Das vaterländische Gebot der Stunde: Rede gehalten am 1. August 1916 in Dresden [Reprint 2018 ed.] 9783111495927, 9783111129716

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Das vaterländische Gebot der Stunde: Rede gehalten am 1. August 1916 in Dresden [Reprint 2018 ed.]
 9783111495927, 9783111129716

Table of contents :
Deutsche Männer und Frauen!

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Das vaterländische Gebot -er Stunde. Rede von

Wilhelm Kahl.

Gehalten am 1. Rugust 1916 in Dresden.

Berlin 1916. Druck und Verlag von Georg Reimer.

Alle Rechte, insbesondere das der Über­ setzung in fremde Sprachen, vorbehalten.

Deutsche Männer und Frauen)

„An der Schwelle des dritten Kriegsjahres" haben wir uns zu einerFeiersiunde vereint, um würdig de» ernsten Tag der Erinnerung zu begehen, an dem in unvergeßlicher Abend­ stunde nach vergeblichem Ringen um de« Frieden der Kaiser das deutsche Volk zu den Waffen rufen mußte: „Das höchste Heil, das letzte liegt im Schwerte, Drück dir den Speer ins treue Her; hinein, Der Freiheit eine Gasse, wasch die Erde, Dein deutsches Land mit deinem Blute rein!"

Männer aus allen Kreisen und Richtungen habe» sich aus freiem Entschluß zusammengeta», um an diesem Tage zugleich in vielen deutschen Städten vor ihren Mitbürgern über das sich auszusprechen, was nach ihrem besten Wissen und Gewissen in der Lage der Gegenwart für das Vaterland gut und not­ wendig ist. Alle mit der einen Losung, den Geist von 1914, den Geist der Einheit, Zuversicht und Stärke im deutschen Volke aufzurufen. Mit dieser Losung will auch ich hier reden von dem vaterländischen Gebot der Stunde. Vor allem andern verlangt das Herz nach einem: nach dem Bekenntnis unbegrenzter Dankbarkeit gegen Gott, für unser Heer, für unsere Toten. Gegen Gott, „der unserer Feinde Trotz zerblitzet, der unsere Kraft uns schön erneut", dessen Gerechtigkeit über die Erde schritt, um Sieg und Niederlage zu

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verteile«. Von unserem Heere haben wir vieles, alles erwartet. Was es geleistet und erreicht, was es noch jetzt Tag und Nacht an Wundern des Heldentums verrichtet, ragt gleichwohl über alle Vorstellung hinaus. Es ist ju viel, um in die Spanne von Minuten, es ist ju groß, um würdig in ein kurjes Wott gefaßt zu werden. Alles, was da in Ost und West, zu Land und auf dem Wasser, in den Lüften und unter der Tiefe des Meeres an Tapferkeit und Pflichttreue, an Geist und Kraft, an Vaterlands­ liebe und Todesmut geschehen ist, steht wie ein Riesenbau vor unserem geistigen Auge, ein Denkmal, das in die Ewigkeiten der Geschichte ragt. Wir verneigen uns bewundernd und in heißer Dankbarkeit. Dank und Ehrfurcht unseren Toten. Wie viele hier in unserem Kreise sind, die in diesem Augenblick an ihre lieben Toten denken müssen, weiß ich nicht. Heute aber sind sie unser aller, unser Schmerz, unser Stolz, unsere Ehre, edler Same für Deutschlands Glück und Leben. Wir legen unverweMichen Lorbeer auf ihr fernes Grab. Wer einmal durch die Reihengräber unserer Gefallenen draußen wandeln oder ihre einsamen Ruhestätten grüßen durfte, ein einzelnes Grab mitten am Weg, im Acker, auf stiller Bergeshöh, im lauschigen Wald, wer gesehen hat, mit welcher Liebe und innigen Kunst die Treue der Kameraden sie schmückt und pflegt, der kann bezeugen und versichern: sie „ruhen auch in fremder Erde im Vaterland". Das Vaterland wird ihrer und der Ihren nicht vergessen. Unser Dank bleibe nicht Wort, er werde Tat. Mit dem aber, was hinter uns liegt, verbinden sich un­ mittelbar in unserer Gedankenwelt die Fragen der Zukunft: wie lange noch und wie wird es zu Ende gehen? Daran darf und will ich heute nicht vorbeireden. Es handelt sich nicht

5 darum, über irgend etwas von dem Tausenderlei zu sprechen, das der große Erivverungstag auslöst, sondern, mit stärkstem Verantwortlichkeitsbewußtsein, aber auch mit allem Freimut anzufassen, was das Lebensinteresse des Vaterlandes ist, was darum auch uns am meisten auf der Seele brennt. Der Kaiser hat heute wieder einmal in herzbewegenden Worte» zum deutsche» Volke geredet. Gn treues Echo kehre zu Ihm zurück. Zwei der Kaiserworte lassen Sie mich besonders herausgreifen: „Noch liegt Schweres vor uns." „Frei, sicher und stark wollen wir wohnen unter den Völ­ kern des Erdballs. Dieses Recht soll und wird uns niemand rauben." Das ist genau, was wir an der Schwelle eines neuen Kriegsjahres gebrauchen: das Bewußtsein von der ferneren Notwendigkeit des Kampfes und von der Gewißheit des endlichen Sieges. Auf das „wie lange noch?" könne» wir nicht Antwort geben. Es wird Sache der Feinde sein, das Zeitmaß zu be­ grenzen. Sehnsucht nach Frieden ist auch unter uns. Aber nicht sie kann entscheiden, sondern allein die Würde und das Bedürfnis des Vaterlandes. Nicht Frieden um jeden Preis. Wo immer solches Verlange« unter uns aufträte, wäre es zu bekämpfen. Voreiliger Friede würde für uns in absehbarer Zeit neuen und schwereren Krieg bedeuten. Tröste sich keiner mit der allgemeinen Erwartung: sie werden sich nach den Schlägen, die sie bekommen haben, schon hüten, so bald wieder mit uns anzufangen. Sie werden sich nur dann hüten, wenn der Kampf durchgekämpft ist, wenn ihnen aus eigener Erfahrung die Ein­ sicht gekommen ist, daß sie nie und nimmer ihr Ziel erreichen können, wenn aus dieser Einsicht der Entschluß erwachsen ist.

6 Frieden ju mächen und ju halten. So lange müssen wir kämpfen. Hat heute vor zwei Jahren, als wir in heiliger Not und Begeisterung uns gelobten, das Vaterland zu retten mit Gut und Blut, hat einer von uns anders gedacht? Keiner! So können wir auch heute nicht anders wollen. Nicht weichherzig, nicht zag, nicht müd, nicht flau. Die Tagesfrage „Wie lange noch?" ist berechtigt. Aber nicht in der Stimrnung drängender Ungeduld, sondern mit dem Willen kraftvollen Beharrens. Freilich, wir machen uns keine Täuschungeu vor. Wir können die Wahrheit ertrage«. Wir sind auf jede Dauer gefaßt. Wohl gibt es auch in der Weltgeschichte Überraschungen. Der Krieg selbst war so eine. So klammern sich manche an die Hoffnung, auch der Friede könnte überraschend kommen, und legen sich aufs Prophezeien. Kann sein, daß auch der Friede uns uner­ wartet grüßt. Aber es ist besser, de» Dingen ins Auge zu sehen, wie sie sind, und sich die Wahrscheinlichkeiten aus Tatsachen zu berechnen. Da liegt zunächst vor, daß der deutsche Kanzler in seinen herrlichen und großzügigen Reden vom August und Dezember 1915 deutlich hat erkennen lassen, daß Verhandlungen dann an unserer Bereitwilligkeit nicht scheitern werden, wenn die Feinde die Tatsachen anerkennen und an der Hand der Kriegskarte Frieden schließen wollen. Die Antwort Hohn, Anmaßung, Be­ schimpfung. So wurde die Unterhaltung zwischen den Staats­ männern hin und her über den Kanal als zwecklos aufgegeben. Die Lehre auch hier: „Das höchste Hell, das letzte liegt im Schwerte." Die Zeit scheint noch nicht erfüllt, der Boden noch nicht empfänglich für Friede». Und warum? Ich sehe drei Htndemtffe.

7 Da ist vor allem die Kriegslage selbst. Wir stehen auf dem Höhepunkt des Kampfes. Ein furchtbares Ringen um Sein und Nichtsein wütet seit Wochen an allen Fronten in Ost und West. Der so oft angedrohte allgemeine Angriff hat endlich eingesetzt und, wie wir anerkennen müssen, mit den denkbar stärksten Machtmitteln der Feinde. Trotz Verlustes von Millio­ nen an Menschen, von unermeßlichem Material, von Land und Gebiet sind sie mit einer Stoßkraft vorgebrochen, die aufzuhalten eben nur der unvergleichlichen Tapferkeit des deutschen Heeres möglich war. Die Völkerquellen Rußlands scheinen in Wahrheit unerschöpflich. Wir Laten hatten jedenfalls kaum geglaubt, daß es imstande sein werde, noch einmal zu solchem Angriff auszu­ holen. Das hinterlistige Japan hilft; ihm hat es die Vor­ herrschaft im Oste« verbrieft und verschriebe», nur um jetzt über seine Kanonen und Offiziere zu verfügen. Staunenswert ist die Widerstandskraft Frankreichs. Es opfert rücksichtslos die eigene Jugend und weiß aus dem schwarzen Erdteil immer neue Hilfstruppen zu ziehe». Die Zahl der Sprachen und Dialekte, die von unseren Gefangenen aus Rußland und Frankreich ge­ redet werden, beträgt schon jetzt über fünfzig. England aber hat sich aufgerafft, hat ein mächtiges Landheer geschaffen und sich endlich dazu entschließen müssen, nicht bloß andere für sich blute» zu lassen. In fieberhafter Tätigkeit haben seine Fabriken Millionen von Geschossen geliefert. Es verschleudert sie mit der Munition Amerikas, ohne die der Krieg schon längst zu Ende wäre. Die Feinde sind noch stark. Unsere Ehrlichkeit und unser Krastgefühl gestatten uns, das ruhig anzuerkennen. Wir brauchen nicht zur Belebung des eigenen Mutes die Stärke des Gegners herabzusetzen, wie die Feinde ihrerseits es tun. Wird

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der Höhepunkt ei» Wendepunkt sein? Wird er FriedensNeigung wecken? Möglich immerhin, daß die Erkenntnis von der Aussichtslosigkeit erwacht und wächst. Mer es liegen auch Avjeichen vor, die noch eher darauf schließen lasse», daß der Trotz sich steigert und die Kriegswut mit ihm. Da liegt ein zweites Friedenshemmnis: die Stimmung der Feinde. Die Völkerpsychologie unter ihnen ist nicht einfach. Zwar sind die Erwartungen ihres Zukunstssteges zweifellos herabgesiimmt. Von Zerstückelung und Austestung des Reiches ist kaum mehr die Rede. Aber die deutsche Niederlage ist ihnen dennoch gewiß. Vernichtung des preußische» Militarismus, Hinauswerfen aus allen besetzte» Gebieten, Rückgabe von Elsaß-Lothringen, Zahlung einer Kriegsentschädigung, die jüngst ein englisches Finavzblatt auf 8 Milliarde« für Jahr und lange» Zeitraum berechnet hat, sind noch heute die stehenden Pvntte ihres Friedensprogramms. Und wie lauten die ge­ legentlichen Glückwunschtelegramme ihrer Staatshäupter, wie die Orakel der Staatsmänner in London, Paris, Petersburg und Rom, wie hat der französische Präsident noch jüngst am 14. Juli geredet! Im Angesichte der Tatsachen oft uvfaßlich, oft unbegreiflich! Zwei Erklärungen sind möglich. Entweder der zur Schau getragene Siegesglaube ist ehrlich und wahr, er ist so aufrichtig und tief, daß er Friedevsgedavken um jeden Preis verschlingt und im Keime erstickt. Dan« allerdings droht es ein Erschöpfungskrieg zu werden, und ein Ende ist kaum abzusehen. Oder aber das trotzige Gerede ist Lüge der Könige und Staatsmänner, bewußte Täuschung der Völker, Angst vor der Wahrheit und schrecklichen Wirklichkest. Dann sind ihre Totengräber schon vor der Tür.

9 Dabei ist allerdings die Lage in den einzelnen Staaten nicht völlig gleich. In Rußland folgt das Volk dem „hohlen Wink des Herrschers". Der Zar die Puppe der Soldateska. Die Horden von Millionen ahnen nicht, warum sie in den Krieg ziehen: weil Väterchen es will. Gehen sie nicht freiwillig, werden sie mit Kartätschen getrieben. Ein Heißhunger nach Frieden wird in dem arme» Volke wohl vorhanden sein. Eine Friedensregung ist nicht möglich. In Frankreich und Italien ist die Lage ungefähr gleich. König und Präsident kämpfen um ihren Kopf. Mit einem System von Lug und Trug wird die Wahrheit nieder­ gehalten. Die Verluste werden verschwiegen, immer neue Vor­ spiegelungen erfunden, um die Hoffnung zu beleben und Erfolge, Sieg, Triumph in Aussicht zu stellen. Wirkliche vorübergehende Erfolge werden aufgebauscht. Der leicht bewegliche und eitle Romane glaubt, was er wünscht. Alle Leidenschaften werden aufgepeitscht, um gegen die Feinde zu schüren. Frankreich betet sich selbst an, Italien berauscht sich am Deutschenhaß. Kein Mittel ist zu schlecht, keine Verleumdung groß genug. Denn der Tag der Wahrheit würde der Tag des Gerichts. Daher darf man auch gegen besseres Wissen und Gewissen Friedensstimmung nicht aufkommen lassen. Sicher lebt sie auch dort in gequälten oder einsichtigen Kreisen. Aber könnte sie sich durchsetzen, so wäre es mit der Herrschaft und Herrlichkeit vorbei. In England aber ist der hochfahrende Ton der Grey und Genossen der Wut­ schrei des enttäuschten Schuldigen, der seinen listigen Anschlag vereitelt, seine Hoffnungen vernichtet, seine Weltmacht versinken, sein Verbrechen gerichtet sieht. Wie ist doch alles so anders ge­ kommen, als der biedere Krämer sich gedacht hat. „Ich sitze auf meiner Insel, niemand kann mir bei. Ich schicke nach Frankreich

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die versprochenen 150000 Mann und sehe im übrigen nach ge­ schichtlicher Gewohnheit zu, wie die anderen sich jerfleischen. Ich spiele mich als Beschützer der Kleinen auf und werde dabei nicht viel mehr zu riskieren haben, als wenn ich am Kriege nicht be­ teiligt wäre. Durch meine unüberwindliche Kriegsflotte hole ich die deutschen Schiffe wie Ratten aus den Löchern, sperre die Meere und hungere Deutschland durch Blockade aus." So ungefähr der Plan. Zwar hat England unter allen Feinde» noch am wenigsten abbekommen. Es hat stellenweise sogar gute Geschäfte gemacht; es hat unsere Kolonien abschneiden und in der Wegnahme wehrloser griechischer Inseln sich wertvolle Pfänder sichern können. Aber man schätze es nicht zu hoch! Im Rechnungsabschluß steht dem Haben ein gewaltiges Soll gegen­ über. Statt der Hunderttausende mußte man die verhaßte Wehrpflicht auf sich nehmen und Millionen aufstellen. Die Dichtung von der Unangreifbarkeit der Insel ist zerstört, die unbesiegbare Flotte, wo sie sich zum Kampf auf offenem Meere gestellt hat, mit blutigen Wunden heimgeschickt. Die Blockade will nicht effektiv werden und Deutschland nicht verhungern. Wie durch ein Wunder hat es die Sperrkette durchbrochen und Handelsbeziehungen mit dem für solche Dinge stets empfäng­ lichen Freunde Englands angeknüpft. Die aufgezwungene Generaloffensive ist mit blutigen Opfern stecken geblieben. Die lästigen Verbündeten fordern Geld auf Geld, Opfer auf Opfer. Am eigenen Leibe ist das irische Geschwür aufgebrochen. An den selbstlosen Schutz der „Kleinen" glauben seit Griechen­ lands Schicksal auch die Neutralen nicht mehr. In Mesopota­ mien hat man kapituliere» müssen, das Kaisertum in Indien hat zum mindesten an Ansehen und Vertrauen eingebüßt, und

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über der Zukunst Ägyptens schwebt »och immer ein geheimnis­ volles, ein unheimliches Dunkel. Lauter unerwartete KriegsWirkungen. Das alles ist noch viel zu wenig, um England zum Frieden zu zwingen; aber es ist schon viel zu viel, um in England selbst die amtliche Neigung zum Frieden aufkommen zu lassen. Allmählich ist die Ehre im Spiel. Soviel kann man sagen: die Weltstellung ist in ihren Grundfesten erschüttert. Die englischen Staatsmänner, die dafür die Verantwortlichkeit tragen, können in dieser Lage sich schwer entschließen, die Hand zum Frieden zu bieten. Und seien wir offen: auch in Deutsch­ land ist England gegenüber die geringste Friedens­ neigung. Allgemein ist im deutschen Volke das Gefühl, daß mit diesem Drahtzieher des Weltkrieges noch nicht genügend abgerechnet ist. Absichtlich greife ich hier nicht näher auf das zurück, was noch vor kurzem trennend zwischen den deutschen Patrioten stand und vielleicht im stillen noch heute steht. Offen spreche ich für mich nach innerster Überzeugung aus, dankbar erkannt zu haben, daß zurzeit sich das Verhängnis eines Krieges mit Amerika abwenden ließ. Aber ebenso fest und vertrauensvoll stehe ich zum Kanzlerwort, daß, wenn die Voraussetzungen, unter denen unsere Zurückhaltung erfolgt ist, sich nicht erfüllen, wir England gegenüber vor einer neuen Lage stehen. Ob und wann solche Lage gegeben sei, kann nur der entscheiden, der das Ganze übersteht. Ich verzeichne es hier nur als Wetter­ zeichen dafür, daß der Friedensbarometer noch auf der Tiefe sieht, solange es nicht auf irgendeinem Wege gelingt, an der Stelle Friedensbedürfnis zu erwecken, an der das Hindernis aller Hindernisse zum Frieden lauert.

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Noch ein drittes erschwerendes kommt hinju: die äußere Form des künftigen Friedens, man hat es „die Technik des Friedensschlusses" genannt. Mit eiserner Klammer hat England seine Verbündeten an sich geschmiedet: keine Sonder­ frieden!

Der Londoner Vertrag ist Schwäche- und Raubver-

sicherung auf Gegenseitigkeit. Auch wir und unsere Verbünde­ ten werde» keine Einjelfrieden schließen. Es liegt schon in der ethischen Natur der Waffenbrüderschaft. Dort hat man es sich urkundlich angeloben müssen. Denn England hatte das sehr richtige Gefühl, daß doch ein Zeitpunkt kommen könnte, an dem die Interessen der heiligen Einigkeit stark auseinandergehen. Das Band wird auch noch eine ganje Zeit jusammenhalten. Das Solidaritätsgefühl der Bösewichte ist »ach Erfahrung immer fest. Dritten brechen sie schamlos Treu und Glauben. Untereinander halten sie zusammen. An und für sich ist es nicht neu und kaum bemerkeuswett, daß Kriegsverbündete sich aus­ bedingen, keine Sonderfrieden abzuschließen. Hier aber kommt der Sache eine eigenattige Bedeutung zu. Denn was ist der Zweck? England hat es sich fein ausgedacht. Sobald sein eige­ nes Interesse Frieden fordert oder zuläßt, wird es mit allen Helfershelfern einen Weltfriedenskongreß in Szene setzen, um womöglich durch Mehrheitsabstimmuvg die aus de» Fugen gegangene europäische Staatenordnung nach seinem Geschmacke wieder einzurichten. Auf diesem Kongreß erscheinen dann alle Feinde einschließlich Japans, des Mördersiaates, des Königs außer Dienst Nikita, womöglich auch des Spielers von Monaco und alle braven und befreundeten Neutralen. Zweck: Deutsch­ land den Siegespreis aus der Hand zu nehmen. Daß daraus niemals etwas wird und werden kann, wissen wir

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Deutsche ganz gewiß. Einen „Wiener Kongreß" in zweiter und verschlechterter Auflage wollen wir nicht. Daß aber ein erhebliches Hindernis des Friedens auch in diesem genossenschaftlichen Be­ triebe unserer Feinde liegt, verschleiern wir uns nicht. Nament­ lich nicht die Gefahr, daß ein freundgefälliger Neutraler sich schon finden läßt, der im günstigen Augenblicke bereit ist, als Friedensstifter mit dem großartigen Gedanken eines Weltkon­ gresses vorzutreten. Es gibt ja jetzt schon Kandidaten, die sich in die Rolle des Friedensbeglückers einarbeiten und sich darin Wohlgefallen. Lehnen wir dann ab, dann ist ja sonnenklar be­ wiesen, wer der eigentliche Friedensstörer ist. Gott behüte uns vor solchen Freunden, mit de» Feinden wollen wir schon fertig werden. Aber man muß sich nicht verbergen: auch nach Seite der völkerrechtlichen Formen wird der Friedensschluß in seiner Art so schwer sein wie der Krieg. Warum ich das alles sage? Gewiß nicht, um uns sorglich zu stimme», sondern um im Namen aller Zeugnis abzu­ legen, daß wir stark genug sind, der Wahrheit ins Angesicht zu sehen. Wir wollen uns nichts vorspiegeln. „Noch liegt Schweres vor uns." Die Schlußfolgerung auch hier nur: „Das höchste Heil, das letzte liegt im Schwerte." Wir fürchten nicht die Macht der Feinde, nicht ihr haßerfülltes Lügevsysiem, nicht ihre Blutsbrüderschast. Wir glauben an den Sieg unserer Waffen. Die Zahl macht's nicht allein, sondern der Geist. Dieser unerschütterliche Glaube an den Sieg ist nicht Vermessenheit, er ist die Gewißheit von unserer gerechten Sache, das auf ein gutes Gewissen sich stützende Vertrauen unserer Kraft. Die Lügengewebe werden doch zerreißen. Laß die Kraft der Feinde erst weiter gebrochen sein, die Schurkerei ihrer Könige und Staatsmänner wird sich offen-

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baren. Der uns angedrohte Krieg nach dem Kriege wird an der wirtschaftlichen Kraft des Reichs, an deutschem Fleiß, an der Güte deutscher Arbeit scheitern. Auch die heilige Eintracht wird in Trümmer gehen. Die Erkenntnis von den Sklavenketten Englands wird sich durchsetzen. Die Völker werden das Selbstbestimmungsrecht über ihr Schicksal nehmen, und die Bahn zum Frieden wird frei werden! Wir übersehen die Wege jum Ziel noch nicht, aber die Weltgeschichte wird sie weisen. Die Stunde des sieghaften Friedens wird schlage»! Und wie soll er dann aussehen? — die Grundfrage, die alle bewegt. Ich gehe an ihr nicht vorbei. Jeder weiß, daß über Friedensbedingungen, die wir den Feinden aufzulegen hoffen, jetzt noch nicht ungebunden öffentlich zu reden ist. Von vielen wird das getadelt. Ich meine, daß man auch darüber sollte verschieden denken dürfen, ohne sich gegenseitig zu verdächtigen und mit Vorwürfen zu überschütten. Ich achte voll die ab­ weichende Ansicht. Meinerseits aber erkenne ich es zur Stunde noch als ein notwendiges Opfer der Vaterlandsliebe, die Selbst­ beschränkung willig zu tragen. Ich trage sie wahrlich nicht aus Geringschätzung der Würdigkeit und staatsbürgerlichen Freiheit des deutsche» Volkes. Ein Volk, das solche Opfer gebracht hat und bringt, darf Vertrauen fordern, ein Volk, das so vieles geleistet hat und leistet, ist zur Mitwirkung bei seinem Frieden reif. Ebensowenig verkenne ich den hohen Gewinn, den das erlösende Wort von der öffentlichen Freigabe der Friedensziele bringen würde. Ich sehne es herbei! Für die innere Klärung der Lage wäre es ei« Segen. Zwar wird es zuerst ein ver­ wirrendes Bündel von Meinungen sein. Aber wir kämen hin­ durch. Es würde sich herausstellen, daß in Wahrheit die Gegen-

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sähe so tiefgehende überhaupt nicht sind, als es zuzeiten scheint, daß es weniger Grundsätze als Maßfragev sind, die uns trennen, daß der weit überwiegende Teil des deutschen Bürgertums auf einer kraftvollen und gesunden mittleren Linie von Erwartungen und Ansprüchen sich hält, daß vieles auf Mißverständnissen be­ ruhte, indem der eine unter „Annexionen" dies, der andere anderes verstanden hat. Selbstbeschränkung scheint mir noch jetzt geboten allein um der Kriegslage, um der Feinde willen. Denn das ist doch sicher und gewiß, die Feinde werden aus dem Blätter­ walde der deutschen Stimmen kraft des unfehlbar wirkenden Zwangsapparats der Lüge und Unterdrückung eben nur das heraussuchen und verwerten, was ihren dunklen Zwecken paßt. Lauteten jene schwachmütig und bescheiden deutsch nach früherem Stil — und auch an solchen fehlt's ja leider nicht —, so verbreiten sie jubelnd unsere Kriegsmüdigkeit und schüren die schon erloschene Flamme des Selbstvertrauens zu neuem Brand. Lauten sie aber fest und stark, so wie es die Sicherheit der Zukunft verlangt, oder gingen sie gar über erreichbare Ziele hinaus, so schreie» die Feinde in die Welt: da seht ihr die Eroberungs­ sucht der Deutschen, und peitschen die Leidenschaft des Wider­ standes zum Äußersten auf. In beiden Fällen Verlängerung des Krieges. Mit neue» skrupellosen Verdächtigungen bei allen Neutralen würden wir zu rechnen haben, und der Lügenapparat wird sich der Methode bedienen, die Stimmen einzelner bald für die Meinung des Volkes, bald der Regierung und umgekehrt in Kurs zu setze», ganz so, wie es ihnen paßt. Dieser gewissen Gefahr gegenüber halte ich es für Pflicht der persönlichen Selbst­ zucht und der vaterländischen Disziplin des Bürgertums, mit Vertrauen dem Kaiser und dem Kanzler die Bestimmung des Zeit-

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Punktes zu überlassen, in dem die Rede ganz freigegeben werden kann. Dieses Vertrauen wird nicht getäuscht werden. Hieran zu zweifeln, ist kein Grund. Es wäre auch nicht würdig der großen Zeit. Es mag nichts schaden, von Zeit zu Zeit die Forderung wieder anzumelden. Darin wird und darf die Reichs­ regierung nichts anderes erkennen als die Liebe und Sorge der Deutschen für ihr Reich. Aber man mache die Frage nicht zu einem Gegensatze zwischen Regierung und Volk — n«r jetzt nicht! Dem Feinde gegenüber ist die Hauptsache die ge­ schlossene Einheit des Siegeswillens des ganzen Volkes, so wie sie vom ersten bis zum letzten uns durchglüht und nachhalten wird bis zur Höhe des Sieges. Überdies tappen wir doch nicht so im Dunkeln, wie es nach manchem Notschrei scheine» könnte. Hochgemute, herrliche Kaiserworte, feierliche Erklärungen des Kanzlers vor dem ganzen Volke machen uns dessen gewiß, daß es nur ein Friede sein wird, den die Ehre erträgt, der die Opfer lohnt, der die Zukunft verbürgt! Davon darf man reden. Darf ich wenige Sätze aus des Kanzlers erlösender Rede vom 5. April 1916 wiederholen? „Sinn und Ziel jedes Krieges ist uns ein Deutsch­ land, so festgefügt, so stark geschirmt, daß niemand wieder in die Versuchung gerät, uns vernichten zu wollen." „Zu unserer Ver­ teidigung sind wir ausgezogen. Aberdas, was war, ist nicht mehr. Die Geschichte ist mit ehernen Schritten vorwärts gegangen. Es gibt kein Zurück." „Den Zustand wie vorher kennt nach so unge­ heuren Geschehnisse» die Geschichte nicht. Das Polen nach dem Kriege wird ei» neues sein." „Deutschland wird nicht die von ihm und seinen Bundesgenossen befreiten Völker zwischen der Baltischen See und den Wolhynischen Sümpfen freiwillig

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wieder dem Regiment der Reaktionäre Rußlands ausliefern, mögen sie Polen, Litauer, Balte» oder Letten sein. Nein, Rußland darf nicht zum zweiten Male sein Heer an der unge­ schützten Grenze Ost- und Westpreußens aufmarschieren lassen, nicht noch einmal auch sich mit französischem Gelde das Weichsel­ land als Einfallstor in das ungeschützte Deutschland einrichte» lassen." „Kann jemand glauben, daß wir die im Westen be­ setzten Länder, auf denen das Blut des Volkes geflossen ist, ohne völlige Sicherung für unsere Zukunft preisgeben werden?! Wir werden uns reale Garantien dafür schaffen, daß Belgien nicht englisch-französischer Vasallenstaat, nicht militärisch und wirtschaftlich als Bollwerk gegen Deutschland ausgebaut wird. Auch hier gibt es keinen früheren Stand. Auch hier kann Deutsch­ land den lange niedergehaltenen vlämischen Volksstamm nicht wieder der Verwelschung preisgeben. Es muß ihm eine gesunde, breite, seiner Anlage entsprechende Entwicklung auf der Grund­ lage seiner niederländischen Sprache und Eigenheit sichern." „Das endgültige Schicksal der Kolonien wird, wie Bismarck sagte, hier auf dem Kontinent entschieden, und unsere Siege auf dem Kontinent werden uns einen Kolonialbesitz sichern und der unverwüstlichen deutschen Unternehmungslust eine neue frucht­ bringende Tätigkeit eröffnen." Das sind Kriegsziele, die wir kennen und wissen. In alledem sind wir eins und sind fest entschlossen, darauf zu bestehen. Stellen wir doch dieses Einheitsbewußtsein in den Vordergrund. Alle guten Deutsche» wollen einen Frieden, der uns stark und stärker macht. Die Friedensfrage ist keine Frage der Parteien. Unmöglich aber läßt sich, solange das furchtbar blutige Ringen währt, schon jetzt das Ausmaß i m e i n z e l neu übersehen. „Das höchste Heil, das letzte liegt im Schwerte." Kahl, Gebot der Stunde.

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Bei ihm auch die letzte Entscheidung über das einzelne des Friedens. Prüfen wir dies einzelne schon jetzt, belehren wir uns gegenseitig im geschlossenen Kreis von Freund und Gegner, aber machen wir es nicht zum Anlaß des Mißtrauens und des Bürgerzankes. Und vergesse keiner: ein Friede, der die Vor­ stellungen und Ideale eines jeden Deutschen verwirklicht, kommt freilich niemals zustande. Das Recht, Frieden zu schlie­ ßen, sieht nach der Reichsverfassung dem Kaiser zu. Für gewisse Bestandteile eines Friedensschlusses bedarf er der Mitwirkung von Reichstag und Bundesrat. Die Mitwirkung des „deutschen Volkes" zum Friedensschluß kann also nur darin bestehen, daß diesen entscheidenden Stellen die wahre Meinung und ehrliche Sehnsucht aller Volkskreise rechtzeitig vermittelt werde. Darin ist noch nichts versäumt! Aber die letzte Verantwortlichkeit vor Gott, vor dem Volke, vor der Geschichte trägt die Reichsregierung allein, muß sie tragen! Diese Verantwortlichkeit ist eine ungeheure, eine, wie sie noch auf keines Deutschen Schultern lag. Wir wollen eine Reichsregierung so klar, so stark, so ent­ schlossen, daß sie diese Verantwortlichkeit letzten Endes allein trage» kann und will, unbeeinflußt von rechts und links, von den Strömungen des Tages, von den Parteien. Eine solche Reichsregierung hat das Volk hinter sich. Darauf kann sie sich verlassen. Fasse ich alles noch einmal zusammen, so ist, was den Frieden angeht, das Gebot der Stunde: wir dulden keine Flaumacher, keine Schwarzseher, keine Schwachmütigen. Wir wollen einen ehrlichen deutschen Frieden, einen, der uns stärker macht gegen hinterlistige Feinde in Ost und West, der wenigstens die Opfer an Gut uns ehrenhaft entlohnt — denn

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die Opfer an Blut find nicht ju lohnen: Väter und Söhne und Enkel gibt uns niemand wieder; einen Frieden, der die Welt­ stellung des Reiches sichert, der verbürgt, daß deutsche Arbeit, deutscher Geist und deutscher Fleiß im Wettbewerb der Völker freie Bahn, zu Land, zu Meer behaupten. Aber halten wir uns fern von Ungerechtigkeit und leeren Träumen; halten wir uns an das, was gerecht und was erreichbar ist. Hoffen wir mit Besonnenheit. Indem wir den sittlichen Mut zu solcher Zügelung aller Leidenschaftlichkeit bekennen und verlangen, tun wir unserem deutschen Volke für jetzt und alle Zukunft den besten Dienst. Für jetzt: wir bewahren es vor Enttäuschung und Uber­ hebung. Für die Zukunft: wir rechtfertigen, daß in der Welt das deutsche Volk der Hort des Friedens und der Gerechtigkeit ist. Das Vertrauen und die Führung unter den Völkern wird chm zufallen. Das wäre ein Friede, der in Wahrheit die Zukunft verbürgt. Ihn wollen wir! Ihn werden wir haben! „Frei, sicher und stark wollen wir wohnen unter den Völkem des Erdballs. Dieses Recht soll und wird uns niemand rauben." Aber auf dem mühsamen Wege dahin brauchen auch wir daheim noch allerlei Rüstung, Wehr und Waffen. Davon zum Schluß ein kurzes Wort. Wir brauchen die Fortdauer des Opfersinns, des Vertrauens, der Einigkeit. Sorgen wir, daß an diesem Kapital von 1914 nichts verloren geht. Ich rede nicht weiter von den Opfern an Geld und Gut. Was daran das deutsche Volk auf dem Altar des Vaterlandes dargebracht hat, ist so groß und stark, daß Worte des Lobes versagen! Es wird darin auch weiter seine Schuldigkeit tun und alle neuen Proben seiner Kraft bestehen. Dringlicher schon

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ist der Appell an de» Opferst»», wo es sich darum handelt, daß der einzelne die durch die Not des Krieges ihm zugemuteten Unbequemlichkeiten oder Einschränkungen des Tages willig etträgt. Gewiß, es ist oft schwer. Aber vergesse man in keiner Lage und Stunde, wie es geworden wäre, wären die Feinde Herren im deutschen Lande! Dan» bliebe» dir, deutsches Volk, die Brocken, die von des Herrn Tische fielen. Dann wurdest du Bettler, preisgegeben der Gemeinheit der Kosaken, der Grausam­ keit der Franzosen, dem Hochmut der Engländer. Da ist auch das kärglichere Mahl am freien Tisch doch köstliche Labe! Be­ kömmlich überdies. Auch für die Zukunft muß aus dieser Schule ein Gewinn abfallen. Die Lebenshaltung war zu üppig ge­ worden. Wir müssen einfacher bleiben. Es ist der Kernpunkt der sozialen Frage. Und werfen wir das Vertrauen nicht weg. Jeder weiß und fühlt, was ich nicht meine. Ich rede nicht von „blindem Ver­ trauen", das keines freien Volkes würdig ist. Ich meine jene Grundsiimmung, die sich zwar mit rücksichtslosem Wahr­ heitssinn das Urteil vorbehält und, wo Kritik Gewissevspflicht geworden ist, sie furchtlos übt, die aber nicht den freudigen Glauben an die Zukunft verliert, weil die Not der Gegenwart Schweres zu tragen gibt. Sich hier einstweilen zu bescheiden, ist nicht Personenkult, ist Vaterlandsdienst. Die Beschränkung der staatsbürgerlichen Rechte, die Zensur und alles, was damit zusammenhängt, liegt wie ein Alpdruck, wie eine Zentnerlast auf unserem öffentlichen Leben. Die Gesetz­ gebung, auf der solcher Zustand der Dinge beruht, ist veraltet, auf andere Voraussetzungen abgestellt, als sie der großen Gegenwart entsprechen, auch ihre Anwendung durch die Be-

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Hörde« war nicht in allen Fällen gerecht und nach dem großen Geist der Zeit. Dies ju verbessern, bleibt Zukunftsaufgabe des freien Bürgertums. Aber verlieren wir darum nicht für heute, in der Schicksalsstunde des deutschen Volkes, in der es um Tod und Leben geht, Vertrauen, Freudigkeit, Geduld. Vergessen wir billig nicht die harten politischen Notwendigkeiten, unter denen die Verantwortlichkeit der leitenden Staatsmänner selber sieht. Vergessen wir nicht die Stütze der Autorität, die die eiserne Zeit erfordert und bedingt. Vergessen wir nicht die segensreiche Kehrseite allen Zwanges, die Ordnung und die Organisation, der unser Volkstum zum Schrecken unserer Feinde die eherne Ge­ schlossenheit, die unversiegliche Kraft, die Unüberwindlichkeit verdankt. Und messen wir auch unsere Lage an der der Feinde selbst. Das deutsche Volk ist doch das freieste der Welt, frei in seiner Selbstbestimmung schon dadurch, daß ihm die Wahrheit nicht vorenthalten wird und daß es unter allen Umständen auf die Ehrlichkeit seiner Staatsleitung sich ver­ lassen kann! Endlich aber halten wir weiter die Einigkeit im Geist von 1914. Wir wollten ihn doch hinüberrettev in die Zeit des Friedens. Da darf er nicht schon während des Krieges sich verflüchtigen. Die unerwartet lange Dauer des Krieges wäre keine Entschuldigung! Gewiß läßt sich die Feierstimmung einer großen Zeit bei einem großen Volke nicht jahrelang auf gleicher Höhe halten. Das wird zur Einigkeit auch nicht verlangt. Der Alltag und die wirtschaftlichen Sorgen fordern nüchtern ihre Rechte, und es ist natürlich, daß die innerpolitischen Gegensätze der Parteien wieder aufeinanderstoßen. Kein Vernünftiger hat es anders erwartet. Durch ehrlichen, politischen Kampf geht

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nicht die Einigkeit in der nationalen Lebensfrage zugrunde. Es handelt sich um anderes: um die Methode des Streites und um den Gegenstand, auf den er sich vor allem wirft. In feiltet Methode darf er nicht die vornehme Art der Sachlichkeit verlieren, sich nicht des Mißtrauens und der üblen Nachrede be­ dienen.

Zum Gegenstände darf er sich nicht wählen, was uns

vor allem einigen muß, sieghaften Frieden.

Wäre der Feind

im Lande und wären wir in Not, so wären wir bis zum letzten Mann in Wahrheit ein einig Volk von Brüdem. Nun wir auf der Siegesbahn laufen, dürfen wir uns nicht entzweien.

So

fassen wir den Entschluß, daß jeder an seinem Teile seine Schuldig­ keit tut, die Einigkeit in diesem Sinne zu hüten.

Dann halten

wir freudig durch. Dann wird der Friede stark und gut. Dann findet die große Stunde ein großes Volk. Dann danken wir den Toten durch die Tat.

Dann ist de» Lebenden das Reich ge­

sichert. Die Wiederkehr des ersten August ist die gegebene Ge­ legenheit.

Lasse keiner sie ungenützt vorübergehen.

das vaterländische Gebot der Stunde. durch in deutscher Treue bis zum Siegestag. Das letzte Heil im Schwerte!

Das ist

Jeder halte

Bis dahin gilt:

Verlag von Georg Reimer in verlm

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Die letzten Etappen zum Weltkrieg Deutschland und die große Politik 1914 von

Dr. Theodor Schiemann Professor an der Universität Berlin

preis geheftet ITT. 6.—

Gebunden NT. 7.—

Oer Band bringt dem Leser die Etappen, durch welche die große, von England geführte Derschwö, rung der Welt den Krieg aufzwang, unter dem jetzt alle. Kriegführende wie Neutrale, zu leiden haben und dessen Ziel es sein sollte, vor allem die zentrale Machtstellung Deutschlands zu brechen und nebenher die orientalische Frage in einem Sinne zu lösen, der den Untergang Osterreich-UngarnS und die Teilung des türkischen Reiches nach sich zu ziehen bestimmt war.

Im Kriegszustand Die Umformung des öffentlichen Lebens in der ersten Kriegswoche von

Dr. J. Jaftcom

Professor an der Universität Berlin

preis geheftet M. 3.60

Gebunden ITT. 4.60

Niemals vorher ist die Tätigkeit eines Volkes im Kriegszustand historisch aufgezeichnet worden; dies Buch, das eine Darstellung der Leistungen unseres Volkes im Kriegszustand gibt, ist das erste seiner Art. Wie gewaltig die Größe dieser Leistungen ist, wird dem Leser am leichtesten klar, wenn er erwägt, daß das, was hier beschrieben ist, nur den kurzen Zeitraum einer Woche umfaßt.

Der Weltkrieg 1914/15 und der „Zusammenbruch des Völkerrechts" Eine klbwehr- und Anklageschrift gegen die Kriegführung des Dreiverbandes von

Dr. £. Müller-Meiningen

©berlandesgerlchtsrat, Mitglied des Reichstags

Preis geheftet ITT. 7 —

3. kluftage

Gebunden ITT. 8.—

Dies Buch ist nicht nur eine völkerrechtliche Anklage gegen die barbarische Kriegführung des Dreiverbandes, sondern auch eine Ehrenrettung der deutschen Kriegführung gegen die Verleum, düngen unserer Gegner; es wendet sich an die weitesten Kreise des deutschen Volkes, an jeden auch im neutralen AuSlande, dem an einer objektiven Berichterstattung und an dem Siege der Wahrheit über die Lüge und Heuchelei gelegen ist; möge es eine Waffe der Aufklärung für deutsche Sitte und deutsche Rechtsliebe sein!

Verlag von Georg Neimer in Berlin W10

Mitteleuropa von

Friedrich Naumann preis geheftet M. 3.—

ln Pappband gebunden M. 3.50

In diesem Buche stellt Dr. Fr. Naumann den Staaten Mitteleuropas, die jetzt durch Helden, haften Kampf verbündet stnd, eine gemeinsame Zukunft vor Augen. Er redet von der Menschheit-, gruppe „Mitteleuropa" und vergleicht sie mit den größten Reichen der Gegenwart. Er will die Willens, kräfte der Nationen und Staaten zwischen Ostsee und Adriatischem Meer auf daS gemeinsame Ziel der Herstellung eines größeren dauernden Verbandes hinlenken: ,F)iese zur politischen Wirkung zusam, menzufassen, zu einem Heer und einer Kraft und einem geschichtlichen, staatlichen Organismus —, eS ist etwas fast Übermenschliches und dabei Herrliches, eine Arbeit für große StaatSgestalter, die Völkerseele in sich tragen und denen der Geist der Geschichte die Gedanken lenkt. Wer stch an dieses Werk herannahm will, darf nicht kleinlich sein, muß groß sein in Wille, Herrschaft, Güte und in Geduld. Für diese- Werk aber wollm wir aus allen Teilen Mitteleuropas unsere besten Männer und Frauen rufm, oder besser gesagt, wir wollen ihnm dm Ruf in Worte fassen, den die Vorsehung selbst in diesem Kriege an unS alle richtet: Werdet einig! Bleibt einig nach soviel Blut!" Ein Buch von äußerster Wichtigkeit für jeden Deutschen, jeden Österreicher und jeden Ungarn, wie auch für die Nachvam dieser Länder l

Kriegs- und tzeimatchronik Dr. Friedrich Naumann und Dr. Gertrud Bäumer

von

------- Erster Band-------August 1914 bis Juli 1915

preis geheftet M. 5—

Gebunden M. 6 —

Die Verfasser sagen: AlS im Anfang deS August 1914 der Krieg begann, dessen Größe und Länge wir nicht ahnen konnten, haben wir uns vorgenommen, den Gang der Ereignisse in der „Hilfe" von Tag zu Tag auf, zuzeichnen, so gut wir während deS übermächtigen Getriebes die Dinge zu durchschauen vermöchten. Dabei dachten wir beide von vornherein daran, ein Buch zu schaffen, daS nach dem Kriege der Er­ innerung und auch der geschichtlichen Darstellung bienen konnte. ES gibt nun zwar schon heute so viel Krtegsliteratur. und beständig häuft sich der Berg der Schriften und Bücher, baß wir unsere gemeinsame Arbeit nur alS einen kleinen Teil der unübersehbaren Gesamtbeschreibung des Weltkrieges und seiner Folgen ansehen können, einen bescheidenen Teil, denn sie kommt ohne Bilder, Landkarten und mit der Nüchternheit der Tagesaufzeichnung. Vielleicht aber ist gerade daS letztere für die Folgezeit ein Vorteil. Man kann nicht Hunderte von Tagen mit Trompeten, geschmetter begleiten, und daS, waS stch begibt, ist mächtig genug, der beständig mitlaufenden Festrede entbehren zu können. Wir wollen Tatsachen aufzeichnen, dabei freilich oft gerade auch kleine, kaum greifbare, nur für daS Gefühl vorhandene Erscheinungen und Urteile. Wenn später Nachkommen dieser Zeit sich fragen werden, wie es unS im Kriege zumute gewesen fein muß, so werden sie wohl in unseren Chroniken einiges in und zwischen den Zeilen lesen, waS in keinem GeneralstabSbericht und in keiner KriegSwirtschastSgeschichte vorkommt. Es ist unS beiden dieser Krieg von Anbeginn an nicht nur ein militärischer oder wirtschaftlichttechnischer Vorgang gewesen, sondern ebenso eine Seelenbe, wegung ohnegleichen, deren Zittern und Wogen nicht weniger zur Weltgeschichte gehört alS das Aufsteigen und Absteigen der Heere und Geschwader, als bas Wachsen oder Sinken der Materialvorräte und Preise.