackson dreht somit nicht einfach seine Argumentation im Diskurs um, sondern warnt wie in den Jahren zuvor vor einer kleinen, korrupten, machtgierigen Gruppe. Jackson war sich allerdings sicher, dass das Volk die Strategie der Whigs durchschauen würde, denn „the attempt by their [the Whigs] mummeries to degrade the people to a level with the brute creation has opend the peoples eyes – it is saying to them in emphatic Language, that they are unfit for self government and can be led by hard cider, coons, Log cabins and big balls, by the demagogues, as can the lowing herd be, by his keeper and a baskett of salt.“ Er selbst habe jedoch eine höhere Meinung von der Intelligenz des amerikanischen Volkes und sei sich daher sicher, dass Van Buren wiedergewählt würde.43 Die Republik war Jacksons Ansicht nach auf dem richtigen Weg, um sich von den antiken Vorbildern zu emanzipieren. Er glaubte daher weiterhin an die virtue des Volkes, welches sich nicht von dem Wahlkampfgetöse der Whigs blenden lassen würde. Die Wahlbeteiligung lag 1840 bei über 80 Prozent und war somit 23 Prozentpunkte höher als bei der Wahl zuvor.44 In Tennessee wurde nicht Harrison, sondern mit Hugh Lawson White ein ansässiger Kandidat gewählt. Dies änderte zu Jacksons Frustration letztlich jedoch nichts an Harrisons eindeutigen Wahlsieg.45 Zwar hatten die Democrats massiv Wahlkampf betrieben, jedoch fehlte Van Buren die Popularität Jacksons und die Whigs schafften es, mehr Wähler an die Urnen zu führen.46 Van Buren erhielt mit 1.128.854 Stimmen nahezu ein Drittel 43 To Francis P. Blair, 26. September 1840, in: Bassett, John Spencer (Hrsg.): Correspondence of Andrew Jackson, 6, Washington D.C. 1933, S. 77 f., im Folgenden zitiert als: Bassett: Correspondence of Andrew Jackson, 6. Siehe auch: Remini: Jackson, 3, S. 464 ff. 44 Die Einwohnerzahl der USA betrug zu diesem Zeitpunkt circa 17 Millionen (inklusive Sklaven), was bedeutet, dass circa 15 Prozent der Bevölkerung an der Wahl teilnahmen. Trotz der Ausweitung des Wahlrechts auf fast alle weißen Männer muss daher bedacht werden, dass zu diesem Zeitpunkt nur etwa ein Fünftel der Einwohner der USA überhaupt am politischen Willensbildungsprozess auf nationaler Ebene partizipieren konnten. Howe: What Hath God Wrought, S. 576; Sautter, Udo: Die Vereinigten Staaten. Daten, Fakten, Dokumente, Tübingen/Basel 2000, S. 107 f. 45 Wilentz: Rise of American Democracy, S. 453. 46 Abgesehen von dem durch die Whigs erfolgreicher betriebenen Wahlkampf muss angenommen werden, dass eine Weltwirtschaftskrise, welche während Van Burens Präsidentschaft auch die wirtschaftliche Lage in den USA verschlechterte, viele Wähler an die Urnen trieb. Die Whigs argumentierten erfolgreich, dass diese Krise das Ergebnis der Politik der Democrats sei. Dabei ist es kaum belegbar, dass Van Burens Politik

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mehr Stimmen als 1836. Jedoch stimmten nicht nur über 146.000 mehr Wähler für Harrison als für Van Buren, sondern Harrison gewann ohne Schwierigkeiten die electoral vote und wurde mit 234 von 294 Stimmen zum Präsidenten gewählt.47 Auch im Kongress mussten die Democrats eine schwere Niederlage hinnehmen und sie verloren deutlich die Mehrheit in beiden Häusern.48 Dass es den Whigs im Wahlkampf gelungen war, erfolgreich die Methoden der politischen Gegner zu kopieren, ohne sie tatsächlich mit Inhalt zu füllen, und damit die Wahl zu gewinnen, erschütterte den Glauben der Democrats an das vermeintlich tugendhafte amerikanische Volk. So stürzte das Wahlergebnis einflussreiche Democrats, wie den dem Transzendentalismus nahestehenden Prediger und Sozialreformer Orestes Brownson, in eine tiefe Krise. Es herrschte Unsicherheit darüber, ob die Mehrheit des amerikanischen Volkes sich nicht letztlich tatsächlich zu leicht manipulieren lasse, und so suchte Brownson unter anderen in den Staatstheorien des Aristoteles eine Erklärung für die Niederlage.49 Die Whigs hingegen triumphierten, hatten sie doch die Democrats mit ihren eigenen Waffen geschlagen. So erinnerte sich ein Anhänger Harrisons später, dass er getäuscht worden sei und er Van Buren für einen reichen Aristokraten gehalten habe, welcher eine Gefahr für die Republik darstellte. Daher habe er für den angeblich verarmten Harrison gestimmt, der angeblich in einer Blockhütte lebte und den einfachen Menschen helfen wollte.50 Mochte der Versuch der Whigs, mit Harrison ausgerechnet einen Militär in das Amt des Präsidenten zu wählen und als neuen Cincinnatus zu stilisieren, reines Wahlkampfkalkül gewesen sein, so verbirgt sich dahinter jedoch die Ideologie, dass die politische Elite nur zum Wohle der Republik handeln würde und notfalls das Volk vor sich selbst beschützen müsse. Harrison machte dies in seiner Inaugural Address mehr als deutlich und bezog sich dabei massiv auf die Antike. In seiner fast zweistündigen Antrittsrede ist, selbst nach Daniel Websters Überarbeitung, bei der dieser diverse Verweise auf die Antike gestrichen hatte, oder die Abschaffung der BUS für die Krise verantwortlich waren. Remini: Clay, S. 498. 47 Wilentz: Rise of American Democracy, S. 507; Schlesinger: The Age of Jackson, S. 304. 48 So verloren die Democrats im HoR mehr als ein Viertel der Sitze, während die Whigs mit 142 von 242 Sitzen eine komfortable Mehrheit innehatten. Auch im Senat verloren die Democrats und hatten nur noch 22 der 52 Sitze inne. United States Senate, www.senate.gov/history/partydiv.htm; History, Art & Archives, United States House of Representatives, history.house.gov/Institution/Party-Divisions/Party-Divisions. 49 Schlesinger: The Age of Jackson, S. 304 f. und S. 401 f. 50 Julian, George W.: Political Recollections, 1840 to 1872, Chicago 1884, S. 12.

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der Bezug auf die antiken Republiken deutlich zu erkennen.51 Als habe es Van Burens Amtszeit nicht gegeben, kritisiert Harrison nicht nur Jacksons Politik, sondern tadelt auch den zu häufigen Gebrauch des präsidialen Vetos und spricht sich gegen eine „partizan press“ und die Währungsreform aus. Zudem betont Harrison in seiner Rede erneut, nur für eine Amtszeit zur Verfügung zu stehen, und äußerte den Wunsch, dass die Verfassung diesbezüglich geändert werden sollte, so dass ein Präsident immer nur eine Amtszeit antreten könne. Denn im Gegensatz zum republikanischen Rom oder Athen sei „the great danger to our institutions“ die Aneignung von Kompetenzen durch eine Instanz, welche verfassungsrechtlich „was assigned to others“, so Harrison. Viele Gründerväter hätten sich über die Macht, welche in der Verfassung für die Exekutive vorgesehen war, besorgt gezeigt. „There were in it features which appeared not to be in harmony with their ideas of a simple representative democracy or republic, and knowing the tendency of power to increase itself, particularly when exercised by a single individual, predictions were made that at no very remote period the Government would terminate in virtual monarchy.“ Er wolle zwar nicht behaupten, dass dieser Zustand nun bereits erreicht sei, so Harrison weiter, doch sei in den vergangenen Jahren eine Tendenz in dieser Hinsicht erkennbar. Er wolle daher betonen, dass er es als seine Aufgabe ansehen werde: „to arrest the progress of that tendency if it really exists and restore the Government to its pristine health and vigor, as far as this can be effected by any legitimate exercise of the power placed in my hands.“ Der Anspruch der Exekutive, neben der ihr bereits gegebenen Macht auch noch die vollständige Verfügung über die Finanzen innezuhaben, habe einen monarchischen Charakter, so Harrison. Um sein Argument zu untermauern, verweist auch er auf die Plünderung der Staatskasse durch Caesar und fährt fort, dass Historiker bereits die Gründe beschrieben hätten warum Republiken in der Vergangenheit untergegangen seien: „The same causes will ever produce the same effects, and as long as the love of power is a dominant passion of the human bosom, and as long as the understandings of men can be warped and their affections changed by operations upon their passions and prejudices, so long will the liberties of a people depend on their own constant attention to its preservation.“ Zu leicht würde das Volk von „well-established free governments“ seine Freiheiten als selbstverständlich betrachten oder sich von „designing men“ von den wahren Ursprüngen der Bedrohung für den Staat ablenken lassen. Dies sei der alte Trick derjenigen, welche die Macht im Staat erlangen wollten: „In the name of democracy they speak, warning the people against the influence of wealth and the danger of aristocracy.“ Die Geschichte, sowohl der Antike als auch der Gegenwart, würde dabei genügend Beispiele 51 Collins, Gail: William Henry Harrison, New York 2012, S. 120.

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liefern: „Caesar became the master of the Roman people and the senate under the pretense of supporting the democratic claims of the former against the aristocracy of the latter; Cromwell, in the character of protector of the liberties of the people, became the dictator of England, and Bolivar possessed himself of unlimited power with the title of his country’s liberator.“ Andererseits gebe es kein einziges historisches Beispiel dafür, dass eine funktionierende Republik sich in eine reine Aristokratie gewandelt habe: „The tendencies of all such governments in their decline is to monarchy, and the antagonist principle to liberty there is the spirit of faction.“ Parteien seien in einer Republik kaum sinnvoll und würden schnell die Freiheit und „public virtue“ zerstören. „We have examples of republics where the love of country and of liberty at one time were the dominant passions of the whole mass of citizens, and yet, with the continuance of the name and forms of free government, not a vestige of these qualities remaining in the bosoms of any one of its citizens.“ Erneut verweist Harrison auf das antike Rom, diesmal aber bereits auf die Zeit nach Caesars Tod, und erklärt: „Yet the senate continued to meet in the temple of liberty to talk of the sacredness and beauty of the Commonwealth […] and the people assembled in the forum, not, as in the days of Camillus and the Scipios, to cast their free votes for annual magistrates or pass upon the acts of the senate, but to receive from the hands of the leaders of the respective parties their share of the spoils and to shout for one or the other […]. The spirit of liberty had fled, and […] of the same causes and influences it will fly from our Capitol and our forums. A calamity so awful, not only to our country, but to the world, must be deprecated by every patriot and every tendency to a state of things likely to produce it immediately checked. Such a tendency has existed – does exist.“52

Harrisons Antrittsrede ist bemerkenswert und kann in ihrer Bedeutung kaum überschätzt werden. Sie macht deutlich, dass der Diskurs über die Zukunft der Republik in der amerikanischen Öffentlichkeit so präsent war, dass Harrison davon ausgehen konnte, dass seine Zuhörer die Argumentationsmuster erkannten und verstanden. Der mehrfache Bezug auf Caesar und auf den Übergang des republikanischen Rom in eine Monarchie sowie der Verweis auf Cromwell und Bolívar, um Jackson zu kritisieren, verdeutlichen dies. Harrison hatte seit seiner Jugend ausführlich die antiken Klassiker studiert53 und bezog sich wohl voller Überzeugung auf die Geschichte der Antike als Leitfaden für den Erhalt der Re52 Harrison, William Henry: Inaugural Address, 4. März 1841, Online by: Peters, Gerhard/Woolley,

John

T.:

The

American

www.presidency.ucsb.edu/ws/?pid=25813. 53 Collins, Gail: William Henry Harrison, New York 2012, S. 12.

Presidency

Project,

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publik. Bereits bei der Seminole War Debate hatte Harrison mithilfe der Antike gegen Jackson argumentiert.54 22 Jahre später bezog er sich nun erneut auf das antike Rom, unter anderem mit dem Verweis auf Caesars Plünderung der Schatzkammern Roms.55 Dieser Bezug kann nur als die direkte Wiederaufnahme der Kritik an Jackson verstanden werden. Auch verwendet Harrison mit Caesar, Cromwell und Bolívar Beispiele, welche sich im Diskurs über die Jahre durchgesetzt hatten. Doch ging die Gefahr für die Republik Harrisons Ansicht nach nicht von einem military chieftain aus, welcher sich nicht an die Gesetze hielt, sondern von dem Parteiensystem und der zu großen Machtkompetenz der Exekutive. Harrison greift somit exakt die Argumente der Whigs aus den vorangegangenen Wahlkämpfen wieder auf und verdeutlicht die unterschiedlichen Vorstellungen der Whigs und der Democrats, was für den Erhalt der Republik zu tun sei. Während Jackson die Legislative als aristokratisch und korrupt betrachtete und die Exekutive als direktes Sprachrohr des Volkes verstand, wollte Harrison die Kompetenzen der Exekutive beschränken. Im Sinne der Gründerväter argumentiert er, eine zu starke Exekutive sei die eigentliche Gefahr für die Republik, da durch sie eine Monarchie entstehen würde. Das Argument, dass sich nie eine intakte Republik in eine Aristokratie verwandelt habe, soll zweifelsohne unterstreichen, dass es unbedenklich sei, mehr Kompetenzen an die Legislative zurückzugeben. Dies verdeutlicht gleichzeitig die Idee, dass eine Elite am besten geeignet sei, die Republik zu führen. Nicht diese Elite, sondern Parteien und deren Anführer seien eine Gefahr für die Republik. Harrison folgt somit den Denkmustern der antiken Autoren von Platon bis Cicero, auch indem er betont, dass Demagogen von Demokratie sprechen würden, um das Volk gegen die Reichen aufzuhetzen, nur um selbst an Einfluss zu gewinnen. Harrison kritisiert somit die Democrats und das von ihnen während Jacksons Präsidentschaft eingeführte angebliche spoils system.56 Harrison scheint eine Rückbesinnung auf die era of good feelings im Sinn gehabt zu haben, eine Zeit, in der scheinbar keine Parteien existierten. Inwiefern er diese Pläne hätte umsetzen können muss offenbleiben. Nach nur 30 Tagen im Amt starb Harrison an einer Lungenentzündung, welche er sich vermutlich bei seiner Antrittsrede zugezogen hatte.57 Sein früher Tod wurde zumindest von 54 Vgl. S. 55. 55 Einige Zeitgenossen standen dem massiven Bezug zur Antike in Harrisons Antrittsrede durchaus kritisch gegenüber. Siehe hierzu zum Beispiel: Norris: William Henry Harrison, S. 67 f. 56 Vgl. S. 151. 57 Wilentz: Rise of American Democracy, S. 522. Vergleiche dagegen: Norris: William Henry Harrison, S. 53.

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Jackson als ein Zeichen interpretiert, dass die Republik dazu bestimmt war, fortzubestehen und zwar im Sinne seines Demokratieverständnisses: „I now view that providence by taking away Genl. Harrison has saved the Union, and Federalism with its cooneries and modern Whigeries is down forever, and our republican system will long endure.“58 Die Politik von Harrisons Nachfolger John Tyler, welcher als Vizepräsident das Amt übernahm, passte deutlich besser zu Jacksons Vision einer demokratischen Republik.59 Als sich mit James K. Polk aus Tennessee 1844 Jacksons Wunschkandidat gegen den erneut erfolglosen Clay durchsetzte und zum 11. Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt wurde,60 war sich Jackson sicher, dass die Republik in Sicherheit war und die USA sich auf einem guten Weg befanden.61 Eine höhere Bestimmung schien das Land zu beschützen und die kurzzeitigen Fehler, der sonst grundsätzlich immer tugendhaften Mehrheit der Wähler, wie die Wahl Harrisons, zu korrigieren. Dabei hatte Polk, welcher im Gegensatz zu Clay offensiv für die Expansion und somit auch für eine Ausweitung der Sklaverei eintrat,62 zwar mit 170 zu 105 electoral votes gesiegt, jedoch spiegelt dieses Ergebnis nicht wider, wie knapp Clay in der popular vote zurücklag, denn Clay erhielt nur circa 1,5 Prozent weniger Stimmen als Polk.63 Das Land schien gespalten und diese Kluft verschärfte sich, als Polk die Nation in einen Krieg gegen Mexiko führte und die USA zu einer Kontinentalmacht wurden. Damit war der Grundstein für „a new age, a new destiny, affecting both this continent and the old continent of Europe“, gelegt.64 Die Überzeugungen der Folgegeneration der Gründerväter, dass es einen ewigen 58 Andrew Jackson to Martin Van Buren, 25. November 1841, in: Martin Van Buren Papers, 1787-1910, Library of Congress. 59 Tylers Politik gefiel Jackson unter anderem, weil auch dieser Clays Bankenpolitik ablehnte und die Aufnahme von Texas in die Union unterstützte. Tylers Vorstellung von der Rolle der Exekutive entsprach ebenfalls eher der Jacksons. Siehe zum Beispiel: Peterson, Norma Lois: The Presidencies of William Henry Harrison & John Tyler, Lawrence 1989. 60 Jackson machte seinen Einfluss für Polk bei der Nominierung des Präsidentschaftskandidaten geltend und unterstützte ihn später im Wahlkampf. Siehe zum Beispiel: Seller, Charles: James K. Polk, Continentalist, 1843-1846, Princeton 1966, S. 71 f., S. 136 f. und S. 156. 61 To Andrew J. Donelson, 18. November 1844, in: Bassett: Correspondence of Andrew Jackson, 6, S. 329 f. 62 Heidler: Clay, S. 389 f.; Remini: Henry Clay, S. 655-661. 63 Library of Congress, www.loc.gov/rr/program/bib/elections/election1844.html. 64 New York Herald, 21. Mai 1846, zitiert nach: Wilentz: Rise of American Democracy, S. 582.

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Kampf zwischen dem Volk und einer kleinen Elite gab, dass Militärs eine Gefahr darstellten und ehrgeizige Demagogen versuchten das Land zu spalten, wurde auf Seiten der Democrats immer mehr abgelöst von einer neuen Vision, welche die Dauerhaftigkeit der amerikanischen Republik als Demokratie und deren unaufhaltsame Ausdehnung als zentrale These beinhaltete. Diese Vision wurde 1845 von dem Democrat John O’Sullivan als manifest destiny bezeichnet.65 Der Verweis auf die vergangenen Republiken als mahnendes Beispiel schien überholt, denn die amerikanische Republik konnte als Beweis dienen, dass man aus den Fehlern gelernt hatte und dazu bestimmt war, eine Sonderrolle in der Geschichte einzunehmen. Die Whigs waren hingegen nicht völlig von dieser neuen Sichtweise überzeugt und erneut ist ein Wandel im Diskurs über die Zukunft der Republik zu erkennen: So mahnte zum Beispiel Thomas Corwin aus Ohio in seiner Rede gegen den Mexikanisch-Amerikanischen Krieg am 11. Februar 1847 im Senat, dass auch im antiken Rom ungerechte Kriege als „Destiny“ bezeichnet worden seien und erinnerte dabei an Roms Schicksal und an die bei Gibbon nachzulesenden Gründe hierfür.66 Auch Alexander Stephens verwies in einer Rede indirekt auf den Kreislauf der Verfassungen und den Untergang der Republik. Einerseits, so Stephens, sei er davon überzeugt, dass es das Schicksal der USA sei, sich über den gesamten Kontinent zu erstrecken: „I trust the day is coming, and not far distant, when the whole continent will be ours, […] and when republican government felt and enjoyed throughout the length and breadth and width of this land – from the far south to the extreme north and from ocean to ocean. That is our ultimate destiny.“ Allerdings merkte Stephens auch an, dass dies nicht durch das Schwert zu erreichen sei und er sich vor einem „downward progress […] of party – of excitement – of lust of power – a spirit of war – aggression – violence and licentiousness“ fürchte. „It is a progress which, if indulged in, would soon sweep over all law, all order, and the Constitution itself. It is the progress of the French Revolution […] It is the progress of that political and moral sirocco that passed over republics of ‚olden time‘, withering and blasting everything within its pernicious and destructive range.“ Gerade das Beispiel Mexikos würde zeigen, wie schnell eine Republik vergehen könne. „[Mexicos] progress has been most rapid from a well-regulated, good government, formed on our own model, to the most odious military despotism. We would do well to take a lesson from 65 O’Sullivan, John: Annexation, in: The United States Magazine and Democratic Review, Jul.-Aug. 1845, 17, 1, S. 5-10. 66 Corwin, Thomas: On the Mexican War, From his speech to the United States Senate on February 11, 1847, in: Bryan, William Jennings (Hrsg.): The World’s Famous Orations, New York, 1906; zitiert nach: www.bartleby.com/268/9/10.html#note268.23.

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her history, and grow wise on the calamities of others […]. They lacked that high order of moral and political integrity, without which no republic can stand.“67 Stephens macht in seiner Rede zwei Dinge deutlich: Zum einen bekräftigt er den neuen festen Glauben daran, dass die USA dazu bestimmt seien, eine Kontinentalmacht zu sein. Zum anderen warnt Stephens aber vor einem Werteverfall und Faktionalismus, da dies, wie die Geschichte aller Republiken und aktuell das Beispiel Mexikos zeige, den Übergang in Anarchie und Militärdespotismus erzeugen würde. Stephens verbindet somit den amerikanischen Gedanken der manifest destiny mit der Mahnung an den Kreislauf der Verfassungen. Diese beiden Gedankengänge im gleichen Kontext zu erwähnen scheint zunächst paradox, ist jedoch kein Einzelfall. Auch in der fortlaufenden Diskussion über politische Repräsentation von Minderheiten gegenüber einer reinen Mehrheitsdemokratie lässt sich nicht nur der Kampf zwischen den verschiedenen Interessensgruppen in Bezug auf den Diskurs über die Zukunft und Demokratisierung der Republik, sondern auch der Paralelldiskurs der manifest destiny feststellen. So sprach sich John O’Sullivan als Herausgeber des Democratic Review vehement für eine Mehrheitsdemokratie aus und war der Ansicht, dass die Geschichte bewiesen hätte, dass es einer Aristokratie, also einer Minderheit, deutlich leichter falle würde, eine Mehrheit auszubeuten, als dass die Mehrheit eine Minderheit unterdrücken könne. In demselben Aufsatz, in welchem O’Sullivan erstmals den Begriff manifest destiny verwendet, gibt er auch zu bedenken: „that we must live on for ever in a state of unpausing struggle and excitement upon some subject of party division or other.“68 Der Historiker und Politiker George Bancroft ging noch einen Schritt weiter und war der Ansicht, dass jeglicher Widerstand gegen eine Mehrheitsdemokratie lediglich der Versuch einer wohlhabenden Minderheit sei, die demokratischen Institutionen im Land zu zerstören.69 Beide verwenden somit indirekt die theoretische Basis der antiken Autoren, wenn sie einen steten Machtkampf zwischen einer aristokratischen Minderheit und dem einfachen Volk beschreiben, doch widersprechen sie den Schlussfolgerungen, welche Autoren wie Aristoteles gezogen hatten. Die antiken Autoren hatten eindringlich vor einer Mehrheitsdemokratie gewarnt, doch schien diese nun für die USA der Schlüssel für den Fortbestand der Republik zu sein. O’Sullivan und Bancroft sprachen dabei für eine neue Generation. Im Gegensatz dazu verwies der 1782 geborene John Calhoun wenige Jahre vor seinem 67 Congressional Globe, 29th Congress, 1st Session, Appendix, S. 949 f. 68 O’Sullivan, John: Annexation, in: The United States Magazine and Democratic Review, Jul.-Aug. 1845, 17, 1, 5-10. 69 Schlesinger: The Age of Jackson, S. 417 ff.

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Tod 1850 in dem Werk A Disquisition on Government auf den Untergang der römischen Republik, welchen er im Kampf zwischen „profligate and corrupt factions“ begründet sieht. Dieser Kampf sei immer weiter vorangeschritten, bis Rom schließlich untergegangen sei, „as must every community under similar circumstances, beneath the strong grasp, the despotic rule of the chieftain of the successful party — the sad, but only alternative which remained to prevent universal violence, confusion and anarchy. The Republic had, in reality, ceased to exist long before the establishment of the Empire.“70 Calhoun sieht die Gefahr für die Republik somit weiterhin im Parteienfaktionalismus begründet, welcher in Despotismus entarten würde, und zwar unter der Führung eines Parteivorsitzenden. Calhoun bezeichnet diesen Despotismus als einzige Alternative zur Anarchie und argumentiert demnach im Sinne von Polybios, welcher die Auflösungserscheinungen eines Staates ähnlich beschreibt.71 Es wird somit deutlich, dass ein Zweiparteiensystem zum Ende der 1840iger Jahre noch keineswegs von allen als wünschenswerter Zustand betrachtet wurde. Auch Henry Clay warnte weiterhin mithilfe von historischen Beispielen und sprach sich gegen den Krieg mit Mexiko aus: „Of all the dangers and misfortunes which could befall this nation, I should regard that of it’s becoming a warlike and conquering power the most direful and fatal. History tells us the mournful tale of conquering nations and conquerors.“ Es folgen ausführlich die Beispiele Alexander, Caesar und Napoleon, bevor Clay fragt: „Do you believe that the people of Macedon or Greece, of Rome, or of France, were benefitted, individually or collectively, by the triumphs of these great Captains? Their sad lot was immense sacrifice of life, heavy and intolerable burdens, and the ultimate loss of liberty.“72 Clay, welcher seit 1819 vor einem Militär an der Spitze des Staates gewarnt hatte, passte 28 Jahre später seine Argumentationsweise den aktuellen Gegebenheiten an, ohne jedoch die verwendeten Beispiele zu verändern. Nach wie vor sah er in populären Militärs eine Gefahr für die Republik und so warnte er noch 1847 vor der Bedrohung, wenn man Personen nur aufgrund ihrer militärischen Ruhmes nominieren würde: „Military chieftain will succeed military chieftain, until at last one 70 Das Werk erschien posthum; laut dem Vorwort der vorliegenden Ausgabe sind große Teile zwischen1848 und 1849 verfasst worden. Calhoun, John C.: A Disquisition on Government and a Discourse on the Constitution and Government of the United States, New York 1853. 71 Siehe auch: Richard: The Golden Age of the Classics in America, S. 77 f. 72 Speech of Henry Clay at the Mass Meeting in Lexington, KY, on Saturday, Nov 13, 1847, unter anderem in: Trenton State Gazette, 25. November 1847. Die Rede wurde von mehreren Zeitungen abgedruckt, das erste Mal im Kentucky Reporter am 20. November 1847. Siehe: Remini: Henry Clay, S. 692 ff.

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will reach the Presidency who, more unscrupulous than he predecessors, will put an end to our liberties, and establish a throne of military despotism.“73 Clays Warnungen blieben ungehört. Für die Wahl von 1848 wurde er von den Whigs nicht mehr als Präsidentschaftskandidat nominiert. Stattdessen schlugen sie den aufgrund seiner Erfolge im Krieg gegen Mexiko beim Volk populären General Zachary Taylor vor.74 Die Whigs kehrten somit zur erfolgreichen Strategie von 1840 zurück und nominierten einen erfolgreichen Militär, dessen politische Einstellung vage blieb.75 Taylors Nominierung bildete für Clay zu Recht den Beweis, dass die Whig Party endgültig ihre Überzeugungen für den politischen Erfolg verraten hatte. Clay hatte bereits nur mit großen Bedenken und zum Wohle der Republik Harrison unterstützt, doch Taylor lehnte er vollkommen ab. Die Whigs hätten sich zu einer reinen personenbezogenen Partei entwickelt, so wie es die Democrats unter Jackson gewesen seien, so Clay.76 Zeitlebens blieb er davon überzeugt, dass eine Republik mit wenig Einfluss des Volkes, in der stattdessen „an oligarchy of talent and wealth would have the controlling voice“, das Beste für den Staat sei.77 Diese Überzeugungen waren bei Clays Tod 1852 jedoch bereits weitestgehend aus dem politischen Diskurs verschwunden. Auch John Quincy Adams war zum Ende seines Lebens verbittert. Die Annexion von Texas kommentierte er mit: „The Constitution is a menstruous rag, and the Union is sinking into a military monarchy, to be rent asunder like the empire of Alexander or the kingdoms of Ephraim and Judah.“78 Drei Jahre darauf erlitt Adams im HoR einen Schlaganfall und verstarb zwei Tage später.79 Während mit dem Tod politisch relevanter Akteure der Folgegeneration der Gründerväter wie Calhoun, Clay und Adams auch die politische Ideologie der Gründerväter schwand, verkörpert Andrew Jackson wie kein anderer die Ver73 Henry Clay to Daniel Ullman, 12. Mai 1847, in: Colton, Calvin (Hrsg.): The Private Correspondence of Henry Clay, New York 1856, S. 541 ff. 74 Van Deusen, Glyndon G.: The Whig Party, in: Schlesinger, Arthur M. Jr. (Hrsg.): History of U.S. Political Parties, 1, 1789-1860, From Factions to Parties, New York/London 1973, S. 333-363, S. 356, im Folgenden zitiert als: Van Deusen: The Whig Party. 75 Heidler: Clay, S. 425 ff. 76 Remini: Henry Clay, S. 556 und S. 710 f.; Van Deusen: The Whig Party, S. 356. 77 Remini, Henry Clay, S. 644 und S. 669 f. 78 John Quincy Adams, 19. February 1845, in: The Diaries of John Quincy Adams, A Digital Collection, 45, S. 50, Massachusetts Historical Society, www.masshist.org/adams/jqa. 79 Heidler: Clay, S. 433; S. 558 f.

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schmelzung der republikanischen Werte der Gründerväter mit der neuen demokratischen Vision einer manifest destiny. Zwar ließ Jackson 1838, ganz im Stil der Gründerväter, eine Büste von sich nach römischem Vorbild fertigen,80 doch lehnte er es wenige Monate vor seinem Tod ab, sich in einem römischen Sarkophag bestattet zu lassen. Dieser hatte angeblich dem römischen Kaiser Alexander Severus als Ruhestätte gedient. Jackson erklärte: „I cannot consent that my mortal body shall be laid in a repository prepared for an emperor or a king. My republican feelings and principles forbid it; the simplicity of our system of government forbids it. Every monument erected to perpetuate the memory of our heroes and statesmen ought to bear evidence of the economy and simplicity of our republican institutions, and the plainness of our republican citizens, who are the sovereigns of our glorious Union, and whose virtue it is to perpetuate it. True virtue cannot exist where pomp and parade are the governing passions; it can only dwell with the people – the great labouring and producing classes that form the bone and sinew of our confederacy.“81

Jackson begründet die Absage, in dem Sarkophag eines römischen Kaisers bestattet zu werden, mit seinen republikanischen Prinzipien. Jedes Denkmal an einen Helden der Republik müsse auch die Schlichtheit der Institutionen ausdrücken. Wahre virtue könne nicht parallel zu Pomp und Prunk existieren, sondern müsse vielmehr aus dem Volk heraus wachsen. Das Volk definiert Jackson als die „labouring and producing classes“, also den aktiv arbeitenden beziehungsweise den produzierenden Teil der Bevölkerung. Somit betont Jackson erneut seine Überzeugung von der virtue des amerikanischen Volkes, zu dem durchaus auch die farmers’ aristocracy zählte. Für ihn zeichnete der tugendhafte Bürger dadurch aus, dass er selbstständig Geld verdiente und nicht auf Kosten anderer, so wie zum Beispiel Bankiers und Spekulanten.82 Einen Widerspruch darin, dass die farmers’ aristocracy ihren Wohlstand ja gerade durch die Arbeit von unfreien Menschen erwirtschaftete, sieht der kulturell südstaatlich geprägte Sklavenhalter Jackson auch in seinen letzten Lebensjahren anscheinend nicht. Nach Jacksons Tod am 8. Juni 1845 wurde ihm noch einmal landesweit Respekt gezollt und in zahlreichen Reden an seine Taten und Errungenschaften erinnert. 80 Joel Tanner Hart, Bust of Andrew Jackson, (1838), Tennessee State Museum. 81 Generals Jacksons Letter to Commodore Elliott, Declining a Sarcophagus, in: Derby, James J.: Memoirs of General Andrew Jackson, Seventh President of the United States, Auburn/Cincinnati 1845, S. 241 f. 82 Bereits in einen Brief an Van Buren zu dessen Amtsantritt definiert Jackson das Volk ebenfalls als „the real labouring classes.“ Andrew Jackson to Martin Van Buren, 30. März, 1837, Martin Van Buren Papers, 1787-1910, Library of Congress.

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Hatte der Schriftsteller John Pendleton Kennedy 1839 Jackson noch verspottet, indem er den Ausspruch von Augustus, er habe Rom als Stadt aus Lehmziegeln vorgefunden und als eine aus Marmor verlassen, umgekehrt hatte,83 wurde am 28. Juni 1845 in einer Trauerrede noch einmal der Bezug zwischen Augustus und Jackson hergestellt, diesmal jedoch in einem positive Sinne: „It was the boast of one of the Roman emperors, that he found the city of brick, and left it of marble. It was General Jackson’s, that he found the government one of paper, and he determined to leave it one of gold!“84 Erneut wird betont, dass erst Jackson die politische Ideologie der Gründerväter in die Tat umgesetzt und dauerhaft gefestigt habe. Auch auf die seit der Seminole War Debate gegen Jackson vorgebrachten Vorwürfe, er würde eine Gefahr für den Fortbestand der Republik darstellen, wurde noch einmal eingegangen. Der Redner zählt zunächst mit Caesar, Cromwell und Napoleon die markantesten Beispiele auf, mit denen Jacksons Gegner diesen gleichgestellt hatten. Diese Vergleiche und die Furcht vor einer Militärdiktatur seien jedoch in Bezug auf Jackson völlig unbegründet gewesen, so ein weiterer Trauerredner.85 Ein anderer wollte bewusst keinen Vergleich zwischen Jackson und antiken Persönlichkeiten herstellen, sondern nur zu George Washington: „Washington, with Spartan virtue, resigned a victorious sword and retired from a triumph. Jackson, with Roman firmness, met the assault of corruption, struck dismay to the heart of Treason and periled fame and interest in the cause of national reform. […] Washington was the father – Jackson the

83 „I will only say that General Jackson, reversing the boast of the Roman Emperor, might have exclaimed at his departure from the capital: ‚I found Rome marble, and I have left it brick.‘“ 25th Congress, 3rd Session, Appendix, S. 412-418, S. 416. Original bei: Sueton, Augustus, 28. 84 Eulogy Delivered at Richmond, VA, 28 June 1845 by Andrew Stevenson, in: Dusenbery, B.M. (Hrsg.): Monument to the Memory of General Andrew Jackson: Containing Twenty-Five Eulogies and Sermons, Delivered on Occasion of his Death. To which is added an Appendix, Containing General Jackson’s Proclamation, his Farewell Address, and a Certified Copy of his Last Will, the Whole Preceded by a Short Sketch of his Life, Philadelphia 1848, S. 249-271, S. 265. 85 Eulogy Delivered at Portsmouth, New Hampshire, July 2 1845, by the Hon. Levi Woodbury, in: Dusenbery, B.M. (Hrsg.): Monument to the Memory of General Andrew Jackson: Containing Twenty-Five Eulogies and Sermons, Delivered on Occasion of his Death. To which is added an Appendix, Containing General Jackson’s Proclamation, his Farewell Address, and a Certified Copy of his Last Will, the Whole Preceded by a Short Sketch of his Life, Philadelphia 1848, S. 70-86, S. 77.

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savior of his country.“86 Abermals wird Jackson als ein zweiter Washington und als Retter des Landes gepriesen. Auch wenn keine antiken Personen genannt werden, so ist der Bezug zur Antike dennoch durch die Nennung der spartanischen virtue und der römischen Entschlossenheit vorhanden. Auffällig ist auch, dass Jackson zwar als Retter seines Landes gefeiert, in diesem Kontext aber nicht Jacksons Sieg bei New Orleans, sondern seine Reformpolitik gelobt wird. Ist in den Grabreden zu Ehren Jacksons zwar noch einmal der Diskurs über die Zukunft der Republik deutlich zu erkennen, verlor dieser mit dem Abtreten der Akteure der Folgegeneration der Gründerväter an Bedeutung. Obwohl die Wahlkämpfe nach wie vor personenbezogen waren und Taylor als Militär dazu prädestiniert wäre, sowohl von Anhängern als auch von Gegnern mit historischen Feldherren verglichen zu werden, lassen sich hierzu kaum Beispiele finden. Mit Taylor starb auch der zweite erfolgreiche Whig-Kandidat nach gewonnener Wahl am 9. Juli 1850 im Amt. Sein früher Tod wurde dabei von einigen erneut als Eingriff einer höheren Macht verstanden, welche den Fortbestand der Republik sicherte. Einen Rückbezug auf die Geschichte lässt sich dabei jedoch nicht finden, sondern vielmehr die Überzeugung, dass die USA auserkoren seien, als demokratische Republik fortzubestehen.87 In den Antrittsreden von Franklin Pierce (1853) und James Buchanan (1857) ist ebenfalls kein deutlicher Bezug zu den vorangegangenen Argumentationsmustern vorhanden. Auch dies sind Anzeichen dafür, dass die ursprüngliche Funktion der Parteien – auf Seiten der Whigs der Versuch, eine reine Mehrheitsdemokratie beziehungsweise eine Art Quasi-Monarchie zu verhindern, und auf Seiten der Democrats das Credo, der Demokratie zu einem Siegeszug gegen eine kleine privilegierte moneyed aristocracy zu verhelfen – sich überlebt hatte. Grund für das Schwinden des Diskurses war sicherlich auch die langsame Akzeptanz des Zweiparteiensystems. Der aus der Antike adaptierter Gedanke der Gründerväter, dass Parteien und Faktionalismus schädlich für die Republik seien, galt fortan als veraltet.88 Damit einhergehend änderte sich auch die Ausrichtung der beiden Parteien: Die Whigs hatten sich schnell zu einer Massenpartei entwickelt, welche ihre einstigen politischen Inhalte aufgab und stattdessen auf die Popularität ihrer Kandidaten setzte.89 Auch die Democrats änderten sich nach Jacksons Tod bis zum Bürgerkrieg. 86 Eulogy on the Life and Character of Andrew Jackson, pronounced by George Barstow at Manchester. N.H. on the 12th of July 1845, S. 7 f. 87 Siehe zum Beispiel: The Daily Ohio Statesman, 20. Juli 1850. 88 Watson, Harry L.: Liberty and Power. The Politics of Jacksonian America, New York 1993, S. 251. 89 Miles, Edwin: The Whig Party and the Menace of Caesar, in: Tennessee Historical Quarterly 27, 4 (1968), S. 361-379, S. 379; Van Deusen: The Whig Party, S. 356.

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Laut dem Historiker Arthur Schlesinger Jr. waren bis 1850 „the bulk of the slaveholding aristocracy“ Whigs gewesen. Dies änderte sich im Laufe der 1850iger Jahre, in denen die Democrats immer mehr Partei für die Großgrundbesitzer und Sklavenhalter ergriffen. Faktisch seien beide etablierten Parteien zu Beginn der 1850er Jahre nicht mehr existent gewesen, so Schlesinger weiter, auch wenn sie weiterhin ihre Namen behielten. Die letzten Anhänger von Jacksons politischer Philosophie schlossen sich der 1854 neugegründeten Republican Party an.90 Die Akzeptanz des Zweiparteiensystems befeuerte den befürchteten Faktionalismus. Tatsächlich zerbrach die Union letztlich an der Diskussion über die Zukunft der Sklaverei und erneut der Frage nach den Rechten der Einzelstaaten gegenüber der Union beziehungsweise den Rechten einer Minderheit gegenüber einer Mehrheit. South Carolinas Lossagung von der Union, 30 Jahre nach der Nullification Crisis, wurde somit zum Auslöser des Bürgerkriegs. Präsident Abraham Lincoln bediente sich ich in seiner First Inaugural Address Jacksons Argumentation und Rhetorik: „Plainly the central idea of secession is the essence of anarchy. A majority held in restraint by constitutional checks and limitations, and always changing easily with deliberate changes of popular opinions and sentiments, is the only true sovereign of a free people. Whoever rejects it does of necessity fly to anarchy or to despotism. Unanimity is impossible. The rule of a minority, as a permanent arrangement, is wholly inadmissible; so that, rejecting the majority principle, anarchy or despotism in some form is all that is left.“91

Lincoln verteidigt in seiner Antrittsrede das Credo der Mehrheitsdemokratie – wer diese ablehne, trage unweigerlich zu Anarchie und Despotismus bei. War der Diskurs über die Zukunft der Republik mit dem Verweis auf die Antike Ende der 1840iger Jahre von der Vision einer manifest destiny teilweise überlagert worden, so trat er im Kontext des amerikanischen Bürgerkriegs erneut deutlich zum Vorschein. Wie Lincoln verwendeten auch dessen Zeitgenossen erneut die etablierten Argumentationsmuster. So zitierte der Boston Daily Advertiser eine Rede bei einem Treffen von Lincoln-Kritikern: „He said that Caesar had had his Brutus, that Charles I. had had his Cromwell, and that the George III. of the present day might profit by their example.“92 Somit war der Diskurs und folglich 90 Schlesinger: The Age of Jackson, S. 488 ff. 91 Lincoln, Abraham: First Inaugural Address, 4. März 1861, in: The Avalon Project. Documents

in

Law,

History

and

Diplomacy,

avalon.law.yale.edu/19th_

century/lincoln1.asp. 92 Boston Daily Advertiser, 20 Mai 1863. Weiterer Lincoln-Caesar-Vergleich zum Beispiel: The New York Herald, 3. Februar 1863.

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auch die Rhetorik als Ausdruck eines zyklischen Weltbildes wieder präsent und auch die Argumentation der Akteure war die gleiche wie zuvor. Doch wurde nicht nur erneut Bezug auf Patrick Henrys Rede von 1765 genommen,93 sondern auch Andrew Jackson wurde jetzt in den Diskurs miteingewoben. Der New York Herald schrieb im April 1863: „President Lincoln has been invested by Congress with the dictatorial powers of a Caesar; but he hesitates to use them. He is too modest entirely. If he could only pluck up a little of the spirit of a Caesar, or a Napoleon, or of Oliver Cromwell or of Old Hickory, he might play the Emperor, the Puritan or the dictatorial backwoodsman with impunity for the time being while doing the great work of trampling this Southern rebellion in the dust.“94

Es ist bemerkenswert, dass in diesem Artikel mit Caesar, Napoleon und Cromwell exakt die Protagonisten genannt werden, mit denen Jackson immer wieder gleichgesetzt worden war. Nun, fast zwei Jahrzehnte später, wurde Jackson konsequnterweise selbst in diese Aufzählung mit aufgenommen, um sein Verhalten mit dem Lincolns zu kontrastieren.95 Ein Bezug zwischen Jackson und Lincoln lässt sich aber auch in einem anderen, tragischen, Kontext herzustellen: War Jackson der erste Präsident, auf den ein Attentatsversuch verübt wurde (welcher von seinen Anhängern dann in den Kontext des Diskurses über die Zukunft der Republik gestellt wurde), sollte Lincoln der erste Präsident sein, der einem Attentat zum Opfer fiel. Junius Brutus Booth, ein britischer, in die USA emigrierter Schauspieler, hatte bereits in einem Brief vom 4. Juli 1835 Jackson gedroht, ihn umzubringen.96 Es war schließlich sein Sohn, welcher tatsächlich einen Präsidenten ermordete. John Wilkes Booth, wie sein Vater ein renommierter Schauspieler, welcher unter anderem in Shakespeares Julius Caesar mitwirkte, erschoss Lincoln am 14. April 1865 bei einem Theaterbesuch. Während Junius Brutus Booth nach dem Caesarmörder benannt war, war für John Wilkes Booth ein Gegner Georges III. namensgebend. Booth rief nach seiner Tat „sic semper tyrannis! [So immer den Tyrannen]“, ebenso wie es Brutus nach Caesars Ermordung gerufen haben soll.97 Weniger Tage später 93 Vgl. S. 52 f. 94 The New York Herald, 15. April 1863. 95 Zum Antikebezug von Lincoln und seinen Zeitgenossen siehe auch: Richard: The Golden Age of the Classics in America, S. 70. 96 “Junius Brutus Booth” to Jackson, 4. Juli 1835, in: Bassett: Correspondence of Andrew Jackson, 5, S. 355. 97 Der Ausspruch durch Brutus bei Caesars Ermordung ist historisch nicht belegt, lässt sich aber ähnlich zum Beispiel bei Schillers Die Räuber finden, ein Stück in welchem

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kommentierte ein Zeitungsartikel Booths Tat mit den Worten, dass es völlig unpassend sei, Lincoln als Tyrannen zu bezeichnen. Lincoln habe die Union gerettet, ebenso wie es zuvor Washington und Jackson getan hätten.98 Lincolns Ermordung zeigt auf dramatische Weise die stete Weitervererbung des aus der Antike adaptierten Gedankenkonstrukts auf die folgende Generation auf – so blieb auch der Diskurs über die Zukunft der Republik als dessen sprachlicher Ausdruck in den folgenden Jahren weiterhin präsent. In einem Artikel über Ereignisse in Frankreich pauschalisierte zum Beispiel der Herald 1866: „It is the strength of the many against the few; of the masses against the aristocracy; of Andrew Jackson against the old United States Bank and of old whig party of this country and of Abraham Lincoln against the aristocratic slaveholding Bourbons of the South; it is Caesar against Pompey; it is Napoleon against the Holy Alliance.“99 Dieser Artikel versinnbildlicht somit, dass die Debatte über den Machtanspruch der Exekutive und über den Kampf zwischen Demokratie und Aristokratie nicht gänzlich aus dem Bewusstsein der amerikanischen Öffentlichkeit verschwunden war, sondern auch weiterhin als ein quasi-natürlicher Zustand wahrgenommen wurde, welcher zu allen Zeiten und überall auf der Welt in unterschiedlichen Formen auftreten konnte. Der Diskurs über die Zukunft der Republik, welcher in den Vereinigten Staaten von Beginn an eine wesentliche und einflussreiche Rolle gespielt hatte, wurde angepasst und um Andrew Jackson ergänzt. Er blieb auch im Kontext des amerikanischen Bürgerkriegs weiter präsent.100 Bis heute lässt sich der Diskurs in Krisenzeiten in den USA deutlich aufzeigen, bildet er doch ein wichtiges rhetorisches Mittel, politische Ideologien auszudrücken und komplexe Prozesse sinnbildlich zu vereinfachen. Er ist daher nicht nur Indiz für ein politisches Weltbild der jeweiligen Akteure und einer Polarisierung der Gesellschaft, sondern auch Ausdruck des gesellschaftlichen Wandels und politischer Neuorientierung.

Booth den Karl Moor gespielt hatte. Jost, Francois: John Wilkes Booth and Abraham Lincoln: The Reenactment of a Murder, in: MLN, 93, 3, German Issue (Apr. 1978), S. 503-505. Zu Lincolns Ermordung siehe zum Beispiel: Donald, David Herbert: Lincoln, New York 1995, S. 597. 98

Philadelphia Inquirer, 17. April 1865.

99

New York Herald, 25. Mai 1866.

100 Zum Antikebezug im Kontext des amerikanischen Bürgerkriegs und darüber hinaus siehe auch: Shalev, Eran: Historical Imagination and the Creation of the American Republic, Charlottesville 2009, S. 228-240.

Fazit

Sogenannte „Fake News“ und „Alternative Facts“ sind keineswegs Erscheinungen unserer Zeit.1 Auch der Vergleich von US-Präsidenten mit Tyrannen, vornehmlich aus der Antike, ist nicht neu und setzt bereits bei George Washington ein. Die Verfassungsväter hatten lange gestritten, wie das republikanische Modell für Amerika konkret aussehen sollte, und sie schufen letztlich eine Mischverfassung, welche monarchische, aristokratische und demokratische Elemente beinhaltet. Jedoch herrschte von Beginn an Uneinigkeit darüber, wieviel Macht den einzelnen Institutionen innerhalb der Mischverfassung tatsächlich zugesprochen werden sollte. Die Furcht vor einer zu starken Exekutive und davor, dass die Republik in eine Diktatur übergehen könnte, blieb somit bestehen. Gleichzeitig stellte sich für die Folgegeneration der Gründerväter die Frage, wieviel Demokratie für die Republik vertretbar war beziehungsweise welche Rolle eine direktere Form von mehrheitsdemokratischen Elementen im politischen Willensbildungsprozess spielen sollte. Für sie bildeten die Diskurse über die Zukunft der Republik im 18. und in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine kulturelle Klammer und half dabei, das idealisierte republikanische Wertesystem der Gründerväter zu übertragen. Diesem Wertesystem lag ein aus der Antike adaptiertes zyklisches Weltbild und die Vorstellung einer natürlichen Abfolge von immer wiederkehrenden politischen Prozessen zugrunde. Für die Folgegeneration der Gründerväter blieben Wertesystem und Weltbild der Gründerväter bestimmend, daher achteten sie peinlichst genau auf jedes Zeichen, welches als Ge-

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Es sei an die Behauptungen der Presse in den Wahlkämpfen in den 1820igern bis 1840igern erinnert, in denen völlig unhaltbare Anschuldigungen an die politischen Gegner gerichtet wurden. Auch Jacksons Beharren auf einen corrupt bargain, obwohl jegliche Beweise fehlten und angebliche Zeugen ihre Aussagen revidierten, kann als Beispiel dienen.

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fahr für die Republik gedeutet werden konnte. Andrew Jackson fungierte dabei als Indikator dafür, an welchem Zeitpunkt des Verfassungskreislaufs sich die Republik befand. Die grundsätzliche Sinnhaftigkeit eines Vergleichs von aktuellen Geschehnissen mit Ereignissen der Vergangenheit wurde dabei meist nicht in Frage gestellt, denn ein zyklisches Weltbild bestimmte auch die Denkmuster von Jacksons Zeitgenossen. Zwar wird bereits in der Seminole War Debate vereinzelt auf die Sonderrolle der Vereinigten Staaten hingewiesen und argumentiert, dass es den Gründervätern gelungen sei, ein stabileres System zu etablieren als in vergangenen Republiken. Jedoch wird trotzdem meist davon ausgegangen, dass die USA wie alle anderen Staaten dem natürlichen Kreislauf der Verfassungen unterlägen. Die Seminole War Debate zeigt daher nicht nur den Willen der Folgegeneration, die Werte der Gründerväter am Leben zu erhalten, sondern impliziert auch eine Verunsicherung hinsichtlich der Frage, ob das republican experiment von Dauer sein würde. Die landesweite Aufmerksamkeit, welche die Seminole War Debate erregte, verdeutlicht, dass nicht nur eine kleine gebildete Elite am Diskurs partizipierte, sondern die Frage nach der Zukunft der Republik ein Thema von nationalem Interesse war. Der Diskurs erreichte breite Bevölkerungsschichten, welche wiederum durch die Wahlrechtsreformen immer mehr Einfluss auf den politischen Willensbildungsprozess auf nationaler Ebene erlangten. Somit beeinflusste der Diskurs auch konkrete politische Entscheidungen und prägte den Wahlkampf von 1824. Inhaltliche Themen spielten kaum eine Rolle; man fokussierte sich auf die Kandidaten, welche stellvertretend die weitere Entwicklung der Republik verkörperten. In der Tat kann argumentiert werden, dass sich die Abgeordneten des HoR bei der Wahl von 1824 vor allem an der politischen Ideologie der Gründerväter orientierten und daher lieber John Quincy Adams, dem Sohn des früheren Präsidenten John Adams, in das Amt verhalfen als dem populären Militär Jackson. Die durch antike Autoren etablierte und über die Gründerväter weitergeleitete Idee, dass ein zu großer politischer Einfluss des Volkes ein Zeichen der Degeneration sei und grundsätzlich zum Untergang einer Republik führe, ist daher als einer der Hauptgründe der Wahl von John Quincy Adams zum sechsten US-Präsidenten zu verstehen. Argumentativ drückt sich dieses Gedankenkonstrukt in dem Diskurs über die Zukunft der Republik aus. In der Folge übernahm Jackson quasi von George Washington den Titel des American Cincinnatus und er wurde von seinen Anhängern als legitimer Nachfolger präsentiert, der die Republik bereits bei New Orleans verteidigt hatte und nun, aus dem Ruhestand zurückgeholt, diese vor einer kleinen selbstsüchtigen Elite in Washington, einer moneyed aristocracy, retten sollte. Diese Argumentation zeigt bereits eine veränderte Sichtweise der Jacksonians auf die politischen Prozesse im Land. So hatten die antiken Autoren zwar vor einem zu großen Ein-

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fluss des Volkes gewarnt, doch beschreibt Aristoteles auch den steten Kampf zwischen der Oligarchie beziehungsweise, im Sprachgebrauch von Jackson und seiner Zeitgenossen, der leading men oder einer moneyed aristocracy auf der einen und den demokratischen Elementen im Staat, dem Volk, auf der anderen Seite. Ein zu großer Einfluss der Oligarchie, so Aristoteles, sei gefährlich und bedrohe die Freiheit und virtue im Staat. Auch bei Platon und Polybios geht das tugendhafte Volk gegen die ungerechte Herrschaft der Oligarchie vor (welche aus der Degeneration der Folgegeneration der Aristokratie entsteht) und etabliert eine Demokratie. Der Diskurs über die Zukunft der Republik half Jackson und seinen Anhängern, diese Auslegung der antiken Autoren und auf die Vereinigten Staaten zu übertragen, so dass eine politische Bewegung an Bedeutung gewinnen konnte, die gerade in einer Stärkung der demokratischen Elemente im Staat die Rettung der Republik sah. Jacksons Wahlsieg 1828 zeigt eindrucksvoll die Folgen der geographischen, ökonomischen, demographischen und damit verbundenen politischen Veränderungen im Land auf. Erstmals war ein Mann in das Amt des Präsidenten gelangt, der seinen Wohnsitz nicht in einem der ursprünglichen Gründungsstaaten der USA hatte und der als self-made man zu Wohlstand gekommen war. Dennoch eiferte Jackson dem Vorbild der Pflanzer-Aristokratie der Gründerväter nach und war, so wie wohl viele andere Großgrundbesitzer an der sogenannten frontier, stark südstaatlich geprägt.2 Somit war vermutlich der Unterschied zwischen ihm und dem Vorbild George Washington in der Tat nicht so groß wie man vielleicht zunächst vermuten könnte. Allerdings unterscheidet sich vor allem die Art und Weise, wie Jackson in das Amt gelangte, deutlich von Washingtons Wahl. Washington war ohne Gegenstimmen im Konvent von einer politischen Elite als überparteilicher Präsident bestimmt worden. Jackson hingegen wurde 40 Jahre später von einer Mehrheit der wahlberechtigten Bevölkerung als Ikone einer sich herausbildenden politischen Partei gewählt, vor allem weil man in ihm einen Gegner der elitären Kreise an der Ostküste sah. Jacksons Wahlsieg kann daher nur vollständig verstanden werden, wenn man den Diskurs über die Zukunft der Republik als dominierendes Thema dieses Wahlkampfs versteht und begreift, wie die Jacksonians erfolgreich die Popularität ihres Idols mit der Vorstellung des Kreislaufs der Verfassungen verknüpften. Beide Seiten bedienten sich im Wahlkampf desselben theoretischen Gedankenguts und verwendeten dieselben historischen Ereignisse in ihrer jeweiligen Argumentation. Die Formationsregeln des Diskurses und die Signifikanten blieben größtenteils gleich, doch wurden diese nun immer deutlicher konträr interpretiert. Während Jacksons Gegner weitestgehend in der Sichtweise der Gründerväter gefangen blieben, fürchteten sich 2

Vergleiche vor allem: Cheathem: Andrew Jackson.

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die Jacksonians nach dem corrupt bargain vor einer Art oligarchischer Wahlmonarchie, welche den Einfluss des Volkes am politischen Willensbildungsprozess minimierte. Sie charakterisierten die Wahl von 1828 daher als „a great contest between the aristocracy and the democracy of America.“3 Daher lässt sich auch der Diskurs über die Zukunft der Republik und das zugrunde liegende zyklische Weltbild der Akteure bei nahezu allen Themen während Jacksons Präsidentschaft erkennen. Nie zuvor hatte ein Präsident so viel Macht für sich beansprucht wie Jackson und somit die Rolle des Präsidenten und seine Funktion im politischen System neu definiert. Seine Präsidentschaft hinterließ daher einen tiefen Eindruck in der politischen Landschaft der USA. Die Entlassung von Kabinettsmitgliedern beziehungsweise die faktische Auflösung des Kabinetts stellte ebenso ein Novum dar wie der Eingriff in die Kompetenzen der Legislative und der daraus folgende Tadel durch den Senat. Nie zuvor hatte ein Einzelstaat so deutlich mit seinem Austritt aus der Union gedroht wie South Carolina und das Land dadurch so nahe an den Rand eines Bürgerkriegs getrieben wie in der Nullification Crisis. Waren Aufstände von SklavereiBefürwortern und ein Attentatsversuch auf den Präsidenten zuvor ebenfalls unvorstellbar, ist die systematische Vertreibung der Ureinwohner unter Jacksons Führung hingegen eine konsequente Fortsetzung der jahrzehntelangen Expansionspolitik (zu der sicherlich unter anderem auch der Creek War und der Seminole War zählen). Es ist ein Wesensmerkmal der englischen beziehungsweise dann amerikanischen Siedlungsgeschichte, dass die autochthone Bevölkerung größtenteils verdrängt beziehungsweise vernichtet wurde.4 Jacksons Indianerpolitik muss daher als Durchsetzung des Mehrheitswillens der amerikanischen Wähler verstanden werden, welcher auf allen politischen Ebenen seinen Ausdruck fand. Jacksons Leitspruch, that the majority is to govern, durchdrang schließlich vollkommen die politischen Willensbildungsprozesse in den USA. Die Einzelstaaten mussten sich dem Willen der Mehrheit des Bundes fügen und es war die Aufgabe der Exekutive, abtrünnige Staaten notfalls mit Waffengewalt in der Union zu halten. Des Weiteren war Jackson der Ansicht, dass der Präsident keineswegs dem Kongress, sondern allein dem Volk (und zwar in seiner Gesamtheit 3

Edmund Gaines to Andrew Jackson, 1826, zitiert nach: Remini: Jackson, 2, S. 110.

4

Bereits Thomas Jefferson hatte sich seit 1776 für eine Vertreibung von Indianerstämmen und deren Umsiedlung westlich des Mississippi ausgesprochen und auch Henry Clay bemerkte, dass die Vernichtung der Indianer „no great loss to the world“ wäre. Dippel, Horst: Geschichte der USA, 6. Auflage, München 2003, S. 9; Miller, Robert J.: Native America, Discovered and Conquered: Thomas Jefferson, Lewis & Clark, and Manifest Destiny, Westport 2006, S. 90; Wilentz: Rise of American Democracy, S. 324.

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und nicht der einzelnen Staaten) gegenüber verantwortlich sei. So definierte Jackson das Amt des Präsidenten neu, indem er die Exekutive nicht mehr im Sinne der Gründerväter als das monarchische Element in der Mischverfassung verstand. Vielmehr wurde der Präsident zum Repräsentanten des gesamten amerikanischen Volkes, zu dessen Tribun, und war daher nur dem Volk gegenüber Rechenschaft schuldig. Während seine Gegner Jackson weiter vorwarfen, er wolle eine Alleinherrschaft errichten, hegte dieser eine tiefe Abneigung gegen den Kongress und insbesondere gegen den Senat, welchen er als Brutstätte für die Herrschaft der „Aristokratie“ und Korruption betrachtete. Die Ereignisse während seiner Präsidentschaft bestärkten ihn nur weiter in diesem Glauben. Die Whigs sahen hingegen den Kongress, insbesondere den Senat, als eigentliches Zentrum der Macht innerhalb der Mischverfassung an, da dort im Sinne der Gründerväter „die besten und fähigsten Männer“ der Republik den Willen der Einzelstaaten beziehungsweise des Volkes repräsentierten. Da man der Mehrheit des Volkes nicht trauen konnte, wie Jacksons zweifacher Wahlsieg deutlich aufgezeigt hatte, bildete aus Sicht der Whigs der Senat das letzte Bollwerk gegen die gefährliche Symbiose von Demokratie und Exekutive. Gründerväter wie John Adams hatten bereits vor einem zu starken Einfluss der demokratischen Elemente gewarnt und nun fanden sich auch Jacksons Kritiker in ihrer unter anderem von Polybios abgeleiteten Theorie bestätigt, dass Demokratie der eigentliche Auslöser für Anarchie, Bürgerkrieg beziehungsweise Despotismus und Autokratie sei. In ihrer Argumentation verwendeten Jacksons Gegner weiterhin Beispiele aus der Geschichte. Dabei bezogen sie sich explizit auf antike Autoren wie Plutarch sowie auf Sekundärliteratur zur Antike. Der King Andrew-Diskurs, welcher sich während Jacksons Präsidentschaft aus dem Diskurs über die Zukunft der Republik entwickelte, zeigt dabei die Modifizierung der Argumente der Jackson-Gegner. Dass diese sich traditionsbewusst als Whigs bezeichneten, ist nicht nur als rhetorisches Stilmittel zu verstehen, sondern verdeutlicht vielmehr, dass die Whigs nach wie vor die Geschichte als zyklische Abfolge von immer wiederkehrenden Prozessen in verschiedenen Ausführungen interpretierten. Zwar ist es unwahrscheinlich, dass die Whigs sich bereits tatsächlich als Untertanen eines Tyrannen empfanden, doch gerade die Überakzentuierung des Topos᾽ sollte auf die akute Gefährdung der Republik hinweisen und darauf aufmerksam machen, dass es sich bei den aktuellen Entwicklungen nur um eine moderne Ausprägung des Verfassungskreislaufs handelte. Auch die Tatsache, dass sich Jackson, dem Vorbild der Gründerväter folgend, nach zwei Amtszeiten aus der aktiven Politik zurückzog, änderte für die Whigs nichts an den vermeintlich gefährlichen Prozessen, welche er im Land in Gang gesetzt hatte. Die von Jackson etablierten Strukturen, glaubten sie, würden sei-

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nem Nachfolger dazu dienen, die Fundamente der Republik weiter zu zerstören. Aus Sicht der Democrats hatte das Volk mit Jacksons Wahl und Wiederwahl hingegen bewiesen, dass es in der Tat mehrheitlich virtue besaß. Daher konnte eine Mehrheitsdemokratie auch nicht schädlich für die Republik sein. Durch die demokratischen Elemente wurde die Republik quasi immer wieder verjüngt und regeneriert. Oligarchische Elemente im Staat konnten so in Schach gehalten werden. War für die Whigs Jacksons Präsidentschaft folglich eine Abkehr von den republikanischen Werten und etablierten Strukturen der Gründerväter, gelangten die Democrats immer mehr zu der Überzeugung, dass das republikanische Experiment funktionierte und man eventuell den Kreislauf der Verfassungen tatsächlich mit den von den Gründervätern vorgegebenen, aber neu interpretierten Mechanismen durchbrechen konnte. Es wird somit nicht an der Richtigkeit der Theorie des Verfassungskreislaufs gezweifelt, doch wird zusehends ein positives Weltbild erkennbar, an das sich die Hoffnung knüpfte, dass durch die virtue des amerikanischen Volkes die Republik langfristig regeneriert werden könnte. Mit dieser Idee konnte sich auch die Mehrheit der amerikanischen Wähler identifizieren, denn diese Ansichtsweise impliziert, dass jeder, der wählen ging, selbst zu einer Veränderung und zum Fortbestand der res publica, der öffentlichen Sache, beitragen konnte. Der Diskurs über die Zukunft der Republik behielt daher auch nach Jacksons Präsidentschaft seine Wirkungskraft und trug maßgeblich zu William Henry Harrisons Wahlsieg 1840 bei. Da das Volk in den letzten Jahren mehr Einfluss auf die politischen Prozesse gewonnen hatte, mussten die politischen Akteure nun einen Weg finden, ihre Agenda so zu kommunizieren und zu vereinfachen, dass jeder Wähler sie auch verstand. Als Hilfsmittel diente dabei der Diskurs über die Zukunft der Republik, welcher die Wertvorstellungen breiter sozialer Schichten nach wie vor beeinflusste. So glaubten die Whigs nach wie vor nicht an die Vorzüge einer Mehrheitsdemokratie für die Republik, doch wussten sie, dass sie mithilfe des Diskurses die Wahl gewinnen konnten, so wie es die Democrats bereits zuvor getan hatten. Das Weltbild der Whigs hatte sich somit nicht geändert, sehr wohl jedoch ihre Rhetorik. Die erfolgreiche Inszenierung Harrisons als einen neuen Cincinnatus und Kriegshelden bestätigte die Whigs in ihrer Ansicht, dass sich die Mehrheit des Volkes manipulieren lasse. Sie waren auch davon überzeugt, dass es zum Wohle der Republik besser sei, den von den Democrats eingeschlagenen Weg zu korrigieren. So zeigt Harrisons Inaugural Address deutlich auf, dass der Diskurs mittlerweile zu einem allgemeinen Ausdruck der komplexen Demokratisierungsprozesse im Land geworden war. Dies spiegelt sich nicht nur in Harrisons Rhetorik wider, bei der er davon ausgehen musste, dass seine Zuhörer seine Verweise auf die antike Geschichte verstanden.

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Um den Kreislauf der Verfassungen aufzuhalten und die Republik in ihren ursprünglicheren Zustand zurückführen, wollte Harrison den Einfluss des Volkes und der Exekutive auf Bundesebene wieder reduzieren. Das zugrunde liegende Weltbild, welches in dem Diskurs seinen Ausdruck fand, beeinflusste folglich nach wie vor das politische Denken der Akteure, welche den Diskurs wiederum weiterverbreiteten. Mag auch der Ursprung des Diskurses bei einer gebildeten Elite liegen, wie das Beispiel Harrisons zeigt, so durchdrang er letztlich die amerikanische politische Gesellschaft nahezu vollständig. Für den Wähler war es dabei unnötig, Plutarch oder Polybios gelesen zu haben, so lange er wusste, wofür Caesar oder Cincinnatus sinnbildlich standen. Man musste nicht die Ursprünge der republikanischen Tugenden kennen, solange man sich ihrer bewusst war. Es lässt sich festhalten, dass die Theorien der antiken Autoren nicht angezweifelt, sondern aktuelle Vorkommnisse immer neu interpretiert wurden, um sie in das Korsett eines natürlichen Kreislaufs der Verfassungen zu zwängen. Dies zeigt sich nicht nur in der Rhetorik, sondern auch in politischen Handlungen auf beiden Seiten, welche weiterhin von diesem Weltbild geprägt wurden. Dies änderte sich jedoch in den 1840igern Jahren aus unterschiedlichen Gründen: Zum einen trug sicherlich das Aussterben der politischen Akteure der Folgegeneration zu einer Veränderung des Diskurses bei. Vor allem aber wurden durch die stete Auseinandersetzung und immer weitere Anpassung der Argumente schlussendlich auch alte Denkmuster aufgebrochen. Der Diskurs wurde nun von einem neuen, positiv deterministischen Gedankenkonstrukt durchzogen. Es kristallisierte sich immer mehr die Idee heraus, dass die USA vom Schicksal auserwählt waren, als Republik fortzubestehen. Dadurch wurde die bereits von Jefferson in der Declaration of Independence formulierte „firm reliance on the protection of divine Providence“ weitergeführt.5 Durch diese „Vorhersehung“ war es den Vereinigten Staaten bestimmt, sich von den antiken Vorbildern zu emanzipieren und eine vorgezeichnete Sonderrolle einzunehmen, welche sich bis heute in der Idee des sogenannten American exceptionalism manifestiert. Nachdem sich ein Zweiparteiensystem in den 1840ern Jahren etabliert hatte, gewaltlos Kandidaten beider Parteien gewählt und abgewählt wurden und die Präsidenten (sofern es ihnen möglich war) sich Washingtons Vorbild beugten und nach zwei Amtszeiten in den Ruhestand gingen, war nach Ansicht der nächsten Generation der Fortbestand der Republik als Demokratie gesichert. Die Notwendigkeit der republikanischen Typologie der Gründerväter und der Folgegeneration hatte sich zunächst überlebt. Das republican experiment der Gründerväter schien erfolg-

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Declaration of Independence (1776), National Archives and Records Administration, www.ourdocuments.gov/doc.php?flash=true&doc=2.

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reich und so wurde der Diskurs über die Zukunft der Republik von der Vision einer manifest destiny überlagert. Allerdings traten mit Beginn des Amerikanischen Bürgerkriegs 1861 dann exakt die von den antiken Autoren beschriebenen und von den Gründervätern und der Folgegeneration gefürchteten Prognosen schlussendlich ein: Nach einer Phase des inneren Friedens und der Expansion war die Republik durch innere Auseinandersetzungen und Faktionalismus zerbrochen. Der Bürgerkrieg konnte nur durch eine mit weitreichenden Kompetenzen ausgestattete Exekutive beendet werden, welche (je nach Sichtweise) die Republik rettete beziehungsweise diese endgültig zerstörte. Die Idee einer zyklischen Abfolge von historischen Prozessen blieb folglich auch im Kontext des amerikanischen Bürgerkriegs weiterhin in den Köpfen der Amerikaner verankert. In diesem Zusammenhang trat auch der Diskurs über die Zukunft der Republik erneut an die Oberfläche. Abermals diente er in einer Krisenzeit als rhetorische Simplifizierung komplizierter politischer Prozesse, was verdeutlicht, dass die Theorien der antiken Autoren und die Ideale der Gründerväter durchaus weiterhin präsent waren. Der ambivalente, auf Jackson projizierte Typus ermöglichte dabei einen Brückenschlag zwischen der Generation des Unabhängigkeitskriegs und der des Bürgerkriegs. Auch wenn Jacksons Politikverständnis klar in dem idealisierten Republikanismus der Gründerväter verankert war, entwickelte sich aus dieser Haltung jedoch ein progressives Demokratieverständnis, welches kennzeichnend für die USA wurde und die politische Entwicklung im Land bis heute maßgeblich beeinflusst. Derzeit dient Jackson indirekt erneut als Indikator für den Zustand der Republik. Bereits im Wahlkampf wurde Donald Trump häufiger mit Andrew Jackson verglichen.6 Dass er diesen Vergleich gerne annimmt, zeigt nicht zuletzt auch Trumps Besuch der Hermitage im März 2017, wobei er erneut betonte, er und Jackson „confronted and defied an arrogant elite“.7 Der von Trump und seinen Anhängern positiv konnotierte Bezug zu Jackson (und somit Rückbezug auf eine angebliche für den sogenannten common man einfachere Zeit), ruft, wie zu 6

Siehe zum Beispiel: Ifill, Gwen: What has Andrew Jackson in Common with Donald Trump, 8. September 2015, www.pbs.org/newshour/bb/andrew-jackson-commondonald-trump; Weeks, Linton: Who Does Donald Trump Remind Us Of?, 22. Dezember 2015, www.npr.org/sections/npr-history-dept/2015/09/24/441972601/who-doesdonald-trump-remind-us-of; Zacher, Alfred: Is Donald Trump Another Andrew Jackson?, 14. September 2015, www.historynewsnetwork.org/article/160610.

7

Schuessler, Jennifer: A History of Presidents, Mostly Democrats, Paying Homage to Jackson, in: The New York Times, 15. März 2017, www.nytimes.com/ 2017/03/15/us/politics/trump-andrew-jackson-grave.html?_r=0.

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erwarten, Kritiker auf den Plan. „Jacksonian democracy […] was a racial democracy built on a foundation of ethnic cleansing, committed to race hierarchy and enslavement“ schreibt eine kritische Stimme.8 Zu Recht wird darauf verwiesen, dass Jackson nur die politische Partizipation weißer Männern im Blick hatte. Dabei wird jedoch vernachlässigt, dass dies für Jacksons Zeit durchaus als fortschrittlich interpretiert werden kann, ganz im Gegensatz zu dem reaktionären Politikverständnis von beispielsweise Henry Clay und den Whigs. Dass Donald Trump Jackson als einen großartigen Präsidenten bezeichnet und gleichzeitig Henry Clay als erstklassigen Politiker und Vorreiter seiner geplanten Zollpolitik preist,9 steht nicht im Widerspruch. Auch hier wird die Autorität von Jackson und Clay bemüht, um darauf zu verweisen, dass in einer vermeintlichen besseren Vergangenheit führende Politiker bereits ähnlich gehandelt hätten. Erneut wird eine Sinnhaftigkeit des Bezugs zur Vergangenheit nicht gestellt.10 Es ist jedoch nicht zielführend zu untersuchen inwieweit Trump Jackson oder anderen historischen Persönlichkeiten ähnelt. Sicherlich lassen sich Gemeinsamkeiten11 und noch mehr Unterschiede aufzeigen.12 Wichtiger ist die Feststellung, dass der Diskurs über die Zukunft der Republik wieder sehr deutlich in der amerikanischen Öffentlichkeit zu erkennen ist. Der Diskurs verband die Zeit der Revolution und Verfassungsgebung mit dem 19. Jahrhundert und bildete durch die bekannten rhetorischen Versatzstücke eine Brücke, die politische Prozesse durch Stereotype ordnete und zugleich weiterentwickelte. Dazu nahmen die folgenden Generationen den Diskurs der Gründerväter, mit all seiner Typologie und Versatzstücken, wieder auf und versuchten, die historischen Ereignisse, welche zum Untergang vergangener Republiken geführt hatten, auf die 8

Bouie, Jamelle: Donald Trump Sees Himself in Andrew Jackson, 15. März 2017, www.slate.com/articles/news_and_politics/politics/2017/03/donald_trump_sees_hims elf_in_andrew_jackson_they_deserve_one_another.html.

9

Waxman, Olivia B.: President Trump Praised Both Andrew Jackson and Henry Clay.

They Hated Each Other,

in:

Time.com,

21.

März

2017,

time.com/4707867/donald-trump-henry-clay-andrew-jackson/. 10 Henry Clays Vorstellungen zur Zollpolitik lassen sich kaum auf die heutige globalisierte Welt und den weltweiten Einfluss der USA übertragen. 11 Eine charakterliche Gemeinsamkeit scheint zu sein, dass Kritik immer auch als Angriff auf die eigene Person wahrgenommen wird. 12 So kann zum Beispiel argumentiert werden, dass Jackson Aktieninhaber und Spekulanten als die korrupte Elite ansah. Somit würden Jacksons Ansicht nach wohl viele der Hauptunterstützer von Trumps Wahlkampfkampagne, wie die Familie Mercer, zu dieser verhassten Elite gehören, die versucht, politisches Mitspracherecht durch Geld zu kaufen.

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aktuelle Situation zu übertragen. Der Diskurs trug so maßgeblich zur Entwicklung einer demokratischen politischen Kultur in den Vereinigten Staaten bei. Genau diese Funktion übernimmt er auch heute noch, denn er ist in den Vereinigten Staaten so allgegenwärtig, dass er selbst Einzug in die Unterhaltungskultur gehalten hat. So behauptet Homer Simpson in der erfolgreichen TV-Serie The Simpsons: „America can’t collapse. We’re as powerful as Ancient Rome.“13 Die fehlende Sinnhaftigkeit dieser Aussage wird dem Zuschauer augenblicklich bewusst und zeigt, dass die Macher der TV-Serie davon ausgehen, dass die Anspielung auf den Untergang Roms in Bezug auf die USA von einem breiten Publikum verstanden wird. Auch die erwähnten zahlreichen Vergleiche Trumps mit antiken Alleinherrschern sprechen dafür, dass der Diskurs in der amerikanischen Öffentlichkeit weiterhin sehr präsent ist und in Krisenzeiten deutlich an die Oberfläche tritt, wenn es darum geht, die Zukunft der Republik neu zu definieren. Ganz im Sinne von Polybios mahnte der scheidende US-Präsident Barack Obama in seiner Farewell Address: „Our democracy is threatened whenever we take it for granted.“14 Es scheint offensichtlich, dass Obama damit auf Trump anspielt und zur aktiven Verteidigung demokratischer und republikanischer Freiheit aufruft. Doch gerade die Wahl Obamas auf der einen als auch die Reaktion des konservativen Amerika auf der anderen Seite zeigen, dass die Amerikaner keineswegs dazu bereit sind, politisches Handeln ihrer gewählten Repräsentanten einfach hinzunehmen. So hat Obamas Wahl zu einer Polarisierung der amerikanischen Gesellschaft mit beigetragen. Konservative Republikaner fürchteten auch während dessen Präsidentschaft um die Zukunft der Republik und auch Obama wurde in der Öffentlichkeit von seinen Gegnern durchaus als Diktator und Tyrann wahrgenommen. Als Obama im November 2014 per Dekret eine Amnestie für bis zu vier Millionen illegale Einwanderer erließ, sagte der Sprecher des HoR, John Boehner: „The president has said before that ‚he’s not king‘ and he’s ‚not an emperor‘ but he sure is acting like one.“ Boehners Sprecher Michael Steel nannte den Präsidenten in diesem Zusammenhang „Emperor Obama“ und der republikanische Senator Rand Paul twitterte ein „president who thinks he’s a king“ starter pack für Obama mit Krone, Zepter und Thron.15 13 The Simpsons: Homer goes to Prep School, Staffel 24, Folge 9, Erstausstrahlung: 6. Januar 2013. 14 President Obama’s Farewell Address: Full Video and Text, in: The New York Times, 10. Januar 2017, www.nytimes.com/2017/01/10/us/politics/obama-farewell-addressspeech.html. 15 Condon, Stephanie: Boehner: Obama is acting like a king, 20. November 2014, www.cbsnews.com/news/boehner-obama-is-acting-like-a-king/;

Reuters:

Boehner

spokesman says immigration move by ‘Emperor Obama’ kills Congressional

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Krugman hat demnach mit seiner eingangs erwähnten These, dass Trump nur ein Symptom für einen schleichenden Prozess in den USA sei, der die Demokratie gefährde, nicht ganz Unrecht.16 Jedoch zeigt eben seine Aussage, als Teil des Diskurses über die Zukunft der Republik, dass das von den Gründervätern installierte und von Jackson und seinen Anhängern weiterentwickelte politische System funktioniert. In einer Zeit mit massiven sozio-kulturellen sowie politischen und ökonomischen Veränderungen und vermeintlich vermehrten Krisen bildet der Rückbezug auf die politische Ideologie der Gründerväter, abgeleitet aus den Modellen antiker Philosophen und Geschichtsschreibern sowie der Geschichte selbst, nach wie vor eine Richtschnur für politisches Handeln, um die Republik zu erhalten. Dazu wird die Autorität und das Beispiel historischer Persönlichkeiten aus der Antike und der eigenen Geschichte verwendet. Gerade dass aktuell in den USA zwei unterschiedliche Vorstellungen über die Zukunft der Republik aufeinanderprallen, zeigt, dass die Republik noch intakt ist. Dabei unterscheiden sich die Weltbilder weiterhin darin, dass die eine Seite eher in der scheinbar einfacheren Vergangenheit ihr Heil sucht, während die andere Seite die aktuellen Krisen nur als eine Übergangsphase hin zu einer besseren Zukunft versteht. Dies drückt sich bereits in den unterschiedlichen Wahlkampfslogans Obamas und Trumps aus. Während Obamas „Change“, „Yes, we can“ und „Forward“ durchaus progressiv zu verstehen ist, steckt hinter Trumps „Make America great again“ bereits die Sehnsucht nach einer vermeintlich besseren vergangenen Zeit. Die Wahl Obamas 2008, das starke Abschneiden des selbsterklärten democratic socialist Bernie Sanders17 im Vorwahlkampf 2016 und letztlich die Wahl des restaurativ argumentierenden Donald Trump sowie die darauffolgende Reaktion des liberalen Amerika verdeutlichen, dass der Diskurs über die Zukunft der Republik fortgeführt wird. Beide Seiten sind wachsam, dass das von den GründerChances,

19.

November

2014,

www.newsweek.com/boehner-spokesman-says-

immigration-move-emperor-obama-kill-congressional-285513. Siehe auch: Blake, Aaron: The Obama presidency, from ‘socialist’ to ‘dictator’ , in: The Washington Post, 20. Januar 2015, www.washingtonpost.com/news/the-fix/wp/2015/01/20/theobama-presidency-from-socialist-to-dictator/?utm_term=.35b52effa124; Sabia, Carmine: Marine veteran unleashes on ‘slumped’ president: ‘Mr. Obama, you are a tyrant and nothing more’, 25. Juli 2015, www.bizpacreview.com/2015/07/25/marineveteran-unleashes-on-slumped-president-mr-obama-you-are-a-tyrant-and-nothingmore-228737. 16 Krugman, Paul: How Republics End, in: The New York Times, 19. Dezember 2016, www.nytimes.com/2016/12/19/opinion/how-republics-end.html. 17 Senator Bernie Sanders on Democratic Socialism in the United States, 19. November 2015, berniesanders.com/democratic-socialism-in-the-united-states/.

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vätern etablierte System der checks and balances keinem zu viel Macht zugesteht; weder einem Regierungselement noch einer politischen Ideologie. Hierfür werden dieselben Argumente vorgebracht wie zu Jacksons Zeit: die Furcht vor einem Tyrannen, die Gefahr, welche von einer kleinen korrupten Elite ausgeht, die Missachtung der Stimme des Volkes, die Angst vor Faktionalismus und dem Auseinanderbrechen der Union. Dabei erlaubt es die Form des Diskurses durch die Verwendung bekannter und mit Inhalt gefüllter Wortstanzen allen Bevölkerungsschichten, politische Prozesse und Auseinandersetzungen nachzuvollziehen. Den Argumenten der antiken Autoren und dem Weltbild der Gründerväter und der Folgegeneration folgend, besteht aktuell somit (noch) keine Gefahr für die Republik, weder durch einen Tyrannen noch durch eine „oligarchische Elite“.18 Dabei ist es bemerkenswert, dass gerade Andrew Jackson hier nach wie vor als eine Art Bindeglied und gleichzeitig Gradmesser fungiert. Jackson ist somit unzweifelhaft ein Symbol for an Age,19 doch gilt dies gleichermaßen für den mit seiner Person eng verwobenen Diskurs. Die Relevanz des untersuchten Diskurses über die Zukunft der Republik ist daher kaum zu überschätzen, denn ohne ihn zu berücksichtigen, sind politische Prozesse und Entscheidungen politischer Akteure in den USA, damals wie heute, nicht zu begreifen.

18 Allerdings gibt es hierzu auch andere Ansichten. Im Kontext der Protestbewegung Occupy Wall Street wurde des Öfteren diskutiert, ob denn die USA eine Demokratie oder eine Oligarchie seien. So fragte Der Spiegel bereits 2011 in einem Artikel: „Has America Become an Oligarchy?“ Die Occupy Wall Street Homepage gibt darauf eine klare Antwort: „To put it short: The United States is no democracy, but actually an oligarchy.“ Doch fehlt diesen Aussagen der konkrete Bezug zur antiken Theorie des Kreislaufs der Verfassungen und zum Diskurs über die Zukunft der Republik. Dies ist erstaunlich, müsste doch eigentlich ein Verweis auf Aristoteles oder Polybios in diesem Kontext der Protestbewegung durchaus dabei helfen, ihren Argumenten im Kampf gegen ein global agierendes Finanzsystem und dessen Einfluss auf die Politik Autorität zu verleihen. Schulz, Thomas: The Second Gilded Age: Has America Become an Oligarchy?, 22. Oktober 2011, www.spiegel.de/international/spiegel/thesecond-gilded-age-has-america-become-an-oligarchy-a-793896.html. Zuesse, Eric: This is what Oligarchy looks like, Abrufdatum 31. Dezember 2015, www.occupywallstreet.net/story/what-oligarchy-looks. 19 Siehe den Untertitel des Werkes von Ward: Andrew Jackson.

Abbildungen

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Houdon, Jean Antione: Statue of George Washington, 1785-1788, Virginia State Capitol.

A BBILDUNGEN

King Andrew the First, 1833, Library of Congress.

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Winston, F. J.: Capitol fashions for 1837, Library of Congress

A BBILDUNGEN

Birch, Thomas: The Cincinnatus of the West, 1840, Library of Congress.

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Quellen- und Literaturverzeichnis

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250 | D EMOKRATIE ALS G EFAHR FÜR DIE R EPUBLIK

Independence. Indiana Journal. Jamestown Journal. Louisiana Advertiser. Louisville Public Advertiser. Macon Telegraph. Mississippian. National Advocate. New-Hampshire Patriot & State Gazette. New-Hampshire Sentinel. New-Hampshire Statesman and Concord Register. New Orleans Argus. Newburyport Herald. New York Herald. New York Spectator. North American and Daily Advertiser. Ohio State Journal. Philadelphia Inquirer. Pittsfield Sun. Portsmouth Journal of Literature and Politics. Raleigh Register and North-Carolina State Gazette. Rhode-Island Republican. Richmond Enquirer. Richmond Whig. Salem Gazette. Salem Messenger & Public Advertiser. Trenton State Gazette. United States’ Telegraph. Vermont Centinel/Northern Sentinel. Vermont Gazette. Vermont Watchman and State Gazette. Washington Gazette. Washington Whig.

Q UELLEN -

UND

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Lexikon der »Vergangenheitsbewältigung« in Deutschland Debatten- und Diskursgeschichte des Nationalsozialismus nach 1945 2015, 494 S., kart. 34,99 E (DE), 978-3-8376-2366-6 E-Book PDF: 34,99 E (DE), ISBN 978-3-8394-2366-0

Debora Gerstenberger, Joël Glasman (Hg.)

Techniken der Globalisierung Globalgeschichte meets Akteur-Netzwerk-Theorie 2016, 296 S., kart. 29,99 E (DE), 978-3-8376-3021-3 E-Book PDF: 26,99 E (DE), ISBN 978-3-8394-3021-7

Alban Frei, Hannes Mangold (Hg.)

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Geschichtswissenschaft Manfred E.A. Schmutzer

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Pascal Eitler, Jens Elberfeld (Hg.)

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Thomas Etzemüller

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