Das Verhältnis zwischen Diatesseron, christlicher Gnosis und »Western Text«.

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Das Verhältnis zwischen Diatesseron, christlicher Gnosis und »Western Text«.

Table of contents :
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungen
Einführung
§ 1: Die Lesart Lc 7 42b im althochdeutschen Tatian
§ 2: Ermittlung von Diatessaronspuren
§ 3: Die Probleme der lukanischen Komposition 7 36-50
§ 4: Ein Agraphon zu Lc 7 47
§ 5: Paulinismus in Lc 7 36-50?
§ 6: Der Sophia-Mythos als Hintergrund einer gnostischen Auslegung
§ 7: Liebe als Ausdruck metaphysischer Qualität in der Gnosis
Ergebnis
Register

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WALTER

HENSS

DAS V E R H Ä L T N I S Z W I S C H E N DIATESSARON, C H R I S T L I C H E R G N O S I S U N D »WESTERN TEXT« E R L Ä U T E R T AN E I N E R U N K A N O N I S C H E N V E R S I O N DES G L E I C H N I S S E S VOM G N Ä D I G E N G L Ä U B I G E R M A T E R I A L I E N ZUR G E S C H I C H T E D E R P E R I K O P E V O N D E R N A M E N L O S E N S Ü N D E R I N LK 7, 36—50

1967

VERLAG ALFRED TÖPELMANN • BERLIN

B E I H E F T ZUR Z E I T S C H R I F T FÜR D I E N E U T E S T A M E N T L I C H E W I S S E N S C H A F T UND DIE KUNDE DER ÄLTEREN KIRCHE H E R A U S G E G E B E N VON WALTHER B E I H E F T 33

ELTESTER

© 1967 by Alfred Töpelmann, Berlin 30, Genthiner Straße 13 Alle Rechte des Nachdrucks, der photomechanischen Wiedergabe, der Übersetzung, der Herstellung von Mikrofilmen und Photokopien, auch auszugsweise, vorbehalten. Printed in Germany Satz und Druck: Walter de Gruyter & Co., Berlin 30 Archiv-Nr. 3825671

ERIKA ALMUT

DIETMAR

Vorwort Seit seiner Maxburger Dissertation 1953 hatte der Verfasser wiederholt Gelegenheit, als Philologe für ausgezeichnete Förderung durch die theologische Wissenschaft zu danken. Dieses Schülerverhältnis findet in der vorliegenden Arbeit erneut Ausdruck. Dem Inhalt nach wurden insbesondere die §§ 3 und 5—7 bereits im Frühjahr 1962 einem Kreis von Angehörigen verschiedener Fakultäten der hiesigen Universität vorgetragen. Während der Ausarbeitung, die sich durch erzwungene Arbeitspausen unerwartet lange hinzog, ergab sich dann aus der inzwischen erschienenen Literatur noch manches Detail. Die Korrekturnachträge reichen bis ins Jahr 1966. Herrn Professor D. Walther Eltester, dem Herausgeber, ist es zu verdanken, daß die Arbeit vom Verlag in abgerundeter Form als Monographie übernommen wurde. Die darüber geführte Korrespondenz kam der Arbeit und dem Verfasser sehr zustatten. Heidelberg, 4. Februar 1967

Inhaltsverzeichnis Seite

Vorwort

VII

Abkürzungen

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Einführung

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§ 1: § 2: § 3: § 4: § 5: § 6:

Die Lesart Lc 7 42 b im althochdeutschen Tatian Ermittlung von Diatessaronspuren Die Probleme der lukanischen Komposition 7 36-50 Ein Agraphon zu Lc 7 47 Paulinismus in Lc 7 36-50 ? Der Sophia-Mythos als Hintergrund einer gnostischen Auslegung

3 9 16 24 32 39

§ 7: Liebe als Ausdruck metaphysischer Qualität in der Gnosis

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Ergebnis

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Register

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Abkürzungen A:

Diatessaron (Diapente)

A e p h r : D i a t e s s a r o n b e i E p h r a e m (TH. ZAHN 1 8 8 1 . L . LELOIR 1 9 5 3 ff.)

Aar: Apers: Afuld: Acass: Agall:

Diatessaron Diatessaron Diatessaron Diatessaron Diatessaron

Amon: Atos: Aven: Aned:

Diatessaron Diatessaron Diatessaron Diatessaron

PH:

Diatessaron

arabisch ( A . S . M A R M A R D J I 1 9 3 5 . H . W . H O G G 1 8 9 7 ) persisch (G. M E S S I N A 1951) des Codex Fuldensis ( E . R A N K E 1 8 6 8 ) des Codex Casselanus (C. W. M. G R E I N 1869) des Codex Sangallensis (E. SIEVERS 1892) lat: Lateinische Kolumne ahd: Althochdeutsche Kolumne der Codices Monacenses A bzw. D (H. J . V O G E L S 1919) toskanisch ( V . T O D E S C O , M. V A T T A S S O , A . V A C C A R I 1938) venetianisch ( V . T O D E S C O , A . V A C C A R I 1938) niederländisch ( J . B E R G S M A 1898. D. P L O O I J U. a. 1929ff.) Handschriften: 1, s, h Pepysian Gospel Harmony (M. G O A T E S 1922).

Einführung Das Gleichnis von den zwei zahlungsunfähigen Schuldnern, denen der Gläubiger ihre differierenden Schuldsummen gleicherweise erläßt (Lc 7 4 1 - 4 3 ) , bildet mit dem Bericht über Jesu Salbung durch die Namenlose Sünderin eine Einheit (Lc 7 36-50), die in ihrem Gedankenreichtum dem Prediger unerschöpflich, dem kritischen Forscher seit je problematisch erscheint. Über traditionsgeschichtliche Bedenken kann man hier in der Tat um so eher hinwegsehen, als selbst die bewährteste Methode sich im Kombinieren scharfsinniger Analysen bald an den Grenzen dessen angelangt sieht, was Anspruch auf Verbindlichkeit erheben kann. Die folgenden Ausführungen — Ergebnis philologischer Streifzüge durch vorbildlich verwaltete Arbeitsbereiche theologischer Quellenforschung und Exegese — liefern einen Beitrag, wenn nicht zur Klärung, so doch zur Geschichte der Perikope von den frühesten Zeiten an. Im Mittelpunkt steht eine Version des Gleichnisses Lc 7 4 1 - 4 3 , die sich aus den Trümmern der Diatessaron-Uberlieferung eruieren und mit Lesarten des sogenannten »westlichen « Textes einerseits, mit Anhaltspunkten aus dem Bereich der christlichen Gnosis andererseits in Beziehung setzen läßt. Damit stößt die Untersuchung mitten hinein in einen Problemkreis, der die Forschung wieder zunehmend beschäftigt. Wie ist die sogenannte »westliche« Textform zu bewerten ? Daß dieses landläufige Attribut nichts über die Herkunft aussagt, ist lange erkannt, aber den verschiedensten Argumenten für Verbreitung und hohes Alter »westlicher« Lesarten stehen solche gegenüber, die die Überlieferungstreue dieses Texttyps in Frage stellen. Daß der »westliche« Text in den Evangelien sowohl als bester Vertreter des Urtextes wie als bloßer Gradmesser für das Nachwirken des Diatessaron angesehen worden ist, zeigt die Spannweite der Hypothesen1. Mit beiden Möglichkeiten ist im konkreten Fall tatsächlich zu rechnen, und dazwischen liegen weitere Möglichkeiten. Dafür stellt Marcion nur ein besonders ausgeprägtes Paradigma dar, wenngleich die These von einer Einwirkung Marcions auf Tatian noch nicht hinreichend ausgeräumt ist 2 . Es hat sich gezeigt, daß die Gnosis nicht nur für die frühe Auslegungsgeschichte bedeutsam war, sondern daß auch direkte Texteingriffe auf sie zurückgehen. Hierzu wird man sich der durchaus offenen Frage erinnern müssen, ob die Evangelien in den Anfängen etwa der ägyptischen Kirche in Händen von »Rechtgläubigen« gelegen haben 3 . Marcion und Tatian sind jedenfalls, unbeschadet ihrer tendenziösen Eingriffe in die Überlieferung, bereits 1

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Zur Problematik in Act vgl. jetzt etwa neben G . D. K I L P A T R I C K : An Eclectic Study of the Text of Acts, in: Biblical and Patristic Studies in Memory of R. P. Casey, 1963 p. 64ff. W A L T E R T H I E L E : Ausgewählte Beispiele zur Charakterisierung des »westlichen« Textes der Apostelgeschichte, ZNW 56 (1965), 51 ff. E. C. B L A C K M A N : Marcion and his Influence, London 1948 (p. 63. 170f.) zieht nur das arabische Diatessaron heran, dessen syrische Vorlage bereits stark von PeschittaText überlagert war. Vgl. G . S T R E C K E R in der 2 . Auflage von W A L T E R B A U E R : Rechtgläubigkeit und Ketzerei im ältesten Christentum. 1964 p. 299. Henß

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Einführung

als Marksteine des »westlichen £covTai cm: während der, der sich nur wenig vergeben zu lassen braucht, wenig (dankbare) Liebe aufbringt, muß der Frau, die davon so viel zeigt, viel vergeben sein4. Daß bei dem Versuch, aus der vorliegenden Form der Perikope lukanisches Sondergut zu erheben, diese komplizierte Hervorkehrung eines KOCAÖV Epyov hinsichtlich ihrer Ursprünglichkeit angezweifelt wird, leuchtet ein. Ein Kern davon, irgendein Tun besonderer Art, muß jedoch anerkannt werden, sofern überhaupt mit der Gleichniserzählung die dankbare Liebe eines aus Schuldenlast Befreiten im Rahmen einer bestimmten Situation veranschaulicht sein soll. Demgemäß betrachtet man den Eingang der Perikope mit Ausnahme der Salbung im wesentlichen als von Mc unabhängig: Dem im Hause eines Pharisäers beim Mahl liegenden Jesus benetzt eine weinend herzugetretene Frau schlechten Rufes unversehens die Füße mit Tränen und trocknet sie unter Küssen mit ihrem spontan gelösten Haar. Dies Geschehen begründet in der Erzählung jedenfalls den Unwillen des Pharisäers (39). Dagegen kann es nur bis zu einem gewissen Grade wegen der im Tun der Frau zum Ausdruck kommenden Ergriffenheit und rückhaltlosen Verehrung auch als Vorbereitung auf das durch die Lehrfrage des Gleichnisses aufgeworfene Problem des d y o o r ä v (42 b) gelten: Die Gleichniserzählung meint dankbare Liebe eines Entlasteten, während aus der emotionalen Hinwendung der Sünderin (37f.), nachdem jeder Gedanke an ein vorbereitetes KCCAÖV epyov sowie die damit im Zusammenhang heraufbeschworene Vorstellung von einer Fußwaschung (44) entfällt, mehr ein Suchen spricht (vgl. Lc 15 1 19 3 Mc 2 15 b), das die Situation an die Stimmungslage von Lc 15 i8f. (27f.) annähert. Das Besondere, womit die Sünderin den Pharisäer überragt, ist also gemäß der rekonstruierten Erzählung darin zu sehen, daß sie an Jesus und seine Botschaft in einer derart sich selbst preisgebenden Weise zu glauben wagt. Dies hat sie hergetrieben, ohne irgend einen konkreten Plan. Dankbare Liebe gegen Jesus mag in ihr aufkeimen, aber sie ist doch hier aus dem Zusammenhang keinesfalls mehr so offenkundig ableitbar, daß sie im Sinne von 47 b (cm r)y