Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien und ihre Verwertungsmöglichkeiten für die betriebliche Preispolitik [1 ed.] 9783428420292, 9783428020294

115 69 33MB

German Pages 221 Year 1969

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien und ihre Verwertungsmöglichkeiten für die betriebliche Preispolitik [1 ed.]
 9783428420292, 9783428020294

Citation preview

INGOLF

KURZ

Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien und ihre Verwertungsmöglichkeiten für die betriebliche Preispolitik

Betriebswirtschaftliche Heft 28

Schriften

Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien u n d ihre Verwertungsmöglichkeiten für die betriebliche Preispolitik

Von

Dipl.-Ing. Dipl.-Kfm. Dr. Ingolf Kurz

D U N C K E R

&

H U M B L O T

/

B E R L I N

Alle Rechte vorbehalten © 1969 Duncker Sc Humblot, Berlin 41 Gedruckt 1969 bei Alb. Sayffaerth, Berlin 61 Printed i n Germany

Inhaltsverzeichnis Einleitung: Der historische der Betriebswirtschaftslehre

Ausgangspunkt

Hauptteil: Die Grundkonzeption matischen Aufgabenstellung Erstes Kapitel:

der

Fixkostentheorien

in 9

der Behandlung

der vorliegenden

the21

Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

28

A. Die kausalen Fixkostentheorien

31

I. Die mechanistisch-deduktive Betrachtungsweise der Kosten, insbesondere der Fixkosten

33

1. Die deskriptiv-entwicklungsmäßige Kategorisierung der Kosten

33

a) Die Schmalenbachschen Kostenkategorien

34

b) Die beschäftigungsunabhängigen Kosten ( = Fixkosten) u n d ihre Abgrenzung gegenüber den Kosten der Betriebsbereitschaft i m Sinne von Stillstandskosten 37 c) Zusammenfassung u n d K r i t i k

43

2. Die mathematisch-) Kosten (— siehe Abb. 1! —) ermöglichen. Die subjektiv-induktive Kostenbetrachtungsweise führt zu einer Proportionalisierung des Fixkostenblockes F, wobei auch die Stillstands9 Gutenberg, E.: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, l . B d . , Die Produktion, 5. Aufl., Berlin-Göttingen-Heidelberg 1960.

26

Die Behandlung der thematischen Aufgabenstellung

kosten F i von Gutenberg i n Nutz- und Leerkosten während der Beschäftigung aufgeteilt werden. I m Sinne von Gutenberg werden die Kosten für den einzelnen Betrieb geplant ( = subjektive Kostenbetrachtungsweise), und zwar entlang der betrieblichen Plankostengeraden Ο—BO, wobei praktisch die freie Konkurrenz entsprechend der Preisgeraden Ο—Ρ i n den Betrieb verlegt wird. Die Abweichung des linearen Istgesamtkostenverlaufes α—BO, der bei Gutenberg an die Stelle des S-förmigen Gesamtkostenverlaufs G tritt, von der Plankostengeraden Ο—BO ergibt die sogenannten Leerkosten i n Form der Beschäftigungsund der Verbrauchsabweichung. Die Beschäftigungs- und Verbrauchsabweichung ergibt die Gesamtabweichung bzw. die gesamten Leerkosten i m Sinne der subjektiv-induktiven Fixkostengruppe. Diese Leerkosten treten an die Stelle der fixen Kosten Lehmanns i m Sinne der Abweichung der Gesamtkostenkurve G vom linear-proportionalen Kostenverlauf Ο—Ρ bzw. an die Stelle des Fixkostenblockes F. Die Ermittlung von Leerkosten und von fixen Kosten, die i n der Höhe F i auch bei Stillstand des Betriebes anfallen, lassen bei der subjektivinduktiven Gruppe der Fixkostentheoretiker ebenso wie bei der mechanistisch-deduktiven Gruppe auf ungelöste Kostenfragen schließen, die erst in der institutionellen Kostenrechnung nach Schnutenhaus ihre restlose Erklärung erfahren, indem auch dieser Restblock in Form von fixen Kosten oder Leerkosten durch eine Weiterentwicklung mittels feinerer Methoden vom kausalen zum kausal-finalen Strukturkostendenken vollständig „aufgelöst" wird. Die Ursache dieser Leerkosten bzw. fixen Kosten liegt in der mangelnden Strukturund Marktbezogenheit der industriellen Kostenverläufe. Die Untersuchung der preistheoretischen Verwertbarkeit der verschiedenen Fixkostentheorien i m 2. Kapitel dieser Arbeit entspricht einer weitergehenden Analyse der i m 1. Kapitel behandelten fixen Kosten der mechanistisch-deduktiven Fixkostentheoretiker (Schmalenbach, Lehmann) und der Leerkosten i m Sinne der subjektiv-induktiven Fixkostentheoretiker (Rummel, Gutenberg, Schneider). I m Rahmen der preispolitischen Untersuchungen beziehen w i r den Gesamtkostenverlauf G bzw. die Istgesamtkostengerade α—BO und die Preisgerade Ο—Ρ bzw. die betriebliche Plankostengerade Ο—BO auf die Produkt- bzw. Leistungseinheit. Dabei kommen w i r : 1. zu einer theoretisch tiefer greifenden Analyse der preispolitisch bedeutsamen negativen fixen Kosten, als das i m 1. Kapitel i m Rahmen der Analyse des Wesens der verschiedenen Fixkostentheorien bei der Erklärung der Abweichung der Gesamtkostenkurve G i m Kurvenabschnitt b—BO—c vom linear-proportionalen Kostenverlauf Ο—Ρ geschah;

Die Behandlung der thematischen Aufgabenstellung

2. zu einer Analyse der Leerkosten i m Sinne von Rummel, Gutenberg und Schneider, und zwar aus preistheoretischer Sicht. Anstelle der betrieblichen Plankosten (siehe Plankostengerade Ο—BO) sprechen w i r dann von Grenzkosten. Die Grenzkostenkalkulation ist das typische Merkmal der betrieblichen Preispolitik der subjektivinduktiven Fixkostentheoretiker, aber auch der mechanistischdeduktiven Fixkostentheoretiker, wenn w i r an die Schmalenbachsche Grenzkostenkalkulation i m Rahmen der Betriebswertrechnung i m 2. Kapitel unter a) denken. Die Grenzkostenkalkulation der subjektiv-induktiven Fixkostentheoretiker stellt gleichzeitig eine Verbesserung der Schmalenbachschen allein beschäftigungsabhängigen Grenzkosten K ' (— siehe Abb. 5 i m 2. Kapitel unter a) —) dar, die bei Schmalenbach zu einer anderen Fixkostenerklärung (— siehe die positiven und negativen fixen Kosten i n Abb. 5 —) i m 2. Kapitel führen, welche nicht m i t der Fixkostendeutung Schmalenbachs i m 1. Kapitel aufgrund der prinzipiellen Übereinstimmung m i t den positiven und negativen fixen Kosten i m Sinne Lehmanns verwechselt werden dürfen. I n Verbindung mit der Untersuchung der preispolitischen Verwertbarkeit der subjektiv-induktiven Fixkostentheorien w i r d aufgezeigt, wie mit steigender Exaktheit der Analyse der Schmalenbachschen Grenzkosten K ' auch eine Verfeinerung des preistheoretischen Modells der freien Konkurrenz (— vgl. hier die Preisgerade P' i n Abb. 5! —) einhergeht, wodurch w i r zu dem mehr der w i r t schaftlichen Realität angepaßten Modell der unvollständigen Konkurrenz kommen (— siehe hier Abb. 11 i m 2. Kapitel unter I L ! —). Auch im 2. Kapitel im Rahmen preispolitischer Untersuchungen der Verwertbarkeit der verschiedenen Fixkostentheorien soll aufgezeigt werden, wie die Schnutenhaussche institutionelle Kostenrechnung eine äußerst wirksame und elastische der Unternehmung und dem Markt gerecht voerdende Preispolitik ermöglicht, die im Gegensatz zu der allzu abstrakten auf Daten beruhenden und am theoretischen Kostenmodell zum Teil graphisch entwickelten Preispolitik der traditionellen Kostentheoretiker auch für die betriebliche Praxis verwertbar ist Die institutionelle Kostenrechnung als eine flexible Prognoserechnung verzichtet auf graphische und mathematische Auf lösungsverfahren, da diese bekanntlich erst ex post auf der Grundlage von vorhandenem Zahlenmaterial erarbeitet bzw. angewandt werden können.

Erstes Kapitel

Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien Bei der Untersuchung der Frage nach dem Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien wollen w i r , wie bereits erwähnt, zwei große Gruppen unterscheiden: 1. Die kausalen Fixkostentheorien 2. Die finale Fixkostentheorie (Schnutenhaus) 1 . Zu 1.: Die kausalen Fixkostentheoretiker sind einseitig beschäftigungsorientiert. Sie interessieren sich lediglich für eine weitgehend exakte Ermittlung der Kosten des einzelnen Produktes bzw. für den Umfang der i n der Substanz der Produkte sich kristallisierenden echten Leistungsanteile der schaffenden Faktoren. Deshalb stehen bei ihnen die beschäftigungsabhängigen Kosten i m Vordergrund und nicht die beschäftigungsunabhängigen Kosten ( = fixe Kosten), welche mehr oder weniger als globale Restgrößen behandelt werden. Die fixen Kosten F (siehe Abb. 1!) werden von den kausalen Fixkostentheoretikern durch verschiedene Verbal-Definitionen charakterisiert; dabei spricht man von: „Stillstandskosten, Betriebsbereitschaftskosten, Kosten unabhängig vom Beschäftigungsgrad, Zeitkosten, Kapazitätskosten, Kosten der Wirtschaftsplandauer und Kosten der Folgen der Wirtschaftsdisposition 2 ." Diese Definitionen kommen dadurch zustande, daß i m unternehmerischen Investitionsprozeß verschiedene Merkmale herausgegriffen werden und zur Kennzeichnung der fixen Kosten dienen, welche durch die Betriebsstruktur hervorgerufen werden: a) Zum Aufbau einer Betriebskapazität muß der Unternehmer den Umfang der Kapazität entsprechend den voraussichtlichen Marktchancen planen, da er seine Produktionskapazität nicht erst i n dem Augenblick aufbauen kann, wo die Bedürfnisse des Marktes durch 1

Siehe hierzu die Ausführungen unter Fußnote 8 auf Seite 23! Schnutenhaus, O. R.: „Betriebsstruktur — Kostenrechnung u n d Preispolitik." Zeitschr.: Der Wirtschaftsprüfer 1948, N. 7, S. 198 ff. 2

1. Kap.: Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

Knappheitspreise signalisiert werden. I n diesem Augenblick muß entsprechend dem klassischen Konkurrenzmodell eine unmittelbare Anpassung der Produktion an die Nachfrage erfolgen. Die Kosten der Produktionsfaktoren müssen somit über einen längeren Zeitraum hinaus vorgeplant werden, da die Produktionsfaktoren nicht nach Belieben gekauft und wieder verkauft werden können. Somit sprechen w i r i n dieser Hinsicht von Kosten der Wirtschaftsplandauer. b) Für den planmäßigen Einsatz von Produktionsfaktoren w i r d eine Produktionskapazität vor dem Zeitpunkt der Nachfrage bereitgehalten, u m i m Zeitpunkt des Bedarfs die Nachfrage schnell befriedigen zu können. Die Bereithaltung der betrieblichen Produktionskapazität erfordert Kosten ( = Betriebsbereitschaftskosten bzw. Kapazitätskosten). c) Betriebsbereitschaft zu halten bedeutet auch, daß bis zum Zeitpunkt des Bedarfs der Nachfrage Produktionsmittel stillstehen, falls nicht Lagerprodukte produziert werden, was jedoch dann zu brachliegendem Produktionskapital führt ( = Stillstandskosten). d) Die fixen Kosten F2 (— siehe Abb. 1 —) kommen gleichzeitig m i t der Beschäftigung χ i m dynamischen Produktionsprozeß zur Wirkung, ohne von der Beschäftigung irgendwie beeinflußt zu sein (= Kosten unabhängig vom Beschäftigungsgrad). e) Die Fixkosten F können bei einer globalen Fixkostenbetrachtungsweise i m Sinne der mechanistisch-deduktiven Fixkostentheoretiker nicht den einzelnen Leistungseinheiten als Maßstab der Beschäftigung zugerechnet werden, sondern sie sind lediglich der Zeit gegenüber proportional ( = Zeitkosten). f) Wenn nun die Betriebsbereitschaftskosten für eine bestimmte geplante Zeitdauer nach Ablauf dieser Zeitdauer als nicht gerechtfertigt erscheinen, w e i l ζ. B. infolge eines nicht erreichten Beschäftigungsgrades die tatsächlichen Kosten sich nicht so entwickelt haben, wie dies bei der Anschaffung der Produktionsfaktoren bzw. bei der Schaffung der Betriebsbereitschaft vorausgeplant wurde, dann entstehen sogenannte Leerkesten. N i m m t man an, daß der Unternehmer diese Leerkosten vermeiden kann, weil er zu jeder Zeit die zuviel angeschafften Produktionsfaktoren wieder abstoßen kann, dann sind diese Leerkosten die Folgeerscheinung der unternehmerischen Wirtschaftsdisposition (= „Kosten der Folgen der Wirtschaftsdisposition"). Zu 2.: Die finale Fixkostentheorie, welche allein von Schnutenhaus 3 i n der Betriebswirtschaftslehre vertreten wird, löst sich von dem

30

1. Kap.: Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

kausaltheoretischen Postulat der traditionellen Kostentheorie. Sie sieht ihre Hauptaufgabe nicht darin, die leistungsabhängigen Kosten bzw. die Abspaltprodukte der schaffenden Faktoren allein im Wirkungsbereich dieser Faktoren am einzelnen Produkt zu erfassen, sondern sie dringt in den Ursachenbereich der betrieblichen Produktion, d. h. in den Ursachenbereich der Fixkosten im traditionellen Sinne ein. Die Analyse der strukturellen Zweckbestimmung der Fixkosten führt dazu, daß im Gegensatz zur kausalen einseitig beschäftigungsorientierten Kostenrechnung keine Restkosten (= Fixkostenblock) mehr übrigbleiben. Nur eine exakte Analyse des substantiellen Zuwachses der strukturellen Faktoren nach Maßgabe betriebspolitischer Ziel- und Zwecksetzungen i n logischer Beziehung über die verschiedenen interdependenten Kausalitätsphasen i n ihrem dynamischen Entwicklungsprozeß zum einzelnen Kunden h i n ist als investitionspolitisches K r i t e r i u m i m Sinne der institutionellen Kostenrechnung oder Betriebsstrukturkostenrechnung die Grundvoraussetzung für die Ermittlung der richtigen Kosten der einzelnen Produkte. Die Schnutenhaussche Kostentheorie kommt dadurch zum Ausdruck, daß man die Kosten, welche auf das einzelne Produkt verrechnet werden sollen und i n Form von Erlösen wieder der Unternehmung zufließen müssen, schon vor ihrer Verrechnung auf das einzelne Produkt nach ihrer strukturellen Zweckbestimmung ( = Finalität) analysiert bzw. kategorisiert, und zwar unter Beachtung des genetischen Zusammenhangs m i t den kausalen Einflußkomponenten des Marktes, soweit dieser Zusammenhang praktisch erkennbar ist. Diese kategorisierten Strukturkosten sind die Grundlage für eine betriebs- und absatzorientierte Preispolitik. Die Ermittlung des strukturellen Zuwachses der schaffenden Faktoren vom Standpunkt der Unternehmensführung dient erstens dem Zweck des Schutzes, der Sicherung, der Erhaltung und des Wachstums der Unternehmung. Zweitens ermöglicht die institutionelle Kostenrechnung, die Leistungen i m gewerblichen Leben so zu bewerten, daß ihre „Nachhaltigkeit", ihr „Dauervollzug" gesichert ist, d. h., daß die Institution ( = Betrieb) über den Kosten-Erlös-Kreislauf i n ihrer gegenwärtigen und zukünftigen Entwicklung und damit verbunden auch ihre dauerhafte leistungserstellende Tätigkeit erhalten bleibt. Es finden i n der strukturbezogenen Leistungsbewertung differenzierte Marktsituationen ihre Beachtung, was i m Rahmen einer vernünftigen Preispolitik zum Zwecke der Erhaltung dauerhafter Absatzchancen notwendig ist. Die Bewertung der Leistungen zum Zwecke ihrer Nachhaltigkeit und ihres Dauervollzuges führt i m Sinne von Schnutenhaus zu einer Ermittlung der Produktkosten, die erst später i m 2. Kapitel näher erklärt werden sollen. 3 Schnutenhaus, B e r l i n 1948.

O. R.: Neue Grundlagen der

„Feste"-Kostenrechnung,

Α. Die kausalen Fixkostentheorien

31

Α. Die kausalen Fixkostentheorien Die kausalen Fixkostentheorien weisen zwei verschiedene Betrachtungsweisen auf: 1. Die mechanistisch-deduktive Betrachtungsweise 2. Die subjektiv-induktive Betrachtungsweise Z u 1.: Die mechanistisch-deduktive Betrachtungsweise ist folgendermaßen gekennzeichnet: a) Es handelt sich hierbei u m eine mechanistische Betrachtungsweise, weil man glaubt, daß eine mechanische Relation zwischen Kosten und Beschäftigung besteht. Das bedeutet, daß die Gesamtkosten G i n Abhängigkeit von der Beschäftigung, als deren Maßstab die Ausbringungs- bzw. Leistungsmenge χ dient (— siehe Abb. 1! —), sich nach einer bestimmten von Seiten des Unternehmers unbeeinflußbaren Gesetzmäßigkeit entsprechend dem allgemeinen Ertragsgesetz entwickeln. Dabei geht man davon aus, daß die i n einem Industriebetrieb tätigen Produktionsfaktoren i m Rahmen einer Lenkung durch volkswirtschaftliche Knappheitspreise bei einer atomistischen Marktstruktur und vollkommenen Konkurrenz (— vgl. hier die Preisgerade Ο—Ρ i n Abb. 1 —) sich automatisch den Bedürfnissen des Marktes so anpassen, daß sie immer an den Stellen optimaler Verwendung eingesetzt werden, was bei den schwerbeweglichen Produktionsfaktoren kurzfristig nicht der Fall ist und somit zu der bekannten Erscheinung der fixen Kosten aufgrund der mangelnden Mobilität bzw. Teilbarkeit dieser Faktoren führt. Die automatische Anpassung bedeutet, daß starke innere Kräfte i m wirtschaftlichen Produktionsprozeß dafür sorgen, daß der Betrieb nicht über- oder unterbeschäftigt bleibt, sondern daß er bei einer gut organisierten Betriebswertrechnung (Schmalenbach) immer zum Gleichgewicht bei Vollbeschäftigung i m Betriebsoptimum Β Ο (— siehe Abb. 1 —) hin tendiert, was w i r i m preistheoretischen Teil dieser Arbeit (2. Kapitel unter a) noch näher beleuchten werden. b) Der deduktive Charakter der Kostenbetrachtung liegt darin, daß man die mechanische Relation zwischen Kosten und Beschäftigung aus dem allgemeinen Ertragsgesetz ableitet. Der industrielle Gesamtkostenverlauf G (— siehe Abb. 1 —) w i r d auf deduktivem Wege gewonnen, indem die Funktion des allgemeinen Ertragsgesetzes i n die Kostenfunktion durch Umkehrung der variablen Größen umgewandelt w i r d 4 . 4 Heinen, E.: Betriebswirtschaftliche Kostenlehre, S. 129. „Demnach kann gesagt werden, daß die volkswirtschaftlichen Autoren ihre kostentheore-

32

1. Kap. : Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

Eine weiteres Merkmal der deduktiven Kostenanalyse liegt darin, daß man, ausgehend vom allgemeinen Ertragsgesetz, die Kostenentwicklung i n alleiniger Abhängigkeit von der Beschäftigung betrachtet. Es handelt sich hier u m einen statischen Kostenverlauf, der nicht den tatsächlichen Kostenverläufen der Praxis entspricht. Zu 2.: Das Wesen der subjektiv-induktiven Betrachtungsweise ist folgendermaßen charakterisiert: a) Eine automatische Anpassung der Produktionselemente an die wechselnden Dringlichkeitsgrade der Produktionsaufgaben i n einem wirtschaftlich organisierten Betriebe gibt es nicht. Entscheidend sind hier die von einer exakten Wirtschaftlichkeitsrechnung ausgehenden dispositiven Anweisungen des Unternehmers. Diese A n weisungen haben nicht nur einen rationalen, auf dem ökonomischen Prinzip basierenden Charakter. Gleichsam werden auch die Einflußmomente der sogenannten irrationalen Schicht des dispositiven Faktors wirksam. Somit t r i t t das subjektive Moment des Unternehmers bei der Betrachtung der Abhängigkeit der Kosten von der Beschäftigung stärker i n den Vordergrund. Der Unternehmer ist also nicht nur als ein sichtbares und rein ökonomisches Wesen begreifbar. „ I n der Wirklichkeit spielen natürlich noch ganz andere Haltungen eine Rolle: Bequemlichkeit, Schlendrian, Tradition, affektive Zuneigung für die alten Produktionsmethoden und Geschäftsbeziehungen, aber auch der Gedanke des standesgemäßen Unterhalts, der sogenannten ,Nahrung' 5 ." Die subjektive Betrachtungsweise der Kostenentwicklung trägt folgenden Tatbeständen i n der betrieblichen Praxis Rechnung: aa) Daß i n einem Industriebetrieb nicht jedes einzelne Betriebsmitglied aus eigenem Entschluß die Arbeit übernimmt, die i h m den höchsten Lohn ermöglicht. Der Einsatz der Produktionselemente an den Stellen optimaler Verwendung hängt von den Anweisungen der Unternehmensleitung ab. bb) Daß die Anweisungen der Unternehmensleitung sich oft von den Grundsätzen des ökonomischen Prinzips entfernen. b) Die induktive Betrachtungsweise der betrieblichen Kostenentwicklung ist eine von der Wirklichkeit ausgehende Untersuchungsmethode. Hier berücksichtigt man außer „praxisnahen" Produktischen Untersuchungen auf der produktionstheoretischen Grundlage des Ertragsgesetzes aufbauen." 5 Jöhr, W. A. : Theoretische Grundlagen der Wirtschaftspolitik, Bd. I, St. Gallen 1943, S. 47. Vgl. auch Pütz, T.: Das B i l d des Unternehmers i n der Nationalökonomie, Versuch einer aufbauenden K r i t i k , Jena 1935, S. 2.

Α. Die kausalen Fixkostentheorien

33

tions- und Verbrauchsfunktionen, was nur für Gutenberg und prinzipiell auch für Rummel als die Vertreter der partiellen Dispositionsbestimmtheit der Kosten i m Gegensatz zur totalen Dispositionsbestimmtheit der Kosten (Schneider) zutrifft, den Einfluß sämtlicher Kostendeterminanten 6 , also nicht nur den Einfluß der Beschäftigung. Es handelt sich hier um eine mehr statistische Kostenentwicklung i m Zeitablauf des betrieblichen Produktionsprozesses. Diese Kostenentwicklung findet ihre theoretische Fundierung i n einem mittels Datenvariationen abgebauten Modell des Rationalschemas der Grenzproduktivitätstheorie und der freien Konkurrenz. I. Die mechanistisch-deduktive Betrachtungsweise der Kosten, insbesondere der Fixkosten Z u der Gruppe der mechanistisch-deduktiven Betrachtungsweise der Kosten, insbesondere der Fixkosten, wollen w i r die betriebswirtschaftlichen Autoren: Schmalenbach und Lehmann zählen. Dabei wollen w i r diese beiden Autoren hinsichtlich ihrer kostentheoretischen Betrachtungsweise folgendermaßen unterscheiden: 1. Schmalenbach als den Vertreter der deskriptiv-entwicklungsmäßigen Betrachtungsweise der Fixkosten. 2. Lehmann als den Vertreter der mathematisch-entwicklungsmäßigen Betrachtungsweise der Fixkosten. Eine entwicklungsmäßige Betrachtungsweise der Fixkosten liegt bei beiden Autoren vor, weil sie die Fixkosten aus der Entwicklung des Gesamtkostenverlaufes zu deuten versuchen bzw. aus der Abweichung der Gesamtkostenkurve G von der Preisgeraden Ο—Ρ (siehe Abb. 1!). Während Schmalenbach die Abweichung der Gesamtkostenkurve von der linearen Preisgeraden nur beschreibt und somit eine deskriptive Deutung der Fixkosten vornimmt, definiert Lehmann diese Abweichung mittels mathematischer Gleichungen. 1. Die deskriptiv-entwicklungsmäßige Kategorisierung der Kosten

Schmalenbach beschreibt die Abweichung der Gesamtkostenkurve G von der linear-proportionalen Preisgeraden Ο—Ρ und kommt somit zu seinen Kostenkategorien. Der Gesamtkostenverlauf G i n Abb. 1 w i r d durch drei Teilstücke charakterisiert, wobei jedes Teilstück für sich 6 Siehe hier die Gutenbergschen Kostendeterminanten oder Kosteneinflußgrößen: Gutenberg, E.: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, 1. Bd., 5. Aufl., S. 229 ff.

3

Kurz

34

1. Kap.: Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

eine Kostenkategorie darstellt. Schmalenbach unterscheidet folgende Kostenkategorien : 1. Die fixen Kosten (Kostenabschnitt: Ο—α = F) 2. Die degressiven Kosten 7 (Kurvenabschnitt: α—BO) 3. Die progressiven Kosten (Kurvenabschnitt: BO—c) Hinzu kommt noch eine vierte Kostenkategorie, die durch die linearproportionale Preisgerade Ο—Ρ dargestellt wird, welche m i t dem Kostenverlauf des Grenzbetriebes i n einer freien und vollkommenen Konkurrenz identisch ist. Somit kommt Schmalenbach zu: 4. Den proportionalen Kosten (Kostengerade Ο—Ρ) a) Die Schmalenbachschen Kostenkategorien Die Schmalenbachschen Kostenkategorien können nur dem Zweck einer entwicklungsmäßigen Deutung der Fixkosten dienen, wobei die fixen Kosten global durch die Abweichung der Gesamtkosten G von der linear-proportionalen Preisgeraden Ο—Ρ definiert werden, das heißt, mit anderen Worten, durch eine Kategorisierung der Reagibilitätserscheinungen der Gesamtkosten i n Abhängigkeit von der Beschäftigung. So gesehen können w i r uns „nicht allein den fixen Kosten (— gemeint sind die fixen Kosten F — siehe Abb. 1 — vom Verfasser eingefügt —) zuwenden, sondern w i r müssen die gesamte Kostenstruktur bei der Beurteilung unserer Frage untersuchen und hieraus die Bedeutung der fixen Kosten eliminieren. Gerade das Verhältnis, i n dem die fixen Kosten zu den Gesamtkosten stehen, ist für uns von besonderer Bedeutung" 8 . Den fixen Kosten F, die i m Sinne Schmalenbachs beschäftigungsunabhängige Kosten und Betriebsbereitschaftskosten sind, wollen w i r uns später unter b) näher zuwenden. Jedoch wirken sich diese fixen Kosten F ebenso wie die funktionsbedingten Fixkosten, welche w i r 7 Schmalenbach kannte noch die Kategorie: „Regressive Kosten", denen er für die betriebliche Praxis n u r geringe Bedeutung beimaß (siehe Heinen, E.: Betriebswirtschaftliche Kostenlehre, S. 138). „ N u r der logischen Entwickl u n g wegen u n d u m zu verhüten, daß man den Begriff der degressiven Kosten falsch anspricht, sei erwähnt, daß es . . . auch regressive Kosten gibt. Sie fallen bei Erhöhung des Beschäftigungsgrades i n ihrer absoluten Höhe" (Schmalenbach, E.: Kostenrechnung u n d Preispolitik, 7. Aufl., S. 70). Regressive Gesamtkosten entstehen ζ. B. durch „hochhitzige Öfen m i t sehr hitzebeständigen, aber gegen Schwankungen höchst empfindlichen feuerfesten Steinen. Eine Produktionsreduktion oder eine Stillsetzung einzelner Öfen oder Batterien bringt sofort erhebliche Verluste an solchen Steinen" (Schmalenbach, E.: Selbstkostenrechnung u n d Preispolitik, 7. Aufl., S. 72). 8 Metzger, W.: Das Problem der fixen Kosten i n der Marktwirtschaft. Diss. M a n n h e i m 1954, S. 5.

Α. Die kausalen Fixkostentheorien

35

ebenfalls unter b) noch näher erläutern werden, global auf den Gesamtkostenverlauf G aus und werden auf eine deskriptiv-entwicklungsmäßige Weise durch die Abweichung der Gesamtkostenkurve G von der Preisgeraden Ο—Ρ i n der freien Konkurrenz charakterisiert. Schmalenbach kommt somit zu folgenden Kostenkategorien: Unter proportionalen Gesamtkosten (— siehe hier den linear-proportionalen Kostenverlauf des Grenzbetriebes i n der freien Konkurrenz; dieser Kostenverlauf ist m i t der Preisgeraden Ο—Ρ i n Abb. 1 identisch —) sind jene Kosten zu verstehen, die innerhalb der Gesamtkosten G i m Beschäftigungspunkt b (— siehe Abb. 1 ! —) auftreten und mit der Beschäftigung χ i n gleichem Maße steigen und fallen. W i r haben es daher bei den proportionalen Kosten m i t einer linearen Funktion zu tun, da sich die Kosten rein proportional zur Beschäftigung verhalten. Zur Bedeutung der proportionalen Kosten i n der Praxis können w i r sagen, daß es Betriebe gar nicht gibt, „deren Gesamtkosten genau auf den Pfennig proportional s i n d . . . Aber es gibt Betriebe, deren Kosten sich wenigstens einigermaßen proportional verhalten" 9 . „Degressive Gesamtkosten sind dadurch gekennzeichnet, daß die gesamten Kosten m i t steigendem Beschäftigungsgrad zwar steigen, daß aber die Steigerung geringer ist als die Steigerung der Produktion 1 0 ." Schmalenbach betrachtet die degressiven Kosten als eine Mischung proportionaler und fixer Kosten 1 1 . I m Sinne der später noch zu behandelnden Lehmannschen Fixkosten können w i r auch sagen, daß die degressiven Kosten als eine Mischung proportionaler und positiver sowie negativer fixer Kosten zu betrachten sind. Hierbei werden die positiven und negativen fixen Kosten durch die Abweichung der Gesamtkostenkurve G vom linear-proportionalen Kostenverlauf Ο—Ρ erklärt. Je geringer der Anteil der fixen Kosten F an der Gesamtkostenmenge G ist, u m so schwächer ist die Degression, d. h. u m so geringer ist die Abweichung der Gesamtkostenkurve G von der Preisgeraden Ο—Ρ (— siehe Abb. 1! —). Dagegen w i r d umgekehrt die Degression stärker, wenn der Anteil der fixen Kosten F größer wird. Somit stellt Schmalenbach fest, daß es proportionale Kosten (— siehe den linearproportionalen Kostenverlauf Ο—Ρ des Grenzbetriebes i n Abb. 1! —) und fixe Kosten F nur i n einer A r t gibt, somit also praktisch Daten für den Betrieb sind; dagegen gibt es die degressiven Kosten ebenso wie die progressiven i n vielen Arten, w e i l der intramarginale Betrieb 9 Schmalenbach, E.: Kostenrechnung u n d Preispolitik. 7. Aufl., K ö l n und Opladen 1956, S. 46. 10 Schmalenbach, E.: „Selbstkostenrechnung." Z f h F 1919, S. 287. 11 Vgl. Schmalenbach, E. : Kostenrechnung u n d Preispolitik. 7. Aufl., K ö l n und Opladen 1956, S. 75.

3*

36

1. Kap.: Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

entlang der Gesamtkostenkurve G operiert und viele wechselnde Beschäftigungssituationen χ hat. „Die Degression kann stark sein, die Kosten nähern sich dann den fixen Kosten, (— indem die Gesamtkostenkurve G sich einem parallelen Verlauf zur x-Achse nähert — vom Verfasser eingefügt —) sie kann aber auch schwach sein, die Kosten nähern sich dann den proportionalen Kosten" 1 2 (— indem die Gesamtkostenkurve G sich der Kostengeraden Ο—Ρ nähert — vom Verfasser eingefügt —). „ F ü r Betriebe m i t degressiven Gesamtkosten gibt es nach Schmalenbach zahlreiche Beispiele. Weitaus die meisten Betriebe haben innerhalb bestimmter Beschäftigungsgrade degressive Kosten. Normalerweise steigen die Kosten degressiv von ganz kleiner bzw. von der Beschäftigung χ = Ο bis zu voller Beschäftigung 13 (— siehe hier das Betriebsoptimum BO i n Abb. 1! —). Schmalenbach führt dafür einige Beispiele aus kapitalintensiven Industriezweigen an. Besonders auffällig seien Degressionserscheinungen bei Verkehrsbetrieben (Eisenbahnen, Speditionsbetriebe, Lagerhäuser, Postanstalten) 1 4 ." „Progressive Kosten sind ein Überanstrengungsmerkmal, wo allerdings die Uberanstrengung, selbst die dauernde Überanstrengung, nicht notwendigerweise zu Krankheiten führen muß 1 5 ." Progressive Kosten entstehen dadurch, daß man über die normale Beschäftigung eines Betriebes oder bestimmter Betriebsanlagen (— siehe hier i n Abb. 1 das Betriebsoptimum BO —) hinausgeht. Der Beschäftigungsgrad übersteigt also die Betriebsbereitschaft, so daß die progressiven Kosten infolge fehlender Betriebsbereitschaft entstehen. Daher kann man auch von Kosten „negativer Betriebsbereitschaft" bzw. von „negativen fixen Kosten" sprechen, da Schmalenbach die Fixkosten auch als Kosten der Betriebsbereitschaft definiert 1 6 . Schmalenbach sagt hierzu: „Die Schwerfälligkeit der Anlage äußert sich nach beiden Seiten" 1 7 , d. h. zur Unterbeschäftigung als auch zur Überbeschäftigung hin. Die progressiven Kosten, welche eine Mischung von „negativ-fixen" und proportionalen Kosten i m Sinne Schmalenbachs darstellen und stärker ansteigen als die Beschäftigung, sind meistens eine Übergangserscheinung. Wenn eine Überbeschäftigung längere Zeit anhält, dann w i r d 12

Schmalenbach, E.: Selbstkostenrechnung..., 7. Aufl., S. 62. Derselbe, Selbstkostenrechnung..., 7. Aufl., S. 61. 14 Heinen, E. : Betriebswirtschaftliche Kostenlehre, Bd. I, Grundlagen, Wiesbaden 1959, S. 133/134. 15 Schmalenbach, E.: Selbstkostenrechinung, 2. Aufl., S. 25. 16 Derselbe, Selbstkostenrechnung..., 7. Aufl., S. 49. Hier sagt Schmalenbach, daß die fixen Kosten von der Unternehmungsnatur der modernen Betriebe abhängen, wobei er das Wort „Unternehmung" m i t einer „besonders gepflegten Betriebsbereitschaft" identisch setzt. 17 Derselbe, Selbstkostenrechnung..., 2. Aufl., S. 25. 13

Α. Die kausalen Fixkostentheorien

37

man meistens dafür sorgen, daß sie durch Vergrößerung der Anlagen oder Vermehrung der Arbeitskräfte beseitigt wird. I n diesem Falle w i r d also die Kosteneinflußdeterminante Betriebsgröße variiert, so daß w i r dann keinen reinen beschäftigungsabhängigen Kostenverlauf mehr haben. b) Die beschäftigungsunabhängigen Kosten (= Fixkosten) und ihre Abgrenzung gegenüber den Kosten der Betriebsbereitschaft im Sinne von Stillstandskosten Das von Schmalenbach verfolgte Ziel einer deskriptiv-entwicklungsmäßigen Deutung der Kostenkategorien: progressive, proportionale und degressive Kosten i n Form einer Untersuchung der Reagibilitätserscheinungen der Gesamtkosten i n Abhängigkeit von der Beschäftigung stand ganz unter dem Zeichen der Anwendung der Isolationsmethode, was eine wesentliche Prämisse des klassischen Modells des Ertragsgesetzes ist. Hierbei w i r d also eine Kosteneinflußgröße variiert, was i n diesem Falle die Beschäftigung ist. Die anderen Einflüsse, unter denen Schmalenbach die Kostendeterminanten: Betriebsgröße, Auftragszusammensetzung und Beschleunigung versteht 1 8 , sollen dabei wegfallen. I n diesem Sinne sagt Schmalenbach: „ Z u r Vermeidung aufgetretener Mißverständnisse möchte ich vorweg betonen, daß die Begriffe der proportionalen, fixen usw. Kosten nur zu verstehen sind unter dem Gesichtspunkt der Abhängigkeit vom Beschäftigungsgrad. Andere Einflüsse sind wegzudenken 19 " Eine deskriptiv-entwicklungsmäßige Deutung der fixen Kosten i m Sinne einer Abweichung der allein beschäftigungsabhängigen variablen Kosten ( = Gesamtkosten G abzüglich des Fixkostenblockes F — siehe Abb. 1! —) vom linear-proportionalen Kostenverlauf Ο—Ρ i m Rahmen der Aufstellung der Schmalenbachschen Kostenkategorien würde bedeuten, daß die so erklärten Fixkosten allein i n der unterschiedlichen Verbrauchs- bzw. Produktionsfunktion des intramarginalen Betriebes m i t einer lediglich variablen Kostenentwicklung gegenüber dem preisbestimmenden Grenzbetrieb mit einer proportionalen Kostengeraden ihre Ursache finden. Somit handelt es sich hierbei i m Prinzip u m funktionsbedingte Fixkosten. W i r wollen jedoch i m Rahmen einer deskriptiv-entwicklungsmäßigen Deutung der Fixkosten die Schmalenbachschen Kostenkategorien so verstanden wissen, daß die anderen Einflüsse außer der Beschäftigung global i n dem Fixkostenblock F (— siehe 18

Schmalenbach, E.: Selbstkostenrechnung und Preispolitik, 7. Aufl., S. 100, i m K a p i t e l : „Andere Kostenabhängigkeiten". 19 Derselbe, Selbstkostenrechnung . . . , 7. Aufl., S. 40.

38

1. Kap.: Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

Abb. 1! —) ihre Berücksichtigung finden, wie das bereits dargelegt wurde. Dieser Fixkostenblock F w i r d aufgeteilt in: 1. Die fixen Kosten als Kosten der Produktionstätigkeit (= beschäftigungsunabhängige Kosten — siehe hier die fixen Kosten F2 i n Abb. 1! —) 2. Die fixen Kosten als Kosten der Betriebsbereitschaft i m Sinne von Stillstandskosten (— siehe hier die fixen Kosten F i i n Abb. 1! —) Z u 1.: Die beschäftigungsunabhängigen Kosten definiert Schmalenbach folgendermaßen: „Wenn w i r hier von fixen Kosten sprechen, so meinen wir, daß es sich hier u m Kosten handelt, die durch den Beschäftigungsgrad nicht berührt werden, . . . 2 0 . " Diese fixen Kosten werden aus dem klassischen Kostenmodell abgeleitet, wo die Gesamtkosten i n alleiniger Abhängigkeit von der Beschäftigung stehen, und zwar unter Abbau der Prämisse: „Beliebige Teilbarkeit und Mobilität des variierten Faktors." I n Wirklichkeit ist jedoch dieser Fixkostenblock differenzierter, was w i r noch später i m Rahmen einer subjektivinduktiven Kostenbetrachtungsweise vor allem durch Darstellung der Gutenbergschen Kostendeterminanten herausstellen wollen, die einem größeren modelltheoretischen Abbau entsprechen als die Schmalenbachschen fixen Kosten als Kosten der beliebigen Teilbarkeit und Mobilität des variierten Faktors. Die fixen Kosten i m Sinne von beschäftigungsunabhängigen Kosten entstehen also dadurch, daß bei Variation irgendeines Produktionsfaktors unter Konstanz der anderen Faktoren, d. h. unter Erfüllung aller übrigen Prämissen der Grenzproduktivitätstheorie und der freien Konkurrenz keine infinitesimal genaue Zurechnung der Leistungsmenge ( = Beschäftigung) zu der Faktoreinsatzmenge ( = Produktionsgrenzkosten) erfolgen kann. Das heißt auch, daß die Produktionsmenge nicht durch eine infinitesimal kleine zusätzliche Einsatzmenge des variierten Faktors ausgedehnt werden kann, sondern daß für eine zusätzliche kleine Produktionsmenge eine unverhältnismäßig große Faktoreinsatzmenge benötigt wird. Deshalb muß z. B. bei einem vollständig ausgelasteten Maschinenpark i n einem Betriebe eine zusätzliche Maschine angeschafft werden 2 1 , die nur zu einem geringen Pro20 Schmalenbach, E.: Selbstkostenrechnung u n d Preispolitik, 6., erw. Aufl., Leipzig 1934, S. 29/30. 21 Es ist zu beachten, daß zum Zwecke einer reinen entwicklungsmäßigen Deutung des Schmalenbachschen Fixkostenbegriffes dieser zusätzliche E i n satz einer Maschine n u r der Variation eines Produktionsfaktors bei K o n stanz der übrigen Produktionsfaktoren entsprechen darf. Das hieße, daß m a n z. B. einen zusätzlichen Maschinenarbeiter nicht einstellen darf. Dies ist i n p r a x i jedoch selten der Fall, so daß es sich dabei u m eine Variation sämtlicher Produktionsfaktoren i m Sinne einer Betriebsgrößenerweiterung

Α. Die kausalen Fixkostentheorien

39

zentsatz ausgelastet ist, wenn die Erstellung einer zusätzlichen Produktionsmenge angestrebt wird, die kleiner ist, als m i t der Maschine bei voller Kapazitätsauslastung produziert werden kann. So kommt Schmalenbach zu folgender Definition der fixen Kosten, die praktisch die Gültigkeit der Fixkostendefinition als beschäftigungsunabhängige Kosten auf bestimmte Beschäftigungsintervalle begrenzt: „Ihre Eigentümlichkeit besteht darin, daß sie innerhalb gewisser Grenzen vom Beschäftigungsgrad unabhängig sind, dann aber bei Überschreitung dieser Grenzen plötzlich i n die Höhe springen, u m dann wieder eine Zeitlang fix zu bleiben 2 2 " (siehe Abb. 2).

Abbildung

2

I n der obigen Abbildung sind die beschäftigungsunabhängigen Kosten für die Intervalle: xi, X2, X3 und die Betriebsbereitschaftskosten F für den gesamten Beschäftigungsbereich von 0 bis X3 dargestellt, wobei w i r zum besseren Verständnis einen linearen Kostenverlauf zugrunde gelegt haben. Dieser lineare Kostenverlauf von 0 bis X3 kann als ein ganz kleiner Bereich der aus dem Ertragsgesetz abgeleiteten handelt. I n diesem Sinne k o m m t Mellerowicz zu folgender Feststellung: „Vielmehr ist bei ansteigender Beschäftigung die allmähliche Erweiterung der Kapazität (additive Kapazität) das Regelmäßige. Die allmähliche E r weiterung dient der Anpassung der vorhandenen Kapazität an den Bedarf und soll es ermöglichen, den Betrieb dauernd i n der f ü r i h n günstigsten Zone der Proportionalität zu halten." (Mellerowicz, K . : Kosten u n d Kostenrechnung, Bd. I : Theorie der Kosten, 3. Aufl., B e r l i n 1957, S. 299.) Trotz dieser f ü r praktische Verhältnisse nicht zutreffenden Fixkostendeutung Schmalenbachs, bei der der statische Kostenverlauf unter E i n haltung aller Prämissen postuliert w i r d , sieht Mellerowicz jedoch keinen Grund, die Kostenkategorien Schmalenbachs (proportionale, progressive, degressive und fixe Kosten) als unbrauchbar anzusehen. Deshalb k o m m t er zu der Feststellung, daß sich „an den bei der Betrachtung der einfachen Kapazität gemachten grundsätzlichen Feststellungen nichts ändert". (Mellerowicz, K . : Kosten u n d Kostenrechnung, Bd. I, 3. Aufl., S. 168.) 22 Schmalenbach, E.: Selbstkostenrechnung u n d Preispolitik, 7. Aufl., S. 57.

40

1. Kap.: Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

Gesamtkostenkurve angesehen werden, der als ein Stück dieser Kurve nahezu linear verläuft. Aus dieser Darstellung ist ersichtlich, daß die beschäftigungsunabhängigen Kosten treppenstufenförmig von der Beschäftigung 0 bis zur Beschäftigung X3 laufen. I n dem Beschäftigungsbereich von 0 bis X3 bleiben die fixen Kosten jedoch keineswegs von der Beschäftigung ständig unabhängig, da sie bei der Beschäftigung x i und xo sprunghaft ansteigen. Aus diesem Grunde haben sie „wenigstens bis zu gewissem Grade proportionalen Charakter" 2 3 . Schmalenbach kommt aufgrund dieser Erkenntnisse zu folgender endgültigen Definition der fixen Kosten i m Sinne von beschäftigungsunabhängigen Kosten: „Fixe Kosten sind solche Kosten, die innerhalb bestimmter Beschäftigungsgrenzen vom jeweiligen Beschäftigungsgrad unabhängig sind. Werden die Beschäftigungsgrenzen nach oben oder nach unten überschritten, so verändert sich auch die Höhe der fixen Kosten, und zwar sprunghaft 2 4 ." Schmalenbach mißt den Sprungkosten bzw. den „annähernd fixen Kosten", wie er sie nennt, i n praxi die größte Bedeutung zu. Betriebe m i t nur „absolut fixen" bzw. unbedingt fixen Kosten ( = Kosten der Betriebsbereitschaft), auf die der Beschäftigungsgrad keinen Einfluß ausübt, gibt es nach seiner Ansicht kaum. Somit entsprechen die fixen Kosten Schmalenbachs i m Sinne von beschäftigungsunabhängigen Kosten lediglich dem Abbau einer Prämisse des klassischen Kostenmodells. Dieser einzige Prämissenabbau reichte jedoch schon für Schmalenbach aus, damit zu beweisen, daß die freie Wettbewerbswirtschaft aufgrund der schweren Beweglichkeit und mangelnden Teilbarkeit der Betriebsanlagen nicht weiter bestehen könne 2 5 . W i r w i r noch später sehen werden, lassen sich realistische Kostenverläufe nicht allein durch diesen einzigen Prämissenabbau erklären, was uns zu der subjektiv-induktiven Betrachtungsweise der Kosten, speziell der Fixkosten führt. Durch die Berücksichtigung sämtlicher Kosteneinflußgrößen erreichen w i r eine differenzierte Auflösung des Fixkostenblockes F i n Abb. 1 i n geplante Nutzkosten der einzelnen Kostendeterminanten und i n Leerkosten i n Form der Abweichung der Istkosten von den einzelnen geplanten Kosteneinflußgrößen ( = Nutzkosten). Z u 2.: Die Deutung der Fixkosten als beschäftigungsunabhängige Kosten hat Schmalenbach jedoch nicht konsequent eingehalten. I n 23

Ebenda. Derselbe, Selbstkostenrechnung . . . , 7. Aufl., S. 58. 25 Vgl. Schmalenbach, E.: Der freien Wirtschaft zum Gedächtnis, K ö l n und Opladen 1958. 24

Α . Die kausalen Fixkostentheorien

41

seinen späteren Auflagen: „Selbstkostenrechnung und Preispolitik" setzte sich immer mehr die Definition der „fixen Kosten als Kosten der Betriebsbereitschaft" durch. Er unterscheidet hier zwischen einer toten und einer lebenden Betriebsbereitschaft. „Die tote Betriebsbereitschaft verursacht fixe Kosten i n Form von Abschreibungen, Zinsen, Instandhaltungskosten und dgl. für Maschinen, Gebäude und sonstige Einrichtungen 2 6 ." Hiervon sind die Fixkosten der lebenden Betriebsbereitschaft zu unterscheiden, die nicht bei der Bereitstellung von Maschinen, Gebäuden usw. entstehen, sondern durch das Iniaufsetzen und Inganghalten von Kräften und kostenverursachenden Einrichtungen auch anderer A r t von Seiten der Menschen, welche die A n lagen bedienen 27 . Die tote Betriebsbereitschaft „ist die rein technische Produktionsbereitschaft auf dem Ausrüstungssektor", die lebende Betriebsbereitschaft „umfaßt auch diejenige der menschlichen Organisation" 2 8 . Die fixen Kosten der Betriebsbereitschaft i m Sinne von Stillstandskosten, welche von den Betriebsbereitschaftskosten i m Sinne von beschäftigungsunabhängigen Kosten zu unterscheiden sind (— siehe die fixen Kosten F t und F 2 i n Abb. 1! —), entsprechen ebenfalls einem Prämissenabbau der Grenzproduktivitätstheorie und der freien Konkurrenz. Hierbei trägt man der Tatsache Rechnung, daß Kosten auch dann entstehen, wenn eine Produktionstätigkeit ( = Beschäftigung) gar nicht erfolgt. Dieser Abbau der Prämisse der Grenzproduktivitätstheorie und der freien Konkurrenz, wonach Kosten nur dann entstehen, wenn die Produktionsfaktoren etwas produzieren, führt zu einer neuen Deutung der fixen Kosten, die i n konsequenter Form von Schnutenhaus analysiert wurden, was w i r noch sehen werden. Schmalenbach unterscheidet zwei verschiedene Gruppen von Kosten der Betriebsbereitschaft 29 : a) Die fixen Kosten der Betriebsanlage b) Die fixen Kosten der Unternehmensform Z u a): Bei den fixen Kosten der Betriebsanlage handelt es sich um solche, die zur Erhaltung und Unterhaltung der Anlagen dienen: aa) Zu den fixen Kosten, die der Erhaltung der Anlagen dienen, sind folgende ζ. B. zu rechnen: Abschreibungen, die infolge der Entwertung der Betriebsanlagen durch Witterungseinflüsse ζ. B. entstehen. Abschreibungen infolge 26

Heinen, E.: Betriebswirtschaftliche Kostenlehre, Bd. I, S. 132. Schmalenbach, E.: Selbstkostenrechnung . . . , 7. Aufl., S. 49. Heinen, E.: Betriebswirtschaftliche Kostenlehre, Bd. I, S. 132. 291 Vgl. hier Schröder, P.: Das Wesen der fixen Kosten i n der striellen Produktion, Diss. K ö l n 1926, S. 15 ff. 27

28

indu-

42

1. Kap. : Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

einer wirtschaftlichen Überholung ( = Schwinden der Modernität der Betriebsanlagen). Auch die technische Überholung spielt hier eine Rolle, so z. B. Spezialmaschinen, die durch laufende Erfindundungen verbessert werden. Ebenfalls sind die Prämien für die Versicherung des Anlagekapitals gegen Vernichtung und Beschädigung durch Feuer oder Explosion zwecks Erhaltung der Betriebsanlagen hier zu berücksichtigen. bb) Zu den fixen Kosten, die der Unterhaltung der Anlagen dienen, sind z. B. die Zinsen des i n die Betriebsanlagen investierten Kapitals zu zählen. Diese Kosten entstehen nicht durch einen Substanzverzehr, sondern sie dienen allein dazu, die laufende Existenz der Betriebsanlagen zu gev/ährleisten. Hierzu gehören Ausgaben für Reparaturen zur Ausbesserung von Schäden, die nicht durch die direkte Produktionstätigkeit hervorgerufen worden sind, so z.B. Kosten für Gebäudeanstrich, Lohnkosten für Wächter und Pförtner. Z u b): Die fixen Kosten der Unternehmungsform entstehen aufgrund der Tatsache, daß zur Struktur der Betriebsbereitschaft nicht nur die Erstellung und anschließende Erhaltung und Unterhaltung der Betriebsanlagen zählen, sondern daß auch die Unternehmung als der juristische Uberbau der technischen Produktionsstätte dem Betrieb Kosten verursacht. Auch dieser kaufmännisch-organisatorische Bereich, der von der Betriebsbereitschaft nicht zu trennen ist, hat ebenfalls einen Einfluß auf die betriebliche Kostenstruktur. Das sehen w i r z. B. bei den Personengesellschaften. Da bei einer Einzelfirma ein Gesellschaftsvertrag nicht aufgestellt wird, der die rechtlichen Beziehungen der Unternehmer untereinander regelt, t r i t t auch hier nicht diese besondere A r t der fixen Kosten i n ihrer Abhängigkeit von der Unternehmensform auf. Anders ist das schon i n der OHG und KG, da hier mehrere Unternehmer bzw. Personen an einem Unternehmen beteiligt sind und daher einen Gesellschaftsvertrag abschließen müssen. Hiervon weichen die fixen Kosten der Unternehmungsform bei den Kapitalgesellschaften, insbesondere bei der Aktiengesellschaft, oft erheblich ab. Die hierdurch bedingten Kosten erklärt Schmalenbach folgendermaßen: „Das Teuerarbeiten ist zurückzuführen teilweise auf notwendige, m i t der A G gesetzlich verbundene Sonderbelastungen; teilweise hängt es zusammen m i t dem gewöhnlich steigenden Bedürfnis nach Repräsentation und mit geringer werdender Sparsamkeit 30 ." Als wesentliche Verteuerungsmomente bei der Umwandlung irgendeiner Unternehmensform i n eine Aktiengesellschaft sind i n erster Linie 30

Schmalenbach,

E.: Finanzierungen, Leipzig 1922, S. 866.

Α. Die kausalen Fixkostentheorien

43

der Ausbau der Buchführung und anderer Kontrolleinrichtungen zu erwähnen. „Sie muß insbesondere auf die Prüfung durch die Revision und den Aufsichtsrat eingerichtet sein, muß auch einen Abschluß innerhalb mäßiger Zeit erlauben. Häufig entsteht m i t Rücksicht auf Dividendenschätzung und Spekulation nach der Umwandlung ein Bedürfnis für monatliche Gewinnrechnung, deren Kosten je nach den Umständen beträchtlich sein können 3 1 ." Auch haben w i r bei der A G Kosten der dauernden Revision und der Bilanzveröffentlichung. Weiter t r i t t hier i m Vergleich zu Personengesellschaften eine Erhöhung der fixen Kosten der Unternehmungsform durch die Aufsichtsratsteuer auf, dann die Provision an die Banken für die Auszahlung von Dividenden, ebenso auch die Vorstands- und Aufsichtsrattantieme. c) Zusammenfassung

und Kritik

Die Schmalenbachschen Kostenkategorien stellen i m Prinzip eine deskriptiv-entwicklungsmäßige Deutung der Fixkosten dar, die i m Prinzip aufgrund der Abweichung der Gesamtkostenkurve G von der Preisgeraden Ο—Ρ i n der freien Konkurrenz ihre Erklärung finden. Diese deskriptiv-entwicklungsmäßige Kostenbetrachtungsweise erfährt methodisch durch die später noch darzustellende mathematisch-funktionale Kostenuntersuchung Lehmanns eine wesentliche theoretische Verbesserung. Wie w i r jedoch noch i m 2. Kapitel unter a) sehen werden, geht Schmalenbach bei seiner kostentheoretischen Grundkonzeption von der Zielsetzung aus, das System der freien Konkurrenz (vgl. Preisgerade Ο—Ρ i n Abb. 1!) i n dem kleinen Bereich eines Betriebes zu verwirklichen. Somit kommt es analog zu der Preisbildung auf dem Markt auch zu einer Preisbildung i m Betrieb, und zwar i m Rahmen der Betriebswertrechnung, i n der eine Bewertung der Kostengüter zu Grenzkosten erfolgt. Die Bewertung auf der Basis betriebsindividueller Grenzkosten führt jedoch zu einer anderen Deutung der fixen Kosten. A n die Stelle der Abweichung der Gesamtkostenkurve G von der proportionalen Preisgeraden Ο—Ρ t r i t t dann die Abweichung der Grenzkostenkurve K ' von den auf die einzelnen Produkteinheiten verrechneten Gesamtkosten ( = Kurve Kg) — siehe Abb. 5 i m 2. Kapitel! —. U m die Produktionsfaktoren i n einem Betrieb an den Stellen optimaler Verwendung einsetzen zu können, müssen ihre Leistungen so bewertet werden, daß sie den Grad ihrer Knappheit bzw. ihres betrieblichen Bedarfs widerspiegeln. Das bedeutet, daß der Verzehr der Produktionsfaktoren entsprechend der Grenzproduktivitätstheorie bewertet werden muß (== Bewertung zum Grenzkostensatz, der auch 31

Derselbe, Finanzierungen, S. 66.

44

1. Kap.: Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

Betriebswert bzw. optimale Geltungszahl genannt wird). Damit der Betriebswert die Funktion der Preise i n der freien Verkehrswirtschaft i m Betrieb übernehmen kann, kommt es auf eine möglichst exakte Grenzkostenkalkulation an. Nur der hiernach bewertete Güterverzehr bringt die Voraussetzungen dafür mit, daß die Kostengüter i m Zuge der pretialen Lenkung automatisch an die Stellen optimaler Verwendung geführt werden. Die Bewertung des Verzehrs ist deshalb die wichtigste und zugleich schwierigste Aufgabe i n der Wirtschaftlichkeitsrechnung. Die deskriptiv-entwicklungsmäßige Deutung der fixen Kosten, welche von Lehmann methodisch exakter analysiert wurden, führt zu keinen kostentheoretischen Erkenntnissen. Die fixen Kosten i n Form der A b weichung der Gesamtkosten G vom linear-proportionalen Kostenverlauf Ο—Ρ, d. h. also von den Marktpreisen der Produkte, welche der einzelne Betrieb absetzt, lassen sich aufgrund folgender Ursachen erklären: a) Die mangelnde Mobilität bzw. Anpassungsfähigkeit der Produktionsfaktoren aufgrund ihrer natürlichen Festigkeit bzw. schweren Beweglichkeit auf dem Konkurrenzmarkt bei sich verändernden Marktwerten. b) Die zugrunde gelegte Verbrauchsfunktion des Grenzbetriebes i n der freien Konkurrenz (— siehe hier die linear-proportionale Verbrauchsfunktion entsprechend der Kosten- bzw. Preisgeraden Ο—Ρ i n Abb. 1! —), welche das Ausmaß des Einflusses des leistungsbedingten Substanzverzehrs der Produktionsfaktoren auf die Höhe der Knappheitspreise ( = Marktpreise) bestimmt. Auch ist für die Höhe der deskriptiv-entwicklungsmäßig gedeuteten Fixkosten die Verbrauchsfunktion des intramarginalen Betriebes von Bedeutung, der entlang der Gesamtkostenkurve G operiert. c) I n den zu starken Schwankungen der Kosten des marktpreisbestimmenden Grenzbetriebes, wobei i n Übereinstimmung m i t realistischen wirtschaftlichen Situationen ein Abbau der Prämissen der Grenzproduktivitätstheorie i n Form der Berücksichtigung sämtlicher Kostendeterminanten und ein Abbau der Prämissen der freien Konkurrenz mittels Zugrundelegung einer unvollständigen Konkurrenzsituation berücksichtigt wird. Hier läßt sich somit die mangelnde Anpassungsfähigkeit der Produktionsfaktoren, deren produktiver Einsatz die Gesamtkostenentwicklung G hervorruft, nicht aufgrund ihrer natürlichen Festigkeit bzw. schweren Beweglichkeit erklären, sondern aufgrund zu stark schwankender Grenzkostenpreise (— vgl. die Preisgerade Ο—Ρ i n Abb. 1! —) bzw. Marktpreise.

Α . Die kausalen Fixkostentheorien

45

d) I n der mangelnden sich zeitlich verzögernden Reagibilität der Marktpreise gegenüber sich verändernden Einsatzmengen der Produktionsfaktoren i m Grenzbetrieb, der den Marktpreis i n der freien Konkurrenz bestimmt. Z u a): Die mangelnde Mobilität der Produktionsfaktoren ist dadurch gekennzeichnet, daß w i r Produktionsfaktoren haben, die zu schwer beweglich sind (ζ. B. Maschinen), u m sie entsprechend den wechselnden Knappheitssituationen auf dem M a r k t optimal einzusetzen. Hierdurch entstehen fixe Kosten, die von den proportionalen Kosten unterschieden werden müssen. Schmalenbach hat hierbei an den Unterschied zwischen Maschinenleistungen und Arbeitskräften gedacht. Während die Arbeitskräfte auf dem M a r k t schnell von einer Stelle zu einer anderen hinbeordert werden können, um ihren wirtschaftlichen Einsatz zu gewährleisten, ist das bei den Maschinen nicht möglich. Es ist jedoch zu beachten, daß ein beweglicher wirtschaftlicher Einsatz der Produktionsfaktoren i n erster Linie vom Grad der Spezialisierung abhängt. Der Spezialisierungsgrad kann aber bei jedem Produktionsfaktor vorliegen, auch beim Produktionsfaktor Arbeit, so daß auch die von Schmalenbach als proportional angesehenen Lohnkosten oft einen fixen Charakter haben. I n praxi kommt es darauf an, daß die mangelnde Beweglichkeit der Betriebsmittel durch Mehrzweckmaschinen 32 und durch eine besonders gute Beweglichkeit der Werkstoffe und fertigen bzw. halbfertigen Produkte ausgeglichen wird, was ein gut funktionierendes innerbetriebliches und zwischenbetriebliches Transportwesen voraussetzt. Hierdurch können die „schwer beweglichen Betriebsmittel" bis zu einem gewissen Grad indirekt mobilisiert werden. Das bedeutet, daß nicht die gesamten Maschinenabschreibungs32 Vgl. hierzu die Ausführungen von Munzel, G.: Die fixen Kosten i n der Kostenträgerrechnung, Wiesbaden 1966, S. 35. M i t der Frage der „Wechselbeziehungen zwischen den fixen Kosten und dem betriebswirtschaftlichen Elastizitätsstreben" hat sich Vormbaum beschäftigt. Vgl. Vormbaum, H.: „Wechselbeziehungen zwischen den fixen Kosten u n d dem betriebswirtschaftlichen Elastizitätsstreben." ZfB, Jg. 29 (1959), S. 198—205. Hier k o m m t Vormbaum auf S. 205 zu dem Ergebnis, „daß die Elastizität i n bestimmten Elastizitätsbereichen abnimmt, i n anderen, aber immer begrenzten Elastizitätsbereichen gleichzeitig z u n i m m t " . Hierzu f ü h r t Munzel weiter aus: „So sinkt beispielsweise bei Anschaffung einer Mehrzweckmaschine, die wegen des höheren Anschaffungspreises ceteris paribus höhere Fixkosten verursacht, als eine Einzweckmaschine, zwar die Anpassungsfähigkeit an eine rückläufige Beschäftigung (wegen der höheren Kosten gerät der Betrieb bei rückläufiger Beschäftigung eher i n die Verlustzone), andererseits steigt aber die Anpassungsfähigkeit an qualitative Veränderungen des Produktionsprogramms u n d die Vermögenselastizität (im Sinne der Liquidierbarkeit der Vermögensteile). Es k a n n also gesagt werden, daß die fixen Kosten nicht i n jedem F a l l elastizitätsmindernd wirken, sondern daß umgekehrt i n einigen Fällen eine höhere Elastizität n u r durch höhere Fixkosten erkauft werden kann."

46

. K a p . : Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

kosten i m Sinne von Betriebsbereitschaftskosten (— siehe hier den Fixkostenblock F i i n Abb. 1! —) als fix angesehen werden müssen, weil sie von den schwerbeweglichen Betriebsmitteln verursacht werden. Wir müssen also von einem Idealzustand der einhundertprozentigen Mobilität ausgehen und daraus den Istzustand der Teilmobilität der Betriebsmittel ermitteln. Dabei machen w i r uns den theoretischen Grundsatz des klassischen Kostenmodells zu eigen, wobei für den Fall der völligen Mobilität und stetigen Teilbarkeit der Produktionsfaktoren unter der Voraussetzung des ständigen optimalen Einsatzes an den Stellen der wichtigsten Verwendung auf dem M a r k t immer Vollbeschäftigung aller Produktionsfaktoren vorliegt, was natürlich aus praktischer Sicht kritisch zu beurteilen ist. Die Vollbeschäftigung einer Maschine kann man durch einen bestimmten Maßstab angeben (Leistungseinheiten: z. B. die Produktmenge oder die Beschäftigungszeit pro Tag). Die Abweichung der Ist-Leistung einer Maschine, aber auch aller anderen betrieblichen Produktionsfaktoren von der Soll-Leistung ( = Vollbeschäftigung) kann dann der Ausdruck der fehlenden TeilMobilität bzw. der nicht ausgenutzten Kapazität der Produktionsfaktoren sein. Diese Kapazitätskosten sind typische Betriebsbereitschaftskosten (siehe die fixen Kosten F t i n Abb. 1!), die auf diese Weise i n Nutz- und Leerkosten aufgeteilt werden. Dies hat Schmalenbach unterlassen, obwohl es gerade i n einer Zeit des Ansteigens der betrieblichen Fixkostenstruktur bedeutsam ist, die Aufspaltung der fixen Kosten i n Nutz- und Leerkosten vorzunehmen, da sonst aufgrund des ständigen Schwindens der proportionalen Kosten eine Konkurrenzpreisbildung illusorisch wird. Z u b): Schmalenbach geht bei der Untersuchung der Kosten i n A b hängigkeit von der Beschäftigung von der Produktions- bzw. Verbrauchsfunktion des allgemeinen Ertragsgesetzes aus. Produktionskoeffizienten, wie sie i n der Landwirtschaft Gültigkeit haben, brauchen jedoch nicht für die Industrie zuzutreffen. Nach Gutenberg werden die Produktionskoeffizienten der industriellen Produktion allein durch die technischen Daten der Betriebsmittel bestimmt 3 3 . Sie sind also abhängig von dem Verhältnis der Verbrauchsmengen (z. B. Brennstoff, Strom und Leistungen der Maschinenarbeiter) zu der technischen Leistung eines Betriebsmittels ( = Verbrauchsfunktionen). Abweichungen der effektiven Kostenentwicklung aufgrund der industriellen Verbrauchsfunktionen von der Verbrauchsfunktion des allgemeinen Ertragsgesetzes, wie sie den Schmalenbachschen entwicklungsmäßig gedeuteten Fixkosten zugrunde liegt, finden wiederum i n der Höhe der fixen Kosten ihren Ausdruck. Die Ursache liegt hier i n den unter33 Gutenberg, E.: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, tingen-Heidelberg 1960, S. 219 ff.

Berlin-Göt-

Α. Die kausalen Fixkostentheorien

47

schiedlichen Verbrauchs- bzw. Produktionsfunktionen. W i r wollen deshalb von einer funktionsbedingten „Festigkeit" der Kosten sprechen. Z u c): Die mangelnde Mobilität der Produktionsfaktoren und damit die Ursache der fixen Kosten findet ihre Begründung auch darin, daß die Kosten des marktpreisbestimmenden Grenzbetriebes nicht nur Beschäftigungsschwankungen ausgesetzt sind, sondern auch allen anderen Kosteneinflußgrößen, zu denen i m Sinne Schmalenbachs die Betriebsgröße, die Auftragszusammensetzung und die Beschleunigung des Fertigungsprozesses zählen, wobei jedoch auch die von Schmalenbach nicht speziell definierten Kosteneinflußgrößen i n Form von Faktorqualitäten und Faktorpreisen beachtet werden müssen 34 . Diese Kosteneinflüsse kommen dadurch zur Wirkung, daß entgegen der klassischen Prämisse von der „Zeitlosigkeit der Produktion und der Anpassungsprozesse" i n praxi ein dynamischer Prozeßablauf vonstatten geht, i n dem außer den quantitativen Leistungsveränderungen i n Form der Beschäftigung auch Variationen struktur- und marktbedingter Kostendaten des marktpreisbestimmenden Grenzbetriebes erfolgen. Hierdurch verursachte stärkere Schwankungen der Marktpreise erhöhen den Grad der Immobilität der schwerbeweglichen Produktionsfaktoren des intramarginalen Betriebes, der entlang der Kostenkurve G operiert. Dies muß bei einer entwicklungsmäßigen Deutung der fixen Kosten i n Form der Abweichung der Gesamtkostenkurve G vom linearproportionalen Kostenverlauf Ο—Ρ (— siehe Abb. 1 —) berücksichtigt werden, wobei eine Kategorisierung der Gesamtkosten entsprechend der Schmalenbachschen Kostenkategorien aufgrund starker Schwankungen der als Bezugs- bzw. Vergleichsgröße dienenden proportionalen Kosten des Grenzbetriebes schwierig ist. Die Tatsache, daß neben der Beschäftigung auch andere Kosteneinflußgrößen wirksam werden, ist allein schon daraus ersichtlich, daß Schmalenbach eine scharfe Isolierung der Beschäftigung von den übrigen Kosteneinflußgrößen nicht gelungen ist. Das geht aus seiner Definition der progressiven Kosten hervor: „ . . . die Arbeiter werden durch progressive Prämien zu größeren Leistungen angespornt, billige (auch relativ billige) aber geringwertige Arbeiter werden durch teure Hochleistungsarbeiter ersetzt 35 ." Hieraus geht deutlich hervor, daß „ m i t der Beschäftigungsänderung auch qualitative und pretiale Veränderungen i n den Produktionsbedingungen 34 Vgl. Schmalenbach, E. : Selbstkostenrechnung u n d Preispolitik, 7. Aufl., S. 40 und S. 100, unter dem Kapitel: „Andere Kostenabhängigkeiten." Vgl. Gutenberg, E.: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, l . B d . , 1960, hier werden die Kostendeterminanten behandelt, denen w i r uns noch später unter aa) auf Seite 73 ff. u n d unter bb) auf Seite 81 ff. zuwenden werden. 35 Schmalenbach, E.: Selbstkostenrechnung . . . , 7. Aufl., S. 69.

48

1. Kap. : Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

verbunden sind. Insofern kann die Erklärung der progressiven Gesamtkosten bei zunehmendem Beschäftigungsvolumen nicht, wie es bei Schmalenbach geschieht, ausschließlich auf die Veränderung der Produktionsmenge bzw. der Beschäftigung zurückgeführt werden" 3 6 . Auch Henzel 3 7 hat bei einer kostenanalytischen Untersuchung von sechs Betrieben selbst über den Zeitraum von mehreren Jahren sinngemäß festgestellt, daß die Kosten des Grenzbetriebes, d. h. also die betriebsindividuellen Marktpreise ( = Kosten i n Abhängigkeit von der Beschäftigung) starke sprunghafte und willkürliche Schwankungen aufweisen, die keine mathematischen Gesetzmäßigkeiten i n der Kostenentwicklung erkennen lassen, anhand dessen eine Wirtschaftlichkeitsrechnung zum Zwecke eines optimalen bzw. rationellen Einsatzes der Produktionsfaktoren aufgebaut werden kann. „Die wechselnden Verhältnisse des Marktes, das Können und die Dispositionen des arbeitenden Menschen, der Aufbau des Produktionsprozesses, weiter Standort, Arbeitszeit und Auftragsgröße, Auftragswechsel, Form der Entlohnung u. a. sind . . . diejenigen Faktoren, die es nicht ermöglichen, daß exakte Verhältnisse festgelegt werden können 3 8 ." Es entsteht nun allgemein die Frage, ob der Einfluß der Kostendeterminanten außer der Beschäftigung auf die Höhe des Grenzkostenpreises i n der freien Konkurrenz bzw. auf die Höhe der Schmalenbachschen Kostenkategorien konstant oder veränderlich ist. Schmalenbach berücksichtigte den Einfluß sämtlicher Kostendeterminanten außer der Beschäftigung i n einem konstanten Fixkostenblock F2 (— siehe Abb. 1! —). Weil er für seine fixkostentheoretischen Untersuchungen nur beschäftigungsabhängige Kostenverläufe zugrunde legte, nahm er eine für die betriebswirtschaftliche Realität möglichst kurzfristige Be36

Heinen, E.: Betriebswirtschaftliche Kostenlehre, S. 138. Siehe hier Henzel ß F.: Kosten u n d Leistung, 4. Aufl., Stuttgart 1967, S. 203—231. Henzel k o m m t aufgrund seiner praktischen Untersuchungen zu folgendem Ergebnis: „Die Betriebe sind doch, w i e dargelegt wurde, i n der Regel k o m plizierte Gebilde m i t vielfältiger Erzeugung, u. U. m i t einer großen Zahl verschiedenartiger Arbeitsplätze, Verrichtungen u n d Verfahren und damit einer Vielzahl von Faktoren, von denen die Kosten abhängen. Es ergeben sich somit, wenn diese komplexen Abläufe mathematisch dargestellt w e r den sollen, zahlreiche Funktionen u n d Gleichungen, u n d zwar so viele, wie Einflußfaktoren als Variable vorhanden sind. Das zeigt wiederum, daß die bisherigen mathematischen Darstellungen im wesentlichen unzureichend und nicht aussagefähig genug sind (Henzel, F.: Kosten u n d Leistung, S. 338). Henzel stellt weiterhin auf S. 338 fest: „ N u r nach längerer Beobachtung i n den Betrieben ist es möglich, Gesetzmäßigkeiten i n der Entstehung der Kosten herauszufinden. Ob u n d inwieweit es dabei sinnvoll oder notwendig ist, mathematische Methoden heranzuziehen, bleibt i m einzelnen zu bestimmen." 38 Schnettler, Α.: Das Rechnungswesen industrieller Betriebe, 4. Aufl., Wolfenbüttel 1949, S. 230 f. 37

Α. Die kausalen Fixkostentheorien

49

trachtung der Kosten i n Abhängigkeit von ihren Ausbringungseinheiten ( = Maßstab der Beschäftigung) vor, wobei langfristig entsprechend der klassischen Kostentheorie alle Kosteneinflüsse variabel sind, so daß es dann keine festen Kosten entsprechend dem Fixkostenblock F2 mehr gibt. Deshalb müssen w i r uns die Frage stellen, ob ein schwankender Einfluß der Kostendeterminanten außer der Beschäftigung i n kurzen Zeitperioden tatsächlich nicht auftritt, so daß die Annahme eines konstanten Fixkostenblockes F2 gerechtfertigt ist. Diese Frage w i r d von Wolter 3 9 bejaht, da er glaubt, daß die Schwankungen der sonstigen Einflüsse „bei einer sachgerechten Unterteilung größerer Untersuchungszeiträume i n kurze Perioden" undeutlicher zurücktreten, weil sie sich gegenseitig infolge rascher Änderungen aufheben oder infolge langsamer Veränderungen für den Augenblick nicht zur Wirkung kommen. Schneider geht i m Gegensatz zu Wolter davon aus, daß die Kosteneinflußgrößen insgesamt einschließlich der Beschäftigung auch kurzfristig stark variieren, also nicht fest bleiben, wie dies Schmalenbach und Wolter annehmen, welche i m Grunde genommen ein Postulat aufstellen, wonach kurzfristig außer der Beschäftigung alle anderen Kosteneinflüsse konstant bleiben und keine Schwankungen der Kosten hervorrufen. I n diesem Sinne kann hier auch nach Schneider hinsichtlich des Fixkostenblockes F2, aber auch des Fixkostenblockes Fi (— siehe Abb. 1! —) von einer postulierten Festigkeit der Kosten gesprochen werden. Deshalb stellt Schneider fest: „Die Redeweise: ,Wir betrachten die Abhängigkeit der Kosten von der Produktionshöhe i n einer kurzen Periode' ist nur eine andere Formulierung für den Satz: ,Wir betrachten die Abhängigkeit der Kosten von der Produktionshöhe unter der Voraussetzung, daß gewisse Kosten fest sind' 4 0 ." Diese Formulierungen lassen auch die Sprachschwierigkeiten i n der Betriebswirtschaftslehre erkennen. Z u d): Die mangelnde Reagibilität bzw. Flexibilität der Marktpreise äußert sich darin, daß der Produktionsfaktoreneinsatz aufgrund der 39 Wolter , Α. M. : Das Rechnen m i t fixen und proportionalen Kosten, K ö l n und Opladen 1948, S. 209. Anmerkung: Vgl. dagegen die Ausführungen Schneiders, der die Konstanz der Kosteneinflußgrößen, welche praktisch i n dem Fixkostenblock F a (siehe Abb. 1!) zum Ausdruck gebracht werden, als ein Postulat ansieht: Schneider, E.: Industrielles Rechnungswesen, 2. Aufl., Tübingen 1954, S. 210/211. Hierzu stellt Schneider fest: „Die Redeweise: ,Wir betrachten die A b hängigkeit der Kosten von der Produktionshöhe i n einer kurzen Periode' ist n u r eine andere Formulierung f ü r den Satz: ,Wir betrachten die A b hängigkeit der Kosten von der Produktionshöhe unter der Voraussetzung, daß gewisse Kosten fest sind'." 40 Schneider, E.: Industrielles Rechnungswesen, 2. Aufl., Tübingen 1954, S. 210/211.

4

Kurz

50

1. Kap. : Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

Knappheitssignalisierungen der Marktpreise nicht zu einer unmittelbaren Reaktion der Marktpreise vom Beginn des Faktoreneinsatzes bis zum Ende der Produktion führt. Somit führen die Veränderungen der Faktoreinsatzmengen nicht zu entsprechenden Veränderungen der Knappheitsverhältnisse auf dem Markt, d. h. also nicht zu Veränderungen der Nachfrage infolge eines von den Faktoreinsatzmengen nicht sogleich berührten Güterangebotes. Daraus folgt, daß die i n der Rechnungsperiode 1 anfallenden Faktoreinsatzmengen des Grenzbetriebes, der den Marktpreis bestimmt, nicht Kosten darstellen, die m i t den ebenfalls i n der Rechnungsperiode 1 angefallenen Ausbringungseinheiten als Maßstab der Beschäftigung i n Beziehung gebracht werden können. Da der Faktoreinsatz i n der Rechnungsperiode 1 erst zu einem sichtbaren Leistungserfolg i n der Rechnungsperiode 2 führt, entspricht die von Schmalenbach angenommene zeitlich zusammenfallende Entstehung von Kosten und den entsprechenden Ausbringungseinheiten nicht den wahren Gegebenheiten. Kosten und Beschäftigung fallen somit zeitlich auseinander. Wenn nun Verbrauchskosten i n der Rechnungsperiode 1 entstehen, dann weiß der Unternehmer noch nicht, zu welchen Leistungen die entstandenen Kosten geführt haben, da sich die Leistungen erst i n der Rechnungsperiode 2 ermitteln lassen. Wenn w i r jedoch die Kosten i n Rechnungsperiode 1 m i t den Leistungseinheiten (Beschäftigung) derselben Rechnungsperiode i n Beziehung setzen, dann handelt es sich hierbei nicht mehr u m ein streng mathematisches Beziehungsverhältnis. Die Veränderungen von Kosten und Leistungsmengen ( = Beschäftigung) sind bei einer dynamischen Kostenbetrachtung also nicht synchronisiert. Damit ist der von Schmalenbach angenommene direkte Zusammenhang zwischen Kosten und Beschäftigung nicht gegeben. Die Beschäftigung einer Zeitperiode kann also nicht als Maßstab der Kosten dieser Zeitperiode angesehen werden. M i t anderen Worten können w i r auch sagen, daß die Kosten des Grenzbetriebes, welche die Marktpreise bestimmen, i n einer bestimmten Zeitperiode nicht i n einem funktionalen Abhängigkeitsverhältnis m i t den Leistungseinheiten (Beschäftigung) derselben Zeitperiode stehen. Somit spiegeln die Marktpreise entsprechend dem linear-proportionalen Kostenverlauf Ο—Ρ des Grenzbetriebes (— siehe Abb. 1 ! —) nicht die gegenwärtigen Knappheitsverhältnisse auf dem M a r k t ζ. B. i n der Zeitperiode 2 wider, wie sie bei einer strikten Funktionalität zwischen Kosten und Beschäftigung zustande kommen müßten, sondern die vergangenen i n der Zeitperiode 1, was wiederum zu einer betriebspolitischen Fehldeutung der fixen Kosten i n Form der Abweichung der Gesamtkostenkurve G vom linear-proportionalen Kostenverlauf Ο—Ρ führen kann. Hieraus ergeben sich folgende Konsequenzen:

Α. Die kausalen Fixkostentheorien

51

1. Erfolgt nun der Einsatz der Produktionsfaktoren i n einer bestimmten Zeitperiode aufgrund der Marktpreise derselben Zeitperiode, dann liegt hier kein rationeller Einsatz vor. Die Istgesamtkosten weichen dann von den Sollgesamtkosten entsprechend der Grenzproduktivitätstheorie (— siehe die Gesamtkostenkurve G i n Abb. 1 —) ab. Diese Abweichung stellt eine neue Wesensart der entwicklungsmäßig gedeuteten Fixkosten dar. Diese festen Kosten finden ihre Erklärung aufgrund einer zeitlichen Prozeßanalyse der Produktion. W i r wollen deshalb von einer historischen Festigkeit der Kosten sprechen, auf die Schneider insbesondere hingewiesen hat 4 1 . 2. Der Unternehmer kann also beim Einsatz der betrieblichen Produktionsfaktoren sich nicht mehr an augenblicklich objektiv richtigen Marktwerten mit ihren pretialen Lenkungsfunktionen orientieren. Anstelle dieses angenommenen mechanistischen Lenkungsinstrumentes muß der Unternehmer von seinen Planungen und Dispositionen ausgehen. Der Unternehmer ist somit für seine persönliche Einschätzung der Knappheitsverhältnisse auf dem Markt i m Rahmen der Planung verantwortlich, w e i l kein automatisches Signalsystem i m Sinne des Grenzkostenpreises i n der freien Konkurrenz die Knappheitsverhältnisse auf realistischen Märkten anzeigen kann. Die wirtschaftliche Verwendung der betrieblichen Produktionsfaktoren hängt also davon ab, ob der Unternehmer bei der Bereitstellung und beim Einsatz der Produktionsfaktoren von richtig geplanten Knappheitsverhältnissen ausgeht, die dann aufgrund plangerechter Dispositionen i n der Ist-Kostenrechnung realisiert werden müssen. Eine Abweichung der Istkosten von den Plankosten kann folgende Ursachen haben: a) Die Knappheitsverhältnisse vor Beginn der Produktion i m Rahmen der Bereitstellung der betrieblichen Produktionsfaktoren wurden aufgrund einer falschen Beurteilung der voraussichtlichen marktbedingten wirtschaftlichen Entwicklung des Betriebes durch den Unternehmer nicht richtig geplant. Die falsche Einschätzung der zukünftigen Knappheitsverhältnisse auf dem Markt führt dazu, daß die geplanten Kosten i n Abhängigkeit von der geplanten Beschäftigung nicht einem wirtschaftlichen Produktionsprozeß entsprechen. Dadurch entsteht eine Abwei41 Die historische Festigkeit der Kosten ergibt sich aus einer dynamischen Betrachtung der Schmalenbachschen Betriebswerte. Diese Betrachtungsweise ist i m Sinne einer realistischen Kostentheorie notwendig. I n diesem Sinne äußert sich Schneider: „Eine realistische Kostentheorie muß notwendig eine dynamische Theorie sein, d. h. eine Theorie, die einen Prozeßablauf i n der Uhrzeit beschreibt und erklärt." (Schneider, E.: „Die Problematik der Lehre von den festen Kosten." Weltwirtschaftliches Archiv, 60. Bd. 1944, S. 308/309.)

*

52

1. Kap. : Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

chung der geplanten Gesamtkosten G von den Istgesamtkosten. Diese Abweichung wollen w i r , soweit ihre Ursache i n der falschen Planung der zukünftigen Knappheitsverhältnisse zu suchen ist, als Leerkosten bezeichnen, welche auf Planungsfehler der Unternehmensleitung i m Sinne von Schneider zurückzuführen sind. b) Nicht nur eine falsche Planung der zukünftigen Knappheitsverhältnisse kann zu einer Abweichung der Istkosten von den Plankosten i n Form von Leerkosten führen, sondern auch falsche dispositive Maßnahmen i m Rahmen der Anpassung an die geplanten Kosten können die Ursache für Leerkosten sein. W i r haben es dann m i t Leerkosten zu tun, welche auf Dispositionsfehler der Unternehmensleitung während des Produktionsablaufs zurückzuführen sind. Vorausgesetzt, daß die geplanten Kosten eine richtige Einschätzung der realen Knappheitsverhältnisse widerspiegeln, können trotzdem diese dispositiven A n passungsmaßnahmen sich von den geplanten Kosten entfernen. Der Grund liegt darin, daß i m Gegensatz zu der Schmalenbachschen Vorstellung die Betriebsleitung sich nicht zum Zwecke eines optimalen Einsatzes der Produktionsfaktoren i m Betrieb den sich verändernden Betriebsverhältnissen automatisch anpaßt. Die Betriebsleitung müßte nämlich dann wie ein ,homo oeconomicus' handeln. „Der Unternehmer aber ist nicht sichtbar und begreifbar als rein ökonomisches Wesen 42 ." Durch den Abbau der Prämisse des ,homo oeconomicus' i m Rationalschema der klassischen Kostentheorie erfolgt die Begründung der Lehre von der Dispositionsbestimmtheit der Kosten, von der Schneider ausgeht, wie w i r das noch unter 2. des 1. Kapitels sehen werden. I n der Lehre von der Dispositionsbestimmt42 Pütz, T.: Das B i l d des Unternehmers i n der Nationalökonomie, Versuch einer aufbauenden K r i t i k , Jena 1935, S. 2. Vgl. auch Jöhr, W. A. : Theoretische Grundlagen der Wirtschaftspolitik, Bd. I, St. Gallen 1943, S. 47. Beachte: Schmalenbach geht rein theoretisch von der Prämisse des ,homo oeconomicus' aus, da er die fixen Kosten lediglich als ,Kosten der mangelnden Mobilität' interpretiert und die Vorstellung einer automatischen Anpassung der Produktionsfaktoren an sich verändernde Datenkonstellationen hat, wie das besonders i m 2. Kap. i m Rahmen der Darstellung der Schmalenbachschen Betriebswertrechnung noch zum Ausdruck kommt, w o Schmalenbach ein Einpendeln der Produktion i n ein automatisches Gleichgewicht (BO = Betriebsoptimum) a n n i m m t (— siehe unter α) auf Seite 153 f l —). Tatsächlich hatte er jedoch auch die praktische Erkenntnis, daß die Prämisse des ,homo oeconomicus' nicht zutrifft, wenn er, w i e dies bereits i n der Einleitung herausgestellt wurde, von dem Geltungsbedürfnis der Unternehmer u n d dem technischen Verbesserungsbedürfnis der Ingenieure spricht, was vielfach zu unökonomischen Investitionsentscheidungen führt.

Α. Die kausalen Fixkostentheorien

53

heit der Kosten w i r d dem gesamten Komplex von Kosteneinflußmomenten auf die betrieblichen Kostenentwicklungen Rechnung getragen. I n den vom Unternehmer geplanten Kosten können zwar sachlich bedingte Kosteneinflußgrößen der Institution ihre Berücksichtigung finden. Jedoch handelt es sich hierbei u m total dispositiv bestimmbare Einflüsse, die einer vollständigen Anpassung der Produktionskapazität an die betriebsindividuellen Marktdaten nicht i m Wege stehen. Die Betonung der allein aus der subjektiv-individuellen Sphäre erwachsenden Kostenentwicklungen i m Rahmen von Unternehmerentscheidungen führt bei Schneider zu der These von der absoluten Dispositionsbestimmtheit der Kosten, speziell der Fixkosten. Die von Schmalenbach angenommene aus den natürlichen Eigenschaften der Produktionsfaktoren i n Form der mangelnden Mobilität bzw. Teilbarkeit erwachsene Festigkeit der Kosten gibt es also entsprechend diesen Überlegungen nicht. Jedoch müssen w i r bedenken, daß auch der Einfluß der sachlichen Gegebenheiten bzw. der wirtschaftlichen Einrichtungen oder Institutionen i m Rahmen der Unternehmerentscheidungen wirksam wird. I n diesem Falle führen i m Gegensatz zu Schneider die sachlich-institutionellen Motivationen der Unternehmer i m Rahmen ihrer betrieblichen Entscheidungen zu den Leerbzw. Fixkosten. W i r können i n diesem Falle auch von „institutionell bedingten Leerkosten bzw. Fixkosten" sprechen, die jedoch Schneider als absolut dispositionsbestimmt ansieht 4 3 und die von seinen marktbedingten Leerkosten i m Rahmen falscher dispositiver Anpassungsmaßnahmen unterschieden werden müssen. Die Betriebsstrukturkostenrechnung im Sinne von Schnutenhaus führt zu einer zweckorientierten Aufgliederung der Leerkosten, welche i m Vergleich zu den institutionell bedingten Leerkosten bzw. Fixkosten Schmalenbachs eine größere Marktbezogenheit aufweisen und i m Vergleich zu den Schneiderschen Leerkosten auch auf institutionelle bzw. strukturelle Ursachen zurückgeführt werden. Wie w i r bereits schon i n der Einleitung hinsichtlich der Schnutenhausschen institutionellen Kostenrechnung herausgestellt haben, gibt es zwei Kostenentstehungsbereiche. Hierbei ist insbesondere der Ursachenbereich der fixen Kosten zu erwähnen, d. h. der Kostenentstehungsbe43 Siehe hier die Ausführungen über Schneider auf Seite 98 ,Zu 2', wo Schneider praktisch eine I m m o b i l i t ä t der Produktionsfaktoren aufgrund der postulierten absoluten Dispositionsbestimmtheit der festen Kosten nicht anerkennt.

1. Kap.: Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

reich: Betriebsstruktur bzw. die betriebliche Institution. Es handelt sich hierbei u m ein organisatorisches Gebilde, das Kosten aus seinem Existenz-, Schutz- und Wachstumsbedürfnis heraus hervorruft, dem die Unternehmensleitung mittels eines logischen Systems organisatorischen Denkens Rechnung tragen muß. Diese Tatsache übersieht die Theorie der „absoluten Dispositionsbestimmtheit der Kostenweil sie von einer unrealistischen Anpassung an den Markt ausgeht und dabei die Institution bzw. die Betriebsstruktur vernachlässigt. Bei der neuzeitlichen Analyse des Wesens der fixen Kosten i m Sinne von Schnutenhaus gehen w i r nicht mehr wie Schmalenbach entsprechend der klassischen Kostentheorie davon aus, daß die Kosten i m Wirkungsbereich der Produktionsfaktoren ( = Erzeugnisbereich) ein Spiegelbild der Kostenentstehung i m U r sachenbereich der Produktionsfaktoren ( = Betriebsstrukturbereich) sind. Das Wesen der fixen Kosten erwächst nach neuzeitlicher Betrachtungsweise nicht mehr aus der Abweichung einer modelltheoretischen Kostenentwicklung von einer ebenso fiktiven Preisentwicklung entsprechend dem Gesamtkostenverlauf G und der Preisgeraden Ο—Ρ (— siehe Abb. 11 —). Auch finden nach Schnutenhaus die fixen Kosten i n Form von Leerkosten nicht ihre Erklärung aufgrund der Abweichung effektiver Kosten ( = Istkosten) von mehr den mikroökonomischen betriebsindividuellen Bedarfsverhältnissen angepaßten Plankostenentwicklungen (— siehe die Istgesamtkostengerade α—BO und die betriebliche Plankostengerade Ο—BO i n Abb. 1! —) unter Berücksichtigung sämtlicher Kostendeterminanten (Gutenberg, Rummel) bzw. unter Berücksichtigung der totalen Dispositionsbestimmtheit der Kosten (Schneider), da man auch hier weiterhin in einem Fixkostenblock bzw. Leerkostenblock stecken bleibt. „Feste" Kosten werden dagegen aus der Abweichung der beschäftigungsabhängigen traditionell-kausalen Kostenentwicklung i m Wirkungsbereich der Produktionsfaktoren unter stärkerer Betonung der Marktverbundenheit ( = Erzeugnisbestehensbereich nach Schnutenhaus) von der traditionellen final-distributiven Kostenentwicklung i m Ursachenbereich der schaffenden Faktoren unter stärkerer Betonung einer organisatorisch-strukturellen Verbundenheit erklärt. Diese „festen" Kosten werden vom Standpunkt der Unternehmensführung zum Zwecke des Schutzes, der Sicherung und Erhaltung der Produktions- bzw. Betriebsstruktur nach den notwendigen strukturellen Zweckbestimmungen innerhalb eines nach marktorientierten Gesichtspunkten investierten Institutionsbereiches aufgegliedert und i m

Α. Die kausalen Fixkostentheorien

55

Rahmen einer unternehmerischen Markt- und Betriebspolitik zusammen mit den Erzeugnisbestehenskosten ( = proportionale Kosten) auf die einzelnen Absatzprodukte verrechnet. I n diesem Falle dienen die „festen" Kosten nicht mehr als Maßstab dafür, i n welchem Umfang der effektive Mobilitätsgrad, d. h. der Grad der Anpassung der Produktionsstruktur an den Markt, von einem fiktiven Soll-Mobilitätsgrad entsprechend der Grenzproduktivitätstheorie und der freien Konkurrenz oder einem mehr der Wirklichkeit angepaßten Soll-Mobilitätsgrad i m Sinne der noch zu behandelnden subjektiv-induktiven Fixkostentheorien abweicht (— siehe hier die Istgesamtkostengerade a—BO und die betriebliche Plankostengerade Ο—BO i n Abb. 1! —). Die festen Kosten sind Restkosten der traditionell-kausalen Kostentheorie und werden ζ. B. von Schmalenbach auf die natürliche Festigkeit der schwerbeweglichen Produktionsmittel zurückgeführt. Die institutionelle Kostenrechnung dringt dagegen in den natürlichen strukturellen Aufbau der in ein betriebliches Organisationssystem eingegliederten schwerbeiveglichen Produktionsmittel, aber auch aller anderen Organisationsträger ein. Dadurch analysiert sie die natürlichen Bindungen der Strukturträger auf ihre Betriebsnotwendigkeit hin, was bereits schon i m Rahmen planmäßiger unternehmerischer Investitionsentscheidungen zur Vermeidung nicht betriebsnotwendiger Bindungen der Strukturträger führt (— vgl. feste Kosten! —), da die strukturanalytische Kostenbetrachtungsweise i n einem Institutionsbereich vollzogen wird, der seine wirtschaftliche Rechtfertigung i n einer vorangehenden exakten Marktanalyse gefunden hat. Aus der neuzeitlichen bzw. finalen kostentheoretischen Perspektive haben die Grenzkostenpreise i n der freien Konkurrenz nicht mehr zwei Parallelfunktionen : aa) Eine am Wirtschaftlichkeitsprinzip Lenkungsfunktion und

ausgerichtete

pretiale

bb) gleichzeitig eine Betriebsstrukturkosten-Zuteilungsfunktion (vgl. hiermit die Einkommensbildungsfunktion der Marktpreise). Zu aa): Weil Schneider erkannt hat, daß die Marktpreise sich nicht automatisch einstellen und die realen Knappheitsverhältnisse des Marktes als Orientierungsgrößen für einen am ökonomischen Prinzip ausgerichteten Einsatz der betrieblichen Produktionsfaktoren widerspiegeln, fordert er anstelle der deduktiv abgeleiteten Gesamtkostenentwicklung G und dem automatisch sich einstellenden Grenzkostenpreis (— siehe Preisgerade Ο—Ρ

56

1. Kap.: Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

i n Abb. 1 ! —) m i t seiner angeblichen pretialen Lenkungsfunktion die unternehmerische Planung der Kosten i n Abhängigkeit von der Beschäftigung, welche sich an geplanten Grenzkostenpreisen des Marktes orientiert. Z u bb): Im Gegensatz zu Schneider sieht Schnutenhaus, daß die Grenzkostenpreise (= Marktpreise) der freien Konkurrenz nicht die so wichtige Funktion der Lenkung im Sinne einer organischen, marktverbundenen Entwicklung des Betriebsstrukturgefüges erfüllen. Deshalb fordert er anstelle der mechanistischen Grenzkostenpreisermittlung (Schmalenbach) oder der plangebundenen Grenzkostenpreise (Schneider) vor der Erfassung der gesamten Produktkosten eine primäre gedankliche Trennung der betriebsstruktur- und erzeugnisgebundenen Kosten i m Rahmen der Betriebsstrukturkostenrechnung. Dabei geht es i n erster Linie u m das Problem der antizipativen, planmäßigen und zweckorientierten Verteilung der i n Produkterlöse umzuwandelnden betrieblichen Leistungswerte auf die Organisationsträger (vgl. Produktionsfaktoren) und den Erzeugnisbestehensbereich mit einer anschließenden Verrechnung der Betriebsstrukturkosten auf die Erzeugnisse i n vertrieblicher Logik. „Der Strukturkostenrechnung liegt das Zweckprinzip zugrunde. Die Gliederung und Abgrenzung der Kosten eines Unternehmens w i r d nach den Zwecken vorgenommen, für welche Kosten aufgewandt werden. Voran stehen zwei Zwecke, welche zu grundsätzlichen Unterschieden i m Kostencharakter führen. Es sind 1. die Erhaltung des Unternehmens als Ganzes und seiner Strukturträger (Produktionsmittel und Arbeitskräfte) 2. die Behandlung der Erzeugnisse nehmens.

(Leistungen)

des Unter-

Die für den ersten Zweck aufzuwendenden Kosten sind die Betriebsstruktur- oder institutionellen Kosten. Sie werden hier kurz Strukturkosten genannt. Die dem zweiten Zweck dienenden Kosten sind Erzeugnisbehandlungs- oder Erzeugnisbestehenskosten, kurz die Erzeugniskosten 44 ." 2. Die mathematisch-entwicklungsmäßige Kategorisierung der Kosten (Lehmannsche Kostenkategorien)

Lehmann untersucht ebenso wie Schmalenbach die Abhängigkeit der Gesamtkosten von einer progressiven Beschäftigung. Jedoch ist die 44 Meyer, C. W. : Möglichkeiten der Strukturkostenrechnung. für das gesamte Rechnungswesen, Dez. 1966, S. 302.

Zeitschrift

Α. Die kausalen Fixkostentheorien

57

deskriptiv-entwicklungsmäßige Kategorisierung der Reagibilitätserscheinungen der Gesamtkosten i n Abhängigkeit von einer progressiven Beschäftigung, speziell die Deutung der Schmalenbachschen Fixkosten, für Lehmann nicht befriedigend. Für die Abweichung des Gesamtkostenverlaufs vom idealen Verlauf der proportionalen Kosten gibt Schmalenbach eine nichtssagende Erklärung, indem er i n bezug auf die degressiven und progressiven Kosten von Mischkosten ( = proportionale + fixe bzw. negativ-fixe Kosten) spricht. Hier schafft Lehmann Abhilfe, indem er mittels einer mathematisch-funktionalen Betrachtungsweise die Abweichung des Gesamtkostenverlaufs von dem idealen, linearen Verlauf einer reinproportionalen Kostenentwicklung untersucht. Damit w i r d eine exaktere Definition der Schmalenbachschen entwicklungsmäßig gedeuteten Fixkosten ermöglicht. A n die Stelle einer global-deskriptiven Deutung der Fixkosten Schmalenbachs t r i t t eine analytisch-funktionale Erklärungsweise. Eine Infinitesimalbetrachtung der Gesamtkosten i n Abhängigkeit von der Beschäftigung zum Zwecke einer exakten Ermittlung der Abweichung des Gesamtkostenverlaufs vom rein-proportionalen Kostenverlauf i n jedem Punkt der Kurve ist notwendig, da die Abweichung der Gesamtkosten von den proportionalen Kosten und damit die entwicklungsmäßig gedeuteten Fixkosten infolge der wechselhaften Änderung des Abhängigkeitsverhältnisses zwischen Kosten und Beschäftigung ( = variable Kostenfunktion!) „ n u r innerhalb eines beschränkten theoretisch sogar nur innerhalb eines unendlich kleinen Beschäftigungsspielraumes gleichen Charakter beizubehalten" 4 5 brauchen. Wenn w i r jede zusätzliche variable Kostenmenge bei steigendem Kostenverlauf durch eine entsprechende zusätzliche Leistungsmenge bei steigender Beschäftigung dividieren, dann kommen w i r zu dem variablen Durchschnittskostenverlauf ( = Differenzkosten i m Gegensatz zu Differentialkosten). Addieren w i r noch die durchschnittlichen Fixkosten F (— siehe Abb. 1 —) hinzu, dann erhalten w i r die durchschnittlichen Gesamtkosten pro Leistungseinheit. Lehmann kommt zu dieser Betrachtungsweise i m Rahmen einer K r i t i k an den Schmalenbachschen degressiven und progressiven Kostenkategorien, zu denen er selbst feststellt, daß diese nur dann zutreffen, wenn der Kostenverlauf pro Leistungseinheit betrachtet w i r d 4 6 . Er sieht i n der Betrachtung des Kostenverlaufs pro Leistungseinheit einen wesentlichen Vor45 Lehmann, M. R.: „Grundsätzliche Bemerkungen zur Frage der Abhängigkeit der Kosten v o m Beschäftigungsgrad." Betriebswirtschaftliche Rundschau, 3. Jg. 1926, S. 150. 46 Derselbe, Industriekalkulation, 4. Aufl., Stuttgart 1951, S. 98 f. Siehe hier auch K r i t i k von v. Stackelberg, H.: Grundlagen einer reinen Kostentheorie, Wien 1932, S. 117.

58

1. Kap. : Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

teil für die Wirtschaftlichkeitskontrolle und für die Preispolitik. Hierbei entstehen ganz andere Formen der Abweichungen der leistungseinheitsbezogenen Gesamtkosten von den proportionalen Kosten (hier: konstante Kosten), als das bei der Gesamtkostenuntersuchung der Fall ist. Das bedeutet aber, daß w i r auf neue Erscheinungsformen der sogenannten entwicklungsmäßig gedeuteten Fixkosten stoßen, d. h. auf neue Kostenkategorien, da die gesamten Kosten pro Stück andere Reagibilitätserscheinungen aufweisen. W i r wollen diese kategorisierten Kosten je Leistungseinheit anschließend an die Gesamtkostenkategorien ( = Zeitkosten nach Lehmann) zum Zwecke der besseren mathematisch-funktionalen Vergleichbarkeit bringen, obwohl streng genommen die Kosten je Leistungseinheit erst i m 2. Kapitel behandelt werden müßten. Jedoch soll i m 2. Kapitel dann die Analyse der preistheoretisch bedeutsamen Abweichung der unterproportionalen Kosten: Κ = ρ · χ — F (χ) (siehe Abb. 3! —), bezogen auf die Leistungseinheit von den auf die Leistungseinheit bezogenen proportionalen Kosten (— siehe hier die proportionalen Kosten: Κ = ρ · χ i n Abb. 3 —) i n Höhe der negativen fixen Kosten —F( X > hinsichtlich ihrer Verwertbarkeit für die betriebliche Preispolitik, eingehend erfolgen. a) Die Klassifizierung der Reagibilitätserscheinungen der „Zeitkosten" (= Gesamtkosten) Bei seiner Untersuchung der Gesamtkosten i n Abhängigkeit von der Beschäftigung spricht Lehmann von Zeitkosten, was insofern irreführend ist, weil man glauben könnte, daß es sich hier u m Kosten handelt, die i m Zeitablauf wirksam werden, wohingegen der allein beschäftigungsabhängige Kostenverlauf das Merkmal der Zeitlosigkeit trägt. Lehmann versteht unter „Zeitkosten4·' eine zeitlich engbegrenzte Gesamtkostenentwicklung. Diese zeitliche Begrenzung einer Kostenentwicklung glaubt er aus dem Grunde durchführen zu müssen, w e i l er i n Ubereinstimmung m i t W o l t e r 4 7 annimmt, daß die Schwankungen der übrigen Kosteneinflußgrößen i m längeren Zeitablauf der Beschäftigung wirksam werden. Nur zeitlich engbegrenzte Untersuchungen der Kosten i n der betrieblichen Praxis ermöglichen, den reinen beschäftigungsabhängigen Kostenverlauf zu ermitteln. Deshalb w i l l Lehmann den Faktoreinsatz, d. h. die Kosten, i n engbegrenzten Leistungsbereichen messen bzw. mathematisch errechnen. Die Ergebnisse der Lehmannschen Kostenuntersuchung sind eine Fortentwicklung der Schmalenbachschen Kostenkategorien mit einer verfeinerten mathematisch gekennzeichneten Methode, ausgehend von dem Kostenmodell 47

Siehe hier Wolter, A . M . : Das Rechnen m i t fixen Kosten, K ö l n u n d Opladen 1948, S. 209.

u n d proportionalen

Α. Die kausalen Fixkostentheorien

59

des allgemeinen Ertragsgesetzes. Da Lehmann sich bei seinen Kostenuntersuchungen mathematischer Gleichungen bedient, definiert er nicht wie Schmalenbach seine Kostenkategorien durch eine deskriptivkurvenmäßige Darstellungsform, sondern durch eine mathematischfunktionelle. Die funktionalen Gleichungen der einzelnen Lehmannschen Kostenkategorien lassen sich aus dem kubisch-parabolischen Gesamtkostenverlauf folgendermaßen ableiten (siehe Abb. 3!):

zu a : = fixe Kosten: Κ = F zub: = überproportionale Kosten: Κ = ρ · χ + F( x ) zu c: = proportionale Kosten: Κ = ρ · χ zu d: = unterproportionale Kosten: Κ = ρ · χ — F(x> Erläuterungen hierzu 4 7 a . ρ = proportionales Kostenelement F = fixes Kostenelement χ = Beschäftigungsgrad = Leistungsmengen Abbildung

3: Der kubische

Gesamtkostenverlauf

Die Grundgleichung für sämtliche Zeitkostenkategorien lautet demnach: K = p-x±F(x)

W i r erkennen an dieser Grundgleichung, daß die fixen Kosten dem Kostenbetrag entsprechen, welcher von den rein-proportionalen Kosten ( Κ = ρ · x) abweicht. Durch seine mathematische Kostenbetrachtung kommt somit Lehmann zu Kostenkategorien m i t linearen Funktionen. I m Grunde ge47a Vgl. hier Förster: „ G i b t es fixe u n d proportionale Kosten?" Diss. M ü n chen 1951, S. 46.

60

1. Kap. : Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

nommen handelt es sich jedoch bei Lehmann nicht um einen Fortschritt i n der empirischen Ermittlung industrieller Kostenverläufe, sondern u m eine mathematisch verfeinerte Analyse der Beziehungen zwischen den Gesamtkosten G, i n denen die aus der Umkehrfunktion des Ertragsgesetzes sich ergebenden variablen Kosten und die fixen Kosten F stecken, und dem Preis i n der freien Konkurrenz (— siehe die Preisgerade Ο—Ρ i n Abb. 3! —). Diese Betrachtungsweise führte Lehmann von den degressiven und progressiven Gesamtkostenkategorien Schmalenbachs ab. b) Die Klassifizierung der „Leistungskosten"

der Reagibilitätser scheinung en (= Kosten der Leistungseinheit)

Bei der Untersuchung der Kosten der Leistungseinheit kommt Lehmann zu anderen Kostenkategorien als bei der Gesamtkostenuntersuchung. Er glaubt, daß bei der Untersuchung der Leistungseinheitskosten Regeln gelten, die es erlauben würden, über das „ungefähre Abhängigkeitsverhältnis" auch zwischen Gesamtkosten und Beschäftigungsgrad „ins klare" zu kommen 4 8 . Während Schmalenbach bisher nur den „Kostenberg" (Gesamtkosten) betrachtete, versucht Lehmann, die funktionalen Beziehungen der Elemente im Gesamtkostenblock zu erfassen, indem er eine Analyse der Stückkosten ( = „Leistungskosten") vornimmt. Auch findet Lehmann i n der Untersuchung der Leistungseinheitskosten eine Bedeutung für die Wirtschaftlichkeitskontrolle und Preispolitik, indem er sagt: „ . . . die Stückkosten sind einerseits ein Ausdruck der Wirtschaftlichkeitskontrolle der betrieblichen Leistungserstellung, andererseits stellen sie insofern eine Unterlage für die Preispolitik der Unternehmung dar, als preispolitische Überlegungen von den Stückkosten ausgehen 49 ." Ebenso wie bei der Klassifizierung der Reagibilitätserscheinungen der „Zeitkosten" werden zum Zwecke der Charakterisierung der ..Leistungskosten" fünf Kostenkategorien 50 angeführt, die praktisch die Zeitkosten, bezogen auf die Leistungseinheit, darstellen. Diese Leistungskostenkategorien sind: 48 Glöckner, P. H. : Die Wandlung der Ansichten über die fixen Kosten i n der Betriebswirtschaftslehre. Unveröffentlichte Diplomarbeit am L e h r stuhl von Prof. Dr. O. R. Schnutenhaus, Techn. Universität Berlin, 1957, S. 84. Vgl. auch Lehmann, M. R. : Grundsätzliche Bemerkungen zur Frage der Abhängigkeit der Kosten v o m Beschäftigungsgrad, S. 150. 49 Heinen, E.: Betriebswirtschaftliche Kostenlehre, l . B d . , Wiesbaden 1959, S. 58. 50 Siehe Lehmann, M. R.: „ Z u m K a m p f u m die Schmalenbachschen K o stenkategorien." Z f B 1928, S. 941.

61

Α. Die kausalen Fixkostentheorien

1. Ultradegressive Kosten 2. Degressive Kosten 3. Konstante Kosten 4. Progressive Kosten 5. Ultraprogressive Kosten Die Grundgleichung für sämtliche Leistungskostenkategorien lautet: Κ = ρ + / (x); beachte : /(x) = ^ ^ ; F

, V

entspricht den fixen Kosten F( X ) i n Form der Abweichung der Gesamtkostenkurve

G vom

linearen

Kostenverlauf:

Κ = ρ·χ

(siehe

Abb. 3!), bezogen auf die Leistungseinheit. Hierbei haben w i r die fixen Kosten F(x) durch die Anzahl der Ausbringungseinheiten χ dividiert. Die konstanten Kosten sind nicht m i t den typischen Fixkosten i m Sinne von beschäftigungsunabhängigen Kosten bzw. Betriebsbereitschaftskosten zu verwechseln. Diese Kosten sind von der Beschäftigung abhängig. Sie sind lediglich durch ein festes funktionales Verhältnis zwischen den Produktkosten und der Anzahl der Ausbringungseinheiten ( = Beschäftigung) gekennzeichnet (— siehe hier die Preisgerade ρ' i n Abb. 5). c) Zusammenfassung

und Kritik

Die Untersuchung der Beziehungen zwischen den auf deduktivem Wege aus dem allgemeinen Ertragsgesetz abgeleiteten Gesamtkosten G und der Preisgeraden Ο—Ρ, die nur für den fiktiven Fall vollkommener Konkurrenzbeziehungen auf atomistischen Märkten zutrifft, ist von Lehmann i m Vergleich zu Schmalenbach verfeinert worden. Diese verfeinerte Analyse der Kosten- und Preisbeziehungen bzw. der entwicklungsmäßig gedeuteten fixen Kosten erfolgte, abgesehen von der Anwendung der mathematisch-funktionalen Kostenbetrachtungsweise allein schon dadurch, daß außer den Gesamtkosten- und Gesamterlösuntersuchungen i m Sinne der Lehmannschen Zeitkosten auch eine Analyse der Beziehungen der Leistungseinheitskosten zu dem Preis P' je Leistungseinheit durchgeführt wurde. Die Unterscheidung zwischen Zeitkosten und Leistungseinheitskosten findet i n praxi ihren sichtbaren Ausdruck i n der Unterscheidung zwischen einer periodenbezogenen Erfolgsrechnung und einer stückbezogenen Kostenrechnung. Eine Zeitkostenrechnung ( = Gesamtkostenrechnung) ist also eine Perioden- bzw. zeitbezogene Kostenrechnung, wohingegen die Lei-

62

1. Kap.: Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

stungseinheitskostenrechnung eine Stückerfolgsrechnung ist. M i t Recht meldet hier Peiser hinsichtlich des Begriffs: „Zeitkosten" terminologische Bedenken an. Diese Bezeichnung könnte irrtümlicherweise den Eindruck erwecken, „als ob diese Kosten automatisch m i t dem Ablaufe der Zeit entstehen", also unter dem hauptsächlichen Einfluß der Kostendeterminanten, die neben dem Beschäftigungsgrad wirksam sind. „Dies würde den Begriff bedenklich nahe an denjenigen der ,festen' Kosten heranrücken, die i n der Tat i n erster Linie eine Funktion der Zeit sind, während die Lehmannschen Zeitkosten sich nicht m i t der Zeit (also nicht unter dem Einfluß mehrerer Kostendeterminanten — vom Verfasser eingefügt), sondern m i t dem Beschäftigungsgrad ändern 5 1 ." Lehmann verlieh aufgrund seiner mathematisch-funktionalen Betrachtungsweise sowohl der Beziehungen zwischen der Gesamtkostenkurve G ( = Zeitkosten nach Lehmann) und der Grenzerlösgeraden Ο—Ρ (— siehe Abb. 3! —) als auch aufgrund der Beziehungen zwischen den Leistungseinheitskosten Kg zum Leistungseinheitspreis p' (— siehe Abb. 5 —) den Schmalenbachschen entwicklungsmäßig gedeuteten Fixkosten einen höheren Abstrahierungsgrad, indem er die fixen Kosten theoretisch mit Hilfe der Mathematik erklärte, nicht dagegen mit Hilfe von Kurvenbildern. Somit hat vom theoretischen Standpunkt die Untersuchung Lehmanns, der die Abweichungen der Gesamtkostenkurve G von der Grenzerlösgeraden Ο—Ρ mit der Gleichung: Κ = ρ · χ (— siehe Abb. 3! —) mittels Funktionsgleichungen ausdrückt, einen größeren Erkenntniswert als die Untersuchung Schmalenbachs, der die entwicklungsmäßig gedeuteten Fixkosten rein zeichnerisch durch K u r venbilder i m Rahmen der Aufstellung seiner Kostenkategorien definiert. Die beschäftigungsabhängigen Gesamtkosten G und die proportionalen Kosten Ο—Ρ des marktpreisbestimmenden Grenzbetriebes weisen i n den verschiedenen Beschäftigungspunkten die verschiedensten funktionalen Beziehungen auf, die durch den kubisch-parabolischen Verlauf der Gesamtkostenkurve G bedingt sind. Diese durch mathematische Gleichungen ausgedrückten funktionalen Beziehungen ermöglichen die Kennzeichnung des Abstandes der einzelnen Punkte auf der Gesamtkostenkurve G von der Preisgeraden Ο—Ρ i n infinitesimal kleinen Beschäftigungsbereichen dx durch Anwendung der Differentialrechnung. Es ist jedoch zu beachten, daß die Differentiation der Funktionsgleichungen der Lehmannschen Kostenkategorien vor allem dem Zweck dienen soll, rein beschäftigungsabhängige Kosten zu analysieren, die 51 Peiser, H.: Der Einfluß des Beschäftigungsgrades auf die industrielle Kostenentwicklung, 2. Aufl., B e r l i n 1929, S. 10.

Α. Die kausalen Fixkostentheorien

63

entsprechend der Prämisse der Grenzproduktivitätstheorie und der freien und vollkommenen Konkurrenz nur dann entstehen, wenn der Produktionsprozeß ,zeitlos' erfolgt ( = Prämisse von der Zeitlosigkeit der Anpassung an sich verändernde Nachfragesituationen). Vom theoretischen Standpunkt läßt sich somit durch eine Analyse der Kosten i n Abhängigkeit von infinitesimal kleinen Beschäftigungsvariationen, die nahezu zeitlos erfolgen, der alleinige Einfluß der Beschäftigung auf die Kosten, d. h. variablen Kosten, feststellen. Die Frage, welche anderen Kosteneinflußmomente außer der Beschäftigung i m Zeitablauf der Produktion zur Wirkung kommen, beantwortet Lehmann nicht. Somit bleibt er ebenso wie Schmalenbach in einem Fixkostenblock stecken, den er im Rahmen einer Leistungseinheitskostenrechnung nicht mathematisch, sondern nur statistisch auf die Kostenträger verteilen kann. Das bedeutet praktisch, daß die Lehmannsche Preispolitik auf der Basis von totalen Durchschnittskosten Kg erfolgt, wie w i r das noch i m 2. Kapitel unter Α. 1.1. sehen werden. Die Lehmannschen Kostenuntersuchungen haben nur theoretischen Wert hinsichtlich einer methodisch exakteren Analyse der Kostenkategorien, als das bei Schmalenbach der Fall ist. So waren Lehmanns Bedenken, die er gegen die Form erhob, „ i n der Schmalenbach das Problem der Abhängigkeit der Kosten von der Beschäftigung behandelte", berechtigt 52 . Wenn man jedoch nach dem praktischen Nutzeffekt der Lehmannschen Kostenuntersuchungen fragt, dann kommt man zu keinem günstigen Ergebnis. Ausgehend von dem Verlauf der Gesamtkosten G, i n denen auch die fixen Kosten F global, d. h. also i n Form eines Fixkostenblockes ihre Berücksichtigung finden, kommt Lehmann zu den positiven und negativen fixen Kosten ± F( x ) (— siehe Abb. 3! —). Praktisch w i r d m i t dem Betrag der positiven fixen Kosten zum Ausdruck gebracht, welche Mehrkosten einem entlang des Gesamtkostenverlaufes G operierenden Betriebes bei einem bestimmten Grad der Mechanisierung und Maschinisierung gegenüber dem marktpreisbestimmenden Grenzbetrieb mit handwerklicher Fertigung i n freier Konkurrenz am Anfang der Produktion ζ. B. infolge der mangelnden Mobilität der Produktionsmittel und der mangelnden Teilbarkeit des variierten Faktors entstehen. Wenn die Produktionsfaktoren 100,0/oige Mobilität aufwiesen und beliebig teilbar wären, dann würde i m Sinne der klassischen Kostentheorie ein Produktionsfaktorenausgleich und damit verbunden ein Kostenausgleich zwischen dem Betrieb, der auf der Gesamtkostenkurve G operiert, und dem Grenzbetrieb m i t nur proportionalen Kosten (— siehe Abb. 3! —) stattfinden. Die positiven fixen Kosten würden dann verschwinden, was 52

Lehmann, S. 118.

M. R.: Industriekalkulation,

4., erw. Aufl., Stuttgart

1951,

64

1. Kap.: Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

jedoch auch für die negativen fixen Kosten i n dieser Weise zutreffen würde. Da i n den Gesamtkosten G auch noch der Fixkostenblock F steckt, w i r k e n sich praktisch auf die positiven und negativen fixen Kosten sämtliche Einflußmomente global aus, die einem Abbau der Prämissen des klassischen Kostenmodells entsprechen. Während es das Ziel der Unternehmensleitung ist, die positiven fixen Kosten möglichst durch Beschäftigungssteigerung zu verringern, so müssen die negativen fixen Kosten i m Kurvenabschnitt c—BO (— siehe Abb. 3 —) möglichst vergrößert werden, was aufgrund besserer technischer und organisatorischer Bedingungen des intramarginalen Betriebes m i t dem vollkommeneren Produktionsverfahren gegenüber dem marktpreisbestimmenden Grenzbetrieb m i t einem unvollkommeneren Produktionsverfahren zustande kommt. Die negativen fixen Kosten drücken den Minderbetrag an Kosten eines intramarginalen Betriebes aus, der infolge eines bestimmten Mechanisierungs- und Maschinisierungsgrades erst i m weiteren Verlauf der Produktion nach Uberschreiten der Nutzschwelle i m Punkt c (siehe Abb. 3!), wo der überproportionale Kostenverlauf i n einen unterproportionalen übergeht, gegenüber einem handwerklichen Grenzbetrieb aufgrund einer besseren Produktionsfunktion (— beachte funktionsbedingte F i x kosten! —) kostengünstiger arbeitet. Dabei kommt das Büchersche Massenproduktionsgesetz 53 zum Zuge, wonach ein vollkommeneres = teuereres) Produktionsverfahren gegenüber einem unvollkommeneren ( = billigeren) erst ab einer bestimmten Menge ( = Nutzschwelle c — siehe Abb. 3 —) vorteilhafter wird. I m Gegensatz zu der weniger für praktische Zwecke aufschlußreichen Analyse der Beziehungen zwischen den Gesamtkosten G und den proportionalen Kosten des marktpreisbestimmenden Grenzbetriebes mittels Funktionsgleichungen bringt die charaktermäßige Untersuchung der Kosten- und Preisbeziehungen, speziell der negativen fixen Kosten, eine Verbesserung. Diese A r t der Kosten- und Preisanalyse erfolgt durch Mellerowicz 5 4 , welcher dabei mehr zu den Entstehungsursachen der Kosten stößt, ohne dadurch den Anforderungen der Schnutenhausschen Betriebsstrukturkostenrechnung gerecht zu werden. Mellerowicz. auf den w i r noch i m 2. Kapitel unter Α. 1.1. i m Rahmen der Behandlung der Frage der preispolitischen Verwertbarkeit der fixen Kosten nach Lehmann zurückkommen werden, untersucht die gegenseitigen A b hängigkeitsbeziehungen zwischen beschäftigungsabhängigen Kostenarten und den entsprechenden Gewinngrößen. Diese Untersuchung er53 Bücher, K : „Das Gesetz der Massenproduktion." Zeitschrift für die gesamten Staatswissenschaften 1910. 54 Mellerowicz, K . : Kosten u n d Kostenrechnung, Bd. I, 2. Aufl., S. 271/272.

Α . Die kausalen Fixkostentheorien

65

folgt nicht wie bei Lehmann mittels Funktionsgleichungen, sondern Mellerowicz versucht den Verlauf der gegenseitigen Beziehungen der nach dem Gesetz der Grenzproduktivitätstheorie sich entwickelnden Gesamtkosten und den durch die Marktsituation der freien Konkurrenz bedingten Gewinngrößen in einzelnen Kurvenbereichen (nicht Kurvenpunkten) zu charakterisieren, was einer praktischen Anwendungsmöglichkeit dieser Kostenrechnungsmethode mehr entgegenkommt als eine Differentialkostenbetrachtung. Die Differenzenquotienten aus Kosten und Beschäftigungsgrößen i m Sinne von Mellerowicz ergeben die Reagibilitätsgrade der einzelnen Kostenarten. Mittels der Reagibilitätsgrade können w i r gleich bei der Entstehung der einzelnen Kostenarten i n der Kostenstelle den gewinnbringenden Einsatz der Produktionsfaktoren überprüfen. Jedoch basieren die Reagibilitätsgrade der Kostenarten auf den Vergleichskosten des Grenzbetriebes in der freien Konkurrenz. Somit handelt es sich hier u m einen fiktiven Vergleichsmaßstab. Die Kosten eines „realen" Betriebes, der entlang der Gesamtkostenkurve G operiert, m i t den Kosten eines fiktiven Betriebes zu vergleichen, ist jedoch unsinnig und führt zu keinem verwertbaren Ergebnis. Hier kann nur die Schnutenhaussche Betriebsstrukturkostenrechnung eine Lösung bringen, in der die einzelnen Kostenarten im Gegensatz zu Mellerowicz, ausgehend von einer feingegliederten Strukturanalyse, auf ihre Betriebsnotwendigkeit hin erfaßt und nach unternehmenspolitischen und marktpolitischen Gesichtspunkten auf die einzelnen Produkte verrechnet werden. A n die Stelle der preisbestimmenden fiktiven Kosten eines Grenzbetriebes i n der freien Konkurrenz treten bei Schnutenhaus solche preisbestimmenden Kosten, die sowohl dem Betriebsbestehen bzw. der Struktursicherung und der Strukturerhaltung einschließlich des strukturellen Wachstums als auch dem Erzeugnisbestehen bzw. der Beschäftigungssicherung Rechnung tragen. Die institutionelle Kostenrechnung geht von realistischen, betriebswirtschaftlich fundierten Struktur- und Marktüberlegungen aus und nicht von den Kosten eines fiktiven Betriebes ( = Grenzbetriebes i n freier Konkurrenz) und dem aus der Umkehrfunktion des allgemeinen Ertragsgesetzes abgeleiteten kubisch-parabolischen Gesamtkostenverlauf G. Sie interessiert sich für die Frage, welche Kostenarten i n welchem Umfang zum Zwecke des Schutzes, der Erhaltung und des Wachstums der Struktur- bzw. Organisationsträger als Betriebsstrukturkosten zusammen m i t den Erzeugnisbestehenskosten als Grundlage einer vernünftigen Struktur- und Absatzpolitik i n der Kostenrechnung ihre Berücksichtigung finden müssen. Außer den proportionalen Kosten: Κ = ρ · χ, welche die preisbestimmenden Kosten des Grenzbetriebes darstellen, sind auch die Gesamtkosten G i n alleiniger Abhängigkeit von der Beschäftigung χ fiktiv, da i n praxi sämtliche Kosteneinfluß5

Kurz

66

1. Kap.: Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

großen wirksam werden, was wiederum die Analyse der Kosten- und Preisverhältnisse eines Betriebes i m Sinne von Lehmann und Mellerowicz bzw. die entwicklungsmäßig gedeuteten Fixkosten für praktische Zwecke unbrauchbar macht. Aber selbst wenn w i r , wie w i r das später vor allem bei Rummel und Gutenberg sehen werden, einen realistischeren betrieblichen Istgesamtkostenverlauf α—BO und einen ebenso für den Betrieb realistischeren Proportionalkostenverlauf Ο—BO (— siehe Abb. 1, wobei die Preisgerade: Κ = ρ · χ, welche für den makroökonomischen Bereich der freien Konkurrenz zutrifft, i n den mikroökonomischen Bereich der freien Konkurrenz innerhalb des einzelnen Betriebes transformiert w i r d —) zugrunde legen, so kommen w i r zwar zu realistischeren Fixkosten als Abweichung der Istgesamtkosten von den Plankosten. Hinsichtlich der eigentlichen kosten- und preispolitischen Zielsetzungen der Unternehmer ist jedoch hierdurch noch nichts erreicht. Was kann ein Unternehmer schon damit anfangen, wenn er weiß, i n welchem Ausmaße die Istkosten seines Betriebes von den Kosten eines mehr oder weniger fiktiven Vergleichszustandes abweichen. Damit ist noch kein Aufschluß darüber gegeben, welchen betriebsstrukturellen Zwecken die Plankosten und die i n Markterlöse umzuwandelnden Istkosten i m institutionellen Bereich zum Zwecke der Struktursicherung und indirekt zum Zwecke der Beschäftigungssicherung dienlich sind. Nur eine exakte Analyse der Plan- und Istkosten hinsichtlich der strukturellen Zweckbestimmungen der Institutionskosten i n vertriebslogischer Verbindung m i t den marktstrukturellen Energierückflußquellen führen zur Ermittlung realistischer Gesamtkosten- und Leistungseinheitskostenentwicklungen. I m Rahmen der Schnutenhausschen Betriebsstrukturkostenrechnung werden w i r uns noch m i t dieser Frage eingehender beschäftigen.

II. Die subjektiv-induktive Betrachtungsweise der Kosten, insbesondere der Fixkosten Z u der Gruppe der subjektiv-induktiven Betrachtungsweise der Kosten, insbesondere der Fixkosten, zählen w i r die betriebswirtschaftlichen Autoren: Rummel, Gutenberg und Schneider. Diese Autoren kommen zu einer realistischeren Untersuchungsweise industrieller Kosten- und Preisverhältnisse, als das bei den Autoren der mechanistisch-deduktiven Gruppe der Fixkostentheoretiker (Schmalenbach und Lehmann) der Fall ist, welche die Gesamtkosten des intramarginalen Betriebes und des preisbestimmenden Grenzbetriebes i n der freien Konkurrenz nur unter dem alleinigen Einfluß der Beschäftigung sehen und alle übrigen Kosteneinflußmomente, die i m zeitlichen Ablauf der Produktion wirksam werden, lediglich i n einem globalen Fixkosten-

Α. Die kausalen Fixkostentheorien

67

block F berücksichtigen. Die Annahme einer automatischen Anpassung der Produktionsfaktoren an wechselnde Marktverhältnisse, wobei man hier von einer fiktiven Marktstruktur ausgeht, versperrt ihnen den Blick für den Einfluß des dispositiven Faktors auf die Kosten- und Erlösverhältnisse eines Betriebes und somit auf die Höhe der entwicklungsmäßig gedeuteten Fixkosten. Die Berücksichtigung sämtlicher Einflußgrößen auf den Gesamtkostenverlauf G und die Preisgerade Ο—Ρ sowie die Beachtung des dispositiven Faktors, der an die Stelle automatischer Marktanpassungsprozesse i m Sinne des klassischen Kostenmodells tritt, führt uns i m Sinne der subjektiv-induktiven F i x kostentheorien, wobei w i r hier i n erster Linie an Gutenberg denken, zu anderen Kosten- und Preisverläufen, die sich von dem Gesamtkostenverlauf G und dem linear-proportionalen Kostenverlauf Ο—Ρ ( = Preisgerade i n der freien Konkurrenz) unterscheiden. Somit kommen w i r zu der linearen Istgesamtkostengeraden α—BO (— siehe Abb. 1 —), die an die Stelle des kubisch-parabolischen Gesamtkostenverlaufes G tritt, und zu der Plankostengeraden Ο—BO, wobei praktisch der Zustand der freien Konkurrenz (vgl. die Preisgerade Ο—Ρ i n Abb. 1 —) i n den einzelnen Betrieb verlegt wird. Das führt uns anstelle der positiven und negativen fixen Kosten i n Form der Abweichung der Gesamtkostenkurve G von der proportionalen Preisgeraden Ο—Ρ zu den sogenannten Leerkosten i n Form der Abweichung der Istgesamtkostengeraden α—BO von der betrieblichen Plankostengeraden Ο—BO (siehe hier i n Abb. 1 die schraffierte und punktierte Fläche, wobei es sich u m Leerkosten i n Form der Verbrauchs- und Beschäftigungsabweichung handelt). Anstelle der mechanistisch-deduktiven Analyse fiktiver Gesamtkosten (— vgl. den Gesamtkostenverlauf G i n Abb. 3 —) i n ihrer Beziehung zu dem fiktiven Grenzkostenpreis Ο—Ρ i m makroökonomischen Bereich der freien Konkurrenz erfolgt durch die subjektiv-induktiven Fixkostentheoretiker eine Untersuchung der Beziehung zwischen mehr der Wirklichkeit angepaßten betriebsindividuellen Istkostenentwicklungen und dem i m Vergleich zu dem fiktiven Grenzkostenpreis Ο—Ρ realistischeren Grenzkostenverlauf i m mikroökonomischen Bereich des Betriebes entsprechend der Plankostengeraden Ο—BO. Wie bereits schon unter A. des 1. Kapitels unter der Überschrift: ,Die kausalen Fixkostentheorien' ausgeführt wurde, soll die subjektive Betrachtungsweise der Kosten die besondere Berücksichtigung des Einflusses des dispositiven Faktors auf die Kostenentwicklungen, genauer auf die Ist- und Plankostenentwicklungen i m mikroökonomischen Bereich des Betriebes herausstellen. Hiermit w i r d der bedeutendste Schritt einer realistischen Kostentheorie getan, da die einem zu hohen kostentheoretischen Abstrahierungsgrad entsprechende Prämisse des ,homo 5*

68

1. Kap. : Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

oeconomicus' für die betriebliche Wirklichkeit nicht zutrifft, wo also keine automatische bzw. mechanistische Anpassung der Produktionsfaktoren an sich verändernde Bedingungslagen erfolgt. Die induktive Betrachtungsweise der Kosten durch Rummel, Gutenberg und Schneider erwächst aus der Erkenntnis, daß bei betrieblichen Kostenverläufen i n praxi nicht nur die Beschäftigung, sondern sämtliche für die Kostenentwicklungen bedeutsamen Faktoren berücksichtigt werden müssen 55 . Der eigentliche Untersuchungsgang der subjektiv-induktiven Gruppe der Autoren besteht darin, ausgehend von der betrieblichen Wirklichkeit auf induktivem Wege zu den einzelnen kostentheoretischen Konzeptionen zu kommen, die i n Form eines Abbaues der Prämissen der Grenzproduktivitätstheorie und der freien Konkurrenz auf deduktivem Wege ihre wissenschaftliche, d. h. theoretische Fundierung erhalten. Rummel und Gutenberg unterscheiden sich i n ihrer kostentheoretischen Grundkonzeption von Schneider dadurch, daß sie die Einflüsse der Kostendeterminanten isoliert voneinander unter Berücksichtigung von Gesetzmäßigkeiten untersuchen, während Schneider von der gemeinsamen Wirksamkeit aller kausal untereinander verbundenen Kostenfaktoren unter alleiniger Beachtung der von den subjektiven Momenten der Unternehmensleitung bestimmten Kosteneinflüssen ausgeht. Das bedeutet, daß er i m Rahmen des Abbaues des klassischen Kostenmodells aus dem Datenkranz der allgemeinen Grenzproduktivitätstheorie und der freien Konkurrenz eine repräsentative Prämisse heraussucht, deren Abbau i n der betrieblichen Wirklichkeit am offenkundigsten ist. Hier stößt er logischerweise auf die Prämisse der automatischen Anpassung der Produktionsfaktoren an sich verändernde Datenkonstellationen. I n der betrieblichen Wirklichkeit ist diese A n passung jedoch immer der Ausfluß unmittelbarer Unternehmerentscheidungen, die i m Sinne Schneiders allein von der Eigenart der Unternehmerpersönlichkeit abhängen (= totale Dispositionsbestimmtheit der Kosten). I m Gegensatz dazu gehen Rummel und Gutenberg von gültigen Kostengesetzmäßigkeiten aus, die neben dem Einfluß des dispositiven Faktors wirksam werden (= partielle Dispositionsbestimmtheit der Kosten). Auch die Autoren der subjektiv-induktiven Betrachtungsweise der Kosten legen das Schwergewicht ihrer Untersuchungen auf die kausa55 Vgl. hierzu Henzel, F.: Kosten u n d Leistung, 3., unveränderte Aufl. der »Kostenanalyse', Stuttgart 1957, S. 178. „Es gibt nicht, w i e es i n der Theorie bisher zum Ausdruck gebracht wurde, i n einer Unternehmung oder i n einem Betrieb ein einziges, sondern eine Vielheit von Faktoren, die das E n t stehen u n d die Höhe der Kosten beeinflussen. Der übliche Beschäftigungsgrad ist n u r einer dieser Faktoren neben vielen anderen."

Α. Die kausalen Fixkostentheorien

69

len Bedingungsverhältnisse der Produktion und vernachlässigen dabei weitgehend die Frage des unternehmenspolitisch-intentionalen Energiezuwachses i m finalen Bereich der Wirkzusammenhänge, was erst i m Rahmen der Behandlung der institutionellen Kostenrechnung i m Sinne von Schnutenhaus eingehend Berücksichtigung findet. 1. Die partielle Dispositionsbestimmtheit der Kosten (Gutenberg und Rummel)

Gutenberg und Rummel wollen w i r als die Vertreter der partiellen Dispositionsbestimmtheit der Kosten ansehen. Bei Gutenberg, der die praktischen Erkenntnisse Rummels auf dem Kostensektor theoretisch fundierte, zeigt sich, daß außer dem Einfluß des dispositiven Produktionsfaktors die Kostendeterminanten i m Rahmen sogenannter rational-ökonomischer Gesetzmäßigkeiten die Gesamtkostenentwicklungen bestimmen, was auf eine partielle Dispositionsbestimmtheit der Kosten schließen läßt. I m Gegensatz hierzu weist Schneider darauf hin, daß die einzelnen Kosteneinflußgrößen nicht ihre eigenen, außerhalb der unternehmerischen Einflußsphäre liegenden Entstehungsursachen 56 haben, sondern jede Kostenentwicklung hat letztlich ihren Ursprung i n der individuellen Eigenart des Unternehmers ( = totale Dispositionsbestimmtheit der Kosten). a) Die kostentheoretische

Betrachtung

vor Beginn der Produktion

Die kostentheoretische Betrachtung Rummels vor Produktionsbeginn, d. h. vor Beschäftigungsbeginn, dient der Analyse der fixen Kosten i m Sinne der Betriebsbereitschaftskosten F% die von den fixen Kosten F i i m Sinne von Stillstandkosten getrennt werden müssen (— siehe Abb. 1! —). Somit unterscheidet Rummel zwischen: 56 Vgl, hier: Die Behauptung Schmalenbachs, der i n seiner Wiener Rede von einer natürlichen, außerhalb der unternehmerischen Einflußsphäre liegenden Festigkeit der Kosten ausging. — Siehe Einleitung. Vgl. auch Gutenberg, E.: Grundlagen der B W L , 1. Bd., 5. Aufl., S. 220. Hierzu schreibt Gutenberg: „ M i t Recht weist Rummel darauf hin, daß jede Kostenrechnung auf der Annahme von Gesetzmäßigkeiten beruht. Denn w e n n keinerlei Gesetzmäßigkeit bestünde, dann w ü r d e Kostenrechnung, wie er sagt, überhaupt keinen Sinn haben" (K. Rummel: Einheitliche Kostenrechnung, 3. Aufl., Düsseldorf 1949, S. 17). Beachte: Schneider setzt an die Stelle dieser Gesetzmäßigkeit die These von der absoluten Dispositionsbestimmtheit der Kosten. Schnutenhaus ersetzt das mathematische funktionale Kausalkostendenken Rummels und Gutenbergs durch ein logisches System organisatorischen Denkens unter der führenden Leitidee von Schutz, Sicherung, Erhaltung u n d Wachstum der Betriebsstruktur.

70

1. Kap.: Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

a) den Stillstandkosten Fi, die auch bei Stillstand des Betriebes anfallen und nur aus den Bedürfnissen des lebenden Organismus der Institution erklärt werden können; b) den Betriebsbereitschaftskosten F2, die aufgrund des Abbaues der Prämisse des klassischen Kostenmodells hinsichtlich der Zeitlosigkeit des Produktionsprozesses i m dynamischen Ablauf der Produktion aufgrund des Einflusses sämtlicher Kostendeterminanten, also nicht nur der Kostendeterminante: Beschäftigung wirksam werden. Diese Kosten werden i n Form von Betriebsbereitschaftskosten i n Abhängigkeit von einer bestimmten Erzeugungsmenge vorausgeplant (— siehe hier die Betriebsbereitschaftskosten F2 i n Abb. 1 — diese Betriebsbereitschaftskosten werden zwar auf eine bestimmte Erzeugungsmenge h i n geplant, ändern sich jedoch nicht i n einer funktionalen Abhängigkeit von der variierenden Beschäftigung, m i t der sich nur die rein beschäftigungsabhängigen Kosten [ = proportionale oder variable Kosten] ändern —). Z u a): Z u den Betriebsbereitschaftskosten Fi zählen Kosten, die über die geplanten auf eine bestimmte Beschäftigungsgröße bezogenen Betriebsbereitschaftskosten F2 hinaus entstehen. Es handelt sich dabei u m Kosten, welche z. B. „durch Halten von Fachkräften, Bewilligungen für besondere Instandsetzungen oder Aufräumungsarbeiten, alles auch nach Planung' 4 entstehen. „Diese Kosten folgen keinerlei Proportionalität zu betrieblichen Größen; sie lassen sich infolgedessen, nicht schlüsseln, denn jedes Schlüsseln ist eine Anwendung eines Proportionalitätsgesetzes 57 ." Dieser Auffassung Rummels schließen w i r uns jedoch nicht an, denn diese fixen Kosten, welche auch i m Sinne Rummels nach Planung entstehen, lassen sich i n bezug auf eine bestimmte Produktionsmenge bzw. Betriebskapazität vorausplanen und i n Abhängigkeit von einer bestimmten Istbeschäftigung i n Nutzkosten und Leerkosten ( = Beschäftigungsabweichung — siehe Abb. 1! —) aufteilen. Wie w i r noch i n der Schnutenhausschen Betriebsstrukturkostenrechnung sehen werden, lassen sich die gesamten fixen Kosten Fi, also nicht nur die Nutzkosten, sondern auch die Leerkosten „aufschlüsseln", und zwar zum Zwecke der Struktur- und Beschäftigungssicherung. Diese fixen Kosten Fi, welche i m Sinne Rummels „unabhängig von der Erzeugung" sind, „aber proportional zur Kalenderzeit..., wie z. B. Zinsen des Anlagekapitals, Abschreibung für technische Uberalterung, ein Teil der Gehälter" 5 8 , werden en bloc i n die Gewinn- und Verlust57 58

Rummel, K . : Einheitliche Kostenrechnung, 3. Aufl., S. 215. Derselbe, Einheitliche Kostenrechnung, 2. Aufl., S. 215.

Α. Die kausalen Fixkostentheorien

71

rechnung gebracht und global i m Bruttogewinnzuschlag berücksichtigt, auf den w i r noch i m 2. Kapitel unter A. II. 1. zurückkommen werden. Z u b): I m Gegensatz zu den Betriebsbereitschaftskosten bzw. fixen Kosten F i sind die fixen Kosten F2 typische Betriebsbereitschaftskosten, welche i n Abhängigkeit von einer geplanten Produktionsmenge entstehen und vor Beginn der Produktion schon bereits als Kosten i m Rahmen der Anschaffung von Produktionsfaktoren auftreten. Während die fixen Kosten F i aus der arbeitenden Organisation der Betriebsstruktur laufend erwachsen, werden die fixen Kosten F2 durch den Kauf bzw. Verkauf von Produktionsfaktoren i m Rahmen der Schaffung bzw. des Abbaues einer teilweise dispositiv bestimmten Betriebsbereitschaft hervorgerufen, m i t der man sich auf eine bestimmte Produktions-Sollmenge i m Rahmen zukünftiger geplanter Absatzmöglichkeiten vorbereitet. I n diesem Sinne stellt Rummel fest: „Man w i r d dem Charakter der fixen Kosten am besten gerecht, wenn man sie Bereitschaftskosten nennt. Jedes Unternehmen w i r d bei seinem Beginn für eine bestimmte Kapazität, d. i. eine bestimmte Erzeugungsmöglichkeit bei ,optimalem' Beschäftigungsgrad ausgelegt 59 ." Die fixen Kosten entstehen „durch die Bereitschaft zur Gütererzeugung, allgemein zum ,Betreiben' einer Unternehmung..., ohne daß man überhaupt noch m i t der Gütererzeugung angefangen hat, und die auch — i n Form von einmaligen Ausgabekosten ζ. B. i m Rahmen der Beschaffung von Maschinen (vom Verfasser eingefügt) — bestehen, wenn man überhaupt nicht produzieren w ü r d e " 6 0 . Bei der Feststellung, daß ein Unternehmen vor Beginn einer Produktion für einen optimalen Beschäftigungsgrad ausgelegt wird, erscheint uns „der Planungsgedanke Rummels besonders w i c h t i g " 6 1 für den Charakter der fixen Kosten. Mittels der Planung der Unternehmensleitung w i r d die Kapazität eines Unternehmens für eine bestimmte Produktions-Sollmenge innerhalb eines gewissen Zeitraumes festgelegt. Vor Beginn der Produktion w i r d also eine Sollmenge festgelegt, welche i n einer bestimmten Kalenderzeitperiode erzeugt werden soll, da man einen Anhalts punkt für die Höhe der zukünftigen Produktionskosten vor Beginn der Produktion bei einer vorzeitigen Bereitstellung der Betriebsmittel haben muß. Es dürfen nur die Kosten der Betriebsbereitschaft m i t einer bestimmten kalenderzeitbezogenen Sollmenge i n Verbindung gebracht werden, welche auch für diese bestimmte geplante Produktionsmenge voraussichtlich anfallen werden. 59 Rummel, K . : Einheitliche Kostenrechnung, 3. Aufl., Düsseldorf 1949, S. 210. 60 Derselbe, Einheitliche Kostenrechnung, 3. Aufl., S. 28 f. 61 Schwarz, H.: „Die Problematik der fixen Kosten (im W i r k - u n d Strickwarenbetrieb)." W i r k e r e i - u n d Strickerei-Technik, 8. Jg. 1958, Heft 12, S. 38.

72

1. Kap. : Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

b) Die kostentheoretische

Betrachtung

nach Produktionsbeginn

Mittels einer kostentheoretischen Betrachtung nach Produktionsbeginn werden die Leerkosten i n Form der Abweichung der Istgesamtkostengeraden α—BO von der betrieblichen Plankostengeraden Ο—BO (— siehe Abb. 1 —) untersucht. Im Gegensatz zu den positiven und negativen fixen Kosten der mechanistisch-deduktiven Fixkostentheoretiker stellen die Leerkosten der subjektiv-induktiven Fixkostentheoretiker realistischere Abweichungsformen dar. Hierbei finden neben dem Einfluß der Unternehmerplanungen und Unternehmerdispositionen sämtliche Kosteneinflußgrößen ihre Berücksichtigung. Somit wollen w i r uns den Gutenbergschen Kostendeterminanten zuwenden, die i m Prinzip einen weitgehenderen, analytischen Prämissenabbau der Grenzproduktivitätstheorie und der freien Konkurrenz darstellen, was den kostentheoretischen Fortschritt der subjektiv-induktiven Betrachtungsweise der Fixkosten ( = Leerkosten) gegenüber der mechanistischdeduktiven Betrachtungsweise kennzeichnet, wie das bereits schon erwähnt worden ist. Bei der Erläuterung der Gutenbergschen Kostendeterminanten wollen w i r zwischen solchen unterscheiden, welche den Gesamtkostenverlauf aus der Betriebsstruktur heraus beeinflussen, und solchen, welche aus der Marktsphäre heraus auf den Gesamtkostenverlauf einwirken. Wenn w i r uns i n diesem Zusammenhang der Terminologie von Falkenroth 6 2 i n dem hier zu verstehenden Sinne bedienen, dann können w i r sagen, daß die Leerkosten der subjektiv-induktiven Fixkostentheoretiker, abgesehen von Schneider, der eine einseitig marktorientierte Kostenbetrachtungsweise vornimmt, wie w i r noch sehen werden, von der „Schub- und Sogkraft" des Plankostenstromes Ο—BO und des Istkostenstromes α—BO bestimmt werden, was vergleichsweise auch zum Zwecke einer exakten Analyse der positiven und negativen fixen Kosten Lehmanns für den Gesamtkostenverlauf G und die proportionalen Kosten Ο—Ρ des marktpreisbestimmenden Grenzbetriebes angenommen werden muß. Diese Schub- und Sogkraft der Kostenströme entsteht infolge von Datenveränderungen, welche bei den statischen Kostenverläufen der Grenzproduktivitätstheorie und der freien Konkurrenz keine Berücksichtigung finden und von den mechanistischdeduktiven Fixkostentheoretikern global in einem Fixkostenblock erfaßt werden. Hiermit ist zwangsläufig eine dynamische Erklärung des Fixkostenproblems gegeben, wobei man über die m i t einer statischen Vorstellungswelt verbundene quantitative Analyse ( = Analyse der rein beschäftigungsabhängigen Kosten) kubisch-parabolischer und linear-proportionaler Gesamtkostenentwicklungen verbunden m i t einer 62 Vgl. Falkenroth, G.: „ Z u r A u s w i r k u n g der fixen triebswirtschaftlichen Praxis." ZfhF 1949, S. 558 ft.

Kosten i n der be-

Α. Die kausalen Fixkostentheorien

73

globalen Erfassung aller übrigen Kosteneinflußgrößen als Restkosten ( = Fixkosten) hinauskommt. aa) Die Schubwirkung der Gesamtkosten Z u den Kostendeterminanten Gutenbergs, welche für die Schubwirkung der Gesamtkosten verantwortlich sind, wollen w i r folgende zählen: 1. Den Einfluß qualitativer Änderungen 2. Den Einfluß der Faktorproportionen (Beschäftigung) 3. Den Einfluß von Betriebsgrößenänderungen Z u 1.: Der Einfluß qualitativer Änderungen der Produktionsbedingungen auf die Produktionskosten entsteht folgendermaßen: a) Durch oszillative Änderungen, die sich jedoch speziell i n großen Betrieben ausgleichen und die Kostenfunktion weitgehend unbeeinflußt lassen. b) Stetige und mutative Änderungen haben dagegen einen erheblichen Einfluß auf das Kostengefüge aller Betriebe. Stetige Änderungen sind durch den Trend des technischen Fortschritts bedingt. „Unter sprunghaften Veränderungen oder Mutationen verstehen w i r wichtige Erfindungen, die den Produktionsprozeß revolutionierend verändern, wie es i n England i n der Zeit von Lewis Paul bis James Watt oder i n jüngster Zeit bei der Entwicklung der Atomkraft i n den Vereinigten Staaten von Amerika der Fall w a r 6 3 . " Diese stetigen und mutativen Änderungen sind die Ursache für das steigende Anwachsen der fixen Kosten, wie dies Schmalenbach i n seiner Wiener Rede 1928 prophezeite. Somit w i r d m i t der Zunahme der Automatisierung i m Zuge des technischen Fortschritts den fixen Kosten eine fertigungstechnische Bedeutung verliehen, „die u m vieles größer sein wird, als das heute selbst bei hochgradig kapitalintensiven Industrien der Fall i s t " 6 4 . c) Durch „alternative Substitution" 65, wobei es u m die Frage geht, ob eine neue Maschine durch den Unternehmer angeschafft und eine alte ersetzen soll. Hierbei ist zu beachten, daß der Unternehmer i m 63 Blaschka, B.: Produktionstechnische Anpassungsformen, Diss. Mannheim 1955, S. 13/14. Vgl. auch Waffenschmidt, W. G.: Die Produktion, Meisenheim/Glan 1955, S. 71. Gutenberg, E.: Grundlagen der B W L , 1. Bd., 2. Aufl., Berlin-MünchenHeidelberg, S.277. 64 Gutenberg, E.: „Offene Fragen der Produktions- u n d Kostentheorie." Z f H 1956, S. 439. 65 Gutenberg, E.: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, B e r l i n - G ö t tingen-Heidelberg 1960, 1. Bd., 5. Aufl., S. 289 ff.

74

1. Kap.: Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

Zusammenhang m i t der Frage des Ersatzes alter Maschinen durch neue nicht immer nach Grundsätzen des ökonomischen Prinzips vorgehen kann, d. h. sich nicht allein an Wirtschaftlichkeitsrechnungen orientieren kann. So weist eine neue Maschine häufig Vorteile auf wie z. B. Zuverlässigkeit, einfache Bedienung und Wartung, Unfallsicherheit, geringere Hitze-, Lärm- und Staubbelästigung usw., welche bei Investitionsentscheidungen m i t berücksichtigt werden müssen. Aber auch Nachteile können damit verbunden sein, wie z. B. größerer Raumbedarf und notwendige Umbauarbeiten. d) Dadurch, daß z.B. Präzisionsmaschinen für grobe Werkstücke eingesetzt werden, also nicht entsprechend ihrer qualitativen Kapazität, entstehen Leerkosten besonderer A r t , nämlich „Kosten nicht genutzter qualitativer Kapazität". Z u 2.: Durch die Untersuchung des Einflusses der Beschäftigung auf die Gesamtkostenentwicklung hat Gutenberg einen wesentlichen Beitrag für die Analyse der Leerkosten, speziell in diesem Falle für eine Analyse der Leerkosten in Form der Beschäftigungsabweichung (— siehe Abb. 1 —), aber auch der positiven und negativen fixen Kosten geleistet, die durch die Abweichung der beschäftigungsabhängigen Gesamtkosten G vom linear-proportionalen Kostenverlauf Ο—Ρ i m Sinne Lehmanns entstehen (— siehe Abb. 3! —). Die Gesamtkostenverläufe und somit die Höhe der Leerkosten bzw. der negativen und positiven fixen Kosten hängen davon ab, i n welcher Form der Unternehmer sich laufenden Beschäftigungs- bzw. Absatzänderungen mittels seiner Produktionsfaktoren anpaßt. Die Anpassung nach dem Ertragsgesetz ( = Produktionsfunktion vom Typ A ) 6 6 , das die mechanistischdeduktive Gruppe der Fixkostentheoretiker zugrunde legt, ist bei industriellen Kostenverläufen i m Sinne von Gutenberg nicht wirksam, da Gutenberg nicht von peripher substituierbaren Faktoren ausgeht, wobei bei variierender Beschäftigung nur eine Anpassung m i t einem variablen Faktor erfolgt, sondern von limitationalen Faktoren, wobei sämtliche Produktionsfaktoren i m Zuge der Anpassung variiert werden müssen ( = Produktionsfunktion vom Typ B 6 7 ) . Somit kommen für industrielle Kostenverläufe folgende produktionstechnische Anpassungsformen i n Frage, welche die Schubwirkung des Kostenstromes, d. h. die Wirkungen aus dem institutionellen Bereich der Produktionsfaktoren hervorrufen: a) Intensitätsmäßige Anpassung b) Quantitative Anpassung c) Zeitliche Anpassung 66 67

Gutenberg, Gutenberg,

E.: Grundlagen der . . . , l . B d . , 5. Aufl., S. 195 ff. u n d 226 ff. E.: Grundlagen der . . . , l . B d . , 5. Aufl., S. 218 ff.

Α . Die kausalen Fixkostentheorien

75

Z u a): Bei einer intensitätsmäßigen Anpassung der Kosten i n Abhängigkeit von der Beschäftigung haben w i r einen konstanten Faktorenbestand, dessen Gesamtkosten unabhängig von der Beschäftigung auch bei Stillstand des Betriebes i n gleicher Höhe anfallen (siehe fixe Kosten F t i n Abb. 4!). Innerhalb dieses Fixkostenblockes F ± variieren

Abbildung

4

jedoch die sogenannten Nutz- und Leerkosten m i t der Beschäftigung. I n Abb. 4 gehen w i r von einer für die Fixkosten F i geplanten Beschäftigung m aus, die der Normalkapazität eines bestimmten Aggregates entspricht. „Bezeichnet man die von einer betrieblichen Teileinheit effektiv erzeugte Produktmenge m i t χ und die Produktmenge, deren Herstellung maximal möglich wäre, m i t m, so erhält man für die Leerkosten den Ausdruck: K

l(x)=(

m x

Fi

68

~ )-

Für die Nutzkosten erhält man aus der Gleichung F = Κι + K n folgenden Ausdruck: 69

K

n( X) = X —

Die intensitätsmäßige Anpassung entspricht der Rummeischen Lastgradvariation 7 0 . Der Lastgrad nach Rummel ist ein Kennmaß für die Höhe der Beanspruchung von Mensch und Maschine während einer gegebenen Rechnungsperiode, intensitätsmäßige Anpassungen kommen bei Anlagen vor, die nicht i n mehrere selbständige technische Teileinheiten zerlegt werden können, sondern starr verbunden sind, 68 Beachte: Anstelle der Bezeichnung Q bei Gutenberg haben w i r die Bezeichnung F i f ü r die fixen Kosten der Betriebsbereitschaft gesetzt (siehe hier auch die fixen Kosten F i i n Abb. 1!—). 69 Gutenberg, E.: Grundlagen der B W L , 1. Bd., 5. Aufl., S. 250/251. 70 Rummel, K . : Einheitliche Kostenrechnung, 3. Aufl., S. 63.

76

1. Kap. : Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

wie z.B. Schwefelsäurefabriken i n der chemischen Großindustrie oder elektrische Wasserkraftwerke. I m Vergleich zu den Leerkosten Κ ι als Kosten nicht ausgenutzter Betriebskapazität, was sich auch auf einzelne Betriebsteile beziehen kann, gibt es ebenso Kosten der Überbeanspruchung bei intensitätsmäßiger Anpassung. Wenn die Ausbringungsmenge über die geplante Kapazität m (siehe Abb. 4!) hinaus gesteigert wird, dann zeigen die Kosten F i eine ansteigende Tendenz. Diese Kosten der Überbeanspruchung sind ein Provisorium, da man auf die Dauer von den Menschen und den Maschinen keine Höchstleistungen erwarten darf. Da jedoch jeder Betrieb aus mehreren Betriebsteilen der verschiedensten A r t besteht und die optimalen Ausnutzungsgrade m (— siehe Abb. 4, wobei alle Leerkosten Κι i n Nutzkosten K n verwandelt worden sind —) der einzelnen Betriebsteile verschieden sind, w i r d für den Fall, daß der gesamte Betrieb sich i m Beschäftigungsoptimum ( = Betriebsoptimum BO — siehe Abb. 1 —) befindet, ein kompensatorischer Effekt auftreten. Hierbei kompensieren sich die Leerkosten Κ ι der Unterbeschäftigung (— vgl. hier die Leerkosten i n Form der Beschäftigungsabweichung — siehe Abb. 1 ! —) i n bestimmten Betriebsteilen m i t den Kosten der Uberbeanspruchung (— vgl. hier den Kurvenabschnitt BO—c i n Abb. 1) anderer Betriebsteile. Sind die Leerkosten als Kosten der Unterbeschäftigung i n bestimmten Betriebsteilen größer als die Kosten der Uberbeanspruchung anderer Betriebsteile, dann befindet sich der Betrieb insgesamt i m degressiven Bereich der Gesamtkostenkurve (— vgl. Kurvenabschnitt α—b—BO der variablen Gesamtkostenkurve G bzw. den Teilbeschäftigungsbereich der Sollkosten geraden e—BO i n Abb. 1 —). Haben w i r dagegen eine größere Zunahme der Uberbeanspruchungskosten i m Vergleich zu den Leerkosten Κ ι der nicht ausgenutzten Kapazitäten einzelner Betriebsteile, dann produziert der Betrieb i m progressiven Gesamtkostenbereich (— vgl. Kurvenabschnitt BO—c i n Abb. 1! —). Zu b): Eine quantitative Anpassung kann dann vorgenommen werden, wenn ein Betrieb aus verhältnismäßig selbständigen Teileinheiten (Werkstätten, Arbeitsplätzen) besteht, die intervallfixe Kosten hervorrufen, welche w i r bereits schon unter Α. 1.1. b. des 1. Kapitels kennengelernt haben. Der Betrieb kann sich Beschäftigungsschwankungen durch Stillegung bzw. Wiederinbetriebnahme solcher Teileinheiten anpassen. Verbinden sich m i t einer quantitativen Anpassung qualitative Prozesse, so spricht man auch von selektiver Anpassung. W i l l ein Betrieb bei rückläufiger Beschäftigung die volle Betriebsbereitschaft beibehalten, dann bedeutet das einen Verzicht auf den Abbau der intervallfixen Kosten der stillgelegten Anlagen. Dadurch entstehen rémanente Fixkosten, d. h. abbaufähige, aber nicht abgebaute Leerkosten.

Α. Die kausalen Fixkostentheorien

77

Da der Verzicht auf den Abbau von Leerkosten immer der Ausfluß von Unternehmerentscheidungen ist 7 1 , setzt Schnutenhaus an die Stelle des naturwissenschaftlichen Begriffes ,Remanenz', der von Brasch der Physik entnommen ist, den Begriff ,Resistenz der Kosten i7 2. Z u c): Die zeitliche Anpassung ist neben der quantitativen Anpassungsform i n der Industrie vorherrschend. Falls es die Produktionsbedingungen zulassen, kann sich der Betrieb Beschäftigungsschwankungen durch Kürzung der Betriebszeit, Einlegung von Feierschichten bzw. Nacht- und Sonntagsschichten anpassen. Diese zeitliche Anpassung stellt streng genommen einen Sonderfall der quantitativen Anpassung dar. I m Sinne von Rummel handelt es sich hier u m eine Zeitgradvariation. Der Zeitgrad gibt die „zeitliche Ausnutzung wieder" 7 3 . Rummel spricht hier auch von einem zeitlichen Beschäftigungsgrad, der ebenso wie der Lastgrad „ein dimensionsloser Ausdruck i s t " 7 4 . Der Zeitgrad setzt sich aus der Beziehung der Fertigungszeit zur Kalenderzeit zusammen. Rummel stellt hierzu fest: „Es ist klar, daß diese Beziehung für die sogenannten festen Kosten wesentlich ist, namentlich bei allen Rechnungsformen, bei denen die Fertigungszeit als Maßgröße benutzt w i r d wie bei den Platzkosten i n allen ihren Formen einschließlich der Bezugsrechnung 75 ." Durch diese Inbeziehungsetzung der festen Kosten zur Fertigungs- und Kalenderzeit weisen diese eine vollständige Proportionalität gegenüber kleinsten Zeitabschnitten auf. „Sie laufen von Tag zu Tag weiter, ja von Sekunde zu Sekunde, und sind für diejenige Zeitspanne fest, für die die Bereitschaft geplant ist 7 6 . < ; „Denn die festen Kosten sind ja dadurch gekennzeichnet, daß sie, unabhängig davon, ob gefertigt w i r d oder nicht, i n jeder Kalenderstunde i n gleicher Höhe anfallen, sie sind somit den Kalenderstunden proportional 7 7 ." Sie sind also „ . . . konstante Beträge des betrachteten Rechnungsabschnittes, gleichviel wie hoch der Beschäftigungsgrad ist, sie sind konstant i n bezug auf die Gütermenge, die Arbeiter- oder Betriebs- oder Maschinenstunden dieses Zeitabschnittes, . . . " 7 8 . Außer den mittels produktionstheoretischen Anpassungsformen beeinflußten Gesamtkosten i n Abhängigkeit von der Beschäftigung w i r d 71 Vgl. hier Glöckner , Ρ. H. : Die Wandlung der Ansichten über die fixen Kosten i n der Betriebswirtschaftslehre, S. 148. Ebenso Bouffier, W.: Kostenremanenz und Unternehmungsführung. Die Unternehmung, 7. Jg. 1953, S. 48 ff. 72 Schnutenhaus, O. R.: Neue Grundlagen . . . , S. 144. 73 Rummel, K . : Einheitliche Kostenrechnung, 3. Aufl., S. 69. 74 Rummel, K . : Einheitliche Kostenrechnung, 3. Aufl., S. 69. 75 Rummel, K . : Einheitliche Kostenrechnung, 3. Aufl., S. 69. 76 Rummel, K . : Einheitliche Kostenrechnung, 3. Aufl., S. 28 f. 77 Rummel, K . : Einheitliche Kostenrechnung, 3. Aufl., S. 69 f. 78 Rummel, K . : Einheitliche Kostenrechnung, 3. Aufl., S. X I I .

78

1. Kap.: Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

der beschäftigungsabhängige Gesamtkostenverlauf auch mittels absatzpolitischer Anpassungsformen beeinflußt. Z u den absatzpolitischen A n passungsformen zählen: a) Produkt- und Sortimentsgestaltung b) Werbung c) Absatztechnik d) Preispolitik Hierdurch erfolgt von der Sogseite her ein Einfluß auf den Kostenstrom. Dieser Frage der Sogwirkung des Kostenstromes werden w i r uns später unter bb) zuwenden. Z u 3.: Wenn w i r die Gutenbergsche quantitative Anpassungsform näher betrachten, dann ist ersichtlich, daß es sich hier nicht u m die reine Form eines beschäftigungsabhängigen Gesamtkostenverlaufes handelt. Der Einsatz oder der Verkauf von Maschinenaggregaten bei sich verändernder Beschäftigung sind praktisch Betriebsgrößenvariationen. Somit ist auch Gutenberg der Auffassung „ . . . , daß die bisher i n der Literatur übliche strenge Trennung zwischen Beschäftigungsvariation und Betriebsgrößenvariation . . . nicht aufrechterhalten werden . . . " 7 9 kann. Aus diesem Grunde sind z. B. die negativen fixen Kosten i n Form einer Abweichung der linear-proportionalen Kostengeraden Ο—Ρ von den Gesamtkosten G, die allein unter dem Einfluß der Beschäftigung stehen sollen, i m Kurvenabschnitt b—BO bzw. die Leerkosten i n Form der Beschäftigungs- und Verbrauchsabweichung (— siehe Abb. 1 —) auch auf den Einfluß der Kostendeterminanten: ,Betriebsgröße' zurückzuführen, und zwar i m Rahmen des Einsatzes von zusätzlichen Maschinenaggregaten, die infolge einer verbesserten technischen Qualität jeweils neue Produktionsfunktionen schaffen. Je mehr ein Betrieb die Möglichkeit hat, sich technische Neuerungen an Maschinen möglichst schnell zunutze zu machen, u m so stärker w i r d der degressive Effekt der Gesamtkostenverläufe. Dieser Degressionseffekt der Gesamtkosten w i r d dadurch erzielt, daß das Betriebsoptim u m BO immer mehr bei einer steigenden optimalen Ausbringungsmenge Xopt (— siehe Abb. 1! —) auf ein niedrigeres Kostenniveau absinkt, bis die sogenannte optimale Betriebsgröße erreicht ist. Diese Kostendegression durch Betriebserweiterungen i m Sinne einer Folge laufend neuer verbesserter Produktionsfunktionen ( = „large-scaleproduction") 8 0 w i r d durch qualitative Verbesserungen der Produktionsbedingungen mittels Spezialisierung, der Einrichtung einer Arbeitsvorbereitung und sonstiger technischer und organisatorischer Rationalisie791 Gutenberg, E.: „Offene Fragen der Produktions- und Kostentheorie." Z f H 1956, S. 449. 80 Gutenberg, E.: Grundlagen der B W L , 1. Bd., 5. Aufl., S. 314.

Α. Die kausalen Fixkostentheorien

79

rungsmaßnahmen verstärkt. Hierdurch dürften Großbetriebe eine höhere Produktivität erreichen als Klein- und Mittelbetriebe, deren Betriebsoptimum BO (siehe Abb. 1!) somit auf einem höheren Kostenniveau liegt. Wie bereits bei der Behandlung der Kostendeterminanten ,Beschäftigung' herausgestellt wurde, ist der Einfluß der Beschäftigung auf die Höhe der negativen fixen Kosten i m Kurvenabschnitt BO—c (siehe Abb. 1 !), d. h. also auf den progressiven Verlauf der Gesamtkostenkurve vom Betriebsoptimum BO an auf eine zeitweilige Uberbeanspruchung der Produktionsfaktoren zurückzuführen. Dieser progressive Kosteneffekt w i r d durch den Einfluß von Betriebsgrößenvariationen zumindest nicht verstärkt, wenn man die Betriebserweiterung in der rein technischen Dimension betrachtet. Somit kann, abgesehen von dem degressiven Kosteneffekt bei der „large-scale-production", die Neuanschaffung von Maschinen höchstens bei gleichem Stand der Technik erfolgen ( = Batteriesystem bzw. Betriebsgrößenerweiterung m i t „multiplem Charakter" 8 1 . Die Ursache für den progressiven Kostenanstieg i m Kurvenabschnitt BO—c w i r d somit i m Rahmen von Be-· triebsgrößenvariationen von der Gruppe der mechanistisch-deduktiven Fixkostentheoretiker darauf zurückgeführt, daß der dispositive Faktor an der Grenze seiner Leistungsfähigkeit ist, wo die qualitative Auswahl der Produktionsfaktoren nachläßt. Dies führt dazu, daß an die Stelle einer objektiven Würdigung der Arbeiter und Angestellten eines Betriebes ein bürokratisches Lenkungssystem tritt. Dadurch werden Leute eingesetzt, welche die Maschinen unsachgemäß bedienen 82 . Hiergegen wendet Gutenberg ein: „Die betriebliche Erfahrung zeigt, daß 81

Gutenberg, E.: Grundlagen der B W L , l . B d . , 5. Aufl., S. 317. Vgl. Schmalenbach, E.: Kostenrechnimg u n d Preispolitik, 8. Aufl., K ö l n und Opladen 1956, S. 106. „Die wichtigste Verwaltungsfunktion ist die Personalauslese, denn i m Betrieb ist es w i e sonst überall, daß der Erfolg i m wesentlichsten Teile bestimmt w i r d durch eine sorgfältige Auswahl aller Organe. E i n Betrieb, der nicht unzulängliche Organe abstößt oder zum mindesten an untergeordnete Stellen weist u n d die Leistungsfähigkeiten erkennt u n d heraushebt, ist ein mangelhafter Betrieb. N u n macht zwar auch i m Kleinbetrieb die A u s w a h l halt an der Persönlichkeit des Betriebsleiters selbst u n d bei den nächsten Anverwandten. Aber i m übrigen wenigstens sorgt das Selbstinteresse für die beste Auswahl. I m großen Betrieb dagegen ist diese Auswahl ungemein erschwert durch die Schwierigkeiten objektiver W ü r d i gung. Genau kennt man doch immer n u r die Personen der nächsten U m gebung. Der Weg v o m Betriebsleiter zum Angestellten u n d Arbeiter wächst rasch m i t zunehmender Größe; u n d sobald man die Personalauslese auf nachgeordnete Instanzen überträgt, stellen sich Mißstände ein. Praktisch ist es so, daß f ü r jede Betriebsgattung eine bestimmte Größe gegeben ist, bei der die Bestimmung der Tüchtigkeit versagt u n d irgendein bürokratisches System, ein Schema, die Auswahlfunktion ersetzen muß. Examina treten an die Stelle beobachtender Würdigung: Dienstaltersstufen beseitigen die Auswahltätigkeit ganz." 82

80

1. Kap. : Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

der dispositive Faktor erst versagt, wenn ein Betrieb eine Kapazitätsausdehnung erreicht, die ihn zu einem ungewöhnlich großen Betriebe, fast möchte man sagen, zu einem Mammutbetriebe macht 8 3 ." Jedoch w i r d dieser Zustand i n den einzelnen Produktionszweigen äußerst selten erreicht, so daß immer noch eine Möglichkeit besteht, koordinierende Aufgaben auf eine Vielzahl von Personen oder von dezentralisierten, rechnerisch verselbständigten Abteilungen zu übertragen. Auch ist zu beachten, daß gerade m i t zunehmender Betriebsgröße die Qualität des dispositiven Faktors besser werden kann (z. B. besser bezahlte Kräfte i n Großbetrieben). Im Sinne von Gutenberg ist der progressive Kosteneffekt nicht so sehr auf betriebs- und verwaltungstechnische Einflüsse zurückzuführen, sondern auf die kostensteigernde Wirkung absatzpolitischer Maßnahmen aufgrund erhöhter Marktwiderstände und auf fehlende Fremdkapitalbeschaffungsmöglichkeiten. „Marktwiderstände und gefahrdrohende Störungen i m finanziellen Gleichgewicht sind es also, die den betrieblichen Expansionsprozeß begrenzen und zwar auch dann, wenn die Leistungsfähigkeit des dispositiven Faktors ausreicht und m i t zunehmender Betriebsausweitung günstigere technische Verfahren realisierbar sind 8 4 ." Wenn also ein Betrieb bei konstanter Betriebsgröße über das Betriebsoptimum BO hinaus produziert, so kommt er bekanntlich i n die Kostenprogression, die i n diesem Falle bei einem rein beschäftigungsabhängigen Kostenverlauf ein Überanstrengungsmerkmal ist. Erfolgt jedoch eine Betriebsgrößenerweiterung m i t technisch verbesserten Maschinenaggregaten, dann kommt der Betrieb i n eine Kostendegression, die das Betriebsoptimum auf ein niedrigeres Kostenniveau herabsenkt. Dieser degressive Effekt hält so lange an, bis der Betrieb seine optimale Bevriebsgröße erreicht hat und i m Sinne von Gutenberg z. B. die Marktwiderstände den progressiven Kosteneffekt hervorrufen. Diese optimale Betriebsgröße muß der Unternehmer planen, bevor er seine Betriebskapazität erweitert. Die planmäßige Änderung der Betriebsbereitschaft erfolgt i m Sinne Gutenbergs aufgrund von Unternehmererwartungen 8 5 auf dem Absatzmarkt. „Die Unsicherheit, die den Er83

Gutenberg, E.: Grundlagen der B W L , 1. Bd., 5. Aufl., S.320. Gutenberg, E.: Grundlagen der B W L , l . B d . , 5. Aufl., S. 325. Gutenberg, E.: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, l . B d . : Die Produktion, 3. Aufl., S. 257. 85 Vgl. hierzu die Feststellung Gutenbergs, „daß die moderne Kostentheorie ohne systematische Verwendung des Moments der Erwartungen nicht mehr auskommt Die E r w a r t u n g e n ' bzw. die aus ihnen u n d den technischen Gegebenheiten des Betriebes resultierenden »Verhaltensweisen' stellen eine Kosteneinflußgröße dar, die i n der betriebswirtschaftlichen Kostentheorie als neue zusätzliche Variable eingebaut werden muß." 84

Α. Die kausalen Fixkostentheorien

81

Wartungen auf dem Absatzmarkt innewohnt, ist aber nicht der einzige Unsicherheitsfaktor, m i t dem die Betriebe zu rechnen haben. Denn da auch die Entwicklungen auf dem Beschaffungsmarkt und die technischen Entwicklungen, auch die Kapitalmarkt- und Zinsentwicklungen ungewiß sind, so beruhen die Planungen auch i n diesen betrieblichen Bereichen auf Schätzungen, die unter Umständen sehr unsicher und verlustreich sein können 8 6 ." bb) Die Sogwirkung der Gesamtkosten W i r wollen uns nun den Kosteneinflußmomenten zuwenden, die vom Markt her wirksam werden und die Reagibilitätserscheinungen der Gesamtkostenentwicklungen beeinflussen. Mellerowicz 8 7 ζ. B. ging, wie bereits herausgestellt wurde, bei der Untersuchung der Reagibilitätserscheinungen des Gesamtkostenverlaufes G von einer konstanten, unveränderlichen Marktsituation aus, die der freien und vollkommenen Konkurrenz entspricht (— siehe den linear-proportionalen Kostenverlauf Ο—Ρ i n Abb. 1! —). M i t Hilfe der Gutenbergschen Kostendeterminanten, die aus der Marktsphäre wirksam werden ( = Sogwirkung des Kostenstromes) und einem Abbau der Prämissen der freien Konkurrenz entsprechen, ist zusammen m i t den bereits erläuterten i m Rahmen eines Prämissenabbaues der Grenzproduktivitätstheorie aufgestellten Kostendeterminanten ( = Schubwirkung des Kostenstromes) eine dynamische Analyse der Gesamtkostenreagibilitätserscheinungen, d. h. der positiven und negativen fixen Kosten sowie der Leerkosten in Form der Verbrauchs- und Beschäftigungsabweichung möglich. Schnutenhaus sieht hierin den allgemeinen Fehler der betriebswirtschaftlichen Autoren, daß sie von der Volkswirtschaft herkommend noch nicht genügend die Prämisse des „homo oeconomicus" abgebaut haben. „Auch Gutenberg arbeitet, von der volkswirtschaftlichen Seite kommend, jetzt m i t dem Verhaltensbegriff i n der Betriebswirtschaftslehre, wobei er v ö l l i g übersieht, daß die Unternehmer nicht i n einem Zahlenlotto zusammengeschlossen sind, wo sie höchste Umsätze oder höchste Gewinne „erwarten". I n der „Erwartung" liegt ein Unsicherheitsmoment über Zeitablauf, Ereigniseint r i t t und Ereignisart. Diese Unsicherheitsmomente beseitigt der Unternehmer durch die moderne Planung. N u r der Unmoderne, i n der Regel Kleinstunternehmer, besitzt keine Planung und „erwartet". Was über die Planung hinaus eintritt, stellt etwas „Unerwartetes" dar, worauf der Unternehmer aber nicht wartet. Somit bedeutet nach meiner Auffassung die Einführung des Erwartungsbegriffes i n der Unternehmungswirtschaft durchaus nichts Fortschrittliches. Schnutenhaus, O. R.: „Preisanpassung an die Kosten oder Kostenanpassung an die Preise?" Aus: Der Markenartikel, herausgegeben von Dr. Hans Lutz, 10. Heft, Okt. 1956, 18. Jg., S. 538. 86 Gutenberg, E.: Grundlagen der B W L , l . B d . , 5. Aufl., S. 328/329. 87 W i r verweisen hier auf unsere Ausführungen auf Seite 64 u. 65 h i n sichtlich der Reagibilitätsgrade nach Mellerowicz. 6

Kurz

82

1. Kap. : Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

Gutenberg hat folgende marktbedingte Kostendeterminanten aufgestellt: a) Die Kostendeterminante: Fertigungsprogramm' b) Die Kostendeterminante: ,Faktorpreise' Z u a): Vor allem an der Kostendeterminanten: Fertigungsprogramm' ist ersichtlich, daß Gutenberg i m Gegensatz zu Schneider, dessen kostentheoretische Konzeption w i r später noch behandeln werden, nicht von einer absoluten Dispositionsbestimmtheit der Kosten, speziell der Fixkosten bzw. der Leerkosten ausging. Somit erkennt Gutenberg eine dispositiv unvermeidbare zu Leerkosten führende Disproportionalität zwischen der Produktionskapazität des Betriebes und der Aufnahmekapazität des Marktes an. Der Unternehmer kann deshalb beim Aufbau seiner Betriebskapazität nicht allein absatzwirtschaftliche Forderungen berücksichtigen, sondern muß sich auch an produktionstechnischen Daten orientieren. Hierbei gilt, daß produktionstechnisch Vereinfachung, absatzwirtschaftlich dagegen Reichhaltigkeit des Fertigungsprogramms angestrebt wird. Diese beiden widerstrebenden Interessen finden ihren Ausgleich i m „kritischen Standardisierungs- oder Typisierungsmaß", das sich dadurch auszeichnet, „daß alle Möglichkeiten zur Rationalisierung, die die konkrete Situation zuläßt, erschöpft sind" 8 8 . Wenn die Produktion sich auf ein bestimmtes Fertigungsprogramm eingerichtet hat und alle Kostenvorteile der großen Serie aufgrund der augenblicklichen Marktsituation v o l l ausgeschöpft sind, dann ist zu bedenken, daß sich die zukünftige Absatzlage für die verschiedenen Erzeugnisarten uneinheitlich entwickeln kann. M i t diesem Problem der dynamischen Anpassung an die ständigen Veränderungen der Nachfragestruktur w i r d ein Betrieb u m so besser fertig, je größer seine „betriebstechnische Elastizität" ist, d. h. je geringer der Grad der erreichten Spezialisierung ist. Leerkosten infolge mangelnder betriebstechnischer Elastizität bzw. positive und negative fixe Kosten i n Form der Abweichung der Gesamtkostenkurve G vom linear-proportionalen Kostenverlauf Ο—Ρ erwachsen aus einer objektiven sachlichen Begebenheit und nicht aus der subjektiven Sphäre der Unternehmerentscheidungen. Sie sind somit nicht wie bei Schneider dispositionsbestimmt. Wenn jedoch der Betrieb sich mit seiner Produktion den variierenden Größen der Kundenaufträge, d. h. einer sich ständig ändernden Auftragsstückelung nicht anzupassen vermag, dann kann er die Vorteile der Massenkonsumgüterproduktion dadurch ausnutzen, daß er für das Lager produziert, was für den Fall der Serien- und Einzel88

Gutenberg,

E.: Grundlagen der B W L , l . B d . , 5. Aufl., S. 330.

Α. Die kausalen Fixkostentheorien

83

fertigung nicht möglich ist. Die produktionstechnische Tendenz zur möglichst großen Auflage (Sorte, Losgröße) findet automatisch ihre Begrenzung i n den dadurch wachsenden Lager- und Zinskosten, so daß diejenige Losgröße optimal ist, bei der die auf eine Einheit bezogenen Auflegungskosten ( = Sortenwechselkosten) gleich den auf die Einheit bezogenen Lager- und Zinskosten sind b ô . Z u b): Nicht nur Veränderungen des Absatzmarktes, die durch Aufstellung der Kostendeterminanten: Fertigungsprogramm' ihre Berücksichtigung i m Gesamtkostenverlauf finden, sondern auch preisliche Veränderungen auf dem Beschaffungsmarkt für Produktionsfaktoren wirken sich auf die Gesamtkostenentwicklung direkt aus. Auch ist eine indirekte Beeinflussung der Gesamtkosten durch die Kostendeterminante ,Faktorpreise' möglich, und zwar i n der Form, daß preisliche Veränderungen auf dem Beschaffungsmarkt für Produktionsfaktoren zu einer Änderung i n der qualitativen Zusammensetzung der Produktionsfaktoren führen. c) Kritische Würdigung der Gutenbergschen und Rummeischen Kostenbetrachtung Die Verdienste Rummels und Gutenbergs für die betriebswirtschaftliche Kostentheorie liegen darin, daß hier ein wesentlicher Beitrag für eine realistische Kostentheorie des Betriebes geleistet wurde. Das führt dazu, daß das theoretische Modell der mechanistisch-deduktiven Gruppe wesentlich modifiziert wurde, w e i l man i n erster Linie von den empirischen Tatbeständen des Betriebes ausging. Gutenberg hat die Untersuchung der Gesamtkosten i n alleiniger Abhängigkeit von der Beschäftigung und somit also die mechanistisch-deduktive Betrachtungsweise der Fixkosten i n Form der Abweichung der Gesamtkosten vom linear-proportionalen Kostenverlauf Ο—Ρ dadurch verfeinert, daß er durch Aufstellung seiner Kostendeterminanten einen weiterführenden Abbau von Prämissen vornahm, die das klassische Modell der Grenzproduktivitätstheorie und der freien Konkurrenz, d. h. den Gesamtkostenverlauf G nach dem allgemeinen Ertragsgesetz (siehe Abb. 1!) und die Preisgerade Ο—Ρ begründen. Somit kommt Gutenberg zu realistischeren Kostenverläufen und Kostenabweichungen i n Form der Leerkosten, die mehr auf die betriebliche Wirklichkeit abgestimmt sind. Ähnlich wie Mellerowicz mittels seiner „Reagibilitätsgrade" den Gesamtkostenverlauf i n alleiniger Abhängigkeit von der Beschäftigung zu charakterisieren versucht, ebenso versucht Rummel, den Ge89



Vgl. Gutenberg,

E.: Grundlagen der B W L , l . B d . , 2. Aufl., S.321.

84

1. Kap. : Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

samtkostenverlauf i n Abhängigkeit von sämtlichen Kostendeterminanten mittels seiner „Kenngrade" zu analysieren. Während die Reagibilitätsgrade die Relationen von Kosten und Beschäftigung ausdrücken und gleichzeitig Aufschluß über die Abweichungen der einzelnen Kostenarten des Gesamtkostenverlaufes G von dem linear-proportionalen Kostenverlauf Ο—Ρ ( = Preisgerade — siehe Abb. 1 auf Seite 24 —) geben, stellen die Kenngrade das Verhältnis von Kosten und verschiedenen einzelnen Einflußgrößen dar, die außer der Beschäftigung wirksam werden und Aufschluß über die Abweichungen von Istkostenelementen von geplanten Sollkostenelementen bzw. von IstMaßeinheitskosten von geplanten Maßeinheitskosten 90 geben. Durch die Aufstellung von Reagibilitätsgraden werden Kostenarten ( = K) des theoretischen Gesamtkostenverlaufes G (siehe Abb. 1!) zu der Beschäftigung ( = b) i n Beziehung gesetzt. Mellerowicz kommt somit zur Aufstellung der Gleichung:

Γ =

Κ 6 '

wobei r = Reagibilitätsgrad einer Kostenart, Κ = Kostenmenge der einzelnen Kostenart und b = Beschäftigung (— siehe X-Achse i n Abb. 1 —) ist. Mellerowicz erklärt mittels Reagibilitätsgraden lediglich die negativen fixen Kosten im Sinne Lehmanns, nicht dagegen die positiven fixen Kosten. Das geht daraus hervor, daß er nur Reagibilitätsgrade kennt, die kleiner als 1 sind, wobei der Reagibilitätsgrad 1 für den linear-proportionalen Kostenverlauf Ο—Ρ zutrifft. Kosten, „deren Reagibilitätsgrad von vornherein über 1 liegt, die also ihrer Natur nach auf eine Beschäftigungsänderung i n stärkerem Maße reagieren, als die Beschäftigungsänderung selbst vor sich geht" 9 1 , gibt es i m Sinne von Mellerowicz nicht. Rummel setzt bei der Aufstellung seiner Kenngrade an die Stelle des fiktiven linear-proportionalen Kostenverlaufes Ο—Ρ (— siehe Abb. 1 —), der als Bezugsgröße i n den Reagibilitätsgraden seine Berücksichtigung findet, eine mehr der Wirklichkeit angepaßte Bezugsgröße i n Form von geplanten Sollkostenmengen (— siehe die betrieb90

Rummel, K . : Einheitliche Kostenrechnung, 3. Aufl., S. 7 u n d 10. Die Gleichung für die Maßeinheitskosten lautet: K = k-M Κ = Kosten k. = Maßeinheitskosten M = Anzahl der Maßeinheiten

Aus der obigen Gleichung geht hervor, daß die Gesamtkosten ( = K) einer bestimmten Produktionsmenge gleich der Anzahl von Maßeinheiten ( = M) m a l Bewertung einer Maßeinheit (— k) sind. F ü r den F a l l der Einproduktherstellung gilt: „Menge X Kosten je Mengeneinheit". 91 Mellerowicz, K . : Kosten u n d Kostenrechnung, Bd. I, 2. Aufl., S. 271/272.

Α . Die kausalen Fixkostentheorien

85

liehe Plankostengerade Ο—BO i n Abb. 1! —). Die Abweichung des linearen Istgesamtkostenverlaufes α—BO von dem linearen Plankostenverlauf Ο—BO unter Berücksichtigung sämtlicher Kosteneinflußmomente stellt somit eine andere Fixkostendeutung dar (— vgl. die Leerkosten i n Form der Verbrauchs- und Beschäftigungsabweichung —), als sie durch die positiven und negativen fixen Kosten der mechanistisch-deduktiven Fixkostentheoretiker zum Ausdruck kommt. Vor allem ist der Einfluß der unternehmerischen Planung für die Bedeutung der subjektiv-induktiven Betrachtungsweise der Kosten, insbesondere der Fixkosten, hervorzuheben. Die Feststellung Rummels, daß die Beziehung der Fertigungszeit zur Kalenderzeit ( = Zeitgrad) eine Maßgröße (Proportionalitätsgroße) 92 der fixen Kosten darstellt, ist jedoch kritisch zu beurteilen. Das Merkmal der Zeitproportionalität ist ein übereinstimmendes K r i terium für alle Kosten. „ A l l e Kosten, gleich ob fix oder variabel, sind daher zeitabhängig 93 ." Daraus folgt, daß man das Wesen der festen Kosten nicht m i t der Zeitgröße zu definieren vermag, w e i l diese nicht „die Gründe und Bedingungen . . . aufzeigen" kann, „welche zur Entstehung von festen Kosten führen. Es ist deshalb nicht richtig, den Faktor Zeit für die Bildung des Fixkostenbegriffes zu verwenden" 9 4 . Das gilt vor allen Dingen für die typischen Betriebsstrukturkosten i m Sinne von Stillstandskosten. Ihre Inbeziehungsetzung zur Zeit gibt ein völlig falsches Bild, was ζ. B. bei vielen Gebühren-, Beiträge- und Mietkosten der Fall ist. „Diese sind oft höchstens proportional bis zum Monat. Selbstverständlich kann man sie meistens proportional bis zur Sekunde machen, aber diese ist dann nicht eine allgemeine den festen Kosten innewohnende Eigenschaft 95 ." Die Inbeziehungsetzung der festen Kosten zur Zeit erwächst aus dem kausalen Kostendenken. Erst in der institutionellen Kostenrechnung nach Schnutenhaus wird dieses Problem endgültig gelöst. 92 Rummel, K . : Einheitliche Kostenrechnung, 3. Aufl., S. 19. Vgl. auch die K r i t i k , die H. Koch an dem grundlegenden Gedanken der Proportionalität' bei R u m m e l übt (zitiert nach Gutenberg, E.: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, 1. Bd., 5. Aufl., S. 220, Fußnote 1 —). Koch, H.: „Die E r m i t t l u n g der Durchschnittskosten als Grundprinzip der Kostenrechnung." ZfhF, N F (1953), S. 303 ff. 03 Auffermann, J. D.: Kostenauswertimg, Stuttgart 1953, S. 26. I n diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß Schnutenhaus schon bereits i m Jahre 1948 gegen die E r k l ä r u n g der festen Kosten als Zeitkosten anführte, daß auch die beschäftigungsabhängigen Kosten zeitabhängig sind, da sie i n einer gewissen Zeit hervorgerufen werden. Danach ist die Zeit ein rein äußerliches Merkmal. — Siehe hier Schnutenhaus, O. R. : Neue Grundlagen der „Feste"-Kostenrechnung, B e r l i n 1948, S. 43 ff. u n d 30 f. 94 Siegwart, H.: Der Einfluß der fixen Kosten auf die Unternehmungspolitik, Diss. Zürich 1959, S. 109. 95 Lehmann, R.: Der Begriff der festen Kosten nach Rummel, Schnutenhaus u n d Walther, Diss. Bern 1956, S. 37/38.

86

1. Kap. : Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

Die Rummeischen Proportionalitätsgrößen bzw. die Gutenbergschen Kostendeterminanten dienen lediglich einer Verfeinerung der Erfassung der Kosten nach dem Kausalitäts- bzw. Verursachungsprinzip. Man strebt hierdurch eine möglichst exakte Erfassung der Gesamtkosten an, die i n Form von Faktoreinsatzmengen multipliziert m i t ihren Preisen ( = Gutenbergscher Kostenbegriff) durch die Erstellung von Produkten verursacht wurden. Trotz der theoretischen Verbesserungen, welche die induktiv-subjektive Gruppe der Kostentheoretiker (Rummel, Gutenberg) aus der Sicht der kausalen Kostentheorie gegenüber der mechanistisch-deduktiven Gruppe der Kostentheoretiker (Schmalenbach, Lehmann) erzielt hat, vermag auch sie nicht das Problem der fixen Kosten restlos zu klären. Die Folge ist, daß Rummel i n seiner Proportionalitätskostenrechnung ebenso wie Schmalenbach i n seiner noch zu erläuternden Betriebswertrechnung den Erlös für die fixen Kosten, die aus der Abweichung geplanter Sollkosten von effektiven Istkosten erwachsen und nicht exakt einem einzelnen Produkt verursachungsgemäß zugerechnet werden können, über den sogenannten Bruttogewinnzuschlag hereinzuholen versucht. Wie w i r noch sehen werden, löst sich die Schnutenhaussche Betriebsstrukturkostenrechnung von der Abdeckung der fixen Kosten i m Bruttogewinnzuschlag. Nach Schnutenhaus haben die fixen Kosten, welche von Rummel und Gutenberg auch als Leerkosten bezeichnet werden, durchaus eine Zweckbestimmung. Diese Zweckbestimmung kann folgendermaßen begründet sein: 1. Ein Teil der „Leerkosten" w i r d als Schutz- und Sicherungskosten (z. B. Patent- und Feuerversicherungskosten) dem einzelnen Erzeugnis direkt zugerechnet, was w i r i m Teil Β des 1. Kapitels unter I I bei der Darstellung der sogenannten Erzeugnisbestehenskosten noch näher erläutern werden. 2. Ein Teil der „Leerkosten" w i r d der Betriebsstruktur zum Zwecke des Schutzes, der Sicherung und Erhaltung der Unternehmung direkt zugerechnet. Hierbei geht es um die „Wahl des richtigen wirtschaftslogischen Zugehörigkeitsmaßstabes der L S K ( = langfristige Strukturkosten — vgl. hier Leerkosten nach Rummel und Gutenberg — vom Verfasser eingefügt —) zu den einzelnen Strukturträgern oder Gemeinschaftsträgern unter dem Gesichtspunkt der Sicherung" 9 6 . 3. Die Verrechnung der Betriebsstrukturkosten auf die Erzeugnisse erfolgt i n vertrieblicher Logik nach einem Punktsystem, was w i r 96 Schnutenhaus, O. R.: „Die praktische Anwendung der Betriebsstrukturoder institutionellen Kostenrechnung." Zeitschrift: Kostenrechnungspraxis, J u n i 1965, Heft Nr. 3, S. 114.

Α. Die kausalen Fixkostentheorien

87

noch i m Teil Β des 2. Kapitels näher erläutern werden. Ausgenommen von diesem Verteilungssystem sind die kurzfristigen kausalen Strukturkosten, zu denen ζ. B. die Nutzkosten Gutenbergs infolge von Gebrauchsverschleißabschreibungen gehören. Lediglich hier hat Rummel recht, daß für diese Kosten des Material- und Fertigungsbereiches das Urteil des betreffenden Betriebsingenieurs oder Werk-» stattleiters entscheidend ist, „dessen Tagesaufgabe u. a. es ist, berichts- oder rechnungsmäßig den Verbrauch der KSK-Werte ( = kurzfristige Strukturkosten — vom Verfasser eingefügt) zu verfolgen und der Kostenrechnungsabteilung des Betriebs auf Vordrucken oder telefonisch kurzfristig zu melden. Es ist dies i m ganzen eine organisatorische Aufgabe, die so perfektioniert werden kann, daß es sich wissenschaftlich nicht lohnt, über die betriebsindividuell differenzierte Bindung nachzudenken, u m zu Regelmäßigkeiten oder Gesetzmäßigkeiten zu kommen" 9 7 . Gutenberg und Rummel kennen nur einen Kostenentstehungsbereich: das Erzeugnis. Aufgrund ihres kausaltheoretischen Kostendenkens versuchen sie, alle Kosten des Produktes möglichst exakt zu erfassen und i n Erlöse umzuwandeln. Die Abhängigkeit der Kosten ( = Faktoreinsatzmengen) von der Beschäftigung ( = Faktorausbringungsmengen, gemessen an der Zahl der Leistungseinheiten) w i r d nach Gutenberg über die Verbrauchsfunktionen bestimmt. „Es sind die technischen Eigenschaften der Aggregate und Arbeitsplätze, die den Verbrauch an Faktoreinsatzmengen bestimmen und zwar i n durchaus gesetzmäßiger und keineswegs willkürlicher Weise 98 ." So werden also die Beziehungen zwischen Produktmengen und Verbrauchsmengen über die „zwischengeschalteten" Betriebsmittel und Arbeitsplätze wie i n einem Prisma gebrochen. Die funktionale Abhängigkeit der Kosten von der Beschäftigung w i r d somit nicht von dem Ertragsgesetz bestimmt, wie das bei den mechanistisch-deduktiven Fixkostentheoretikern der Fall ist, sondern von den technischen Daten der Produktion. Das, was über die Verbrauchsfunktionen aus dem Produktionsfaktorenbereich i n den Erzeugnisbereich an Energien geströmt ist ( = Produktkosten), muß auf dem M a r k t i n Erlöse umgewandelt werden und i m Verlauf des Energierückflusses auf die Produktionsfaktoren verteilt werden, und zwar entsprechend den einzelnen Mengen, m i t denen die verschiedenen variierten Produktionsfaktoren an den erstellten Leistungseinheiten beteiligt sind ( = traditio97 Schnutenhaus, O. R.: „Die praktische Anwendung der Betriebsstrukturoder institutionellen Kostenrechnung." Zeitschrift: Kostenrechnungspraxis, J u n i 1965, Heft Nr. 3, S. 115. 90 Gutenberg, E.: Grundlagen der B W L , l . B d . , 5. Aufl., S. 220.

88

1. Kap. : Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

nelle Reproduktionskostentheorie). Diese Aufteilung der Rückflußenergien auf die Produktionsfaktoren erfolgt bei Gutenberg durch Anwendung von Produktionskoeffizienten. Dabei ist zu beachten, daß entsprechend dem Gesetz der industriellen Faktorkombination die Produktion nicht wie beim allgemeinen Ertragsgesetz durch Variation eines Faktors ( = partielle Einsatzvermehrung) erfolgt, wobei die anderen Faktoren peripher substituiert" werden, sondern hierbei ist eine Ertragssteigerung nur dann realisierbar, „wenn alle Faktoren i n der gegebenen technisch bestimmten Relation variiert werden" 1 0 0 . „Eine partielle Einsatzverminderung l i m i tiert die Produktmenge und die Mengen der übrigen Faktoren, während eine partielle Vermehrung unproduktiv b l e i b t 1 0 1 . " Deshalb spricht man hier auch von limitationalen Faktoren i m Gegensatz zu peripher substituierbaren Faktoren. Die Aufteilung der Rückflußenergien auf limitationale Faktoren entsprechend den Leistungsanteilen dieser Faktoren erfolgt somit nach den von technischen Daten bestimmten Proportionen der Faktoreinsatzmengen bei Beschäftigungsänderungen. Ein alleiniger struktureller Zuwachs der schaffenden Faktoren entsprechend der jeweiligen Leistungsanteile gefährdet jedoch den Schutz, die Sicherung, die Erhaltung und das Wachstum der Unternehmung. Hierbei werden nur die Kosten i n Form von Rückflußenergien der Betriebsstruktur wieder zugeteilt, die sich exakt als Produktkosten erfassen ließen (— kausales Kostendenken). Die Berücksichtigung des antizipativen strukturellen Zuwachses der schaffenden Faktoren vom Standpunkt der Unternehmensleitung bzw. die planmäßige Aufgliederung der „fixen Kosten" bzw. „Leerkosten" innerhalb eines logischen Systems organisatorischen Denkens unter der führenden Leitidee von Schutz, Sicherung und Erhaltung erfolgt dagegen bei der Erfassung der Produktionsfaktorenkosten i m Sinne von Gutenberg nicht. Der Schubwirkung des Kostenstromes im Sinne von Gutenberg fehlt eine vorausgehende planmäßige strukturelle Analyse der Sogioirkung im institutionel99 Beachte: Die Tatsache, daß bei einer Kombination der Produktionsfaktoren nach dem Ertragsgesetz der variierte Faktor die übrigen konstanten Faktoren peripher, d. h. n u r zum Teil ersetzt, führt dazu, daß es irgendwo eine Grenze gibt, w o die Substituierbarkeit eines konstanten F a k tors durch den variierten Faktor aufhört, was zum Abfallen der Ertragskurve f ü h r t ( = Minimumgesetz). Wenn das Minimumgesetz nicht bestehen würde, dann könnte der variierte Faktor die konstanten Faktoren v o l l ständig substituieren. Das würde z. B. bedeuten, daß es möglich wäre, die Welt aus einem Blumentopf mittels vermehrter Verwendung von K u n s t dünger zu ernähren. 100 Blaschka, B.: Produktionstechnische Anpassungsformen, Diss. M a n n heim 1955, S. 86.

101

Ebenda.

Α. Die kausalen Fixkostentheorien

89

len Bereich der Produktion im Sinne der Schnutenhausschen institutionellen Kostenrechnung. Ebenso wie die Produktionsfunktionen können auch die Verbrauchsfunktionen entsprechend der Gutenbergschen Kostentheorie nicht befriedigen, da sie nicht zu einer nach dem kausal-finalen Denken ausgerichteten Erzeugnisbestehenskostenerfassung im Sinne einer Einzelkostenerfassung und ebenfalls nicht zu einer betriebsund vertriebslogischen Verrechnung der Betriebsstrukturkosten auf das einzelne Produkt im Sinne von Gemeinkosten führen. Eine Ermittlung von Produktkosten mittels Verbrauchsfunktionen entspricht nicht der Schnutenhausschen Kostenlehre. Echte Produktkosten lassen sich nicht mittels technischer Daten ermitteln, welche keine Aussage darüber machen, welchen strukturellen Zweckbestimmungen die kausalen Kosten zuzüglich der Leerkosten und globaler Gewinngrößen i m Energierückfluß vom Markt dienen sollen. Bevor man jedoch m i t Kostenerlösforderungen bzw. Preisforderungen an den Markt i m Rahmen des Produktverkaufs herantritt, muß man sich darüber i m klaren sein, für welche Struktur- und Produktzwecke man die Produktkostenerlöse benötigt. Erst wenn eine klare Vorstellung darüber besteht, was dem Betriebs- und Erzeugnisbestehen vom Standpunkt der Unternehmensführung an Energien zugeführt werden muß, und wenn gleichzeitig geprüft wird, ob und i n welcher Form der Markt diesen Energierückfiuß gewährt, kann eine vernünftige Produktkostenerfassung i n vertrieblicher Logik erfolgen. A n die Stelle von Produktionskoeffizienten und Verbrauchsfunktionen zum Zwecke der Ermittlung der Produktionsfaktoren- und Erzeugniskosten setzt Schnutenhaus zunächst den Kompaß: Schutz, Sicherung und Erhaltung. „ M i t dem Kompaß: ,Schutz, Sicherung und Erhaltung' kann jeder auftauchende Aufwand . . . sofort nach Betriebsstruktur oder Erzeugnisbestehen unterteilt werden 1 0 2 ." Erst nachdem die Betriebsbestehens- und Erzeugnisbestehenskosten auf diese Weise nach organisatorischen Gesichtspunkten erfaßt worden sind, erfolgt eine Aufteilung der Betriebsstrukturkosten auf die einzelnen Produkte i n betriebspolitischer Hinsicht und vor allem auf der Basis vertriebslogischen Denkens, wie w i r das i m Teil Β des 2. Kapitels noch sehen werden. 2. Die totale Dispositionsbestimmtheit der Kosten (Schneider)

Da Schneider von einer totalen Dispositionsbestimmtheit der Kosten ausgeht, gibt es für i h n keine strukturbedingte Schubwirkung des 102 Schnutenhaus, S. 97/98.

O. R.: Neue Grundlagen der

„Feste"-Kostenrechnung,

90

1. Kap. : Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

Kostenstromes, wie das bei Gutenberg der Fall ist Aber auch die Gutenbergschen Kostendeterminanten, welche von der Sogseite des Kostenstromes her wirksam werden, sind in der Schneiderschen Kostentheorie nicht denkbar, da es im Sinne Schneiders überhaupt keine Kosteneinflußgrößen gibt, welche die industriellen Gesamtkostenverläufe determinieren. Schneider legt das Schwergewicht seiner kostentheoretischen Untersuchungen auf einen möglichst exakten Abbau der Prämissen der freien Konkurrenz, d. h. auf eine möglichst genaue Ermittlung der marktstrukturellen Bedingungen eines Betriebes, indem er die betrieblichen Plankosten (— vgl. hier die Plankostengerade Ο—BO i n Abb. 1! —) auf der Basis einer weitgehend genauen Marktanalyse zu erfassen sucht. Den Abbau der Prämissen der Grenzproduktivitätstheorie nimmt er i n globaler, aus der Sicht der Schnutenhausschen institutionellen Kostenrechnung bei weitem nicht zu rechtfertigenden Weise vor, indem er Abweichungen der Istgesamtkosten, die aus der institutionellen Schubkraft des Kostenstromes erwachsen, von den Plangesamtkosten, welche i n Abhängigkeit von der marktstrukturellen Sogkraft des Kostenstromes auf der Basis einer exakten Bedarfsmengenanalyse ermittelt werden, global als Leerkosten erfaßt und sie als Dispositionsfehler der Unternehmensleitung definiert. Im Sinne der institutionellen Kostenrechnung nach Schnutenhaus handelt es sich jedoch hierbei in Wirklichkeit um eine fehlerhafte Ermittlung der Kosten von Seiten der Unternehmensleitung, die nicht das primäre Problem jeder industriellen Kostenentwicklung im Hinblick auf den strukturellen Zuwachs der schaffenden Faktoren löst Die These Schneiders von der totalen Dispositionsbestimmtheit der Kosten, speziell der Fixkosten, hebt die Schmalenbachsche These der mangelnden Mobilität und Teilbarkeit der schwerbeweglichen Betriebsmittel auf. Somit geht Schneider entsprechend der Grenzproduktivitätstheorie von der völligen Mobilität und Teilbarkeit der betrieblichen Produktionsmittel aus und baut lediglich die Prämisse der automatischen Anpassung der Produktionsfaktoren an sich verändernde Bedingungslagen ab. Auch hinsichtlich des äußeren Kurvenbildes industrieller Kostenverläufe sieht er eine Übereinstimmung m i t der statischen S-förmigen Kostenkurve G 1 0 3 (— siehe Abb. 1 ! —) entsprechend der Grenzproduktivitätstheorie. Jedoch lehnt er die Ermittlung dieser Kostenkurve als Spiegelbild des ertragsgesetzlichen Kurvenverlaufes i m Rahmen empirisch zu ermittelnder industrieller Kostenkurven ab. Wenn anstelle dieser deduktiv ermittelten Gesamtkostenkurve die Planung sich an dem äußeren Kurvenbild des ertragstheoretischen Kostenverlaufes, nicht dagegen an der Umkehrfunktion des Ertragsgesetzes orientiert, dann findet sie i m Sinne Schneiders ihre Berech103

Vgl. Schneider, E.: Theorie der Produktion, Wien 1934, S. 7/8.

Α. Die kausalen Fixkostentheorien

91

tigung aufgrund empirischer Kostenuntersuchungen 104 . Es handelt sich bei einem industriellen S-förmigen Kostenverlauf i m Sinne Schneiders schon deshalb nicht um die Umkehrfunktion des allgemeinen Ertragsgesetzes, weil für das Schneidersche Kurvenbild nicht mehr sämtliche Prämissen der Grenzproduktivitätstheorie ebenso wie die der freien Konkurrenz gelten, sondern der totale dispositive Einfluß und betriebsindividuelle rein marktbezogene, realistische Kostendaten. Schneider legt bei seinen Produktionskostenermittlungen geplante bzw. durch Marktanalyse und Marktprognose erfaßte marktrealistische Kostendaten zugrunde (— vgl. hier die betriebliche Plankostengerade Ο—BO i n Abb. 1; — diese hat i m Sinne von Schneider einen S-förmigen Verlauf —), denen er die total dispositionsbestimmten Istkosten gegenüberstellt. Abweichungen des dispositiv bestimmten Istkostenverlaufes (— vgl. hier den betrieblichen Istgesamtkostenverlauf a—BO i n Abb. 1 —) von dem betrieblichen Plankostenverlauf i m mikroökonomischen Bereich der betrieblichen Produktion analog zu den von der klassischen Kostentheorie postulierten Kostendaten der Grenzproduktivitätstheorie und der freien Konkurrenz i m makroökonomischen Bereich der volkswirtschaftlichen Produktion (— siehe hier die Gesamtkostenkurve G und den proportionalen Kostenverlauf Ο—Ρ —) sind i n Form von Leerkosten allein Ausfluß fehlerhafter Unternehmerentscheidungen. Da Schneider von dem S-förmigen Verlauf der Kostenkurven nicht abkommt, obwohl „bisher noch keine betriebswirtschaftlichen Untersuchungen zu Kostenkurven geführt" haben, „die zunächst konkav und dann konvex verlaufen" 3 0 5 , liegt der Verdacht sehr nahe, daß er trotz seiner gewollten „dynamisch-realistischen" Kostenuntersuchungen ebenfalls wie viele andere Autoren nebst Schmalenbach, die Kostenfunktion als S-Form i m Sinne des allgemeinen Ertragsgesetzes gewählt bzw. postuliert hat. Diese Wahl „hat m i t Beobachtung und Erfahrung ex ante nichts zu tun, sondern entspricht lediglich geistigen Bedürfnissen, nämlich der Ruhe, der Statik, auf der alle Gleichungen aufbauen. I n der zugrunde gelegten S-Form ist die petitio principii wohl begründet" 1 0 6 . Weil Schneider voraussetzt, daß ein Unternehmer sich m i t seiner Produktionskapazität an sich verändernde Marktverhältnisse planmäßig und dispositiv total anzupassen vermag, verlangt er, daß die 104 Beachte: Anstelle der linearen Istkostengeraden a — BO und der Plankostengeraden e — BO (— siehe Abb. 1 —) i m Sinne Gutenbergs u n d R u m mels würde Schneider somit S-förmige K u r v e n verlaufe zugrunde legen. 105 Gutenberg, E.: Grundlagen der B W L , l . B d . , 5. Aufl., S. 212. 106 Waffenschmidt, W. G.: Wirtschaftsdenken als Technik. Unveröffentlichtes Manuskript, W. H. Mannheim, S. 113.

92

1. Kap. : Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

Unternehmensleitung bei der planmäßigen Schaffung einer Betriebsbereitschaft die voraussichtlichen Knappheitsverhältnisse des Marktes als Orientierungsgrößen zugrunde legt. Diese Orientierungsgrößen sind Sollgrößen, die der Unternehmer realisieren kann, da er sich i m Sinne von Schneider m i t seinem gesamten Produktionsapparat der Bedarfsstruktur des Marktes anzupassen vermag. Eine Disproportionalität zwischen der Produktionskapazität des Betriebes und der Aufnahmekapazität des Marktes, wobei also der Sättigungsgrad des Marktes eher erreicht ist als der Sättigungsgrad der Produktion ( = Betriebsoptimum), führt zu Leerkosten 107 besonderer Art, die nach Schneider dispositionsbestimmt sind und somit eine fehlerhafte Unternehmerdisposition zum Ausdruck bringen. Das kennzeichnet die totale Dispositionsbestimmtheit der Kosten, speziell der Kosten der mangelnden Mobilität der Produktionsfaktoren. Wenn w i r z. B. i n den Plankosten Ο—BO feste Kosten haben, die unabhängig von der Beschäftigung χ sind (— siehe Abb. 1 —), dann sind diese durch die Unternehmerplanung bedingt. Paßt der Unternehmer i n der Istkostenentwicklung (— vgl. die Istkostengerade α—BO i n Abb. 1 —) sich den Plankosten Ο—BO so an, daß i n bestimmten Beschäftigungsbereichen Kosten anfallen, die von der Beschäftigung unabhängig sind ( = feste Kosten), so sind diese Kosten dispositionsbestimmt. Auch M ü l l e r 1 0 8 , der während mehrerer Abrechnungsperioden und bei gleicher Beschäftigung die tatsächlichen Kostenverhältnisse prüfte, 107

Beachte hierzu die Bemerkungen von Glöckner, P. H.: Die Wandlung der Ansichten über die fixen Kosten . . . , S. 149/150. „E. Schneider übernimmt den terminus »Leerkosten* allerdings ohne den Zusatz ,bei Berücksichtigung der erforderlichen Erhaltung u n d Entwicklung' von Bredt* u n d versteht darunter ,die Kosten der für die Produktion nicht benötigten Anlageteile' u n d stellt diesen die notwendigen Kosten' gegenüber. ,Notwendige Kosten sind solche, die für die Produktion einer Periode unbedingt notwendig sind'." (Siehe Schneider, E.: Die Problematik der Lehre von den festen Kosten, S. 312/313. * Vgl. Bredt, O.: „Produktion, Beschäftigung, Leistung u n d Kapazität." Technik u n d Wirtschaft 1943. Derselbe, „Der endgültige Ansatz der Planung", Technik u n d Wirtschaft, 32. Jg. 1939, S. 252. Glöckner, P. H., a.a.O., S. 149, f ü h r t kritisch zu den Feststellungen von O. Bredt, i n : Technik und Wirtschaft, 32. Jg. 1939, S. 251/252, aus: „Nach Bredt verursachen n u r diejenigen Personen Leerkosten, die man zwar nicht ,für die Erstellung der geplanten Leistung', w o h l aber als ,Reserve' benötigt. A u f der anderen Seite gehören i n die Planung der Arbeitskosten n u r solche Beträge, die, . . . bei gleichzeitiger Erhaltung u n d Entwicklung der leistenden Arbeitsstellen . . . erforderlich sind. Reserve an Arbeitskräften, die man zwar nicht f ü r die Erstellung der geplanten Leistung, w o h l aber als »Reserve' benötigt, sind ebenfalls eine Maßnahme, die der .Erhaltung der leistenden Arbeitsstelle' dient, nach Bredts Formulierung also m i t i n die Planung der Arbeitskosten einbezogen werden müßte." 108 Müller: Standard- u n d Plankostenrechnung, Stuttgart 1949, S. 24 f. — zitiert bei Haas, Gerh.: Beitrag zur Gestaltung der Kosten i n Theorie,

Α . Die kausalen Fixkostentheorien

93

kam zu dem Ergebnis, „daß ,eine funktionelle Abhängigkeit der Kosten vom Beschäftigungsgrad nur i n bedingtem Umfange besteht und viele Kostenarten mehr oder weniger dispositiven Charakter haben und der willensmäßigen Beeinflussung durch den Betrieb unterliegen'. Schneider ergänzt dieses Urteil noch dadurch, daß er sagt, Kostenarten, die von Natur aus zu den festen oder veränderlichen Kosten gerechnet werden können, gibt es nicht. Die Festigkeit der Kosten ist immer dispositionsbestimmt" 109 . Somit kann auch keine Unterscheidung mehr zwischen leichtbeweglichen Produktionsfaktoren, die proportionale Kosten hervorrufen, und schwerbeweglichen Produktionsfaktoren getroffen werden, welche die Ursache für die Entstehung von festen Kosten sind. U m auf plötzlich auftretende Absatzsituationen i m Rahmen produktionstechnischer Anpassungsmaßnahmen vorbereitet zu sein, muß der Unternehmer bei der Schaffung einer auf die voraussichtliche Marktsituation abgestimmten Betriebsbereitschaft die Produktionskosten planen. Den geplanten Kosten (ex-ante-Betrachtung) stellt Schneider die Istkosten (ex-post-Betrachtung) gegenüber. Abweichungen der Istkosten von den Plankosten ergeben Leerkosten, die nach Schneider immer auf Fehler der Unternehmerdispositionen zurückzuführen sind. Diese Leerkosten treten ζ. B. auf, wenn der Unternehmer zwar eine fehlerfreie Prognose der zukünftigen Marktverhältnisse vornimmt, jedoch keine rechtzeitigen Dispositionen folgen läßt, welche eine Vorbereitung darstellen, u m später zu jedem Zeitpunkt sich den augenblicklichen wirtschaftlichen Kostensituationen unmittelbar anpassen zu können, soweit sie der Prognose entsprechen. Wenn also der Unternehmer richtig plant und den Plan auch einhält, dann kann es praktisch keine Leerkosten geben. Die ökonomische fehlerlose Unternehmerplanung hinsichtlich der Produktionsvorbereitungen bei der Anschaffung der Produktionsfaktoren und die fehlerlosen Unternehmerdispositionen hinsichtlich des Produktionsablaufes beim Einsatz der Produktionsfaktoren verhindern deshalb die Entstehung von Leerkosten. Je kürzer dabei die einzelnen Zeitperioden sind, i n denen die Planungen und entsprechenden Dispositionen erfolgen, u m so geringer ist vielRechnung u n d Wirklichkeit, Diss. Mannheim 1950, S. 59. Vgl. auch Hemel, F. R. : Kosten und Leistung, 3., unveränderte Aufl. der ,Kostenanalyse 4 , Stuttgart 1957, S. 224. Hier schreibt Henzel: „ W e n n die Beschäftigung geändert w i r d , dann ist es v o m Standpunkt der Kosten aus nicht gleichgültig, m i t welchen Maßnahmen man sie durchführt. Es ist keineswegs so, daß die Kosten rein schematisch von dem Beschäftigungsgrad abhängen, sondern es w i r d sehr darauf ankommen, wie diese Beschäftigung gestaltet w i r d . " Vgl. i n diesem Zusammenhang Henzel, F.: „Der Unternehmer als Disponent seiner Kosten." Z f B 1936. 109 Metzger, W. : Das Problem der fixen Kosten . . . , S. 18.

94

1. Kap. : Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

fach das Anpassungsrisiko, da die entsprechend zu treffenden Vorbereitungen hinsichtlich der Schaffung einer Betriebsbereitschaft nicht so umfangreich sind wie bei langen Planungszeiträumen. Dies kann zu einer Verringerung der Leerkosten führen. a) Die festen Kosten in der Plankostenrechnung Bevor der Produktionsprozeß beginnt, muß der Unternehmer für einen bestimmten Kalenderzeitabschnitt die Kosten i n Abhängigkeit von der Produktionsmenge planen. W i r haben es hier m i t einer „Relation zwischen alternativ für ein und denselben Zeitabschnitt geplanten Mengen und geplanten zugehörigen Kosten zu t u n " 1 1 0 . Haben w i r z. B. eine gleichartige Produktfertigung, dann w i r d untersucht, welche Kosten entstehen, wenn 30, 100, 150 oder 200 Produkteinheiten innerhalb eines bestimmten Zeitabschnittes erzeugt werden sollen. Bei der Durcharbeitung alternativer Produktionspläne w i r d der Unternehmer immer von seiner persönlichen Einschätzung der zukünftigen Marktlage und sonstiger präsumtiver Daten bestimmt, wie z. B. die voraussichtliche Situation auf dem Beschaffungsmarkt. Die Planung der Kosten w i r d aufgeteilt: 1. I n die Kosten für den Betrieb als Ganzes und der einzelnen Arbeitsstelle. 2. I n notwendige Kosten und Leerkosten. Die Plankostenrechnung dient hauptsächlich zur Kontrolle der W i r t schaftlichkeit des Betriebes 1 1 1 , was hauptsächlich für die Massenproduktion gilt. Für die Einzelfertigung dienen dagegen die Plankosten i n erster Linie zur Preisstellung, w e i l meistens der Kaufvertrag vor der Ausführung des Erzeugnisses abgeschlossen wird. Hier kann das Angebot nicht warten, bis die Leistungen und die Kosten bekannt sind. „Unter Annahme eines bestimmten Beschäftigungsgrades sind deshalb aus marktpolitischen Gründen die Kosten zu planen 3 1 2 ." 110 Schneider, E.: „Die Problematik der Lehre von den festen Kosten." Weltwirtschaftliches Archiv, Bd. 60, 1944, S. 314. 111 Vgl. hierzu Herz, H.: „ Z u r Frage des Beschäftigungsoptimums i n der Plankostenrechnung." Bericht über die Plankostentagung 1949, S. 1949. Vgl. dazu Angermann, Α.: Gleichgewichtskalkulation, Untersuchungen zur Maximalgewinnrechnung des Betriebs, Diss. Mannheim 1952, S. 95. 112 Siegwart, H.: Der Einfluß der fixen Kosten . . . , S. 123. Vgl. hierzu auch die Ausführungen von Angermann, Α.: Gleichgewichtskalkulation . . . , S. 95. Dieser denkt bei der Planung der Kosten ebenso w i e Herz, H.: „ Z u r Frage des Beschäftigungsoptimums . . . " , a.a.O., an Erzeugnisse der Massenproduktion, bei denen ein Kaufvertrag erst nach Abschluß der Produkterstellung erfolgt: „Richtungsweisend für die Maximalgewinnpolitik des Betriebes sind daher nicht die Sollkosten, die ein v o m M a r k t isoliertes Sonderdasein führen, sondern ausschließlich die Istkosten."

Α . Die kausalen Fixkostentheorien

95

Haben w i r es also m i t einer Massenproduktion zu tun, woran Schneider i n erster Linie aufgrund seines Kostenmaßstabes: „Produktionsmenge i m Kalenderzeitabschnitt" gedacht hat, dann hat die Plankostenrechnung hauptsächlich wirtschaftliche Kontrollfunktionen zu erfüllen. Hier ist eine Planung der Kosten i n der einzelnen Arbeitsstelle und für jeden Zeitpunkt i m geplanten Produktionsverlauf vonnöten. Es werden also für die einzelnen Arbeitsstellen die notwendigen Kosten geplant. Falls ein Teil der notwendigen Kosten nicht für jeden einzelnen Zeitpunkt (ζ. B. für einen Tag), sondern für einen längeren Zeitraum (ζ. B. für einen Monat) geplant wird, unabhängig davon, ob die geplante Monatsproduktion m i t unterschiedlichen, d. h. schwankenden Tagesproduktionsmengen erreicht werden soll, dann handelt es sich i n dem Zeitintervall von einem Monat u m feste Kosten. Hierbei ist zu beachten, daß diese Festigkeit der Kosten durch eine nicht genaue analytische Kostenplanung des Unternehmers charakterisiert ist. „Wenn also gewisse Kostenarten bei Durcharbeitung alternativer Produktionspläne i n gleicher Höhe, also als fest geplant werden, so ist diese Festigkeit ebenfalls i n jeder Beziehung willensbedingt 1 1 3 ." Ebenfalls können i n der Planung Leerkosten auftreten, die vielfach auch feste Kosten enthalten. Geplante Leerkosten entstehen dadurch, daß der Unternehmer aufgrund bereits getroffener Maßnahmen i n früheren Planungsperioden i n seinen Handlungen eine Begrenzung erfährt oder daß er sich kurzfristig nicht nach rationalen ökonomischen Überlegungen richtet. I n diesem Falle plant er nicht nur Kosten, welche für die Erstellung der geplanten Produktionsmenge als notwendig erscheinen ( = geplante notwendige Kosten), sondern er plant auch nicht-notwendige Kosten ( = Leerkosten). Diese Leerkosten können ebenso wie die notwendigen Kosten als feste und variable Kosten geplant werden. Geplante feste Leerkosten entstehen ζ. B. dadurch, daß man Kontrakte m i t Angestellten auf längere Zeit geschlossen hat, was eine feste Gehaltszahlung bedingt. Man muß deshalb i n der neuen Planungsperiode Gehälter an bestimmte Angestellte noch zahlen, obwohl sie für die Produktion der geplanten Produktmenge gar nicht benötigt werden, so daß Leerkosten entstehen. Ebenso kann man bestimmte Angestellte m i t festem Gehalt aus dem Grunde noch halten, weil man auf eine bessere wirtschaftliche Lage der Zukunft hofft. Oder man berücksichtigt i n der Planung den Kostenanfall bestimmter Anlagen m i t Rücksicht auf eine bessere zukünftige Beschäftigung. Schneider stellt also zusammenfassend fest, daß somit „wegen ihres Einflusses auf den Erfolg auch die sich ergebenen Leerkosten geplant w e r d e n " 1 1 4 müssen. Die einzelnen Kostenarten innerhalb der Leer113 114

Schneider, E.: Industrielles Rechnungswesen, 2. Aufl., S. 216. Schneider, E.: Industrielles Rechnungswesen, 2. Aufl., S. 217.

96

1. Kap.: Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

kosten können natürlich fest sein, „daher unabhängig von der geplanten Produktion die gleiche Höhe haben. Das ist aber ebenso das Ergebnis bestimmter Dispositionen der Leitung wie die Höhe der Leerkosten insgesamt" 1 1 5 . Die Tatsache, daß Schneider das feste Gehalt eines Angestellten i m Hinblick auf eine kurze begrenzte Planungsperiode als nicht notwendig betrachtet ( = nicht-notwendige Kosten bzw. Leerkosten), jedoch m i t Rücksicht auf eine zu erwartende Verbesserung der zukünftigen Lage von einer Entlassung absieht, ist sehr kritisch zu beurteilen. Es handelt sich hier i n Wirklichkeit u m eine Arbeitskraftreserve, die zwar nicht der unmittelbaren Erstellung der geplanten Leistung i n Form von Erzeugnisbestehenskosten ( = proportionale Kosten) dient, deren Gehalt jedoch Betriebsstrukturkosten darstellt, w e i l das organische Betriebsgebilde bzw. die Institution unabhängig von dem strukturellen Zuwachs i n Abhängigkeit von dem rein leistungsbedingten Substanzverzehr ( = kausal-distributiver Energiezuwachs entsprechend der traditionellen Kostenlehre) einen vom Standpunkt der Unternehmensführung festzulegenden Kraftzufluß haben muß, dessen Notwendigkeit aus den Bedürfnissen der Betriebsstruktur erwächst. b) Die festen Kosten in der Istkostenrechnung Nachdem der Unternehmer anhand einer Plankostenrechnung den Produktionsprozeß antizipiert hat, sieht er nun seine Aufgabe darin, den Produktionsprozeß so zu steuern, daß die ex-post-Datenkonstellation m i t der ex-ante-Datenkonstellation möglichst übereinstimmt. Es sollen also die Abweichungen der ex-post-Daten von den ex-anteDaten i n Höhe der Leerkosten als Merkmal fehlerhafter Dispositionen möglichst vermieden werden. Gleichzeitig muß zum Zwecke der Vermeidung von Leerkosten auch eine ständige Korrektur der Plankosten i m Sinne einer vollflexiblen Plankostenrechnung erfolgen. Der Umfang der Leerkosten, die auf einer falschen Plankostenermittlung beruhen, hängt davon ab, inwieweit die Bereitstellung von Produktionsfaktoren aufgrund geplanter Marktbedürfnisse auch nachher entsprechend den effektiven Nachfragebedingungen als gerechtfertigt erscheint. Die gesamten Leerkosten sind somit auf Planungs- bzw. Dispositionsfehler der Unternehmensleitung zurückzuführen und müssen von den gewollten bzw. bewußt geplanten Leerkosten unterschieden werden. Leerkosten i n Form von Abweichungen der Istkosten von den Plankosten haben nach Schneider ihre Ursache i n Fehlern der Unterneh115

Schneider,

E.: Industrielles Rechnungswesen, 2. Aufl., S. 217.

Α. Die kausalen Fixkostentheorien

97

merdispositionen und Unternehmerplanungen, wobei vorausgesetzt wird, daß eine völlige Dispositionsbestimmtheit der Kosten bzw. A n passungsfähigkeit der Produktionslenkung an den Kostenplan vorhanden ist. Das bedeutet aber, daß der Unternehmer selbst kurzfristige Schwankungen der Nachfrage bei seinen betriebspolitischen Entscheidungen berücksichtigen kann. U m dies annähernd zu verwirklichen, geht Schneider von der Forderung einer vollflexiblen Plankostenrechnung aus, i n der möglichst alle Datenvariationen i n Form von Planrevisionen berücksichtigt werden. Außer von der Seite der Plankosten muß vor allem von der Istkostenentwicklung aus eine entsprechende Anpassung zum Zwecke der Vermeidung von Leerkosten erfolgen. Obwohl der Unternehmer oft i n seinen Dispositionen an frühere Maßnahmen gebunden ist, muß es trotzdem sein Ziel sein, sich weitgehend m i t der Istproduktion kostenmäßig der Planproduktion anzupassen, ohne daß i n den Plankosten umfangreiche Leerkosten berücksichtigt sind. Der Vorteil einer Erfassung der Abweichungen der Istkosten von den Plankosten i n Höhe der Leerkosten liegt darin, daß hiermit ein „ständiger Antrieb" für die Unternehmensleitung gegeben ist, „die Größe der Erzeugungsanlagen . . . dem erreichbaren Absatz anzupassen" 116 . Es entsteht nun die Frage, welche Möglichkeiten der Unternehmer hat, die Istkostenentwicklung den Plankosten anzupassen. Hier gibt es zwei wesentliche Erscheinungsformen einer möglichen dispositiven Beeinflussung der Istkosten: 1. Durch die A r t der Bewertung der anfallenden Istkosten. 2. Durch die dispositive Entscheidung hinsichtlich der Größe und des Umfanges der Produktionskapazität. Z u 1.: Der Einfluß der Unternehmensleitung auf die Höhe der notwendigen Istkosten und deshalb auch auf die damit zusammenhängenden Leerkosten i n Form einer Abweichung der Istkosten von den Plankosten wächst i n dem Maße, wie sich die Kostenrechnung von der Ausgabenrechnung entfernt. „Das ist insbesondere bei den Produktionsmitteln der Fall, denn ihre Ausgaben erfolgen einmalig, die Kosten hingegen müssen als Folge der Nutzung auf die ganze Dauer der Verwendung verteilt werden. Die so ermittelten Kosten bezeichnet man bekanntlich als kalkulatorische Kosten, von denen w i r insbesondere die kalkulatorischen Abschreibungen und Zinsen ins Auge fassen 1 1 7 ." Der Einfluß der Unternehmensleitung i m Rahmen der Kostenbewertung auf die Höhe der notwendigen Istkosten und damit auch 116

Schneider, E.: „Grundsätzliches zur Planung u n d Standardkostenrechnung." Zs. f. hw. Forschung, 34. Jg. 1940, S. 247. 117 Siegwart, H.: Der Einfluß der fixen Kosten auf die Unternehmungspolitik, S. 112. 7

Kurz

98

1. Kap.: Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

auf die Leerkosten ermöglicht eine weitgehende Anpassung an die planmäßige Kostenentwicklung. Auch hängt es vom Unternehmer ab, ob er z. B. die notwendigen Istkosten als feste Kosten bewertet oder als proportionale. Wenn der Unternehmer sich für konstante, monatliche Abschreibungen von Maschinen und Gebäuden entscheidet, dann sind, abgesehen davon, daß keine bestandsmäßigen Veränderungen i m Zuge der Neuinvestition vorgenommen werden, diese Abschreibungskosten fest. Die Kosten sind aber nur deshalb fest, w e i l der Unternehmer offensichtlich hier an die nicht zutreffende Ausgabenvorstellung dachte und deswegen diese Abschreibungsmethode gewählt hat. Würde er dagegen eine proportionale Abschreibung vornehmen, und zwar i n der Form, daß die Abschreibungen proportional zu den geleisteten Maschinenstunden vorgenommen werden, dann würde dieser Kostenbestandteil i m Istkostenverlauf eine proportionale Reagibilität aufweisen, daher den Fixkostencharakter verlieren. Z u 2.: Der Unternehmer hat bei Kosten, die unmittelbar m i t Ausgaben zusammenhängen (Löhne und Materialkosten), nicht mehr die Bewertungsfreiheit. Dafür ist i h m jedoch der Einfluß auf das Kapazitätsgefüge gegeben. Abgesehen von organisatorischen Maßnahmen, welche die A r t der Kombination der betrieblichen Produktionsfaktoren betreffen und auf die Istkostenentwicklung einen erheblichen Einfluß haben, ist der Einfluß aufgrund der Möglichkeiten der Kapazitätsänderung gegeben (z. B. Entlassung von Arbeitern). Somit kann die Betriebsleitung die Istkostenentwicklung i n jedem Stadium der Produktion der Plankostenentwicklung zum Zwecke der Vermeidung von Leerkosten weitgehend anpassen. Das ist jedoch nur möglich, wenn man wie Schneider zu der Erkenntnis kommt, daß man die Produktionsstruktur vollständig dispositiv beeinflussen kann, so daß es keine natürliche dispositiv unbeeinflußbare Festigkeit der Kosten gibt. Hierfür haben w i r folgende Beispiele: a) Wenn z. B. der Staat dem Unternehmer als Grundstücksbesitzer feste Steuern aufbürdet, so hat dieser immer noch die Möglichkeit, durch zweckentsprechende Dispositionen den Umfang und die Größe des Grundstückes zu ändern und auf diese Weise die festen Kosten i n der Istkostenentwicklung variabel zu gestalten, da die Höhe der Steuern von der Größe eines Grundstückes abhängt. So kann der Unternehmer Dispositionen innerhalb eines vom Staat oder von sonstigen Institutionen gesetzten Rahmens durchführen (z. B. A r beitsverträge nach sozialen Gesetzen, Steuersätzen usw.). Daher gilt, daß „Kosten, die sich i m Ist für eine bestimmte Zeitdauer als fest erweisen, . . . immer nur bedingt fest" sind. „Eine bestimmten Kostenarten wesenseigene Festigkeit gibt es nicht 1 1 8 ." 11

Schneider,

E.: Industrielles Rechnungswesen, 2. Aufl., S. 2 1 .

Α. Die kausalen Fixkostentheorien

99

b) E i n ähnlicher Fall ist i m Vergleich zum Grundstück bei einer Maschine gegeben. „ W i r d eine Maschine angeschafft, so fallen Kosten an, die unabhängig von der Inanspruchnahme der Faktoreinheit sind. Dazu zählen Raumkosten, Instandhaltungskosten, Versicherungskosten usw Diese Kosten bezeichnen w i r als ,fixe' Kosten, wobei als Bezugsvariable die Produktmenge (oder funktionelle Leistungsabgabe der Maschineneinheit) anzusehen i s t 1 1 9 . " Die Höhe dieser fixen Kosten kann der Unternehmer durch A n - bzw. Verkauf von Maschinen beeinflussen. Es sei bereits hier schon kritisch vermerkt, daß man Raumkosten, Instandhaltungskosten usw. nicht als „fixe" Kosten ansehen kann, sondern hier handelt es sich um typische Betriebsstrukturkosten i m Sinne von Schnutenhaus. Hier liegt eine wesenseigene Festigkeit von solchen Kostenarten vor, die prima facie ausgesprochen für Schutz und Sicherung aufgewandt werden, wie ζ. B. die Raumkosten i n Form von Miete, die nur gezahlt wird, u m Platz zu haben und i m Raum geschützt und sicher zu sein. Schneider teilt die Istkosten ebenso wie die Plankosten i n Kosten des ganzen Betriebes und der einzelnen Arbeitsstelle auf. Abschließend wollen w i r jedoch feststellen, daß zum Zwecke einer Wirtschaftlichkeitskontrolle i n einer Arbeits- oder Kostenstelle eines Unternehmens keine bloße Gegenüberstellung der gesamten Istkosten m i t den gesamten Plankosten einer Kostenstelle erfolgen darf. Dies ist nur dann angebracht, wenn die geplante Produktionsmenge m i t der Istproduktionsmenge übereinstimmt, wenn also keine Leerkosten i n Form der Beschäftigungsabweichung (— siehe i n Abb. 1 das Dreieck Ο—BO—e —) anfallen bzw. keine langfristigen kausalen Betriebsstrukturkosten, welche w i r später noch bei der Behandlung der Schnutenhausschen institutionellen Kostenrechnung kennenlernen werden. Leerkosten, die durch eine Beschäftigungsabweichung entstehen, sind keine Anzeichen für UnWirtschaftlichkeit, sondern i m Sinne von Schneider Kosten fehlerhafter Investitionsentscheidungen, die als Dispositionsfehler i n den Verantwortungsbereich der Unternehmensleitung fallen, jedoch nicht vom jeweiligen Kostenstellenleiter zu verantworten sind, der nur UnWirtschaftlichkeit zu vertreten hat. Bei einer Einzelfertigung dient die Erfassung der Istkosten i n den Kostenstellen auch zum Zwecke der Preisermittlung (Zuschlagskalkulation). Bei einer kontinuierlichen Massenfertigung würde zum Zwecke der Preiskalkulation eine Ermittlung der Istkosten des gesamten Betriebes genügen, da man sich hier, abgesehen von den Einwendungen 119

Schneider, E.: Industrielles Rechnungswesen, 2. Aufl., S. 205 ff. Derselbe: Die Problematik der Lehre von den festen Kosten, S. 300 ff. *

100

1. Kap. : Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

vom Standpunkt der institutionellen Kostenrechnung, der einfachen Divisionskalkulation bedienen kann, indem man die gesamten Kosten ermittelt und durch die Anzahl der erstellten Produkte dividiert. Für eine Wirtschaftlichkeitskontrolle (auch für eine Halbfabrikat-Kalkulation bei Serienfertigung) ist dagegen eine Ermittlung der Kosten i n den einzelnen Arbeitsstellen vonnöten. c) Kritische

Würdigung

der Schneiderschen

Kostenbetrachtung

Die These von der absoluten Dispositionsbestimmtheit der Kosten, speziell der Leerkosten, welche auch als Kosten fehlerhafter Unternehmerdispositionen bezeichnet werden, ist sehr kritisch zu beurteilen. Somit können Leerkosten entstehen, welche vom Unternehmer i m Sinne von „Fehlentschlüssen" nicht verantwortet werden können, da die Begrenzungen der Unternehmerdispositionen sich aus dem „Stand der Technik, aus dem Produktionsverfahren, aus Konkurrenzrücksichten, aus Konjunkturlagen, aus der Finanzsituation u.a.m " 1 2 0 ergeben. Auch aus der Sicht der institutionellen Kostenrechnung können wir sagen, daß die „Leerkosten" Schneiders unvermeidbar sind, da sie aus dem ureigensten Bedürfnis des organischen Gebildes: ,Betriebsstruktur' erwachsen. Allgemein wollen w i r feststellen, daß die Einschränkung der These von der absoluten Dispositionsbestimmtheit der Kosten sich aus der Tatsache ergibt, daß w i r außer einer subjektiven auch eine objektive Wertkomponente der Kosten haben. Auf die subjektive Wertkomponente hat der Unternehmer nur indirekten Einfluß über das absatzpolitische Instrumentarium (z. B. Werbung). Die Anwendung des absatzpolitischen Instrumentariums ist i m Sinne der Schneiderschen Konzeption von der völligen Dispositionsbestimmtheit der Kosten als eine überflüssige Maßnahme anzusehen. Somit muß der Unternehmer vor Beginn der Produktion die Marktbedürfnisse planen, d. h. mittels Aufstellung von Plankostenzahlen die subjektiv-nachfragebedingte Kostenentwicklung fixieren und danach i m Verlauf der Produktion seine dispositiven Anpassungsmaßnahmen treffen. Der Verzicht auf die Anwendung des absatzpolitischen Instrumentariums verlangt jedoch eine Entwicklung der objektiv-produktionsbedingten Kosten während der Dauer des Produktionsvollzuges, die weitgehend mit der fixierten bzw. geplanten Entwicklung der subjektiven Kosten vor Produktionsbeginn übereinstimmt. Jedoch müssen auch die erst während der Produktion voraussehbaren Veränderungen der Bedarfssituation des Marktes i n den Plankosten zum Ausdruck kommen ( = vollflexible 120

Kühn,

U.: Ist die Theorie . . . , S.404.

Α . Die kausalen Fixkostentheorien

101

Plankostenrechnung). So muß der Unternehmer oft schon während der Produktion 1 2 1 seine wirtschaftlichen Entschlüsse ändern, indem er sich aufgrund eines revidierten Kostenplanes m i t seiner Produktion neu anpaßt. Da jedoch die Unternehmensleitung sich dispositiv dieser veränderten subjektiven Kostenentwicklung aufgrund mangelnder Dispositionsbestimmtheit der Kosten vielfach gar nicht anpassen kann, entstehen dadurch Leerkosten, die nur schwerlich als der sichtbare Ausdruck fehlerhafter Unternehmerdispositionen angesehen werden können. I n diesem Sinne stellt auch Siegwart 1 2 2 fest: „Die Vorstellung, daß die Kosten dispositionsbestimmt sind, ist deshalb nicht richtig, vor allem dann nicht, wenn man den Einfluß des Marktes auf die Kosten berücksichtigt." Während sich die Nachfragesituation des Marktes schnell ändern kann, erfordert die Anpassung der Produktionsfaktoren immer Z e i t 1 2 3 , wofür der Unternehmer nicht verantwortlich gemacht werden kann und was eine Einschränkung der These von der unbeschränkten Dispositionsbestimmtheit der Kosten bedeutet. Eine weitgehende K r i t i k an der Schneiderschen Kostenlehre nehmen K ü h n und Gutenberg. K ü h n sagt: „Alle Vorzüge, die das Rechnen m i t fixen und proportionalen Kosten bietet, vermag die Unterscheidung, wie Schneider sie sieht, nicht zu erschließen 124 ." Auch Gutenberg schließt sich der K r i t i k von K ü h n an, indem er sagt: „ I n Übereinstimmung mit K ü h n halte ich es nicht für zweckmäßig, die Trennung der Kosten i n fixe und variable zugunsten der Trennung i n notwendige und nicht-notwendige Kosten aufzugeben 125 ." W i r wollen uns nun den einzelnen K r i t i k p u n k t e n der Schneiderschen Kostentheorie näher zuwenden: 1. Die objektiven Gegebenheiten, welche den Unternehmerdispositionen Grenzen setzen ( = beachte die partielle Dispositionsbestimmtheit der Kosten, speziell der Fixkosten —) und daher vom Unternehmer nicht zu verantwortende Leerkosten hervorrufen, zeigen sich vor allem „ i n einer gewissen Unteilbarkeit des technischen oder dispositiven Apparates der Unternehmen" 1 2 6 . Aufgrund dieser man121 Vgl. hier Schneider, E.: „Das Zeitmotiv i n der Theorie der Produktion." Jahrbuch f. N. Ö. u n d Stat. Bd. 142 (1935), S. 271 ff., u n d Bd. 143 (1936), S. 45 ff. 122 Siegwart, H.: Der Einfluß der fixen Kosten auf die Unternehmungspolitik, S. 131. 123 Siehe hier Blaschka, B.: Produktionistechnische Anpassungsformen, S. 26. 124 Kühn, U.: „ I s t die Theorie der fixen Kosten überholt?" Z f H 1955, S. 399. 125 Gutenberg, E.: „Offene Fragen der Produktions- u n d Kostentheorie." Z f H 1956, S. 439. 126 Gutenberg, E.: „Offene Fragen der Produktions- und Kostentheorie." ZfhF 1956, S. 435.

102

1. Kap. : Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

gelnden Teilbarkeit der Produktionsfaktoren kann nie eine exakte planmäßige Vorbereitung auf zukünftige Bedarfsverhältnisse erfolgen. „Diese fixen Kosten sind Leerkosten, die nicht zu vermeiden sind und deshalb auch nicht abgebaut werden können, also den Dispositionen der Geschäftsführung praktisch weitgehend entzogen sind 1 2 7 ." 2. Außerdem ist zu bedenken, daß z. B. i m Falle der Anpassung der Produktion an eine verringerte Nachfrage der Unternehmer zwar i m Sinne von Schneider Maschinen verkaufen oder vermieten kann, jedoch die „gesamten fixen Kosten der Verwaltung, der Materialwirtschaft, des Vertriebes, die gewöhnlich auf Basis Herstellungskosten ermittelt werden, bleiben i n ihrer Höhe vom Verkauf oder von der Vermietung einiger Maschinen oder Gebäudeteile unb e r ü h r t " 1 2 8 . Auch verändern sich beim Verkauf oder bei der Vermietung von Maschinen gewisse Steuern und z. B. der Lastenausgleich nicht. 3. Die Annahme der Möglichkeit einer jederzeitigen Beschaffung und eines Verkaufs bzw. einer Vermietung der Betriebsanlagen ist bei Schneider „ein vorweggenommenes U r t e i l . . . , das noch von Fall zu Fall der Bestätigung durch die Erfahrung bedarf" 1 2 9 . So kann z. B. eine schlechte Finanzsituation zur Beschaffungshemmung führen. 4. Abgesehen von Mobilitätshemmnissen, die ihre Ursache i n der erwähnten Finanzsituation haben, sind auch solche Anpassungshemmnisse gegeben, die aus der natürlichen Festigkeit 130 der 127

Gutenberg, E.: Offene Fragen . . . , S. 435. Kühn, U.: Ist die Theorie . . . , S. 405. 120 Kühn, U.: Ist die Theorie . . . , S. 402. 130 Beachte: Schmalenbach sprach i n diesem Sinne von der natürlichen Festigkeit der Kosten, w i e w i r das i n der Einleitung herausgestellt haben. Daraus erklärt sich die Schmalenbachsche Feststellung: „Die Degression schreit nach Sättigung". Vgl. dazu folgende K r i t i k von Siegwart, der mehr i n Übereinstimmung m i t Schneider steht: Siegwart, H.: Der Einfluß der fixen Kosten auf die Unternehmungspolitik, Diss. St. Gallen 1959, S. 201. „Der Impuls zur Ausnutzung der Betriebsanlagen w i r d nicht zuerst von der Kostendegressionserscheinung der unelastischen Kosten ausgelöst, sondern von den finanziellen Erwartungen aus dem Absatz der vergrößerten Produktion*. * „Wer m i t Unternehmern spricht, die sich m i t der Umstellung auf eine automatische Produktionsweise beschäftigen, stellt sofort fest, w i e sehr ihre Überlegungen u n d Berechnungen immer wieder u m die voraussichtliche Gestaltung des Absatzes kreisen u n d welche überragende Rolle i n diesen Berechnungen die Erwartungen einer Absatzsteigerung s p i e l e n . . . " Zitiert nach Keller, Th.: „Die wirtschaftliche Bedeutung der Automation." Schweizerische Zeitschrift f ü r Volkswirtschaft u n d Statistik, März 1958, S. 53. F ü r das Zustandekommen der Rationalisierung sind die Nutzenstiftung u n d die Erlöserwartung entscheidend." 128

Α. Die kausalen Fixkostentheorien

103

schwerbeweglichen Produktionsmittel erwachsen. Hiermit w i r d die Schneidersche These widerlegt, daß „von einer mechanischen Relation zwischen notwendigen und nicht-notwendigen Kosten auf der einen Seite und Größe der Produktion auf der anderen Seite . . . keine Rede sein k a n n " 1 3 1 , denn die „Nutzungsart der Maschinen, Gebäude und der Betriebsorganisation können gewöhnlich nicht wahlweise m i t der Sogwirkung des Absatzes variiert werden; so ergibt sich aus diesem Starrheitsmoment fast zwangsläufig die mechanische Relation zwischen Leerkosten und Produktionsausstoß" 132 . „Ob die Planung der Betriebsbereitschaft i n der Vergangenheit versagt hat oder ob sie sachlich nach bestem Ermessen durchgeführt, aber von der unvorhersehbaren technischen und wirtschaftlichen Entwicklung überholt worden ist, kann — wenn überhaupt — nur i m Einzelfall beurteilt werden 1 3 3 ." Somit ist für die Unternehmensleitung i m Gegensatz zu Schneider nicht die Höhe der allein marktbezogenen Leerkosten bzw. nicht-notwendigen Kosten als ständiger „Anreiz zur Anpassung der Größe der Anlage an den erreichbaren Absatz" 1 3 4 von Interesse, sondern die Kenntnis der institutionell bedingten Leerkosten aller Produktionsfaktoren, wenigstens aber der schwerbeweglichen (— vgl. fixe Kosten i m Sinne Schmalenbachs —) kann „für die Leitung ein ständiger A n reiz s e i n . . . , durch Ausnutzung der Aktionsparameter auf der Absatzseite — Qualität, Preise, Vertriebskosteneinsatz — die Absatzmenge an die Produktionskapazität anzupassen" 135 . I m Sinne von Schnutenhaus wollen w i r hierzu kritisch bemerken, daß es sich bei den erwähnten „Leerkosten" i n Wirklichkeit um Schutz-, Sicherungs- und Erhaltungskosten für den Betriebsstrukturbereich handelt. W i r sprechen hier auch von Kosten im finalen Bereich der Wirkzusammenhänge, welche von den Kosten im kausalen Bereich der Wirkzusammenhänge, d. h. von dem Leistungsbzw. Beschäftigungsbereich der Organisationsträger gedanklich abgegrenzt werden müssen. Abgesehen von dieser Kritik lehnt auch 131

Schneider, E.: Industrieelles Rechnungswesen, 2. Aufl., S. 136. Kühn, U.: Ist die Theorie . . . , S. 403. 133 Kühn, U.: Ist die Theorie . . . , S. 402. 134 Schneider, E.: Industrielles Rechnungswesen, 2. Aufl., S. 135. 135 Kühn, U.: Ist die Theorie der fixen Kosten überholt?, S. 403. Vgl. hierzu Schneider, E.: Die Problematik der Lehre von den festen Kosten, S. 321. Schneider stellt fest: „ N u r w e r die Anschauung v e r t r i t t , daß es sich bei der Abhängigkeit der Kosten von der Produktion u m einen nicht beeinflußbaren Mechanismus handelt, w i r d den Erfolg ausschließlich durch M a n i pulationen auf der Absatzseite zu erreichen s u c h e n . . . Diese mechanische Auffassung muß i n d e s s e n . . i m Rahmen einer realistischen Kalenderzeitbetrachtung als verfehlt zurückgewiesen werden." 132

104

1. Kap. : Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

Schnutenhaus ebenso wie Gutenberg und Kühn die totale Dispositionsbestimmtheit der Kosten im Sinne Schneiders ab. Somit stellt er fest, daß ein Unternehmer niemals willkürlich seine Betriebskapazität aufgrund einer Marktanalyse und einer darauf aufbauenden Marktprognose planen kann, sondern er bewegt sich immer i n der „Spannweite zwischen Ausgangsbedingungslage und kapitalmäßig gesetztem Ziel. Jede dieser Entscheidungen ist an einen gut zu berechnenden Trend gebunden. Hierhin gehören nun aus dem Kreis der sogenannten Fixkosten die institutionellen Kosten der Organisationseinzelträger und der Firma als Gesamtträger i n einem abgrenzbaren finalen Bereich der Wirkzusammenhänge, und zwar als betriebsnotwendige Kosten" 3 3 6 . 5. Aufgrund der Tatsache, daß vom Standpunkt der traditionellen Kostentheorie eine „natürliche Festigkeit" der Kosten vorliegt, ergibt sich auch die Notwendigkeit, diese festen Kosten — besser Betriebsstrukturkosten — auf ihren Ausnutzungsgrad h i n zu untersuchen. Für eine Wirtschaftlichkeitsrechnung bzw. für eine ständige Überwachung der Kapazitätsauslastung bestimmter Maschinen bzw. Betriebsteile ist jedoch eine Unterscheidung zwischen notwendigen Kosten und Leerkosten i m Sinne Schneiders nicht verwertbar, sondern nur eine Unterscheidung zwischen Nutz- und Leerkosten i m Sinne Gutenbergs. Schneider plant die Produktionsmenge, wie sie voraussichtlich vom Markt gewünscht wird, und ordnet diesen Produktionsmengen die entsprechenden rein marktorientierten Plankosten zu. Wenn bei einer Gegenüberstellung dieser Plankosten m i t den Istkosten Abweichungen i n Form von Leerkosten entstehen, dann lassen diese nur darauf schließen, daß die Kosten der Kapazität i n Höhe der Leerkosten vom M a r k t nicht sanktioniert wurden. Eine Gegenüberstellung der Istkosten einer einzelnen Maschine m i t den Kosten bei optimaler Kapazitätsauslastung erfolgt dabei nicht. So kann zwar nach der Auffassung von K ü h n m i t Hilfe der Schneiderschen kostentheoretischen Erkenntnisse eine brauchbare Erfolgsanalyse durchgeführt werden. W i r d „aber das ganze innerbetriebliche Rechnungswesen darauf ausgerichtet, so müssen gegenüber dem Rechnen m i t fixen und proportionalen Kosten schwerwiegende Nachteile i n Kauf genommen werden" 1 3 7 . 6. Versucht die unternehmerische Planung, durch eine vorzeitige Beschaffung von Maschinen sich auf die zukünftige Bedarfsstruktur einzurichten, u m i m Zeitpunkt des Bedarfs einen möglichst schnel136 Schnutenhaus, O. R.: „Die institutionelle Kostenrechnung." Zeitschrift: Kostenrechnungspraxis, Wiesbaden, Dez. 1964, Heft Nr. 6, S. 246. 137 Kühn, U.: Ist die T h e o r i e . . . , S. 408.

Α. Die kausalen Fixkostentheorien

105

len Einsatz der Produktionsmittel zu realisieren, dann werden gleichzeitig m i t der Vermeidung der Kosten der mangelnden Mobilität die sogenannten Stillstandskosten F i (— siehe Abb. 1 —) hervorgerufen, die nicht unbedingt als ein Fehler der Unternehmensleitung anzusehen sind. Diese Stillstandskosten haben „ihren Entstehungsgrund nicht i n Produktion oder Absatz einer einzelnen Periode, sondern i n der bloßen Existenz des Unternehmens" 1 3 3 . Hieran zeigt sich besonders deutlich, daß Schneider die Bedeutung der Betriebsstrukturkostenrechnung im Sinne von Schnutenhaus nicht erkannt hat. wonach diese Stillstandskosten keine Leerkosten sind, sondern betriebliche Strukturkosten. 7. Wie sehr Schneider von dem kausalen Kostendenken befangen ist, zeigt sich i m folgenden Zitat, wobei es sich i m Sinne von Gutenb e r g 1 3 9 und K ü h n 1 4 0 u m „bewußt herbeigeführte Leerkosten" handelt: „Wenn die Leitung m i t Rücksicht auf die Zukunft gleichwohl beschließt, die Maschinen und Gebäude zu behalten, so entstehen dadurch Leerkosten, die m i t den für die Bewältigung der geplanten Produktion notwendigen Kosten nichts zu t u n haben. Sie sind die Folge einer sich auf die Maschinen bzw. Gebäude beziehenden geplanten Betriebsbereitschaft, die größer ist als diejenige, die zur Bewältigung der für die Planungsperiode geplanten Produktion notwendig i s t 1 4 1 . " Hierbei zeigt sich, welche Bedeutung die Betriebsstrukturkostenrechnung hat. Beschlüsse der Leitung mit Rücksicht auf die Zukunft lassen sich nicht mit einem komplexen Leerkostenblock erklären, sondern nur mittels eines organisatorisch fundierten Betriebsstrukturkostendenkens vom Standpunkt der Unternehmensführung. Auch Gutenberg und Kühn erkennen die Bedeutung der institutionellen Kostenrechnung nicht, wenn sie von „bewußt herbeigeführten Leerkosten" sprechen, ohne zu erkennen, daß es sich bei einer bewußten Herbeiführung von Kosten vom Standpunkt einer verantwortungsvollen Unternehmensführung nur u m Zweckkosten bzw. finale Kosten i m Sinne von Schnutenhaus handeln kann und nicht u m Leerkosten. Durch die Einführung der institutionellen Kostenrechnung, der w i r uns anschließend zuwenden wollen, hat Schnutenhaus das eigentliche Fixkostenproblem tiefgehender erfaßt als Schneider, aber auch besser 138 139 140 141

Kühn, U.: Ist die Theorie . . . , S. 399. Gutenberg, E.: Offene F r a g e n . . . , S. 438. Kühn, U.: Ist die T h e o r i e . . . , S. 405. Schneider, R.: Die Problematik der Lehre von den festen Kosten, S. 317.

106

1. Kap. : Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

erfaßt als Gutenberg und Kühn. Die Schneiderschen Leerkosten berücksichtigen die Betriebsstruktur überhaupt nicht, die Gutenbergschen Leerkosten berücksichtigen dagegen die Kosten des institutionellen Bereiches nur komplexartig. I m Gegensatz dazu untersucht Schnutenhaus mittels seiner intentionalen Kostenbetrachtungsweise, wie sich die sogenannten Leerkosten i m einzelnen konstituieren, welche „Betriebsstrukturteile es sind, die ausfallen... Daß sie bei nicht voller Ausnutzung der Anlagen und des Personals entstehen, war schon seit jeher bekannt" 1 4 2 . Die Analyse der Leerkosten hinsichtlich ihrer Beziehung zu den einzelnen Betriebsstrukturteilen läuft praktisch auf eine Kostenartenuntersuchung hinaus. Jedoch handelt es sich hier nicht u m eine kausale bzw. beschäftigungsbezogene Untersuchung der Kostenarten, sondern u m eine finale, betriebsstrukturbezogene Investitionsuntersuchung i m weitesten Sinne unter möglichst weitgehender Beachtung kausaler Bindungen. Hierbei stellt Schnutenhaus sich die Aufgabe, „den Charakter der Kostenarten einzeln daraufhin zu untersuchen, inwieweit jede Kostenart als besondere Erscheinung aufgrund der Eigentümlichkeit ihrer Daseinsweise als ,fest' bzw. schwer beeinflußbar zu betrachten i s t " 1 4 3 . Somit kommt Schnutenhaus zur Ermittlung der Betriebsstrukturkosten. Dadurch ist es möglich, die „festen" Kosten bzw. die „Leerkosten" nicht als bloße Restgrößen aufzufassen. Was für die proportionalen Kosten bzw. die notwendigen Kosten i m Sinne Schneiders der Wirkungsbereich der Produktionsfaktoren ( = Erzeugnisbestehensbereich) bedeutet, das bedeutet für die „festen" Kosten der Ursachenbereich. Deshalb ist m i t einer tieferen Erfassung der „festen" Kosten bzw. der „Leerkosten" i m Sinne Schneiders eine weitgehende Analyse des Ursachenbereichs der Kosten, d. h. des institutionellen Unternehmensbereiches verbunden. Abschließend können w i r sagen, daß auch Schneider sich nicht von dem traditionellen Kostenverursachungsdenken zu lösen vermag, wonach möglichst exakt am einzelnen Produkt die Substanzwerte erfaßt werden müssen, welche i n Form von Faktoreinsatzmengen aus dem Produktionsfaktorenbereich i n das bestimmte Produkt geströmt sind. Anstelle dieses traditionellen Kausalitätsprinzips t r i t t bei Schnutenhaus das wissenschaftlich kausal gebundene Finalitätsprinzip, wonach zunächst die Kostenarten nach dem Schutz-, Sicherungs- und Erhaltungsprinzip zum Zwecke der Struktur- und Beschäftigungssicherung, d. h. nach Zwecksetzungen und Notwendigkeitsbedingungen auf die bereits erwähnten beiden Kostenbereiche: Betriebsstruktur und Erzeugnis aufgeteilt werden. Danach erfolgt eine Aufteilung der Betriebsstrukturkosten auf die einzelnen Erzeugnisse, ebenfalls wieder nach 142 143

Schnutenhaus, Schnutenhaus,

O. R.: Neue Grundlagen . . . , S. 46. O. R. : Neue Grundlagen . . . , S. 46.

B. Die finale Betrachtung der fixen Kosten bzw. der Leerkosten

107

bestimmten betriebs- und marktpolitischen Ziel- und Notwendigkeitskriterien. Die so durchgeführte institutionelle Kostenrechnung nach Schnutenhaus begnügt sich nicht m i t einer bloßen Erfassung der „Leerkosten" i n Form der Abweichung der Istkosten von den geplanten Kosten, welche i m Rahmen der Produktion bei optimaler Belieferung des Marktes entstehen ( = geplante notwendige Kosten i m Sinne Schneiders), sondern sie prüft, wie die als „Leerkosten" deklarierten Kostenbestandteile sich den Betriebsstrukturelementen zuordnen lassen, damit der Schutz, die Sicherheit und die Erhaltung der Betriebsstruktur gewährleistet wird. Weiterhin verteilt sie diese „Leerkosten" nach bestimmten betriebspolitischen Überlegungen und Zielsetzungen m i t einem abschätzbaren Bezug zur preislichen Belastbarkeit der einzelnen Kunden (gilt für den Fall der Einzelfertigung) auf die verschiedenen Produkte. Die institutionelle Kostenrechnung i m Sinne von Schnutenhaus besagt, daß der Unternehmer über die Kosten der Betriebsstruktur i m Rahmen seiner investitionspolitischen Aufgaben unter der führenden Leitidee von Schutz, Sicherung, Erhaltung und Wachstum selbst zu entscheiden hat. Diese Aufgabe kann nicht wie bei Schneider der Markt bzw. der Konsument unmittelbar übernehmen. Der Markt kann höchstens den strukturellen Zuwachs der schaffenden Faktoren vom Standpunkt der Unternehmensführung nicht genügend honorieren, falls die Unternehmensführung ihre investitionspolitischen Maßnahmen nicht auf der Basis eines logisch-organisatorischen Gliederungsschemas durchführt und sich somit unter der führenden Leitidee von Schutz, Sicherung, Erhaltung und Wachstum allzu sehr von den Marktbedürfnissen entfernt, die i m Sinne von Schneider die einzigen investitionspolitischen Orientierungsgrößen darstellen.

B. Die finale Betrachtung der fixen Kosten bzw. der Leerkosten (Schnutenhaus) Das Verdienst von Schnutenhaus liegt darin, daß er sich i m Gegensatz zu der klassischen Kostentheorie von dem volkswirtschaftlichen Modell der Grenzproduktivitätstheorie und der freien Konkurrenz loslöst und ein Kostenrechnungssystem entwickelt, das realistischen Betriebsstruktur- und Marktverhältnissen Rechnung trägt. A n die Stelle des kausal-funktionalen Energiezuwachses der schaffenden Faktoren nach Maßgabe ihrer Grenzproduktivitäten setzt Schnutenhaus ein logisches System organisatorischen Denkens i m Rahmen eines kausal gebundenen final-organischen Energiezuwachses vom Standpunkt der Unternehmensführung unter der führenden Leitidee von Schutz und Sicherung des Betriebs- und Erzeugnisbereiches einschließlich Erhal-

108

1. Kap. : Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

tung und Wachstum der betrieblichen Institution. Die klassische Kostentheorie geht von fiktiven Produktionsfaktoren (— beachte die Grenzproduktivitätstheorie, welche von Produktionsfaktoren ausgeht, die lOO^/oige Mobilität und stetige Teilbarkeit aufweisen —) aus, denen entsprechend der kausal-funktionalen Einkommensverteilung auf der Grundlage unrealistischer Marktsituationen (— beachte freie Konkurrenz! —) ex post Energien nach Maßgabe ihrer produktiven Leistungsanteile i m kausalen Bereich der Produktionsfaktorenkombinationen zum Zwecke der Reproduktion des Gebrauchsverschleißes (— beachte klassische Reproduktionskostenlehre! —) zufließen. I m Gegensatz dazu geht die institutionelle Kostenrechnung von realistischen Produktionsfaktoren ( = Organisationseinzelträger und Gemeinschaftsträger) aus, denen entsprechend dem final-organischen Energiezuwachs auf der Basis wirklichkeitsnaher, betriebsindividueller Marktstrukturen ex ante Energien planmäßig vom Standpunkt der Unternehmensleitung nach Maßgabe der strukturellen Bedürfnisse i m finalen Bereich organisatorisch verknüpfter Wirkzusammenhänge zum Zwecke des Schutzes, der Sicherung, der Erhaltung und des Wachstums der Institution zugeteilt werden. Die Schnutenhaussche Betriebsstrukturkostenrechnung bzw. institutionelle Kostenrechnung geht nicht wie die klassische Kostentheorie, abgesehen von ihrer fehlenden Erkenntnis der Strukturbezogenheit der Kosten, von einer unrealistischen Marktsituation i m Sinne der freien Konkurrenz aus, d. h. der vollkommenen Konkurrenz auf atomistischen Märkten, sondern sie setzt an die Stelle dieser hypothetischen Konstruktion eine auf exakter Marktanalyse basierende Preispolitik, die i n einem wohldurchdachten organisatorischen System finalen Denkens auf eine betriebsstrukturorientierte Unternehmenspolitik abgestimmt ist. Die mechanistisch-deduktive Gruppe der Fixkostentheoretiker (Schmalenbach und Lehmann) lehnt sich, wie bereits herausgestellt wurde, eng an das klassische Kostenmodell an. Das führt dazu, daß diese Gruppe hinsichtlich ihres Kosten- und Preisdenkens unter Bezug auf die hypothetische Konstruktion des klassischen Kostenmodells i n Rest- bzw. Abweichungsgrößen ( = fixe Kosten) bei der Betrachtung betrieblicher Kostenverläufe stecken bleibt, wobei die fixen Kosten als Kosten der mangelnden Teilbarkeit und Mobilität der Produktionsfaktoren einem Prämissenabbau des klassischen Kostenmodells entsprechen. Wenn w i r an die sogenannten Kosten der toten und lebenden Betriebsbereitschaft i m Sinne Schmalenbachs denken, welche w i r i m 1. Kapitel unter 1.1. b. zu Punkt 2. herausgestellt haben, dann t r i t t die Fragwürdigkeit der mechanistisch-deduktiven Kostenbetrachtungsweise besonders deutlich hervor, w e i l auch die „technische Produktionsbereitschaft auf dem Ausrüstungssektor" ebenso wie die der

. Die finale Betrachtung der fixen Kosten bzw. der Leerkosten

109

„menschlischen Organisation" ein K r i t e r i u m des lebenden Gebildes: Betriebsstruktur ist. Da die kausalentwicklungsmäßige Deutung der fixen Kosten i n Form einer Untersuchung der Reagibilitätserscheinungen beschäftigungsabhängiger Kostenverläufe nicht ausreicht, gab Schmalenbach zwei völlig voneinander zu unterscheidende Erklärungen für das Wesen der fixen Kosten, wie w i r das bereits i m 1. Kapitel unter 1.1. b. zu Punkt 1. und 2. näher ausgeführt haben. Schmalenbach bezeichnete dort die fixen Kosten nicht allein als beschäftigungsunabhängige Kosten, d. h. als Kosten der mangelnden Teilbarkeit und Mobilität der Produktionsfaktoren, sondern auch als Kosten der Betriebsbereitschaft, ohne daß er i n das Wesen der Betriebsbereitschaftskosten anhand eines logischen Systems organisatorischen Denkens genügend eingedrungen ist, wie das i m Gegensatz dazu durch Schnutenhaus erfolgte, wie w i r noch sehen werden. I n diesem Zusammenhang ist vor allen Dingen auf die Betriebsbereitschaftskosten F t hinzuweisen (— siehe Abb. 1 —). I m Sinne der institutionellen Kostenrechnung handelt es sich hier i n Wirklichkeit nicht um Kosten der toten Betriebsbereitschaft, sondern u m Kosten des lebenden Organismus ,Betriebsstruktur'. Die Vertreter der subjektiv-induktiven Betrachtungsweise der Kosten (Rummel, Gutenberg und Schneider) gehen zwar mehr von realistischen Betriebs- und Marktverhältnissen aus als die mechanistischdeduktiven Fixkostentheoretiker. Jedoch führt auch ihr von der betrieblichen Wirklichkeit ausgehender Untersuchungsgang zu einem zu hohen wirklichkeitsfremden Abstrahierungsgrad. Auch die subjektivinduktive Gruppe der Kostentheoretiker ermittelt den strukturellen Energiezuwachs der schaffenden Faktoren anhand von Grenzproduktivitäten, d. h. anhand der ermittelten Leistungsanteile i m Wirkungsbzw. Kausalbereich der schaffenden Faktoren. Das kennzeichnet diese Gruppe ebenfalls als Anhänger des kausalen Kostendenkens. Die Leerkosten dieser Autorengruppe sind zwar realistischer als die fixen Kosten der mechanistisch-deduktiven Gruppe der Fixkostentheoretiker, weil sie einem weiter vorangetriebenen Abbau des klassischen Kostenmodells der Grenzproduktivitätstheorie und der freien Konkurrenz entsprechen. Jedoch stehen auch sie noch zu weit ab von einer realistischen Kosten- und Preispolitik i m Sinne der institutionellen Kostenrechnung, weil sie ebenso wie die mechanistisch-deduktiven Fixkostentheoretiker weiterhin i n einem Fixkostenblock bzw. Leerkostenblock stecken bleiben, und zwar aufgrund ihrer Abhängigkeit von dem klassischen Kostenmodell, d. h. aufgrund ihres einseitigen Kausalitätsdenkens i n produktionsabhängigen Kosten. Die subjektiv-induktiven Fixkostentheoretiker tragen ebenso wie die Anhänger der mechanistisch-deduktiven Fixkostentheorien nicht zur Lösung des Problems der fixen Kosten F i (— siehe Abb. 1 —) i m Sinne von Stillstandskosten

110

1. Kap.: Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

bzw. Kosten der Betriebsbereitschaft bei. I m Sinne von Schnutenhaus handelt es sich hier u m strukturabhängige Kosten, die auch dann anfallen, wenn keine von der Produktionstätigkeit abhängige Kosten entstehen, d. h. also, wenn der Betrieb „stillsteht". Diese sogenannten „Stillstandskosten" i m traditionellen Sinne, welche i m Verlauf der Produktion bis zur Erreichung des Betriebsoptimums BO (— siehe Abb. 1! —) i m Sinne von Gutenberg i n Nutz- und Leerkosten aufgeteilt werden, sind nach Schnutenhaus Kosten, die durch die lebende Existenz eines Betriebes verursacht werden, auch wenn keine Nachfrage nach den Produkten vorhanden ist, der Betrieb also nicht beschäftigt ist. Darüber hinaus treten diese Kosten auch dann auf, wenn der Betrieb i n Beschäftigung ist, wie z. B. i n Form von erhöhten Abschreibungen oder Sonderabschreibungen von Maschinen, wegen neuer Konkurrenzpatente, Sonderunterstützungen für die Stammbelegschaft, Ausbau der Führungsorganisation, wegen ausgedehnter Kontrollen usw. Die planmäßige Vorausschau der Unternehmensleitung, daß wieder ein Konjunkturaufschwung kommt, kann durchaus zu einer Rechtfertigung der Stillstandskosten führen, zumal eine neuaufzubauende Betriebsbereitschaft teurer sein wird, als die Stillstandskosten ausmachen. A n den Stillstandskosten ist klar zu erkennen, daß die Betriebsstrukturkosten sich unabhängig von den beschäftigungsabhängigen Erzeugnisbestehenskosten, die weitgehend m i t den proportionalen Kosten zu vergleichen sind, entwickeln können. Das bedeutet aber, daß die Betriebsstrukturkosten sich nicht mittels des kausalen Maßstabes: ,Beschäftigung 4 ermitteln lassen. A n die Stelle dieses Maßstabes t r i t t der Schnutenhaussche Kompaß: Schutz, Sicherung, Erhaltung und Wachstum vom Standpunkt einer marktorientierten Unternehmensleitung. M i t diesem Betriebsstrukturkostenmaßstab lassen sich auch die Kosten erfassen, welche von den reinen Arbeitsverschleißkosten abweichen (z. B. Leerkosten aufgrund von Abschreibungen infolge von Witterungseinflüssen). I n dem Zusammenhang w i r d bei den Maschinenaggregaten auch untersucht, „ w a n n und warum die technischen Aggregate außer Kurs kommen, wie ihr Anlagen- und Wartungsdienst sich gestaltet, wie ihr technischer und wirtschaftlicher Fortschrittstand aussieht, wie ihre Teile i m einzelnen ,ersetzt' werden können, wie ihre Qualität zum Preise sich verhält, alles dies ist noch verhältnismäßig wenig erforscht und statistisch bearbeitet w o r d e n " 1 4 4 . I n der traditionellen Kostenrechnung werden alle diese Kostenursachen bzw. Motive des Wertverfalls als Wagniselemente betrachtet. Dies entspricht jedoch nicht dem Sinn, „die Elemente des Strukturverhaltens zu erkennen und kostenmäßig zu verarbeiten. Zweckmäßig sollte man 144 Schnutenhaus, O. R.: „Betriebsstruktur — Kostenrechnung u n d Preispolitik." Der Wirtschaftsprüfer 1948, Nr. 7, S. 198 ff.

Β . Die finale Betrachtung der fixen Kosten bzw. der Leerkosten

111

sie daher als Ist- bzw. Sollkosten der Betriebsstruktur behandeln. Ebenso wie sämtliche Kosten der Reserve-Organisationseinzelträger und sämtliche Kosten einschließlich der des Arbeitsverschleißes i m Stadium des Stillstandes oder der Betriebsbereitschaft der Organisationseinzelträger bzw. Gemeinschaftsträger Betriebsstrukturkosten sind"145. Zusammenfassend können w i r sagen, daß die Leerkosten aus der Sicht der institutionellen Kostenrechnung ihre Ursache darin haben, daß es sich hierbei i n Verbindung m i t der Frage des Energierückflusses u m Restkosten handelt, die von statischen modelltheoretisch-fiktiven Produktionsfaktoren i n Form von Erlösen nicht benötigt werden. Schnutenhaus geht i n seiner institutionellen Kostenrechnung von dynamisch-realistischen Strukturträgern aus, deren Zweckkosten durch ein logisch-organisatorisches Kostenermittlungssystem erfaßt werden, das die Leerkosten der traditionellen Kostentheorie wichtigen Zweckbestimmungen zuführt ( = finale Betrachtung der fixen Kosten bzw. der Leerkosten, deren kausale Gebundenheit vielfach nicht durchschaubar ist). Die Leerkosten der induktiv-subjektiven Kostenlehre, wobei w i r i n diesem Zusammenhang an Gutenberg denken, ergeben sich aus der Abweichung einer geplanten, den betriebs- und marktstrukturbezogenen Erfordernissen zu wenig Rechnung tragenden Schub- und Sogw i r k u n g des Kostenstromes von einer effektiven Kostenentwicklung. Die Schnutenhausschen „Leerkosten" sind dagegen Reservekosten und gehören zu den langfristigen Strukturkosten. Sie ergeben sich aus der Abweichung geplanter Produktkosten, i n denen neben den Erzeugnisbestehenskosten betriebsnotwendige nach Vertriebs- und produktionstechnischen Gesichtspunkten auf das einzelne Produkt verrechnete Strukturkosten stecken, von einer effektiven Kostenentwicklung nach Maßgabe der Marktanerkennung. Die Produktkosten nach Schnutenhaus lassen sich folgendermaßen planen: 1. Es werden zuerst die Kosten i n den beiden Sogwirkungsbereichen: Betriebsbestehen und Erzeugnisbestehen planmäßig nach Zweckgesichtspunkten vom Standpunkt der Unternehmensführung ermittelt. 2. I m Anschluß an die Sogwirkungen dieser beiden gedanklich voneinander zu trennenden Kostenströme ergänzt sich die anschließende aus dem Bereich des Betriebsbestehens erwachsende planmäßige 145 Schnutenhaus, O. R.: „Betriebsstruktur — Kostenrechnung u n d Preispolitik." Der Wirtschaftsprüfer 1948, Nr. 7, S. 198 ff.

112

1. Kap. : Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

Schub Wirkung des Kostenstromes unter Berücksichtigung betriebsund marktstruktureller Gegebenheiten und Zielsetzungen zusammen mit den Kosten des Erzeugnisbestehens ( = Erzeugnisbestehenskosten i m Sinne von proportionalen Kosten) zu einer vernünftigen Produktkostenermittlung, welche die einzige Grundlage einer richtigen betrieblichen Preispolitik darstellt. Die Abweichung einer auf solche Weise geplanten Kostenentwicklung von der effektiven Kostenentwicklung i m Rahmen der Marktanerkennung ergibt i m Sinne von Schnutenhaus langfristige StrukturReservekosten, welche nicht einfach aus der Gewinn- und Verlustrechnung verschwinden, sondern wieder zu Aufwand werden. Durch die ex-ante-Analyse der Sogwirkung des Kostenstromes i m institutionellen Bereich als Grundvoraussetzung für eine Berücksichtigung der Schubwirkungskräfte industrieller Kostenverläufe w i r d die Betriebsstrukturkostenrechnung zu einem dynamisch-agierenden Bestandteil des Unternehmungssystems. Hierin unterscheidet sie sich von der kausalen Kostenlehre m i t ihrer ex-post-Ermittlung des modelltheoretischen Energierückflusses (beachte beschäftigungsabhängige Kosten und Leerkosten!). I n diesem Falle kann die Kostenrechnung nur ein formal-integrierender Bestandteil des Unternehmungssystems sein. Jede Kostenentwicklung i n den einzelnen noch herauszustellenden Stufen der Betriebsstrukturkostenrechnung steht i n direkter Aktionsverbindung m i t den betrieblichen und vertrieblichen Handlungen. Das dynamisch-agierende Element der institutionellen Kostenrechnung ist allgemein dadurch gekennzeichnet, daß sie nicht wie die traditionelle, kausal-materiale Kostenlehre auf den betrieblichen Vorgängen als Stillstand sitzen bleibt. Die Bedeutung der institutionellen Kostenrechnung liegt darin, daß sie von der klassischen Theorie der Marktanpassungsprozesse abkommt, welche weder dem Betriebsbestehen im Sinne der Struktursicherung noch dem Erzeugnisbestehen im Sinne der Beschäftigungssicherung dienlich sind. Die institutionelle Kostenrechnung dient i m Gegensatz zu der kausalen Kostenlehre der Steuerung des einzelnen Unternehmens über die Preispolitik, die der Absicherung von marktlichen Ertragsquellen für das Unternehmen dient und gleichzeitig durch den Umsatz der Einzelprodukte das eingesetzte m i t einem schwer schätzbaren Risiko belastete Investitionskapital mindestens erhält und durch Verzinsung optimal anreichert. Jede kostentheoretische Untersuchung muß von den folgenden beiden Fragen ausgehen: a) Was kosten die durch die Kombination der produktiven Faktoren eines Betriebes entstandenen Güter? ( = Produktkostenlehre)

. Die finale Betrachtung der fixen Kosten bzw. der Leerkosten

113

b) Was kosten die einzelnen zum Zwecke ihrer Existenzerhaltung schaffenden Faktoren, welche an der Erstellung der Güter eines Betriebes beteiligt waren? ( = Faktorenkostenlehre) W i r haben es hier m i t zwei Kostenentstehungsbereichen zu tun, die zwar miteinander verknüpft sind, jedoch i m Sinne von Schnutenhaus ihre eigenen Gesetzmäßigkeiten haben. Somit führt Schnutenhaus i m Gegensatz zu den kausalen bzw. traditionellen Kostentheoretikern eine gedankliche Trennung dieser beiden Kostenentstehungsbereiche durch. Die traditionelle Kostentheorie ist eine kausale Produktkostenlehre. Sie geht von dem Modell der Grenzproduktivitätstheorie und der freien Konkurrenz aus, was w i r i m Hauptteil auf Seite 21 ff. unter Festlegung der Grundkonzeption der Behandlung der vorliegenden thematischen Aufgabenstellung bereits näher erläutert haben. Ihre Kostenermittlung erfolgt i n zwei Etappen, die i m Gegensatz zu der später noch zu erläuternden Kostenermittlungsmethode i m Sinne von Schnutenhaus stehen: a) Sie strebt eine möglichst exakte Ermittlung der Leistungskosten an bzw., wie w i r i m 2. Kapitel bei der noch näher zu erläuternden Grenzkostenrechnung sehen werden (vgl. Schmalenbachsche Betriebswertrechnung — 2. Kapitel unter Α. 1.2.), eine exakte Ermittlung der Kosten des einzelnen Produktes entsprechend dem klassischen Rationalschema der Grenzproduktivitätstheorie und der freien Konkurrenz bzw. entsprechend einem durch Prämissenabbau gekennzeichneten Modell (vgl. Gutenbergsche Kostendeterminanten und die „Produktionsfunktion vom Typ B"!). b) Die Frage der Verteilung der Produkterlöse auf die schaffenden Faktoren nach Maßgabe der Leistungsanteile bzw. mittels des Maßstabes Beschäftigung i m Sinne eines kausal-distributiven Energiezuwachses i m institutionellen Bereich sehen die mechanistischdeduktiven Kostentheoretiker entsprechend dem klassischen Kostenmodell dann als gelöst an, wenn die Produktionsfaktoren eine vollständige Mobilität aufweisen und sich somit zeitlos veränderten Marktsituationen anpassen können, was auch eine stetige Teilbarkeit der Faktoreinsatzmengen voraussetzt. Weiterhin w i r d vorausgesetzt, daß der Betrieb einen atomistischen Markt m i t vollkommener Konkurrenz ( = freie Konkurrenz) beliefert. Völlige Mobilität und Teilbarkeit der Produktionsfaktoren sowie eine freie Konkurrenz bedeuten für die mechanistisch-deduktiven Fixkostentheoretiker, daß die Produktionsfaktoren i n einem zeitlosen Anpassungsprozeß an den Stellen der wichtigsten Verwendung eingesetzt werden können. I n diesem Falle treten keine fixen Kosten mehr auf, sondern nur noch proportionale. Die Produktionsfaktoren werden 8

Kurz

114

1. Kap.: Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

dann entsprechend ihrer Grenzerträge entlohnt, welche die Grenzkosten der Produktionsfaktoren darstellen. I n der freien Konkurrenz bekommt der einzelne Betrieb die Kosten des Grenzbetriebes ( = Grenzkosten) i m Marktpreis ersetzt (— siehe hier die linearproportionale Kostengerade Ο—Ρ i n Abb. 1 —). Da der intramarginale Betrieb seine Produktionsfaktoren kostengünstiger einsetzt als der Grenzbetrieb, sind seine Grenzkosten geringer. Die Abweichungen der Grenzkosten bzw. die Abweichungen des Energiezuwachses der schaffenden Faktoren i n einem intramarginalen Betrieb von den Kosten bzw. dem Energiezuwachs des Grenzbetriebes auf einem atomistischen M a r k t bei vollkommener Konkurrenz versucht ζ. B. Schmalenbach, wie w i r i m Rahmen seiner Betriebswertrechnung sehen werden, i n Form von positiven fixen Kosten und globalen Gewinngrößen zu erfassen. Hinsichtlich der positiven fixen Kosten denken w i r dabei an die Abweichung der Grenzkosten K ' von den totalen Durchschnittskosten Kg (— siehe Abb. 5! —). Dieser A r t von positiven fixen Kosten, welche nicht m i t den positiven fixen Kosten i m Sinne Lehmanns (— siehe Abb. 3! —) verwechselt werden dürfen, werden w i r uns erst später bei der Behandlung der Schmalenbachschen Betriebswertrechnung i m 2. Kapitel zuwenden. Die globalen Gewinngrößen sind dagegen mit den Lehmannschen negativen fixen Kosten identisch. A n die Stelle der positiven fixen Kosten i m Sinne der Schmalenbachschen Betriebswertrechnung und der globalen Gewinngrößen auf der Grundlage unrealistischer Marktverhältnisse ( = freie Konkurrenz) setzen die subjektiv-induktiven Fixkostentheoretiker realistischere Fixkosten i n Form von sogenannten Leerkosten und entsprechend mehr den betriebsindividuellen Marktverhältnissen angepaßte Gewinngrößen. Die positiven fixen Kosten im Sinne Schmalenbachs sowie die Leerkosten der subjektiv-induktiv en Fixkostentheoretiker, einschließlich den entsprechenden Gewinngrößen sind jedoch ungelöste Probleme des strukturellen Zuwachses der schaffenden Faktoren vom Standpunkt einer marktorientierten Unternehmensführung. Diese Probleme werden erst durch die Schnutenhaussche institutionelle Kostenrechnung gelöst, i n der sich fixe Kosten und Leerkosten i n kausale und globale Gewinngrößen i n finale Betriebsstrukturkosten auflösen. Die Schnutenhaussche Kostentheorie ist i m Gegensatz zur kausalen Produktkostenlehre der traditionellen Kostentheorie eine kausalfinale Faktorenkostenlehre oder besser eine Betriebsstrukturkostenlehre. Sie versucht, möglichst „exakt" die Kosten der Betriebsstruktur neben den Kosten des Erzeugnisbestehens zu erfassen. Sie geht bei der Frage, was den Produktionsfaktoren oder besser den

. Die finale Betrachtung der fixen Kosten bzw. der Leerkosten

115

Organisationseinzelträgern (Gebäude, technische Aggregate, Belegschaft) und dem Organisationsgemeinschaftsträger (Institution als Ganzes) an Substanz bzw. Energien zuwachsen soll, nicht von den äußeren Merkmalen i n Form der von den Organisationsträgern ausgestoßenen Leistungsmengen aus, sondern von den Betriebsnotwendigkeitsmerkmalen, die vom Standpunkt einer marktorientierten Unternehmensführung i n ein betriebsstrukturelles Bezugsbzw. Zwecksystem aufgegliedert sind. Somit t r i t t an die Stelle des kausal-beschäftigungsorientierten bzw. des kausal-distributiven Energiezuwachses der schaffenden Faktoren ein final-betriebsstrukturorientierter planmäßiger Energiezuwachs, der ebenso auf einen planmäßigen auf die betriebsindividuelle Marktstruktur i n vertrieblicher Logik bezogenen Alimentierungsprozeß abgestimmt ist. Ein kausal-beschäftigungsorientierter Energiezuwachs der schaffenden Faktoren ist aus dem Grunde schon abzulehnen, weil keine exakte Ermittlung des Gebrauchsverschleißes der schaffenden Faktoren i m Verlauf ihrer produktiven Inanspruchnahme anhand der erstellten Ausbringungseinheiten erfolgen kann. Diese Tatsache ergibt sich allein schon aus der Erkenntnis Gutenbergs, der von einem Produktionsprozeß m i t limitationalen und nicht m i t peripher substituierbaren Produktionsfaktoren entsprechend der Grenzproduktivitätstheorie ausging. Auf diese Erkenntnis Gutenbergs wiesen w i r bereits i m 1. Kapitel unter II. 1. b) zu 2. auf Seite 74 und unter II. 1. c) auf Seite 88 hin. Für den Fall, daß w i r limitationale Faktoren haben, werden alle Faktoren i m Produktionsprozeß variiert, so daß eine Aufteilung der Rückflußenergien vom Markt auf die einzelnen Produktionsfaktoren allein mittels des Maßstabes Beschäftigung verbunden m i t der Produktionsfunktion des allgemeinen Ertragsgesetzes nicht mehr möglich ist. Selbst unter der Voraussetzung, daß eine exakte Aufteilung der durch Markterlöse realisierten Produktkosten auf die einzelnen Strukturelemente bzw. Produktionsfaktoren entsprechend den Leistungsanteilen, d. h. also mittels des Maßstabes Beschäftigung, erfolgen würde, so wäre damit die Schnutenhaussche Betriebsstrukturkostenrechnung noch nicht realisiert, denn der gesamte strukturelle Zuwachs der schaffenden Faktoren orientiert sich nicht allein an den Leistungsanteilen, d. h. an dem Gebrauchsverschleiß der Strukturträger, sondern insgesamt an dem Erhaltungs-, Schutz-, Sicherungs- und Entwicklungs- bzw. Wachstumsprinzip vom Standpunkt einer absatzorientierten Unternehmenspolitik. Hierzu schreibt Schnutenhaus: „ A l l e Kosten, die betriebsnotwendig durch Schutz und Sicherung zur Erhaltung des gegenwärtigen und zukünftigen Lebens der Organisationsträger i m einzelnen und zum Aufbau der

116

1. Kap. : Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

Unternehmung i m ganzen i n jedem Stadium des Unternehmens aufgebracht oder durch natürlichen Selbstverzehr der Träger hingenommen werden müssen, bilden eine eigene geschlossene Kostenkategorie, die man als Betriebsstruktur-Sicherungskosten oder Betriebsstrukturkosten bezeichnen kann und die gegenüber den Kosten, die das einzelne Arbeitsprodukt aus sich heraus erzeugt ( = Erzeugnisbestehenskosten), i n ihrer Veränderung als schwer beweglich oder i n altem Sinne als ,fest' zu bezeichnen w ä r e n 1 4 6 . " M i t dem Kompaß: „Schutz, Sicherung und Erhaltung" lassen sich auch die Stillstandskosten eines Betriebes ermitteln, was i n der traditionellen Kostentheorie mit dem Maßstab der Beschäftigung nicht mehr möglich ist. I n der Betriebsstrukturkostenrechnung entstehen Kosten „zu allen Zeiten und i n allen Stadien einer Unternehmung, nämlich i m Zustand der Entwicklung und Forschung, des Stillstandes, der Betriebsbereitschaft, des Anlaufes, des Ablaufes.. . " 1 4 T . Es handelt sich hier u m betriebsnotwendige Kosten, i n denen die fixen Kosten i m Sinne von Betriebsbereitschaftskosten stecken. „Betriebsnotwendig ist das, was nach der augenblicklichen Konjunkturlage und derjenigen i n naher berechenbarer Zukunft für die Organisations- und Kostenträger zur Erreichung des Betriebszieles erforderlich ist. Betriebsnotwendig sind die Maßnahmen, die zur Aufrechterhaltung des Umsatzes i n den Kreis näherer Betrachtung gezogen werden müssen 1 4 8 ." Es ist also i m Gegensatz zu den traditionellen Kostentheoretikern nicht lediglich das für den Betrieb bzw. für die einzelnen Produktionsfaktoren (Organisationsträger) i n einer bestimmten Rechnungsperiode notwendig, was die Organisationsträger anteilmäßig i n derselben Produktionsperiode erstellt haben, was sie also zur Reproduktion ihres produktionsbedingten Verschleißes benötigen. A n die Stelle dieser mechanistischen Vorstellung t r i t t das betriebspolitische Finalprinzip, das i m Rahmen marktorientierter unternehmerischer Überlegungen und Entscheidungen verwirklicht wird. Die mechanistische Vorstellung der Kostenverteilung bei den traditionellen Kostentheoretikern i m Sinne eines kausal-distributiven Zuwachses der schaffenden Faktoren beruht übereinstimmend auf dem Kausalprinzip, wonach man glaubt, daß die Kosten der Produktions- bzw. Betriebsstruktur sich allein durch ihre materialen bzw. effizienten Ursachen i m Rahmen der Produkterstellung bestimmen lassen. Dies ist jedoch i n praxi nicht der Fall. Die Kosten der Betriebsstruktur werden i n Abhängigkeit von den betriebs146 147 148

Schnutenhaus, O. R.: Neue Grundlagen..., S. 34. Schnutenhaus, O. R. : Neue Grundlagen ..., S. 58. Schnutenhaus, O. R.: Neue Grundlagen..., S. 117.

. Die finale Betrachtung der fixen Kosten bzw. der Leerkosten

117

politischen Zielsetzungen und den Marktüberlegungen der Unternehmensleitung durch die causa finalis „hervorgerufen". Hierdurch werden, allgemein gesehen, die Maßnahmen zum Schutz, zur Sicherung und Erhaltung der gegenwärtigen und zukünftigen Existenz der Betriebsstruktur und zur Sicherung des Erzeugnisbestehens i m Sinne der Beschäftigungssicherung ausgelöst 149 . Ebenso wie der traditionelle Kostenmaßstab ,Beschäftigung' aus der Perspektive einer strukturkostenorientierten Betriebspolitik nicht akzeptiert werden kann, ebenso w i r d er auch nicht einer marktorientierten Kostenermittlungsmethode gerecht. Wie w i r bereits herausgestellt haben, sind die beiden Kostenentstehungsbereiche, d. h. der Produktund der Faktorenkostenbereich oder besser der Betriebsbestehens- und der Erzeugnisbestehensbereich, miteinander verknüpft. Das bedeutet, daß der planmäßige final-strukturelle Energiezuwachs der schaffenden Faktoren ( = Betriebsstrukturkostenprozeß) zum Zwecke der Erhaltung, des Schutzes und der Expansion der Unternehmung i m logischen Zusammenhang mit den auf einer exakten Marktanalyse und Marktprognose basierenden Produktkostenerlösen betrachtet werden muß. Hierdurch w i r d die Kalkulation ein wirksames Instrument einer sowohl marktorientierten i m Rahmen von Investitionsentscheidungen liegenden betriebspolitischen Strukturkostenpolitik als auch einer i n erster Linie auf betriebsorientierten Strukturkosten basierenden Preispolitik. Schnutenhaus weist auf diesen Sachverhalt hinsichtlich des funktionalen Zusammenhanges zwischen Betriebsstruktur- und Erzeugnisbestehenskosten folgendermaßen hin, indem er feststellt, daß als Wegweiser für die „Erarbeitung von Gewinn als Vermögenszuwachs, mindestens zur Erhaltung und meistens auch zur Expansion der Unternehmung" nicht allein die Forderung „der betrieblichen Leistungserhaltung dient, sondern nur diese mit dem Grad der Marktanerkennung". Schnutenhaus schreibt weiter: „Einer meiner besten Schüler drückt das so aus: ,Der Primat der Kosten liegt bei der Marktanerkennung. I n der Vorschau ist sie dem Unternehmer bei der Gegenüberstellung von Energieaufwand und geschätztem Energierückfluß Richtschnur für seine Produktionsentscheidung i m Rahmen der 149 Siehe hier Hoffmeister, J. (Hrsg.): Wörterbuch der philosophischen Begriffe, 2. Aufl., Hamburg 1955. Hiernach haben die Begriffe „causa materialis" ( = materiale Ursachen); „causa efficiens" ( = efficiente Ursachen) und „causa finalis" ( = f i nale Ursachen) verschiedene Bedeutungen. Kausalität ist i m ganzen aus dem Grundgefüge ( = causa materialis) u n d daraus i n den einzelnen verketteten Ursachen ( = causa efficiens) gegeben. Die „causa finalis" ist denkerisch eine bestimmte Vollendungsform i m Ausdruck der „causa efficiens", u n d zwar setzt sie dort ein, wo die Kausalität zwar weiter vorhanden ist, jedoch infolge menschenunmöglicher Durchschaubarkeit durchbrochen w i r d u n d deshalb durch zweckverfolgende Einflußkomponenten bis zu dem gesetzten bzw. erreichbaren Zweck eine Fortsetzung erfährt.

118

1. Kap.: Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

Unternehmungspolitik, ex post ein Urteil über die Richtigkeit dieser Entscheidung und damit weitere Grundlagen für weitere Entscheidungen' 1 5 0 ." Eine markt- bzw. erlösorientierte Gestaltung der Betriebsstrukturkostenentwicklung und eine auf den Betriebsstrukturkosten basierende Preisermittlung gewährleistet erst die volkswirtschaftlich so bedeutsame harmonische Abstimmung zwischen Produktion und Konsumtion i m dynamischen Entwicklungsprozeß. Die auf dem Markt realisierten Produktkosten stellen eine Umwandlung der i m Rahmen einer institutionellen Kostenrechnung ermittelten Betriebsstrukturund Erzeugnisbestehenskosten i n zurückströmende Energien dar zum Zwecke der Erhaltung, des Schutzes und des Aufbaues der Betriebsstrukturträger sowie zum Zwecke der Beschäftigungssicherung. Die betriebsnotwendigen Kosten eines Unternehmens ( = Betriebsstrukturkosten) müssen immer i m Zusammenhang m i t dem geschätzten Energierückfluß gesehen werden. Bei Stillstand des Betriebes bestehen die betriebsnotwendigen ( = strukturnotwendigen) Kosten nicht aus Verschleißkosten bzw. Tätigkeitskosten, sondern aus Schutz- und Sicherungskosten, wohingegen sie i m Verlauf der betrieblichen Tätigkeit aus Schutz- und Sicherungskosten einschließlich Verschleißkosten bzw. Tätigkeitskosten bestehen. Der effektive Energierückfluß bzw. die effektive Kostensogwirkung aus der Marktsphäre bewirkt, daß innerhalb der Gesamtkosten der betrieblichen Produkte die Schutz- und Sicherungskosten ( = Betriebsstrukturkosten) verhältnismäßig abnehmen, „und zwar entsprechend der Steigerung der Beschäftigung von Grad zu G r a d " 1 5 1 . Die Schnutenhaussche Betriebsstrukturkostenrechnung ist die Grundvoraussetzung für eine möglichst realistische Ermittlung der Gesamtkosten bzw. für eine realistische Ermittlung der Kosten des einzelnen Produktes. Es muß also erst die primäre Phase der Erfassung des strukturellen Zuwachses der schaffenden Faktoren vom Standpunkt der Unternehmensführung eingeleitet werden, bevor sich die sekundäre Phase der Ermittlung der gesamten Produktkosten anschließt. Diese Kostenermittlungsmethode i m Sinne der Schnutenhausschen Betriebsstrukturkostenrechnung bzw. institutionellen Kostenrechnung steht i m Gegensatz zu der traditionell-kausalen Kostentheorie, i n der sich an die primäre Phase der Produktkostenermittlung die sekundäre Phase des Erlöszuwachses der schaffenden Faktoren entsprechend ihren produktiven Leistungsanteilen anschließt. Die Gesamtkosten- bzw. Produktkostenermittlung i m Sinne von Schnutenhaus erfolgt i n folgenden Stufen: 150 Schnutenhaus, O. R. : „Die institutionelle Kostenrechnung." rechnungspraxis, Okt. 1964, S. 200. 15 Schnutenhaus, O. R. Neue G r u n d l a g e n . . S . .

Kosten-

. Die finale Betrachtung der fixen Kosten bzw. der Leerkosten

119

1. Der Betriebsbestehensbereich bzw. der Bereich der Organisationseinzelträger und Organisationsgemeinschaftsträger (vgl. Produktionsfaktoren) w i r d gedanklich vom Produktbereich bzw. i m Sinne von Schnutenhaus vom Erzeugnisbestehensbereich getrennt. Dadurch kommen w i r zu zwei Kostenentstehungsbereichen, die zwar i n praxi „miteinander verfilzt" sind, jedoch zwei selbständige, organische Gebilde darstellen, die zum Zwecke ihres Schutzes, ihrer Sicherung und Erhaltung Kosten verursachen, die praktisch aus den Existenzbedürfnissen dieser beiden organischen Gebilde erwachsen. 2. Nachdem nun die erwähnten beiden Kostenentstehungsbereiche Betriebsbestehen und Erzeugnisbestehen gedanklich voneinander getrennt sind, werden ihnen die Kosten bzw. die Kostenarten durch „logische Gliederung organisatorischen Denkens — selbstverständlich unter einer führenden Leitidee (Schutz, Sicherung und Erhaltung) — " 1 5 2 zugeteilt. Bei dieser „logischen Gliederung organisatorischen Denkens" geht man von folgenden Überlegungen aus, indem man prüft: a) Zu welchem Organisationsträger ursächlich oder ziel-(zweck-) mäßig die Kostenart gehört (Raum, mechanische Arbeitsmittel usw.) b) I n welches Aufgabengebiet der Unternehmung die Kostenart gehört (Beschaffung, Fertigung usw.) c) Z u welcher Wurzel-, Kern-, Parallel- oder Nebenfunktion des Organisationsträgers sie gehört (dispositive oder ausführende Funktion) d) Z u welchem Entwicklungsstadium des Organisationsträgers sie gehört (Leistungsverfall, Leistungsaufbau, Leistungsverhalt) e) I n welches Entwicklungsstadium der Gesamtunternehmung sie gehört (Stillstand, Bereitschaft, Anlauf usw.). Schnutenhaus faßt die Aufteilungskategorien a) bis e) als Kombinationsreihen auf, wobei er unter einer Kombinationsreihe „ein i n sich geschlossenes, gedankliches Gliederaggregat" versteht. „Innerhalb dieser Reihe gibt es nichts zu kombinieren, aber die Reihen müssen untereinander kombiniert werden 1 5 3 ." Je nachdem, welche Zustandsmerkmale die einzelne Kostenart i n den einzelnen Kombinationsreihen aufweist, werden die verschiedensten Kombinationsgruppen der Kombinationsreihen untereinander gebildet. U m den Standort einer Kostenart eindeutig bestimmen zu können, müssen die einzelnen Aufteilungskategorien a) bis e) bzw. Kombinationsreihen so gegliedert sein, daß 152 153

Schnutenhaus, O. R.: Neue G r u n d l a g e n . . . , S. 97. Srfinutenhaus, O. R. : Neue G r u n d l a g e n . . . , S. 97.

120

1. Kap. : Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

sie ineinander geschachtelt werden können. Nur so ist es möglich, eine Kostenart übersichtlich nach fünf verschiedenen Gliederungsmerkmalen zu charakterisieren. Schnutenhaus stellt somit fest, daß auf diese Weise „die Aufstellung aller Kostenarten i n Betriebsbestehen und Erzeugnisbestehen nach den vorstehenden fünf prinzipiellen Gedankenrichtungen . . . möglich i s t " 1 5 4 . Wie Schnutenhaus herausstellt, ist diese organisatorische Aufgliederung praktisch nichts Neues. Jedoch ist die Aufgliederung unter der leitenden Idee von Schutz, Sicherung und Erhaltung völlig neu. Die Aufteilung der Kostenarten i n Betriebsbestehen und Erzeugnisbestehen erfolgt i n folgender Form: 1. Die anfallenden Kosten, welche die kausalen Kostentheoretiker i m Wirkungsbereich der schaffenden Faktoren, d. h. i m Erzeugnisbereich, möglichst exakt zu erfassen versuchen, werden i n der institutionellen Kostenrechnung von vornherein, also nicht erst über eine möglichst exakte beschäftigungsabhängige — d. h. leistungsabhängige — Grenzkostenerfassung, den schaffenden Faktoren bzw. dem Betriebsbestehensbereich und gleichzeitig dem Erzeugnisbestehensbereich anhand des erläuterten Gliederungsschemas zugeteilt. Das bedeutet, daß die kausalen Kosten oder besser die funktionalen Kosten, welche i m klassischen Sinne Kosten zum Zwecke der Reproduktion des leistungsbedingten Substanzverzehrs sind und aus der Schöpfungsfunktion der Organisationsträger erwachsen, a priori auf die beiden Kostenentstehungsbereiche: Betriebsbestehen und Erzeugnisbestehen aufgeteilt werden. Hierbei werden die „kurzfristigen kausalen Betriebsstrukturkosten" (vgl. hier z. B. die Nutzkosten i m Sinne Gutenbergs als Kosten infolge Verschleißabschreibungen) dem Betriebsbestehensbereich und die „Erzeugnisbestehenskosten" (vgl. proportionale Kosten bzw. variable Kosten i m Sinne von reinen Produktsubstanzkosten, wie z. B. Material- oder Werkstoffkosten, Hilfsstoffe und reine Behandlungskosten i m Sinne von Gestaltungskosten, wie z. B. Löhne und Gehälter) dem Erzeugnisbestehensbereich zugeteilt. Die Trennung für diese Kosten erfolgt unter Anwendung des bereits erwähnten organisatorischen Gliederungsschemas unter der führenden Leitidee von Schutz, Sicherung und Erhaltung (vgl. die klassische Reproduktionskostentheorie) und nicht mittels Produktions- und Verbrauchskoeffizienten, wie w i r das bereits bei Gutenberg kennengelernt haben. Die traditionell-kausale Kostentheorie w i l l diese Kosten i n Form von Erlösen α posteriori nach ihrer exakten Ermittlung mittels Proportionalitätsgrößen auf die Produktionsfakto154

Schnutenhaus,

O. R.: Neue G r u n d l a g e n . . . , S. 97.

. Die finale Betrachtung der fixen Kosten bzw. der Leerkosten

121

ren entsprechend den von ihnen verursachten Leistungsanteilen aufteilen (=- kausales Kostendenken). I n der Schnutenhausschen institutionellen Kostenrechnung erfolgt diese Kostenerlösverteilung auf die Produktionsfaktoren bzw. Organisationsträger α priori unter der Leitidee von Schutz, Sicherung und Erhaltung vom Standpunkt der Unternehmensführung. 2. Anschließend werden i n diesen beiden Kostenbereichen: Betriebsstruktur und Erzeugnis, welche w i r gedanklich voneinander trennen, die nicht-funktionalen Kosten ermittelt, wozu z.B. die „Leerkosten" nach Gutenberg gehören. Diese Kosten entwickeln die beiden Bereiche ebenfalls aus ihrem Schutz-, Sicherungs- und Erhaltungsbedürfnis heraus. Es sind Kosten, welche später auf dem Wege des Energierückflusses i n Form von Erlösen der Unternehmung wieder zugute kommen müssen und vom Standpunkt der Unternehmensführung planmäßig vor dem Energierückfluß mittels des Kompasses: ,Schutz, Sicherung und Erhaltung' der Betriebsstruktur zum Zwecke der Struktursicherung und dem Erzeugnisbereich zum Zwecke der Beschäftigungssicherung zugeteilt werden. Es handelt sich hier i m Sinne von Schnutenhaus um „langfristige kausale Betriebsstrukturkostenzu denen nicht nur die Kosten des Verfalls ( = Selbstverschleiß) und Kosten der Wertminderung ( = technische Wertminderung) zählen, sondern auch Kosten des Aufbaues und der Wertsteigerungen aufgrund organisatorischer Umstellungen und sozialer Aufwendungen für die Belegschaft. 3. Unter 1. und 2. wurden der Betriebsstruktur nur gebundene Strukturkosten zugerechnet, die eine Bindung zum Aufbau und zur Organisation des Unternehmens haben ( = kausale Betriebsstrukturkosten). I n der institutionellen Kostenrechnung werden der Betriebsstruktur vom Standpunkt expansiver Unternehmenspolitik auch Kosten zugerechnet, die aus dem Bedürfnis des Wachstums der Betriebsstruktur erwachsen. Diese Kosten, welche Schnutenhaus auch langfristige finale Betriebsstrukturkosten nennt, haben keine Bindung zu objektiv vorhandenen Strukturelementen innerhalb des Betriebes, wie das bei den kurzfristigen und langfristigen kausalen Betriebsstrukturkosten der Fall ist. Die Bindung dieser finalen Strukturkosten besteht dagegen zu planmäßigen antizipativen Betriebsstrukturelementen, die ihren Ursprung i m subjektiven Vorstellungsbereich der Unternehmensleitung hinsichtlich der unternehmerischen Expansionsziele haben. Diese Expansionsziele erfahren i m wirtschaftslogischen Zusammenhang m i t der speziellen Situation i n der Gesamtwirtschaft und der Branche eine notwendige i n Form von Kosten ausdrückbare Objektivierung. Die finalen Kosten werden von Rummel und allen anderen traditionellen

122

1. Kap. : Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

Kostentheoretikern i m Gewinnzuschlag durch Bildung routinemäßiger Expansionsaufwendungen i m Zuge von Rücklagenbildungen berücksichtigt. Sie finden dagegen bei Schnutenhaus schon i n der Kostenrechnung ihre Beachtung. 4. Nachdem die Unternehmensleitung die Kosten i n den Stufen 1 bis 3 nach betriebsstrukturpolitischen Gesichtspunkten mittels des Kompasses: Erhaltung, Schutz, Sicherung und Wachstum (— natürlich immer i n Verbindung m i t der Situation des Betriebes auf dem Markt und der voraussichtlichen Entwicklung der marktstrukturellen Faktoren hinsichtlich ihres Einflusses auf den Energierückfluß —) aufgeteilt hat, erfolgt eine Verteilung der Strukturkosten ( = Gemeinkosten für das Produkt i m Gegensatz zu den Erzeugnisbestehenskosten als Einzelkosten) auf das einzelne Produkt. Dieser Frage wollen w i r uns i m 2. Kapitel unter B. näher zuwenden. Die Erfassung der Kosten i n der dargestellten Stufenfolge steht i m Gegensatz zu der traditionell-kausalen Kostenlehre. I n diesem Sinne stellt Schnutenhaus fest: „So liegt praktisch die besondere Bedeutung i n der Erfassung des echten wirklichen Kostenumfanges für ein Produkt i n einer Kostenstufenfolge, die auf die marktlichen Abnehmer oder Kunden i n preispolitischer Hinsicht und Bewertung i n vertrieblicher Logik zugeschnitten werden k a n n 1 5 5 . " I. Das Wesen der Betriebsstrukturkosten Bei der Darstellung der Schnutenhausschen Produktkostenerfassung i n einer Stufenfolge haben w i r bereits i m 1. Kapitel unter B. i n der Stufe 2 (— siehe Seite 119! —) auf das Gliederungsschema als Instrument zum Zwecke einer Erfassung der Betriebsstrukturkosten hingewiesen. Hier wollen w i r dieses Gliederungsschema noch etwas näher betrachten. Schnutenhaus teilt den institutionellen Bereich der Kosten ( = Betriebsstrukturbereich) folgendermaßen auf. a) A n die Stelle des Systems der produktiven Faktoren i m Sinne Gutenbergs setzt Schnutenhaus sein System der sogenannten Organisationsträger. aa) Es 1. 2. 3. 4. 155

gibt folgende Organisationsträger: den Raum die mechanischen Arbeitsmittel die Betriebspersonen den Gemeinschaftsträger: Unternehmung = träger der drei Organisationsträger

Gemeinschafts-

Schnutenhaus, O. R.: „Die institutionelle Kostenrechnung." Zeitschrift: Kostenrechnungspraxis, Wiesbaden 1964, Nr. 5, S. 200.

Β. Die finale Betrachtung der fixen Kosten bzw. der Leerkosten

123

bb) Die Organisationsträger können folgende Funktionen haben: 1. Unternehmungsbezogene Funktionen. Hierbei handelt es sich u m eine räumlich-funktionale Aufteilung der Organisationsträger. Dabei w i r d gefragt, i n welchem Bereich der Unternehmung die Organisationsträger eingesetzt werden. Schnutenhaus unterscheidet hier fünf Bereiche: 1 a) Beschaffung 1 b) Fertigung 1 c) Vertrieb 1 d) Verwaltung 1 e) Finanzierung 2. Die personenbezogenen Funktionen können m i t den Gutenbergschen „objektbezogenen" und den dispositiven „funktionsbezogenen" Arbeitsleistungen verglichen werden. Hierbei geht es u m die Frage, welche „Wurzel-, Kern-, Paralleloder Nebenfunktion" der einzelne Organisationsträger (Person) jeweilig ausübt, was für den Arbeiter an der Maschine ebenso gilt wie für den Unternehmensleiter, also ob: 2 a) eine dispositive Wurzel- oder Kernfunktion, 2 b) eine ausführende Funktion (Nebenfunktion) oder 2 c) eine Parallelfunktion ausgeübt wird, die darin besteht, daß sowohl dispositive als auch ausführende Arbeit von einer Betriebsperson geleistet wird. „Hiermit ist eine Bestimmung der Kosten nach dem Feinheitsgrad der Funktionen der Struktureinzelträger vorgenommen worden 1 5 6 ." b) Die Entwicklung der Organisationsträger i m zeitlichen Ablauf der Produktion berücksichtigt Schnutenhaus sowohl vom strukturbezogenen Standpunkt als auch aus marktorientierter Sicht: aa) Hinsichtlich der strukturellen Entwicklung der Organisationsträger unterscheidet Schnutenhaus folgende drei Entwicklungsstadien: 1. Leistungsaufbau 2. Leistungsverhalt als Spitzen- oder Höchstleistungsdauer 3. Leistungsverfall bb) Anstelle des Einflusses der Beschäftigung auf die Gesamtkostenentwicklung i m Sinne der kausalen Kostentheorie werden bei Schnutenhaus die jeweiligen Entwicklungsstadien der einzelnen Organisationsträger und des daraus resultierenden Entwicklungsstadiums der gesamten Unternehmung i m Rahmen :56

Schnutenhaus,

O. R.: Neue Grundlagen . . S . 20.

124

1. Kap.: Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

der Marktverbundenheit berücksichtigt. Schnutenhaus unterscheidet hier fünf Entwicklungsstadien 1 5 7 : 1. Stillstand 2. Bereitschaft 3. Anlauf 4. Ablauf-Dauervollzug = Produktion 5. Auslauf „Somit erstreckt sich die Struktur auf fünf Stadien, daher die Struktur i m ganzen gesehen w i r d die Tendenz haben, immer ein Stadium als wesentlich herauszustellen 158 ." Die einzelnen Träger können sich also „ i n verschiedenen Stadien der Strukturschwankung der Gesamtbeschäftigung (und dabei selbst wiederum i m Stadium des Aufbaues, der Höchstleistungsdauer und des Verfalls) befinden" 1 5 9 . W i r wollen uns nun den Betriebsstrukturkosten näher zuwenden. Allgemein kann man sie als Schutz-, Sicherungs- und Erhaltungskosten an folgenden Merkmalen erkennen: a) „ A n dem kontrollierenden Charakter (Kontrolle, Revision, Prüfung) der Kostenarten i n bezug auf Organisations- und Kostenträger. b) A n ihrem Wertminderungs- bzw. Erhaltungsausgleich und Aufbauförderungscharakter hinsichtlich der Organisationsträger als Ertragsquelle. c) A n ihrem Wirken auf den speziellen Schutz von Organisationsträger und Kostenträger (Transportversicherung durch Dritte). d) A n ihrem Betriebsnotwendigkeitscharakter als Arbeitsvoraussetzung für alle Organisationsträger (Raum, Heizung). Betriebsnotwendig ist das, was strukturnotwendig i s t 1 6 0 . " Die Betriebsstrukturkostenrechnung läßt sich i n folgende Kostengruppen gliedern: 1. Kausale bzw. gebundene Strukturkosten sind solche, die „zwangsläufig entsprechend dem jeweiligen Stand zur Erhaltung des Unternehmens und seiner Strukturträger aufgewandt werden,.. . " 1 6 1 . Es handelt sich jedoch auch hier u m Schutz- und Sicherungskosten für

157

Schnutenhaus, O. R. : Neue G r u n d l a g e n . . . , S. 90. Schnutenhaus, O. R.: Neue G r u n d l a g e n . . . , S. 90. 159 Schnutenhaus, O. R.: Neue G r u n d l a g e n . . . , S. 20. 160 Schnutenhaus, O. R. : Neue G r u n d l a g e n . . . , S. 65. 161 Meyer, C. W.: „Möglichkeiten der Strukturkostenrechnung." f. d. gesamte Rechnungswesen, 12. Jg. (1966), Heft 12, S. 302. 158

Zeitschr.

. Die finale Betrachtung der fixen Kosten bzw. der Leerkosten

125

die schaffende Tätigkeit, das heißt die Absicherung der Funktionen der Organisationseinzelträger und -gemeinschaftsträger. Die kausalen Strukturkosten sind kurz- bzw. langfristig über geplante Absatzmengen an das Unternehmen gebunden und werden somit entsprechend der Dauerhaftigkeit ihrer Zweckbindung an das Unternehmen in: a) kausale kurzfristige Strukturkosten und b) kausale langfristige Strukturkosten unterteilt. Z u a): Die kausalen kurzfristigen Strukturkosten werden zur Erhaltung von Unternehmen und Strukturträgern über mehr oder weniger kurze Zeiträume hinweg aufgewandt. Sie haben i m Gegensatz zu den kausalen langfristigen Strukturkosten eine unmittelbare Beziehung zur Produkterstellung und gehen somit auf die i m Unternehmen angewandten Verfahrensweisen zurück. Kurzfristige Strukturkosten sind solche aus: „1. Leistungsabhängiger Werterhaltung; 2. Leistungsabhängigem Verbrauch für die Struktur; 3. Unterhalt von Betriebspersonen m i t Ausführungs- und Nebenfunktionen (sofern nicht Erzeugnisbestehenskosten) 162 ." Somit zählen zu den kausalen kurzfristigen Strukturkosten ζ. B. planmäßige Instandhaltungsarbeiten an Maschinen i n Abhängigkeit von den Maschinenlauf stunden; weiterhin Abschreibungen für Gebrauchsverschleiß der Maschinen (vgl. hier die Nutzkosten i m Sinne Gutenbergs!). Aber nicht allein die Nutzkosten Gutenbergs, d. h. also der leistungsabhängige Maschinenverschleiß, zählen hierzu, sondern auch der leistungsabhängige Verbrauch aller übrigen Strukturträger, wie ζ. B. der leistungsbedingte „Strukturverschleiß" der objektbezogenen Arbeit ( = Produktionsfaktor nach Gutenberg), wobei w i r hier an Kosten für den Unterhalt von Betriebspersonen m i t Ausführungs- und Nebenfunktionen denken, sofern es sich hierbei nicht u m reine Erzeugnisbestehenskosten handelt. Der Strukturverschleiß muß während der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer geschätzt werden, wobei man sich auf die Erfahrungen der Wertminderung stützt. Z u b): Kausale langfristige Strukturkosten sind Abschreibungen für technisch-wirtschaftlichen Verschleiß und Selbstverschleiß. Es handelt sich hierbei ζ. B. u m Kosten, die keinen leistungsabhängi162 Schnutenhaus, O. R. : „Die praktische Anwendung der Betriebsstrukturoder institutionellen Kostenrechnung." Zeitschrift: Kostenrechnungspraxis, Wiesbaden, 2. A p r i l 1965, Heft Nr. 2, S. 56.

126

. Kap.: Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

gen Verbrauch darstellen, also i n der Terminologie der traditionellen Kostentheorie beschäftigungsunabhängige Kosten sind (Leerkosten). Weiterhin gehen kausale langfristige Strukturkosten „insbesondere auf die Rechtsform, das Programm sowie auf das Führungs- und Organisationssystem des Unternehmens zurück,.. . " 1 6 3 , I m Prinzip handelt es sich hier u m Schutz-, Sicherungs- und Erhaltungskosten „für das bereits Erworbene und noch zu Erwerbende" 1 6 4 . Ursache und Zweck der langfristigen Strukturkosten bzw. institutionellen Kosten liegt i n Schutz, Sicherung und Erhaltung von Strukturträgern oder Strukturgemeinschaftsträgern. Auch gehören zu den langfristigen kausalen Betriebsstrukturkosten solche Kosten, welche z. B. bei Gutenberg i m Rahmen absatzpolitischer Anpassungsmaßnahmen anfallen und die w i r i m Zusammenhang m i t der Erläuterung der Kostendeterminanten Beschäftigung kurz herausgestellt haben (— siehe unter A. II. 1. b) die absatzpolitischen Anpassungsformen! —). Gedacht ist hierbei jedoch an die besonderen Werbungskosten i n Form der Prestigewerbung und der informativen Werbung. 2. Finale bzw. ungebundene Strukturkosten sind „diejenigen langfristigen Strukturkosten, die aus der Reservestellung oder aus der Sicherung des Ausbaues der Institution, d. h. ihrer Einzelträger und insgesamt, oder ihres Umbaues für weitergesteckte durchaus nicht so stark bindende Ziele und neue Aufgaben i n späteren Planperioden meist ohne verpflichtenden Charakter anfallen" 1 6 5 . Die finalen Strukturkosten beruhen „auf Entscheidungen der Geschäftsleitung, die i m allgemeinen aus deren persönlicher Einstellung entspringen, aber auch durch die spezielle Situation i n der Gesamtwirtschaft und der Branche bedingt sein können" 1 6 6 . Die traditionellen Kostentheoretiker, wobei vor allen Dingen Schmalenbach zu erwähnen ist, wollen i m Rahmen einer Bruttogewinnrechnung i m Gewinnzuschlag routinemäßig finale Kosten bzw. Expansionsaufwendungen i n Form von Rücklagen berücksichtigen, die der Besteuerung unterliegen. „Dem Finanzfiskus dürfen bei richtiger betriebswirtschaftlicher Argumentierung nur solche Gewinne zur Versteuerung (Einkommensbesteuerung) zur Verfügung stehen, bei denen die Entwicklungspläne der Unternehmungen als reine Zu163 Meyer, C. W.: „Möglichkeiten der Strukturkostenrechnung." Zeitschr. f. d. gesamte Rechnungswesen, Dez. 1966, 12. Jg., Heft 12, S. 304. 164 Schnutenhaus, O. R.: Neue G r u n d l a g e n . . . , S. 32/33. 165 Schnutenhaus, O. R.: „Die praktische Anwendung der Betriebsstrukturoder institutionellen Kostenrechnung." Zeitschrift: Kostenrechnungspraxis, Wiesbaden, A p r i l 1965, Heft Nr. 2, S. 55. 166 Meyer, C . W . : Möglichkeiten d e r . . . , S. 304.

Β. Die finale Betrachtung der fixen Kosten bzw. der Leerkosten

127

kunftsmusik gelten können, d. h. sich i n einem Schätzungsgebiet bewegen, das über zwei Jahre hinausgeht 1 6 7 ." I I . Das Wesen der Erzeugnisbestehenskosten Wie bereits erwähnt, sind die Erzeugnisbestehenskosten m i t den proportionalen bzw. variablen Kosten der traditionellen kausalen Kostentheorie zu vergleichen. Sie werden, wie dies auf Seite 119 und 120 erwähnt wurde, zunächst aufgrund der Unterscheidung zwischen Erzeugnisbestehen und Betriebsbestehen mittels Anwendung des Schnutenhausschen Gliederungsschemas ermittelt. Abgesehen von den so ermittelten Erzeugnisbestehenskosten ( = proportionale Kosten), die direkt dem Produkt zugeteilt werden, wie ζ. B. Werkstoffe, Hilfsstoffe usw. und Unterhalt für Betriebspersonen m i t Ausführungs- und Nebenfunktionen, sofern es sich hierbei nicht u m Betriebsbestehenskosten handelt, haben w i r noch solche i m Sinne von funktionalen Kosten, die aus der Funktion der Schöpfungsträger fließen. Diese funktionalen Kosten nehmen i m Verlauf der Tätigkeit der Organisationsträger „immer mehr Tätigkeitskosten als Nicht-Strukturkosten" auf, „so daß innerhalb der Gesamtkosten die Schutz- und Sicherungskosten (— vgl. Leerkosten i m Sinne der subjektiv-induktiven Fixkostentheoretiker — vom Verfasser eingefügt —) verhältnismäßig abnehmen, und zwar entsprechend der Steigerung der Beschäftigung von Grad zu G r a d " 1 6 8 . Hier ist der Vergleich m i t den Gutenbergschen fixen Kosten zu ziehen, wobei m i t steigender Beschäftigung immer mehr Nutzkosten, die i m Gegensatz zu Schnutenhaus nur die funktionalen Kosten des Schöpfungsträgers Betriebsmittel bzw. mechanische Arbeitsmittel umfassen, i n proportionale Produktkosten übergehen, so daß innerhalb der Gesamtkosten die Leerkosten verhältnismäßig abnehmen. Die Bezeichnung: ,Erzeugnisbestehenskosten' stellt einen Sammelbegriff dar, der i m Gegensatz zu den Betriebsstrukturkosten steht. Ebenso wie die Betriebsstruktur w i r d auch der Erzeugnisbestehensbereich als Bezugsbasis für die Gesamtkostenermittlung analysiert. Man könnte das Erzeugnis als ein selbständiges „organisches Gebilde" ansehen, das seine eigenen Gesetze i n sich trägt. Dieses „Gebilde" erhält sozusagen seine Aufbaustoffe einmal von der „Außenwelt der Unternehmung" i n Form von Werkstoffen, Hilfsstoffen usw., das andere M a l aus der „Innenwelt der Unternehmung" i n Form von „Zuleistungen, die als Abspaltprodukte aus der Struktur des Unter167 Schnutenhaus, O. R.: „Die institutionelle Kostenrechnung." Zeitschrift: Kostenrechnungspraxis, Wiesbaden, Dez. 1964, Heft Nr. 6, S. 247. 168 Schnutenhaus, O. R.: Neue Grundlagen . . . , S. 58.

128

ί . Kap. : Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

nehmens durch Verschleiß und Verwendung aller strukturellen Faktoren allmählich — i n das Produkt (vom Verfasser eingefügt) — einmünden" 1 6 9 . „Die Erzeugnisbestehenskosten werden i n der Literatur auch Beschäftigungskosten, Warengestaltungskosten oder häufig auch Mengenkosten genannt 1 7 0 ." Die Bezeichnung: Beschäftigungskosten stellt Schnutenhaus nicht zufrieden, da hier mehr auf die bloße Tätigkeit der Funktionsträger gesehen wird, statt auf eine effektive, i n Markterlöse umwandelbare Leistung. Den Begriff: „Warenkosten" hat Schnutenhaus deshalb nicht gewählt, weil er den ganzen Werdegang des Erzeugnisses von der Erstellung bis zum Absatz bei der Erfassung der Erzeugnisbestehenskosten berücksichtigen w i l l . Bei den Erzeugnisbestehenskosten handelt es sich i m Gegensatz zu den Warenkosten nicht „ u m die substantielle Gestaltung der Ware allein, sondern wie bei den Organisationsträgern i m Betriebe u m den Herstellungsgang und Vertriebsgang der Ware bis zum Verbraucher" 1 7 1 . „Die Mengenkosten scheinen Schnutenhaus kein umfassender und völlig eindeutiger Begriff zu sein, da man bei bestimmten Unternehmungen — ζ. B. Brückenbau — nicht von hergestellten Mengen sprechen könne 1 7 2 . Den Begriff proportionale Kosten w i l l er auch nicht »obgleich die Ergebnisse i n der Regel weitgehend identisch sind 4 , denn ein ganz anderer Gedankengang beherrscht seine Kosteneinteilung, i n der es nicht vorwiegend auf eine Einteilung begrifflicher A r t der einzelnen Bewegungen eines Gesamtkostenverlaufes ankommt 1 7 3 ." 169 Schnutenhaus, O. R.: Neue Grundlagen . . . , S. 76. Vgl. hier auch Schnutenhaus, O. R.: „Betriebsstrukturkostenrechnung u n d Preispolitik." Zeitschrift: Der Wirtschaftsprüfer 1948, Nr. 7, S. 198 ff. „Da die Betriebsstruktur als Schöpferin der Leistung n u r dieser gegenübersteht, k a n n aus der Betriebsstruktur heraus n u r der A k t der Leistung f ü r die Erfassung der Kosten der Betriebsleistung von Bedeutung sein, m. a. W., der reine Arbeitsverschleiß der technischen Aggregate i n F o r m richtiger Abschreibungssätze, die n u r leistungsbedingt sind u n d der reine Arbeitsverschleiß des Raumes durch Leistungsinanspruchnahme. A l l e diese Verschleißkosten durch Arbeit wandern i n die Kategorie der Nicht-Betriebsstrukturkosten, die besser als Erzeugnisbestehenskosten bezeichnet werden. Denn gerade sie garantieren für dias Bestehen des Erzeugnisses oder der Leistung i m M a r k t . " 170 Böhmer, E.: Industriebetriebliche Kostenkurven und ihre Bedeutung für die Preispolitik, Diss. Mainz 1552, S. 50. 171 Schnutenhaus, O. R. : Neue G r u n d l a g e n . . . , S. 35. 172 Schnutenhaus, O. R. : Neue Grundlagen . . . , S. 35. 173 Böhmer, E.: Industriebetriebliche Kostenkurven und ihre Bedeutung für die Preispolitik, Diss. Mainz 1952, S. 50. Vgl. auch Schnutenhaus, O. R.: Neue G r u n d l a g e n . . . , S. 95. Schnutenhaus, O. R.: „ Z u r A u s w i r k u n g der fixen Kosten i n der betriebswirtschaftlichen Praxis." Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung u n d Praxis, 5. Jg. 1953, Heft 1, S. 17.

Β . Die finale Betrachtung der fixen Kosten bzw. der Leerkosten

129

Schnutenhaus hält den Begriff: „Erzeugnisbestehenskosten" am zweckmäßigsten. Es handelt sich hier u m einen Begriff des Staatssekretärs Reinhardt für Finanzen aus der Zeit von 1933 bis 1944. „Wenn man von Erzeugnisbestehenskosten spricht, hat man immer die Leistungen i m Auge, die sich i m Erzeugnis i m Zustand einer bestimmten Gebrauchs- und Marktreife widerspiegeln 1 7 4 ." Der Begriff: „Erzeugnisbestehenskosten" soll zum Ausdruck bringen, daß das Erzeugnis auf dem Wege bis zum Gebrauch verschiedene Entwicklungsstadien seines Eigenlebens durchmacht, „zu dessen Erhaltung Bedingungen und Umstände notwendig sind, die es rechtfertigen, ebenso wie beim Betrieb, von einer Bestehenslage zu sprechen" 175 . Schnutenhaus nimmt stehenskosten vor:

folgende

Aufgliederung

der

Erzeugnisbe-

„1. Material- oder Werkstoff kosten, Hilfsstoffe a) reine Substanzkosten b) Schutz- und Sicherungskosten der Substanz, ζ. B. Feuerversicherungskosten 2. Gestaltungskosten, ζ. B. Löhne, Gehälter a) reine Behandlungskosten b) Schutz- und Sicherungskosten der Gestaltung, ζ. B. Patentkosten 3. Verwaltungskosten a) direkte Verwaltungskosten, ζ. B. Ausgaben der Geschäftsleitung i m Brancheninteresse b) Schutz- und Sicherungskosten der Verwaltung, die nicht die Organisationsträger betreffen, ζ. B. Prozeßkosten 4. Vertriebskosten a) direkte Verkaufs-, Lager- und Reklamekosten, z.B. Vertriebsprovision, Werbeprospekte b) Schutz- und Sicherungskosten für Leistungen oder Waren, die nicht die Organisationsträger betreffen, ζ. B. die Transportversicherung 1 7 6 ." Die unter 1. und 2. genannten Kosten sind „Erzeugniskernkosten". Die Kosten, die unter den Ziffern 3. und 4. genannt sind, werden als „Erzeugnismantelkosten" bezeichnet. Substanzkosten sowie Löhne und Gehälter gehen i n den Erzeugniskern ein. Die Erzeugnismantelkosten i n Form von Verwaltungs-, Verkaufs- und Lagerkosten einschließlich 174 175 176

9

Kurz

Schnutenhaus, O. R.: Neue G r u n d l a g e n . . . , S. 36. Schnutenhaus, O. R.: Neue G r u n d l a g e n . . . , S. 35. Schnutenhaus, O. R.: Neue G r u n d l a g e n . . . , S. 88/89.

130

. Kap.: Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

sämtlicher Schutz- und Sicherungskosten des Erzeugnisbestehens sind kurzfristige, evtl. auch langfristige Betriebsstrukturkosten 1 7 7 , die i n Verbindung m i t den Erzeugniskernkosten i n den Markterlösen wieder zum Zwecke der Sicherung des Betriebsbestehens und der Beschäftigung hereingeholt werden müssen. A n den Erzeugnisbestehenskosten ist ersichtlich, daß nach der substanzmäßigen Erstellung eines Produktes i n Form von Material-, Lohn- und Gehaltskosten, d.h. nach dem Anfall der reinen beschäftigungsabhängigen Kosten, noch weitere Produktkosten bis zur effektiven Erlöserzielung auf dem M a r k t bzw. bis zum Zeitpunkt des Energierückflusses i n den Betrieb anfallen. I I I . Zusammenfassende Würdigung der Schnutenhausschen Kostentheorie Der wesentliche Verbesserungsfortschritt der Schnutenhausschen Kostentheorie gegenüber der traditionellen liegt i n der Erkenntnis, daß eine genaue Analyse der beiden Kostenbereiche — Institution und Erzeugnis — erfolgen muß. Es müssen diese Bereiche betrieblicher Kostenentwicklungen analytisch voneinander getrennt werden, bevor man sie i n ihrer logischen Interdependenz verbindet. Nur dadurch ist der Unternehmensführung die Möglichkeit gegeben, „Entscheidungen über ihre Gewinnpolitik und Investitionspolitik m i t dem größten Grad von berechenbarer Exaktheit zu fällen. Wenn man w i r k l i c h keine genaue Kenntnis der Kosten hat, die de facto zur Institution oder deren Zubehör gehören, ist es unmöglich für die Führung, Investitionsentscheidungen zu treffen, deren Rentabilität sich m i t dem höchsten Grad von Wahrscheinlichkeit realisieren l ä ß t 1 7 8 . " Das Problem des strukturellen Zuwachses ist nicht wie z. B. bei Schmalenbach und Lehmann mechanistisch lösbar, sondern hier spielt die dispositive und planerische Tätigkeit des Unternehmers m i t hinein. A n die Stelle der kausal-mechanistischen Lösung des Problems des strukturellen Zuwachses der schaffenden Faktoren, was i n Wirklichkeit bedeutet, daß dieses Problem zum praktischen Nutzen der Betriebswirtschaftslehre gar nicht gelöst wurde, t r i t t i m Sinne von Schnutenhaus die final-organische Lösung m i t ihrer Bindung an ursächliche Beziehungen. Was für das Weltgeschehen zutrifft, gilt auch für den betrieblichen Kostenprozeß, der innerhalb gewisser Grenzen berechenbar ist und von dem Bewußtsein gelenkt werden kann, das sich Zwecke und Ziele setzt. 177

Vgl. Schnutenhaus, O. R.: Neue G r u n d l a g e n . . . , S. 89. Schnutenhaus, O. R.: „Die institutionelle Kostenrechnung." Zeitschrift: Kostenrechnungspraxis, Wiesbaden, Dez. 1964, Heft Nr. 6, S. 247. 178

Β . Die finale Betrachtung der fixen Kosten bzw. der Leerkosten

131

Die Lösung des Faktorenkostenproblems i m Sinne der Schnutenhausschen Betriebsstrukturkostenrechnung führt gleichzeitig auch i m Vergleich zu der traditionellen Kostentheorie zu einer Verbesserung der Produktkostenlehre, der w i r uns i m 2. Kapitel unter B. näher zuwenden wollen. Während die mechanistisch-deduktiven Kostentheoretiker i n erster Linie ihre Aufgabe darin sahen, die fixen Kosten als Restgrößen zu ermitteln, ohne darüber nachzudenken, wie die Höhe der beschäftigungsunabhängigen Kosten einschließlich der Betriebsbereitschaftskosten i m Sinne von Stillstandskosten gesteuert werden kann, entdeckte die subjektiv-induktive Gruppe der Kostentheoretiker bereits schon die Bedeutung des dispositiven Einflusses auf den Umfang der fixen Kosten bzw. Leerkosten. Sie sah, daß die fixen Kosten von den Unternehmerentscheidungen abhingen. Jedoch erkannte sie nicht, wie sich die Leerkosten i m finalen Bereich der Wirkzusammenhänge, d. h. i m organischen Existenzablauf der Betriebsstruktur, i m einzelnen konstituieren. „Die Betriebsstruktur sieht und erkennt den Betrieb i n seinem organisatorischen Aufbau, d. h. i n seinen Organisationsträgern, die etwas zu leisten haben 1 7 9 ." „Das entscheidende K r i t e r i u m der organisatorischen Betrachtung ist nämlich die Erhaltung der Organisationsträger i n ihrer Wirkfähigkeit, die Erhaltung ihres Zusammenhangs und damit des Ablaufs ihrer Leistungen durch Schutz und Sicherung. Die A r t der zielstrebigen Verknüpfung der einzelnen Glieder und Vorgänge ist also das tragende Prinzip für die Erkennbarkeit der Struktur. Ohne diesen jSicherungs'gürtel der Organisation würde jeder Strukturträger den negativen Einflüssen der Auflösung ausgesetzt sein 1 8 0 ." Somit liegt also die besondere Bedeutung der Betriebsstrukturkostenrechnung darin, daß man die einzelnen Produktionsfaktoren der traditionellen Kostentheoretiker als Organisationsträger betrachtet und somit nicht als isolierte Faktoren. Die schaffenden Faktoren eines Betriebes sieht man i n ihrem organisatorischen, störungsfreien und übersichtsmaximalen Wirkzusammenhang. Das Verhältnis von Mensch zur Maschine (Arbeitswissenschaft), von Mensch zu Mensch (Betriebssoziologie), von vor- und nachgeschalteter Arbeit sowie die Fragen zur Sicherung des Wirkzusammenhangs der Organisationsträger; all dies kennzeichnet die schaffenden Faktoren i m Sinne der institutionellen Kostenrechnung als zusammenhängende organische Bestandteile des betriebsstrukturellen Gesamtgebildes. So w i r d z.B. der Organisationseinzelträger: ,Person 4 nicht nur isoliert von anderen Personen hinsichtlich seiner psychologischen Eigenschaften betrachtet, 1791 Schnutenhaus, O. R. : „Betriebsstrukturkostenrechnung u n d Preispolitik." Der Wirtschaftsprüfer 1948, Nr. 7, S. 198 ff. 180 Ebenda.

9*

132

. Kap. : Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

indem man seine Abweichung von der ökonomischen Vernunft, die eine Prämisse des klassischen Rationalschemas der Grenzproduktivitätstheorie und der freien Konkurrenz ist, bei der Ermittlung betrieblicher Kostenentwicklungen berücksichtigt, sondern das einzelne W i r t schaftssubjekt w i r d auch hinsichtlich seiner Beziehung zu den Menschen seiner betrieblichen Umwelt und zu den wirtschaftlichen Sacheinrichtungen des Betriebes betrachtet. 'Die Anwendung spezifischer Sicherungsmittel für einen störungsfreien, übersichtsmaximalen W i r k zusammenhang ruft die eigentlichen „festen" Kosten i m Sinne der Betriebsstrukturkostenrechnung hervor. Die Betriebsstrukturkostenrechnung gibt dem Unternehmer ein klares investitionspolitisches Instrumentarium i n die Hand. Hierdurch w i r d die Grundlage für eine Kosten- und Gewinnpolitik geschaffen, die den Bedürfnissen des Marktes und der Betriebsstruktur gleichermaßen Rechnung trägt. Dadurch, daß i n der Betriebsstrukturkostenrechnung die institutionellen Kosten der Organisationseinzelträger und der Firma als Gesamtträger analytisch erfaßt werden, geben sie dem Unternehmer eine klare Konzeption i m Rahmen seiner investitionspolitischen Entscheidungen, die i n Form von Kostenerlösen ihre Marktanerkennung finden müssen. Die allein marktbezogenen dispositiven Kostenentscheidungen, welche bei Schneider das wesentliche K r i t e r i u m seiner Kostentheorie sind, haben auch bei Schnutenhaus eine wichtige Bedeutung. Jedoch strebt Schneider nur die Marktanerkennung der „notwendigen Kosten" an und vernachlässigt dabei die Notwendigkeit der Marktanerkennung der „Leerkosten", die i n Wirklichkeit „Schutzund Sicherungskosten" des Betriebsbestehens und z. T. des Erzeugnisbestehens sind. Somit erfaßt Schnutenhaus nicht allein die subjektiven Kosten des Marktes ( = notwendige Kosten i m Sinne von Schneider), sondern die objektiven Kosten der Produktion, die auf marktstrukturanalytische Erkenntnisse abgestimmt sind. I m Gegensatz zu Schneider berücksichtigen die übrigen kausalen Kostentheoretiker vielfach nicht genügend i m Rahmen ihrer Kapazitätsplanungen die Aufnahmekapazität des Marktes und versuchen i n Kartellzusammenschlüssen den freien Markt zu beseitigen, indem sie sich über die echte Bedarfsstruktur hinwegsetzen; eine Tatsache, die z. B. Schmalenbach i n seiner „Wiener Rede" i m Jahre 1928 dazu verleitete, das Ende der freien Wirtschaft zu prophezeien, worauf w i r bereits i n der Einleitung hingewiesen haben. Diese Kartellzusammenschlüsse werden für die Unternehmer u m so notwendiger, je mehr sie ihre Investitionsentscheidungen i m Rahmen von Wirtschaftlichkeitsrechnungen auf eine Kosten- und Ertragsrechnung abstellen, die mehr auf die bloße Tätigkeit bzw. Beschäftigung der Funk-

Β. Die finale Betrachtung der fixen Kosten bzw. der Leerkosten

133

tionsträger sieht, statt auf effektive, in Markterlöse umwandelbare Leistungen. Dieses Problem hängt m i t der Frage der Ermittlung der optimalen Beschäftigung 1 8 1 bzw. der optimalen Kapazität zusammen. Betriebsstrukturkosten entstehen nicht wie die traditionell-kausalen Kosten in einem vom Markt isolierten Produktionsprozeß. Zum Zwecke der Kompensation der produktionsbedingten Energieverluste einschließlich der Realisierung des Schutzes, der Sicherung und Erhaltung der Organisationsträger i m dynamischen Wachstumsprozeß darf der Betrieb nicht am Werktor aufhören, sondern er muß hinaus auf den Markt, der seine besonderen Wertgesetze hat. A n der Bewertung der Strukturträger i m Markte muß sich der Unternehmer vorrangig orientieren, wenn er nicht isoliert vom volkswirtschaftlichen Produktionsprozeß zugrunde gehen w i l l . Nur eine ständige Beobachtung der Betriebsstrukturkosten und der damit verbundenen i n Erlöse umzuwandelnden Produktkosten, zu denen die Erzeugnisbestehenskosten i m Sinne von direkt zurechenbaren Kosten und die Gemeinkosten ( = auf das Produkt verrechnete Betriebsstrukturkosten) zählen, kann zu den Gleichgewichtspreisen auf dem Markt führen, welche eine optimale Versorgung der Volkswirtschaft gewährleisten. Die Ermittlung der einzelnen betriebsstrukturell gebundenen Kosten erfolgt nicht auf mechanistisch-mathematischem Wege, wie das bei Gutenberg mit Hilfe der Verbrauchs- und Produktionskoeffizienten erfolgt, sondern ist Ausfluß der Unternehmerentscheidungen, welche sich an den betriebs- und marktstrukturellen Bedürfnissen bzw. an den Bedürfnissen der Struktur der Unternehmungsorganisation in ihrem dauernden Wechsel im Hinblick auf das geistige oder materielle Arbeitsprodukt orientieren. Der Unternehmer muß bei der dispositiven Beeinflussung der Gesamtkostenentwicklung sich nicht nur wie bei Schneider an den Nachfragebedürfnissen i m Rahmen seiner Anpassungsmaßnahmen orientieren, sondern auch sekundär an den Bedürfnissen der Betriebsstruktur. „ W i r können nicht einfach den Denkraum des Betriebes als Herstellungsstätte verlassen und auf jede beliebige Weise Kundenwünsche erfüllen, denn der Marktbereich ist kein aus sich selbst heraus automatisch betriebssystemerzeugender Faktor, sondern nur ein systemanregender Faktor. Er drängt sich nämlich sachlogisch nicht einer gefügten Betriebsstruktur mechanisch auf, kann von dieser nicht unbesehen übernommen oder angeschlossen werden, sondern folgt seinen eigenen rationalen und irrationalen Ge181 y g i hier die Untersuchungen des Maßstabes Beschäftigung: Tibi, E.: Kostenentwicklung u n d Preispolitik, B e r l i n 1937, S. 12 ff. Henzel, F.: „Der Beschäftigungsgrad." Zeitschrift für Betriebswirtschaft 1928, S. 678. Derselbe: Kosten u n d Leistung. 3., unveränderte Aufl. der ,Kostenanalyse', Stuttgart 1957, S. 178.

134

. Kap.: Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

Setzmäßigkeiten und muß stückweise i m Fangspiel erobert werden 1 8 2 ." Die betriebsstrukturellen Bedürfnisse können somit nicht allein von den Nachfragebedürfnissen des Marktes her erklärt werden, sondern erwachsen aus ihrem teilweise selbständig funktionierenden Organismus. Trotzdem sind die Betriebsstrukturkosten, welche auf das einzelne Produkt verrechnet werden und somit betriebs- bzw. strukturnotwendig investierte Energien i n den betrieblichen Leistungen darstellen, zusammen m i t den übrigen Erzeugnisbestehenskosten i m Sinne von proportionalen Kosten „Maß und gleichzeitig Steuerungsmittel für den Rückfluß" 1 8 3 . Die Strukturkosten können nicht wie bei der kausalen Kostentheorie i n einer mechanistischen Abhängigkeit von der Beschäftigung ermittelt werden, gleichgültig, ob diese Beschäftigung nur auf die Aufnahmekapazität des Marktes (Schneider) oder auf die augenblickliche falsch investierte Produktionskapazität des Betriebes (Schmalenbach) abgestimmt ist. Die Schnutenhausschen Betriebsstrukturkosten finden ihre Erklärung aus dem inneren Aufbau des lebenden Gebildes: Betriebsstruktur, die auf die marktlichen Abnehmer und Kunden hinsichtlich ihrer Leistungen i n vertrieblicher Logik zugeschnitten ist. Je mehr die Mechanisierung und Automatisierung der Betriebe voranschreitet, desto weniger ist es möglich, die Kosten der Betriebsstruktur von den Beschäftigungskosten her abzuleiten. Die Wartungskosten der maschinellen Anlagen richten sich nicht danach, wie groß die Nachfrage nach den erstellten Produkten ist. Hier treten selbständige betriebsstrukturelle Kosten auf, die sich nur von den Bedürfnissen der Betriebsstruktur her erklären lassen, nicht dagegen von der nachfragebedingten Beschäftigung. Große Bedeutung haben die Schnutenhausschen langfristigen finalen Betriebsstrukturkosten für einen Preisbildungsprozeß auf dem Markt, wobei ein vernünftiges organisches Wachstum der Unternehmung gewährleistet wird. „ Z w a r haben sich Betriebswirte i n der Literatur schon m i t Wachstumsfragen (Gutenberg) oder Kapazitätsproblemen (Mellerowicz) befaßt, aber die Betriebsgröße ist etwas anderes, nämlich eine realisierte Umsatzgröße, die Verkörperung einer bestimmten Beschäftigungsstufe m i t all ihren differenzierten Ursachen und W i r kungserscheinungen, über deren minimale, optimale oder maximale Kombinationen hier nichts ausgesagt werden soll 1 8 4 ." Während eine i m Sinne der traditionellen Kostentheoretiker gesteuerte mikroökonomi182 Schnutenhaus, O. R. : Absatzpolitik und Unternehmungsführung, Freiburg i. Br. 1961, S. 41. 183 Schnutenhaus, O. R.: „Die institutionelle Kostenrechnung." Zeitschrift: Kostenrechnungspraxis, Wiesbaden 1964, Heft Nr. 5, S. 200.

Β . Die finale Betrachtung der fixen Kosten bzw. der Leerkosten

135

sehe Konkurrenzwirtschaft innerhalb eines einzelnen Betriebes entsprechend dem ökonomischen Prinzip (vgl. die Schmalenbachsche Betriebswertrechnung i m 2. Kapitel unter a) nicht ein vernünftiges Wachstum der Unternehmung aufgrund spekulativer Gewinnzuschläge gewährleistet, wird dieser Nachteil bei Anwendung der institutionellen Kostenrechnung aufgrund der Ermittlung der langfristigen finalen Betriebsstrukturkosten beseitigt. Die Durchführung einer expansiven Unternehmenspolitik erfolgt bei den traditionellen Kostentheoretikern durch ein komplexes Gewinnstreben, wobei man sich nicht über die betriebsstrukturellen Zweckbestimmungen der verschiedenen Gewinngrößen i m klaren ist. I n diesem Sinne schreibt Mellerowicz: „Neben der Kostendeckung muß der Ertrag zugleich die Sicherung des Dauerbestandes des Betriebes ermöglichen: durch Rücklagen und Rückstellungen. Der Ertrag muß dem Betriebe auch das Wachstum sichern, denn was organisch ist, muß wachsen. Stillstand ist Rückschritt, vor allem i m Betriebe 1 5 5 ." Während bei Mellerowicz die Sicherungs- und Wachstumskosten global in der Gewinn- und Verlustrechnung ermittelt werden, erfaßt Schnutenhaus diese auf struktur- und marktanalytischer Basis bereits schon in der Kostenrechnung in Form von langfristigen kausalen und finalen Betriebsstrukturkosten. Hieran ist der bedeutsame Vorzug der institutionellen Kostenrechnung gegenüber der traditionellen Kostenrechnung ersichtlich. Die traditionelle Kostenrechnung vernachlässigt nicht allein eine durch exakte Unternehmensplanung fundierte Ermittlung der organischen Wachstumskosten, sondern auch die Erfassung der Kosten zum Zwecke der Erhaltung und der Sicherung der Betriebsstruktur bzw. der Produktivkraft eines Betriebes. Somit läßt sich aus den Ergebnissen der traditionellen Kostenrechnung nicht einmal die Frage der Erhaltung der betrieblichen Produktivkraft beantworten. Es lassen sich nur „aus der kontinuierlichen Erfolgsrechnung Erkenntnisse darüber gewinnen, ob die Unternehmung bzw. der Betrieb die Substanz erhalten konnte und daher die gestellten Aufgaben auch i n Zukunft zu erfüllen vermag" 1 8 6 . Die Gefahr einer mangelnden Substanzerhaltung der Betriebsstruktur und des Verlustes betriebsindividueller Absatzchancen auf dem Markt bei der Ermittlung von Verkaufspreisen auf der Basis der w i r t schaftlichen Kosten, welche aus einem nach dem ökonomischen Prinzip ausgerichteten Produktionsprozeß innerhalb eines Betriebes resultieren, sah auch bereits schon F. Schmidt. Jedoch sah er die Ursache für 184

Schnutenhaus, O. R.: „Preisanpassung an die Kosten oder Kostenanpassung an die Preise?" I n der Zeitschrift: Der Markenartikel. Hrsg. Dr. H. Lutz, 10. Heft, Okt. 1956, 18. Jg., S. 539. 185 Mellerowicz, K . : Allgemeine Betriebswirtschaftslehre. Sammlung Göschen, 2. Bd., B e r l i n 1952, S. 13. 186 Reinen, E.: Betriebswirtschaftliche Kostenlehre, S. 68.

136

. Kap.: Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

eine falsche Produktkostenermittlung i n der Aneutralität des Geldes. Bei der Beschaffung von betriebsnotwendigen Gütern w i r d Geld ausgegeben, oder es erfolgt i m Falle einer Kreditierung eine bloße zwangsläufige Verpflichtung hierzu. Fixe Kosten entstehen dadurch, daß die Produktionsfaktoren „durch einmalige oder periodische Zahlung, oft gemäß langfristigen Verträgen erworben werden", wobei „deren Gesamtbetrag von der während ihrer Wirksamkeit erzeugten Produktionsmenge unabhängig i s t " 1 8 7 . Schmalenbach sah i n der Bewertung der Produktionsfaktoren zum Anschaffungspreis keine Gefahr für einen betrieblichen Substanz- und Marktverlust, weil er den Produktionsprozeß rein güterwirtschaftlich i m mikroökonomischen Bereich des intramarginalen Betriebes und des marktpreisbestimmenden Grenzbetriebes betrachtete. Die Konkurrenzpreisbildung innerhalb des Betriebes i m Sinne Schmalenbachs werden w i r noch später i m 2. Kapitel unter a) näher betrachten. Danach können die Kosten eines einzelnen intramarginalen Betriebes, also weder die Anschaffungskosten noch die Wiederbeschaffungskosten (— siehe hier die totalen Durchschnittskosten Kg i n Abb. 5 —), niemals über dem Konkurrenzpreis P' liegen, der lediglich die Kosten des Grenzbetriebes i n der freien Konkurrenz abdeckt. Ein Betrieb, der m i t seinen Kosten über dem marktpreisbestimmenden Grenzbetrieb liegt, scheidet infolge der Markträumungsfunktion des Konkurrenzpreises sowieso aus dem Wettbewerb aus, weil er vom Standpunkt der optimalen Befriedigung der Nachfragebedürfnisse seine Existenzberechtigung verloren hat. Diese Tatsache t r i f f t langfristig zu. Kurzfristig können jedoch infolge des monetären Einflusses bestimmte Kostenbestandteile m i t ihren Wiederbeschaffungswerten ( = Tageswerten) z. B. über dem Verkaufspreis P' liegen, was bei einer Bewertung zu den zu niedrigen Anschaffungskosten zu Substanzverlusten führt. Liegen die Wiederbeschaffungskosten infolge der deflatorischen Preissenkungen unter den Anschaffungskosten der Kostengüter, dann entstehen Substanzgewinne. Schmalenbach hat somit i m Sinne von F. Schmidt 1 8 8 übersehen, daß infolge von Inflationen die totalen Stückkosten K g der einzelnen Produkteinheit i m Sinne von Geldausgabekosten ( = Anschaffungskosten) i m Zeitpunkt des Produktverkaufes gestiegen und infolge von Deflationen gefallen sein können. Die hierdurch entstehende Disharmonie zwischen den Produktionsfaktorenwiederbeschaffungskosten des einzelnen Betriebes und den i h m zuwachsenden Rückflußenergien aus dem Markt führt zu Substanzverlusten und Substanzgewinnen. Die Substanzverluste bei inflatorischen Preissteigerungen entstehen i n Form von Scheingewinnen, 187

Käfer, K . : Standardkostenrechnung, Stuttgart 1955, S. 286/287. Siehe hier Schmidt, F.: Die Industriekonjunktur — ein Rechenfehler! B e r l i n 1927. 188

Β . Die finale Betrachtung der fixen Kosten bzw. der Leerkosten

137

was zu einer zu niedrigen betriebsstrukturgefährdenden Preisfestsetzung eines Betriebes m i t einer preisbeeinflussenden Marktstellung führt. Die Substanzgewinne bei deflatorischen Preissenkungen entstehen dagegen i n Form von Scheinverlusten, was zu einer zu hohen marktstrukturgefährdenden betrieblichen Preisfixierung führt. Somit bedingen Scheingewinne und Scheinverluste i n einer Kostenrechnung immer eine falsche betriebliche Preispolitik. Scheingewinne führen zum Verlust betriebsstruktureller Ertragsquellen, und Scheinverluste verursachen den Verlust marktstruktureller Energierückflußquellen. Die scheinbaren Gewinne entstehen dadurch, daß die Faktoreinsatzmengen i m verkauften Produkt ( = Produktkosten) i n Höhe der betrieblichen Geldausgaben zum weiter zurückliegenden Zeitpunkt der Produktionsfaktorenanschaffungen, d. h. also zu den niedrigeren Anschaffungskosten, bewertet werden, nicht aber i n Höhe der höheren Geldausgaben, die der Betrieb aufbringen müßte, wenn er die Faktoreinsatzmengen gleich nach dem Verkauf des einzelnen Produktes wieder neu beschaffen würde ( = Bewertung zu Tageswerten). Der Betrieb bekommt i n diesem Falle nicht die betriebsnotwendigen Aufwendungen i m Rahmen der Produktion beim Verkauf seiner Produkte ersetzt, was zu Substanzverlusten führt. Scheinverluste entstehen dadurch, daß die Faktoreinsatzmengen bzw. die Produktkosten i m Zeitpunkt des Verkaufs aufgrund ihrer Bewertung zu Anschaffungskosten höher bewertet werden als für ihre Wiederbeschaffung i m Verkaufszeitpunkt an Geldausgaben aufgebracht werden müßte. Z u hoch kalkulierte Kosten führen i n einer unvollständigen Konkurrenz auch zu überhöhten Preisen und somit also zu einer Vernachlässigung betriebsindividueller Absatzchancen. Diesen die Betriebssubstanz und den Markt gefährdenden Einfluß sah Schmidt nur von der monetären Seite aus. was nach seiner Meinung zu einer Verfälschung der betrieblichen Kostenrechnung führt. Schnutenhaus erkennt dagegen, daß der substanz- und absatzgefährdende Charakter von der güterwirtschaftlichen, d. h. von der betriebsstrukurellen Seite aus der traditionellen betrieblichen Kostenrechnung immanent ist, und zwar aufgrund der Tatsache, daß es zwei Kostenentstehungsbereiche gibt, die aus sich heraus charakteristische Kosten hervorrufen. Somit stellt Schnutenhaus i m Gegensatz zu F. Schmidt fest, daß nicht die Konjunktur, sondern die Kostenrechnung ein Rechenfehler i s t 1 8 9 . Die Fragen einer monetär bedingten Gleichgewichtsstörung und der damit verbundenen Gefahren der Substanz- und

189

Siehe hier Schnutenhaus, O. R.: „Preisanpassimg an die Kosten odei Kostenanpassung an die Preise?" Aus: Der Markenartikel. Hrsg.: Dr. Lutz 10. Heft, Oktober 1956, 18. Jg., S. 548.

138

. Kap.: Das Wesen der verschiedenen Fixkostentheorien

Marktverluste aufgrund der sich daraus ergebenden Bewertungsprobleme w i l l Schnutenhaus i n seiner institutionellen Kostenrechnung behandelt wissen, w e i l er i m Gegensatz zu der traditionellen Kostentheorie bei der Bewertung der Betriebsstrukturkosten nicht am Werktor haltmacht, sondern, wie bereits erwähnt wurde, hinaus auf den Markt geht, der seine besonderen Wertgesetze hat, wozu auch der monetäre Werteinfluß zählt. Zur Sicherung der Produktivkraft einer Unternehmung i m Rahmen eines betriebsstruktur- und absatzerhaltenden gut funktionierenden Kosten-Erlösstromes strebt Schmidt die Bewertung zu Tagespreisen i n der Kostenrechnung an. Das setzt jedoch voraus, daß auch i n der Erfolgsrechnung eine Bewertung zu Tagespreisen erfolgt, denn i m Falle von Preissteigerungen würde das i n der Kostenrechnung verfolgte Ziel der substantiellen Kapitalerhaltung i n der nominellen Erfolgsrechnung infolge der Gewinnversteuerungen wieder aufgehoben. „Alle ,Scheingewinne' (— die nach Schnutenhaus i n Wirklichkeit Betriebsstrukturkosten darstellen — vom Verfasser eingefügt —), i m Sinne der substantiellen Rechnung, wie sie z. B. F. Schmidt entwickelt hat, werden i n der nominellen Erfolgsrechnung als echte Gewinne behandelt und daher zumindest versteuert. Würde die Bewertung zu Tagespreisen i n der Kostenrechnung aus dem Gedanken der , Substanzerhaltung der Betriebe' abgeleitet, das darin verankerte Postulat aber nicht zugleich auf die Erfolgsrechnung ausgedehnt und auch die Erfolgsrechnung dem Tageswertprinzip unterstellt, so läge darin eine theoretische Inkonsequenz. Folgerichtig fordert daher F. Schmidt die Anwendung des Tageswertprinzips für Erfolgs- und Kostenrechn u n g 1 9 0 . " „ E r gelangt dadurch zu einer Übereinstimmung zwischen dem Gewinnbegriff der Bilanzrechnung und dem der Kostenrechnung 1 9 1 ." F. Schmidt hat jedoch aufgrund seines Verzichts auf eine getrennte Durchführung der Kosten- und Erfolgsrechnung nicht beachtet, daß ein einzelner Betrieb nur über beschränkt beschaffbare Kostengüter verfügt. Diese Tatsache bedingt aber, daß man für den betrieblichen Einsatz dieser Güter i m Produktionsprozeß eine Wirtschaftlichkeitsrechnung, besser jedoch eine Betriebsstrukturkostenrechnung aufstellen muß, u m die ertragbringendste Verwendung bzw. i m Sinne der institutionellen Kostenrechnung die Erhaltung, den Schutz, die Sicherung und das Wachstum der Institution zu gewährleisten, und zwar zum Zwecke einer betriebsstruktur- und bedarfsgerechten Belieferung des gegenwärtigen und zukünftigen betriebsindividuellen Marktes. 190

Heinen, E. : Betriebswirtschaftliche Kostenlehre, S. 69. Vgl. auch: Hax, K . : Substanzerhaltung der Betriebe, Köln/Opladen 1957. 191 Heinen, E.: Handelsbilanzen, Wiesbaden 1962, S. 79.

Β. Die finale Betrachtung der fixen Kosten bzw. der Leerkosten

139

Dies setzt eine entsprechende Bewertung i n der Kostenrechnung voraus. „Die Konkurrenz der Verwendungszwecke, die bisher am Markt durch die Preisbildung ausgetragen wurde, muß i n den Betrieb verlagert werden. Die beschränkt beschaffbaren Kostengüter müssen durch eine entsprechende Bewertung denjenigen Verwendungen zugeführt werden, i n denen sich der größte Nutzen, gemessen am erzielbaren Gewinn, erreichen l ä ß t 1 9 2 . " I m Sinne der Schnutenhausschen institutionellen Kostenrechnung müssen die beschränkt beschaffbaren Kostengüter so bewertet werden, daß gemessen am erzielbaren Gewinn oder besser, daß i n Abstimmung auf die Bedürfnisse des Marktes die betriebsnotwendigen Kosten bzw. Betriebsstrukturkosten planmäßig i m Hinblick auf den geschätzten Energierückfluß den Strukturverwendungszwecken zugeteilt werden, die den größten Nutzen hinsichtlich des Schutzes, der Sicherung und Erhaltung der Betriebsstruktur sowie der betrieblichen Expansion beinhalten. Daß die Untersuchungen von Schnutenhaus hinsichtlich des Fixkostenproblems bedeutsam erscheinen, zeigen auch die Ausführungen von Nowak, der sagt: „Der von Schnutenhaus gewählte Ausgangspunkt sowohl von der Seite der Organisationsträger wie auch von der Seite der Entwicklungsstadien der Unternehmung her erscheint geeignet, das Verständnis für das Wesen und den Umfang der ,fixen' Kosten zu vertiefen 1 9 3 ."

192

Heinen, E.: Betriebswirtschaftliche Kostenlehre, S. 71. Nowak: Buchbesprechung über Schnutenhaus: Neue Grundlagen der .Feste"-Kostenrechnung, i n : Z f h F 1949, S. 237. 193

Zweites Kapitel

Die Verwertungsmöglichkeiten der Fixkostentheorien in der betrieblichen Preispolitik Die Frage nach den Verwertungsmöglichkeiten der Fixkostentheorien i n der betrieblichen Preispolitik stellt i m Prinzip eine tiefer greifende Untersuchung sowohl des Wesens der fixen Kosten i n Form einer Abweichung der Gesamtkostenkurve G vom linear-proportionalen Kostenverlauf Ο—Ρ dar, wobei hier nur die preispolitisch interessanten negativen fixen Kosten i m Sinne Lehmanns interessieren, als auch eine weitergehende Analyse des Wesens der Leerkosten i n Form der Abweichung der Istgesamtkostengeraden α—BO von der betrieblichen Plankostengeraden Ο—BO (— siehe Abb. 1! —). Bei der Untersuchung der preispolitischen Verwertungsmöglichkeit der negativen fixen Kosten wollen w i r die Gesamtkostenkurve G i m Kurvenabschnitt b—BO—c und die Preisgerade Ο—Ρ (—siehe Abb. 1!) auf die Leistungseinheit beziehen. Somit kommen w i r zu der gesamten Stückkostenkurve Kg und der Preisgeraden P' (— siehe Abb. 5 —). Dadurch, daß w i r die negativen fixen Kosten Lehmanns auf die Leistungseinheit beziehen, kommen w i r zu einer exakten Analyse dieser Fixkostenart, wobei es sich i n diesem Falle u m die Frage einer Preispolitik auf Vollkostenbasis handelt. Die Untersuchung der preispolitischen Verwertungsmöglichkeiten der Leerkosten, die i m 1. Kapitel i n Abb. 1 durch die Abweichung der Istgesamtkostengeraden α—BO von der betrieblichen Plankostengeraden Ο—BO charakterisiert worden sind, führt uns zur Grenzkostenbetrachtung, wobei w i r infinitesimal kleine Kostenbeträge auf infinitesimal kleine Leistungsgrößen beziehen. Dadurch kommen w i r zu Kostengeraden, die parallel zur X-Achse verlaufen (— siehe i n Abb. 11 i m 2. Kapitel unter II. die Grenzkostengerade K', die i m 1. Kapitel i n Abb. 1 der betrieblichen Plankostengeraden Ο—BO entspricht —). I m Rahmen einer preistheoretischen Analyse der Leerkosten der subjektiv-induktiven Kostentheoretiker gehen w i r von der Schmalenbachschen Betriebswertrechnung aus und wollen aufzeigen, inwieweit die subjektiv-induktive Kostenbetrachtungsweise zu einer Verbesserung der preispolitischen Verwertungsmöglichkeiten der Schmalenbachschen Leerkosten beiträgt, die i m Rahmen seiner Betriebswertrechnung als positive fixe Kosten bezeichnet werden. Die Schmalenbachsche Be-

2. Kap. : Die Verwertungsmöglichkeiten der Fixkostentheorien

141

triebswertrechnung bzw. die Schmalenbachsche mathematische Kostenauflösungsmethode führt uns zu einer anderen A r t von positiven und negativen fixen Kosten, die nicht m i t den Lehmannschen positiven und negativen fixen Kosten, d. h. also auch nicht m i t den Schmalenbachschen Fixkostendeutungen i m 1. Kapitel verwechselt werden dürfen. Die preispolitischen Verwertungsmöglichkeiten der kausalen Fixkostentheorien gewinnen hinsichtlich der Leerkosten i m Sinne der subjektiv-induktiven Kostenbetrachtung an Bedeutung, je mehr w i r analog zu der Berücksichtigung der verschiedensten Einflüsse auf den gesamten Stückkostenverlauf Kg und den Grenzkostenverlauf K' i m Rahmen der noch zu behandelnden Schmalenbachschen Betriebswertrechnung (— siehe Abb. 5! —) auch einen entsprechenden Modellabbau der freien Konkurrenz vornehmen, welche durch die Preisgerade P' i n Abb. 5 dargestellt ist. Dieser Frage werden w i r uns unter II. zuwenden, wo w i r analog zu der subjektiv-induktiven Kostenbetrachtung ebenso eine mehr der Wirklichkeit angepaßte Preis- bzw. Erlösbetrachtung i m Sinne der Berücksichtigung einer unvollständigen Konkurrenz vornehmen. Dadurch kommen w i r von der Preisgeraden P' i n Abb. 5 zu einer von links nach rechts verlaufenden Preisgeraden P'i (— siehe Abb. 11! —). Während die kausalen Fixkostentheoretiker entweder von einem allzu marktbezogenen und daher die betriebsstrukturellen Faktoren vernachlässigenden Preisbildungsprozeß oder von einer einseitigen, z. B. i m Rahmen von Kartellen marktbeherrschenden Investitionspolitik ausgehen, wie das Schmalenbach i n seiner Wiener Rede hinsichtlich des Endes der freien Wirtschaft prophezeite, führt die auf der Schnutenhausschen institutionellen Kostenrechnung basierende Preisbildung zu einem harmonischen Ausgleich investitionsund marktpolitischer Grundsätze. Hierdurch ist bereits schon die Überlegenheit der Schnutenhausschen Kostentheorie gegenüber den kausalen Fixkostentheorien hinsichtlich der Verwertbarkeit i n der betrieblichen Preispolitik herausgestellt. Nur die Schnutenhaussche Betriebsstrukturkostenrechnung vermag i m Gegensatz zu der traditionellen Vollkostenrechnung und Grenzkostenrechnung als preistestendes und kundenbeeinflussendes Instrument eine Preisbildung zu realisieren, die zu einem harmonischen marktpolitischen und betriebspolitischen Anpassungsprozeß führt.

142

2. Kap.: Die Verwertungsmöglichkeiten der Fixkostentheorien

A. Die preispolitischen Verwertungsmöglidikeiten der kausalen Fixkostentheorien Die mechanistisch-deduktive Gruppe der kausalen Fixkostentheoretiker geht bei ihren preispolitischen Untersuchungen von dem Modellfall der atomistischen und vollkommenen Konkurrenz aus, die durch die Preisgerade P' i n Abb. 5 zum Ausdruck gebracht wird. Danach besteht der Markt aus vielen Anbietern und Nachfragern m i t jeweils kleinen Marktanteilen. Es bestehen keine sachlichen oder personellen Präferenzen, so daß für technisch gleichartige Güter immer nur ein Preis auf dem Gesamtmarkt zustande kommt. Der einzelne Anbieter oder Nachfrager hat keinen Einfluß auf die Höhe des Preises, da das Prinzip der Preisunabhängigkeit besteht. I m Gegensatz zu den Autoren der mechanistisch-deduktiven Fixkostentheorien geht die subjektiv-induktive Gruppe analog zu den von ihnen aufgestellten „realistischen Kostenverläufen" i m 1. Kapitel nun auch aus preistheoretischer Sicht von mehr der Realität angepaßten Vorstellungen aus. I m Gegensatz zu den mechanistisch-deduktiven Kostentheoretikern berücksichtigen die Vertreter der subjektiv-induktiven Betrachtungsweise der Kosten realistischere Marktsituationen, die von dem Idealfall der vollkommenen Konkurrenz auf atomistischen Märkten abweichen.

I. Die preispolitische Bedeutung der mechanistisch-deduktiven Fixkostentheorien I m Rahmen einer Untersuchung der preispolitischen Bedeutung der mechanistisch-deduktiven Fixkostentheorien gehen wir, wie bereits erwähnt, zuerst von den negativen fixen Kosten i m Sinne Lehmanns aus, was zu einer Preispolitik auf Vollkostenbasis führt, wobei aus der Höhe der negativen fixen Kosten des einzelnen Produktes immer auf den Gewinnanteil des Produktes geschlossen werden kann. I m Zusammenhang m i t der Darstellung der Schmalenbachschen Betriebswertrechnung kommen w i r zu einer anderen Fixkostendeutung, die sich von dem Wesen der fixen Kosten i m Sinne einer Abweichung der Gesamtkostenkurve G vom linear-proportionalen Kostenverlauf Ο—Ρ unterscheidet, wovon Schmalenbach i m 1. Kapitel i m Rahmen der Darstellung seiner Kostenkategorien ausging (— siehe hier Abb. 1 und Abb. 5 —). Schmalenbach kommt somit zu positiven und negativen fixen Kosten, die nicht m i t den Lehmannschen positiven und negativen fixen Kosten verwechselt werden dürfen.

Α . Die preispolitischen Verwertungsmöglichkeiten

143

1. Die preispolitische Verwertbarkeit der fixen Kosten nach Lehmann einschließlich Schmalenbach und ihre kritische Würdigung

I m Prinzip geht es hier darum, die preispolitische Verwertbarkeit der fixen Kosten zu analysieren, die i m 1. Kapitel als die deskriptiventwicklungsmäßig (Schmalenbach) und die mathematisch-entwicklungsmäßig (Lehmann) gedeuteten Fixkosten gekennzeichnet wurden. Zwar haben w i r i m 1. Kapitel bei Schmalenbach, was ebenso für Lehmann zutrifft, zwischen entwicklungsmäßig gedeuteten Fixkosten und Fixkosten i m Sinne von Betriebsbereitschaftskosten unterschieden. Bei einer entwicklungsmäßigen Untersuchung der Fixkosten i n Form der Abweichung der Gesamtkostenkurve G von der Preisgeraden Ο—Ρ (— siehe Abb. 1 —) kommen neben den funktionsbedingten Fixkosten, die durch die Produktionsfunktion des allgemeinen Ertragsgesetzes bedingt sind, auch die Betriebsbereitschaftskosten zur Auswirkung. I m Rahmen einer preistheoretischen Untersuchung der entwicklungsmäßig gedeuteten Fixkosten, wobei hier nur, wie bereits erwähnt, die negativen fixen Kosten i n Form der Abweichung der Gesamtkostenkurve G i m Kurvenabschnitt b—BO—c von der Preisgeraden Ο—Ρ (— siehe Abb. 1 —) interessieren, finden somit auch die fixen Kosten i m Sinne von Betriebsbereitschaftskosten indirekt ihre Berücksichtigung. Für praktische preispolitische Zwecke ist Lehmann, dessen mathematisch-funktionale Kostenbetrachtungsweise zu einer exakten Ermittlung der fixen Kosten i n Form der Abweichung der Gesamtkostenkurve G von den linear-proportionalen Kosten: Κ = ρ · χ bzw. von der Preisgeraden Ο—Ρ führen sollte, auf eine statistische Verrechnung der fixen Kosten F (— siehe Abb. 3! —) auf die einzelnen Kostenträger zum Zwecke der Ermittlung der gesamten Kosten einer Produkteinheit angewiesen, was praktisch einer Durchschnittskostenrechnung entspricht 1 . Das bedeutet aber, daß eine mathematisch-funktionale Betrachtungsweise der Abweichung der totalen Stückkosten vom Stückpreis für praktische preispolitische Zwecke nicht verwertbar ist, da man hierbei von unrealistischen Kostenträgern, d. h. von infinitesi-

1 Beachte: Diese A r t der Kosten- u n d Preiskalkulation stellt eine konsequente Darstellung der Verwertungsmöglichkeit der Lehmannschen fixen Kosten dar, wie sie i m 1. K a p i t e l dieser A r b e i t gedeutet wurden. Tatsächlich ist Lehmann k e i n Anhänger einer Preispolitik auf Vollkostenbasis, sondern auf der Basis einer Optimalkostenrechnung. Siehe hier Lehmann, M. R.: „Die Problematik der Preispolitik auf Grenzkosten- u n d auf Vollkostenbasis." ZfB, Jg. 20 (1950), S. 332—338. Hier schreibt Lehmann auf S. 334: „ . . . es t r i t t w o h l heute k a u m noch ein ernst zu nehmender Betriebswirt für eine Preispolitik oder Preiskalkulation ein, bei der die von der zufällig gegebenen Beschäftigung i n ihrer Höhe abhängigen effektiven Gesamtkosten als Ausgangsgrößen benutzt werden."

2. Kap.: Die Verwertungsmöglichkeiten der Fixkostentheorien m a l k l e i n e n S t ü c k k o s t e n g r ö ß e n ausgeht, die m a n a u f i h r e A b w e i c h u n g v o n d e m k o n s t a n t e n S t ü c k p r e i s u n t e r s u c h t . L e d i g l i c h eine i n f i n i t e s i m a l k l e i n e Proportionalkostenbetrachtung i m S i n n e d e r noch z u b e h a n d e l n d e n Grenzkostenrechnung h a t auch b e i e i n e r atomistischen u n d v o l l k o m m e n e n K o n k u r r e n z aus d e r Sicht d e r t r a d i t i o n e l l - k a u s a l e n K o s t e n t h e o r i e eine preispolitische B e d e u t u n g , w e n n es d a r u m geht, b e i e i n e m betriebsindividuell unbeeinflußbaren Preis die g e w i n n m a x i m a l e Prod u k t i o n s m e n g e χ i m P u n k t e GM (— siehe A b b . 8! — ) z u e r m i t t e l n , d. h. b e i e i n e r M a r k t p r e i s u n a b h ä n g i g k e i t eine „ m e n g e n m ä ß i g e Planung des Produktionsprogramms auf der Basis gegebener Kapazitäten" d u r c h z u f ü h r e n 2 . Jedoch w i r d m a n auch i n p r a x i i m m e r a u f eine m e h r a u f die P r o d u k t e i n h e i t abgestellte V o l l k o s t e n b e t r a c h t u n g angewiesen sein 3 . A u s diesem G r u n d e w o l l e n w i r auch h i e r i m R a h m e n e i n e r Durchschnittkostenrechnung v o n den totalen Kosten4 der einzelnen 2 Vgl. hier die Ausführungen von Munzel, G.: Die fixen Kosten i n der Kostenträgerrechnung, Wiesbaden 1966, S. 59. „ D a i m System des Direct Costing ( = Grenzkostenrechnung — v o m Verfasser eingefügt —) eine Verrechnung der Fixkosten auf die Kostenträger abgelehnt w i r d , ist dieses Kostenrechnungssystem n u r für diejenigen Rechnungszwecke als Grundlage zu benutzen, bei denen entweder nur die variablen Kosten (— besser Grenzkosten — siehe Grenzkosten K ' i n Abb. 8 —) berücksichtigt werden dürfen (zum Beispiel mengenmäßige Planung des Produktionsprogramms auf der Basis gegebener Kapazitäten) oder die Berücksichtigung der fixen Kosten nicht erforderlich ist (zum Beispiel f ü r die Kostenkontrolle als Wirtschaftlichkeitskontrolle — d. h. für die Kontrolle der Abweichung der Grenzkosten v o m Betriebsoptimum (— siehe hier die Abweichungen + Kc u n d — K c i n Abb. 5 auf Seite 154) bzw. von dem Beschäftigungspunkt, an dem die optimale Ausnutzung der Betriebskapazität gewährleistet ist; v o m Verfasser eingefügt —)." Anmerkung: Eine Preisstellung, die ausschließlich auf Grenzkostenbasis erfolgt, ist f ü r den Fall, daß der anbietende Betrieb individuelle Güter i m Rahmen einer Einzelfertigung produziert, nicht brauchbar. 3 Vgl. hier i m Gegensatz zu der traditionellen Vollkostenbetrachtung i m Sinne einer Durchschnittskostenrechnung die kombinierte Grenzkosten/Vollkostenrechnung nach Munzel, G.: Die fixen Kosten i n der Kostenträgerrechnung, a.a.O. Hier stellt Munzel auf S. 68 fest, daß sowohl die Grenzkosten als auch die Vollkosten eines Erzeugnisses ermittelt werden müssen. Munzel lehnt die traditionelle Vollkostenrechnung ab, i n der keine Unterteilung hinsichtlich der Verrechnung der Kosten auf den Kostenträger nach dem effektiven Verursachungsprinzip (vgl. proportionale Kosten) u n d dem „statistischenDurchschnittsprinzip" (vgl. fixe Kosten) erfolgt und wobei konsequenterweise die so notwendige Unterteilung der Fixkosten hinsichtlich dem Grad ihrer Verbundenheit m i t dem Kostenträger sowie der Abbaufähigkeit und der Ausgabenwirksamkeit, wozu auch die variablen Kosten rechnen, nicht durchgeführt w i r d . Wie w i r noch sehen werden, lehnt auch Schnutenhaus die traditionelle Vollkostenrechnung ab u n d verlangt eine Unterteilung der Gesamtkosten nach direkt zurechenbaren Erzeugnisbestehenskosten (vgl. proportionale Kosten) u n d den indirekt dem Kostenträger zurechenbaren Betriebsstrukturkosten nach dem kausal-finalen Verrechnungsprinzip. 4 Beachte, daß eine Preisstellung ausschließlich auf Grenzkostenbasis selbst von den Vertretern der Grenzkostenrechnung nicht gefordert w i r d . Vgl. zum Beispiel: Böhm, H . H . u n d Wille, F.: Direct Costing u n d Pro-

Α . Die preispolitischen Verwertungsmöglichkeiten

145

Produkte eines Betriebes ausgehen, wie das bei der von F. Schmidt 5 entwickelten Staffelkalkulation der Fall ist. Bei der Staffelkalkulation werden die totalen Stückkosten eines Betriebes für die einzelnen Produktionseinheiten tabellarisch angegeben. Daneben erfolgt auch eine besondere Herausstellung der proportionalen Stückkosten und der fixen Kosten i m Sinne von Kosten der Betriebsbereitschaft. Wenn w i r jedoch von den negativen fixen Kosten ausgehen, so wie sie i m 1. Kapitel unter 2. von Lehmann definiert wurden, wobei w i r die preispolitisch uninteressanten positiven fixen Kosten außer acht lassen, dann erfolgt nur eine Gegenüberstellung der totalen Stückkosten Kg mit dem Marktpreis P' (siehe Abb. 5!). Diese Gegenüberstellung w i r d durch absolute Wertgrößen zum Ausdruck gebracht, also nicht durch relative Größen, wie das bei den Reagibilitätsgraden nach Mellerowicz der Fall ist. Da Lehmann ebenso wie Mellerowicz von einem einheitlichen Grenzerlös ( = Marktpreis bei vollkommener Konkurrenz auf atomistischen Märkten) ausgeht, ist der absolute Anteil der einzelnen Kostengüter am betrieblichen Erlös infolge der Unbeeinflußbarkeit des Marktpreises allein von der wirtschaftlichen Produktion abhängig, wofür i n erster Linie neben absoluten kostensenkenden Rationalisierungseffekten die Vollausnutzung der Betriebskapazität entscheidend ist. Somit sind die negativen fixen Kosten nach Lehmann Kontrollgrößen, m i t denen man ständig die totalen Stückkosten auf ihren Erlösbeitrag i n den einzelnen Beschäftigungsstufen analysiert und gleichzeitig eine Überprüfung der Ergebnisse ständiger betrieblicher Rationalisierungsmaßnahmen vornimmt. Eine Verfeinerung erhält die Untersuchung der Abweichung der totalen Stückkosten Kg vom Marktpreis P' (siehe Abb. 5!) durch die Reagibilitätsgrade nach Mellerowicz insofern, daß eine Ertragsanalyse der einzelnen Kostenarten vorgenommen wird. Mellerowicz faßt den Reagibilitätsgrad an irgendeiner Stelle der totalen Stückkostenkurve Kg als eine komplexe Größe auf. Dieser Reagibilitätsgrad setzt sich aus den Reagibilitätsgraden der einzelnen Kostenarten zusammen. So betrachtet dringt man i m Gegensatz zu der mathematisch-funktionalen Kostenrechnung Lehmanns auf eine praktisch verwertbare Weise in die Struktur der Gewinnanteile der einzelnen Kostenarten ein. Hat grammplanung, München 1960, S. 56. „Der Bildung der ,normalen' Verkaufspreise k a n n m a n aber sebstverständlich nicht allein die Standard-Grenzkosten zugrunde legen, . . . ; " Plaut, H. G. : „Unternehmenssteuerung m i t Hilfe der V o l l - oder Grenzplankostenrechnung." ZfB, Jg. 31 (1961), S. 79. „ I m m e r wieder w i r d auch behauptet, die Anhänger der Grenzplankostenrechnung strebten an, alle Produkte zu Grenzkosten zu verkaufen. Das wäre natürlich unsinnig. Die Anhänger der Grenzplankostenrechnung streben an, zwischen Grenzkosten u n d Erlösen eine möglichst große Spanne zu erzielen." 5 Vgl. Schmidt: K a l k u l a t i o n u n d Preispolitik, B e r l i n 1930, S. 103 fï. 10 Kurz

2. Kap.: Die Verwertungsmöglichkeiten der Fixkostentheorien

eine Kostenart den Reagibilitätsgrad 1 ( = proportionale Kosten — vgl. den linear-proportionalen Kostenverlauf Ο—Ρ i n Abb. 1 bzw. den Marktpreis P' i n Abb. 5!), dann trägt sie überhaupt nicht zur betrieblichen Gewinnbildung bei. Hat die Kostenart dagegen den Reagibilitätsgrad 0 ( = fixe Kosten — vgl. hier das Betriebsoptimum BO i n Abb. 5! —), dann hat sie den relativ höchsten Anteil am Betriebsgewinn. Die Schwierigkeit i n der betrieblichen Praxis liegt i n der Frage, wie mittels Anwendung der buchtechnisch-statistischen Kostenauflösungsmethode die Kostenarten, welche weder den Reagibilitätsgrad 1 noch 0 haben, aufgeteilt werden sollen. Es geht hierbei u m die Behandlung der sogenannten Mischkosten, die man so aufteilt, daß die schwach degressiven Kosten, auf die ein relativ geringer Erlösbeitrag entfällt, den rein proportionalen Kosten zugerechnet werden, also so behandelt werden, als ob dieser Erlösbeitrag nicht erfolgen würde. Dadurch, daß man dafür die stark degressiven Kosten den fixen Kosten zurechnet, also den minimalen Stückkosten i m Betriebsoptimum, billigt man diesen Kostenarten einen größeren Erlösbeitrag zu, als er i n Wirklichkeit erfolgt. Dadurch kann also der zuviel verrechnete Erlösbeitrag der stark degressiven Kosten m i t dem zuwenig verrechneten Erlösbeitrag der schwach degressiven Kosten kompensiert werden. W i r können auch sagen, daß eine Kompensation der zu hoch und zu niedrig bemessenen Reagibilitätsgrade der einzelnen Kostenarten untereinander erfolgt. Eine derartige Ermittlungsmethode der relativen Erlösbeiträge dei einzelnen Kostenarten ist jedoch sehr kritisch zu beurteilen, da man aufgrund der Eingruppierung der Kostenarten i n fixe und proportionale Kosten nach Maßgabe ihrer Reagibilitätsgrade praktisch nui Durchschnittswerte der relativen Erlöse zu ermitteln sucht. I m Sinne von Schnutenhaus handelt es sich bei der buchtechnisch-statistischen Kostenauflösungsmethode „um eine kompaßlose Aufzählung und Zusammenfassung" 6. Praktisch werden nur zwei Charaktermerkmale dei Kostenarten berücksichtigt, nämlich das fixe und proportionale Verhalten gegenüber dem Beschäftigungsgrad. Auch ist eine fehlerlose Beurteilung der schwach und stark degressiven Kostenarten nach ihrem fixen und proportionalen Charakter aufgrund eines mehr auf Schätzung beruhenden Zuteilungsverfahrens nicht einfach. Diese Schwierigkeit erkannte auch Maletz, indem er sagt: „Durch die Größe dieser Schwierigkeiten ist auch die Grenze der Anwendbarkeit der Kostenauflösung gegeben. Wo die Umstände der Produktion eine Vielgestaltigkeit und rasche Wandlung der variablen Kosten (gemeint sind hier die Mischkosten i n Form der stark und schwach degressiven 6

Schnutenhaus, O. R>: Neue Grundlagen der „Feste"-Kostenrechnung, S. 74.

Α . Die preispolitischen Verwertungsmöglichkeiten

147

Kosten — vom Verfasser eingefügt) bedingen, w i r d eine Durchführung der Kostenauflösung w o h l gar nicht möglich sein 7 ." I n einem dynamischen Prozeßablauf des Wirtschaftsgeschehens, wenn also die betriebs- und marktstrukturellen Kostenverursachungsmomente Schwankungen hervorrufen, ändern sich die Reagibilitätsgrade dei einzelnen Kostenarten stark, somit also i h r jeweiliger Charakter, was notwendigerweise das Problem der Zuteilung der Kostenarten zu den fixen und proportionalen Kosten erschwert. Je stärker die verschiedenen Kostendeterminanten oder besser die betriebsstrukturellen und marktbedingten Faktoren i n ihrem Einfluß auf den Kostenverlaui wirksam werden, u m so schwieriger w i r d die E r m i t t l u n g der Abweichung der Gesamtkosten bzw. der einzelnen Kostenarten von dem linear-proportionalen Kostenverlauf i n Höhe der negativen fixen Kosten i m Sinne Lehmanns, w e i l hierdurch die sogenannten Mischkostenarten sich ständig ändern und somit u m so schwerer durch Zuteilung i m Rahmen der buchtechnisch-statistischen Kostenauflösungsmethode i n fixe und proportionale Kostenbestandteile aufgeteilt werden können. Die ständige Änderung der Mischkostenarten führt zu laufend schwankenden Reagibilitätsgraden der Gesamtkostenkurve G i m Kurvenabschnitt b—BO—c (— siehe Abb. 1! —), die auf die Produkteinheit bezogen die totale Durchschnittskostenkurve Kg (siehe Abb. 5!) ergibt. Diese sich ständig ändernden Reagibilitätsgrade können sowohl auf absatzpolitisch bedingte Kostensenkungen ζ. B. aufgrund von Werbung, Produktgestaltung usw. bzw. auf Nachfrageänderungen oder auf kostensenkende Rationalisierungseffekte zurückgeführt werden. W i r sehen hieran, daß die Reagibilitätsgrade komplexe Maßstäbe darstellen, die keine gezielte auf analytischen Erkenntnissen basierende Kosten- und Preispolitik gewährleisten. In diesem Sinne stellt auch Metzger 8 fest: „Das Verhältnis dieser direkt zuteilbaren Kosten (— gemeint sind die fixen Kosten m i t dem Reagibilitätsgrad 0 und die proportionalen Kosten m i t dem Reagibilitätsgrad 1 — vom Verfasser eingefügt) w i r d von Branche zu Branche und selbst von Betrieb zu Betrieb verschieden sein. Die relative Höhe dei sogenannten Mischkosten ist von den verschiedenen Faktoren abhängig, so zum Beispiel von der A r t des Produktionsverfahrens (Einzelfertigung, Serienherstellung, vorwiegend manuelle oder maschinelle Arbeitsweise), von der betrieblichen Organisation, von der Verbindung zu den Bezugs- und Absatzmärkten, kurzum von der gesamten Arbeitsweise und Struktur des Betriebes. Und zwar w i r d man eine Regel darin erkennen können, daß m i t der Zunahme der Betriebsgröße und m i t der Vervollkommnung der technischen Einrichtungen auch die Mischkosten relativ ansteigen. Jedoch darf trotz der bekannten Ten7 8

1

Maletz, J.: Kostenauflösung, S. 307. Metzger, W.: Das Problem der fixen K o s t e n . . S . 41.

148

2. Kap. : Die Verwertungsmöglichkeiten der Fixkostentheorien

denz der organisatorischen und technischen Entwicklung i n den Industriebetrieben m i t ihren Folgen für die Höhe der Mischkosten die Bedeutung dieser Kostenart nicht überschätzt werden. Von Schnettlei werden nach Abzug aller direkt zuteilbaren Kosten die verbleibenden Mischkosten m i t 2 0 % der Gesamtkosten angegeben." Hier ist anzunehmen, daß Schnettler, abgesehen von gewinnlosen Kostenarten ( = proportionale Kosten) vorwiegend von Betrieben ausging, die im Betriebsoptimum produzieren und deshalb hauptsächlich fixe Kosten i n dem hier zu verstehenden Sinne haben, d. h. also hauptsächlich Kostenarten, denen maximale Gewinngrößen gegenüberstehen. Die kostentheoretische Konzeption nach Schnutenhaus muß logischerweise zu einer K r i t i k an der buchtechnisch-statistischen Kostenauflösung ebenso wie an der noch zu behandelnden mathematischen Kostenauflösung führen. Somit stellt Schnutenhaus fest, daß es der Wissenschaft nicht gelungen sei, „klare Verfahren für die Kostenzuordnung und Kostenauflösung bereitzustellen. Man müsse sich von der buchhalterischen und mathematischen Kostenauflösung, vom sogenannten proportionalen Satz oder den Grenzkosten loslösen und den Ablauf des kostenwirtschaftlichen Geschehens ursächlich und funktional bedingungsweise untersuchen" 9 . Wörtlich sagt Schnutenhaus: „ M i i scheint, daß seinerzeit die Theorie zwar den Umfang, daher — um mich so auszudrücken — das Gehäuse der Kosten erfaßt hat, aber nicht i n das Innere, i n den eigentlichen K e r n vorgestoßen ist: denn sowohl die buchtechnische Auflösung wie auch die mathematische Auflösung befassen sich nur m i t dem Umfang, gewissermaßen m i t dem optisch sichtbaren Gesamtausdruck der Kosten 1 0 ." I m Gegensatz zu der mathematischen Kostenauflösungsmethode kommt die buchtechnische Kostenauflösungsmethode dem finaltheoretischen Denken i m Sinne von Schnutenhaus weit näher, da man hierbei mehr i n den betriebsstrukturellen K e r n vorstößt und deshalb von einer mathematisch-mechanistischen Globalbetrachtung (mathematische Kostenauflösungsmethode!) des „optisch sichtbaren Gesamtausdruckes der Kosten" weitgehend abkommt. Jedoch kommt auch bei der buchtechnischen Kostenauflösungsmethode das aus dem Betriebsstrukturkostendenken erwachsende Finalitätsprinzip nicht zum Durchbruch, w e i l auch hier „nur die vorhandene Kostenart i n ihrer Ganzheit auf fixen und beweglichen Charakter" h i n untersucht wird, „ohne sich tiefergehend m i t der Frage zu befassen, aus welchem Ursachenzusammenhang und i n welcher Zweckrichtung denn diese Kostenart entstanden w a r " 1 1 . 9 Nowak: Buchbesprechung über Schnutenhaus: Neue Grundlagen der „Feste"-Kostenrechnung, i n : Z f h F 1949, S. 237. 10 Schnutenhaus, O. R.: Neue Grundlagen der „Feste"-Kostenrechnung, S. 26. 11 Schnutenhaus, O. R.: Neue G r u n d l a g e n . . . , S. 26.

Α . Die preispolitischen Verwertungsmöglichkeiten

149

Die Feststellung der relativen Gewinnanteile der einzelnen Kostenarten durch Anwendung von Reagibilitätsgraden ermöglicht im Sinne von Schnutenhaus nicht, die unterschiedlichen Preissituationen auf dem Markt zu berücksichtigen, und zwar im Sinne einer ständigen Überwachung der umsatz-, künden- oder gewinnstarken Fabrikate. Eine Kostenartenrechnung ist somit allzu sehr auf die Betriebsstruktur bezogen, ohne damit den Anforderungen der Schnutenhausschen institutionellen Kostenrechnung i m Sinne einer nach dem Schutz-, Sicherungs-, Erhaltungs- und Wachstumsprinzip der Organisationsträger aufgebauten „Kostenartenrechnung" gerecht zu werden. Eine brauchbare Kostenartenrechnung für die Zwecke der Kosten- und Gewinnkontrolle muß schließlich zu einer Kostenstellenrechnung führen. Diese Kostenstellenrechnung läßt sich für die Zwecke der Gewinnkontrolle sehr zweckmäßig i n Form einer Platzkostenrechnung (Arbeits· oder Maschinenplatzrechnung) durchführen. I n diesem Falle ist ζ. B. die Feststellung der Reagibilitätsgrade der gesamten Kosten eines Maschinenplatzes von Interesse, d. h. die Feststellung, wie hoch der einzelne Maschinenplatz m i t seinen Kosten relativ am Gewinn beteiligt ist. I n diesem Falle w i r d man m i t Maschinenstundensätzen rechnen, wobei eine Unterscheidung der einzelnen Kostenarten am Maschinenplatz nicht mehr durchgeführt wird. Es erfolgt somit eine Zusammenfassung der Fertigungslöhne, des Fertigungsmaterials und der Fertigungs- und Materialgemeinkostenarten. Hierbei muß immer das Gesetz der Divisionsrechnung beachtet werden, daß eine proportionale Beziehung zwischen der Größe, durch welche die Kosten dividiert werden (hier: Maschinenstunden), und den Kosten je Einheit dieser Größe (hier: Kosten je Maschinenstunde) besteht. Eine ständige Analyse der Maschinenplatzkosten i n Abhängigkeit vom Beschäftigungsgrad des jeweiligen Maschinenplatzes mittels der Reagibilitätsgradermittlung w i r d Aufschluß darüber geben, inwieweit der einzelne Maschinenplatz zur Gewinnsteigerung beiträgt oder nicht. Wenn sich also der Reagibilitätsgrad der Kosten eines Maschinenplatzes von ζ. B. V2 auf V4 verbessert hat (beachte, daß hierbei immer eine unveränderliche Marktsituation zugrunde gelegt w i r d : Vollkommene Konkurrenz auf atomistischen Märkten), dann ist daran ersichtlich, daß der betreffende Arbeitsplatz zur Gewinnsteigerung beigetragen hat. Damit ist also eine ständige Überwachung der Maschinenplätze i m Sinne einer Gewinnkontrolle theoretisch möglich, wenn w i r einmal von den Einwendungen i m Sinne der Schnutenhausschen institutionellen Kostenrechnung absehen. Auf diese Weise ist erkennbar, welche Produktionseinheiten höhere Nettogewinne abwerfen und deshalb i m Investitionsprogramm den Vorrang erhalten 1 2 . 12

Siehe

hierzu

die

kritischen

Feststellungen

von

Klinger,

K.:

„Das

2. Kap.: Die Verwertungsmöglichkeiten der Fixkostentheorien

I m Prinzip ist die Arbeitsplatzrechnung eine Vollkostenrechnung, welche die Zurechnung der Kosten auf Arbeitsplätze nach dem Verursachungsprinzip vornimmt, „obwohl i n vielen Fällen eine tatsächliche Verursachung gar nicht gegeben ist". Es werden „alle Kosten auf Kostenstellen (hier: Arbeitsplätze — vom Verfasser eingefügt) . . . verteilt, ohne daß wirklich eine Zurechenbarkeit für alle Kosten besteht. Bei Anwendung der Strukturkostenrechnung lassen sich diese Nachteile vermeiden. Es muß allerdings ein Umdenken erfolgen. Das beginnt schon bei der Aufgliederung der Kosten nach ihrem Charakt e r " 1 3 . Bei der Vollkostenrechnung erfolgt eine unterschiedslose Addition der Kosten. Dieses Rechnungssystem „kümmert sich i n seiner Einstellung weder um die werktätige Bevölkerung noch u m den letzten Verbraucher. Es kennt keine Rücksichtnahme auf die Koordinierung des Trends der Bevölkerungszunahme m i t den Investitionsstufen der Vermögensanlagen und dem Wachstum der Organisationsträger der gewerblichen Betriebe" 1 4 . Es muß nämlich ein Grundprinzip der Rechnungsorganisation sein, „daß der Standpunkt der Unternehmung sich nach der Verbraucherschaft, d. h. der werktätigen Bevölkerung i n gemeinwirtschaftlichem Verantwortungsbewußtsein richtet. Schon dieser volkswirtschaftlich übergeordnete Gesichtspunkt erfordert, daß man die bequeme Durchschnittskostenrechnung, die jedem Betriebsleiter, gleichgültig, i n welchem Wirtschaftssystem, die besten Ausweichmöglichkeiten bietet, verläßt. Dieser Drehpunkt der Kostenrechnung muß deshalb aufgegeben werden, w e i l er keine Einsicht i n die wahren Kostenverhältnisse gestattet und auch die Preisbildung immer wieder auf tönerne Füße stellen m u ß " 1 3 . 2. Die preispolitische Bedeutung der fixen Kosten nach Schmalenbach

Wie w i r bereits i m 1. Kapitel unter A. 1.1. c) angedeutet haben, versucht Schmalenbach i m Rahmen seiner nun anschließend darzustellenden Betriebswertrechnung das System der freien Konkurrenz (— vgl. Preisgerade Ο—Ρ i n Abb. 1! —) i n den mikroökonomischen Bereich des Betriebes zu verlegen, was zu einer Bewertung der Kostengüter auf der Basis betriebsindividueller Grenzkosten führt. Diese betriebsindiSchwächebild der Investitionsabrechnungen." Der Betrieb, Heft 52/1964, S.1822. „Der Ertrag einer Maschine ist nicht meßbar. Er läßt sich auch nicht aus dem Gesamtertrag einer Industrieunternehmung ableiten." 13 Meyer, C. W.: „Möglichkeiten der Strukturkostenrechnung." Zeitschr. f. d. gesamte Rechnungswesen, Heft 12, Dez. 1966, S. 301. 14 Schnutenhaus, O. R.: „Betriebsstruktur-Kostenrechnung u n d Preispolitik." Der Wirtschaftsprüfer 1948, Nr. 7, S. 198 ff. 15 Schnutenhaus, O. R.: Betriebsstruktur-Kostenrechnung u n d Preispolitik, S. 198 ff.

Α . Die preispolitischen Verwertungsmöglichkeiten

151

viduellen Grenzkosten der einzelnen Kostengüter bzw. die Betriebswerte sind von den Kosten des Grenzbetriebes i n der freien Konkurrenz, d. h. also von den Marktwerten der Kostengüter, zu unterscheiden. Auch bei den Vertretern der subjektiv-induktiven Kostenbetrachtungsweise haben w i r i m 1. Kapitel unter Α. II. darauf hingewiesen, daß durch die Planung der Kosten des einzelnen Betriebes entsprechend der linearen Plankostengeraden Ο—BO (siehe Abb. 1 !) der Zustand der freien Konkurrenz i n den Betrieb verlegt wurde, wobei man jedoch i m Sinne von Gutenberg und Rummel von einem linearen Kostenverlauf ausging. Anstelle dieses linearen Kostenverlaufs Ο—BO, aus dem i m Rahmen preispolitischer Untersuchungen der konstante Grenzkostenverlauf K ' (— siehe Abb. 11! —) abgeleitet ist, setzt Schmalenbach den variablen Grenzkostenverlauf K ' (— siehe Abb. 5! —). Hier ist zu beachten, daß Schmalenbach i m Rahmen seiner Grenzkostenbewertung ebenso wie die subjektiv-induktiven Kostentheoretiker zu anderen Definitionen der fixen Kosten kommt, die nicht mehr m i t der deskriptiventwicklungsmäßigen Deutung der fixen Kosten i m 1. Kapitel i m Rahmen der Aufstellung der Schmalenbachschen Kostenkategorien übereinstimmen. Dabei kommt er zu positiven und negativen fixen Kosten, die nicht m i t denen Lehmanns identisch sind. Die positiven fixen Kosten Schmalenbachs erfuhren durch die Leerkosten der subjektivinduktiven Kostentheoretiker bereits schon i m 1. Kapitel eine wesentliche kostentheoretische Verbesserung, was aus preistheoretischer Sicht i m 2. Kapitel unter II. näher beleuchtet werden soll. Die preispolitische Bedeutung der positiven und negativen fixen Kosten Schmalenbachs wollen w i r anhand des sogenannten proportionalen Satzes bzw. Grenzkostensatzes erläutern, den Schmalenbach als das wichtigste Instrument der Kostenauflösung und Preispolitik herausstellt. Schmalenbach hält die Preispolitik für den wichtigsten Punkt hinsichtlich der Bedeutung der Trennung der Gesamtkosten i n fixe und proportionale Kosten mittels der mathematischen Kostenauflösungsmethode 16 . Die Trennung der gesamten Kosten i n fixe und proportionale Kosten kann erfolgen: a) Durch Anwendung des Grenzkostensatzes zum Zwecke der Herauslösung der fixen Kosten aus den totalen Durchschnittskosten. Diese Kostenauflösung dient der Grenzkostenbewertung der einzelnen Produkte. Dieser Frage werden w i r uns anschließend unter α) i m Rahmen der Schmalenbachschen Betriebswertrechnung zuwenden.

16

Vgl. hier Schmalenbach,

E.: Der Kontenrahmen, Leipzig 1936, S. 8.

2. Kap.: Die Verwertungsmöglichkeiten der F i x k o s t e n t h e o r i n

b) Mittels der übrigen mathematischen Kostenauflösungsmethoden, die außer dem unter a) erwähnten Grenzkostensatz von Bedeutung sind. Dieser Frage werden w i r uns unter b) des 2. Kapitels i m Rahmen einer kritischen Würdigung der mathematischen Kostenauflösungsmethode durch die Darstellung der übrigen Preisuntergrenzen zuwenden, die mehr oder weniger eine Verbesserung gegenüber der Anwendung des Grenzkostensatzes sind. Wenn w i r uns der Frage der preispolitischen Verwertbarkeit der Schmalenbachschen Fixkosten als Ergebnis der Anwendung seines Grenzkostensatzes ( = proportionalen Satzes) zuwenden wollen, dann müssen w i r hier zwischen den Fixkosten unterscheiden, die Schmalenbach aufgrund seiner Erklärung des Grenzkostensatzes i n Wirklichkeit ermittelte und den Fixkosten, die er ermitteln wollte. Somit unterscheiden w i r : 1. Die Ermittlung der fixen Kosten i n Form einer Abweichung der variablen Stückkosten Kv von den gesamten Stückkosten Kg (— siehe Abb. 7, schraffierte Fläche, wobei es sich hier u m die fixen Kosten i m Sinne von Betriebsbereitschaftskosten handelt —). 2. Die Ermittlung der fixen Kosten i n Form einer Abweichung der Grenzkosten K' von den gesamten Stückkosten Kg (— siehe i n Abb. 5 die positiven fixen Kosten + Kc und die negativen fixen Kosten — K c ) . Z u 1.: Schmalenbach erklärt seine mathematische Kostenauflösungsmethode bzw. den proportionalen Satz ( = Grenzkostensatz) folgendermaßen: „Der proportionale Satz ist der Unterschied der Gesamtkosten zweier Beschäftigungsgrade, verrechnet auf die Einheit der zwischen beiden Beschäftigungsgraden liegenden Produktionsmenge 17 ." Die so ermittelten Stückkosten multipliziert Schmalenbach m i t der Gesamtzahl der ausgebrachten Leistungseinheiten, u m auf diese Weise zu den gesamten beschäftigungsabhängigen Kosten zu kommen. Die Differenz zwischen diesen so ermittelten gesamten beschäftigungsabhängigen Kosten ( = proportionale Kosten) und den Gesamtkosten ergibt dann die fixen Kosten i m Sinne von Betriebsbereitschaftskosten. Wie w i r noch später unter b) i m Rahmen einer kritischen Würdigung der Schmalenbachschen mathematischen Kostenauflösungsmethode herausstellen werden, lassen sich auf die oben geschilderte Weise hinsichtlich der Anwendung des proportionalen Satzes die fixen Kosten ( = Betriebsbereitschaftskosten) nur bei linearen Kostenverläufen (— siehe

17 Beste, Th.: Die Verrechnungspreise i n der Selbstkostenrechnung i n d u strieller Betriebe. Betriebswirtschaftliche Zeitfragen, herausgegeben von der Gesellschaft f ü r wirtschaftliche Ausbildung, Heft 5, Berlin 1924, S. 61.

Α . Die preispolitischen Verwertungsmöglichkeiten

153

Abb. 6! —), nicht dagegen bei variablen Kostenverläufen (— siehe Abb. 7! —) ermitteln. Die Ermittlung der Betriebsbereitschaftskosten bei variablen Kostenverläufen ist dagegen nur mittels des später auf Seite 169 noch zu erläuternden partialen Satzes möglich. Z u 2.: Bei der Erläuterung der Betriebswertrechnung wollen w i r jedoch von der Kalkulation auf Grenzkostenbasis ausgehen, was Schmalenbach theoretisch anstrebte, ohne dies m i t der Aufstellung seines proportionalen Satzes erreicht zu haben. Die Anwendung des Grenzkostensatzes gibt uns Aufschluß über die preispolitische Verwertbarkeit der fixen Kosten + Kc (positive fixe Kosten) und — K c (negative fixe Kosten) — (siehe Abb. 5!). Diese negativen und positiven fixen Kosten Schmalenbachs sind, u m dies nochmals zu erwähnen, nicht m i t denen Lehmanns identisch, der diese Kosten aufgrund der Abweichung der Gesamtkostenkurve G von der Preisgeraden Ο—Ρ (siehe Abb. 3!) bzw. hinsichtlich der negativen fixen Kosten für den Fall der Stückkostenrechnung i n Form der Abweichung der konstanten Preisgeraden P' von der totalen Durchschnittskostenkurve Kg (siehe Abb. 5!) definiert. Die Schmalenbachschen negativen und positiven fixen Kosten ergeben sich dagegen aus der Differenz der Grenzkosten K ' von den gesamten bzw. totalen Stückkosten Kg (siehe Abb. 5!). a) Die preispolitische Verteilung der fixen Kosten in der Betriebswertrechnung W i r wollen uns nun der Betriebswertrechnung auf Grenzkostenbasis zuwenden und bedienen uns dabei einer graphischen Darstellung (— siehe Abb. 5! —). Sowohl bei einer Kalkulation zum partialen Satz, wobei nur die variablen Kosten auf das Produkt verrechnet werden (— siehe Fall 1 —), als auch bei einer Kalkulation zum Grenzkostensatz (— siehe Fall 2 —) gilt prinzipiell i m Sinne von Schmalenbach, daß die fixen Kosten in der Kostenrechnung außer Ansatz bleiben und in der Gewinn- und Verlustrechnung im Bruttogewinnzuschlag berücksichtigt werden. W i r haben den linear-proportionalen Kostenverlauf Ο—Ρ und den Gesamtkostenverlauf G i m Kurvenabschnitt b—BO—c (— siehe Abb. 1! —) auf die Produkteinheit bezogen und kommen zu der Stückkostengeraden des Grenzbetriebes i n vollkommener atomistischer Konkurrenz, welche der Preisgeraden P' i n Abb. 5 entspricht, sowie zu der gesamten Stückkostenkurve Kg des intramarginalen Betriebes. Das t u n w i r aus dem Grunde, w e i l für preispolitische Zwecke die Kosten und Preise pro Produkteinheit von Interesse sind. Die traditionell-kausale Kostentheorie gibt sich jedoch i m Rahmen preispolitischer Untersuchungen nicht m i t den Stückkosten bzw. Durchschnittskosten des einzelnen

154

2. Kap.: Die Verwertungsmöglichkeiten der Fixkostentheorien Erläuterungen:

κ

Ρ ' — Preisgerade Κ ' = Grenzkosten Kg = gesamte Stückkosten — Kc = negative fixe Kosten + Kc = positive fixe Kosten = Bruttogewinnzuschlag der Produktionsmenge

Ρ

x

=

ο

X,

X

BO

Abbildung

i

Betriebswertkosten der Produktionsmenge x

l

5

Produktes zufrieden, sondern sie setzt sich zur Aufgabe, die Kosten einer infinitesimal kleinen Faktoreinsatzmenge i n bezug auf eine infinitesimal kleine Ausbringungsmenge ( = Leistungsmenge) zu erfassen und kommt somit zu den Grenzkosten K f (siehe Abb. 5!). Es ist zu beachten, daß die obige graphische Darstellung (Abb. 5) hinsichtlich der Grenzkosten K' und der fixen Kosten + Kc und — Kc nicht exakt das wiedergibt, was Schmalenbach i n seiner zahlenmäßigen Darstellung bei der Erläuterung des proportionalen Satzes zum Ausdruck brachte. I n Abb. 5 soll nur das berücksichtigt werden, was Schmalenbach m i t seinen Zahlenbeispielen zum Zwecke der Erklärung der Grenzkostenkalkulation bzw. der mathematischen Kostenauflösungsmethode zum Ausdruck bringen wollte. Die Grenzkosten K ' i n Abb. 5 sind die beschäftigungsabhängigen Kosten beliebig teilbarer Produktionsfaktoren innerhalb eines einzelnen Betriebes. Die Produktionsfaktoren verfügen über ein zeitloses Reaktionsvermögen gegenüber plötzlich auftretenden Veränderungen der Knappheitsverhältnisse i m Betriebe. Es besteht also i m Betrieb theoretisch betrachtet der Zustand der „atomistischen Konkurrenz auf vollkommenen Märkten". I n diesem Falle ist auch i m Sinne der klassischen Vorstellung immer die Tendenz gegeben, daß die Produktionsfaktoren zum Gleichgewicht i m Betriebsoptimum BO (— siehe Abb. 5! —) bzw. zur Vollbeschäftigung hinstreben. „Nach Schmalenbach würde dann etwa der Zustand größter gemeinwirtschaftlicher Wirtschaftlichkeit erreicht sein 1 8 ." 18

Gutenberg, E.: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, Absatz, 3. Aufl., S. 296.

2. Bd.:

Der

Α . Die preispolitischen Verwertungsmöglichkeiten

155

Dadurch, daß die Bewertung der Kostengüter auf Grenzkostenbasis erfolgt, ist also eine pretiale Lenkung der betrieblichen Produktionsfaktoren zum Zwecke ihrer optimalen Ausnutzung möglich. Der Sinn und Zweck der Betriebswertrechnung liegt also darin, die Wirtschaftlichkeit des Betriebes zu fördern und nach dem wirtschaftlichen Prinzip i n der Weise zu verfahren, daß man m i t dem geringsten Aufwand den größten Nutzen erreicht (relativ gesehen!). Wenn jedoch durch die Grenzkostenkalkulation der preispolitische Effekt erzielt werden soll, daß der Betrieb mit seiner Produktion stets zur optimalen Beschäftigung BO (siehe Abb. 5!) tendiert, dann können die positiven fixen Kosten + Kc ( = Kosten der Beschäftigungsabweichung bzw. Kosten nicht genutzter Betriebskapazitäten, die auch Leerkosten i m Sinne von Gutenberg sind) und die negativen fixen Kosten — Kc nicht mehr global erfaßt werden und i n der Gewinn- und Verlustrechnung i m Bruttogewinnzuschlag ihre Berücksichtigung finden. Die Grenzkostenkalkulation bzw. Betriebswertrechnung w i r d deshalb von den Schülern Schmalenbachs folgendermaßen durchgeführt 1 9 : a) Befindet sich der Betrieb i n der Überbeschäftigung, dann werden mehr Grenzkosten K ' i n der Betriebswertrechnung verrechnet, als totale Stückkosten Kg anfallen. I n diesem Falle setzen sich die verrechneten Grenzkosten aus den gesamten Stückkosten Kg plus negative fixe Kosten zusammen. Die negativen fixen Kosten Schmalenbachs ergeben sich somit aus der Differenz zwischen den Grenzkosten K' und den gesamten bzw. totalen Stückkosten Kg. Deshalb sind diese negativen fixen Kosten nicht m i t denen Lehmanns zu verwechseln, die praktisch auf die Produkteinheit bezogen sich aus der Abweichung der Preisgeraden P' von der totalen Stückkostenkurve Kg ergeben und den Gewinn des einzelnen Produktes darstellen, also zur Nettogewinnkontrolle des einzelnen Produktes dienen. Dagegen wurden die negativen fixen Kosten Schmalenbachs ursprünglich als „Betriebsrente" bezeichnet, die dadurch entsteht, daß man fixe Kosten der Betriebsbereitschaft einspart, welche durch die Abweichung der variablen Stückkostenkurve Kv von der gesamten Stückkostenkurve Kg charakterisiert sind (— siehe hier i n Abb. 7 das schräg schraffierte Feld! —). Kosten als Betriebsrente zu bezeichnen, erscheint jedoch sehr fragwürdig. Somit gibt Schmalenbach i n seiner 5. Auflage: ,Absatz und Preispolitik 4 selbst zu, daß negative fixe Kosten an sich nicht denkbar sind. „ I n Wirklichkeit handelt es sich u m Fälle, bei denen infolge teuerer Produktionsmethoden und durch Benutzung des dadurch erhöhten Grenzkostensatzes für die billigeren Produktionsmöglichkeiten eine Rente 19 Nach einer Vorlesung von Beste, Th.: Kostenrechnung, gehalten i m Wintersemester 1953/54 an der Universität zu Köln.

2. Kap. : Die Verwertungsmöglichkeiten der Fixkostentheorien

entsteht 2 0 ." Es ist hierbei auf die Aussage „Benutzung des dadurch erhöhten Grenzkostensatzes" zu achten. Nicht mehr eine eingesparte Betriebsbereitschaft, sondern die Benutzung des Grenzkostensatzes an sich ist die Ursache für die Entstehung der „negativen" fixen Kosten. Schmalenbach gibt damit zu, daß es sich bei der Ermittlung der Fixkosten als Restgrößen, speziell der „negativen" fixen Kosten, u m Folgeerscheinungen einer besonderen Bewertung handelt und nicht u m genaue Kosten, die einer einwandfreien Selbstkostenermittlung dienen können. Die Verrechnung der negativen fixen Kosten i n der Betriebswertrechnung bewirkt, daß man den Verbrauch von Kostengütern hemmt, weil die Knappheit des Kostengutes Grenzkosten verursacht, die über den Stückkosten liegen. Wenn w i r z. B. i m Betriebe eine Materialart brauchen, die auf dem Markte sehr teuer ist, so daß unser Bestreben dahingeht, den Verbrauch dieser Materialgüter bzw. Kostengüter einzuschränken, dann werden w i r versuchen, dieses Kostengut bei der Bewertung m i t so hohen Fixkosten zu belasten, daß es i m Betrieb zu teuer w i r d und man schließlich Ersatzgüter nachfragt. Ist z. B. i n einem Betrieb das knappste Kostengut das Kapital, dann müssen diejenigen Kostengüter die fixen Kosten tragen, die das Kapital i n Anspruch nehmen, und zwar müßten den Erzeugnissen die verhältnismäßig höchsten fixen Kosten zugeteilt werden, die das höchste Kapital erfordern. Lohnaufträge müßten i n diesem Falle von fixen Kosten völlig frei bleiben, denn die Lohnaufträge erfordern kein Kapital. Auch würden Aufträge m i t verhältnismäßig kurzer Fertigungs- und Lagerdauer geringere fixe Kosten zu tragen haben als solche m i t langer Durchlaufzeit. Es werden also den einzelnen Erzeugnissen i n der Betriebswertrechnung die fixen Kosten nach Maßgabe ihrer Kapitalbeanspruchung zugemessen. Die fixen Kosten werden somit nicht i n einer Summe i n die Gewinn- und Verlustrechnung gebracht, sondern sie werden auf die Kostenträger aufgeteilt, und zwar nach Maßgabe der Kapitalbeanspruchung. Dadurch kann die Nachfrage erheblich beeinflußt werden, so daß die Erzeugnisse m i t den kalkulatorisch zu hoch bewerteten Kostengütern nicht mehr zu stark nachgefragt werden. Die Uberbeschäftigung w i r d also beseitigt, und die Produktion kommt wieder i n den Bereich der erwünschten Optimalbeschäftigung, b) Befindet sich der Betrieb i n der Unterbeschäftigung, dann w i r d i n der Betriebswertrechnung umgekehrt wie eben dargelegt verfahren. Wenn ein Kostengut eine negative Knappheitserscheinung aufweist, d. h. wenn dieses Kostengut i m Uberfluß vorhanden ist und 20

Schmalenbach, E.: Absatz und Preispolitik, 5. Aufl., S. 47.

Α . Die preispolitischen Verwertungsmöglichkeiten

157

der Betrieb daher ein Interesse an seiner raschen Verwertung hat, dann liegt eine Verbrauchshemmung vor. W i r müßten dann m i t der Verteilung der fixen Kosten ( + Kc — siehe Abb. 5) genau umgekehrt verfahren als w i r es m i t den negativen Fixkosten ( — K c — siehe Abb. 5) getan haben. Je größer das Interesse an einer raschen Verwertung ist, je größer also die Verbrauchshemmung ist, u m so größer muß i n diesem Falle die Gutschrift an fixen Kosten sein, die der Kostenträger erhält, und zwar deswegen, w e i l w i r den Verbrauch bzw. den Absatz des Kostengutes fördern wollen. Wenn also eine negative Knappheitserscheinung vorliegt, dann werden nicht zusätzliche positive fixe Kosten das Kostengut belasten, sondern die fixen Kosten werden gutgeschrieben. Dadurch w i r d das Kostengut billiger als es seinen effektiven totalen Stückkosten entspricht, was wiederum bedeutet, daß seine Verwendung i m Zuge einer erhöhten Nachfrage vom M a r k t her ausgedehnt wird. Der Betrieb, welcher sich aufgrund des vorhandenen Uberflusses der Kostengüter i n der Unterbeschäftigung befindet, kommt dadurch i n die Optimalbeschäftigung. Es brauchen nicht immer Materialien zu sein, die i m Uberfluß vorhanden sind, sondern es können auch Dienste sein, die sich i m Überfluß befinden und zur raschen Verwertung drängen. Dann wäre eine Gutschrift auf die Fertigungslöhne vorzunehmen. c) Befindet sich der Betrieb i n der Optimalbeschäftigung, dann liegt ein mittlerer Knappheitsgrad vor. Hier entfällt die Notwendigkeit sowohl der Belastung als auch der Gutschrift fixer Kosten, da w i r es nicht nötig haben, den Verbrauch einzuschränken oder zu fördern. Die Verrechnung der Fixkosten nach der dargelegten A r t und Weise stellt eine Optimalkostenrechnung 21 dar. „Wenn ein S-förmiger Kostenverlauf angenommen wird, — wie dies i m vorliegenden Falle bei der Erklärung der Betriebswertrechnung geschah, indem der u-förmige Stückkostenverlauf Kg ebenso wie der Grenzkosten21 Vgl. hierzu Auler, W.: Optimalkalkulation, Stuttgart 1933. Heinen, E.: Betriebswirtschaftliche Kostenlehre, Bd. I : Grundlagen, Wiesbaden 1959, S. 313 ff. Lehmann, M. R.: „Die Problematik der Preispolitik auf Grenzkosten- und auf Vollkostenbasis." ZfB, Jg. 20 (1950), S. 332—338. Lehmann, M. R.: Industriekalkulation, 5. Aufl., Essen 1964, S. 232 ff. Vormbaum, H.: Differenzierte Preise, K ö l n u n d Opladen 1960, S. 217 ff. Vormbaum, H.: „Preispolitik auf der Basis von V o l l - oder Teilkosten." I n : Wirtschaftlich führen — Wirtschaftlich investieren. Vorträge des 13. Deutschen Betriebswirtschafter-Tages. Hrsg. Deutsche Gesellschaft für Betriebswirtschaft, B e r l i n 1960, S. 304 ff. Stewens, O.: „Gefahren der Deckungsbeitragsrechnung." Der Betrieb, Jg. 16 (1963), S. 1474 f.

2. Kap.: Die Verwertungsmöglichkeiten der Fixkostentheorien

verlauf K ' (siehe Abb. 5!) aus dem S-förmigen Gesamtkostenverlauf abgeleitet wurde (vom Verfasser eingefügt!) — ist somit die Optimalkostenrechnung bei einer Beschäftigung vor dem Betriebsoptimum eine Teilkostenrechnung, bei einer betriebsoptimalen Beschäftigung eine Vollkostenrechnung und bei einer über das Betriebsoptimum hinausgehenden Beschäftigung eine ,Über-Vollkostenrechnung. Unter der Annahme eines linearen Kostenverlaufes (— siehe hier Abb. 6 auf Seite 161 — vom Verfasser eingefügt —) ergibt sich (da die Optimalbeschäftigung hier gleich der Maximalbeschäftigung ist), daß die Optimalkostenrechnung bis zum Punkt der Maximalbeschäftigung (— siehe hier Abb. 6 auf Seite 161, wo die Maximalbeschäftigung m i t ,Kapazitätsgrenze' bezeichnet wurde — vom Verfasser eingefügt) eine Teilkostenrechnung und i m Punkt der Vollbeschäftigung eine Vollkostenrechnung ist 2 2 ." Bei der Optimalkostenkalkulation werden die Fixkosten den einzelnen Erzeugnissen i n dem Umfang zugerechnet, wie sie sich bei einer betriebsoptimalen Beschäftigung ergeben, d. h. also i n Höhe der Kosten der ausgenutzten Kapazität ( = Nutzkosten). Hierdurch werden die Auswirkungen von Beschäftigungsschwankungen auf die Kosten je Einheit eliminiert, was insbesondere als Nachteil für die Preispolitik angesehen wird. Die Optimalkostenrechnung ist immer dann von Vorteil, wenn w i r i m Falle einer Betriebswertrechnung i m Verhältnis zu den proportionalen Kosten m i t hohen fixen Kosten i n einem Betriebe zu t u n haben. Vor allen Dingen ist der Versuch der erläuterten Betriebswertrechnung bzw. Grenzkostenkalkulation, eine zweckorientierte Aufteilung der positiven und negativen fixen Kosten auf die einzelnen Produkte vorzunehmen, positiv zu beurteilen. Jedoch w i l l man hier vertriebspolitische Fixkostenaufteilungen auf das einzelne Produkt durchführen, ohne dabei von dem kausalen Kostendenken abzugehen. Hierbei beachtet man somit nicht die institutionellen Kosten i m Sinne von Schnutenhaus. Diese Tatsache führt zu einer falschen Ermittlung der Kosten des einzelnen Produktes auf der Basis eines logisch durchdachten Inter dependenzsy stems zwischen den einzelnen Investitionsstufen der Betriebsstruktur einschließlich des Wachstums der Organisationsträger eines Betriebes und den betriebsindividuellen Faktoren der Marktstruktur. Zweifellos w i r d jedoch bei dem Versuch einer Verteilung der fixen Kosten i n der Betriebswertrechnung bereits schon erkannt, daß eine differenzierte Produkt- bzw. Grenzkostenkalkulation durchgeführt werden muß, die bereits schon nicht mehr von einem Markt der vollkommenen und 22

Munzel, 1966, S. 65.

G.: Die fixen Kosten i n der Kostenträgerrechnung, Wiesbaden

Α . Die preispolitischen Verwertungsmöglichkeiten

159

atomistischen Konkurrenz ausgeht, sondern von unvollständigen Konkurrenzbeziehungen, die allein nur eine derartige differenzierte Fixkostenverteilung ermöglichen. Interessant ist i n diesem Zusammenhang ζ. B. die Verteilung der positiven fixen Kosten i n der Betriebswertrechnung, wobei ein Produkt, das eine hohe Verbrauchshemmung aufweist, u m so weniger m i t fixen Kosten belastet w i r d als ein Produkt m i t einer geringeren Verbrauchshemmung. Hier klingt bereits schon das Verteilungssystem der Schnutenhausschen Betriebsstrukturkostenrechnung an, i n der die „fixen Kosten" i m Sinne von langfristig kausalen und finalen Betriebsstrukturkosten nach einem Punktsystem auf die Produkte verteilt werden. Jedoch ist der Maßstab der Verbrauchshemmung, d. h. „Umsatzzahlen je Produkt" nur ein K r i t e r i u m der Schnutenhausschen Produktkostenermittlung, wie w i r noch sehen werden. Vor allem basiert das von den Schülern Schmalenbachs entwickelte Fixkostenverteilungssy stem nicht auf einer betriebsstrukturbezogenen Kostenrechnung. „Die Erfahrung zeigt, daß die Unternehmungsführungen von Zeit zu Zeit Umfang und Anteil der struktur gebundenen Kosten wissen wollen. Es ist also durchaus möglich, das Kausalprinzip über das kausal-finale Rechnungsprinzip bis in die Zweckfeinheiten des Gewinnprinzips zu verfolgen 23" Somit müssen die Prinzipien der kausal-finalen Betriebsstrukturkostenrechnung beachtet werden, die eine andersartige nach den Erkenntnissen der Logik und Erkenntnistheorie weitergehende Differenzierung des „Fixkostenblockes" darstellen, als dies i n der Schmalenbachschen Betriebswertrechnung, aber auch bei den Vertretern der stufenweisen Fixkostendeckung 24 einschließlich Riebel der Fall ist, auf dessen Kostentheorie w i r später noch näher eingehen werden. A b gesehen von der Aufteilung des Fixkostenblockes z.B. nach der zeitbezogenen Intervallbreite, nach der Abbaufähigkeit, nach der Ausgabenwirksamkeit, nach Bezugsbasen (Riebel), nach der Zurechenbarkeit (z. B. Erzeugnisfixkosten, Erzeugnisgruppenfixkosten, 23 Schnutenhaus, O. R.: „Über die angebliche Entwertung der Kausalität i m Kostenrechnungswesen sowie über Zurechnungsverfahren." Der Betrieb, 20. Jg., 27. Jan. 1967, S. 133. 24 Vgl. hier Agthe, K . : „Stufenweise Fixkostendeckung i m System des Direct Costing." ZfB, Jg. 29 (1959), S. 404—418. Mellerowicz, K . : „Preis-, Kosten- und Produktgestaltung als M i t t e l der Absatzpolitik." Der Markenartikel, Jg. 21 (1959), S. 465—483. Wille, F.: „Direktkostenrechnung m i t stuf enweiser Fixkosten-Deckung?" ZfB, Jg. 29 (1959), S. 737—741. Seicht, G.: „Die stufenweise Grenzkostenrechnung." ZfB, Jg. 33 (1963), S. 693—709, u n d w e i t e r h i n Riebel, P.: „Das Rechnen m i t relativen Einzelkosten u n d Deckimgsbeiträgen." ZfhF, Jg. 11 (1959), S. 213—238.

2. Kap.: Die Verwertungsmöglichkeiten der Fixkostentheorien

Kostenstellenfixkosten usw.) durch die Vertreter der stufenweisen Fixkostendeckung und der Einzelkosten- und Deckungsbeitragsrechnung (Riebel), w i r d vor allem i m Gegensatz zur Schnutenhausschen Betriebsstrukturkostenrechnung angenommen, daß infolge einer fälschlich vorausgesetzten „unkausalen" Mittel-Zweck-Beziehung eine Verrechnung der fixen Kosten auf das einzelne Produkt theoretisch unsinnig sei. Außerdem sei die Verrechnung der Fixkosten auf das einzelne Produkt selbst bei der theoretischen Voraussetzung einer kausalen Mittel-Zweck-Beziehung praktisch nicht durchführbar, was durch das kausal-finale Verrechnungsprinzip i m Rahmen der institutionellen Kostenrechnung nach Schnutenhaus widerlegt wird. Hinsichtlich der Fixkosten handelt es sich bei Schmalenbach u m eine Verteilung nach dem Kostentragfähigkeits- oder Deckungsprinzip. „Die Verteilung der Fixkosten nach der Tragfähigkeit ist jedoch eine preispolitische Maßnahme, nämlich derart, daß Produkte m i t relativ geringen erwarteten Bruttogewinnen aufgrund eben dieser Tatsache m i t zu geringen Kosten und solche m i t relativ hohen Bruttogewinnen m i t zu hohen Kosten belastet werden. Es w i r d somit, da die Kosten eines Produktes eine der Grundlagen der Preisforderung bilden, indirekt bereits eine Preisforderungspolitik betrieben. Es w i r d hier nicht gefordert, daß eine derartige Preisforderungspolitik gar nicht betrieben werden dürfte; dies darf nur nicht i m Rahmen der Kostenrechnung geschehen 25 ." Vielmehr müssen vorerst die Vollkosten eines Produktes als Kosten des Betriebsbestehens- und Erzeugnisbestehensbereiches aufgrund des kausalfinalen Prinzips ermittelt werden. Anschließend erfolgt für die Zwecke der Preispolitik eine Umverteilung der Betriebsbestehenskosten auf die Produktkostenträger im Sinne einer Vollkostenermittlung des einzelnen Produktes nach betriebs- und marktstrukturpolitischen Gesichtspunkten. Struktur- und Preisprobleme bzw. Kostenerfassungs- und Kostenverrechnungsprobleme müssen somit logisch voneinander getrennt werden und anschließend i n einen logischen Zusammenhang gebracht werden.

b) Kritische Würdigung der preispolitischen Bedeutung der mathematischen Kostenauflösungsmethode Die preispolitische Bedeutung der mathematischen Kostenauflösungsmethode ist, abgesehen von der K r i t i k aus der Sicht der institutionellen Kostenrechnung, auch i n kausaltheoretischer Hinsicht negativ zu 25

Munzel, G.: Die fixen Kosten i n der Kostenträgerrechnung, Wiesbaden 1966, S. 52/53.

Α . Die preispolitischen Verwertungsmöglichkeiten

161

beurteilen, w e i l Schmalenbach i n seinen praktischen Zahlenbeispielen 2 * zum Zwecke der Demonstrierung der mathematischen Kostenauflösungsmethode anstelle von Differentialquotienten Differenzenquotienten bei der Inbeziehungsetzung des Grenzkostenzuwachses zum Beschäftigungszuwachs zugrunde legt. Jedoch können durch Multiplikation der gesamten Ausbringungsmenge m i t dem Differenzenquotienten die gesamten beschäftigungsabhängigen Kosten entsprechend der mathematischen Kostenauflösungsmethode nur dann ermittelt werden, wenn w i r es m i t linearen Kostenverläufen zu t u n haben, welche Gutenberg i n seinem Werk: ,Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre' als typisch für die Industrie ansieht"27. Nur bei linearen Küstenverläufen und nicht bei variablen entsprechend der Grenzproduktivitätstheorie stimmen die beschäftigungsabhängigen Gesamtkosten (= proportionale Kosten — siehe Abb. 6! —) mit den Durchschnittskosten einer Beschäftigungsspanne multipliziert mit der gesamten Ausbringungsmenge überein. Da Schmalenbach jedoch, wie w i r gesehen haben, von variablen Kostenverläufen ausgeht, führt der proportionale Satz bzw. die mathematische Kostenauflösungsmethode nicht zu der Ermittlung der fixen Kosten als Kosten der Betriebsbereitschaft ( = Abwei-

Abbildung

6

chung der gesamten Stückkosten Kg von den variablen Stückkosten Kv — siehe Abb. 7! —). 26 Siehe hier Schmalenbach, E.: Selbstkostenrechnung u n d Preispolitik, 5. Aufl., S. 44. 27 Siehe hier die Ausführungen Gutenbergs über lineare Kostenverläufe, Gutenberg, E.: Grundlagen der B W L , l . B d . , 5. Aufl., S. 212 f., 248, 260 ff.

1

Kurz

2. Kap.: Die Verwertungsmöglichkeiten der Fixkostentheorien

Wie aus Abb. 6 hervorgeht, erhalten w i r bei der Ausbringung der Produktion von x i auf X2 Zuwachskosten i n Höhe von Δ Κ . Diese Zuwachskosten müssen w i r entsprechend der mathematischen Kostenauflösung durch die Zusatzmenge Δ χ dividieren, u m auf diese Weise die Durchschnittskosten zu erhalten, die infolge des linearen Küstenverlaufs den Grenzkosten entsprechen. Multiplizieren w i r dann diese Durchschnittskosten ( = Grenzkosten) m i t der Ausbringungsmenge xg, dann erhalten w i r die proportionalen Kosten der Produktionsmenge X2 als Teil der Gesamtkosten K 2 . Es gilt also für die Ermittlung von Kc (fixe Kosten bzw. Kosten der Betriebsbereitschaft):

K c

=

K

2

~

*X2

ΔΚ Das Produkt

. X2 ergibt die proportionalen Kosten der Produk-

tionsmenge X2. Das Steigungsmaß der Gesamtkostengeraden i n Abb. 6 ΔΚ entspricht dem Ausdruck -p— . Dieses Steigungsmaß ist infolge der Δχ

Linearität des Gesamtkostenverlaufs konstant, was bei S-förmigem Gesamtkostenverlauf nicht der Fall ist. Es sind also die Grenzkosten für jede beliebige Produktionseinheit dieselben, soweit der Betrieb nicht die Kapazitätsgrenze überschreitet und i n die Progressionszone kommt. Wenn w i r also bei einem linearen Kostenverlauf die konstanΔΚ ten Stückkosten — (— vgl. ö die variablen Stückkosten Kv i n Abb. 7! Δχ —) einer Beschäftigungsspanne m i t der Gesamtausbringungsmenge χ multiplizieren, dann erhalten w i r die proportionalen Kosten sämtlicher Beschäftigungsspannen ( = Gesamtbeschäftigung). Hierbei kann uns kein Fehler mehr unterlaufen, wie das bei der S-förmigen Gesamtkostenkurve der Fall ist. Eine Ermittlung der fixen Kosten als Kosten der Betriebsbereitschaft i n Form der Abweichung der gesamten Stückkosten Kg von den variablen Stückkosten Kv (— siehe Abb. 7 —) ist nur mittels einer Kalkulation zu dem später noch näher zu erörternden partialen Satz möglich, wobei nur die variablen Kosten Kv auf das einzelne Produkt verrechnet werden. Dadurch werden die gesamten fixen Kosten als Kosten der Betriebsbereitschaft en bloc erfaßt und global i m Bruttogewinnzuschlag berücksichtigt. Wenn w i r ζ. B. die Leistungsmenge x i (— siehe Abb. 7! —) pro Stück m i t variablen Kosten i n Höhe von AB belasten, dann werden die fixen Kosten i n Höhe BD ( = Kosten der Betriebsbereitschaft) i m Bruttogewinnzuschlag verrechnet. I n diesen Fixkosten stecken die Nutzkosten i n Höhe BC und die Leerkosten i n Höhe CD. Bei einer Kalkulation auf Grenzkostenbasis w i r d die Leistungsmenge x i pro Stück i n Höhe der Grenzkosten AC = Κι bewer-

Α . Die preispolitischen Verwertungsmöglichkeiten

Κ! Kg Kv BO

163

Abbildung 7 = Grenzkosten = gesamte Stückkosten = variable Stückkosten = Betriebsoptimum

tet. I n diesem Grenzkostenwert stecken die variablen Stückkosten A B und die Nutzkosten BC, so daß hierbei nur die Leerkosten CD i m Bruttogewinnzuschlag berücksichtigt werden. U m den von Schmalenbach erstrebten preispolitischen Effekt zu erzielen, wie er unter a) (S. 153 ff.) hinsichtlich des Beschäftigungstrends zum automatischen Gleichgewicht BO aus der klassischen modelltheoretischen Vorstellung heraus postuliert wurde, ist eine Differentialkostenrechnung (Grenzkostenkalkulation) notwendig, die Schmalenbach zwar durchführen wollte, ohne daß er dieses Ziel erreicht hat. Hierbei muß zu seiner Entschuldigung berücksichtigt werden, daß die Ermittlung von betrieblichen Grenzkosten praktisch wohl kaum durchführbar ist. Die Grenzkosten haben einen zu großen Abstraktionsgrad. Sie sind idealisiert, da sie auf der Prämisse einer vollständigen Mobilität und beliebigen Teilbarkeit der Kostengüter i m Betrieb beruhen. Jedoch hat die Grenzkostenkalkulation selbst für den Fall, daß wir die Grenzkosten exakt ermitteln können, nicht die preispolitische Bedeutung, die Schmalenbach ihr zubilligte, wobei wir einmal von den immanenten Gefahren einer solchen Preispolitik für die Existenz und Weiterentwicklung der Betriebsstruktur absehen wollen. Die Annahme, daß eine Bewertung der Kostengüter i m Betrieb zum Grenzkostensatz dazu führt, daß die Produktion immer zur Vollbeschäftigung strebt, ist aus dem klassischen Modelldenken der vollkommenen Konkurrenz entstanden. Danach bildet der Grenzkostensatz 1

2. Kap. : Die Verwertungsmöglichkeiten der Fixkostentheorien

der Kostengüter i m Betriebsoptimum, also i m Zustand der Vollbeschäftigung des Betriebes, einen innerbetrieblich bedingten stabilen Gleichgewichtspreis ( = Gleichgewichts-Betriebswert). Bedingt stabil ist dieser Gleichgewichts-Betriebswert aus dem Grunde, weil Störungen des Gleichgewichts i n Form von Unter- und Überbeschäftigung immer erst i n einem gewissen Zeitraum zum Gleichgewicht bzw. zur Vollbeschäftigung wieder hinführen. Das bedeutet aber, daß i n einem Betriebe, wo die Betriebswertrechnung eingeführt ist, alle vollzogenen Produktionsleistungen sich m i t den Wünschen des Betriebes v o l l und ganz decken. I n der Mikro-Konkurrenzwirtschaft des Betriebes gibt es also i m Rahmen der m i t der Betriebswertrechnung verbundenen dezentralen Betriebsleitung keinen Abteilungsleiter, der für seine angebotenen Kostengüter nicht die entsprechende Nachfrage hat. Angebot und Nachfrage stimmen also immer überein. Dieser Zustand ist jedoch realiter nicht gegeben. Die unterschiedlichen strukturellen Erscheinungsformen der einzelnen Betriebe (vgl. hiermit den makroökonomischen Aspekt i m morphologischen Aufbau eines Gesamtmarktes!) schaffen Situationen, welche die Tendenz der betrieblichen Produktion zu der sich automatisch einstellenden betriebsoptimalen Beschäftigung nicht mehr gewährleisten. Schmalenbach setzt also innerhalb eines Betriebes eine Struktur voraus, wie sie aus makroökonomischer Sicht nur für den Fall der vollkommenen Konkurrenz auf atomistischen Märkten gegeben ist. Dies ist realiter nicht der Fall. Jedoch nicht nur der strukturelle Aufbau des Betriebes, sondern auch die verschiedenen irrationalen Eigenarten und Bedürfnisse der einzelnen Wirtschaftssubjekte i m Betrieb schaffen Situationen, die oft von der Vollbeschäftigung des Gesamtbetriebes wegführen können. Selbst wenn i n einem Betrieb der strukturelle Aufbau eine einwandfreie Betriebswertrechnung gewährleisten würde, so daß i n der Mikro-Volkswirtschaft ,Betrieb' der Vollbeschäftigungszustand sich automatisch einstellen würde, was aufgrund der obigen Ausführungen nicht realisierbar ist, so muß jedoch bedacht werden, daß der Betrieb kein isoliertes Gebilde darstellt. Er ist ein Teil des Gesamtmarktes. Deshalb muß er seine Produktion mit der Marktnachfrage ins Gleichgewicht bringen. Dieses Gleichgewicht liegt jedoch nicht i m Schnittpunkt der Grenzkostenkurve K ' und der Durchschnittskostenkurve Kg, sondern i m Schnittpunkt der Grenzkostenkurve K ' m i t der Nachfrage — bzw. Preisgeraden P'. Somit weist Schmalenbach darauf hin, „daß preispolitisch eine Situation anzustreben sei, i n der der Preis gleich den Grenzkosten i s t " 2 8 . Diese Feststellung Schmalenbachs läßt sich jedoch nicht m i t seiner Forderung vereinbaren, daß mittels der Grenzkostenkalkula28

Vgl. Schmalenbach, E.: Selbstkostenrechnung u n d Preispolitik, 7. Aufl., S. 279, zitiert nach: Gutenberg, E.: Grundlagen der B W L , Bd. I I , Jg. 1959, S. 295.

Α. Die preispolitischen Verwertungsmöglichkeiten

165

tion ein Gleichgewicht der Produktion anzustreben ist, wo die gesamten Stückkosten mit den Grenzkosten übereinstimmen (siehe BO i n Abb. 7!). Bei der Forderung, daß der Preis gleich den Grenzkosten sein soll, müssen w i r jedoch neben dem morphologischen Aufbau des Betriebes, welcher den Grenzkostenverlauf oder, besser ausgedrückt, den betrieblichen Kostenverlauf bestimmt, vor allem auch die Marktstruklur berücksichtigen, welche den Preis bestimmt. Hierbei wollen w i r zwei idealtypische Marktsituationen voneinander unterscheiden: a) Den Fall der atomistischen Konkurrenz auf vollkommenen Märkten. Hier verläuft die Preisgerade parallel zur Ausbringungsmenge (x-Achse). b) Den Fall der unvollkommenen Konkurrenz auf oligopolistischen Märkten. Hier verläuft die Preisgerade schräg und schneidet die x-Achse. Zu a): Liegt eine atomistische Konkurrenz auf vollkommenen Märkten vor, dann fällt das betriebliche Preisgleichgewicht ( = Gleichgewichtsbetriebswert) i m kostenminimalen Beschäftigungspunkt BO ( = Betriebsoptimum) m i t dem Gleichgewichtspreis P' (siehe Abb. 7!) nur dann zusammen, wenn es sich u m einen Grenzbetrieb handelt bzw. „wenn die Bedingung erfüllt ist, daß Grenzkosten=Preis=Durchschnittskosten sind" 2 9 .

P' κ!

= Preis i n der freien Konkurrenz =

Stückgrenzkosten

Kg

= gesamte Stückkosten

Kv

= variable Stückkosten

GM = G e w i n n m a x i m u m BM = Betriebsminimum BO

Abbildung

= Betriebsoptimum

8

Handelt es sich aber u m einen intramarginalen Betrieb auf einem atomistischen Gesamtmarkt m i t vollkommener Konkurrenz, dann fallen das Wirtschaftlichkeitsprinzip (vgl. Betriebsoptimum BO!) und das Rentabilitätsprinzip (vgl. Gewinnmaximum GM!) auseinander. I n die29

Gutenberg,

E.: Grundlagen der B W L , Bd. I I , Jg. 1959, S. 295.

2. Kap.: Die Verwertungsmöglichkeiten der Fixkostentheorien

sem Falle w i r d der Betrieb nicht nur so lange seine Produktion erweitern, bis er das Betriebsoptimum (BO) erreicht hat, sondern er w i r d den Schnittpunkt: Grenzkosten (K') = Grenzerlös = Preis (P'j, also das Gewinnmaximum (GM) (siehe Abb. 8!) anstreben. Kurzfristig betrachtet liegen also das Durchschnittsmaximum BO und das Gewinnmaximum GM bei verschiedenen Ausbringungsmengen. „Es erscheint deshalb zweifelhaft, ob die Unternehmungen bei ihren preispolitischen Uberlegungen dem Schnittpunkt zwischen Durchschnittskosten und Grenzkosten (Stückkostenminimum) vor dem Schnittpunkt zwischen Grenzkostenkurve und Grenzerlöskurve bzw. der Preisgeraden (Gewinnmaximum) den Vorzug geben werden 3 0 ." Die Abweichung zwischen diesen beiden Punkten (BO) und (GM) stellt eine komplexe Gewinngröße dar, die nur in der Schnutenhausschen institutionellen Kostenrechnung strukturanalytisch aufgelöst wird. Die Schmalenbachschen Fixkosten, welche i n Form von Restkosten eine Unter- oder Überdeckung (positive und negative fixe Kosten!) darstellen, kennzeichnen die i m Betriebe vorhandenen Kostengrößen hinsichtlich ihrer Abweichung von den gesamten Stückkosten bzw. vom Betriebsoptimum, wo sie gleich N u l l sind. A n der Höhe dieser fixen Kosten i n einem intramarginalen Betrieb ließe sich zwar eher der wirtschaftliche Einsatz der Kostengüter kontrollieren, obwohl es vom Standpunkt der institutionellen Kostenrechnung abzulehnen ist, eine durch mangelnde Marktanpassung gekennzeichnete Betriebsapparatur auf ihren „wirtschaftlichen" Ausnutzungsgrad hin zu untersuchen. Der Einsatz der Kostengüter nach dem Gewinnmaximierungsprinzip kann dagegen nicht kontrolliert werden. Hierzu bedarf es der ständigen Überprüfung der Abweichung der Grenzkosten K ' vom Grenzerlös, der i n der vollkommenen Konkurrenz auf einem atomistischen Markt dem Preis P f entspricht (siehe Abb. 8 schraffiertes Feld, das den preispolitisch relevanten Fixkosten bzw. dem Teil-BruttoGewinn entspricht!). „Maßgebend ist und bleibt der Teil-BruttoGewinn, der Unterschied des Grenzkosten-Satzes zum Netto-Preis des Fabrikates. Schon bei der Frage, ob ein Auftrag angenommen oder abgelehnt und i n welcher Richtung das Verkaufsprogramm ausgebaut oder bereinigt werden soll, gibt es nur einen verläßlichen Ratgeber, den Teil-Brutto-Gewinn. Er allein ist der Schlüssel für das Problem, um welchen Kunden sich das Werk bemühen und m i t welchen Aufträgen ein Werk belegt werden soll, damit das Unternehmen als Ganzes ein Optimum an Gewinn erzielt 3 1 ."

30

Gutenberg, E.: Grundlagen der B W L , Bd. I I , Jg. 1959, S. 297. Siehe hier den Aufsatz: „Der T e i l - B r u t t o - G e w i n n als Schlüssel für Programmplanung." I n : Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 8. 2.1964, S. 9. 31

Α. Die preispolitischen Verwertungsmöglichkeiten

167

Die preispolitische Orientierung an der Abweichung der Grenzkosten vom Preis erhält eine besondere Bedeutung, wenn der Konkurrenzpreis P' unter die Durchschnittskosten Kg fällt. Hier entsteht die Frage nach der Preisuntergrenze 32 für den einzelnen Betrieb. Diese lautet: Wie lange kann der Betrieb noch produzieren, bis sich die Produktion aufgrund des zu geringen Erlöses nicht mehr lohnt? Stellen die fixen Kosten einen Spielraum dar, innerhalb dessen sich der Preis bewegen kann, ohne daß der Betrieb seine Produktion einstellen muß? Das würde bedeuten, daß der Betrieb, welcher auf Grenzkostenbasis kalkuliert, wobei die fixen Kosten der Abweichung der Grenzkosten K ' von der Preisgeraden P' entsprechen, seine Produktion so lange durchführt, bis der Preis P' auf die Höhe P\ fällt (siehe Abb. 9), also bis er die Grenzkostenkurve i m Punkt 1 ( = Schwelle des Ertragsgesetzes) tangiert. I n diesem Falle bekommt der Betrieb i m Preis nicht einmal seine vollen variablen Stückkosten ersetzt, was i h n kurzfristig i n den Zustand der Illiquidität bringen kann, da die variablen Stückkosten zum größten Teil m i t Ausgaben verbunden sind (ζ. B. Löhne). Davon abgesehen kann jedoch bei einem vorübergehenden Tiefstand des Preises P\ unter den variablen Stückkosten Kv eine Weiterarbeit vorteilhafter sein, wenn dadurch höhere Kosten der Betriebsunterbrechung, Stillegungs-, Stillstands- und Wiederanlaufkosten vermieden werden 3 3 . Jedoch ist zu beachten, daß auch die fixen Kosten abgedeckt werden müssen, da sonst eine zu große Gefahr für die Unternehmung aufgrund ihrer nicht kompensierten Betriebsstrukturkosten entsteht. Som i t scheinen wohl die Preisuntergrenzen für viele Lenkungsaufgaben hinsichtlich der Gewinnmaximierung oder Optimierung eines „relativen Gewinnes" kurzfristig geeignet zu sein, jedoch auf längere Sicht sind sie für viele Steuerungsaufgaben ungeeignet. I n diesem Falle muß eine institutionelle Kostenrechnung durchgeführt werden, wenn man nicht auf eine Verzinsung des Kapitals für die Handlungs- und Sachapparatur bzw. des Komplexes simultan wirkender Investitionen unter 32 Über Preisuntergrenzen v g l Schultz, C. E. : Das Problem der Preisuntergrenze, Berlin-Leipzig-Wien 1928. Ruchti, H.: „Preisuntergrenze und feste Kosten." I n : Gegenwartsprobleme der Betriebswirtschaft. Festschrift f ü r W. Le Coutre, Baden-Baden, F r a n k furt 1955, S. 189 ff. Raffée, H.: Kurzfristige Preisuntergrenzen als betriebswirtschaftliches Problem, K ö l n u n d Opladen 1961. Hax, H.: „Preisuntergrenzen i m E i n - u n d Mehrproduktbetrieb." ZfhF, Jg. 13 (1961), S. 424—449. Schmidt, R.-B.: „Aspekte zur Bestimmung finanzwirtschaftlicher Preisuntergrenzen." BFuP, Jg. 17 (1965), S. 275—289. Kleine, G.: „Preisuntergrenze." Z f h F 1933, S. 461 ff. 33 Vgl. Lehmann, M. R.: Industriekalkulation, S. 199.

2. Kap. : Die Verwertungsmöglichkeiten der Fixkostentheorien

dem Gesichtspunkt der Erhaltung, d.h. unter dem Gesichtspunkt dei Sicherung gegen Verluste verzichten w i l l . Die institutionelle Kostenrechnung vermag einen preispolitisch elastischen Anpassungsprozeß entsprechend der kausalen Kostentheorie im Rahmen der Kalkulation auf der Basis von Preisuntergrenzen durchzuführen. Diesen preispolitischen Vorteil verbindet sie jedoch mit den Vorteilen der Vollkostenrechnung auf preispolitischem, investitionspolitischem und steuerlichem Gebiet mittels einer besonders einfachen ex-ante-Ermittlung der „Fixkosten Es ist aber auch herauszustellen, daß man entgegen der weitverbreiteten Auffassung i n der traditionellen Kostentheorie nicht sagen kann, lixe Kosten müssen nur langfristig der Unternehmung als Erlöse zufließen, kurzfristig könnte man darauf verzichten. Es gibt fixe Kosten, die mit den kurzfristigen Betriebsstrukturkosten' i m Sinne von Schnutenhaus zu vergleichen sind und deshalb auch kurzfristig wieder i m Preis hereingeholt werden müssen. Daneben gibt es auch langfristige Betriebsstrukturkosten, wie w i r i m 1. Kapitel gesehen haben, für die eine längere Frist hinsichtlich der Erlösrealisierung besteht. Bei dieser Teilung zwischen kurzfristigen und langfristigen Strukturkosten spielt der „Planungsgedanke von Anfang an" mit. „Es hängt ganz von der Branche und von der Führungsentscheidung ab, ob die Kurzfristigkeit sich auf ein Jahr, d. h. das laufende Geschäftsjahr, und die Langfristigkeit sich streng genommen mittelfristig auf zwei oder drei Jahre und noch mehr erstreckt 34 ." κ

P'

GM

Ο

3

1 2

4

X

BO

Abbildung

9

34 Schnutenhaus, O. E. : „Die praktische Anwendung der Betriebsstrukturoder institutionellen Kostenrechnung." Kostenrechnungspraxis, Wiesbaden, J u n i 1965, Heft Nr. 3, S. 114.

Α. Die preispolitischen Verwertungsmöglichkeiten

169

Außer dieser Preisuntergrenze P'i bei Anwendung des Grenzkostensatzes gibt es noch andere Preisuntergrenzen (siehe P'2, P'3 und P'4 i n Abb. 9!), die mehr oder weniger eine Verbesserung gegenüber der A n wendung des Grenzkostensatzes darstellen. Die verschiedenen Preisuntergrenzen sind bei sinkendem Marktpreis eines Produktes auf die unterschiedlichen Kostenermittlungsverfahren zurückzuführen (ζ. B. Kalkulation zu Grenzkosten, variablen Kosten usw.). Dadurch werden aber verschiedenartige Abweichungen der Kalkulationskostenkurven von den Grenzerlösen P' ermittelt, was gleichbedeutend ist m i t unterschiedlichen Arten von Fixkosten. E i n Betrieb, welcher i n seiner Kalkulation den partialen Satz zugrunde legt, also auf der Basis der variablen Stückkosten Kv kalkuliert, führt seine Produktion noch so lange durch, bis der Preis P' die variable Stückkostenkurve Kv tangiert ( = Preisuntergrenze P' 2 i m Betriebsminimum Punkt 2 — siehe Abb. 9!). Gegenüber dem später noch zu erklärenden prozentualen Satz m i t der Preisuntergrenze P'3 hat die Kalkulation zum partialen Satz erhebliche Mängel. Diese liegen darin begründet, daß man die Gesamtkosten einfach i n proportionale und fixe Bestandteile ( = Betriebsbereitschaftskosten) aufteilt und nur die proportionalen bzw. variablen Kosten eine preiskalkulatorische Berücksichtigung finden. Die fixen Kosten v/erden überhaupt nicht berücksichtigt, also auch nicht partiell ζ. B. i n Höhe der Nutzkosten, wie dies bei dem prozentualen Satz der Fall ist. Dies muß auf die Dauer zur Ruinierung der Unternehmung führen. „ E i n langfristiges Gleichgewicht kann sich . . . nicht bei Deckung allein des variablen Stückkostenanteils ergeben, w e i l dann ein Kapitalverzehr stattfindet, sondern es kann der Anbieter eher auf einen Teil der variablen Kosten verzichten, indem er z.B. die Löhne herabsetzt, so daß er die F i x i e rung' praktisch auf die Arbeiter abwälzt 3 5 ." Vor allen Dingen ist bei Anwendung des partialen Satzes auch kurzfristig die Gefahr gegeben, daß der Betrieb i n Liquiditätsschwierigkeiten geraten kann. Somit ist diese A r t der Verrechnung der Kosten i n der Preiskalkulation zum Zwecke der Ermittlung der Preisuntergrenze nicht positiv zu beurteilen, da es fixe Kosten gibt (ζ. B. Zinsen für langfristiges Fremdkapital, auf die man nicht verzichten kann. Ebenso gibt es proportionalisierte Fixkosten, wie ζ. B. die Gebrauchsabschreibung von Maschinen, die kurzfristig bei der Preisstellung nicht berücksichtigt zu werden brauchen. Es hängt jedoch von der Dauer der Krise ab, wieviel man an Kosten abzieht oder zuzählt. Je kürzer der Krisenzeitraum, u m so geringer sind die stark ersatzbedürftigen Kosten. 35 Gramoll, E.: Probleme der Aggregation von Angebots- u n d Nachfragek u r v e n für Güter, Diss. Darmstadt 1957, S. 17, Fußnote 1.

2. Kap. : Die Verwertungsmöglichkeiten der Fixkostentheorien

Für einen Betrieb besteht die Preisuntergrenze (P f3) (siehe Abb. 9!), wenn eine Kalkulation zum prozentualen Satz erfolgt. Bei der A n wendung des prozentualen Satzes werden die Nutzkosten als ein Teil der fixen Kosten ( = Kosten der Betriebsbereitschaft — siehe i n Abb. 9 die schraffierte Fläche, welche den Nutzkosten entspricht!) den variablen Kosten Kv hinzugerechnet. Es gibt aber auch noch ein zweites Verfahren, wo die Gesamtdurchschnittskosten des Betriebsoptimums den einzelnen Erzeugnissen gleichmäßig zugerechnet werden (siehe i n Abb. 9 strichpunktierte Linie zwischen der Ordinate Κ und dem Punkt des Betriebsoptimums BO!). Eine Preiskalkulation zum prozentualen Satz entsprechend dem beschriebenen ersten Verfahren bietet eine praktisch bessere Anwendungsmöglichkeit als der Grenzkostensatz. Die variablen Durchschnittskosten (Kv) lassen sich allein nur in praxi ermitteln, nicht dagegen die m i t der Infinitesimalrechnung zu ermittelnden Grenzkosten, deren Ermittlung nur dann sinnvoll wäre, wenn w i r i n der Industrie stetige lückenlose Kostenentwicklungen hätten, was also einer beliebigen Teilbarkeit der betrieblichen Produktionsfaktoren entsprechen würde. Die den variablen Kosten (Kv) hinzuzurechnenden Nutzkosten als Teil der Fixkosten ( = Kosten der Betriebsbereitschaft) müssen durch Unternehmerplanung ermittelt werden, welche die Betriebsbereitschaftskosten den einzelnen Beschäftigungsgraden zuordnet. Kurzfristig betrachtet weist die Kalkulation zum prozentualen Satz erhebliche Mängel gegenüber der Budgetrechnung auf (Liquiditätspreisuntergrenze), weil sie sich nicht von Liquiditätsüberlegungen leiten läßt, sondern von einem reinen Substanzdenken. Die Preisuntergrenze beim Preis P'4 wollen w i r als die Liquiditätspreisuntergrenze ansehen. Damit wollen w i r andeuten, daß außer den variablen Kosten, die vielfach kurzfristig ausgabewirksam sind, auch fixe Kosten i m Sinne von Betriebsbereitschaftskosten kurzfristig Ausgaben nach sich ziehen können. Hierbei denken w i r ζ. B. an die laufenden Kosten der Betriebsinstandhaltung oder Maschinenpflege, wodurch laufende Ausgaben für Löhne oder auch Material entstehen und die auch anfallen würden, wenn der Betrieb stillstände. Die Liquiditätspreisuntergrenze muß w o h l ein Betrieb am meisten beachten, u m nicht infolge von Marktpreissenkungen i n einen Beschäftigungsbereich zu gelangen, wo er illiquide wird. Bei der Ermittlung der Liquiditätspreisuntergrenze werden die gesamten Kosten i n stark und schwach bzw. nicht ersatzbedürftige Kosten aufgeteilt und nur die stark ersatzbedürftigen Kosten bei der Preisstellung berücksichtigt. Man w i l l nur die sofort zu ersetzenden Kosten, wie ζ. B. die Löhne der Arbeiter, Licht-, Rohstoffkosten und Steuern i m Preis hereinholen. „ F ü r die Bestimmung der Preisuntergrenze i m Falle kurzfristiger Preiszurücksetzungen . . . sollte die Frage der Liquiditätserhaltung i m Vorder-

Α . Die preispolitischen Verwertungsmöglichkeiten

171

grund stehen, weil infolge von Illiquidität eine endgültige Betriebsstillegung oder -Schließung leichter eintreten kann als infolge von zeitweiligen Substanzverlusten. Dieser Gesichtspunkt wurde bisher zwar i n der Finanzplanung beachtet, ging aber nicht i n das Kostendenken ein 3 6 ." „Die Erhaltung der Unternehmung w i r d . . . nicht i n erster Linie durch eine Kostenunterdeckung gefährdet, sondern durch eine Nichterfüllung der Zahlungsverpflichtungen. Immerhin lassen sich je nach der Dringlichkeit der einzelnen Zahlungsverpflichtungen Terminierungen der Zahlungen vornehmen, die unabhängig von der formellen Erfüllungspflicht eine kürzere oder längere Aufschubmöglichkeit ergeben. So kann eventuell der Zahlungstermin von Zinsen und Mieten hinausgeschoben werden. Bei Warenkreditoren liegt der Fall insofern anders, als hier die Zahlungsfristen, oft unabhängig von der Wirtschaftslage, erheblich überschritten werden können 3 7 ." Somit können w i r also festhalten, daß die Erhaltung der Unternehmung „ . . . i n erster Linie durch die Nichterfüllung der Zahlungsverpflichtungen gefährdet w i r d ; folglich ist die Unternehmung gezwungen, diesen Verpflichtungen i n erster Linie nachzukommen. Andererseits kann der Unternehmer aber die Deckung der zahlungsunabhängigen Kosten auf die Dauer auch nicht vernachlässigen" 38 . I m Sinne von Schnutenhaus ist herauszustellen, daß die traditionelle Liquiditätspolitik eine mehr oder weniger von einem differenzierten Betriebs- und Marktstrukturdenken losgelöste Geldeinnahmen- und Geldausgabenpolitik ist. Ein differenziertes Marktstrukturdenken ist aus dem Grunde notwendig, weil der konstante Preis P' (siehe Abb. 8!) nur für den theoretischen Fall einer vollkommenen Konkurrenz auf atomistischen Märkten gilt. I n Wirklichkeit herrscht jedoch eine unvollkommene Konkurrenz m i t Marktstrukturen, die von dem Idealfall der atomistischen Marktstruktur abweichen. Dieser Tatsache werden w i r uns i m Rahmen dieser kritischen Würdigung der mathematischen Kostenauflösungsmethode unter b) noch näher zuwenden. Die Betriebsstrukturkostenrechnung trägt der wirtschaftstheoretischen Erkenntnis Rechnung, daß jedes Produkt seine eigenen Markt- und Betriebsstrukturgesetze hat, was für die Zwecke einer vernünftigen Liquiditätspolitik i m Rahmen der betrieblichen Kosten- und Preisermittlung beachtet werden muß. Allein nur eine auf der Betriebsstrukturkostenrechnung basierende betriebliche Liquiditätsausgabenpolitik im Rahmen unternehmerischer Investitionen und eine auf den Erzeugnisbestehenskosten und Betriebsstrukturkosten basierende Li36

Schönfeld, H. M.: Kostenrechnung, 1961, S. 101 u. 103. Siegwart, H.: Der Einfluß der fixen Kosten auf die Unternehmungspolitik, S. 78. 38 Siegwart, H.: Der Einfluß der fixen K o s t e n . . . , S. 79. 37

2. Kap.: Die Verwertungsmöglichkeiten der Fixkostentheorien

quiditätseinnahmenpolitik im Rahmen des betrieblichen Kosten-Erlösdenkens ermöglicht es, daß die Liquiditätspreisunter grenzen oder der Umsatznullpunkt (break-even-point) 39 der einzelnen Erzeugnisse ohne weiteres im voraus ermittelt und entsprechend den jeweiligen Marktsituationen variiert werden können. „Die Bestimmung der Preisuntergrenze durch die Betriebsstrukturkostenrechnung ist für die Verkaufspolitik u m so bedeutsamer, w e i l es sich bei der Kalkulation der A n gebotspreise darum handeln muß, daß die rein proportionalen Kosten ganz allgemein und die kurzfristigen Betriebsstrukturkosten bei Sonderanfertigungen auf kürzestem Wege vom Kunden hereingeholt werden 4 0 ." Ein Unternehmer würde nämlich eine Sonderanfertigung gar nicht vornehmen, wenn er den damit verbundenen durch Ausgaben verursachten Liquiditätsverlust nicht kurzfristig vom Kunden ersetzt bekäme. Es bleibt noch zu erwähnen, daß ein Unternehmer erst die Ursachen von Preissenkungen feststellen muß, bevor er versucht, durch Teilkostenkalkulation sich der veränderten Nachfrage anzupassen. Besonders deutlich zeigt sich diese Notwendigkeit, wenn nicht nur der eigene Betrieb, sondern auch die anderen Unternehmen des Wirtschaftszweiges diese Entwicklung verspüren. Auch hier können die Ursachen i m Absatzmarkt liegen, z. B. Bedürfnisverschiebung der Konsumenten, oder auf der Produktionsseite i m Sinne einer falschen Kapazitäts- und Preispolitik, wobei die Schnutenhaussche institutionelle Kostenrechnung nicht zum Tragen kommt. Ebenso kann der Betrieb infolge steigender Beschaffungskosten ohne die Möglichkeit der Abwälzung auf den Absatzpreis i n den Kostenunterdeckungsbereich kommen. Diesen Ursachen muß der Unternehmer nachgehen und beurteilen, ob die Veränderung der Marktlage nur vorübergehend oder auf die Dauer zu erwarten ist. Zeitweisen Veränderungen w i r d man am besten durch eine anpassende Produktion bzw. Beschäftigung begegnen. Andernfalls muß anstelle der Produktionseinschränkung ein teilweiser oder sogar vollständiger Abbau (Liquidation) erfolgen. Bei der Liquidation eines Betriebes ist der Unternehmer meistens gezwungen, infolge der allge39 Vgl. Meyer, C. W.: „Über das Rechnen m i t strukturellen Kosten." ZfB, 27. Jg. 1957, S. 698. Der Begriff „break-even-point" oder Umsatznullpunkt wurde schon i m Jahre 1911 v. J. F. Schär definiert. Schär spricht auch hier v o m „toten Punkt", daher von der „Bestimmung derjenigen Umsatzgröße, bei welcher der Bruttogewinn aus dem Umsatz durch sämtliche Betriebsspesen aufgezehrt w i r d , so daß Gewinn, und Verlust gleich N u l l ist u n d das Eigenkapital leer ausgeht". — Schär, J. E.: Allgemeine Handelsbetriebslehre, l . B d . , Leipzig 1911, S. 134. 40 Schnutenhaus, O. R.: „ Z u r A u s w i r k u n g der fixen Kosten i n der betriebswirtschaftlichen Praxis." Zeitschrift für Betriebswirtschaft!. Forschung und Praxis, 5. Jg. 1953, Heft 1, S. 23.

Α . Die preispolitischen Verwertungsmöglichkeiten

173

meinen Krise und des Drängens der Gläubiger weit unter Wert zu Schleuderpreisen zu verkaufen. Auch sind die Verkaufsmöglichkeiten der Betriebsteile gering, weil der Unternehmer Waren anbietet (z.B. Rohstoffe und Produktionsmittel), die außerhalb seines Produktionsprogrammes liegen, wofür der Kundenkreis fehlt. Hierbei muß untersucht werden, ob es günstiger ist, den Betrieb als Ganzes zu verkaufen 4 1 . Hieran sehen wir, welche differenzierten wirtschaftlichen Überlegungen von Seiten der Unternehmensleitung i n den Fragen preispolitischer Anpassungsmaßnahmen aufgrund veränderter Markt- bzw. Absatzstrukturen durchgeführt werden müssen. Jedoch kann hier nicht mehr irgendeine Restgröße, die als fixe Kosten bezeichnet wird, richtungweisend für preispolitische Anpassungsmaßnahmen sein, sondern nur ein klar durchdachtes struktur- und marktorientiertes Instrument einer fortschrittlichen Unternehmensführung, wie es allein durch die institutionelle Kostenrechnung von Schnutenhaus geschaffen wurde und deren Bedeutung für die Preispolitik w i r uns noch später zuwenden werden. Z u b): Bei einer vollelastischen Nachfrageelastizität, wie sie der vollkommenen Konkurrenz auf einem atomistischen Markt (siehe Preisgerade P' i n Abb. 9!) entspricht, liegen technisch und wirtschaftlich homogene Güter vor, die produziert und gehandelt werden. Das bedeutet aber, daß eine geringe Preissteigerung, welche von einem Betrieb vorgenommen wird, der auf Grenzkostenbasis kalkuliert, zu einer Abwanderung der gesamten Nachfrage führt. Statt i n den Zustand der Vollbeschäftigung zu gelangen, wie das Schmalenbach bei Anwendung seiner Grenzkostenkalkulation annahm, käme der Betrieb zum Stillstand. Bei vollkommener Konkurrenz auf atomistischen Märkten ist der einzelne Betrieb Mengenanpasser. Das bedeutet, daß der einzelne Betrieb den Verkaufspreis als Datum nehmen muß. Er kann ihn also nicht beeinflussen. I h m bleibt nur die Möglichkeit, seine Produktionsmenge zu einem festen Marktpreis anzubieten. „Eine Beschäftigungsregulierung, d. h. die Herbeiführung der Optimalbeschäftigung, ist nur durch eine Überwindung der Unterbeschäftigung und durch Zurückweisung von Aufträgen zur Vermeidung der Uberbeschäftigung, nicht aber durch eine Preisherab- bzw. Preisheraufsetzung erreichbar 42 ." Die Verteilung der positiven und negativen fixen Kosten, wie w i r sie i n der Betriebswertrechnung kennengelernt haben, dient einer elastischen Angebotspreispolitik, wie sie auf einem atomistischen Markt 41 Siehe hier: Soeding, K . : Betriebstypen u n d Preispolitik, Diss. N ü r n berg 1952, S. 37. 42 Angermann , Α.: Gleichgewichtskalkulation, Untersuchungen zur M a x i malgewinnrechnung des Betriebes, Diss. Mannheim 1952, S. 86.

2. Kap.: Die Verwertungsmöglichkeiten der Fixkostentheorien

m i t vollkommener Konkurrenz nicht möglich ist, sondern nur auf einem M a r k t m i t unvollkommenen Konkurrenzbeziehungen der Produzenten. Hierbei haben w i r nicht mehr eine konstante Preisgerade P' (siehe Abb. 9!), sondern eine Preisgerade P'i, die schräg zur x-Achse ( = Ausbringungsmengenparameter) verläuft (siehe Abb. 10!). Jedoch für diesen Fall der unvollkommenen Konkurrenzbeziehungen, die mehr der wirtschaftlichen Realität entsprechen, kann der beschäftigungsregulierende Einfluß der Grenzkostenkalkulation i m Sinne Schmalenbachs nur dann wirksam werden, wenn der Betrieb nicht i m Cournotschen Punkt, den w i r noch später erläutern werden (siehe Abb. 11!), seinen gewinnmaximalen Preis fixiert, sondern i m Schnittpunkt der Grenzkostenkurve K'( x ) ( = Angebotskurve des Betriebes) und der Nachfragegeraden P'i, die genau die totale Durchschnittskostenkurve K(x) ( = Kg) i n Abb. 10 i m Betriebsoptimum BO schneidet. Für diesen mehr hypothetischen als realen Fall ist ein Einpendeln der Produktion ins Betriebsoptimum entsprechend der Schmalenbachschen Grenzkostenkalkulation denkbar. Wenn der Betrieb i n der Unter-

beschäftigung ist, w i r d er z. B. die Produktionsmenge x i m i t dem entsprechenden Grenzkostenpreis K\ anbieten. Die Nachfrage bietet jedoch für die angebotene Produktionsmenge x A den Preis P t an. Für den Preis P t bietet dagegen der Unternehmer die Produktionsmenge x 2 an, für die die Nachfrage jedoch nur den Preis P2 zu zahlen bereit ist. Zum Preis Ρ2 bietet jedoch der Unternehmer nur die Produktionsmenge P3 an usw. Wie die i n Abb. 10 eingezeichneten Pfeile erkennen lassen, nähert sich dieser Prozeß bei der Absatzmenge einem Gleich-

Α . Die preispolitischen Verwertungsmöglichkeiten

175

gewicht, bei dem die Grenzkosten gleich dem Preis (Nachfragepreis) sind 4 3 . W i r sehen also, daß nur für diesen speziellen Fall das allmähliche Einpendeln der Produktion (siehe Pfeile a und b i n Abb. 10) i n den betriebsoptimalen Beschäftigungszustand BO gegeben ist. Jedoch muß auch hier wieder berücksichtigt werden, daß der damit erreichte „Gleichgewichtszustand" sehr labil ist, da zwar nicht die Nachfrage, jedoch das Angebot allen Grund hat, seine Angebotsmenge zu ändern, indem es das Gewinnmaximum anstrebt, wo Grenzkosten = Grenzerlös sind. Es geht dabei u m das Aufsuchen des Cournotschen Punktes, dem w i r uns später zuwenden werden (siehe Abb. 11). E i n unvollkommener Markt, wie er i n Abb. 10 durch die von links nach rechts schräg fallende Preisgerade P'i zum Ausdruck kommt, ist jedoch i n viele kleine Teilmärkte aufgeteilt. Diese Tatsache ist i n der Grenzkostenkalkulation bei unvollkommener Konkurrenz (siehe Abb. 10!) nicht berücksichtigt. „Schmalenbach befürwortet die Anwendung des Grenzkostensatzes 44 (Differentialkosten nach Lehmann, M. R.) für die gesamte Produktion und nicht nur für den Absatz des Produktionszuwachses. Hellauer 4 5 hält dem entgegen, daß der Verkauf der gesamten Produktion zu den Differentialkosten u. U. eine schwere Schädigung des Betriebes bedeuten kann; der Betrieb kann dadurch seine Kundschaft geradezu vor den Kopf stoßen, kann i n den Ruf der Leistungsunfähigkeit gelangen 46 . Hellauer schlägt infolgedessen vor, nur die Mehrproduktion zu den Differentialkosten zu verkaufen; doch ist er sich dabei der Grenzen bewußt 4 7 ." Dem Prinzip nach geht es darum, daß die Differentialkosten der Produktmengen eines Unternehmens nach Maßgabe der differenzierten Marktsituationen erfaßt werden. Die Marktsituationen für die Unternehmensprodukte können hinsichtlich des jeweiligen Verkaufszeitpunktes und des Verkaufsgebietes durchaus unterschiedlich sein. Deshalb muß ein Unternehmen von unterschiedlichen Preissituationen ausgehen und diesen unterschiedlichen

43

Vgl. hier Gutenberg, E.: Grundlagen der B W L , I I . Bd., Jg. 1959, S. 297. Es ist hier zu beachten, daß für den F a l l der schräg verlaufenden Preisgeraden der Preis der Produkte eines Unternehmens i m Falle einer betriebspolitischen Orientierung am erwerbswirtschaftlichen Prinzip (Gewinnmaximierung) nicht durch den Schnittpunkt von Grenzkosten und Preis bestimmt wird, sondern von Grenzkosten und Grenzerlös. I m vorliegenden Falle liegt also bei der Preisstellung eine Orientierung am ökonomischen Prinzip zugrunde ( = Produktion i m Betriebsoptimum). 44 Vgl. Schmalenbach, E. : Pretiale Wirtschaftslenkung, Bd. 1 : Die optimale Geltungszahl, S. 38. 45 Hellauer, J.: K a l k u l a t i o n i n Handel u n d Industrie, Berlin u n d Wien 1931, S. 122/123. 46 Hellauer, J.: K a l k u l a t i o n i m H a n d e l . . . , S. 122. 47 Soeding, K . : Betriebstypen u n d Preispolitik, S. 70.

2. Kap. : Die Verwertungsmöglichkeiten der Fixkostentheorien

Preisen die entsprechenden Grenzkosten ( = marktnahe Grenzkosten 48 ) zuordnen. Es muß ständig überwachen, welche Fabrikate „Umsatz-, künden- oder gewinnstark" sind. Schnutenhaus bezeichnet solche Fabrikate als „Stützpunktartikel" 4 9 . Die jeweiligen Marktsituationen werden am besten durch die „realisierte Umsatzgröße" eines Produktes gekennzeichnet. Für eine richtige Preispolitik ist also der Standort des Betriebes im Wettbewerb zu berücksichtigen. Hierdurch wendet sich Schnutenhaus von der stark abstrahierten Vorstellung einer atomistischen Konkurrenz auf vollkommenen Märkten ab. Jedoch muß neben das differenzierte marktorientierte Denken in der Preispolitik (= Erlösdenken) auch ein differenziertes Denken in der betriebsstrukturbezogenen Liquiditätsausgabenpolitik erfolgen. Hierüber gibt am besten „die organisierte Beschäftigungsgröße, die Verkörperung einer bestimmten Beschäftigungsstufe mit all ihren differenzierten Ursachen und Wirkungserscheinungen" Auskunft. Bei der laufenden Beachtung der „realisierten Umsatzgröße" und der „organisierten Beschäftigungsgröße" w i r d die Rentabilität der Fabrikate für den einzelnen Betrieb für seinen Schutz, seine Sicherung und Erhaltung der gegenwärtigen und zukünftigen Entwicklung und ein marktgerechter Preis für die einzelnen Fabrikate gewährleistet, i n die ein „für den Kunden tragbarer Anteil der Fixkosten" (vgl. die Schmalenbachschen positiven und negativen Fixkosten i n der Betriebswertrechnung!) einkalkuliert wird. Somit löst sich der Mythos der Schmalenbachschen positiven und negativen fixen Kosten in einer richtigen Preis- und Liquiditätspolitik auf. Hierauf wies Schnutenhaus i n seinem Aufsatz: „Die Entzauberung der fixen Kosten" (in: Frankfurter A l l gemeine Zeitung vom 18. August 1958) hin. Die Schmalenbachsche kostentheoretische Grundkonzeption hinsichtlich der Verwirklichung des Systems der freien Verkehrswirtschaft i m mikroökonomischen Bereich des Betriebes i m Rahmen der Betriebswertrechnung hat nur dann ein betriebspolitisches Anrecht auf Verwirklichung, wenn i m makroökonomischen Bereich der Volkswirtschaft i m Rahmen der Wirtschaftspolitik die gleichen Ziele angestrebt werden. Das bedeutet also, daß eine Betriebswertrechnung i n einem Betrieb nur dann berechtigt ist, wenn aus makroökonomischer Sicht eine freie Verkehrswirtschaft vorliegt, die analog zur Unternehmenspolitik i m Rahmen wirtschaftspolitischer Maßnahmen m i t marktkonformen 48

Vgl. hierzu Angermann , Α.: Gleichgewichtskalkulation, S. 100. Hier wurde versucht, „näherungsweise marktabhängige Differenzkosten zur Bestimmung des individuellen Gleichgewichts zu berechnen." 491 Schnutenhaus, O. R. : „Betrieb u n d Kosten" — Z u r A u s w i r k u n g der fixen Kosten i n der betriebswirtschaftlichen Praxis." Betriebswirtschaftliche Forschung u n d Praxis, 5. Jg. 1953, S. 9.

Α . Die preispolitischen Verwertungsmöglichkeiten

177

Eingriffen i n den sich liberal gestaltenden volkswirtschaftlichen Produktionsprozeß gesteuert wird. I n Wirklichkeit gibt es aber keine reine freie Markt- bzw. Verkehrswirtschaft. I n praxi treten immer Mischformen des marktwirtschaftlichen Prinzips mit dem Planwirtschaftssystem auf, so daß es keine lOO^oige „Ausschaltung der Freiheit der Verbraucher i n der Auswahl der M i t t e l zur Bedürfnisbefriedigung einerseits, und Erlaubnis aller nur denkbaren M i t t e l zur Ausschaltung der Konkurrenz andererseits" 50 gibt. Somit hat jede Wirtschaftsform mehr oder weniger Elemente des kapitalistischen Erwerbsstrebens und des sozialistischen, zentralverwaltungswirtschaftlichen Sicherungsstrebens. Während die Schmalenbachsche Betriebswertrechnung auf der Vorstellung basiert, daß es das Ziel der unternehmenspolitischen Maßnahmen ist, den effektiven Produktionsablauf m i t geringsten Kosten (wirtschaftlichen Kosten) und den relativ höchsten Erträgen durchzuführen, also i m Rahmen des Erwerbsstrebens das „Gewinnmaximierungsprinzip" innerhalb des mikroökonomischen Bereiches Betrieb zu realisieren (— siehe hier den Schnittpunkt der Grenzkosten K ' m i t den totalen Durchschnittskosten Kg i m Betriebsoptimum OB — siehe Abb. 9 —), was dem kapitalistischen Streben einer Unternehmung i n einer freien Verkehrswirtschaft nach dem Gewinnmaximum (— siehe hier das Gewinnmaximum G M i n Abb. 9 —) entsprechen würde, geht die Schnutenhaussche Betriebsstrukturkostenrechnung von einem w i r k lichkeitsnahen Wirtschaftssystem aus. Ihre Bedeutung liegt darin, daß sie durch die Schaffung systematischer Dispositionsgrundlagen zum Zwecke der Berücksichtigung betriebspolitischer Sicherheitsmomente die Folgen der Struktur fehler der „freien Verkehrswirtschaft" im mikroökonomischen Bereich des Betriebes (vgl. Betriebwertrechnung!) beseitigen will. Somit kommen w i r von der Betriebswertrechnung zur Betriebsstrukturkostenrechnung. Eine von der Schmalenbachschen Betriebswertrechnung ausgehende Preispolitik kann das Problem der gerechten Verteilung von Gewinnen und Verlusten nicht lösen. Hier muß der Staat eingreifen und diese so wichtige Funktion übernehmen, „wozu die Privatwirtschaft aus ihrer Eigengesetzlichkeit heraus nicht i n der Lage i s t " 5 1 . Die einzelnen Unternehmer i n der Privatwirtschaft können diese staatliche Aufgabe nur dann übernehmen, wenn sie eine betriebsstrukturkostenorientierte Preispolitik betreiben. Wie bereits erwähnt, dürfen w i r bei der Ermittlung des betriebsindividuellen Gleichgewichtspreises i n einer unvollkommenen Konkurrenz auf oligopolistischen Märkten nicht mehr von den Grenzkosten ausgehen, wie sie zur Ermittlung der gewinnmaximalen Produktions50 Schnutenhaus, O. R.: „Betriebsstrukturkostenrechnung und Preispolitik." Der Wirtschaftsprüfer 1948, Nr. 7, S. 198 ff. 51 Derselbe, ebenda.

12 Kurz

2. Kap.: Die Verwertungsmöglichkeiten der Fixkostentheorien

menge i n einer vollkommenen Konkurrenz auf atomistischen Märkten zugrunde liegen. Es kommt hier auf die Ermittlung „realistischer Grenzkosten" an, die investitions- und marktpolitischen Ziel- und Zwecksetzungen Rechnung trägt. Aus der Sicht der subjektiv-induktiven Fixkostentheorien würde das bedeuten, daß die Grenzkosten nicht nur unter dem Einfluß der Beschäftigung betrachtet werden müssen, sondern unter dem Einfluß sämtlicher Kostendeterminanten. Dieser Frage wollen w i r uns anschließend unter II. i m Zusammenhang m i t der Untersuchung der preispolitischen Bedeutung der subjektiv-induktiven Fixkostentheorien näher zuwenden. Hierbei w i r d jedoch nur eine Verbesserung der Preisstellung aus kausal-theoretischer Sicht erzielt, nicht dagegen aus kausal-finaltheoretischer Sicht i m Sinne der Schnutenhausschen institutionellen Kostenrechnung.

I I . Die preispolitische Bedeutung der subjektiv-induktiven Fixkostentheorien Die Frage der preispolitischen Verwertbarkeit der subjektiv-induktiven Fixkostentheorien, wobei w i r hier an die I m 1. Kapitel erläuterten Leerkosten denken, schließt sich unmittelbar an die Schmalenbachsche Betriebswertrechnung bzw. an den Schmalenbachschen Grenzkostensatz an. Bei der Berücksichtigung der verschiedenen Kosteneinflußgrößen, welche i m Rahmen der subjektiv-induktiven Kostenbetrachtungsweise ihre Beachtung finden, kommen w i r zu einer stärkeren Differenzierung des Fixkostenblockes, d. h. vor allem der positiven fixen Kosten Schmalenbachs, welche i m Prinzip nur Leerkosten als Kosten der Beschäftigungsabweichung darstellen, obwohl es aufgrund der verschiedenen Kosteneinflüsse nicht nur die Beschäftigungsabweichung gibt. Die Berücksichtigung sämtlicher Kosteneinflüsse außer dem Einfluß der Beschäftigung führt zu einer exakteren Grenzkostenermittlung als bei Anwendung der mathematischen Kostenauflösungsmethode, was für die Zwecke der Ermittlung einer gewinnmaximalen Ausbringungsmenge und eines gewinnmaximalen Preises von Bedeutung ist. Aber auch die subjektiv-induktiven Fixkostentheoretiker, wobei w i r hier i n erster Linie an die Rummeische Blockkostenrechnung denken, können auf die Schmalenbachsche Rechnung m i t dem Bruttogewinnzuschlag nicht ganz verzichten. Diese Tatsache ist ein Mangel der subjektiv-induktiven Fixkostentheoretiker Rummel und Gutenberg. Somit kommen w i r zur stufenweisen Grenzkostenrechnung, die den Ausweis der gesamten i n einem Unternehmen anfallenden fixen Kosten i n einem einzigen „Block" als nachteilig empfand, w e i l aufgrund

Α . Die preispolitischen Verwertungsmöglichkeiten

179

des Fehlens einer Differenzierung der fixen Kosten die Transparenz der Fixkostenstruktur des Unternehmens zum Teil verlorenging 5 2 . Ebenso wie die subjektiv-induktiven Kostentheoretiker von einem mehr der Wirklichkeit angepaßten Grenzkostenverlauf K' ausgehen, ebenso gehen sie auch von mehr den wirtschaftlichen Realitäten entsprechenden Marktverhältnissen aus. Das führt somit von der Preisgeraden P' (— siehe Abb. δ! —) zu einer von links nach rechts fallenden Preisgeraden P\ (— siehe Abb. 11! —). Hierdurch kommen w i r anstelle des zu abstrakten Modells der atomistischen und vollkommenen Konkurrenz durch Prämissenabbau zu einer unvollständigen Konkurrenz, was w i r bereits schon unter b) i m Rahmen einer kritischen Würdigung der Schmalenbachschen mathematischen Kostenauflösungsmethode herausgestellt haben. Bei einer unvollständigen Konkurrenz besteht nicht mehr nur ein Preis auf dem Gesamtmarkt. Der einzelne / nbieter oder Nachfrager hat einen Einfluß auf die Höhe des Preises. L ' i r Preis ist kein Datum mehr, er ist also veränderlich. Es handelt sich hierbei u m eine induktive Preisuntersuchung, die ihr Pendant in einer induktiven Kostenuntersuchung findet, i n der alle wirksamen Kosteneinflußfaktoren berücksichtigt werden. Wie bereits bei der Behandlung der Schmalenbachschen Betriebswertrechnung herausgestellt wurde, sind die Schmalenbachschen Fixkosten, wobei w i r hier i n erster Linie an die positiven fixen Kosten denken, das Ergebnis einer mathematischen Trennung der Durschnittskosten Kg i n positive fixe Kosten + Kc und Grenzkosten K ' (— siehe Abb. 5! —). Die Ermittlung der Grenzkosten und die damit verbundene gleichzeitige Ermittlung der positiven fixen Kosten, welche aus den totalen Durchschnittskosten herausgetrennt werden, haben auch i n der freien Konkurrenz, von der Schmalenbach i m Rahmen seiner Betriebswertrechnung ausging, zum Zwecke der Ermittlung der gewinnmaximalen Ausbringungsmenge eines Betriebes durchaus eine preispolitische Bedeutung. Das heißt jedoch, daß die positiven fixen Kosten Schmalenbachs i n Form der Abweichung der Grenzkosten K ' von den totalen Durchschnittskosten Kg nur eine indirekte Bedeutung haben, da sie zum Zwecke einer für die betriebliche Preispolitik bedeutsamen Ermittlung der Grenzkosten aus den totalen Durchschnittskosten herausgetrennt werden müssen. I n ihrer absoluten Höhe können dagegen diese fixen Kosten nicht als Kontrollmaßstäbe i m Rahmen einer ständigen Überwachung der Abweichung der Istbeschäftigung von einei gewinnmaximalen Beschäftigung G M dienen. Hierzu benötigen wir, wie bereits erwähnt, die fixen Kosten i n Form der Abweichung der 52 Vgl. hier Seicht, G.: „Die stufenweise Grenzkostenrechnung (I)." K o stenrechnungspraxis, Okt. 1965, Nr. 5, S. 205.

1

2. Kap. : Die Verwertungsmöglichkeiten der Fixkostentheorien

Grenzkosten K ' vom Preis P' (— siehe i n Abb. 8 die schraffierte Fläche! —). Z u m Zwecke der Kosten- und Preiskontrolle bzw. der Kontrolle des Einsatzes der Kostengüter nach dem Gewinnmaximierungsprinzip ist somit eine andere Fixkostendeutung notwendig, die nicht mehr den positiven und negativen fixen Kosten i m Sinne Schmalenbachs entspricht. Ebenso wie die Schmalenbachschen Fixkosten sind auch die Leerkosten der subjektiv-induktiven Kostentheoretiker als Kontrollmaßstäbe zum Zwecke einer ständigen Überwachung der Produktion nach dem Gewinnmaximierungsprinzip nicht brauchbar. Jedoch haben die Leerkosten zum Zwecke einer Erfassung exakter Grenzkosten aus der Sicht des kausalen Kostendenkens für die Ermittlung der gewinnmaximalen Ausbringungsmenge, wobei i n der unvollständigen Konkurrenz noch die Ermittlung des gewinnmaximalen Preises hinzutritt ( = Preisfestsetzung i m Cournotschen Punkt — siehe Abb. 11! —). durchaus eine preistheoretische Bedeutung hinsichtlich einer exakteren Heraustrennung der Leerkosten aus den totalen Durchschnittskosten Kg. Die kostentheoretischen Erkenntnisse aus subjektiv-induktiver Sicht stellen somit eine Verbesserung der Schmalenbachschen mathematischen Kostenauflösungsmethode dar, was aufgrund einer exakteren, mehr der Wirklichkeit angepaßten Grenzkostenerfassung für die Ermittlung der gewinnmaximalen Ausbringungsmenge und des gewinnmaximalen Preises im Schnittpunkt der Grenzkosten K' und des Grenzerlöses E' (— siehe Abb. 11! —) von Bedeutung ist. Wenn jedoch an die Stelle der Preisfindung die Preiskontrolle nach dem Gewinnmaximierungsprinzip treten soll, dann müssen w i r zu diesem Zwecke die fixen Kosten i n Form der Abweichung der Grenzkosten K ' vom Grenzerlös E' (— siehe Abb. 11 schraffiertes Feld —) ermitteln. I n Abb. 11 gehen w i r von einer linearen Grenzkostengeraden K ' aus, die dadurch entsteht, daß w i r die betriebliche Plankostengerade Ο—BO i n Abb. 1 des 1. Kapitels unter B. Hauptteil ( = geplante Grenzkostengerade) auf die Leistungseinheit beziehen. Hierbei denken w i r an Rummel und Gutenberg, wohingegen Schneider variable Kostenverläufe anerkennt, wie w i r das i m 1. Kapitel unter 2. herausgestellt haben. Für den Fall der unvollständigen Konkurrenz mit einer von links nach rechts schräg abfallenden Preisgeraden P'i fallen Preis und Grenzerlös auseinander, wohingegen bei einer konstanten Preisgeraden P' ( = Fall der vollkommenen Konkurrenz auf atomistischen Märkten) Preis und Grenzerlös zusammenfallen, so daß i n diesem Falle das Gewinnmaximum GM i m Schnittpunkt der Grenzkosten K' m i t der Preisgeraden P' liegt, wie das aus Abb. 8 ersichtlich ist. Das bedeutsamste Moment der Grenzkostenkalkulation bei unvollkommener Kon-

Α . Die preispolitischen Verwertungsmöglichkeiten

181

kurrenz liegt darin, daß die gewinnmaximale Beschäftigung dann erreicht ist, wenn eine Übereinstimmung von Grenzkosten K ' und Grenzerlös E' (— siehe Abb. 11! —) vorliegt. Es geht dabei u m die Ermittlung des Preises i m sogenannten „Cournotschen" Punkt C, der m i t Hilfe des nach Cournot 53 benannten und zuerst von J. Robinson 54 angewandten Verfahrens konstruiert w i r d (siehe Abb. 11!). Bei unvollständiger Konkurrenz entscheiden nicht die Kosten des Grenzbetriebes m i t einem relativ kleinen Marktanteil über die Höhe des Marktpreises, wie das bei vollkommener Konkurrenz auf atomistischen Märkten der Fall ist, wo der Preis ein Datum ist, sondern die Präferenzstellung des einzelnen Betriebes gegenüber der Nachfrage bzw. die verschiedenartige morphologische Struktur des Marktes insgesamt, also die Anzahl der M a r k t teilnehmer. Die unterschiedlichen betriebsindividuellen Präferenzstellungen gegenüber der Nachfrage bzw. die Varianten der morphologischen Marktstruktur oder unternehmerischen marktpolitischen Verhaltensweisen führen dazu, daß auf dem Gesamtmarkt kein einheitlicher Grenzerlös ( = Preis) für technisch gleichartige Güter zustande kommt. Es gibt also keinen einheitlichen Preis für Güter gleicher technischer Beschaffenheit. „ . . . Während für alle Wirtschafter i m Modell vollkommener Konkurrenz der jeweilige Gleichgewichtspreis i n gleicher Höhe liegt, sind die jeweiligen Gleichgewichtspreise bei nicht vollkommener Konkurrenz — und dies ist eines der wesentlichsten Merkmale des Modells — selbst bei physikalisch homogenen Gütern unterschiedlich. Das ,Law of Indifference' nach Jevons gilt nicht, selbst wenn alle Wirtschafter des Modells sich i m Gleichgewicht befinden 55 ." Die unterschiedlichen Gleichgewichtspreise der einzelnen Wirtschafter entstehen dadurch, daß daß „ . . . die Wirtschafter jetzt individuelle Monopolbereiche haben, deren ,Größe' nach Art, Anzahl und Stärke der ihnen von der Gegenseite entgegengebrachten Präferenzen verschieden i s t , . . . " 5 e . I n Abb. 11 sehen w i r , daß nun nicht mehr die fixen Kosten i n Form einer Abweichung der Grenzkosten (K') vom Preis (P\) preispolitisch interessant sind, wie dies bei der Behandlung des Grenzkostensatzes für den Fall der vollkommenen Konkurrenz auf atomistischen Märkten zutrifft, sondern die Abweichung der Grenzkosten (K f) vom Grenzerlös (E f). A n der Höhe dieser Fixkosten ist feststellbar, wieweit der Betrieb von der gewinnmaximalen Beschäftigung (x m ) entfernt ist, 53 Cournot , Α.: Untersuchungen über mathematische Grundlagen des Reichtums, Paris 1838. Dt. Übersetzung von W. G. Waffenschmidt (Samml u n g sozialwissenschaftlicher Meister), Jena 1924, S. 48. 54 Robinson, J.: The Economics of Imperfect Competition, Repr. London 1950. 55 Gramoll, E.: Probleme der Aggregation von Angebots- und Nachfragek u r v e n f ü r Güter, Diss. Darmstadt 1957, S. 63/64. 56 Gramoll, E.: Probleme der Aggregation von Angebots- u n d Nachfragek u r v e n f ü r Güter, S. 43.

2. Kap.: Die Verwertungsmöglichkeiten der Fixkostentheorien

κ