Das System der Verben mit BE- in der deutschen Sprache der Gegenwart: Ein Beitrag zur Struktur des Lexikons der deutschen Grammatik 3484102152, 9783484102156

Die Buchreihe Linguistische Arbeiten hat mit über 500 Bänden zur linguistischen Theoriebildung der letzten Jahrzehnte in

264 105 12MB

German Pages 288 Year 1974

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Das System der Verben mit BE- in der deutschen Sprache der Gegenwart: Ein Beitrag zur Struktur des Lexikons der deutschen Grammatik
 3484102152, 9783484102156

Table of contents :
INHALTSVERZEICHNIS
VORWORT
ABKÜRZUNGEN UND SYMBOLE
I. FRÜHERE DARSTELLUNGEN ZUM PRÄFIX BE-
II. ZUR THEORIE DER WORTBILDUNG
III. TYPEN LEXIKALISCHER INFORMATION
IV. EXPLIKATION DER IN DER SYSTEMBESCHREIBUNG VERWENDETEN MITTEL
V. AUSWAHLKRITERIEN
VI. LAS SYSTEM DER VERBEN MIT BE-
VII. ZUR STELLUNG DES BE-SYSTEMS IM LEXIKON
VIII. SUMMARY
IX. LITERATUR
X. REGISTER DER BESPROCHENEN BE-VERBEN

Citation preview

Linguistische Arbeiten

23

Herausgegeben von Herbert E. Breide, Hans Jürgen Heringer, Christian Rohrer, Heinz Vater und Otmar Werner

Hartmut Günther

Das System der Verben mit BE- in der deutschen Sprache der Gegenwart Ein Beitrag zur Struktur des Lexikons der deutschen Grammatik

Max Niemeyer Verlag Tübingen 1974

ISBN 3-484-10215-2 © Max Niemeyer Verlag Tübingen 1974 Alle Rechte vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wege zu vervielfältigen. Printed in Germany

V

INHALTSVERZEICHNIS VORWORT ABKÜRZUNGEN UND SYMBOLE

V VIII

1.

FRÜHERE DARSTELLUNGEN ZUM PRÄFIX BE-

1

1.1. 1.2. 1.3. 1.4. 1.5. 1.6. 1.7. 1.8.

Jacob Grimm Anton Hittmair Wilhelm Wilmanns Hermann Paul George Curme Leo Weisgerber Werner Reinhardt und Peter v. Polenz Gottfried Kolde

1 2 5 7 9 10 18 25

2. 2.1. 2.2.

ZUR THEORIE DER WORTBILDUNG Zur Beziehung von Grundwort und Ableitung Präfixverben als semantische Einheiten

27 27 33

2.3.

Zur Stellung der Wortbildung in der Grammatik

41

3.

TYPEN LEXIKALISCHER INFORMATION

47

3.0.

Allgemeines

47

3.1. 3.2. 3.3. 3.4.

Valenz Kasusstruktur Merkmale Sonstige Typen lexikalischer Information

48 54 58 60

4. 4.1. 4.2. 4.3. 4.4. 4.5.

EXPLIKATION DER VERWENDETEN MITTEL Valenz Kasusstruktur Kategorialer Rahmen Distribution Sonstige Angaben

62 62 63 78 78 80

5. 5.1. 5.2. 5.3. 5.4.

AUSWAHLKRITERIEN Vollständigkeit Ein Korpus als Grundlage Die Ebene der Sprachnorm Die Quellen

82 82 84 86 88

VI 6. 6.0. 6.1. 6.2. 6.3. 6.4. 6.5. 6.6.

DAS SYSTEM DER VERBEN MIT BEAllgemeines Typ Typ Typ Typ

I II III IV

BEDECKEN BEPLAGGEN BEARBEITEN BESCHAUEN BESPRECHEN BEEINFLUSSEN

95 95 98 121 137 148

6.7. 6.8.

Typ V Typ VI Typ VII Typ VIII

7. 7.1. 7.2.

ZUR STELLUNG DES BE-SYSTEMS IM LEXIKON Allgemeines Konkurrenz und Opposition

219

8.

SUMMARY

256

9. 9.1. 9.2.

LITERATUR Aufsätze und Monographien Wörterbücher

260 260 269

10.

REGISTER DER BESPROCHENEN BE-VERBEN

270

VEREINZELTE BEDEUTUNGSGRUPPEN LEXIKALISIERTE BE-VERBEN

157 171 188 215

219 228

VII VORWORT

In dieser Arbeit w i r d einer der produktivsten verbalen W o r t b i l dungstypen des h e u t i g e n Deutsch untersucht; dabei wird versucht, seinen Platz im Lexikon der Grammatik zu bestimmen. Die Arbeit ist eine überarbeitete Passung meiner Dissertation, die ich im Herbst 1972 an der Philosophischen Fakultät II der Ludwig-Maximilians-Universität M ü n c h e n einreichte. Später erschienene Literatur konnte nicht mehr vollständig

berücksichtigt

werden. Für die Anregung und Unterstützung bei dieser Arbeit danke ich besonders meinem Loktorvater Professor W e r n e r Betz, München. Für zahlreiche kritische und weiterführende Hinweise

in persön-

lichen Gesprächen danke ich Irmgard Büttel, M a r g a Reis und Wolfgang Sucharowski, München; ferner Franz Hundsnurscher, bingen, und Professor Heinz Vater, Köln, der mir

Tü-

freundlicher-

weise Literatur zugänglich machte und zusammen mit Professor Herbert E. Brekle, Regensburg, das E r s c h e i n e n in dieser Reihe ermöglichte. Professor Leonhard Lipka, Frankfurt, danke ich dafür, daß er mir einen Vorabdruck seiner Habilitationsschrift weitere Literatur zur Verfügung

und

stellte.

Für das bereitwillige Ertragen lästiger

Informationsfragen

danke ich allen K o l l e g e n und Freunden, vor allem aber m e i n e n Eltern, die mehr als nur den m a t e r i e l l e n Hintergrund

dieser

Arbeit beisteuerten. Für die Geduld bei der nicht immer einfachen Anfertigung des Manuskripts danke ich F r a u Liselotte Brand, München. Besonders danken möchte ich aber meiner Frau, die sich nicht nur zweieinhalb Jahre lang be-werben lassen m u ß te, sondern schließlich auch n o c h die Korrekturen

Edinburgh, M ä r z 1974

durchführte.

H.G.

VIII ABKÜRZUNGEN UND SYMBOLE

1. Kasusbegriffe (zur Definition vgl. S.65) AG

Agens

ÄFF

Affektiv

INSTR Instrumental ORN

Ornativ

RES

Resultativ

2. Valenz und Distribution Die A b k ü r z u n g e n und K o n v e n t i o n e n folgen H e l b i g / S c h e n k e l

Sn

Substantiv im Nominativ

Sg

Substantiv im Genitiv

Sd

Substantiv im Dativ

Sa

Substantiv im Akkusativ

(1969)

p

Präposition

pSd

Substantiv mit Präposition, die den Dativ erfordert

3. Ableitungsstruktur Die Konventionen folgen v.Polenz (1968). Lediglich der bei V.Polenz verwendete Pfeil ist durch das Zeichen ersetzt, vgl. dazu S. 19 Anmerkung IIa. 4. Interne Struktur Dm.

Determinatum

Ds.

Determinans

5. Literatur Die Abkürzungen im Literaturverzeichnis folgen den Konventionen der Bibliographie linguistique.

1 I. FRÜHERE DARSTELLUNGEN ZUM PRÄFIX BE-

1.1. Jacob Grimm Grimm behandelt die Be-Verben u.a. im zweiten Teil seiner Deutschen Grammatik. Er beginnt mit der allgemeinen Feststellung (1826:798): "Be- hat meist verstärkende Kraft, oft unmerkliche, beraubende."

selten

Sodann teilt er die Verben nach der Wortart des Grundworts ein. Für Ableitungen aus Verben stellt er fest: 1 "Gewöhnlich drückt es (das Präfix be-, HG) die Anwendung des Begriffs des Verbi auf einen Gegenstand aus, der dann im Akkusativ steht. ... Es liegt in dem be- die viel- oder allseitige Einwirkung, die ganze und volle Bewältigung." Bei diesen Verben muß das Instrument der Handlung im Satz ausgedrückt oder mitverstanden sein, vgl. etwa begiessen (mit W a s ser), benagen (mit den Zähnen) usw. Die Möglichkeit solcher Ableitung ist nicht unbegrenzt, vgl. nicht existierende Bildungen wie »behassen, »beblühen usw. Ableitungen aus Substantiven bilden die zweite Hauptgruppe. Es handelt sich hier um Be-Verben, für die ein zugrundeliegendes Verbum nicht existiert, etwa bemänteln, belauben usw. Bei einer Reihe von Verben wie z.B. bekleiden ist es zweifelhaft, ob sie vom Verb oder vom Substantiv abgeleitet sind; ein Entscheidungskri-terium ist dann das Instrument der Handlung: "Steckt es in dem Verbo (bekleiden, beringen), so gehört das Kompositum unter 2 (= Ableitung aus Substantiv, HG), d.h. entspringt aus den Substantiven Kleid, Ring, insofern nach dem Zusammenhang wirklich ein Kleid oder Ring gemeint wird (und daher in der Redensart: jemanden mit Tugenden bekleiden, be- zum Verbo kleiden gefügt scheint." 1

Alle Verben mit dem Präfix be- werden in dieser Arbeit als Ableitungen bezeichnet. Zur Abgrenzung von Ableitung und Zusammensetzung bei Präfixverben vgl. Tellenbach ( 1 9 7 1 : 1 7 f f • ) , zum allgemeinen Problem Vater (1972).

2 Dieses Kriterium hat seine Schwierigkeiten, vgl. folgende B e i spielsätze : (1) E r bepflanzt die Böschung (2) Er bepflanzt die Böschung mit Gras Im Satz (1) müßte bepflanzen vom Substantiv abgeleitet sein, denn das Instrument (Pflanze) steckt im Verb; im Satz (2) dagegen vom V e r b pflanzen. D e r umgekehrte Fall zeigt dies n o c h deutlicher: (3) Die Konteure bereifen den W a g e n (4) Sie bereifen den W a g e n mit Spikes Nur im Satz (3) steckt das Instrument im Verb; es gibt

jedoch 2 k e i n Verb *reifen, von dem bereifen abgeleitet sein könnte. Grimm nimmt in diese Gruppe auch Ableitungen aus Adjektiven auf; er verweist im DWb (Spalte 1204) auf die Schwierigkeit,

die

dadurch entsteht, daß vielfach präfixlose V e r b e n gleicher B e d e u tung vorliegen (z.B. n ä s s e n - benässen, usw.). Ferner finden sich h i e r "unorganische" Bildungen auf - i g e n , die

zweifellos

nicht von Adjektiven abgeleitet sind (vgl. etwa beschönigen, befriedigen usw.). Die restlichen Gruppen, die Grimm aufführt - Intransitiva wie beginnen, V e r b e n des "Beituns, Bewahrens" wie begraben,

Imperso-

n a l i a wie mir behagt - k ö n n e n hier außer acht gelassen werden, d a sie für eine synchrone Systembeschreibung ohne Belang sind. Kommentarlos weist Grimm abschließend auf Bildungen hin, die nur als Partizip des Präteritums üblich sind, wie bebrillt,

beleibt

usw. 1.2. Anton Hittmair Die umfangreichste Arbeit zum Präfix be- stammt von H i t t m a i r (1882). In jüngeren Arbeiten wird sie meist lediglich im Literaturverzeichnis erwähnt, ohne daß weiter auf sie eingegangen wird; die Gründe dafür nennt Bogner

(1933:7):

"So hat H i t t m a i r das Verbalpräfix bi- für das M i t t e l h o c h d e u t sche und das Neuhochdeutsche bearbeitet. Aber diese Arbeit bietet geradezu ein typisches Beispiel für eine äußerst fleißige Materialsammlung, die in ihrer Anordnung einen leitenden Gesichtspunkt vollkommen vermissen läßt, und daher zu k e i n e n E r g e b n i s s e n k o m m e n kann." 2

Zur weiteren Diskussion dieser Problematik vgl. die E i n l e i tung Typ II meiner Systembeschreibung.

3 Diese Charakteristik scheint mir zutreffend, ich werde

deshalb

nur einige Gesichtspunkte aufführen, die auch in späteren D a r stellungen wieder

auftauchen.

Völlig richtig ist Hittmairs einleitende Beobachtung, daß die etymologische Verwandtschaft von be- mit der Partikel bei- weder für das M i t t e l - noch für das Neuhochdeutsche von Relevanz ist (I6ff.). Hittmairs erste Gruppierung, die

"transitiv-instrumentalen"

Charaker hat, umfaßt ausschließlich deverbale

Ableitungen.

"Die Beziehung ist folgende: Die vom Grundwort des B e - K o m p o situms abhängige und mit einer der genannten Präpositionen gebildete adverbiale Bestimmung wird Objekt des Be-Kompositums. Ist das Grundwort transitiv, so wird außerdem sein Objekt zur instrumentalen Bestimmung des Be^Kompositums." (18) Intransitiva w e r d e n also transitiviert; bei transitiven Grundwörtern erfolgt eine "Verstärkung der Transition" - den Terminus benutzt schon Grimm - mit W e c h s e l des Objekts. Hinzu kommt der lokale Charakter dieser Verben; "er ist im Objekt zu suchen, das ja aus der lokalen Bestimmung des ... Grundworts (19)

hervorging".

Es werden n u n drei verschiedene Stufen im Verhältnis des

Objekts des Be-Verbs zur Präpositionalergänzung des Grundworts unterschieden

(20f.):

"I.Stufe: Die lokale Bestimmung des Grundworts wird Objekt des Be-Kompositums. Ist das Grundwort transitiv, so wird sein Objekt instrumentale Bestimmung (Bespannen den W a g e n mit Pferden = Pferde an den W a g e n spannen). 2.Stufe: Ein und dasselbe Be-Kompositum läßt sowohl Umsetzung in das Grundwort mit lokaler Bestimmung zu (I.Stufe), als auch Stellvertretung durch ein mit an-, über- oder um- gebildetes Kompositum (vgl. 3.Stufe): etwas begreifen = an etwas greifen, etwas angreifen. 3.Stufe: Sie befaßt Be-Komposita, die ihr b e - durch eine der betreffenden Lokalpartikeln ersetzen lassen bei Gleichheit der Konstruktion (Objekt bleibt dasselbe), ohne daß zugleich eine Zurückführung auf das Grundwort,mit der lokalen B e s t i m mung (welche dieselbe Partikel als Präposition verwendet) m ö g l i c h wäre: Bestaunen = anstaunen, aber nicht: an etwas staunen." Hittmair führt nun diese Stufung nacheinander für Be-Verben durch, die aus Grundwörtern mit den Präpositionen an, auf, über, um» in und durch abgeleitet sind bzw. K o m p o s i t a gemäß der 3.Stufe bilden. In der Zusammenfassung stellt er fest, daß ein Be-Verb

mehrfach aufzuführen war, weil einige

oftmals

Grundwörter

4 verschiedene Präpositionen bei sich führen, z.B.: "Verba der Bewegung: Beriten einen (an), eine Ebene (über), die Straße (auf), eine Gegend (in, durch)" (58f.). Abgesehen davon, daß viele dieser "Ableitungsbeziehungen" oft weit an der sprachlichen Wirklichkeit vorbeigehen, läßt sich feststellen, daß nicht nur Einzelverben, sondern ganze Bedeutungsgruppen in dieser Aufzählung mehrfach genannt werden müssen, so die Verba maculandi (mit an (29f.), mit auf (37)); Verben der Bewegung (mit an (24), mit auf (38), mit über (43f.), mit durch (53)) usw. Daraus geht m.E. klar hervor, daß dieses Einteilungskriterium keine sprachlich relevante Erscheinung beschreibt. Man vergleiche die folgenden Sätze: 5) Er klebt Zettel an die Wand 6) Er klebt Zettel auf die Ordner (7) Er beklebt die Wand mit Zetteln (8) Er beklebt die Ordner mit Zetteln Nach Hittmairs Einteilungsprinzip ist bekleben in Satz (7) aus etwas an etwas kleben abgeleitet, in Satz (8) aus etwas auf etwas kleben. Die Bedeutung von bekleben ist jedoch in (7) und (8) identisch; es gibt keinen Grund, für ein Verb zwei verschiedene Ableitungsbeziehungen anzunehmen, wenn sie nicht auch einen Reflex im abgeleiteten Verb aufweisen, d.h. Polysemie auslösen. Erstaunlich ist freilich, daß von Polenz eben dieses Prinzip verschiedentlich anwendet und in die gleiche Aporie gerät (1968:142, Zf. 1.4.2.). Die "transitiv-instrumentale" Gruppe gliedert Hittmair in die 'lokale' Untergruppe, die eben vorgeführt wurde, und eine 'lokalabstrakte' Gruppe, die nach dem gleichen Prinzip beschrieben wird. Diese Zweiteilung folgt offenbar der Anschauung, daß sich die abstrakte Bedeutung des Präfixes aus der lokalen entwickelt habe; "der mit der Entstellung der ursprünglichen Form verbundene Verlust der lokalen Bedeutung befähigt die untrennbaren Partikeln vorzüglich zur Abstraktion" (60). Dies Prinzip ist in einer synchronen Untersuchung gerade für das inhaltsleere Präfix be- nicht sonderlich fruchtbar, jedenfalls dann nicht, wenn formalsyntaktische Gesichtspunkte wie die Konstruktion des Grundworts mit diesem eher semantischen Prinzip vermischt werden. In der weiteren Darstellung bringt Hittmair Be-Verben, deren Konstruktion der des Grundwortes gleich ist, und führt hier seit-

5 samerweise auch Ableitungen aus Substantiven und Adjektiven auf; ausführlich behandelt w e r d e n Probleme der V e r b e n auf - i g e n , b e sonders aus diachroner Sicht, sowie Intransitiva und S o n d e r e r scheinungen. Alles dies entspricht der eingangs gegebenen C h a rakterisierung: eine große Fülle von Material wird aufgeboten, aber die Darstellung bleibt unsystematisch. Insgesamt fügt H i t t mair dem nichts hinzu, was bei Grimm ausgeführt wurde; eine R e i he wertvoller Einzelbeobachtungen habe ich in die Darstellung des Systems selbst

eingearbeitet.

1.3. W i l h e l m Wilmanns Der II. Band der D e u t s c h e n Grammatik von Wilmanns (1896) gilt mit Recht als "Klassiker" unter den größeren Arbeiten zur deutschen W o r t b i l d u n g . Auch Wilmanns geht vom Verhältnis zwischen Grundwort und abgeleitetem Verb aus, aber er sieht die Vorgänge ferenzierter

dif-

(128):

"(Eine wichtige Stellung) nehmen die Partikelkomposita ein. Ihre Masse ist kaum zu ü b e r s e h e n und schwer zu ordnen. Denn die Bedeutungsgruppen, in denen sich die Vermehrung des Sprachschatzes vollzieht, decken sich nicht mit der Form. Dieselbe Partikel dient verschiedenen Zwecken, dasselbe Verb ordnet sich bald dieser bald jener Gruppe ein, und unter der Hülle derselben Form finden mannigfache V e r s c h i e b u n g e n statt, die im einzelnen Fall zwar leicht w a h r z u n e h m e n sind, aber einer systematischen Behandlung widerstreben." Besonders wichtig ist die Feststellung, daß die verschiedenen Ableitungstypen sich gegenseitig

beeinflussen:

"Eine Untersuchung, die sich auf eine einzelne Partikel beschränkt, k a n n fördern, aber zum Ziel führen könnte nur eine Betrachtung, die zugleich auf die S i m p l i z i a und die anderen Partikeln, auch die nur trennbar zusammengesetzten, gerichtet w ä r e . Denn der Gebrauch der Simplizia wird durch die A u s bildung der Komposita, und die eine Art von Kompositis durch die andern bestimmt." Eine solche Gesamtschau fehlt bis heute; es scheint jedoch, als k a n n sie erst dann in Angriff genommen werden, w e n n eine größere A n z a h l einzelner Ableitungssysteme genauer untersucht w o r d e n ist; besondere D e s i d e r a t a sind hier Arbeiten zu an- und ent-. Seiner Zeit entsprechend ist Wilmanns sprachhistorisch orientiert;

er

stellt fest, daß ursprünglich die Bedeutung beider Elemente

im

K o m p o s i t u m deutlich w a h r n e h m b a r gewesen sein müsse. Störungen erfolgten dann in der geschichtlichen Entwicklung durch die L o s -

6 lösung des als Wort selbständigen Kompositums vom Grundwort; ferner ist jedoch festzustellen, die meisten verbalen Präfixbiläungen seien "nicht eigentliche und unmittelbare Komposita, sondern Wortschöpfungen, die wie die Ableitungen nach dem Muster schon vorhandener Typen gebildet wurden. Für sie war also nicht mehr das ursprüngliche Verhältnis zwischen dem Simplex und der Partikel maßgebend, sondern die Bedeutung der zur Einheit verschmolzenen und oft in ihrer Bedeutung schon v e r ~ schobenen Komposita." (131f*> Unterstreichung HG) Dies ist vor allem für Ableitungen aus nominalen Basen von Bedeutung, weil hier die Präfixe, vor allem be-, oft nur als Mittel zur Verbalisierung dienen. Wilmanns schließt mit dem Hinweis, daß für eine Beschreibung der Partikelverben vor allem die Wortart des Grundworts von Bedeutung sei. Verben mit be- charakterisiert Wilmanns zunächst mit dem o.a. Grimm-Zitat von der "allseitigen Bewältigung"; hier sei die Ursache dafür zu suchen, daß Be-Verben fast ausschließlich transitiv sind. Interessant ist freilich, daß es eine kleine Gruppe intransitiver Verben wie beschimmeln, bewachsen usw. gibt; Wilmanns bezeichnet die Gruppe ausdrücklich als produktiv. Nominale Ableitungen unterteilt Wilmanns in Ableitungen aus Adjektiven und Substantiven. Erstere sind transitiv und haben faktitiven Charakter; dies gilt auch für unorganische Bildungen auf -igen. Es ist nicht immer auszumachen, ob tatsächlich Adjektive die Ableitungsbasis bilden; oft hat be- nur die Punktion der "Verstärkung der Transition", nämlich dann, wenn neben dem Be-Verb ein Simplexverb gleicher Bedeutung existiert. Systematische Züge für das Weiterbestehen oder Aussterben einer dieser Konkurrenzformen lassen sich nicht entdecken. Ableitungen aus Substantiven sind ornativ. Wilmanns weist ausdrücklich darauf hin, daß auch adjektivische Ableitungen ornativ aufgefaßt werden können, ebenso eine ganze Reihe deverbaler Be-Verben« Wichtig ist die folgende Peststellung: "Bei den nominalen Ableitungen deutet das nominale Stammwort auf den Gegenstand, mit welchem das Objekt versehen wird; bei den verbalen Kompositis wird er durch eine präpositionale Verbindung, die dem Objekt des einfachen Verbums entspricht, bezeichnet (Wasser gießen - mit Wasser begießen). In der Vorsilbe be- aber liegt diese Bedeutung nicht, und so kann es nicht befremd en, daß manche s übst; an Iii vi seh© Be— Komposita außerhalb der Gruppe bleiben." (139, Unterstreichung HG-)

7 Wilmanns führt an weiteren Gruppen auf: eine instrumentale,

in

der das Grundwort das Instrument bezeichnet (z.B. befeilen), ner den Typ bemuttern, der die Fürsorge, Einflußnahme

fer-

bezeich-

net; die privative Gruppe ist m . E . falsch gesehen, denn eine Wiese begrasen, den W a l d beholzen hat zwar das Ergebnis, daß n a c h dem Vorgang Gras bzw. H o l z entfernt ist; aber die Paraphrase 'Gras, Holz wegnehmen' ist für diese Beispiele nicht

zutreffend,

sinnvoller wäre etwa 'grasend, holzend nutzen' o.a. (vgl. dazu Typ III meiner

Systembeschreibung).

Daß Gruppierungen wie *Ornativa" usw. teilweise quer durch die einzelnen Gruppen verlaufen, scheint mir ein Hinweis darauf zu sein, daß bei aller R i c h t i g k e i t der Einzelbeobachtung das

zugrun-

deliegende Einteilungsprinzip nach der W o r t a r t des Grundworts

ge-

wisse S c h w ä c h e n aufweist. 1.4. H e r m a n n Paul Sehr klar in der n o t w e n d i g e n Knappheit sind die einleitenden A r tikel des Deutschen Wörterbuchs von H e r m a n n Paul zu den V e r b a l präfixen; bemerkenswert ist vor allem die Stringenz der D a r stellung und die Beschränkung auf die durchsichtigen Teile des •3

Systems.

Paul bringt folgende Einteilung:

Intransitiva wie beharren, beruhen usw. sind in der n e u e r e n Sprache

unproduktiv.

Transitiva, deren K o n s t r u k t i o n mit der des Grundworts tisch ist, w e i s e n teilweise starke (suchen - besuchen), weise unerhebliche (drängen - bedrängen) semantische

identeil-

Differen-

zierung auf. Hierher stellt Paul, offenbar wegen der bisweilen vorkommenden E x i s t e n z paralleler Bimplexverben, auch die A b l e i tungen aus Adjektiven, wobei vermerkt wird, daß die Adjektive z.T. außerhalb der Zusammensetzung unüblich geworden sind (z.B. behelligen). Transitiva, die aus intransitiven V e r b e n gebildet sind, h a b e n d e n Gegenstand, in Bezug auf den die Handlung vor sich geht, 3

Wie kompliziert und schwierig die Formulierung eines solchen Artikels gerade für b e - ist, zeigt sich u.a. auch daran, daß W G für P a r t i k e l n wie auf-, aus- usw. einen solchen Artikel aufweist, während für b e - keiner existiert.

8 als Objekt; das Objekt ist dann "eigentlich von be^ abhängig", (z.B. auf der Straße fahren - die Straße befahren); dabei kann das Be-Verb verschiedene Beziehungen zum Objekt haben, wodurch Bedeutungsdifferenzierungen entstehen und die Ableitung sich teilweise vollständig vom Grundwert löst (z.B. einen Pfad ein Pest - eine Dummheit begehen). Transitiva, die aus transitiven Verben abgeleitet sind, nehmen oft ein anderes Objekt zu sich als das Grundwort; auch dies ist dann "eigentlich von Be- abhängig" (z.B. A legt B auf C A belegt C mit B ); auch hier sind wieder verschiedene Beziehungen zum Objekt möglich (z.B. jmd. mit Strafe belegen; die Bremsen, einen Platz belegen usw.). Einige Verben, die in den beiden vorigen Absätzen erwähnt wurden, sind aus Substantiven abgeleitet, zumindest lassen sie sich so auffassen: "Die Zusammensetzungen mit be- konnten zu diesen Substantiven in direkte Beziehung gesetzt werden, z.B. bekränzen zu Kranz, welches dann also gefaßt werden konnte als 'mit einem Kranze versehen'. Das gab weiter Veranlassung, direkt aus Substantiven Zusammensetzungen mit be- abzuleiten, wozu die einfachen Wörter nie gebraucht worden sind." Es wird im Laufe dieser Untersuchung zu fragen sein, ob diese einleuchtende diachrone Erklärung für eine synchrone Systembeschreibung nutzbar gemacht werden kann. Paul weist darauf hin, daß eine Reihe solcher Bildungen nur als Partizipien des Präteritums existieren; er führt hier ferner Bildungen auf -igen an und bemerkt, daß eine Reihe von ihnen "unorganisch" bezüglich ihrer Bildung seien. "Deteriorierende Bildungen, die auf dem Prinzip der Annomination (vgl. Hittmair (1882:193f.)) beruhen, sind etwa die folgenden: Sie behauptet, sie sei die Frau Junkern - ich will sie bejunkern! Zu welcher Gattung Bestien gehörst du? - ich will dich bebestien! Es ist mir unverständlich, warum diese Gruppe auch in der 6. Auflage noch angeführt wird. Einerseits läßt sie sich ohne Schwierigkeit unter die Angaben in Punkt 5 subsumieren (so auch Grimm), andrerseits handelt es sich ohnehin auch diachron gesehen um Gelegenheitsbildungen, die bezüglich des Gesamtsystems

9 von marginaler Bedeutung sind. Pauls Gliederung besticht durch ihre methodische Klarheit; formalen Gesichtspunkten wird absolute Priorität eingeräumt. Allerdings wird dieser Vorzug erkauft durch eine weitgehende Vernachlässigung semantischer .Kriterien, Auch Paul stellt die Beziehung zwischen Grundwort und Ableitung in den Mittelpunkt. 1,5. George Curme Die Grammatik von G. Curme (1922) wird heute deshalb gern zitiert, weil Curme in erster Linie eine Grammatik für Ausländer schaffen wollte und durch Vernachlässigung historischer Erwägungen den Vorstellungen einer synchronen Grammatik recht nahe kam. Curme unterscheidet: 1. Intransitiva werden transitiv (z.B. sie weint - sie beweint den Tod ihrer Mutter), hierbei wird der Verbbegriff auf ein Objekt angewendet. 2. Transitiva aus transitiven Verben werden gebildet, um die Handlung auf ein anderes Objekt anzuwenden (er baut ein Hauser bebaut das Feld); dabei ergibt sich meist der Effekt, daß die Handlung sich völlig über das Objekt erstreckt. 3. Das Präfix bewirkt eine Intensivierung des Verbbegriffs, wodurch das ganze Objekt erfaßt wird (wir sehen - besehen die Statue). 4. Aus Adjektiven abgeleitete Verben drücken aus, daß das Objekt in der durch das Adjektiv bezeichneten Weise verändert wird, z.B. befeuchten = feucht machen. 5. Ableitungen aus Substantiven dienen dazu, "to indicate that that which is implied by the noun is placed all around, bestowed upon someone or that something or somebody is supplied, furnished, endowed with what is contained in the noun," (435) Die weiteren Punkte sind für eine synchrone Darstellung ohne Belang, Curmes Darstellung, vor allem Punkt 5, scheint mir in ihrer Knappheit sehr zutreffend; es wird hier klar, daß eine rein formale Darstellung wie bei Paul die "Leistung" des Präfixes be- nicht vollständig erfassen kann. In den vorstehend besprochenen Arbeiten waren jeweils formale Phänomene (wie die Wortart des Grundwortes, Rektion der Be-

10 Verben, usw.) und semantische Erscheinungen (wie Ornativa, F a k titiva usw.) gemeinsam dargestellt worden. In den folgenden jüngeren Arbeiten liegt der V e r s u c h vor, beide Bereiche zu u n terscheiden und gegebenenfalls eine Hierarchie aufzubauen. Die Arbeiten von W e i s g e r b e r (1958), R e i n h a r d t (1964) und von Polenz (1968) sind allerdings nicht allein auf das Präfix b e - h i n ausgerichtet, sondern beschäftigen sich auch mit anderen A b l e i tungsmitteln. 1.6. Leo W e i s g e r b e r Leo W e i s g e r b e r hat in verschiedenen Publikationen (s. Lit.Verz.) Probleme der verbalen W o r t b i l d u n g im D e u t s c h e n behandelt. Im Vordergrund steht dabei für ihn die Forderung, daß die Grammatik "inhaltsbezogen" sein müsse. Das bedeutet, daß in der W o r t bildungslehre nicht nur "die einzelnen Formantien, V o r s i l b e n und Nachsilben, die bei den W o r t a b l e i t u n g e n feststellbar

sind",

den Untersuchungsgegenstand bilden. Natürlich muß davon ausgegangen werden. "Man muß aber genau überlegen, wie m a n derartige Sammlungen am besten auswerten kann. ... Es ist nicht so, daß der lautliche und inhaltliche Aufbau solcher Gruppen einfach p a r a l lel liefe in dem Sinne, daß einer bestimmten formalen B i l dungsweise eine bestimmte 'Funktion' zukäme, an der alle V e r treter der Gruppe in gleicher W e i s e Anteil hätten." (Weisgerber, 1958:13) Zum Zwecke der besseren Auswertung führt Weisgerber

zwei wichtige

Begriffe ein, die Wortnische und den W o r t s t a n d . "Unter W o r t n i s c h e ist der Kreis von Ableitungen gleicher Bildungsweise verstanden, der tatsächlich eine bedeutungsmäßige Gemeinsamkeit besitzt." (14) Unter den Be-Verben stellt W e i s g e r b e r als N i s c h e n etwa Ornativa wie bekleiden, betiteln, bewässern

usw. fest; oder F a k t i t i v a wie

befeuchten, befreien, besänftigen. "Der bedeutungsmäßigen Leistung nach würde also eine formale Ableitungsgruppe sich meist in mehrere W o r t n i s c h e n aufteilen." (ebd.) D a W e i s g e r b e r z.B. unter dem Begriff Ornativa eine Reihe v e r schiedener "Prägungsweisen" subsumiert, führt er an anderer Stelle (z.B. 1969:192) zur w e i t e r e n Untergliederung der Nischen den Begriff Wortnest ein, der besonders ähnliche innerhalb der N i s c h e n bezeichnet.

Ableitungen

11

Das Gegenstück zur gestaltbezogenen Wortnische ist der W o r t stand . "Der Begriff W o r t s t a n d ist rein inhaltsbezogen. Es findet sich häufig, daß an der inhaltlichen Bewältigung einer bestimmten Aufgabe der Wortbildung mehrere formale Elemente zusammenwirken." (1958:14) So gibt es neben Ornativen mit be- auch solche mit ver- wie vernebeln, vergolden; solche mit ein- wie einölen; solche mit auswie ausschildern; solche auf - i e r e n wie tapezieren,

möblieren;

schließlich alte - j a n - V e r b e n wie füttern und Nullableitungen wie ölen, lacken usw. "Der systematische Ort für dieses gliedernde Zusammenwirken mehrerer R e a l i s i e r u n g e n einer im Grunde einheitlichen S e h weise ist der Wortstand." (1962:223) Die schon bei den Nischen erwähnte weite Anwendungsbreite Begriffen wie ornativ führt dazu, daß eine Untergliederung

von not-

w e n d i g ist; 1958 nennt W e i s g e r b e r dies "Variante im W o r t s t a n d " (15), später (1964:37) findet sich der Ausdruck

"Standnische"

für inhaltliche V a r i a n t e n innerhalb eines Wortstandes im Gegensatz zur Gliederung der Wortnische, die in W o r t n e s t e r

unter-

teilt ist. Das bedeutet, es gibt innerhalb eines Wortstandes "ein gegliedertes Miteinander geistiger Verfahrensweisen, die sich ebenso auf verschiedene formale Prägungen stützen, wie sie V a r i a n t e n einer Grundsehweise umfassen." (1962:226) Ableitungen w e i s e n nach Weisgerber zwei inhaltliche K o m p o nenten auf; eine davon stammt aus dem Grundwort: (Wir sind berechtigt), "bei einer Ableitung das Grundwort vorauszusetzen und insbesondere die(se) inhaltlichen K o m ponenten gemäß den Bedingungen des Grundwortes anzunehmen, also in der R e g e l ein durch Feldgliederung gesichertes E l e ment.» (1962:218) Die andere Inhaltskomponente entspringt der Funktion des A b l e i tungselements; ihre Eigenständigkeit und prägende Kraft

erhält

die Ableitungssilbe durch den Wortstand: "Von den inhaltlichen Bedingungen der Wortstände aus ist die zweite Komponente begründet, die in Verbindung mit dem Inhalt des Grundwortes den Inhalt eines abgeleiteten Wortes bestimmbar macht." (1962:228) Die Feststellung von W o r t n i s c h e n folgt einem Prinzip, das in W e i s g e r b e r (1969:202ff.)

erläutert

ist, W e i s g e r b e r führt hier

aus, daß bei den Präfixverben die Wortartzugehörigkeit

des

Grundworts verantwortlich sei für die Nischenbildung und Zuweisung zu verschiedenen Wortständen; bei den Partikelverben sei es

12

eher die in der Partikel angelegte

Sehrichtung.

Für die Be-Verben stellt W e i s g e r b e r fest, daß sie im w e s e n t lichen drei W o r t s t ä n d e n angehören: Bildungen aus V e r b e n sind P e r fektiva, solche aus Substantiven sind Ornativa, und die aus A d jektiven Faktitiva. Im W o r t s t a n d der Ornativa sind "mehrere nicht ganz gleichwertige Prägungsweisen verbunden" (1958:25). Die

"Grundsehweise"

der Ornativa läßt sich charakterisieren durch die Paraphrase 'versehen mit'; sie erscheint verstärkt

als 'einen mit etwas aus-

statten', abgeschwächt als 'einem etwas zuwenden'. Schließlich findet sich n o c h die Gruppe von V e r b e n wie beängstigen, die W e i s gerber durch die Paraphrase

'etwas in einem erwirken'

charakteri-

siert. Vergleicht m a n diese Aufteilung mit der im Anhang von W e i s g e r b e r (1958) gegebenen Liste von Be-Verben, die als Ornativa bezeichnet werden, so gerät m a n in Schwierigkeiten. Abgesehen davon, daß dort die Untergliederung in V a r i a n t e n unterbleibt, w e r d e n eine Reihe von Verben aufgeführt, von denen m a n möglicherweise mit Recht behauptet, sie seien v o n Substantiven abgeleitet, die aber sicherlich mit keiner der o.a. P a r a p h r a sierungen verträglich sind. So bedeutet m.E. beflügeln weder ' jmd. mit F l ü g e l n versehen' oder

'ausstatten'^ noch 'einem F l ü -

gel zuwenden' n o c h 'in einem Flügel erwirken'. E i n ebenfalls scheidender V e r s u c h der Paraphrasierung, der zunächst erscheint, wäre

aus-

adäquater

'in einem Beflügelung erwirken', denn Beflüge-

lung enthält bereits das Präfix be-. Auch eine Erklärung aus dem metaphorischen Gebrauch des Substantivs Flügel (in F o r mulierungen wie z.B. das verleiht ihm förmlich Flügel oder mit den Flügeln der Fantasie) führt hier nicht viel weiter, denn der für einen solchen metaphorischen Gebrauch notwendige K o n text müßte dann in die Paraphrasierung mit eingebracht

werden.

Das führt zu Formulierungen wie das erwirkt förmlich Flügel in ihm - das beflügelt ihn, d.h., das Verb beflügeln enthält eine metaphorische Komponente

'förmlich'. Betrachtet man n u n

die Nachbarschaft von V e r b e n wie beschwingen, beseligen, b e glücken, so muß m a n feststellen, daß zumindest die letzten bei4

Jedenfalls nicht in der Hauptverwendung. Fachsprachlich ist allerdings gemäß den A n g a b e n zur Gruppe 2.5.2. eine V e r w e n dung wie beflügelte Insekten usw. denkbar.

13 den eine solche Komponente nicht enthalten. Die offenbare B e deutungsähnlichkeit legt es jedoch nahe, allen 4 V e r b e n eine gleiche Struktur zuzuordnen. Lies gelingt W e i s g e r b e r nicht; nach seinem Grundsatz der Priorität der Wortart des Grundworts müßte beseligen durch 'selig m a c h e n 1 , beglücken durch

'Glück

erwirken' charakterisiert werden; auf die Schwierigkeit bei beflügeln (und entsprechend beschwingen) wurde

bereits

hingewie-

sen. Das Unbefriedigende an W e i s g e r b e r s V e r s u c h e n ist, daß nicht klar wird, ob es sich bei seinen Paraphrasierungen um informative Bedeutungshinweise, um metasprachliche Aussagen über die Sprache oder um echte objektsprachliche Paraphrasen h a n d e l t . D a die Paraphrasen meist kursiv gedruckt sind, liegt es nahe, an die zweite Möglichkeit zu denken, aber der theoretische

Status

solcher metasprachlichen Festlegungen wird nicht erörtert. Auf der anderen Seite liegt in Gegenüberstellungen wie jemandem Aufsicht zuwenden - jemanden b e a u f s i c h t i g e n der V e r g l e i c h zweier objektsprachlicher Konstrukti onen vor. Der geringe Grad an Ex— plizität läßt es auch nicht zu, hier an eine Art

Tiefenstruktur

im Sinne der generativen Grammatik zu denken. Der Grund für diese Schwierigkeiten dürfte darin zu suchen sein, daß auch W e i s gerber das Verhältnis zwischen Grundwort und Ableitung für das wesentliche systemkonstituierende Moment hält. Damit hängt ein weiteres Problem zusammen, auf das W e i s g e r b e r zwar verschiedentlich hinweist, für das er jedoch keine befriedigende Lösung findet. "Bei der Einordnung ... ist die wichtigste Frage, wieweit es sich um tatsächliche Ornative, also Ableitungen aus Substantiven handelt, wieweit um Be-Ableitungen zu Verben, also perfektivierende B i l d u n g e n ... (Man kann) fragen, ob bearb e i t e n zu Arbeit oder zu arbeiten gehört; beglänzen zu Glanz oder zu glänzen; bestrafen zu Strafe oder zu strafen. Manche Fälle lassen keine E n t s c h e i d u n g zu. Aber es zeigt sich, daß heute die Interpretation als Ornativ näher liegt als die als Perfektiv." (1958:101) W o r a n sich das im einzelnen zeigt, bleibt im Dunkeln; der Leser wird auf das "heutige Sprachgefühl"

(32), was immer das sein

mag, verwiesen. Es muß festgehalten werden, daß W e i s g e r b e r k e i n brauchbare s Kriterium für die Entscheidung entwickelt hat, ob ein Be-Verb wie bearbeiten von einem Verb oder einem Substantiv abgeleitet ist; aber nur, w e n n ein solches Kriterium v o r -

14 liegt, ist die vorgenommene Einteilung überhaupt sinnvoll. So sind schon von diesem Gesichtspunkt aus Weisgerbers "energetische" Ausdeutungen fragwürdig, weil sie auf einer sehr unsicheren Materialgrundlage beruhen. Dem Wortstande der Faktitiva rechnet Weisgerber ca. 40 Verben zu, die aus Adjektiven gebildet sind, und stellt fest, daß diese Gruppe deutlich "am Einschrumpfen" sei; die Zugehörigkeit zu dieser Gruppe sei darüberhinaus zum Teil ungewiß. Schließlich sei festzustellen, daß diese Restgruppe stark von den beiden anderen Wortständen beeinflußt wird (1958:39f., 105f.). Als dritten Wortstand nennt Weisgerber (1958:103ff.) die Perfektiva und gibt eine Liste, in der ohne Differenzierung in Varianten die Be-Verben aufgelistet sind, die zweifelsfrei aus Verben abgeleitet sind. Im Text (42ff.) findet man lediglich einige Beobachtungen; so die Umwandlung von Präpositionalphrasen in Akkusativobjekte: Er steigt auf den Berg - er besteigt den Berg, oder die Vertauschung der Ergänzungen: Er gießt Wasser auf die Blumen — er begießt die Blumen mit Wasser. Diese Peststellungen sind weder neu, noch sind sie systematisch; das Verhältnis dieser Gruppe zu den Wortständen 'Ornativa' und 'Paktitiva' bleibt unklar. Zwar wird betont, daß "bei manchen Ornativen deutlich etwas Perfektives mitklingt" (43), und der ganze Abschnitt programmatisch mit der Erwähnung der lehre von den Aspekten und Aktionsarten eröffnet; was diese jedoch mit den Wortständen zu tun oder nicht zu tun haben, wird nicht erörtert. Auf Seite 14 werden die perfektivischen Bildungen wie besteigen, bezahlen usw. als Nische bezeichnet, Nischen jedoch sind formal gekennzeichnete Gruppen innerhalb der Wortstände. Demnach ist ein Wortstand Perfektiva anzusetzen — aber in der gesamten Arbeit wird der Terminus Wortstand nie in Anwendung auf Perfektiva gebraucht! Zur Perfektivierung wird man sagen können, bescheidet Weisgerber den Leser, "daß das Sprachgefühl gewiß noch kräftig genug ist, um die besondere Leistung dieses be- richtig aufzufassen" (105), obgleich die Abwanderung zu anderen Typen unverkennbar sei. Das scheint mir zweifelhaft, denn unter den hier aufgeführten Verben finden sich mit bedecken, behängen, bespritzen, bemalen und vielen anderen solche Verben, die m.E. ohne Frage den Wortstand der Ornative an-

15 g e h ö r e n (was wiederum bedeutet, daß Perfektive k e i n W o r t s t a n d sind!); jedenfalls dann, w e n n der Begriff ornativ bezogen

inhalts-

definiert wird, was m a n von dem Hauptapologeten

der so benannten Grammatik wohl erwarten darf - zu Unrecht, wie sich zeigt, denn die Zuordnung der V e r b e n mit be- zu den v e r schiedenen W o r t s t ä n d e n erfolgt schematisch und rein formal nach dem Kriterium der Wortartzugehörigkeit des Grundwortes. Es drängt sich hier der Verdacht auf, daß die Be-Verben, die aus V e r b e n gebildet sind und deutlich ornative Züge tragen (im w e sentlichen Verben, die sich im Typ I meiner

Systembeschreibung

finden), von W e i s g e r b e r deshalb nicht der ornativen Nische der B e - V e r b e n zugewiesen werden, weil sie nur ganz selten belebtes Objekt haben, in keinem Falle auf ein belebtes Objekt beschränkt sind und insofern der These vom "Mensch im Akkusativ" und den mit der "Krallenpfote be-" zusammenhängenden

"energetischen"

Ausdeutungen nicht dienlich sind. Bei aller Kritik an Weisgerbers Einzelergebnissen muß freilich betont werden, daß die Grundproblematik des Phänomens "Wortbildung" von ihm klar gesehen wurde: Daß nämlich A b l e i tungssysteme in ganz starker Weise

inhaltlich

sind, und daß dementsprechend eine rein formale

bestimmt

Betrachtungs-

weise diesen F a k t e n nicht gerecht werden kann. Nun ist für Weisgerber die Betrachtung von Wortbildungsvor— gängen kein Selbstzweck; der inhaltsbezogenen Betrachtung von Sprache geht es in ihrer letzten Stufe darum zu zeigen, "daß mit dem W i r k s a m w e r d e n bestimmter muttersprachlicher M ö g l i c h k e i t e n die M e n s c h e n geistig in die oder die R o l l e gebracht werden und daß dabei festgelegt wird, wie mit ihn e n geistig und auch tatsächlich verfahren wird." (1958:68) Eine solche Ausdeutung erfährt nun der bei den B e - V e r b e n häufig beobachtete Vorgang der Akkusativierung. Dabei liegt die A u f fassung vom Dativ als "Rolle der sinngebenden Person"

zugrunde,

die an B r i n k m a n n (1953) anknüpft. W e i s g e r b e r beobachtet Fälle, in denen persönliche Dative durch Akkusative "abgelöst" w e r den wie z.B. in jemandem W a r e n liefern - jemanden mit W a r e n beliefern. D a z u k o m m e n dann sehr fragwürdige

Gegenüberstellun-

gen wie z.B.: jemandem Aufsicht zuwenden - jemanden beaufsichtigen oder: jemandem einen Zuschuß gewähren - jemanden beZuschüssen. Mir scheint für beaufsichtigen die Paraphrase

'über

16 jemanden Aufsicht führen' bei weitem angemessener;

'gewähren'

wird nur an dieser Stelle als Paraphrasierung benutzt (68), was wohl dadurch begründet ist, da-ß 'versehen mit' oder 'ausstatten' hier nicht vorkommen darf, weil beide V e r b e n mit

persönlichem

Akkusativobjekt konstruiert sind - wie soll m a n dann noch von Akkusativierung sprechen; das gleiche gilt für 'über jemanden Aufsicht führen' mit präpositionalem

Akkusativ.

Weisgerber deutet nun seine (unbefriedigenden) Beispiele folgenderweise

in

(1958:68f.):

"Wenn der, dem ein K a u f m a n n W a r e n liefert, zu einem wird, den die F i r m a (sie!, HG) mit W a r e n beliefert, so rückt er deutlich aus der Rolle der sinngebenden P e r s o n heraus; er ist nicht mehr der persönliche Kunde, sondern die Nummer auf der Lieferliste.' Wem ein Vorschuß gewährt wird, der mag über diese Tatsache froh sein; heute ist das meist erkauft durch die Aufnahme in die Liste der Bevorschußten (also mit der R o l l e nicht nur des Empfängers") sondern des durch dieses bevorschussen Gekennzeichneten!). Dieses geistige "Abhängigmachen" geht in F ä l l e n wie beaufsichtigen oft an die Grenze der Persönlichkeitswürde: w e n n der, dem"ich mit mehr oder weniger Machtvollkommenheit Aufsicht zuwende, für m i c h zu einem wird, den ich beaufsichtige, dann ist diese A k k u s a t i vierung nicht nur eine Sache des sprachlichen Ausdrucks, sondern der unvermeidlichen Einstellung und Behandlung." So ist also die Akkusativierung eine Ausbildung m u t t e r s p r a c h licher Möglichkeiten, die d a z u beiträgt, "die von einem Geschehen berührten M e n s c h e n nicht als sinngebende Personen, sondern als einem E i n g r i f f zugängliche B e teiligte zu sehen." (70) In der Hauptsache aber ist es das Präfix be-, das diese Vorgänge auslöst, und so zitiert W e i s g e r b e r gegen Ende aus dem

"Wörter-

buch des Unmenschen" (s. Lit.Verz.): "Dieses be- drückt nicht bloß ein selbstsüchtiges H i n z i e l e n auf den Gegenstand aus, wie die einfachen Transitiva lieb e n und schützen, sondern eine U n t e r w e r f u n g des Gegenstands, 5

Die Formulierung dieses Beispielsatzes zeigt deutlich, daß W e i s g e r b e r das erwünschte Ergebnis der Analyse bereits voraussetzt, indem er für liefern den K a u f m a n n als Subjekt wählt, also eine Person, während für beliefern das Subjekt F i r m a eingesetzt wird, also eine unpersönliche Organisation. W e n n m i c h m e i n Sprachgefühl nicht täuscht, k a n n auch ein K a u f m a n n seine K u n d e n mit W a r e n beliefern und eine F i r m a ihren K u n den W a r e n liefern, d.h., selbst w e n n m a n Weisgerbers F o l g e r u n g e n aus dem Beispielsatz akzeptiert, muß m a n sehen, daß dieser Unterschied nicht i n den V e r b e n liefern und beliefern begründet ist, sondern in den Substantiven K a u f m a n n und F i r ma.

17 und darauf kommt es an. Dieses be- gleicht einer K r a l l e n pfote, die das Objekt umgreift und derart zu einem eigentlichen und ausschließlichen Objekt macht." (zit. nach W e i s gerber (1958:108)) An diese "energetische" Ausdeutung

der Leistung des Präfixes

be- hat sich eine heftige Diskussion angeschlossen, die

jedoch

für m e i n Thema kaum Ergebnisse erbrachte.^ Es ist hier nicht der Platz, ausführlich auf diese Auseinandersetzung

einzugehen.

Die Grundpositionen jener "panlinguistischen Richtung", wie W . Betz sie mehrfach treffend bezeichnete, m ü ß t e n in einem R a h men diskutiert werden, der weit über die

Sprachwissenschaft

hinausführt. Dennoch sei, einmal abgesehen von den M ä n g e l n in der sprachwissenschaftlichen Methodik, die ich hoffe genügend klar herausgestellt zu haben, auf einige Punkte hingewiesen. Zunächst einmal ist es sicherlich richtig, daß die Sprache in irgendeiner Form Denkstrukturen und geistige V e r f a h r e n s w e i sen widerspiegelt. H i e r besteht jedoch gegenseitige

Interdepen-

denz, so daß eine Gleichsetzung unberechtigt vereinfacht. Dies trifft z.B. für folgende Behauptungen Weisgerbers

zu:

"Kein Zweifel kann bestehen, daß Akkusativierung und statistisch-karteimäßiges "Erfassen"' in engster Beziehung stehen." (82) "Der M e n s c h als Massenproblem wird besonders spürbar bei den Zentralstellen des öffentlichen Lebens; er erzwingt L ö s u n gen, die oft genug akkusativierend ausfallen." (83f.) Hier hat Kolb (1960) gezeigt, daß die assoziierte Verbindung Massenzeitalter - Zunahme der Be-Verben in dieser Form nicht angebracht ist, daß in der Rechtssprache sehr viele Be-Verben mit persönlichem Objekt ein hohes Alter aufweisen und daß ein Großteil d ieser alten Bildungen längst wieder untergegangen ist. Kolb macht ferner geltend, daß nicht unbedingt inhaltliche Gründe für die Zunahme der Be-Verben maßgeblich sind, sondern viel eher die Tatsache, daß ihre K o n s t r u k t i o n mit dem Akkusativ besonders einfach zu handhabendes Satzmuster 6 7

ein

darstellt

Die wichtigsten Beiträge sind abgedruckt in: Sternberger et. al. (1968). Diesen Punkt hat schon Jacob Grimm hervorgehoben: "Unsere Geschäftsleute können weder reden noch schreiben, ohne sich der steifen W o r t b i l d u n g e n beanspruchen, beantragen, befürworten ... oder ähnlicher zu bedienen. Sie m ö c h ten überall die Akkusativkonstruktion heranführen." (DWb Spalte 1203). Vgl. dazu auch Kolde (1964), insbes. Kap. 7.

18 schließlich verweist Kolb auf die Möglichkeit, aus diesen N e u bildungen sofort neue Verbalsubstantive auf - u n g w e i t e r z u b i l Q den, die ihrerseits eine Reihe sprachökonomischer Vorteile aufweisen. Diese rein formalen Argumente lassen es als fragwürdig

erscheinen,

die Produktivität einiger Bedeutungsgruppen des Systems der V e r ben mit be- energetisch auszudeuten, vgl. auch W e i s g e r b e r

(1969),

wo solche Schlüsse ausdrücklich nicht vorgenommen werden. Abschließend sei noch bemerkt, daß mit der Kritik an W e i s g e r ber nicht intendiert ist, inhaltsbezogene Sprachforschung

ge-

nerell zu verwerfen; nur scheint es notwendig, einen soliden

9

linguistischen U n t e r b a u für solche U n t e r n e h m u n g e n zu schaffen. Ferner wird hier nicht Möglichkeit und Notwendigkeit von S p r a c h kritik geleugnet; es scheint jedoch notwendig, vorher ein K o n zept zu entwickeln, das nachprüfbare K r i t e r i e n dafür

enthält.^®

1.7. W e r n e r Reinhardt und Peter von Polenz Der Vermengung formaler und inhaltlicher K r i t e r i e n bei der A n a lyse von Präfixverben bei Weisgerber (trotz gegenteiliger retischer Ansätze ) stehen die Versuche von Reinhardt v. Polenz ( 1 9 6 8 )

gegenüber, den syntaktischen und

theo-

(1964) und

semantischen

Wert deutscher Präfixe auseinanderzuhalten. Ich bespreche die Arbeiten hier gemeinsam, obgleich sie zweifellos völlig unabhängig voneinander entstanden sind und auch in E i n z e l p u n k t e n voneinander abweichen; die Methodik ist jedoch im Grundsatz in beiden Arbeiten gleich. Beide Autoren klassifizieren abgeleitete V e r b e n nach der syntaktischen Beziehung zwischen Grundwort und Ableitung. Dabei 8

Vgl. hierzu Sparmann (1968): Jedes dort als Neubildung b e zeichnete Be-Verb hat ein Verbalsubstantiv auf - u n g neben sich. 9 Vgl. v o n Polenz (1968) S, 3: "Es hat wenig Sinn, die heftige Diskussion um die m o r a l i schen oder unmoralischen Aspekte der Be-Verben und der Akkusativierung fortzusetzen.. Diese im Grunde außersprachliche oder rein stilistische Präge wird erst dann einer wissenschaftlichen Betrachtung zugänglich sein, w e n n die W o r t b i l dungsstrukturen des heutigen Deutsch systematisch erkannt und klassifiziert worden, sind." 10 Vgl. hierzu als Ansatz Betz (1968).

19 gilt die syntaktische Beziehung als primär; die Wortbildungslehre, (1968:129)

synchronische

"die ein Teil der Syntax ist" (v. Polenz

hat die Aufgabe, "bei jeder Wortbildungsanalyse

zunächst nach dem syntaktischen Verhältnis der Ableitung

zum

Grundwort zu fragen und erst danach in einem zweiten Schritt nach den (zusätzlichen oder alleinigen) semantischen U n t e r schieden" (12). W o r t b i l d u n g e n sind Syntagmen; es ist undenkbar, sagt von Polenz, daß der normale Sprachteilhaber die vielfachen existierenden und möglichen W o r t b i l d u n g e n als Lexeme, d.h. unteilbare E i n h e i t e n im Gedächtnis

hat.

"Er k a n n 'neue' W o r t b i l d u n g e n nur deshalb verstehen oder selbst vollziehen, weil er einen begrenzten Vorrat von unteilbaren E i n z e l e l e m e n t e n (Lexemen und Morphemen) im Sprachbesitz hat, deren Verbindung zu S y n t a g m e n (de Saussure) er selbst vollziehen oder n a c h v o l l z i e h e n kann, d a er außer den E i n z e l e l e m e n t e n auch eine bestimmte Menge von K o m b i n a tionsregeln des jeweiligen Sprachsystems beherrscht." (15) Das bedeutet, den auf der Satzebene aufzustellenden S a t z m u s t e r n entsprechen in der Wortbildungslehre W o r t b i l d u n g s m u s t e r

(13).

v. Polenz gibt als Ableitungsstrukturen deutscher V e r b e n eine Reihe von M u s t e r n an, die die syntaktische Beziehung des B a s i s lexems nur mit Hilfe des Ableitungsmonems gebildeten Ableitung repräsentieren. D a v. Polenz seine Formeln nicht nach einzelnen

Ableitungs-

silben geordnet hat, gebe ich im folgenden eine nach v. Polenz abgekürzte R e p r ä s e n t a t i o n der Ableitungsgruppen, die sich in Reinhardt (1964) finden. In den folgenden F o r m e l n bezeichnen Großbuchstaben (substantivische) .Kontextvariablen;

kleinbuch-

stabige Indizes bezeichnen morphosyntaktische Bedingungen,

abge-

kürzt nach Anfangsbuchstaben (z.B. B p r = Substantiv mit Präposition, A n = Substantiv im Nominativ usw.). x bezeichnet das IIa Basislexem, y das Ableitungsmonem in der Grundformel: x

xy

IIa Das Zeichen ' ' statt eines Pfeils wurde von Zifonun (1973) eingeführt, d a solche Regeln zweifellos keine Transformationen oder PS-Regeln sind. Es wird in dieser Arbeit durchgehend anstelle eines Pfeils benutzt. Es dürfte auch für Derivationsregeln im Sinne von Starosta ( 1 9 7 1 b , 1974) angemessener sein als ein Pfeil.

20

Reinhardts Liste ist(b is auf einige mögliche Paraphrasierungs— differenzierungen m der Gruppe C.9) vollständig. In der folgenden Liste fehlt Reinhardts Gruppe C.ll, die alle nur als Partizipien realisierten Verben enthält, da diese m.E. keine eigene Ableitungsgruppe bilden (s.u. Gruppe 2.4. meiner Beschreibung).

Gruppe A: x vb

11 Ba

An

xyvb

Ba

z.B.: Der A grüßt den B Der A begrüßt den B Gruppe B: 1)

An

12 x^+zusatz

ßa

___

An

xyvb

Ba

z.B.: Der A schafft den B herbei Der A beschafft den B 2)

An

x ^+ad;j/adv

Ba

___

An

xyvb

ßa

z.B.: Der A feilt den B zurecht, glatt usw. Der A befeilt den B Gruppe 0: 1) a) (A n

14

xvb)

+

(A n

Vb b

Ba)

(A n

xyvb

Ba)

z.B.: (Der A lügt) + (Der A betrügt den B) Der A belügt den B 11 Reinhardt (1964:47-50) gibt die Gruppen in der hier vorliegenden Reihenfolge an; die Anmerkungen verweisen auf die entsprechenden Formeln bei v. Polenz (1968); Abweichungen sind kommentiert. Zur Gruppe A vgl. v. Polenz S. 137-139 Zf. 1.1. 12 Diese beiden Gruppen fehlen bei v. Polenz, der diese Verben zurecht unter der Ableitungsstruktur C.4« subsumiert. 13 Die Gruppe C umfaßt bei Reinhardt sämtliche Fälle, in denen die syntaktische Form des abgeleiteten Verbs deutlich von der des Grundworts abweicht; dementsprechend finden sich hier auch alle nicht-deverbalen Ableitungen. 14 Die Formel C.1.a. ist die bei v. Polenz (3. 139 Zf. 1.2.1.) angegebene, weil Reinhardts Versuch (S. 48) Er lügt, ihn damit betreffend völlig unbrauchbar ist. Zur Diskussion vgl. Gruppe 7. 1 . meiner Systembeschreibung.

21

»

U» (B Vb k

= ^ q

+

___

x y vb

Aa

z.B.: (Der A endet) + .(Der B bewirkt, daß der A endet) Der B beendet den A 2) 1 5 A n x v b B d — A n xy v b z.B.: Der A droht dem B Der A bedroht den B 3)

16

An

xvb

(B d )

Ca

An



Ba

xy v b

Ba

(C pr )

z.B.: Der A liefert (dem B) den C Der A beliefert den B (mit C) 4)

17

An

xvb

Bpr

A n xy v b



Ba

z.B.: Der A steigt auf den B Der A besteigt den B 5)

18

An

xvb

Ba

(C p r )

An



xy v b

Ca

(B p r )

z.B.: Der A klebt den B (auf C) Der A beklebt den C (mit B) 6)

19

An

xvb



An

xyvb-ref1'

z.B.: D e r a eilt Der A beeilt sich 7)

An

xvb

Bd

(C p r )



An

xyvb-refl*

(B p r ) (C p r )

z.B.: Der A dankt dem B (für C) Der A bedankt sich (bei B)(für C)

15 Vgl. v. Polenz S. 142 Zf. 1.4.1. 16 Vgl. ebd. S. 143 Zf. 1.5.1. Klammern bezeichnen fakultative Elemente. 17 Vgl. ebd. S. 142 Zf. 1.4.2. Dieser Ableitungstyp läßt sich weiter untergliedern nach der Präposition des Grundworts. 18 Vgl. ebd. S. 144 Zf. 1.5.2. 19 Die Gruppen C.6. bis C.8. fehlen bei v. Polenz; m.E. zurecht, da sie synchron gesehen ohne Bedeutung sind.

22 An

8)

vb

x

"refl-

(Bpr)

An



xyvb

Ba

Z.B.: Der A fürchtet sich (vor B) Der A befürchtet B 9)

20 a)

21

An

Ba

Vb

xpr



An

xyvb

Ba

z.B.: Der A stattet den B mit B i l d e r n aus Der A bebildert den B b)

22

An

Bd

Vb

xa

An



xyvb

Ba

z.B.: Der A gibt dem B den A u f t r a g Der A beauftragt den B c)

23

An

Ba

Vb

xpr

An



xyvb

Ba

z.B.: Der A erfüllt den B mit E i n d r ü c k e n Der A beeindruckt den B d)

24

An

xa

Vb

Bpr

An



xyvb

Ba

z.B.: D e r A richtet seinen Anspruch auf B Der A beansprucht den B e)

25

An

Vb

xn

wie

Bpr



An

xyvb

Ba

z.B.: Der A handelt wie eine Mutter an B Der A bemuttert den B 10)

26

An

Vb

Ba

x

a

^

— -

An

xyvb

Ba

z.B.: Der A macht den B frei Der A befreit den B 20 Die Gruppe C.9. umfaßt desubstantivische Ableitungen. Das auf der linken Seite der F o r m e l n stehende Symbol Vb bezeichnet ein Verb, mit dessen Hilfe sich der rechts stehende Ausdruck paraphrasieren läßt (vgl, auch oben Gruppen C.1.a/b). Bei v. Polenz w e r d e n z.T. andere Paraphrasen verwendet . 21 Vgl. v. Polenz S. 157 Zf. 3.3.2.5. 22 V g l . ebd. S. 151 Zf. 3.2.2.1. 23 Vgl. ebd. S. 152 Zf. 3.2.2.4-. 24 Bei v. Polenz völlig anders interpretiert, vgl. S. 147 Zf. 2.3. und S. 152 Zf. 3.2.3. 25 V g l . ebd. S. 149 Zf. 3.1.4. 26 Vgl. ebd. S. 146 Zf. 2.2.

23 Es ist zu überprüfen, welchen Status solche Gegenüberstellungen eigentlich haben. Reinhardt, der nur die Beispielsätze bringt, schreibt dazu (1964:57 Anm. 7): "Die Umschreibung mit dem entsprechenden nichtpräfigierten Verb (bzw. Substantiv, HG) und einem dem Bedeutungsgehalt des Präfixes wenigstens ungefähr entsprechenden Äquivalent soll vor allem die syntaktischen Konsequenzen der Präfigierung verdeutlichen." v. Polenz dagegen gibt seinen Formeln eine wichtige theoretische Punktion. Er bezeichnet sie zunächst als "Transformationen"; zwischen beiden Seiten der Formeln besteht "semantische Äquivalenz ... bei gleichem kommunikativen Effekt", "da diese Transformationen in der Objektsprache selbst als Definitionen der Form "idem per idem" möglich sind und vorkommen." (v. Polenz (1968:14)) Obgleich sich v. Polenz hier auf Mötsch (1962) und Chomsky (1957) bezieht, ist aus dieser Äußerung klar, daß seine "Transformationen" nichts mit den in der generativen Grammatik verwendeten zu tun haben; es handelt sich eher um Transformationen nach der oberflächenstrukturell orientierten Transformationstheorie von 27 Zellig S. Harris. Dies scheint v. Polenz auch irgendwie klar zu sein, vgl. Anm. 16: "Ich halte es jetzt für angemessener, den Simplexsatz statt mit > nur m i t ^ (semantische Ähnlichkeit wie bei den sog. Synonymen) zum Ableitungssatz in Beziehung zu setzen, wobei letzterer meist eine semantische Modifizierung enthält.» (135) Diese Korrektur dürfte auf das Verbot bedeutungsverändernder Transformationen in Chomsky (1965) zurückzuführen sein. Es ist demnach klar, daß die auf der linken Seite der Formeln stehenden Konfigurationen nicht als Tiefenstrukturen dessen anzusehen sind, was auf der rechten Seite steht; da jedoch die rechte Seite außerdem auch meist semantische Modifikationen enthält, handelt es sich bei den Formeln sicherlich auch nicht um "objektsprachliche Definitionen idem per idem". Im Grunde stellt v. Polenz in einer Formel wie C.4. nichts anderes fest, als daß ein Verb wie steigen eine andere Konstruktion hat als besteigen. Diese Tatsache ist schon Jacob Grimm 27 Vgl. Harris (1957) und (1965) sowie zur Entwicklung der moderneren Transformationstheorie im Anschluß an Harris Immler (.1972) Zf. 1.2.2.ff.

24 und allen seinen Nachfolgern inklusive Weisgerber nicht

entgan-

gen. W e n n die Formel nicht mehr leistet - und sie tut es nicht! dann ist in meinen Augen die Ersetzungen der in der Grammatik üblichen Ausdrücke "etwas, jemand" durch Großbuchstaben,

der

grammatischen Kategorien durch Indizes und des Ausdrucks

"abge-

leitet aus" durch einen Pfeil nichts als eine

pseudomathemati-

sche Spielerei, die durchaus nicht als "Formalisierung der A b leitungsmuster" (135) gewertet werden kann. Betrachtet m a n die Formel C.4. genauer, so stellt m a n fest, daß hier der erfolglose Ansatz von Hittmair (1882) wiederholt wird, die Ableitungen n a c h der Präposition des Grundwortes zu ordnen, und so k a n n auch h i e r nicht beschauen mit begaffen, behämmern nicht mit behobeln, ansprechen nicht mit anschreiben in Verbindung werden.

28

gebracht

(Vgl. v. Polenz (1968:142, Zf. 1.4.2.))

v. Polenz hat die Schwierigkeiten seiner Darstellung

durch-

aus gesehen. So weist er darauf hin, daß eine Charakterisierung der Leerstellen n e b e n den morphosyntaktischen A n g a b e n semantische Merkmale aufweisen müsse (158). Auch die Tatsache, daß die Ableitungsmoneme verschieden auf die einzelnen Ableitungsmuster verteilt sind und daß fast alle M u s t e r mehrere M ö g l i c h k e i t e n aufweisen, ist "noch nicht in R e g e l n zu fassen" (ebd.). Keine Lösung schließlich bietet v. Polenz für das m.E. wichtigste

Pro-

blem,die semantische Wertung der abgeleiteten Verben. Die A n bindung semantischer Modifizierungen wie

'exhaustiv 1 ,

'fort,

woandershin' oder ähnlicher, mit denen die jeweiligen F o r m e l n kommentiert werden, an die syntaktische Ableitungsstruktur

ist

unbrauchbar; hier gilt eben Weisgerbers Hinweis (den er allerdings selbst nicht beachtete!), daß die formalen und die inhaltlichen Züge der Verbableitungen nicht gleich strukturiert sind. E i n letztes Problem liegt in der Produktivität, v. Polenz deutet das am Schluß seines Aufsatzes selbst an mit seinen Scherzbildungen 'nun h a b e n wir keine F o r m e l n mehr zu bepfeilen',

'nun h a b e n wir genug gepfeilt', und kommentiert

(1968:158):

28 Obgleich Naumann (1972) diese Schwäche erkannt hat, k a n n auch er solche semantischen Ähnlichkeiten mit seinen Ableitungsformeln nicht erfassen.

25 "Man könnte auf hinlängliche Verstehbarkeit dieser beiden u n üblichen verbalen Ableitungen vom Substantiv Pfeil rechnen, müßte aber noch semantische R e g e l n dafür finden, warum diese beiden Neubildungen automatisch nach den K ü s t e r n 3.3.1.3. (einwertige Instrumentive) und 3.3.2.5. (Ornative) h i n n e i g e n und nicht etwa nach den vielen anderen desubstantivischen Mustern, zu denen sie rein nach ihren Ableitungsmonemen auch gehören könnten." Mir scheint, daß diese Frage durch das Prinzip der Modellprägung gelöst werden kann; dies Prinzip scheint jedoch

unverträglich

mit dem Grundsatz, daß die Bildungsweise das wichtigste Moment 29 bei der Ausbildung von Ableitungssystemen darstellt. 1.8. Gottfried Kolde Koldes Arbeit zu Be-Verben in Prosatexten des 14. - 17. Jahrhunderts war mir erst zugänglich, als eine umfassende

Berücksichti-

gung nicht mehr möglich war, ich kann deshalb hier nur einige Punkte

andeuten.^®

Koldes Ausgangspunkt ist die Überprüfung der Thesen von W e i s gerber (1958). Viele Beobachtungen Koldes decken sich mit der o.a. (Zf. 1.6.) Einschätzung; insbesondere betont Kolde die Interdependenz formaler und inhaltlicher Gesichtspunkte

(20 - 25).

Koldes Hauptziel ist die Isolierung von Punktion und B e d e u tung des Präfixes. Ihre Beschreibung ist auf verschiedene Weise (syntaktisch, semantisch, formal) möglich (66). Grundlage

der

Beschreibung ist auch für Kolde die syntaktische Beziehung

zwi-

schen Simplex und Präfixverb. Kolde räumt aber ein, daß diese Beschreibung zwar vollständig ist, aber wenig Aussagekraft hat (66 - 70). Obgleich in einem eigenen Absatz besprochen, gehört hierher auch die Einteilung nach der Wortart des Grundwortes, "obwohl Unterschiede in der P u n k t i o n des be- damit nicht verbunden sind" (74). Interessant ist, daß Kolde Bildungsweise

und

29 Eine Weiterentwicklung und Vertiefung des Ansatzes von v. Polenz findet sich in Zifonun (1973), vor allem durch die E i n beziehung des Syntaxsystems von Heringer (1972, 1973). Die Arbeit konnte nicht mehr in die Untersuchung einbezogen w e r den; ich hoffe, an anderer Stelle auf sie eingehen zu können. 30 Ich zitiere die Arbeit im Einklang mit anderen Autoren als Kolde (1964), obgleich die Datumsangabe auf dem Titelblatt (8.12.1964) zweifellos nicht das Erscheinungsdatum ist; die Arbeit lag frühestens im Frühjahr 1969 gedruckt vor, m ö g licherweise erst später.

26 "assoziative Verknüpfung"

im wesentlichen gleichsetzt (73), was

bei rigoroser Auslegung einer nicht-derivativen Behandlung von Präfixverben gleichkommt, insbesondere, wenn Kolde Hubschmied (1955:36) zustimmt, daß das Präfix in einigen Fällen zwar keine eigene

Bedeutung, jedoch "Bedeutung als Glied der Struktur"

(d.h. paradigmatische Bedeutung)

aufweise.

Die semantische Gesamtbedeutung des Präfixes beschreibt K o l de als "Betroffensein eines präexistenten Elements durch die Handlung" (79)- In der weiteren Untergliederung in Sonderbedeutungen unterscheidet er mehrere Funktionen des Präfixes, die in verschiedenen K o m b i n a t i o n e n auftreten können. Dies System, so brauchbar es in E i n z e l b e o b a c h t u n g e n ist, versagt bei der Systembeschreibung dadurch, daß die semantischen Züge der Verben dem syntaktischen Vergleich von Simplex und Präfixverb

untergeordnet

sind, w o d u r c h klare Zusammenhänge unterdrückt werden; so kann Kolde z.B. wegen unterschiedlicher Ableitungsstrukturen

bedecken

und b e l e g e n nicht als zusammengehörig klassifizieren, die V e r b e n sind in zwei völlig unabhängigen Gruppen eingeordnet (93, 108ff.). Das hat zur Folge, daß sämtliche Gruppen semantisch unhomogen wirken. Positiv ist freilich, daß Kolde polyvalente Verben ein31 gehend untersucht und mehrfach aufführt, vgl. bes. 9 0 - 93. Die Systembeschreibung Koldes, verbunden mit der Arbeit von Bogner (1933) und der vorliegenden Arbeit, bietet m.E. eine ausgezeichnete Materialgrundlage für eine genauere Untersuchung der diachronen Entwicklung des Be-Systems. Von besonderer

Bedeutung

ist in diesem Zusammenhang Koldes Kapitel 6, wo Kolde

(meines

Wissens als erster) ausführlich auf K o n k u r r e n z - und

Oppositions-

beziehungen eingeht. Sehr aufschlußreich ist insbesondere

seine

Beobachtung, daß in dem von ihm untersuchten Zeitraum Überlappungen, Berührungen und Überschneidungen der einzelnen Ableitungssysteme weitaus häufiger zu sein scheinen als in der Gegenwartsprache, d.h. daß die systematische Ausbildung der einzeln e n Systeme noch nicht so weit fortgeschritten w a r wie heute, vgl. dazu auch K a y s e r

(1958).

31 Eine Fülle interessanter Einzelbeobachtungen Koldes k o n n t e n nicht mehr in diese Arbeit einbezogen werden. Ausgesprochen bedauerlich ist das Fehlen eines vollständigen R e g i s t e r s .

II. ZUR THEORIE D E R WORTBILDUNG

2.1. Zur Beziehung von Grundwort und Ableitung Alle in Kapitel I dargestellten U n t e r s u c h u n g e n gingen davon aus, daß der Untersuchungsgegenstand der Wortbildungslehre

das V e r -

hältnis zwischen Grundwort und abgeleitetem Wort sei. Dabei spielte die Wortart des Grundwortes stets eine besondere Rolle. Diese Grundposition reflektiert die unbestreitbare Tatsache, daß motivierte W o r t b i l d u n g e n Syntagmen sind, die auch von jedem Sprachteilhaber so aufgefaßt werden, vgl. M ö t s c h

(1962:34):

"Man k a n n die angedeuteten Transformations zusammenhänge zwischen Ausdrücken der Struktur "kann + V + pt2 + werd + Inf" und "Basis + bar" sehr wohl als einen Zerlegungsprozeß auffassen, der Bewußtseinsprozesse widerspiegelt. In den B i l dungen erreichbar, bezahlbar, zusammenklappbar k ö n n e n m i n d e stens 2 Bedeutungseinheiten unterschieden werden, die, dazu besteht ein berechtigter Grund, als auch vom Sprachbewußtsein unterschieden aufgefaßt w e r d e n können." Bei der Besprechung der A r b e i t e n von Reinhardt (1964) und v. Polenz (1968) habe ich auf die Hauptprobleme dieser B e t r a c h tungsweise schon kurz hingewiesen. Am prononciertesten ist die Kritik von Gauger an dieser Methodik (1968:96, Anm. 10): "(Diese Schwierigkeit kommt daher), daß sie (die W o r t b i l dungslehre, HG) von einem - durchaus künstlichen - A u g e n blick des Zusammentretens beider Elemente ausgeht. In W i r k lichkeit ist ja das abgeleitete Wort schon immer abgeleitet. Eine Mißlichkeit der ü b l i c h e n Betrachtungsweise liegt darin, daß sie die gebildeten W ö r t e r jederzeit "in statu formandi" sieht ... E i n Lexem ist da, zu ihm tritt ein A f fix; was geschieht?" Besonders deutlich kommt die von Gauger kritisierte Haltung bei Dearmond zum Ausdruck

(1969:345f.):

"The discussion of derivation is limited to forms which are derived by means of an affix which do not alter the meaning of the stem beyond the meaning of the semantic feature of the affix, and by means of an affix, which is not unique in a given derivative ..."

28 Dearmond definiert dann den Begriff der Ableitung

(355):

"A derivation is an autonomous word which presupposes the existence or supposed existence of the stem of a basic word from which it is derived and to which it is semantically related. It is the extension of the stem of a word or phrase, and the deriving element presupposes the existence or assumed existence of a stem, but not vice versa." Diese Definition ist nicht unkorrekt, aber sie hat ihre Schwierigkeiten. Faßt m a n Stamm und Basiswort als nicht-identisch

auf,

so muß man feststellen, daß im Basiswort eine strukturell ähnliche Beziehung besteht zwischen dem Stamm und dem ganzen Wort, wie zwischen Stamm und Ableitung. Nimmt man zu der D e f i n i t i o n die Anweisungen im ersten Zitat hinzu, so ergibt sich eine F o r mel, die das Peststellen der Bedeutung bzw. der Funktion eines Affixes zuläßt: Ableitung minus Stamm gleich Funktion des Affixes. Dies ist jedoch eine Umkehrung der oben kritisierten F r a g e stellung: E i n Lexem ist da, zu ihm tritt ein Affix, was g e schieht? Zur Diskussion vgl. folgende Sätze: (1) Hans lügt (2) Hans belügt Peter (3) Hans täuscht Peter Die Anwendung der Formel würde ergeben, daß das Präfix be- im Satz (2) Träger der transitiven Beziehung ist (so faßt es Paul im Deutschen Wörterbuch, s.o. Zf. 1.4.). Dies scheint

jedoch

absurd, da im Satz (3) täuschen als Verb diese Beziehung trägt, warum dann also in Satz (2) nur das Präfix und nicht das ganze Verb? Noch schwieriger als die Ermittlung der Funktion eines Präfixes ist, gerade bei be-, die^Ermittlung seiner Bedeutung. Dies gilt jedoch auch für die semantisch eher greifbaren P a r t i keln: "Der feststellbare lokative Gehalt der Partikel allein gibt über die spezifische Leistung der Partikel im einzelnen Verb wenig Aufschluß." (Hundsnurscher (1968:23)) Das gleiche ist feststellbar für die Partikelverben im E n g l i schen: "It would be an almost impossible task to define and classify every possible shade of meaning w h i c h an adverbial extension may have when used w i t h verbs." (Anastasijewicz (1954:28)) Mit anderen M e t h o d e n hat Hans Marchand in seinen Arbeiten versucht, die Funktion der Bestandteile von präfixalen V e r b a b l e i tungen zu analysieren. Im Anschluß an Bally macht er die D e t e r -

29 minans-Determinatum-Beziehung

zum Ausgangspunkt der Betrachtung

v o n W o r t b i l d u n g e n . W o r t b i l d u n g e n haben prinzipiell die Form AB, wobei A als Determinans von B fungiert. Echte

Präfixbildungen

sind solche, bei denen AB durch B vertreten w e r d e n kann; diese Bildungen sind "einfache Expansionen": Beschreiben ist prinzipiell nur ein besonderes Schreiben, Berechnen ein besonderes Rechnen, usw., vgl. Marchand (1971:313ff.). In

"synthetischen

P r ä f i x b i l d u n g e n " dagegen können die beiden Bestandteile

nur

tiefenstrukturell als AB = B analysiert w e r d e n (etwa beflaggen als '/Flagge + en/ + be-', vgl. ebd.: 318ff.).

Pseudo-Präfix-

bildungen schließlich sind solche, in denen die K o m b i n a t i o n AB nicht für B eintreten kann: Erstreiken ist k e i n Streiken, V e r prassen k e i n Prassen, usw. Solche V e r b e n bezeichnet Marchand als "Nullableitungen"; ein diskontinuierliches Zeichen kündigt den Inhalt

'durch Streik - erwerben, erreichen' bzw.

'durch

Prassen - vertun' an, wobei umgekehrt zu den synthetischen Präfixbildungen das diskontinuierliche /ver

Zeichen /er

jZl / bzw.

0 / als Determinatum, das Grundwort Streik als Deter-

minans fungiert (313, 321ff.). Die Problematik dieser Analysen wird dann deutlich, wenn darüber hinaus eine semantische

Ana-

lyse der V e r b e n durchgeführt werden soll, bei der es unerläßlich scheint, P r ä f i x - und Partikelverben als E i n h e i t e n zu betrachten, deren semantischer Gehalt nicht auf Affix und Stamm aufgeteilt w e r d e n kann, vgl. hierzu ausführlich Lipka (1971a: 184ff.)• Alle Versuche, die P u n k t i o n und Bedeutung von Präfixen zu isolieren, reflektieren die Grundposition, daß der Sprachteilhaber bezüglich der W o r t b i l d u n g lediglich über eine bestimmte Menge von Einzelelementen sowie über gewisse

Kombinationsregeln

verfügt (s.o. Zf. 1.7.). Dies läßt sich nur so verstehen, daß bei jedem Sprech- und Hörakt abgeleitete W ö r t e r neu zusammengesetzt bzw. zerlegt werden. Das heißt, die Wortbildungslehre untersucht, wie aus schreiben beschreiben, aus sprechen besprechen wird, usw.; untersucht wird also die Entstehung von W ö r tern; dies jedoch ist eine diachrone Fragestellung, vgl. F i l l more

(1968:50):

"The derivation of a n o u n from a verb is a matter of historical, not synchronic fact ... That is, instead of having

30 a synchronic process for producing such words as Latin amor from its associated verb, what is needed is the Classification of such a word as an abstract noun having a particular relationship with the verb a.mo." Aber auch in diachroner Hinsicht ist die Theorie, daß Wortbildungen stets als Produkt von Kombinationsregeln aufzufassen sind, nicht unproblematisch. Alle Wortbildungen unterliegen dem Vorgang der Idiomatisierung. Dieser Vorgang hat jedoch nicht nur Auswirkungen auf bereits gebildete Wörter, sondern auch auf mögliche Neubildungen: "Die meisten Komposita sind Schöpfungen nach dem Muster schon vorhandener Typen, Analogiebildungen, für die nicht mehr das ursprüngliche Verhältnis zwischen Präfix und Stammwort, sondern häufig die schon verschobene Bedeutung zur Einheit verschobener Komposita maßgeblich ist." (Leopold (1907:21, Unterstreichung HG) Hier stellt sich der (in der traditionellen Forschung auch stets betonte) Unterschied zwischen Syntax und Wortbildung deutlich heraus. Die Bildung von Sätzen läßt sich in der Tat nur so erklären, daß die Zusammenfügung bestimmter Einzelelemente auf der Basis vorliegender Kombinationsregeln erfolgt. Einmal gebildete Sätze unterliegen nicht dem Vorgang der Idiomatisie1 rung. Das bedeutet, daß Sätze in der "langue" nicht als unteilbare Einheiten bestehen. Es gibt demnach keine korrekt gebildeten Sätze, die es nicht gibt; mit anderen Worten: Es gibt keine Lücken im Satzbestand, weil es keinen Satzbestand gibt. Auf der Ebene der Wortbildung aber lassen sich solche Lücken feststellen; Henzen (1958:13) bemerkt, daß es zwar die Röte gibt und die Bläue, kaum jedoch die Graue und sicherlich nicht die Gelbe; Lipka (1971b) verweist auf das fehlende Wort Lerner 2 in Analogie zu Lehrer; die Liste solcher Beispiele ließe sich beliebig verlängern. Der strukturelle Unterschied ist eindeutig: Chomskys berühmter Beispielsatz (4) Colorless green ideas sleep furiously wird abgelehnt, weil diese Kombination von Einzelelementen keine Entsprechung in der Realität hat, wobei sich mit Hilfe me1

2

Mit Ausnahme von Redewendungen; hierbei handelt es sich um bestimmte Verknüpfungen lexikalischer Einheiten, die nurmehr gemeinsam analysierbar sind; auch solche Verknüpfungen müssen im Lexikon eingetragen sein, da sie idiosynkratischer Natur sind. Vgl. aber die Diskussion solcher Lücken in Kapitel V.

31 taphorischer Deutung o.ä. aber durchaus eine

Interpretation

finden ließe (der Satz wurde Bestandteil eines Gedichts!);

vom

syntaktischen Gesichtspunkt aus ist der Satz jedoch völlig k o r rekt gebildet, wie die Intonationsprobe erweist, vgl. Chomsky (1957:15f.). Die Beispiele Gräue und Lerner dagegen h a b e n Ä q u i valente in der Wirklichkeit,aber die W ö r t e r sind in der Norm nicht realisiert. Der Inhalt eines Satzes ist allein aus dem Verhältnis der in ihm aufgrund von syntaktischen R e g e l n verknüpften semantisch interpretierbaren Elemente bestimmbar; gilt nicht für Wortbildungen,

•3

jedenfalls nicht

dies

ausschließlich;

hier sind vielmehr zwei verschiedene Aspekte zu beachten: "Neben diesem prozessualen Aspekt ist aber auch der analytische im Auge zu behalten. In den m e i s t e n F ä l l e n w e r d e n "fertige" W ö r t e r in der Rede verwendet (reproduziert). Ihre Analyse - soweit sie morphematisch analysierbar sind - ist ebenfalls Aufgabe der Wortbildung." (Fleischer (1969:l7f.)) Diese Auffassung ist vor allem von Dokulil theoretisch begründet worden: "Vom Standpunkt der Synchronie können wir zwei Aspekte der Wortbildung unterscheiden, den prozessualen, der auf die N e u bildung und Wiedergabe der Bildung der W ö r t e r gerichtet ist, und den strukturell-funktionellen, der auf die Struktur der Wortgebilde und deren F u n k t i o n zielt ... Der eigentlichen Wortbildung im prozessualen Sinne wird somit die "Wortgebildetheit", die Wortbildungsstruktur gegenübergestellt, ihre Art und Beschaffenheit und ihre Funktion im Sprachsystem und im Sprechakt." (1968:204) Diese zwei verschiedenen Aspekte hat Zimmer (1964:85) in folgender Form gekennzeichnet:^" "We must differentiate between two kinds of acceptability: acceptability in terms of a particular form (e.g. unkind) and acceptability in terms of a particular pattern (e.g. un-x-able)." Dabei sind lediglich Formeln wie

'un-x-able', dem im D e u t s c h e n

'un-x-bar' entsprechen dürfte, als produktiv zu betrachten, nur 3

4

Ausführlich behandelt wird das Verhältnis von Syntax und W o r t b i l d u n g in Dokulil (1966). Dokulil macht vor allem darauf aufmerksam, daß Wortbildungen, die als Transformate syntaktischer Gebilde begriffen w e r d e n können, in sich meist k e i ne Reflexe auf die syntaktischen Bedingungen des zugrundeliegenden Satzes mehr enthalten, d.h. daß eine Rückanalyse nicht möglich ist. Zimmer untersucht affixale N e g a t i o n in verschiedenen indogermanischen Sprachen und nennt hier Beispiele aus dem B e reich der B i l d u n g e n mit dem Präfix un-.

32 nach diesen F o r m e l n analysierbare W ö r t e r w e r d e n von der Grammatik generiert; die anderen sind weder grammatisch noch ungrammatisch, sondern "lexical". Diese Trennung ist notwendig, weil es sich zeigt, daß "a purely generative account of all morphological complex forms may lead in certain cases to an unrealistically simple description, and that we need a grammar w h i c h will analyze such morpheme combinations but not generate them," (86) Marchand (1966) hat in seiner R e z e n s i o n Zimmers Trennung darauf zurückgeführt, daß in einem Falle (un-x-able)

transpositionelle,

im anderen (unkind) semantische Derivation vorliege. Erstere ist ausdrückbar als einfache Transformation eines g e n d e n Satzes (X cannot be read

>

zugrundelie-

X is unreadable). Seman-

tische Derivation dagegen enthält einen Zusatz: "Spectacular sight, however, is not merely a transform of the underlying sentence, say, the sight is a spectacle. The lexical content feature 'grand, magnificent 1 is added, so that spectacular acauires the meaning 'as magnificent as a spectacle '." (138) Wie solche semantischen D e r i v a t i o n e n aber im einzelnen zu behandeln sind, bleibt unklar: "It is easy to see that there is such a difference, less easy to draw the line." (ebd.) In seiner Zusammenfassung stellt Marchand fest, daß eine rein transformationeile Behandlung von W o r t b i l d u n g e n wie etwa Lees (1960) das Problem der semantischen D e r i v a t i o n verkennt, weil auf diese Art nur transpositionelle D e r i v a t i v a sinnvoll behandelt werden können. Es ist jedoch m.E. fraglich, ob es solche rein transpositionelle Derivation, wie sie M a r c h a n d im Sinn hat, überhaupt gibt. Versucht man, im System der Be-Verben Beispiele dafür zu finden, so kommt wohl am ehesten der Typ 'A versieht B mit x



A

be-x-t B' in Frage. Aber bereits hier finden sich

Erscheinungen, die zur semantischen Derivation hinneigen;

so

scheint sich mir beschriften dieser Formel nur mit Mühe zu fügen, denn

x

wäre in diesem Falle eher mit

Aufschrift

setzen, was das (denkbare, aber in der Norm nicht Verb beaufschriften

ergäbe.

zu be-

realisierte)

33 2.2. Präfixverben als semantische

Einheiten

In der Unterscheidung zwischen transpositioneller und semantischer Derivation hat Marchand m.E. einen wesentlichen Punkt getroffen, der vermutlich eng mit dem Vorgang der

Idiomatisierung

zusammenhängt. U m aber eine genaue Scheidung zwischen den verschiedenen Derivationsformen zu erreichen und K r i t e r i e n für ihre Behandlung zu entwickeln, scheint es mir notwendig,

zunächst

einmal das System eines Ableitungsmittels, in diesem Falle also des Präfixes be-, allein und ohne Beziehung zu den Grundwörtern zu untersuchen. Eine solche Betrachtungsweise trägt dem Umstand Rechnung, daß Präfixe und andere Ableitungsmittel nicht nur zur V e r m e h r u n g des Wortschatzes beitragen, sondern auch ein M i t t e l sind, ihn zu ordnen, worauf Spycher (1955:76) hinweist. W ö r t e r wie bedecken, belegen, besprechen w e r d e n nicht bei jedem Sprechakt aufs Neue zusammengesetzt, sondern tragen als Einheit

in

der Vorsilbe b e - einen Kennzeichner, der die syntaktischen und semantischen Beziehungen des Verbs zu den m ö g l i c h e n M i t s p i e l e r n im Satz anzeigt. Diese Kennzeichnung ist jedoch nicht

isolier-

bar als Leistung des Präfixes, sondern nur als M a n i f e s t a t i o n der durch ähnliche Bildungen sich konstituierenden pen, vgl. Gauger

Bedeutungsgrup-

(1968:101f.):

"Der Inhalt eines Suffixes entsteht im Bewußtsein und ist in diesem lebendig vermöge des identischen Verhältnisses zwischen einer m e h r oder weniger großen Zahl als zusammengehörig empfundener W ö r t e r ... Daraus folgt, daß der Inhalt des Suffixes den des suffigierten W o r t e s bereits voraussetzt." "Der Inhalt einer 'neuen 1 Bildung ist also gleichsam schon da, n o c h bevor diese ins B e w u ß t s e i n tritt." Eine solche Betrachtungsweise setzt die abgeleiteten W ö r t e r zunächst als E i n h e i t e n an; es wird "nach dem gemeinsamen B e d e u tungsinhalt der Zusammensetzungen gesucht, nicht aber n a c h der Bedeutung des Partikel" (Kjellman

(1945:25)).

Neben den älteren Arbeiten von W e l l a n d e r (1911) und K j e l l m a n (1945) sind in jüngster Zeit 3 Arbeiten entstanden, die d i e se K o n z e p t i o n verfolgen: H u n d s n u r s c h e r (1968), Teilenbach (1971) und A b u s a m r a (1971). Außer Tellenbach (1971), die über v e r schreibt, behandeln alle Arbeiten trennbare

Verbableitungen.

Probleme, die mit der Trennbarkeit zusammenhängen,

entfallen

34 für diese Arbeit.

5

Auch der methodische Weg, vom lokativen Ge-

halt der Partikel auszugehen, ist für die Be-Verben nicht gangbar, weil es einen solchen Gehalt nicht gibt.^ Im übrigen zeigt sich aber, daß die im Systemaufbau wirksamen Paktoren bei Präfix- und Partikelverbsystemen im wesentlichen die gleichen sind. Am konsequentesten verfolgt Hundsnurscher (1968) den genannten Ansatz, vgl. dort auch die Würdigung der Arbeiten von W e l l a n der (1911) und Kj ellmann ( 1945). Nicht die isolierte Partikel oder das Grundwort sind für Hundsnurscher die Grundlage des Systems, sondern die in einen konkreten Kontext eingebettete V e r b Partikel-Kombination selbst

(1968:185):

"Die synchrone Sicht läßt das Partikelverb als individuelle V e r k ö r p e r u n g eines virulenten generellen Verbbildungstyps erscheinen, wobei Partikel und Verb nur unselbständige V e r satzstücke in einem übergeordneten Punktionsrahmen sind." Ähnliches stellt Tellenbach (1971:23) für Präfixverben fest: "Das Präfix ist zusammen mit der Basis Träger der lexikalischen Bedeutung des Wortes, Präfix und Basis bilden eine funktionelle Einheit ... Die W o r t n i s c h e n sind Gruppen von Verben, die auf Grund ihrer Ableitung durch das Präfix vereine gemeinsame Bedeutung aufweisen." Es wird also die durch ein formales Bildungsmittel

gekennzeich-

nete Ableitungsgruppe semantisch untergliedert; dabei ist die Bedeutung eines einzelnen Verbs nie als Summe zweier selbständiger Bestandteile aufzufassen; ein Präfix determiniert

gemein-

sam mit der Basis im R a h m e n der Bedeutungsgruppe die dem sprachlichen Kontext des Satzes auferlegten Restriktionen. Das P r ä fix ist demnach keine autosemantische Größe, was ja auch durch seine syntaktische Unselbständigkeit deutlich wird: "Eine feste inhaltliche Prägung vermag sie (die Partikel, HG) dem Verb aufgrund der Unselbständigkeit ihrer Inhaltskompon e n t e n nicht zu verleihen." (Hundsnurscher (1968:190)) Dies trifft

in vollem Umfange auch auf die Präfixe zu. Entspre-

chend gilt, daß auch die Basis eines Präfixverbs k e i n selbständiger Bestandteil ist. Hundsnurscher hat darauf hingewiesen, daß das Grundwort keineswegs mit dem entsprechenden Simplexverb

5 6

Vgl. dazu Hundsnurscher (1968:30ff.) und lipka (1972:Zf. 1.2.ff.) Dies gilt auch für das Präfix ver-; auch dort läßt sich k e i ne Grundbedeutung(welcher Art auch i m m e r ) a u f w e i s e n . Vgl. dazu die Diskussion einiger Versuche in dieser Richtung bei Teilenbach (1971:21 ff.).

35 oder -substantiv identisch ist. Dabei ist eine Beobachtung von besonderer Wichtigkeit, auf die schon Paul (1896:699) aufmerksam gemacht hat: "(Es ist zu beachten), daß, wenn ein Wort in verschiedener Weise verwendet wird, die Ableitung nicht immer allen diesen Verwendungsweisen entspricht, sondern sich öfters nur an einen Teil derselben anschließt, z.B. Wärter zu warten (= Beaufsichtigen), nicht: auf jemanden warten, uswT" Hundsnurscher hat in Anlehnung an Schmidt (1963) gerade diesen Gesichtspunkt besonders hervorgehoben. Das "Stammverb" (das, was von einem Präfixverb übrig bleibt, wenn man das Präfix wegstreicht) ist keinesfalls identisch mit dem entsprechenden Simplexverb; d.h. es ist zu unterscheiden zwischen dem Grundwort als Lexikoneintrag mit der Zuordnung grammatischer und semantischer Eigenschaften und dem in der Ableitung vorhandenen 'Stammverb'. Dieser Ausdruck soll auch in dieser Arbeit fortan verwendet werden; dabei ist stets zu beachten, daß das Stammverb eine unselbständige linguistische Größe ist, die mit dem entsprechenden Simplex nicht identisch ist. Akzeptiert man diese Verschiedenheit, so wird ohne weiteres klar, daß die oft gebrauchten Ausdrücke wie "transitivierend" usw. irreführend sind, denn sie suggerieren eine Identität zwischen dem Stammverb und einem Simplexverb als Lexikoneintrag. Ableitungen enthalten sehr häufig nur ganz bestimmte Prägungen eines existierenden Simplexverbes: "Das Simplexverb ist keine stabile Größe, sondern ein variables System semantischer Wertigkeiten, je nach Art seiner Kontexteinspannung ... Wenn ein Verb als Stammverb eines Partikelverbs verwendet wird, so ist immer damit zu rechnen, daß es bereits unter einer spezifischen "aktuellen" Prägung steht und keineswegs die Hauptbedeutung des Simplexverbs verkörpert." (Hundsnurscher (1968:192)) Dieser Paktor, der von erheblicher Wichtigkeit ist, ist z.B. von v. Polenz völlig übersehen worden, vgl. die Ableitungsstruktur von bebauen (1968:144): Der A baut den B (auf C) Der A bebaut den C (mit B) Die Bezeichnung der fakultativen Elemente durch Klammerung, durch die eine bestimmte syntaktische Leistung des Präfixes angezeigt werden soll, ist irreführend. Man betrachte dazu folgende Sätze:

36

(4) Die Firma baut Häuser (5) Die Firma baut Häuser auf das Gelände (6) Die Firma bebaut das Gelände (7) Die Firma bebaut das Gelände mit Häusern Die Sätze (6) und (7) sind nur aus Satz (5) ableitbar, nicht aus Satz (4). In der Terminologie der Kasusgrammatik Filimores repräsentiert in Satz (4) Häuser einen Resultativ, in den Sätzen (3) - (7) einen Objektiv; d.h. bebauen ist nur mit dem dreiwertigen Verb bauen in Beziehung zu setzen, nicht mit dem zweiwer7 tigen. Wenn auch in dieser Arbeit in erster Linie der Ansatz Hundsnurschers verfolgt wird, so muß dennoch stets gesehen werden, daß Präfixbildungen zwei verschiedene Aspekte aufweisen: "Prefixal ... composites must be opposable to their unprefixed ... bases and to other composites containing the same dependent morpheme." (Marchand (1969:3)) Es empfiehlt sich, diese Zweiteilung in syntagmatische und paradigmatische Erscheinungen auch bezüglich des Vorgangs der Idiomatisierung vorzunehmen. Das Hauptproblem einer synchronen Systembeschreibung liegt ja darin zu entscheiden, welche Verben als zum System gehörig, als durchsichtig klassifiziert werden sollen. Geht man von der Grundposition aus, daß abgeleitete Verben als semantische Einheiten zu betrachten sind, und daß Bedeutungsgruppen das systemkonstituierende Moment bilden, so gehören alle die Verben mit einem gemeinsamen Bildungsmittel zum System, die sich einer bestehenden Bedeutungsgruppe anschließen lassen. Das bedeutet, daß auch Verben, die von der Bildung her fraglos nicht mehr durchsichtig sind, in die Systembeschreibung aufgenommen werden, wenn sie einer klar beschreibbaren Gruppe zweifellos nicht idiomatisierter Verben anschließbar sind; vgl. etwa betrachten, dessen Bildungsweise unklar ist, das aber in allen Eigenschaften den Verben der Gruppe 4,4.1. angeschlossen werden kann, die nicht idiomatisiert sind. Verben mit unklarer Bildungsweise wie betrachten sollen hinfort d e m o t i v i e r t genannt werden. I d i o m a t i s i e r t hingegen ist ein Verb, wenn es keiner Bedeutungsgruppe des Ableitungssystems mehr anschließ7

Dies gilt für sehr viele Verben des Typs I meiner Systembeschreibung. Die gleiche Beobachtung ist auch der Ausgangspunkt des ebenfalls von der Kasusgrammatik ausgehenden Aufsatzes von Becker (1971), s.u. Zf. 4.2.2.6.

37 bar ist, in das es kraft des Ableitungsmittels gehört. So wie es Verben gibt, die demotiviert, aber nicht idiomatisiert

sind

(wie betrachten), gibt es Verben, die idiomatisiert, aber nicht demotiviert sind, wie z.B. beherrschen oder berechnen, vgl. dazu Gruppe 8.1. meiner Systembeschreibung. Verben, die sowohl demotiviert als auch idiomatisiert sind, wie z.B. befehlen, len hinfort

lexikalisiert

sol-

genannt werden.

Wesentliches Merkmal einer systematischen Gruppierung von Präfixverben ist eine einheitliche Kontextbehandlung. Es ist ein entscheidendes Verdienst v o n Hundsnurscher (1968), daß er diesen Gesichtspunkt mit aller Deutlichkeit herausgestellt hat: "(Es läßt sich deutlich aufzeigen), daß bei der D i s k u s s i o n der Verbbedeutungen und der Peststellung von Gruppen die Angabe des erfüllten Rektionsplanes für die Verbbeispiele unumgänglich ist; die Angabe eines von allen Kontextbezügen isolierten Verbkörpers ist sinnlos." (21) Nur so k a n n der vielfältigen Polysemie innerhalb der Ableitungssysteme Rechnung getragen werden. H i e r liegt die Hauptschwäche von Weisgerber (1958); die dort im Anhang gegebenen V e r b l i s t e n sind eben deshalb unzureichend, weil ohne Berücksichtigung

des

Kontextes Verben zusammengestellt sind, die außer der (häufig dubiosen) Wortartzugehörigkeit des Grundwortes kaum etwas m i t einander gemein haben; das gleiche gilt für die V e r b l i s t e n v o n Kempcke (1965/66). Auch in Teilenbach (1971) fehlen leider b i s w e i l e n Beispielsätze. Gerade die K o n t e x t b e d i n g u n g e n des abgeleiteten Verbs m ü s s e n als Konstituens für die Etablierung von Bedeutungsgruppen angesehen werden, dabei sind

syntaktische

wie semantische Gesichtspunkte gleichermaßen zu b e r ü c k s i c h t i gen. Die generelle Bedeutung größerer Gruppen läßt sich u n g e fähr angeben, aber die individuellen Bedeutungskomponenten der Verben entstammen

Stammverbkomponenten:

"Es ist ... festzuhalten, daß die Zahl der Bedeutungen von auswischen nicht voraussagbar ist und abhängig von der Zahl der etablierten Bedeutungsgruppen, in die das Stammverb "-wischen" aufgrund seiner Inhaltskomponenten eingebaut w e r den kann." (Hundsnurscher (1970:357)) "Denn die Sprache teilt die Vorgänge nicht nach einem b e grifflich-lokativen System ein, sondern läßt sich von analog empfundenen Sachverhalten zur modellgesteuerten B e z e i c h nung anregen." (ders. (1968:22)) Hundsnurschers Terminus "Modellprägung"

(1968:193ff.)

entspricht

58 im wesentlichen H e r m a n n Pauls Begriff "Analogie"

(1909:Kap.V).

Las wesentlich Neue, was Hundsnurscher erkannte, ist, daß M o dellprägung k e i n Analogievorgang bezüglich der Bildungsweise abgeleiteter W ö r t e r ist, sondern sich auf bereits

zusammenge-

setzte E i n h e i t e n bezieht, die innerhalb einer durch ein bestimmtes formales K e n n z e i c h e n festgelegten Bedeutungsgruppe

ste-

hen. Zur Vedeutlichung zitiere ich das Beispiel, mit dem H u n d s nurscher (1968:195T.) selbst den Begriff erklärt. E r

zitiert

h i e r einen Leserbrief aus dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel", in dem die W e n d u n g er hat uns einen Schaden eingeschlafen vorkommt, und kommentiert: "1. Zur Hauptbedeutung des Simplexverbs schlafen besteht keine direkte Beziehung. 2. Es dürfte auch schwerfallen, von dieser Prägung einschlafen aus eine Verbindung zu dem geläufigen Partikelverb einschlafen (= in Schlaf sinken) herzustellen ... 3. Es fragt sich, ob es zutreffend ist zu sagen, das intransitive Simplexverb sei durch die Verbindung mit ein- transitiviert worden. 4. Voraussetzung für die Interpretation der Prägung ist die Kenntnis der redensartlichen ("aktuellen") Bedeutung von schlafen ... wie in den W e n d u n g e n "habt ihr denn die ganze Zeit geschlafen" und "schlaf nicht!" (= paß auf!); es liegt also eine besondere "aktuelle" Entfaltung der H a u p t bedeutung v o n schlafen vor. 5. In dieser speziellen Bedeutung ist "schlafen" in den R a h m e n der festen Redewendung "jemand hat uns einen S c h a d e n eingebracht" (oder "eingetragen") eingespannt worden. Sieht man das M o d e l l unter dem Bedeutungsrahmen "von jemandem durch nachlässiges V e r h a l t e n geschädigt werden" als produktiv an, so bieten sich die Feldnachbarn von "schlafen", soweit sie auch die Komponente der N a c h l ä s s i g keit zu aktivieren vermögen, als Variantenreservoir an, so z.B. "das hat er uns eingetrödelt, eingedöst, eingefaulenzt". 6. Es ist nicht möglich, den semantischen Gehalt der Partikel aus dem Verbalausdruck als selbständige Größe zu isolieren." Für die Be-Verben lassen sich nicht alle M ö g l i c h k e i t e n der K l a s sifizierung benutzen, die Hundsnurscher (1968) verwendet; besondere die Unterscheidung von Zentralverben,

ins-

Variantenrei-

h e n und okkasionellen P r ä g u n g e n scheint nicht möglich zu sein. D a g e g e n ist für das Be-System die Untersuchung des Kontextes von n o c h größerer Bedeutung. Hundsnurscher (1968) ist Uber eine intuitive Charakterisierung der Kontexte kaum hinausgekommen. Es

39 scheint notwendig, Kontextkriterien genauer zu fassen, vgl. Fairclough (1965:21), der englische Partikelverben untersucht: "Therefore a more satisfactory way of differentiating pairs (gemeint sind Polyseme, HG) seems to be by taking into account exponential restrictions and potential features." Dies sind kategoriale Merkmale wie +/- direktes Objekt usw. sowie Selektionsmerkmale wie +/- Konkr usw. Freilich ist die Erforschung linguistisch relevanter semantischer Kontextmerkmale erst an einem Anfang, und so wird auch in dieser Arbeit kaum mehr zu finden sein. Es zeigt sich aber, daß für die Systembeschreibung der Verben mit be- ein weiterer Ausbau der Anzahl semantischer Kontextmerkmale kaum nötig ist, weil sich die meisten Gruppen bereits mit diesem beschränkten Reservoir an Merkmalen gut charakterisieren lassen. Man wird freilich darauf achten müssen, daß auch Stammverbkomponenten bei dieser an Schmidt (1963) angelehnten Betrachtungsweise eine wichtige Rolle spielen, vor allem für den Vorgang der Idiomatisierung und für die Struktur des Systems. Die Bedeutungsdifferenzierung der Mitglieder einer Bedeutungsgruppe beruht ja auf der Verschiedenheit der Stammverben und ihrer Inhaltskomponenten. Wenn also Präfix und Stammverb auch nur "unselbständige Versatzstücke in einem übergeordneten Funktionsrahmen sind" (Hundsnurscher 1968:185), so fällt ihnen dennoch unterschiedliche Funktion zu: Das Präfix fungiert als Kennzeichner für gruppenhafte Vergesellschaftung, während die Komponenten der Stammverben die Differenzierung innerhalb des Systems tragen. Meine Beschreibung des Systems der Verben mit be- wird also in folgender Weise vorgenommen werden: (1) Im Mittelpunkt der Darstellung steht nicht die Betrachtung der Beziehung zwischen Stammverb und Ableitung, sondern die paradigmatische Beziehung der Verben mit be- untereinander; das Schwergewicht liegt nicht auf dem prozessualen Aspekt der Wortbildung, sondern auf der Frage nach dem systematischen Zusammenhang der gebildeten Wörter. (2) Die gebildeten Verben werden als Einheiten betrachtet; es wird nicht versucht, eine Bedeutung des Präfixes oder des Stammverbs zu isolieren. (3) Die Systembeschreibung beruht auf der Charakterisierung der gruppenhaften Kontextgemeinsamkeit zusammengehöriger Verben und ihrem semantischen Gehalt, nicht auf dem internen Verhältnis beider Bestandteile des abgeleiteten Verbs.

40 Dieses Programm impliziert, daß hier Fakten eher beschrieben als erklärt werden. Damit ergeben sich Schwierigkeiten bei der Frage nach der Produktivität. Wie kann eine reine Beschreibung in der Norm etablierter Wortbildungen dem Faktum Rechnung tragen, daß täglich auch mit be- neue Wörter mit fest umreißbarer Bedeutung gebildet werden? Zimmer (1964:87) schreibt über mögliche Neubildungen: "The possibilities for it are present in the system of the language, but any successful innovation that occurs is treated as an unpredictable event that can only be accounted for after the fact." Dem ist m.E. voll zuzustimmen. Wesentlich für eine Systembeschreibung ist, daß sie klare Angaben über grammatische und semantische Eigenschaften der Verben enthält, die zweifelsfrei dem System angehören. Die Dynamik der Sprachentwicklung, die die Norm verändern kann - etwa durch Veraltung etablierter Bildungen oder Neubildungen -, hat ihren Ausgangspunkt in der Sprachnorm selbst. Hier ist der Vermerk von Botha (1968:130) von Wichtigkeit, daß auch Listen "generativ" sein können. Eine Liste bestimmter strukturell gleicher Be-Verben wird dann als "offen" gekennzeichnet, um die Produktivität des Typs zu kennzeichnen; dabei wird nicht angegeben, wie aus einem existierenden Lexem ein Be-Verb wird, sondern es werden die Bedingungen genannt, die ein nach diesem Typ gebildetes Be-Verb erfüllen muß. So würde man für eine offene Untergruppe des Typs II (2.2.) voraussagen können, daß neugebildete Verben die Kasusstruktur AG, ÄFF aufweisen, daß das Objekt -Abstr, meist auch -Anim ist, daß das Stammverb in irgendeiner Form das Merkmal +Konkr enthält und daß das Verb üblicherweise zweiwertig ist. die beste Form zur Erfassung solcher Erscheinungen sind Derivations- bzw. Relationsregeln im Sinne von Starosta ('1971b), s.u. Zf. 2.3. Die in dieser Arbeit gegebene Beschreibung der Fakten des BeSystems ist m.E. als Grundlage weiterer Arbeiten notwendig. Insbesondere ist es unerläßlich, hier den analytischen Teil der Wortbildungslehre in den Vordergrund zu stellen, da durch die Überbetonung des prozessualen Charakters der Wortbildung diese Arbeit bisher vernachlässigt wurde (vgl. Dokulil (1968:205)); es ist darauf hinzuweisen, daß eine generative Grammatik auch

41 "unproduktive", aber analysierbare Wortbildungen muß, mit anderen Worten, daß Produktivität und zwei völlig verschiedene Begriffe

generieren

Generativität

sind.

2.3. Zur Stellung der Wortbildung in der Grammatik In Wortbildungen lassen sich bestimmte, mehr oder weniger deutliche, Gesetzmäßigkeiten auffinden. Diese Gesetzmäßigkeiten aufzufinden, zu beschreiben und gegebenenfalls

zu erklären, ist Auf-

gabe der Wortbildungslehre. Die Beobachtung, daß

okkasionelle

Neubildungen nach gängigen Typen täglich auftauchen können und verstanden werden, legt es nahe, beim Sprachteilhaber ein bestimmtes Typenarsenal anzunehmen. Beschreibung von WortbildungsO

typen ist demnach Aufgabe der Grammatik.

Dabei ist jedoch um-

stritten, an welcher Stelle in der Grammatik W o r t b i l d u n g e n zu behandeln sind. Diese Schwierigkeit dürfte daher rühren, daß W o r t bildungen weder den generell paradigmatischen Charakter von Flexionssystemen n o c h den generell syntagmatisehen Charakter von Satzmodellen aufweisen. Verschiedene Typen tendieren jeweils nach einer Richtung: die beliebten Wortungetüme nominaler Bildung wie Kriegerwitwenpensionsberechtigungsschein

o.ä. lassen sich recht

leicht in syntaktische Konstruktionen auflösen; enge V e r w a n d t schaft zu Flexionsmechanismen liegt dagegen in bestimmten Ableitungen von relativ unbegrenzter Produktivität vor, z.B. mit dem Nominalisierungssuffix - u n g . Die Frage läßt sich m.E. nur dann lösen, w e n n man sich auf ein explizites Grammatikmodell

8

bezieht,

Grammatik wird h i e r verstanden als Beschreibung des der Sprache zugrundeliegenden generativen Regelsystems. Es handelt sich hierbei um einen dynamisch interpretierten 'langue'-Begriff. Dies ist in vieler Hinsicht mit dem verwand t, was Chomsky (1965 J Kap. 1) als 'Kompetenz' bezeichnet. Ich vermeide jedoch diesen Terminus absichtlich, vor allem deshalb, weil er ein unglückliches Konstrukt ist und mittlerweile dermaßen verschiedene Interpretationen erfahren hat, daß ein sinnvoller Gebrauch nicht mehr möglich scheint. Insbesondere die Verbindung mit der Chomsky'sehen Sprachlernhypothese verursacht die permanente Fehldeutung dieses an sich völlig abstrakten Begriffes als psychologische R e a lität (so z.B. bei Bartsch/Vennemann (1972)). In der Sache, was die Aufgabe eines Grammatikmodells angeht, stimme ich in vielen Punkten mit Chomsky überein.

42 das heißt, daß auch für diese Arbeit ein solches M o d e l l vorausgesetzt wird. Aus Gründen,die im folgenden klar werden, genügt es, dazu die ungefähren Umrisse eines solchen Modells zu skizzieren. Das in dieser Arbeit vorausgesetzte Grammatikmodell hat folgende feste

Züge:

(a) einen Apparat, der Tiefenstruktur

erzeugt

(b) ein Regelsystem, das Tiefenstrukturen in Oberflächenstrukturen verwandelt (c) (mindestens) ein Lexikon, das alle "Einheiten" der Sprache enthält (d) Anweisungen, wie die E i n h e i t e n des Lexikons in Strukturen aus (a) oder (b) eingesetzt w e r d e n Diese Charakterisierung ist sehr allgemein; sie kann so gefaßt werden, d a der Untersuchungsgegenstand beschränkt ist auf die Untersuchung der E i g e n s c h a f t e n lexikalischer Einheiten; in diesem Punkt ähneln sich jedoch fast alle derzeit

vorgeschlagenen

Modelle: "We are mainly concerned w i t h the semantic structure of lexical items, and in this respect, interpretive semantics and generative semantics seem to differ m u c h less than in other issues." (Lipka (1972) Zf. 2.1.2.) V e r b e n mit dem Präfix be- gehorchen den gleichen allgemeinen G e setzen wie alle anderen deutschen V e r b e n auch; d.h. eine Grammatik des deutschen Verbs wird vorausgesetzt. Für eine U n t e r suchung zur W o r t b i l d u n g ist die Frage, an welcher Stelle des M o d e l l s Wortbildungsbeziehungen ausdrückbar sind, von zentraler Bedeutung. Prinzipiell bieten sich zwei Wege

an:

"We might extend the base rules to accomodate the derived nominal (or verb, HG) directly (I will refer to this as the "lexicalist position"), thus simplifying the transformational component; or, alternatively, we might simplify the base structures, excluding these forms, and derive them by some extension of the transformational apparatus (the "transformationalist position")." (Chomsky (1970:188)) Soweit sich die generative Grammatik mit W o r t b i l d u n g e n befaßt hat, ist meines W i s s e n s fast ausschließlich der zweite W e g beschritten worden; dabei galt das überwiegende Interesse der Nominalkomposition, vgl. u.a. Lees, Botha, Rohrer, s. Lit.Verz. C h a p i n (1967) machte den Versuch, englische

Adjektivbildungen

transformationeil zu behandeln. C h a p i n leitet etwa den Satz glass is breakable ab aus einer Struktur, die auch dem Satz glass is able to break

zugrundeliegt. C h a p i n kommt zu folgen-

43 dem Ergebnis

(140):

"A particulary interesting result would be to show that the derivational rules form a homogenous bloc, i.e., that no nonderivational rule need apply between any two derivational rules. The theory could then be strengthened by positing a "morphological" subcomponent of the transformational component, in which alone could transformational rules have semantic effects." Dieser Bearbeitung liegt ohne Zweifel das bereits mehrfach kritisierte Prinzip zugrunde, die Beziehung zwischen Grundwort und Ableitung zum Untersuchungsgegenstand

zu machen. Chapins Lexi-

kon enthält notwendigerweise nur die Einträge break und able mit der Zuordnung grammatischer Eigenschaften. E i n

zusätzliches

Problem ergibt sich dadurch, daß in der morphologischen

Subkom-

ponente semantische V e r ä n d e r u n g e n zugelass en sind. Chapin geht von dem Modell Chomsky (1965) aus; in diesem Modell greift die semantische Interpretation allein an der Tiefenstruktur an. Es ist völlig unklar, wie es möglich sein soll, die durch D e r i vationsregeln eingetretenen semantischen V e r ä n d e r u n g e n in der interpretativen semantischen Komponente

zu erfassen.

Eine andere K o n z e p t i o n hat Wurzel (1970) entwickelt. In die Tiefenstruktur führt Wurzel ein Pro-Merkmal ein, dazu aus dem W u r z e l - L e x i k o n das Stammverb. "Wahrscheinlich ist es am adäquatesten, wenn auch P r ä f i x b i l dungen mit ent-, ver- und un- auf nicht-transformationellem Wege erzeugt werden, indem man die Derivative als vorerst uninterpretierte Merkmalkomplexe betrachtet, die dann sekundär durch Derivativausbuchstabierung ihre syntaktischmorphologischen Äquivalente erhalten." (S. 91) Die Einführung dieses Pro-Elements ist jedoch m.E. nur eine Scheinlösung, denn es müßte bei dieser K o n z e p t i o n eine spezifische "Leistung" eines Präfixes oder anderen A b l e i t u n g s m i t tels isolierbar sein, eben dies scheint jedoch kaum möglich. Deshalb schlägt W u r z e l vor, daß das Lexikon im Falle

semanti-

scher Veränderungen durch das Präfix einen Grundeintrag mit den gemeinsamen M e r k m a l e n enthält, dazu verschiedene

Eintragungen

der Ableitungen, in denen lediglich die Abweichungen vom G r u n d eintrag verzeichnet sind. Liese Konzeption ist wesentlich deutlicher von Lipka (1972) Zf. 3.1.1. vertreten worden. Lipka nimmt keinen eigenen Eintrag für die Ableitungssilben an, sondern unterscheidet in Anlehnung an W e i n r e i c h (1969) in der Grammatik

44 ein "simplex dictionary" von einem zweiten, das "information in addition to the derivative process" enthält. "To prevent duplication of the lexicon, the complex dictionary will only contain those phonological, syntactic, and semantic features in which complex items deviate from simplex ones ... If complex items were treated like simplex ones, many regularities would he lost." Der wesentliche Einwand gegen Lipkas weitere Behandlung scheint mir der zu sein, daß bereits das "simplex dictionary" Angaben über Wortartzugehörigkeit enthält; nur so ist es zu erklären, daß die anschließend formulierten Transformationen darauf Bezug nehmen. Eine rein lexikalische Behandlung von Wortbildungen ist in erster Linie von Chomsky (1970) vertreten worden. Als Hauptargument gegen eine transformationelle Behandlung führt Chomsky folgende Beobachtung an: "It is difficult to see how a transformational approach to derived nominals can account for the fact that the structures in which they appear as well as their internal structure and, often, morphological properties, are those of ordinary noun phrases." (190) Ähnliches gilt für die komplizierte transformationelle Derivation der Adjektive auf -able im o.a. Beispiel bei Chapin; die letzte Stufe der Derivation ergibt eine Konfiguration, die sich genauso durch kontextfreie Phrasenstrukturregeln erzeugen läßt, vgl. Chapin (1967:61-93, insbes. 90 ff.). Schwierigkeiten treten vor allem dann auf, wenn Ableitungsbeziehungen zwischen verschiedenen Wortarten auftreten. Chomsky schlägt deshalb vor, Ableitungsbeziehungen innerhalb des Lexikons zu regeln; lexikalische Einheiten enthalten zunächst keine Angaben über die Zugehörigkeit zu Kategorien wie Nomen, Verb usw., sondern solche Angaben, die "specify that semantic features are in part dependent on the choice of one or another of these categorial features.." (1970:190) Halle (1973) ist ebenfalls der Meinung, daß Wortbildungen nicht in der Syntax abgewickelt werden. In seiner Konzeption wird durch die Anwendung der Wortbildungsregeln auf eine Liste der sprachlichen Morpheme die Menge der "möglichen" Wörter erzeugt. Ein spezieller Filter sorgt dann dafür, daß Wörter, die (aus welchen Gründen auch immer) in der Norm nicht realisiert sind,

45 das Merkmal ( - lexical insertion) erhalten. Nichtproduktive Wortbildungstypen erzeugen dieses Merkmal bereits in den Wortbildungsregeln, und der Filter sorgt hier dafür, daß eine begrenzte Zahl dieser Wörter (nämlich diejenigen, die in der Sprache vorkommen), im Filter das Merkmal (+ lexical insertion) erhalten. Alle aus dem Filter mit dem Merkmal (+ lex. insertion) hervorkommenden Wörter werden im "dictionary of words" der Grammatik gespeichert, und aus diesem "dictionary" erfolgt die Einsetzung in die durch die Basis erzeugten syntaktischen Strukturen. Trotz mancher möglichen Einwände gegen Halle scheint mir insgesamt diese Konzeption diejenige zu sein, die am ehesten eine adäquate Behandlung der Wortbildung innerhalb des durch die generative Grammatik abgesteckten Rahmens gewährleistet. Im Anschluß an Halle (1973) und Lipka (1972) soll daher jetzt meine Konzeption des Lexikons einer Grammatik skizziert werden. Die Grammatik hat zwei Lexika. Lexikon I enthält die Morpheme der Sprache. Auch in der Oberflächenstruktur "selbständige" Morpheme sind als Einheit des Lexikon I nicht selbständig. Die Morpheme sind als phonologische Matrix dargestellt; ihnen sind inhärente semantische Grundmerkmale zugeordnet; das Lexikon I enthält jedoch keine grammatischen Angaben über Wertigkeit, Wortartzugehörigkeit usw. Verbunden mit dem Lexikon I ist das Regelsystem der Wortbildungsregeln. Wichtig ist, daß diese Regeln auch die Simplexwörter

generieren, also z.B. aus dem Morphem

/Baum/ des Lexikon I erst das "Wort" Baum, aus dem Morphem /tu/ das Verb tun, usw. In Anbetracht der Tatsache, daß für einige Ableitungstypen die Wortartzugehörigkeit des Stammverbs eine gewisse Rolle spielt, ist es sinnvoll, die Abteilung "Wortbildungsregeln" in zwei Teile zu teilen, damit bei der Bildung komplexer Wörter Bezug genommen werden kann auf die le

potentiel-

Anwendung einfacher Wortbildungsregeln, d.h. Regeln, die

Simplizia generieren. Der genannte Filter sorgt dafür, daß nur solche Morphemseguenzen ins Lexikon II gelangen, die in der Norm tatsächlich als Einheiten realisiert sind. Das Lexikon II enthält dann die "Wörter" der Sprache, d.h. die Einheiten, die in die syntaktischen Strukturen eingesetzt werden. Diesen Einheiten wird eine zugrundeliegende Prädikatsstruktur zugeordnet,

46 ferner grammatische E i g e n s c h a f t e n sowie semantische und phonologische Abweichungen von dem im L e x i k o n I enthaltenen Morphem, zu dem sie in (regelhafter) Beziehung stehen. D a das

Interesse

dieser Abhandlung den E i n h e i t e n des L e x i k o n II gilt, k a n n auf solche Beziehungen kaum eingegangen werden. E s kann h i e r nur soviel gesagt werden, daß die Anordnung und Darstellung des Lexikons II so gestaltet sein muß, daß sie diese regelhaften B e z i e h u n g e n widerspiegelt, und daß ferner Anweisungen bestehen, die die Offenheit bestimmter Wortbildungssysteme in II bezüglich v e r schiedener E i n h e i t e n aus I gewährleisten, d.h. daß V e r b e n wie die in dieser Arbeit n o c h mehrfach zu nennenden Beispiele

be-

nikolausen, beandechsen, beautot usw. nicht als Einträge im L e xikon II erscheinen, aber gebildet werden können. Ferner k a n n die Frage nur empirisch beantwortet werden, nach welchen K r i t e rien das Lexikon II angeordnet ist, ob also z.B. sprachliche Felder, Wortfamilien, Ableitungssysteme oder andere sätze seine primäre Struktur

Systeman-

bestimmen.

Es ist nach allen meinen Untersuchungen jedenfalls

eindeutig,

daß die Lexikonkomponente der Grammatik R e g e l n enthält, die von anderer Struktur als syntaktische R e g e l n sind. Ansätze zu solchen Regeln sind von Starosta entwickelt worden (1971b, 1974:9f.). lerdings scheint mir sein Terminus

1

Al-

derivational rules' nicht

glücklich, weil er die Vorstellung von einem Prozeß nahelegt; ich möchte daher den Namen 'Relationsregeln' vorschlagen. Diese R e g e l n sind ein besonderer Typ von Redundanzregeln; sie generieren keine Einheiten, sondern stellen im Lexikon Beziehungen zwischen Einheiten her. Sie sind deshalb ungerichtet (evtl. sind sie bidirektional, aber keinesfalls unidirektional); aus diesem Grund wird in dieser Arbeit das Zeichen '

1

(statt des bei Starosta

verwendeten Pfeils) verwendet, das die Verbindung zwischen den beiden Seiten der Regel herstellt. R e g e l n dieses Typs sind allerdings sicherlich nicht die einzigen R e g e l t y p e n im Lexikon; ihre Q genaue Ausgestaltung ist bisher nicht genügend erforscht.

9

Ähnliche Vorstellungen hat Roger Lass entwickelt (pers. U n t e r haltung). Zum Verhältnis von Syntax- und Lexikonregeln vgl. auch die Schlußbemerkungen in Halle (1973).

47 III. TYPEN LEXIKALISCHER INFORMATION

3.0. Allgemeines Wie der Titel schon zeigt, lehne ich mich in diesem Kapitel an die Darstellung in Fillmore (1969) an; dort findet sich ein recht vollständiger Abriß, welche verschiedenen Informationen ein Lexikoneintrag enthalten soll. Fillmore nennt im einzelnen (109): (i) the nature of deep-structure syntactic environments into which the item may be inserted; (ii) the propert ies of the item to which the rules of the grammar are sensitive; (iii) for an item that can be used as a 'predicate', the number of 'arguments' that it conceptually requires; (iv) the role(s) which each argument plays in the situation which the item, as predicate, can be used to indicate; (v) the presuppositions or "happiness conditions" for the use of the item, the conditions which must be satisfied in order for the item to be used "aptly"; (vi) the nature of the conceptual of morphological relatedness of the item to other items in the lexicon; (vii) its meaning; and (viii) the phonological or orthographic shapes which the item assumes under given grammatical conditions. Wenn man annimmt, daß Präfixverben dem Lexikon II der Grammatik als Einheiten angehören, so sind solche Angaben auch für sie zu fordern. Dabei muß durch die Natur des Eintrages, vor allem zu Punkt (vi), die systematische Verbindung der Be-Verben untereinander und zu anderen Präfixverbsystemen sowie zu den Einträgen des Lexikons I ausgedrückt sein. Der Ausdruck "Types" im Titel von Filimores Arbeit macht bereits deutlich, daß es sich um Informationen recht verschiedener Art handelt, die bestimmte typische Aspekte aufweisen. Da ich in dieser Arbeit mit der Darstellung systematischer Zusammenhänge zwischen lexikalischen Einheiten beschäftigt bin, finden sich im folgenden nur wenige Bemerkungen dazu, wie eine Grammatik die verschiedenen Typen lexikalischer Information, die an

48 den Be-Verben beobachtbar sind, organisiert. Durch den Aufweis der in den Kapiteln III und IV besprochenen Eigenschaften am empirischen Material läßt sich jedoch die Forderung erheben, daß ein adäquates Grammatikmodell diesen lexikalischen Eigenschaften Rechnung tragen muß. Auch bei der Beschreibung von Präfixverbsystemen geht es um die "Entdeckung von Teilstrukturen zur Entlastung des Gedächtnisses";'' bestimmte lexikalische Informationen werden nicht einzelnen Verben, sondern Gruppen von Verben zugeordnet. Für die Be-Verben sind dabei die folgenden Punkte von besonderer Richtigkeit . 3.1. Valenz Es gehört offenbar zur Natur des deutschen Verbs, daß es meist für die im Satz herrschenden Beziehungen verantwortlich ist. So ist etwa die Beziehung der beiden Größen Hans und Baum ohne ein Prädikat nicht ausdrückbar; zum Ausdrücken dieser Beziehung kommen zunächst einmal Verben in Betracht: Hans fällt den Baum, der Baum erschlägt Hans, Hans pflanzt einen Baum, usw. Natürlich können auch andere Wortarten oder Funktionszeichen diese Rolle übernehmen: Hansens Baum, die Fällung des Baums durch Hans, usw.; dieser Schluß ist jedoch nicht umkehrbar, d.h. daß es kein Verb gibt, das nicht als Prädikat beschrieben werden kann; durch diese Feststellung wird aber nicht die Möglichkeit ausgeschlossen, daß überhaupt die meisten Lexikoneinheiten als Prädikate betrachtet werden. Prädikate bzw. Beziehungsausdrücke werden in der formalen Logik nach ihrer Stellenzahl charakterisiert; so hat etwa ein zweistelliges Prädikat die Form x R y; d.h. "x steht zu y in 2 der Beziehung R". Ersetzt man die Prädikatsvariable R durch die -konstante lieben und die Gegenstandsvariablen x und y durch Hans bzw. Inge, so läßt sich der entstehende prädikaten1 2

Diesen treffenden Ausdruck verdanke ich Franz Hundsnurscher (persönliche Unterhaltung). In dieser Darstellung ist von Quantifikation, Kennzeichnung und anderen Bedingungen prädikatenlogischer Repräsentation völlig abgesehen; es geht lediglich darum, den Begriff der Stellenzahl einzuführen.

49 logische Elementarsatz lesen als "Hans steht zu Inge in der Beziehung lieben", d.h. Hans liebt Inge. Es ist wichtig, daß Verben nicht direkt mit solchen Prädikaten gleichzusetzen sind: "We have to make a clear distinction between one-place and many-place verbs on the one hand, which is a purely linguistic matter, and one-place and many-place predicats (or functions) on the other hand, which is a predominantly logical matter." (Lipka (1972) Zf. 2.6.2.) Geht man davon aus, daß eine Grammatik zu charakterisieren hat wie die Sprache Bedeutungen durch Lautzeichen ausdrückt, so scheint es sinnvoll, etwas der logischen Prädikatsstruktur Ähnliches als Tiefenstruktur für die in der Oberflächenstruktur einer Sprache erscheinenden Sätze anzunehmen (vgl. McCawley (1967), (1968); Lakoff/Ross (1967) u.a.m.). Prädikate der Tiefenstruktur wie Verben der Oberflächenstruktur sind charakterisierbar nach der Zahl der Argumente, die sie erfordern. Um die notwendige Unterscheidung zwischen Prädikat und Verb auch im folgenden nicht zu verwischen, werde ich bei Prädikaten von ihrer W e r t i g k e i t , bei Verben von ihrer V a l e n z sprechen; die zu besetzenden Leerstellen heißen beim Prädikat A r g u m e n t , beim Verb M i t s p i e l e r . In dieser Entscheidung folge ich Heibig (1970;17ff.); hier wird ausgeführt, daß die Valenz des Verbs an die lexikalische Einheit gebunden ist, während die relationslogische Ebene der Funktor/ArgumentBeziehung von der Lexik unabhängig und mithin "universal bzw. interlingual" ist. Liese Unterscheidung scheint mir von grundlegender Wichtigkeit zu sein. Sie fehlt bei Vater (1973), weshalb dort (101 ff.) die Valenz des Verbs in die Tiefenstruktur verlegt wird. Dabei Ubersieht Vater, daß zwar die Valenz bei •5 Heibig eine Angelegenheit der Oberflächenstruktur ist, daß jedoch ausdrücklich betont wird (30f.), daß die Kriterien für die Bestimmung der Valenz nicht oberflächenspezifischer Art sein müssen. Ein letzter Grund für die Unterscheidung zwischen Prädikaten und Verben liegt in der Bestimmung der Tiefenstrukturkasus. 4. 3 4

Genauer gesagt, ist die Valenz dicht unterhalb der Oberflächenstruktur angesiedelt, da sie zwar an lexikalische Einheiten gebunden ist, jedoch reihenfolgeunabhängig. Vgl. dazu Kapitel 3.2. und 4.2. dieser Arbeit.

50 Viele V e r b e n h a b e n je nach Gebrauch eine verschiedene Anzahl von Mitspielern: (1) Hans bedeckt den K ä f i g mit einem Tuch (2) Hans bedeckt den Käfig Im Satz (2) ist im V e r g l e i c h zu Satz (1) lediglich die tionalphrase w e g g e l a s s e n worden; in diesem Falle ist standen" (vgl. Grimm (1826:798)), daß der Käfig mit

Präposi-

"mitver-

irgendetwas

bedeckt wurde. Nicht möglich ist jedoch die W e g l a s s u n g eines anderen Mitspielers, wie z.B. in Satz (4) oder (3): (3) *Bedeckt d e n Käfig mit einem Tuch (4) *Hans bedeckt mit einem Tuch Es empfiehlt sich, diesen Unterschied dadurch festzuhalten, daß m a n zwischen obligatorischen und fakultativen M i t s p i e l e r n unterscheidet. Erstere müssen in jedem korrekten Satz der Oberflächenstruktur realisiert sein, letztere nicht; d.h. diese Unterscheidung nimmt auf die Oberflächenstruktur Bezug. Die U n terscheidung muß sich niederschlagen in der Angabe der Valenz des Verbs bedecken; das V e r b hat zwei obligatorische und einen fakultativen Mispieler; diese Angabe gehört in den L e x i k o n e i n trag und bezeichnet eine Eigenschaft des Verbs, "to w h i c h the rules of the grammar are sensitive" (s.o.). Auf der P r ä d i k a t s ebene ist diese Unterscheidung nicht vorzunehmen; sowohl in Satz (1)5 wie in (2) liegt das dreiwertige Prädikat bedecken zugründe. Fakultative und obligatorische Mitspieler sind im Stellenplan des Verbs verankert, wobei fakultative M i s p i e l e r in der Oberflächenstruktur

weglaßbar sind

(s.u.). 6

N a c h Fillmore (1969:120) gibt es drei verschiedene Gründe da5

6

Damit ist nicht gesagt, daß bedecken ein atomares Prädikat sei; es ist vielmehr anzunehmen, daß dem Verb eine komplexe Struktur etwa der folgenden Form als Prädikat zugrundeliegt: x verursacht (y bedeckt z) Es ist jedoch möglich, diesen Ausdruck darzustellen als dreiwertiges Prädikat mit dem N a m e n "Bedecken": Bedecken (x, y, z) V g l . dazu auch K a p . 4.2.1. dieser Arbeit. Die Unterscheidung v o n satzobligatorischen und textobligatorischen M i t s p i e l e r n (letztere entsprechen Helbig/Schenkels fakultativen) im Bericht der Arbeitsgruppe Marburg (1973: 14f.) ist m.E. keine brauchbare Alternative, u.a. deshalb, w e i l für jeden Text R a u m - und Zeitangaben obligatorisch sind; solche Angaben werden in der Regel als freie A n g a b e n gemacht.

51 für, daß ein Argument nicht als Mitspieler an der Oberflächenstruktur realisiert wird: "(1) For certain predicates the nature of one or more of the arguments is taken as part of our understanding of the perdicate word: for some of these arguments cannot be given any linguistic expression whatever; for others the argument is linguistically identified only if qualified oder quantified in some not fully expected way; (2) for certain predicates, silence ("zero") can replace one of the argument-expressions just in case the speaker wishes to be indefinite or non-committal about the identity of the argument; (3) for certain predicates, silence can replace one of the argument-expressions just in case the LS (= Sender, HG) believes that the identity of the argument is already k n o w n by the LT (= Empfänger, HG)." Fillmore unterscheidet nicht zwischen Argumenten und M i t s p i e lern; dies kann h i e r jedoch vernachlässigt werden. Fall (2) bezeichnet wohl die Möglichkeit, die im o.a. Satz (2) g e g e b e n ist. Es ist nicht einfach, Filimores F a l l (2) und (3) sauber zu trennen, weil hier nicht oder nur schwer konkretisierbare

Kontext-

k r i t e r i e n herangezogen w e r d e n müssen; es ist mir nicht klar, wie solche Umstände im Lexikoneintrag ausdrückbar sein sollen, was von Fillmore gefordert wird. Folgendes Beispiel mag das verdeutlichen: (5) E r hat seine Schulden bezahlt Die ausgelassene Präpositionalphrase,

ein fakultativer M i t s p i e -

ler des Verbs bezahlen, sei mit dem geklauten Geld. Die A u s l a s sung ist in einem Gespräch des Gangsters mit einem Polizisten sicherlich unter (2) einzuordnen; unterhalten sich die Ganoven, was sie mit dem geklauten Geld gemacht haben, so handelt es sich um ein Phänomen des Falles (3). Es scheint mir deshalb sinnvoller, mit Helbig/Schenkel (1969) beide M ö g l i c h k e i t e n

zusammenzu-

fassen; in beiden F ä l l e n gilt der (weggelassene) Mitspieler als fakultativ, wobei die M o t i v a t i o n unerörtert bleibt. Streng dav o n zu scheiden sind Sätze wie der folgende: (6) Die Henne legt Der weggelassene M i t s p i e l e r E i e r bzw. ein E i wird als obligatorisch gewertet, weil er linguistisch eindeutig fixierbar ist; 7 solche Auslassungen sind idiosynkratische Züge des Verbs. 7

V g l . Eelbig/Schenkel (1969:40f.), ferner Fillmore mit Hinweis auf transformationeile Behandlung.

(1968:29)

52 Nicht ganz unproblematisch ist auch Pillmores Fall (1), der von Helbig/Schenkel nicht behandelt w i r d . Es liegt h i e r m.E. eine etwas andere Situation als im Satz (6) vor, vgl. folgendes B e i spiel : 7) Die Monteure bereifen den W a g e n mit Spikes 8) Die Monteure bereifen den W a g e n Die Präpositionalphrase fehlt üblicherweise V e r b e n dieses Typs (vgl. Typ II meiner Beschreibung); sie wird nur dann angefügt, w e n n sie besonders hervorgehoben w e r d e n soll oder nicht wie g e wohnt realisiert ist. Es ist nicht ganz einfach, in solchen F ä l len die Wertigkeit des Prädikats und die V a l e n z des Verbs

fest-

zulegen. V e r b e n des Typs II sind im allgemeinen zweiwertig;

sie

sind ja so gebildet, daß der in V e r b e n des Typs I fakultative Ornativ (die Präpositionalphrase mit mit) ins Verb selbst h i n einverlegt ist. Aber gerade die enge Verwandtschaft mit dem Typ I scheint dafür verantwortlich zu sein, daß einige dieser V e r ben, vor allem solche, die fest etabliert sind, zusätzlich eine Präpositionalphrase mit mit aufweisen können; davon k a n n l e d i g lich die vulgäre Gruppe 2.3. "Bekacken" ausgenommen w e r d e n . Es ist eine empirische Frage, ob m a n solche Fälle als

prinzipiell

zweiwertig bezeichnet, wobei Ausnahmen zugelassen sind, oder als dreiwertig, wobei der fakultative Mitspieler gemäß Filimores Fall (1) gekennzeichnet wird. Die zweite Möglichkeit ist v e r m u t l i c h vorzuziehen, da sie eine generelle R e g e l u n g

darstellt;

im Hinblick auf die Bildung der V e r b e n des Typs II scheint f r e i lich die erstere

adäquater.

V o n fakultativen und obligatorischen Mitspielern

unterschei-

den sich "freie Angaben", die "nahezu in jedem Satz beliebig weggelassen oder hinzugefügt werden können" (1969:38)).

(Helbig/Schenkel

Unter diesem Begriff w e r d e n die m e i s t e n a d v e r b i a -

len Zusätze wie Raum-, Zeit-, Modalkomplemente, ferner freie Dative usw. zusammengefaßt. W e s e n t l i c h ist, daß es auch R a u m oder Zeitangaben gibt, die obligatorisch oder fakultativ sind; im Satz (9) (9) Er wohnt in B e r l i n ist in Berlin ein obligatorischer ist ungrammatisch: (10) * Er wohnt

Mitspieler t denn der Satz (10)

53 Freie Angaben h a b e n nichts mit der V a l e n z eines Verbs oder der W e r t i g k e i t eines Prädikats zu tun. Es scheint sinnvoll, freie Angaben als nicht vom Verb abhängig zu betrachten; es handelt sich wohl eher um Komplemente

zu Satzteilen oder ganzen Sätzen,

d.h. um P u n k t o r e n zu Sätzen, vgl. hierzu den V e r s u c h in B l a u (1971), innerhalb der Logik Adverbien als Punktoren zu verstehen, die sich auf Argumente oder Prädikate beziehen. E i n eQ n ähnliehen Ansatz verfolgt in der Linguistik Barts ch (1972).

Ein

interessanter Versuch, ein operationales Kriterium für die Scheidung freier Angaben von fakultativen M i t s p i e l e r n zu finden, liegt vor in Andresen (1973). In Günther (1974) wird gezeigt, daß einige der freien Angaben durchaus indirekt an den Kasusrahmen des Verbs gebunden sind. Für das Be-System h a b e n sie jedoch wie die freien Angaben insgesamt keine Bedeutung. Prädikate sind also charakterisierbar nach der Zahl der A r g u mente, die sie erfordern; die V a l e n z eines Verbs setzt sich aus obligatorischen und fakultativen M i t s p i e l e r n zusammen. Die R e a lisierung der Argumente des Prädikats als M i t s p i e l e r des Verbs an der Oberflächenstruktur folgt bestimmten R e g e l n der Grammatik, für die die betreffenden Lexikoneinträge als sensitiv g e kennzeichnet sind.9 Die Bestimmung der V a l e n z von V e r b e n (wie auch aller ü b r i g e n Typen lexikalischer Information) erfolgt in dieser Arbeit anhand einfacher Aktivsätze, die das untersuchte V e r b in einer F o r m des Indikativ Präsens enthalten. Die V e r ä n derung der V a l e n z (wie anderer lexikalischer Eigenschaften)

beim

Gebrauch v o n Hilfsverben, durch Transformationen o.ä. ist m.E. Bestandteil der Grammatik des deutschen Verbs, d.h. nicht für einzelne V e r b e n zu formulieren.

8

9

Diese Ansätze sind den Lösungsvorschlägen von Chomsky (1965:101ff.) und Heibig (1970:28) vorzuziehen. Dort dominiert das Initialsymbol S (mittelbar oder unmittelbar) die freie Angabe; dies scheint nicht angemessen, da bisweilen auch Beiordnung vorliegen kann. Aufbau und Funktion eines Grammatikmodells auf der Grundlage der Lependenzgrammatik kann in dieser Arbeit nicht diskutiert werden, vgl. dazu Vater (1973:104ff•), der auf Robinson (1970) aufbaut. E i n völlig anderes Modell hat Anderson (1971) entwikkelt. Vgl. ferner den Bericht der Arbeitsgruppe Marburg (1973).

54 3.2. Kasusstruktur Die Beziehungen, die zwischen den Argumenten eines Prädikats b e stehen, lassen sich näher charakterisieren; so ist im Satz (11) Hans liebt Inge Hans derjenige, der l i e b t ( "Liebender"), Inge diejenige, die geliebt wird ("Geliebte"). Es scheint sinnvoll, für die Grammatik abstraktere Rollenbezeichnungen zu finden, als es die Ausdrücke "Liebender" und "Geliebter" sind, um sie auf Prädikate

unter-

schiedlicher Bedeutung anwenden zu können, deren Argumente

in

der gleichen Beziehung stehen. Vergleicht m a n den folgenden Satz (12) Hans lügt mit Satz (11), so k a n n m a n feststellen, daß Hans in beiden F ä l l e n denjenigen bezeichnet, der etwas tut; es liegt nahe, in beiden Sätzen Hans als 'Agens' zu bezeichnen. Fillmore hat in seinen n e u e r e n Arbeiten versucht, verschiedene solcher R o l l e n b e z e i c h n u n g e n zu entwickeln (s. Lit.Verz.); diese R o l l e n bezeichnen syntakto-semantische Beziehungen im Satz bzw. zwischen den A r gumenten. Fillmore nennt sie "Kasus", weil dieses F o r s c h u n g s g e biet in der traditionellen Grammatik innerhalb der Kasuslehre bearbeitet wurde. Der Unterschied zwischen ihr und Filimores A n satz besteht darin, daß Fillmore nicht, von der Kasusform ausgeht und zugrundeliegende Konzepte für die verschiedenen, Affixe und andere M i t t e l erkennbaren Kasus der

durch

Oberflächenstruk-

tur sucht, sondern abstrakte B e z i e h u n g e n der Argumente des P r ä dikats als Ausgangspunkt nimmt, deren

Oberflächenrealisationen

zwar in der Form v o n Affixen, Präpositionen usw. bestimmte R e flexe aufweisen können, aber nicht notwendigerweise

einheitlich;

durch grammatische Vorgänge, z.B. die Passivtransformation, sich die Oberflächenstruktur ändern, ohne daß sich die deliegenden K a s u s r e l a t i o n e n

kann

zugrun-

ändern:

13) Hans schlägt Otto 14) Otto wird v o n H a n s geschlagen In beiden Fällen bezeichnet Otto denjenigen, der geschlagen wird ("Patiens"), obgleich die N P einmal im Nominativ, einmal im A k kusativ steht; solche Kasusrelationen sind auf der Ebene der Tiefenstruktur definiert und in der Oberflächenstruktur häufig verdeckt ("covert

categories").

Die Bedeutung der Kasus in einem Grammatikmodell umreißt

55 Fillmore (1971a:248f.)folgendermaßen: "The propositional core of a.simple sentence consists of a predicator (verb, adjective, noun) in construction w i t h one or more entities, each of these related to the predicator in one of the semantic functions known as (deep structure) cases, The cases identify the roles w h i c h the entities serve in the predication, these roles taken from a repertory d e fined once and for all for human languages and including that of the instigator of an action, that of the experiencer of a psychological event, that of an object which undergoes a change or movement, that of the location of an event, and so on." "The lexical items in a language w h i c h are capable of serving as predicators - and this set includes not only all contentives but most connectives - can be classified according to the possible arrays of cases that they can occur in construction with." Einige Punkte sind hier hervorzuheben. So ist zu beachten, daß di.e Tiefenstrukturkasus den Argumenten des Prädikats ben werden, also keine inhärenten Merkmale

zugeschrie-

darstellen:

"Es ist erst das Verb, das ein Substantiv zum Agens macht; Agens zu sein ist keine inhärente Eigenschaft eines S u b s t a n tivs.» (Vater ( 1 9 7 3 : 1 3 3 f • ) ) 1 0 Des weiteren ist die Tatsache, daß in einer Proposition ein Agens oder ein Patiens o.ä. vorkommt, kein Bestandteil der Bedeutung des Prädikats, das in dieser Proposition vorkommt,

son-

dern ein konstituierender Bestandteil der Satzsemantik.^^ Aiu wichtigsten jedoch ist es, auch an dieser Stelle die U n t e r scheidung zwischen Verb und zugrundeliegendem Prädikat nicht aus den Augen zu verlieren. Tiefenstrulcturkasus sind Punktionen der Argumente des Prädikats, nicht der Mispieler des Verbs;

letzte-

re repräsentieren diese Punktionen, jedoch ist häufig die P r ä dikatsstruktur verdunkelt, Fillmore selbst trifft diese U n t e r scheidung nirgends explizit, sie scheint jedoch implizit v e r wendet, Eine der Hauptschwächen der bisherigen Arbeiten zur K a susgrammatik (und dies gilt z.T. auch für diese Arbeit) ist die allzuhäufige Gleichsetzung von V e r b e n und Prädikaten, Zur V e r 10 Wie schon erwähnt, unterscheidet V a t e r nicht zwischen Verb und Prädikat; ein Substantiv ist niemals ein Agens, sondern es repräsentiert einen Agens, sofern das zugrundeliegende Prädikat einen Agens in seiner Kasusstruktur hat. 11 Brekle (1971), der mit Prädikatkonstanten arbeitet, die Filimores Kasus entsprechen, stellt eben diesen Begriff ins Zentrum der Untersuchung: "Generative Satzsemantik im System der englischen Nominalkomposition".

56 deutlichung des Unterschiedes betrachte m a n die Ausführungen zum Verb k o c h e n bei Helbig/Schenkel (1969) und Fillmore

(1968):

Kochen 1

I. K o c h e n 1 ( 2 ) II. K o c h e n

= etwas zum K o c h e n bringen)

Sn, (Sa)

III. S n

H u m (Die Mutter kocht)

Sa

- A n i m (Die M u t t e r kocht das Fleisch, die Wäsche)

I. K o c h e n ^ (V 2 = sich im Zustand des Kochens befinden) II. K o c h e n

Sn

III. S n

- A n i m (Die Suppe kocht).

(Helbig/Schenkel

(1969:90)

In einer Anmerkung stellen die Autoren fest, daß diese Trennung in zwei V a r i a n t e n notwendig ist, "damit abweichende Sätze von der Art »Die Suppe kocht das W a s s e r ausgeschlossen w e r d e n können; S a ist folglich nur m ö g l i c h (nicht nötig), w e n n S n H u m ist." (ebd.) Fillmore (1968) dagegen kommt zu einer anderen E n t s c h e i d u n g bei seiner Untersuchung des englischen Verbs to cook. Fillmore nimmt den folgenden Kasusrahmen an: (15) + (

0 (A) ) 1 2

und kommentiert: "An idiosyncratic transformational feature of the verb is that just in case the A ( = Agens, HG) is present and the 0 (= Object, HG) is some UP representing a typical MP for the verb (that is, something like food or meal), the 0-element may be deleted." ( 2 9 ) Diese Feststellung entspricht der Klassifizierung von V 1 bei Helbig/Schenkel als zweiwertiges Verb mit einem

obligatorischen

und einem fakultativen Mitspieler. Fillmore fährt fort: "The semantic description of the verb w i l l do no more than identify a particular activity h a v i n g a result of a particular kind on the object identified by the 0 element. The semantic entry, in other words, will account for the use of cook in all of the sentences 1 6 - 1 8 . 1 3 12 Ich selbst würde diesem Prädikat die Struktur + ( ÄFF (AG)) zuschreiben, vgl. Zf. 4.2. Das ändert aber nichts an dem h i e r berührten Problem. 3 Die Beispielsätze sind verdeutscht, wobei das deutsche P r ä sens die englische V e r l a u f s f o r m Ubersetzt. Auch die N u m e r i e rung ist zur besseren Übersichtlichkeit der fortlaufenden Beispielnumerierung in diesem Kapitel angepaßt.

57 16) Mutter kocht die Kartoffeln 17) Die Kartoffeln kochen (18) Mutter kocht Instead of saying that the verb has three different meanings, we can be satisfied to say that there is a certain variety in the case frames which accept it." Anders ausgedrückt: den vielfältigen Erscheinungsformen des Verbs k o c h e n liegt ein Prädikat mit dem K a s u s r a h m e n (15) zugrunde. Hier wird klar, daß die Valenz des Verbs an der

Oberflächenstruktur

definiert ist und abhängig ist von der Art der R e a l i s a t i o n des zugrundeliegenden Prädikats; die notwendige Unterscheidung

von

V 1 und V 2 bei Helbig/Schenkel beruht auf der Möglichkeit des Prädikats, den Agens nicht zu realisieren; die Fakutativität Sa im Verb V 1 dagegen verändert die Prädikatsstruktur

von

(und da-

mit die Satzsemantik) nicht. Es ist für das Verständnis V e r b a n a l y s e n dieser Art unerläßlich, den fundamentalen

aller struktur-

ellen Unterschied zwischen der Möglichkeit der Nicht-Realisierung von Argumenten und der Fakultativität von Mitspielern stets im Auge zu behalten. Auf zwei Dinge sei noch hingewiesen: Zum einen erklärt die angenommene Kasusstruktur (15) auch die Doppeldeutigkeit Satz (18); die in M i t t e l e u r o p a vorherrschende

von

Normalinterpre-

tation ist die, daß Mutter einen Agens repräsentiert;

unter

K a n n i b a l e n ist es jedoch möglich, daß M u t t e r einen Kasus

Objekt

(bzw. Affektiv, s. Zf. 4.2.2.) repräsentiert."'''" Ferner ist w i c h tig, daß durch die Annahme einer zugrundeliegenden

variablen

Kasusstruktur für die vielen Erscheinungsformen von k o c h e n nur ein Lexikoneintrag benötigt wird, während z.B. Chomsky

(1965)

aufgrund der Annahme, daß Subjekt und Objekt auf der Ebene der Tiefenstruktur definiert sind, zwei Einträge benötigt, was der sprachlichen Intuition und den hier aufgeführten Pakten

zuwider-

läuft.15 14 Eine dritte Bedeutung wäre paraphrasierbar durch "Mutter ist w ü t e n d " . Nach Fillmore (1971a) wäre hier eine andere K a s u s struktur (ein Experiencer) anzusetzen. M . E . handelt es sich hierbei jedoch nur um eine Variante von AFP, die auf semantischen K o m p o n e n t e n bestimmter V e r b e n beruht. Zur Diskussion vgl. Einleitung Typ V I meiner Systembeschreibung. 15 Vgl. h i e r z u Menzel (1972), der auch einige Probleme des Ansatzes von Pillmore diskutiert.

58 In allen mir bekannten kritischen Anmerkungen zur K a s u s g r a m matik Pillmores ist nie bestritten worden, daß diese Relationen tatsächlich existieren.Bemängelt wurden dagegen stets Pillmores Vorschläge, wie diese R e l a t i o n e n in einem formalen Grammatikmodell zu repräsentieren s i n d . 1 ^ D a ich in dieser Arbeit h a u p t sächlich mit der Formulierung von Lexikoneinträgen

beschäftigt

bin, möchte ich auf diese Diskussion hier nicht weiter

einge-

hen; einige tentative Hinweise sind noch in Kapitel 4.2. zu finden. Prädikate sind also neben ihrer Wertigkeit

charakterisierbar

nach der Art der Relationen, die zwischen ihren Argumenten b e stehen; diese Relationen h a b e n einen Einfluß auf bestimmte grammatische Prozesse. Eine Diskussion der vorgeschlagenen K a s u s definitionen sowie weiterer mit der Kasusgrammatik

zusammenhän-

gender Probleme findet sich in Kapitel IV. 3.3. Merkmale Die Einführung des Valenzbegriffs machte es möglich, die M i t spieler des Verbs quantitativ festzulegen; durch die E i n f ü h r u n g der Kasus sind die Argumente der Prädikate auch qualitativ gelegt. Es ist notwendig, auch die Mitspieler des Verbs

fest-

quali-

tativ zu charakterisieren; dies geschieht zunächst durch strikte Subkategorisierung.

Ich folge in der Darstellung

allerdings

nicht Chomskys Terminologie, sondern benutze die Begriffe, die Helbig/Schenkel in der II. Stufe ihrer Verbbeschreibung

benut-

zen (1969:35f.). Die Angabe des kategorialen Rahmens der V e r ben muß mit den Angaben zur V a l e n z in Einklang stehen, d.h. obligatorische und fakultative Mitspieler, die als Nominativ',

'Nebensatz mit daß',

'Substantiv im

'Präpositionalphrase mit mit'

usw. erscheinen, sind als solche zu kennzeichnen. Aus den Bemerkungen bei der D i s k u s s i o n des Valenzbegriffs ergibt sich unmittelbar, daß freie Angaben nicht zum kategorialen R a h m e n des Verbs zu rechnen sind, dementsprechend im Lexikoneintrag nicht erscheinen. 16 Vgl. hierzu u.a. Pletcher (1971) und Bayer (1973). Neue V o r schläge finden sich bei Fillmore (1971a:262ff.) und Vater (1973:133ff.). Andere Grammatikmodelle benutzen Brekle (1970), Heger (1971) sowie Anderson (1971).

59 Die Mitspieler deutscher V e r b e n sind jedoch nicht nur in syntaktischer, sondern auch in semantischer Hinsicht charakterisierbar; bei Chomsky erfolgt dies durch Selektionsregeln,

dies

entspricht der Stufe III bei Helbig/Schenkel (36f.). Jedenfalls gehe ich davon aus, daß Selekt-ionsrestriktionen semantischer Natur sind (vgl. Lakoff/Ross (1967), McCawley (1968) u.a.m.); daß Chomsky (1965) diese Restriktionen als Teil der Syntax

bezeich-

net, ist darin begründet, daß die von ihm benutzten Merkmale wie +/- Konkret, +/- Menschlich, +/- Plural usw. in der Syntax eine wichtige Rolle zu spielen scheinen. Dies dürfte eben ein Reflex der Tatsache sein, daß Selektionsrestriktionen Eigenschaften der Prädikate bzw. ihrer Argumente sind, an die V e r b e n bzw. deren Mitspieler gebunden, also

nicht sondern

lexikabhän-

gig sind. Die Definition von Selektionsmerkmalen ist nicht

unproblema-

tisch. Lipka (1972) Zf. 2.4. diskutiert die Schwierigkeiten ausführlich. So wird z.B. gezeigt, daß das Merkmal +Animate nicht mit dem objektsprachlichen Ausdruck lebendig gleichzusetzen ist, weil sonst der Satz (19) Peter ist tot ein W i d e r s p r u c h in sich ist.

17 Der methodische Weg,

semantische

Merkmale zu entdecken und zu definieren, ist in Baumgärtner (1967) dargestellt; Lipka (1972) schließt sich hier an und faßt zusammen: "Paraphrase evaluation of definitions, however, leads to the postulation of semantic features, whereby modifiers used in the object language are turned into metalinguistic constructs." (Zf. 5.2.4.2.) In einer längeren Diskussion der Selektionsrestriktionen des englischen Verbs eat und der dazu vorhandenen Literatur wird die Schwierigkeit deutlich, den Selektionsapparat über die sehr allgemeinen Merkmale +hum, +konkr, +abstr usw. hinaus zu erweitern; die M e i n u n g e n zu den Restriktionen dieses sehr allgemeinen Verbs differieren so stark, daß lediglich festgestellt werden kann, "that Solid and Non-Solid are relevant in its description"

(Zf.

2.4.4.2.). Auch diese Arbeit kommt über vergleichbare

Ergebnisse

17 Lipka bezieht sich hier auf ein unveröffentlichtes von Meyer-Ingwersen.

Manuskript

60 nicht hinaus; dabei ist mir völlig klar, "daß wir mit solchen allgemeinen Angaben nur ganz grobe Unterscheidungen treffen können" (Carstensen (1969:12)). Mir scheint jedoch, daß durch die Zusammenstellung vollständiger Sätze in den einzelnen Bedeutungsgruppen Material für weitergehende Untersuchungen geboten wird, da die einheitliche Kontextselektion implizit das Prinzip der semantischen Komponentendifferenzierung in sich trägt. Von wesentlicher Bedeutung wäre hier freilich die bereits mehrfach geforderte generelle Behandlung von Partikelverbsystemen, weil man durch den Vergleich ähnlicher Bedeutungsgruppen differenter Systeme feststellen könnte, welche durch Paraphrasenbewertung herausgefundenen semantischen Merkmale für die linguistische Theorie relevant sind und welche nicht. Die Mitspieler eines Verbs sind also in qualitativer Hinsicht einmal durch den kategorialen Rahmen charakterisiert, zum anderen durch die Selektionsrestriktionen des Verbs; für letztere soll in dieser Arbeit Helbig/Schenkels Ausdruck

"Distribution"

verwendet werden. Nur implizit verwendet sind inhärente Merkmale der Verben. Dies ist begründet darin, daß in dieser Arbeit nicht eine Einzelanalyse aller Be-Verben geliefert werden sollte, sondern eine Übersicht über die systematischen Zusammenhänge; inhärente Merkmale der Verben sind jedoch im allgemeinen eher für die Isolierung als für die gruppenhafte Zusammenordnung der Präfixverben verantwortlich. In jüngster Zeit hat Vater bestimmte Gruppen inhärenter Verbmerkmale untersucht und zusammenfassend

dargestellt

(1973:123ff.). Bei Vater findet sich auch eine Übersicht über weitere Merkmalkomplexe, die in dieser Arbeit vernachlässigt wurden, weil sie für das System der Be-Verben keine Rolle spielen (137ff.). 3.4. Sonstige Typen lexikalischer Information Für Präfixbildungen und ihre Beschreibung ist natürlich der in Filimores Übersicht genannte Punkt (vi), "the conceptual or morphological relatedness of the item to other items in the lexicon" (s.o.) von Bedeutung. Warum ich in diesem Punkt nicht ausführlich bin, habe ich im Kapitel II dargelegt; sinnvolle

61 Repräsentationsformen für solche Beziehungen können erst dann gefunden werden, wenn die Natur innersystematischer

Beziehun-

gen näher untersucht ist. Sensitivität bestimmter Be-Verben zu R e g e l n der Grammatik, die bisher nicht genannt wurden, habe

ich

in der Beschreibung nur dann herangezogen, wenn dies von systemkonstituierender Bedeutung war (so z.B. die Beliebtheit des Partizip Präteritum plus sein für bestimmte Gruppen des Typs II); im übrigen verweise ich darauf, daß eine "Grammatik des deutschen Verbs" vorausgesetzt

wird.

62 IV. EXPLIKATION DER IN DER SYSTEMBESCHREIBUNG VERWENDETEN MITTEL

4.1. Valenz Die Darstellung der Valenz der Verben orientiert sich an der Notation von Helbig/Schenkel (1969). So sieht etwa die Valenzangabe für das Verb beladen aus: beladen 2 (4) Die geklammerte Zahl gibt die Anzahl der Prädikatsargumente an, die ungeklammerte Zahl die Anzahl der obligatorischen Mitspieler des Verbs (d.h. die geklammerte Zahl minus der ungeklammerten ergibt die Anzahl der fakultativen Mitspieler). 1 Die Valenzangabe erfolgt so, daß bei Verben mit variablem Kasusrahmen stets die höchstmögliche Zahl realisierter

Prädikatsargumente

erscheint; auf Verminderungen ist im einzelnen hingewiesen. So ist die Realisation von beladen mit vier besetzten Mitglie-dern selten (vgl. Einleitung Typ I): (1) Mit einem Kran beladen die Männer das Schiff mit Containern . Ist kein Agens realisiert, so hat das Verb höchstens drei Mitspiel.er, usw.: (2) Der Kran belädt das Schiff mit Containern

1

usw.

In dieser Angabe ist der INSTR repräsentierende Mitspieler als Glied der Valenz aufgefaßt, wie überall in dieser Arbeit. Ich bin inzwischen der Meinung, daß Mitspieler wie INSTR, die aufgrund genereller Regeln voraussagbar sind, zwar innerhalb der VP plaziert sind - was der Auffassung in Helbig/Schenkel (1969) zuwiderläuft -, aber trotzdem nicht Bestandteil der Valenz des Verbs sind. In Günther (1974) sind einige solche Fälle untersucht und als optionale Mitspieler analysiert. In der Neuauflage von Helbig/Schenkel (1969), die nach Abschluß des Manuskripts erschien, sind einige der im Kapitel III vorgeschlagenen Anregungen durchgeführt; so etwa die Überlegung, daß in der Tiefenstrukturebene kein Unterschied zwischen fakultativen und obligatorischen Mitspielern besteht.

63 4.2. Kasusstruktur 4.2.1. Allgemeines Die Satzsemantik ist m.E. der generative Teil eines Grammatikmodells, das Tiefenstrukturkasus berücksichtigt; wie ein solches Modell im einzelnen aussieht, ist mir derzeit nicht besonders 2 klar. Am weitesten entwickelt ist zweifellos das Modell von John Anderson (1971). Freilich unterscheidet es sich in einigen Punkten von den hier vertretenen Ansichten. Die allgemeine Form des Regelsystems muß jedenfalls so beschaffen sein, daß die zugrundeliegenden komplexen Prädikatstrukturen überführt werden in einen Ausdruck der Form (3): (3) R (x 1 , x 2 , ... , x n ) Die Lexikoneinsetzung ersetzt zunächst R durch ein Verb, dann die Argumentvariablen durch geeignete Mitspieler. Verben sind dann Namen für bestimmte, durch die Sprache ausgewählte komplexe Prädikatstrukturen.^ Für die Darstellung der komplexen Prädikate bieten sich Repräsentationsformen an, die in der generativen Semantik entwickelt worden sind. So läßt sich die dem Satz (4) (4) Mutter kocht Kartoffeln zugrundeliegende Prädikatstruktur darstellen durch den Baum (5). Zu den äußeren Umrissen vgl. Brekle (1970:Kap. 3) sowie das Regelsystem bei Marino (1972:569). 3 Vgl. dazu unten Zf. 4.2.2.6. und 4.2.3. 4 Die Generierung von Ausdrücken wie (3) erfordert vermutlich die sukzessive Anwendung von Raising-Transformationen. Wesentlich ist, daß auch ein außerordentlich mächtiger formaler Apparat wohl kaum in der Lage ist, den Prädikator R vollständig zu spezifizieren. Immler (1972:Zf.1.2,14.) weist deshalb zurecht darauf hin, daß auch hier noch eine interpretative Semantikkomponente notwendig ist, "die von einer Ebene der konkreten Wörter einer Sprache ausgeht, weil nur auf dieser Ebene die Bedeutungen zweifelsfrei identifiziert werden können; auf einer abstrakteren Ebene könnten bestimmte Informationen der Suche nach Regularitäten zum Opfer gefallen sein." 5 Zur Explikation solcher Strukturen vgl. McCawley (1968b) sowie zur Anwendung auf deutsches Material Immler (1972:Kap. 2). Prädikate sind in solchen Bäumen stets großbuchstabig angegeben. Das von Immler eingeführte Prädikat INGHO entspricht im wesentlichen dem in der englischsprachigen Literatur üblichen Prädikat BECOME bzw. COME ABOUT. 2

64

Wie Dowty (1972) plausibel macht, ist allerdings KAUS ein Prädikat, das nur Satzvariablen zuläßt, so daß also der folgende Strukturbaum anzusetzen ist:^

Es müßte möglich sein, die Kasusbegriffe auf Teilstrukturen solcher Strukturbäume zurückzuführen. So hat Ross (1971) g e zeigt, daß die K a s u s r e l a t i o n Agens äquivalent ist mit dem Teilbaum Sg des Baumes (6), d.h. einer Konfiguration,

die

das Argument x im Vorbereich des atomaren Prädikats TO DO bzw. TUN enthält. In ähnlicher Form müßte sich m.E. die Punktion 7 Instrumental auf ein Prädikat USE zurückführen lassen, oder

6 7

Vgl. Dowty (1972:63) für den entsprechenden Strukturbaum des englischen Verbs kill. Vgl. Lakoff (1968). Allerdings ist dieser Fall aus mehreren Gründen problematischer, vgl. Nilsen (1973) und Günther (1974). W i c h t i g ist freilich, daß atomare Prädikate keinesfalls identisch sind mit V e r b e n einer Sprache, und daß deswegen Tests mit dem englischen Verb use lediglich heuristischen, aber keinen definitorischen Wert haben.

65 Affektiv auf das Prädikat INCHO, usw. Durch solche

Definitionen

ließen sich auch die Phänomene beschreiben, die Fillmore

(1971a:

256) durch den Terminus "conflating" umreißt, ebenso wie die Tatsache, daß in vielen F ä l l e n die Mitspieler von V e r b e n gleichzeitig zwei oder mehr Kasusrelationen zu repräsentieren

schei-

nen. Es ist mir nicht gelungen, brauchbare Definitionen dieser Art für die bei der Beschreibung des Be-Systems benutzten K a suskategorien zu finden. Ich gebe deshalb im folgenden eine Liste der in dieser Arbeit verwendeten Kasusbegriffe mit einer Q

"notionalen" Definition; nen Kasus nacheinander 4.2.2. AGENS

zur Verdeutlichung werden die einzel-

diskutiert.

Kasusdefinitionen (AG)

AG bezeichnet den Auslöser bzw. Durchführenden der durch das Verb bezeichneten Handlung; Verben, die eine U r s a c h e - W i r k u n g Relation bezeichnen, haben als AG stets die prinzipielle U r sache . INSTRUMENTAL (INSTR) INSTR bezeichnet die unmittelbare Ursache des durch das Verb bezeichneten Vorgangs. ORNATIV

(ORN)

ORN bezeichnet die Größe, die durch den im Verb bezeichneten Vorgang bzw. Zustand mit ÄFF in Verbindung gebracht wird bzw. in Verbindung steht. (Vgl. aber Gruppe 7.1. der Systembeschreibung ! ) AFFEKTIV

(ÄFF)

Bezeichnet die Größe, auf die der durch das Verb bezeichnete Vorgang oder Zustand gerichtet ist, an der er sich abspielt. RESULTATIV

(RES)

Die Entität, die durch den Verbvorgang

8

entsteht.

Vgl. Lyons (1968:134ff., 350ff.). Vgl. außerdem Zf. 4.2.2.6., insbesondere Anm. 21, wo die Verbindung dieser Definitionen zu den Kasus anderer Autoren, insbesondere Anderson (1971) hergestellt wird. '

66 Dieser Liste fehlen einige von Pillmores Kasus (PLACE, TIME, PATH), weil sie im Be-System nicht vorkommen; andere (GOAL, SOURCE, OBJECT) wurden aus Gründen nicht aufgenommen, die im folgenden diskutiert sind. Der Kasus ORN fehlt bei Fillmore; der Kasus AFP deckt einen Bereich ab, der bei Pillmore durch GOAL, OBJECT und teilweise INSTR ausgefüllt ist; auch diese Kasus werden ausführlich besprochen. 4.2.2.1. Agens Der Kasus AG enthält nicht das in Pillmore (1968) geforderte Merkmal +Animate. Diese Korrektur ist darauf zurückzuführen, daß Selektionsrestriktionen nichts mit Kasusstrukturen zu tun haben. Vater (1973) zeigt (in Anlehnung an Zoeppritz (1971)), Q daß es Prädikate gibt, die nicht-belebten Agens fordern. Cruse (1973) ist dem Problem nachgegangen, auf welche Weise "Agens" definiert werden kann. Er unterscheidet 2 Definitionsweisen: Einmal referentielle Definition (darunter fällt auch die oben verwendete), zum anderen die Definition von Agens als Subjekt des englischen Verbs to do. Als Ergebnis seiner Untersuchungen stellt er fest, daß zwar der Test mit dem Verb d£ generell für alle Nominalphrasen, die unangefochten als Agens angesehen werden, funktioniert, daß jedoch nicht jedes mögliche Subjekt von do-Sätzen einen Agens repräsentiert. Mir scheint jedoch, daß es sich hier um marginale Fälle handelt. Generell kann deshalb angenommen werden, daß der Kasus AG definiert ist durch das Vorkommen einer Konfiguration wie (7): S (7) TUN X

9

Ich danke Heinz Vater für den Hinweis (persönliche Mitteilung), daß insbesondere nicht alle Naturereignisse als INSTR klassifizierbar sind.

67 als Teilstruktur, und daß somit das Ansetzen eines Merkmals 'Activity' eine andere Repräsentationsform des gleichen Sachverhaltes ist (vgl. Ross (1971)). Wie der o.a. Strukturbaum (6) zeigte, gilt dies jedoch nicht für das Merkmal bzw. Prädikat KAUS. 4.2.2.2. Instrumental Die Abgrenzung von AG und INSTR fällt nicht leicht; dies ist auch den meisten Fillmore-Kritikern aufgefallen. Mit Fillmore (1968) sehe ich als Hauptkriterium für die Bestimmung instrumentaler Argumente die Subjektbesetzungsregel an. Fillmore stellt fest, daß die Kasus in einer Hierarchie stehen, was die Möglichkeit angeht, in der Oberflächenstruktur einfacher Aktivsät'ze die Subjektposition einzunehmen, diese Hierarchie entspricht der Reihenfolge der o.a. Definitionen in Zf. 4.2.2. Es läßt sich also folgende Regel für die Besetzung der Subjektposition aufstellen: 10 (R 1) Enthält ein einfacher Satz einen AG, so ist dieser Subjekt; enthält er keinen AG, so ist INSTR Subjekt; enthält er weder AG noch INSTR, so ist ORN Subjekt; enthält er weder AG noch INSTR noch ORN, so ist AFP das Subjekt. Daraus geht unmittelbar hervor, daß jeder AG-haltige Satz einen INSTR enthalten kann; ist jedoch INSTR das Subjekt, so kann der Satz keinen AG enthalten. Dieses Phänomen hat auch Fillmore beobachtet (1971a:253): "The case hierarchy puts an Agent always in first position, making it in general possible for sentences having Agents to contain Instrument phrases as well, but impossible for sentences having Instruments as subjects to contain Agents as well." Es ist mir nicht ganz klar, inwieweit wirklich alle Sätze, die einen Agens enthalten, ebenso einen Instrumental enthalten können, ob also z.B. im Satz (8) Hans belauscht die Männer tatsächlich ein INSTR repräsentierender Mitspieler mit den Ohren einführbar ist. Mir scheint jedoch, als sind solche Fälle 10 Vgl. Fillmore (1968:33), wo allerdings nicht zwischen ORN und INSTR unterschieden wird.

68 im allgemeinen außerlinguistisch motiviert. Da auch in dieser Arbeit der Grundsatz vertreten wird, daß jedes Prädikat einen 11 bestimmten Kasus nur einmal aufweisen darf, ergibt es sich, daß die Bestimmung, welchen Kasus der die Subjektsposition einnehmende Mitspieler repräsentiert, zunächst danach getroffen wird, ob in den Satz noch ein INSTR eingeführt werden kann. Es ist dieser Test, nach dem Pillmore Naturkräfte als INSTR analysiert (1971a:252ff.). Ich halte diese Testmöglichkeit für günstiger als Pillmores andere Vorschläge (I968:22f.). Sie ist natürlich nur dann wirklich anwendbar, wenn die Voraussetzung akzeptiert ist, daß

generell

jeder agenshaltige Kasusrah-

men auch einen fakultativen INSTR aufweist. Dieser Punkt bedarf noch weiterer Untersuchung. Auf den Unterschied zweier verschiedener Erscheinungsformen von INSTR macht Brekle (1970:81 f.) aufmerksam; Brekle vergleicht Sätze wie ( 9) Hans schneidet die Tomate mit dem Messer (10) Hans bäckt Brot aus Mehl und stellt fest, daß in (9) ein affiziertes Objekt vorliegt, weswegen die INSTR repräsentierende Präpositionalphrase als 'Werkzeug' interpretiert wird; affiziertes 12 Objekt wie in (10) bewirkt die Interpretation als 'Stoff'. Die formale Definition von INSTR (analog zu der Charakterisierung von AG durch den Teilbaum (7)) durch einen Teilbaum, in dem das Prädikat USE (bzw. BENUTZEN) vorkommt, ist für solche Sätze problemlos, die einen AG und einen INSTR enthalten. Da aber in dem Satz (11) Die Maschine bedruckt Stoffe mit Mustern Maschine offenbar einen INSTR repräsentiert, sehe ich höchstens die Möglichkeit einer Konvention, die INSTR folgendermaßen definiert : 11 Verben wie ähneln, sich kreuzen usw., auf die dies nicht zuzutreffen scheint, vgl. Vater (1973:93f.), sind solche, denen koordinierte Prädikatstrukturen zugrundeliegen. 12 Auf problematische Fälle hat mich Irmgard Büttel hingewiesen: Er baut mit Baumaschinen ein Haus aus Stein Hier ist wohl ein Haus aus Stein Repräsentant nur eines Kasus, d.h. daß Satzeinbettung vorliegt. Zur weiteren Differenzierung von INSTR vgl. Nilsen (1973).

69

Der Teilbaum £

. definiert INSTR; dadurch wird die Tatn +i sache reflektiert, daß INSTR fakultativ bei jedem AG stehen

kann. Ist x leer, so wird das nunmehr im Vorbereich nicht besetzte, d.h. unvollständige Prädikat tun in irgendeiner Form in den Teilbaum S n

1

inkorporiert; es handelt sich also formal

gesehen um das Gegenteil einer "raising"-Transformation. Da ich keine Vorbilder für eine solche Operation kenne, möchte ich es bei dieser Andeutung belassen. 4.2.2.3. Ornativ Dem Unterschied zwischen INSTR und ORN, der im Be-System klar greifbar ist, ist m.E. bisher zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt worden. Grimm (1826) hält in beiden folgenden Sätzen die Präpositionalphrase mit mit für eine instrumentale Ergänzung: (13) Er begießt die Blumen mit Wasser (14) Er begießt die Blumen mit der Gießkanne Der strukturelle Unterschied wird an einem Beispiel unmittelbar deutlich: (15) (16) (17) (18)

Die Firma bedruckt die Stoffe mit modernen Maschinen Die Firma bedruckt die Stoffe mit Popmustern Die Maschine bedruckt die Stoffe mit Popmustern *Popmuster bedrucken die Stoffe mit Maschinen

Satz (15) zeigt die Kasusstruktur AG + ÄFF + INSTR. Wenn dies auch die Struktur von Satz (16) wäre, so enthielte Satz (17) zwei INSTR; einmal abgesehen von dem Prinzip, daß nicht-koordinierte Doppelbesetzung eines Kasus in einem einfachen Satz unzulässig ist, wäre zu fordern, daß die beiden INSTR-Phrasen aus-

70 tauschbar sind; dies ist nicht der Fall, wie Satz (18) zeigt. Daß es sich dabei auch nicht um inhärente Merkmale von Muster und Maschine handelt, zeigt Satz (19): (19) Mit einem Kran beladen die Männer das Schiff mit Maschinen Hier repräsentiert Maschinen ganz offenbar ORN, der INSTR ist Kran» Sätze wie (19), die bei besetztem AG sowohl INSTR als auch ORN enthalten, sind allerdings selten; hierfür dürften prosodische Gründe verantwortlich sein (gleiche Präposition 13 und Konstruktion der Präpositionalphrasen). Es existieren eine Reihe von Verben, die die Subjektsposition gemäß der Regel R 1 wahlweise mit AG oder ORN besetzen können: (20) Die Arbeiter belasten den Kiel mit Gewichten (21) Gewichte belasten den Kiel Daß in der Kasushierarchie ORN nach INSTR kommt, läßt sich folgendermaßen zeigen: Damit Fußballplätze durch Schneefall nicht unbespielbar werden, kann man sie mit Planen bedecken. Dies kann manuell geschehen oder durch eine automatische Vorrichtung; wir erhalten so folgende Sätze: (22) Bei Schneefall bedecken Arbeiter den Rasen mit einer Schutzplane (23) Bei Schneefall bedeckt die Anlage den Rasen mit einer Schutzplane (24) Die Schutzplane bedeckt den Rasen In Satz (24) ist Sn durch ORN besetzt; AG oder INSTR sind nicht vorhanden und können auch nicht durch irgendeinen Zusatz in den Satz eingeführt werden. Während die Besetzung der Subjektsposition durch INSTR anstelle von AG im allgemeinen keine erkennbaren Bedeutungsunterschiede auslöst, tritt in den Fällen, in denen Sn durch ORN besetzt ist, eine gewisse Bedeutungsverschiedenheit auf. Es scheint jedoch, als ist diese Verschiebung re13 Auch Becker (1971) und Vestergaard (1973) haben festgestellt, daß Präpositionalphrasen wie mit Mustern in den angeführten Beispielen keinen INSTR repräsentieren; Vestergaard führt darüber hinaus einen meinem Kasus Affektiv genau entsprechenden Kasus "Affected" ein. Beide nehmen jedoch auch einen Kasus L = Lokativ an, der m.E. nicht benötigt wird, s.u. 4.2.2.6. - Die Unterscheidung zwischen strikter und ornativer Instrumentalität bei Brekle (1970:118f.) hat mit der hier intendierten Unterscheidung nichts zu tun; m.E. ist bei Brekle der Ausdruck "ornativ" fehl am Platz.

71 gelmäßig, vgl. Fillmore (1968:30, Anm.39), wo der Vorschlag gemacht wird, solche Unterschiede transformationell zu behandeln. Sinnvoller erscheint mir die Behandlung bei Immler (1972) Zf. 2.7.1.; dort wird festgestellt, daß das Rezessivum nicht durch Abwesenheit des Prädikats KAUS definiert ist, sondern ein eigenes Prädikat VON SELBST in seiner Struktur aufweist; analog gilt also z.B. für bedecken, daß bei zweiwertigem Gebrauch ein Prädikat zugrundeliegt, das die Kasusstruktur ORN+ AFP aufweist, und das Prädikat VON SELBST enthält, während vier- und dreiwertiges bedecken das Prädikat KAUS enthält. Fillmore subsumiert ORN offenbar unter seinem Kasus Object, das zeigt z.B. seine Analyse des Verbs smear, das die gleiche Kasusstruktur wie bedecken aufweist (1969:128). Daß dieser Kasus problematisch ist, zeigt auch Filimores Bemerkung (1971a: 251 ) : "The object case is that of the entity which moves or which undergoes change, and I still use it as a wastebasket." Dies wird deutlich durch Beispielsätze (1969:116, 128): (25) The smoke rose (26) John smeared the fender with mud Beide Sätze enthalten nach Fillmore den Kasus 'Object1; in Satz (25) ist es the smoke, in (26) with mud. Ich kann hier keine gemeinsame Funktion erkennen. Der von mir eingeführte Kasus ORN löst aus der Fülle der Anwendungsmöglichkeiten von Fillmores Object eine heraus, die nicht nur für Be-Verben, sondern für den gesamten Bereich deutscher Ornativa in gleicher Weise klar erkennbar i s t . ^ Den Terminus Objektiv vermeide ich absichtlich, um Mißverständnisse zu verhindern, die auf Äquivokation beruhen. 4.2.2.4. Affektiv Auch dieser Kasus wird bei Fillmore meist unter Object subsumiert. Mit Brekle (1970) fasse ich hier im wesentlichen das zusammen, was in der traditionellen Grammatik als "affiziertes 14 Nach eigenen, noch nicht abgeschlossenen Untersuchungen ist zu schätzen, daß jedes 7. deutsche Simplexverb ein Ornativum ist; Ableitungen ornativer Bedeutung sind ebenfalls häufig. Vgl. aber zu ORN Zf. 4.2.3. unten.

72 Objekt" bezeichnet wurde. Das ist zweifellos immer noch eine Art "Papierkorb", aber doch immerhin ein etwas kleinerer. Vestergaard (1973) weist auf die Probleme hin, die bei Fillmore dadurch entstehen, daß in Sätzen wie (27) und (28) (27) Tom packed clothes into the trunk (28) Tom packed the trunk with clothes die NP, die clothes enthält, als Object analysiert wird, wodurch die Analyse der anderen NP schwierig wird. Der von Fillmore (1969) eingeführte Kasus Goal ist keine Lösung (s.u. 4.2.2.5.). Ein weiterer Grund für die Einführung von AFP sind Beobachtungen, die mit dem sog. Zustandspassiv zusammenhängen, dem im Be-System stellenweise besondere Bedeutung zukommt. Der Unterschied zwischen Vorgangs- und Zustandspassiv ist meines Wissens erstmals von Glinz ausführlich diskutiert worden; er läßt sich an den folgenden Sätzen deutlich erkennen: (29) Der Becher ist (von Hans) mit Laub bekränzt worden (30) Der Becher ist mit Laub bekränzt Während im Vorgangspassiv (29) der Mitspieler, der die AG-Rolle repräsentiert, durch die Passivtransformation fakultativ wird, d.h. wahlweise weggelassen oder durch eine Präpositionalphrase mit von angeschlossen werden kann, fehlt dem Zustandspassiv (30) diese Möglichkeit. Es wird oft die Meinung vertreten, daß das Zustandspassiv vom Vorgangs passiv abgeleitet ist, also die Sätze (31) und (32) von (33) bzw. (34): (31) (32) (33) (34)

Der Käfig bedeckt Der Himmel ist ist mit mit einem WolkenTuch bedeckt Der Käfig ist mit einem Tuch bedeckt worden *Der Himmel ist mit Wolken bedeckt worden

Die technische Operation ist hier eine

Tilgungstransformation.

Die Ungrammatikalität von (34) deutet an, daß es nicht angemessen ist, Zustandspassiva generell als Ellipsen eines Vorgangs15 passivs zu betrachten. Das Zustandspassiv ist vielmehr eine unabhängig vom Vorgangspassiv gebildete Form; es ist ein Kennzeichen transitiver Verben, die das Zustandspassiv bilden können,daß 15 Dagegen spricht auch die historische Entwicklung, nach der sich beide Passivumschreibungen zunächst nebeneinander entwickelt haben. Vgl. zu ähnlichen Überlegungen zum englischen "Short passive" Anderson (1971:47f.).

73 sie mit dieser Möglichkeit in der Lage sind, sich wie

Intran-

sitiva zu verhalten, die im Aktiv einen ÄFF als Subjekt

aufwei-

sen: (35) Das Haus

zerfällt

(36) Das Haus ist

zerfallen

Die zusammengesetzten Zeiten solcher intransitiver V e r b e n Jung (1971) § 479) entsprechen dem Zustandspassiv Verben.

(vgl.

transitiver

Die Transformation, die zum Vorgangspassiv führt, w a n -

delt den im Aktiv obligatorischen Mitspieler, der den AG

reprä-

sentiert, in einen fakultativen um. Das Zustandspassiv läßt sich dagegen m.E. nicht als analoge Transformation begreifen. E s ist vielmehr eine spezielle Anwendung der Regel R 1. Für einige V e r ben gilt, daß beim Einsetzen des Lexikoneintrags in die Struktur P r ä d i k a t + O R N + ÄFF einfache Sätze im Aktiv erscheinen k ö n nen, so z.B. bedecken im o.a. Satz (24) und alle w e i t e r e n V e r ben der Gruppe 1.9*5 andere V e r b e n sind zwar in diese

Struktur

einsetzbar, müssen dann aber im Zustandspassiv erscheinen, so z.B. bebauen: (37) Das Gelände ist mit H ä u s e r n bebaut (38) *Häuser bebauen das Gelände Im Zustandspassiv sind AG oder INSTR nicht ausdrückbar, sie k ö n nen in den Satz durch keinen Zusatz eingeführt werden. Das läßt es als sinnvoll erscheinen, das Zustandspassiv nicht als T i l gungstransformation zu formulieren, sondern als eine Transformation, die sich auf die R e g e l R 1 bezieht. Im Lexikoneintrag eines transitiven Verbs ist daher durch die

Prädikatsstruktur

festgelegt, ob das Verb auch in eine K e t t e P r ä d i k a t + O R N + Ä F F (bzw. bei V e r b e n ohne ORN

in eine Kette P r ä d i k a t + ÄFF) einge-

setzt w e r d e n kann; ein Regelmerkmal bestimmt, ob die

Zustands-

passivtransformation obligatorisch (wie im o.a. Beispiel b e bauen) oder fakultativ ist (wie im o.a. Beispiel bedecken so16 Diese Formen intransitiver Verben, die ihre zusammengesetzten Zeiten mit sein bilden, sind zumindest ambivalent. So k a n n der Satz Das Haus ist zerfallen einmal einen Vorgang in der Vergangenheit bezeichnen: Das Haus ist in kurzer Zeit zerfallen oder aber einen Zustand in der Gegenwart: Das Haus, das du d a siehst, ist zerfallen Nur der zweite Fall ist h i e r angesprochen.

74 wie allen Intransitiven Verben, die ihre zusammengesetzten

Zei-

ten mit sein bilden). In Fillmore (1971a) rangiert der Kasus Object vor Goal. In den genannten Beispielsätzen würde Fillmore ebenso die Präpositionalphrasen mit mit, die in meinem System ORN repräsentieren, als Object analysieren, wie die Subjekte intransitiver V e r b e n wie zerfallen. Die Akkusativergänzung, die ich als Ä F F bezeichne, hat bei Fillmore die R o l l e von Goal inne. Die

Zustandspas-

sivregel müßte dementsprechend zweimal, n ä m l i c h bezüglich Object (bei intransitiven Verben) und bezüglich Goal (bei transitiven Verben) formuliert werden; die Parallelität beider B i l d u n g e n scheint mir ein solches V o r g e h e n als inadäquat zu k e n n z e i c h -

4.2.2.5. Source und Goal Diese beiden Kasusnotationen werden von Fillmore (1969:116) ein18 geführt und folgendermaßen definiert: "Source: the place from which something moves. Goal: the place to which something moves." Diese Definition wird von Fillmore (1971 a:250)

erweitert:

17 U n t e r ÄFF subsumiere ich auch den in Fillmore (1971a) eing e f ü h r t e n Kasus Experiencer, der m.E. nur eine merkmalabhängige Spielart von ÄFF bei den sog. Psych-movement-Verben ist. Vgl. dazu Einleitung Typ V I meiner Systembeschreibung. 18 In der im Literaturverzeichnis angegebenen Quelle für dies e n Aufsatz ist ein Druckfehler aufgetreten (Source ist definiert als "the place, to which something is directed"). Das Zitat wurde verbessert nach dem Abdruck des gleichen Aufsatzes in: Steinberg/Jacobovits (eds.): Semantics; C a m bridge 1971, S. 370 - 392; dieses Zitat S. 376. Steffen Stelzer versucht im Vorwort zu einem von ihm herausgegebenen Sammelband (Probleme des Lexikons in der generativen Grammatik; Frankfurt (1972): Athenäum), in welchem eine "Übersetzung" dieses Fillmore-Aufsatzes abgedruckt ist, eine gewisse Vertrautheit mit dieser Arbeit vorzutäuschen. Daß es de facto mit dieser Vertrautheit nicht viel auf sich h a b e n kann, zeigt sich (u.a.) auch daran, daß dieser Druckfehler kommentarlos ins Deutsche übertragen wird - und das, obwohl im Quellenverzeichnis sowohl der K i e f e r - als auch der S t e i n berg/jacobovits-Sammelband aufgeführt sind! In Anbetracht der Tatsache, daß ich Linguistik für eine ernst zu nehmende Wissenschaft halte, weigere ich mich, Sammelbände von "Übersetzungen" wie diesen im Literaturverzeichnis aufzuführen.

75

"Depending on the type of predicator, the Source and Goal are interpreted as earlier.and later locations, earlier and later states, or earlier and later time points." M.E. stellen Source and Goal abstrakte Richtungsbeziehungen im Satz her. Im folgenden Satz (39) Der Gärtner bepflanzt das Beet mit Begonien würde Fillmore das Beet als Goal charakterisieren ("the place to which something moves"); mit dem gleichen Recht könnte man es jedoch auch als Object bezeichnen ("the entity ... which undergoes change"); diese Analyse nimmt Fillmore deshalb nicht vor, weil er keinen Kasus ORN kennt und dementsprechend die Präpositionalphrase mit Begonien als Object analysiert. Die Problematik wird deutlich bei den entgegengesetzten Verben geben und nehmen, die m.E. die gleiche Kasusstruktur haben, nämlich AG, AFP, ORN. ^ Die Variablen x, y und z bezeichnen in dieser Reihenfolge die genannten Kasus, und zwar gilt dies für beide der folgenden Sätze: (40a) x gibt dem y den z (40b) x nimmt dem y den z In Satz (40a) geht die Handlung bezüglich z von x zu y; in Satz (40b) geht die Handlung bezüglich z von y zu x. Wichtig ist der Ausdruck "bezüglich z"; in beiden Fällen hat x die AG-Rolle inne, y die AFF-Rolle. Der deutliche Zusammenhang zwischen Verben wie geben und nehmen, kaufen und verkaufen, lehren und lernen usw. wird m.E. adäquater ausgedrückt, wenn Source und Goal einen anderen Status erhalten als die Kasus wie AG, ÄFF usw.; es läßt sich dann dieser Zusammenhang dadurch kennzeichnen, daß jeweils beide Verben die gleiche Kasusstruktur haben, aber eine umgekehrte Richtupgsbeziehung. Für die meisten Be-Verben gilt, daß eine Richtungsbeziehung von AG zu ÄFF besteht (bezüglich ORN); damit stehen sie in Opposition zu bestimmten Ent-Verben, wo die umgekehrte Beziehung besteht. Ähnliches läßt sich ver19 Das Be-System enthält außer einigen Verben der Gruppe 7.1. keine Privativa. Ist es zutreffend, daß Kasus und die Richtungsbeziehung unabhängig voneinander sind, so erscheint die Einführung eines Kasus PRIVATIV unnötig; nur die Definition von ORN ist in geeigneter Weise zu erweitern, vgl. dazu den Vorschlag in Gruppe 7.1. Problematisch wird die Frage freilich, wenn man Andersons System (1971) adaptiert.

76 mutlich auch für andere Oppositionen wie aus- und ein- usw. feststellen, vgl. Hundsnurscher (1968:264ff.). Die Ablehnung von Source und Goal als Kasus macht es notwendig, den von Fillmore (1971a) ausgeschlossenen Kasus RES wieder ren; seine Definition ist m.E.

einzufüh-

unproblematisch.

4.2.2.6. Lokativ Becker (1971) analysiert das Präfix be- als

Oberflächenreflex

der Unterscheidung zwischen affiziertem und effiziertem

Objekt.

Becker stellt zunächst fest, daß der englische Satz (41) ambig ist, während seine deutschen Übersetzungen dies nicht sind: (41) John paints nudes (42) John malt nackte M ä d c h e n (43) John bemalt nackte M ä d c h e n Dabei gilt ferner, daß (42) eine andere Struktur hat als

(44):

(44) John malt Figuren auf nackte Mädchen Daraus folgert Becker (1971:134ff.), daß Be-Verben diesen Typs nur zu Sätzen der in (44) gegebenen Struktur in Beziehung g e setzt werden können; diesen Satz analysiert Becker als AG, 0, IOC ( 0 = 0 b j e c t , LOC = Lokativ) und analysiert auch (45) so: (45) John bemalt nackte M ä d c h e n mit Figuren W e n n Kasusgrammatik einen Sinn haben soll, dann ist diese F o l g e rung strukturell richtig; (44) und (45) m ü s s e n die gleiche K a 20 susstruktur haben.

Während die Simplexverben Beckers Analyse

nahelegen, ist in dieser Arbeit, von den Be-Verben ausgehend, eine etwas andere Analyse vorgeschlagen worden. Dies w u r d e besonders dadurch begünstigt, daß vor allem v o n Marino

(1972:575ff«)

einige Argumente beigebracht wurden, den Lokativ vollständig aus einer Kasusgrammatik nach der Theorie Filimores

auszuschließen;

h i e r gilt vor allem das Argument, daß die m e i s t e n "Lokative" als freie Angaben erscheinen, freie Angaben jedoch als reduzierte Sätze gelten. 21 20 Deshalb ist der V e r s u c h v o n Vestergaard (1973:88) untauglich, Sätzen wie (44) die Struktur (AG, L, 0) zuzuschreiben, den analogen Sätzen wie (45) aber eine abweichende Struktur (AG, (L, ÄFF), 0). 21 Ich bin heute der Meinung, daß, aufbauend auf Andersons V a r i a n te der Kasusgrammatik, Beckers Analyse vorzuziehen ist. M a n würde dann sämtliche in dieser Arbeit als Ä F F analysierten Kasus als LOC analysieren, und alle ORN als NOM (= Nominative, vgl. Anderson (1971:37ff.)). Die Einführung dieses K a -

77 4.2.3.

Schlußbemerkungen

Die Reduzierung der Kasusmenge hat in negativer Hinsicht die Folge, daß bestimmte semantische Effekte durch andere K o m p o n e n ten der Grammatik beschrieben werden müssen. Bs gibt jedoch ein wesentliches Argument empirischer Art für eine solche R e d u k t i o n 22 der Kasusbegriffe auf vier etwa im Einklang mit Marino 23 (1972); es ist dies die Tatsache, daß die den Verben natürlicher Sprachen zugrundeliegenden Prädikate in der R e g e l nicht mehr als vierwertig s i n d , 2 ^ und daß die Punktionen ihrer Argumente allen Fällen auf die in dieser Arbeit verwendeten Kasus

in

reduzier-

bar erscheinen. W e i t e r e n Untersuchungen vorbehalten bleibt die Möglichkeit, daß einzelne Mitspieler des Verbs mehrere Kasus des zugrundeliegenden Prädikats gleichzeitig repräsentieren, wie dies u.a. von Fillmore (1969) und Anderson (1971) angenommen wird. o c

22 23

24 25

sus läßt freilich andere Probleme auftreten, die mit dem Begriff "Restkasus" verbunden sind, vgl. dazu auch Diver (1964). Auch die Einführung dieses Kasus als obligatorisches Element ist nicht unproblematisch; sie wird aber auch in anderen K a sustheorien so gehandhabt, vgl. Starosta (1974:6). Ferner ist Andersons Trennung von LOC und ABL (letzterer entspricht in etwa Filimores 'Source') alles andere als fundiert; Anderson vernachlässigt viele Phänomene, die mit der Ausgestaltung direktionaler Lokative zusammenhängen (vgl. 1971:Kap. 8)). Andererseits ist sein Begriff 'abstract location' zweifellos ein Fortschritt, vor allem die dadurch ermöglichte Ausschließung von Filimores Dative. Ich hoffe, auf diese Probleme in absehbarer Zeit ausführlich eingehen zu können. Die Beobachtung, daß ÄFF und RES nie gemeinsam auftauchen, legt es nahe, sie als komplementär verteilt zu betrachten. Dem steht die Ausweitung der Kasusbegriffe auf 13 bei Vater (1973) gegenüber, was dort ausdrücklich als Vorteil gegenüber Fillmore (l§68) angesehen wird (92). W o h i n solche A r beitsweise führen kann, zeigt sich deutlich in Nilsen (1973), wo allein der Instrumental in eine Unzahl einzelner Kasus aufgeteilt wird. Dadurch gehen m.E. sämtliche Generalisierungen verloren, die die Gewichtigkeit von Filimores Argumentation gegen eine Grammatik vom Typ Chomsky (1965) ausmachten. V o n dieser Annahme geht auch Vater (1973) aus. Vgl. zur Frage, wie hoch die höchstmögliche Valenz von V e r b e n natürlicher Sprachen ist, auch Günther (1974) und Heringer (1973:190ff.). Die Attraktivität dieses Vorschlags besteht vor allem darin, daß m a n dadurch die Zahl der "Grundkasus" niedrig halten kann, aber durch eine Vielzahl möglicher Variationen den verschiedenartigen Erscheinungsformen R e c h n u n g tragen kann.

78 4.3. Kategorialer Rahmen Offensichtlich ist das System der Be-Verben auch durch kategoriale Gemeinsamkeiten determiniert; so sind fast alle motivierten Verben transitiv; alle Verben des Typs I weisen eine fakultative Präpositionalphrase mit mit auf, usw. Für die Beschreibung des kategorialen Rahmens verwende ich die Festlegungen in Helbig/Schenkel (1969), die der strikten Subkategorisierung im Modell Chomsky (1965) entsprechen. Wie schon erwähnt, bekommen die Prädikatsargumente Rollen (Kasus) zugewiesen, die Mitspieler des Verbs syntaktische Kategorien. Dabei determiniert die Kasusstruktur in vielen Fällen den kategorialen Rahmen, so bei Verben, die wahlweise einen AG oder einen INSTR in Subjektposition aufweisen. Las bedeutet, daß die Einsetzung der Lexikoneinheit erst auf einer Stufe erfolgt, auf der die Struktur des kategorialen Rahmens durch die oben formulierte Regel R 1 eindeutig ist. Von Helbig/Schenkel wurden nur solche Kategorien übernommen, die für die Beschreibung einfacher Sätze notwendig sind; so wurden z.B. Relativsatzkonstruktionen als Ersatz für Nominalphrasen unberücksichtigt gelassen. 4.4. Distribution Dieser Terminus, den ich von Helbig/Schenkel übernehme, ist nicht in dem umfassenden Sinne der amerikanischen Deskriptivisten gebraucht; die hier gemachten Angaben entsprechen der Stufe III bei Helbig/Schenkel (1969:36): "Diese Stufe III legt somit die semantischen Umgebungen der Verben fest, spezifiziert die syntaktischen Umgebungen durch die Angabe des zugelassenen semantischen Gehalts." Auch hier verwende ich ihre Begriffe in beschränkter Auswahl. Wesentlich ist, daß ich das Merkmal +Hum auch für +Abstr (als Hum) in Anspruch nehme. Daß die Unterscheidung prinzipiell notwendig ist, zeigt sich am Vergleich der folgenden Sätze: (46) Hans rennt (47) *Die Partei rennt Es gibt also Verben, die zwar eine Nominalphrase mit dem Merkmal +Hum als Subjekt zulassen, nicht jedoch mit dem Merkmal +Abstr (als Hum). Die Unterscheidung ist jedoch für das System der Be-Verben ohne Bedeutung; es gibt keine Typen oder Bedeu-

79 tungsgruppen, deren gemeinsames K e n n z e i c h e n es ist, daß sie z.B. +Hum als Subjekt zulassen, +Abstr (als Hum) jedoch nicht, oder umgekehrt. Die Angabe +Hum läßt in meiner Beschreibung die Möglichkeit offen, daß auch +Abstr (als Hum) gewählt werden kann; das bedeutet nicht, daß diese W a h l prinzipiell bei jedem Verb möglich ist. D a es sich um idiosynkratische Züge von E i n zelverben handelt (oder um Systematisierungen, die mit dem BeSystem nichts zu tun haben), wurde darauf verzichtet, diese D i f ferenzierung bei jedem Verb

vorzunehmen.

Mit der Beschränkung auf eine relativ kleine Anzahl

semanti-

scher Merkmale ist nicht gesagt, daß diese Auswahl ausreichend ist. Bisweilen sind die A n g a b e n verfeinert; so enthält die Gruppe 1.6. das zusätzliche PSd-Merkmal - P e s t , die Gruppe 1,2.1. das Sa-Merkmal

'Beförderungsmittel' usw.; ich bin allerdings mit der

Einführung solcher zusätzlicher Merkmale sehr vorsichtig

umge-

gangen, weil sie meist nur für E i n z e l v e r b e n formulierbar sind und nur wenig oder gar nichts für den Systemaufbau leisten;

ge-

rade die engere K o n t e x t s e l e k t i o n scheint vielfach von S t a m m verbkomponenten abhängig zu sein. Die Angaben zur Distribution, die in den Typen gemacht w e r den, sind nicht immer in den Bedeutungsgruppen

durchgehalten.

In einigen F ä l l e n sind die Abweichungen gruppenspezifisch und damit gruppenbildende Phänomene. In den m e i s t e n Fällen sind aber Abweichungen bei E i n z e l v e r b e n zu beobachten; im Kommentar wird auf diese Abweichungen hingewiesen, gegebenenfalls

eine

Erklärung gegeben. Abweichungen sind meist entweder E r w e i t e r u n gen oder E i n e n g u n g e n der Selektionsmöglichkeiten. So ist bei beeinflussen Sa ausgedehnt auf unbeschränkte Selektion, wofür h ä u figer Gebrauch und eine gewisse semantische Blässe der Verbs verantwortlich sind, während die Einschränkung bei bemitleiden auf S a +Hum wohl durch die Festlegung der Bedeutung bedingt ist. In einigen F ä l l e n sind Abweichungen so häufig, daß eine generelle Festlegung der Distribution für die Gruppe nicht g e geben werden konnte. Eine solche Behandlung ist dadurch zu rechtfertigen, daß die Verletzung von

Selektionsrestriktionen

einen nicht so h o h e n Grad von Ungrammatikalität erzeugt wie beispielsweise kategoriale Fehler. H i n z u kommt, daß vermutlich gerade eine gewisse Ungenauigkeit im Gebrauch der M o d e l l r a h m e n

80 und der in ihnen eingebetteten Kontextmerkmale die Hauptursache für die Weiterentwicklung des Systems durch neue Bedeutungsgruppen bildet. 4.5. Sonstige Angaben: Ableitungsstruktur, interne Struktur, Verben auf -igen Trotz der in Kapitel II erhobenen Einwände gegen das Prinzip, das Verhältnis zwischen Grundwort und Ableitung als zentrales Thema der Wortbildungslehre anzusehen, habe ich nach dem Muster von v. Polenz (1968) einige Ableitungsstrukturen angegeben, deren Regelmäßigkeit augenfällig ist; dies gilt vor allem für die Typen I und V. Es ist jedoch nochmals zu betonen, daß diese Strukturen nicht die "Leistung" des Präfixes schildern sollen; es handelt sich vielmehr um regelmäßige Beziehungen zwischen einzelnen Gruppen von Lexikoneinträgen des Lexikons II, die deswegen zu erwähnen sind, weil sie den Beschreibungsapparat vereinfachen können; die Formeln geben n i c h t an, wie aus hängen behängen, aus schreiben beschreiben wird, usw. Die interne Struktur der Verben wird in der Typenbeschreibung auf der Basis des Leterminans/Determinatum-Verhältnisses beschrieben; auch hier gilt, daß diese Beschreibung nicht im Zentrum der Untersuchung steht. Schließlich ist auf Probleme der Be-Verben auf -igen hinzuweisen. Der Gesamtbestand an -igen-Verben gliedert sich nach Weisgerber (I958:111f.) wie folgt auf: 27 präfixlose Verben, davon stehen 8 allein 55 Be-Verben, davon stehen 40 allein 23 Ver-Verben, davon stehen 12 allein 10 Er-Verben, davon stehen 4 allein 9 Ent-Verben , davon steht 1 allein 21 restliche Präfixverben, davon stehen 2 (ge-) allein. Die starke Stellung der Be-Verben wird dadurch unterstrichen, daß 73 von ihnen allein, d.h. ohne ein danebenstehendes "Simplex" auf -igen oder ein ebenso gebildetes Partikelverb mit -igen, auftreten. Weisgerber (1958) hat in seiner Anlage II (109ff.) versucht, den "Beitrag dieser Bildungen zum inhaltlichen Aufbau der heutigen Sprache"(112) zu charakterisieren. Aber auch bei

81 seinem sehr vereinfachenden und methodisch angreifbaren Ansatz (s.o. Zf. 1.6.) gelingt es nicht, Funktionen des Suffixes h e r auszuarbeiten, die nicht ebens'ogut als Punktion des Präfixes, genauer gesagt, des Präfixverbsystems, begriffen werden können. Dies wird auch dadurch deutlich, daß n a c h 1650 kaum noch prä25 fixlose - i g e n - B i l d u n g e n neu gebildet wurden. Das Suffix - i g e n bildet in der Gegenwart spräche k e i n eigenes System mehr;

präfix-

lose B i l d u n g e n auf - i g e n sind als Simplizia zu behandeln;

der

größte Teil der präfixhaltigen V e r b e n ist idiomatisiert, die ü b r i g e n haben ihre feste Stellung innerhalb der einzelnen P r ä fixsysteme. Im System der Be-Verben finden sich B i l d u n g e n auf - i g e n vor allem im Typ VI, ferner in einigen der im Typ V I I zusammengefaßten einzelnen Bedeutungsgruppen. In einigen F ä l l e n besetzen sie bestimmte Gruppen allein, so z.B. 6.4.2. "Beruhigen", oder besonders stark, so z.B. 7.6.4. "Bescheinigen";

an-

dere finden sich ohne Bedeutungsdifferenzierung mit - i g e n - l o s e n V e r b e n gemeinsam, so z.B. beaufsichtigen in der Gruppe

7.3.5.

usw.; funktionale Besonderheiten w e i s e n die - i g e n - V e r b e n nicht auf. Ich halte es deshalb für das Sinnvollste, das Suffix lediglich als morphologische Besonderheit einiger V e r b e n zu b e trachten, die keinerlei Einflüsse auf das System nimmt.

25 W e i s g e r b e r stützt sich dabei auf van Zuiden (1934)•

82 V . AUSWAHLKRITERIEN

5.1. Vollständigkeit Die Tatsache, daß viele Wortbildungssysteme

offen, d.h.

tägli-

cher Neubildung fähig sind, daß andrerseits W o r t b i l d u n g e n veralten oder nicht m e h r analysierbar sind, ist der Grund für die Schwierigkeit, für eine Untersuchung der Gegenwartssprache V o l l ständigkeit im dargebotenen Material zu erreichen. H e n z e n (1956) hat anhand einer Voruntersuchung zu V e r b e n mit dem Präfix verauf die Probleme hingewiesen, die bei dem V e r s u c h

entstehen,

den "heutigen Bestand der V e r b e n mit ver-" zu fixieren. E i n erstes Problem ist die Offenheit der Bedeutungsgruppen. Die Tatsache, daß ich während der Arbeit an dieser Dissertation unter anderem benikolaust wurde, andere Leute ständig beverbt haben soll und mich mit eben diesen Leuten mehrfach in dem bekannten bayrischen Kloster beandechst habe, gibt ein Problem auf: Sind diese Verben, die tatsächlich benutzt wurden, in die S y s t e m b e schreibung aufzunehmen? D a es sich um Scherzbildungen handelt, die außerhalb meines Bekanntenkreises w o h l kaum auftauchen dürften, habe ich sie ausgeschlossen; es ist aber interessant, daß sich alle drei V e r b e n ohne Schwierigkeiten drei Bedeutungsgruppen des Systems einfügen lassen.

(verschiedenen)

1

Problematischer ist die Entscheidung, wenn solche

okkasio-

nellen Bildungen unbewußt gebraucht werden, so etwa, w e n n m a n in der Süddeutschen Zeitung lesen kann, daß die Eröffnungsfeier der Münchner U - B a h n von einer Trachtengruppe

besungen

und bejodelt wurde, oder in der Frankfurter Allgemeinen, daß bespikte Fahrzeuge nicht schneller als 100 k m / h fahren dürfen. Spricht man einen Informanten auf das Partizip beautot an, so 1

benikolausen in 7.2.2.; beverben in 6.6.; beandechsen ini 6.7.; gerade an solchen Bildungen zeigt sich die G ü l t i g keit des verwendeten Ordnungsprinzips.

83 wird er zweifellos feststellen, es sei unnormal und irgendwie nicht akzeptabel;

daß es Kopierautomaten gibt, mit denen man

die Blätter auf beiden Seiten bekopieren kann, ist nicht vom Sachverhalt, aber von der sprachlichen Formulierung her erstaunlich.^ Die Liste solcher Beispiele ließe sich bedeutend verlängern. In diesem Bereich Vollständigkeit erreichen zu w o l 4 len, ist völlig unmöglich. Das gegenläufige Prinzip zur Produktivität ist

das V e r a l t e n

bestimmter Bildungstypen. Hittmair (1882) vermerkt, daß Bildungen wie bepflügen neben den im wesentlichen synonymen Simplexverben veralten (106), ebenso V e r b e n wie befetten (118 ff.). Diese Beobachtung ist für befetten zweifellos richtig; der Grund dafür liegt in der Existenz zahlreicher

Konkurrenzbil-

dungen (vgl. dazu ausführlich Gruppe 2.2. "Beflaggen"). B e pflügen stellt dagegen ein Problem dar; es gehört einer B e d e u tungsgruppe an, in der andere Kitglieder keineswegs

veraltet

sind (vgl. Gruppe 3.2.1.); Nachbargruppen (wie 3.3.) sind zumindest fachsprachlich produktiv. Gegenläufig zu dieser P r o duktivität ist die Tatsache, daß das Verb bebürsten, das ebenfalls h i e r einzuordnen wäre, sicherlich veraltet ist. Auch h i e r fragt es sich, wie solche Fälle im Lexikon einer

synchronen

Grammatik zu behandeln sind. E i n drittes Problem bieten idiomatisierte Verben.

Zweifellos

enthalten befehlen, besagen, bedeuten das Präfix be-; in eine 2

3

4

Frage einer älteren Dame: "Ich nehme doch an, daß die jüngeren Herrn alle beautot sind?" Niemandem fiel dieser Ausdruck auf; als ich exakt 2 M i n u t e n später fragte, ob jemandem etwas aufgefallen sei, kostete es Mühe, dieses Partizip überhaupt ins Bewußtsein der Anwesenden (die Sprecherin eingeschlossen!) zurückzurufen; dann allerdings wurde es einhellig als "unnormal" bezeichnet. Feststellung einer Büroangestellten: "Das wird nicht zu dick, mit unserem Gerät k a n n m a n beide Seiten bekopieren." A u c h hier war keinerlei Bewußtsein darüber vorhanden, eine ungewöhnliche Prägung benutzt zu haben (die den Sachverhalt gen a u trifft!). Es wäre ein lohnendes Forschungsunternehmen, einmal anhand gesprochener Sprache (mit Notierung des Situationskontextes) solchen okkasionellen Bildungen nachzugehen, um die Frage zu überprüfen, inwieweit Augenblicksbildungen außerlinguistisch, wieweit linguistisch motiviert sind, und diese Bildungen mit dem postulierten System zu konfrontieren.

84 vollständige Materialsammlung sind sie unbedingt aufzunehmen. Ein Problem entsteht aber, wenn die systematische Relevanz zu anderen Be-Verben untersucht wird. 5.2. Ein Korpus als Grundlage Ein auf den ersten Blick sinnvoller Ausweg aus den genannten Schwierigkeiten wäre es, die Auffindbarkeit eines Be-Verbs in einem fest umrissenen Korpus sprachlicher Äußerungen als Kriterium für die Aufnahme des Verbs in die Darstellung zu benutzen; Vollständigkeit wäre dann bezüglich dieses Korpus definiert. Bei näherem Hinsehen ergeben sich freilich große Probleme. Zunächst ist die Auswahl des Korpus zu bedenken. Sind Thomas Mann, Günter Grass, Franz Xaver Kroetz aufzunehmen; benutzt man Tonbandprotokolle von Sitzungen, Kneipengesprächen, Nachrichtensendungen; verwendet man ZeitungsJahrgänge? Grundlegende Forderung muß sicherlich sein, daß ein solches Korpus repräsentativ ist für den (schwer definierbaren) Terminus Gegenwartsprache, Um dieser Forderung zu genügen, muß das Korpus einen immensen Umfang haben; um es auszuwerten, benötigt man die Hilfe elektronischer Latenverarbeitungsmaschinen; solche Maschinen standen mir nicht zur Verfügung. Aber die Arbeit mit einem Korpus scheint auch dann problematisch, wenn man mit diesen Hilfsmitteln arbeiten kann. Der generative Charakter der Sprache ist dafür verantwortlich, daß es kein noch so großes Korpus gibt, das alle Bildungen mit be- enthält; damit meine ich, daß selbst ein ideales Korpus, in dem sämtliche Sprachäußerungen zum Zeitpunkt t gesammelt sind, nicht alle Wörter enthalten kann, die zum Zeitpunkt t möglich, aber nicht realisiert waren, jedoch zum Zeitpunkt •tn ^ realisiert sind, wobei die zeitliche Größenordnung von 1 beliebig ist; die o.a. Verben benikolausen, beverben usw. stellen möglicherweise solche Fälle dar. Ferner stellt auch das benutzte Korpus keine Arbeitsgrundlage zur Verfügung, nach welchem Kriterium die Unterscheidung zwischen etablierten und okkasionellen Bildungen vorgenommen wird; ein repräsentatives Korpus enthält notwen5

Lipka (1972) Zf. 3.5.6. hat einige Versuche in dieser Hinsicht unternommen und kommentiert.

85 digerweise auch einmalige Äußerungen und Wortspiele;

enthielte

ein solches Korpus z.B. Tucholskys ausgewählte Werke Band I (Bücher der 19 Bd. 128, Hamburg 1965), dann enthielte die auf der Basis dieses Korpus zusammengestellte vollständige

Liste

von Be-Verben auch die folgenden (von S. 412ff.): Der liebe Gott behakenkreuzlgte sich Der liebe Gott bedavidsternte sich Statistische Häufigkeitsuntersuchungen können hier eine

prakti-

sche Arbeitsgrundlage bieten; die theoretische Abweisung eines Korpus als Auswahlkriterium impliziert nicht, daß ein Korpus nicht als Arbeitsgrundlage benutzt werden kann, vgl. lipka (1972) Zf. 3-5.6. W e s e n t l i c h ist, daß das bloße V o r h a n d e n s e i n einer sprachlichen Einheit in einem Korpus und Angaben zur relativen Häufigkeit allein nichts über den Status dieser Einheit im Sprachsystem

aussagen.

Belegbarkeit in literarischen W e r k e n ist ein notwendiger u^.d unverzichtbarer Bestandteil philologischer Untersuchungen; sprachhistorische Forschungen können nicht darauf In Untersuchungen zur Gegenwartssprache

auch

verzichten.

sind solche A n g a b e n m.E.

nicht notwendig, auch nicht im W ö r t e r b u c h der Gegenwartssprache, vgl. dazu Hundsnurscher (1968:47ff•). Es handelt sich auch hier um die Festlegung auf ein Korpus; aber dieses Korpus

erscheint

mir alles andere als repräsentativ. Daß ein W o r t irgendwann einmal von einem Schriftsteller benutzt wurde, ist kein Grund für die Annahme, es sei richtig oder dem allgemeinen

Sprachgebrauch

entsprechend benutzt worden. Deutlich wird dies z.B. an Goethes Auen, die den Fluß bespiegeln; dieser einmalige abweichende

Ge-

brauch des Verbs bespiegeln hat keinen Einfluß auf die D a r s t e l lung des Systems; auch in einer synchronen Darstellung des BeSystems zur Goethezeit hat dieser Beleg nichts zu suchen. Es handelt sich offenbar um einen okkasionellen Gebrauch n a c h dem Muster von Verben wie beleuchten, ist insofern also auch kein "willkürlicher" Gebrauch.

?

Die meisten älteren Arbeiten zu

Wortbildungstypen kranken daran, daß die Forderung nach V o l l ständigkeit und Belegbarkeit eine conditio sine qua n o n darstellte; Hittmairs Arbeit stellt ein besonders krasses Beispiel 6

V g l . Paul, Deutsches Wörterbuch, unter bespiegeln.

86 dafür dar, wie die Fülle des Materials die Darstellung unübersichtlich machen kann. Belege wie behaarwuchst, behalskrauset, behalst, behalstucht, behandfahnet (1882:110) sind mit Sicherheit niemals üblich, sondern stets okkasionell gewesen. Es scheint mir unbedingt nötig, daß auf diesen Unterschied immer hingewiesen wird; um so verwunderlicher ist es, wenn auch neuere Untersuchungen auf ihn nicht Bezug nehmen; so vermerkt Weisgerber (1958) ohne Kommentar beharnischen, bekerzen und beturbanen als zum heutigen Bestand gehörig, obgleich es sich hier sicherlich um okkasionelle Bildungen handelt. 5.3. Die Ebene der Sprachnorm Die theoretisch begründete Abweisung eines Korpus als Entscheidungskriterium für Aufnahme oder Abweisung eines abgeleiteten Verbs in die Systembeschreibung, d.h. ins Lexikon einer Grammatik, sowie die faktische Unmöglichkeit, offene Systeme vollständig zu beschreiben, führt zu der Frage, zu welchem Zweck Vollständigkeit eigentlich angestrebt wird, und was konkret unter diesem Terminus zu verstehen ist. Mir scheint, daß der nicht zu verhindernde Mangel an Vollständigkeit des aufgebotenen Materials dem Ziel, das System der Be-Verben vollständig zu beschreiben, keinen Abbruch tut. Dieses Ziel ist m.E. so zu erreichen, daß aus den Daten der Sprachnorm, also unbestreitbar realisierten Verben wie bearbeiten, bedecken, beflaggen, beängstigen usw., das zugrundeliegende System bestimmt wird. Die Ebene der Sprachnorm ist besonders von Coseriu ausführlich diskutiert worden (s. Lit.Verz.). Die damit zusammenhängenden Probleme werden sehr klar in Lipka (1971b) dargestellt. lipka stellt fest, daß Einheiten, die der Sprachnorm angehören, vollständig akzeptabel sind, auch wenn sie von feststellbaren Systemen abweichen. In der Wortbildung unterscheidet er fünf Stufen: "Zunächst gibt es usuelle Bildungen, die in Wörterbüchern fixiert sind, und über deren Akzeptabilität kein Zweifel besteht, wie Schlafmittel, taufrisch, Rechnung, Lehrer. Die nächste Stufe sind Augenblicksbildungen, die sich in bestimmten Kontexten finden und daher verständlich sind, und die die Produktivität eines bestimmten Wortbildungstyps bestätigen. Sie sind in der Regel völlig akzeptabel. Hierher gehören z.B. zitronenfrisch (in einem Werbespot),

87 Wurstfreunde (im Inserat eines Metzgers) oder Rauschgifthund (in einem Artikel über die Arbeit des Zolls), Eine weitere Stufe sind B i l d u n g e n auf Grund von Typen, für deren Existenz es keinen okkasionellen oder usuellen Beweis gibt, die jedoch systemmöglich sind, und vielleicht schon in kurzer Zeit entstehen können. Eine letzte Gruppe schließlich wäre durch die Bedingungen des Systems ausgeschlossen. Hier m ü s s e n wir nocji eine neue Stufe hinzufügen, die in Coserius Normbegriff vielleicht implizit enthalten sein mag. Bestimmte B i l dungen werden von der Norm nicht zugelassen, obwohl sie vom System her möglich, von der Produktivität des Typs und der Analogie mit anderen B i l d u n g e n her wahrscheinlich und von den Bedürfnissen der Sprache als ökonomisches Kommunikationsmittel notwendig wären." (148) Es ist bezeichnend, daß Lipka nur nominale Bildungen und keine Verbableitungen als Beispiele nennt. Es besteht ferner die Schwierigkeit, zwischen den einzelnen Stufen zu untersbheiden. Auch Lipka geht von zwei L e x i k a aus; es scheint, als g e h ö r e n die E i n h e i t e n von Stufe I und II dem Lexikon II der Grammatik an. Überraschend ist das Fehlen von Beispielen für die Stufe III. Ich nehme an, daß hierher Bildungen wie z.B. das mehrfach genannte Verb benikolausen zu rechnen sind; die

Schwierigkeit

liegt darin, daß hier ein Korpus vorausgesetzt wird; der Stufe III gehören dann solche Bildungen an, die der jeweilige F o r scher in seinem Korpus nicht entdeckt hat. Wie man dieses m e r k würdige Kriterium formalisieren könnte, ist mir unklar. Die 4« Stufe ist m,E. überflüssig;

ich verstehe die Stelle so, daß

hier B i l d u n g e n gemeint sind, die nach den feststellbaren S y stembedingungen eigentlich nicht existieren dürften. Entweder gibt es h i e r doch systematische Züge, und dann gehören 'die B i l d u n g e n in die Stufen I - I I I , oder aber es gibt keine, dann handelt es sich im synchronen Sinne nicht um motivierte, dern um- lexikalisierte

son-

Bildungen.

Problematisch sind auch die Lücken in der Sprachnorm. Lipka diskutiert ausführlich das W o r t Lerner, das der Stufe V zuzurechnen ist. D e n n es ist zwar genauso gebildet wie etwa F a h rer, Schreiber o.ä., aber es ist in der Sprachnorm nicht reali7 siert, d.h. es ist stets als okkasionelle Bildung aufzufassen. Fälle wie Lerner w e r d e n im Lexikon besonders 7

gekennzeichnet

Auf solche L ü c k e n macht schon Paul (1896:698) aufmerksam; er weist auf das F e h l e n der B i l d u n g e n Haber und Wohner hin, die dem gleichen W o r t b i l d u n g s t y p entstammen.

88 (vgl. Lipka (1971b:150)):8 "Die Einheiten des 'complex dictionary' erhalten ein 'familiarity rating', das einzelne Bildungen als bekannt oder unbekannt kennzeichnet. Bei möglichen Wörtern unterscheidet eine 'filtering device', über die Weinreich nichts Näheres sagt, zwischen üblichen und unüblichen Bildungen." Diese Konzeption fängt vom falschen Ende her an. Kit Halle (1973) bin ich der Meinung, daß lediglich "mögliche" Wörter bzw. Lexikoneinheiten auch dann, wenn man von 2 Lexika ausgeht, nicht im Lexikon II erscheinen; diesem gehören vielmehr nur die Einheiten der Sprachnorm an. Die Menge der möglichen Wörter einer Sprache ist nur durch Regeln beschreibbar; ein Filter sondert daraus die Einheiten der Sprachnorm aus. Methodisch ist so vorzugehen, daß das Lexikon II einer Grammatik so angeordnet ist, daß daraus sowohl die Wortbildungsregeln als auch die Filterbedingungen erkennbar werden. 5.4. Die Quellen Auch die Feststellung, daß der Ebene der Sprachnorm entscheidende Bedeutung bei der Beschreibung von Wortbildungssystemen zukommt, gibt keine Kriterien an die Hand, wie an diese Norm heranzukommen ist. Notwendiger Ausgangspunkt ist sicherlich ein (wie auch immer beschaffenes) Korpus. Aus oben genannten Gründen kamen für mich nur Wörterbücher in Frage, da die Auswertung eines anders beschaffenen Korpus technisch nicht möglich war. Die Verwendung von Wörterbüchern sichert einerseits eine besonders breite Materialgrundlage; andrerseits weisen alle Wörterbücher Auswahlkriterien auf, die vom Benutzer nur schwer nachgeprüft werden können. Die einzelnen Werke mußten daher sehr sorgfältig daraufhin überprüft werden, welches Material sie bieten und inwieweit dieses verwendbar ist. Für eine synchrone Untersuchung kaum' verwendbar ist das

8

Lipka bezieht sich hier auf Weinreich (1969:72ff.). Ich vermag nicht zu übersehen, inwieweit statistische Häufigkeitsuntersuchungen zwischen fachsprachlich etablierten Bildungen wie etwa begichten (vgl. Gruppe 1.2.3») und umgangssprachlich okkasionellen Bildungen wie beömmeln und bebaumölen, die an Gruppe 2.3. anschließen, unterscheiden können.

89 "Deutsche Wörtertuch" der Gebrüder Grimm (DWb),^ d a es grundsätzlich historisch ausgerichtet ist. Ähnliches gilt für das "Deutsche Wörterbuch"

(WP) von H e r m a n n Paul. Auch die Arbeit

von H i t t m a i r (1882) ist diachron ausgerichtet; ferner ist darauf hinzuweisen, daß sie und das DWb schon wegen ihres Alters kaum als Grundlage für Untersuchungen zur Gegenwartsprache

ver-

wendet w e r d e n können. Mackensens W ö r t e r b u c h (WM), das W e i s g e r ber (1958) als Grundlage benutzte, ist ebenfalls kaum geeignet. In seiner Einleitung betont Mackensen, daß sein W ö r t e r b u c h u.a. dem Zeitungsleser h e l f e n soll, "der ein W o r t nicht versteht, der auf seltsame, veraltete oder auf Fachausdrücke stößt";

lei-

der kennzeichnet M a c k e n s e n in den m e i s t e n F ä l l e n solche W ö r t e r nicht; solche Hinweise gehören m.E. zu E i n t r a g u n g e n wie beturbanen, belapsen usw. Schwerwiegender ist es, daß stets nur die Bedeutungen der W ö r t e r angegeben sind und keine Sätze, was die Auswertung im Hinblick auf die notwendige Kontextanalyse

er-

schwert, teilweise unmöglich macht, vgl«: belappen (trs.): mit Lappen versehen Diese Angabe ist ohne weiteres verständlich; es ist mir

jedoch

nicht möglich, mit diesem V e r b einen akzeptablen deutschen Satz zu bilden. Ich nehme an, daß es sich um einen rein fachsprach-liehen Ausdruck handelt; Bestätigungen und weitere

Auskünfte

w a r e n nicht zu erhalten, da das Verb allen anderen k o n s u l t i e r ten W ö r t e r b ü c h e r n fehlt. Darüberhinaus muß man feststellen, daß eine Reihe von Mackensens A n g a b e n unverständlich sind,

einige

falsch. In verstärkter Form treten diese Schwierigkeiten in den W o r t l i s t e n von E r i c h Mater (LM) auf, denen K o n t e x t - und Bedeutungsangaben völlig fehlen. So ist z.B. beklotzen für m i c h nicht eindeutig, ebenso beperlen; unakzeptabel erscheint mir bestochern. Der Materialfülle von W M und LM steht die relative K n a p p heit des Duden-Wörterbuchs gegenüber (WD); auch hier sind K o n textangaben spärlich. Das ansonsten ausgezeichnete W ö r t e r b u c h von W a h r i g (WW) ist hier zwar etwas ausführlicher, aber ebenfalls nicht in der für meine Zwecke genügenden Form. Das "Wörterbuch der Gegenwartssprache" 9

(WG) bot sich für mich

Die bibliographischen Angaben zu den im folgenden genannten Wörterbüchern finden sich im Literaturverzeichnis.

90 als beste Grundlage an, weil es einen ähnlichen Ansatz verfolgt. WG bezeichnet veraltete und unübliche Wörter ausdrücklich, die Kontexte sind vollständiger als in anderen Wörterbüchern angegeben, vor allem bei der Differenzierung von Polysemen. Störend macht sich bisweilen die Vernachlässigung des Nominativs bemerkbar, ferner die Praxis, viele Verben in Infinitivkonstruktionen anzugeben. Die Auswahl des Materials erfolgte nach folgenden Grundsätzen: sämtliche in WG enthaltenen Be-Verben sind aufgenommen, soweit sie nicht als veraltet gekennzeichnet sind; dabei ergaben sich nur drei Ausnahmen: berüsten, beschalt, betrillern. Ersteres ist mir fremd; es fand sich auch in keinem anderen Wörterbuch. Die anderen beiden sind rein fachsprachlich (Näheres zu den Fachsprachen s.u.). Der damit gegebene Bestand mußte jedoch erweitert werden« Dazu wurden alle genannten Wörterbücher und Listen Wort für Wort durchgeprüft. Ergänzungen ergaben sich in einigen Bereichen. Zum einen fehlen WG eine ganze Reihe vulgärer Be-Verben wie bekacken usw., die in einer Systembeschreibung nicht fehlen dürfen, da sie feste und klar bestimmbare Positionen im System innehaben. In diesem Bereich wurden zusätzlich die Wörterbücher von Küpper (WK) herangezogen; dabei wurden jedoch längst nicht alle Belege aufgenommen.^^ Ferner fehlen WG eine Reihe von Verben aus dem sehr produktiven Typ V meiner Beschreibung. Schließlich finden sich eine Reihe von Verben, die in der Mehrzahl der genannten anderen Wörterbücher verzeichnet sind, WG jedoch fehlen; zur Überprüfung wurden in diesen Fällen verstärkt Informanten befragt, wie in allen unsicheren anderen Fällen. Insgesamt beläuft sich die Zahl der Verben, die in mindestens einem der Wörterbücher WM, LM, WD, WW und WG verzeichnet stehen, von mir jedoch nicht in die Beschreibung aufgenommen wurden, auf ca. 120 Verben mit etwa 140 Ein10 Notwendig war die Einbeziehung dieser Quelle, weil Bildungen aus dem vulgären Bereich fast allen Wörterbüchern fehlen. Andererseits sind die Wörterbücher von Küpper völlig unsystematisch; Wortspiele, Sprachwitze und umgangssprachlich etablierte Ausdrücke sind nicht voneinander geschieden. Ich habe die bei Küpper zusätzlichen Ausdrücke (vor allem zu den Gruppen 2.3., 6.2.4.2. und 6.7.) stets als okkasionell bezeichnet und auch in diesen Gruppen die Auswahl beschränkt.

91 Spannungen. Diese Zahl erscheint zunächst recht hoch; sie relativiert sich jedoch, wenn man bedenkt, daß davon allein 90 Verben nur bei Mackensen belegt sind, von diesen 90 gehören 55 dem Typ II an; die Probleme dieser Verben sind im Zusammenhang mit der Gruppe 2.2. ausführlich diskutiert. Für einen sehr hohen Prozentsatz der von mir nicht aufgenommenen Verben darf angenommen werden, daß sie veraltet sind. Eine Reihe anderer sind rein okkasionelle Bildungen; für über 90 $ der nicht aufgenommenen Verben läßt sich sagen, daß sie sich nach ihrer Struktur ohne weiteres in die von mir aufgestellten Typen und Bedeutungsgruppen einordnen lassen. Dieses Auswahlkriterium ist durchaus arbiträr und spiegelt im wesentlichen mein eigenes Sprachgefühl wider. Die Zufügungen zum Bestand von WG betragen etwas über 15 i". Bs ist klar, daß ein solches Vorgehen große Gefahren birgt; eine eineinhalbjährige Beschäftigung mit Be-Verben bringt es mit sich, daß einem bestimmte Bildungsweisen so vertraut sind, daß das eigene Sprachgefühl korrumpiert ist und Bildungen akzeptiert, die anderen Sprechern als unakzeptabel erscheinen. Kühnhold hat in ihrer Rezension von Hundsnurscher (1968) auf diese Gefahr hingewiesen (1969:427): "Diese Methode, mit dem "Sprachgefühl" zu operieren, erscheint doch etwas problematisch, weil erfahrungsgemäß das solchermaßen strapazierte 'Sprachgefühl' der Kontrolle entgleitet, vgl. Beispiele wie ausstrolchen, ausbummeln, auskutschieren (S. 53), ausfauchen, ausbrausen (S. 66), jmd. ausgeleiten (S. 74), um nur einige zu nennen." Diese Kritik ist durchaus berechtigt; gerade bei Aufzählungen mit Komma und Infinitivkonstruktionen bringt Hundsnurscher eine Reihe von Verben, die auch mir als unakzeptabel erscheinen. Auf der anderen Seite hat kein Geringerer als Hermann Paul die Berechtigung betont, das Sprachgefühl als Quelle zu benutzen (1394:61 ): "Was von der Verwertung dieser Quelle abhält, ist wohl nichts anderes als die philologische Angewöhnung, nichts gelten zu lassen, als was durch schriftliche Belege gestützt ist. Allein das Sprachgefühl ist doch auch nichts Willkürliches, sondern etwas unter bestimmten geschichtlichen Bedingungen Gewordenes, welches eben darum mit dem Sprachgefühl soundsovieler anderer wesentlich übereinstimmen muß." Die Kontrolle des Sprachgefühls ist möglich auf der Basis der intersubjektiven Überprüfbarkeit. Dazu bedarf es einer ausrei-

92 chenden Zahl von Informanten, die das Ergebnis einer solchen Überprüfung vom Zufall unabhängig macht. Hierzu wäre es n o t w e n dig gewesen, eine ausreichende Zahl von Informanten über sämtliche Be-Verben zu befragen, wobei die Auswahl eine gesicherte soziologisch-linguistische Grundlage vorausgesetzt hätte, mit deren Hilfe man hätte sicherstellen können, daß die Auswahl der Informanten tatsächlich repräsentativ ist. Ich habe auf diese (prinzipiell notwendige) Grundlage aus arbeitstechnischen

Grün-

den verzichtet; zum einen, weil mir für eine solche U n t e r s u chung die notwendigen Grundlagen und M ö g l i c h k e i t e n fehlten;

zum

anderen, weil m.E. solche Untersuchungen zwar in Einzelfällen eine Korrektur herbeigeführt hätte, aber die 11 generell davon nicht betroffen wäre.

Systembeschreibung

U m den Gefahren zu entgehen, die das alleinige Operieren mit dem eigenen Sprachgefühl mit sich bringt, habe ich m i c h bemüht, die Auswahl der aufzunehmenden V e r b e n besonders streng zu treffen. Das leitende Prinzip dabei ist gewesen, daß alle Verben, auch w e n n sie verständlich waren, ausgeschlossen wurden, fern es mir nicht möglich war, mit ihnen einen einfachen,

sovoll-

ständigen, grammatischen und akzeptablen Satz zu bilden. Dabei wurde insbesondere auf die Aufzählung ähnlicher V e r b e n durch Koordination und Kommasetzung verzichtet. So ist z.B. das o.a. Verb be.jodeln in meiner Darstellung nicht enthalten; von den beiden folgenden Sätzen ist der erste aufgrund der K o o r d i n a t i o n des okkasionellen Verbs be,jodeln mit dem etablierten V e r b besingen bei weitem akzeptabler als der zweite: (1) Die Feier wurde von einer Trachtengruppe besungen und bejodelt (2) Die Feier wurde von einer Trachtengruppe bejodelt Allerdings wurde in der Besprechung der Gruppe 5.9. auf die M ö g lichkeit solcher Bildungen hingewiesen. Die strenge Auswahl brachte es mit sich, daß Fachsprachen und Dialekte nicht berücksichtigt wurden. In beiden Bereichen muß 11 Eine solche Informantenbefragung ist außerdem vor allem deshalb problematisch, weil der Test durch die hohe W o r t z a h l für die Informanten ausgesprochen umfangreich ausgefallen wäre, was wiederum eine recht hohe Fehlerziffer h e r b e i g e führt hätte. (Ich danke W o l f g a n g Sucharowski für diesen Hinweis.)

93 ich zunächst eine gewisse Inkompetenz feststellen. Wesentlicher war die Präge, ob von diesen Bereichen eine echte Erweiterung des Bestandes an Bedeutungsgruppen zu erwarten war. Die beiden Wörterbücher zur Jägersprache

(s. Lit.Verz.), die ich durchge-

arbeitet habe, brachten den Befund, daß in den m e i s t e n F ä l l e n nur spezielle Bedeutungsvarianten von B e - V e r b e n vorlagen, die auch in meiner Systembeschreibung enthalten sind, und daß sich diese Bedeutungsvarianten ohne Schwierigkeiten in die

jeweili-

ge Gruppe einordnen ließen. Abweichende Bedeutungen und in m e i ner Beschreibung nicht vorhandene V e r b e n fanden sich nur in den beiden Bereichen der V e r b e n des "Verunreinigens durch Kot" und des "Begattens"; beide Positionen sind im Be-System durch die Gruppen 2.3. und 3.6. stark besetzt, die entsprechenden

"Jä-

gerverben" ließen sich hier ohne Schwierigkeiten einfügen. Nun ist die Jägersprache offensichtlich ein Lieblingskind der W ö r terbuchautoren, was man z.B. von einer sicherlich vorhandenen M a l e r - oder Tischlersprache nicht behaupten kann. Die D a r s t e l lung wäre unausgewogen gewesen, hätte m a n die V e r b e n aus der Jägersprache aufgenommen, andere aus M a n g e l an M a t e r i a l g r u n d lage aber ausgeschlossen. Die Tatsache, daß alle als fachsprachlich bezeichneten Verben,die

sich in den o.a. W ö r t e r -

b ü c h e r n fanden, ohne Schwierigkeiten in vorhandene

Bedeutungs-

gruppen integrierbar waren, zeigt, daß m a n durch eine

einge-

hende Untersuchung der Fachsprachen zwar die M a t e r i a l d a r s t e l lung hätte erweitern können, daß jedoch für die S y s t e m b e schreibung dabei keine neuen Gesichtspunkte aufgetaucht wären. Ich habe mich deshalb bei fachsprachlichen Bildungen an W G gehalten, weil hier nur solche fachsprachlichen Ausdrücke

auf-

genommen sind, die über die Fachsprache hinaus Verwendung

fin-

12 den.

Aus den gleichen Gründen w u r d e n Dialekte nicht g e s o n -

dert untersucht; auch hier wäre die Homogenität der D a r s t e l lung gefährdet gewesen. 12 Eine wichtige Aufgabe ist es, die Produktivität einzelner Fachsprachen in bestimmten Bereichen zu vergleichen in B e zug auf die verwendeten formalen Mittel; dies sollte jedoch nicht anhand eines Bildungsmittels wie etwa des P r ä fixes b e - geschehen, sondern im V e r g l e i c h verschiedener Wortbildungssysteme; h i e r z u fehlen m.E. zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Voraussetzungen.

94 Es ist natürlich klar, daß dadurch, daß das Sprachgefühleine so bestimmende Rolle bei der Auswahl des Materials

spiel-

te, trotzdem bestimmte fachsprachliche und dialektgefärbte ben aufgenommen wurden; es scheint deshalb sinnvoll,

Ver-

einige

A n g a b e n zur Person zu machen: Ich selbst spreche keinen reinen Dialekt; meine E l t e r n stammen aus Brandenburg,

aufgewach-

sen bin ich in Wiesbaden, Soldat war ich in Niederlahnstein und Idar-Oberstein, und studiert habe ich in M ü n c h e n . W e n n auch Vollständigkeit in dieser Arbeit nur insofern angestrebt wurde, als das System vollständig dargestellt

werden

soll, und nicht Vollständigkeit im dargebotenen Material, ist dennoch das Register jedenfalls insofern vollständig

anzulegen,

als auch lexikalisierte Bildungen, die in der Systembeschreibung k e i n e n Platz gefunden haben, dort aufzuführen sind, um so der Möglichkeit von Rückanalysen usw. R e c h n u n g zu tragen. A u c h okkasionelle Bildungen, die im Text als Möglichkeiten

erwähnt

werden, sind dort angeführt. Kühnhold (1969) bedauert, daß Hundsnurscher (1968) auf die Erstellung eines Registers

ver-

zichtet hat. Ich möchte mich dieser Kritik anschließen; es ist mir unverständlich, wie man in einer Arbeit, in der m e h r f a c h das Pehlen anderer Untersuchungen zu P a r t i k e l - und Präfixverbsystemen bedauert wird, unter fadenscheiniger Begründung

(S. 52)

auf ein Register verzichten kann. D a ich die Meinung H u n d s n u r schers teile, daß die Partikelkomposition erst dann richtig in den Griff zu bekommen ist, w e n n man sie ganzheitlich durchführt, was freilich erst dann möglich ist, w e n n eine größere Zahl von Einzelsystemen untersucht w o r d e n ist, scheint mir, daß das Register von Monographien zu einzelnen P r ä f i x - und P a r tikelverbsystemen ein unentbehrlicher, für die weitere Arbeit fast der wichtigste Teil einer solchen Arbeit ist, weil erst ein ausführliches Register das System wirklich macht.

durchschaubar

95 VI. LAS SYSTEM DER VERBEN MIT BE-

6.0. Allgemeines 6.0.1.

Gliederung

Das System der Be-Verben ist gegliedert in Typen; die Typen sind ihrerseits untergliedert in Bedeutungsgruppen. 6.0.1.1. Die Typen Das System der V e r b e n mit be- ist hauptsächlich bestimmt

durch

die Typen I - V I , denen ca. 3/5 aller nicht-lexikalisierten B e V e r b e n angehören. Für jeden dieser Typen gilt, daß allen in ihm zusammengefaßten V e r b e n die Informationen, die in Kapitel III und IV genannt wurden, gemeinsam zugeschrieben w e r d e n k ö n nen, d.h. es handelt sich hier um regelhafte Zuweisung von Information im Lexikon. Dabei sind kleinere Abweichungen, vor allem in der Distribution und der Ableitungsstruktur, möglich, jedoch stets im Text

durchaus

erwähnt.

Als Typ VII habe ich diejenigen Bedeutungsgruppen

zusammen-

gefaßt, die zwar eindeutig zum System gehören, sich jedoch nicht unter einer einheitlichen Typenbeschreibung

zusammenfas-

sen lassen. Typ V I I I bringt schließlich die Liste der lexikalisierten Verben. 6.0,1.2. Die

Bedeutungsgruppen

Die Typenbeschreibungen allein reichen für die C h a r a k t e r i s i e rung eines einzelnen Ableitungssystems nicht aus. So trifft z.B. die Beschreibung des Typs I auch auf V e r b e n wie

füllen,

spritzen, verzieren, schmücken und viele andere zu, w e n n m a n von der Ableitungsstruktur absieht. Das zweite spezifische E l e ment eines Ableitungssystems

ist die Untergliederung in B e d e u -

tungsgruppen. In der Darstellung lehne ich mich stark an H u n d s -

96 nurscher (1968) an. Dabei ist es nicht m ö g l i c h gewesen, die streng formale Charakterisierung der Typen beizubehalten. Als untauglich erwies sich beispielsweise der Versuch, V e r b e n in einer Bedeutungsgruppe

diejenigen

zusammenzufassen, die ihre

Leerstellen mit dem gleichen Sprachmaterial besetzen können, w e i l solche Gruppen selten und dann nicht signifikant waren. Es wurde deshalb in dieser Arbeit die Analyse der Be-Verben nach dem von Hundsnurscher (1968) entwickelten System der Bedeutungsgruppen vorgenommen. (Vgl. aber auch die Überlegungen zum Prinzip der "Äquiwählbarkeit"

und die entsprechend formulierten R e -

geln in Zifonun (1973) im Anhang.) Aus diesem Grunde kann gegen einzelne Gruppierungen

sicher-

lich zurecht E i n s p r u c h erhoben werden. So ist es z.B. fraglich, ob besäen überhaupt in die Gruppe 1.3. gehört oder nicht allein in die Gruppe 1.1., was die m e i s t e n V e r w e n d u n g e n nahelegen. Ich habe in Zweifelsfällen das betreffende Verb lieber mehrfach aufgeführt, wobei der gewählte Kontext die Begründung liefern soll. Diese Arbeitsweise sei an einem Beispiel vorgeführt. Das Verb beklecksen enthält eine starke negative Komponente, weshalb es sinnvoll erscheint, es mit bekleckern gemeinsam der Gruppe

1.5.

"Beschmutzen" zuzuordnen. In der Gruppe 1.4. "Bemalen" gibt es n u n einige'Verben, die ebenfalls eine solche Komponente

ent-

h a l t e n (vgl. 1.4.2. mit V e r b e n wie bekritzeln, bepinseln,

be-

schmieren ); diese V e r b e n gehören durch ihren semantischen Gehalt wie ihre K o n t e x t s e l e k t i o n zweifellos zu bemalen,

deshalb

scheint es nötig, beklecksen hier ebenfalls anzuführen. Die N o t wendigkeit, dieses eine Verb zweimal aufzuführen, zeigt, daß die Bedeutungsgruppen nicht fest umrissene Gruppierungen darstellen. Ziel der Beschreibung ist es, die vielfachen V e r flechtungen und Interdependenzen im System deutlich zu machen. Das Beispiel beklecksen zeigt dabei die enge Verwandtschaft zweier Bedeutungsgruppen;

es bestehen nur graduelle U n t e r s c h i e -

de zwischen den möglichen Einspannungen. Anders liegt etwa der folgende Fall: (1) Die Handwerker belegen den Boden mit F l i e s e n (2) Die Flugzeuge belegen die Stellung mit Bomben (3) Der Richter belegt den Dieb mit einer Geldstrafe Hier liegen echte Bedeutungsverschiedenheiten vor; solche Bedeutungsverschiedenheiten lassen sich auf der Basis der unter-

97 schiedlichen Bedeutungsgruppen und Typen erklären; das erscheint mir adäquater als entweder von drei verschiedenen Verben belegen zu sprechen - wobei mit "die Stulle - einen Platz - ein Seminar die Bremsen belegen" vier weitere hinzukämen - oder in allen Fällen von "übertragener Bedeutung" zu sprechen; für Satz (1) finden sich als ähnliche Verben behängen, bedecken usw., für Satz (2) beschießen, bewerfen usw., für Satz (3) bestrafen und belohnen. Die Bedeutungsgruppen aktualisieren bestimmte, im Stammverb angelegte Bedeutungsmöglichkeiten. Zugrunde liegt die Anschauung, daß echte Bedeutungsverschiedenheit dann vorliegt, wenn in den verschiedenen Einspannungen eine oder mehrere tragende semantische Komponenten verändert, abgezogen oder hinzugefügt werden. Dieses Konzept ist m.E. derzeit nicht explizierbar; es wird durch die Aufstellung von Bedeutungsgfuppen implizit benutzt. 6.0.2. Darstellungsprinzipien Den Typen I - V I ist eine Typentafel vorangestellt, die die Gemeinsamkeiten des jeweiligen Typs anzeigt. Zugrundegelegt wird dabei für die Angabe der Kasus und der Valenz und Distribution die vollständige Besetzung mit obligatorischen und fakultativen Mitspielern. Veränderungen, die durch einen variablen Kasusrahmen möglich sind, sind im Kommentar zur Typentafel besprochen. Dort sind auch alle weiteren Besonderheiten des Typs diskutiert, Nach dem Kommentar zur Typentafel werden die Bedeutungsgruppen des jeweiligen Typs aufgeführt; sie sind nach dem in dieser Arbeit verwendeten Ziffernsystem numeriert. Der besseren Übersichtlichkeit halber wurde allerdings die Anfangsziffer 6. (für VI. Kapitel) weggelassen. Verweise auf andere Kapitel sind mit der Abkürzung Zf. (für Ziffer) versehen, Verweise auf Bedeutungsgruppen mit dem Ausdruck 'Gruppe'. Die Gruppe 1.3.5. gehört demnach zum Typ I, und in ihm zur Untergruppe 1.3., und zwar ist es die 5. Untergruppe, usw. Den Bedeutungsgruppen ist jeweils ein "Leitverb" vorangestellt, so also der Gruppe 1.3.5« das Verb beschlagen. Dieses Leitverb dient lediglich als Gedächtnishilfe und Leseerleichterung, es handelt sich also nicht etwa um ein Archilexem oder das häufigste oder wichtigste Verb der Gruppe. Das Leitverb ist allerdings nach Möglichkeit so ge-

98 wählt, daß es den ungefähren Bedeutungsbereich der Gruppe anzeigt . Sämtliche zur Bedeutungsgruppe gehörigen Verben sind in einem Beispielsatz angeführt. Die Beispielsätze enthalten den vollständig erfüllten Rektionsplan des Verbs gemäß der Typentafel. Dabei ist lediglich (bis auf Typ VI und einige eigens begründete Ausnahmen) auf die Angabe des Instrumental verzichtet worden; dies ist vor allem dadurch begründet, daß bei den ornativen BeVerben Instrumental und Ornativ im allgemeinen alternativ auftreten. Die angeführten Beispielsätze sollen den Anwendungsbereich des Verbs in der jeweiligen Einspannung umreißen, was durch eine rein paraphrasierende Bedeutungsangabe nicht möglich scheint; der Beispielsatz für behäufeln mag das verdeutlichen: (4) Der Gärtner behäufelt die Pflanzen mit Erde Durch diesen Beispielsatz werden eine Fülle semantischer Informationen gegeben: der typische Gebrauchsbereich

(Gärtnerei),

die genaue Verwendungsweise usw. Besonderheiten, abweichende Gebrauchsweisen usw. sind jeweils im Text besprochen, sofern sie für die Systembeschreibung von Bedeutung sind. Um die Übersichtlichkeit zu wahren, wurden die Beispielsätze in den Bedeutungsgruppen nicht numeriert; jede Gruppe enthält die ihr zugehörigen Beispielsätze in einem Block. Typ I: BEDECKEN Kasusstruktur: AG, INSTR, ORN, AFP Valenz: 2 (4) Kategorialer Rahmen: Sn, Sa, ( p S d v

pSd 2 )

wobei p^ = mit, I>2 = Distribution: Sn:

+Hum

Sa:

+Konkr

pSd 1 :

+Konkr

pSd ? :

+Konkr

99 Interne Struktur: (Be - (x - en)) wobei Be- = Ds., (x - en) = Dm. Ableitungsstruktur: Der A x-t den B auf/um/über/an den C Der A be-x-t den C mit B wobei x = konkrete Tätigkeit Es handelt sich um den prozentual stärksten aller Typen. Eine diachrone Untersuchung wird von diesem Typ ausgehen müssen; der Typ ist schon im Ahd. stark besetzt und wird von Bogner (1933) als Ausgangsbasis verwendet. Auch bei einer synchronen Untersuchung läßt sich feststellen, daß der Typ als Zentral- oder Grundmuster der Be-Verben anzusehen ist. Die Verben des Typs I sind besonders fest im Sprachgefühl verankert, daraus ergibt sich die besondere Homogenität des Typs. Das wird vor allem dadurch unterstrichen, daß die angegebene Ableitungsstruktur fast durchgehend zutrifft. Verben des Typs I sind fast ausschließlich deverbale echte Präfixbildungen; einige synthetische Bildungen wie bedampfen, bedrecken usw. sind hier angeschlossen, "sofern das semantische Muster das gleiche ist wie das der deverbalen" (Marchand (1971:317)). Die gleichbleibende Beziehung zwischen Simplexverb und Be-Verb (Austausch von Akkusativobjekt und Präpositionalphrase) ist im allgemeinen als Charakteristikum dieser Gruppe von Verben vermerkt worden. In dieser Beziehung begründet liegt der starke lokative Gehalt von Sa bei den Be-Verben, da der entsprechende Mitspieler der Simplexverben als Präpositionalphrase mit einer lokalen Präposition erscheint, vgl. Hittmair (1882:18ff.). 1 Wichtig ist die 1

Darauf beruht auch der Ansatz von Becker (1971), s.o. Zf. 4.2.2.6. Ich halte es heute für sinnvoller, Beckers Analyse zu Ubernehmen, also Sa als LOC zu bezeichnen anstatt als ÄFF, insbesondere, wenn LOC im Sinne von Anderson (1971) interpretiert wird. Der Unterschied zwischen Sätzen wie He loaded hay on the truck He loaded the truck with hay ist dann (u.a.) darin begründet, daß im zweiten Falle der zugrundeliegende Lokativ nicht explizit ist; dies wäre als generelles Kennzeichen der Be-Verben im Deutschen zu werten; hier ist der Übergang von konkreter zu abstrakter Lokation sichtbar.

100 Tatsache, daß sowohl diese Gruppe von B e w e r b e n wie auch die entsprechenden Simplexverben Ornativa sind. Weisgerber

(1958:

55) bemerkt dies beiläufig: "Manche der eben genannten Beispiele (wie bebauen, bekleben, behängen usw., HG) führen unmittelbar in die Nähe der Ornative (z.T. sind sie wohl überhaupt als Ornative zu fassen wie bedecken)." Polgerungen daraus zieht W e i s g e r b e r jedoch nicht. Zu beachten ist allerdings, daß die Simplexverben nur bei dreiwertigem brauch als Ornative aufgefaßt werden können; bei

Ge-

zweiwertigem

Gebrauch, der bei einigen V e r b e n möglich ist, ist den V e r b e n die Kasusstruktur A G f RES zuzuordnen; die V e r b e n sind dann nicht mit den entsprechenden Be-Verben in Verbindung zu b r i n gen, vgl. dazu auch Becker (1971). Bei den Be-Verben ist dagegen der ORN repräsentierende Mitspieler fakultativ. Im U n terschied zu den Simplexverben ist dieser Mitspieler bei den Be-Verben bestimmten R e s t r i k t i o n e n unterworfen; eben in diesen R e s t r i k t i o n e n liegt die "Perfektivität" der Be-Verben des Typs I gegenüber den entsprechenden Simplexverben begründet. H i t t mairs Beispielsatz auf Seite 19: Ich belege den Tisch mit dem Buche ist m.E. ungrammatisch, aber der Satz Ich lege das Buch auf den Tisch ist grammatisch. Offenbar spielt hier eine gewisse

Größenrela-

tion zwischen S a und pSd eine Rolle: pSd muß immer so gewählt werden, daß der durch Sa bezeichnete Gegenstand zum größeren Teil bedeckt, beklebt, behängt usw. ist. Wie man diese B e z i e hung exakter bestimmen kann, ist mir nicht klar; mir scheint jedoch, daß der Versuch, durch den Ausdruck "perfektives Verb" diesen Sachverhalt zu beschreiben, unzureichend ist. P e s t z u h a l ten ist in jedem Falle, daß pSd bei den B e - V e r b e n R e s t r i k t i o nen unterliegt, die S a bei den Simplexverben nicht

aufweist.

Die Besetzung von Sn durch INSTR ist prinzipiell für alle V e r b e n des Typs I denkbar, in der Regel jedoch auf wenige B e i spiele meist technischer Art beschränkt. Ist Sn durch AG besetzt, so ist der Pall selten, daß ORN und INSTR

gleichzeitig

realisiert sind; hierfür dürften prosodische Gründe maßgeblich sein (gleiche Präposition und gleicher Kasus); in der Regel wird zwischen beiden alternativ gewählt. In den Beispielsätzen

101 ist als pSd stets ein ORN angegeben, da ORN ein spezifisches Kennzeichen des Typs I ist, während die Möglichkeit, daß jeder AG-haltige Satz auch einen INSTR enthalten kann, auch außerhalb des Typs I und des Be-Systems gilt. Die Distributionsangabe +Konkr für Sa kann in den meisten Fällen auf -Anim verschärft werden. Dafür sind Stammverbkomponenten verantwortlich, die eher außerlinguistisch motiviert sind. Daß z.B. ein Esel bemalt und bepinselt werden kann, auch wenn dies nicht üblich ist, ist ebenso einleuchtend wie, daß man sich einen bedruckten Esel nur schwer vorstellen kann. Aus ähnlichen Gründen kann man auch die Angabe für pSd meist auf -Anim verschärfen. Die Feststellung, daß Sa und pSd auf jeden Fall +Konkr sind, ist jedoch systemspezifisch, während eine Differenzierung, ob beide Positionen bei einzelnen Verben auch mit einem Substantiv mit dem inhärenten Merkmal +Anim besetzt werden können, idiosynkratischer Natur ist. Ähnlich zu beurteilen ist schließlich die Möglichkeit, daß in gewissen Fällen Sn auch durch ein nicht-menschliche Lebewesen bezeichnendes Nomen besetzt sein kann. 1.1. Behängen Hans bedeckt den Käfig mit einem Tuch Er behängt die Wand mit Bildern Er belegt den Tisch mit Büchern Er besetzt den Tisch mit Stühlen Er bestellt das Sims mit Büchern Diese 5 Verben haben einen besonders weiten Bedeutungsumfang, der in der semantischen Blässe der Stammverben begründet liegt. Das zeigt sich auch daran, daß mit diesen Stammverben besonders viele Ableitungen gebildet werden; Mater (LM) zählt mit -stellen

98, -setzen 84, -legen 80, -hängen 36 und -decken 12 Ab-

leitungen mit Präfixen oder Partikeln auf. Alle 5 Verben, besonders aber belegen und besetzen, weisen eine Fülle von Bedeutungsvarianten auf. Von diesen Varianten sind einige vom System der Be-Verben her bestimmt, d.h. die jeweiligen Varianten gehören bestimmten Bedeutungsgruppen an, vgl, etwa: Er besetzt das Beet mit Begonien (1.3.1.) Er belegt ihn mit einer Geldstrafe (7,2.3.1.) Er bestellt das Land (3.2.1.) Eine Reihe anderer Varianten sind nicht durch das Be-System be-

"102

stimmt: Er belegt ein Hauptseminar Er bestellt ein Bier Solche V a r i a n t e n werden in dieser Arbeit nicht besprochen; das jeweilige Be-Verb ist in dieser Verwendung isoliert und tisiert, weil es keiner Bedeutungsgruppe im Be-System

idioma-

anschließ-

bar ist. Ferner finden sich einige Verwendungsweisen, die zwar noch unter die Typenbeschreibung fallen, die jedoch insofern idiosynkratischer Natur sind, als sie nicht an bestehende B e deutungsgruppen angeschlossen werden können: Er behängt seine Frau mit Schmuck E r belegt den Platz (mit seinem Mantel) Bitte bleiben Sie bedeckt! Auch solche V a r i a n t e n werden in dieser Arbeit nicht tigt, da sie nichts zum Systemaufbau

berücksich-

beitragen.

Für besetzen und bestellen gilt, daß sie in der hier genannten Einspannung nicht ohne pSd auftreten, d a sonst V e r w e c h s lungsgefahr mit anderen E i n s p a n n u n g e n besteht. An die Gruppe 1.1. läßt sich auch das Partizip besät in den folgenden Einspannungen

anschließen:

Das Schlachtfeld ist mit Toten besät D e r Himmel ist mit Sternen besät Die W i e s e ist mit B l u m e n besät Zu anderen E i n s p a n n u n g e n vgl. Gruppe 1.3.1.; als Partizip ist das Verb zur Gruppe 1.1. übergetreten und fast völlig

synonym

mit bedeckt sein mit. Stärker ist die Konkurrenzbildung mit über-. 1.2. Beladen In der Gruppe 1.2. habe ich V e r b e n wie beladen, belasten usw. nur in der Einspannung aufgeführt, die der

Typenbeschreibung

entspricht; zu den vielfältigen Übertragungsmöglichkeiten Gruppe

vgl.

7.2.7.4.

1.2.1. B e f r a c h t e n Die M ä n n e r befrachten den LKW mit Gerümpel Sie beladen den Anhänger mit Ölfässern Sie bepacken die Maultiere mit Proviant B e f r a c h t e n ist diachron gesehen eine echte Präfixbildung zu frachten; synchron handelt es sich um eine synthetische Bildung

103 zu Fracht, das semantische M u s t e r entspricht jedoch dem von beladen. S a bezeichnet in dieser Gruppe stets ein B e f ö r d e r u n g s mittel, kann auch +Anim sein (z.B. Esel usw.). 1.2.2. Beschweren Die Männer belasten den B a l l o n mit Sandsäcken Sie beschweren den Kiel mit Gewichten Im Gegensatz zu Gruppe 1.2.1. liegt hier nicht die Strukturbedeutung 'Füllen', sondern 'Schwermachen' vor; S a ist, von einigen Ausnahmen abgesehen, immer - A n i m . 1.2.3. Die Sie Sie

Beschicken Arbeiter begichten den Hochofen mit Brennmaterial beschicken den Hochofen mit Brennmaterial bestürzen den Hochofen mit Erz

Diese drei V e r b e n sind rein fachsprachlich und bezeichnen das Füllen des Hochofens, dementsprechend ist die Kontextselektion für S a und pSd festgelegt. Beschicken hat als einziges der drei V e r b e n von 1.2.3. einen weiteren Anwendungsbereich, wobei die rein fachsprachliche

Prä-

gung aufgegeben wird; es verbleibt jedoch im technischen B e reich. In W G findet sich der Ausdruck das Reagenzglas mit Nährlösung beschicken; eine Anzeige in der Süddeutschen Zeitung pries einen Geschirrspülautomaten, bequem von vorne zu beschicken; üblich ist schließlich die Einspannung: Die Arbeiter beschicken die M a s c h i n e n mit W e r k s t ü c k e n 1.2.4. Bepflastern Der Junge beballert das ganze Zimmer mit seinen Spielsachen Er bebaut das Regal mit seinen B ü c h e r n Er belädt den Tisch mit seinem Kram Er bepackt die Ablage mit seinen Kleidern Er bepflastert den Fußboden mit seinen Sachen Die Gruppe ist umgangssprachlich und stark okkasionell. Typisch für diese Einspannung ist, daß pSd meist ein Possessivpronomen aufweist, das sich auf Sn bezieht, ferner der häufige

Gebrauch

des Adjektivs ganz bei Sa bzw. ein Adverb wie völlig, vollständig . Die Gruppe hat eine negative Komponente, die den V o r gang als "Unordnung schaffend" kennzeichnet;

Konkurrenzbildun-

gen mit ver- in der gleichen Einspannung bezeichnen eher die

104 Unzugänglichkeit: Er vertaut den Eingang mit seinen Sachen Diese Gruppe ist im Ver-System weit ausgebaut

(verbarrikadie-

ren, verstellen usw., vgl. Tellenbach (1971:88ff.)). Die enge Festlegung des Kontexts läßt den okkasionellen Gebrauch einiger anderer Verben in dieser Einspannung zu wie etwa bepflanzen, beschmeissen usw.; durch den Situationskontext oder Kitspieler wie den ganzen Boden, mit seinem Plunder usw. wird die Einspannung verdeutlicht. 1.3» Bepflanzen Das leitverb ist etwas unglücklich gewählt; den Verben der Gruppe 1.3. ist mehr oder weniger die Strukturbedeutung

'Schmücken'

gemeinsam, es handelt sich also um Ornative im Sinne des Wortes. 1.3.1. Begrünen Der Bauer bebaut das Feld mit Getreide Das Gartenbauamt begrünt das Gelände mit Büschen Der Gärtner bepflanzt das Beet mit Begonien Er besetzt den Randstreifen mit Stiefmütterchen Die Gruppe ist sehr geschlossen; Sa bezeichnet immer soviel wie 'Boden, Anbaufläche', pSd stets 'Pflanze, Gewächs'. pSd ist deshalb sehr häufig leer, weil mitverstanden; dies gilt vor allem für begrünen, das zunächst keine echte, sondern eine synthetische Präfixbildung ist, sich jedoch dem semantischen Muster der Gruppe anschließt (vgl. aber Gruppe 2.5.3.!). Besetzen weicht in dieser Einspannung zweifellos nicht von den Angaben ab, die in 1.1. gemacht wurden. Es fügt sich jedoch ohne Schwierigkeiten in die Gruppe ein, d.h. es handelt sich hier nicht um eine idiosynkratische Erscheinung wie in den Beispielen Bitte bleiben Sie bedeckt usw., sondern um ein systembedingtes Phänomen; in der Einspannung gemäß den Bedingungen der Gruppe 1.3.1. ist besetzen nicht mehr mit belegen, bedecken usw. in Verbindung zu bringen, da diese Verben in dieser Einspannung nicht erscheinen können: Er belegt, bedeckt das Grab mit Begonien hat eine andere Strukturbedeutung als Er besetzt das Grab mit Begonien Belegen und bedecken fehlt die zusätzliche Bedeutung

'ein-

105 pflanzen'. Bebauen gehört nur bei dreiwertigem Gebrauch in diese Gruppe die folgende Einspannung • Der Bauer bebaut den Acker gehört zur Gruppe 3.2. Ebenfalls verschieden ist die E i n s p a n nung in Gruppe 1.8.3. Hierher gehört schließlich der

"wörtli-

che" Gebrauch von besäen: Der Bauer besät das Land mit Getreide Der Gebrauch ist literarisch und selten; wird das Wort als Partizip gebraucht, so tritt es fast immer zur Gruppe 1.1. über. 1.3.2. Bebinden Der Gärtner Er beflicht Er bekränzt Er besteckt

bebindet den Kranz mit Rosen den Kranz mit Bändern den Becher mit W e i n das Gebinde mit Blumen

Bebinden und beflechten sind wohl nur literarisch und meist als Partizip üblich. Bestecken fehlt in W G und W D , in den anderen W ö r t e r b ü c h e r n wir-d stets die hier gegebene Einspannung

aufge-

führt. Andere Einspannungen, vor allem mit dem Partizip,

er-

scheinen denkbar; in diesem Falle wäre das Verb zusätzlich bei 1.1.

aufzuführen.

Bei bekränzen lassen sich zwei B e d e u t u n g e n

unterscheiden,

nämlich 'mit Kranz schmücken' und 'mit R a n k e n verzieren';

mir

ist allerdings nicht klar, wie man diese Differenzierung in die Beschreibung aufnehmen kann. Ferner kann das Verb auch Sa +Hum aufweisen: Er bekränzt den Sieger mit Lorbeer In diesem Falle liegt stets die Bedeutung

'für einen Erfolg mit

einem Kranz schmücken' vor; in dieser Einspannung erhält das Verb zusätzliche Bedeutungskomponenten, die von V e r b e n wie bejubeln und belohnen herrühren; bekränzen verliert jedoch nie seine konkrete

Bedeutung.

1.3.3. Bewickeln Der Junge bewickelt den Lenker mit Tesaband Er bewindet den Stock mit Bändern Entsprechende Simplexverben zeigen die Präposition um; in K o n kurrenz zu den B e - V e r b e n stehen B i l d u n g e n mit um-, die die

106 gleiche Ableitungsformel, interne Struktur und grammatische Charakterisierung aufweisen. Es scheint, als sind die Verben mit um- angemessener; Hittmair (1882:47ff.) weist auf das Veralten vieler solcher Be-Verben hin. Dies gilt allerdings nicht für bespinnen: Die Maschine bespinnt Darmsaiten mit Aluminium Bei diesem Verb ist Sn wohl stets durch INSTR besetzt; ein Ge2 brauch mit Sn die Spinne ist mir unbekannt. Das Verb dürfte hauptsächlich als Partizip üblich sein: Aluminium-besponnene Darmsaiten Diese fachsprachliche Festlegung verhindert ein Veralten des Verbs; es ist von umspinnen durchaus verschieden. 1.3.4. Die Sie Sie Sie Sie

Besticken Mutter beflickt die Jacke mit rotem Stoff benäht die Hose mit Fransen besäumt das Kleid mit einer Borte besetzt den Mantel mit einem Pelz bestickt das Kissen mit Blumenmustern

Sa ist hier festgelegt auf 'Kleidungs-, Wäschestück'. Die Stammverben sind meist Ausdrücke des Nähens; es ist anzunehmen, daß die Gruppe fachsprachlich ausgedehnter ist (vgl. besteppen, das sich in WM findet, usw.). Zu pSd= Muster vgl. Gruppe 1.4. 1.3.5. Beschlagen Der semantische Zusammenhang dieser Verben ist relativ locker; das wird dadurch begünstigt, daß die meisten Verben einen sehr engen Anwendungsbereich haben, bisweilen vokabelmäßig festge- • legt sind. 1.3»5»1» Bespicken Der Handwerker benagelt das Dach mit Pappe Er beschlägt die Tür mit Eisen Die Köchin bespickt den Braten mit Nelken Benageln taucht stets mit besetztem pSd auf, da beim Fehlen von pSd das Verb als 'mit Nägeln versehen' aufzufassen ist, also 2

Natürlich ist der folgende Satz völlig verständlich: Die Spinne bespinnt die Gräser mit ihrem Netz Diese Einspannung schließt sich an 1.3.5.2. an; sie scheint mir jedoch nicht üblich.

107 als Verb des Typs II. Beschlagen ist als Vokabel festgelegt in: Er beschlägt die Pferde pSd bleibt hier in der R e g e l leer, weil 'Hufeisen' o.a. mitverstanden wird. Bespicken ist auf S a 'Braten' o.a.

festgelegt; das

entsprechende Simplexverb gleicher K o n s t r u k t i o n hat diese R e striktion nicht (vgl. mit Schwierigkeiten gespickt

usw.).

1.3.5.2. Bespannen Der Innenarchitekt bekleidet die Wände mit Stoff Er beschießt die Wände mit Stoff Er bespannt die Wand mit Stoff Er bezieht die Wand mit Stoff Über diese sehr festgelegte Einspannung verfügen alle vier V e r ben gemeinsam, in den übrigen Fällen differieren die M ö g l i c h keiten. Beschießen gehört sonst zu 1.7. Einige spezielle E i n spannungen seien noch angeführt: Er bespannt, bezieht die Geige mit neuen S a i t e n Er bezieht das Bett mit frischer Wäsche Er bespannt den W a g e n mit frischen Pferden pSd ist in diesen F ä l l e n gewöhnlich leer, weil der V o r g a n g eindeutig festgelegt ist; das zeigt sich auch an den von mir gefügten Adjektiven wie frisch und neu; ohne solche sind die Sätze bei besetztem pSd in gewisser W e i s e

zu-

Zusätze tautolo-

gisch: Er bezieht das Bett mit Bettwäsche Er bespannt den W a g e n mit P f e r d e n 1.4. B e m a l e n Als Stammverb finden sich in dieser Gruppe Ausdrücke des Zeichnens, Malens, Druckens usw., der semantische Zusammenhalt der Gruppe ist sehr stark. Die hier zusammengefaßten V e r b e n erlauben eine durchgehende Verschärfung von S a auf - A n i m nicht. M a n wird annehmen können, daß S a +Anim selten vorkommt, aber der Satz Er bemalt seinen Esel mit grüner Farbe ist ein der Vorstellung fremder Sachverhalt, nicht ein ungrammatischer Satz; für die semantische Interpretation des Satzes ist das Merkmal +Anim von Esel

irrelevant.

Ein zweites Problem entsteht bei der Charakterisierung pSd als +Konkr, vgl,:

von

108 Michelangelo bemalte die Sixtinische Kapelle mit Szenen aus dem Alten Testament Die Wand ist mit unanständigen Sprüchen bekritzelt Substantive wie Szene und Spruch sind zunächst nicht als +Konkr zu klassifizieren. Es gibt verschiedene Möglichkeiten,

solche

Fälle zu behandeln. M a n könnte z.B. für solche Substantive

zwei

lexikalische E i n h e i t e n ansetzen, also einmal Szene (+Konkr) und einmal Szene (+Abstr). Dieser W e g erscheint unökonomisch. Eine zweite Möglichkeit wäre es, für solche Fälle ein Merkmal +Abstr (als Konkr) zu definieren in Analogie zu dem von Helbig/Schenkel (1969) benutzten Merkmal +Abstr (als Hum). Solche komplexen M e r k male sind m.E. als durch das Verb bedingte Neutralisationen inhärenter Merkmale des Kontexts anzusehen; d.h. daß die Angabe in der Typentafel (pSd = +Konkr) auch in den o.a. Beispielsätzen nicht verletzt ist. Allerdings handelt es sich um eine b e g r e n z te Menge von Substantiven, die für diesen

Neutralisationsvorgang

sensitiv sind; das gilt ja auch für das Merkmal +Abstr

(als

Hum).3 Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß in den angegebenen Beispielsätzen pSd stets einen ORN repräsentiert. Das

leuchtet

bei den o.a. Beispielsätzen ohne weiteres ein; ebenso klar ist es, daß neben dem AG stets auch ein INSTR auftauchen kann: Er bemalt die Wand mit einem breiten Pinael Problematisch wird die Entscheidung dann, w e n n Substantive wie Farbe

auftauchen:

Er bemalt die Wand mit roter Farbe Auch in diesem Fall möchte ich pSd als ORN analysieren;

ich w e i -

se aber auf die Alternative hin, pSd als INSTR zu analysieren, die durch folgenden Satz nahegelegt wird: Mit roter Farbe bemalt er die Wand mit politischen P a r o l e n Hier ist kein Zweifel möglich: mit roter Farbe

repräsentiert

einen INSTR. Solche Ambiguitäten finden sich freilich auch in anderen Fällen: Die M ä n n e r b e l a d e n den W a g e n mit einem K r a n pSd k a n n hier entweder einen INSTR repräsentieren - 'mit Hilfe 3

Ähnliche Fälle wie: Er schreibt eine D i s s e r t a t i o n über Be-Verben Die D i s s e r t a t i o n wiegt 2 Pfund diskutiert McCawley (1968a:131f.).

109 eines Krans' - oder einen ORB" - 'was aufgeladen wird, ist ein Kran'. Die Besonderheit von Substantiven wie Tinte t Farbe liegt n u n darin, daß in Verbindung mit Verben des Kaiens

usw. eine

solche Disambiguierung nicht möglich (und auch nicht nötig) ist, da Farbe gleichzeitig INSTR und ORN repräsentieren kann. 1.4«1. Bedrucken Der Künstler bedruckt den Stoff mit Popmustern Er bemalt die Vase mit Märchenszenen Er beschreibt das Papier mit Druckbuchstaben Er bezeichnet den Umschlag mit kleinen F i g u r e n Bezeichnen ist in dieser Einspannung selten, wenn nicht rein okkasionell, das liegt an der Verwendungsweise Er bezeichnet die Stelle mit einem Pfeil die hier nicht direkt anschließbar ist und m.E. Vokabelwert

er-

langt hat (vgl. aber Gruppe 2.1.2. ). Beschreiben ist hauptsächlich als Partizip üblich, oft in der Ableitung mit un-,: Das Blatt ist noch

unbeschrieben

1.4.2. Bekritzeln Er Er Er Er Er

bekleckst das Heft mit Tinte bekritzelt das Blatt mit einer Nachricht bepinselt die Vase mit bunten Farben beschmiert die Tür mit dummen Sprüchen betüpfelt die V/and mit bunten Punkten

Alle V e r b e n haben eine mehr oder weniger starke negative

Nuan-

cierung. Am stärksten ist sie in bekritzeln, beklecksen und beschmieren; sie entstammt den Stammverben und verweist auf die Nachbarschaft der Gruppe 1.5. "Beschmutzen", E h e r verniedlichend ist bepinseln, betüpfein

hat eine solche

Nuancierung

nicht immer. pSd ist sehr häufig leer, weil in den V e r b e n selbst schon eine Aussage über die Art der "Bemalung" enthalten ist. Okkasionelle W e i t e r b i l d u n g e n müssen (wie betüpfeln) nicht unbedingt eine negative Komponente enthalten; denkbar ist etwa besprenkeln. WM führt bestreifen auf, was allerdings durch die Konkurrenz mit dem Verb streifen, vor allem im Partizip gestreift , kaum häufig auftauchen dürfte. 1.4.2. sich bemalen Das M ä d c h e n bemalt sich Sie bepinselt sich

110 Der ironische Unterton ist bei bepinseln besonders stark. Streng zu scheiden von dieser Einspannung ist: Sie bemalt sich das Gesicht Die Einführung eines reflexiven freien Dativs ist bei den meisten Verben des Typs I möglich, vgl. etwa: Er bedeckt sich das Gesicht, bekleckert sich die Hose usw. 1.5« Beschmutzen Der Junge bedreckt den Teppich mit Lehm Er befleckt seine Jacke mit Öl Er bekleckert das Tischtuch mit Soße Er bekleckst das Hemd mit Soße Er bekleistert die Tür mit Schmiere Er bekliert die Fenster mit Fett Er bekrümelt den Fußboden mit Kuchen Er besaut die Hose mit Wagenschmiere Er beschlappert sein Hemd mit Suppe Er beschmiert den Spiegel mit Dreck Er beschmutzt den Einband mit Öl Er bespritzt die Passanten mit Dreck Er besudelt den Teppich mit Blut Er betrieft den Fußboden mit Wasser Im Be-System sind Verba maculandi besonders zahlreich (vgl. auch Gruppe 2,3.). Die Gruppe ist durchaus produktiv; Beispiele wie bedrecken, beflecken, beschmutzen zeigen, daß sich hier auch synthetische Bildungen finden, die als Verbindung zur Gruppe 2.3. aufgefaßt werden können. Okkasionelle Weiterbildungen wie beschweinigeIn sind in großer Zahl möglich, vgl. die Beispiele bei Küpper (WK). Die feste Verankerung der Gruppe im Sprachgefühl bringt es mit sich, daß pSd meist leer ist, wenn es einen ORN repräsentiert; wie in 1.4. ist nicht immer genau zu entscheiden, ob es sich um einen INSTR oder einen ORN handelt. Besonders beliebt sind Prägungen wie: Er bekliert die Fenster mit seinen Fettfingern pSd ist hier INSTR; aber die Ausdrucksweise erlaubt es, ORN implizit zu nennen (Fett). Auch diese Verben werden gern mit reflexivem Dativ gebraucht: Er befleckt sich die Hose Einige Verben sind auch reflexiv gebräuchlich: Er bekleckert sich Aus diesem Grunde ist eine Verschärfung von Sa +Konkr auf -Anim bei den meisten Verben nicht möglich.

111 1.6. Begiessen Für diese umfangreiche Gruppe gilt, daß pSd = -Fest. Eine solche Festlegung erscheint günstiger als +Flüssig, um Verben wie beschütten, bestreuen usw., die von gleicher Struktur sind, mit in die Gruppe aufnehmen zu können. Sehr häufig ist pSd leer, weil es aus dem Kontext mitverstanden wird oder das Verb nur eine Ergänzung mit Wasser zuläßt. Die Verschärfung von Sa +Konkr auf -Anim ist bei einigen Verben möglich, bei anderen nicht; hierfür sind in erster Linie Stammverbkomponenten verantwortlich. V.Polenz nimmt für einige Verben aus dieser Gruppe eine andere Ableitungsstruktur an als die, die ich in der Typenbeschreibung angegeben habe; es handelt sich um eine Art "Kausativtransformation"

(1968:141):

der C berieselt den B (mit A) Ebenso:

betroffen, betröpfeln, besprudeln, beregnen, beschneien.

Dieses Muster ist offenbar an das A-Klassem "flüssig" gebunden. " Problematisch an dieser Ableitungsstruktur ist in erster Linie, daß v.Polenz eine andere Formel (nämlich die in der Typentafel genannte) benutzt, um begiessen abzuleiten; d.h. diese Ableitungsstrukturen sind nicht in der Lage, die völlige strukturelle Gleichheit von begiessen und berieseln auszudrücken. Diese Inadäquatheit rührt von dem falschen Ausgangspunkt her, die Rektion eines unpräfigierten Verbs als Grundlage für die Erklärung von Wortbildungen zu wählen. Die meisten Verben der Gruppe 1.6. sind echte Präfixbildungen; in einigen Fällen (z.B. bewässern) ist diese Entscheidung schwieriger. Die Wörterbücher verhalten sich der Gruppe gegenüber sehr unterschiedlich, d.h. daß einige der folgenden Be-

112 V e r b e n auch als okkasionelle Bildungen bezeichnet w e r d e n können. 1.6.1. Berieseln Der M a n n befeuchtet das Tuch mit W a s s e r E r beflutet die Schleusenkammer mit Wasser Er begießt die Blumen mit Regenwasser Er benetzt die Stirn mit E a u de Cologne Er bepumpt die Anlage mit Benzin Er beregnet die Felder mit Nilwasser Er berieselt das Beet mit Regenwasser E r besprengt die Wäsche mit W a s s e r Er bespritzt den Angreifer mit Säure Er besprüht das Auto mit Farbe Er beträufelt die W u n d e mit Jod Er betrieft den Boden mit Wasser Er betropft die Wunde mit Jod Er betröpfelt die Wunde mit Jod E r betupft die Wunde mit Jod Er bewässert die Felder mit Nilwasser Bei einigen der Beispielsätze wirkt der Zusatz mit W a s s e r

durch-

aus künstlich und überflüssig. W e s e n t l i c h ist, daß im U n t e r schied zu Verben des Typs II der Mitspieler pSd, der ORN r e präsentiert, nicht explizit im Verb selbst genannt ist,

sondern

aus dem Modellrahmen heraus als +Flüssig (und in den m e i s t e n Fällen 'mit Wasser') mitverstanden wird. In vielen F ä l l e n k a n n Sn durch INSTR besetzt werden: Die Anlage berieselt die Felder mit Wasser in einigen Fällen durch ORN: W a s s e r beflutet die Schleusenkammern (vgl. zu diesem Fall Gruppe 1.9«). Daß es sich hierbei um einen ORN und nicht INSTR handelt, zeigt der folgende Satz: Die Anlage beflutet die Schleusenkammern mit W a s s e r Okkasionelle Bildungen wie besprayen usw. scheinen

jederzeit

möglich; das von v.Polenz genannte besprudeln ist ausschließlich literarisch. 1.6.2. Beschütten Der Gärtner behäufelt die Pflanzen mit Erde Er beschüttet den Weg mit Kies Er besiebt das Blech mit M e h l Er bestäubt das Blech mit M e h l Er bestreut den W e g mit Kies Für diese Gruppe gilt das pSd-Merkmal - F e s t . Eine genaue Defin i t i o n des Merkmals läßt sich anhand so weniger Beispiele nicht

113 geben; die Formulierung - P e s t scheint mir jedoch genereller zu sein als ein zunächst naheliegendes Merkmal +Streubar, das zu sehr ad hoc-Charakter trägt. Direkt verwandt mit diesen echten Präfixbildungen sind synthetische B i l d u n g e n wie bemehlen (Be(Mehl-(en))), die ich deshalb unter Typ II eingereiht habe, weil sie fast nie pSd bei sich haben (s.u. Gruppe 1.6.3«

2.5.1.).

Bestreichen

Diese V e r b e n sind in ihrer Verwendungsmöglichkeit

sehr stark be-

grenzt. Die Definition des pSd-Merkmals ist hier noch schwieriger; rein intuitiv handelt es sich um ein Merkmal, das genau zwischen plus und minus Fest liegt. 1.6.3.1. Beschmieren Er beschmiert die Stulle mit Butter Er bestreicht das Brot mit Käse Er beschmiert die Stelle mit Kitt Er bestreicht die Stelle mit Kitt Er berappt die Wand mit M ö r t e l Er bewirft die W a n d mit M ö r t e l Der Unterschied zwischen beschmieren und bestreichen ist die Sprachhöhe. Interessant ist, daß bestreichen nicht in der Gruppe 1.4. erscheint, obgleich die Bildung anstreichen dies nahelegen würde, aber auch das entsprechende Simplexverb

er-

scheint in dieser Bedeutung nicht. Zu der ersten Einspannung paßt noch: Er belegt das Brot mit W u r s t Hier ist allerdings pSd eindeutig +Fest. Zwischen dieser Gruppe und der Gruppe 1.4. steht bekleben: Er beklebt die Wand mit Plakaten Das Verb läßt sich schwer einordnen, es hat keine direkten semantischen Anschlußmöglichkeiten, weicht aber in keiner H i n sicht von der Typenbeschreibung 1.6.3.2.

ab.

Beschichten

Die Anlage bedampft Spiegel mit Aluminium Die F i r m a beschichtet Skier mit Plastik Die Besetzung von Sn durch INSTR ist bei beiden V e r b e n sehr häufig. Bedampfen scheint eine Prägung aus der DDR zu sein, das

114 unmittelbar verständliche Verb findet sich nur in WG und LM. Beide Verben sind Pseudo-Präfixbildungen (beschichten ist nicht ein besonderes schichten, bedampfen kein besonderes dampfen); sie schließen sich jedoch im semantischen Küster an Typ I an, d.h. haben einen ORN, der durch pSd repräsentiert wird. Das könnte an der fachsprachlichen Verwendung liegen: Die Ausdrücke Schicht und Dampf bezeichnen nicht konkret genug, aus was die Beschichtung besteht, so daß pSd meist besetzt ist oder aus dem Kontext erschlossen werden kann. Es ist durchaus denkbar, daß in der Sprache der Technik diese Bildungsweise produktiv ist; beide Verben sind jedenfalls sehr jung. Ebenfalls in diese Gruppe gehört wohl der fachsprachliche Ausdruck Die Bremsen müssen neu belegt werden M.E. ist nur diese Verwendungsweise mit zwei Kitspielern üblich, da im allgemeinen Sprachgebrauch pSd ohnehin nur mit mit Belag besetzt sein kann; es ist andrerseits denkbar, daß in der technischen Fachsprache die Konsistenz des Belages genau bezeichnet werden kann. 1.7« Beschießen Diese Gruppe hat eine starke Eigensemantik; gewisse Schwierigkeiten bereitet die Analyse von pSd, dies zeigen die folgenden Sätze: (a) Die Männer beschießen die Straße mit einem MG (b) Der Vietcong befeuert die Stellung mit Raketen Im Satz (a) ist die Analyse eindeutig: pSd repräsentiert einen INSTR. Schwieriger ist der Fall (b). Mit Raketen kann hier entweder als INSTR oder als ORN interpretiert werden (s.o. Gruppe 1.4.). Ist Sn durch INSTR besetzt, so ist pSd notwendigerweise ORN: (c) Das Geschütz belegt die Stellung mit Dauerfeuer Wie in der Gruppe 1.4. ist in den folgenden Beispielsätzen pSd stets als ORN, nicht als INSTR interpretiert. 1.7.1. Befeuern Der Vietcong befeuert die Stellung mit Raketen Die Plugzeuge belegen die Stellung mit Bomben Die Geschütze beschießen die Stellung mit Napalm Verständlicherweise ist diese Gruppe im Landserjargon besonders

115 produktiv: Die Sie Sie Sie

Soldaten beballern die Lichtung (mit einem MG) beharken die Kreuzung (mit einem M G ) bepflastern die Stellung mit Granaten bestreichen die Schneise mit Gewehrfeuer

Es ist interessant, daß bei Verben, die das Schießen mit H a n d feuerwaffen bezeichnen, pSd meist einen INSTE repräsentiert

oder

weggelassen wird. Gerade in umgangssprachlichen Weiterbildungen, denen der ornative Charakter fast völlig fehlt, zeigt sich die Nähe des Typs III, vor allem von V e r b e n der Gruppen 3.4. und 3.5. Weitere Bildungen aus dem Landserjargon wie beaasen, befunken, beklotzen usw. finden sich bei Küpper

(WK).

1.7.2. Bewerfen Die Jungen beschmeißen die Leute mit Sie bewerfen die Autos mit Lehm

Schneebällen

Während die vorige Gruppe das Schießen mit Feuerwaffen bezeichnete, handelt es sich hierbei um V e r b e n des W e r f e n s . U m g a n g s sprachlich sind auch V e r b e n der Gruppe 1.7.1. für Ausdrücke des Werfens usw. übernommen w o r d e n : Die Jungen beballern die Tür mit Steinen Sie befeuern die Autos mit Schneebällen Sie beschießen das Tor (mit Schüssen aus jeder Lage) 1.8. R e s t g r u p p e n Einige Verben, die zweifellos dem Typ I angehören, lassen sich kaum in eine der vorstehend aufgeführten Bedeutungsgruppen

ein-

ordnen. Es schien mir sinnvoller, hier nicht nach gewaltsamen Anschlußmöglichkeiten zu suchen, sondern sie gesondert

aufzu-

führen; sie gehören nach Bedeutung und grammatischen E i g e n schaften auf jeden Fall zum Typ 1.^

4

Es handelt sich hier nicht um ein Abweichen von den im K a p i tel II erläuterten Prinzipien. Die Bedeutungstypen im Typ I sind besonders klar greifbar. Natürlich ließen sich etwa 1.8.1. und 1.8,2. an die Gruppe 1.3. anschließen, ebenso 1.8.3., oder bekleiden an 1.3.5.; ich habe auf solche A n schlüsse im Typ I bewußt verzichtet, um das verwendete Ordnungsprinzip durch problemlose Gruppen besonders deutlich zu machen. Die Zugehörigkeit zum Typ I steht für alle V e r b e n aus 1.8, außer Präge.

116 1.8.1. Befestigen Die Männer befestigen den Damm mit Steinen Sie besticken den Damm mit Steinen Alle anderen E i n s p a n n u n g e n von befestigen sind lexikalisiert,

da

sie die Konstruktion der dem Typ I zugeordneten Simplexverben angenommen haben; besticken dagegen taucht in anderer Bedeutung noch in 1.3.4. auf. 1.8.2. Bekrönen Der Gärtner begrenzt das Beet mit Steinen Der Architekt bekrönt den Bau mit einer Kuppel Zu anderen Einspannungen vgl. 1.9.1. (Besetzung von Sn durch ORN) sowie

7.5.2.

1 .8.3. Bebauen Die Firma bebaut das Gelände mit W o h n h ä u s e r n Diese sehr häufige Einspannung hat mit der in 1.3. wenig gemeinsam, weshalb ich sie hier eigens

anführe.

1.8.4. Bewaffnen Der Chef bestückt das Fahrzeug mit 2 M G Er bewaffnet seine Angestellte mit einer Pistole Diese Grundbedeutung

'jmd. mit W a f f e n ausstatten 1

ist in vielen

Einspannungen verloren gegangen, dies gilt vor allem für das Zustandspassiv: Das Radio ist mit 12 R ö h r e n bestückt Er ist mit einem Haussuchungsbefehl

bewaffnet

Ironischen Unterton hat häufig die reflexive Verwendung: Er bewaffnet sich mit einem Besen, um sauberzumachen 1.8.5. Bekleiden M a n bekleidete ihn mit kostbaren Gewändern Liese Einspannung ist vor allem im Partizip üblich: Er war nur mit einem Hemd bekleidet Zum Verb bekleiden vgl. ausführlich Gruppe 2.4. 1.8.6. Bemannen Der K a p i t ä n bemannt das Schiff mit entlassenen Sträflingen Der Förster besetzt das Revier mit Rotwild Er bevölkert das Gehege mit Antilopen

117 Während in 1.8.4. Sa häufig +Hum war, ist in dieser Gruppe pSd auf +Anim beschränkt. Ansonsten ist jedoch die grammatische Struktur gleich, so daß der Anschluß der Gruppe an Typ I gerechtfertigt scheint.^ Einige Probleme treten auf, wenn Sn durch ORN besetzt ist (s.u. Gruppe 1.9.4.). Abweichend,

aber

von der hier verzeichneten Verwendung her erklärbar ist die Einspannung: Er besetzt den Posten, die Rolle mit Herrn Mayer 1.8.7. Bespielen Der Sänger besingt das Band mit M o z a r t a r i e n Die Gruppe hat eine neue Platte mit Rockmusik bespielt Der Schauspieler bespricht das Tonband mit Gedichten Diese Neubildungen aus der Phonobranche richten sich n a c h dem Typ I, die Gruppe scheint offen, vgl. Reinhardt

(1966:188):

Die halbe Breite des Bandes ist betont Inwieweit beschallen auch hier möglich ist, ist mir unklar; w e sentlich ist, daß diese Gruppe echte Ornativa bildet, d.h. nicht nach dem Typ III geht wie die Gruppe 3.4. 1.9. Bedecken II In der Gruppe 1.9» fasse ich diejenigen V e r b e n des Typs I n o c h mals zusammen, die einen variablen K a s u s r a h m e n bezüglich ORN haben, d.h. daß diese V e r b e n Sn durch ORN besetzen können,

dann

also ohne AG und INSTR auftreten. Diese Möglichkeit ist nicht auf Be-Verben beschränkt, vgl. folgende

Beispielsätze:

a) Hans bedeckt den Käfig mit einem Tuch b) E i n Tuch bedeckt den Käfig a) Hans hängt ein Bild an die W a n d b) Das Bild hängt an der W a n d (a) Hans stellt eine Vase auf den Tisch (b) Die Vase steht auf dem Tisch W ä h r e n d die Ersetzung eines AG repräsentierenden Substantivs

in

Subjektposition durch eines, das INSTR repräsentiert, im allgem e i n e n keine Auswirkungen semantischer Art hat, ist die Besetzung von Sn durch ORN mit solchen Auswirkungen verbunden; im 5

B e m a n n e n kann auch als Bildung des Typs II aufgefaßt werden, vor allem als Partizip: bemannte, unbemannte Plugobjekte.

118 Beispiel stellen/stehen kommt eine morphologische Änderung h i n zu. Die Veränderung von einem Vorgang zu einem Zustand

scheint

jedoch regelmäßig zu sein, so daß auch diese V e r b e n nur einen Lexikoneintrag (mit variablem Kasusrahmen) benötigen. Natürlich verändern sich bestimmte Angaben Uber grammatische

Eigenschaften

entsprechend der Veränderung der Kasusstruktur: S n ist in diesem Falle +Konkr und in den meisten Fällen - A n i m , und das Verb (!), etwa bedecken, hat zwei Mitspieler. Das ändert aber nichts daran, daß das zugrundeliegende Grundprädikat BEDECKEN 4-stellig ist; die 2-Stelligkeit des Verbs beruht auf der Subjektbesetzungsregel (s.o. Zf. 4.2.2.1.).^ 1.9.1. Bekränzen II E i n Tuch bedeckt den Käfig 7 M a u e r n befestigen die Stadt Steine begrenzen das Beet Büsche begrünen die Anlage Gobelins behängen die W ä n d e Teppiche bekleiden die Wände Lorbeer bekränzt den Becher Eine Burg bekrönt den Berg Gewichte belasten den K i e l Bücher bepflastern den Fußboden Sandsäcke beschweren den Ballon Die Beispielsätze machen unmittelbar deutlich, daß es sich hier nicht um eine Bedeutungsgruppe handelt, sondern um eine Gruppe von V e r b e n mit einer bestimmten syntaktischen E i g e n s c h a f t . Hierher gehört auch bestehen (zu bestellen) in der wohl nur literarischen Einspannung: E i c h e n bestehen den Platz Das entsprechende Verb zu belegen, *beliegen, ist in der Gegenwartssprache nicht mehr vorhanden, aber in früheren S p r a c h s t u fen belegt, vgl. Hittmair (1882:45, 216, 222); Ähnliches gilt für besitzen im Sinne von 'gesetzt sein auf'. Alle V e r b e n d i e ser Gruppe treten oft im Zustandspassiv auf; auch in den ande6

Immler (1972) behandelt das hier nur angedeutete Problem von Kausativum und Rezessivum ausführlich, allerdings nicht mit den Methoden der Kasusgrammatik, sondern im R a h m e n der generativen Semantik; seine Vorschläge erscheinen mir zum Großteil zutreffend. Allerdings bin ich der M e i n u n g , daß generative Semantik und Kasusgrammatik äquivalent sind, s.o. Zf. 4.2.1.

119 ren F o r m e n weisen sie ein Merkmal auf, das sie (bei diesem Gebrauch!) als Zustandsverben

kennzeichnet.^

1.9.2. Berieseln II Schweiß befeuchtet seine Stirn W a s s e r beflutet die Schleusenkammern Nilwasser beregnet die Felder Uilwasser berieselt die Felder Dreck bespritzt die P a s s a n t e n R e g e n t r o p f e n besprühen ihr Gesicht Zement bestaubt den Boden Schmelzwasser betropft die Straße Hier ist eher von einem dauernden "Vorgang als von einem Zustand zu sprechen; im übrigen handelt es sich um das gleiche men. Interessant ist, daß alle V e r b e n aus der Gruppe

Phäno-

1.6.1.

stammen. 1.9.3. Beranken Während die beiden vorangehenden Gruppen nur solche V e r b e n aufführten, die aufgrund eines variablen Kasusrahmens Sn wahlweise mit AG, INSTR oder ORN besetzen konnten, weisen die

folgenden

V e r b e n nur die dritte Möglichkeit auf, d.h. sie können nur in eine Struktur Prädikat + ORN + ÄFF eingesetzt werden. 1.9«3«1. Bewuchern U n g e z i e f e r befällt die R o s e n E f e u berankt das Gemäuer Unkraut bewächst den R a i n Unkraut bewuchert den Garten Es ist unmittelbar klar, daß es sich hier um AG-lose V e r b e n handelt, vgl. den Satz: *Er bewächst den R a i n mit Unkraut Durch die Gleichheit mit den Gruppen 1.9.1./2. scheint mir der Anschluß solcher V e r b e n an Typ I gerechtfertigt.

7

In Clark (1971) w e r d e n einige Argumente dafür geliefert, daß das Ansetzen eines inhärenten Merkmals +Stativ nicht notwendig ist, w e n n m a n mit Tiefenstrukturkasus arbeitet; diese Möglichkeit muß weiter geprüft werden. Sie ist zweifellos attraktiv, weil auf diese Art und Weise den unerwünschten Bedeutungsverschiebungen bei der Besetzung von Sn durch ORN in diesen Beispielen Rechnung getragen werden könnte.

120 1.9.3.2.

Befliessen

Der Strom befließt die Eb.ene W e l l e n beplätschern den Strand Der Fluß bespült die Baumwurzeln Die meisten dieser V e r b e n sind literarisch; bei Hittmair finden sich bestreichen und bewehen in der Einspannung: D e r W i n d bestreicht, beweht die Felder Eine technische Neubildung, die ebenfalls hierher gehört, ist beaufschlagen; n a c h den Informationen der Wörterbücher, in denen es verzeichnet ist, müßte ein Satz mit diesem Verb lauten:8 Der Dampfstrahl beaufschlagt die 1»9«4»

Turbinenschaufeln

Bewohnen

Die Einordnung dieser Gruppe ist eine der

problematischsten

meiner Arbeit; das Ergebnis ist nicht besonders

befriedigend.

Alle anderen Einordnungsversuche erbrachten jedoch noch schlechtere Ergebnisse. Die Einordnung erfolgte auf der Basis der folgenden B e z i e hung: (a) Die Regierung besiedelt den Küstenstrich mit E i n w a n derern (b) Die Einwanderer besiedeln den Küstenstrich Die Typenbeschreibung für Typ I legt es nahe, den (a)-Satz als AG, ORN, ÄFF zu analysieren und entsprechend der S u b j e k t b e s e t zungsregel den (b)-Satz als ORN, ÄFF. N u n k a n n dieser S a t z wahlweise als V o r g a n g oder als Zustand aufgefaßt werden, was vor allem die Fügung Partizip + sein ermöglicht: Der Küstenstrich ist von E i n w a n d e r e r n besiedelt In Analogie zu der Analyse des (b)«Satzes als Zustand sind die folgenden Sätze betrachtet. Die Kommune behaust eine Altbauwohnung r r der Mayer bewohnt ein vor: Appartment Nur H ein Fügung kommen Der Bau ist befahren Große Teile Afrikas sind von Negern bevölkert B e v ö l k e r n kommt offenbar wegen Mißdeutungsmöglichkeiten kaum 8

Das Verb ist mir unbekannt, fand sich jedoch in allen W ö r t e r b ü c h e r n außer W G .

121 aktivisch vor: Neger bevölkern große Teile Afrikas WG führt für besiedeln noch die spezielle Einspannung auf: Blattläuse besiedeln Erbsen Auch diese Einspannung legt die hier vorgeschlagene Analyse durch die Parallele zu bewachsen nahe. Typ II: BEFLAGGEN Kasusstruktur: AG, INSTR, AFP Valenz: 2 (3) Kategorialer Rahmen: Sn, Sa, (pSd) wobei p = mit Distribution: Sn: +Hum Sa: +Konkr pSd: +Konkr Interne Struktur: (Be - (x - (-en))) wobei Be- = Ds., (x - (-en)) = Dm. Ableitungsstruktur: Der A versieht den B mit x Der A be-x-t den B wobei x = +Konkr Es handelt sich um den produktivsten aller Typen; dies gilt besonders für den technischen Bereich. Die diachrone Erklärung für diese Bildungen geht von Verben des Typs I aus und setzt als Bindeglied Verben wie bekränzen; solche Verben kann man sowohl als aus dem Verb kränzen wie dem Substantiv Kranz gebildet auffassen; diese Doppeldeutigkeit hat dann dazu geführt, daß auch aus Substantiven direkt Be-Verben gebildet werden konnten, vgl. z.B. Hittmair (1882:83ff.) oder Paul (WP). Marchand versucht eine ähnliche Analyse auch in synchroner Hinsicht (1971:

122 (1971:317): "Man geht wohl nicht fehl, wenn man annimmt, daß diese an sich deverbalen V e r b e n (wie beschreiben, bekotzen usw., HG) sich semantisch dem ... ornativen Typ beflaggen nähern. W e n n m a n das ... charakteristische Merkmal "Ausführung der H a n d lung über eine ausgedehnte Strecke, in verschiedenen R i c h tungen, ausgiebig" bedenkt, so entsteht dieses vielleicht auf dem Wege über die Analyse "mit S c h r e i b - (Geschreibsel), mit K o t z - etc. versehen", also als Ableitung von einem deverbalen (oder im Falle der desubstantivischen wie befeilen, behobeln, bekleistern als Ableitung von einem primären) Substantiv." Diese Überlegung ist nicht uninteressant; möglicherweise

ist

auf diesem W e g eine Beschreibung der Zusammenhänge zwischen dem L e x i k o n I und dem Lexikon II möglich. W e n n man aber auf der gleichen Seite auch den umgekehrten Hinweis findet, daß den echten Präfixbildungen auch synthetische, d.h. desubstantivische Be-Yerben angeschlossen werden, so bleibt m a n etwas ratlos zurück, weil nicht mehr klar ist, welcher Typ sich nun welchem annähert und ob die bestehenden Unterschiede systematisch relevant sind. Diese Unterschiede sollen im folgenden herausgearbeitet werden. Die Typenbeschreibung macht deutlich, daß sich die V e r b e n des Typs II in Kasusstruktur, V a l e n z und Distribution nicht von der M i n i m a l f o r m der V e r b e n des Typs I unterscheiden, d.h. von der Form, die diese V e r b e n haben, w e n n pSd nicht besetzt ist. Das legt die Vermutung nahe, daß eben dieser Mitspieler den U n t e r schied ausmacht. Nun muß man feststellen, daß einige V e r b e n des Typs II ebenfalls ein pSd zu sich nehmen können: Die Monteure bereifen den W a g e n mit Spikes Der V e r l a g bebildert den Band mit Zeichnungen von Picasso Zugrunde liegen hier offenbar Prädikate mit der Kasusstruktur AG, ORN, ÄFF. Andrerseits scheinen die folgenden Sätze unakzeptabel : Die Monteure bereifen den W a g e n mit R e i f e n Der V e r l a g bebildert den Band mit Bildern Das liegt offenbar daran, daß die Sätze tautologisch sind. D i e se Tautologie hat einen anderen Charakter als die der o.a. Sätze der Gruppe

1.3.5.2.:

Sie bezieht das Bett mit Wäsche Er bespannt den W a g e n mit Pferden Während in den V e r b e n des Typs II ORN explizit im W o r t k ö r p e r v o r -

123 h a n d e n ist, ermöglicht bei den Verben -der Gruppe

1.3.5.2, nur

der festgelegte Gebrauch die Identifikation des (meist

fehlen-

den) Mitspielers pSd. M a n k a n n daher festlegen, daß der in V e r ben des Typs II enthaltene Begriff als Archilexem für denkbare Besetzungen von pSd fungiert. Es handelt sich demnach um eine lexikalische Solidarität: Wie man jemanden nur mit den Füßen treten kann, so kann man ein Auto nur mit R e i f e n bereifen, den Boden nur mit Spucke bespucken, usw., vgl. dazu Coseriu

(1967).

Im R e g e l f a l l h a b e n die V e r b e n des Typs II keinen Mitspieler Q

pSd, der ORN repräsentiert;

nur dann, w e n n der im Verb vor-

handene Begriff näher charakterisiert oder spezifiziert

wer-

den soll, tritt ein ORN repräsentierender Mitspieler auf; in diesem Fall ist das Verb als eigentlich zum Typ I gehörig zu betrachten; hier zeigt sich die Durchlässigkeit zwischen den Typen I und II. Die Zufügung eines Mitspielers pSd, der ORN repräsentiert, ist um so seltener, je technischer und

spezieller

das Verb ist. D a die Möglichkeit jedoch grundsätzlich immer gegeben ist, sollte man eher davon sprechen, daß sich der Typ II dem Typ I annähert, als umgekehrt; grundsätzlich liegen den V e r b e n beider Typen vierwertige komplexe Prädikate

zugrunde.

Die große Produktivität des Typs beruht vor allem auf der raschen Verfügbarkeit der Formel A be-x-t B, wobei x = +Konkr Interessant ist, daß der Typ nur wenige echte

Bedeutungsgruppen

aufweist, vgl. Reinhardt (1966:188); die oft behauptete

nahezu

grenzenlose Produktivität scheint auf den rein technischen Jargon beschränkt zu sein, vgl. Marchand (1971:319), aber auch hier ergeben sich Restriktionen (s.u. Gruppe 2.2.). In diesem Bereich sind okkasionelle Bildungen besonders häufig, die kaum vollständig zu verzeichnen sind; so führt z.B. Marchand (1971) die V e r b e n beduschen und begittern auf, die in keinem der benutzten Wörterbücher verzeichnet sind. Es bestehen aber eine Reihe von Einflüssen, die die Erscheinungsform solcher V e r b e n auf der E b e ne der Norm regeln und die nicht immer genügend

berücksichtigt

w o r d e n sind. Ich will sie deshalb hier einzeln aufführen. 9

Die Angabe pSd in der Typentafel bezeichnet den fakultativen Mitspieler, der INSTR repräsentiert.

124 Schon bei den Verben des Typs I war festgestellt worden, daß sie sehr häufig im Zustandspassiv, d.h. der Fügung Partizip + sein auftreten: Das Gelände ist bebaut Die Jacke ist beschmutzt Während nun alle Verben des Typs I auch im Vorgangspassiv erscheinen können, gibt es im Typ II viele, die diese Möglichkeit nicht haben und auch nicht aktivisch verwandt werden, sondern nur als Partizip des Präteritums auftreten, vorzugsweise in der Fügung Partizip + sein. 1 0 Dies gilt z.B. für bebrillt; selbst in scherzhaftem Gebrauch ist der folgende Satz kaum akzeptabel: *Er bebrillt seinen Freund Daß Mackensen (WM) in seinem Wörterbuch für solche nur als Partizipien realisierten Be-Verben eine Fülle falscher Infinitive ansetzt (so z.B. bebrillen, behandschuhen usw.) ist kein Grund, diese falschen Ansätze zu übernehmen, wie es Weisgerber (1958) tut."'"' Es ist gerade ein Kennzeichen der Be-Verben insgesamt, daß agensloser Gebrauch sowie Gebrauch ohne Angabe der Ursache, also ohne einen INSTR repräsentierenden Mitspieler, besonders ausgeprägt ist. Im Typ II tauchen zwei Bedeutungsgruppen (2.4« und 2.5.2.) auf, in denen sämtliche Mitglieder nur als Partizip realisiert sind; die Gruppen sind produktiv, okkasionelle Bildungen sind jedoch ebenfalls stets der Restriktion unterworfen, daß sie nur als Partizip auftreten. Ausweitungsmöglichkeiten über intransitiven und reflexiven Gebrauch sind auf die Gruppe 2.5. beschränkt und auch dort nicht häufig. Viele Partizipien der Gruppe 2.4. werden wie die Verben aus 2.2. häufig adjektivisch gebraucht und weisen oft Dekomposition auf wie z.B. schwarzbefrackt, unbekleidet, dichtbewaldet (aus 2.4.5.) usw. Kolb (1960) hat in seinen kritischen Bemerkungen zu Weisgerber (1958) die Bevorzugung ornativer Be-Verben auch damit begründet, daß sich fast automatisch aus jedem neugebildeten Be10 Der Ausdruck'Partizip bezeichnet im folgenden, soweit nicht anders vermerkt, stets das Partizip des Präteritums. 11 Daß hier ein Gegenargument gegen die "Akkusativierungstendenzen" und die damit verbundenen "energetischen" Ausdeutungen der Entwicklung des heutigen Deutsch vorliegt, sieht Weisgerber selbst, geht jedoch nicht darauf ein.

125 Verb wiederum ein Verbalsubstantiv auf -ung ableiten läßt. Auch mit diesen Bildungen lassen sich Vorgänge bezeichnen, ohne daß ein Agens oder eine Ursache erwähnt wird; in diesem Falle unterscheiden sie sich kaum von substantivierten Infinitiven. Ferner können Substantive auf -ung auch direkt als Gegenstands- und Sachbezeichnungen dienen, vgl. folgende Sätze: Die Bereifung des Wagens nimmt Zeit in Anspruch Die Bereifung des Wagens muß erneuert werden Die Besohlung der Schuhe wurde fachgerecht durchgeführt Die Besohlung der Schuhe ist schadhaft In Bezug auf die Be-Verben ist dieser Unterschied nicht immer klar gesehen worden. Hittmair vermerkt unter der Überschrift

"Substan-

tiva auf -ung" (1882:239): "Sie haben vielfach keine andere Geltung als die eines substantivierten Infinitivs; man ist dann berechtigt, aus ihnen auf Verba zu schließen." Das klingt zunächst einleuchtend, wird jedoch problematisch, wenn man die Ebene der Sprachnorm einbezieht. Sehr vorsichtig und das m.E. zurecht verhält sich WG. Dort findet man z.B. die Einträge Bestuhlung

'Gesamtheit der Stühle 1 oder Beplankung 'äußere Ver-

schalung an Schiffen und Flugzeugen'. Die entsprechenden BeVerben sind jedoch nicht aufgeführt; WM hingegen führt auch stets einen Infinitiv an. Dies ist durch die Ambivalenz der -ung-Substantive unbegründet. Es muß deutlich gesehen werden, daß in bestimmten Fällen das Verbalsubstantiv auf -ung in der Norm zwar als Sachbezeichnung realisiert ist, als Vorgangsbezeichnung jedoch nicht und dementsprechend auch nicht als Verb. Dies gilt etwa für Mackensens Ansätze: berohren: mit Rohren bedecken, versehen beseilen: anseilen; mit Seilen versehen In der Norm realisiert sind lediglich Berohrung und Beseilung als Sachbezeichnungen: Die Berohrung des Hauses ist erneuerungsbedürftig Die Beseilung ist von bester Qualität Der Schluß von einer in der Norm realisierten Form auf die beiden anderen ist zwar in vielen Fällen möglich, jedoch als generelles Prinzip, was die Sprachnorm angeht, unzulässig; damit ist nicht gesagt, daß z.B. Verben wie beseilen und berohren nicht okkasionell auftauchen können. Trotz meines methodischen Ansatzes, die Wortartzugehörigkeit

126 des

Grundwortes

nicht als systemkonstitutiv anzusehen, muß man

feststellen, daß die M e h r z a h l der hier aufgeführten Be-Verben substantivische Stammverben aufweisen. Nur so kann das eingangs erläuterte Abgrenzungsprinzip gegen den Typ I überhaupt

angewandt

werden. In der autosemantischen und konkreten Bedeutung des Stammverbbegriffs liegt der Grund für den sehr begrenzten Anwendungsbereich der meisten dieser Verben, ferner dafür, daß die V e r b e n fast ausschließlich im technischen Jargon üblich sind und kaum allgemeinsprachliche Bedeutungsgruppen bilden. Für ein Verb wie bekanten besteht eigentlich nur in der Tischlersprache B e darf, für ein Verb wie bemasten nur in der Sprache von B o o t s bauern und Werftarbeitern. Diese starke Fachsprachlichkeit der Grund für die in der folgenden Aufzählung geübte

ist

Zurückhal-

tung; mit einer ganzen Reihe von Verben, über deren Zugehörigkeit zum Typ II kein Zweifel bestehen kann, ist es mir nicht gelungen, einen akzeptablen einfachen Satz zu bilden. Solche Fälle waren etwa: *Die Werft bemastet, bekielt das Boot *Die Firma beschleust den Kanal Ich habe es nicht für sinnvoll gehalten, wegen solcher V e r b e n von dem Prinzip abzugehen, daß es als Aufnahmekriterium gilt, 12 w e n n ich einen einfachen Satz mit dem Verb bilden kann. E s ist schwierig, allgemeingültige K r i t e r i e n dafür zu entwickeln, welche nach der Typenbeschreibung möglichen V e r b e n als in der Norm realisiert oder nicht realisiert angesehen werden können. Ich habe mich deshalb bei diesem Typ, vor allem aber in der Gruppe 2.2. ganz streng an W G gehalten, da diese Auswahl am ehesten mit meinem eigenen Sprachgefühl übereinstimmt. Sie wurde

ergänzt

durch eine Liste derjenigen Verben, die in W M zu finden waren und die zweifelsfrei nach den in der Typenbeschreibung

genannten

Grundsätzen gebildet sind. Für'viele dieser V e r b e n gilt, daß ich 12 Natürlich gibt es Konstruktionen, vor allem mit dem Infinitiv, in denen diese V e r b e n akzeptabler erscheinen: Die Nutzbarmachung des Flusses zu, Schiffahrtszwecken macht es erforderlich, den oberen Flußlauf zu beschleusen. Solche Beispiele sind jedoch m.E. für fast jedes mögliche, aber nicht in der Norm realisierte Be-Verb konstruierbar, deshalb wurden sie nicht aufgenommen. Es wird damit ja nicht b e hauptet, daß diese V e r b e n unmöglich sind; die Gruppe 2.2.ist ausdrücklich als produktiv gekennzeichnet.

127 mit ihnen keinen einfachen deutschen Satz bilden konnte; ich bin deshalb an dieser Stelle genötigt gewesen, die V e r b e n ohne K o n texte anzugeben. Diese Liste soll nicht ein fehlendes V o l l s t ä n digkeitskriterium ersetzen, sondern ein Hinweis auf die fachsprachliche Produktivität des Typs sein; ich bin einfach außerstande, über diese V e r b e n mehr zu sagen als daß sie systemmöglich sind und unmittelbar

verständlich.

E i n Hauptgrund für diese Schwierigkeit liegt darin, daß sich außer beschriften, bebildern, bebrillt und bebuscht (sowie bekacken) keine echten allgemeinsprachlichen 13 finden lassen, die den "Idealtypus" A versieht B mit x näher

Bedeutungsgruppen

A be-x-t B

charakterisieren.

Auch im Typ II ist S a in den meisten Fällen auf - A n i m festgelegt; es ist wesentlich, daß V e r b e n mit typisch belebtem Objekt nicht zu diesem Typ gehören; die angegebene Formel gilt (relativ) uneingeschränkt nur für x = +Konkr und B = - A n i m . Der INSTR repräsentierende fakultative Mitspieler pSd tritt nur selten auf; Sn wird nur in einigen F ä l l e n durch INSTR besetzt. Die Gruppe 2.5. enthält einige Verben, wo ÄFF durch Sn repräsentiert wird. 2.1. Bebildern Die allgemeine Strukturbedeutung dieser V e r b e n ist in etwa 'durch optische Zeichen verdeutlichen'. 2.1.1. Beschriften Die Sie Sie Sie

Sekretärin benummert die Ordner beschriftet die Umschläge bestempelt die Briefumschläge bezettelt die Karteikästen

Die Gruppe hat starke Verwandtschaft mit 1.4.; es ist zu fragen, ob m a n z.B. beschriften nicht eher dort hätte anfügen sollen, vor allem bei besetztem pSd: 13 Zu diesem Terminus vgl. Hundsnurscher (1968:193f.); H u n d s nurscher bezieht sich mit diesem Ausdruck auf H e r m a n n Pauls "Prinzipien der Sprachgeschichte" Kap. V; in der von mir verwendeten Ausgabe ist dieser Terminus bei Paul nicht benutzt .

128 Sie beschriftet die Ordner mit Signaturen Ferner ist darauf hinzuweisen, daß der folgende Satz keine

ech-

te Tautologie darstellt, sondern aus anderen Gründen als unakzeptabel empfunden wird: *Sie beschriftet die Ordner .mit Schrift Das heißt, Schrift ist kein echtes Archilexem für mögliche B e s e t z u n g e n von beschriften. Auf der anderen Seite dient bar beschriften als Prägungsbasis für die anderen Verben.

pSd-

offen14

2.1.2. Bebildern Der Zeichner bebildert das B u c h Er bemustert den Katalog Beide V e r b e n sind sehr häufig als Partizip gebraucht, h i e r findet sich häufig Dekomposition: E i n reichbebilderter Band E i n gutbemustertes Angebot 2.1.3« Die Sie Sie

Beschildern Behörde befeuert die Landebahn beschildert den W e g betonnt die Fahrrinne

Diese V e r b e n sind jüngeren Datums; Hittmair (1882) kennt sie noch nicht. Okkasionelle Weiterbildungen wie bebaken,

bebojen

sind möglich, aber rein fachsprachlich. Besonders häufig treten die V e r b e n in der Fügung Partizip + sein auf sowie mit dem Hilfsverb lassen: Die Behörde läßt die Fahrrinne betonnen Sie läßt den W e g beschildern Sie läßt die Landebahn befeuern Konkurrenzbildungen bestehen mit aus-, vgl. Hundanurscher

(1968:

155f.) sowie Zf. 7.2.5. dieser Arbeit. H i e r anschließbar ist ferner: Der W e g ist gut bezeichnet D a g e g e n sind Einspannungen wie Er bezeichnet den W e g mit Papierschnitzeln nicht ornativ und m.E. isoliert.

14 Das gilt vermutlich z.B. für das in Zf. 5.1. Anm. 3 zitierte Beispiel bekopieren; dadurch wird deutlich, daß auch die Gruppe 2.1.1. m gewissem U m f a n g produktiv ist.

129 2.2. Beflaggen Die Sie Die Die Sie Der Die Der Der

Handwerker bedachen das Haus beflaggen den Mast Schwester bepflastert die Wunde Männer bereifen den Wagen beringen die Tauben Meister besaitet die Geige Männer beschottern die Straße Schuster besohlt die Schuhe Gärtner bestielt die Hacke

Während in 2.1. bestimmte Eigenschaften des Modellrahmens feststellbar waren - in 2.1.1. konnte man Sa charakterisieren als Schriftstück, Sammelmappe o.ä., in 2.1.2. als Buch, in 2.1.3. als (Verkehrs)weg -, ist dies in der Gruppe 2.2. nicht möglich. Aus den eingangs genannten Gründen ist die Auswahl relativ willkürlich; ich habe mich bemüht, tatsächlich hur solche Verben aufzuführen, die m.E. zweifellos der Horm angehören. Verben, die nur als Partizipien realisiert sind, finden sich in den Gruppen 2.4. und 2.5. Den synthetischen Präfixbildungen dieser Gruppe lassen sich nun freilich ähnliche Bildungen an die Seite stellen: akzeptiert man bedachen, so ist befirsten nicht fern; genau wie beflaggen ist bewimpeln gebildet; zu besaiten stellt sich beseilen usw. Um die Produktivität des Typs einerseits herauszustellen, andrerseits die Auswahlkriterien, die ich mir gewählt habe, beizubehalten, um die Darstellung nicht unausgewogen ausfallen zu lassen, gebe ich anschließend eine Liste von Verben, die sich zweifelsfrei in den Typ II einordnen lassen, über deren Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zur Norm ich jedoch nicht entscheiden kann. Diese Liste enthält Verben, die sich in WM zusätzlich fanden. Nicht aufgeführt habe ich solche Verben, die in dieser Arbeit als Partizipien (in.2.4. oder 2.5.) aufgeführt sind, bei Mackensen aber als Infinitive. Ferner fehlen solche Verben, die in meiner Systembeschreibung an anderer Stelle auftauchen, z.B. Mackensens Ansatz beschirmen: 'mit einem Regenschirm bedecken' neben der Bedeutung 'beschützen'; dies soll möglichen Irrtümern vorbeugen. Es bleiben dann bei Mackensen folgende Verben übrig: bebleien, bebohlen, beborten, bedeichen, bedielen, bedornen, beeisen (zu Eisen und Eis), befirsten, befloren, beharnischen, behauben, beholzen (mit Holz versehen, verkleiden), bekielen, bekiesen, beklotzen (mit Klötzen versehen), bekrusten, belappen, beledern, beieisten, belorbeern, bemasten, bepfählen, be-

130 planken, beplatten, bepolstern, berahmen, beriegeln, berühren, berosen (zu Rose), berudern (mit R u d e r n versehen), besacken, beschienen, beschleiern, beschleusen, beschwänzen, beschweifen (mit Schweif versehen), beschweissen, beseilen, besporen, bestählen (mit Stahl überziehen), betäfeln, betränen, betroddeln, beturbanen, betürmen, bewehren (mit einer W e h r versehen), bezäunen, bezinnen. Ich kann mir nicht vorstellen, daß es jemanden geben sollte, der alle diese V e r b e n für in gleicher W e i s e akzeptabel hält. Auf der anderen Seite sind alle V e r b e n verständlich und

systemmöglich.

Es k a n n aber nicht Aufgabe dieser Untersuchung (und auch nicht die eines Lexikons einer Grammatik) sein, alle lediglich

system-

m ö g l i c h e n Verben aufzuzählen, dann müßten nämlich auch die ben" besteinen, betellern und betischen, die mir gerade

"Ver-

einfal-

len, aufgezählt werden, und viele andere mehr. Im ü b r i g e n gibt es in der Systemmöglichkeit gewisse Abstufungen, die vor allem auf konkurrenten Systemansätzen beruhen. W e n n es also auch richtig ist, daß V e r b e n mit dem Präfix be- im heutigen D e u t s c h ornativen Typ par excellence

"den

... repräsentieren", vgl. Marchand

(1971:318), so heißt das nicht, daß die Be-Verben

uneingeschränkt

produktiv sind. Die hervorragende Stellung unter den Ornativen h a b e n sie in erster Linie deshalb, weil die Inhaltsleere von b e neugebildete Be-Verben des Typs II als reine V e r b a l i s i e r u n g e n des ornativen Verhältnisses erscheinen läßt, während K o n k u r r e n z bildungen zusätzliche Bedeutungsnuancen aufweisen und dadurch bestimmte Bedeutungsbereiche so stark besetzen, daß B e - V e r b e n in diesem Bereich nicht neu gebildet werden. So sind etwa die in der Liste aufgeführten V e r b e n besohlen und bedielen weniger

akzepta-

bel als die entsprechenden Bildungen mit aus-; der Grund dafür dürfte die feste Position sein, die auslegen in der Einspannung Er legt das Zimmer mit Teppichfliesen aus im Aus-System inne hat, wodurch weitere B i l d u n g e n m ö g l i c h werden, vgl. dazu Hundsnurscher (1968:152ff.). Durch Nullmorphem leitete V e r b e n bilden eine weitere Konkurrenzgruppe:

abge-

berahmen

erscheint ungebräuchlich gegen einfaches rahmen, betäfeln gegen einfaches täfeln, usw., vgl. Kulak

(l964:152f).

Völlig

ungewöhn-

lich sind V e r b e n wie *bebleien, »bestählen usw.; Ornativa, die lediglich das 'Versehen mit einem M a t e r i a l ' bezeichnen, werden mit den verschiedensten W o r t b i l d u n g s m i t t e l n gebildet, die die

131 _ 15 semantisch zu blassen B e - V e r b e n verdrängt haben. Ein gegenläufiger Einfluß scheint freilich durch entsprechende B i l d u n g e n mit ent- zu bestehen; ein Verb wie beeisen erscheint in der o.a. Liste wohl nur deshalb, weil enteisen völlig akzeptabel ist, vgl. dazu Zf. 7.2.9. dieser Arbeit. 2.3«

Bekacken

Der Junge bekackt sein Bett Er bekakelt sein Bett Der Betrunkene bekotzt das Trottoir Der Hund bepinkelt die Gartentür D e r Hund bepißt die Gartentür Der Alte berotzt den Fußboden Das Kind besabbert sein Lätzchen Der V o g e l bescheißt sein Nest Die Jungen beschiffen die Mauer Der Verbrecher bespeit die Polizisten Der Fremde bespuckt das Plakat Diese zweite große Gruppe von verba maculandi steht insofern im Typ II etwas isoliert, als es sich durchweg um echte

Präfixbil-

dungen handelt. Die V e r b e n sind stets zweiwertig und n e h m e n nie ein zusätzliches pSd zu sich; die V e r b e n sind so eindeutig, daß eine Spezifizierung des im Verb vorhandenen ORN nicht notwendig ist. Außer bekakeln lassen sich sämtliche V e r b e n freilich auch als synthetische Bildungen aus Substantiven auffassen;

okkasio-

nelle Bildungen sprechen allerdings gegen diese Auffassung,

da

es sich meist um echte Präfixbildungen handelt. Die Gruppe ist in der niederen Umgangssprache sehr produktiv, so bringt Küpper (WK) eine Reihe gleichartiger

Bildungen

wie bebaumölen, beömmeln usw.; auch in der Jägersprache

finden

sich weitere Bildungen. Einige spezielle Einspannungen, die vor 15 Zu den K o n k u r r e n z b i l d u n g e n zu ornativen Be-Verben vor allem des Typs II vgl. ausführlich Zf. 7.2.5. (aus-),7.2.8« (ein-), 7.2.11. (über-), 7.2.12. (ver-) sowie 7.2.16."(SimpliziäTT" 16 Die Auffassung als synthetische Bildung entspräche dem in der Einleitung des Typs geschilderten Ansatz von Marchand (1971); vorteilhaft wäre, daß m a n dann die in der Typentafel angegebene Ableitungsstruktur beibehalten könnte. Paßt m a n die V e r b e n dagegen als echte Präfixbildungen auf, so ist folgende Ableitungsstruktur anzusetzen: A x-t an, gegen B A be-x-t B Akzeptiert m a n diese Auffassung, so ist es vermutlich sinnvoller, die Gruppe direkt neben die Gruppe 2.6. zu stellen und nicht zwischen die eindeutig synthetischen Gruppen 2.2. und 2.4.

132 allem im Soldatendeutsch Verwendung finden, wie Bepiß dich nicht! Er beschifft sich (vor Angst) haben im System der Be-Verben keine Auswirkungen. Konkurrenzbildüngen mit an- scheinen noch direkter und drastischer zu sein; Hauptkennzeichen dieser An-Verben ist es allerdings, daß sie häufig Sa +Hum aufweisen (s.u. Zf. 7.2.3.). 2.4. Bebrillt In der Gruppe 2.4. finden sich Verben, die in der Norm nur als Partizipien realisiert sind. Ich führe die Verben in der Form attributiver Adjektive an, da auch sie bestimmte Selektionsrestriktionen bezüglich der mit ihnen verbindbaren Nomina aufweisen. ein (bunt) bebänderter Hut eine beblechte Brust ein bebrillter Jüngling ein befrackter Kellner eine behaarte Brust eine behandschuhte Hand ein behelmter Feuerwehrmann ein (un)behoster Knabe ein beleibter Mann ein bemützter Student ein bepanzerter Krieger eine bepelzte Jacke eine beringte Hand ein (weiß)beschuhter Fuß ein beschürztes Serviermädchen ein bestiefelter Fuß ein (schwarz)bestrumpfter Fuß eine betreßte Jacke ein bezopfter Lakai Die meisten dieser Verben sind auch in der Fügung Partizip + sein üblich. Die Gruppe bezeichnet äußere Kennzeichen von Menschen, Körperteilen oder Kleidungsstücken. Die meisten Verben dieser Art sind in WG aufgezeichnet, teilweise nur dort wie z.B. befrackt, behost. Modifizierende Dekomposition ist häufig, vor allem mit un- oder mit Farbadjektiven. Die Verben sind überwiegend literarisch; sie finden sich sehr häufig in Kontexten, in denen bestimmte, meist ironische Wirkungen durch eine gewisse Künstlichkeit der Sprache erzeugt werden sollen; es ist sicher nicht zufällig, daß sich Thomas Mann solcher Bildungen sehr gerne bedient. Die Gruppe ist produktiv, einige der angeführten Ver-

133 ben sind eher okkasionell-, Scherzbildungen wie sie ist gut behütet in der Bedeutung 'hat einen bemerkenswerten Hut auf dem Kopf' zeigen, daß die Gruppe allgemeinsprachlich virulent ist. Aber auch in scherzhaften Ausdrucksweisen wird kaum eine andere Form als das Partizip verwendet; ferner bildet keines der o.a. V e r b e n ein Verbalsubstantiv auf - u n g . Ich halte es nicht für sinnvoll, diese Gruppe als echte Adjektivbildungen

aufzufassen

und ihnen eine eigene Ableitungsstruktur etwa der Form A hat x

A ist be-x-t

zuzuschreiben, dann wäre nämlich auch für die Partizipien g e salzen, gerahmt oder vereist eine solche Ableitungsstruktur

an-

zusetzen, was offensichtlich unsinnig ist. Genau diese P o s i t i o n scheinen mir aber alle die Autoren ungewollt zu beziehen, die Partizipien wie bebrillt, besorgt, behämmert, bemoost usw. zu einer Gruppe zusammenfassen; dabei wird völlig übersehen, daß sich der überwiegende Teil dieser Bildungen ohne

Schwierigkei-

ten nach Bildung wie Bedeutung in vorhandene Gruppen

einglie-

dern läßt, wie dies die Gruppen 2.4., 2.5. und andere in dieser Arbeit zeigen. Faßt man allerdings Ableitungsregeln nicht als Prozesse auf, sondern als R e d u n d a n z r e g e l n ähnliche Statements Uber bestehende Beziehungen im Lexikon (s.o. Zf. 2.3.), so ließe sich freilich eine solche R e g e l formulieren, und zwar für sämtliche Partizipien deutscher Verben, vgl. den Vorschlag zum englischen Passiv in Starosta (1971b:96 - 100). Diese Ideen k a n n ich jedoch hier nicht mehr ausführen. Als zentrales M u s t e r für die Gruppe 2.4. ist wohl das P a r t i zip von bekleiden anzusehen. W e i s g e r b e r (1958:100) reiht das Verb unt er Ableitungen aus Substantiven ein; die genaue E i n o r d nung des Verbs bleibt jedoch unklar. So wird S. 23 konstatiert, bekleiden sei intensiver als kleiden, S, 25 findet sich die Paraphrase

'mit K l e i d e r n ausstatten', S. 33 heißt es 'mit Kleidung

ausstatten' und S. 72 'Kleider geben', ebenso S. 92. D a gerade bekleiden in Weisgerbers energetischen Ausdeutungen eine w e sentliche Rolle spielt, scheint eine genauere Analyse n o t w e n dig. Soweit ich sehe, sind vier verschiedene Einspannungen ü b lich: E r ist nur notdürftig bekleidet, mit einem Nachthemd kleidet M a n bekleidete ihn mit k o s t b a r e n Gewändern

be-

134 Die Wände sind mit Teppichen bekleidet Er bekleidet das Amt des Bürgermeisters Kit dem Verb kleiden besteht kaum ein Zusammenhang, d a die

je-

weiligen Einspannungen verschieden sind. M.E. am seltensten ist die Einspannung, die durch die Paraphrase

' jmd. mit K l e i d e r n a u s -

statten' charakterisiert wird. Hauptverwendungsweise ist die agenslose Konstruktion, also das Partizip; Prägungen wie Er ist mit einem Frack Er ist befrackt

bekleidet

sind Vorbild für die Gruppe 2.4. Es liegt also bei bekleiden ein ähnlicher Grenzfall vor wie bei beschriften (s.o. Gruppe denn weder kann Kleid als Archilexem für denkbare

2.1.1.'),

pSd-Besetzun-

gen wie Prack oder Unterhose angesehen werden, noch besteht

ein

klarer Zusammenhang mit dem Verb kleiden. 2.5»

Belauben

Diese Gruppe enthält Verben, die vor allem Vorgänge in der Natur bezeichnen. Die einzelnen Untergruppen sind durch bestimmte

syn-

taktische Eigentümlichkeiten bestimmt; einige V e r b e n sind nur als Partizipien realisiert, einige

sind reflexiv

gebräuchlich

und einige sind Intransitiva; die Grenzen zwischen den Gruppen sind fließend. 2.5.1. Besandet ein bemehltes Backblech ein bepuderter Kinderpopo berußte Wände ein besandeter W e g bestaubte Bücher bezuckerte Plätzchen Diese Verben, die ich hier als Partizipien aufführe, stehen in enger semantischer Beziehung zur Gruppe 1.6.2. "Beschütten". Die hauptsächliche Verwendungsform ist sicherlich das Partizip und die Fügung mit sein, aber auch aktivischer Gebrauch scheint akzeptabel : Sie bemehlt das Blech Sie bepudert das Baby mit Fissan Eine klare Grenzziehung scheint mir hier nicht möglich. Der E i n fluß der Gruppe 1.6.2. ist offensichtlich; andrerseits

erschei-

nen mögliche Neubildungen stets als Partizip. Ferner handelt es

135 sich um synthetische Präfixbildungen mit allen Eigenschaften des Typs II. 2.5.2.

Beblättert

.ein (dicht)beblätterter Zweig eine beblümte Wiese bebuschte Hänge (bunt)befiederte Vögel begrannte Ähren begraste Grabhügel bereifte Wiesen berindet.es Holz beschilfte Ufer beschneite Hänge ein beschrankter Bahnübergang ein besternter Himmel eine betaute Wiese bewaldete Höhenzüge bewimperte Blütenblätter Alle diese Verben sind nur als Partizipien realisiert, sie treten auch in der Fügung Partizip + sein auf. Die Einführung eines AG ist m.E. in keinem Fall möglich. Modifizierende Dekomposition ist häufig, vgl. unbewaldet, dichtbeblättert usw. Die Gruppe scheint überwiegend literarisch; sie ist in diesem Bereich auch produktiv gemäß den Bedingungen des Typs II; man vgl. etwa die Vorschläge bebuchsbaumter, bebirkter Weg in Stoltenberg (1936). 2.5.3« Behaaren Der Wald begrünt sich Die Tierkinder behaaren sich Der Wald belaubt sich Die Pflanzen bewurzeln sich Der Himmel bedeckt, bewölkt, bezieht sich Anschließbar an die vorangehende Gruppe sind diese Reflexiva; sie treten alle auch als Partizipien auf. Die Besetzung von Sn durch ÄFF folgt der Subjektbesetzungsregel. Es ist wohl nicht sinnvoll, Sn und das Reflexivpronomen als zwei verschiedene Kasus repräsentierende Mitspieler aufzufassen; viele deutsche Verben, die ÄFF in Sn-Position aufweisen, sind so konstruiert, wobei entsprechende englische Verben einwertig sind: Der Stein bewegt sich - The stone moves Die Tür öffnet sich - The door opens Ferner ist darauf hinzuweisen, daß von der semantischen Struktur

136 her zwischen den reflexiven V e r b e n dieser Gruppe und den einw e r t i g e n V e r b e n von 2.5.4-. k e i n Unterschied besteht. Die syntaktische Eigentümlichkeit dieser V e r b e n verändert

natürlich

die Angaben der Typentafel völlig; die V e r b e n sind zu beschreiben als: ÄFF; Sn, Sa-refl.Pron.; Sn: +Konkr. Eine eigene Ableitungsstruktur (etwa: A wird x

A be-x-t sich) scheint mir

nicht sinnvoll zu sein. 2.5.4. Die Der Der Das Die Die Das Der

Beschlagen Fenster belaufen Stein bemoost Stoff beschießt Brot beschimmelt Fenster beschlagen Bücher bestauben Brot betrocknet Stein bewächst

Schon Wilmanns (1896) weist auf diese kleine Gruppe hin, die die einzigen nicht-lexikalisierten Be-Verben intransitiver R e k t i o n enthält. Auch hier repräsentiert S n einen ÄFF, d.h. weder AG, INSTR noch ORN können in einfachen Sätzen mit diesen V e r b e n 17 auftauchen. Semantische B e z i e h u n g e n bestehen zur Gruppe 1.9.3.1. "Beranken". Die Gruppe ist offenbar so fest im S p r a c h gefühl verankert, daß bisweilen auch einige V e r b e n aus der Grup18 pe 2.5.2. intransitiv gebraucht werden: Das Ufer beschilft Dieser Ausdehnung des intransitiven Gebrauchs stehen allerdings Konkurrenzbildungen mit v e r - entgegen: Das Ufer verschilft Diese Bedeutungsgruppe ist im Ver-System stark besetzt, vgl. z.B. versteppen, veröden, verlanden usw.; die

entsprechenden

V e r - V e r b e n h a b e n gegenüber den B e - V e r b e n eine starke negative Komponente, vgl. Tellenbach

(1971:200f.).

17 E i n s p a n n u n g e n wie D e r S t e i n ist mit Moos bewachsen gehören natürlich nicht hierher, sondern in die Gruppe 1.9.3.1. 18 V g l . W e i s g e r b e r (1958:88f.), wo diese Möglichkeit allerdings etwas überschätzt wird, vor allem dadurch, daß auch andere Partizipien so betrachtet werden; m.E. ist sie auf die Gruppe 2.5.2. beschränkt.

137 2.6. Betanken Der Das Die Die Der

Heizer befeuert den Kessel M ä d c h e n behaucht die Scheibe Anlage beheizt die Siedlung Anlage belüftet den M o t o r Tankwart betankt den LKW

Diese echten Präfixbildungen stehen etwas isoliert; das verwundert insofern, als sie durchweg nicht sehr alt sind. Gewisse semantische Verbindungen bestehen zur Gruppe 1.6.

"Begiessen";

aber m.E. sind alle V e r b e n von 2.6. stets zweiwertig, d.h. führen nie ein ORN repräsentierendes pSd mit sich;

andrerseits

läßt sich auch nicht sagen, im Stammverbbegriff sei ORN enthalten, wie dies bei den anderen V e r b e n des Typs II (und auch der von der Bildung her verwandten Gruppe 2.3.) möglich war. Die Gruppe scheint produktiv, was vor allem durch das junge Verb betanken nahegelegt wird. M a n wird diesen V e r b e n vielleicht am ehesten gerecht, wenn man sie als Bindeglied zwischen den Typen 19 I, II und III ansieht.

Typ III: BEARBEITEN Kasusstruktur: AG, INSTR, ÄFF Valenz: 2 (3) Kategorialer Rahmen: Sn, Sa, (pSd) wobei p = mit Distribution: Sn:

+Hum

Sa:

+Konkr

pSd:

+Konkr

Interne Struktur: (Be - (x - en)) wobei B e - = Ds., (x - en) = Dm. 19 Die linguistischen Fachausdrücke betonte, behauchte K o n s o n a n ten o.ä. sind fachsprachlich festgelegt und eher an 2.2. anzuschließen.

138 Ableitungsstrukturen: (a) Der A x-t den B Der A be-x-t den B (b) Der A x-t an B herum/auf B/an B/in B Der A be-x-t den B (c) Der A nutzt den B x-end Der A be-x-t den B Der Typ III umfaßt abermals Verben, die eine konkrete Tätigkeit bezeichnen. Die Untergruppen weisen z.T. starke Eigengesetzmäßigkeiten auf, weichen aber nicht von der gegebenen Typenbeschreibung ab. Etwas willkürlich erscheint der Anschluß der in sich völlig geschlossenen Bedeutungsgruppen 3.6. und 3.7.; ich habe sie nur aus dem Grunde nicht unter Ziffer VII, den isolierten Bedeutungsgruppen aufgeführt, weil die dort verzeichneten Verben und Verbgruppen fast ausschließlich abstrakten Charakter haben. Fast alle hier verzeichneten Verben sind echte Präfixbildungen. Dabei ist allerdings zu beachten, daß die Simplexverben ihrerseits zum großen Teil desubstantivische Nullableitungen darstellen, vgl. Marchand (1971:317). Es ist m.E. in einer synchronen Untersuchung müßig, die Frage zu stellen, ob nun Feile von feilen oder feilen von Feile abgeleitet ist; nur auf dieser Basis aber ließe sich die Frage entscheiden, ob befeilen von feilen oder von Feile abgeleitet ist, vgl. die unbefriedigenden Antworten Weisgerbers (1958:101), wo ähnliche Fragen gestellt werden» Daraus ergibt sich unmittelbar die Problematik der angegebenen Ableitungsstrukturen, die hier besonders unbefriedigend sind» Viel wichtiger ist die Feststellung, daß die Verben des Typs III grundsätzlich keine Ornativa darstel20 len. Eine zusätzliche Präpositionalphrase mit mit repräsentiert stets einen INSTR; die Besetzung von Sn durch INSTR gemäß der Regel R 1 ist oft möglich. Stammverben, die auch als Substantiv realisiert sind wie z»B. Feile bei befeilen haben 20 Unklar bleibt dies bei Marchand (1971:317), nicht erkannt ist das Faktum bei Weisgerber (1958:101), wo bearbeiten, wenn man es als aus dem Substantiv Arbeit abgeleitet auffaßt, als Oraativum gefaßt wird.

139 häufig die Funktion eines Archilexems für die Besetzung der (in diesem Falle instrumentalen) Präpositionalphrase mit mit. Auch im Typ III ist S a in der Regel auf - A n i m zu v e r s c h ä r fen. Als Grundmuster sind die V e r b e n bearbeiten und behandeln anzusehen; die Tatsache, daß diese V e r b e n in einer Vielzahl anderer Einspannungen auftreten, dürfte die Ursache für eine Fülle abstrakter Analogiebildungen sein; vor allem die sog. Zuwend-Ornativa Weisgerbers lassen sich wesentlich

einfacher

in Analogie zu diesen Verben erklären als zum Typ II; solche Bildungen sind allerdings gemäß der Typenbeschreibung hier ausgeschlossen. 3«1»

Bearbeiten

Der Handwerker bearbeitet das Werkstück Er behandelt den Fußboden Diese beiden V e r b e n haben einen sehr großen

Anwendungsbereich

(s. R e g i s t e r ) . Bearbeiten k a n n man mit Weisgerber (1958) wohl nur dann als Ornativum auffassen, wenn man seine Definition des Begriffs ornativ als Sammelname verschiedenartigster,

voneinan-

der völlig unabhängiger Funktionen übernimmt; dann könnte m a n aber auch behandeln gegen Weisgerber (106) so analysieren. Beide V e r b e n k ö n n e n als Archilexeme für die Verben der Gruppen 3.2. — 3.4. fungieren; die V e r b e n dieser Gruppen

entstammen

h a u p t s ä c h l i c h den Lebensbereichen Handwerk, Technik, M e d i z i n und Landwirtschaft; in fast allen Fällen ist eines der V e r b e n bearbeiten oder behandeln für ein spezielleres Verb tuierbar. Angemessen wäre für beide V e r b e n eine

substi-

monographi-

sche Darstellung, die hier nicht gegeben werden kann; ich h a be die Verben jedoch in allen Bedeutungsgruppen aufgeführt,

in

die sie sich aufgrund ihrer Variabilität einordnen lassen (vgl. auch den Artikel bei Helbig/Schenkel

(1969:82) zu bearbeiten).

3.2. Beackern Die in dieser Gruppe aufgeführten V e r b e n entstammen g r ö ß t e n teils dem landwirtschaftlichen Bereich; S a bezeichnet 'Boden, Anbaufläche, nutzbares

Land'.

stets

140 3.2.1 • Bestellen Der Bauer beackert sein Land Er bearbeitet den Boden Er bepflügt den Boden Er bestellt sein Land Die Verben stehen in semantischer Beziehung zur Gruppe

1.3.1.

"Begrünen"; den Verben des Typs III fehlt jedoch die ornative Bedeutung

jener Gruppe. Verben wie beharken und bepflügen be-

zeichnet Hittmair (1882:106) als neben den Grundwörtern

pflügen

und harken veraltend. Ich habe bepflügen vor allem deshalb aufgenommen, weil das Stammverb sehr kompositionsfreudig Mater (LM) 13 Ableitungen);

ist (nach

ein Stammverb, das in vielen ak-

zeptablen Ableitungen enthalten ist, wird auch beim

Auftreten

mit anderen Präfixen oder Partikeln eher akzeptiert als eines, das nur wenige Ableitungen bildet, deshalb wurde z.B. beharken nicht aufgenommen. Natürlich ist auch dieses Verb

okkasionell

möglich. 3.2.2. Beforsten Der Bauer beforstet das Waldstück Er beholzt den Wald Er besömmert die Felder Er bewirtschaftet sein Land Auch dies sind keine Ornativa. Die Strukturbedeutung dieser Verben ist in etwa 'Ä nutzt B x-end', es handelt sich also um Pseudopräfixbildungen. Hierher gehören auch bejagen und

befi-

schen: Er befischt die Seen Er bejagt das Revier Vor allem diese beiden Verben haben bestimmte strukturelle Ähnlichkeiten zur Gruppe 3.7. "Befahren". Fachsprachlich

scheint

die Gruppe produktiv zu sein. Das Verb bewirtschaften ist auch in anderen Bedeutungsbereichen üblich und in vieler Beziehung synonym mit verwalten geworden, vgl. Gruppe 7.3.6. Ebenfalls aus einem anderen Bedeutungsbereich

stammt die folgende Ein-

spannung von bespielen, die sich hier anschließen läßt: Die Werkraumbühne wird Eine Alternative

jeden 2. Abend

bespielt

zur problematischen Einordnung der Verben der

Gruppe 1.9.4. "Bewohnen" bietet diese Gruppe. In diesem Falle wäre der Satz

141 Er bewohnt ein Appartement als AG, AFP zu analysieren; dazu müßte man jedoch m.E. die Definition von AG erweitern. Durch die Parallele dieses Satzes zu Unkraut bewächst den Rain scheint mir die Analyse ORN, AFP für beide Sätze eher angebracht.

3.2.3.

Begrasen

Rotwild beäst die Lichtung Die Kühe begrasen die Wiese Die Kühe beweiden die Alm Diese Verben haben (gegen Wilmanns ( 1 8 9 6 : 1 4 3 ) )

keine privative

Bedeutung; man müßte sonst auch befeilen, behauen usw. als privativ bezeichnen; daß in diesen Verben von Sa etwas entfernt wird, ist eine sekundäre Erscheinung, die für die Bedeutung des Verbs nicht relevant ist. Sn ist hier +Anim/-Hum.

3.3« Behauen In dieser Gruppe finden sich Verben aus verschiedenen handwerklichen Bereichen. Ähnliche Schwierigkeiten in der Auswahl des Materials wie in der Gruppe 3.2. für bepflügen, beharken usw. bestehen auch hier. Einige Be-Verben haben Simplizia bzw. Nullableitungen gleicher Bedeutung als Konkurrenzbildungen neben sich, vgl. etwa bürsten neben bebürsten, hobeln neben behobeln usw. Dadurch, daß beide Verben die gleiche Konstruktion haben, ist die Konkurrenz besonders stark. Hittmair (1882:106) stellt fest, daß die Be-Verben neben den Simplexverben veralten; auf Seite 158 wird dagegen behauptet, "die durch be- erzeugte Verstärkung besteht in Intensität, zuweilen auch Iteration." Beide Bewegungen sind gegenläufig. Die durch gleiche Bedeutung und Konstruktion entstehende Redundanz wird im allgemeinen dadurch aufgehoben, daß entweder eines der beiden Verben veraltet, wie z.B. bebürsten, oder daß sich die Verben in Bedeutung und Anwendungsbereich differenzieren; diese Differenzierung entsteht vor allem durch den Einfluß des Leitverbs bearbeiten (z.B. bei hauen vs. behauen). Da die Gruppe fachsprachlich produktiv ist (vgl. Reinhardt (1966:188)), muß jederzeit damit gerechnet werden, daß eigentlich "veraltete" Verben wieder neu gebildet und verwendet werden können. V;G ist m.E. dieser Grup-

142 pe gegenüber zu vorsichtig, ich habe deshalb die dortigen Belege ergänzt. 3«3.1» Behämmern Der Handwerker behämmert das Blech Er behaut den Stein Er beschlägt die Stämme Er bestößt die Druckbögen Die Männer bewaldrappen die Baumstämme Sie bewaldrechten die Baumstämme Alle diese Verben bezeichnen ein 'Schlagen'. Sie sind stark fachsprachlich, vor allem die letzten beiden. Der Kontextrahmen differenziert beschlagen in dieser Bedeutung von der in der Gruppe 1.3.5»; das Verb steht hier unter der Prägung von be21 arbeiten und hat keine ornative Bedeutung. 3.3.2. Behobeln Der Geselle befeilt den Schlüssel Er behobelt die Platte Er besäumt die Bretter Er beschneidet die Bögen Er beschnippelt das Blatt Von besonderer Bedeutung für diese fachsprachlich produktive Gruppe ist es, daß Übertritte einzelner Verben aus dem Typ II erfolgen, die ihre ornative Prägung verlieren. So bedeutet Bretter besäumen nicht 'Bretter mit einem Saum versehen', sondern 'parallel zusagen 1 , ähnlich kann man bekanten analysieren: die Hauptbedeutung des Verbs liegt darin, daß Bretter bearbeitet, aus einem Zustand in einen anderen überführt werden; die Grenzen sind hier fließend, Die fachsprachliche Produktivität der Gruppe zeigt sich an okkasionellen Bildungen wie behacken, beraspeln, beschaben, beschälen, beschroten, die alle die Bedeutung 'durch Hacken, Raspeln usw. bearbeiten' aufweisen.

21 Auch die Gruppe 3.3» und ihre Untergruppen lassen die Einordnung der Leitverben behandeln und bearbeiten zu: Sie behandeln den Pieck mit Benzin Der Geselle bearbeitet das Werkstück mit der Peile Allerdings fehlen diesen Einspannungen die zusätzlichen Bedeutungsmomente der Gruppen 3.3.1. und 3-3.2.

143 3.4. Behandeln Für technische Verfahrensweisen sind einige Neubildungen üblich geworden, die Weisgerber (1958) zum Großteil fälschlich als Ornativa bezeichnet; die Verben haben nicht die Bedeutung, 'mit Schall, Gas usw. v e r s e h e n ' , sondern 'mit Schall, Gas usw. b e h a n d ein'. 3.4.1. Die Die Die Die Die Der

Beschallen Anlage bebrütet Bakterienkulturen Maschine bedampft den Beton Anlage begast den Werkstoff Kamera belichtet den Film Anlage beschallt den Werkstoff Apparat bestrahlt das Metall

Die Beispielsätze enthalten als Sn stets einen INSTR, da diese Verwendungsform besonders häufig ist. Die Gruppe ist offenbar 22 produktiv in Technik und Wissenschaft. 3«4«2. Bestrahlen Der Arzt begast den Krankheitsherd Er behandelt die Wunde Er beschallt das Trommelfell Er bestrahlt die Entzündung Es wäre zu prüfen, ob nicht sämtliche Bildungen der Gruppe 3.4. dem medizinischen Bereich entstammen, die meisten Bildungen sind dort üblich und vermutlich nach dem Vorbild von behandeln entstanden. Sa kann bisweilen in dieser Gruppe auch +Anim sein, aber in der Regel wird Sa mit der Bezeichnung des Körperteils, der Verletzung o.ä. besetzt. Drei ältere Verben, die sich im Gegensatz zu den übrigen (jedenfalls j_n dieser Einspannung!) schon bei Hittmair (1882) finden, lassen sich hier anschließen: Er beatmet den Mann Er beschneidet das Kind Er betäubt den Kranken Beatmen weist gewisse ornative Züge auf, ist wohl auch ursprüng22 Auch beschiessen ließe sich evtl. hier anschließen: Die Anlage beschießt Goldplatten mit Elektronen Dieser Anschluß liegt vor allem deshalb nahe, weil bei den Verben der Gruppe 1.7. "Beschießen" die Analyse von pSd als ORN nicht ganz eindeutig war.

144 lieh eine Bildung nach Typ II; in den meisten Verwendungen ist jedoch nicht mehr die Strukturbedeutung 'mit Atem versehen' anzusetzen, sondern eher 'durch Zuführung von Sauerstoff funktionsfähig halten' (vor allem, wenn künstlich beatmet wird!). Betäuben ist wohl ursprünglich faktitiv, die hier aufgeführte Einspannung ist nicht die einzige (vgl. Gruppe 6.2.); die anderen Einspannungen dieses stark lexikalisierten Verbs lassen sich aber von der hier aufgeführten her entwickeln. Die Vokabelbedeutung von beschneiden läßt sich ebenfalls in diese Gruppe einfügen . 3.5. Beleuchten pSd repräsentiert hier stets einen INSTR; einige Verben sind nur mit Sn als INSTR möglich. 3.5»1. Bestrahlen Die Firma beleuchtet die Ausstellungsräume Der Scheinwerfer bestrahlt die Bühne Es läßt sich nicht übersehen, daß diese Verben in irgendeiner Form ornative Züge enthalten. Schwierige Fälle sind z.B.: Die Lampe beleuchtet den Raum mit einem milden Licht Ich selbst halte diesen Satz für unakzeptabel, Informanten waren teilweise anderer Meinung. pSd ist in diesem Satz auf jeden Fall ein ORN. Ähnliche Einspannungen wurden teilweise auch für —beglänzen und bescheinen (s.u.) akzeptiert. In diesem Fala le wäre die ganze Gruppe 3.5. dem Typ I zuzurechnen.

Hier an-

zufügen ist auch das Verb beschatten: Die Dame beschattet ihr Gesicht 3.5.2. Beglänzen Die Sonne beglänzt die Fluren Der Mond bescheint die Felder Sn ist hier stets durch INSTR besetzt; pSd-Ergänzung er23 Die auftretenden Schwierigkeiten liegen offenbar am Medium Licht. Im Typ I wäre die Gruppe hinter 1.7. "Beschießen" anzuordnen. Die Tatsache, daß pSd in den meisten Fällen als eindeutiger INSTR analysierbar ist, hat mich dazu veranlaßt, die Gruppe im Typ III anzuführen, dessen instrumentaler Charakter deutlich ist.

145 scheint mir unakzeptabel: *Die Sonne beglänzt die Fluren mit einem hellen Schein Nur als Partizip oder mit dem Hilfsverb lassen ist besonnen üblich: besonnte Hänge Er läßt sich den Bauch besonnen Weitere Bildungen sind m.E. literarisch und okkasionell, die Wörterbücher verhalten sich nicht einheitlich. Lenkbare Bildungen sind etwa beglühen, beflimmern, befunkeln, beschimmern usw. 3.6. Begatten Wie schon eingangs erwähnt, sind die Gruppen 3.6. und 3.7. in sich besonders geschlossen; beide stehen im Typ III etwas isoliert, scheinen hier jedoch besser anschließbar als an Typ VII. Die Gruppe 3.6. ist vor allem in der Landwirtschaft und der Jägersprache stark vertreten. 3.6.1. Beschälen Der Der Der Der Der Der Der

Rüde begattet die Hündin Eber beläuft die Sau Hengst belegt die Stute Hengst beschält die Stute Rüde bespringt die Hündin Hahn besteigt die Henne Hahn betritt die Henne

Sa ist hier stets +Anim; einige Verben haben zusätzliche Restriktionen (so beschälen nur für Pferde, usw.). Die Gruppe ist landwirtschaftlich und vor allem in der Jägersprache breit ausgebaut. Die Verben sind auf Tiere beschränkt, vulgärsprachliche Ausdrucksweise läßt die Verwendung einiger Ausdrücke für Geschlechtsbeziehungen auch zwischen Menschen zu, dabei sind okkasionelle Einspannungen etablierter Verben aus anderen Gruppen möglich. Das Verb beschlafen ist m.E. veraltet neben dem Simplex mit ,jmd. schlafen. 3.6.2. Befruchten Der Samen befruchtet die Eizelle Das Männchen begattet das Weibchen Das Männchen besamt das Weibchen Diese Verben bezeichnen den technischen Vorgang der Befruchtung. Sn ist selten als AG realisiert; sehr häufig sind Ausdrücke, die

146 bezüglich des Be-Verbs AG-los sind: Die Genossenschaft läßt die Kühe besamen Die Eizellen werden künstlich befruchtet Für die Befruchtung bei Pflanzen finden sich: Die Bienen befliegen die Blüten Der Wind bestäubt die B l ü t e n Etwas abweichend in der Bedeutung, aber hier anschließbar ist schließlich: Die Henne bebrütet die E i e r 3.7. Befahren Die Stammverben dieser Gruppe sind V e r b e n der Bewegung; mit solchen V e r b e n werden sonst keine B e - V e r b e n gebildet. Dies dürfte der Hauptgrund für die Geschlossenheit der Gruppe und ihre etwas isolierte Stellung im Be-System sein. Es handelt sich durchweg um echte Präfixbildungen. 3.7.1. Bereisen Der K a p i t ä n befuhr die 7 Weltmeere Er beflog alle Routen der Welt Er bereiste den fernen Osten Er beschiffte die K ü s t e n Afrikas Er besegelte alle Meere der Welt E r bewanderte die Pyrenäen S a ist in dieser Gruppe stark lokativ und bezeichnet stets

'Land-

schaft, Gegend, Strecke' o.ä. Offenbar stehen die V e r b e n unter einem bestimmten Einfluß des lexikalisierten Verbs besuchen. Die Gruppe ist offen für okkasionelle Neubildungen, die aber teilweise auch schon alt sein können; Hittmair (1882) nennt z.B. berudern, beschwimmen. Weitere Möglichkeiten wären z.B.: einen Fluß bepaddeln, eine Landschaft beradeln, die K i r c h e n F r a n k reichs bepilgern, die Ebene bereiten usw. Eine etwas andere Nuance findet sich in den V e r b e n begehen und belaufen: Der Bürgermeister beging die Gemarkung Der Förster beläuft sein Revier Hier stellt sich eine Bedeutungskomponente

'prüfend' ein, die in

den Typen IV und V von besonderer Bedeutung ist. Eine gewisse Beziehung besteht zur Gruppe 3.2.2., vor allem zu B i l d u n g e n wie

147 befischen,

bejagen.^

"5.1.2. Besteigen Die Känner besteigen den Berg Besteigen ist eines der meistdiskutierten Be-Verben, offenbar, weil es so schwer von steigen und ersteigen zu trennen ist. Dabei ist meist übersehen worden, daß besteigen einmal einer Bedeutungsgruppe angehört (3.7.), die im Be-System recht isoliert ist, und daß das Verb selbst innerhalb dieser Gruppe sich nicht typisch verhält. Be-Yerben aus Bewegungsverben mit vergleichbaren Richtungsangaben sind nicht systemmöglich: Der Junge geht auf den Berg - *Er begeht den Berg Er läuft auf den Berg - *Er beläuft den Berg Er klettert auf den Berg - *Er beklettert den Berg Wesentlich ist, daß Sa bei besteigen eine andere Qualität hat als bei den Verben der Gruppe 3.7.1., das zeigt auch der folgende (ungrammatische) Satz: *Er besteigt die Pyrenäen Der Unterschied zwischen besteigen und den übrigen Verben der Gruppe 3.7. dürfte derselbe sein, wie zwischen besetzen und den übrigen Verben der Gruppe 7.4.2., die ja gewisse Beziehungen zu 3.7. aufweist. Es handelt sich um ein zusätzliches "resultatives" Merkmal, das den anderen Verben aus 3.7. nicht zukommt . ^ 3.7.3» Betreten Der Fremde bestieg den Bus Er betrat den Raum WM führt in dieser Einspannung noch an: Er besprang den Bus Wegen störender Assoziationen ist dieser Gebrauch von bespringen m.E. nicht üblich. Wesentlich für die Aussonderung beider Verben ist der punktuelle Charakter der Handlung im Gegensatz zu 3.7.1. 24 Nur in übertragener Verwendung ist beschreiten üblich: Er beschreitet einen neuen Weg Diese Verwendung ist jedoch im Be-System isoliert. 25 Dieses Merkmal differenziert besteigen von den übrigen BeVerben aus 3-7., nicht aber von steigen oder ersteigen, hier sind andere Bedingungen wirksam, vgl. v.Polenz (1968:8f.).

148 3.7.4. Befa.hren Der Junge befährt das Trottoir mit dem- Fahrrad Auch diese Einspannung ist von 3.7.1. verschieden. Es handelt sich wohl um einen idiosynkra-tischen Zug von befahren; an diese Einspannung ist jedoch das Verb bespielen anschließbar: Der Platz ist gut zu bespielen Der Platz ist unbespielbar Das Verb ist m.E. nur in dieser agenslosen Form üblich. Unklar ist mir, inwieweit andere Verben aus 3.7.1., etwa besegeln, auch in dieser Einspannung erscheinen können. 3.7.5. Die Die Die Die Die

Befliegen Lufthansa bedient ein großes Streckennetz Bundesbahn befährt die Strecke Frankfurt-Bonn BEA befliegt die Nordatlantikroute Reederei beschifft den südlichen Pazifik Ostindienkompagnie besegelte den fernen Osten

Hier ist eine gewisse ornative Prägung spürbar; die Strukturbedeutung läßt sich angeben als 'einen Liniendienst betreiben, regelmäßig verkehren'. Sn ist hier meist Abstr (als Hum). Die Abgrenzung zu 3.7.1. fällt schwer. Häufig ist nicht zu entscheiden, ob die hier vertretene Einspannung oder die von 3.7.1. gemeint ist, da die Grenzen fließend sind.

Typ IV: BESCHAUEN Kasusstruktur: AG, INSTR, ÄFF Valenz: 2 (3) Kategorialer Rahmen: Sn, Sa, (pSd) Distribution: Sn:

+Anim

Sa:

+Konkr

pSd:

Sinnesorgan

Interne Struktur: (Be - (x - en) ) wobei Be- = Ds., (x - en) = Dm.

149 Ableitungsstruktur: Der A x-t auf den B/an B herum/in Richtung B Der A be-x-t den B wobei x = Betätigung eines Sinnesorgans Die Verben des Typs IV sind semantisch insofern besonders klar umreißbar, als sie sämtlich die Betätigung eines Sinnesorgans bezeichnen; entsprechend sind die Bedeutungsgruppen gegliedert als Verben des Fühlens, Schmeckens, Riechens, Sehens und Hörens. Der Typ IV läßt sich als Übergang vom Typ III zum Typ V begreifen; die Bedeutungsgruppen sind so angeordnet, daß von Gruppe zu Gruppe die Verben dem Typ III weniger ähnlich werden und sich dem Typ V nähern. So lassen sich bestimmte Einspannungen aus der Gruppe 4.1. direkt an den Typ III anschließen, z.B. Der Einbrecher befummelt das Schloß während einige Einspannungen aus der Gruppe 4.4- den Gruppen des Typs V anschließbar scheinen, wie etwa: Er beaugenscheinigt den Wagen Die Angabe zur Distribution ist für die Gruppen 4.4. und 4-5 • problematisch, da in den folgenden Sätzen das Nomen, das Sa besetzt, sicherlich nicht als +Konkr bezeichnet werden kann: Er beobachtet den Vorfall Er beguckt sich den Schaden Zur Behandlung solcher Fälle vgl. die genannten Gruppen. Sn wird nur in Ausnahmefällen durch INSTR besetzt; auch eine instrumentale präpositionalphrase mit mit ist selten, weil dadurch Tautologien entstehen wie: Er beschaut ihn mit den Augen Er beriecht den Knochen mit der Nase Dies gilt freilich nicht in allen Fällem: Er betrachtet die Marke mit der Lupe Aus diesem Grunde scheint mir das Ansetzen von INSTR in der Kasusstruktur gerechtfertigt, auch wenn man konstatieren muß, daß er nur äußerst selten realisiert wird, vgl. auch Typ V. Fast alle Verben sind echte Präfixbildungen. Die angegebene Ableitungsstruktur ist unbefriedigend; sie vermag nicht, den systematischen Zusammenhang zwischen den Verben dieses Typs zu verdeutlichen.

150 4.1. Befühlen Diese Gruppe umfaßt V e r b e n des Tastens, Anfassens; hier ist die Nähe des Typs III besonders deutlich

spürbar.

4.1.1. B e f ü h l e n D e r Einbrecher befingert das Schloß Er befühlt den Stoff Er befummelt den Mechanismus E r beklopft die Wand E r betastet die Wunde E r betupft die Wunde Der für diese Einspannung charakteristische Bedeutungszug

'prü-

fend' muß bei den entsprechenden Simplexverben im Kontext

ent-

h a l t e n sein; der S a t z E r klopft an die W a n d ist nicht immer bedeutungsgleich mit dem Satz E r beklopft die W a n d B e f i n g e r n und befummeln sind umgangssprachlich; sie h a b e n einen zusätzlichen Bedeutungszug

'nervös'. Dieser Bedeutungszug

det sich auch in der Bildung

fin-

betrommeln:

Der Inspektor betrommelte die Tischplatte Die Gruppe 4.1.1. ist offen für Bildungen wie bestreicheln,

be-

tätscheln usw.; diese Bildungen bleiben jedoch okkasionell, d a die entsprechenden Simplexverben gleiche Konstruktion und Bedeutung aufweisen und fest in der Norm etabliert

sind.

Bei lexikalisierten Präfixverben ist stets mit der M ö g l i c h keit der Rückanalyse zu rechnen, vgl. z.B. die folgenden E i n spannungen der lexikalisierten V e r b e n befassen und begreifen; Der Junge befaßt die T o m a t e n Er begreift das Obst Der Ausdruck Rückanalyse bezeichnet den Fall, daß Verben, die lexikalisiert sind, "wörtlich" benutzt werden. Es handelt dabei also eigentlich um eine Neuprägung; solche

sich

Neubildungen

bleiben jedoch fast stets okkasionell, d a sie eine künstliche Beziehung zum Prägemodell aufweisen. H i n z u kommt für beide hier g e n a n n t e n Verben, daß die Konkurrenzbildungen anfassen und ang r e i f e n beide in dieser Bedeutung verwendet werden; für anfassen gilt dies ausschließlich, für angreifen sicherlich im süddeutschen R a u m .

151 4.1.2. Begrabbeln Der Junge befingert die Äpfel Er befummelt die Gläser Er begrabbelt den Türrahmen Er begrapscht das Obst Er bekliert die Fensterscheiben Er betatscht die Eßwaren Die Verben haben hier eine zusätzliche Bedeutungsnuance, die an die Gruppe 1.5. "Beschmutzen" erinnert. Die Verben werden häufig in Verbindung mit Kindern gebraucht; darin liegt evtl. eine 26 Erklärung für diesen Bedeutungszug. 4.1.3« Berühren Der Elektriker berührt den Schalter (mit dem Schraubenzieher) Berühren hat einen weiten Bedeutungsumfang; viele Einspannungen sind nicht mehr vom System der Be-Verben her bestimmt. Das Verb ist in der hier gegebenen Einspannung nicht allein auf den Tastsinn beschränkt, dies gilt vor allem, wenn Sn durch INSTR besetzt ist: Der Schraubenzieher berührt den Schalter Diese Abweichung ließ es geraten erscheinen, das Verb nicht mit den anderen Verben der Gruppe 4.1. gemeinsam aufzuführen. 4.2. Beknabbern In dieser Gruppe finden sich Verben des Schmeckens, Essens usw.; dabei wird die Betätigung des Sinnesorgans am wenigsten hervorgehoben, so daß eine Reihe von Einspannungen (4.2.2.) ebenso gut an Typ III angeschlossen werden könnten. 4.2.1 . Belecken Der Das Der Der Der

Hund beknabbert den Knochen Kind beleckt den Lutscher Junge belutscht das Eis Hund benagt den Knochen Vogel bepickt den Apfel

26 Man kann annehmen, daß sich in dieser Nuance eine communis opinio über den Sauberkeitszustand von Kinderhänden niederschlägt; ein Kind, das eine Tür begrabbelt, macht sie auch schmutzig. Besonders deutlich wird dies an dem Verb beklieren, das ich auch in 1.5. aufgeführt habe; dieser Erklärungsversuch sollte allerdings nicht überstrapaziert werden.

152 Weisgerber (1958:103f.) bezeichnet alle diese Verben als Perfektiva; dieser Begriff wird erläutert durch das Grimm-Zitat von der "viel- oder allseitigen Einwirkung, der ganzen oder vollen Bewältigung des Gegenstandes" (45). Bei den hier genannten Verben scheint mir das Gegenteil der Fall zu sein; alle Verben bezeichnen die nur teilweise Bewältigung von Sa; echte Perfektiva sind Bildungen wie abknabbern, auslutschen usw. Konkurrenzbildungen mit an- haben den Aspekt der nur teilweisen Bewältigung in verstärktem Maß. Die An-Gruppe ist allerdings weiter ausgebaut (s.u. Zf. 7.2.3-). Auch diese Gruppe ist offen; Mackensen (WM) führt z.B. benaschen, benippen, beschlecken zusätzlich auf, die als okkasionell zu bezeichnen sind. 4»2.2. Benagen Der Specht behackt die Rinde Die Katze beleckt die Wunde Der Biber benagt den Baum Der Vogel bepickt den Stamm In dieser Einspannung lassen sich die Verben ohne Schwierigkeiten auch dem Typ III anschließen (mit der Strukturbedeutung 'x-end bearbeiten'). Benagen zeigt auch Besetzungen von Sn durch INSTR: Das Wasser, Wetter benagt das Gestein 4.3« Beriechen Der Hund beriecht den Knochen Er beschnüffelt den Knochen Er beschnuppert das Fleisch Schon in dieser Einspannung findet sich die Nuance 'prüfend'. Übertragener Gebrauch wie in Die Gegner beriechen sich noch Die Sache will ich erstmal beschnuppern usw. sind im Typ V (Gruppe 5.2.3.) einzuordnen. 4.4. Besehen Für die Verben des Sehens gilt, daß die Angabe Sa: +Konkr ähnliche Schwierigkeiten aufweist wie in der Gruppe 1.4. "Bemalen" die Angabe für pSd. Substantive wie Schaden, Vorfall, Ereignis haben zweifellos nicht das inhärente Merkmal +Konkr;

153 sie treten jedoch häufig mit Verben des Sehens auf: Er beobachtete den Vorfall Die Männer begucken sich den Schaden Auch in diesen Fällen scheint es mir am sinnvollsten, die Angabe Sa: +Konkr aufrechtzuerhalten und von verbbedingter Merkmalsneutralisation zu sprechen. Dies erscheint vernünftiger, als ein ad-hoc Merkmal +sichtbar einzuführen, da Definition und Abgrenzung eines solchen Merkmals ausgesprochen schwierig wäre; solche Merkmale, die ad-hoc mit der Ableitungssilbe -bar gebildet werden, lösen keine Probleme, sondern verschieben sie nur. 4.4• 1. Begucken Der Fremde beguckt sich die Landschaft Er beschaut sich das Bild Er besieht sich die Gegend Er betrachtet sich das Album Der reflexive Dativ kann bisweilen fehlen, vor allem bei betrachten; meist ist er jedoch vorhanden, da die Sätze sonst weniger akzeptabel erscheinen: Er beschaut die Landschaft Er besieht das Bild Konkurrenz besteht hier zu entsprechenden An-Bildungen, die ebenfalls den reflexiven Dativ führen. Die An-Verben sind bei Gebrauch ohne reflexiven Dativ bedeutungsverschieden, was bei persönlichem Objekt deutlich wird: Er schaut sich den Fremden an Er schaut den Fremden an Bei den Be-Verben tritt diese Bedeutungsverschiedenheit nicht auf, lediglich ein geringerer Akzeptabilitätsgrad bei Gebrauch ohne reflexiven Dativ ist feststellbar: Er beguckt sich den Fremden Er beguckt den Fremden Die Verben der Gruppe 4.4.1. weisen besonders stark eine Nuance •prüfend1 auf, vor allem dann, wenn Sa nicht +Konkr: Die Männer beschauen sich den Schaden Besonders stark ist diese Nuance bei beschauen in der Einspannung: Der Tierarzt beschaut das Fleisch Diese isolierte Vokabelbedeutung tritt stets ohne reflexiven Dativ auf. In Verbindung mit der Ergänzung im Spiegel treten

154 die genannten V e r b e n auch mit reflexivem Akkusativ auf: Der M a n n beschaut sich im Spiegel Bei dieser Verwendung ist der reflexive Dativ nicht üblich: *Ich beschaue mir mich im Spiegel A n den Gebrauch mit reflexivem Akkusativ ist das Verb bespieg e l n anzuschließen: Die Dame bespiegelt

sich

In dieser Verwendung ist das Verb m.E. literarisch. Das Verb betrachten ist demotiviert, aber nicht idiomatisiert, d.h. es läßt sich bedeutungsmäßig der Gruppe 4.4.1. anschließen. Dies gilt nicht für das (von der Bildung her eher durchsichtige) Verb besichtigen in der ü b l i c h e n Einspannung: Die D e l e g a t i o n besichtigt das Schloß H i e r ist ein starker Einfluß des völlig lexikalisierten Verbs besuchen spürbar. H i n z u w e i s e n ist allerdings auf die scherzhafte

Prägung:

D a n n wollen wir den S c h a d e n mal besichtigen Dieser Gebrauch erfolgt offenbar in Anlehnung an die Gruppe 4.4.1. Die Bedeutungskomponente

'prüfend' findet sich in der

Eindeutschung von inspizieren: D e r General besichtigt die Truppen A u c h hier ist eine Beziehung zur Gruppe 4.4.1. spürbar. Die Behandlung v o n V e r b e n wie betrachten und besichtigen in einer synchronen Untersuchung ist nicht einfach. Historische E r w ä g u n g e n m ü s s e n außer acht gelassen werden; so findet sich in der Besprechung der Gruppe 4.4.1. nicht der Hinweis, daß betrachten auf ahd. bjtrahton zurückgeht, das die Bedeutung 'denken, erwägen' hat, und daß sich diese Bedeutung

erhalten

hat in Einspannungen von betrachten, die a n die Gruppe 5.3.1« angeschlossen sind, usw. Es schien mir am fruchtbarsten,

auch

solche Problemfälle in die Systembeschreibung aufzunehmen. In den T y p e n IV - V I I tauchen solche Fälle häufiger auf (im Gegensatz zu den Typen I - I I I , die k a u m Einzelabweichungen Verben, die wie besichtigen gewisse

zeigen).

Bedeutungsähnlichkeiten

mit vorhandenen G r u p p e n zeigen, wurden deshalb mit den betreffenden Gruppen behandelt, aber wie in dieser Gruppe deutlich als Problemfälle abgesetzt und kommentiert. V e r b e n wie betrachten, die sich ohne Schwierigkeiten in Bedeutungsgruppen

einord-

155 n e n lassen, aber von der Bildung h e r undeutlich sind, w u r d e n ebenfalls als solche gekennzeichnet. Dabei gilt der Grundsatz, daß solche V e r b e n niemals allein eine Bedeutungsgruppe tuieren, sondern nur dann in die Systembeschreibung wurden, w e n n eine klar erkennbare Bedeutungsgruppe

konsti-

aufgenommen nicht-demo-

tivierter V e r b e n bereits bestand, vgl. dazu Zf. 2.2. sowie Tellenbach

(1971:18-21).

4.4.2. Begaffen Die M e n g e begafft den R e n n w a g e n Der Junge beglotzt den Geldschein Das M ä d c h e n beschielt die Geschenke Entsprechende A n - V e r b e n sind offenbar üblicher, weil die Stammv e r b e n eine starke Richtungskomponente in sich tragen, die Gruppe mit an- ist auch weiter ausgebaut, vgl. anstarren,

anstie-

ren, anblicken usw.; mit diesen Stammverben scheint ein Be-Verb auch okkasionell nicht m ö g l i c h zu sein. D e r Kontext enthält bei den B e - V e r b e n oft Ausdrücke wie neugierig, verblüfft,

entsetzt.

Das zeigt die Ähnlichkeit dieser V e r b e n mit bestaunen und bew u n d e r n (s.u. Gruppe

5.5«2.).

Die durch diese B e - V e r b e n bezeichnete

"besondere" Art des

Sehens findet sich ohne die in den o.a. V e r b e n enthaltenen K o m ponente

'häßlich' in beäugen:

D e r H i r s c h beäugt die Lichtung S n ist h i e r w o h l in der R e g e l auf - H u m beschränkt. 4.4.3. B e a u g a p f e l n D e r Junge beaugapfelt das neue Fahrrad Das M ä d c h e n beäugelt die Kette Der Fahrer beaugenscheinigt den Kotflügel Das M ä d c h e n beguckäugelt das schicke Kleid Es beliebäugelt die Handtasche Die S t a m m v e r b e n sind hier meist Ausdrücke, die in idiomatischen W e n d u n g e n vorkommen. Die V e r b e n bezeichnen den Sehvorgang recht eigenwillig und nehmen den Kontext der zugrundeliegenden W e n dung oft mit in die Bedeutung auf; so schlägt sich etwa in beaugapfeln die W e n d u n g etwas wie seinen Augapfel h ü t e n nieder in der Bedeutung

'etwas scharf, genau im Auge behalten,

betrach-

ten'. Beaugenscheinigen ist den V e r b e n der Gruppe 5.4» teilen" sehr ähnlich; die starke Komponente

'prüfend'

"Beurstammt

156 wohl aus der W e n d u n g etwas In Augenschein nehmen. E h e r nelle Bildungen sind beguckäugeln und

okkasio-

beliebäugeln.

4.4.4. Beobachten Der Förster beobachtet das R e h Dieses V e r b ist stark lexikalisiert; eine Paraphrase wie

'Obacht

geben auf' o.a. ist ungenau. An keine der vorigen Gruppen ist ein direkter Anschluß möglich; auf der anderen Seite gehört das Verb m.E. in den durch die Gruppe 4.4. genannten U m k r e i s . H i n z u kommt, daß einige B e - V e r b e n bedeutungsmäßig an beobachten angeschlossen sind: Der Gauner belauert das M ä d c h e n Er beluchst den Fremden Der Kundschafter bespäht das Tal Belauern und beluchsen h a b e n häufig belebtes, bespähen meist unbelebtes Objekt. Die verbindende Bedeutungskomponente lich, aufmerksam'. Helbig/Schenkel

ist

'heim-

(1969:111) stellen zu beobach-

ten fest, daß S a nur selten - A n i m ist, und dann auf Gegenstände beschränkt ist, die sich bewegen; das ist in dieser Form nicht zutreffend; der von ihnen als ungrammatisch bezeichnete Satz W i r beobachten den Tisch ist nicht nur bei spiritistischen Sitzungen grammatisch,

son-

dern auch dann, w e n n durch einen Zusatz oder den Kontext

ausge-

drückt wird, daß sich irgendetwas bewegt oder daß erwartet wird, daß es sich bewegt; das muß nicht der in S a genannte

Gegenstand

sein: Wir beobachten den Tisch (an dem der Gauner ißt) D e r Spitzel beobachtet den Eingang Diese Feststellungen gelten ebenso für belauern, beluchsen und bespähen. Drei Verben, die starke semantische V e r b i n d u n g e n zur Gruppe 3.7. zeigen, weil sie in gewisser Form auch als B e w e g u n g s v e r ben aufgefaßt w e r d e n können, sind die folgenden: D e r Jäger beschleicht das R e h 27 Der Inspektor beschattet den E i n b r e c h e r Der Gauner bespitzelt den Erpresser 27 Die Lehnbildung beschatten aus dem englischen to shadow ist vermutlich direkt als Übertragung des Gebrauchs von beschatten in 3.5. entstanden, ist jedoch dort nicht mehr anschließbar, weil das V e r b vokabelmäßig festgelegt ist.

157 Hier fehlt die Bedeutung 'Betätigung eines Sinnesorgans' (fast) völlig; ein Anschluß an die Gruppe 4.4» ist nur über die Bedeutungskomponente 'heimlich' möglich. Bei allen drei Verben ist diese Einordnung unbefriedigend; sie stehen bedeutungsmäßig im 28 Be-System relativ isoliert. 4.5. Behorchen Der Mann behorcht die Männer Er belauscht das Gespräch Auch hier ist Komponente 'heimlich' besonders stark. Sa ist entweder +Anim oder ein Ausdruck wie 'Gespräch'. Rein schriftsprachlich ist die Wendung: Er belauscht die Natur Dieser Ausdruck ist nicht allein auf die Betätigung der Hörorgane beschränkt. Typ V: BESPRECHEN Kasusstruktur: AG, INSTR, ÄFF Valenz: 2 (3) Kategorialer Rahmen: Sn, Sa, (pSd) wobei p = mit Distribution: Sn: +Hum Sa: pSd:

unbeschränkt; "Sachverhalt" unbeschränkt

Interne Struktur: (Be - (x - en)) wobei be- = Ds., (x - en) = Dm.

28 Ebenfalls problematisch ist die Einordnung von beargwöhnen: Der Junge beargwöhnt den Fremden Das Verb hat sowohl Bedeutungszüge aus 4.4. als auch aus der Gruppe 5.6. "beanstanden".

158 Ableitungsstruktur: Der A x-t über den B Der A be-x-t den B V e r b e n des Typs V sind V e r b e n der Äußerung, des Urteilens;

sie

gehören dem Bereich des Denkens und Sprechens an. Die D i s t r i b u tionsangabe für S a ist problematisch. Es findet sich häufig, daß m a n S a auf - K o n k r verschärfen kann, gleichzeitig jedoch +Hum zulassen muß, so z.B. bei beklagen: Er beklagt den Toten Er beklagt den Verlust *Er beklagt das Auto Eine Aufzählung der verschiedenen M ö g l i c h k e i t e n (so etwa bei H e l b i g / S c h e n k e l ( 1 9 6 9 ) ) scheint mir nur dann sinnvoll, w e n n dadurch verschiedene Bedeutungen ausgelöst werden; dies ist jedoch nicht immer der Fall. Die Problematik der Selektionsrestriktionen von S a läßt sich am besten durch ein Beispiel v e r deutlichen: M a n k a n n z.B. über ein Auto reden, aber schlecht ein Auto bereden. W e n n man über ein Auto redet, dann "beredet" m a n seine Eigenschaften, V o r - und Nachteile usw.; das Sprechen Uber

einen Gegenstand, Uber einen Vorfall usw. ist ein Vorgang,

in dem bestimmte Eigenschaften des Gegenstands, des Vorfalls b e sprochen werdeh. Die Stelle von S a ist oft von einem P l a t z halter besetzt, auf den sich ein Relativsatz

bezieht:

Sie besprechen (das), was noch zu tun ist Sie besprechen die Dinge, die geschehen sind Der in der Typentafel verwendete Ausdruck "Sachverhalt"

ver-

sucht, diese R e s t r i k t i o n e n zu umreißen. Dabei muß jedoch klar sein, daß es sich hier offenbar nicht um ein inhärentes M e r k mal der Substantive handelt, die S a besetzen können,

sondern

eher um eine Charakterisierung des semantischen Gehalts dieses Mitspielers. Das deutet darauf hin, daß es sich hier nicht um eine Distributionsangabe handelt, sondern um einen n e u e n Kasus oder zumindest eine bei den verba dicendi auftretende

Spielart

von APP. Vater (1973) analysiert R e l a t i v s a t z k o n s t r u k t i o n e n wie o.a. als eigenen Kasus

'Geschehen 1 , hinfort GES; vgl. seine

Analyse des dänischen Verbs beklage (= bedauern) als

(verein-

facht) AG, OBJ/GES (151). An anderer Stelle führt er jedoch aus (135), daß GES immer den Inhalt eines eingebetteten Satzes

cha-

159 rakterisiert; dies ist der Grund für- die

Alternativmöglich-

keit OBJ/GES. Dies scheint mir ein Argument dafür zu sein, daß GES (bzw.

'Sachverhalt') nicht einen eigenen Kasus

darstellt,

sondern lediglich eine Erscheinungsform von AFP bei V e r b e n des Urteilens und V e r b e n des Sagens

ist.

Noch problematischer als im Typ IV ist hier die Notierung von INSTR in der Kasusstruktur. E r g ä n z u n g e n wie mit piepsiger Stimme , mit sonorem Baß o.ä. sind ausgesprochen unbefriedigende

Kan-

didaten für die R e p r ä s e n t a t i o n eines zugrundeliegenden INSTR. Überlegenswert ist, ob der mögliche Mitspieler der Gruppen 5.1. und 5«2. als KOMITATIV zu interpretieren ist, und ob bei bestimmten Verben dieser Kasus alternativ zu INSTR auftritt. Für die Lösung dieser F r a g e n habe ich keine befriedigenden Antworten gefunden; in der Typentafel ist INSTR notiert, weil ich der Meinung zuneige, daß eher außerlinguistische Gründe wie in Typ IV für das Fehlen von INSTR in der M e h r z a h l der Fälle verantwortlich sind. Die angegebene Ableitungsstruktur ist in Typ V besonders h ä u fig durchgeführt. Es finden sich echte und synthetische

Präfix-

bildungen, dabei schließen sich die synthetischen B i l d u n g e n dem semantischen M u s t e r der a n d e r e n an. Die durch die Ableitungsstruktur ausgedrückte Beziehung zwischen verschiedenen E i n h e i ten des Lexikons II ist h i e r besonders interessant. E i n m a l finden sich einige Be-Verben, die die K o n s t r u k t i o n mit pSa mit über angenommen h a b e n (beraten, beratschlagen). E i n anderer santer Fall ist begutachten. Das Verb wird meist als bezeichnet (so z.B. W e i s g e r b e r (1958:77)

interes-

ornativ

'ein Gutachten zuwen-

den'). W a h r i g (WW) trifft die Bedeutung durch die Angabe

'ein

Gutachten m a c h e n über' besser. D e n wesentlichen Punkt aber hat Hittmair getroffen. Er führt das Verb in seinem Anhang zu den deverbalen Bildungen und führt aus

(1882:73):

"(Die) verbale Natur des Nomens erleichtert die direkte K o m position mit be-, ohne daß erst ein Grundwort gebildet w e r den muß ... (Im Falle begutachten) fehlt das intransitive Grundwort, könnte aber .7. unauffällig gebildet werden." E b e n dies ist in der Gegenwartssprache geschehen; vor allem in Gerichtsberichten der Tageszeitungen ist das Verb gutachten häufig zu finden: D e r Sachverständige gutachtete über den Angeklagten

160

Begutachten hat sich völlig dem semantischen Küster echter P r ä fixbildungen wie beurteilen, bewerten usw. angeschlossen; so w u r de es möglich, daß hier aus der Ableitung ein Simplexverb gebildet wurde. 5.1»

Bereden

Die Sie Sie Sie Sie Sie Sie Sie Sie Sie

Freunde beflüstern den Plan behecheln die Angelegenheit bekakeln, was zu tun ist beklatschen die Vorfälle bequasseln ihre Erlebnisse bequatschen ihre Erlebnisse beratschen das Verhältnis bereden die weiteren Schritte beschwatzen ihre Abenteuer besprechen die M a ß n a h m e n

In dieser Gruppe ist S a stets -Konkr, dementsprechend auch - H u m . In den Beispielsätzen habe ich S n stets durch einen Plural besetzt. W e n n S n im Singular steht und ein Individuum

bezeichnet,

muß der Satz eine zusätzliche Präpositionalphrase mit mit enthalten, die den oder die Gesprächspartner

bezeichnet:

*Hans beflüstert den P l a n Er beflüstert den P l a n mit seinem Bruder Die Präpositionalphrase repräsentiert k e i n e n n e u e n Kasus; mehr ist eine Tiefenstruktur der folgenden Form Hans und sein Bruder besprechen den P l a n d.h. als AG ist Hans und sein Bruder anzusetzen.

viel-

anzusetzen: 29 Die Gruppe

ist offen; Bildungen wie bemauscheln, beraunen, besabbern sind okkasionell und vor allem in der Umgangssprache zu finden. 5»2. Bedenken Die V e r b e n der Gruppe 5.1. sind ergebnisorientiert, d.h. die "Unterhaltung" dient stets der Klärung des durch S a bezeichneten Sachverhalts. Dieser M o d e l l r a h m e n wird auch auf S t a m m v e r b material angewendet, das nicht dem B e r e i c h des Sprechens

ange-

hört . 29 Inwieweit das auch gilt für Hans spricht mit seinem Bruder ist m i r nicht klar. D a hier irgendwie eine Topikalisierung bzw. Pokusierung vorliegt, scheint mir auch eine Analyse als Komitativ-Kasus nicht zutreffend.

161 5,2.1. Beraten Die Freunde bebrüten das Problem Sie begrübein den Fall Der Vortragende beleuchtet den Fall (von allen Seiten) Der Bundestag berät die Vorlage Der Kommentator bespiegelt die Vorfälle Die Besetzung von Sn folgt in dieser Gruppe häufig der in Gruppe 5.1. genannten Regel. Beleuchten ist in dieser Gruppe fest etabliert, es liegt also nicht nur okkasioneller metaphorischer Gebrauch vor. Auch behandeln läßt sich hier anfügen: Der Bundestag behandelt die Rentenreform Mir scheint jedoch, daß der Anschluß an 5.3..1. adäquater ist. Umgangssprachlich finden sich einige weitere Ausdrücke wie beurgrunzen. Das Verb bedenken bietet einige Schwierigkeiten. Es tritt meistens in folgenden Formen auf: Es ist zu bedenken, daß ... Er hat die Folgen nicht bedacht In beiden Fällen (für andere Einspannungen s. Register) entspricht das Verb nicht genau dem hier vorgeführten Modellrahmen, das Verb hat vielmehr die Bedeutung 'berücksichtigen', berücksichtigen aber ist vollständig lexikalisiert und nicht mehr vom System der Be-Verben her b e s t i m m t . L e d i g l i c h die Konstruktionen Das muß gründlich bedacht werden Wenn man die Sache genau bedenkt acheinen an die Gruppe 5.2. direkt anschließbar. Die Konstruktion der Verben mit über als Präposition haben be30 Weisgerber (1958) und Marchand (1971) bezeichnen berücksichtigen als Ornativum; dieser Analyse ist kaum zuzustimmen. Es ist allerdings zu erwähnen, daß das Verb einige Bedeutungsnachbarn aufweist: Die Autofahrer beachten die Hinweise der Polizei Sie befolgen die Vorschriften Sie beherzigen die Ratschläge Sie berücksichtigen die Bestimmungen An diese Gruppe ist auch bedenken anschließbar: Er bedenkt die Folgen (nicht) Obgleich sich hier eine Bedeutungsgruppe abzeichnet, habe ich diese Verben als lexikalisiert bezeichnet; dies liegt vor allem daran, daß sämtliche Verben dieser Gruppe von der Bildung her demotiviert erscheinen; dies ist in keiner anderen Bedeutungsgruppe der Fall. Entscheidet man sich anders, so wären die Verben hier in das System einzuordnen.

162 ratschlagen und beraten angenommen: Die Kommission berät über die Verträge Sie beratschlagt über die nächsten Maßnahmen Das bedeutet, daß diese Verben nicht mehr vom System der Be-Verben her bestimmt sind, sondern als idiomatisiert betrachtet w e r den müssen. 5.2.2.

Beschlafen

Er will die Sache nochmal beschlafen Er will die Sache nochmal beschnarchen Für beide Verben ist diese Einspannung typisch; häufiger als diese Be-Verben scheinen mir die Konkurrenzbildungen mit über-. Auch bedenken ist in dieser Einspannung möglich: Er will die Sache nochmal bedenken Auch hier scheint die Über-Bildung häufiger. Hinzuweisen ist jedoch auf den reflexiven Gebrauch. Er will sich erst bedenken w o r a n wiederum besinnen angeschlossen werden kann: Ich muß mich erst besinnen Für beide Verben muß aber gesagt werden, daß die Verbindung zum Typ V (und damit zum System der Be-Verben) nur locker ist. 5.2.3. Beschnuppern Er will die Angelegenheit erstmal beriechen Er will die Angelegenheit erstmal beschnuppern Er will sie erstmal beschnüffeln Dieser Gebrauch der Verben aus der Gruppe 4.3. ist vokabelmäßig festgelegt, aber offenbar vom Typ V bestimmt. Inwieweit okkasioneller Gebrauch auch für andere Verben des Typs IV diese E i n spannung möglich macht, ist mir unklar. Hierher gehört dann auch der Gebrauch mit S a +Hum: Die Gegner beriechen, beschnuppern sich noch 5.3. Bearbeiten E i n großer Teil der hier aufgeführten Verben ist in konkreten Einspannungen auch im Typ III vertreten, es handelt sich diachron gesehen um übertragenen Sprachgebrauch; die Verben sind jedoch im heutigen Sprachgebrauch in dieser Einspannung fest etabliert, so daß m a n nicht mehr von Übertragungen sprechen kann.

163 5.3.1. Besprechen Der Gelehrte beackert sein Spezialgebiet Der Inspektor bearbeitet Sachgebiet V Der Doktorand behandelt die Be-Verben Der Redner bespricht die Vorgange in Irland Er betrachtet (in seinem Bericht) die Kuba-Krise Das ist ein nur wenig bebautes Untersuchungsfeld Bebaut und beackern sind Übertragungen, die jedoch fest in der Umgangssprache etabliert sind. Die anderen Verben können eine zusätzliche Präpositionalphrase, meist mit in, aufweisen: Die Kommission bespricht in ihrem Bericht die Entwicklung Dieses pSd repräsentiert einen INSTR, der bisweilen auch Sn besetzen kann: Der Bericht behandelt die Situation in China Besprechen verlangt eine genauere Darstellung, die hier nicht gegeben werden kann. Wie die Einspannung in 5.3.1. zeigt, verlangt das Verb nicht notwendig eine Gesprächssituation; ferner findet sich das Verb auch in 5.4. in der Einspannung: Der Kritiker bespricht die Aufführung Die Übergänge zwischen den einzelnen Bedeutungen sind fließend.'"'' 5.3.2. Besingen Der Poet bedichtet den großen Feldherrn Homer besang die Eroberung Trojas Hier ist Sa praktisch unbeschränkt, während es in 5.3.1. meist als -Konkr charakterisierbar war. Besingen scheint Sn auch durch INSTR zu besetzen: Die Ode besingt die Götter Griechenlands An beide Verben ist beschreiben anschließbar, das deutlich unter der Prägung von Verben wie schildern und erzählen steht: Der Zeuge beschreibt den Vorgang Auch hier kann Sn durch INSTR besetzt werden: Das Buch beschreibt den Abfall der Niederlande

31 Schwierig zu beurteilen ist bearbeiten in der folgenden Einspannung: Der Autor bearbeitet sein Buch Diese Einspannung steht zwischen dem Typ III und der hier ge nannten Bedeutung; sie ist m.E. vokabelmäßig festgelegt.

164 5.4. Beurteilen Die Die Der Die Der

Kommission begutachtet den Entwurf Jury benotet die Kür Kritiker bespricht den Film Kommission beurteilt die Vorschläge Gutachter bewertet die Leistungen

Die Bedeutungsgruppen 5.4. - 5.7. umfassen V e r b e n des Urteilens, wobei dieser Ausdruck sehr weit gefaßt ist. Es schien vom M a terial her sinnvoll, die weitere Untergliederung nach dem Gesichtspunkt durchzuführen, ob das Urteil positiv oder negativ ist; dabei wird eine gewisse formale Gemeinsamkeit von V e r b e n wie begutachten, befürworten, beanstanden nicht

berücksichtigt.

Die V e r b e n der Gruppe 5.4. tragen keine W e r t u n g in sich; mit diesen V e r b e n gebildete Sätze enthalten häufig Zusätze, die ausdrücken, ob das Urteil gut oder schlecht ist: Der Lehrer benotet ihn gerecht Er bewertet die Leistung zu niedrig Er beurteilt den K a n d i d a t e n positiv In einigen Fällen erscheint ein pSd mit mit, dessen Analyse

pro-

blematisch ist: E r benotet den Aufsatz mit 2 D a dieser Mitspieler eine ähnliche Funktion wie die adverbialen Zusätze der oben genannten Beispiele aufweist, scheint es mir sinnvoll, ihn als nicht vom Verb abhängig, also als freie Angabe zu betrachten. Bei einer Analyse als Kasus wäre die Analyse als ORN am sinnvollsten. Ebenfalls problematisch ist die Präpositionalphrase mit nach, die bei beurteilen stehen kann: E r beurteilt den Kandidaten n a c h seinen Aufsätzen Es ist nicht einfach, hier zu entscheiden, ob es sich um einen fakultativen Mitspieler oder eine freie Angabe handelt; im ersteren Falle bin ich nicht in der Lage anzugeben, welchen Kasus der Mitspieler repräsentiert; betrachtet m a n den Zusatz als freie A n gabe, so wäre er Zusätzen mit gemäß oder Vergleichskonstruktionen gleichzusetzen. Der ornative Charakter der hier aufgeführten V e r b e n scheint mir von untergeordneter Bedeutung zu sein; so k a n n beurteilen kaum durch die Paraphrase

'mit einem Urteil versehen'

wiedergegeben werden; diese V e r b e n haben sich ganz dem Typ V angeschlossen und sind dementsprechend im semantischen M u s t e r gleich mit den echten Präfixbildungen des Typs. S a ist selten

165 +Konkr, aber oft +Hum. 5.5« B e f ü r w o r t e n Die hier zusammengestellten V e r b e n bezeichnen ein positives U r teil; die Gruppe ist recht klein. 5.5.1. Die Die Der

Bejahen Regierung befürwortet die Steuererhöhung Partei begrüßt die Entwicklung Sprecher bejahte die Entscheidung

S a wird h i e r stets durch ein Substantiv besetzt, das eine H a n d lung bezeichnet; häufig findet sich ein Nebensatz: Die Partei begrüßt (es), daß die Opposition

zustimmt

Alle drei V e r b e n sind schriftsprachlich. Isoliert ist die V e r wendung: Der Sprecher bejahte die Frage Diese Bildung dürfte in Analogie zu dem im System isolierten V e r b beantworten entstanden sein. 5.5.2. Beklatschen Die M e n g e bejauchzt den Sieger Das Publikum bejubelt den Schauspieler Die Menge beklatscht Franz Beckenbauer S a ist bei diesen V e r b e n nicht auf +Hum beschränkt, aber an die Tätigkeit von M e n s c h e n gebunden, die sich aus dem Kontext ergibt, vgl. etwa den Satz: Die Zuschauer bejubeln den Pokal Dieser Satz impliziert, daß der Pokal gerade gewonnen, h o c h g e h o ben, gezeigt wurde o.ä. Bejauchzen ist wohl nur literarisch. Ebenfalls ohne Selektionsrestriktionen für S a sind bestaunen und bewundern, die eine etwas andere Bedeutungsnuance

aufweisen:

Das M ä d c h e n bestaunt den Affen Der Politiker bewundert den Schauspieler Stark festgelegt sind die V e r b e n belobhudeln und beweihräuchern: Die Presse belobhudelt den Star Sie beweihräuchert den S t a r D e r Anschluß an diese Gruppe ist nur locker; es zeigen sich bei beiden B i l d u n g e n Einflüsse v o n beglückwünschen, andererseits von V e r b e n wie belästigen.

166 3.6«1. Beanstanden Der Lehrer beanstandet die äußere Form Er bekrittelt die Programmvorschläge Er bemäkelt die Schrift Er bemängelt den Zustand der Hefte Er bemeckert den Entwurf Hier finden sich die negativen Entsprechungen zu 5.4. und 5.5.1.; Sa ist hier stets -Hum. Okkasionelle Bildungen wie benörgeln sind möglich. Als idiomatisiert zu betrachten sind die Verben sich beklagen und sich beschweren, die die Konstruktion mit der Präposition über angenommen haben (vgl. 5.2.1. zu beratschlagen). 5.6.2. Belächeln Der Fremde begähnt die Witze Er begrinst die Tolpatschigkeit des Obers Er bekichert ihre Ahnungslosigkeit Er belächelt ihre Versuche Er belacht den Vortrag Er beschmunzelt die Erzählung Er bespöttelt die Aufführung Er bespottet ihre Hilflosigkeit Er bewitzelt die Vorschläge Verben wie belächeln, belachen, begrinsen nennt Marchand (1971: 317) Verben der Gesichtsbewegung. Damit ist zwar in vielen Fällen das Stammverbmaterial richtig bezeichnet, aber das reicht zur Charakterisierung nicht aus; die Klassifikation dieser Verben als Verben negativer Meinungsäußerung scheint mir richtiger. Der Vergleich mit den entsprechenden An-Verben zeigt, daß dort Sa meist auf +Hum beschränkt ist, hier wäre Marchands Charakterisierung genau am Platz. Bei den Be-Verben ist Sa zwar stets an menschliche Tätigkeit gebunden (das zeigen die in den Beispielsätzen aufgeführten Pronomen), aber als +Hum erscheint Sa nur bei belächeln. Die Gruppe ist offen; andererseits bleiben Bildungen wie bebuhen, bepfeifen o.ä. stets okkasionell, weil entsprechende Verben mit aus- (die persönliches Objekt haben) fest etabliert sind; ferner bestehen stark negativ gefärbte Konkurrenzbildungen zur Gruppe 5.6.2. bei den Ver-Verben, vgl. Zf. 7.2.13.

167 5.7. Beweinen Die Verben dieser Gruppe sind z.T. stark lexikalisiert; es ist schwierig, klare Grenzen für die Untergruppen zu finden, weil die meisten Verben idiosynkratische Züge aufweisen. Die Kennzeichnung als negatives Urteil ist hier nicht angemessen; die Verben bezeichnen das Gegenteil von be.jubeln und tragen teilweise starke gefühlsmäßige Komponenten. 5.7.1. Beseufzen Der Verlierer bejammert sein Schicksal Er beklagt sein Unglück Er beseufzt den Tod seines Freundes Er betrauert den Tod seiner Gattin Er beweint ihr Los Sa ist hier stets -Konkr und bezieht sich auf eine Person; bei Bezug auf Sn treten einige Verben auch reflexiv auf, wobei Sn und das Reflexivpronomen zwei verschiedene Kasus repräsentieren: Er beklagt sich (selbst) Er bejammert sich (selbst) An diesen Gebrauch läßt sich auch bedauern anschließen: Er bedauert sich selbst Die Gruppe ist offen, es finden sich okkasionelle Bildungen wie bewinseln, beheulen usw.; dabei ist jedoch darauf hinzuweisen, daß solche Bildungen auch an die sehr produktive Gruppe 5.9. angeschlossen werden können, soweit die Bildung nur das Geräusch hervorheben soll. Etwas anders verhält sich bereuen: Er bereut seinen Fehler Sa bezieht sich hier stets auf vergangene Tätigkeiten von Sn, aber reflexiver Gebrauch ist nicht möglich: *Er bereut sich 5.7.2. Bemitleiden Der Die Sie Sie Sie

Fremde bedauert das Mädchen Frauen bejammern die Toten beklagen die Gefangenen bemitleiden die Kinder betrauern die Toten

In dieser Gruppe ist Sa stets +Hum, die Einspannung scheint von der in 5.7.1. deutlich geschieden. Isoliert ist die semantisch verblaßte Verwendung:

168 Es waren 5 Tote zu beklagen 5.7.3. Bedauern Er bedauert die Entwicklung Er beklagt die schlechte Lag« In dieser Einspannung ist S a - K o n k r , h i e r ist am ehesten die B e deutung 'negativ beurteilen' gegeben. Es ist nicht einfach, die Grenze zwischen den Einzeleinspannungen dieser V e r b e n zu ziehen; der Bedeutungsunterschied zwischen der h i e r gegebenen E i n spannung und der in 5.7*2. scheint jedoch sehr deutlich. W e n n S a eine Handlung von S n bezeichnet, schließt sich bedauern an bereuen an: E r bedauert seinen Fehler Ferner treten bedauern und beklagen auch mit einem Nebensatz auf: E r bedauert, daß es dazu kommen mußte E r beklagt, daß so viele Spieler krank sind

5.8. Beschwören Die V e r b e n dieser Gruppe sind fest im Sprachschatz

vorhanden,

jedoch teilweise nurmehr in bestimmten Redewendungen. Es handelt sich offenbar um Reste einer ehemals größeren Gruppe, die H i t t mair (1882:64) als verba coniurandi bezeichnet. Viele dieser V e r b e n wie bezaubern und behexen sind in der Gegenwartssprache im Typ V I integriert und fest an ihre Bedeutungsgruppen gebunden; dabei ist festzustellen, daß diese Gruppen als S a stets +Hum aufweisen, während die V e r b e n der Gruppe 5.8. meist - H u m haben. 5.8.1. Berufen Beruf es nicht! M a n soll die Sache nicht beschreien Das wollen wir begießen! D u hast es beniest! 5.8.2. Beschwören Er beschwört die Steine Der M a g i e r bespricht die Wunde B i s w e i l e n ist hier auch S a +Hum möglich.

169 5.9» Begackern Während der Typ II als nahezu unbeschränkt produktiv für die Bildung von Ornativen mit konkreter Bedeutung vor allem im fachsprachlichen Bereich gekennzeichnet ist, ist der Typ V ebenso produktiv für die Bildung von Verben, die die Begleitung eines Sachverhaltes durch bewußte Geräuschentwicklung bezeichnen. Es lassen sich dabei drei Untergruppen feststellen. 5.9.1. Das Der Die

Bekrähen Huhn begackert das Ei Hahn bekräht den Morgen Ziege bemeckert den Futtertrog

Als Stammverbmaterial finden sich hier stets

Tierstimnenbezeich-

nungen. In Tiererzählungen, vor allem in Kinderbüchern, werden diese Verben völlig analog zur Gruppe 5.1. gebraucht, dabei sind okkasionelle Bildungen nahezu uneingeschränkt möglich: Die Frösche bequakten den Plan Die E n t e n beschnattern ihre Erlebnisse Weitere Bildungen wäre etwa bebellen, bemuhen, begrunzen, bewiehern usw. Alle diese Bildungen scheinen mir okkasionell, sie sind jederzeit möglich, müssen im Lexikon jedoch nicht explizit aufgeführt werden, es genügt ein Zusatz zur Gruppe 5.1. in der Weise, daß die Formel Be-x-en mit allen Eigenschaften von 5.1. aufgeführt wird mit dem Zusatz, daß x = Tierstimmenbezeichnung, ferner der Anweisung, daß Sn auch durch ein Individuum besetzt sein kann. 5.9.2. Bewiehern Die Backfische begackern jeden W i t z Sie bewiehern den Vorgang Die meisten Verben, die nach 5.9.1. gebildet werden können, sind auch auf Menschen anwendbar, meist in pejorativer Absicht. In diesem Gebrauch sind die Verben auch an 5.6.2. anzuschließen, wobei allerdings die Bedeutung 'negative Meinungsäußerung 1 mehr vorliegt. 5.9.3. Begrölen Die Besoffenen begrölen den Vorfall M a n soll nicht alles besingen und beblasen

nicht

170 Stammverben dieser offenen Gruppe sind alle Arten bewußter Geräuschentwicklung, insbesondere Singen und das Spielen von Instrumenten. Hittmair (1882:64) nennt als weitere Beispiele betrommeln, betrompeten, dazu Reimpaare wie besungen und beklungen. Seine Charakterisierung dieser Verben als verba proclamandi scheint mir eher auf entsprechende Aus-Verben wie ausrufen, ausläuten usw. zuzutreffen, vgl. dazu Hundsnurscher

(1968:105).

Hundsnurscher weist darauf hin, daß die Gruppe im Aus-System in der Gegenwartssprache nicht weiter ausgebaut wird, "weil sich die neuen Arten der Nachrichtenübermittlung nicht an dieses M o dell angeschlossen haben". Die Be-Verben haben diese Bedeutungsund Anwendungsfestlegung nicht, die Gruppe ist für okkasionelle Bildungen offen. So wurde auf bejodeln schon mehrfach hingewiesen, weitere Möglichkeiten wären etwa behupen, beläuten, berülpsen usw. Die Strukturbedeutung dieser Verben ist 'durch ein Geräusch untermalen, begleiten'; dabei ist die Qualifikation als bewußte Geräuschentwicklung notwendig; Verben wie berumpeln, berattern, beknallen scheinen auch okkasionell nicht möglich zu sein. Ferner ist von Bedeutung, daß es sich hier stets um echte Präfixbildungen handelt, d.h. daß "bei der Bildung von Partikelverben vorgeprägtes Verbmaterial den Vorrang hat"

(Hundsnurscher

(1968:209)); so ist im Be-System beläuten möglich, aber nicht beglocken; belärmen, aber nicht bekrachen ; usw. Hierher gehört auch das von Weisgerber (1958:85) als "Zuwend-Ornativ" bezeichnete Verb beticken, das nach seinen Prinzipien gar kein Ornativum sein dürfte, da es sicherlich nicht vom Substantiv Tick abgeleitet ist. Weisgerber hat die semantische Ähnlichkeit der Verben des Typs V vollständig übersehen; ein Einteilungskriterium, das die Verben bespotten und bespötteln zwei verschiedenen Gruppen zuordnet, ist einfach unbrauchbar.^ 2 Das Abweichen von diesem Kriterium zum Zwecke feuilletonistischer Bemerkungen wie im Beispiel beticken ist nicht geeignet, diese E i n schätzung zu revidieren. 32 Diese Einteilung trifft Weisgerber (1958) in seinem Anhang; dort taucht bespotten als Ornativum auf (100), bespötteln dagegen als Perfektivum (104).

171 Typ V I : BEEINFLUSSEN Kasusstruktur: AG, INSTR, AFP Valenz: 2 (3) Kategorialer Rahmen: Sn, Sa,

(pSd/a) wobei p d =

mit, p & = durch

Distribution: Sn:

+Hum

Sa:

+Hum

pSd/a: unbeschränkt Interne Struktur: Uneinheitlich Ableitungsstruktur: Uneinheitlich Der Typ V I ist semantisch klar faßbar, er enthält Verben, die in der n e u e r e n Literatur als "Psych-movement" - V e r b e n b e z e i c h net werden; der Ausdruck wird erstmals in Postal (1968) v e r wendet. Aus der mir bekannten Literatur zur Kasusgrammatik

geht

nicht hervor, warum für diese V e r b e n ein eigener Kasus 'Experiencer' angesetzt werden muß, der zuerst von Fillmore (1971a) eingeführt wurde. M . E . ist meine D e f i n i t i o n von ÄFF ausreichend, um den Kasus zu charakterisieren, den Sa bei diesen V e r b e n repräsentiert. Gewisse syntaktische Eigenschaften dieser V e r b e n beruhen nicht auf dem Kasusrahmen. Einige der im folgenden aufzuführenden V e r b e n können S n w a h l weise mit AG oder INSTR besetzen, einige nur mit INSTR. Die V e r hältnisse sind auf den ersten Blick etwas komplizierter als in den ü b r i g e n Typen, deshalb ein Beispiel. M a n vgl. folgende Sätze: (a) (b) (c) (d)

Hans beängstigt mich durch sein V e r h a l t e n Sein V e r h a l t e n beängstigt m i c h Die Stille beängstigt mich *Hans beängstigt mich durch die Stille

Fillmore diskutiert ähnliche Fälle im Zusammenhang mit dem V e r bot der Doppelbesetzung eines Kasus (1968:22f.). Das P o s s e s s i v pronomen

in durch sein V e r h a l t e n zeigt an, daß die Präpositio-

172 nalphrase sich auf Sri bezieht. "(This) option requires that a 'trace' be left behind in the instrument phrase, in the form of the appropriate possessive pronoun." Croux ( 1 9 7 1 : 1 6 0 ) zeigt an holländischem Material, daß dies nicht notwendig ist, dafür lassen sich auch deutsche Beispiele finden: Der Hund erschreckt die Katze mit Gebell Der Clown belustigt die Kinder durch Grimassen Das ändert nichts daran, daß AG und INSTR in solchen Fällen aneinander gebunden sind. Die Ungrammatikalität von Satz (d) zeigt, daß hier zwei verschiedene Fälle vorliegen. Die Tiefenstruktur von Satz (b) ist die gleiche wie die von Satz (a); durch postlexikalische Transformationen (Permutation, Einbettung von AG in den INSTR repräsentierenden Konstituenten oder umgekehrt) erscheint INSTR als Sn, wobei AG entweder explizit durch ein Possessivpronomen ausgedrückt ist, oder implizit im Kontext erscheint, wie z.B. im Satz: Diese Unverschämtheit ärgert mich Die Variabilität des Kasusrahmens dagegen und die Subjektbesetzungsregel sind dafür verantwortlich, daß auch agenslose Sätze auftreten wie: Die Stille beängstigt mich Die Höhle beeindruckt die Touristen Von Bedeutung ist, daß es bei den Be-Verben einige gibt, für die die postlexikalischen Transformationen obligatorisch sind, wie z.B. bedrücken, wo Sn nicht von einem AG allein besetzt sein kann: *Hans bedrückt mich durch •57 sein Verhalten aber gemeinsam mit INSTR: ^ Sein Verhalten bedrückt mich Eine kleine Gruppe von Verben läßt auch diese Möglichkeit nicht zu, d.h. es handelt sich um agenslose Verben (vgl. Gruppe 6,3.): Mattigkeit befällt ihn *Sein Verhalten befällt ihn Schließlich lassen einige Verben die genannten postlexikalischen 33 Es ist dies ein anderer Fall als die von Fillmore (1969:116ff.) diskutierten Doppelbesetzungen, da eine funktionsweise Auflösung des Konstituenten möglich ist, während in Filimores Beispielen die Argumente gleichzeitig mehrere Rollen füllen.

173 Transformationen nicht zu: Er bedrängt mich mit Bitten •Seine Bitten bedrängen mich Ähnliche Schwierigkeiten bietet Sa. Die Diatributionsangabe +Hum ist in folgenden Sätzen offenbar nicht gegeben: Kummer bedrückt sein Herz Eine Seereise beruhigt die Nerven Das Possessivpronomen im ersten Satz weist darauf hin, daß sich Sa auf eine Person bezieht; im zweiten Satz ist dies implizit. In solchen Fällen ist vermutlich eine Tiefenstruktur anzusetzen, die etwa die Form hat: Kummer bedrückt ihn in seinem Herz Das bedeutet, daß Herz in den Konstituenten ihn eingebettet ist. Wie der Regelmechanismus für solche Phänomene im einzelnen auszugestalten ist, kann ich hier nicht angeben. Vielfach erscheinen die Verben des Typs VI in der Fügung Partizip Präteritum + sein, oft auch im Partizip Präsens, dabei bleibt Sa häufig unbesetzt: Es ist beängstigend heiß Es ist bedrückend, daß er nicht kommt Eine bezaubernde Person Die psychologischen Verben des Typs VI sind die einzigen Be-Verben, die ohne einen ÄFF repräsentierenden Mitspieler auftreten können.^ Dabei handelt es sich allerdings auch nicht um alle Verben; die meisten können nicht ohne den Mitspieler Sa erscheinen, vgl. etwa: *Hans beängstigt *Er beirrt •Frieda berauscht Die mannigfachen Erscheinungsformen der Verben des Typs VI, auf die Weisgerber (1958) überhaupt nicht eingegangen ist, sind verantwortlich für die Schwierigkeit, die Oberflächenstruktur dieser Verben zu beschreiben. Die Angaben in der Typentafel beziehen sich lediglich auf die Grundform der Verben, wie sie in folgendem Satz gegeben ist: Hans beängstigt Inge durch sein Verhalten 34 Croux (1971:160ff.) erläutert diese Phänomene mit der Regel "Experiencer-shunting"; ich bin dagegen der Meinung, daß es sich hier eher um ein die Valenz betreffendes Oberflächenphänomen handelt.

174 Es schien mir durch die Vielzahl regelbedingter Abweichungen sinnvoller, diese in den Bedeutungsgruppen einzeln aufzuführen. Es war mir deshalb auch nicht möglich, eine auch nur einigermaßen durchgehende Ableitungsstruktur für die Verben dieses Typs zu formulieren. Bei v.Polenz (1968) finden sich Verben dieses Typs in sieben verschiedenen Ableitungsmustern, wobei bedeutungs mäßige Gemeinsamkeiten nicht zum Ausdruck kommen; Weisgerber (1958) ordnet die meisten der hier vertretenen Verben der Varian te "Erwirken" des Wortstandes Ornativa zu, einige andere den Fak titiva; auch diese Zuordnung ist nicht in der Lage, die Bedeutungsstruktur dieser Verben zu erfassen. Ich habe deshalb auf die Angabe einer Ableitungsstruktur verzichtet; eine Formel für die Gestalt der abgeleiteten Verben hat in etwa die Form: A be-x-t B, wobei x = Einfluß auf das Gemüt

6.1. Beeinflussen a) Der Vater beeinflußt seinen Sohn durch Drohungen b) Die Drohungen beeinflussen den Sohn Beeinflussen kann als Archilexem für die meisten Verben der Grup pen 6.2. - 6.6. fungieren. Das Verb ist zunächst einmal wertfrei d.h. es wird nicht ausgesagt, ob die Erwirkung positiver oder negativer Gefühle vorliegt. Der Kontext spezifiziert dies im all gemeinen, dabei scheint negative Einwirkung häufiger. Beeinflussen ist ein stark lexikalisiertes Verb, die o.a. Ein Spannung ist nur eine Anwendungsmöglichkeit. Die Besetzung von Sn ist unbeschränkt, bei Sa ist lediglich -Anim selten: Das Tief beeinflußt die Wetterlage Das Gewicht beeinflußt die Ruhelage Die Dollarkrise beeinflußt die Kursentwicklung Alle diese Einspannungen repräsentieren die Kasusstruktur INSTR, ÄFF; sie sind nicht mehr für den Typ VI der Be-Verben repräsentativ. Vorbild für den Typ sind die beiden oben angegebenen Einspannungen. 6.2. Beängstigen Die Verben dieser Gruppe bezeichnen das Hervorrufen negativer Gemütsempfindungen. In der Gruppe (a) finden sich jeweils die Beispielsätze mit der Besetzung von Sn durch AG, in der Gruppe

175 (b) die Besetzung v o n S n durch einen INSTR. V o n Bedeutung ist, daß nicht jeder (b)-Satz v o n dem entsprechenden (a)-Satz abgeleitet ist, d.h. daß nicht alle (a)-Sätze die Tiefenstruktur für die (b)-Sätze repräsentieren. Inwieweit das der Fall ist, wird in d e n einzelnen Gruppen besprochen. 6.2.1. Befremden (a) Hans beängstigt seinen Freund Er befremdet mich Er beirrt die Konkurrenz Er bekümmert seine E l t e r n Er beleidigt seine W i d e r s a c h e r Er beschämt seine Gegner Er betrübt seine M u t t e r Er beunruhigt die Konkurrenz (b) Die Die Das Der Der Das Der Die

Stille beängstigt m i c h Unruhe befremdet den Minister Plakat beirrt die R e n n f a h r e r Vorfall bekümmert m i c h Artikel beleidigt den Kanzler Ergebnis beschämt die Zweifler Vorfall betrübt m i c h Stille beunruhigt mich

Alle (a)-Sätze können einen Zusatz wie z.B. durch sein V e r h a l t e n aufweisen; alle (b)-Sätze k ö n n e n als S n auch sein V e r h a l t e n aufweisen; in diesem Falle h a b e n (a) und (b) jeweils die gleiche Tiefenstruktur, nämlich Prädikat + AG + INSTR + ÄFF; in der Form der Beispielsätze gilt dies nicht; hier haben die (a)-Sätze die genannte Tiefenstruktur, die (b)-Sätze dagegen Prädikat + INSTR + ÄFF. Der Mitspieler, der INSTR repräsentiert, ist auf - H u m festgelegt. Weitere Selektionsrestriktionen, die zu ungrammatischen Sätzen führen, sind im wesentlichen idiosynkratischer N a tur. Die V e r b e n sind zum Großteil synthetische Präfixbildungen, lerdings wohl kaum mit Weisgerber (1958) und Marchand

al-

(1971:

318f.) als Ornativa zu bezeichnen. Beirren scheint in dieser E i n spannung selten, häufiger sind festgelegte Ausdrücke, in denen 35 das Verb verneint wird: Er läßt sich nicht beirren Er geht unbeirrt seinen W e g Stark lexikalisiert ist bedrohen; das hervorgerufene 35 In bejahter Form ist irritieren

vorherrschend.

Gefühl

176 bleibt ungenannt, das zeigt sich deutlich an der Fügung Partizip + sein, verglichen mit anderen V e r b e n der Gruppe: E r ist betrübt Er ist bedroht Die übrigen V e r b e n bezeichnen hier einen Gemütszustand,

während

bedroht nur den allgemeinen Zustand angibt. Bedrohen hat häufig einen INSTR: Er bedroht ihn mit dem M e s s e r dabei ist m.E. pSd auf +Konkr beschränkt; S a ist dagegen a n scheinend unbeschränkt und bezieht sich stets irgendwie auf einen oder mehrere Menschen: Der Erpresser bedroht die Siedlung Die Ereignisse bedrohen das Leben Wie der letzte Satz zeigt, ist S n oft durch INSTR besetzt. Nicht akzeptabel erscheint mir der Beispielsatz von Helbig/Schenkel (1969:154): Der Vulkan bedroht die Stadt mit einem Aschenregen Hier liegen zwei INSTR in einem Satz vor. Hält man den Satz für akzeptabel, so muß m a n eine Tiefenstruktur annehmen, in der pSd einen ORN eines weiteren Verbs, etwa bedecken,

repräsentiert.

Diese Tiefenstruktur wird dann durch "Conflating" in die g e nannte Oberflächenstruktur

überführt:

Der Vulkan bedeckt die Stadt mit einem Aschenregen. Das bedroht die Stadt In dieser Tiefenstruktur wäre der erste Satz INSTR, d.h. das V e r bot der Doppelbesetzung wäre in der Tiefenstruktur

umgangen.

•z

r

6.2.2. Belästigen (a) Hans behelligt seine Freunde Er belästigt den M i n i s t e r

(ständig)

Er beansprucht seine Geduld (b) Der Lärm behelligt den B e a m t e n (nicht) Der Krach belästigt den Redner Die Arbeit beansprucht

ihn

Diese V e r b e n sind oft in speziellen Wendungen, vor allem H ö f l i c h keitsformeln üblich:

36 Der Satz mit bedecken, der als Ganzes einen INSTR repräsentiert, ist gemäß Typ I als AG, ORN, ÄFF zu analysieren.

177 Ich will Ihre Zeit nicht länger beanspruchen Er wurde von niemandem mehr behelligt Für behelligen gilt, daß es meist verneint gebraucht wird, vor allem als Partizip unbehelligt. Beanspruchen ist in vielen Anwendungen von der Einspannung hier verschieden und ist dann nicht mehr vom Be-System bestimmt: Die Möbel beanspruchen Platz Das R e n n e n beansprucht die M o t o r e n An die genannten Höflichkeitsformen läßt sich bemühen anschließen: Ich will Sie nicht länger bemühen Er bemüht einen Rechtsanwalt Aber dieses Verb ist ebenfalls weitgehend

idiomatisiert.

6.2.3» Bestürzen (b) Die Atmosphäre bedrückt m i c h Der Raum beengt ihn Angst beherrscht ihn Die Schwüle beklemmt sein Gemüt Die Spannung belastet die Konferenzteilnehmer Der Vorfall berührt die Anwesenden (sehr) Die Angelegenheit beschäftigt den K a u f m a n n Kummer beschwert sein Herz Angst bestimmt seine H a n d l u n g e n Das Bombenattentat bestürzt die Nachbarn Der Lärm betäubt die U m s t e h e n d e n (förmlich) Die Katastrophe bewegte die Anwohner Für diese V e r b e n existieren keine Sätze der Form (a) wie in 6.2.2., d.h. sie sind nicht mit explizitem AG möglich. Dies ist ein rein syntaktisches Phänomen; in der Form der (b)-Sätze bilden 6.2.1., 6.2.2. und 6.2.3.

eine

Gruppe. Viele der an-

geführten V e r b e n sind demotiviert (etwa bestimmen, tigen, bewegen, bestürzen). Die semantische

beschäf-

Geschlossenheit

der Gruppe ist ein Beweis dafür, daß diese V e r b e n nicht

idioma-

tisiert sind. In den Beispielsätzen ist Sn stets durch INSTR besetzt. D a aber alle V e r b e n als S n auch Ausdrücke wie sein V e r h a l t e n o.ä. aufweisen können, gibt es auch hier eine M ö g l i c h keit, einen AG einzuführen, d.h. alle diese V e r b e n k ö n n e n auch in eine Struktur Prädiakt + AG + INSTR + Ä F F eingesetzt werden, müssen dann aber obligatorisch die genannten

postlexikalischen

Transformationen durchlaufen, da Sätze wie der folgende, in den e n AG allein S n besetzt, ungrammatisch

sind:

178 *Hans bestürzt uns Eine etwas andere Färbung liegt vor in: Die Arbeit beansprucht ihn sehr Die Aufgabe belastet ihn sehr Alle Verben der Gruppen 6 . 2 . 1 . - 6 . 2 . 3 . tauchen häufig in der Fügung Partizip + sein oder als attributive Partizipien auf; dabei finden sich oft modale Zusätze; ferner beziehen sich die Verben oft auf den Gesichtsausdruck» vgl. z.B.: Er ist ganz bedrückt Er macht ein bestürztes Gesicht Er ist von Angst beherrscht Er geht unbeirrt seinen Weg Beschämt sehen sie sich an Er macht ein beleidigtes Gesicht Viele Verben finden sich ohne AG und ÄFF als Partizip Präsens in Ausdrücken wie: Es ist bedrückend, daß er schweigt Es ist beunruhigend heiß 6.2.4. Besorgt Diese Verben sind nur als Partizipien des Präteritums realisiert, meist in der Fügung Partizip + sein. 6.2.4.1. Bedrippst Er macht ein bedeppertes Gesicht Er ist (ganz) bedrippst Er ist befangen Er sieht ganz bekleckert aus Sie schweigt beklommen Er sieht sehr belatschert aus Er macht ein belemmertes Gesicht Er ist noch ganz.benommen Er sieht ganz benüsselt aus Er ist besorgt Er ist noch ganz betatscht Sie sehen sich betreten an Er ist betroffen Die Verben treten oft in bestimmten Wendungen auf, die das Aussehen oder den Gesichtsausdruck bezeichnen; hier zeigt sich die Nähe von ähnlichen Partizipialbildungen der Gruppe 2.4., die äußere Kennzeichen von Menschen bzw. ihrer Kleidung bezeichnen. Viele der Verben sind umgangssprachlich; vor allem auch in den Dialekten ist die Gruppe weiter ausgebaut, vgl. etwa benaut, bedammelt usw. Befangen hat eine Reihe von Bedeutungsschattierun-

179 gen, die nicht mehr von der Gruppe her bestimmt sind, etwa Sie lehnen den Richter als befangen ab 6.2«4.2. Behämmert Der ist doch behämmert bekloppt beknackt beknattert bematscht beschallert bescheuert beschränkt bestußt Diese Verben gehören größtenteils der niederen Umgangssprache an. Sie sind nur als Partizipien realisiert und haben am wenigsten verbalen Charakter bewahrt. Der Anschluß an die Gruppe 6.2.4.1. erfolgt am besten über Verben wie belemmert, bedeppert usw.; alle Verben haben die Bedeutung, daß jemand geistig nicht normal ist. Die angegebene Einspannung der ist doch be ... kann in dieser Form als Modellrahmen angenommen werden. Die Gruppe ist umgangssprachlich produktiv; bei Küpper (WK) finden sich eine ganze Reihe weiterer Bildungen wie behackt, bekracht usw., bei diesen Verben ist die Grenze zur vorhergehenden Gruppe fließend. Wie in 2.4. muß gesagt werden, daß die Verben ausschließlich als Partizipien gebraucht werden, d.h. Ansätze wie bei Mackensen (WM) bedammeln als Infinitiv entsprechen nicht der Sprachwirklichkeit. Verwandt mit den Verben dieser Gruppe sind Partizipien aus der Gruppe 6.7.; hier finden auch Übertragungen statt: Ich bin von seinem Gerede ganz benebelt Er hat mich mit seinem Gequatsche ganz besoffen gemacht Älter ist das Partizip besessen, das wohl kaum mehr von der Gruppe her bestimmt ist: Er ist (wie) besessen 6.3. Befallen (b) Schuldgefühle bedrängen den Verbrecher Mattigkeit befällt den Wanderer Ein schlechtes Gefühl bekroch ihn Dunkle Ahnungen beschleichen sein Herz Vorwürfe bestürmten sein Gewissen Die Stammverben sind Bewegungsausdrücke, daher auch die Abgesetztheit der Gruppe im Typ VI. Die Verben haben ausschließlich

180 den K a s u s r a h m e n INSTR, AFP, d.h. ein AG ist nicht möglich: *Er befällt mich mit der Krankheit *Sein V e r h a l t e n befällt mich Durch die semantische Ähnlichkeit der Verben zu den vorhergehenden Gruppen scheint mir die Analyse von Sn als INSTR angebracht. Das bedeutet, daß synchron gesehen keinerlei Verbindung mehr zwischen befallen in dieser Gruppe und der Einspannung in Gruppe 1.9.3.1. besteht; soweit ich sehe, weisen psychologische

Verben

nie einen ORN auf. Ähnliche Gruppen wie 6.3. existieren auch in anderen Partikelverbsystemen, vgl. etwa: Unruhe ergriff ihn Hunger überkam ihn In abweichender Konstruktion finden sich: Der Anblick benahm ihm den Atem Angst bemächtigte sich seiner Beide V e r b e n sind vollständig lexikalisiert; abweichende

gram-

matische Konstruktion ist m.E. ein ausreichender Grund, solche V e r b e n als nicht mehr vom System bestimmt zu bezeichnen.

Iso-

liert, aber noch vom System bestimmt, ist betreffen: E i n schweres Unglück hat uns betroffen 6.4. Beflügeln Hier finden sich Verben, die das Hervorrufen einer

"positiven"

Gemütsregung bezeichnen. Die V e r b e n sind sicherlich keine wie auch

immer

ist völlig

geartete Variante der Ornativa; die Bildungsweise uneinheitlich.

6.4.1. Begeistern (a) Der Anführer befeuert die Soldaten Die Geliebte beflügelt den Poeten Der Künstler begeistert das Publikum Seine Frau beglückt ihn Der Clown belustigt die Kinder Der R e d n e r berauscht die Zuhörer (b) Die Rede befeuerte den Mut der Soldaten Musik beflügelt die Arbeitsfreude Der Vortrag begeistert die Zuhörer Das Geschenk beglückt das Kind Das Buch belustigt den Leser Die Rede berauscht das Volk Für das Verhältnis zwischen (a)- und (b)-Sätzen gilt das in Gruppe 6.2.1. Gesagte. Befeuern ist wohl überwiegend

litera-

181 risch, in der Umgangssprache wird anfeuern vorgezogen. Beflügeln und begeistern weisen häufig eine zusätzliche Präpositionalphrase mit zu auf: Er beflügelt ihn zu neuen Taten Er begeistert ihn zur Mitarbeit Dieser Mitspieler ist wohl als RES zu interpretieren (s.u. Gruppe 6.6.). 6.4.2. Beruhigen (a) Die Mutter begütigt den Jungen Der Politiker beruhigt die Demonstranten Die Spielleitung besänftigt die aufgebrachte Menge Der Polizist beschwichtigt die Demonstranten (b) Die Schokolade begütigt den Jungen Eine Seereise beruhigt die Nerven Das Angebot besänftigte die Demonstranten Die Erklärung beschwichtigte die Menge Diese von 6.4.1. absetzbare Bedeutungsgruppe besteht ausschließlich aus -igen-Yerben; daraus jedoch eine besondere Leistung des Suffixes abzuleiten, scheint-mir nicht angebracht. Einige Besonderheiten weisen die hierher gehörigen Verben befriedigen und befrieden auf. (&) Der Schüler befriedigt den Lehrer (mit guten Leistungen) (b) Das gute Zeugnis befriedigt die Eltern Offenbar ist die Bedeutung 'sexuell befriedigen' derzeit so dominant, daß die Einspannung (a) nur selten auftritt, wenn nicht diese Bedeutung gemeint ist. a) Caesar befriedete Gallien b) Die kluge Politik befriedete das Land Hier ist eine gewisse ornative Prägung spürbar. Das Wort wird offenbar in letzter Zeit wertneutral gebraucht; häufig hat das Verb jedoch die Bedeutung 'gewaltsam Frieden herbeiführen'. Sa ist meist durch 'Nation, Staat' besetzt. 6.4«5. Beschwingen (b) Der Gedanke beschwingt mich Ein fester Wille beseelte die Frau Der Brief beseligt sie Der Vorschlag bestärkt ihn in seiner Haltung 37 Tagesschau vom 16.2.72: "Niemand weiß heute, wie Nordirland in absehbarer Zeit befriedet werden kann."

182 Diese Verben besetzen Sn stets durch INSTR (s.o. Gruppe 6.2.3.). Allerdings scheint Gebrauch mit AG in Sn-Position nicht so unakzeptabel wie bei den Verben von 6.2.3.: *Meine Frau bedrückt mich *Meine Prau beschwingt mich Das könnte daran liegen, daß die Verben der Gruppe 6.4. bei Besetzung von Sn durch INSTR auch häufig konkrete Substantive verwenden, was in den Gruppen 6.2. und 6.3. selten ist. Hierher ist auch befruchten zu stellen: a) Schiller befruchtete Goethe b) Das Erlebnis befruchtete seine Arbeit Für den (a)-Satz gilt Ähnliches wie bei befriedigen; durch die Einspannung in 3.6. scheint befruchten hier nur selten mit Sn und Sa +Hum aufzutauchen. Alle Verben werden häufig in der Fügung Partizip + sein verwendet: Er ist beschwingt Er ist von einem festen Willen beseelt Nur als Partizipien treten auf: Er atmete befreit auf Er ging beherzt auf ihn zu Obgleich von der Bildung her durchsichtig, hat sich befreien vollständig vom Be-System gelöst wie übrigens die meisten Faktitiva Weisgerbers; das von der Bildung her völlig durchsichtige Verb ist keiner Bedeutungsgruppe mehr anschließbar. Einige Verben der Gruppe 6.4. treten auch ohne Sa auf: Baldrian beruhigt Weintrinken beflügelt Dies sind ausschließlich elliptische Ausdrücke, bei denen ÄFF mitverstanden ist. 6.4.4. Sich begeistern Hans begeistert sich an moderner Kunst Er berauscht sich an Rilke Reflexiver Gebrauch ist bei Verben des Typs VI nicht häufig; die beiden Verben sind hier an die Gruppe 6.7. "sich besaufen" angelehnt; pSd mit an repräsentiert einen INSTR. Schwer zu entscheiden ist die Frage, ob reflexiver Gebrauch von beruhigen hier angeschlossen werden soll: Das Meer beruhigt sich Hans beruhigt sich

183 M a n nimmt hier analog zur Gruppe 2.5.3. "sich behaaren" am besten nur einen Kasus AFP an und betrachtet das Reflexivpronomen als rein morphologische Besonderheit. W e n i g e r klar ist diese Analyse in den folgenden Fällen: Er beherrscht sich Er beunruhigt sich Er bezähmt sich M i r scheint, daß alle diese V e r b e n eher vom Bedeutungsfeld

als

vom Be-System her bestimmt sind, vgl. die V e r b e n sich aufregen, ärgern, wundern

usw.^8

6.5. Bezaubern (a) Der Der Der Das Das Die Sie Sie

Artist beeindruckt das Publikum Star begaukelt das M ä d c h e n V a m p behext den Gelehrten (förmlich) M ä d c h e n berückte den Studenten (durch ihren Charme) M ä d c h e n bestrickte den M a n n (durch ihren Charme) Nixe betörte den Fischer bezauberte den Jungen bezirzt den Dichter

(b) Die Vorführung beeindruckt das Publikum Seine Erzählung begaukelte das M ä d c h e n Ihre Schönheit behexte den Gelehrten (förmlich) Die V i s i o n berückte den Einsiedler Das Lächeln bestrickte den M a l e r S e i n Charme betörte das M ä d c h e n S e i n Charme bezauberte die Gesellschaft Ihr Lächeln bezirzte ihn Viele dieser Beispielsätze

sind, vor unter allem unter (a), wohl

nur innerhalb eines größeren Textbezugs akzeptabel. Unter (b) habe ich h i e r nur wenige finden können, die die Tiefenstruktur Prädikat + INSTR + ÄFF aufweisen; im allgemeinen ist die B e z i e hung auf einen AG durch ein Possessivpronomen notwendig, d.h. die V e r b e n können nicht agenslos auftreten. Alle diese V e r b e n werden besonders häufig als Partizipien gebraucht, sowohl als Partizip Präsens, als auch als Partizip Präteritum:

38 Selbstverständlich gibt es auch reflexive Verben, wo Sn und Sa verschiedene Kasus repräsentieren, das gilt zum Beispiel für Sätze wie den folgenden: Hans betrinkt sich Vgl. dazu unten Gruppe 6.7. "Sich besaufen"

184 Es war wieder einmal bezaubernd! Eine Kür von bestrickender Eleganz Eine Frau von berückender Schönheit Er ist ganz betört Ich bin sehr beeindruckt Das Verb bestechen in der Bedeutung 'corrumpere' ist lexikalisiert; es läßt sich jedoch an diese Gruppe anschließen bei Gebrauch ohne Sa: Die Kür bestach durch Eleganz Vor allem im Journalistendeutsch ist diese Verwendung auch für andere Verben der Gruppe 6.5. üblich geworden: Der Turner beeindruckt durch seine Beständigkeit Die Schauspielerin bestrickt durch ihren Charme Allerdings ist hier in der Regel pSa besetzt. Während man bei diesen Verben von Ellipsen sprechen kann, scheint mir dies für

•50

bestechen schwierig; der folgende Satz ist m.E. ungrammatisch: *Sie bestach ihn durch Eleganz Die meisten Verben der Gruppe 6,5. entstammen diachron gesehen der Gruppe 5.8., diese Bedeutung ist jedoch in der Gegenwartssprache völlig geschwunden. 6.6. Bequatschen Diese Verben bezeichnen den Vorgang, daß heftig auf Personen eingewirkt wird, meist mit Reden, um sie zu einem bestimmten Handeln zu veranlassen. Die Gruppe weicht in der Struktur etwas von den bisherigen Gruppen ab, so fehlt z.B. fast allen Verben die Möglichkeit, im Zustandspassiv aufzutreten. Semantische Verbindungen bestehen zur Gruppe 7.1. "Betrügen". INSTR tritt nur selten auf, und nie in Sn-Position. Die Verben weisen einen fakultativen Mitspieler mit zu bzw. einen Infinitiv auf, der den Zweck, das Ziel der Einwirkung bezeichnet. Dieser Mitspieler repräsentiert m.E. einen RES; eine andere Analyse wäre es, diese 39 Der Satz Sie bestach ihn mit 1.000 DM hat natürlich nichts mit dieser Einscannung zu tun. Die Möglichkeit, Sa offen zu lassen (wobei es aus dem Kontext mitverstanden ist), findet sich bei vielen Verben dieses Bedeutungsbereichs, vgl. etwa: Er überzeugt durch Leistung Er enttäuscht durch Konzentrationsschwächen

185 Ergänzung als freie Angabe aufzufassen analog zu Nebensätzen mit damit oder Infinitivkonstruktionen mit um ... zu. 6.6.1• Beschwatzen Der Arbeiter bequasselt seinen Freund Er bequatscht ihn r Er beredet ihn Er beschwatzt ihn

I

(mitzumachen)

Das Stammverbmaterial ist das gleiche wie in der Gruppe 5.1.; einige nicht aufgeführte Verben können okkasionell in dieser Einspannung erscheinen: Er beflüstert ihn zum Mitmachen Die Einspannung ist durch Sa, welches auf +Hum festgelegt ist, deutlich von der der Gruppe 5.1. unterschieden. 6.6.2. Besaften Er Er Er Er Er Er Er

beackert seinen Freund bearbeitet ihn behandelt ihn bekniet ihn belatschert ihn belemmert ihn besaftet ihn

_

J "" """

Die Verben sind zum großen Teil umgangssprachlich; bei Küpper (WK) finden sich weitere Bildungen wie bedudeln, bestrampeln usw. Bearbeiten und behandeln finden sich umgangssprachlich auch mit INSTR: Er bearbeitet sie mit Fußtritten Er behandelt sie mit Fäusten

Obgleich die Verben in dieser Einspannung etwas abgesetzt von der Gruppe sind, scheint es mir fraglich, ob hier eine zweite Bedeutung anzusetzen ist (so Helbig/Schenkel (1969:82)), denn auch hier ist die Phrase bis sie mitmacht anschließbar.

40 Die Analyse als RES entspricht der in dieser Arbeit vertretenen Auffassung, daß Goal bzw. Ziel keine Kasus sind; die Analyse solcher bei Fillmore stets als Goal aufgefaßter Argumente als RES entspricht seinen Vorstellungen insofern, als Goal bei ihm auch die Funktion "Result" abdeckt (1971a:251).

186 6.6.3« Die Sie Sie

Bedrängen Kinder bedrängen ihn mit Bitten beschwören ihn mit tausend Worten bestürmen ihn mit Bitten

Diese Verben sind nicht rein umgangssprachlich und haben anderes Stammverbmaterial als 6.6.1., -außerdem meist einen INSTR. Auch hier ist RES anschließbar: Sie bedrängen ihn mit Bitten, doch mitzuspielen 6.7. Sich besaufen Diese im Sprachbewußtsein sehr fest verankerte Gruppe zeigt einige Besonderheiten. Die Verben werden fast ausschließlich reflexiv gebraucht. Dabei scheint es hier sinnvoll, zweiwertige Prädikate mit der Kasuestruktur AG, ÄFF als zugrundeliegend anzusehen, d.h. in diesen Fällen repräsentiert Sn den AG und Sa den ÄFF, wobei Referenzidentität besteht. Dies wird nahegelegt durch Beobachtungen am Zustandspassiv: a) Hans ist beängstigt b) Hans ist betrunken Die Analyse des Satzes (a) ist eindeutig: Hans repräsentiert hier einen ÄFF; diese Analyse trifft auch auf Satz (b) zu. Da sich betrinken zweifellos eine Tätigkeit ist, in der ein AG involviert ist, wird man im folgenden Satz (c) Hans betrinkt sich Hans als AG analysieren; dann kann als Quelle für den ÄFF des Zustandspa8sivs nurmehr das Reflexivpronomen in Frage kommen. Alle Verben können eine Präpositionalphrase mit mit oder an zu sich nehmen, die INSTR repräsentiert und in der Regel das Merkmal +Alkohol aufweist; nur bei benebeln und berauschen kann bisweilen auch Sn durch INSTR besetzt sein. 6.7.1. Sich betrinken Der Gewinner beduselt sich Er berafft sich Er berauscht sich Er besäuselt sich Er besäuft sich Er beschlaucht sich Er betrinkt sich Er betütert sich Er bezecht sich

187 Diese V e r b e n k o m m e n in vollständiger K o n j u g a t i o n (als Reflexiva) vor. Daß die Gruppe in der Umgangssprache produktiv ist, überrascht nicht; Küpper (WK) verzeichnet eine Fülle von B i l d u n g e n wie sich behacken, beknüllen, betimpeln usw.; in der R e g e l h a n delt ea sich dabei um echte 6.7.2. Beschwipst Er ist bedotzt benebelt beschwiemelt beschwipst

Präfixbildungen.

usw.

Liese V e r b e n sind nur als Partizip und in der Fügung üblich; auch h i e r verzeichnet Küpper (WK) eine Reihe weiterer Bildungen«

Zwi-

schen den W ö r t e r b ü c h e r n bestehen große Unterschiede, wie die V e r ben anzuführen sind; so führt W G einen Infinitiv beachwitisen an, den ich nicht für akzeptabel halte. Auf der anderen Seite ist die Einspannung so klar, daß aus dieser Gruppe Partizipien

jeder-

zeit auch reflexiv verwendet w e r d e n können; dies scheint mir-jedoch stets okkasionell zu sein. 6.7.3» S i c h bekneipen Er bekneipt sich Er beölt sich Er bepichelt sich Nach m e i n e m Sprachgefühl sind diese

drei V e r b e n nicht als P a r -

tizipien üblich; allerdings gilt hier das für Gruppe 6.7*2. Gesagte vice versa. R e i n okkasionell erscheint mir die Analogiebildung sich b e fressen, weil die V e r b e n der Gruppe 6.7. fest an Trinken von A l kohol gebunden sind; auch scheint mir die Konkurrenzbildung überfressen üblicher zu sein; befressen wird lediglich u m g a n g s sprachlich in ironischer Redeweise

gebraucht.

Die Besetzung v o n Sn durch INSTR scheint nur bei berauschen und benebeln üblich zu sein: Der W e i n benebelt sein H i r n Der W e i n berauscht ihn Bei einigen V e r b e n (wie betrinken, besaufen) ist die Besetzung von Sn durch INSTR unmöglich, bei anderen (wie beduseln, b e s ä u seln) möglich, aber nicht üblich.

188 Typ VII: V E R E I N Z E L T E

BEDEUTUNGSGRUPPEN

Das System der V e r b e n mit be- im h e u t i g e n D e u t s c h ist primär b e stimmt durch die Typen I - V I ; hier finden sich 416 V e r b e n in 586 Einspannungen von einer Gesamtzahl von 64-0 Be-Verben, von denen 534 mit 773 Einspannungen als zum System gehörig betrachtet w e r den können; hierbei sind okkasionelle Bildungen

selbstverständ-

lich nicht berücksichtigt, weil sie nicht zählbar sind. Die in den Typen I - V I aufgeführten V e r b e n w i e s e n gruppenhafte samkeiten auf, die in den Typentafeln angegeben sind;

Gemein-

Abweichun-

gen w a r e n stets idiosynkratischer Natur oder Punktionen syntaktischer R e g e l n (variabler Kasusrahmen, Zustandspassiv,

reflexi-

ver Gebrauch o.ä.). Die verbleibenden nicht-idiomatisierten Be-Verben geben einige Probleme auf. So sind Idiomatisierung, Demotivierung und m i t h i n Lexikalisierung graduell ablaufende Vorgänge; eine genaue Grenzziehung scheint nicht möglich. Bei einigen V e r b e n ist daher eine gewisse "linguistische Intuition" die einzige

Begrün-

dung für die Aufnahme in die Systembeschreibung. W e s e n t l i c h ist allerdings, daß es in einer synchronen Untersuchung nicht sinnvoll ist, "Anklänge", "Reflexe" oder das "Durchschimmern" herer Bedeutungen zu einem Entscheidungskriterium

frü-

zu machen.

W e n n ferner in dieser Arbeit die Bildungsweise der V e r b e n v e r nachlässigt wird zugunsten einer genaueren Charakterisierung der Bedeutungsgruppen nach Kontexteigenschaften,

so wird eine sinn-

volle Behandlung zweifelhafter Fälle nur so m ö g l i c h sein, daß die Möglichkeit, ein V e r b einer bestimmten Bedeutungsgruppe zuordnen, dieses V e r b als "zum System gehörig"

zu-

klassifiziert;

dabei k a n n das Verb durchaus völlig demotiviert sein (vgl.

be-

trachten in Gruppe 4.4.). Dies hat weiter die Konsequenz, daß bestimmte Verben, die zweifellos nicht demotiviert sind, als nicht zum System gehörig klassifiziert w e r d e n müssen, w e i l sie eben keiner Bedeutungsgruppe anschließbar sind, vgl. dazu Gruppe

8.1. Es gibt im Be-System eine Reihe von Bedeutungsgruppen,

die

teilweise nur IG, teilweise n o c h weniger K i t g l i e d e r haben, und die sich nicht oder nur mit Mühe mit den Typen I - V I in V e r b i n dung b r i n g e n lassen. Es schien mir sinnvoller, diese B e d e u t u n g s -

189 gruppen nicht im Zusammenhang mit den Typen I — VI aufzuführen, sondern ihrem isolierten Charakter entsprechend in einer eigenen Abteilung. Dabei haben die einzelnen Gruppen meist klar festgelegte lexikalische Eigenschaften; es ist aber nicht sinnvoll, hier von "sehr kleinen Typen" zu sprechen. Las geringe Volumen dieser Gruppen läßt es als fraglich erscheinen, ob nicht andere Systematisierungen im Lexikon eine ökonomischere Beschreibung ermöglichen (etwa die Zuweisung lexikalischer Eigenschaften auf der Basis des Wortfeldes o.ä.); gerade diese Frage läßt sich jedoch nicht in einer Monographie zu einem einzelnen Präfixsystem beantworten; hier scheint es mir methodisch geboten, die eingeschlagene Analysemethode soweit wie möglich vorzutreiben. Erst eine auf der Basis solcher Einzeluntersuchungen vorgenommene Gesamtbetrachtung kann darüber entscheiden, ob lexikalische Gemeinsamkeiten sinnvoller bezüglich des Systems der Be-Verben oder anderer lexikalischer Subsysteme (etwa der Kasusstruktur, der semantischen Merkmalmatrizen o.ä.) repräsentiert werden, d.h. ob das Lexikon II der Grammatik in Bezug auf Wortbildungssysteme, Wortfelder oder anderen Systematisierungen angeordnet ist. Natürlich spielen alle diese Systemansätze eine Rolle; es ist jedoch empirisch zu überprüfen, ob zwischen diesen Komponenten eine hierarchische Ordnung besteht, die das Lexikon ökonomischer beschreiben läßt, oder ob die Komponenten gleichberechtigt sind. Die vielfältigen Verflechtungen, die zwischen den einzelnen Systemansätzen bestehen, machen deutlich, daß ein Wortbildungssystem nicht nach streng logischen Gesichtspunkten "konstruiert" ist. Bedeutungsübertragungen, wechselnde Einspannungen, Übertritte aus anderen Bedeutungsgruppen und Ungenauigkeit beim Gebrauch der auf einen Modellrahmen ausgelegten Verben sind verantwortlich dafür, daß das Gefüge der Bedeutungsgruppen ständiger Schwankung unterworfen ist; dabei entstehen oft okkasionelle Bildungen, die nicht an eine Bedeutungsgruppe, sondern an ein (bisweilen idiomatisiertes) Einzelverb angeschlossen sind; Hundsnurscher (1968) führt hierfür mehrfach das Beispiel der in der Sportsprache produktiv gewordenen Bildungen wie eine Meisterschaft ausspielen, auskegeln, ausschwimmen usw. an; diese produktive Gruppe läßt sich nur mit Anstrengung als Variante von

190 Hundsnurschers "formativer" Gruppe verstehen (1968:159ff.). Das Entstehen von Neubildungen, die nicht von einer bereits existierenden Bedeutungsgruppe her determiniert sind, sondern die sich an ein lexikalisiertes Präfixverb anlehnen, in dem das Präfix nurmehr morphologisch erkennbar ist, ist zwar nicht häufig, aber möglich; so etwa sind Tucholskys Bildungen sich behakenkreuzigen, bedavidsternen aufzufassen. Gerade im abstrakten Bereich sind Übertragungen, Analogiebildungen usw. besonders häufig; die Bedeutungsgruppen sind oft kleiner und nicht immer so klar zu charakterisieren wie in den vorangegangenen Typen I - V I . Im Typ VII habe ich alle die Bedeutungsgruppen zusammengefaßt, die sich nicht an einen der Typen I - V I anschließen lassen, die sich jedoch klar im System der Be-Verben abzeichnen. Dabei sind gewiß einzelne Ansätze dubios, so wie auch manche von mir als idiomatisiert bezeichnete Verben der Gruppe 8.1. von anderen als zum System gehörig betrachtet werden dürften; dies liegt am Pehlen eines genauen Abgrenzungskriteriums. In den Gruppen 7.1. - 7.4. finden sich Verben, die überwiegend persönliches Objekt zeigen und die vielfach eine klare ornative Prägung aufweisen; zwischen den Einzelgruppen und Untergruppen bestehen inhaltliche Zusammenhänge. Die Gruppen 7.5. und 7.6. haben kein persönliches Objekt. Einzelheiten der grammatischen Struktur sind jeweils in den Gruppen angegeben.

7.1. Betrügen Es handelt sich hier um eine der geschlossensten Gruppen nicht nur im Typ VII, sondern im gesamten Be-System. Bestimmte semantische Verbindungen finden sich zu den Gruppen 7»2. "beliefern" und 6.5. "bezaubern". Die Verben haben die Kasusstruktur AG, INSTR, ORN, AFP, wobei INSTR sehr selten auftritt, nie in SnPosition. Als ORN analysiere ich den Mitspieler pSa mit um in folgenden Sätzen: Er bestiehlt ihn um 100 DM Er betrügt ihn um 100 DM Die naheliegendste Möglichkeit wäre es, hier einen Kasus PRIVATIV einzuführen. Allerdings ließe sich dieser Kasus definieren als das genaue Gegenteil des Kasus ORN, und zwar lediglich durch die Richtungsbeziehung; die Richtungsbeziehung ist jedoch eine

191 kasusunabhängige Notation. Es scheint deshalb sinnvoller, auch diesen Mitspieler als ORN zu bezeichnen und die Definition von ORN in der notwendigen Weise zu erweitern: ORN bezeichnet die Größe, die durch den im Verb bezeichneten Vorgang bzw. Zustand mit ÄFF in Verbindung gebracht wird bzw. in Verbindung steht oder von ÄFF entfernt wird (oder ist). Es führt über den Rahmen dieser Arbeit hinaus, diese Definitionserweiterung auf ihre Brauchbarkeit zu überprüfen; es scheint aber, als benutze Fillmore (1969:117) den Kasus OBJECT ebenfalls für beide Möglichkeiten in der hier geschilderten Weise, ebenso Vestergaard (1973:88). Die meisten Stammverben dieser Gruppe sind auch als intransitive Verben realisiert; dabei ist es schwierig, eine befriedigende Ableitungsstruktur zu finden, v.Polenz nimmt die folgende Formel an (1968:140): (A n x v b ) + (A n Vb B a )



An xyvb Ba

z.B.: (der A lügt) + (der A betrügt den B) der A belügt den B und kommentiert: "Hierher gehören offenbar nur Verben einer bestimmten lexikalisch-semantischen Gruppe unter dem Einfluß des Analogie-Vorbildes betrügen (für Vb substituierbar)." Diese Bemerkung macht die Ausweglosigkeit solcher Versuche deutlich: Das Verb betrügen, das in sämtlichen lexikalischen Eigenschaften mit den übrigen hier zu nennenden Verben übereinstimmt, kann mit dieser Formel nicht abgeleitet werden, da es ja selbst in ihr vorkommt. Man muß betrügen als lexikalisiert auffassen, damit diese Formel sinnvoll ist; dies scheint mir durch die völlige Strukturgleichheit von betrügen mit beschummeln, beschwindeln usw. nicht angebracht. 7.1.1. Beschummeln Der Junge begaunert seine Freunde Der Fremde behummst die Käufer Er belackmeiert die Kundschaft Er belemmert die Kunden Er beluchst das Mädchen Er bemogelt die Mitspieler Er bescheißt den Kunden Er beschummelt seine Freunde Er beschuppt die Mitspieler

192 Er Er Er Er

beschwindelt die Bank betölpelt die Bauern betrügt die Hausfrauen betuppt die Kunden

Der Modellrahmen ist offenbar besonders fest; viele der aufgeführten Bildungen sind umgangssprachlich. Vor allem in Einspan nungen wie: Da hast du dich ganz schön behummsen lassen (vgl. übers Ohr hauen lassen) sind eine Reihe weiterer Verben wie behacken usw. okkasionell in dieser Bedeutung möglich; die se Gruppe stellt neben Verben des Beschmutzens die größte Grup pe von Bildungen, die Küpper (WK) zusätzlich aufführt. Sofern neben den Be-Verben Simplizia bestehen, sind diese intransitiv beim Gebrauch der Simplizia besteht insbesondere keine Möglich keit, das Opfer des Betrugs zu nennen. Versuche wie "er lügt, ihn damit betreffend" sind m.E. sprachfern (so Reinhardt (1964 48)). Einige Be-Verben sind offenbar unter dem Einfluß der intransitiven Simplexverben ebenfalls so anwendbar: Der betrügt ja! Karl bescheißt schon die ganze Zeit! 7.1.2. Bestehlen Der Ganove beklaut die Reisenden Er bemaust seine Freundin Er beraubt den Rentner Er bestiehlt die Passanten v.Polenz (1968:142f.) setzt für diese Verben eine eigene Ablei tungsstruktur an: An

xvb

(B d )

Ca



An

xyvb

Ba

(C? r )

z.B.: der A liefert (dem B) den C der A beliefert den B (mit C) Wie das Beispiel zeigt, subsumiert v.Polenz mit dieser Ableitungsstruktur Verben des Gebens und des Nehmens; dadurch wird die Beziehung zwischen Verben wie beliefern und bestehlen, beschenken und berauben deutlich gemacht. Freilich muß dabei bedacht werden, daß zwischen diesen Verben eine nicht so eindeutige Beziehung besteht wie zwischen geben und nehmen, die sich tatsächlich nur durch die Richtungsbeziehung unterscheiden (s.o. Zf. 4.2.2.5.); es kommen hier semantische Unterschiede

193 hinzu, übrigens auch bei den Stammverben. Aus diesem Grunde erscheint es mir sinnvoller, die Verben des Stehlens in der Gruppe 7.1. aufzuführen, während die anderen Verben des Lieferns usw. der ornativen Gruppe 7.2. angehören.^ Hinzuweisen ist auf den abweichenden Gebrauch von berauben; Er beraubte ihn aller seiner Ersparnisse Sg repräsentiert hier ebenfalls ORN. Wichtig ist, daß Verben der Gruppe 7.1.1. beim Auftreten von ORN eher zur Gruppe 7.1.2. zu gehören scheinen: Hans betrügt seine Freunde (7.1.1.) Hans betrügt seine Freunde um den Lottogewinn (7.1.2.) Aus diesem Grunde habe ich in 7.1.1. keinen ORN in den Beispielsätzen aufgeführt. Grundsätzlich können jedoch alle Verben so verwendet werden. 7.1.3. Belügen Der Junge belügt seine Eltern Er beschwindelt sie Beide Verben unterscheiden sich von 7.1.2 dadurch, daß hier ein ORN nicht anschließbar ist (wenn an beschwindeln ein ORN angeschlossen werden kann, gehört das Verb zu 7.1.1. oder 7.1.2. und ist bedeutungsverschieden!). Konkurrenzbildungen mit an- sind m.E. synonym, hier liegt wohl nur stilistische Variation vor, vgl. v.Polenz (1968:140). 7.1.4. Beerben Der Neffe beerbt seinen Onkel Dieses Verb paßt sich in seiner Bedeutungsstruktur der Gruppe 7.1. an, es fehlt lediglich die Bedeutungskomponente 'unrechtmäßig, durch Betrug'. Interessant ist, daß eine denkbare ornative Bedeutung im Sinne von 'vererben' nicht möglich ist. Auch beneiden läßt sich hier einfügen: Er beneidet seinen Freund um sein Geld Diese Einordnung scheint mir wesentlich adäquater als Weisgerbers Versuch, das Verb durch 'jemandem Neid zuwenden' zu paraphrasie41 Obwohl der Kasus ORN neu definiert wurde, benutze ich den Ausdruck "ornatives Verb" weiter in der üblichen Verwendung "Verb, das in irgendeiner Form das 'Versehen mit' bezeichnet".

194 ren (1958:33). Eher zufällig scheint mir die Bedeutungsähnlichkeit von besteuern mit dieser Gruppe; m.E. ist das Verb lexikalisiert. 7.2. Beliefern Im Gegensatz zur Geschlossenheit der Gruppe 7.1. ist die Gruppe 7.2. nur locker zusammengehalten; man könnte die meisten Verben grob als Verben des Gebens charakterisieren. Es finden sich hier besonders häufig idiosynkratische Züge der Einzelverben, die sich nicht aus der Bedeutungsgruppe erklären lassen, dies ist z.T. durch das hohe Alter vieler dieser Verben bedingt. Soweit nichts anderes erwähnt wird, haben alle Verben die Kasusstruktur AG, INSTR, ORN, ÄFF; auf Besetzung von Sn durch IHSTR ist im einzelnen hingewiesen. Sa ist fast stets +Hum, aber keines dieser Verben ist ein "Psych-movement"-Verb. ORN wird meist durch pSd mit mit repräsentiert; hier liegen kaum Selektionsbeschränkungen vor, aber +Hum ist selten. Eine einheitliche Ableitungsstruktur läßt sich nicht angeben; synthetische und echte Präfixbildungen stehen oft in einer Bedeutungsgruppe nebeneinander. Viele Verben haben gewisse Ähnlichkeiten mit Verben des Typs I, sind jedoch sowohl von der Bedeutung wie von ihren anderen lexikalischen Eigenschaften her verschieden von den dort aufgeführten Verben. 7.2.1. Beschicken Die Firma beliefert die Kundschaft mit Bier Sie beschickt die Ausstellung mit 4 Ständen Sie besendet die Haushalte mit Prospekten Wesentlich ist, daß alle drei Verben nicht auf Sa +Hum beschränkt sind; häufiger finden sich Ortsangaben wie: Er beliefert die Gegend mit Kohlen Er beschickt das Amt mit Zahlen Dieser lokale Bedeutungszug weist auf den Typ I hin. Beschicken kann pSd auch mit +Hum besetzen: Die Firma beschickt die Konferenz mit 5 Fachleuten Auf -Anim beschränkt ist dagegen pSd bei bevorraten: Die Hausfrau bevorratet den Keller mit Lebensmitteln Die enge Verbindung zwischen 7.2.1. und dem Typ I zeigt sich auch an der Einspannung von befahren, die WG aufführt:

195 Der LKW befährt den Weg mit Kies Die Einspannung verweist auf den Typ I, das Stammverb fahren auf die Gruppe 3.7. und die Bedeutung auf die Gruppe 7.2.1.; das Verb ist ein Beispiel für die Möglichkeit, einen Modellrahmen ungenau zu gebrauchen, ohne daß die Verständlichkeit leidet.^ 2 Ebenfalls Beziehungen zur Gruppe 3.7. haben die Verben bereichern und bespielen in der an 7.2.1. anschließbaren Einspannung: Der Vertreter bereist die Ortschaften mit Rasierklingen Das Stadttheater bespielt die umliegenden Ortschaften mit ausgewählten Aufführungen Es scheint denkbar, daß auch weitere Verben aus 3.7. in dieser Einspannung auftreten können, etwa befahren oder befliegen; im übrigen scheint die ganze Gruppe 3.7.4. gewisse Ähnlichkeit zu 7.2.1. zu haben. Auf der anderen Seite muß aber darauf verwiesen werden, daß der von Weisgerber so heftig befehdete "Typ" (1958:74) einen mit etwas beliefern vom System der Be-Verben her gesehen isoliert ist und eine recht kleine Bedeutungsgruppe darstellt, deren Ausstrahlungskraft relativ beschränkt sein dürfte. 7.2.2. Beschenken Hans bedenkt seinen Neffen mit einer Taschenuhr Er beschenkt die Kinder mit Spielzeug Bedenken ist in dieser Einspannung fest etabliert, d.h. synchron nicht mehr als übertragener Gebrauch zu interpretieren. Nach beschenken wird bisweilen auch bescheren konstruiert: Er beschert die Kinder (um 8 Uhr) Allerdings ist hier wohl kein ORN repräsentierender Mitspieler anschließbar: *Er beschert die Kinder mit Spielzeug Die Konstruktion mit dem Dativ muß als lexikalisiert angesehen werden, da das Verb demotiviert ist: Er beschert dem Jungen eine Eisenbahn 42 Informanten teilten mir die folgende Einspannung von betreiben mit: Der Bauer betreibt die Alm mit Vieh Es ist eine Ermessensfrage, ob man befahren und betreiben in dieser Einspannung an den Typ I anschließt (unter der Gruppe 1.8.); hier liegt eine starke Beziehung vor.

196 Die Konstruktion mit persönlichem Akkusativ-Objekt ist ganz offensichtlich durch das fast gleichbedeutende beschenken möglich geworden; inwieweit dieses Vorbild weiterwirkt, so daß auch ein pSd mit mit möglich wird, ist abzuwarten. Hier zeigt sich jedenfalls die Kraft eines solchen Analogievorbildes, das im übrigen durch Ähnlichkeit mit dem Typ I gestützt wird; auch bedenken dürfte in dieser Einspannung auf das Vorbild von beschenken zurückgehen. Eine Übertragung liegt auch in folgender Einspannung vor: Er beglückt sie mit einem Rosenstrauß Es ist nicht einfach zu entscheiden, welchen Kasus pSd hier repräsentiert. Ist es ein INSTR, so gehört das Verb zur Gruppe 6.4. und ist ein "Psych-movement"-Verb; repräsentiert pSd dagegen einen ORN, so gehört das Verb hierher. Obgleich die Analyse nach 6.4. näherliegt, spielt m.E. in vielen Fällen das Vorbild beschenken eine gewisse Rolle. Auch in dieser Gruppe ist es fraglich, ob es tatsächlich einen INSTR repräsentierenden Mitspieler geben kann; Sn wird jedenfalls nie durch INSTR besetzt. 7.2.3. Bestrafen In den folgenden Gruppen finden sich nahezu ausschließlich abstrakte Verben; pSd ist fast stets auf -Konkr festgelegt. 7.2.3. zeigt Einflüsse von Verben des Typs V, insbesondere von beurteilen. Es findet sich häufig ein zusätzlicher Mitspieler pSa mit für, der so etwas wie Grund bzw. Ursache bezeichnet: Er bestraft ihn für sein Verbrechen Mir scheint, daß diese Ergänzung kein fakultativer Mitspieler ist, sondern eine freie Ergänzung darstellt, die gemeinsam mit freien Ergänzungen mit wegen zu behandeln ist; es bleibt damit freilich weiterhin ungeklärt, ob freie Angaben Kasus reprä43 sentieren. 43 Eine solche Analyse steht im Widerspruch zu Helbig/Schenkel, wo der entsprechende Mitspieler von danken als fakultativ angesehen wird (1969:132). Für solche Ergänzungen einen Kasus "Grund, Ursache" anzunehmen, ist insofern problematisch, als die Abgrenzung von INSTR schwerfällt.

197 7.2.3.1» B e s t r a f e n Er belegt den Einbrecher mit einer Geldstrafe Der Richter bestraft den Angeklagten mit 5 Jahren B e l e g e n hat in dieser Einspannung den Mitspieler pSd

obligato-

risch, festgelegt auf 'Buße, Strafe'. 7.2.3.2« Belohnen Der Lehrer belohnt den Schüler mit einem Buch Der M i n i s t e r begnadigt den Verbrecher Er belobigt den Angestellten Begnadigen hat Vokalbedeutung erlangt, die jedoch hier anschließbar ist, gleiches gilt für belobigen. 7.2.3»3»

Beglückwünschen

Er beglückwünscht den Sieger zu seinem E r f o l g Auch hier fehlt (wie bei begnadigen und belobigen) die M ö g l i c h keit, einen ORN anzuschließen; pSd mit zu ist eine ähnliche freie Angabe wie die o.a. Angaben mit für. Das Verb ist stark 44 idiomatisiert. 7.2.4. Besolden Diese V e r b e n haben zwei verschiedene Bedeutungsnuancen; liegt der Akzent auf der Strukturbedeutung

entweder

'Geld geben' oder

auf der Bedeutung 'ein bezahltes Amt geben*. ORN fehlt meist, d a er durch die V e r b e n selbst ausgedrückt wird; er ist auch nicht tautologisch

anschließbar:

*Der Staat besoldet die B e a m t e n mit Sold Im fachsprachlichen Ursprung dieser V e r b e n ist vielleicht der Grund für ihre starken idiosynkratischen Eigenschaften zu suchen, vgl. Marchand (1971:318), wo vermutet wird, daß in der sekundären Ausdehnung der V e r b e n in der Allgemeinsprache die spezifische Bedeutung nicht mehr erkannt wurde; die V e r b e n entstammen fast durchweg der Fachsprache der Verwaltung und Bürokratie. 44 Nach beglückwünschen scheinen jedoch okkasionelle wie Sei bewünscht und befeiert m ö g l i c h zu sein.

Bildungen

198 7.2.4.1. Berenten Der Staat berentet die Invaliden (schlecht) E r besoldet seine Beamten (schlecht) Der Reisende bezahlt den Chauffeur Die Zusätze in den K l a m m e r n sind sicherlich freie Angaben; da sie jedoch die Qualität der Besoldung bezeichnen, ersetzen sie m.E. in irgendeiner F o r m ORN. Ich muß nochmals darauf hinweisen, daß die Problematik der freien Angaben völlig ungelöst ist, da sie bisher in der Kasusgrammatik gar nicht erkannt wurde. Die folgenden V e r b e n führen häufig ein pSd mit mit bei sich, das ORN repräsentiert: Die Firma bevorschußt das Projekt mit 1 M i l l i o n Sie bezuschußt die M i e t e n mit 20.000 D M Wichtig ist, daß beide V e r b e n fast ausschließlich in dieser Form auftreten

und nicht mit S a +Hum; damit geht Weisgerbers Kritik

(1958:69) ins Leere. Ferner ist bevorschussen durchaus nicht so neu, wie bei Weisgerber suggeriert wird; das Partizip findet sich schon bei Hittmair

(1882).

7.2.4.2. Beschäftigen Die F i r m a beschäftigt 500 Personen Sie bezahlt 500 Arbeiter Beschäftigen findet sich auch mit einer Ergänzung mit als: Sie beschäftigt ihn als Chauffeur Hier ist auch die Fügung Partizip + sein

häufig:

Er ist als Polier beschäftigt A n diesen Gebrauch lassen sich die folgenden Partizipien anschließen: Er ist beamtet, bedienstet,

bestallt

M.E. sind diese Partizipien veraltet neben den Substantiven Be4S amter, Bediensteter. ^

45 Dieser Behauptung entgegen steht der Gebrauch von bestallen in der Nachrichtensendung "Heute" des ZDF vom 10.7.1972: Helmut Schmidt wurde mit dem Wirtschaftsministerium bestallt Dieser Gebrauch ist anschließbar an betrauen (s.u. 7.2.5.).

199 7.2.5. Beauftragen Die Partei beauflagt den Betrieb mit der Steigerung der P r o duktion Der Kanzler beauftragt den Botschafter mit der V e r h a n d l u n g s führung Er betraut den Minister mit dieser Aufgabe Beauflagen ist wohl nur in der DDR ü b l i c h (vgl. WG). pSd b e zeichnet im allgemeinen eine Tätigkeit, die in der Zukunft durch die durch S a bezeichnete P e r s o n ausgeführt werden soll. Noch deutlicher wird dies durch die folgenden Verben, die ORN als pSd mit zu repräsentieren: Die Vollmacht befugt den Angestellten zur Öffnung des Safes Die Unterschrift berechtigt ihn dazu Er bevollmächtigt den B e a m t e n zur Unterschrift Wie die Beispiele zeigen, wird S n oft durch INSTR besetzt.

Auch

diese V e r b e n sind in der F ü g u n g häufig: Er ist dazu beauftragt, befugt, berechtigt 7.2.6. B e g ü n s t i g e n Der Schiedsrichter begünstigt den FC B a y e r n Er benachteiligt Eintracht Prankfurt Er bevorrechtigt die Ausländer Er bevorteilt die andere Partei Er bevorzugt den M u s t e r k n a b e n Diese k l a r faßbare Gruppe schließt sich einerseits an belohnen an, auf der anderen Seite an V e r b e n des positiven Urteils der Gruppe 5.5. "Befürworten". Der Unterschied zu dieser Gruppe liegt vor allem in der Distribution von Sa, das in der Gruppe 7.2.6. auf +Hum festgelegt ist. Die Besetzung von Sn durch INSTR ist häufig: Er begünstigt die Kanadier mit dieser Entscheidung Die Entscheidung begünstigt die Kanadier Begünstigen k a n n S a auch über +Hum hinaus erweitern; hier scheint als Charakterisierung des semantischen Gehalts der in Typ V gebrauchte Terminus "Sachverhalt"

angemessen:

Er begünstigt den P l a n Das W e t t e r begünstigt die Unternehmung Die Möglichkeit, auch in dieser Einspannung S n durch INSTR zu besetzen, schien es nahezulegen, begünstigen in dieser E i n s p a n nung nicht im Typ V aufzuführen, d a diese Möglichkeit in der Gruppe 5.5. nicht vorhanden ist. Es ist sinnvoller, sie als idiosynkratischen Zug des Verbs aufzufassen. Ähnliches liegt vor bei

200 bevorzugen, wo S a praktisch unbeschränkt

ist:

Er bevorzugt Kaviar, rauschende Feste, M u s i k usw. Beeinträchtigen zeigt einige Besonderheiten. Die für die übrigen V e r b e n übliche Einspannung, daß Sn und Sa +Hum sind, ist hier ausgeschlossen: *Hans beeinträchtigt

Inge

W e n n S n einen AG repräsentiert, ist im Satz zusätzlich ein INSTR enthalten, entweder in einer Präpositionalphrase oder in der Weise, daß Sn AG und INSTR gleichzeitig repräsentiert wie im Typ VI: Er beeinträchtigt ihre Chancen durch sein Eingreifen Sein Eingreifen beeinträchtigt ihre C h a n c e n S a ist ebenfalls meist nicht +Hum, sondern auf menschliche

Tätig-

k e i t e n bezogen: *Er beeinträchtigt sie durch sein Eingreifen Er beeinträchtigt ihre C h a n c e n durch sein Eingreifen Schließlich k a n n S n durch INSTR allein besetzt werden: Das Wetter beeinträchtigt die Unternehmung Die Krise beeinträchtigt die günstige Kursentwicklung Die Besetzung v o n S a in den beiden Beispielsätzen zeigt, daß hier ähnliche M ö g l i c h k e i t e n wie bei beeinflussen vorliegen (s.o. 6.1.). V o n der Bedeutung her rechtfertigt sich jedoch die E i n ordnung des Verbs in diese Gruppe. 7.2,7. Ornative R e s t g r u p p e n Die folgenden Gruppen sind alle mehr oder weniger stark am Typ I orientiert, aber in Distribution und Bedeutung anders turiert. Zum Teil handelt es sich auch um Übertragungen,

strukdie

sich teilweise aus Redewendungen, teilweise aus der semantischen Variationsmöglichkeit des Stammverbmaterials erklären lassen. Ich habe nur solche Fälle aufgeführt, in denen es sich um gruppenhafte E r s c h e i n u n g e n handelt. 7.2.7.1. Benennen Er benamst sein Auto "Emil" Er benennt seinen Sohn "Emil" Er betitelt sein B u c h XYZ Der zweite Akkusativ repräsentiert ebenso einen ORN wie pSd in den folgenden Fällen:

201 Er belegt ihn mit dem N a m e n "Eginhard" Er bezeichnet jede Figur mit einer Ziffer Bezeichnen ist stark lexikalisiert; inwieweit der folgende Gebrauch n o c h vom System her bestimmt ist, ist schwer zu entscheiden : Er bezeichnet ihn als Lügner Auch hier ist pSa mit als wohl als ORN zu analysieren. Stark an Typ I angelehnt ist der folgende Gebrauch von belegen: Er belegt ihn mit Schimpfwörtern A n diesen Gebrauch lassen sich okkasionelle E i n s p a n n u n g e n anschließen wie: Er beschüttet, bewirft ihn mit

Schimpfwörtern

Allerdings sind diese E i n s p a n n u n g e n stets okkasionell, weil K o n kurrenzbildungen wie mit Schimpfwörtern überschütten,

Ausdrücke

a n den Kopf w e r f e n fest etabliert sind. 7.2.7*2. Beschönigen W i r w o l l e n seine Fehler mit dem M a n t e l christlicher liebe bedecken

Nächsten-

Diese Prägung dürfte als Vorbild für beschönigen und bemänteln anzusehen sein: Sie versucht, seine Fehler zu bemänteln Sie versucht, seine Fehler zu beschönigen Die W e i t e r b i l d u n g von V e r b e n aus diesem Bedeutungsbereich ist in der Gegenwartssprache auf das V e r - S y s t e m übergegangen,

vgl.

vertuschen, verheimlichen, verschweigen usw. 7.2.7.3. Bekleckern D a hast du d i c h nicht gerade mit R u h m bedeckt bekleckert bekleistert Gerade aus der Gruppe 1.5. finden sich viele solcher v e r ä n d e r ten Einspannungen: Er hat unseren guten Namen mit Schande bedeckt E r hat die Ehre der Familie befleckt Er hat sein eigenes Nest beschmutzt Seine Hände sind mit Blut befleckt, besudelt Die letzte Einspannung kann sowohl in die Gruppe 1.5. gehören, w e n n n ä m l i c h die konkrete Hand gemeint ist, oder hierher, w e n n die übertragene Bedeutung »sich durch eine Bluttat schuldig m a -

202 chen' gemeint ist. Ferner läßt s i c h hier

anschließen:

Er ist mit einem Makel behaftet 7.2.7.4. Belasten Die vielfältigen Bedeutungen des Substantivs Last, zwischen d e nen eine genaue Trennung oft nur schwer möglich ist, übertragen sich auch auf das Verb belasten, das sich ja auch in konkreter Bedeutung in 1.2., in abstrakter Bedeutung in 6.2.3. fand. In weiteren Übertragungen bleibt die Konstruktion von Typ I erhalten, obgleich pSd auf unbeschränkt zu erweitern ist, wobei die jeweilige Einspannung bestimmte R e s t r i k t i o n e n aufweist, die auf Sachsteuerung beruhen. W e s e n t l i c h ist, daß vielfach nachbarn von belasten die Übertragung ebenfalls

Bedeutungs-

zeigen.

Besonders viele V e r b e n finden sich in der folgenden, an b e lasten angelehnten Einspannung: Er befrachtet, behängt, belädt, belastet, bepackt, sich mit soviel unnützem Zeug

beschwert

Diese reflexive Konstruktion findet sich auch in anderen A b l e i tungssystemen mit ähnlichem Stammverbmaterial, vgl. überlasten, aufhalsen usw. An belasten in der folgenden Einspannung ist beleihen angeschlossen: Er beleiht, belastet das Grundstück mit 50000 DM Bestimmte Verbindung zur Gruppe 7.2.7.3. zeigt die folgende Einspannung: Er ist mit Schuld

beladen

Diese Einspannung ist vergleichbar mit dem Gebrauch von belasten in der Gruppe

6.2.3.:

Schuld belastet sein Gewissen Eine weitere Vokabelbedeutung findet sich im Gerichtswesen: Der Zeuge belastet den Angeklagten Diese Verwendung ist fest etabliert, also synchron g e s e h e n nicht mehr als Bedeutungsübertragung zu interpretieren. Hier lassen sich ferner zwei V e r b e n anschließen, die ebenfalls einen g e w i s sen ornativen Bedeutungszug tragen und nicht völlig losgelöst vom System zu sein scheinen: Er beschuldigt seinen Freund Er bezichtigt ihn der Lüge W e l c h e n Kasus Sg, das auch bei beschuldigen anschließbar

ist,

203 repräsentiert, ist mir unklar; es ist zu vermuten, daß hier k o m pliziertere Prädikatsstrukturen vorliegen etwa der Form: A behauptet: B hat C begangen o.ä.; das deutet auf eine gewisse Beziehung dieser V e r b e n zur Gruppe 7.6. hin. Ebenfalls hi.er anschließen läßt sich das P a r tizip beklagt: beklagte Partei, der Beklagte In dieser Verwendung hat beklagt nichts mit der Einspannung in der Gruppe 5.7. gemeinsam. Abschließend sei bemerkt, daß ich mir nicht ganz darüber im klaren bin, w e l c h e n Status solche Kleingruppen, die an ein E i n zelverb angeschlossen sind, in der Systembeschreibung haben. 7.2.8. Begraben Der Vater beerdigt seinen Sohn Er begräbt seinen Freund Er bestattet seine Tochter Daß begraben "eigentlich ornativ" sei (Weisgerber

(1958:24)),

ist nicht völlig verfehlt; dies ist jedoch eine sekundäre E r scheinung. Die Gruppe selbst scheint keinerlei

Ausstrahlungs-

kraft aufzuweisen; es handelt sich um Restbestände einer ehemals größeren Gruppe des "Beituns, Bewahrens" (Grimm (1826: 806f.), vgl. auch Hittmair

(1882:56ff.)).

7.2.9. Begütert A n einigen Punkten der Systembeschreibung fanden sich Verben, die in der Sprachnorm nur als Partizip realisiert sind. Diese Partizipien w a r e n jedoch stets an vorhandene

Bedeutungsgruppen

anschließbar. Es handelt sich bei diesen V e r b e n sicherlich nicht um Restbestände ehemals vollkonjugierter Verben; auch diachron gesehen sind fast alle diese V e r b e n nur als Partizip üblich g e wesen, vgl. Hittmair

(1882:109ff.).

Dieser Sachverhalt darf nicht übersehen w e r d e n . Weisgerbers Überlegungen, daß "in solchen F ä l l e n ein Ausgreifen zum Infinitiv, zu passiven und aktiven Verbalformen" anzutreffen sei (1958:88), ist in den m e i s t e n F ä l l e n nicht zutreffend. S i c h e r lich läßt sich Sprachmaterial in der individuellen Sprechsituation auch abweichend gebrauchen, natürlich ist der Satz Hans bebrillt seinen Freund

204 sprachmöglich, aber solche Verwendungen bleiben in der Regel okkasionell. Der Grammatiker muß seine Beschreibung auf ein abstraktes Gebilde, die Sprachnorm, den Sprachusus, die Kompetenz 46 eines Sprechers richten. Natürlich bleiben stets eine Reihe von zweifelhaften Fällen, in denen es schwer ist zu entscheiden, ob eine mögliche und geäußerte Sprachform dem Sprachusus angehört oder nicht, weil der Sprachusus bzw. die Sprachnorm stets ein abstraktes Gebilde bleibt; der einzelne Sprecher ist von der Sprachnorm nicht vollständig determiniert: "Immer beherrscht der Usus, auf dessen Darstellung die Bestrebungen des Grammatikers fast allein gerichtet zu sein pflegen, die Sprache des Einzelnen nur bis zu einem gewissen Grade, daneben steht immer vieles, was nicht durch den Usus bestimmt ist, ja ihm direkt widerspricht." (Paul (Paul (1909:29)) Die Be-Verben, die nur als Partizip in der Norm realisiert sind, stellen einen Fall dar, wo der individuelle Sprachgebrauch die Möglichkeit hat, auch andere Verbalformen zu bilden; in der Regel bleiben solche Anwendungen jedoch okkasionell, d.h. werden nicht in die Sprachnorm aufgenommen. Mir scheint es deshalb nicht sinnvoll, beispielsweise für bebrillt auch einen Infinitiv bebrillen anzusetzen (so WM). In einigen Fällen ist die Entscheidung schwieriger. So setzen WM, WG und LM einen Infinitiv begütern mit der Bedeutung 'jemanden reich machen' an, auch Weisgerber folgt ihnen darin. Offenbar erfolgt dieser Ansatz in Analogie zu Verben wie bereichern. Auch bei begabt ist solch eine Verwendung denkbar: Die Natur hat ihn mit vielen Talenten begabt Ich habe mich trotz solcher Zweifelsfälle dazu entschlossen, die folgenden Verben nur als Partizipien anzugeben, weil sicherlich nicht geleugnet werden kann, daß sie am häufigsten in dieser Form auftreten. Während die übrigen Be-Verben, die nur als Partizip realisiert sind, fest zu bestimmten Bedeutungsgruppen gehören, sind die im folgenden aufgeführten nur locker an die ohnehin nicht sehr geschlossene Gruppe angeschlossen; gemeinsam ist den Verben die ornative Prägung. 46 Selbstverständlich sind diese Begriffe von Coseriu, Paul und Chomsky nicht synonym; die prinzipielle Problematik der Abgrenzung ist jedoch in allen Fällen gleich.

205 7.2.9.1. Bemittelt E i n begüterter, bemittelter, betuchter H e r r Umgangssprachlich finden sich eine Reihe weiterer Bildungen: Der ist ganz h ü b s c h bemoost! Der ist ganz gut bestückt! Aus K ü p p e r (WK) erwähne ich noch bezastert; die Gruppe ist offenbar umgangssprachlich offen für Bildungen aus Stammverbmaterial, das Geld bezeichnet. Weitere Konjugation, vor allem reflexiv in Analogie zu bereichern, scheint in dieser Gruppe nicht

ausgeschlossen.

7.2.9.2. Begabt E i n begabter Künstler E i n begnadeter Sänger Ein beherzter M a n n E i n zart besaiteter Jüngling In dieser Gruppe besteht starke Verwandtschaft zu V e r b e n des Typs VI, vor allem der Gruppe 6,4.3. 7.3»

"Beschwingen".

Betreuen

Die V e r b e n dieser Gruppe stehen ebenfalls unter ornativer P r ä gung, sie h a b e n darüberhinaus

jedoch eine benefaktive N u a n -

cierung, die die Gruppe deutlich von den anderen Gruppen des Typs VII abhebt; dadurch wirkt 7.3. im Gegensatz zu 7.2. sehr geschlossen. Die V e r b e n haben die Kasusstruktur AG, INSTR, AFP, wobei INSTR häufig unausgedrückt bleibt. S n und S a sind in der Regel +Hum (beachte aber Gruppe 7.3.6.!). Die V e r b e n sind zum größten Teil echte Präfixbildungen; eine einheitliche

Ablei-

tungsstruktur läßt sich nicht angeben. 7.3.1. B e h ü t e n Der M a n n behütet den Jungen vor Schaden Er beschirmt ihn vor seinen Feinden E r beschützt ihn vor dem Angreifer Die Präpositionalphrase mit vor repräsentiert einen Kasus, über den ich h i e r nichts Weiteres aussagen kann; eine Möglichkeit wäre der Kasus "Counter-Agent", der in Fillmore (1969:116) eingeführt wird:

206 "Counter-agent: the force or resistance against w h i c h the action is carried out." Leider versäumt es Fillmore, auch nur einen Beispielsatz für diesen Kasus zu g e b e n oder ihn näher zu erläutern; in Pillmore (1971a) ist der Kasus aufgegeben, wieder ohne Begründung.

Ich

halte es für wenig sinnvoll, anhand v o n drei Sätzen einen neuen Kasus zu definieren; ich k a n n an dieser Stelle nur feststellen, daß die Präpositionalphrase mit vor, die sicherlich einen fak u l t a t i v e n Kitspieler dieser V e r b e n darstellt, einen Kasus repräsentiert, der mit den in dieser Arbeit benutzten K a s u s b e griffen nicht in Verbindung zu bringen ist. Diese V e r b e n k ö n n e n zwar einen INSTR zu sich nehmen, aber S n k a n n nie durch INSTR besetzt sein: E r beschützt das M ä d c h e n mit der Waffe *Die Waffe beschützt das M ä d c h e n In diesem Punkt unterscheiden sich die Be-Verben von den entsprechenden Simplexverben, die diese Möglichkeit z.T. aufweisen: Der U m h a n g schützt das M ä d c h e n (vor dem R e g e n ) Die M a u e r schirmt die Stadt vor den Feinden Das Simplex h ü t e n d a g e g e n k a n n keine Präpositionalphrase

mit

vor aufweisen: *Der Junge hütet die Schafe vor dem Wolf Es zeigt sich deutlich, daß die Be-Verben bestimmte

Gemeinsam-

k e i t e n aufweisen, die den entsprechenden Simplexverben fehlen; d.h. daß jedes Be-Verb zu seinem entsprechenden Simplexverb

in

einer anderen Beziehung steht, und das zeigt die Unbrauchbarkeit v o n Ableitungsformeln in diesem Fall. Hierher gehört n o c h bewahren, das eine etwas andere N u a n cierung aufweist und in der Distribution nicht auf S a +Hum beschränkt ist (s. 7.2.6.): Er bewahrt seine Mannschaft vor einer Niederlage 7.3.2. Besorgen Die M u t t e r besorgt das Kind Die Schwester betreut den K r a n k e n Diese Grundeinspannung wird bei betreuen häufig verlassen;

dar-

auf beziehen sich die kritischen Bemerkungen in Sternberger (1968:52). Aber gerade diese Grundeinspannung hat als P r ä g e v o r bild für die folgende (produktive) Gruppe zu gelten.

207 7.3.5. Die Sie Sie Sie

Betütern F r a u befürsorgt d e n alten M a n n bemuttert den Studenten bepummelt das Baby betütert das M ä d c h e n

Diese V e r b e n haben einen gewissen ironischen Unterton, der nur befürsorgen fehlt. Es lassen sich hier weitere okkasionelle

Bil-

dungen wie behätscheln, betottern oder das bei M a c k e n s e n (WM) aufgeführte bevatern anschließen. Auch hier ist die Frage der Ableitungsstruktur problematisch, v.Polenz (1968:14-9) gibt für einige dieser V e r b e n die folgende Formel an: A handelt wie ein x an B

A be-x-t B

Diese Formel trifft einmal nur für bemuttern und bevatern (sowie die folgenden Verben) zu; in ihr ist aber vor allem die semantische Komponente

'sorgen für', die in allen diesen V e r -

ben enthalten ist, nicht

berücksichtigt.

Der genannte ironische Unterton dieser Bildungen ist in den folgenden V e r b e n ins Negative umgeschlagen; auch diese negative Komponente läßt sich durch die o.a. Formel nicht

ausdrücken:

Der Fabrikant begönnert den jungen Künstler Er bevettert seine Kollegen Er bevormundet seine F r a u Inwieweit diese Gruppe produktiv ist, vermag ich nicht zu entscheiden. Die Bildungen stehen in semantischer Beziehung zur Gruppe 7.2.6. "Begünstigen"; m a n könnte diese Gruppe mit einem gewissen Recht auch hier statt in 7.2. anführen. 7.5.4. Benähen Die Großmutter beflickt die ganze Familie Sie benäht die ganze Familie Sie bestrickt die ganze Familie Für diese Gruppe ist wohl zusätzlich zu der Struktur der Gruppe 7»%

und dem durchgehenden benefaktiven Charakter das Analogie-

vorbild bekleiden v o n Wichtigkeit. Die Gruppe ist offen, okkasionelle Bildungen wie behäkeln o.a. sind jederzeit möglich. Ferner handelt es sich hier um echte Präfixbildungen, die gleichzeitig Ornativa sind; W e i s g e r b e r hat diese Gruppe völlig übersehen; er würde sie wohl gemeinsam mit sog. Perfektiven wie beliefern aufführen. V o n Bildungsweise und grammatischer Struktur

208 her besteht eine gewisse Ähnlichkeit zur Gruppe 2.6. "Betanken", der allerdings die benefaktive Nuancierung und die D i s t r i bution S a +Hum fehlt. Neben Ausdrücken des Nähens finden sich Ausdrücke des Kochens: Die Frau bekocht den R e n t n e r Sie beköstigt die Studenten Sie bewirtet die F r e m d e n Als dritter B e r e i c h findet sich das Wohnen: Sie behaust den W a n d e r e r Sie beherbergt den Studenten Frankreich beheimatet 3 weltberühmte

Cellisten

Es ist allerdings fraglich, ob in dieser Einspannung als AG anzusehen ist; die Überlegungen von Weisgerber

Frankreich (1958:

88f.) deuten eher darauf hin, daß es als INSTR zu analysieren ist. Die Schwierigkeit v o n beheimaten liegt darin, daß es h a u p t sächlich als Partizip realisiert ist; in dieser Form ist es jedoch der Gruppe 7.3.4. nicht anschließbar, d a die übrigen V e r b e n nicht in der Fügung Partizip + sein auftreten: Er ist in Frankreich beheimatet *Er ist in diesem Haus beherbergt Beherbergen scheint in der folgenden Einspannung

lexikalisiert:

Die Burg beherbergt ein Museum Das gleiche gilt für beinhalten, das nicht vom System h e r b e - ' stimmt ist und das bei Hittmair (1882) interessanterweise

fehlt.

D e m M u s t e r von benähen und bekochen entsprechen die V e r b e n b e schulen und betanzen. Beide sind echte Präfixbildungen und g e l ten als "unschöne Bildungen". Beschulen ist sicherlich nicht als Ornativum aufzufassen mit der Strukturbedeutung

'mit einer Schu-

le versehen' (so W M und Weisgerber (1958:84-)); die übliche E i n spannung ist vielmehr die folgende, wobei mir ein einfacher Satz unakzeptabel

erscheint:

W e g e n der Raumnot empfiehlt die Schulleitung, die K l a s s e n schichtweise zu beschulen Betanzen ist wohl stets ironisch aufzufassen: Er bemüht sich, alle Damen zu betanzen Hier anschließbar ist schließlich beraten, das jedoch V o k a b e l bedeutung erlangt hat: Er berät den Bundeskanzler

209 7«3»5. Bewachen Der W ä r t e r beaufsichtigt' die Gefangenen Er bewacht die Sträflinge Beide V e r b e n stehen etwas isoliert, sind jedoch in dieser E i n spannung hier anschließbar. 7»3»6. Abweichungen Das wesentliche K e n n z e i c h e n der vorstehend aufgeführten V e r b e n w a r die Distribution Sn, S a +Hum. Einige V e r b e n haben diese Grundeinspannung z.T. beträchtlich erweitert; diese Ausweitung hat den teilweisen oder vollständigen Verlust des benefaktiven Charakters dieser V e r b e n zur Folge. Die V e r b e n nähern sich dadurch der Strukturbedeutung

'Verwalten', die in einigen W e i t e r -

bildungen fast allein vorliegt. Ich vermag nicht zu entscheiden, ob sich h i e r die E n t w i c k l u n g einer neuen Bedeutungsgruppe

ab-

zeichnet; dann ließe sich sinnvoll behaupten, daß in dieser Gruppe S a c h e n und Personen sprachlich gleichgestellt werden,

einfach

dadurch, daß S a unbeschränkt ist; mir scheint es jedoch nicht angebracht, aus dem V o r h a n d e n s e i n einer Gruppe v o n 6 V e r b e n S c h l ü s se kulturpessimistischer Art zu ziehen. Für die folgenden E i n s p a n n u n g e n gilt, daß S a unbeschränkt ist, wobei ich allerdings S a +Hum ausnehme, w e i l diese Einspannung den vorhergehenden G r u p p e n schon genannt wurde und m.E. stets die genannte benefaktive Bedeutung hervorruft. Er beaufsichtigt den V e r k e h r , die Arbeiten Er besorgt die Küchen, d e n Haushalt, die Aufführung E r betreut die Maschine, die Abteilung, den P l a n E r bewahrt das Haus vor dem Abbruch, den P l a n vor dem M i ß lingen B e w a h r e n zeigt auch hier den zusätzlichen Mitspieler mit vor. Beschützen, behüten und beschirmen sind m.E. in dieser V e r w e n dung nicht üblich. B e w a c h e n scheint auf S a +Konkr

festgelegt

zu sein: Er bewacht den Schatz *Er bewacht das V o r h a b e n Jüngere Bildungen w e i s e n nie persönliches Objekt auf: Die H a u s f r a u bevorratet die K o h l e n Der Staat bewirtschaftet die D e v i s e n Hier ist die Bedeutung

'Verwalten' allein vorhanden.

in

210 7»4»

Bekämpfen

Die V e r b e n dieser Gruppe h a b e n die gegenteilige Bedeutung; w ä h rend die Handlung in 7.3. für die in S a genannte Person getan wurde, wird sie hier gegen diese unternommen, dem entspricht die für einige V e r b e n gültige

Ableitungsstruktur

D e r A x-t gegen den B

A be-x-t B

Der K e r n der Gruppe bezeichnet kriegerische

Auseinandersetzun-

gen; durch Distributionsausweitungen sind jedoch einige V e r b e n praktisch unbeschränkt anwendbar. Die Kasusstruktur ist AG, INSTR, ÄFF; Besetzung v o n S n durch INSTR ist bisweilen möglich. 7.4.1. Die Die Die Die

Befehden Müllers befehden die Meiers befeinden die Polizei bekämpft die W e i ß e Rose bekriegte

Meiers Müllers Gangster die Rote Rose

Zur Distribution von bekämpfen s. 7.4.3.; die V e r b e n dieser Gruppe k ö n n e n S a ausdehnen auf +Abstr.,hier finden sich dann Besetzungen wie Vorhaben, Projekt usw., d.h. meist an menschliche tigkeit gebundene

Tä-

Sachverhalte:

Die Bürgerinitiative befehdet das Projekt des Stadtrats D e r Abgeordnete befeindet den P l a n der R e g i e r u n g 7.4.2. Belagern Die Die Sie Sie

R e i t e r b e d r ä n g e n das Fußvolk Truppen belagern die Stadt berennen die Festung bestürmen die Stellung

Der lokale Charakter von S a ist hier besonders ausgeprägt, hier w i r d der Einfluß der Typen I und III, vor allem der Gruppe 3.7. deutlich. Entsprechend ist S a nicht auf +Hum beschränkt, dern k a n n auch Ortsangaben enthalten wie in 7.2.1.

son-

"Beliefern".

In ihrer Grundbedeutung entstammen diese V e r b e n dem m i l i t ä r i schen Bereich, sie werden jedoch auch in anderen V e r w e n d u n g e n benutzt: Die R e p o r t e r bedrängen d e n Star Sie belagern den Politiker, die Tür zum Konferenzsaal Die Stürmer b e r e n n e n das gegnerische Tor Mit einem zusätzlichen resultativen Merkmal schließt sich h i e r auch besetzen an:

211 Die Truppen besetzen die Stadt Es handelt sich um das gleiche Merkmal, das besteigen in der Gruppe 3 . 7 .

isoliert.

Eine Neubildung, die bei Hittmair (1882) noch fehlt, ist bestreiken. Die Arbeiter bestreiken den Betrieb In Analogie zu den übrigen Verben der Gruppe, die sämtlich als echte Präfixbildungen zu analysieren sind, scheint es vernünftig, auch dieses Verb so zu analysieren (gegen Weisgerber 103),

(1958:

der das Verb als Ornativum aufführt, d.h. als aus dem

Substantiv abgeleitet). 7 . 4 . 3 . Besiegen Alexander besiegte die Perser Der Europameister bewältigte seine Gegner Der Tabellenletzte bezwang den Tabellenführer Diese Grundeinspannung ist, vermutlich vor allem durch den E i n fluß der Werbesprache, erweitert worden; sowohl für S n als auch für Sa bestehen keine Selektionsbeschränkungen. Bei S n läßt sich dies dadurch erklären, daß INSTR häufig diese Position einnimmt: Der FC Bayern bezwang seinen Gegner durch die größere Kampfkraft Die größere Kampfkraft bezwang den Gegner Aber auch Sa ist praktisch unbeschränkt: Ajax besiegt den Schmutz Liebe bezwingt den Haß Die Anlage bewältigt ihre Aufgaben Die Aufhebung der Distributionsbeschränkungen gilt auch für bekämpfen, das sich dieser Gruppe anschließt: Das Mittel bekämpft Übelkeit Auch beeinflussen ließe sich hier anführen: Die Dollarkrise beeinflußt die Entwicklung Für alle diese Verben gilt, daß mit der Aufhebung der Selektionsbeschränkungen eine gewisse "Inhaltsentleerung"

zusammengeht;

inwieweit dies als neue Bedeutungsgruppe gewertet werden kann, ist mir unklar. 7.5.

Beenden

Diese Verben, die Weisgerber (1958) fast alle als Ornativa bezeichnet, sind seinen energetischen Ausdeutungen nicht dienlich, da

212 sie nie mit persönlichem Objekt auftreten, und erscheinen deshalb bei ihm lediglich in der Liste im Anhang. Synthetische und echte Präfixbildungen stehen nebeneinander; die Verben haben die Strukturbedeutung 'etwas begrenzen' und sind fest in diesem Bedeutungsfeld etabliert; die Beziehung zum Be-System ist nur locker. Die Verben haben die Kasusstruktur AG, INSTR, AFP; INSTR kann stets Sn besetzen (außer bei befristen). Sa ist auf -Konkr festgelegt; eine einheitliche Ableitungsstruktur läßt sich nicht angeben. 7.5.1. Der Die Die

Beschließen Redner beendete/beendigte seine Ausführungen Stadt bekrönte die Pestwochen mit einem Feuerwerk SPD beschloß ihren Parteitag mit einem Appell an ...

Eine häufig negative Komponente findet sich bei besiegeln: Bayern München besiegelte den Abstieg von 1860 durch einen 3 : 1 Sieg Beschließen ist nur in dieser Einspannung noch vom System her bestimmt. Das Verb beginnen ist ähnlich wie betrachten zu behandeln (s.o. Gruppe 4.4.1.); von der Bildung her ist das Verb völlig demotiviert, es läßt sich jedoch in der folgenden Einspannung an die Gruppe 7.5.1. anschließen: Der Redner begann seinen Vortrag mit einem Maozitat Allerdings ist die Besetzung von Sn durch INSTR nicht möglich: *Ein Maozitat begann den Vortrag was bei den übrigen Verben möglich ist: Ein Maozitat beendete den Vortrag In allen übrigen Einspannungen ist beginnen nicht mehr an das Be-System anschließbar. 7.5.2. Begrenzen Die Der Die Der

Regierung befristet das Ultimatum auf 4 Stunden Vorsitzende begrenzt die Redezeit auf 5 Minuten Versammlung beschneidet die Rechte des Vorsitzenden Minister beschränkt die Ausgaben

Auch hier findet sich häufig ein INSTR: Das Gesetz begrenzt die Einfuhr von Alkohol Die Verordnung beschneidet den Einfluß der Parteien Der Vorfall beschränkt die Macht des Ministers Offenbar sind die Selektionsrestriktionen hier sachgesteuert; ferner ist das Bedeutungsfeld auch durch andere Bildungen stark

213 besetzt, vgl. etwa Ausgaben kürzen, den Haushalt stutzen, Rechte entziehen, Macht eindämmen usw. 7.5.5. Bezahlen Der Chef begleicht die Rechnung Er berappt die Zeche Er bereinigt die Rechnung Er berichtigt die Rechnung Er bestreitet die Kosten Er bezahlt die Bücher Obgleich diese Verben von der Bildung her völlig verschieden strukturiert sind und auch an die Gruppe 7.5. kein direkter Anschluß möglich ist, liegt hier eine klar erkennbare Bedeutungsgruppe vor. Die Besetzung von Sn durch INSTR ist nicht möglich; gewisse Bedeutungsbeziehungen bestehen zur Gruppe 7.2.4. "Besolden", allerdings ist 7.5.3. auf Sa -Anim festgelegt. 7.6. Beweisen Die meisten Verben aus dieser Gruppe sind demotiviert; um so mehr fällt der starke inhaltliche Zusammenhalt der Gruppe auf. Eine gewisse semantische Beziehung besteht zum Typ V; die Verben haben die Strukturbedeutung 'etwas nachdrücklich sagen, als richtig herausstellen, amtlich versichern'. Die Kasusstruktur ist AG, INSTR, ÄFF. Sa ist -Konkr; hier ist wieder die in Typ V gebrauchte Charakterisierung "Sachverhalt" zutreffend. Sa wird häufig durch einen Nebensatz vertreten. Die meisten Verben sind sehr alt; es fällt aber auf, daß betonen und bejahen erst in jüngerer Zeit in diese Einspannung eingetreten sind. 7.6.1. Beeiden Der Zeuge beeidet/beeidigt seine Aussage/daß ... Er beschwört seine Aussage/daß ... Er bezeugt, daß er den Täter erkannt hat Bezeugen wird wohl nur mit einem Nebensatz konstruiert oder einem kontextbezogenen Pronomen: Das kann ich bezeugen Natürlich läßt sich auch bei diesen Verben mit einiger Fantasie ein ornativer Zug entdecken; dies trägt jedoch zur Bedeutungsanalyse dieser Verben wenig bei; die Verben haben nicht die Bedeutung 'etwas mit einem Eid versehen', sondern vielmehr 'durch

214 einen Eid unterstreichen, als w a h r b e h a u p t e n 1 . 7.6.2«

Behaupten

Der Student behauptet das Gegenteil/daß ... Der Vermieter bestreitet die Vorwürfe/daß ... Der Angeklagte beteuert seine Unschuld/daß ... Das Präfix ist bei diesen, von der Bildung her nicht m e h r analysierbaren V e r b e n als Signal der Gruppenbedeutung das rechtfertigt m.E. die Aufnahme in die

aufzufassen;

Systembeschreibung.

Eine andere Frage ist es, ob die hier entdeckten Gemeinsamkeiten dreier V e r b e n mit dem Präfix

in einer

Gesamtbeschrei-

bung deutscher V e r b e n eine wesentliche R o l l e spielen werden. 7*6,3» Bestätigen Der Sprecher bejaht die Frage/daß ... E r bestätigt die Entschlossenheit/daß ... Er betont die Notwendigkeit/daß ... H i e r w i r d die Nähe von V e r b e n wie begrüßen usw. der Gruppe besonders deutlich; eine Grenze läßt sich kaum ziehen;

5.5.1.

daran

läßt sich erkennen, w e l c h e n Einfluß die Typen auch auf andere Bedeutungsgruppen haben. A n s c h l i e ß e n a n diese Gruppe läßt sich auch: Der Politiker bekräftigte seinen Entschluß/daß

...

7.6.4. Bescheinigen Die Behörde beglaubigt die Urkunde Hans belegt seine Behauptung Das Amt bescheinigt die Heirat Der Beamte bestätigt die Echtheit Das Standesamt beurkundet die Geburt D e r Forscher beweist seine Theorie A u c h h i e r ist statt S a stets ein Nebensatz mit daß m ö g l i c h . A l le V e r b e n k ö n n e n S n auch durch INSTR besetzen: Die Urkunde bescheinigt, daß ... Der Stempel beglaubigt die Echtheit Vokabelmäßig festgelegt

sind:

Das W o r t ist nur bei Cicero belegt, bezeugt Die Gruppe 7.6. ist eine weitere Gruppe, in der - i g e n - V e r b e n stark vertreten sind; W e i s g e r b e r (1958:118f.) weist auf den "amtlichen" Charakter vieler dieser Bildungen hin, und in der Tat sind diese V e r b e n w o h l hauptsächlich in der Amtssprache h ä u -

215 fig. Eine besondere Funktion des Suffixes läßt sich jedoch nicht feststellen. Typ VIII: LEXIKALISIERTE BE-VERBEN Die im Typ VII zusammengefaßten Bedeutungsgruppen unterscheiden sich deutlich von denen, die die Typen I - VI bildeten. Die Gruppen sind meist kleiner, die Zusammenhänge zwischen den Gruppen lockerer, idiosynkratische Züge einzelner Verben häufiger. Insgesamt ist die Zusammenstellung etwas unbefriedigend (besonders in 7.2.). Das deutet darauf hin, daß hiei eine verfehlte Analysemethode angewandt ist, bzw., daß diese Gruppen mit der angewandten Analyse nicht mehr erfaßbar sind. Es erhebt sich dann die Frage, warum das so ist. Hierfür scheinen mir mehrere Gründe vorzuliegen. Einer ist die diachrone Entwicklung. Der Vorgang der Idiomatisierung vollzieht sich nicht am System, sondern am Einzelwort, ist demnach nicht systematisch erfaßbar. Eine Wortbildungsuntersuchung muß diesem Phänomen Rechnung tragen; dies scheint mir am sinnvollsten so zu geschehen, daß man die Analyse soweit wie möglich vorantreibt. Daß die Analyse gegen Ende dann unbefriedigende Ergebnisse zeigt, bedeutet nicht, daß die Analysemethode verfehlt ist, sondern daß hier die Grenzen der Wortbildungslehre innerhalb der Grammatik erreicht sind. So ist etwa die Gruppe 7.2.8. klar erkennbar; es scheint jedoch die Annahme berechtigt, daß diese Gruppe besser vom Wortfeld her analysiert wird als vom System der Be-Verben her. Wo freilich genau diese Grenze zu ziehen ist, läßt sich nur empirisch bestimmen; leider ist das Lexikon in vieler Hinsicht ein Stiefkind der generativen Grammatik geblieben. Vom Gesichtspunkt der Grammatik her scheint es am sinnvollsten, daß nur die Typen I - VI im Lexikon als Be-System erscheinen, dazu einige produktive Gruppen aus Typ VII; die übrigen Verben sind nach anderen Gesichtspunkten aufzuführen. Ein wichtiger Punkt ist die Beobachtung, daß sich Verben mit abstrakter Bedeutung, die sich vornehmlich in den Bedeutungsgruppen des Typs VII finden, wesentlich schlechter systematisieren lassen als Verben mit konkreter Bedeutung; es ist nicht sinnvoll, mit allgemeinen Charakterisierungen die Heterogeni-

216 tät solcher Bildungen zu verwischen. Weisgerber (1958) hat diese Verben zum größten Teil als Ornativa bezeichnet und dabei die schon mehrfach kritisierten Paraphrasierungen 'versehen mit 1 , 'etwas zuwenden' und 'etwas erwirken' zur Charakterisierung verwendet. Der dadurch entstehende falsche Eindruck, diese Verben seien im wesentlichen einheitlich strukturiert, dürfte durch die in dieser Arbeit vorgenommenen Differenzierungen korrigiert worden sein. Über die bestehenden Unterschiede der einzelnen Bedeutungsgruppen z.B. innerhalb des Typs VII hinwegzugehen, ist für eine linguistische Beschreibung nachteilig. Ein Nachteil der in meiner Arbeit angewandten Systematisierung ist die Tatsache, daß zweifellos durchsichtige Verben wie etwa beurlauben, beantworten, berechnen usw. nicht erfaßt werden konnten, weil sie an keine Bedeutungsgruppe anschließbar sind. Diese Schwäche mußte in Kauf genommen werden, um die methodische Eindeutigkeit der Arbeit zu wahren, dies sei am Beispiel beurlauben erläutert. Weisgerber stellt es zu den Ornativen (1958:101); in der Tat ist die Analogie zu der desubstantivischen Bildungsweise der Verben des Typs II auffällig. Aber es gibt keine Möglichkeit, es dort anzuschließen; dazu unterscheidet es sich in seinen lexikalischen Eigenschaften zu stark von den dort verzeichneten Verben: Bei beurlauben ist Sa auf +Hum beschränkt, im Gegensatz zum Typ II, wo Sa als +Konkr klassifiziert ist, meist auf -Anim verschärft werden kann und nie auf +Hum beschränkt ist. An beurlauben läßt sich kein pSd anschließen, das einen ORN repräsentiert; der folgende Satz ist nicht unakzeptabel, weil er eine Tautologie darstellt, sondern ungrammat i s ch: *Er beurlaubt ihn mit Urlaub Ein idiosynkratischer Zug des Verbs, der im System der Be-Verben sonst nicht vorkommt, ist das fakultative pSa mit für: Er beurlaubt ihn für 14 Tage Ferner war im Typ II das Stammverbmaterial, soweit es in der Norm auch als Substantiv realisiert ist, als +Konkr gekennzeichnet, auch dies trifft für Urlaub nicht zu. Der einzige Weg, solche Fälle befriedigend zu behandeln, scheint mir der in dieser Arbeit vorgenommene Versuch zu sein, Idiomatisierung und Demotivierung zu unterscheiden (s.o. Zf.

217 2.2.)» Dabei w e r d e n solche V e r b e n als idiomatisiert

bezeichnet,

die keiner Bedeutungsgruppe eines Ableitungssystems mehr angeschlossen w e r d e n können, wie z.B. die o.a. Beispiele. Demotiviert dagegen sind Verben, bei denen der Zusammenhang

zwischen

Stammverb und abgeleitetem Verb verdunkelt ist; solche V e r b e n können (wie z.B. betrachten) durchaus nicht-idiomatisiert

sein.

Verben, die demotiviert und idiomatisiert sind, w e r d e n als lexikalisiert bezeichnet, vgl. z.B. befehlen, das weder einer B e deutungsgruppe mehr anschließbar ist, n o c h in irgend einer W e i se mit dem Stammverbbegriff fehl- in Verbindung zu bringen ist; diachrone Argumente spielen h i e r natürlich keine R o l l e . V o n eminenter Wichtigkeit ist die Tatsache, daß eine vollständige

Be-

schreibung eines Ableitungssystems die Listen der demotivierten, idiomatisierten und der lexikalisierten V e r b e n enthalten muß; nur auf dieser Basis k ö n n e n auftretende R ü c k a n a l y s e n (vgl. Gruppe 4.1.1« für die Beispiele begreifen und befassen) und okkasionelle Bildungen nach dem M u s t e r idiomatisierter V e r b e n (z.B. Tucholskys behakenkreuzigen, bedavidsternen n a c h bekreuzigen) erklärt werden. Im folgenden gebe ich die Liste der idiomatisierten und der lexikalisierten Be-Verben. Die Liste der demotivierten fehlt, weil mir scheint, daß dieser Begriff z.Zt. nicht genau genug erfaßt ist; Ableitungsstrukturen

nach v.Polenz oder die Angabe in-

terner Strukturen nach Marchand reicht hier m.E. nicht aus, vgl. dazu ausführlich Kapitel II dieser Arbeit. In den Listen gebe ich keine Einspannungen an; es ist klar, daß ein Verb wie

etwa

bestehen sehr verschiedene Einspannungen aufweist, die völlig verschiedene Bedeutungen haben; sie sind jedoch nicht m e h r vom Be-System her bestimmt. Einige V e r b e n treten in ganz

spezieller

Einspannung auch im Be-System auf (so bes'tehen in der Gruppe 1.9»)» dies ist jedoch nie die Hauptverwendung; für solche F ä l le ist zusätzlich das Register zu Rate zu ziehen. Umgekehrt sind Verben, die in ihrer Hauptverwendung vom Be-System her bestimmt sind, aber einige abweichende Einspannungen aufweisen können, in den folgenden Listen nicht

aufgeführt.

218 8«1. Liste der idiomatisierten, aber nicht demotivierten V e r b e n beabsichtigen beantragen beantworten bedanken bedienen beeilen befähigen befragen befreien befürchten begradigen begründen begrüßen

beherrschen behindern beinhalten beleben belehren bemerken bemühen benachbart benachrichtigen benutzen berechnen bereichern berichtigen

berücksichtigen beschimpfen besteuern beurlauben bewahrheiten bewillkommnen bezweifeln 33 V e r b e n

8«2, Liste der lexikalisierten V e r b e n beachten beanspruchen bedeuten bedingen bedünken bedürfen beehren befassen befehlen befehligen befestigen befinden befleissigen befolgen befördern befreunden begeben begegnen begehren beginnen begleiten begnügen begreifen behagen behalten beharren behaupten

beheben behelfen bekehren bekennen bekommen bekreuzigen bekunden belangen belassen belieben bemächtigen bemessen bemüßigen benehmen benötigen beordern beratschlagen bereinigen bereiten berichten berufen beruhen besagen beschädigen beschaffen beschäftigen bescheiden

beschlagnahmen beschleunigen beschließen beschränken beseitigen besitzen besorgen bestehen bestellen bestimmen bestreben besuchen betätigen beteiligen betragen betreffen betreiben bewähren bewegen bewenden bewerben bewerkstelligen bewilligen bewirken bezeigen beziehen beziffern bezwecken 82 V e r b e n

219 VII. ZUR STELLUNG DES BE-SYSTEMS IM LEXIKON

7.1. Allgemeines 7.1.1. Häufigkeit 65 i» aller von mir untersuchten Be-Verben fanden sich innerhalb der Typen I - V I , weitere 18,5 im Typ VII; die restlichen 16,5 $> sind demotivierte und lexikalisierte Verben. Diese Prozentzahlen sind natürlich nur als Anhalt zu interpretieren; sie beziehen sich nicht auf die Zahl der möglichen Einspannungen und berücksichtigen keine okkasionellen Bildungen. Man kann jedoch allein aus diesen Zahlen feststellen, daß die Mehrzahl der Verben mit dem Präfix be- in der deutschen Gegenwartssprache als systematisch zusammengehörig angesehen werden müssen. Die Systembeschreibung ergab ferner, daß das System an einer Reihe von Punkten produktiv ist, und zwar nicht allein im ornativen Bereich. Zur Einschätzung der Relevanz eines linguistischen Subsystems sind statistische Häufigkeitsuntersuchungen eine wichtige Arbeitsgrundlage. Aus Gründen, die in Kapitel V ausgeführt wurden, habe ich solche Untersuchungen nicht vorgenommen. Die folgende Auswertung einer Ausgabe der Süddeutschen Zeitung bezüglich des Vorkommens von Be-Verben ist deshalb lediglich als Hinweis zu verstehen, inwieweit die eingangs gemachten Angaben über die Aufteilung innerhalb des Systems mit der Häufigkeit im Sprachgebrauch korrespondieren. In der SZ vom 28.10.1971 fanden sich insgesamt 181 Be-Verben; die Ausgabe enthielt kein BeVerb und keine Einspannung eines Be-Verbs, die in meiner Darstellung nicht aufgeführt ist. Von diesen Verben waren fast die Hälfte, nämlich 46 solche, die ich als idiomatisiert bezeichnet habe, d.h. die den Gruppen 8.1. und 8,2. angehören. 22 $ entstammten den Bedeutungsgruppen des Typs VII, also Gruppen,

220 die nicht in der k l a r e n W e i s e der Typen I - V I sind. Nur 32

systematisierbar

knapp ein Drittel der ausgezählten Verben, g e -

h ö r t e n den Typen I - VI an, wobei Typ V I mit 14

und Typ V mit

10 5& wiederum stärker vertreten w a r e n als die restlichen Typen I - IV gemeinsam. N o c h ungünstiger bezüglich der Häufigkeit m o tivierter Be-Verben fällt die Auszählung aus, w e n n m a n nicht nur die einfache Anzahl vorkommender Be-Verben untersucht,

son-

dern die Häufigkeit ihres Vorkommens in Betracht zieht; so findet sich beteiligen zehnmal, beginnen (in seiner systemunabh ä n g i g e n intransitiven Verwendung) achtzehnmal, usw.; der P r o zentsatz der idiomatisierten V e r b e n erreicht mit 52 % mehr als die Hälfte aller V o r k o m m e n von Be-Verben, während die Typen I - V I mit 27 io vertreten waren; die Gesamtzahl der V o r k o m m e n betrug 380. Natürlich hat eine solche Auszählung schon w e g e n ihres Umfanges nur geringen Erkenntniswert, von methodischen E r w ä g u n g e n (Stilebene, Repräsentanz usw.) ganz abgesehen. Es

zeigt

sich jedoch schon h i e r deutlich, daß die eingangs genannten Zahlen nichts zu tun h a b e n mit der Häufigkeit im Gebrauch der B e Verben. Vieles deutet vielmehr darauf hin, daß größere H ä u f i g keit im Gebrauch mit einem geringeren Grad an Motiviertheit korrespondiert. U m diese Vermutung zu überprüfen, wäre es n o t wendig, nicht nur die Be-Verben, sondern die Gesamtzahl verbaler Ausdrucksmittel i n einem gegebenen Korpus bezüglich ihrer S t e l lung in den jeweiligen lexikalischen S u b s y s t e m e n zu vergleichen. 7.1.2. Wortbildungsstruktur Aus Gründen, die im Kapitel II ausführlich dargelegt sind, ist die Beziehung zwischen "Grundwort" und Ableitung, die h ä u f i g Hauptuntersuchungsfeld einer Arbeit zu Wortbildungssystemen

ist,

in dieser Arbeit kaum berührt worden. Es ist andrerseits klar, daß dem Präfix und dem Stamifiverb unterschiedliche Aufgaben zufallen, auch w e n n beide nur als Einheit auftreten und analysierbar sind: Während das Präfix als Kennzeichner für gruppenhafte Vergesellschaftung fungiert und gleichzeitig als Abgrenzungskennzeichnung gegen andere Ableitungssysteme, liegt in den K o m ponenten der Stammverben die Differenzierung der Einzelgruppen begründet wie auch die Möglichkeit der Idiomatisierung.

Natür-

lich liegt zwischen den W ö r t e r n besteigen und steigen eine

enge-

221 re Beziehung vor als z.B. zwischen besteigen und meinetwegen umbringen. Es ist jedoch m.E. grundverkehrt, W o r t b i l d u n g e n als B e ziehung zwischen W ö r t e r n zu verstehen; es handelt sich hier vielmehr um Beziehungen zwischen Lexemen - zwischen abstrakten E i n h e i t e n also; es gibt jedoch derzeit keine auch nur annähernd befriedigende Repräsentationsform für diese Beziehungen. Die adäquateste Behandlung dieser Beziehungen, vor allem bei okkasionellen Bildungen, hat Hundsnurscher mit dem Terminus prägung" vorgeschlagen; allerdings ist seine

"Modell-

Charakterisierung

dieser Beziehungen nicht explizit; dies gilt ebenso für die B e deutungsgruppen dieser Arbeit. Das entscheidende auf dem Gebiete der Wortbildungslehre

Arbeitsgebiet

scheint m i r derzeit in dem

V e r s u c h zu liegen, das den Bedeutungsgruppen und damit den A b leitungssystemen zugrunde liegende Prinzip der Stammverbkomponenten zu explizieren. Die geringere semantische Festgelegtheit der Bedeutungsgruppen im Be-System, die sich vor allem in den häufig sehr weit ausgelegten Kontextrestriktionen manifestiert, ist der Grund dafür, daß die Scheidung in "Zentralverben, Variantenreihen und okkasionelle Bildungen", vgl. Hundsnurscher (1968:201ff.),

proble-

m a t i s c h erscheint. Echte Zentralverben sind eigentlich nur bearbeiten und b e h a n d e l n im Typ III, evtl. n o c h bedecken im Typ I und b e s p r e c h e n im Typ V . Vor allem ist deutlich, daß die V a r i a n tenreihen sich meist nicht an einem umfassenden

"Zentralverb"

orientieren, sondern ohne ein solches Zentrum existieren. H i e r für dürfte vor allem die Tatsache verantwortlich sein, daß P r ä fixverben sehr viel leichter den Status frei verfügbarer V o k a beln erlangen, als dies bei Partikelverben der Fall ist. Ich habe deshalb stets nur zwischen "etablierten" und

"okkasionel-

len" B i l d u n g e n unterschieden; die in d e n Überschriften angegeb e n e n V e r b e n dienen lediglich als Anhaltspunkt für die Semantik der jeweiligen Bedeutungsgruppe. Die geringere Festgelegtheit der Be-Verben und der B e d e u t u n g s g r u p p e n bringt es mit sich, daß systembegrenzende P a k t o r e n h i e r besonders stark wirksam werden; diese P a k t o r e n sollen im f o l g e n d e n untersucht werden.

222 7.1.3. Homonymie Die Homonymenfurcht wird m.E. insgesamt vor allem im Bereich der Verbableitung etwas überschätzt. Hundsnurscher hat dazu sehr richtig bemerkt, daß beim Nomen "soweit es sich nicht um Ableitungen aus Verbalbasen handelt, Homonymie viel seltener (ist) als beim Verb; und (sie) wirkt hier auch bei weitem störender, weil das Substantiv über weniger unterscheidende Einspannungen verfügt als das Verb (autosemantisch gegenüber synsemantisch)." (1968:21) Die zentrale Stellung des Verbs im Satz, seine festgelegte Prädikatsstruktur und die Bindung der Bedeutung an einen festgelegten Kontext läßt in den meisten Fällen Bedeutungsverwechslung bei Gleichheit der Wortform gar nicht zu, vgl.: (a) Die Freunde besprechen ihren Plan (b) Der Kritiker bespricht das Buch (c) Der Magier bespricht die Wunde (d) Der Schauspieler bespricht eine Schallplatte Diese vier Bedeutungen von besprechen sind durch die unterschiedliche Einspannung deutlich voneinander geschieden; dabei gilt, daß isolierter Gebrauch von Sätzen in der Sprechsituation selten ist, d.h. die im folgenden angegebenen Differenzierungsmerkmale müssen nicht immer im Satz explizit vorliegen, sondern können dem Kontext angehören. Satz (a) erfordert als Sn entwedei einen Plural oder eine zusätzliche Präpositionalphrase mit mit (vgl. Gruppe 5.1 •); dies ist in den übrigen Sätzen nicht notwendig. Satz (b) hat als Sn fast stets einen Singular; ferner ist Sa festgelegt auf 'Werk, Ergebnis einer Tätigkeit, Kunstprodukt'; meist enthält der Kontext ferner eine nähere Charakterisierung wie im Radio, in der Zeitung o.ä. Im Satz (c) ist Sa festgelegt auf +Konkr, der genannte Zusatz ist hier nicht möglich. Der weitere Kontext regelt die Verschiedenheit von (b) und (d), die bei isoliertem Gebrauch am größten zu sein scheint; Satz (d) kann bedeuten: . Er spricht (Gedichte) auf eine Platte Er spricht Uber eine Platte (mit Gedichten) Gerade die verbalen Ableitungssysteme weisen eine Fülle solcher Homonyme auf: Auf 5 Verben kommen im Be-System 7 Einspannungen; nahezu jedes dritte Verb hat mehr als eine Einspannung. Diese Tatsache allein schließt Homonymenfurcht als wichtigen systembegrenzenden Faktor aus, ganz abgesehen von der methodischen

223 Schwierigkeit, daß hier synchron stets nur "ex silentio" argumentiert werden kann. Freilich gibt es auch im Be-System einige Fälle, wo man Homonymenfurcht als Ursache annehmen kann, wobei allerdings nicht nur die Verwechslungsgefahr, sondern auch die Furcht vor störenden Assoziationen wirksam ist; dies gilt z.B. für Mackensens Ansatz von bespringen: Der Mann besprang den Bus Diese Bildung ist denkbar in Analogie zu besteigen und den Bildungen auf/abspringen, wird jedoch wegen der störenden Assoziation der Prägung Der Hengst bespringt die Stute vermieden. Nur im Sprachwitz ist möglich Er behütet seine Frau im Sinne von 'einen Hut schenken', was wohl auf die feste Position von behüten im Sinne von 'Schützen' zurückzuführen ist. Insgesamt dürfte jedoch die Homonymenfurcht nur geringe Bedeutung haben; vor allem aber ist darauf hinzuweisen, daß davon im allgemeinen nur Einzelfälle betroffen werden, nicht aber Systemansätze gestört werden. 7.1.4. Sachsteuerung und Vorprägung "Bei den einzelnen Bedeutungsgruppen unterliegen Ausbau und Produktivität der Sachsteuerung, d.h. der Ausbau einer Bedeutungsgruppe richtet sich danach, welche Vorgänge in einer Situation typisch sind, nur Verben für solche Vorgänge werden usuell«" (Hundesnurscher (1968:208); vgl. auch Lipka (1971b:147)). Durch diesen Faktor wird etwa die offene Gruppe 5.9»3. in ihrer Fähigkeit zu unbeschränkter Weiterbildung eingeengt; die denkbare Bildung bebratschen in Analogie zu begeigen erscheint bestenfalls okkasionell, weil nicht klar ist, in welcher Situation dieses Verb gebraucht werden soll; will ein Musikkenner unbedingt hervorheben, daß es sich um eine Bratsche handelt, mit der da etwas "begeigt" wird, so liegen Ausdrucksweisen wie mit der Bratsche begleiten, untermalen o.ä. sicherlich näher. "Ein weiterer Faktor, der beim Ausbau der Bedeutungsgruppen regulierend wirksam wird, ist darin zu sehen, daß bei der Bildung von Partikelverben vorgeprägtes Verbmaterial den Vorrang hat; nur wo der sprachliche Zugriff auf verbale Bezeichnungslücken stößt, greift die Sprache zu direkter Ableitung aus nominaler Basis." (Hundsnurscher (1968:209))

224 Es heißt also beschenken und nicht begaben, benähen und nicht bejacken, besingen und nicht beliedern usw. Dabei gilt, daß unter vorgeprägtem Verbmaterial nicht allein Simplexverben zu verstehen sind, sondern auch Sprachmaterial, das in anderen Ableitungssystemen bereits als Stammverb fungiert, so z.B. befrachten (vgl. verfrachten, überfrachten usw.).'' Schließlich ist Hundsnurschers Hinweis von Wichtigkeit, daß Fachsprachen "den stärksten Hang zur Ausfächerung eines Bedeutungstyps zeigen, (während) die allgemeine Gebrauchssprache

eher

auf die konventionellen V o k a b e l n zurückgreift" (1968:210). Dies begegnete vor allem in der Gruppe 2.2.; aber auch in den Gruppen 3.3.1. und 3.3«2. und anderswo sind sicherlich eine R e i h e von Bildungen als okkasionell bezeichnet worden, die in der je2 weiligen Fachsprache als usuell angesehen w e r d e n müssen. 7.1»5. K o m p o n e n t e n der Stammverben Die Gliederung des Wortschatzes durch Bedeutungsfelder flußt auch den Aufbau der Ableitungssysteme.

beein-

Bedeutungsfelder

sind durch semantische K o m p o n e n t e n strukturiert, vgl. B a u m gartner (1967). Die Gliederung der Bedeutungsgruppen in A b l e i tungssystemen ist zum Teil durch das Bedeutungsfeld

determi-

niert; der Vorgang der Modellprägung sorgt jedoch dafür, daß auch Stammverben, die als Simplizia einem Bedeutungsfeld nicht angehören, in der Ableitung dort erscheinen, vgl. das Beispiel einschlafen (Zf. 2.2.) oder bedienen in der Einspannung der Gruppe 3.7.5. usw. Auf der anderen Seite muß beachtet werden, daß nicht das gesamte Stammverbmaterial, das durch ein B e d e u tungsfeld bereitgestellt wird, in der entsprechenden B e d e u tungsgruppe erscheint. So enthält die Gruppe 4.4. fast alle S i m plexverben des Wortfeldes sehen, es fehlt jedoch eine denkbare 1 2

Daß in diachroner Sicht befrachten von frachten abgeleitet ist, spielt synchron keine Rolle, d a das1 Verb frachten nicht mehr existiert. Die Fachsprache der Bürokratie verhält sich insofern etwas abweichend, als okkasionelle Bildungen viel seltener erscheinen; dies vor allem deshalb, w e i l die Bedeutungsgruppen, die sich vor allem im Typ VII finden,wesentlich kleiner und nicht so klar festgelegt sind wie aie Bedeutungsgruppen der Typen I - VI.

225 Bildung beblicken. Hier ist offenbar die semantische Komponente 'prüfend, von allen Seiten' der Gruppe 4.4.1. unverträglich mit der Komponente 'auf einen Punkt orientiert' des Stammverbs - b l i c k e n . Die Gruppe 3.7.1., um ein anderes Beispiel zu nennen, ist offen für Bildungen wie beradeln, bepilgern usw.; nicht m ö g l i c h dagegen erscheinen Bildungen aus anderen Bewegungsverben wie beschlendern, berennen usw. in der gebenen Einspannung. Es ist nicht immer einfach, zwischen Sachsteuerung und K o m p o nentenunverträglichkeit

zu unterscheiden; beide F a k t o r e n tre-

ten oft gemeinsam auf. Die Angabe solcher K o m p o n e n t e n erfolgt in dieser Arbeit intuitiv und meist implizit; der Bereich der Be-Verben ist einfach zu groß, um für jedes V e r b eine brauchbare K o m p o n e n t e n analyse durchzuführen. Andererseits stellt die Angabe v o n B e deutungsgruppen das M a t e r i a l für eine solche Untersuchung bereit, denn auf semantischen Komponenten beruht ja neben der Rolle des Kontexts die Organisation der Gruppen. 7.1.6. Einfluß der Bedeutungsfelder Semantische K o m p o n e n t e n der Stammverben sind in erster Linie für die Differenzierung der Bedeutungen innerhalb der Bedeutungsgruppen verantwortlich, auf der anderen Seite übertragen die semantischen K o m p o n e n t e n der Stammverben die Gliederung des B e deutungsfeldes in die Ableitungssysteme; das System der B e d e u tungsgruppen ist demnach nichts anderes als das W i r k s a m w e r d e n der Gliederung des Bedeutungsfeldes. D a die Sprache k e i n S y stem ist, das den Bereich der außersprachlichen Wirklichkeit lückenlos abdeckt, sind Lücken in Bedeutungsfeldern eine b e kannte Erscheinung. Die Besetzung solcher Lücken durch n e u g e bildete W ö r t e r ist eine Möglichkeit, sie zu schließen;

andere

sind Bedeutungsübertragungen oder die Festlegung von Bedeutungen. Bedeutungsgruppen eines Ableitungssystems und Bedeutungsfelder sind also interdependent, beeinflussen sich gegenseitig. Diese Einflüsse sind verschiedener Natur. So nehmen V e r b e n , die aus sehr allgemeinen Vorgangsverben abgeleitet sind, h ä u f i g eine ganz spezielle Vokabelbedeutung an, vgl. z.B. das Bett beziehen, das Pferd beschlagen usw.; häufig lassen sich sol-

226 che Vokabelbedeutungen zwar n o c h in der Bedeutungsgruppe

fassen,

die V e r b e n sind aber dennoch nicht anders anwendbar als in dieser einen festgelegten Einspannung. E i n umgekehrter Fall liegt vor in V e r b e n wie bekämpfen und besiegen, wo der semantische Gehalt der Stammverben verblaßt, so daß die V e r b e n praktisch unbeschränkte D i s t r i b u t i o n aufweisen und nicht mehr auf den Bedeutungsbereich 'kriegerische Auseinandersetzung*

beschränkt

sind. 7.1.7.

Lexikalisierung

Die vielfältigen Einflüsse der verschiedensten Art, die in einem W o r t b i l d u n g s s y s t e m wirksam sind, w i r k e n in unterschiedlicher W e i s e . W ä h r e n d bisher der Hauptakzent auf diejenigen Kräfte g e legt wurde, die zur Gruppenbildung beitragen, was ja als K o n stituens v o n P r ä f i x - und Partikelverbsystemen angesehen w e r d e n muß, ist n u n auch v o n denjenigen K r ä f t e n zu sprechen, die gegenläufig w i r k e n und aufgrund derer für die V e r b e n der Gruppen 8.1. und 8.2. k e i n Anschluß an das System mehr m ö g l i c h scheint. Jedes V/ort, das einmal gebildet wurde, drängt nach Isolierung und D e m o t i v a t i o n . H i e r sind vor allem Wortfeldeinflüsse v o n B e deutung, Konkurrenzbildungen,

aber auch Erscheinungen der Pa-

role wie häufiger Gebrauch, Stilebenen usw. Lieser Prozeß der Lexikalisierung vollzieht sich allmählich, dabei erfolgt eine Umstrukturierung der lexikalischen Einheit: Bedeutungszüge w e r den gestärkt oder geschwächt oder völlig verändert, V a l e n z und Distribution w e r d e n ausgeweitet oder eingeengt usw. Je w e i t e r dieser Prozeß fortschreitet, desto mehr verliert das E i n z e l verb die Bindung an seine Bedeutungsgruppe und den Typ; die Strukturbedeutung der jeweiligen Gruppe wird kaum oder gar nicht mehr erkennbar, das Verb nimmt eine Vokabelbedeutung ein und etabliert sich fest in einem Wortfeld, wird nurmehr vom W o r t feld allein bestimmt. Über den Verlauf dieses Prozesses, der sich schnell oder langsam vollziehen kann, können allein d i a chrone U n t e r s u c h u n g e n Aussagen machen. In einer synchronen U n tersuchung ist es schwierig, die graduell abgestuften

Idiomati-

sierungserscheinungen in den Griff zu bekommen. Der radikalste W e g wäre es, ausschließlich diejenigen Verben, die in ihren le-

227 xikalischen Eigenschaften

exakt

der gegebenen Typenbeschrei-

bung entsprechen, als zum System gehörig zu bezeichnen. Eine solche Verfahrensweise hätte den Vorteil der vollständigen F o r malisierbarkeit. Es muß jedoch darauf aufmerksam gemacht werden, daß eine solche Beschreibung im besten Falle 250 Be-Verben enthielte; eine solche Beschreibung wäre kaum in der Lage, V e r b e n wie bestrafen und beglückwünschen zu erfassen, die zweifellos in irgendeiner Form vom System her bestimmt sind. Eine solche Beschreibung vernachlässigt entschieden den dynamischen Charakter von Sprache, der sich sowohl in der Demotivierung des E i n zelworts wie in der Bildung neuer Bedeutungsgruppen n i e d e r schlägt, und wird damit ihrem Untersuchungsgegenstand nicht gerecht. Eine Beschreibung andererseits, die jedes mit dem P r ä fix be- versehene V e r b als dadurch automatisch dem System zugehörig betrachtet und sich bemüht, bei jedem einzelnen Verb das "Durchschimmern" der ursprünglichen Bedeutung nachzuweisen und damit seine Systemzugehörigkeit zu motivieren, ist m.E. ebenso verfehlt, weil sie andere Systemansätze

vernachlässigt.

Der in der vorliegenden Arbeit eingegangene Kompromiß wurde in den K a p i t e l n II - IV ausführlich besprochen; von Wichtigkeit hier insbesondere die Unterscheidung der Begriffe siert',

'demotiviert 1

und

ist

'idiomati-

'lexikalisiert 1 .

Es muß abschließend betont werden, daß die Untersuchung der Bildungsweise abgeleiteter W ö r t e r , m i t h i n der Beziehung

zwischen

den beiden Lexika einer Grammatik (s.o. Zf. 2.5.), keinesfalls überflüssig ist; andererseits muß darauf bestanden werden, daß die deutschen P r ä f i x - und Partikelverbsysteme in erster Linie durch die Bedeutungsgruppen bestimmt sind und nicht durch die Bildungsweise, Die Grenzen einer solchen Betrachtungsweise

zei-

gen sich in Kleingruppen wie etwa 7.2.7« oder 7.6.; die Liste 8.1. zeigt, daß eine solche Betrachtungsweise nicht völlig ausreicht, das ganze System zu erklären, denn diese V e r b e n sind zweifellos nicht demotiviert. K e i n Zweifel k a n n bestehen, daß Demotivierung und Lexikalisierung in einem gewissen Zusammenhang stehen; nur so ist zu erklären, daß einem belehren als dem System näher als bedeuten, befreien näher als besitzen erscheint. E s scheint mir nicht sinnvoll, die Gruppen 8.1. und 8.2. n a c h dem Grad ihrer Lexikalisiertheit

zu ordnen. Eine

228 solche Verfahrensweise hätte es notwendig gemacht, jedes einzelne Verb ausführlich zu besprechen, um seinen

"Listenplatz"

zu begründen, dies k a n n nicht Aufgabe einer Systembeschreibung sein, vor allem deshalb nicht, w e i l K r i t e r i e n für solche A b s t u fungen fehlen. N a t ü r l i c h läßt sich darüber hinaus darüber streiten, ob einzelne Ansätze im System (wie etwa beglückwünschen, b e r e u e n usw.) unter diesen Voraussetzungen nicht ebenfalls dem Typ V I I I zuzurechnen seien. Ich habe deshalb im Text stets darauf hingewiesen, w e n n mir ein Verb in dieser Hinsicht

"ver-

dächtig" schien; die Zahl solcher Fälle ist jedoch relativ gering.

7.2. Konkurrenz und Opposition 7.2.1. Allgemeines Wie die Ausführungen in Zf. 7.1. sowie Einzeldiskussionen

inner-

halb der Systembeschreibung zeigten, bleibt das System der B e V e r b e n von anderen Systemansätzen nicht unberührt. Das System des Bedeutungsfeldes und der semantischen K o m p o n e n t e n wurde in der Darstellung implizit benutzt. Offenbar hängt die M ö g l i c h keit, okkasionelle Neubildungen zu schaffen, v o n einer b e s t i m m ten Zusammensetzung und Qualität der semantischen K o m p o n e n t e n des Stammverbmaterials ab. W i e m a n an Arbeiten wie K j e l l m a n (1945) und Hundsnurscher (1968) sehen kann, ist dieses System bei den verschiedenen P a r t i k e l - und Präfixverbsystemen i n gleicher W e i s e gültig. Es ergibt sich daraus die sinnvolle B e h a u p tung, daß die verschiedenen Partikelverbsysteme sich eben darin unterscheiden, welche Komponentenzusammenstellung das S t a m m v e r b material aufweist. Zur Charakterisierung der Bedeutungsgruppen ist ferner die einheitliche .Kontextselektion maßgebend. Es scheint n u n so zu sein, daß die einzelnen V e r b a b l e i t u n g s systeme zwar durch Funktionsbindung gewisse Zusammenhänge weisen, sich jedoch insgesamt unabhängig voneinander ten. Hundsnurscher w a r m.E. der erste, der solche

auf-

ausbrei-

Zusammen-

hänge systematisch dargestellt hat (1968:218ff.). Bei der unabh ä n g i g e n Ausbreitung der Einzelsysteme kommt es zwangsläufig an einigen Punkten zur Überlappung, wo die

Bedeutungsdifferenzie-

229 rung schwerfällt, totale Synonymie läßt sich jedoch nur selten entdecken. H i e r ist vor allem zu beachten, daß die Systematik der einzelnen Bedeutungsgruppen in den konkurrenten S y s t e m e n fast stets unterschiedlich ist, so daß nur an E i n z e l p u n k t e n B e r ü h r u n g e n stattfinden; weitgehende Gleichheit, was die M i t glieder einzelner Bedeutungsgruppen angeht, habe ich nur in w e n i g e n F ä l l e n f i n d e n können; in diesen Fällen w a r meist eine eindeutige Differenzierung der Konkurrenzpaare durch K o n t e x t u n t e r schiede möglich. Die v o n Hundsnurscher angenommene sehr hohe Redundanz (1968:219 Anm. 1) scheint im Be-System geringer zu sein. R e d u n d a n z k a n n hier verschieden verstanden werden. W i e sich im folgenden zeigen wird, ist die Zahl synonymer B i l d u n g e n mit gleichen Kontexteigenschaften sehr niedrig. Wo

sol-

che Konkurrenzpaare vorhanden sind, wird meist eines der b e i den V e r b e n veralten oder eine Differenzierung der V e r b e n in Kontextselektion oder Bedeutung eintreten (vgl. das V e r a l t e n von bebürsten gegenüber bürsten, v o n n e t z e n gegenüber benetzen, und die Differenzierung bei jmd. angrinsen - etw. begrinsen; etw. b e b a u e n - verbauen usw.). Höher liegt die R e d u n d a n z im Bereich konkurrenter Bedeutungsgruppen eines Bedeutungsbereichs, z.B. der Ornative: Verben, die nach dem Typ II okkasionell m ö g l i c h sind, können ebensogut z.B. durch Nullableitungen oder V e r b e n auf -»ieren gebildet werden. M . E . wird sich jedoch, w e n n einmal genügend U n t e r s u c h u n g e n über einzelne S y steme vorliegen,

zeigen lassen, daß auch in diesem Bereich die

R e d u n d a n z nicht sonderlich h o c h ist; die sogenannte

"praktisch

unbeschränkte Ausbaufähigkeit" eines Typs stößt sehr schnell auf Grenzen, w e n n konkurrente Systemansätze in diesem Bereich vorliegen. Daß die stilistische Variationsbreite gerade beim Gebrauch verbaler Ableitungen sehr h o c h ist, ist ein anderer Punkt; vom informationstheoretischen Gesichtspunkt aus ist hier in der Tat v o n sehr hoher R e d u n d a n z zu sprechen, nicht aber vom linguistischen Standpunkt

aus.

Dem systembegrenzenden Einfluß durch Konkurrenzbildungen steht die oft systemerweiternde Funktionsbindung durch Opposition g e genüber; ein gutes Beispiel gibt Hundsnurscher

(1968:200f.):

230 "Im Kontext des Maschineschreibens ist es z.B. möglich zu sagen: ein Blatt Papier ein/ausspannen. Das 'Einspannen' ist ein Vorgang, bei dem die Inhaltskomponenten des Simplexverbes spannen noch voll zur Geltung kommen ...; zur Bezeichnung aesentgegengesetzten Vorgangs wird zuweilen ausspannen verwendet, obwohl hier der Sachverhalt 'Spannen' nicht mehr vorliegt; es handelt sich eher um ein 'Lockern'; dennoch wird nicht gesagt auslockern oder auslösen." Solche Punktionsbindungen finden sich bei Partikelverbsystemen offenbar häufiger, vgl. an-/ab-, auf-/ab-, ein-/aus-, vor-/ nach- usw. Für die Präfixe ver-, er- und zer- gibt es solche "Gegenpräfixe" offenbar nicht, während bestimmte Beziehungen zwischen be- und ent- vorliegen. Die folgende Darstellung versucht, die hauptsächlichen Berührungspunkte zwischen dem Be-System und anderen Typen verbaler Wortbildung aufzuführen. Natürlich handelt es sich hier nicht um Abrisse dieser anderen Systeme; die Systeme sind vom Blickpunkt der Be-Verben her betrachtet. Da außer zu aus-, durch-, über- und ver- keine brauchbaren Monographien vorliegen, bin ich in der Charakterisierung der anderen Systeme auf eigene Arbeit angewiesen gewesen, die naturgemäß nur einen Überblick gestattete. Wie Hundsnurschers Bemerkungen zur Konkurrenz zwischen aus- und be- zeigen, bleibt bei einer solchen Arbeitsweise manches unerwähnt, was bei einer besseren Kenntnis des anderen Systems zusätzlich zu besprechen wäre; ferner ist nicht immer klar zu entscheiden, ob bestimmte Berührungen sich nur bei Einzelverben finden oder auf echten konkurrenten Systemansätzen 3 beruhen. Es ist ferner zu bemerken, daß nur solche Paare als Konkurrenzen bezeichnet wurden, in denen gleiche grammatische Konstruktion vorliegt; so sind etwa die Simplexverben des Typs I nicht als Konkurrenz verstanden, da sie anders konstruiert sind. Daß die Verben einen ähnlichen Sachverhalt bezeichnen, ist natürlich nicht zu übersehen; auf dieser Ebene besteht in der Tat ein hoher Grad an Redundanz verbaler Ausdrucksmittel. 3

Die Artikel zu über- und ver- waren schon geschrieben, als mir die Arbeiten von Abusamra (1971) und Teilenbach (1971) zur Verfügung standen. Beide Artikel mußten völlig neu geschrieben werden, weil durch mangelnde Kenntnis dieser Systeme z.T. fälsche Einschätzungen vorlagen und vor allem wichtige Berührungspunkte fehlten.

231 Die Aufzählung erfolgt in alphabetischer Reihenfolge; den P a r t i k e l n folgt n o c h Besprechung konkurrenter

nach

Nullablei-

tungen. 7.2.2. Ab-Verben Zum System der V e r b e n mit ab- vgl. W e l l a n d e r (1911). B e r ü h r u n gen mit dem Be-System finden sich vor allem im Typ III und im Typ IV. Stark ausgebaut ist bei den Ab-Verben der B e r e i c h mit der Strukturbedeutung

'reinigen' (vgl. zur Beziehung von Ab- und

Aus-Verben, vor allem in diesem Bereich, Hundsnurscher 243ff.)). Solche V e r b e n sind etwa abbürsten, abfegen,

(1968: abkeh-

ren usw. Eine Eigenart dieser V e r b e n ist die Möglichkeit der Objektvertauschung, vgl. Wellander

(1911:73ff.)

Die F r a u wischt den Staub (von dem Regal) ab Sie wischt das R e g a l ab B e - V e r b e n aus diesem Bereich sind veraltet wie etwa bebürsten, b e f e g e n usw., vgl. Hittmair

(I882:169f.); nicht veraltet d a -

gegen sind konkurrente Bildungen der Gruppe 3.3.2., wobei allerdings das Ab-System stärker ausgebaut

scheint:

Der Geselle hobelt das Brett ab Er behobelt das Brett Die A b - V e r b e n h a b e n hier die Strukturbedeutung

'Oberfläche glät-

ten durch E n t f e r n e n störender Teile', w ä h r e n d die B e - V e r b e n semantisch blasse-r sind und nur die Strukturbedeutung

'Oberflä-

che bearbeiten' aufweisen. W e s e n t l i c h ist, daß A b - und Be-Verben nur dann in Konkurrenz treten, w e n n beim Ab-Verb die Objektvertauschung durchgeführt ist, in der folgenden E i n s p a n nung besteht keine Konkurrenz: Er hobelt die vorstehenden Teile (von dem Brett) ab Aus diesem Grunde kommt es bei einigen V e r b e n nicht zur K o n kurrenz, etwa bei behauen und beschneiden: Er beschneidet die Bögen Er schneidet den Streifen ab (von den Bögen) 4

Auch das Phänomen der Objektvertauschung dürfte sich mit H i l fe einer R e g e l erfassen lassen, die auf einem variablen K a susrahmen bezüglich der Objektswahl basiert analog zur S u b jektswahl; ich habe dieses Phänomen jedoch nicht untersucht, da Objektvertauschung im Be-System nicht vorkommt.

232 Er behaut den Baumstamm Er haut den Ast ab (von dem Baum) Berührungen mit dem Typ IV treten vor allem In den Gruppen auf, die eng mit Typ III verwandt sind, so im Bereich des Tastsinns: Er tastet die W a n d ab Er betastet die W a n d Im V e r g l e i c h zum Be-Verb ist das Ab-Verb perfektiv; eine Nuance 'suchend, prüfend' ist deutlich spürbar; genauso v e r h a l t e n sich die Konkurrenzbildungen mit - f ü h l e n , - f i n g e r n , - f u m m e l n usw. V e r b e n wie abknabbern, ablecken usw. gehören im Ab-System einer anderen Gruppierung an als V e r b e n wie abtasten, während im Be-System betasten und beknabbern zum gleichen Typ gehören; hier zeigt sich der unterschiedliche Systemansatz. Auch bei diesen Konkurrenzpaaren sind die Ab-Verben im V e r g l e i c h zu den Be-Verben perfektiv: D e r Hund leckt, nagt, knabbert den K n o c h e n ab Er beleckt, benagt, beknabbert den K n o c h e n Zwar unterliegen die A b - V e r b e n der Objektvertauschung,

sie tre-

ten aber in jedem Falle in Konkurrenz zu den Be-Verben: D e r Hund nagt das Fleisch (von dem Knochen) ab Er benagt das Fleisch Er benagt den K n o c h e n Behorchen, das ebenfalls dem Typ IV angehört, ist d u r c h unterschiedliche D i s t r i b u t i o n klar von abhorchen geschieden;

zwar

gibt es folgende Möglichkeit, S a mit dem gleichen Mitspieler zu besetzen: E r horcht das Gespräch ab Er behorcht das Gespräch Dabei ist jedoch abhorchen stets auf fernmündliche Gespräche

be-

schränkt; S a k a n n kaum mit +Hum besetzt sein: *Er horcht den V e r d ä c h t i g e n ab Dies ist bei behorchen möglich: Er behorcht die V e r d ä c h t i g e n D a g e g e n ist die folgende Einspannung für behorchen nicht akzeptabel: E r horcht die Leitung ab *Er behorcht die Leitung Hier läßt sich deutlich sehen, wie zwei Verben, deren Bedeutung zunächst sehr ähnlich ist, durch die verschiedenen E i n s p a n n u n gen, die mit ihnen möglich sind, differenziert werden.

233 Berührungen ergeben sich ferner in der Gruppe

3.7.1.:

Er fährt die Strecke ab Er befährt die Strecke Die Ab-Verben stehen hier offenbar unter der Prägung eines Zentralverbs wie absuchen; die Bedeutungsnuance

'prüfend, for-

schend', die sich schon bei abtasten fand, fehlt den Be-Verben. Konkurrent sind vor allem okkasionelle Bildungen, Im Sommer will er die Rhone Im Sommer will er die Rhone

etwa

abpaddeln bepaddeln

Er hat den g a n z e n Rheinhöhenweg Er hat den ganzen Rheinhöhenweg

abgewandert bewandert

W e s e n t l i c h ist allerdings, daß es eine Reihe von Bildungen gibt, die nur in einem System vorkommen: eine Gegend bereisen,

aber

nicht abreisen; alle Geschäfte abklappern, aber nicht beklappern; usw. Auch h i e r scheint das Ab-System w e i t e r ausgebaut zu sein. Einzelberührungen ergeben sich noch in folgenden Fällen: Der Forscher behandelt das Thema E r handelt das Thema ab Dem Ab-Verb ist eine exhaustive Nuance eigen, die dem

Be-Verb

fehlt, vgl.: E r behandelt das T h e m a nur am R a n d e *Er handelt das Thema nur am Rande ab Ebenfalls perfektiv im V e r g l e i c h zu den Be-Verben sind

absprit-

zen und absprühen: Er bespritzt, besprüht die Karosserie mit W a s s e r E r spritzt, sprüht die Karosserie mit W a s s e r ab D u r c h Objektvertauschung entstehen die einzigen O p p o s i t i o n s paare : Er lädt den W a g e n ab Er belädt den W a g e n Er deckt den K ä f i g ab Er bedeckt den Käfig Er zieht das Bett ab Er bezieht das Bett Eine systematische Funktionsbindung besteht jedoch nicht. 7.2.3. An-Verben Zum System der V e r b e n mit an- vgl. W e i s g e r b e r (1958:121 ff.), W e i s g e r b e r (1969) sowie K e m p c k e (1965); alle drei Arbeiten sind jedoch v o m m e t h o d i s c h e n Standpunkt aus unbefriedigend und k ö n -

234 nen deshalb nur ungefähre Anhaltspunkte liefern. Schon Hittmair (1882:21ff.) hat betont, daß das An-System die meisten Berührungen mit dem Be-System aufweist. In den meisten Fällen ist es jedoch möglich, durch Kontextangaben konkurrierende Paare zu unterscheiden; von Wichtigkeit ist allerdings, daß eine Reihe von B e deutungsgruppen in beiden System mit dem gleichen Stammverbmaterial aufgebaut

sind.

Unter dem Oberbegriff des 'Annahens' führt Weisgerber eine Dreiteilung einer Gruppe von An-Verben durch; siert w e r d e n die Untergruppen durch die Ausdrücke hen',

(1958)

charakteri'einen ange-

'einen anreden' und 'einen ansehen'. Die letzte Gruppe

zeigt eine ähnliche Struktur wie die entsprechende

Be-Gruppe

4.4.: Er blickt, gafft, glotzt, guckt, schaut, sieht, starrt, stiert, staunt den M a n n an D i e s e n V e r b e n mit an- stehen folgende B e - V e r b e n gegenüber: Er begafft, beglotzt, beguckt, beschaut, besieht, bestaunt das Buch Die unterschiedliche Besetzung von S a in den Beispielsätzen verdeutlicht bereits die Verschiedenheit beider Gruppen. Die B e V e r b e n haben als Sa stets - A n i m , während die An-Verben auch belebtes Objekt aufweisen können und in dieser V e r w e n d u n g h ä u f i ger sind. Nicht alle Stammverben, die im An-System vertreten sind, finden sich auch bei be- (-blicken, - s t a r r e n , -stieren); dafür dürfte die semantische Komponente

'punktuell,

verantwortlich sein, die mit der Komponente

gerichtet'

'prüfend, von allen

Seiten' der entsprechenden Be-Gruppe nicht verträglich ist, wohl aber mit der Komponente

'Zielrichtung auf einen Punkt' der An-

Gruppe. Die V e r b e n begucken, beschauen und besehen haben in der angegebenen Form einen geringeren Akzeptabilitätsgrad als mit reflexivem Dativ: Er beguckt, beschaut, besieht sich das B u c h In dieser Einspannung sind An- und Be-Verben m.E. synonym: E r guckt, schaut, sieht sich das Buch an Der wesentliche Unterscheidungspunkt ist die Tatsache, daß die An-Verben bei Gebrauch ohne reflexiven Dativ eine andere B e d e u tung annehmen, vor allem bei belebtem Objekt, während die B e V e r b e n dann lediglich geringeren Akzeptabilitätsgrad

aufweisen:

235 Er sah sich den Fremden an Er sah den F r e m d e n an Er beschaute sich die Gegend Er beschaute die Gegend Die ü b r i g e n genannten V e r b e n sind darüberhinaus

differenzierbar

durch die Beschränkung der An-Verben auf Sa +Konkr: Er bestaunt die Leistung des Akrobaten Er bestaunt den Akrobaten Er staunt den Akrobaten an *Er staunt die Leistung des Akrobaten an Unter dem Oberbegriff des

'Anredens' führt Weisgerber

(1958)

eine Reihe völlig verschieden strukturierter Verben wie anatmen, anlächeln, anpöbeln, anschwärzen und anschreien auf. Auch in diesem Falle scheint eine stärkere Differenzierung notwendig, die vor allem den Kontext einbezieht; dabei sind hier nur einige P u n k te erwähnt, die für das Be-System bedeutsam sind. Am deutlichsten wird der Unterschied bei Bildungen mit dem Stammverb - s p r e c h e n : Die Freunde besprachen die Angelegenheit Sie sprachen den Fremden an Auch alle anderen E i n s p a n n u n g e n von besprechen sind mit ansprechen nicht in Verbindung zu bringen. Der entscheidende

Punkt

ist, daß die An-Verben der Gruppe, die im folgenden ausgeführt wird, stets Sa +Hum haben, während die Be-Verben dies (mit w e nigen Ausnahmen) nicht h a b e n können: Er bemeckert die mangelnde *Er bemeckert den F r e m d e n

Organisation

Er meckert den Fremden an *Er meckert die mangelnde Organisation an V o n diesem klaren Beispiel aus lassen sich sämtliche

Konkurrenz-

paare im Bereich der Gruppe 5.6. differenzieren; ein Be-Verb wie belächeln läßt zwar auch S a +Hum zu, aber die Unterscheidung

ist

dennoch deutlich: Er belächelt das Kind Er lächelt das Kind an Die An-Verben drücken eine Richtungsbeziehung aus, während die Be-Verben von der dem Typ V eigenen Strukturbedeutung

'urtei-

len* geprägt sind; dies zeigt sich hier auch an der Ableitungsstruktur, die für die Be-Verben h e i ß e n muß: A lächelt über B

A belächelt B

236 Für die An-Verben wäre in etwa die folgende Formel A lächelt in Richtung, direkt zu B

anzusetzen:

A lächelt B an

W i c h t i g ist, daß im An-System V e r b e n wie anreden, ansprechen,

an-

sehen und anlächeln offenbar einem Typ angehören, der lediglich durch Bedeutungsgruppen unterteilt ist, während im Be-System besehen dem Typ IV, belächeln dem Typ V angehört. Hier wird abermals deutlich, wie die einzelnen Ableitungssysteme das Stammverbmaterial nach unterschiedlichen Gesichtspunkten

auswählen.

Auch Marchand (1971:317) charakterisiert m.E. die hier angesprochenen Be-Verben falsch, wenn er schreibt:

"Gesichtsbewegungen

drücken aus: begrinsen, belachen, belächeln." Abgesehen davon, daß Lachen wohl nicht allein eine Gesichtsbewegung ist, scheint mir diese Charakterisierung lediglich auf einige An-Verben zuzutreffen; die Be-Verben h a b e n dagegen die Strukturbedeutung

'durch

Lächeln, Grinsen usw. b e u r t e i l e n 1 , d.h. der Gesichtspunkt der Gesichtsbewegung ist von sekundärer Bedeutung, was sich auch daran zeigt, daß die Gruppe 5.6.2. nicht in dieser Hinsicht

struktu-

riert ist, denn V e r b e n wie bespötteln und b e w i t z e l n drücken sicherlich keine Gesichtsbewegungen aus, während V e r b e n wie b e glotzen und begaffen, die vor allem den Gesichtsausdruck

kenn-

zeichnen, M i t g l i e d e r eines anderen Typs sind. Die folgenden Konkurrenzbildungen haben gegenüber den B e - V e r ben eine gewisse partitive

Bedeutung:

Die Maus knabbert den Käse an Sie beknabbert den Käse Während die B e - V e r b e n beknabbern, benagen, bepicken usw. im B e System dem Typ IV gemeinsam mit V e r b e n wie besehen, befühlen usw. angehören, haben anknabbern, annagen und anpicken sicherlich nichts mit ansehen, anfühlen zu tun; das An-System dürfte hier auch weiter ausgebaut sein, vgl. anbeißen, anfressen usw. Im Bereich des Tastsinns, also der Gruppe 4.1.1., ist die D i f ferenzierung konkurrenter Paare nicht systematisch, aber für jedes Einzelverb klar durchgeführt; bei gleicher Distribution und Bedeutung veraltet eines der beiden V e r b e n oder ist in dieser Einspannung

ungebräuchlich:

Er faßt den Schalter an Er befaßt den Schalter (veraltet, vgl. aber 4.1.1.!)

237 Er tastet den Schalter an Er betastet den Schalter

(ungebräuchlich)

Anrühren ist v o n berühren stets verschieden; in der W e n d u n g : R ü h r m i c h nicht an! scheint die entsprechende Einspannung mit berühren nicht häufig zu sein: Berühr mich nicht! Konkurrenzpaare, bei denen eine Differenzierung kaum möglich erscheint, sind die folgenden: Er lügt, schwindelt die M u t t e r an E r belügt, beschwindelt die Kutter Hier läßt sich wohl nur die stilistische V a r i a t i o n feststellen, daß die An-Verben "direkter" sind, vgl. v.Polenz

(1968:140).

Das gleiche gilt für die konkurrenten An-Verben zur Gruppe der vulgären V e r b e n 2.3.; lediglich für bekakeln, besabbern und bescheissen existieren keine An-Verben, die die gleiche E i n s p a n nung aufweisen können; auch im. An-System existiert eine starke Gruppe von verba maculandi, die vor allem in der niederen U m gangssprache weit ausgebaut ist. H i e r läßt sich allenfalls k o n statieren, daß die A n - V e r b e n direkter seien: Er pinkelt die W a n d an Er bepinkelt die W a n d Ein weiterer Berührungspunkt sind die intransitiven V e r b e n der Gruppe Das Die Das Das

2,5.4.:

M e t a l l läuft an / beläuft Bücher stauben an / bestauben Brot schimmelt an / beschimmelt Brot trocknet an / betrocknet

Eine Differenzierung ist am ehesten möglich, w e n n man auch die w e i t e r e n Konkurrenzbildungen zu dieser Gruppe betrachtet: Die Bücher stauben ein, stauben an, verstauben Die Bücher bestauben Das Brot schimmelt, schimmelt an, verschimmelt Das Brot beschimmelt Die B e - V e r b e n scheinen gegenüber allen anderen Bildungen blasser; die anderen V e r b e n h a b e n jeweils einen zusätzlichen Bedeutungszug: Die An-Verben bezeichnen eher den Beginn des Vorgangs, die Nullableitungen den Verlauf, die V e r - V e r b e n (und, soweit v o r handen, die Ein-Verben) die Vollständigkeit des Vorgangs;

dabei

gilt für alle Konkurrenzgruppen, daß sie weiter ausgebaut

sind,

allerdings nicht parallel, sondern gemäß den jeweiligen System-

238 bedingungen. Die Be-Verben sind redundant, sind jedoch m.E. nicht als veraltet zu bezeichnen; ferner ist die Gruppe 2.5.4.

zweifel-

los offen für den okkasionellen Gebrauch von Partizipien der Gruppe 2.5.2. als intransitive Verben, was insofern b e m e r k e n s wert ist, als intransitive R e k t i o n dem System der Be-Verben ansonsten fremd ist. Viele Stammverben des Typs I der Be-Verben finden sich auch im An-System, dabei ist jedoch fast immer die Konstruktion

verschie-

den. Konkurrent ist lediglich be/anmalen: Er bemalt die Wand mit roter Farbe Er malt die W a n d mit roter Farbe an Aber auch hier sind die V e r b e n in den meisten Fällen durch den Kontext

differenzierbar:

Er bemalt die W a n d mit M ä r c h e n s z e n e n *Er malt die W a n d mit Märchenszenen an Offenbar ist das An-Verb vokabelmäßig festgelegt, was für das B e Verb nicht zutrifft. Ähnliches gilt für anpinseln. Neben aus- ist an- die häufigste Partikel; b e - und v e r - sind die häufigsten Präfixe (nach M a t e r (LM)). Eine Monographie

zu

an- ist ein dringendes Desiderátum (wie auch zu ent-, s.u. Zf. 7.2.9«). Es wäre beim V o r l i e g e n dieser Arbeiten endlich möglich, die schon von Wilmanris (1896:128) geforderte

Gesamtbetrachtung

von Simplexverben und Partikelverben verschiedener Systeme in A n griff zu nehmen. 7.2.4. Auf-Verben Hier sind keine Berührungen zu verzeichnen; natürlich

existieren

bedeutungsähnliche V e r b e n mit abweichender Konstruktion: Er näht einen F l i c k e n auf den M a n t e l auf Er benäht den M a n t e l mit einem F l i c k e n Solche Fälle wurden jedoch eingangs ausgeschlossen, weil sie nicht als echte Konkurrenzbildungen angesehen w e r d e n können. 7.2.5. Aus-Verben In diesem Falle ist die Systemvergleichung besonders

interessant

und fruchtbar, weil mit der Arbeit von Hundsnurscher (1968) eine Systembeschreibung vorliegt, die im wesentlichen die m e t h o d i schen Voraussetzungen erfüllt, die an eine Untersuchung von P a r tikel- oder Präfixverbsystem zu stellen sind. In seinem Absatz

239 zur Konkurrenz mit dem Be-System findet Hundsnurscher nur wenige Berührungspunkte

allerdings

(238):

"Die Berührungen mit dem System der Be-Verben sind nicht groß, sie finden sich vor allem im ornativen Bereich: 'etwas mit einem (schmückenden) Zusatz versehen'. Zur Konkurrenz mit dem Aus-System kommt es da, wo im Objekt eine Bezeichnung für einen Innenbereich steht, sonst herrscht Konkurrenz mit den A n - V e r b e n (etwas bestreichen - anstreichen - ausstreichen). Die Partikel mit ihren lokativen Komponenten ist hier eine Forderung der semantischen Kongruenz, und in k o n k r e t e n Kontextlagen wird dem Partikelverb der V o r z u g g e geben: das Zimmer bemalen — ausmalen; beleuchten - ausleuchten; eine Tischdecke besticken - aussticken. Eine geschlossene Konkurrenzgruppe besteht in der K a u f m a n n s sprache; man kann sie zum ornativen Bereich rechnen: die W a ren bepreisen - auspreisen; bezeichnen - auszeichnen; b e schildern - ausschildern. Sporadische Berührungssteilen, wo die Konkurrenzpartner sich nach dem heutigen Sprachgefühl vor allem durch die stärkere perfektive Nuance der Partikelverben unterscheiden, sind die Konkurrenzpaare: etwas benutzen - ausnutzen; jemanden b e r a u ben - ausrauben; jemanden beschimpfen - ausschimpfen; etwas berechnen - ausrechnen." V o m Blickpunkt des Be-Systems erscheinen alle diese Berührungen sporadisch und ohne systematische Bedeutung; einige wesentliche Punkte fehlen. Dieser Mangel dürfte darauf beruhen, daß H u n d s nurscher aus M a n g e l an brauchbaren V o r a r b e i t e n über die S t r u k tur des Be-Systems zu w e n i g weiß; ich bin sicher, daß meine D a r stellung zu den Konkurrenzbeziehungen mit P r ä f i x - und P a r t i k e l verben (außer zu aus-, durch-, ü b e r - und ver-) ebensolche M ä n g e l aufweist; hier zeigt sich, wie notwendig weitere E i n z e l u n t e r s u chungen sind. Zu den von Hundsnurscher genannten Konkurrenzpaaren aus der Kaufmannssprache muß man feststellen, daß die Be-Verben in d i e ser Einspannung kaum gebräuchlich erscheinen; bepreisen ist mir fremd, fand sich auch in keinem der konsultierten Wörterbücher; Hittmair (1882), der nun wahrhaftig ausführlich ist, führt lediglich das Partizip 'bepriesener Poet' auf, was mit der von Hundsnurscher intendierten Bedeutung nichts gemeinsam hat. Für b e - wie ausschildern gilt m.E., daß die V e r b e n nur in der unten genannten Einspannung

'einen W e g be-/ausschildern' üblich sind;

allerdings ist Hundsnurschers Einspannung okkasionell

denkbar.

Bezeichnen scheint mir in dieser Einspannung ebenfalls nicht ü b lich:

24-0

*Er bezeichnet die Waren mit Preisen Dies könnte auf die häufige Einspannung: Er bezeichnet ihn als Lügner, mit einem Schimpfwort zurückzuführen sein« Übersehen hat Hundsnurscher die große Bedeutung, die seine "furnative" Gruppe 3.30.50. (152ff.) für das Be-System hat. 5 Diese Gruppe ist an Verben wie ausstatten und ausrüsten orientiert. Berührungen finden sich zunächst im Typ I: Er schmiert die Pfanne mit Fett aus Er streut die Schüssel mit Zucker aus Er legt den Boden mit Fliesen aus Er beschmiert die Pfanne mit Fett Er bestreut die Schüssel mit Zucker Er belegt den Boden mit Fliesen Während die Be-Verben sich auf die Oberfläche beziehen, gilt für die Aug-Verben, daß sie sich auf einen Innenraum beziehen, hinzukommt, daß die Aus-Verben einen Vorgang bezeichnen, der den gesamten im Objekt genannten Innenraum erfaßt, was bei den BeVerben nicht notwendigerweise der Fall ist; die' Aus-Verben sind also "exhaustiver" als die Bildungen mit be-. Desubstantivische Ornativa im konkreten Bereich existieren auch im Aua-System; diese Gruppe ist produktiv: Er fettet die Pfanne aus Er täfelt die Stube aus Er dielt die Stube aus Mit allen diesen Stammverben finden sich bei Mackensen (WM) auch Be-Verben, also befetten, betäfeln und bedielen. Solche Bildungen sind jedoch bestenfalls okkasionell. Da die Aus-Gruppe (zumindest fachsprachlich) produktiv ist und einen klar erkennbaren Bereich im Wortstand der Ornative einnimmt, scheint es mir sinnvoll zu sagen, daß solche Be-Bildungen redundant sind und, da sie ohnehin nicht in der Norm vorkommen, auch nach Möglichkeit vermieden werden. Für die Kennzeichnung von Verkehrswegen sind offenbar beide Systeme produktiv: Die Behörde läßt die Fahrrinne ausbaken, ausbojen, austonnen Die Behörde läßt die Fahrrinne bebaken, betonnen 5

Dieser Versuch, den Ausdruck "Ornativ" zu vermeiden, scheint mir nicht besonders glücklich.

241 Bebojen fehlt, offenbar aus prosodischen Gründen, ist jedoch eine mögliche Bildung. "Für Wege und Straßen finden sich: Die Behörde beschildert den Weg Sie schildert den Weg aus Für beide Verben ist die Fügung Partizip + sein beliebt: Der Weg ist gut beschildert, ausgeschildert Hierher gehört auch die Bildung: Der Weg ist gut bezeichnet Die entsprechende Bildung mit aus- fehlt, möglicherweise aus Homonymiegründen (ausgezeichnet = 'hervorragend'); ausfeuern scheint nicht möglich zu sein. Die genannten Konkurrenzpaare sind m.E. bestenfalls auf stilistischer Ebene differenzierbar (die Aus-Verben sind plastischer). Wichtig ist, daß die AusVerben eine Weiterentwicklung zeigen, die im Be-System fehlt: Der Slalom ist gut ausgeflaggt, ausgesteckt (vgl. Hundsnurscher (1968:155f.)); dagegen fehlt im Aus-System die anschließbare Gruppe 2.1.2. "Bebildern". Weitere Berührungen beider Systeme sind sporadisch und nicht von Bedeutung; Hundsnurschers Konkurrenzbildungen ausnutzen, ausrechnen und ausschimpfen sind im Be—System lexikalisiert. 7.2.6. Bei-Verben Zwischen den Systemen ergeben sich keine Berührungen; das System der Verben mit bei- scheint ohnehin kaum mehr produktiv und größtenteils durch Wortfeldeinflüsse entstrukturiert, vgl. Weisgerber (1969:197ff.). Aus diesem Grunde ist mir unklar, was der Hinweis auf die etymologische Verwandtschaft von be- und beibei Fleischer (1969) soll, wenn es sich um Wortbildung der G e g e n w a r tspräche handelt. 7.2.7. Durch-Verben Zum System der Verben mit durch- vgl. Kjellman (1945). Berührungen beider Systeme finden sich vor allem in den Typen III und V. Durcharbeiten hat wie bearbeiten einen besonders weiten Anwendungsbereich; Konkurrenz findet sich an folgenden Stellen: Er ackert, arbeitet, pflügt das Feld durch Er beackert, bearbeitet, bepflügt das Feld Er hat das Thema durchgeackert, durchgearbeitet Er hat das Thema beackert, bearbeitet.

242

Die Durch-Verben sind kräftiger und haben eine semantische Komponente 'bis zum Ende 1 , die den Be-Verben fehlt. Nicht mehr in Konkurrenz stehen die Verben in der Einspannung: Er hat die Kartei durchgearbeitet Er hat die Kartei bearbeitet Hier hat bearbeiten Vokabelbedeutung erlangt, während durcharbeiten weiterhin vom System bestimmt ist (vgl. durchgehen, durchsehen usw.). Ebenfalls exhaustiver als die Be-Verben sind die Konkurrenzbildungen mit durch- zur Gruppe 5.1.: Sie haben die Sache durchgesprochen, durchgehechelt Sie haben die Sache besprochen, behechelt Diese exhaustive Komponente zeigt sich daran, daß der folgende Satz unakzeptabel ist: •Sie haben die Sache nur am Rand durchgesprochen Ferner sind die Gruppen aus teilweise unterschiedlichem Stammverbmaterial gebildet: Neben beflüstern, bereden stehen keine Bildungen mit durch-, neben durchdiskutieren, durchgehen keine Be-Verben. Von Bedeutung ist hier auch der Wortakzent, der bei den Be-Verben auf dem Stammverb liegt, während die Durch-Verben den Akzent auf der Partikel haben, die dadurch stärkere inhaltliehe Kraft aufweist. Starke Ähnlichkeiten finden sich auch bei Bewegungsverben. Kjellman stellt für diese seine Gruppe 4 fest (1945:40): "Die Zusammensetzungen mit durch- bezeichnen die freie Bewegung des Subjekts durch das Objekt, das entweder eine Strekke, eine Fläche oder ein Raum ist." Für konkurrente Be-Verben kommt meist 'Strecke, Gebiet' in Frage (s.o. 3.7.1.): Der Forscher beflog, befuhr, bereiste die unerforschten Gebiete Er durchflog, durchfuhr, durchreiste sie Die Differenzierung fällt nicht ganz leicht; der Unterschied dürfte in der stärker spürbaren lokativen Qualität der Partikel durch- liegen, wobei stets die Assoziation einer bewältigten Strecke (die nicht gradlinig sein muß) naheliegt, während die 6

Dieser Aspekt dürfte einer der Hauptgründe für die wesentlich größere Variabilität der Präfixsysteme sein, damit verbunden aber auch der geringeren semantischen Festigkeit der Präfixverben, was die Bindung an das System anbelangt.

243 Be-Verben in dieser Hinsicht unspezifiziert sind; hier scheint mir die Charakterisierung

'exhaustiv' nicht angebracht. Dieser

Bereich ist im Durch-System stärker ausgebaut, vgl. durchbummeln, durchlaufen, durchziehen usw. Wichtig ist der Hinweis, daß bei diesen Verben Konkurrenz zu Bildungen mit ~be- nur dann besteht, wenn durch- untrennbar ist, d.h. der Wortakzent auf dem Stammverb liegt; in den folgenden Sätzen sind durchreisen und bereisen nicht konkurrent: Der Forscher reiste durch die Gebiete durch Er bereiste die Gebiete In Anlehnung an diese Bewegungsverben gibt es noch einige K o n kurrenzpaare in der Gruppe 6.3.: Schmerz durchkriecht, durchschleicht sein Gemüt Schmerz bekriecht, beschleicht sein Gemüt Es muß allerdings beachtet werden, daß die Gruppen in beiden Systemen aus sonst unterschiedlichem Stammverbmaterial gebildet sind, vgl. befallen, bedrängen usw. mit durchfahren,

durchzuk-

ken usw. 7.2.8. Ein—Verben Systematische Berührungen finden sich im Bereich der Typen I und II. Direkter und plastischer erscheinen Ein-Verben, die in K o n kurrenz zu Gruppe 1.5. treten: Das Kind dreckt, schmiert, saut seine Hose ein Es bedreckt, beschmiert, besaut seine Hose Das gleiche gilt für die Einspannung aus 1.6.2.: Er schmiert, streicht die Pole mit Fett ein Er beschmiert, bestreicht die Pole mit Fett Die Ein-Gruppe ist hier weiter ausgebaut, vgl. einsalben, einreiben usw. Auch im Ein-System gibt es eine große und produktive Gruppe desubstantivischer Ornativa, die in Konkurrenz zu Be-Verben des Typs II stehen: Die Mutter pudert den Babypopo ein Sie bepudert den Babypopo Sie zuckert den Kuchen ein Sie bezuckert den Kuchen Die Be-Verben erscheinen hier als okkasionell, da die Ein-Verben plastischer sind. Veraltet sind Bildungen wie befetten und beölen, dieser Bereich ist im Ein-System stark besetzt:

244 Er fettet, ölt die Maschine ein Verben wie eingipsen, einzementieren gehören allerdings nicht in diese Gruppe. Berührungen ergeben sich ferner im Bereich der Intransitiva: Die Bücher stauben ein Die Bücher bestauben Das Brot trocknet ein Das Brot betrocknet Vgl. hierzu die Bemerkungen bei den entsprechenden An-Verben; wesentlich ist, daß die intransitiven Gruppen im Ein-System eine wichtige Rolle spielen und sehr umfangreich sind. 7.2.9. Ent-Verben Das System der Verben mit ent- zeigt den einzigen etwas breiteren Ansatz systematischer Oppositionsbindung zum Be-System; dieser Ansatz ist allerdings nicht durchgängig, da das Ent-System durch die Vermischung verschiedener Ansätze in der diachronen Entwicklung in der Gegenwartssprache recht kompliziert und heterogen ist, zur diachronen Entwicklung vgl. Henzen (1965:106). Ent-Verben gehören in großem Maße eher der Hoch- als der Umgangssprache sin; Hundsnurscher verzeichnet eine Reihe von Konkurrenzbildungen zum Aus-System, in welchen das ¿nt-Verb jeweils einer höheren Sprachschicht angehört als das Aus-Verb (1968:230ff.). Ent-Verben als Privativa haben offenbar große Verbreitung im technischen Bereich erlangt; Reinhardt (1966:189) betont, daß in diesem Bereich die Möglichkeit desubstantivischer Bildungen wesentlich stärker ist als im Be~System. Verben wie entgiften, entrußen, entkalken, entschlacken usw. bezeichnen das Entziehen oder Entfernen von Stoffen. Wie bereits mehrfach erwähnt, ist das Gegenteil, das Versehen mit S t o f f e n , auf eine Vielzahl in diesem Bereich konkurrierender Systeme verteilt (vgl. fetten, einfetten, durchfetten; einrussen; verkalken, vergolden usw.); in d i e s e m ornativen Bereich ist das Be-System kaum mehr produktiv. So kommt es, daß den einheitlich im Ent-System vereinten desubstantivischen Privativa nur wenige Ornativa mit begegenüberstehen, die teilweise nur unvollständig konjugiert sind: Der Motor wird be/entlüftet Das Land wird be/entwässert

245 Der Zweig ist beblättert/wird entblättert Der Stamm ist berindet/wird entrindet Die Hacke ist bestielt/wird entstielt Der Wald be/entlaubt sich Es wäre interessant, vor allem im fachsprachlichen Bereich zu untersuchen, inwieweit die Punktionsbindung durch Opposition in der weiteren Sprachentwicklung wirksam wird, d.h. inwieweit sie die Produktivität des Be-Systems in einem Bereich, der längst an andere Systeme übergegangen ist, neu anfacht; sicherlich auf diesem Wege entstanden ist belüften. Einige weitere vereinzelte Oppositionspaare sind insofern von Bedeutung, als durch solche Fälle das sprachliche Bewußtsein über die Existenz einer Punktionsbindung durch Opposition erhalten bleibt: Die Männer be/entladen den Wagen Sie be/entwaffnen den Einbrecher Der Zeuge be/entlastet den Angeklagten Er be/entkleidet sich Entlasten ist auch im konkreten Bereich gebräuchlich; die vielfältigen Einspannungsmöglichkeiten wie bei belasten rühren von der semantischen Breite des Stammverbs her. 7.2.10. Er-Verben Zum System der Verben mit er- vgl. Rooth (1964). Rooth bemüht sich vor allem, die durch er- angezeigte Aktionsart zu bestimmen; dabei gelingt es nicht, eine Klärung zu erreichen. Er- hat wi'e be- "vorwiegend grammatischen Signalwert" (Erben (1968: §89)); wo beide Systeme konkurrent sind, tragen Be- und Er-Verben "perfektiv-resultative Aktionsart" (Jung (1971:254)), d.h. hier liegt kein Differenzierungsmerkmal vor. Sehr klar hat v.Polenz (1968:8f.) für das immer wieder anders gedeutete Terzett steigen - besteigen - ersteigen betont, daß eine Differenzierung nach Aktionsarten wirkungslos bleiben muß. Nun ist besteigen selbst kein typisches Be-Verb (vgl. 5.7.2.); es hat auch keine echten Nachbarn in der Bedeutungsgruppe; ersteigen dagegen hat eine Reihe von ähnlichen Bildungen neben sich, die sich an dem Zentralverb erreichen orientieren: Er ersteigt, erklimmt, erklettert den Felsen Entsprechende Be-Verben sind m.E. auch okkasionell kaum möglich: *Er beklimmt den Felsen

246 Schwer zu trennen sind b e - und

erleuchten:

Ein Kronleuchter erleuchtet den Saal E i n Kronleuchter beleuchtet den Saal Im Be-Verb ist die R i c h t u n g stärker betont, das zeigt sich auch an Nachbarbildungen wie bestrahlen, beglänzen; entsprechende E r V e r b e n sind intransitiv und weisen keine Richtungskomponente auf. Er-Verben zeigen dagegen eine faktitive Bedeutung, die den Be-Verben fehlt; das zeigt sich an der Existenz von Bildungen wie erhellen, und der semantischen Nähe von Bildungen wie erwärmen, erhitzen, die im Be-System nicht m ö g l i c h sind. Weitere Berührungen zwischen den System existieren nicht. 7.2.11. Über-Verben Zu den V e r b e n mit über- vgl. Abusamra (1971), auf die im folgenden Bezug genommen wird. Berührungen ergeben sich vor allem im Typ I, ferner im Typ V . Einige Simplexverben zu V e r b e n des Typs I können auch mit der Präposition über statt des üblichen an oder auf konstruiert w e r den; in diesem Falle scheint ein solcher Satz eher Ableitungsbasis für ein Uber-Verb zu sein: A x - t B über C

A über-x-t C mit B

z.B. A klebt ein Plakat über die Stelle A überklebt die Stelle mit einem Plakat Einige Gruppierungen im Über-System sind dem B e - S y s t e m lieh, dies gilt z.B. für den Typ I. Allgemeine

ähn

Vorgangsverben

sind die Konkurrenzbildungen überdecken und überziehen: Er bedeckt den Käfig mit einem Tuch Er überdeckt den Käfig mit einem Tuch Er bezieht das Bett mit frischer Wäsche Er überzieht die Karte mit einer Folie Überziehen hat einen w e i t e r e n Anwendungsbereich als das sehr festgelegte beziehen. Oft haben die Über-Verben die Bedeutung 'Entziehen aus dem Sichtbereich', ferner ist stets die Bedeutung 'völlig bezogen, bedeckt usw.» vorhanden, vgl. Abusamra (1971: 55ff.). Dies gilt insbesondere für übersät: Das Schlachtfeld ist mit Toten übersät Das Schlachtfeld ist mit Toten besät Im Über-System ist übersät allerdings einer anderen Gruppe schlossen als besät im Be-System

(ebd.:33).

ange-

247 Eine Reihe Konkurrenzbildungen findet sich zur Gruppe 1.6.: Die Köchin übergießt den Braten mit Soße Sie begießt den Braten mit Soße Auch hier gilt, daß die gesamte Oberfläche erfaßt wird, während die Be-Verben in dieser Hinsicht unspezifiziert sind. Konkurrenzbildungen sind etwa überspritzen, überspülen, überschütten usw.; es finden sich jedoch in diesem Bereich keine synthetischen Bildungen mit über- (ebd.:14ff») , weshalb zu einer Reihe von BeVerben dieser Bildungsweise keine Konkurrenzbildungen existieren. Direkt an diese Gruppe angeschlossen sind im Uber-System Verben wie übermalen, Überdrucken usw., für die das oben zu überziehen Ausgeführte gilt, ferner, daß im Be-System die Gruppe 1.4. von der Gruppe 1.6. durchaus klar zu trennen ist. Desubstantivische Ornativa sind mit über- nicht so häufig. Sie lehnen sich entweder an die eben angeführten Gruppen an und sind dann Konkurrenzbildungen zu entsprechenden Ver-Verben wie etwa übergolden, überglasen usw. Konkurrenzbildungen zu be- sind Verben wie überzuckern, überkrusten, wobei die entsprechenden BeVerben der Gruppe 2.5.1. meist nur als Partizipien realisiert sind; vgl. z.B.: Der Bäcker überzuckert den .Kuchen Der Kuchen ist bezuckert In einigen Fällen ist über- eine Forderung der semantischen Kongruenz, etwa bei überbrücken, überdachen usw.; hier scheinen Über-Bildüngen adäquater als entsprechende Be-Verben (vgl. Abusamra (1971 :58- 60)). Einige Berührungen finden sich ferner im Typ V: Ich will den Vorschlag überdenken, überschlafen Ich will den Vorschlag bedenken, beschlafen Die Über-Verben scheinen mir gebräuchlicher zu sein; dies könnte seine Ursache darin haben, daß viele Simplexverben zu Be-Verben des Typs V mit der Präposition über konstruiert sind. Die o.a. Verben sind an das Zentralverb überprüfen angeschlossen; Bildungen, die dem Typ V der Be-Verben ähnlich sind, sind im ÜberSystem allerdings nicht häufig (ebd.:68ff.). Überarbeiten hat wie bearbeiten eine Vokabelbedeutung angenomnen in der Einspannung: Er überarbeitet sein Buch Er bearbeitet sein Buch

248 Auch überarbeiten ist an überprüfen angeschlossen.

Bearbeiten

scheint h i e r stärkere Veränderungen zu bezeichnen als ü b e r a r beiten, was sich vor allem in E i n s p a n n u n g e n zeigt wie: E r bearbeitet das Buch für die Bühne *Er überarbeitet das B u c h für die Bühne Überlappungen finden sich auch in den folgenden Fällen: E r überredet seinen Freund, mitzumachen Er beredet seinen Freund, mitzumachen Mattigkeit überfiel ihn Mattigkeit befiel ihn In beiden Fällen h a b e n beide Systeme diesen semantischen B e r e i c h besetzt, aber außer diesem einen Konkurrenzpaar mit jeweils anderem Stammverbmaterial, vgl. beschwatzen, besaften usw. vs. ü b e r z e u g e n und bedrängen, beschleichen vs. überkommen, tigen usw.

überwäl-

(ebd.:40ff.).

7.2.12. U m - V e r b e n Die B e r ü h r u n g e n mit dem Um-System sind sehr begrenzt. Im B e r e i c h der Gruppe 1.3.3. war bereits auf die Veraltung vieler B e - V e r b e n gegenüber entsprechenden U m - V e r b e n h i n g e w i e s e n worden: E r umwickelt den Lenker mit Bändern Er bewickelt den Lenker mit Bändern Lieser Bereich ist im Um-System weit ausgebaut, vgl. umschnüren, umbinden, umkleben usw. L e r lokative Gehalt der Partikel ist stets deutlich spürbar, auch im Konkurrenzpaar

um/begrenzen;

Er umgrenzt das Beet mit Steinen E r begrenzt das Beet mit Steinen E r umgrenzt das T h e m a Er begrenzt das Thema Das U m - V e r b drückt hier die Abgrenzung nach allen Seiten aus, während d as Be—Verb in dieser Hinsicht nicht festgelegt Die Bedeutung

ist.

'um-herum' findet sich auch in den Paaren:

Die M e n g e umdrängt, umjubelt Beckenbauer Die Menge bedrängt, bejubelt Beckenbauer 7.2.13. V e r - V e r b e n Obgleich die V e r - V e r b e n die stärkste Gruppe der Ornativa n e b e n den B e - V e r b e n stellen, finden sich h i e r erstaunlich w e n i g K o n kurrenzbildungen; dies liegt vor allem daran, daß bestimmte

se-

mantische Bereiche zwischen den beiden Ableitungssystemen klar

249

aufgeteilt sind. Die folgende Darstellung stützt sich auf die ausgezeichnete und sehr sorgfältige Arbeit von E l k e

Tellenbach

(1971) zum Präfix ver-, die auch auf K o n k u r r e n z b i l d u n g e n mit b e eingeht.6a Viele K o n k u r r e n z b i l d u n g e n mit v e r - finden sich zum Typ I, geh ö r e n jedoch im V e r - S y s t e m verschiedenen Typen an. Die Gruppe G bei Teilenbach (1971:128ff.) hat zwei verschiedene ten: zum Teil liegt die Bedeutung vor, z.T. die Bedeutung

'etwas Offenes

Möglichkei-

verschließen'

'etwas dem Blick entziehen'. Beide Be-

deutungen unterscheiden die V e r - von den Be-Verben; auf Seite 135 wird aber eingeräumt, daß auch diese V e r - V e r b e n Ornativa sind. Die B e - V e r b e n sind lediglich klarere A u s p r ä g u n g e n dieses Typs, w e i l sie keine zusätzliche Bedeutung Die folgenden Konkurrenzpaare zeigen die

tragen. Bedeutungsnuance

'etwas dem Blick entziehen' bei den Ver-Verben: Er verdeckt die Stelle mit einem Tuch E r bedeckt die Stelle mit einem T u c h Er verhängt, verkleidet die W a n d mit Teppichen Er behängt, bekleidet die W a n d mit Teppichen Er verkleistert, verschmiert, verstreicht die Stelle mit Kitt Er bekleistert, beschmiert, bestreicht die Stelle mit Kitt Die l e t z t e n V e r b e n zeigen bereits den Übergang zur Bedeutung 'etwas Offenes verschließen'. Zu Ver-Verben, die diese B e d e u tung ausschließlich zeigen, wie verbergen, verschließen usw., bestehen keine K o n k u r r e n z b i l d u n g e n mit be-. Zu einer anderen Gruppierung gehören die folgenden Ver-Verben, die zur Gruppe 1.2.4. in Konkurrenz

treten:

Er verbaut, verballert, verstellt das Regal mit seinen Sachen Er bebaut, beballert, bestellt das R e g a l mit seinen Sachen Die V e r - V e r b e n gehören hier einer großen Gruppe an, die die Strukturbedeutung

'etwas falsch machen' aufweist; verwandt

mit ist eine Gruppe mit der Bedeutung

1

da-

etwas verderben', der

dann V e r b e n wie vermalen, verklecksen usw. angehören, die nicht in K o n k u r r e n z zu den entsprechenden B e - V e r b e n treten. Dieser Gruppe gehören im V e r - S y s t e m die Konkurrenzbildungen aus dem B e 6a Daß diese hervorragende Arbeit nicht im Druck erscheinen wird, wie mir F r a u Teilenbach brieflich mitteilte, ist ausgesprochen bedauerlich. Die Arbeit ist aber durch Fernleihe erhältlich; in PBB (Halle) 1974 wird eins kurze Zusammenfassung erscheinen.

250 reich der verba maculandi an: Er verdreckt, versaut, verschmiert, verschmutzt den Boden E r bedreckt, besaut, beschmiert, beschmutzt den Boden Die V e r - V e r b e n bezeichnen ein stärkeres Maß an Verschmutzung, das oft bis zur Bedeutung 'bis zur Unbenutzbarkeit' geht; diese entstammt der größeren Gruppe, die V e r - V e r b e n sind hier gültiger" (Teilenbach

"end-

(1971:228)).

Obgleich im Bereich zweiwertiger Ornative praktisch keine K o n kurrenzbildungen auftreten, ist eine Besprechung notwendig. Durch das Ver-System ist hier ein Bereich nahezu allein besetzt, in dem deshalb auch keine Be-Verben auftreten; es handelt sich um V e r ben mit der Strukturbedeutung

'Überziehen der Oberfläche mit

einem Material' wie vergolden, verchromen usw. Bei diesen V e r ben tritt ein zusätzlicher, ORN repräsentierender

Mitspieler

n o c h seltener auf als im Typ II der Be-Verben: *Er vergoldet die Figur mit Blattgold Im Be-System treten aus diesem B e r e i c h nur die V e r b e n beschichten und bedampfen auf, die dreiwertig sind und m e h r den Vorgang in den Mittelpunkt stellen im Gegensatz zu den Ver-Verben, wo das M a t e r i a l ins Auge gefaßt ist, vgl. Tellenbach

(1971:212).

Eine weitere Einschränkung erfährt die Ausbaufähigkeit des Typs II durch Ver-Verben, die das 'Verschließen' eines

Gegenstands

bezeichnen (s.o.); so sind z.B. die Be-Verben bekorken,

beatöp-

seln auch okkasionell kaum denkbar, da die Ver-Verben hier eine weit ausgebaute Gruppe bilden, die an verschließen

angeschlossen

ist. Soweit die V e r b e n zweiwertig sind, sind sie in erster L i nie faktitiv, vgl. Teilenbach (1971:226). Im B e r e i c h dieser Gruppe liegt auch versiegeln; dadurch ist der Gebrauch von besiegeln als Ornativum des Typs II kaum mehr möglich: Er versiegelt den Brief *Er besiegelt den Brief Die Erklärung dafür dürfte vor allem darin liegen, daß versiegeln einer Gruppe mit einem klaren semantischen Zentrum angehört, während die Gruppe 2.2. im Be-System solche Zentren nichi, aufweist. Schon bei der Besprechung der An-Verben wurde auf K o n k u r r e n z bildungen zur kleinen intransitiven Gruppe 2.5.4. im Be-System hingewiesen. W e s e n t l i c h ist, daß das Ver-System im Bereich von Naturerscheinungen ausgesprochen produktiv ist, vgl. etwa:

251

Das Land versteppt Der See versumpft, versandet Das Land verödet Der Felsen vereist Wichtig ist ferner, daß diese intransitiven Gruppen im Ver-System auch andere Bedeutungsbereiche umfassen, vgl. Tellenbach (1971:200f.). In anderen Typen sind die Berührungen eher sporadisch. VerVerben, die an verwandeln angeschlossen sind, bezeichnen gegenüber den Bildungen in Gruppe 6.5. meist eher einen magischen Vorgang: Sie verhext, verzaubert den Mann Sie behext, bezaubert den Mann Dabei gilt allerdings, daß auch die Ver-Verben in der Bedeutung der Be-Verben auftreten können, wenn dieser Gebrauch durch einen Zusatz wie z.B. förmlich explizit gemacht wird: Sie verzaubert den Mann förmlich Zu dieser Gruppe vgl. Tellenbach (1971:264). Zu trennen sind ferner scheinbare Konkurrenzbildungen zur Gruppe 5.6.2. "Belächeln": Er verlacht den Jungen Er belacht den Witz Die Ver-Verben haben hier meist persönliches Objekt; den entscheidenden Punkt stellt Tellenbach durch ihren Beispielsatz: Die guten Witze wurden belacht, die schlechten verlacht heraus (74); die Ver-Verben weisen zusätzlich die Komponente auf, daß dem Verlachten ein Schaden zugefügt wird. Wesentlich ist auch, daß das Stammverbmaterial der Gruppen sehr unterschiedlich ist, wobei die Ver-Verben unmittelbar an eine Gruppe von Verben wie verachten, verhöhnen usw. angeschlossen sind, die im Be-System keinerlei Entsprechungen aufweisen. 7.2.14. Zer-Verben Das Zer-System ist das semantisch geschlossenste Präfixverbsystem; Parallelbildungen sind stets klar zu unterscheiden wie etwa: Er beschneidet/zerschneidet die Bögen Er behaut/zerhaut den Block Echte Konkurrenzbildungen bestehen nicht.

252

7.2.15. Zu-Verben Auch hier finden sich kaum Berührungen; Parallelbildungen wie be/zudecken, be/zukleben sind klar voneinander geschieden: Er deckt den Käfig zu Er bedeckt den Käfig Er klebt das Loch zu Er beklebt das Loch Die Zu-Verben stehen hier unter dem Einfluß des Zentralserbs zumachen (vgl. dazu verschließen im Ver-System!). Eine andere Berührung ergibt sich in der Gruppe 3.2.: Er hämmert, haut den Block zu Er behämmert, behaut den Block Die Zu-Verben sind hier auf einen bestimmten, aus dem weiteren Kontext erkennbaren Zweck hin orientiert; die Be-Verben haben diese Eigenschaft nicht. Die Zu-Gruppe ist weiter ausgebaut, auch in anderen Bereichen, vgl. etwa zusägen, zureiten usw. 7.2.16. Sonstige Verbalzusammensetzungen Bei anderen Verbalzusammensetzungen ergeben sich keine systematisch bedeutsamen Berührungspunkte; die Differenzierung zwischen Be- und Voll-Verben ist semantisch eindeutig: Er belädt den Wagen Er lädt den Wagen voll 7.2.17. Simplexverben Hundsnurscher (1968:220ff.) unterscheidet in diesem Bereich zwei Typen von Konkurrenzbildungen. Typ I verdeutlicht Hundsnurscher durch die Paare aufmachen/öffnen und zumachen/schließen. Er diskutiert diesen Typ ausführlich, stellt aber fest, daß dieser Typ im Aus-System nicht häufig sei, und führt an weiteren Beispielen etwa an: das Licht ausmachen - es löschen, einen Gedanken aussprechen - ihn äußern. Mir scheint, daß der Ausdruck Konkurrenz in diesen Beispielen nicht angebracht ist. Im Be-System fanden sich etwa die Beispiele: Er bucht - belegt, bestellt einen Platz Er fordert - beansprucht Mitspracherecht Er kürzt - beschränkt die Ausgaben Es ist nicht einsichtig, wieso hier nur solche Fälle untersucht werden, in denen Simplexverben mit anderem Stammverbmaterial ähnliche oder gleiche Bedeutung aufweisen; in keiner Weise ver-

253 schieden davon sind die folgenden "Konkurrenzpaare": Las Buch ist mit Zeichnungen von Picasso bebildert illustriert Er soll ihm Grüße bestellen - ausrichten Es handelt sich hier um Synonyme, die jedoch für die beiden Wortbildungssysteme kaum Bedeutung aufweisen. Zwar ist die Problematik der Konkurrenzbildungen als "Teilgebiet des Synonymikproblems" (Hundsnurscher (1968:218)) anzusehen; für die Wortbildungslehre sind jedoch nur solche Fälle interessant, in denen konkurrente Systemansätze zu Synonymen oder bedeutungsähnlichen Wörtern führen, die aus dem gleichen Stammverbmaterial gebildet sind, wobei in den meisten Fällen zu beobachten ist, daß konkurrente Systemansätze sich nur an einigen Stellen überlappen und ansonsten nach der Art des verwendeten Stammverbmaterials differenzieren lassen. Ich habe deshalb in diesem Abschnitt nur solche Paare berücksichtigt, die aus dem gleichen Stammverbmaterial gebildet sind. Ein System ist hier freilich zu nennen, mit dem es zwar nicht ein einziges Konkurrenzpaar gibt, das jedoch indirekt gewisse Einflüsse auf das Be-System ausübt; es handelt sich um das System der Verben auf -ieren. Es gibt eine Reihe von Verben auf -ieren, die geeignet sind, mögliche Neubildungen etwa nach dem Typ II zu verhindern, weil sie die Bedeutung des neugebildeten Wortes bereits aufweisen, vgl. etwa möblieren, wattieren, bombardieren mit den denkbaren Neubildungen bemöbeln, bewatten und 7 bebomben. Um solche Zusammenhänge zu klären, wäre es m.E. notwendig, die Verben auf -ieren genauer zu untersuchen vor allem im Hinblick darauf, inwieweit sie systematisch ähnlich strukturiert sind wie andere Typen verbaler Wortbildung. Es ist nicht 7

Es ist sicherlich nicht zufällig, daß in der "Zeitschrift des allgemeinen deutschen Sprachvereins", späfer "Muttersprache", der Ersatz von Fremdwörtern auf -ieren durch Bildungen mit be- vorgeschlagen wurde, vgl. etwa Bd. 27 (1912) S. 338 beändern statt modifizieren, befärben statt kolorieren, beheilen statt sanieren; oder Stoltenberg (1936) mit den Vorschlägen bebomben statt bombardi sreiii bebriefen statt korrespondieren, bebeifallen statt applaudieren. Keines der in dieser Zeitschrift vorgeschlagenen Be-Verben hat sich durchsetzen können, was andeutet, daß die Produktivität des BeSystems durch das System der Verben auf -ieren eingeschränkt ist.

254 zu übersehen, daß die gieren-Verben bestimmte Bereiche im W o r t schatz stark besetzen, die in gleicher Weise von Präfix- oder Partikelverben besetzt sind, z.B. den Bereich konkreter Ornativa. Es scheint mir jedoch aus den genannten Gründen nicht

sinn-

voll, Synonyme oder bedeutungsähnliche V e r b e n wie etwa zensieren/benoten, nominieren/benennen, amüsieren/belustigen in diesem Kapitel als Konkurrenzbildungen

aufzuführen.

Für die folgende Darstellung ist zu beachten, daß ich h i e r alle die Fälle aufführe, in denen ein unpräfigiertes Verb

einem

entsprechenden Be-Verb mit gleicher oder ähnlicher Bedeutung gegenübertritt. Das heißt, es wird h i e r nicht unterschieden

zwi-

schen "Wurzelverben" und Verben, die durch Nullmorphem abgeleitet sind; nach meiner Konzeption der L e x i k a einer Grammatik ist eine solche Einteilung auch unnötig. Starke Einschränkungen erfährt der Typ II der B e - V e r b e n durch Simplexverben gleicher Bedeutung. V e r b e n mit der Strukturbedeutung 'Versehen der Oberfläche mit einem Material 1

fehlen im Typ

II fast gänzlich; dieser Bereich wird teilweise durch Simplexverben abgedeckt, vgl. Kulak (1964:152ff.), wo diese V e r b e n als Nullableitungen analysiert

werden:

E r fettet die Pole, ölt die Maschine, lackt die Platte In diesem Bereich sind Be-Verben wie befetten, beölen,

belacken

nicht üblich, d a diese Bildungen sich durch nichts von den Simplexverben unterscheiden. Etwas anders liegt der Fall bei V e r ben des

'Würzens':

Er zuckert den K u c h e n Er bezuckert den K u c h e n Die Simplexverben sind in diesem Bereich häufiger; salzen, fern, zuckern usw. h a b e n nicht allein die Strukturbedeutung

pfef'mit

Salz, Zucker, Pfeffer versehen', sondern die Bedeutung 'mit Salz usw. würzen'. Zu beachten ist, daß Be-Verben dieser Gruppe, die teilweise nur als Partizip realisiert sind, aus diesem B e r e i c h herausführen, vgl. bemehlt, besandet usw. Auch in der Handwerkersprache finden sich Konkurrenzbildungen, auch hier sind m.E. die Be-Verben weniger üblich: Die Handwerker dielen den F u ß b o d e n Sie bedielen den Fußboden Sie rahmen das Bild Sie berahmen das Bild

255 In diesem Bereich entfaltet sich ein reichhaltiges System verschiedenartiger Bildungsweisen, in dem die Be-Verben m.E. deswegen auf dem Rückzug sind, weil ihnen die semantische Differenziertheit der anderen Bildungen fehlt: Die Handwerker täfeln, betäfeln, vertäfeln die Wand Sie dielen, bedielen, verdielen den Boden, dielen den Boden aus Sie kacheln, verkacheln, kacheln das Bad aus Die Be-Verben scheinen vor allem dann redundant, wenn man die verschiedenen Bildungen nebeneinander stellt. Andrerseits muß darauf verwiesen werden, daß die leichte Verfügbarkeit der Bildungsformel für die Be-Verben solche Bildungen stets als möglich kennzeichnen muß; eine andere Frage ist es, ob solche Verben usuell werden können, was ich wegen der vielen anderen Systemansätze für unwahrscheinlich halte. In einigen Fällen ist die Differenzierung nicht einfach, so z.B. bei kränzen und bekränzen: Er kränzt den Becher mit Lorbeer Er bekränzt den Becher mit Lorbeer Hier scheint mir das Simplex einer höheren Sprachebene als das Be-Verb anzugehören, das gleiche gilt für das folgende Paar: Das Wasser netzt den Fuß Das Wasser benetzt den Fuß In jedem Kontext austauschbar sind m.E. heizen und beheizen: Er heizt/beheizt den Raum Hier scheint mir vollständige Synonymie vorzuliegen. Klar in der Bedeutung differenziert dagegen sind lüften und belüften: Er lüftet das Zimmer, die Wäsche Die Anlage belüftet den Raum, den Motor Belüften ist auf rein technische Vorgänge beschränkt. Eine zweite große Konkurrenzgruppe besteht in Simplexverben zu Bildungen des Typs III: Er pflügt den Acker Er bepflügt den Acker Er feilt die Oberfläche Er befeilt die Oberfläche In diesem Bereich veralten die Be-Verben offenbar deshalb nicht, weil sie eine nur schwer greifbare Beeinflussung durch das Leitverb bearbeiten aufweisen, die den Simplexverben fehlt (vgl. dazu die Gruppen 3.2. und 3.3.).

256 VIII. SUMMARY

8.0. The present investigation gives a description of the systematic relationships which hold between the German verbs prefixed by be-. This prefix is one of the most productive verbal prefixes in contemporary German. 8.1. Usually, verbal word-formation is dealt with by establishing a certain kind of relationship between the base word and the derived verb. It is generally taken for granted that bases of different word-classes yield different classes of derivations. 8.1.1. By discussing some previous attempts to describe the system of the verbs prefixed by be- in this way, it is shown that this method is insufficient since it fails to recognise the grammatical and semantic structure common to verbs of different derivational types. Consider., for instance, the three verbs beflügeln, beschwingen und beseligen. They derivationally belong to three different types, but share the same grammatical and semantic properties. 8.1.2. To turn this into generative terms: there is no transformational approach to word-formation, but it has to be dealt with within the lexicon of the grammar; rules of word-formation are statements on existing lexical relationships rather than processes which generate lexical entries. Lexical items, even very complex ones, are hence inserted into syntactic structures as indivisible units. The reasons for this position are broadly discussed in chapter II. 8.1.3. The lexical component of a grammar then comprises - a list of the morphemes of the language - a set of rules of word-formation, which describes the structure of possible words of the language

257 - a special "filter" which rules out the words not contained within the "norm" of the language - the dictionary of words in that language, containing the units to be inserted into syntactic structures 8.2. Since prefixed verbs are taken as units, all kinds of lexical information provided for simplex verbs must be provided derived verbs as well. Most important are the following

for

ones.

8.2.1. Verbs are to be described according to their valency, i.e. the number of "players" (Mitspieler) they are able to take. A clear distinction has to be drawn between the valency of the verb and the value of the underlying predicate, i.e. the number of "arguments" the predicate

takes.

8.2.2. The arguments of the underlying predicate show certain functions, known as deep-structure cases or case-relations. The set of case-relations used in this investigation includes the agentive, instrumental, resultative, ornative, and affective case. The first three are used in a way similar to that in F i l l more's papers on case-grammar. 8.2.2.1. The difference between the instrumental and the case may be seen from the following (1) (2) (3) (4)

ornative

sentences:

The men loaded the truck with stones The men loaded the truck with a crane The crane loaded the truck with stones *The stones loaded the truck with a crane

Whereas (2) is ambiguous because it is not clear if the prepositional phrase represents an instrumental or an ornative, this is not the case in (1) where clearly it is an ornative. In (3), the instrumental case takes the subject-position, but the sentence does not contain two instrumentals, as seen by the cally

ungrammati-

of (4). It should be noticed that the ornative case is

somewhat similar to certain functions of Fillmore's

'Object'; but

I prefer my notion since Fillmore's definition is by no means sufficient, and too widespread. 8.2.2.2. The effective case covers roughly what traditionally is referred to as "affected object". Notice, however, that is does not include only direct objects, as shown by (5): (5) The men loaded stones onto the truck This sentence is of the same case-structure as (1) above, i.e.

258 stones represents the ornative, and onto the truck the

affective

case. The adoption of this case rather than Fillmore's

'Goal'

is due to the fact that directional relationships of this type are of a different categorial status than cases. 8.2.2.3. The cases stand in a hierarchy, which governs the choice of the subject in a normal declarative sentence, as specified by the following rule, adapted from Fillmore: If there is an if there is an wise, if there otherwise, the

agentive, it becomes the subject; otherwise, instrument, it becomes the subject; otheris an ornative, it becomes the subject; subject represents an affective.

8.4. The system of German verbs prefixed by be- is then described in the following way. 8.4.1. The system contains 8 types. Types I - VI are most

impor-

tant, they cover about 65?£ of the whole motivated system. A general description for each of these types is provided, which gives information about case-structure, valency, categorial

framework,

and selectional features which the verbs contained in the type share. If possible, hints on derivational properties are added. 8.4.2. W i t h i n the single types, the verbs are grouped

together

according to similarities of semantic structure. This

concept

cannot be made explicit for the time being. However, the

empi-

rical facts suggest, that the base of productivity in word-formation is similarity in grammatical and semantic features of derived verbs rather than the relationship b e t w e e n unprefixed bases and prefixed

verbs.

8.4.3. Type VII contains some smaller groups, aggregated by the same principle, but there is no general description of the type possible. Some of these groups are very small and of only doubtful interest for this lexical system as a whole. 8.4.4.The reason for this is the process of lexicalization, which can be considered in two different ways. W e may speak of demotivation, if the syntagmatic structure of a derived verb has become unclear. Thus, the german verb betrachten cannot be connected with its 'base' trachten anymore, neither grammatically nor semantically. Idiomatization, on the other hand, means that there is no way of grouping a given derivative

together

259 with a number of semantically similarily structured words of the same derivational system. In some cases, demotivated words are not idiomatized, as betrachten, since there is no problem of grouping it with fully motivated verbs like beschauen and besehen, which show the same grammatical and semantic

properties.

There are also certain verbs as berechnen or beantworten,

which

surely are not demotivated, but have to be said to be idiomatized because of the impossibility

of finding groups of the same

grammatical and semantic shape w i t h i n the system. Verbs, however, which are both demotivated and idiomatized, are called lexicalized. It has to be stressed that lists of all these kinds of verbs are integrated parts of the complete description of the system, since there is always the possibility of either reanalysing an idiomatized verb or of taking a demotivated verb as a model for an analogous

derivation.

8.5. There are some general points to be made about the system described in chapter VI. First, it has been shown in this inv e s t i g a t i o n that be- is not just productive in the

ornative

area, since only types I and II and some groups of VII are really ornative. Furthermore, it has to be observed that even within the area of ornative verbs, be- is not as productive as usually suggested. This is mainly due to the existence of many concurring derivational systems of other prefixes and particles, which are discussed in chapter VII. Finally, I would suggest that this investigation provides material for the main work in the area of verbal word-formation in German which still has to be done, namely the investigation of the interrelationships

be-

tween all of these derivational systems, which could bring new insight into the nature of lexical relationships w i t h i n a language.

260 IX. LITERATUR

Vorbemerkung Von einer Reihe englischsprachiger Titel sind in der letzten Zeit "Übersetzungen" erschienen, deren Qualität schlicht miserabel ist. Ich verkenne nicht, daß es daneben auch ausgezeichnete Übersetzungen gibt; da aber ein Literaturverzeichnis keinen Platz für die Explikation von Bewertungsmaßstäben läßt, verzichte ich völlig auf die Angabe deutscher Übersetzungen; im Text wird ohnehin ausschließlich englisch zitiert. 9.1. Aufsätze und Monographien Abusamra, Farida M., 1971. Untersuchungen zur Punktion der Elemente ober- und über-, nieder- und unter- in der Wortbildung der deutschen Gegenwartssprache. Leipzig (masch.Diss.). Anastasijevic, K. 1954. Adverbial Modifiers with down, in, out, on, off in Contemporary English. London, University College (masch.Diss.). Anderson, John M. 1971. The Grammar of Case. Towards a Localistic Theory. Cambridge: University Press. -

1973. Dependency and Grammatical Punctions. PL 10, 223 - 229.

Andresen, Helga. 1973. Ein methodischer Vorschlag zur Unterscheidung von Ergänzung und Angabe im Rahmen der Valenz-Theorie. Deutsche Sprache 1, 4 9 - 63. Arbeitsgruppe Marburg. 1973. Aspekte der Valenztheorie. Deutsche Sprache 1, 3 - 4 8 . Bach, Emmon und R. Harms (Hgg.). 1968. Universals in Lingustic Theory. New York: Holt, Rinehart and Winston. Bartsch, Renate. 1972. Adverbialsemantik. Frankfurt/M.: Athenäum, und T. Vennemann. 1972. Semantic Structures. Frankfurt/M.: Athenäum.

261 Baumgärtner, Klaus. 1967. Die Struktur des Bedeutungsfeldes. In Moser (1967), 165 - 197. Bayer, Klaus. Kasusbegriff und semantische Grammatikkomponente. LBer 23, 12 - 24. Becker, Donald. 1971. Case Grammar and German be-. Glossa 5, 125 - 145. Betz, Werner. 1968. Möglichkeiten und Grenzen der Sprachkritik. STZ 25, 7 - 26. Blau, Ulrich. 1971. Die Logik der adverbialen Konstruktionen. Unveröffentlichtes Manuskript. München, Seminar Philosophie II. Bogner, Artur. 1933. Die Verbalvorsilbe bi- im Althochdeutschen. Dissertation Hamburg. Botha, Rudolf P. 1968. The Function of the Lexicon in Transformational Generative Grammar. Den Haag: Mouton. Brekle, Herbert E. 1970. Generative Satzsemantik und transformationelle Syntax im System der englischen Nominalkomposition. München: Fink. und L. Lipka (Hgg.). 1968. Wortbildung, Syntax und Morphologie; Festschrift für Hans Marchand. Den Haag: Mouton. Brinkmann, Hennig. 1953. Der Umkreis des persönlichen Lebens im deutschen Dativ. Mu 63, 104 - 111. Carstensen, Broder. 1969. Grammatik und Wörterbuch; Kriterien zur Abgrenzung syntaktischer und semantischer Informationen. Neusprachliche Mitteilungen 22, 8 - 1 7 . Chafe, Wallace L. 1970. Meaning and the Structure of Language. Chicago: University Press. Chapin, Paul E. 1967. On the Syntax of Word-Derivation in English. Bedford (Mass.): MITRE-Corporation. Chomsky, Noam. 1957. Syntactic Structures. Den Haag: Mouton. 1965. Aspects of the Theory of Syntax. Cambridge (Mass.): M.I.T.-Press. 1970. Remarks on Nominalization. In Jacobs und Rosenbaum (1970), 184- 221.

262 Clark, M a u r e e n . 1971. The Case against Stative. In Fillmore (1971b), 149 - 156. Coseriu, Eugenio. 1952. Sistema, norma y habla. Montevideo: Cordon. -

1967. Lexikalische Solidaritäten. P o e t i c a 3,

293-30?.

1971. Sprache: Strukturen und Punktionen. 12 Aufsätze zur allgemeinen und romanischen Sprachwissenschaft. Tübinger Beiträge zur Linguistik 2.

Croux, Donald G. 1971. Some Psychological Verbs in Dutch. In Fillmore (1971 b),

157-161.

Cruse, Donald A. 1973. Some Thoughts on Agentivity. J L 9, 11-23. Curme, George 0. 1922. A Grammar of the German Language. 2nd. Revised E d i t i o n . New York: Ungar and Co. (1. Aufl. 1905). Dearmond, Richard C. 1969. The Concept of Word-Derivation.

Lin-

g u a 22, 3 2 9 - 359. Diver, W i l l i a m . 1964. The System of Agency in the Latin Noun. Word 20, 1 7 8 - 196. Dokulil, Milos. 1966. Zum wechselseitigen Verhältnis

zwischen

Wortbildung und Syntax. TLP 1 , 214 - 224. -

1968. Zur Theorie der Wortbildungslehre. W Z U L 17, 203 - 211 .

Dowty, David R . 1972. On the Syntax and Semantics of the Atomic Predicate CAUSE. In Papers from the Eight Regional M e e t i n g of the Chicago Linguistic Society, 6 2 - 74. Erben, Johannes. 1968. Deutsche Grammatik - ein Leitfaden. Frankfurt/M.: Fischer. Fairclough, N.L. 1965. Studies in the Collocation of Lexical Items w i t h Prepositions and Adverbs in a Corpus of Spoken and Written Present Day English. London, University College (masch. Diss.). Fillmore, Charles J. 1968. The Case for Case. In Bach und Harms (1968), 1 - 88. -

Types of Lexical Information. In Kiefer (1969), 109 - 137. 1971a. Some Problems for Case Grammar. In Fillmore 245 - 265.

(1971b),

263 (Hg.) 1971b. Case Grammar. Working Papers in Linguistics 10. The Ohio State University, Department of Linguistics. Fleischer, Wolfgang. 1971. Wortbildung der deutschen Gegenwartssprache. Leipzig: VEB Bibliographisches Institut. Fletscher, Paul. 1971. Case Grammar: Its Viability as an Alternative Grammatical Model. Lingua 28, 237- 250. Gauger, Hans M. 1968. Determinatum und Determinans im abgeleiteten Wort? In Brekle und Lipka (1958), 93 - 108. 1970. Wort und Sprache. Tübingen: Niemeyer. Grimm, Jacob. 1826. Deutsche Grammatik. 2. Teil: Wortbildung. Göttingen: Dümmler. Günther, Hartmut. 1974. Valency, Case Form, and Case Relations. Soll erscheinen in: Edinburgh Working Papers in Linguistics 5. Halle, Morris. 1973. Prolegomena to a Theory of Word-Formation. Lin 4, 3 - 1 6 . Harris, Zellig S. 1957. Co-occurence and Transformation in Linguistic Structure. Lg 33, 283 - 340. - 1965. Transformational Theory. Lg 41 , 363 - 401 . Heger, Klaus. 1971. Wort, Monem und Satz. Tübingen: Niemeyer. Heibig, Gerhard. 1970. Valenz, Tiefenstruktur und Semantik. Glottodidactica 3, 3 - 4 8 . und Wölfgang Schenkel. 1969. Wörterbuch zur Valenz und Distribution deutscher Verben. Leipzig: VEB Bibliographisches Institut . Henzen, Walter. 1956. Der heutige Bestand der Verben mit ver-. In Fragen und Forschungen im Umkreis der germanischen Philologie; Festgabe für Theodor Frings. Berlin: Akademieverlag. 173 - 189. - 1958. Inhaltsbezogene Wortbildung. ASNS 194, 1 - 23. 1965. Deutsche Wortbildung. 3., verbesserte Auflage. Tübingen: Niemeyer.(1. Auflage 1947). Heringer, Hans-Jürgen. 1972. Deutsche Syntax. 2. Auflage. Berlin: de Guyter. (1. Auflage 1971) 1973. Theorie der deutschen Syntax. 2. Auflage. München:

264 Hueber. (1. Auflage

1970)

Hittmair, Anton. 1882. Lie Partikel be- in der mhd. und nhd. V e r balkomposition. Wien: Konegen. Hubschmied, Ernst. 1955- Über Präfixverben, besonders im Berndeutschen. Ein strukturlinguistischer Versuch.

Dissertation

Winterthur: Keller. Huddieston, Rodney. 1970. Some Remarks on Case Grammar. Lin 1, 501 - 5 1 1 . Hundsnurscher, Franz. 1968. Das System der V e r b e n mit aus- in der Gegenwartssprache. Göppinger Arbeiten zur Germanistik 2. Göppingen: Kümmerle. -

1970. Partikelverben und W ö r t e r b ü c h e r . M u 80, 3 5 3 - 362.

Immler, Manfred. 1972. Deutsche Kausativverben und Probleme der Tiefenstruktur in der generativen M ü n c h e n (masch. Diss.)(erscheint

Transformationsgrammatik. demnächst).

Jacobs, Roderick und P. Rosenbaum (Hg.). 1970. Readings in E n g lish Transformational Grammar. W a l t h a m (Mass.): Ginn and Co. Jung, W a l t e r . 1971. Grammatik der deutschen Sprache. 4., verbesserte Auflage. Leipzig: V E B Bibliographisches Institut. Auflage

(1.

1965).

Kayser, W o l f g a n g . 1958. W a n d l u n g e n im Gebrauch der verbalen P r ä fixe in der deutschen Sprache des 18. Jahrhunderts. In: Die Vortragsreise. Bern:

9-38.

Kempcke, Günther. 1965/66. Die Bedeutungsgruppen der verbalen Kompositionspartikeln an- und a u f - in synchronischer und diachronischer Sicht. PBB (H) 87, 392 - 426 und 88, 267 - 305. Kiefer, Perenc (Hg.). 1969« Studies in Syntax and Semantics. Dordrecht: Reidel. Kjellman, Nils. 1945. Die Verbalzusammensetzungen mit durch-. Lund: Ohlson. Kolb, Herbert. 1960. Der inhumane Akkusativ. ZDW 16,

168-177.

Kolde, Gottfried. 1964. Die verbale Be-Komposition in P r o s a t e x ten des 14. - 17. Jahrhunderts. Dissertation

Göttingen.

265 Kühnhold, Ingeborg. 1968. Rezension von Hundsnurseher (1968) PBB (T) 91, 426 - 429. Kulak, Manfred. 1964. Die semantischen Kategorien der mit Nullmorphem abgeleiteten desubstantivischen Verben des heutigen Deutsch und Englisch. Dissertation Tübingen. Lakoff, George, 1968. Instrumental Adverbs and the Concept of Deep Structure. PL 4, 4 - 2 9 und Ross, John R. 1967. Is Deep Structure Necessary? Cambridge (Mass.); Reproduced by the Indiana Linguistic Club. Lees, Robert B. 1960. The-Grammar of English Nominalizations. Den Haag: Mouton. Leopold, Max. 1907. Die Vorsilbe ver- und ihre Geschichte. Breslau. Lipka, Leonhard. 1971a. Ein Grenzgebiet zwischen Wortbildung und Wortsemantik: Die Partikelverben im Englischen und Deutschen. In Interlinguistica; Festschrift für Mario Wandruszka. Tübingen: Niemeyer. 180- 189. 1971b. Grammatikalität, Akzeptabilität und Produktivität in der Sprache. In: Beiträge zur generativen Grammatik; Referate des 5. linguistischen Kolloquiums, Regensburg 1970. Braunschweig: Vieweg. 142-151. 1972. Studies in the Semantic Structure of Verb-Particle Constructions in Contemporary English. München: Fink. Lyons, John. 1968. Introduction to Theoretical Linguistics. Cambridge: University Press. Marchand, Hans. 1966. Rezension von Zimmer (1964). Lg 42, 134142. 1969. The Categories and Types of Present-Day English WordFormation. A Synchronic-Diachronic Appreach. 2nd., completely revised and enlarged Edition. München: Beck. (1. Auflage 1960). 1971. Die Präpartikelverben im Deutschen: Echte Präfixbildungen, synthetische Präfixbildungen, Pseudo-Präfixbildungen. In Sprache und Geschichte, Festschrift für Harri Meier. München. 313 - 326.

266

Marino, Morris. 1972. A Strong Deep Case Hypothesis. PIL 5, 568 603. McCawley, James D. 1968a. The Role of Semantics in a Grammar. In Bach und Harms (1968), 124 - 169. 1968b. Lexical Insertion in a Grammar without Deep Structure. In Papers from the Fourth Regional Meeting of the Chicago Linguistic Society, 71 - 80. Menzel, Peter. 1972. Words and Lexical Entries. PIL 5, 486 - 495. Moser, Hugo (Hg.). 1967. Satz und Wort im heutigen Deutsch. Jahrbuch IdS 1966. Düsseldorf: Schwann. 1969. Sprache, Gegenwart und Geschichte. Jahrbuch IdS 1968. Düsseldorf: Schwann. Mötsch, Wolfgang. 1962. Zur Stellung der Wortbildung in einem formalen Sprachmodell. Studia Grammatica I, 3 1 - 5 0 . Naumann, Bernd. 1972. Wortbildung in der deutschen Gegenwartsprache.

Germanistische Arbeitshefte 4. Tübingen: Niemeyer.

Nilsen, Don Lee Fred. 1973. The Instrumental Case in English. Den Haag: Mouton. Paul, Hermann. 1894. Über die Aufgabe der wissenschaftlichen Lexikographie. Sitzungsberichte der bayerischen Akademie der Wissenschaften, philosophisch-philologische Klasse, 53-91« München. 1896. Über die Aufgabe der Wortbildungslehre. Sitzungsberichte der bayrischen Akademie der Wissenschaften, philosophischphilologische Klasse, 692 - 713. München. 1909« Prinzipien der Sprachgeschichte. Halle: Niemeyer (1. Auflage 1880). V.Polenz, Peter. 1968. Ableitungsstrukturen deutscher Verben. ZDS 24, 1 - 15, 129 - 160. Postal, Paul M. 1968. Cross Over Phenomena. In Specification and Utilization of a Transformational Grammar; Scientific Report Nr. 3, IBM Watson Research Center, New York. Reinhardt, Werner. 1964. Der semantische und syntaktische Wert der verbalen Präfixe in der deutschen Sprache der Gegenwart. WZPHP Sonderband 1964, 47 - 58.

267 1966. Produktive verbale W o r t b i l d u n g s t y p e n in der F a c h s p r a che der Technik. W Z P H P 10, 1 8 3 - 200. Robinson, Jane J. 1970. Case, Grammar and Configuration. JL 6, 5 7 - 80. Rohrer, Christian. 1967. Die W o r t z u s a m m e n s e t z u n g e n im m o d e r n e n Französisch. Dissertation Tübingen. Rooth, E r i k . 1964. Über die Ausdruckskraft und die

Aktionsarten

der deutschen Verbalzusammensetzungen mit er-. Saltjö-Duvnas: M o d e r n a Sprak, Language Monographs. Ross, John R. 1971. Act. In: Davidson, Donald und G. H a r m a n

(Hgg.).

Semantics in Natural Languages. Dordrecht: Reidel. 196 - 261. Schmidt, W i l h e l m . 1963. Lexikalische und aktuelle Bedeutung. E i n Beitrag zur Theorie der Wortbedeutung. Berlin:

Akademiever-

lag. Sparmann, Hans. 1968. Häufigkeitsuntersuchungen an alten und n e u en W o r t b i l d u n g e n in der Gegenwartsprache. ZPSK 21, 4 6 7 - 480. Spycher, Peter C. 1955 - 5 7 . Die Struktur der Adjektive auf - i g und - l i e h in der deutschen Schriftsprache der Gegenwart. Orbis 4, 7 4 - 90; 5, 435 - 452; 6, 4 1 0 - 426. Starosta, Stanley. 1971a. R e z e n s i o n zu: Lyons (1968). Lg 47,

429-

447. 1971b. Lexical Derivation in a Case Grammar. University of Hawaii. W o r k i n g Papers in Linguistics 3, 8 3 - 1 0 1 . 1974. Causative Verbs in Formosan Languages. Preliminary V e r sion. Paper, read on the First International Conference

on

Comparative Austronesian Linguistics. Honolulu. Sternberger, Dolf; Storz, Georg und SUskind, W a l t e r . 1968. Aus dem W ö r t e r b u c h des Unmenschen. Neue erweiterte Ausgabe mit Zeugnissen des Streites über die Sprachkritik. Hamburg: Classen. (1. Auflage

1949).

Stoltenberg, Hans L. 1936. Zeitwörter mit der Vorsilbe be-. M u

51,

345-346.

Tellenbach, E l k e . 1971. Vergleichende Untersuchung nhd. und nnl. B i l d u n g e n mit dem Präfix ver-. Leipzig (masch. Diss.).

268 Vater, Heinz. 1972. Zur Abgrenzung von Ableitung und Komposition. In Beiträge zur Romanistik und Allgemeinen Sprachwissenschaft, Pestschrift Wilhelm Giese. Hamburg: Buske. 241 - 249. 1973. Dänische Subjekt- und Objektsätze. Ein Beitrag zur generativen Dependenzgrammatik. Linguistische Arbeiten 3. Tübingen: Niemeyer. Vestergaard, Torben. 1973. A Note on Objective, Instrumental, and Affected in English. SL 27, 85 - 89. Weinreich, Uriel. 1969- Problems in the Analysis of Idioms. In Substance and Structure of Language, hg. von Jean Puhvel. Berkeley — Los Angeles: The University of California Press, 23—81. Weisgerber, Leo. 1958. Verschiebungen in der sprachlichen Einschätzung von Menschen und Sachen. Köln-Opladen: Westdeutscher Verlag. 1962. Grundzüge der inhaltsbezogenen Grammatik. Düsseldorf: S chwann. -

1964. Vierstufige Wortbildungslehre. Mu 74, 3 3 - 43. 1969. Die inhaltliche Geltung verbaler Kompositionstypen (synchronisch und diachronisch). In Moser (1969), 1 8 7 - 206.

Wellander, Erik. 1911. Die Bedeutungsentwicklung der Partikel abin der mhd. Verbalkomposition. Dissertation Uppsala. Wilmanns, Wilhelm. 1896. Deutsche Grammatik. 2. Abteilung: Wortbildung. Straßburg: Trübner. Wurzel, Wolfgang. 1970. Studien zur deutschen Lautstruktur. Studia grammatica VIII. Berlin: Akademieverlag. Zimmer, Karl E. 1964. Affixal Negation in English and Other Languages. An Investigation of Restricted Productivity. Supplement to Word, Monograph 5. London. Zifonun, Gisela. 1973. Zur Theorie der Wortbildung am Beispiel deutscher Präfixverben. München: Hueber. Zoeppritz, Magdalena. 1971. On the Requirement that Agentives Be Animal. BLI 21 , 65 - 78. van Zuiden, Jan. 1934. Die Verba auf -igen im Deutschen. Dissertation Amsterdam.

269 9.2. Wörterbücher Ich führe die Wörterbücher nach den im Text verwendeten Abkürzungen auf. DWb Grimm, Jacob und Grimm, Wilhelm. 1854. Deutsches Wörterbuch. Band I: A - Biermolke. Leipzig: Hierzel. LM Mater, Erich. 1967. Deutsche Verben. Hefte 2 und 3. Leipzig: VEB Bibliographisches Institut. WD Duden. 1962. Aussprache-Wörterbuch. Mannheim: Bibliographisches Institut. WG Klappenbach, Ruth und Steinitz, Wolfgang. 1964ff. Wörterbuch der deutschen Gegenwartsprache. Band I: A - deutsch. Berlin: Akademieverlag. WK Küpper, Heinz. 1955-1968. Wörterbuch der deutschen Umgangssprache. Bände I - V I . Hamburg: Classen. WM Mackensen, Lutz. 1962. Deutsches Wörterbuch. Laupheim: Pfahl. WP Paul, Hermann. 1966. Deutsches Wörterbuch, 5. Auflage, bearbeitet von Werner Betz. Tübingen: Niemeyer (1. Auflage 1896). WW Wahrig, Gerhard. 1966. Das große deutsche Wörterbuch. Gütersloh: Bertelsmann. Ohne Abkürzungen: Graf von Harrach, E. 1963. Die Jagd im deutschen Sprachgut. Stuttgart. Ludwig, J. 1960. Wörterbuch der Weidmannssprache. Berlin. Heibig, Gerhard und Schenkel, Wolfgang. 1969. Wörterbuch zur Valenz und Distribution deutscher Verben. Leipzig: VEB Bibliographisches Institut.

270 X. REGISTER DER BESPROCHENEN BE-VERBEN

Dieses Register enthält alle Be-Verben, die in der Systembeschreibung angeführt wurden, einschließlich der als okkasionell bezeichneten Bildungen, der demotivierten und der lexikalisierten Be-Verben. Die Ziffern verweisen auf die Bedeutungsgruppen, in denen ein Verb auftaucht; ein P bedeutet, daß das Verb in dieser Gruppe nur als Partizip realisiert ist, ein ! zeigt an, daß es sich um eine okkasionelle Bildung bzw. Einspannung handelt. beaasen beabsichtigen beachten beackern beamtet beängstigen beanspruchen beanstanden beantragen beantworten bearbeiten

beargwöhnen beäsen beatmen beauflagen beaufschlagen beaufsichtigen beauftragen beaugapfein beäugeln beäugen beaugenscheinigen

1.7.1. ! 8.1. 8.2. 3.2.1. 5.3.1. 6.6.2. 7.2.4.2. P 6.2.1. 6.2.2. 6.2.3. 8.2. 5.6.1. 8.1. 8.1. 3.1. 3.2.1. 3.3.1. 5.3.1. 6.6.2. 4.4.4. 3.2.3. 3.4.2. 7.2.5. 1.9.3.2. 7.3.5. 7.3.6. 7.2.5. 4.4.3. 4.4.3. 4.4.2. 4.4.3.

bebaken beballern bebändert bebauen

bebaumölen bebellen bebildern bebinden bebirkt beblasen beblättert beblecht bebleien beblümt bebohlen bebojen beborten bebrillt bebrüten bebuchsbaumt bebuhen bebuscht bedachen bedammelt

2.1.3. 1.2.4. 1.7.1. 1.7.2. 2.4. 1.2.4. 1.3.1 • 1.8.3. 5.3.1. 2.3. 5.9.1• 2.1.2. 1.3.2. 2.5.2. 5.9.3. 2.5.2. 2.4. 2.2. 2.5.2. 2.2. 2.1.3. 2.2. 2.4. 3.4.1• 3.6.2. 5.2.1. 2.5.2. 5.6.2. 2.5.2. 2.2. 6.2.4.1.

!

P

P

; ;

P! P P ! P 1

;

! P

P! ! P P!

bedampfen bedanken bedauern bedecken

bedeichen bedenken bedeppert bedeuten bedichten bedielen bedienen bedienstet bedingen bedornen bedotzt bedrängen bedecken bedrippst bedrohen bedrücken bedrucken bedünken bedürfen beduseln beehren beeiden beeidigen beeilen beeindrucken beeinflussen beeinträchtigen beeisen beenden beendigen beengen beerben beerdigen befähigen befahren

befallen befangen

1.6.3.2. 3.4.1. 8.1. 5.7. 1.1. 1.9.1. 2.5.3. 7.2.7.2. 7.2.7.3. 2.2. 5.2.1. 5.2.2. 7.2.2. 6.2.4.1. 8.2. 5.3.2. 2.2. 3.7.5. 8.1. 7.2.4.2. 8.2. 2.2. 6.7.2. 6.3. 6.6.3. 7.4.2. 1.5. 6.2.4.1. 6.2.1. 6.2.3. 1.4.1. 8.2. 8.2. 6.7.1. 8.2. 7.6.1. 7.6.1. 8.1. 6.5. 6.1. 7.4.3. 7.2.6. 2.2. 7.5.1. 7.5.1. 6.2.3. 7.1.4. 7.2.8. 8.1. 1.9.4. 3.7.1. 3.7.4'. 3.7.5. 7.2.1. 1.9.3.1. 6.3. 6.2.4.1.

befassen

t

befehden befehlen befehligen befeiern befeilen befeinden befestigen befeuchten

P

befeuern

i P 1 P

P

befiedert befinden befingern befirsten befischen beflaggen beflechten beflecken befleißigen beflicken befliegen befließen beflimmern befloren beflügeln beflüstern befluten

!

befolgen befördern bef ors.ten befrachten

P

befrackt befragen befreien

P

befremden befressen befreunden befrieden befriedigen befristen

4.1.1. 8.2. 7.4.1 • 8.2. 8.2. 7.2.3.3 3.3.2. 7.4.1. 1.8.1. 1.9.1. 8.2. 1.6.1. 1.9.2. 1.7.1. 1.7.2. 2.1.3. 2.6. 6.4.1• 2.5.2. 8.2. 4.1.1. 4.1.2. 2.2. 3.2.2. 2.2. 1.3.2. 1.5. 7.2.7.3 8.2. 1.3.4. 7.3.4. 3.6.2. 3.7.1. 3.7.5. 1.9.3.2 3.5.2. 2.2. 6.4.1. 5.1. 6.6.1. 1.6.1. 1.9.2. 8.2. 8.2. 3.2.2. 1.2.1. 7.2.7.4 2.4. 8.1. 6.4.3. 8.1. 6.2.1. 6.7.3. 8.2. 6.4.2. 6.4.2. 7.5.2.

272 befruchten befugen befühlen befummeln befunkeln befunken befürchten befürsorgen befürworten begabt begackern begaffen begähnen begasen begatten begaukeln begaunern begeben begegnen begehen begehren begeistern begichten begießen beginnen beglänzen beglaubigen begleichen begleiten beglotzen beglücken beglückwünschen beglühen begnadet begnadigen begnügen begönnern begrabbeln begraben begradigen begrannt begrapschen begrasen begreifen begrenzen

3.6.2. 6.4.3. 7.2.5. 4.1.1. 4.1.1. 4.1.2. 3.5.2. 1.7.1. 8.1. 7.3.3. 5.5.1. 7.2.9.2 5.9.1• 5.9.2. 4.4.2. 5.6.2. 3.4.1. 3.4.2. 3.6.1. 3.6.2. 6.5. 7.1.1. 8.2. 8.2. 3.7.1. 8.2. 8.2. 6.4.1. 6.4.4. 1.2.3. 1.6.1. 5.8.1. 7.5.1. 8.2. 3.5.2. 7.6.4. 7.5.3. 8.2. 4.4.2. 6.4.1. 7.2.2. 7.2.3.3 3.5.2. 7.2.9.2 7.2.3-2 8.2. 7.3.3. 4.1.2. 7.2.8. 8.1. 2.5.2. 4.1.2. 2.5.2. 3.2.3. 4.1.1. 8.2. 1 .8.2.

begrenzen (Ports.) 1.9.1 • 7.5.2. 5.6.2. begrinsen begrölen 5.9.3. 5.2.1. begrübein begründen 8.1. begrünen 1.3.1. 1.9.1. 2.5.3. begrunzen 5.9.1. begrüßen 5.5.1. 8.1. beguckäugeln 4.4.3. begucken 4.4.1. 7.2.6. begünstigen begutachten 5.4. begütert 7.2.9.1. 6.4.2. begütigen behaaren 2.4. 2.5.3. behacken 3.3.2. 4.2.2. 6.2.4.2. 6.7.1. 7.4.1. behaftet 7.2.7.3. 8.2. behagen behäkeln 7.3.4. 8.2. behalten behämmern 3.3.1 . 6.2.4.2. behandeln 3.1. 3.3.1. 3.4.2. 5.2.1 . 5.3.1. 6.6.2. behandschuht 2.4. behängen 1.1. 1.9.1. 7.2.7.4. beharken 1.7.1. 3.2.1. beharnischen 2.2. 8.2. beharren behätscheln 7.3.3. 2.2. behauben 2.6. behauchen behauen 3.3.1. 1.6.2. behäufeln 7.6.2. behaupten 8.2. behausen 1.9.4. 7.3.4. 8.2. beheben behecheln 5.1. beheimaten 7.3.4.

;

P P

; P! I I P i P

P

i i ! !

273 beheizen behelfen behelligen behelmt beherbergen beherrschen beherzigen beherzt beheulen behexen behindern behobeln beholzen behorchen behost behummsen behupen behüten beinhalten beirren bejagen bejahen bejammern bejauchzen bejodeln bejubeln bekacken bekakeln bekämpfen bekanten bekehren bekennen bekichern bekielen bekiesen beklagen beklatschen beklauen bekleben bekleckern beklecksen bekleiden

2.6. • 8.2. 6.2.2. 2.4. 7.3.4. 6.2.3. 6.4.4. 8.1. 8.2. 6.4.3. 7.2.9.2. 5.7.1. 6.5. 8.1. 3.3.2. 2.2. 3.2.2. 4.5. 2.4. 7.1.1 • 5.9.3. 2.4. 7.3.1. 8.1. 6.2.1. 3.2.2. 5.5.1. 7.6.3. 5.7.1. 5.7.2. 5.5.2. 5.9.3. 5.5.2. 2.3. 2.3. 5.1. 7.4.1. 7.4.3. 3.3.2. 8.2. 8.2. 5.6.2. 2.2. 2.2. 5.7. 7.2.7.4. 5.1. 5.5.2. 7.1.2. 1.6.3.1. 1.5. 6.2.4.1. 7.2.7.3. 1.4.2. 1.5. 1.3.5.2. 1.8.5.

P

P P I

i P i i

I

i

i i P

P

bekleiden (Forts.) 1.9.1. 2.4. bekleistern 1.5. 7.2.7.3. beklemmen 6.2.3. 6.2.4.1. beklieren 1.5. 4.1.2. beklopfen 4.1.1. bekloppt 6.2.4.2. beklotzen 1.7.1. 2.2. beklingen 5.9.3. beknabbern 4.2.1. beknackt 6.2.4.2. beknattert 6.2.4.2. bekneipen 6.7.3. 6.6.2. beknien beknüllen 6.7.1. bekochen 7.3.4. 8.2. bekommen beköstigen 7.3.4. bekotzen 2.3. bekracht 6.2.4.2. bekräftigen 7.6.3. bekrähen 5.9.1. 1.3.2. bekränzen 1.9.1 • bekreuzigen 8.2. bekriechen 6.3. bekriegen 7.4.1. bekritteln 5.6.1. bekritzeln 1.4.2. bekrönen 1.8.2. 1.9.1. 7.5.1. bekrümeln 1.5. bekrusten 2.2. bekümmern 6.2.1. bekunden 8.2. 5.6.2. belächeln 5.6.2. belachen belackmeiern 7.1.1. 1.2.1. beladen 1.2.4. 7.2.7.4. 7.4.2. belagern 8.2. belangen 2.2. belappen belärmen 5.9.3. 8.2. belassen 1.2.2. belasten 1.9.1. 6.2.3. 7.2.7.4. 6.2.2. belästigen belatschern 6.2.4.1.

P

P

P 1 1 P! P P !

P!

i

1 i

P

274 belatschern Ports. 6.6.2. belauben 2.5.3. belauern 4.4.4. belaufen 2.5.4. 3.6.1. 3.7.1. belauschen 4.5. beläuten 5.9.3. beleben 8.1. belecken 4.2.1. 4.2.2. beledern 2.2. belegen 1.1. 1.6.3.1. 1.6.3.2. 1.7.1. 3.6.1. 7.2.3.1. 7.2.7.1. 7.6.4. belehren 8.1. beleibt 2.4. 6.2.1. beleidigen beleihen 7.2.7.4. 2.2. beieisten belemmern 6.2.4.1. 6.6.2. 7.1.1. beleuchten 3.5.1. 5.2.1. belichten 3.4.1. beliebäugeln 4.4.3. belieben 8.2. beliefern 7.2.1. belobhudeln 5.5.2. belobigen 7.2.3.2. belohnen 7.2.3.2. belorbeern 2.2. beluchsen 4.4.4. 7.1.1. belüften 2.6. belügen 7.1.3. belustigen 6.4.1. belutschen 4.2.1. bemächtigen 8.2. bemäkeln 5.6.1. bemalen 1.4.1. 1.4.3. bemängeln 5.6.1. bemannen 1.8.6. bemänteln 7.2.7.2. bemasten 2.2. bematscht 6.2.4.2. bemauscheln 5.1. bemausen 7.1.2. bemeckern 5.6.1. 5.9.1•

i

bemehlt bemerken bemessen bemitleiden bemittelt bemogeln bemoosen bemuhen bemühen

i

P

; P

bemüßigen bemustern bemuttern bemützt benachbart benachrichtigen benachteiligen benageln benagen benähen benamsen benaschen benaut benebelt benehmen

;

!

P |

beneiden benennen benetzen beniesen benippen benörgeln benoten benötigen benummern benüsselt benutzen beobachten beölen beömmeln beordern bepacken bepaddeln bepanzert bepelzt bepfeifen bepfählen bepflanzen bepflastern

2.5.1. 8.1. 8.2. 5.7.2. 7.2.9.1• 7.1.1. 2.5.4. 7.2.9.1. 5.9.1 • 6.2.2. 8.1. 8.2. 2.1.2. 7.3.3. 2.4. 8.1. 8.1. 7.2.6. 1.3.5.1. 4.2.1. 4.2.2. 1.3.4. 7.3.4. 7.2.7.1. 4.2.1. 6.2.4.1. 6.2.4.2. 6.7.2. 6.2.4.1. 8.2. 7.1.4. 7.2.7.1. 1.6.1. 5.8.1. 4.2.1. 5.6.1. 5.4. 8.2. 2.1.1. 6.2.4.1• 8.1 . 4.4.4. 6.7.3. 2.3. 8.2. 1.2.1. 1.2.4. 7.2.7.4. 3.7.1. 2.4. 2.4. 5.6.2. 2.2. 1.2.4. 1.3.1. 1.2.4. 1.7.1.

P

P P !

P P

; P! P P P

i i

P

!

! P P i

;

|

275 bepflastern Ports. 1.9.1. 2.2. 3.2.1. bepflügen bepicheln 6.7.3. 4.2.1. bepicken 4.2.2. bepilgern 3.7.1. bepinkeln 2.3. 1.4.2. bepinseln 1.4.3. bepissen 2.3. 2.2. beplanken 1.9.3.2 beplätschern 2.2. beplatten 2.2. bepolstern bepudert 2.5.1 • bepummeln 7.3.3. 1.6.1. bepumpen bequaken 5.9.1. bequasseln 5.1. 6.6.1. bequatschen 5.1. 6.6.1. beradeln 3.7.1. beraffen 6.7.1. 2.2. berahmen beranken 1.9.3.1 berappen 1.6.3.1 7.5.3. 3.3.2. beraspeln 5.2.1. beraten 7.3.4. beratschen 5.1. 8.2. beratschlagen 7.1.2. berauben beraunen 5.1. berauschen 6.4.1. 6.4.4. 6.7.1. berechnen 8.1. berechtigen 7.2.5. bereden 5.1. 6.6.1. 1.6.1. beregnen 1.9.2. bereichern 8.1. 2.2. bereifen 2.5.2. bereinigen 7.5.3. 8.2. bereisen 3.7.1. 7.2.1. bereiten 3.7.1. 8.2. berennen 7.4.2. berenten 7.2.4.1 bereuen 5.7.1.

berichten berichtigen beriechen beriegeln berieseln berindet beringen berohren berosen berotzen berücken berücksichtigen berudern berufen beruhen beruhigen berühren berülpsen berußt besabbern besacken besäen besaften besagen besaiten besamen besandet besänftigen besauen besaufen besäumen besäuseln beschaben beschädigen beschaffen beschäftigen beschälen beschallen beschallert

8.2. 7.5.3. 8.1. 4.3. 5.2.3. 2.2. 1.6.1. 1.9.2. 2.5.2. 2.2. 2.4. 2.2. 2.2. 2.3. 6.5. 8.1. 2.2. 3.7.1. 5.8.1. 8.2. 8.2. 6.4.2. 6.4.4. 4.1.3. 6.2.3. 5.9.3. 2.5.1. 2.3. 5.1. 2.2. 1.1. 1.3.1. 6.6.2. 8.2. 2.2. 7.2.9.2. 3.6.2. 2.5.1. 6.4.2. 1.5. 6.2.4.2. 6.7.1. 1.3.4. 3.3.2. 6.7.1. 3.3.2. 8.2. 8.2. 6.2.3. 7.2.4.2. 8.2. 3.3.2. 3.6.1 . 1.8.7. 3.4.1. 3.4.2. 6.2.4.2.

i P P

; I

I i

! P 1 ! P

P P P

1

;

P

276 beschämen beschatten beschauen bescheiden bescheinen bescheinigen bescheißen beschenken bescheren bescheuert beschichten beschicken beschielen beschienen beschießen

beschiffen beschildern beschilfen beschimmeln beschimmern beschimpfen beschirmen beschlabbern beschlafen beschlagen beschlagnahmen beschlauchen beschlecken beschleichen beschleiern beschleunigen beschleusen beschließen beschmeißen beschmieren beschmunzeln beschmutzen beschnarchen beschnattern

6.2.1. 3.5.1. 4.4.4. 4.4.1. 8.2. 3.5.2. 7.6.4. 2.3. 7.1.1. 7.2.2. 7.2.2. 6.2.4.2. 1.6.3.2. 1.2.3. 7.2.1. 4.4.2. 2.2. 1.3.5.2. 1.7.1. 1.7.2. 2.5.4. 3.4.1. 2.3. 3.7.1. 3.7.5. 2.1.3. 2.5.2. 2.5.4. 2.5.4. 3.5.2. 8.1. 7.3.1. 1.5. 5.2.2. 1.3.5.1. 2.5.4. 3.3.1. 8.2. 6.7.1. 4.2.1. 4.4.4. 6.3. 2.2. 8.2. 2.2. 7.5.1. 8.2. 1.2.4. 1.7.2. 1.4.2. 1.5. 1.6.3.1. 5.6.2. 1.5. 7.2.7.3. 5.2.2. 5.9.1.

beschneiden beschneit beschnippeln beschnüffeln beschnuppern

P

i

P j 1

beschönigen beschottern beschränken beschrankt beschreiben beschreien beschreiten beschriften beschroten beschuht beschuldigen beschulen beschummeln beschuppen beschürzt beschütten beschützen beschwänzen beschwatzen beschweifen beschweinigeln beschweißen beschweren

i i i 1

beschwichtigen beschwimmen beschwiemelt beschwindeln beschwingen beschwipst beschwören beseelen besegeln besehen beseitigen beseilen beseligen

3.3.2. 3.4.2. 7.5.2. 2.5.2. 3.3.2. 4.3. 5.2.3. 4.3. 5.2.3. 7.2.7.2. 2.2. 6.2.4.2. 7.5.2. 8.2. 2.5.2. 1.4.1. 5.3.2. 5.8.1. 3.7.1. 2.1.1. 3.3.2. 2.4. 7.2.7.4. 7.3.4. 7.1.1. 7.1.1. 2.4. 1.6.2. 7.2.7.1. 7.3.1. 2.2. 5.1. 6.6.1. 2.2. 1.5. 2.2. 1.2.2. 1.9.1. 6.2.3. 7.2.7.4. 6.4.2. 3.7.1. 6.7.2. 7.1.1. 7.1.3. 6.4.3. 6.7.2. 5.8.2. 6.6.3. 7.6.1. 6.4.3. 3.7.1. 3.7.5. 4.4.1. 8.2. 2.2. 6.4.3.

P

P P

i P

P i

; | |

i

!

P

P

i

277 besenden besessen besetzen

beseufzen besichtigen besieben besiedeln besiegeln besiegen besingen besinnen besitzen besohlen besolden besömmern besonnen besorgen bespähen bespannen bespeien bespicken bespiegeln bespielen bespinnen bespitzeln besporen bespötteln bespotten besprayen besprechen

besprengen besprenkeln bespringen bespritzen besprudeln besprühen

7.2.1. 6.'2.4.2. 1.1. 1.3.1. 1.3.4. 1.8.6. 7.4.2. 5.7.1. 4.4.1. 1.6.2. 1.9.4. 7.5.1. 7.4.3. 1.8.7. 5.3.2. 5.9.3. 5.2.2. 8.2. 2.2. 7.2.4.1. 3.2.2. 3.5.2. 6.2.4.1. 7.3.2. 7.3.6. 8.2. 4.4.4. 1.3.5.2. 2.3. 1.3.5.1. 4.4.1. 5.2.1. 1.8.7. 3.2.2. 3.7.4. 7.2.1. 1.3.3. 4.4.4. 2.2. 5.6.2. 5.6.2. 1.6.1. 1.8.7. 5.1. 5.3.1. 5.4. 5.8.2. 1.6.1. 1.4.2. 3.6.1. 3.7.3. 1.5. 1.6.1. 1.9.2. 1.6.1. 1.6.1. 1.9.2.

P

bespucken bespülen bestählen bestallen bestärken bestätigen bestatten bestäuben bestauben bestaunen bestehen bestecken bestehen bestehlen besteigen

P

bestellen bestempeln besteppen besternt besteuern besticken bestiefelt bestielen bestimmen

! !

!

bestoßen bestrafen bestrahlen bestreben bestreichen bestreicheln bestreifen bestreiken bestreiten

!

bestreuen bestricken

!

bestrumpft bestücken bestürmen

2.3. 1.9.3.2. 2.2. 7.2.4.2. 6.4.3. 7.6.3. 7.6.4. 7.2.8. 1.6.2. 3.6.2. 1.9.2. 2.5.1. 2.5.4. 5.5.2. 6.5. 8.2. 1.3.2. 1.9.1 • 8.2. 7.1.2. 3.6.1. 3.7.2. 3.7.3. 1.1. 3.2.1. 8.2. 2.1.1. 1.3.4. 2.5.2. 8.1. 1.3.4. 1.8.1. 2.4. 2.2. 6.2.3. 8.2. 3.3.1. 7.2.3.1. 3.4.1. 3.4.2. 3.5.1. 8.2. 1.6.3.1. 1.7.1 • 1.9.3.2. 4.1.1. 1.4.2. 7.4.2. 7.5.3. 7.6.2. 1.6.2. 6.5. 7.3.4. 2.4.

1.8.4.

;

P

P

!

P P

t

;

P

7.2.9.1. P 6.3.

278 bestürmen (Forts.) 6.6.3. 7.4.2. bestürzen 1.2.3. 6.2.3. 6.2.4.2. bestußt 8.2. besuchen besudeln 1.5. 7.2.7.3. 2.2. betäfeln 2.6. betanken betanzen 7.3.4. betasten 4.1.1. 8.2. betätigen betätscheln 4.1.1. 4.1.2. betatschen 6.2.4.1. 3.4.2. betäuben 6.2.3. 2.5.2. betaut 8.2. beteiligen 7.6.2. beteuern beticken 5.9.3. betimpeln 6.7.1. betiteln 7.2.7.1. betölpeln 7.1.1. 1.8.7. betonen 7.1.1. 7.6.3. betonnen 2.1.3. betören 6.5. betottern 7.3.3. betrachten 4.4.1. 5.3.1. 8.2. betragen 2.2. betränen betrauen 7.2.5. betrauern 5.7.1. 5.7.2. 1.6.1. beträufeln betreffen 6.2.4.1. 6.3. 8.2. 7.2.1. betreiben 8.2. betreßt 2.4. 3.6.1. betreten 3.7.3. 6.2.4.1. 7.3.2. betreuen 7.3.6. betriefen 1.5. 1.6.1. betrinken 6.7.1. betrocknen 2.5.4. 2.2. betroddeln betrommeln 4.1.1. 5.9.3.

betrompeten betröpfeln betropfen P

1

betrüben betrügen betucht betüpfeln betupfen

1

betuppen beturbanen betürmen betütern

P

beunruhigen

P 1 i P

!

1

beurgrunzen beurkunden beurlauben beurteilen bevatern bevettern bevölkern bevollmächtigen bevormunden bevorraten bevorrechtigen bevorschussen bevorteilen bevorzugen bewachen bewachsen

P

P P

; i

bewaffnen bewahren bewahrheiten bewähren bewaldrappen bewaldrechten bewaldet bewältigen bewandern bewässern bewegen bewehen bewehren beweiden beweihräuchern beweinen beweisen bewenden

5.9.3. 1.6.1. 1.6.1. 1.9.2. 6.2.1. 7.1.1. 7.2.9.1. 1.4.2. 1.6.1. 4.1.1. 7.1.1. 2.2. 2.2. 6.7.1. 7.3.3. 6.2.1. 6.4«4. 5.2.1. 7.6.4. 8.1. 5.4. 7.3.3. 7.3.3. 1.8.6. 1.9.4. 7.2.5. 7.3.3. 7.2.1 . 7.3.6. 7.2.6. 7.2.4.1. 7.2.6. 7.2.6. 7.3.5. 7.3.6. 1.9.3.1. 2.5.4. 1.8.4. 7.3.1. 7.3.6. 8.1. 8.2. 3.3.1. 3.3.1. 2.5.2. 7.4.3. 3.7.1. 1.6.1. 6.2.3. 8.2. 1.9.3.2. 2.2. 3.2.3. 5.5.2. 5.7.1. 7.6.4. 8.2.

!

P

! !

!

! P

P

!

279 bewerben bewerfen bewerkstelligen bewerten bewickeln bewiehern bewilligen bewillkommnen bewimpeln bewimpert bewinden bewinseln bewirken bewirten bewirtschaften bewitzeln bewohnen bewölken bewuchern bewundern bewünschen bewurzeln bezahlen

8.2. 1.6.3. 1. 1.7.2. 7.2.7. 1. 8.2. 5.4. 1.3.3. 5.9.1. 5.9.2. 8.2. 8.1. 2.2. 2.5.2. 1.3.3. 5.7.1. 8.2. 7.3.4. 3.2.2. 7.3.6. 5.6.2. 1.9.4. 2.5.3. 1.9.3. 1. 5.5.2. 7.2.3. 3. 2.5.3. 7.2.4. 1.

bezahlen (Ports.) !

1

1 P

;

!

bezähmen bezastert bezaubern bezäunen bezechen bezeichnen bezeigen bezetteln bezeugen bezichtigen beziehen beziffern bezinnen bezirzen bezopft bezuckert bezuschussen bezwecken bezweifeln bezwingen

7.2.4.2. 7.5.3. 6.4.4. 7.2.9.1. 6.5. 2.2. 6.7.1. 1.4.1. 2.1.3. 7.2.7.1. 8.2. 2.1.1. 7.6.1. 7.6.4. 7.2.7.4. 1.3.5.2. 2.5.3. 8.2. 8.2. 2.2. 6.5. 2.4. 2.5.1. 7.2.4.1. 8.2. 8.1. 7.4.3.

P! ! P

I P P