Das Recht der Anzeige: Print - Rundfunk - Online [3., neubearbeitete Auflage] 9783504383176

Dieses Werk behandelt alle rechtlichen Fragestellungen, die mit der Veröffentlichung von Anzeigen verbunden sind, unabhä

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Das Recht der Anzeige: Print - Rundfunk - Online [3., neubearbeitete Auflage]
 9783504383176

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Rath-Glawatz/Engels/Dietrich Das Recht der Anzeige Print · Rundfunk· Online

AtP

Praxisreihe Herausgegeben von

Rechtsanwalt Georg Wallraf

Das Recht der Anzeige Print · Rundfunk Online von

Dr. Michael Rath-Glawatz Rechtsanwalt, Harnburg

Dr. Stefan Engels Rechtsanwalt, Harnburg

Torsten Giebel Rechtsreferent der HAM, Harnburg

Dr. Christian Dietrich Rechtsanwalt, München

3.Auflage

2006

oUs

Verlag

Dr.OttoSchmidt Köln

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel.: 02 21/9 37 38-01, Fax: 02 21/9 37 38-9 43 e-mail: [email protected] www.otto-schmidt.de ISBN 3-504-67100-9 © 2006 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungsbeständig und umweltfreundlich. Einbandgestaltung: Jan P. Lichtenford, Mettmann Satz: WMTP Wendt-Media, Birkenau Druck und Verarbeitung: Bercker, Kevelaer Printed in Germany

Vorwort Aus den Medienhusern und dem Kollegenkreis ist erfreulicherweise immer wieder eine dritte Auflage des „Rechts der Anzeige“ angemahnt worden. Die Entwicklung des privaten Rundfunks und der Online-Medien, die von modernen Medienunternehmen in ihre Werbeplanung mittlerweile einbezogen werden, haben eine Ausweitung des Werkes im Verhltnis zur Vorauflage erforderlich gemacht und auch zu einer Erweiterung des Autorenkreises gefhrt. Die lexikalische Darstellung ist beibehalten worden, allerdings aufgeteilt nach den Sparten „Print“, „Rundfunk“, „Online“. Bei der Recherche fr den Bereich „Print“ waren Herr Ass. Jens Petry und mit besonderem Gewicht Frau Rechtsreferendarin Luise Glawatz behilflich, die auch einige Abschnitte aufmerksam bearbeitet hat. Bei der juristischen Recherche fr den Teil „Rundfunk“ haben Frau Rechtsreferendarin Nina Stenzaly und bei der Korrektur Frau Rechtsreferendarin Anna Brucker wertvolle Hilfe geleistet. Ihnen gebhrt Dank und Anerkennung. Dem Herausgeber der „AfP-Praxisreihe“, Herrn RA Georg Wallraf, sei gedankt, dass er den Otto Schmidt Verlag hat bewegen kçnnen, das Buch in sein Verlagsprogramm aufzunehmen. Der umsichtigen Betreuung durch den Lektor, den Kollegen Thomas Wilting, gebhrt ausdrckliche Anerkennung. Sollte der geschtzte Leser in einzelnen Bereichen eventuell Unachtsamkeiten oder Auslassungen entdecken, so mçge er dies dem hauptberuflichen Juristen, der erst nach „Feierabend“ und an den Wochenenden zum Schreiben kommt, nachsehen und eine kurze Notiz schicken, damit dies in der nchsten Auflage korrigiert werden kann. Auch dafr schon jetzt vielen Dank. M. Rath-Glawatz S. Engels T. Giebel Hamburg, Mnchen, November 2005

C. Dietrich

V

Vorwort des Herausgebers Die „AfP-Praxisreihe“ hat sich zum Ziel gesetzt, sowohl den fachkundigen Laien als auch den juristischen Praktiker mit Informationen zum Medienrecht zu versorgen. Dabei gehçrt es zum Konzept, die Darstellung der jeweiligen Inhalte anwenderorientiert aufzubereiten, d.h. so zu schildern, dass die behandelten Themen auch vom juristischen Laien verstanden werden kçnnen. Das vorliegende Buch whlt auf diesem Hintergrund zudem eine lexikalische Darstellungsform, die dem Leser den Zugang zur Materie des „Rechtes der Anzeige“ mit Stichworten aus der Alltagspraxis noch weiter erleichtert. Im Text selber, aber vor allem im Fußnotenapparat findet der juristische Praktiker umfangreiche einschlgige Hinweise zu weiterfhrender Literatur und zur Rechtsprechung. Der Wert der „AfP-Praxisreihe“ liegt jedoch vor allem darin, dass er mit seinen einzelnen Reihentiteln die Schwerpunktthemen des Medienrechtes gewissermaßen monographisch aufbereitet. Entwickelte sich zunchst das bis dahin konturenlose Presserecht zu einem eigenstndigen Rechtsgebiet, so ist eine hnliche Entwicklung nicht zuletzt mit Blick auf die immer umfangreichere Rechtsprechung zu den Teilbereichen des Medienrechtes auch fr diese Themenfelder zu erwarten. Um so naheliegender war es, schon Anfang der 90er Jahre eine Buchreihe aufzulegen, die dieser Entwicklung Rechnung trgt. Wie zutreffend es war, diesen Schritt zu tun, zeigt im brigen der inzwischen bei der vorliegenden 3. Auflage des Rechtes der Anzeige erreichte Darstellungsumfang. Diesem ersten Band werden weitere folgen, wie z.B. „Das Urheberrecht der Praxis“, „Das Recht des Vertriebs“ und „Das Arbeitsrecht der Pressejournalisten“. Ich wnsche mir, dass die nunmehr beginnende Herausgabe der „AfP-Praxisreihe“ im Verlag Dr. Otto Schmidt dem Konzept weiteren Erfolg beschert und die Titel der Reihe zum unentbehrlichen Hilfsmittel der Praktiker des Medienbereiches werden. RA Georg Wallraf, Herausgeber der „AfP-Praxisreihe“ Dsseldorf, November 2005

VI

Inhaltsverzeichnis Seite

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorwort des Herausgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

V VI

Abkrzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XIII

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XVII

1. Teil: Print Rz. Seite

Abdruckhçhe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abwicklungsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1 4

1 2

Allgemeine Geschftsbedingungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

6

3

Allgemeine Geschftsbedingungen (ZAW-AGB)/Text. . . . . . .

24

14

Anzeige (Begriff) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46

18

Anzeigenabschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52

22

Anzeigenakquisition per Telefon/Fax/E-Mail . . . . . . . . . . . . .

59

24

Anzeigenannahmestelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63

27

Anzeigenbltter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anzeigenboykott . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

65 70

27 31

Anzeigengewinnspiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

74

33

Anzeigenpreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

80

39

Anzeigenschlusstermin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

88

47

Anzeigenvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

91

49

Anzeigen – Pressefreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

110

61

Aufbewahrungsfristen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

115

64

Auflagenminderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

116

64

Ausschnittwerbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausspannen von Anzeigenkunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

119 121

66 67

Beilagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

124

69

Chiffreanzeige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

128

70

Datenspeicherung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

137

79 VII

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

Digitale Anzeigendruckvorlagen – Bearbeitung durch den Verlag. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

138

80

Digitale Anzeigenbermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

147

83

Druckvorlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

166

92

Eigenwerbung/Verlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

171

93

Fehlerhafte Anzeigenverçffentlichung . . . . . . . . . . . . . . . . . .

196

117

Fllanzeigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gegendarstellungen/Anzeigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

209 212

125 127

Gerichtsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

219

131

Haftung fr Fehler bei der Anzeigenverçffentlichung . . . . . . .

223

133

Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

262

153

Kennzeichnung/Anzeigen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

265

155

Kontrahierungszwang. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

278

162

Kopplung (Zusammentreffen) von redaktioneller Berichterstattung und Anzeige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

290

171

Kostenloser Abdruck – Anzeigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

301

179

Ladenschlussgesetz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

306

187

Offertenbltter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

307

187

Platzierungsangaben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

316

199

Probeabzge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

318

200

Prfungspflicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rabatte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

319 333

201 213

Rechtsberatung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

343

217

Redaktionelle Hinweise – Richtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . .

345

218

Redaktionell gestaltete Anzeigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

350

227

Reklamationsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

363

237

Rcktritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

364

237

Schleichwerbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

369

240

Sittenwidrigkeit/Anzeigenauftrge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Staatliche Publikationen/Anzeigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

387 389

256 258

bernahme/Anzeigen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

396

265

Urheberrecht/Anzeigenverçffentlichungen . . . . . . . . . . . . . .

404

268

Verantwortlicher/Anzeigenteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

409

270

Vergtungspflicht/Inserent . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

418

273

Verjhrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

424

277

VIII

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

Werbeagenturen/Mittlerprovision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

429

277

Werbeverbote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zeugnisverweigerungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

438 445

284 290

Absatzfçrderungsabsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

293

Alkoholwerbung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

4

294

Ausstatterhinweise. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

6

296

2. Teil: Rundfunk

Beeinflussung des Programms, Verbot der . . . . . . . . . . . . . . .

7

296

Blockwerbung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Business TV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9 10

297 298

Crossmediale Werbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

11

298

Dauerwerbesendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

13

299

Eigenpromotion vs. Fremdpromotion . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17

301

Eigenwerbekanle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19

302

Eigenwerbung, Eigenpromotion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

21

303

Einstundenzeitraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23

304

Firmen-TV bzw. Business-TV, Kunden-TV . . . . . . . . . . . . . . .

24

304

Gemeinsame Stelle Programm, Werbung und Medienkompetenz (GSPWM) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29

306

Gewinnspiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31

307

Grafik-Sponsoring . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

307

Heil- und Lebensmittelwerbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

36

308

Hinweise auf Begleitmaterialien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Integrierte Werbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38 40

309 310

Interaktive Werbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

41

310

Kommission fr Jugendmedienschutz (KJM) . . . . . . . . . . . . .

43

311

Kunden TV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45

312

Laufbandwerbung, Lauftextwerbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46

312

Merchandising, Licensing. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

47

313

Minderjhrige und Werbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

49

314

Nachrichtensprecher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51

315 IX

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

Politische Werbung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52

315

Product Placement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Religionsgemeinschaften, Sendezeit fr . . . . . . . . . . . . . . . . .

55 59

316 318

Religiçse Werbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

60

318

Rundfunkveranstalter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

61

319

Schleichwerbung, Verbot der . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63

320

Sendungssponsoring . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

64

321

Sexuelle Inhalte, Werbung fr. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69

323

Social Advertising (Soziale Appelle) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

72

325

Sonderwerbeformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

74

326

Splitscreen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Spotwerbung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

75 78

327 328

Teleshopping . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

79

328

Teleshopping-Fenster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

81

329

Teleshopping-Kanle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

82

330

Teleshopping-Sendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83

330

Teleshopping-Spots. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

84

330

Titelsponsoring. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

85

331

Trennungs- und Kennzeichnungsgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . Trikot- und Bandenwerbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

88 91

332 333

Unterbrecherwerbung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

93

334

Unterschwellige Werbetechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

100

336

Verlags-TV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

101

337

Virtuelle Werbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

103

338

Wahlwerbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

105

339

Weltanschauliche Werbung, Verbot der . . . . . . . . . . . . . . . . .

107

340

Werbeaufsicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

108

341

Werbebegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Werbebeschrnkungen, zeitliche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

110 111

342 342

Werbeblocker (Fernseh-Fee) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

114

343

Werbeerleichterungen fr regionale und lokale Fernsehveranstalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

115

344

Werberichtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Werbeselbstkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

116 118

345 346

X

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

Werbung, redaktionell aufgemachte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

119

346

Werbung und Jugendmedienschutz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zigarettenwerbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

121 122

347 348

1

351

Anbieterkennzeichnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

5

352

Auktionen, Internet- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

20

357

Banner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

358

Berufsrechtliche Beschrnkungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chatrooms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

30 41

360 366

3. Teil: Online Allgemeine Geschftsbedingungen, Einbeziehung von. . . . . .

Cursor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43

366

Datenschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

44

367

Dialer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52

369

Domains. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

59

372

E-Mail-Werbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

66

376

Gatoring . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

72

378

Gerichtsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

73

379

Gewinnspiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Glcksspiel, Wetten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

76 77

380 381

Herkunftslandprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

79

383

Inhalte, Verantwortlichkeit fr. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

82

384

IVW-Online . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

89

387

Links, Haftung fr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

92

388

Links, Setzen von . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

98

391

Metatags. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

103

392

Pop ups . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

107

395

Pornographie (jugendgefhrdende Inhalte), wirksame Zugangsbeschrnkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

110

396

Preisangabepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

115

398

SMS-Werbung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

118

399

Trennungsgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

119

400 XI

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

Urheberrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

121

401

Werbeblocker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Widerrufsbelehrungen und andere Informationspflichten im Fernabsatzgeschft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

127

402

128

403

Zugang elektronischer Erklrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

142

407

Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XII

409

Abkrzungsverzeichnis a. A. a. a. O. Abs. Aflg. AfP AG AGB a. M. Alt. Anh. Anm. AO ArchPR Art. Az.

anderer Ansicht am angegebenen Ort Absatz Auflage Archiv fr Presserecht (Zeitschrift) Amtsgericht Allgemeine Geschftsbedingungen anderer Meinung Alternative Anhang Anmerkung Abgabenordnung Archiv Presserechtlicher Entscheidungen Artikel Aktenzeichen

BayObLG BB Bd. BDSG

BFH BGB BGH BVerfG

Bayerisches Oberstes Landesgericht Betriebsberater, Zeitschrift fr Recht und Wirtschaft Band Gesetz zum Schutz vor Missbrauch personenbezogener Daten bei der Datenverarbeitung (Bundesdatenschutzgesetz) Bundesfinanzhof Brgerliches Gesetzbuch Bundesgerichtshof Bundesverfassungsgericht

CR

Computer und Recht (Zeitschrift)

DB DV

Der Betrieb (Zeitschrift) Die çffentliche Verwaltung (Zeitschrift)

EWiR

Entscheidungen Wirtschaftsrecht

FG

Finanzgericht

GG GjS

Grundgesetz fr die Bundesrepublik Deutschland Gesetz ber die Verbreitung jugendgefhrdender Schriften Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (Zeitschrift)

GRUR

XIII

Abkrzungsverzeichnis GWB

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschrnkungen

HGB h. M.

Handelsgesetzbuch herrschende Meinung

i. d. R. insges. i. S. d. i. V. m. IVW

in der Regel insgesamt im Sinn der/des in Verbindung mit Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbetrgern

JZ

Juristenzeitung

KG KO

Kammergericht (Berlin) Konkursordnung

LG LM LPG

Landgericht Lindenmaier-Mçhring, Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs Landespressegesetz

MDR m. w. N.

Monatsschrift fr Deutsches Recht (Zeitschrift) mit weiteren Nachweisen

NJW NJW-RR

Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) NJW Rechtsprechungsreport Zivilrecht (Zeitschrift)

OLG OWiG

Oberlandesgericht Gesetz ber Ordnungswidrigkeiten

RabattG RBerG RGZ

Gesetz ber Preisnachlsse (Rabattgesetz) Rechtsberatungsgesetz Reichsgericht-Rechtsprechung in Zivilsachen

StB StGB StPO

Steuerberater Strafgesetzbuch Strafprozessordnung

UrhG UWG

Gesetz ber Urheberrecht und verwandte Schutzrechte Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb

WRP WuW

Wettbewerb in Recht und Praxis (Zeitschrift) Wirtschaft und Wettbewerb (Zeitschrift)

XIV

Abkrzungsverzeichnis ZAW ZAW-AGB

ZPO ZugabeVO ZUM

Zentralausschuss der Werbewirtschaft Allgemeine Geschftsbedingungen fr Anzeigen und Fremdbeilagen in Zeitungen und Zeitschriften, vom ZAW beim Bundeskartellamt angemeldet Zivilprozessordnung Zugabeverordnung Zeitschrift fr Urheber- und Medienrecht/Film und Recht

XV

Literaturverzeichnis Albrecht/Hotter, Rundfunk und Pornographieverbot, 2002 Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, Kommentar, 23. Auflage, 2004 Bettinger/Leistner, Werbung und Vertrieb im Internet, 2002 (zitiert: Bearbeiter, in: Bettinger/Leistner, Werbung und Vertrieb im Internet) Beucher/Leyendecker/v. Rosenberg, „Mediengesetze“, Rundfunk Mediendienste Teledienste, Kommentar zum Rundfunkstaatsvertrag, Teledienstegesetz und Teledienstedatenschutzgesetz, 1999 (zitiert: Beucher/Leyendecker/v. Rosenberg) Bork, Werbung im Programm, 1988 Branahl, Medienrecht, 1992 Dçrr/Cole, Jugendschutz in den elektronischen Medien – Bestandsaufnahme und Reformabsichten, 2001 Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz, 2004 Dreyer/Kotthoff/Meckel, Urheberrecht, 2004 Emmerich, Das Recht des unlauteren Wettbewerbs, 7. Auflage, 2004 Engels, Das Recht der Fernsehwerbung fr Kinder, Rechtliche Regulierung der Fernsehwerbung unter Aspekten des Kinder- und Jugendschutzes (Materialien zur interdisziplinren Medienforschung, Bd. 30), 1997 Ernst/Vassilaki/Wiebe, Hyperlinks, 2002 (zitiert: Bearbeiter, in: Ernst/ Vassilaki/Wiebe, Hyperlinks) Fezer, UWG, 2005 Fleischer, Die Zulssigkeit der Ausstrahlung von Nicht-Wirtschaftswerbung im Fernsehen, 2000 Frankfurter Kommentar zum Kartellrecht, Loseblatt Gloy/Loschelder, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 3. Auflage, 2005 Hrting, Recht der Mehrwertdienste 0190/0900, 2004 Hahn/Vesting, Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, Rundfunkstaatsvertrag, Rundfunkgebhrenstaatsvertrag, 2003 Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, 2004 Hartstein/Ring, Rundfunkstaatsvertrag, Kommentar zum Staatsvertrag der Lnder zur Neuordnung des Rundfunkwesens und zum Jugendmedienschutz-Staatsvertrag, Loseblatt (zitiert: Hartstein/Ring) Hesse, Rundfunkrecht, 3. Auflage, 2003

XVII

Literaturverzeichnis Hoeren/Sieber, Handbuch Multimedia-Recht, Rechtsfragen des elektronischen Geschftsverkehrs, Loseblatt Immenga/Mestmcker, GWB, 3. Auflage, 2001 Klosterfelde, Anzeigenpraxis, 2. Auflage, 1980 Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 14. Auflage, 2005 (zitiert: Kopp/Schenke) Kbler, in: Presserecht und Pressefreiheit, Festschrift fr Martin Lçffler, 1980 Ladeur, Das Werberecht der elektronischen Medien, Internet – Telefon – Rundfunk, 2004 (zitiert: Ladeur) Lambsdorff/Skora, Handbuch des Werbeagenturrechts (ohne Jahrgang) Lçffler, Presserecht, 4. Auflage, 1997 Lçffler/Ricker, Handbuch des Presserechts, 4. Auflage, 2005 Maunz/Drig, Grundgesetz, Kommentar, Band 1, Prambel, Art. 1 – Art. 5, Loseblatt (zitiert: Bearbeiter, in: Maunz/Drig) Meyer-Harport, Neue Werbeformen im Fernsehen: Eine Untersuchung besonderer Werbeformen anhand deutschen und europischen Rundfunk- und Medienrechts, 2000 Mnch, von/Kunig, Grundgesetz, Kommentar, Band 1, Prambel, Art. 1 – Art. 19, 5. Auflage, 2000 (zitiert: von Mnch/Kunig) Mnchener Anwalts-Handbuch Gewerblicher Rechtsschutz, 2001 (zitiert: Bearbeiter, in: Mnchener Anwalts-Handbuch) Mundhenke/Teuber, Der Verlagskaufmann, 9. Auflage, 2002 Palandt, Brgerliches Gesetzbuch, 64. Auflage, 2005 Paschke, Medienrecht, 2. Auflage, 2001 Petersen, Medienrecht, 2. Auflage, 2005 Prinz/Peters, Medienrecht, 1999 Rennen/Caliebe, Rechtsberatungsgesetz, 2. Auflage, 2000 Schmittmann, Werbung im Internet, Recht und Praxis, 2003 Schricker, Urheberrecht, 2. Auflage, 1999 (zitiert: Schricker/Bearbeiter, Urheberrecht) Schwarz/Peschel-Mehner, Recht im Internet, Loseblatt Seitz/Schmidt/Schçner, Der Gegendarstellungsanspruch in Presse, Film, Funk und Fernsehen, 3. Auflage, 1998 Soehring, Das Recht der journalistischen Praxis, 3. Auflage, 2000 Stober, Ladenschlussgesetz, 2000 Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprche, 8. Auflage, 2002 XVIII

Literaturverzeichnis Thomas/Putzo, Zivilprozessordnung, 26. Auflage, 2004 Walter/Grber, Anwalts-Handbuch Wettbewerbspraxis, 1998 Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 2002 Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Auflage, 2003 Wronka, AGB Anzeigenwesen, 2. Auflage, 1985 ZAW Edition Schleichwerbung, Schleichwerbung: Fallbeispiele, Rechtsprechung, Richtlinien, 2. Auflage (ohne Jahrgang) Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft, Jahrbuch Deutscher Werberat, 2005

XIX

1. Teil: Print

Abdruckhçhe Regelmßig wird im Anzeigenvertrag (R Rz. P 91) festgelegt, in welcher Grçße (Hçhe/Spaltenanzahl) die Anzeige verçffentlicht werden soll. Druckt der Verlag von sich aus das Inserat grçßer ab als vereinbart, so darf dem Inserenten nur der Preis in Rechnung gestellt werden, der sich aus dem Anzeigenauftrag ergibt.1 Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Inserent, z. B. im Rahmen eines Abschlusses (R Rz. P 52), die berschreitungen stillschweigend genehmigt; in diesen Fllen sind die Annoncen entsprechend ihrer tatschlichen Abdruckhçhe zu bezahlen.2

1

Verwendet der Anzeigenkunde missverstndliche Grçßenangaben, so geht dies zu seinen Lasten. Durfte der Verlag bei verstndiger Wrdigung von einer Grçßenangabe ausgehen, die ber der lag, die der Kunde beabsichtigte, so muss die Anzeige in der tatschlich abgedruckten Hçhe vergtet werden.3 Ist entsprechend der Anzeigenpreisliste des Verlages bei Wortanzeigen (insbes. im rubrizierten Kleinanzeigenteil) fr deren Berechnung die Anzahl der abzudruckenden Worte bzw. der sich ergebenden (Druck-)Zeilen maßgebend, so erbrigt sich eine entsprechende Grçßenangabe. Kommt es fr die Abrechnung der Anzeige auf deren Grçße an und ist im Anzeigenauftrag insoweit ausnahmsweise keine Festlegung getroffen, so bestimmt Ziff. 12 der ZAW-AGB (R Rz. P 36), dass der Abrechnung „die nach Art der Anzeigen bliche tatschliche Abdruckhçhe“ zugrunde zu legen ist. Unter „tatschlicher Abdruckhçhe“ ist lediglich die bedruckte Flche zu verstehen, so dass der darber hinausgehende freie Raum (bis zur nchsten Anzeige, zur Seiten-/Spaltenbegrenzung oder zum redaktionellen Text) nicht mitzuberechnen ist; unbedruckte Flche kann folglich nur dann in Rechnung gestellt werden, wenn sie Teil der im Anzeigenauftrag fest vereinbarten Anzeigengrçße ist. 1 Dazu: OLG Karlsruhe, AfP 1991, S. 424 – Wird eine Anzeige aus „Lay-out-Grnden“ geringfgig grçßer abgedruckt als bestellt, aber nur in der kleineren Grçße abgerechnet, so bestehen die frher mit Blick auf das Rabattrecht geltend gemachten Bedenken nicht mehr. 2 LG Amberg, ArchPR 1958, S. 33. 3 AG Bremen, ArchPR 1974, S. 146; bestellt der Anzeigenkunde zwar eine Wortanzeige, gibt er jedoch zugleich das Schriftbild der Anzeige genau an, so ist der Verlag berechtigt, eine Millimeteranzeige abzudrucken – LG Stade, ArchPR 1969, S. 94.

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Rath-Glawatz 1

2

P Rz. 3

Abdruckhçhe

Die „bliche Abdruckhçhe“ i. S. d. Ziff. 12 ZAW-AGB ist gegeben, wenn sie dem fr diese Anzeigenkategorie von dem jeweiligen Verlag benutzten Standard entspricht.1 3

Fr die Berechnung von Millimeteranzeigen ist neben der Abdruckhçhe die Spaltenbreite maßgebend. Diese ist von den Verlagen jeweils fest vorgegeben. Ergibt sich aus der Manuskriptvorlage eine bestimmte Satz-(Abdruck-) breite, so ist der Verlag gehalten, die dieser Satzbreite entsprechende Spaltenzahl zu whlen. Dabei ist zu bercksichtigen, dass die jeweilige Spaltenbreite (wegen des „Zwischenschlages“) grçßer ist als die tatschlich zur Verfgung stehende Satzbreite.2

Abwicklungsfrist 4

In der ganz berwiegenden Zahl der Flle ist im Anzeigenauftrag bereits festgelegt, an welchem Tag (welchen Tagen) das Inserat verçffentlicht werden soll.3 Fehlt eine entsprechende Festlegung, so bestimmt Ziff. 2 Satz 1 ZAW-AGB (R Rz. P 26), dass Anzeigenauftrge „im Zweifel zur Verçffentlichung innerhalb eines Jahres nach Vertragsabschluss abzurufen“ sind. Whrend gegen die frhere Formulierung in den ZAW-AGB, nach der Anzeigenauftrge innerhalb der Jahresfrist „abgewickelt“ werden mussten, zu Recht juristische Bedenken geltend gemacht wurden, ist die jetzt geltende Fassung als Kundenschutzklausel rechtlich unbedenklich. Denn nun hat der Inserent einseitig das Recht, innerhalb eines Jahres nach Vertragsabschluss den Erscheinungstag fr die Anzeigenverçffentlichung festzulegen. Kommt der Inserent dieser Verpflichtung nicht nach und macht er auch von einem (ihm zustehenden) Rcktrittsrecht (R Rz. P 364 ff.) keinen Gebrauch, so ist der Werbetreibende seiner „Abnahmeverpflichtung“ nicht nachgekommen und zur Zahlung des Anzeigenentgelts verpflichtet.

5

Haben Inserent und Verlag den Anzeigenauftrag in der Weise abgeschlossen, dass es dem Inserenten freigestellt bleibt, wie viele Inserate er innerhalb der in Aussicht genommenen Gesamtanzeigenzahl/-menge abruft 1 Lçffler, BT Anz Rz. 47; dazu insgesamt: Wronka, S. 111/112; Klosterfelde, S. 65/66. 2 Zu der Frage der Abgrenzung von Satz- und Spaltenbreite: AG Tbingen, ArchPR 1960, S. 40/41. 3 Als verbindliche Terminabsprache mssen auch Formulierungen wie „nchst erreichbare Wochenendausgabe“ usw. angesehen werden.

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2 Rath-Glawatz

Allgemeine Geschftsbedingungen

Rz. 8 P

(R Rz. P 52 ff.), so enthlt Ziff. 2 Satz 2 ZAW-AGB dafr eine besondere Bestimmung: Ist die erste Anzeige aus dem „Anzeigenabschluss“ innerhalb eines Jahres nach Vertragsabschluss abgerufen und verçffentlicht worden, so kçnnen alle weiteren Anzeigen (bis hin zur vereinbarten Gesamtzahl/-menge) wiederum innerhalb von einem Jahr nach Verçffentlichung der Erstanzeige abgewickelt werden; im Extremfall ergibt dies einen Zeitraum von zwei Jahren.1 Im Ergebnis besteht damit nach Ablauf der in Ziff. 2 ZAW-AGB genannten Fristen keine Abdruckverpflichtung mehr gegenber den Inserenten.

Allgemeine Geschftsbedingungen Es drfte keinen grçßeren Zeitungs- bzw. Zeitschriftenverlag mehr geben, der beim Abschluss von Anzeigenauftrgen ohne Allgemeine Geschftsbedingungen arbeiten wrde. Sie sind wegen der darin enthaltenen Haftungsbegrenzungs- bzw. Ausschlussklauseln in der Praxis von besonderem Gewicht.

6

Der Zentralausschuss der Werbewirtschaft (ZAW) hat nach Abstimmung mit den beteiligten Verbnden auf der Anwenderseite (Zeitungs-/Zeitschriftenverlage und werbetreibende Wirtschaft/Agenturen) „Allgemeine Geschftsbedingungen fr Anzeigen und Fremdbeilagen in Zeitungen und Zeitschriften“ (R Rz. P 24 ff.) beschlossen, die in das beim Bundeskartellamt gefhrte AGB-Register eingetragen sind.2 Die Allgemeinen Geschftsbedingungen des ZAW sind gem. § 22 Abs. 3 GWB als unverbindliche Empfehlungen zu verstehen, die erst aufgrund der bernahme durch die Verlage und die Einbeziehung in den Anzeigenvertrag unmittelbar rechtliche Wirksamkeit entfalten.

7

Ihnen kommt in jedem Fall eine indirekte Bedeutung in der Weise zu, dass immer dann, wenn in streitigen Auseinandersetzungen die Frage der „Branchenblichkeit“ bei der Abwicklung von Anzeigenauftrgen auftaucht, auf diese „Allgemeinen Geschftsbedingungen“ als verlssliche Orientierungshilfe zurckgegriffen werden kann.3 Vielfach verwenden Verlage zu diesen „Allgemeinen Geschftsbedingungen“ noch weitere „Besondere“ (Zustzliche) „Geschftsbedingungen“. Dies ist insoweit unschdlich, als damit nicht die Wirksamkeit der „Allgemeinen Geschftsbedingungen“ ganz oder teilweise in Frage gestellt wird. Ergeben sich beispielsweise durch die Zweigleisigkeit von All1 Dazu insgesamt: Wronka, S. 37–39; Klosterfelde, S. 39–41. 2 Die ZAW-AGB sind unter Rz. P 24 ff. abgedruckt. 3 Klosterfelde, S. 36; Lçffler/Ricker, S. 411 Rz. 7.

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Rath-Glawatz 3

8

P Rz. 9

Allgemeine Geschftsbedingungen

gemeinen und Besonderen Geschftsbedingungen Zweifel daran, wie sich einzelne Bestimmungen zueinander verhalten, so geht dies gem. § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des anwendenden Verlages mit der Folge, dass die fr den Anzeigenkunden gnstigere Auslegung zum Tragen kommt.1 Dabei ist u. U. nicht auszuschließen, dass Regelungen in den „Besonderen Geschftsbedingungen“ von den „Allgemeinen Geschftsbedingungen“ derart abweichen, dass sie als „berraschende Klauseln“ i. S. d. § 305c Abs. 1 BGB anzusehen sind und nicht Vertragsbestandteil werden.2 9

Hat ein Verlag in seinen – von den ZAW-AGB abweichenden – Allgemeinen Geschftsbedingungen hinsichtlich von Anzeigen-Wiederholungsauftrgen („Anzeigenauftrge fr mehr als 3 Monate“) festgelegt, dass sich diese Auftrge automatisch fr einen bestimmten Zeitraum verlngern, wenn sie nicht rechtzeitig mit der in den AGB vorgesehenen Frist gekndigt wurden, so ist diese AGB-Vorschrift wegen Verstoßes gegen § 305c Abs. 1 BGB (berraschende Klausel) unwirksam, sofern auf dem Anzeigenauftragsformular auf der Vorderseite (drucktechnisch hervorgehoben) als Vertragsdauer „1 Jahr“ angegeben ist und die AGB (ohne weiteren Hinweis) lediglich auf der Rckseite abgedruckt sind.3 Ist die entsprechende Verlngerungsklausel allerdings auf der Vorderseite des Auftragsformulars abgedruckt, dann ist sie als wirksam anzusehen.4

10

Hinsichtlich der Einbeziehung der „Allgemeinen Geschftsbedingungen“ in den jeweiligen Anzeigenvertrag ist zu unterscheiden, ob der Anzeigenkunde als Unternehmer5 direkt bzw. ber eine Agentur oder als Verbraucher6 inseriert.7 Auch bei Handelsgeschften zwischen Kaufleuten mssen die AGB ausdrcklich oder stillschweigend mit einbezogen sein.8 Der Hinweis auf die Einbeziehung der AGB der Verlage muss bereits in deren Angebot auf Abschluss des Anzeigenvertrages enthalten sein, damit sie bei Annahme des 1 Palandt/Heinrichs, § 305c Rz. 20; Wronka (S. 18–19) nennt mçgliche Kollisionsflle zwischen „Allgemeinen“ und „Besonderen Geschftsbedingungen“. 2 Klosterfelde, S. 38. 3 BGH, AfP 1989, S. 662. 4 OLG Frankfurt, AfP 1991, S. 635 – soweit der BGH (AfP 1992, S. 251) die Entscheidung des OLG Frankfurt aufgehoben hat, betrifft dies Rechtsfragen, die mit den hier zitierten Feststellungen des OLG nichts zu tun haben. 5 Definition „Unternehmer“ in § 14 BGB. 6 Definition „Verbraucher“ in § 13 BGB. 7 Die AGB unterscheiden selbst nicht zwischen „Unternehmern“ und „Verbrauchern“ als Inserenten. Lediglich unter Ziffer 20 der AGB „Erfllungsort“, findet eine Unterscheidung statt. Ihre Bestimmungen sollen fr beide Gruppen in gleicher Weise Gltigkeit haben. Lediglich fr die Frage, unter welchen Voraussetzungen die AGB Vertragsbestandteil geworden sind, ist die Unterscheidung zwischen privater oder geschftlicher Insertion wesentlich – dazu: Wronka, BB 1976, S. 1581/82; v. Westphalen, BB 1977, S. 423. 8 Dazu insgesamt: Palandt/Heinrichs, § 305 Rz. 50.

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4 Rath-Glawatz

Allgemeine Geschftsbedingungen

Rz. 10 P

Angebots durch den Anzeigenkunden Vertragsbestandteil werden.1 Existiert ein kaufmnnisches Besttigungsschreiben (eine Auftragsbesttigung) und wird darin auf die AGB des Verlages Bezug genommen, so werden diese, sofern der Inserent nicht widerspricht, Vertragsbestandteil. Bevor jedoch von der Einbeziehung der AGB ausgegangen wird, ist in jedem Einzelfall zu prfen, ob sie tatschlich Vertragsbestandteil geworden sind oder nicht (z. B. Klrung, ob entgegenstehende AGB des Inserenten vorliegen, ob dieser im Verlauf der Verhandlungen den AGB widersprochen hat usw.). Schließlich gilt es immer auch abzuwgen, inwieweit die in Frage stehende AGB-Bestimmung im Falle eines Rechtsstreits Bestand haben drfte oder nicht. Ist der Anzeigenkunde eine (Werbe-)Agentur, so gehen die Gerichte davon aus, dass den Agenturen generell, also auch ohne besonderen Hinweis im Einzelfall, bekannt sein muss, dass die Zeitungs- und Zeitschriftenverlage ihren Anzeigenvertrgen „Allgemeine Geschftsbedingungen“ zugrunde legen.2 Inzwischen drfte aber auch jedem anderen Kaufmann als Inserenten bekannt sein, dass bei den Verlagen (weitgehend identische) „Allgemeine Geschftsbedingungen“ fr das Anzeigengeschft existieren.3 Wird z. B. ein Werbetreibender als „Festkunde“ gefhrt, so erhlt er i. d. R. mit der ersten Auftragsbesttigung oder mit der Zuteilung seiner Kundennummer die „Allgemeinen Geschftsbedingungen“ des Verlags ausgehndigt. Außerdem sind in den Unterlagen, mit denen den Geschftsleuten die – neuen – Anzeigenpreislisten bekannt gemacht werden, die jeweils gltigen „Allgemeinen und Besonderen Geschftsbedingungen“ abgedruckt. Dadurch ist gewhrleistet, dass der kaufmnnische Anzeigenkunde ber den jeweils aktuellen Stand der Allgemeinen Geschftsbedingungen unterrichtet ist. Im brigen sind in den Media-Unterlagen, die die Verlage vor allem an die Agenturen verschicken, die „Allgemeinen Geschftsbedingungen“ ebenfalls enthalten. Ist der gewerbetreibende Anzeigenkunde in dieser Weise ber die „Allgemeinen Geschftsbedingungen“ informiert, so werden sie Vertragsbestandteil, auch wenn nicht bei jedem einzelnen Vertragsabschluss erneut auf diese Bedingungen hingewiesen wurde. Dies gilt selbst dann, wenn der Kaufmann die Inserate telefonisch aufgibt: sind ihm die AGB in 1 Entsprechende Formulierungen – durch drucktechnisch hervorgehobenen Hinweis auf der Vorderseite des Anzeigenbestellformulars – kçnnen etwa lauten: „Es gelten die (umseitig abgedruckten) Allgemeinen Geschftsbedingungen des Verlages“, „das Angebot erfolgt unter Beachtung der Allgemeinen Geschftsbedingungen des Verlages“, „fr diesen Rahmenabschluss sowie die Einzelauftrge gelten die (umseitig abgedruckten) Geschftsbedingungen des Verlages“. 2 BGH, GRUR 1970, S. 573; OLG Mnchen, AfP 1985, S. 134. 3 So schon Wronka, S. 15; AG Bremen, AfP 1981, S. 302. Zur Kenntnis der Preislisten der Verlage als Teil der AGB: AG Ulm, AfP 1985, S. 71–72.

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Rath-Glawatz 5

P Rz. 11

Allgemeine Geschftsbedingungen

der geschilderten Weise bekannt geworden, so sind sie Vertragsbestandteil, und zwar auch ohne ausdrcklichen telefonischen Hinweis des Verlages. Diese branchenbliche Verfahrensweise bei inhaltlich weitgehend bereinstimmenden Regelungen lsst sich schließlich als Argument dafr anfhren, den „Allgemeinen Geschftsbedingungen“ im Zeitungs- und Zeitschriftenbereich heute die Bedeutung zuzumessen, wie sie die entsprechenden Geschftsbedingungen im Bank-, Versicherungs- und Speditionsgewerbe besitzen: so wie in diesen Branchen die „Allgemeinen Geschftsbedingungen“ grundstzlich ohne entsprechenden Verweisungshinweis Vertragsbestandteil sind, bleibt abzuwarten, ob dies auch fr die Presse durchgngige gerichtliche Anerkennung findet.12 11

Zhlt der Inserent nicht zum Kreis der Kaufleute, so werden die „Allgemeinen Geschftsbedingungen“ nur dann Vertragsbestandteil, wenn der „private“ Kunde („Verbraucher“) gem. § 305 Abs. 2 BG am „Ort des Vertragsabschlusses“ ausdrcklich auf die AGB hingewiesen wurde, in „zumutbarer Weise“ von ihrem Inhalt Kenntnis nehmen konnte und mit ihrem Inhalt einverstanden war. Diese Bedingungen sind beispielsweise erfllt, wenn die Anzeige in einer Geschftsstelle des Verlages aufgegeben wird, in der ein deutlich sichtbarer Aushang auf die „Allgemeinen Geschftsbedingungen“ hinweist und diese in verstndlicher Form abgefasst zur Einsicht bereitliegen. Schließt der private Kunde dann den Anzeigenauftrag ab, so gelten die „Allgemeinen Geschftsbedingungen“ als vereinbart.

1 So LG Braunschweig, NJW 1975, S. 782, 783; in diesem Sinn wohl auch AG Ulm, AfP 1985, S. 72; gegen eine entsprechende Ausdehnung ber die genannten Bereiche hinaus: Palandt/Heinrichs, § 305 Rz. 357; offengelassen fr die Presse: Heyer, AfP 1988, S. 134. In diesem Zusammenhang ist auch darauf zu verweisen, dass – bezogen auf die Gerichtsstandsvereinbarung („Sitz des Verlages“) in Ziff. 20 der ZAW-AGB – die Gerichte davon ausgehen, der Anzeigenkunde, der Kaufmann ist, msse mit derartigen typischen Allgemeinen Geschftsbedingungen rechnen und sich deren Inhalt entgegenhalten lassen, selbst wenn ihm die Regelungen im Einzelnen nicht konkret bekannt sind: AG Augsburg, ArchPR 1967, S. 80; AG Tbingen, ArchPR 1960, S. 40–41; AG Wuppertal, ArchPR 1957, S. 30. 2 Die Frage, wie im Fall widerstreitender AGB zu verfahren ist, drfte sich bzgl. der Anzeigenauftrge im Pressewesen nicht ernsthaft stellen, da im Wesentlichen kaum Flle denkbar sind, in denen sowohl die Presse wie der Anzeigenkunde Regelungen in ihre AGB aufgenommen haben, die unvereinbar sind; denn i. d. R. liegen die Interessen so unterschiedlich, dass auch die AGB jeweils unterschiedliche Themenbereiche regeln. Sollten dennoch widersprechende Bestimmungen vorliegen, so ist davon auszugehen, dass insoweit keine Einigung erzielt wurde, ohne dass dies die Gltigkeit des Vertrages im brigen (einschließlich der anderen AGB-Bedingungen) berhrte – dazu: OLG Koblenz, WRP 1984, S. 426; Palandt/Heinrichs, § 305 Rz. 55.

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6 Rath-Glawatz

Allgemeine Geschftsbedingungen

Rz. 12 P

Erfolgt der Anzeigenabschluss mit dem privaten Kunden telefonisch, so fehlt es i. d. R. an der Einbeziehung der „Allgemeinen Geschftsbedingungen“. Denn andernfalls msste der Anzeigenkunde zunchst ausdrcklich auf diese Bestimmungen hingewiesen und ihm diese dann auch bekannt gemacht (vorgelesen) werden, sofern der Privatkunde nicht ebenso ausdrcklich auf diese Prozedur verzichtet, indem er in unmissverstndlicher (beweisbarer) Art und Weise die Bedingungen akzeptiert.1 Ebensowenig praktikabel wre es, dem interessierten Privatkunden auf seinen Anruf hin zunchst die „Allgemeinen Geschftsbedingungen“ zuzuschicken, um dann abzuwarten, ob er sich wieder meldet. Sptere Hinweise auf die AGB (etwa auf der Rechnung) reichen im brigen nicht aus, da die AGB nach dem Wortlaut des Gesetzes bereits beim Abschluss des (Anzeigen-)Vertrags mit einbezogen werden mssen. Bei schriftlichen Anzeigenauftrgen von Privatkunden kann es ebenfalls zu Problemen kommen, wenn diese erst kurzfristig vor dem gewnschten Erscheinungstag beim Verlag eingehen. Will der Verlag auf der Einbeziehung der „Allgemeinen Geschftsbedingungen“ bestehen, so muss er – mçglicherweise unter Gefhrdung des Erscheinungsdatums – dem Privatkunden zunchst die AGB zuschicken und dessen Einverstndnis einholen. Wird auf diesen umstndlichen Weg verzichtet, so ist – wie bei den telefonischen Anzeigenauftrgen von privaten Inserenten – davonauszugehen, dass die „Allgemeinen Geschftsbedingungen“ nicht Vertragsbestandteil geworden sind. Liegen dem Anzeigenauftrag die ZAW-AGB zugrunde, so kçnnen sich die Verlage bei fehlerhaften Anzeigenverçffentlichungen gegenber den Regressansprchen der Inserenten auf die Haftungsbegrenzungen der Ziff. 10 ZAW-AGB berufen. Die Regelungen in Ziff. 10 ZAW-AGB gliedern sich wie folgt: Abs. 1 Begrenzung der Sachmngelhaftung Abs. 2 Einschrnkung der Schadensersatzpflicht im nichtkaufmnnischen Geschftsverkehr Abs. 3 Nochmalige Reduzierung der Schadensersatzpflicht im kaufmnnischen Geschftsverkehr.

1 Zu dieser Problematik: Wronka, S. 17; zur Abdingbarkeit des § 2 ABGB: Palandt/ Heinrichs, § 305 Rz. 37; dazu und zur Frage des schriftlichen Anzeigenabschlusses (allerdings ohne die erforderliche genaue Differenzierung zwischen Geschfts- und Privatkunden): Wronka, BB 1976, S. 1584; Schneider, WRP 1977, S. 385; v. Westphalen, BB 1977, S. 425; Hçrle, AfP 1975, S. 269/270.

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Rath-Glawatz 7

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P Rz. 13

Allgemeine Geschftsbedingungen

13

Inhaltlich ergeben sich folgende Haftungsbegrenzungen:

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– Sachmngel (Druckfehler): Schadensersatzsansprche sind vollstndig ausgeschlossen; der Inserent kann lediglich Zahlungsminderung bzw. eine Ersatzanzeige verlangen (keine Unterscheidung zwischen kaufmnnischem und nichtkaufmnnischem Geschftsverkehr).

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– Positive Vertragsverletzung1/Verschulden bei Vertragsabschluss/unerlaubte Handlung: a) Nichtkaufmnnischer Geschftsverkehr: Bei leichter Fahrlssigkeit (des Verlegers, seiner gesetzlichen Vertreter und Erfllungsgehilfen) scheiden Schadensersatzansprche aus; bei grober Fahrlssigkeit und vorstzlichem Handeln bleiben sie uneingeschrnkt bestehen. b) Kaufmnnischer Geschftsverkehr: Handeln der Verleger und seine gesetzlichen Vertreter nur leicht fahrlssig, so scheiden Schadensersatzansprche aus; bezogen auf das Verhalten des Erfllungsgehilfen sind weder bei leichter noch bei grober Fahrlssigkeit Schadensersatzansprche gegeben; bei grober Fahrlssigkeit des Verlegers ist die Schadensersatzpflicht auf den vorhersehbaren Schaden bis zur Hçhe des betreffenden Anzeigenentgelts beschrnkt; bei vorstzlichem Handeln ist die Haftung unbeschrnkt.

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– Unmçglichkeit/Verzug: a) Nichtkaufmnnischer Geschftsverkehr: Schadensersatzansprche sind bei leichter Fahrlssigkeit (des Verlegers, seiner gesetzlichen Vertreter und Erfllungsgehilfen) auf den Ersatz des vorhersehbaren Schadens bis zur Hçhe des betreffenden Anzeigenentgelts begrenzt. Bei grober Fahrlssigkeit und Vorsatz entfllt die Haftungsbegrenzung. b) Kaufmnnischer Geschftsverkehr: Schadensersatzansprche sind sowohl bei leichter wie auch bei grober Fahrlssigkeit (des Verlegers, seiner gesetzlichen Vertreter und Erfllungsgehilfen) auf den Ersatz des vorhersehbaren Schadens bis zur Hçhe des betreffenden Anzeigenentgelts begrenzt. Bei Vorsatz entfllt die Begrenzung.

1 Die ZAW-ABG verwenden noch den alten Begriff der „positiven Vertragsverletzung“. Das BGB kennt diesen Begriff nicht, sondern spricht generell von „Pflichtverletzungen“ (§ 280 BGB).

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8 Rath-Glawatz

Allgemeine Geschftsbedingungen

Rz. 18 P

– Zugesicherte Eigenschaften:

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Die Haftung des Verlages fr Schden wegen des Fehlens zugesicherter Eigenschaften wird nicht eingeschrnkt. Im Einzelnen gilt Folgendes:

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Ziff. 10 Abs. 1 Satz 1 ZAW-AGB (R Rz. P 34) bestimmt, dass „der Auftraggeber bei ganz oder teilweise unleserlichem, unrichtigem oder unvollstndigem Abdruck der Anzeige Anspruch auf Zahlungsminderung oder eine einwandfreie Ersatzanzeige“ hat, „aber nur in dem Ausmaß, in dem der Zweck der Anzeige beeintrchtigt wurde“. Damit wird zunchst deutlich gemacht, dass nicht jeder Druckfehler einen Anspruch auf Reduzierung des Anzeigenentgelts bzw. Abdruck einer Ersatzanzeige gibt. Vielmehr muss der Zweck der Anzeige beeintrchtigt sein. Entsprechend dem Ausmaß der „Zweckbeeintrchtigung“ bestimmt sich dann der Umfang dessen, was als „Ersatz“ gefordert werden kann. Zugleich sind durch Ziff. 10 Abs. 1 Satz 1 ZAW-AGB Schadensersatzansprche (vollstndig) ausgeschlossen. Die Ansprche des Inserenten werden auf die Minderung des Anzeigenpreises bzw. den Abdruck einer Ersatzanzeige beschrnkt. Lediglich dann, wenn durch den Druckfehler eine zugesicherte Eigenschaft des Inserats fehlt, bleiben die Schadensersatzansprche ungeschmlert bestehen (Ziff. 10 Abs. 2 Satz 3 der ZAWAGB). Ob der Zweck der Anzeige „beeintrchtigt“ ist, bestimmt sich nicht nach den Vorstellungen, die der Inserent mit der Anzeigenverçffentlichung verbindet. Entscheidend ist vielmehr, ob der Aussagegehalt der Anzeige aus der Sicht des Lesers trotz des teilweise unleserlichen, unrichtigen oder unvollstndigen Abdrucks deutlich erkennbar bleibt. Ist dies der Fall, so liegt keine Beeintrchtigung vor. Wird beispielsweise in einem Inserat eines stadtbekannten Unternehmens dessen Hausnummer fehlerhaft angegeben, so liegt keine Beeintrchtigung vor; inseriert das Unternehmen jedoch nur unter Angabe der Telefonnummer und wird diese falsch abgedruckt, so ist der Zweck der Anzeige beeintrchtigt.1 Fhrt der Druckfehler zu sinnentstellenden nderungen des Inserats bzw. sind die optischen Abweichungen gegenber der Vorlage tatschlich schwerwiegend, so kann der Inserent wahlweise die Reduzierung des An1 Dazu insgesamt: LG Hamburg, ArchPR 1962, S. 52; LG Mnchen, ArchPR 1964, S. 62/63; AG Trier, ArchPR 1964, S. 62; AG Mnchen, ArchPR 1945–56, S. 32; Wronka, S. 85–86; Klosterfelde, S. 59/60; Lambsdorff/Skora, S. 315 Rz. 453; Mçller, AfP 1972, S. 299–300. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Entscheidung des AG Neuss (ArchPR 1945–56, S. 32): der Verlag hatte, ohne dazu aus dem Anzeigenvertrag verpflichtet zu sein, auf eine Beilage der Zeitung in einem sog. Beilagenhinweis aufmerksam gemacht und dabei den Firmensitz des Inserenten falsch angegeben; das Gericht hat einen Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung bejaht.

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Rath-Glawatz 9

P Rz. 18

Allgemeine Geschftsbedingungen

zeigenentgelts oder den Abdruck einer Ersatzanzeige verlangen; die Hçhe der Minderung des Anzeigenentgelts bzw. die Grçße der Ersatzanzeige ist wiederum abhngig vom Grad der Zweckbeeintrchtigung aufgrund des Druckfehlers.1 Insoweit lassen sich keine festen Regeln aufstellen oder Fallgruppen benennen: bei weniger einschneidenden Druckfehlern reicht es aus, wenn in einer Ersatzanzeige lediglich der fehlerhafte Teil aus der Vorverçffentlichung korrigiert wird; bei grçßeren Fehlern kann die Beeintrchtigung nur durch den fehlerfreien Abdruck der gesamten Anzeige ausgeglichen werden. So wird man beispielsweise dann, wenn der Verlag statt der bestellten Glckwunschanzeige des Werbetreibenden zum Jahreswechsel eine alte (berholte) Anzeige abdruckt, annehmen mssen, dass der Zweck der Anzeige vçllig verfehlt, eine Zahlungsminderung also berechtigt ist.2 Wird eine Anzeige „verfrht“ d. h. vor dem vereinbarten Datum verçffentlicht, so bedeutet dies regelmßig keine Zweckverfehlung; dies insbesondere dann nicht, wenn der „vorzeitige“ Abdruck unmittelbar aus der Anzeige selbst fr den Leser erklrlich ist.3 Erscheint an dem Tage, an dem die Anzeigenverçffentlichung vereinbart war, keine Zeitung (z. B. wegen eines Feiertags), so ist der Verlag befugt, den Erscheinungstermin entsprechend allgemeiner Branchenbung vorzuverlegen, ohne dass dies eine Zweckverfehlung der Verçffentlichung bedeutet.4 Unter Geltung der ZAW-AGB hat der Inserent dann, wenn auch die Ersatzanzeige wiederum fehlerhaft ist, keinen Anspruch mehr auf eine weitere Ersatzanzeige (Ziff. 10. Abs. 1 Satz 2). In diesem Fall bleibt nur die Mçglichkeit der Reduzierung des Anzeigenentgelts oder aber die „Rckgngigmachung“ des Auftrages. Diese Rechte stehen dem Inserenten auch dann zu, wenn die Ersatzanzeige vom Verlag nicht innerhalb der vom Inserenten gesetzen „angemessenen“ Frist verçffentlicht wrde.5 Im brigen ist stets zu prfen, ob den Inserenten ein Mitverschulden an dem eingetretenen Schaden trifft. Lehnt der Anzeigenkunde beispielsweise die Schaltung einer Ersatzanzeige ab, durch die der Fehler ganz oder teilweise htte korrigiert werden kçnnen, so entfallen Schadensersatzansprche.6 1 Klosterfelde, S. 60–71. Dieser Rechtsgedanke ergibt sich indirekt auch aus § 635 Abs. 3 BGB, wonach die Mngelbeseitigung beim Werkvertrag dann ausgeschlossen ist, wenn sie einen „unverhltnismßigen Aufwand“ erfordert; s. a. Lçffler, BT Anz Rz. 96. 2 LG Rottweil, ArchPR 1957, S. 28. 3 LG Freiburg, ArchPR 1975, S. 73–74. 4 AG Kiel, ArchPR 1960, S. 41. 5 Dazu insgesamt: Wronka, S. 89; s. a. Schneider, WRP 1977, S. 384; Hçrle, AfP 1977, S. 269. 6 AG Ludwigshafen, ArchPR 1963, S. 64. Zum Schadensnachweis bei fehlerhaften Anzeigenverçffentlichungen: LG Mnchen, ArchPR 1971, S. 123; LG Rottweil, ArchPR 1957, S. 28; Wronka, S. 95–96.

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10 Rath-Glawatz

Allgemeine Geschftsbedingungen

Rz. 18 P

Die verklausulierten Bestimmungen der Ziff. 10 Abs. 2 und 3 ZAW-AGB (R Rz. P 34) lassen sich wie folgt verdeutlichen: – Nichtkaufmnnischer Geschftsverkehr: Sind die ZAW-AGB gegenber privaten Inserenten (Nichtkaufleuten) Vertragsbestandteil geworden und beruht der (Druck-)Fehler in der Anzeigenverçffentlichung nur auf leichter Fahrlssigkeit des Verlages (einschließlich der fr ihn ttigen Mitarbeiter), so ist in den Fllen der positiven Vertragsverletzung, des Verschuldens beim Vertragsabschluss oder der unerlaubten Handlung berhaupt kein Schadensersatzanspruch gegeben. Schadensersatzansprche aus Verzug und Unmçglichkeit sind im Fall leichter Fahrlssigkeit auf den vorhersehbaren Schaden und auf die Hçhe des Anzeigenentgelts begrenzt. Leichte Fahrlssigkeit ist dann gegeben, wenn es sich um typische, alltgliche Nachlssigkeiten bei der Abwicklung des Anzeigenauftrages (als einem Massengeschft) handelt.1 Die Grenze zur groben Fahrlssigkeit ist berschritten, wenn der Verlag die „im Verkehr erforderliche Sorgfalt“ (§ 276 BGB) in augenflliger Weise, in besonders schwerem Maß verletzt.2 Bei grob fahrlssigem, vorstzlichem Handeln und bei Schden wegen des Fehlens zugesicherter Eigenschaften in der Anzeigenverçffentlichung bleibt die Haftung des Verlages uneingeschrnkt. – Kaufmnnischer Geschftsverkehr: Insoweit sind die Haftungseinschrnkungen, die im nichtkaufmnnischen Geschftsverkehr gelten, unverndert wirksam. Die Haftung der Verlage wird im brigen zustzlich in der Weise reduziert, dass sie selbst dann, wenn der Druckfehler auf eine grobe Fahrlssigkeit der Erfllungsgehilfen bei der Abwicklung des Anzeigenauftrages zurckzufhren ist, von der Haftung frei sind.3 Nur dann, wenn die Erfllungsgehilfen den Schaden vorstzlich herbeigefhrt haben, kann Schadensersatz verlangt werden. Ist der Druckfehler eingetreten, weil den Verlag oder seine leitenden Mitarbeiter der Vorwurf grober Fahrlssigkeit (z. B. bei der berwachung der Mitarbeiter) trifft, so sind die Ansprche „auf den voraus-

1 Z. B. fehlerhafte Bildunterschrift unter einem Foto in einem Anzeigenkollektiv: LG Mnchen, ArchPR 1971, S. 123. 2 Zu den einzelnen Graden der Fahrlssigkeit: Palandt/Heinrichs, § 276 Anm. 4 A c Rz. 14. Zu weitgehend in der Frage der Schadenszurechnung: OLG Frankfurt, AfP 1975, S. 865; s. a. Wronka, S. 97. Zur Frage der Schadensberechnung: Palandt/Heinrichs, Vorbem. v. § 249 Anm. 4, 5. 3 Anders: OLG Hamm, NJW-RR 1988, S. 944.

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Rath-Glawatz 11

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Allgemeine Geschftsbedingungen

sehbaren Schaden bis zur Hçhe des betreffenden Anzeigenentgelts beschrnkt“.1 19

Haftungsbeschrnkungen und Aufhebungsklauseln, wie sie in Ziff. 10 der ZAW-AGB enthalten sind, begegnen immer wieder einer kritischen Begutachtung. Hinsichtlich ihrer Zulssigkeit ist Folgendes festzuhalten: § 309 Nr. 7 BGB verbietet den Haftungsausschluss bei grobem Verschulden des AGB-Anwenders, seiner gesetzlichen Vertreter und Erfllungsgehilfen. Da diese Vorschrift jedoch gem. § 310 Abs. 1 BGB im kaufmnnischen Geschftsverkehr nicht gilt, sind entsprechende Haftungsbegrenzungen, wie sie sich auch in den ZAW-AGB befinden, grundstzlich zulssig.2 Nach der Generalklausel des § 307 BGB, die auch im kaufmnnischen Geschftsverkehr gilt, sind allerdings AGB-Klauseln insoweit unwirksam, als sie eine unangemessene Benachteiligung des von den AGB Betroffenen enthalten. Eine derartige Benachteiligung sieht das Gesetz darin, wenn „wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben“, so eingeschrnkt werden, „dass die Erreichung des Vertragszwecks gefhrdet ist“ (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB).3

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Unter Berufung auf diese Regelung hat der BGH entschieden, dass auch im kaufmnnischen Geschftsverkehr die Haftung fr grobe Fahrlssigkeit des Erfllungsgehilfen, der nicht zugleich leitender Angestellter ist, dann nicht durch Allgemeine Geschftsbedingungen ausgeschlossen werden darf, wenn es sich um die Verletzung einer vertraglichen Hauptpflicht handelt und der daraus entstandene Schaden geltend gemacht wird. Offengelassen wurde in der Entscheidung jedoch ausdrcklich, ob derartige Haftungsausschlsse – oder -einschrnkungen – dann gltig sind, wenn der Schaden durch grob fahrlssiges Verhalten des AGB-Anwenders, seines gesetzlichen Vertreters oder eines leitenden Angestellten als Erfllungsgehilfen entstanden ist.4

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Geht man, was angesichts der fast lckenlosen Verbreitung der ZAWAGB unterstellt werden kann, davon aus, dass es sich bei den Regelungen in Ziff. 10 der ZAW-AGB um branchentypische Freizeichnungsklauseln handelt, so haben diese Bestimmungen auch angesichts der zitierten BGH-Rechtsprechung weiterhin Bestand.5 Andernfalls ist Ziff. 10 Abs. 3 Satz 1 ZAW-AGB insoweit nicht anwendbar, als im kaufmnnischen Verkehr ein Verlagsmitarbeiter, ohne leitender Angestellter zu sein, grob 1 Anders: OLG Hamm, NJW-RR 1988, S. 944, 945: danach ist der volle Schaden zu ersetzen. 2 Zur Diskussion um diese Frage vor Anmeldung der ZAW-AGB beim Bundeskartellamt: Schneider, WRP 1977, S. 384; v. Westphalen, BB 1977, S. 425; Hçrle, AfP 1977, S. 268/269. 3 Dazu: Palandt/Heinrichs, § 307 Rz. 6 ff. 4 BGH, NJW 1984, S. 1350/1351. 5 Zur Gltigkeit entsprechender branchentypischer Freizeichnungen (bezogen auf das Speditionsgewerbe): BGH, NJW 1986, S. 1435.

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12 Rath-Glawatz

Allgemeine Geschftsbedingungen

Rz. 22 P

fahrlssig eine Hauptpflicht aus dem Anzeigenvertrag verletzt und der Inserent den dadurch verursachten Schaden geltend macht.1 Verletzt der Erfllungsgehilfe dagegen grob fahrlssig eine vertragliche Nebenpflicht, so ist die Wirksamkeit der Freizeichnungsklausel in Ziff. 10. Abs. 3 Satz 1 ZAW-AGB nicht berhrt. Denn der BGH hat in seiner Entscheidung ausdrcklich festgestellt, dass derartige Klauseln nur „insoweit“ unwirksam sind, als es sich um die Verletzung von Hauptpflichten handelt.2 Ist aufgrund grob fahrlssigen Verhaltens eines sog. einfachen Erfllungsgehilfen die Anzeige fehlerhaft verçffentlicht und dem Inserenten (außerdem eigentlichen Mangelschaden) ein zustzlicher (Mangel-)Folgeschaden entstanden, so kann sich der Verlag entsprechend der Rechtsprechung des BGH in diesem Fall nicht auf die Freizeichnungsklausel der Ziff. 10 Abs. 3 Satz 1 ZAW-AGB berufen. Wird dagegen durch grob fahrlssiges Verhalten des – einfachen – Erfllungsgehilfen die Anzeige wettbewerbswidrig, so ist insoweit (allenfalls) eine vertragliche Nebenpflicht des Verlages verletzt mit der Folge, dass die Freizeichnungklausel der Ziff. 10 Abs. 3 Satz 1 der ZAW-AGB weiter uneingeschrnkt Anwendung finden kann.3 Wird in diesem Zusammenhang die Begrenzung der Schadensersatzpflicht auf die Hçhe des Anzeigenentgelts in Frage gestellt,4 so muss bercksichtigt werden, dass nur der vorhersehbare Schaden zu ersetzen ist. Dies bedeutet letztlich auch eine Begrenzung in der Schadenshçhe“: man wird jedoch im Regelfall den Schaden, den der Inserent z. B. dann hat, wenn infolge eines Satzfehlers beim Verlag eine Anzeige wettbewerbswidrig und so eine Vertragsstrafe beim Inserenten fllig wird, nicht als einen bei der Anzeigenverçffentlichung typischerweise vorhersehbaren 1 In diesem Sinn: OLG Hamm, NJW-RR 1988, S. 944. 2 BGH, NJW 1984, S. 1351 (Ziff. II1 am Ende). 3 Das OLG Hamm (NJW-RR 1988, S. 944, 945) sieht in der Tatsache, dass ein Verlagsmitarbeiter die Korrektur einer wettbewerbswidrigen Anzeige entgegen dem ausdrcklichen Kundenauftrag nicht sichergestellt hat (und so der Inserent eine Vertragsstrafe zu zahlen hatte), als grob fahrlssige Verletzung einer Hauptpflicht aus dem Anzeigenvertrag an. Dies vermag nicht zu berzeugen. Mitzubedenken ist, dass der Inserent die wettbewerbswidrige Anzeige in Druck gegeben und damit selbst die Ursache dafr gesetzt hat, dass er bei einer – von wem auch immer zu vertretenden – erneuten Verçffentlichung des wettbewerbswidrigen Inserats zur Zahlung verpflichtet ist. Diese (Mit-)Verantwortung des Inserenten wird nicht hinreichend bedacht. Weiter ist zu bercksichtigen, dass es sich bei der Korrektur der Anzeige um einen alltglichen, im Massengeschft Anzeigenherstellung vielfach vorkommenden Vorgang handelt, der fr die Verlagsseite nicht ungewçhnlicher ist als andere Satzauftrge auch. Unterbleibt die Ausfhrung des Korrekturwunsches, so ist dies auf Grund der Ablufe im Anzeigengeschft leichte Fahrlssigkeit, die fr den Verlag nicht deshalb zur groben Fahrlssigkeit wird, „nur“ weil der Inserent bzgl. der Anzeige ein Vertragsstrafeversprechen abgegeben hat. 4 So OLG Hamm, NJW-RR 1988, S. 944, 945.

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Rath-Glawatz 13

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P Rz. 23

Allgemeine Geschftsbedingungen

Schaden einstufen kçnnen. Eine Ausnahme wre nur dann zu machen, wenn der Inserent gerade wegen der abgegebenen Unterlassungsverpflichtungserklrung die Anzeigenverçffentlichung ndern will und trotz unmissverstndlicher Anweisungen aufgrund eines groben Fehlers beim Verlag die verçffentlichte Anzeige doch wieder wettbewerbswidrig ist. 23

Hat der Verlag in dem Anzeigenvertrag bestimmte Eigenschaften der Anzeigenverçffentlichung ausdrcklich zugesichert (z. B. kalendermßig beziffertes Erscheinungsdatum, feste Seitenplatzierung, bestimmte, exakt definierte Farbqualitt) und werden diese wegen des Druckfehlers nicht erreicht, so stehen dem Anzeigenkunden – gleichgltig, ob es sich um einen Kaufmann oder eine Privatperson handelt, die Schadensersatzansprche uneingeschrnkt zu. Dies stellt Ziff. 10 Abs. 2 Satz 3 der ZAW-AGB ausdrcklich klar.1

Allgemeine Geschftsbedingungen (ZAW-AGB)/Text 24

Die vom Zentralausschuss der Werbewirtschaft (ZAW) beim Bundeskartellamt angemeldeten „Allgemeinen Geschftsbedingungen“ (Stand 1998) haben folgenden Wortlaut: Allgemeine Geschftsbedingungen fr Anzeigen und Fremdbeilagen in Zeitungen und Zeitschriften (Die nachstehenden Allgemeinen Geschftsbedingungen werden zur Anwendung im Anzeigen- und Fremdbeilagengeschft unverbindlich empfohlen. Es bleibt den Vertragsparteien unbenommen, abweichende Vereinbarungen zu treffen.)

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Ziffer 1 „Anzeigenauftrag“ im Sinn der nachfolgenden Allgemeinen Geschftsbedingungen ist der Vertrag ber die Verçffentlichung einer oder mehrerer Anzeigen eines Werbungtreibenden oder sonstigen Inserenten in einer Druckschrift zum Zweck der Verbreitung.

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Ziffer 2 Anzeigen sind im Zweifel zur Verçffentlichung innerhalb eines Jahres nach Vertragsabschluss abzurufen. Ist im Rahmen eines Abschlusses das Recht zum Abruf einzelner Anzeigen eingerumt, so ist der Auftrag innerhalb eines Jahres seit Erscheinen der ersten Anzeige abzuwickeln, sofern die erste Anzeige innerhalb der in Satz 1 genannten Frist abgerufen und verçffentlicht wird.

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Ziffer 3 Bei Abschlssen ist der Auftraggeber berechtigt, innerhalb der vereinbarten bzw. der in Ziffer 2 genannten Frist auch ber die im Auftrag genannte Anzeigenmenge hinaus weitere Anzeigen abzurufen.

1 Wronka, S. 91/92.

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14 Rath-Glawatz

Allgemeine Geschftsbedingungen (ZAW-AGB)/Text

Rz. 34 P

Ziffer 4 Wird ein Auftrag aus Umstnden nicht erfllt, die der Verlag nicht zu vertreten hat, so hat der Auftraggeber, unbeschadet etwaiger weiterer Rechtspflichten, den Unterschied zwischen dem gewhrten und dem der tatschlichen Abnahme entsprechenden Nachlass dem Verlag zu erstatten. Die Erstattung entfllt, wenn die Nichterfllung auf hçherer Gewalt im Risikobereich des Verlages beruht.

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Ziffer 5 Bei der Errechnung der Abnahmemengen werden Text-Millimeterzeilen dem Preis entsprechend in Anzeigen-Millimeter umgerechnet.

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Ziffer 6 Auftrge fr Anzeigen und Fremdbeilagen, die erklrtermaßen ausschließlich in bestimmten Nummern, bestimmten Ausgaben oder an bestimmten Pltzen der Druckschrift verçffentlicht werden sollen, mssen so rechtzeitig beim Verlag eingehen, dass dem Auftraggeber noch vor Anzeigenschluss mitgeteilt werden kann, wenn der Auftrag auf diese Weise nicht auszufhren ist. Rubrizierte Anzeigen werden in der jeweiligen Rubrik abgedruckt, ohne dass dies der ausdrcklichen Vereinbarung bedarf.

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Ziffer 7 Textteil-Anzeigen sind Anzeigen, die mit mindestens drei Seiten an den Text und nicht an andere Anzeigen angrenzen. Anzeigen, die auf Grund ihrer redaktionellen Gestaltung nicht als Anzeigen erkennbar sind, werden als solche vom Verlag mit dem Wort „Anzeige“ deutlich kenntlich gemacht.

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Ziffer 8 Der Verlag behlt sich vor, Anzeigenauftrge – auch einzelne Abrufe im Rahmen eines Abschlusses – und Beilagenauftrge wegen des Inhalts, der Herkunft oder der technischen Form nach einheitlichen, sachlich gerechtfertigten Grundstzen des Verlages abzulehen, wenn deren Inhalt gegen Gesetze oder behçrdliche Bestimmungen verstçßt oder deren Verçffentlichung fr den Verlag unzumutbar ist. Dies gilt auch fr Auftrge, die bei Geschftsstellen, Annahmestellen oder Vertretern aufgegeben werden. Beilagenauftrge sind fr den Verlag erst nach Vorlage eines Musters der Beilage und deren Billigung bindend. Beilagen, die durch Format oder Aufmachung beim Leser den Eindruck eines Bestandteils der Zeitung oder Zeitschrift erwecken oder Fremdanzeigen enthalten, werden nicht angenommen. Die Ablehnung eines Auftrages wird dem Auftraggeber unverzglich mitgeteilt.

32

Ziffer 9 Fr die rechtzeitige Lieferung des Anzeigentextes und einwandfreier Druckunterlagen oder der Beilagen ist der Auftraggeber verantwortlich. Fr erkennbar ungeeignete oder beschdigte Druckunterlagen fordert der Verlag unverzglich Ersatz an. Der Verlag gewhrleistet die fr den belegten Titel bliche Druckqualitt im Rahmen der durch die Druckunterlagen gegebenen Mçglichkeiten.

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Ziffer 10 Der Auftraggeber hat bei ganz oder teilweise unleserlichem, unrichtigem oder bei unvollstndigem Abdruck der Anzeige Anspruch auf Zahlungsminderung oder eine einwandfreie Ersatzanzeige, aber nur in dem Ausmaß, in dem der Zweck der

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Rath-Glawatz 15

P Rz. 35

Allgemeine Geschftsbedingungen (ZAW-AGB)/Text

Anzeige beeintrchtigt wurde. Lsst der Verlag eine ihm hierfr gestellte angemessene Frist verstreichen oder ist die Ersatzanzeige erneut nicht einwandfrei, so hat der Auftraggeber ein Recht auf Zahlungsminderung oder Rckgngigmachung des Auftrages. Schadensersatzansprche aus positiver Forderungsverletzung, Verschulden bei Vertragsabschluss und unerlaubter Handlung sind – auch bei telefonischer Auftragserteilung – ausgeschlossen; Schadensersatzansprche aus Unmçglichkeit der Leistung und Verzug sind beschrnkt auf Ersatz des vorhersehbaren Schadens und auf das fr die betreffende Anzeige oder Beilage zu zahlende Entgelt. Dies gilt nicht fr Vorsatz und grobe Fahrlssigkeit des Verlegers, seines gesetzlichen Vertreters und seines Erfllungsgehilfen. Eine Haftung des Verlages fr Schden wegen des Fehlens zugesicherter Eigenschaften bleibt unberhrt. Im kaufmnnischen Geschftsverkehr haftet der Verlag darber hinaus auch nicht fr grobe Fahrlssigkeit von Erfllungsgehilfen; in den brigen Fllen ist gegenber Kaufleuten die Haftung fr grobe Fahrlssigkeit dem Umfang nach auf den voraussehbaren Schaden bis zur Hçhe des betreffenden Anzeigenentgelts beschrnkt. Reklamationen mssen – außer bei nicht offensichtlichen Mngeln – innerhalb von vier Wochen nach Eingang von Rechnung und Beleg geltend gemacht werden.

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Ziffer 11 Probeabzge werden nur auf ausdrcklichen Wunsch geliefert. Der Auftraggeber trgt die Verantwortung fr die Richtigkeit der zurckgesandten Probeabzge. Der Verlag bercksichtigt alle Fehlerkorrekturen, die ihm innerhalb der bei der bersendung des Probeabzuges gesetzten Frist mitgeteilt werden.

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Ziffer 12 Sind keine besonderen Grçßenvorschriften gegeben, so wird die nach Art der Anzeige bliche, tatschliche Abdruckhçhe der Berechnung zugrunde gelegt.

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Ziffer 13 Falls der Auftraggeber nicht Vorauszahlung leistet, wird die Rechnung sofort, mçglichst aber 14 Tage nach Verçffentlichung der Anzeige bersandt. Die Rechnung ist innerhalb der aus der Preisliste ersichtlichen vom Empfang der Rechnung an laufenden Frist zu bezahlen, sofern nicht im einzelnen Fall eine andere Zahlungsfrist oder Vorauszahlung vereinbart ist. Etwaige Nachlsse fr vorzeitige Zahlung werden nach der Preisliste gewhrt.

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Ziffer 14 Bei Zahlungsverzug oder Stundung werden Zinsen sowie die Einziehungskosten berechnet. Der Verlag kann bei Zahlungsverzug die weitere Ausfhrung des laufenden Auftrages bis zur Bezahlung zurckstellen und fr die restlichen Anzeigen Vorauszahlung verlangen. Bei Vorliegen begrndeter Zweifel an der Zahlungsfhigkeit des Auftraggebers ist der Verlag berechtigt, auch whrend der Laufzeit eines Anzeigenabschlusses das Erscheinen weiterer Anzeigen ohne Rcksicht auf ein ursprnglich vereinbartes Zahlungsziel von der Vorauszahlung des Betrages und von dem Ausgleich offenstehender Rechnungsbetrge abhngig zu machen.

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Ziffer 15 Der Verlag liefert mit der Rechnung auf Wunsch einen Anzeigenbeleg. Je nach Art und Umfang des Anzeigenauftrages werden Anzeigenausschnitte, Belegseiten oder vollstndige Belegnummern geliefert. Kann ein Beleg nicht mehr beschafft werden,

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16 Rath-Glawatz

Allgemeine Geschftsbedingungen (ZAW-AGB)/Text

Rz. 44 P

so tritt an seine Stelle eine rechtsverbindliche Bescheinigung des Verlages ber die Verçffentlichung und Verbreitung der Anzeige. Ziffer 16 Kosten fr die Anfertigung bestellter Druckstçcke, Matern und Zeichnungen sowie fr vom Auftraggeber gewnschte oder zu vertretende erhebliche nderungen ursprnglich vereinbarter Ausfhrungen hat der Auftraggeber zu tragen.

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Ziffer 17 Aus einer Auflagenminderung kann bei einem Abschluss ber mehrere Anzeigen ein Anspruch auf Preisminderung hergeleitet werden, wenn im Gesamtdurchschnitt des mit der ersten Anzeige beginnenden Insertionsjahres die in der Preisliste oder auf andere Weise genannte durchschnittliche Auflage oder – wenn eine Auflage nicht genannt ist – die durchschnittlich verkaufte (bei Fachzeitschriften gegebenenfalls die durchschnittlich tatschlich verbreitete) Auflage des vergangenen Kalenderjahres unterschritten wird. Eine Auflagenminderung ist nur dann ein zur Preisminderung berechtigender Mangel, wenn sie bei einer Auflage bis zu 50 000 Exemplaren 20 v. H., bei einer Auflage bis zu 100 000 Exemplaren 15 v. H., bei einer Auflage bis zu 500 000 Exemplaren 10 v. H., bei einer Auflage ber 500 000 Exemplaren 5 v. H. betrgt. Darber hinaus sind bei Abschlssen Preisminderungsansprche ausgeschlossen, wenn der Verlag dem Auftraggeber von dem Absinken der Auflage so rechtzeitig Kenntnis gegeben hat, dass dieser vor Erscheinen der Anzeige vom Vertrag zurcktreten konnte.

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Ziffer 18 Bei Ziffernanzeigen wendet der Verlag fr die Verwahrung und rechtzeitige Weitergabe der Angebote die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns an. Einschreibebriefe und Eilbriefe auf Ziffernanzeigen werden nur auf dem normalen Postweg weitergeleitet. Die Eingnge auf Ziffernanzeigen werden vier Wochen aufbewahrt. Zuschriften, die in dieser Frist nicht abgeholt sind, werden vernichtet. Wertvolle Unterlagen sendet der Verlag zurck, ohne dazu verpflichtet zu sein. Dem Verlag kann einzelvertraglich als Vertreter das Recht eingerumt werden, die eingehenden Angebote anstelle und im erklrten Interesse des Auftraggebers zu çffnen. Briefe, die das zulssige Format DIN A4 (Gewicht… g) berschreiten, sowie Waren, Bcher-, Katalogsendungen und Pckchen sind von der Weiterleitung ausgeschlossen und werden nicht entgegengenommen. Eine Entgegennahme und Weiterleitung kann jedoch ausnahmsweise fr den Fall vereinbart werden, dass der Auftraggeber die dabei entstehenden Gebhren/Kosten bernimmt.

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Ziffer 19 Matern werden nur auf besondere Anforderung an den Auftraggeber zurckgesandt. Die Pflicht zur Aufbewahrung endet drei Monate nach Ablauf des Auftrages.

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Ziffer 20 Erfllungsort ist der Sitz des Verlages. Im Geschftsverkehr mit Kaufleuten, juristischen Personen des çffentlichen Rechts oder bei çffentlich-rechtlichen Sondervermçgen ist bei Klagen Gerichts-

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Rath-Glawatz 17

P Rz. 45

Allgemeine Geschftsbedingungen (ZAW-AGB)/Text

stand der Sitz des Verlages. Soweit Ansprche des Verlages nicht im Mahnverfahren geltend gemacht werden, bestimmt sich der Gerichtsstand bei Nicht-Kaufleuten nach deren Wohnsitz. Ist der Wohnsitz oder gewçhnliche Aufenthalt des Auftraggebers, auch bei Nichtkaufleuten, im Zeitpunkt der Klageerhebung unbekannt oder hat der Auftraggeber nach Vertragsschluss seinen Wohnsitz oder gewçhnlichen Aufenthalt aus dem Geltungsbereich des Gesetzes verlegt, ist als Gerichtsstand der Sitz des Verlages vereinbart.

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Ziffer 21 (Sondervorschrift bei Auflagenminderungen von Titeln mit weniger als zweimal wçchentlichem Erscheinen, die heftbezogene Auflagendaten verçffentlichen) Abweichend von Nummer 17 berechtigt eine Auflagenminderung bei Titeln, die heftbezogene Auflagendaten verçffentlichen, nur dann zu einer Preisminderung, wenn und soweit sie bei einer Auflage („Garantieauflage“) von bis zu 500 000 Exemplaren 10 v. H. und bei einer Auflage („Garantieauflage“) von ber 500 000 Exemplaren 5 v. H. berschreitet. Die der Garantie zugrundeliegende Auflage ist die gesamte verkaufte Auflage im Sinne der Definition der IVW. Sie errechnet sich fr das Insertionsjahr aus dem Auflagendurchschnitt der vier Quartale vor dem Insertionsjahr, soweit nicht vom Verlag eine absolute Auflagenzahl als Garantie in der jeweiligen Preisliste angegeben wurde. Voraussetzung fr einen Anspruch auf Preisminderung ist ein rabattfhiger Abschluss auf Basis der Mengenstaffel und fr mindestens drei Ausgaben. Grundlage fr die Berechnung der Preisminderung ist der Auftrag pro Unternehmen, soweit nicht bei Auftragserteilung eine Abrechnung nach Marken, die bei Auftragserteilung zu definieren sind, vereinbart wurde.

Anzeige (Begriff) 46

Eine verbindliche gesetzliche Definition des presserechtlichen Begriffs „Anzeige“ gibt es nicht.1 Dies berrascht schon deshalb, weil die Landespressegesetze die strikte Trennung des redaktionellen Teils von dem Anzeigenteil vorschreiben (R Rz. P 265 ff.). Auch zur Beurteilung einer der zentralen Fragen des Rechts der Anzeige, nmlich des Problems der getarnten Werbung (Schleichwerbung),2 ist eine Klrung des Begriffs „Anzeige“ erforderlich3 (R Rz. P 369 ff.). 1 Lçffler, in: BT Anz Rz. 1; zum Anzeigenbegriff: KG Berlin, AfP 1995, S. 656, 657; zur Abgrenzung von „Prospekt“ und „Anzeige“ OLG Mnchen, Urteil v. 4.12.2003 (Az. 6 U 4309/03). 2 Erfolgt die Verçffentlichung eines redaktionell gestalteten Textes unentgeltlich, so darf er nicht als „Anzeige“ gekennzeichnet werden – KG Berlin, AfP 1995, S. 65; Lçffler, § 10 LPG Rz. 54. 3 Soweit in den Printmedien sog. Titelschutzanzeigen abgedruckt werden, so sind diese Inserate selbst unproblematisch. Die Diskussion beginnt erst mit der Fra-

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18 Rath-Glawatz

Anzeige (Begriff)

Rz. 47 P

Bezogen auf die Printmedien (Zeitungen und Zeitschriften) kann man als Anzeigenteil die Summe der Verçffentlichungen bezeichnen, die nicht von der Redaktion betreut werden: alles, was nicht Redaktion ist, muss Anzeige sein. Fehlt ein redaktioneller Teil, so handelt es sich um sog. „Offertenbltter“: sie sind ausnahmslos mit Anzeigen (Annoncen/Inseraten) gefllt (R Rz. P 307 ff.). Prfer1 definiert den Begriff „Anzeige“ als „die in eine Druckschrift eingedruckte Ankndigung, die durch ihre Form von vornherein erkennen lsst, dass sie nicht zum Textteil gehçrt, also nicht vom Verfasser oder Schriftleiter der Druckschrift veranlasst, sondern von anderen Personen ‚aufgegeben‘ ist“. Lçffler versteht unter „Anzeige“ im presserechtlichen Sinn „eine blicherweise gegen Entgelt erfolgende, nicht von der Redaktion ausgehende (nicht redaktionelle) Verçffentlichung in einer Druckschrift, durch die sich der Mitteilende an den Leser der Druckschrift wendet“.2 Damit lsst sich der Begriff „Anzeige“ von zwei Eckdaten her bestimmen: – der Verlag stellt sein Objekt ganz oder teilweise Dritten in der Weise zur Verfgung, dass diese selbst bestimmen kçnnen, wie dieser (Anzeigen-)Raum gefllt wird und – der Dritte hat fr diese Inanspruchnahme (regelmßig) ein Entgelt zu zahlen.3 Man kann „Anzeigen“ folglich als nicht-redaktionelle, vergtungspflichtige Verçffentlichungen in Druckwerken bezeichnen.4 Die Betonung liegt

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4

ge, welche Bedeutung diese Anzeigen fr die Prioritt des Titels eines Druckwerks haben. Dazu: OLG Kçln, AfP 1991, S. 440 ff.; KG, AfP 1991, S. 645 ff.; BGH, AfP 1989, S. 664; OLG Kçln, AfP 1989, S. 673 ff.; OLG Hamburg, AfP 1989, S. 680; OLG Hamburg, WRP 1981, S. 30 ff.; OLG Nrnberg, AfP 1987, S. 445 ff. (mit Anm. Schmid); OLG Frankfurt, AfP 1986, S. 345–346; LG Nrnberg-Frth, AfP 1985, S. 297 ff.; LG Stuttgart, AfP 1985, S. 229 ff.; Schmid, AfP 1985, S. 196 ff.; Ochs, WRP 1987, S. 651 ff.; Arras, GRUR 1988, S. 356 ff.; Bosten/Prinz, AfP 1991, S. 361 ff. Zitat nach Klosterfelde, S. 10. Lçffler, Presserecht, 2. Aufl. Bd. 1, S. 472 Rz. 24; Lçffler, BT Anz Rz. 2. Dass das Element der Entgeltlichkeit allein nicht ausreicht, um Inserate als „Anzeigen“ zu definieren, ergibt sich z. B. aus der Tatsache, dass es sich bei kostenlos abgedruckten Kleinanzeigen (etwa in Offertenblttern) dennoch um „Anzeigenverçffentlichungen“ handelt, da deren Inhalt (allein) vom Inserenten vorgegeben wird – so zu Recht: Lçffler, BT Anz Rz. 1. Der Inhalt des verçffentlichten Textes ist dagegen nicht immer fr eine Abgrenzung tauglich. So kann sich die eine Zeitung entscheiden, Veranstaltungstipps als Service fr die Leser unentgeltlich (also als redaktionelle Leistung) abzudrucken, whrend das andere Blatt Veranstaltungshinweise generell nur als Anzeige verçffentlicht.

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Rath-Glawatz 19

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P Rz. 47

Anzeige (Begriff)

dabei auf der „Verpflichtung“ zur Vergtung, so dass es fr die Einstufung als „Anzeige“ nicht darauf ankommt, ob das Anzeigenentgelt beim Abdruck des Inserates bereits geflossen oder ob es letztendlich fr den Verlag auch eintreibbar ist.1 Eine „entgeltliche Verçffentlichung“ ist nicht nur dann anzunehmen, wenn dem Verlag das aus der Anzeigenpreisliste ersichtliche oder individuell ausgehandelte Anzeigenentgelt zufließt (zufließen soll), sondern auch mit Blick auf jeden anderen finanziellen Vorteil, der dem Verlag unmittelbar aus der Verçffentlichung des Inserates zufließt (z. B. Schaltung von Anzeigen auf der Basis von Gegengeschften).2 Zu recht kritisiert werden die Bestimmungen in den §§ 10 der Landespressegesetze von Brandenburg und Sachsen, nach denen es ausreichen soll, dass das „Entgelt“ fr die Insertion „aus Anlass oder im Zusammenhang mit einer Verçffentlichung“ geflossen ist.3 Soweit durch den Zusatz „oder im Zusammenhang mit einer Verçffentlichung“ der (untaugliche) Versuch gemacht werden soll, auch bezahlte (gesponserte) redaktionelle Berichterstattung unter den Anzeigenbegriff zu fassen und kennzeichnungspflichtig machen zu wollen, so ist dies verfehlt. Schleichwerbung im redaktionellen Gewand ist per se unzulssig. Fr die Abgrenzung zwischen Anzeige und redaktioneller Verçffentlichung ist entscheidend, dass es sich dann, wenn dem Verlag der finanzielle Vorteil unmittelbar fr den Abdruck des Inserats zufließt, um eine Anzeigenverçffentlichung handelt, und alle anderen finanziellen Zuwendungen an Verlage mit Blick auf (redaktionelle) Verçffentlichungen ein Indiz fr das Vorliegen von Schleichwerbung sind. Dabei ist es unerheblich, in welcher Form der Inserent „seinen“ Anzeigenraum fllt: ob durch Text und/oder Bild. Ebenso gleichgltig ist es, ob die Anzeige einen mehr mitteilenden/hinweisenden oder eher werbenden Charakter hat; denn der Inhalt der Anzeige kann sich im Einzelfall fr den nicht eingeweihten Leser sogar als unverstndlich erweisen. Damit wird zugleich deutlich, dass es fr die Bestimmung des presserechtlichen Begriffs „Anzeige“ ohne Bedeutung ist, ob diese Verçffentlichung berhaupt auf einen oder mehrere Leser gemnzt ist; es handelt sich auch dann (noch) um eine Anzeige, wenn der Inserent den Text/das Bild nur „zur eigenen Freude“ abgedruckt sehen will. 1 Dazu: Lçffler/Ricker, S. 107 Rz. 7. 2 Zur Frage der „Entgeltlichkeit“ der Anzeigenverçffentlichung: Lçffler, § 10 LPG Rz. 17 ff., 20; Lçffler/Ricker, S. 108 Rz. 8; s. a. Kçhler, WRP 1998, S. 349, 351. Zu weit gehend ist es jedoch, eine Entgeltlichkeit dann anzunehmen, wenn mit Blick auf eine Jubilumsverçffentlichung ber ein Unternehmen berichtet wurde, dessen Geschftsfhrung seinerseits mçgliche Anzeigenkunden anspricht, um die Verçffentlichung durch die Schaltung von Anzeigen zu untersttzen (dazu: Lçffler/Ricker, S. 110 Rz. 7 mit Nachw. auf die Rtspr.). 3 Kritisch: Lçffler, § 10 LPG Rz. 16; Lçffler/Ricker, S. 111 Rz. 8.

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20 Rath-Glawatz

Anzeige (Begriff)

Rz. 50 P

Im brigen wird der so verstandene Begriff „Anzeige“ auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass Verlage teilweise verbindliche (ußere, die Form und den Aufbau der Anzeige betreffende) Standards vorschreiben und so der Gestaltungsrahmen fr den Inserenten begrenzt wird. Gleiches gilt auch fr den Fall, dass sich die Verlage das Recht vorbehalten, Anzeigen nach bestimmten einheitlichen Grundstzen abzulehnen (R Rz. P 260 ff., 278). Denn trotz dieser Einschrnkungen bei der ußeren Gestaltung bzw. inhaltlichen Abfassung der Anzeigen bleibt doch als Charakteristikum fr diesen Teil der Verçffentlichungen erhalten, dass innerhalb des so vorgesehenen Rahmens allein der Werbende und nicht die Redaktion bestimmt, was verçffentlicht werden soll. Dem hier wiedergegebenen Begriff der „Anzeige“ steht es schließlich auch nicht entgegen, dass als Inserent im Einzelfall der Zeitungs- bzw. Zeitschriftenverlag in Form von sog. „Eigenanzeigen“ auftritt; der Verlag ist dann quasi Anzeigenkunde im eigenen Blatt.

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Neben dieser dem Anzeigenbegriff immanenten Fremdbestimmung des Anzeigenteils der Zeitung oder Zeitschrift durch den Anzeigenkunden gehçrt zur Anzeige ebenso unverzichtbar, dass sie als Fremdverçffentlichung kostenpflichtig ist. So verwendet beispielsweise § 10 LPG NW die Begriffe „Anzeige“ und „entgeltliche Verçffentlichung“ synonym.1 Ein Blick in die Pressegeschichte zeigt, dass Annoncen von Anbeginn an zu bezahlen waren.2 Die Tatsache, dass Verlage im Einzelfall, etwa aus karitativen berlegungen, bestimmte Anzeigen kostenlos abdrucken, hebt diese grundstzliche Feststellung nicht auf (R Rz. P 301). Denn es bleiben fremdbestimmte, nicht redaktionelle Verçffentlichungen, auf deren Bezahlung jedoch ausnahmsweise verzichtet wird. Von dieser Definition des Anzeigenbegriffs ist der Inhalt des Anzeigenauftrags zu unterscheiden: dieser reicht schon deshalb weiter, weil der Verleger der Druckschrift aus dem Anzeigenauftrag nicht nur zum Abdruck des Anzeigentextes, sondern zugleich auch zur Verbreitung/zum Vertrieb der die Anzeige beinhaltenden Druckschrift verpflichtet ist.

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Wird eine Anzeige „im redaktionellen Teil“, im „Textteil“ verçffentlicht, 50 so ist dafr – entsprechend dem hçheren Aufmerksamkeitswert – regelmßig auch ein hçheres Anzeigenentgelt zu zahlen. Ziff. 7 Abs. 1 der ZAW-AGB definiert Textteil-Anzeigen als Inserate, „die mit mindestens drei Seiten an den Text und nicht an andere Anzeigen angrenzen“. Danach sind Anzeigen, die zumindest an drei Seiten von redaktionellem Text „eingerahmt“ sind, „Textanzeigen“, nicht jedoch etwa ganzseitige Inserate, die einer Seite mit redaktionellem Text gegenberstehen.3 1 Zum Entgeltbegriff s. a.: Lçffler, 3. Aufl. Bd. 1, S. 484 Rz. 21. 2 Lçffler, Presserecht, 2. Aufl. Bd. 1, S. 40 Rz. 28. 3 Zur Definition des Begriffs „Text-Anzeige“: Wronka, S. 55; Klosterfelde, S. 45/46.

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Rath-Glawatz 21

P Rz. 51 51

Anzeige (Begriff)

Hat eine Zeitschrift im Anzeigen- und im redaktionellen Teil unterschiedliche Spaltenbreiten, so bestimmt Ziff. 5 der ZAW-AGB, dass „bei der Errechnung der Abnahmemengen… Textmillimeterzeilen dem Preis entsprechend in Anzeigen-Millimeter“ umgerechnet werden. Diese Bestimmung ist bedeutsam fr die Frage der Berechnung von Nachlssen unter Einbeziehung der Inserate sowohl im Text- wie im Anzeigenteil.1

Anzeigenabschluss 52

In der Praxis wird hufig von „Anzeigenabschlssen“ bzw. verkrzend von „Abschlssen“ gesprochen.2 Dieser Begriff findet sich auch in den ZAW-AGB, so beispielsweise in Ziff. 2 – Abwicklungsfrist (R Rz. P 26), Ziff. 3 – Auftragserweiterung (R Rz. P 27), Ziff. 4 – Nachlasserstattung (R Rz. P 28) und Ziff. 17 – Auflagenminderung (R Rz. P 41). Eine verbindliche Definition, was unter einem „Anzeigenabschluss“ zu verstehen ist, liegt jedoch nicht vor.

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Maßgebend fr die Bestimmung dessen, was den Inhalt des Begriffs „Anzeigenabschluss“ ausmacht, drfte die Formulierung in Ziff. 2 Satz 2 der ZAW-AGB sein, wonach dem Inserenten „im Rahmen eines Abschlusses das Recht zum Abruf einzelner Anzeigen eingerumt ist“. Dem „Anzeigenabschluss“ muss demnach ein Vertrag zugrunde liegen, der – auf die Verçffentlichung mehrerer Anzeigen gerichtet ist und – dem Inserenten einseitig die Befugnis gibt, zu entscheiden, ob und wann welche Anzeige erscheinen soll. Folglich kann von einem „Abschluss“ nur dann gesprochen werden, wenn dem Inserenten vertraglich das Recht eingerumt ist, den Leistungsumfang des Verlages, dessen Abdruckpflicht, einseitig festzulegen. Die rechtliche Grundlage fr derartige Vereinbarungen bildet § 315 BGB, der Absprachen zulsst, nach denen der einen Vertragspartei das Recht vorbehalten bleibt, erst nach Vertragsabschluss den Leistungsumfang der anderen Partei zu bestimmen.3

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Whrend entsprechende Vertragsgestaltungen gemeinhin die Ausnahme bilden, ist bei Anzeigenauftrgen, die ber die Verçffentlichung eines Inserats hinausgehen, in der Regel davon auszugehen, dass eine Vereinbarung in der Form eines „Abschlusses“ vorliegt, die dem Inserenten die 1 Dazu: Klosterfelde, S. 42–43; Wronka, S. 49. 2 Zu den Begrifflichkeiten: Lçffler, BT Anz Rz. 8. 3 Palandt/Heinrichs, § 315 Anm. 1; zum Inhalt von „Anzeigenabschlssen“: LG Koblenz, Urteil v. 5.10.1990, Az. 8 O 47/90.

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22 Rath-Glawatz

Anzeigenabschluss

Rz. 56 P

Befugnis verleiht, den Umfang der Abdruckpflicht des Verlages einseitig zu bestimmen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn in dem Anzeigenvertrag das abzuwickelnde Gesamtvolumen, sei es bei Wiederholungsanzeigen deren Anzahl, sei es die zu belegende Gesamtmillimetermenge/Seitenzahl, so unmissverstndlich festgelegt ist, dass der Inserent dieses Volumen weder unterschreiten noch erhçhen darf und der Verlag auf Erfllung der Vereinbarung dringen und bei Nichterfllung Schadensersatz verlangen kann. Die Frage, wer neben dem Verlag Vertragspartei bei einem Anzeigenabschluss geworden ist, bestimmt sich danach, mit wem die wesentlichen Rahmenbedingungen fr den Abschluss vereinbart wurden, und nicht danach, wer jeweils bezogen auf eine einzelne Anzeige als Werbender auftritt.1 Die Frage, welcher der beiden Vertragstypen dem jeweiligen Anzeigenauftrag zugrunde liegt, darf nicht mit dem Problem des Rcktritts vom Anzeigenvertrag (R Rz. P 364 ff.) verwechselt werden. Denn im Zusammenhang mit der Prfung, ob ein „Abschluss“ vorliegt, geht es allein um die Klrung, ob die beiderseitigen Leistungspflichten aus dem Anzeigenvertrag bereits letztverbindlich festgelegt wurden oder ob dem Inserenten einseitig die Befugnis zur Bestimmung vorbehalten sein soll, in keinem Fall jedoch darum, wie sich eine der beiden Seiten (durch Rcktritt) von der Gesamtvereinbarung lçsen kann.

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Da der „Anzeigenabschluss“ lediglich die Besonderheit beinhaltet, dass dem Inserenten vertraglich das Leistungsbestimmungsrecht bezglich des Umfangs des abzudruckenden Anzeigenvolumens eingerumt ist, mssen alle anderen wesentlichen Fragen des Anzeigenauftrages wie sonst auch vorab einvernehmlich festgelegt sein. Der „Anzeigenabschluss“ stellt damit keinen unverbindlichen Vorvertrag dar, der durch nachfolgende Einzelvereinbarungen noch auszufllen wre. Es gelten vielmehr fr jeden vom Inserenten veranlassten „Abruf“ ausschließlich die Konditionen, die in dem „Anzeigenabschluss“ vereinbart wurden. Der Preis der Einzelverçffentlichungen, ihre Platzierung und alle anderen anzeigenspezifischen Fragen bestimmen sich folglich nicht mit Blick auf das jeweils abgerufene Inserat, sondern maßgebend sind allein die im Anzeigenabschluss – als – (insoweit) verbindlicher Rahmenvereinbarung festgelegten Bedingungen.2, 3

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1 OLG Frankfurt, OLGR 1999, S. 269. 2 Dazu insgesamt: LG Berlin, ArchPR 1971, S. 122/123. 3 Die frhere Bedeutung des „Anzeigenabschlusses“ als einheitlichem Schuldgrund fr die Gewhrung eines Mengenrabatts (i. S. d. ehemaligen §§ 7 und 8 RabattG) ist mit der Aufhebung des Rabattgesetzes erloschen – dazu: Rath-Glawatz, in: AfP 2001, 169, 170.

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Rath-Glawatz 23

P Rz. 57

Anzeigenabschluss

57

Dieser rechtlichen Beurteilung des Anzeigenabschlusses steht die Bestimmung der Ziff. 8 ZAW-AGB (R Rz. P 32), nach der der Verlag das Recht hat, „einzelne Abrufe im Rahmen eines Abschlusses“ abzulehnen, nicht entgegen. Denn trotz der Ablehnung einer einzelnen Anzeige bleibt der „Anzeigenabschluss“ insgesamt als verbindliche Rahmenvereinbarung bestehen, die unabhngig vom „Schicksal“ des einzelnen Anzeigenabrufs Gltigkeit hat.

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Mit dem Recht des Anzeigenkunden, im Rahmen des Anzeigenabschlusses zu bestimmen, ob das in Aussicht genommene Gesamtanzeigenvolumen tatschlich abgerufen wird, korrespondiert die Befugnis des Verlages, einen einzelnen Abruf u. a. deshalb ablehnen zu kçnnen, weil fr den vom Inserenten vorgesehenen Erscheinungstag kein Anzeigenraum mehr zur Verfgung steht. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Verlag dann, wenn der Inserent nicht alle vertraglich mçglichen „Abrufe“ wahrnimmt, keinesfalls auf „Erfllung“ des „Anzeigenabschlusses“ klagen kann; umgekehrt wrde es dem Vertragsgedanken widersprechen, wenn der Inserent das Recht besße, den Abruf ohne Rcksichtnahme auf Verlagsinteresse durchzusetzen.1

Anzeigenakquisition per Telefon/Fax/E-Mail 59

Die Vorschrift des § 7 UWG, nach der „unzumutbare“ werbliche „Belstigungen“ wettbewerbswidrig sind, ist mit Blick auf die Akquisition von Anzeigen vor allem dann von Bedeutung, wenn die Geschftsanbahnung/ der Geschftsabschluss per Telefon oder E-Mail erfolgt (erfolgen soll).2 Bei der Haustr-3/Straßenwerbung (Ansprechen in der ffentlichkeit)4 und Briefwerbung5 ist generell zu beachten, dass sie gem. § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG unlauter ist, wenn der Empfnger erkennbar macht, dass er diese Werbung nicht wnscht (Beispiel: Aufkleber mit Werbeverweiger-Hinweis auf dem Briefkasten). Alle Formen der telefonischen Anzeigenwerbung, die man auch unter dem Aspekt des „Ausspannens von Kunden“ (R Rz. P 121 ff.) betrachten kann, mssen sich an der Vorschrift des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG messen

1 Dies gilt bereits im Rahmen des § 315 BGB – dazu: Palandt/Heinrichs, § 315 Anm. 1. 2 Harte/Henning, § 7 Rz. 25 ff. 3 Harte/Henning, § 7 Rz. 40 ff.; Baumbach/Hefermehl, § 7 Rz. 105 ff. 4 Harte/Henning, § 7 Rz. 26 ff.; Baumbach/Hefermehl, § 7 Rz. 96 ff. 5 Harte/Henning, § 7 Rz. 95 ff.; Baumbach/Hefermehl, § 7 Rz. 21 ff., 28 ff.

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24 Rath-Glawatz

Anzeigenakquisition per Telefon/Fax/E-Mail

Rz. 61 P

lassen.1 Eine unzumutbare Belstigung liegt „bei Werbung mit Telefonanrufen gegenber Verbrauchern oder gegenber sonstigen Marktteilnehmern“ dann vor, wenn sie „ohne deren zumindest mutmaßliche Einwilligung“ erfolgt. Telefonwerbung2 gegenber Gewerbetreibenden3 ist erlaubt, wenn das 60 Einverstndnis ausdrcklich erteilt wurde oder auch nur vermutet werden kann. Die Vermutung ist anzunehmen, wenn ein konkreter aus dem Interessenbereich des Anzurufenden herzuleitender Grund vorliegt.4 Erscheint beispielsweise eine neue Ausgabe einer Zeitschrift, so kann nicht generell mit Blick auf alle Gewerbetreibenden vermutet werden, dass sie telefonisch auf die neuen Insertionsmçglichkeiten hingewiesen werden wollen. Anders sieht es dann aus, wenn die neue (Fach-)Zeitschrift gerade fr das Angebotsspektrum konzipiert ist, in dem der Gewerbetreibende aktiv ist.5 Soll in einem (bestehenden) Printmedium redaktionell ber ein Thema berichtet werden, zu dem der Gewerbetreibende themengebundene Werbung schalten kçnnte, so kann dessen Einverstndnis fr telefonische Anzeigenwerbung ebenfalls unterstellt werden. Hat sich der Gewerbetreibende in Vergangenheit bereits an entsprechenden Aktionen mit Anzeigenschaltungen beteiligt oder regelmßig inseriert bzw. an Informationen interessiert gezeigt, so kann das Einverstndnis ebenfalls unterstellt werden.6 Hat der ehemalige Anzeigenkunde dagegen ausdrcklich erklrt, in dem fraglichen Blatt nicht mehr inserieren zu wollen, so fehlt es gerade an einer „mutmaßlichen Einwilligung“ mit Blick auf telefonische Anzeigenwerbung. Wenn sich seit der negativen Entscheidung des Werbetreibenden bei dem Printmedium gravierende Vernderungen eingestellt haben (Verlagswechsel, deutliche Verbesserung der Auflage, gravierende Erweiterung des redaktionellen Teils usw.), kann vermutet werden, dass der Werbetreibende angesichts der neuen Verhltnisse mit der telefonischen Anzeigenwerbung (wieder) einverstanden ist. Telefonische Anzeigenwerbung gegenber Verbrauchern (wenn dies praktisch berhaupt relevant sein sollte), ist nur zulssig, wenn die Einwil-

1 Harte/Henning, § 7 Rz. 75, 78 ff. 2 Unter (Telefon-)Werbung wird sowohl die Vorbereitung/Anbahnung eines Geschftsabschlusses wie auch der Geschftsabschluss selbst verstanden; unter diesen Begriff fallen auch die (telefonischen) Kontakte, die dazu diesen sollen, bestehende Vertragsbeziehungen fortzusetzen oder zu erweitern (Harte/Henning, § 7 Rz. 125 unter Hinweis auf die BGH-Rtspr.; Baumbach/Hefermehl, § 7 Rz. 42). 3 Zur Abgrenzung Unternehmer/Verbraucher: §§ 13, 14 BGB – Harte/Henning, § 7 Rz. 126. 4 Harte/Henning, § 7 Rz. 138 ff. 5 Harte/Henning, § 7 Rz. 142. 6 Harte/Henning, § 7 Rz. 142.

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Rath-Glawatz 25

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P Rz. 62

Anzeigenakquisition per Telefon/Fax/E-Mail

ligung1 ausdrcklich oder stillschweigend erteilt ist.2 Eine vermutete Einwilligung reicht – anders als bei der telefonischen Anzeigenwerbung gegenber Gewerbetreibenden – nicht aus.3 Ein ausdrckliches Einverstndnis liegt vor, wenn der Verbraucher um Anruf bittet oder einem (spteren) Anruf bereits bei Aufnahme des Geschftskontaktes ausdrcklich zugestimmt hat. Dieses Einverstndnis bezieht sich jedoch immer nur auf den konkreten Sachzusammenhang, nicht jedoch auf andere, weitergehende Zwecke. Die Flle eines vermuteten Einverstndnisses (eines Verbrauchers) sind so selten, dass sie faktisch keine Rolle spielen. 62

Anzeigenwerbung per Fax/E-Mail/SMS ist ohne Einwilligung des Adressaten generell unzulssig (§ 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG). Ausnahmsweise ist Anzeigenwerbung per „elektronischer Post“ (also nur per E-Mail oder SMS, nicht jedoch per Fax) gem. § 7 Abs. 3 Nr. 1 UWG auch ohne Einwilligung gestattet, wenn der Verlag bereits bei einer Anzeigenschaltung, also im Rahmen einer bestehenden Kundenbeziehung, von einem gewerblichen Werbetreibenden dessen elektronische Postaderesse (Fax bzw. E-Mail) erhalten hat.4 Zugleich kann von diesem gesetzlichen Ausnahmetatbestand immer nur dann Gebrauch gemacht werden, wenn der Werbetreibende durch den Verlag im Zusammenhang mit der Speicherung der elektronischen Anschrift darauf aufmerksam gemacht wurde, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann (§ 7 Abs. 3 Nr. 4)5 bzw. der Kunde der Verwendung der elektronischen Anschrift nicht (bereits) widersprochen hat (§ 7 Abs. 3 Nr. 3).6 Schließlich verlangt § 7 Abs. 3 Nr. 2, dass die elektronische Anschrift nur fr „eigene“ Waren- und Dienstleistungen (also fr Anzeigen in eigenen, nicht in fremden Blttern) verwandt werden darf;7 zugleich muss sich die Werbung auf „hnliche“ Waren und Dienstleistungen beziehen, was bei der Akquisition von Anzeigen in der Regel der Fall ist.8 Gegenber privaten Anzeigenkunden kann nicht auf die Ausnahmeregelung des § 7 Abs. 3 zurckgegriffen werden, so dass insoweit stets die Einwilligung fr Fax/E-Mail/SMS-Anzeigenwerbung vorliegen muss.9 1 Gemeint ist die vorherige Zustimmung (§ 183 BGB) – Harte/Henning, § 7 Rz. 127. 2 Harte/Henning, § 7 Rz. 122 ff.; Baumbauch/Hefermehl, § 7 Rz. 48 ff.; Telefonwerbung ber automatische Anrufmaschinen wird durch § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG erfasst und verlangt stets die Einwilligung des Angerufenen. 3 Harte/Henning, § 7 Rz. 131; gleiches gilt, wenn die Einwilligung lediglich in den AGB verankert ist – Harte/Henning, § 7 Rz. 133. 4 Harte/Henning, § 7 Rz. 188; Baumbach/Hefermehl, § 7 Rz. 79 ff. 5 Harte/Henning, § 7 Rz. 189. 6 Harte/Henning, § 7 Rz. 190. 7 Baumbach/Hefermehl, § 7 Rz. 89. 8 Diese Adressen drften z. B. nicht zugleich fr die Abonnentenwerbung verwendet werden. 9 Harte/Henning, § 7 Rz. 186.

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26 Rath-Glawatz

Anzeigenbltter

Rz. 65 P

Anzeigenannahmestelle Neben den Geschftsstellen, in denen die Verlage eigene Angestellte zur Entgegennahme von Anzeigenauftrgen beschftigen, gibt es vielerorts sog. Annahmestellen, in denen rechtlich selbstndige Unternehmer (als „Nebenttigkeit“) Anzeigen gegen Provisionszahlung durch den Verlag aufnehmen. Schließlich sind fr die Verlage angestellte und freiberufliche (Handels-)Vertreter ttig, die Anzeigenabschlsse vornehmen.1

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Da die Annahmestellen, dies macht schon ihre Bezeichnung deutlich, lediglich die Aufgabe haben, die Anzeigen(angebote) der Inserenten entgegenzunehmen und an den jeweiligen Verlag weiterzuleiten, kommt es zum Abschluss eines Anzeigenvertrages – vergleichbar dem Fall der elektronischen bermittlung des Anzeigenmanuskriptes – erst dann, wenn die Anzeige beim Verlag eingegangen ist und dieser das Inserat nach Kenntnisnahme zum Abdruck annimmt.2 Folglich kann nicht argumentiert werden, der Verlag bediene sich der Annahmestellen als Erfllungsgehilfen gem. § 278 BGB. Denn gegenber dem Insertionswilligen bestehen – wiederum vergleichbar dem Fall der elektronischen bermittlung des Anzeigenmanuskriptes – noch keine vertraglichen Verpflichtungen, die der Verlag unter Einschaltung der Annahmestellen erfllen kçnnte. Diese sollen vielmehr durch die Weitergabe des „Insertionswunsches“ erst dazu beitragen, dass es zu einem Anzeigenvertrag kommt.3 Vertragspartner des Inserenten ist damit stets der Verlag, nicht die Annahmestelle.

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Anzeigenbltter Anzeigenbltter enthalten einen redaktionellen Teil und – im Gegensatz zu Offertenblttern – ausschließlich bezahlte Anzeigen. Der Vertrieb der Anzeigenbltter erfolgt – anders als bei Tageszeitungen und Offertenblttern – ausnahmslos kostenfrei.4 Damit liegt der Schwerpunkt der presse-/ wettbewerbsrechtlichen Problematik der Anzeigenbltter in deren Gratisvertrieb.5 Soweit Rechtsfragen mit Blick auf Anzeigenverçffentlichungen 1 2 3 4

Dazu: Wronka, S. 73. LG Braunschweig, AfP 1975, S. 813; s. a. LG Hamburg, ArchPR 1977, S. 81. In diesem Sinn: AG Schongau, ArchPR 1959, S. 46. Ochs, Rz. 37/38; Lçffler/Ricker, S. 417 Rz. 23; zum Begriff „Anzeigenbltter“: Harte/Henning, Einl G Rz. 42. 5 Dazu insgesamt: BGH, NJW 1956, S. 588/589 (Freiburger Wochenblatt); BGH, NJW 1969, S. 744 ff. (Stuttgarter Wochenblatt I); BGH, NJW 1971, S. 2025 ff. (Stuttgarter Wochenblatt II); BGH, GRUR 1985, S. 881 (Bliestal-Spiegel); OLG Frankfurt, GRUR 1980, S. 318 ff. Der BGH hat z. T. von Anzeigenblttern als „Offertenblttern“ gesprochen; heute werden darunter Objekte verstanden, die

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Rath-Glawatz 27

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P Rz. 66

Anzeigenbltter

in Anzeigenblttern auftauchen, so unterscheiden sich die dabei auftretenden Probleme grundstzlich nicht von denen bei anderen Printmedien.1 66

Unter dem Blickwinkel einer mçglichen Irrefhrung (§ 5 UWG) ist umstritten, ob sich Anzeigenbltter „mit nicht unerheblichem redaktionellem Teil“ als „Zeitung“ bezeichnen drfen.2 Die Firmierung als „Verbraucherzeitung“ soll zulssig sein.3

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Enthlt ein Anzeigenblatt berwiegend Inserate und hat ein eventuell vorhandener redaktioneller Teil so gut wie keinen Aufmerksamkeitswert, so ist der Vertrieb derartiger Bltter presse- und wettbewerbsrechtlich unproblematisch; sie sind vergleichbar mit Handzettelwerbung bzw. (anderen) Hauswurfsendungen. Die in derartigen Anzeigenblttern abgedruckten Anzeigen kçnnen von der Tageszeitungspresse nicht als – existenzielle – Gefhrdung des fr sie lebensnotwendigen Anzeigengeschfts keinen redaktionellen Teil besitzen, private Kleinanzeigen kostenlos abdrucken und nur gegen Entgelt zu beziehen sind. In diesem Zusammenhang ist die Rechtsprechung zum kostenlosen Vertrieb von Fachzeitschriften mit zu bercksichtigen: BGH, NJW 1971, S. 2027 ff. (Feld und Wald I); BGH, NJW 1977, S. 1060 ff. (Feld und Wald II); BGH, DB 1981, S. 2604 ff. (Bckerfachzeitschrift); s. a. OLG Hamburg, WRP 1973, S. 45 ff. (Dialog). Aus der Literatur: Ulmer, AfP 1975, S. 870 ff. (885/886); Kbler, S. 169 ff.; Lehmann, S. 75 ff.; Schricker, GRUR 1980, S. 194 ff.; Emmerich, S. 357 ff. Zur Frage der Absatzbehinderung, wenn den Lesern eines Anzeigenblattes Aufkleber fr den Briefkasten zugeschickt werden, mit denen die Annahme von Werbung mit Ausnahme des Anzeigenblattes verweigert wird: OLG Stuttgart, OLGR 1999, S. 77. 1 So gilt der Grundsatz der Trennung von redaktionellem und Anzeigen-Teil uneingeschrnkt auch bei Anzeigenblttern: OLG Frankfurt, AfP 1984, S. 240; OLG Rostock, OLGR 1999, S. 423; OLG Hamburg, OLGR 2000, S. 143; OLG Jena, OLGR 2003, S. 191; Nordemann, in: Hasselblatt, MAH Gewerblicher Rechtsschutz, § 17 Rz. 9; Harte/Henning, Einl G Rz. 42; zur Kennzeichnungspflicht bei Anzeigenblttern: OLG Mnchen, OLGR 1993, S. 98; OLG Celle, OLGR 1998, S. 20; OLG Schleswig, OLGR 1997, S. 314; hinsichtlich der Frage, in wie weit die Leser von Anzeigenblttern durch „redaktionelle Werbung“ irregefhrt werden kçnnen, wird man jedoch nicht die strengen Maßstbe anlegen wie etwa bei Tageszeitungen – dazu: Baumbach/Hefermehl, § 4 Rz. 3.25. 2 Gegen die Zulssigkeit: OLG Dsseldorf, WRP 1979, S. 44; LG Hagen, AfP 1979, S. 320; in diesem Sinn wohl auch: OLG Hamm, AfP 1980, S. 46/47; s. a. Ochs, Rz. 38, 143; ebenso ist es irrefhrend, wenn sich ein Anzeigenblatt, das ber keinen qualifizierten redaktionellen Teil verfgt, als „Sonntagszeitung“ bezeichnet: Kreisgericht Frankfurt/Oder, Urteil v. 9.6.1993, Az. 92 ZH 748/92; das LG Bonn (WRP 1980, S. 110/111) hlt die Bezeichnung „Zeitung“ fr ein Anzeigenblatt dagegen fr zulssig; nach einer Entscheidung des OLG Kçln (AfP 1999, S. 86) drfen Offertenbltter nicht mit der Bezeichnung „Zeitung“ beworben werden. Der einmal monatlich erscheinende Veranstaltungskalender einer Stadt darf in einer im Inneren des Heftes abgedruckten Eigenanzeige als „Monatszeitung“ bezeichnet werden, da die Leser des Blattes in Kenntnis von dessen Ausstattung nicht getuscht werden: LG Detmold, Urteil v. 21.6.1991, Az. 1 O 161/91. 3 OLG Oldenburg, WRP 1978, S. 744.

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28 Rath-Glawatz

Anzeigenbltter

Rz. 67 P

angesehen werden, da der Werbetreibende grundstzlich frei entscheiden kann, welche Werbemittel er auswhlt. Die meinungsbildende Presse besitzt insoweit keinerlei Vorrang.1 Anders ist die Situation jedoch zu beurteilen, wenn der redaktionelle Teil eines Anzeigenblattes, und sei es nur bezogen auf das lokale Geschehen, vom Leser als Ersatz fr eine Tageszeitung angesehen oder einer Tageszeitung vergleichbar als Informationsquelle genutzt wird. Dann muss die kostenlose Verbreitung als unzulssig angesehen werden. Dies liegt darin begrndet, dass durch die Gratisverteilung eine hohe Reichweite erzielt und aufgrund des entsprechenden Leserinteresses Werbetreibende zur verstrkten Insertion veranlasst werden. Diese Anzeigen gehen der Tageszeitungspresse verloren, die jedoch auf die entsprechenden Erlçse angewiesen ist, um ihre meinungsbildende Funktion sachgerecht wahrnehmen zu kçnnen. Hinzu kommt, dass den Tageszeitungen auch auf dem Lese-(Vertriebs-)Markt Einnahmen entzogen werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Vertrieb entsprechender Anzeigenbltter erst dann unzulssig, wenn ein konkreter Nachweis darber gefhrt werden kann, dass es zu einer ernsthaften Gefhrdung des Wettbewerbs auf dem (betroffenen) Pressemarkt kommt.2 Dass ein entsprechender Nachweis bisher nur in Ausnahmen erbracht werden konnte, liegt wohl darin begrndet, dass die Tageszeitungsverlage, um eine konkrete Gefhrdung ihres Bestandes erst gar nicht eintreten zu lassen, selbst im Anzeigenblattgeschft ttig geworden sind.3 Im brigen handelte es sich bei den Anzeigenblttern, um deren Zulssigkeit gerichtlich gestritten wurde, fast ausschließlich um Objekte, deren redaktioneller Teil hinter dem einer Tageszeitung zurckblieb.4 Allgemein wird davon ausgegangen, dass ein Anzeigenblatt dann eine Tageszeitung ersetzt, wenn der redaktionelle Teil des Anzeigenblattes wesentlich mehr als 1/3 des Gesamtumfangs ausmacht.5 Nach einer Entscheidung des OLG Karlsruhe soll zu zulssig sein, wenn ein Anzeigenblatt mit einem redaktionellen Umfang von 2/3 die konkurrierende Tageszeitung in ihrem Bestand gefhrdet, sofern der redaktionelle Teil des Anzeigenblattes qualitativ in der Lage ist, die Lokal-Berichterstattung der Tageszeitung zu substituieren.6 Insgesamt wird man hier sehr behutsam 1 Dazu: Kçhler, § 4 Rz. 12.21; Ochs, Rz. 80; Ahrens, § 74 Rz. 17. 2 Lçffler-Ricker, S. 415 Rz. 25. 3 Das OLG Frankfurt (GRUR 1980, S. 320) hat gegen ein Anzeigenblatt entschieden, das zwar noch keinen vollstndigen Ersatz fr eine Wochenzeitung darstellte, sich aber erkennbar dorthin bewegte. 4 Emmerich, S. 359/360 (m. w. N.). 5 OLG Frankfurt, GRUR 1980, S. 318; OLG Nrnberg, AfP 1984, S. 166; LG Mnster, AfP 1984, S. 170; s. a. OLG Hamm, AfP 1984, S. 164. Zur Abgrenzung Anzeigenblatt – Stadtillustrierte (bei kostenloser Verteilung der Stadtillustrierten zur Markteinfhrung): LG Berlin, AfP 1991, S. 657 ff. 6 AfP 1996, S. 273.

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Anzeigenbltter

abwgen mssen. Denn die redaktionelle Gesamtleistung von Tageszeitungen, die vielfach ber das hinausgeht, was Anzeigenbltter zu leisten in der Lage sind, darf im Interesse der umfassenden Informationsvermittlung gegenber den Brgern nicht unbeachtet bleiben. Folglich kann der Blick nicht allein auf die funktionelle Austauschbarkeit der Lokalberichterstattung gerichtet werden.1 68

Neben der Frage, ob die Gratisverteilung von Anzeigenblttern presseund wettbewerbsrechtlich berhaupt zulssig ist, und wenn ja, in welchen Grenzen, musste sich die Rechtsprechung auch entscheiden, ob Anzeigenbltter als Mittel des Wettbewerbs zwischen Tageszeitungen eingesetzt werden drfen.2 Umstritten ist schließlich, inwieweit die Verteilung von Anzeigenblttern gegen den Willen der Adressaten zulssig ist.3

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So wie die Rechtsprechung die Grundstze bzgl. des Verschenkens von Originalware auf die Gratisverteilung bei Anzeigenblttern anwendet, kçnnte man versucht sein, die zu den Anzeigenblttern ergangenen Entscheidungen unverndert auch auf den neuen Typ der Offertenbltter zu bertragen. Dies ist jedoch nicht sachgerecht. Denn bei den Offertenblttern ist zu bercksichtigen, dass ihre Konzeption – anders als bei Anzeigenblttern – darauf angelegt ist, durch „schmarotzerhaftes“ Verhalten berhaupt erst die Basis fr die eigene Existenz zu gewinnen: denn die Offertenblattverlage verschenken den sonst nur gegen Entgelt zu bekommenden Anzeigenraum an Private – in dem Bewusstsein, sich dies wegen der gnzlich fehlenden redaktionellen Kosten in jedem Fall „leisten zu kçnnen“, – in der Gewissheit, dass mit den privaten Kleinanzeigen auch die gewerblichen Inserate von der Tageszeitungspresse zu ihnen abwandern und – in der Erkenntnis, dass die Tageszeitungen, wollen sie nicht auch zu Offertenblttern werden, fr sich auf dem die Offertenbltter begnstigenden Prinzip der generellen Kostenpflichtigkeit von Anzeigen bestehen mssen. Dies stellt einen wesentlich schrferen Angriff auf die Existenzgrundlagen der meinungsbildenden Presse dar als die Gratisverteilung von anzeigenfinanzierten Druckwerken mit einem redaktionellen Teil, der den der Tageszeitung nicht ersetzt. Folglich ist der kostenlose Abdruck von Kleinanzeigen in Offertenblttern schon per se wettbewerbswidrig, ohne 1 Umfassend zu dieser Thematik: Berst, AfP 1999, S. 425 ff.; s. a. Baumbach/Hefermehl, § 4 Rz. 12.12; s. a. Ahrens, § 74 Rz. 18. 2 Dazu: BGH, AfP 1977, S. 293, 296. 3 Dazu: Bodendorf, AfP 1988, S. 322 ff.; OLG Karlsruhe, AfP 1991, S. 750/751; OLG Stuttgart, AfP 1994, S. 226/227.

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dass es des Nachweises einer konkreten Gefhrdung des Bestandes auf dem Pressemarkt bedarf.1

Anzeigenboykott Der Aufruf des Boykottierers (Verrufers), die Adressaten (Boykotthelfer) mçgen in einer bestimmten Zeitung/Zeitschrift (Boykottierter) zuknftig nicht mehr inserieren, kann wettbewerbsrechtlich (§ 4 Nr. 10 UWG)/kartellrechtlich (§ 21 GWB)2 wie auch als Eingriff in den eingerichteten und ausgebten Gewerbebetrieb (§ 823, 826 BGB) unzulssig sein.3

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Verfolgt der Boykottierer – keine eigenen wettbewerblichen (wirtschaftlichen) Interessen gegenber dem zu boykottierenden Druckorgan, sondern ausschließlich geistig/ideelle Zielsetzungen und – beschrnkt er sich darauf, einen nachdrcklichen Appell auszusprechen, ohne zugleich auch den Boykottierten unter (wirtschaftlichen) Druck zu setzen, dann ist der Boykottaufruf als Auseinandersetzung im (politischen und gesellschaftlichen) Meinungskampf i. d. R. als zulssig anzusehen.4 Dementsprechend ist es z. B. einem Politiker (im Rahmen des Wahlkmpfes) zu Recht gestattet, die Inserenten eines Anzeigenblattes anzuschreiben und aufzufordern, ihr Anzeigenverhalten angesichts der redak1 Anders: BGH, AfP 1989, S. 737 ff. 2 So hat es das Kammergericht (WuW/E OLG S. 1029) als kartellrechtswidrig angesehen, dass ein Inserent den Verlag aufgefordert hat, Inserate eines Mitwettbewerbers nicht mehr abzudrucken, weil diese Inserate den „Erfolg“ seiner eigenen Anzeigen untergraben wrden, und zugleich zur Untermauerung der Aufforderung die eigenen Anzeigenschaltungen („vorerst“) gestoppt hatte. 3 Zum (Boykott-)Aufruf, die Abonnements einer Tageszeitung zu kndigen: OLG Karlsruhe, Urteil v. 18.7.1997 – Az. 14 W 35/97. 4 Grds. zu diesem Problem: Lçffler/Ricker, S. 587 Rz. 2 ff.; Lçffler, 2. Aufl. Bd. 1, S. 542 Rz. 114 ff.; Helle, NJW 1964, S. 1497 ff., 1502; Lutz, § 38 S. 356 Rz. 1 ff.; Kbler, AfP 1973, S. 405 ff., S. 408, S. 410; Soehring, S. 483 Rz. 22.43 ff.; s. a. Mçllers, NJW 1996, S. 1374; Wenzel, S. 307 Rz. 367 ff.; Ahrens, § 74 Rz. 111 ff.; Harte/Henning, § 4 Nr. 10 Rz. 203 ff., 228, 233/234; Baumbach/Hefermehl, § 4 Rz. 10.116 ff., 10.119, 10.121, 10.125. Die „Sddeutsche Zeitung“ (v. 6.11.2004) berichtet ber einen „Boykottaufruf“ gegen die „Baseler Zeitung“ nachdem diese sich entschlossen hatte, Veranstaltungshinweise nur noch als Inserate abzudrucken. Liegen diesem Boykottaufruf kulturpolitische Motive zugrunde (Veranstaltungstipps gehçren zu Sicherung der Vielfalt zur Redaktion), dann ist das Verhalten legitim.

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Anzeigenboykott

tionellen Linie dieses Blattes zu berdenken.1 Geht der Politiker jedoch so weit anzukndigen, seine politischen Freunde und er selbst wrden bei den Inserenten nicht mehr kaufen, wenn diese ihre Insertionspraxis nicht nderten, so ist dies rechtswidrig.2 Als rechtlich zulssig ist es anzusehen, wenn eine Industrie- und Handelskammer ihre Mitglieder vor der Insertion in einer – kommunistischen – Zeitschrift warnt3 oder ein Familienvater (Markenartikel-)Firmen anschreibt mit der Aufforderung, in einer Zeitschrift, die seiner Ansicht nach jugendgefhrdende Artikel verçffentlicht, keine Anzeigen mehr zu schalten.4 72

Nicht auszuschließen ist, dass ein Presseorgan selbst Dritte dazu aufruft, in einem anderen Druckobjekt nicht zu inserieren. Dabei muss mit besonderer Umsicht geprft werden, ob diesem Appell tatschlich ein hinreichender redaktioneller Anlass zugrunde liegt oder ob nicht unter einem vermeintlich redaktionellen Anliegen Geschftspolitik zu Lasten eines (unmittelbaren oder mittelbaren) Konkurrenten betrieben wird.5, 6

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Unter dem (Rechts-)Begriff des Boykotts werden z. T. auch Flle erfasst, in denen ein Marktteilnehmer den anderen „aussperrt“, indem etwa Liefersperren verhngt werden. Bezogen auf den Anzeigenbereich kann es sich dabei um den Ausschluss eines Insertionswilligen durch den Verlag (R Rz. P 258 ff.) oder aber um die Abschluss-/Erfllungs-Verweigerung durch den Inserenten handeln. 1 OLG Dsseldorf, AfP 1985, S. 214/215; Wenzel, S. 307 Rz. 367); OLG Mnchen, ArchPR 1969, S. 57; anders noch: OLG Hamburg, ArchPR 1945–56, S. 33; zu den Grenzen eines Boykottaufrufs eines Politikers, jeden, der fr eine Sekte Werbeflchen zur Verfgung stellt, publik zu machen: OLG Mnchen, AfP 2002, S. 235. 2 OLG Dsseldorf, AfP 1985, S. 215. Hat ein Anzeigenblatt die Anzeige einer rechtsradikalen Partei abgedruckt, so ist es noch als zulssig anzusehen, wenn eine Gewerkschaft – als Ausdruck des politischen Meinungskampfes – ihre Mitglieder auffordert, wegen dieser Anzeigenverçffentlichung dem Anzeigenblattverlag gegenber zu erklren, dass man zuknftig das Anzeigenblatt nicht mehr zugestellt haben wolle. Verschickt die Gewerkschaft zugleich jedoch in großem Stil an ihre Mitglieder entsprechend vorformulierte „Abbestellungsschreiben“, die diese dann nur noch unterschrieben an den Anzeigenverlag absenden mssen, dann ist die Grenze eines zulssigen Boykottaufrufs berschritten. Denn auf diese Weise wird versucht, bewusst und gezielt wirtschaftlichen Druck auf den Anzeigenverlag auszuben. Die mçglicherweise eintretende Schwchung im Vertrieb des Anzeigenblattes soll eine nderung im kaufmnnischen Verhalten (Abdruck von Anzeigen) veranlassen. – Zum Aufruf einer Tageszeitung zum (rechtswidrigen) Mietboykott: BVerfG, NJW 1989, S. 381/382. 3 Dazu: BGH, ArchPR 1945–56, S. 33. 4 OLG Kçln, NJW 1965, S. 2345 – dazu eingehend: Bappert, AfP 1966, S. 589 ff.; s. a. Baumbach/Hefermehl, § 1 S. 498 Rz. 295. 5 Dazu: Lçffler/Ricker, S. 588 Rz. 8 ff.; Soehring, S. 484 Rz. 22.46. 6 Zum Gerichtsstand bei Boykottaufrufen: OLG Frankfurt, GRUR 1986, S. 627.

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Anzeigengewinnspiele

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So ist es zu Recht als Verstoß gegen § 21 GWB angesehen worden, wenn ein Inserent einer Zeitschrift mitteilt, in ihr nicht mehr zu inserieren, solange diese es dulde, dass (bestimmte) Anzeigen eines Konkurrenten dort abgedruckt werden. Dies setze den Verlag unter unangemessenen Druck und sei deshalb unzulssig; dabei kçnne sich der Inserent nicht darauf berufen, die Anzeigen des Konkurrenten seien (mçglicherweise) wettbewerbswidrig. Denn der Inserent sei selbst in der Lage, das erneute Erscheinen angeblich wettbewerbswidriger Anzeigen seines Konkurrenten durch eine Einstweilige Verfgung zu unterbinden.1 Andererseits ist es einer Zeitung zugestanden worden, eine „Anzeigensperre“ gegen einen Knstler zu verhngen, der sich ber das Presseorgan in „beleidigender“ Weise geußert hatte.2 Zugleich wurde jedoch auch festgestellt, dass ein Journalist in einem Filminformationsdienst einem Filmtheaterunternehmen „Inseratenboykott“ vorwerfen darf, das durch den Entzug von Anzeigenauftrgen eine Zeitung zwingen wollte, im redaktionellen Teil zuknftig nur noch positiv ber dieses Unternehmen zu berichten.3

Anzeigengewinnspiele Wie viele andere Wirtschaftsunternehmen nutzt auch die Presse die Mçglichkeit, ber die Veranstaltung von Preisausschreiben auf ihre Produkte aufmerksam zu machen und deren Absatz zu fçrdern. Der Schwerpunkt fr derartige Gewinnspiele liegt im Vertriebsbereich; es gibt jedoch auch eine Reihe von Aktionen, in denen Verlage „rund um den Anzeigenteil“ Preisausschreiben veranstalten, um so auf die Vorteile und den Nutzen von Anzeigenverçffentlichungen hinzuweisen. Gewinnspiele sind wettbewerbsrechtlich grundstzlich zulssig, sie drfen jedoch weder – mit dem Absatz eines Produkts gekoppelt sein noch – einen psychologischen Kaufzwang ausben noch – die Mitspieler in bertriebener Weise anlocken.4 1 2 3 4

KG, ArchPR 1969, S. 125/126. LG Berlin, ArchPR 1966, S. 100/101. Dazu: BGH, ArchPR 1960, S. 39; OLG Stuttgart, ArchPR 1959, S. 60. Umfassend dazu: Lçffler, BT Gewinnspiel Rz. 1 ff.; Heil, WRP 1989, S. 647 ff.; Borck, AfP 1983, S. 312 ff.; zum Verbot von Gewinnspielen in Zeitschriften in sterreich: EuGH, ZUM 1997, S. 830. Zu einem Gewinnspiel eines Radiosenders, bei dem die Lçsungen in dem Anzeigenteil einer Tageszeitung zu suchen waren: KG, AfP 1998, S. 311 (die vom KG vorgenommene Bewertung, der Radio-

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Anzeigengewinnspiele

Mit Blick auf den neuen § 4 Nr. 6 UWG ist bzgl. der Frage der Absatzkoppelung Folgendes festzuhalten: Nach wie vor ist es generell unzulssig, die Teilnahme an einem Gewinnspiel von dem Erwerb eines Printproduktes abhngig zu machen.1 § 4 Nr. 6 UWG stellt jedoch zugleich klar, dass eine derartige Absatzkopplung dann nicht gegeben ist, wenn „das Preisrtsel oder Gewinnspiel naturgemß mit der Ware oder der Dienstleistung verbunden ist“. Wettbewerbsrechtlich unbedenklich sind damit die in vielen Printmedien regelmßig und blicherweise vorzufindenden Preisausschreiben. Und selbst wenn diese – in zulssiger Weise – auf dem Titel des jeweiligen Printobjekts angekndigt oder im Rahmen der Vertriebswerbung des Verlages beworben werden,2 so liegt darin immer noch keine unzulssige Absatzkopplung. Denn die Preisausschreiben sind stets nur ein untergeordneter Teil des Angebots des Printmediums. Niemand kauft regelmßig eine Zeitung oder Zeitschrift, nur weil sie ein Preisausschreiben enthlt, wenn ihm der sonstige Inhalt des Printmediums nicht zusagt. Eine wettbewerbswidrige Ausnutzung der „Spielleidenschaft“ ist nicht zu erkennen. Folglich drfen diese Preisausschreiben auch in entgeltlich vertriebenen Printobjekten abgedruckt werden.3 Dies schließt die Befugnis des Verlages ein, in seiner Werbung fr das jeweilige Printprodukt darauf hinzuweisen, dass darin Preisrtsel abgedruckt sind. Denn fr Handlungen, die selbst legal sind, (hier die Verçffentlichung von Preisrtseln in Printmedien), kann und darf es kein Werbeverbot geben.4 Die Regelung in § 4 Nr. 6 UWG bedeutet anderseits nicht, dass damit Preisausschreiben in der Presse unter allen denkbaren Aspekten wettbewerbsrechtlich unbedenklich wren. Selbst wenn der Tatbestand, dass in einem Printmedium ein Gewinnspiel abgedruckt ist, „fr sich genommen“ wettbewerbsrechtlich noch nicht angreifbar ist, mssen doch allen anderen Regeln, die bei der Veranstaltung von Gewinnspielen zu beachten sind (z. B. Verbot der Absatzkopplung,5 Verbot des bertriebenen An-

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sender habe sein Gewinnspiel als Werbung kennzeichnen mssen, ist nicht zutreffend, da die Hçrer – wie die Leser einer Zeitung – Gewinnspiele in keinem Fall dem redaktionellen Bereich zuordnen; Gewinnspiele werden per se als Werbung eingestuft). Harte/Henning, § 4 Nr. 6 Rz. 15. Zutreffend hat das KG Berlin (KG, OLGR 2001, S. 35) entschieden, dass eine Plakataktion, mit der ein Gewinnspiel in einer Tageszeitung beworben wird, nicht deshalb wettbewerbswidrig ist, weil ein Hinweis auf den Plakaten fehlte, nach der die Teilnahme an dem Gewinnspiel nicht vom Erwerb der Zeitung abhngig ist. Harte/Henning, § 4 Nr. 6 Rz. 15. Dazu insgesamt: Baumbach/Hefermehl, § 4 Rz. 6.6, 6.15 ff.; Harte/Henning, § 4 Nr. 6 Rz. 1 5 ff. Wettbewerbsrechtlich unbedenklich ist „nur“ die „Darbietungsform“ (also der Abdruck des Gewinnspiels in dem entgeltlichen Printmedium), nicht jedoch eine Fallgestaltung, bei der die Teilnahme am Gewinnspiel den Erwerb des Printprodukts zwingend voraussetzt (indem etwa nur derjenige teilnehmen kann, der zuvor Abonnent geworden ist) – dazu: Harte/Henning, § 4 Nr. 6 Rz. 15.

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lockens,1 Verbot der Irrefhrung ber die Gewinnchancen,2 oder sonstige Irrefhrung)3, nach wie vor eingehalten werden.4 So wird man auch heute noch einen weiterhin unzulssigen Fall der Absatzkoppelung dann annehmen mssen, wenn es zur Lçsung des Gewinnspiels notwendig ist, aus Anzeigenverçffentlichungen in einem (entgeltlich vertriebenen) Druckwerk Teile herauszuschneiden, zusammenzukleben und an den Verlag zu schicken.5 Denn in diesen Fllen ist die Lçsung immer nur fr „einen“ Leser des jeweiligen Objekts mçglich. Will ein „Mitleser“ ebenfalls teilnehmen, msste er den Titel noch einmal selbst kaufen. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn der Verlag fr das Gewinnspiel selbst keine oder nur zurckhaltende Werbung macht und der Kufer des Presseprodukts erst nach dessen Erwerb, quasi beim Durchblttern, bemerkt, dass er „zustzlich“ die Chance bekommen hat, an einem entsprechend ausgestalteten Preisausschreiben teilzunehmen. Eine unzulssige Absatzkoppelung wird schließlich auch dann vermieden, wenn der Verlag in Sonderdrucken die entsprechenden Anzeigenseiten in so großer Zahl kostenlos verteilt (z. B. in Fußgngerzonen, ber Betriebe) oder zur Mitnahme bereitlegt (in den eigenen Geschftsstellen oder Anzeigenannahmestellen), dass es fr Spielinteressierte leicht mçglich ist, auch ohne den Kauf der Zeitung oder Zeitschrift an die Teilnahmeunterlagen eines derartigen Gewinnspiels zu gelangen.6 – Keine Probleme bestehen (nach Wegfall der Zugabeverordnung), wenn Anzeigen in der Zeitung oder Zeitschrift (bzw. in deren Beilagen) zur Lçsung des Preisrtsels nicht ausgeschnitten werden mssen, sondern sich aus dem „Studium“ der Anzeigen (dort sind z. B. die einzelnen Lçsungsbuchstaben „versteckt“) das Lçsungswort des Anzeigengewinnspiels ergibt.7 1 Lçffler, BT Gewinnspiel Rz. 57 ff. 2 Lçffler, BT Gewinnspiel Rz. 66. 3 Wettbewerbswidrig wre es beispielsweise, die Teilnahme an einem Anzeigengewinnspiel mit der Bitte um einen unverbindlichen Beratungstermin zu verbinden, ohne dabei klar zu machen, dass in diesem Termin Anzeigenauftrge akquiriert werden sollen (s. a. OLG Hamburg, NJW-RR 1995, S. 1254). 4 Baumbach/Hefermehl, § 4 Rz. 6.18. 5 Lçffler, BT Gewinnspiel Rz. 13; Borck, AfP 1983, S. 314/315; s. a. OLG Mnchen, WRP 1984, S. 46 („Sammelschnitzel“-Aktion einer Jugendzeitschrift); bezogen auf – aus dem Printmedium auszuschneidende – „Coupongewinnspiele“: Harte/Henning, § 4 Nr. 6 Rz. 15 Fn. 901 m. N. auf die Rtspr. Wird bei der einem (Anzeigen-)Gewinnspiel ausdrcklich darauf hingewiesen, dass die Teilnahme auch unabhngig von dem Kauf/Abonnement des Printmediums mçglich ist, so ist eine Absatzkopplung in jedem Fall zu verneinen (bezogen auf ein Gewinnspiel im Versandhandel: OLG Hamburg, OLGR 2002, 369). 6 Parallel dazu der Fall des Verteilens von Spielkarten fr ein Gewinnspiel („Glcks-Express“): LG Mnchen, AfP 1983, S. 417. 7 In diesem Sinne wohl auch: Lçffler, BT Gewinnspiel Rz. 10. Wenn das OLG Hamm (GRUR 1994, S. 669) ein Preisrtsel, das darin besteht, „Ausschnitte aus Anzeigen, die auf derselben Seite der Zeitung abgedruckt sind, den verschiedenen Anzeigen zuzuordnen“, als Verstoß gegen die ZugabeVO, aber auch gegen

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Es ist weiterhin nach wie vor darauf zu achten, dass sich aus den sonstigen Umstnden der Spielgestaltung kein psychologischer Zwang auf die Interessenten ergibt, der dann (mittelbar) doch zum Kauf des Presseprodukts animiert, von dem das Gewinnspiel veranstaltet wird.1 In diesem Zusammenhang geht es vor allem um die Frage, inwieweit es zulssig ist, dass ein Spielinteressent ein (Einzelhandels-)Geschft, in dem das entsprechende Produkt angeboten und verkauft wird, aufsuchen muss, um an die Spielunterlagen zu kommen. Da es gerade in Geschften, die Presseerzeugnisse fhren, blich ist, dass die potenziellen Kufer die vielen, in der Regel zu Niedrigpreisen angebotenen Objekte unbeanstandet „in Augenschein nehmen“ kçnnen, um zu prfen, ob und gegebenenfalls welchen Titel sie kaufen wollen, ist es ohne jede Peinlichkeit mçglich, das Ladenlokal auch ohne Kauf einer Zeitschrift, aber unter Mitnahme bereitliegender Teilnahmekarten fr ein Gewinnspiel zu verlassen (bzw. die Gewinnunterlagen einer bestimmten Zeitschrift mitzunehmen, aber eine ganz andere zu kaufen). Deshalb scheidet in diesen Fllen aufgrund der atypischen Verkaufssituation in der Regel ein psychologischer Kaufzwang aus.2 Anders ist die Situation, wenn die Einzelhndler gegebenenfalls die Spielunterlagen nicht griffbereit zur Mitnahme auslegen, sondern selbst ausgeben. Hier kann die Gefahr bestehen, dass die Abgabe der Unterlagen dann doch „Hand in Hand“ mit dem Verkauf des Presseprodukts einhergeht, dessen Verlag das Spiel veranstaltet.3 Wieder anders ist die Situation zu beurteilen, wenn ein Verlag Gewinnspielkarten streut, mit denen sein Anzeigenteil beworben wird, Preise ausgelobt werden und der Teilnehmer als zustzliches „Dankeschçn“ fr die Abgabe der Gewinnspielkarte in den Verkaufskiosken eine kostenlose Ausgabe des beworbenen Objekts erhlt. Auch hier ist kein Kaufzwang zu sehen, da die jeweilige Zeitung gerade unentgeltlich abgegeben wird.4

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den § 1 UWG a. F. untersagt hat, so ist eine derartige Entscheidung heute nicht mehr vertretbar. Dies gilt nicht nur mit Blick auf den Wegfall der ZugabeVO, sondern auch unter dem Aspekt, dass sich in Folge dieses Wegfalls zugleich die Kriterien des allgemeinen Lauterkeitsrechts im geschftlichen Verkehr verndert haben. Wenn der Verlag durch Zugaben legitimer Weise das Insertionsinteresse potenzieller Werbetreibender wecken und befçrdern darf, so kann dies auch in der Form geschehen, dass untersttzend zu den Insertionen die Aufmerksamkeit fr die Anzeigen durch ein Anzeigengewinnspiel erhçht wird. Zu dem Werbespruch: „Ihr Glck ist so nah wie der nchste Kiosk“ im Zusammenhang mit der Veranstaltung eines Gewinnspiels; LG Stuttgart, ArchPR 1973, S. 137, s. a. OLG Hamburg, GRUR 1990, S. 466 ff.; OLG Hamburg, ZUM 1989, S. 362 ff. LG Mnchen, AfP 1983, S. 417; Borck, AfP 1983, S. 317. Dazu: OLG Hamburg, WRP 1988, S. 463 ff. KG Berlin, AfP 2000, S. 466.

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Ist auf den Teilnahmekarten fr das Anzeigengewinnspiel zugleich auch ein Anzeigenbestell-Coupon abgedruckt, so muss sowohl in den Teilnahmebedingungen wie in der graphischen Gestaltung der Spielanleitung unmissverstndlich deutlich gemacht werden, dass die Teilnahme an dem Preisausschreiben unabhngig von einer eventuellen Anzeigenschaltung erfolgt. Ist diese Trennung nicht in der gebotenen Weise erfolgt und kann so ein Spielinteressent vermuten, er habe eine grçßere Gewinnchance, wenn er gleichzeitig eine Anzeige aufgibt, so ist dieses Gewinnspiel wegen psychologischen Zwangs wettbewerbsrechtlich unzulssig.1

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Bei der Gestaltung von Anzeigengewinnspielen ist weiter darauf zu achten, dass keine Schleichwerbung fr Inserenten betrieben wird. Handelt es sich bei den Verçffentlichungen, auf die sich das Preisausschreiben bezieht, um Anzeigen von Werbetreibenden, so muss dies im Zweifel durch ausdrckliche Kennzeichnung unmissverstndlich kenntlich gemacht werden.2

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Werden in dem Preisausschreiben berhçhte Preise/Gewinne in Aussicht gestellt, so kann auch dies die wettbewerbsrechtliche Zulssigkeit des Gewinnspiels berhren. Dabei sind jeweils die Umstnde des Einzelfalls (Bedeutung des einzelnen Presseorgans Stellung im Markt, Verhalten der Konkurrenz) maßgebend.3

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Die Rechtsprechung hat in der Vergangenheit in der Veranstaltung von Anzeigengewinnspielen der Verlage und der zur Lçsung der Gewinnspiele vorgesehenen Bezugnahme auf in derselben Ausgabe verçffentlichte Anzeigen einen Wettbewerbsverstoß (bzw. einen Verstoß gegen die damals noch gltige Zugabeverordnung) gesehen. Dies wurde damit begrndet, dass mit der Einbeziehung der ausgewhlten Anzeigen in das Gewinnspiel die „Attraktivitt und Werbewirksamkeit“ dieser Inserate erhçht und so dem Werbekunden eine nicht „unerhebliche zustzliche Werbeleistung“ ohne besondere Berechnung gewhrt werde. Der Verlag ziele darauf ab, dass die Kunden zuknftig vermehrt Anzeigen in der Hoffnung aufgeben wrden, wiederum bzw. endlich auch einmal in das Preisrtsel mit einbezogen zu werden.4 Diese schon damals fragwrdige Rechtsprechung ist mit dem Wegfall der Zugabeverordnung gnzlich obsolet geworden. Denn das jetzt geltende Wettbewerbsrecht ist gerade liberalisiert

1 Bezogen auf die Koppelung von Teilnahmescheinen an Gewinnspielen und AboBestell-Coupons: Borck, AfP 1983, S. 316. 2 LG Stuttgart, ArchPR 1973, S. 137. 3 Die Verteilung eines Gewinnspiels ber 10 Ausgaben eines Printproduktes ist auch bei hohen Preisauslobungen und der Ankndigung auf der Titelseite heute nicht mehr als wettbewerbswidrig anzusehen: OLG Hamburg, Beschluss v. 3.4.1996 – Az. 3 W 39/96. 4 OLG Hamm, AfP 1993, S. 584; OLG Hamburg, AfP 1992, S. 151, 152; in diesem Sinne (aber ohne nhere Begrndung) immer noch: Ahrens, § 74 Rz. 55.

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P Rz. 79

Anzeigengewinnspiele

worden, um derartige Marketingmaßnahmen („Fçrderung der Werbekunden durch Gewinnspiele“)1 zu legalisieren.2 Ebenso wenig ist es zutreffend, wenn in Preisrtseln, in deren Lçsung Anzeigenverçffentlichungen mit einzubeziehen sind, zugleich Schleichwerbung durch (zustzliche) redaktionelle Berichterstattung und damit ein Verstoß gegen § 4 Nr. 3 UWG gesehen wird.3 Es werden nicht „die Grenzen zwischen bezahlter Werbung und redaktioneller Ttigkeit verwischt“, sondern gerade im Gegenteil besonders herausgehoben: wer an dem Gewinnspiel teilnimmt, dem ist bekannt, dass es dabei ganz oder in Teilen um die Zuordnung bzw. Bewertung von unstreitig als Anzeigen erkennbaren Inseraten handelt. Eine Tuschung des Lesers durch die Verschleierung von redaktionellem Teil und Anzeigenverçffentlichungen ist damit ausgeschlossen (R Rz. P 369 ff.).4 Werden von den Zeitungsverlagen in (Anzeigen-)Gewinnspielen Preise ausgelobt, die die Hersteller kostenlos zur Verfgung gestellt haben, so soll der Verlag nach der Rechtssprechung des BGH verpflichtet sein, auf diesen Umstand in dem Preisausschreiben hinzuweisen.5 Fehlt der Hinweis, dass die Preise von Dritten gestiftet wurden, liege Schleichwerbung im redaktionellen Gewand vor. Die Kritik gegen diese Rechtsprechung ist berechtigt, da fr jedermann offenkundig ist, dass es sich bei den Gewinnspielen um eine werbliche Maßnahme, nicht um einen redaktionellen Beitrag handelt.6 Solange die Preise innerhalb des Preisausschreibens werblich nicht besonders herausgestellt werden, sich deren Prsentation „im Rahmen des blichen“ hlt, liegt keine Schleichwerbung in redaktioneller Form vor.7 Eine jeweils separat vorzunehmende Kennzeichnung der Darstellung der 1 Ahrens, § 74 Rz. 54. 2 Rath-Glawatz, AfP 2001, S. 169, 173; zu Gewinnspielen als legales Marketinginstrument: OLG Hamburg, Beschluss v. 3.4.1996 – Az. 3 W 39/96. Unzulssig wre es allerdings, mit der Behauptung zu werben, aus den Anzeigen, die in ein Gewinnspiel einbezogen werden, wrde sich ein „immenser zustzlicher Beachtungswert“ ergeben. 3 OLG Hamm, AfP 1993, S. 584; zu den Entscheidungen des BGH Preisrtselgewinnauslobung I–IV: Ahrens, § 74 Rz. 56; Kçhler, § 4 Rz. 3.26; Nordemann, in: Hasselblatt, MAH Gewerblicher Rechtsschutz, § 17 Rz. 15. 4 Anders, wenn der Verlag und der Hersteller der ausgelobten Preise gemeinsam das Preisrtsel „veranstalten“ – dazu: KG, AfP 1990, S. 170, 171. Zur Frage der Qualifizierung von Gewinnspielen als Eigenwerbung der Verlage bzw. als redaktionelle Verçffentlichungen: Ahrens, § 74 Rz. 56 m. N. a. die Rtspr.; Kçhler, § 4 Rz. 3.26; Harte/Henning, § 4 Nr. 3 Rz. 3. 5 BGH, WRP 1994, S. 816, 818 (Preisrtselgewinnauslobung II); anders OLG Stuttgart, AfP 1992, S. 295; die Revisionsentscheidung des BGH (WRP 1994, S. 810 ff.) zu diesem Urteil des OLG Stuttgart beschrnkt sich auf prozessuale Fragen. 6 Harte/Henning, § 4 Nr. 3 Rz. 31; Baumbach/Hefermehl, § 4 Rz. 3.26; Ahrens, § 74 Rz. 56; s. a. OLG Stuttgart, AfP 1992, S. 296. 7 BGH, WRP 1994, S. 816, 817.

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38 Rath-Glawatz

Anzeigenpreise

Rz. 80 P

Preise mit dem Wort „Anzeige“ ist nicht notwendig.1 Erfolgt die Prsentation des Anzeigengewinnspiels in einer von dem Verlag ausdrcklich als „Anzeige“ gekennzeichneten Verçffentlichung, in der dann auch der Gewerbetreibende, der die Preise fr das Gewinnspiel gestiftet hat, ausfhrlich vorgestellt wird, so ist dies Vergehen (heute) entgegen einer Entscheidung des OLG Hamm nicht mehr als wettbewerbswidrig anzusehen.2 Es handelt sich (auch) nicht um Schleichwerbung, da die Verçffentlichung unmissverstndlich als Inserat gekennzeichnet wurde. Soweit in der zitierten Entscheidung beanstandet wird, der Verlag habe sich die Anzeige nicht bezahlen lassen, so ist dies nicht nachvollziehbar, da es sich offenkundig um eine korrekt gekennzeichnete Eigenanzeige des Verlages gehandelt hat. Mssen die Hersteller jedoch dafr, dass der Verlag die Produkte innerhalb des Preisrtsels vorstellt, Entgelt zahlen, so handelt es sich nicht mehr um eine Eigenwerbung des Verlages, sondern um (bezahlte) Anzeigenverçffentlichungen, die als redaktionell gestaltete Anzeigen entsprechend gekennzeichnet werden mssen. Geschieht dies nicht, so ist ein Verstoß gegen § 4 Nr. 3 UWG gegeben. Gleiches gilt auch, wenn die Produkte in der „redaktionellen“ Berichterstattung „bermßig“ werblich herausgestellt werden.3

Anzeigenpreise Selbstverstndlich ist jedes Presseunternehmen in seiner Anzeigenpreisgestaltung frei.4 So ist es nicht zu beanstanden, wenn z. B. fr den Abdruck von (Trauer-)Anzeigen trotz gleicher Grçße unterschiedliche Preise festgesetzt werden, und zwar je nachdem, ob der Inserent eine Privatperson ist oder ob es sich um Firmen oder „Kçrperschaften“ als Auftraggeber handelt.5 Ein Verlag kann bei gleich großen Anzeigen unterschiedliche Anzeigenpreise fr die Verçffentlichung in den einzelnen Ausgaben 1 OLG Stuttgart, AfP 1992, S. 296, 297; dazu m. w. N.: Lçffler/Ricker, S. 110 Rz. 7. 2 OLG Hamm, NJW-RR 1990, S. 1196; im Ergebnis wie hier: Ahrens, § 74 Rz. 55. 3 Dazu insgesamt: BGH, WRP 1994, S. 814 ff.; s. a. KG, AfP 1992, S. 289 ff.; LG Berlin, AfP 1992, S. 388; Hecker, AfP 1993, S. 717, 719. 4 Lçffler/Ricker, S. 647 Rz. 5. Selbst unter der Geltung des Rabattgesetzes sind unterschiedliche Preise fr „gestaltete“ und „nicht-gestaltete“ (Klein-)Anzeigen fr unbedenklich erklrt worden – KG Berlin, AfP 2000, S. 467. Zum Grundsatz der freien Preisbestimmung: Baumbach/Hefermehl, § 4 Rz. 10.184 ff. 5 AG Kçln, Urteil v. 30.10.1990 – Az. 115 C 323/90: ist ein entsprechender Auftrag einer Firma telefonisch aufgegeben und dabei nicht nach dem Preis gefragt worden, so ist nach dem AG Kçln von einem „stillschweigenden Einverstndnis“ mit dem in der Preisliste festgelegten hçheren Preis als der blichen Vergtung gem. § 632 BGB auszugehen; s. a. Lçffler, BT Anz Rz. 63.

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Rath-Glawatz 39

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P Rz. 81

Anzeigenpreise

eines Objekts ebenso unabhngig festsetzen,1 wie in der Preisliste (R Rz. P 85 ff.) die Flle bestimmen, in denen fr Sonderverçffentlichungen, z. B. Anzeigen-Kollektive oder Beilagen, abweichende Preise festgelegt werden.2 Gleiches gilt fr die Gestaltung der Rabatt-(Nachlass-)bedingungen (Malstaffeln, Mengenstaffeln, Boni oder Sondernachlsse – z. B. fr amtliche Bekanntmachungen, Handelsregisteranzeigen usw.). Nach dem Wegfall des Rabattgesetzes bestehen erst Recht keine Bedenken, wenn die Verlage in den Preislisten (R Rz. P 85 ff.) eine Preisgestaltung in der Weise vornehmen, dass sie einen (Anzeigen-)Grundpreis ausweisen, der sich jedoch fr Ortskunden auf den sog. Ortspreis ermßigt.3 Außerdem ist es unbedenklich, wenn der Verlag – vor allem in den Fllen eines lngerfristigen Abschlusses – den Preis fr eine Anzeige an die Hçhe der jeweiligen Ausgabe des einzelnen Heftes koppelt („Garantieauflage“) und dem Anzeigenkunden eine Rckvergtung zusichert, falls die in Aussicht gestellt Auflagenhçhe nicht erreicht wird. Die Problematik des kostenlosen Abdrucks von Anzeigen (R Rz. P 301 ff.), die Gewhrung von Rabatten (R Rz. P 333 ff.) wird in den entsprechenden Kapiteln gesondert behandelt. 81

Einfhrungsangebote fr Anzeigen sind wettbewerbsrechtlich unbedenklich, wenn ein Objekt neu in den Markt gebracht wird4 bzw. sich bei einem bereits etablierten Produkt die ußeren Gestaltungsmerkmale5 oder die Anzeigenpreise dauerhaft ndern.6 Gleiches gilt auch dann, wenn das 1 Wenn ein Verlag dort, wo Regionalausgaben seines Objekts auf Mitwettbewerber stoßen, niedrigere Anzeigenpreise ausweist als dort, wo das eigene Blatt eine Alleinstellung hat, so ist dies per se nicht unzulssig. Die Grenze wre erst dann berschritten, wenn unter kartellrechtlichen Vorzeichen ein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung festgestellt und auch bewiesen werden kann. Bereits zu Zeiten der Geltung des Rabattgesetzes wurde eine Praxis, die Preise fr Immobilien je nach „Lage“ des angebotenen Objekts („im Westen oder im Osten“) unterschiedlich festzusetzen, als zulssig erachtet – KG Berlin, AfP 1999, S. 376. 2 OLG Karlsruhe, AfP 1991, S. 423/424; OLG Hamm, WRP 1991, S. 812, 813; OLG Hamm, OLGR 1993, S. 58; Lçffler, BT Anz Rz. 65–68. 3 Zum Thema „Ortspreis“: BGH, AfP 1992, S. 146 ff. Nach der Entscheidung des BGH ist es sogar zulssig, bestimmte ortsansssige Kunden, selbst wenn sie direkt inserieren, vom Ortspreis auszunehmen. Ausfhrlich zum Thema Ortspreis: Vorauflage Rz. 292–294. 4 BGH, AfP 1994, S. 39 (Neueinfhrung eines Anzeigenblattes); s. a.: Ahrens, § 74 Rz. 99. 5 Das KG Berlin (AfP 1999, 363) hat die Neugestaltung des Immobilienanzeigenteils in einer Tageszeitung als hinreichenden Grund fr „Einfhrungspreise“ anerkannt. 6 Dazu: BGH, AfP 1994, S. 39/40. – Wirbt ein Verlag in einer Eigenanzeige unter anderem damit, dass „Privatanzeigen DM 3,– pro Zeile inkl. MWSt.“ kosten, so liegt damit keine verbotene Werbung mit Selbstverstndlichkeiten vor, wenn in derselben Anzeige zugleich auch fr die gewerblichen Kunden darauf hingewiesen wird, dass sich die Anzeigenpreise zuzglich Mehrwertsteuer verstehen – LG Berlin, GRUR 1989, S. 130.

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40 Rath-Glawatz

Anzeigenpreise

Rz. 82 P

Printerzeugnis in einen neuen Verlag bergegangen ist,1 sich der Erscheinungsrhythmus des Objekts verndert und die personelle Betreuung der Anzeigenkunden wechselt.2 In jedem Fall muss jedoch, um eine Irrefhrung (§ 5 Abs. 2 Nr. 2 UWG) zu vermeiden, ein Zeitpunkt angegeben sein, wann der Einfhrungspreis endet (und der hçhere, dauerhafte „Neupreis“ beginnt).3 Wird der Zeitraum, der fr Einfhrungspreise insgesamt als angemessen angesehen wird, nicht berschritten, so ist es wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn eine zunchst auf ein bestimmtes Datum begrenzte Zeitspanne fr die Einfhrungspreise nochmals verlngert wird.4 Wie lang die Zeitspanne fr Einfhrungspreise maximal bemessen sein darf, hngt von den Umstnden des Einzelfalls ab (z. B. Erscheinungshufigkeit des Objekts usw.).5 Einfhrungspreise, die lnger als 6 Monate gewhrt werden, drften jedenfalls nicht mehr zulssig sein. Schließlich ist es zulssig, die Preise (nur) saisonbedingt oder bei anderen Schwankungen in der Nachfrage den vernderten Bedingungen anzupassen.6 Das Unterbieten von Anzeigenpreisen der Konkurrenz ist fr sich genom- 82 men als Element des kaufmnnischen Wettbewerbs keine unbillige und damit wettbewerbsrechtlich unzulssige Behinderung. Dies gilt selbst dann, wenn der Konkurrent den niedrigen Preisen auf Dauer nicht standhalten kann und vom Markt verschwindet. Die mangelnde Kostendeckung bei der Anzeigenpreisgestaltung ist fr sich allein ebenfalls nicht zu beanstanden. Sie kann z. B. durch eine Mischkalkulation mit anderen Anzeigentarifen fr weitere Objekte des Verlages gerechtfertigt sein.7 Erst dann, wenn die nicht kostendeckenden Anzeigenpreise dauerhaft gezielt dazu eingesetzt werden, einen Konkurrenten vom Markt zu verdrngen bzw. den Wettbewerber auf dem betroffenen Markt ganz auszuschalten,

1 OLG Hamburg, AfP 1989, S. 549; Baumbach/Hefermehl, § 5 Rz. 7.105. 2 OLG Hamburg, AfP 1989, S. 549 – gelten die Einfhrungspreise (als spezielle, zeitlich befristete Preisliste) fr alle Anzeigenkunden mit gleicher Wirkung, so liegt auch kein Verstoß gegen den Grundsatz der Preislistentreue vor (OLG Hamburg, a. a. O.). 3 Harte/Henning, § 5 Rz. 535. 4 KG Berlin, AfP 1999, S. 364, 365 – Das Gericht ist in seiner Entscheidung unabhngig von rabattrechtlichen berlegungen zu dem Ergebnis gelangt, dass die Verlngerung des Zeitraums dann, wenn die Gesamtdauer nicht berschritten ist, keinen Wettbewerbsverstoß darstellt. 5 Bezogen auf die Einfhrungspreise fr einen neu gestalteten Immobilienanzeigenteil, der jeweils Samstags erscheint, hat das Kammergericht (AfP 1999, S. 364, 365) 8 Wochen als Zeitspanne fr die Einfhrungspreise als noch zulssig angesehen; insgesamt zu der Problematik von Einfhrungspreisen: Harte/Henning, § 5 Rz. 510, 570; Baumbach/Hefermehl, § 5 Rz. 7.104–7.105. 6 Ahrens, § 74 Rz. 101. 7 Baumbach/Hefermehl, § 4 Nr. 10 Rz. 10.184 ff., 10.187.

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Rath-Glawatz 41

P Rz. 83

Anzeigenpreise

wird die mangelnde Kostendeckung wettbewerbswidrig.1 Ob eine entsprechende Strategie tatschlich verfolgt und die genannten Umstnde auch wirklich gegeben sind, kann nur an Hand der konkreten Verhltnisse des jeweiligen Einzelfalles entschieden werden.2 83

So wie es in den Presseunternehmen allgemein blich ist, den Anzeigenvertrgen Allgemeine Geschftsbedingungen zugrunde zu legen, gehçrt es traditionell zum Anzeigengeschft, dass alle Verlage fr ihre Druckobjekte Anzeigenpreislisten herausgeben.3 Regelmßig werden die Allgemeinen Geschftsbedingungen und die Preislisten zusammen in sog. Mediaunterlagen an die werbetreibende Wirtschaft bzw. Agenturen verschickt, sodass die Preislisten den potenziellen Anzeigenkunden ebenso bekannt – und damit „verbindlich“ – sind wie die Allgemeinen Geschftsbedingungen der Verlage. Vielfach ist in dem Impressum des jeweiligen Verlagsobjekts zustzlich angegeben, welche Preisliste z. Zt. gltig ist.4 Diesen Preislisten kommt im Anzeigengeschft erheblich grçßere Bedeutung zu, als dies in anderen Wirtschaftszweigen blich ist: aus dem Charakter des Anzeigengeschfts als Massengeschft folgt zwangslufig, dass – von Ausnahmen bei bestimmten Großkunden abgesehen – Anzeigenpreise bzw. Rabatte nicht einzeln ausgehandelt bzw. festgesetzt werden kçnnen, sondern nach den Tarifen in den verçffentlichten Anzeigenpreislisten abzurechnen sind. Dem entspricht es, dass bei vielen Anzeigenabschlssen ber den Preis des Inserats nicht mehr gesprochen werden muss, da dieser sich entsprechend den jeweils maßgebenden Kriterien, etwa der Grçße (Hçhe und Spaltenzahl) der Annonce, direkt aus der Preisliste ergibt.

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Soweit die Verlage Anzeigenpreislisten fhren, geben sie damit zwar (nach außen) zu erkennen, dass sie die verçffentlichten Anzeigenpreise und Rabattkonditionen den Anzeigenabschlssen als verbindlich zugrunde legen wollen.5 Ob man heute allerdings noch wie frher selbstverstndlich davon ausgehen kann und darf, dass es im gesamten Pressewesen eine einheitliche, allgemein anerkannte und ganz berwiegend auch praktizierte Standesauffassung gibt, sich gegenber den Anzeigenkunden an die verçffentlichten Anzeigenpreise, aber auch an die ausgewiesenen 1 Ahrens, § 74 Rz. 99. 2 Dazu insgesamt: BGH, AfP 1990, S. 207 ff. (Anzeigenpreis I); BGH, AfP 1990, S. 205 ff. (Anzeigenpreis II). Zu den prozessualen Problemen derartiger Verfahren: Ahrens, § 74 Rz. 102–103. 3 Lçffler, BT Anz Rz. 62. 4 OLG Frankfurt, AfP 1988, S. 368; s. a. AG Kçln, Urteil v. 30.10.1990, Az. 115 C 323/90; Lçffler, BT Anz Rz. 62. 5 Bodendorf/Nill, AfP 2005, S. 251 ff. – Die Autoren gehen auch weiterhin von dem Fortbestand des Prinzips der Preislistentreue aus. Ein Abweichen von den als verbindlich deklarierten Preisen wird unter dem Aspekt der Irrefhrung und des Vorsprungs durch Rechtsbruch als wettbewerbswidrig angesehen.

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42 Rath-Glawatz

Anzeigenpreise

Rz. 84 P

Rabattkonditionen zu halten, erscheint nicht mehr in der Weise gesichert, dass nicht fr einzelne Segmente des Printgeschfts und/oder einzelne Regionen abweichende Praktiken belegt werden kçnnten.1 Bezogen auf den konkret zu beurteilenden Einzelfall kann es also durchaus streitig sein, ob die Preislistentreue in der jeweiligen Printmediengattung, auf dem jeweils betroffenen Markt tatschlich noch praktiziert wird oder nicht.2 Wer einem Mitwettbewerber wegen der Verletzung der Preislistentreue abmahnen will, wird zugleich zu belegen haben, dass in dem Markt, in dem das Wettbewerbsverhltnis besteht, das Gebot der Preislistentreue (noch oder schon wieder) beachtet wird. Nur dann, wenn der Abmahnende fr den relevanten Markt eine entsprechende Branchenbung glaubhaft machen kann, handelt derjenige, der von der Anzeigenpreisliste „willkrlich“ abweicht, wettbewerbswidrig.3 Den Grundsatz der Preislistentreue im Anzeigenwesen hat der BGH in einer Entscheidung aus dem Jahr 1952 besttigt.4 Diese Rechtsprechung fand zudem ihre Rechtfertigung auch in den damaligen Grundprinzipien des Rabattrechts.5 Nach Aufhebung des Rabattgesetzes ergeben sich zustzliche Zweifel, ob der Grundsatz der Preislistentreue heute noch in der Allgemeinheit, wie er bisher gegolten hat, aufrechterhalten werden kann. Es lsst sich zwar darauf verweisen, dass die Strukturen im Bereich 1 Soweit in dem Beitrag von Rath-Glawatz, AfP 2001, S. 169, 172, die Auffassung vertreten worden ist, an dem Grundsatz der Preislistentreue sei „prinzipiell“ festzuhalten, entbindet dies angesichts der zwischenzeitlich erfolgten tatschlichen Entwicklung jedoch nicht der Notwendigkeit, nunmehr im Zweifel fr jeden betroffenen Markt zu ermitteln, ob dort dieser Grundsatz noch als tragend angesehen wird oder nicht. Zur Preislistentreue im Anzeigengeschft: Ahrens, § 74 Rz. 109; das KG Berlin (AfP 1999, S. 364) streift im Zusammenhang mit der wettbewerbsrechtlichen Prfung von Einfhrungspreisen auch das Thema „Preislistentreue“, ohne dazu jedoch inhaltlich Stellung zu beziehen: auf der Basis des alten Rechts (u. a. Rabattgesetz); insoweit auch: LG Hamburg, AfP 1995, S. 690; Lçffler, 2. Aufl. Bd. 1, S. 612 Rz. 116; Lçffler, BT Anz Rz. 64; das OLG Karlsruhe (WRP 1988, S. 620/621) wollte den Grundsatz der Preislistentreue lediglich in dem Sinne verstehen, dass keine (damals) unzulssigen Rabatte gewhrt werden drfen. 2 Bezogen auf den Markt der Fachzeitschriften fr Finanzdienstleistungen hat das LG Traunstein (Urteil v. 22.12.2000 – Az. 1 HKO 2448/00) die Werbung mit von der Preisliste abweichenden Preisen untersagt bzw. zwei von einander abweichende Preislisten zu verwenden. 3 Ahrens (§ 74 Rz. 108) spricht insoweit von einem denkbaren Verstoß „gegen § 3 UWG unter dem Gesichtspunkt der Wertreklame“; zu einer eventuellen Anwendung des § 5 UWG (a. a. O. Rz. 110). 4 BGH, NJW 1953, S. 579/580; s. a. LG Essen, ArchPR 1970, S. 116; LG Karlsruhe, ArchPR 1966, S. 75/76; LG Hagen, ArchPR 1971, S. 130/131; OLG Frankfurt, AfP 1988, S. 365; OLG Mnchen, AfP 1992, S. 367, 368. 5 Diesen rabattrechtlichen Zusammenhang betont das OLG Hamburg (AfP 1989, S. 549), wenn es in der Gewhrung von Einfhrungspreisen (auch) keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Preislistentreue sieht.

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Rath-Glawatz 43

P Rz. 84

Anzeigenpreise

des Anzeigengeschfts, die der BGH-Entscheidung zugrunde lagen, bis heute im Wesentlichen gleich geblieben sind.1 Andererseits hat sich durch den Wegfall des Rabattgesetzes und die Neufassung des UWG das Umfeld in einer Weise verndert, dass man den Grundsatz der Preislistentreue nicht mehr als selbstverstndlich unterstellen kann, sondern jeweils fallbezogen belegen muss.2 Es ist jedoch nach wie vor wettbewerbswidrig (§ 5 Abs. 2 Nr. 2 UWG „irrefhrende Angaben ber eine Preisliste“), wenn ein Verlag neben der „offiziellen“ (verçffentlichten) Preisliste dem Anzeigenaußendienst eine zweite „inoffizielle“ an die Hand gibt und die Verlagsvertreter dann bei einzelnen Kunden nach eigenem Ermessen entscheiden kçnnen, ob sie von der fr den Kunden gnstigeren „inoffiziellen“ Preisliste Gebrauch machen oder nicht.3 Ergibt die Prfung in dem jeweils relevanten Markt,4 dass dort das Gebot der Preislistentreue noch als verbindlich anerkannt und geachtet wird, so ist dann, wenn ein Verlag im Einzelfall von der Preisliste abweicht, jeweils sorgfltig zu untersuchen, ob dies tatschlich „willkrlich“ erfolgt und damit wettbewerbsrechtlich unzulssig ist.5 Dabei wird zunchst genau zu berprfen sein, ob nicht doch eine der in der Preisliste genannten

1 Soweit Baumbach/Hefermehl (§ 1 S. 501 Rz. 305) dieser BGH-Entscheidung das BGH-Urteil i. S. Antibiotica (BGH, NJW 1958, S. 1140) entgegenhlt und darauf verweist, die willkrliche Abweichung von der Preisliste sei erst dann unlauter, wenn „erschwerende Begleitumstnde“ hinzukmen, so bersieht er, dass beide Fallgestaltungen nicht vergleichbar sind und der BGH in der Antibiotica-Entscheidung selbst insoweit Stellung genommen hat. 2 Bezogen auf den Anzeigenblattbereich hat das LG Gera (Urteil v. 6.3.2002 – Az. 2 HK O 23/02) das Gebot der Preislistentreue nach Wegfall des Rabattgesetzes als „auch im Lichte des UWG teilweise berholt“ eingestuft. Nach Ansicht des Gerichts soll ein Wettbewerbsverstoß beim Abweichen von der als verbindlich ausgegebenen Preisliste nur noch dann vorliegen, wenn „weitere erschwerende Umstnde“ hinzukmen. Derartige erschwerende Umstnde sollen dann vorliegen, wenn der Verlag „das Abweichen von seiner Preisliste durch besondere Machenschaften seinen Mitwettbewerbern zu verheimlichen sucht“. 3 OLG Hamm, WRP 1983, S. 367 (Leitstze); dazu auch: Barte/Henning, § 5 Rz. 528; das LG Hamburg (Urteil v. 18.5.1999 – Az. 312 O 591/98) hat, ohne dass es dazu einer Bezugnahme auf das damals noch geltende Rabattgesetz bedurfte, eine Irrefhrung dann angenommen, wenn ein Verlag eine Preisliste gegenber Endverbrauchern – „Grundpreisliste“ – und eine zweite gegenber Werbeagenturen – „ermßigte Grundpreisliste“ – verwendet. Die Irrefhrung wurde darin gesehen, dass die lediglich mit Blick auf die zu zahlende Agenturprovision „verminderten“ Preise aus der angeblich „ermßigten“ Preisliste in Wahrheit keinen reduzierten („ermßigten“) Preis darstellten, sondern einen zweiten Normalpreis neben dem, den der Endverbraucher zu zahlen hat. 4 Zur Preislistentreue auch im Anzeigenblattbereich: LG Hagen, ArchPR 1971, S. 130/131; LG Karlsruhe, ArchPR 1966, S. 75/76. 5 Lçffler, BT Anz Rz. 64.

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44 Rath-Glawatz

Anzeigenpreise

Rz. 86 P

Sonderregelungen die Abweichung von den sonst geltenden Grundstzen der Preisliste rechtfertigt.1 Beabsichtigt der Verlag, die in der Anzeigenpreisliste aufgefhrten Preise 85 zu erhçhen, so entspricht es guter bung, diese Preisanhebungen so rechtzeitig vor ihrem Wirksamwerden anzukndigen, dass sich die Inserenten darauf einstellen kçnnen. Hinsichtlich der laufenden Anzeigenvertrge ist dabei Folgendes zu bedenken: grundstzlich ist es rechtlich nicht mçglich, dass eine Vertragspartei einseitig zu Lasten der anderen Vertragsbestandteile verndert, z. B. also die vertraglich vereinbarte Vergtung einseitig heraufsetzt. Fehlt es deshalb an einer Vereinbarung zwischen Verlag und Inserent, wie verfahren werden soll, wenn der Verlag whrend der Abwicklung eines Anzeigenauftrags eine neue Anzeigenpreisliste verçffentlicht, so muss der Vertrag nach den alten Bedingungen abgewickelt werden. Vor diesem Hintergrund finden sich in den Zustzlichen Geschftsbedingungen der Verlage vielfach Regelungen, die Angaben darber machen, unter welchen Voraussetzungen die neuen Anzeigenpreise fr einen laufenden, noch nicht erfllten Anzeigenauftrag Gltigkeit bekommen; insoweit wird vielfach mit sog. Karenzzeiten gearbeitet, so dass die neuen Preise erst nach Ablauf einer bestimmten Frist (z. B. vier Monate) wirksam werden. Wird die Anzeige in dieser Frist abgedruckt, gelten noch die alten Preise: erfolgt die Verçffentlichung erst nach Ablauf der Frist, so mssen die neuen Preise gezahlt werden. Liegt ein Anzeigenabschluss vor, so gelten die neuen Preise unmittelbar ab den bei der Bekanntgabe genannten Daten.2 Erscheinen in einem Verlag mehrere Presseobjekte, so werden vielfach Anzeigenkombinationsmçglichkeiten (Anzeigenkombinationstarife) angeboten, die gegenber den jeweiligen Einzelbelegungen einen gnstigeren Gesamtpreis bieten. Dabei sind z. B. Anzeigenkombinationen zwischen Abonnementzeitungen und Boulevardblttern oder Tageszeitungen 1 Dazu: OLG Frankfurt, AfP 1988, S. 368 – das Gericht nennt beispielsweise gnstigere Konditionen fr Großkunden; s. a. OLG Hamm, WRP 1991, S. 812, 813 – abweichende Preise bei Verlagssonderverçffentlichungen. Außerdem ist es zulssig, wenn ein Verlag abweichend von der Preisliste fr einen bestimmten Erscheinungstag die Anzeigenpreise (z. B. fr Kleinanzeigen bestimmter Rubriken) neu festsetzt – dazu: OLG Schleswig, AfP 1984, S. 159/160 (a. a. O. als OLG Kiel bezeichnet). 2 Insgesamt dazu: Klosterfelde, S. 119–121. Die entsprechende Formulierung in den zustzlichen AGB lautet etwa: „Bei nderungen der Preisliste treten die neuen Bedingungen fr Auftrge, die vor nderung der Preisliste erteilt wurden, jedoch erst spter abzuwickeln sind, nach Ablauf von vier Monaten nach Vertragsschluss in Kraft. Dies gilt nicht fr im Dauerschuldverhltnis abzuwickelnde Auftrge. Hier treten nderungen der Preisliste sofort in Kraft, sofern nicht ausdrcklich eine andere Vereinbarung getroffen ist.“ – Zu diesen Klauseln: LG Mnchen, ArchPR 1963, S. 69.

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Rath-Glawatz 45

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P Rz. 87

Anzeigenpreise

und Anzeigenblttern denkbar.1 Im letzteren Fall muss in der Gestaltung der Anzeigenpreisliste, die den Kombinationstarif ausweist, und in der Anzeigenwerbung unmissverstndlich deutlich sein, dass insoweit ein entgeltlich und ein gratis vertriebenes Presseorgan gemeinsam zur Belegung angeboten werden. Denn andernfalls lsst sich eine Irrefhrung des Werbetreibenden, dem die Marktverhltnisse im Erscheinungsgebiet der Publikationen nicht so vertraut sind, nicht ausschließen.2 87

Da im Wege der Anzeigenkombination branchengleiche Warenangebote gekoppelt werden, ist dies wettbewerbsrechtlich grundstzlich nicht zu beanstanden.3 Problematisch wird es allerdings, wenn der Kombinationspreis im Einzelfall so niedrig kalkuliert sein sollte, dass gegen die Regeln des Leistungswettbewerbes verstoßen wird.4 Kartellrechtliche Fragen kçnnen sich ergeben, wenn ein marktbeherrschender Verlag Anzeigenkombinationen anbietet.5 Dabei ist zu unterscheiden, ob der Anzeigenkunde die freie Wahl hat zwischen Einzelbelegung und Kombinationstarif oder ob nur (noch) eine Zwangskombination der angebotenen Titel mçglich ist. Der Vorwurf des Missbrauchs von Marktmacht (§ 19 Abs. 4 GWB) wird sich bei einer freiwilligen Anzeigenkombination vergleichsweise schwer nachweisen lassen, whrend er bei einer Zwangskombination marktstarker Titel ebenso schwer zu widerlegen sein drfte.6 So lsst sich eine Zwangsanzeigenkombination zwischen Tageszeitung und einem anderen (ebenfalls konzernangehçrigen) Titel kartellrechtlich im Ausnahmefall nur dann rechtfertigen, wenn dies tatschlich die einzige Mçglichkeit ist, die defizitre verlagseigene „Zweit“-Zeitung vor der Einstellung zu bewahren.7 Kartellrechtswidrig ist es in jedem Fall, wenn zwei konkurrierende Verlage bereinstimmend zu Lasten eines dritten Wettbewerbers den Inserenten das Angebot machen, bei ihnen kçnnten fr einen bestimmten Erscheinungstag Kleinanzeigen zu einem Preis aufgegeben werden, durch den dann auch die gleichzeitige Verçffentlichung im jeweils anderen Blatt (mit-)abgedeckt ist. In einem derartigen „Kombinationstarif“ wurde zu 1 OLG Frankfurt, AfP 1988, S. 366 – das Gericht hat keine grundstzlichen Bedenken gegen eine Kleinanzeigenkombination zwischen Tageszeitung, Boulevardzeitung und Anzeigenblatt. 2 Dazu: Ochs, Rz. 45 – die von Ochs genannten Entscheidungen befassen sich jedoch nicht ausdrcklich mit der Werbung von Anzeigenkombinationen. 3 LG Baden-Baden, ArchPR 1977, S. 82/83; LG Dsseldorf, AfP 1979, S. 370; Ahrens, § 74 Rz. 105. 4 Ahrens, § 74 Rz. 104; zum alten Recht, insbes. zur Frage von damals zuzulssigen Zugabeverstçßen bei Kombinationstarifen: BGH, ArchPR 1972, S. 132/133; LG Baden-Baden, ArchPR 1977, S. 82/83; LG Dsseldorf, AfP 1979, S. 370. 5 Zu der Anzeigenkombination unter mehreren Verlagen in der Form eines Gemeinschaftsunternehmens: Ahrens, § 74 Rz. 105. 6 S. a. KG, ArchPR 1977, S. 97. 7 BGH, AfP 1982, S. 226 ff., s. a. BGH, GRUR 1977, S. 668 ff.

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46 Rath-Glawatz

Anzeigenschlusstermin

Rz. 88 P

Recht ein Verstoß gegen § 1 bzw. § 25 Abs. 1 GWB gesehen, da die beteiligten Verlage – entweder im Wege der vertraglichen Absprache oder des aufeinander abgestimmten Verhaltens – den Wettbewerb um Anzeigenkunden untereinander eingestellt haben, um auf diese Weise mit nicht marktkonformen Mitteln den Drittverlag gezielt aus dem Geschft zu drngen.1 Anders ist dagegen der Fall zu beurteilen, wenn innerhalb eines Verlages eine Kombination in der Weise gebildet wird, dass die Kleinanzeigen, die in der Tageszeitung und dem Boulevardblatt des Verlages abgedruckt werden, auch in dem verlagseigenen Anzeigenblatt erscheinen. Das OLG Frankfurt hlt dies selbst dann fr zulssig, wenn der neue Kombinationspreis (R Rz. P 86 ff.) insgesamt nicht hçher ist als der ursprngliche Preis fr die Verçffentlichung in nur zwei Titeln. Auch der Umstand, dass bei isolierter Betrachtung der Kombinationstarif die Kosten fr den Abdruck der Kleinanzeigen in allen drei Objekten mçglicherweise nicht deckt, ist unerheblich, wenn sich aus der Mischkalkulation von gewerblichen und privaten Anzeigen insgesamt Preise ergeben, die dem Vergleich mit konkurrierenden Presseprodukten standhalten. Ein entsprechend zustande gekommener Kombitarif rechtfertigt fr sich allein noch nicht die Annahme eines unzulssigen Behinderungs- bzw. Vernichtungswettbewerbs.2 Soweit Verlage (die Anzeigenakquisition ausgenommen) bei der technischen Abwicklung von Anzeigenauftrgen (Satz usw.) wie auch bei deren Abrechung kooperieren, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden. Kçnnen die Verlage zudem nachweisen, dass etwa mit Blick auf die Akquisition berregionaler Anzeigen der einzelne Verlag berfordert ist, dann drfen die Verlage auch gemeinsam akquirieren, ohne gegen kartellrechtliche Normen zu verstoßen.3

Anzeigenschlusstermin In den Preislisten der Verlage werden regelmßig „Anzeigenschlusstermine“ ausgewiesen. Diesen Anzeigenschlussterminen kommt eine doppelte Bedeutung zu. Soweit keine besonderen Termine festgelegt sind, ist der Inserent (aus dem Anzeigenvertrag und den Geschftsbedingungen) verpflichtet, dem Verlag bis zum Anzeigenschlusstermin die erforderlichen Druckunter1 OLG Schleswig, AfP 1984, S. 158/159 (a. a. O. irrtmlich als OLG Kiel bezeichnet); dazu: Ahrens, § 74 Rz. 105. 2 LG Frankfurt, AfP 1988, S. 368. 3 Insoweit: Ahrens, § 74 Rz. 105.

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Rath-Glawatz 47

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P Rz. 89

Anzeigenschlusstermin

lagen fr die Anzeigenverçffentlichung zu liefern.1 Versumt der Inserent diesen Termin, so hat er fr die Unmçglichkeit der Vertragserfllung (R Rz. P 201) einzustehen. 89

Bis zum Anzeigenschluss kann der Inserent vom Anzeigenauftrag zurcktreten; Anzeigenabschlsse sind – sofern nicht ausdrcklich etwas anderes vereinbart wurde2 – „zunchst“ freibleibend. Dies folgt aus dem Kndigungsrecht des Bestellers beim Werkvertrag, § 649 BGB. Die Wahrnehmung dieses Rcktrittsrechts (R Rz. P 364) ist jedoch aufgrund feststehenden Handelsbrauchs durch eine Ausschlussfrist begrenzt, die den Anzeigenschlussterminen entspricht.3 In den Preislisten der Verlage werden Anzeigenschlusstermine deshalb vielfach gleichgesetzt mit „Rcktrittsterminen“.4 Bei der Ausbung des Rcktrittsrechts ist der Inserent nicht an Bedingungen gebunden; er kann den Anzeigenauftrag ohne Begrndungszwang kndigen. Zur Wirksamkeit der Kndigung ist es jedoch erforderlich, dass gem. § 349 BGB die Kndigungserklrung (mndlich oder schriftlich) dem Verlag vor Eintritt der Ausschlussfrist i. S. d. § 350 BGB zugeht. Mit Eintritt der Ausschlussfrist, dem Anzeigenschlusstermin, erlischt das Rcktrittsrecht. Der Inserent kann danach die Verçffentlichung einer Anzeige, selbst dann, wenn sie rechts-/wettbewerbswidrig ist, nicht mehr stoppen.5 In diesem Zusammenhang ist es rechtlich irrelevant, wenn der Inserent sich darauf beruft, er habe diese Termine nicht gekannt. Zumindest die kaufmnnischen Anzeigenkunden mssen wissen, dass die Verlage den Insertionsauftrgen ihre Preislisten mit den dort abgedruckten Anzeigenschlussterminen zugrunde legen.6

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Dem Rcktrittsrecht der Inserenten steht das in Ziff. 8 ZAW-AGB (R Rz. P 32) verankerte Rcktrittsrecht der Verlage gegenber. Danach 1 Der Inserent ist dafr verantwortlich, dass die bençtigten Druckunterlagen rechtzeitig im Verlag vorliegen (Lçffler, BT Anz Rz. 44). 2 Abweichende Vereinbarungen gegenber der gesetzlichen Regelung sind zulssig – Palandt/Sprau, § 649 Rz. 12. 3 Lçffler, BT Anz Rz. 128. 4 Insoweit ist etwa auf die Anzeigenpreislisten „FAZ“, „Die Welt“ und „Kçlner Stadt-Anzeiger“/„EXPRESS“ zu verweisen. Zur Beachtung der Anzeigenschlusstermine durch die Werbeagenturen: Lambsdorff/Skora, S. 318 Rz. 455. 5 In diesem Zusammenhang: OLG Hamm, WRP 1983, S. 522 (Leitstze). Eine entsprechende Anzeigenverçffentlichung ist dem Inserenten dann nicht mehr schuldhaft zurechenbar, wenn er – z. B. nach einer Abmahnung – sofort versucht hat, die Verçffentlichung noch zu stoppen, dies wegen des Anzeigenschlusses aber nicht mehr mçglich ist (dazu: KG Berlin, ArchPR 1972, S. 129). 6 Dazu: AG Ulm, AfP 1985, S. 72. In den Anzeigenpreislisten der Verlage finden sich auch Hinweise, nach denen fr „Sonderverçffentlichungen“ (Kollektive/ Beilagen) neben besonderen Anzeigenpreisen auch gesonderte Anzeigenschlussund Rcktrittstermine festgelegt werden kçnnen.

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48 Rath-Glawatz

Anzeigenvertrag

Rz. 92 P

sind die Verlage befugt, auch nach Ablauf der Ausschlussfrist unter Beachtung einheitlicher Grundstze die Erfllung des Anzeigenauftrags abzulehnen.1 Geht der Anzeigenauftrag erst nach Anzeigenschluss beim Verlag ein, so liegt es an dem Verlag zu entscheiden, ob er die Anzeigen noch „mitnehmen“ will (bzw. kann). Durch die Zusendung des Manuskriptes und dessen Eingang beim Verlag ist noch kein Anzeigenauftrag zustande gekommen. Folglich ist der Verlag auch nicht verpflichtet, den Anzeigenkunden darauf hinzuweisen, dass das Inserat wegen des verspteten Zugangs nicht mehr verçffentlicht werden kann.2

Anzeigenvertrag Der Anzeigenauftrag kommt wie jeder andere Vertrag durch die Abgabe eines Angebots und die Annahme des Angebots, also durch zwei bereinstimmende Willenserklrungen (Einigung) zustande.3 bereinstimmende Willenserklrungen liegen dann vor, wenn sich Verlag und Inserent ber alle wesentlichen Fragen der Anzeigenverçffentlichung verstndigt haben.4

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Versendet der Verlag Mediaunterlagen/Preislisten, so ist darin noch kein Angebot zu sehen, das der Inserent mit der bermittlung des Anzeigenmanuskripts angenommen hat.5 Das Versenden der Anzeigeninformationen stellt – darauf wird nachfolgend noch nher eingegangen – lediglich

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1 Lçffler, BT Anz Rz. 128. 2 Die Gegenmeinung von Lçffler (BT Anz Rz. 11) vermag nicht zu berzeugen. Die Verantwortung fr den rechtzeitigen Zugang des Anzeigenmanuskripts (Bringschuld) liegt allein beim Inserenten. Vor dem Hintergrund des Anzeigengeschfts als Massengeschft lsst sich aus dem Zugang des Manuskripts auch noch kein vorvertragliches Schuldverhltnis ableiten, das den Verlag verpflichten wrde, den Inserenten darber zu informieren, dass das Anzeigenmanuskript versptet eingegangen ist. Der Hinweis, dass den Verlag nach den ZAW-AGB die Verpflichtung trifft, die Ablehnung eines Anzeigenauftrages dem Inserenten unverzglich mitzuteilen, verfngt nicht, da es keinen rechtzeitig zugegangenen Anzeigenauftrag gibt, der abgelehnt werden kçnnte. 3 LG Braunschweig, NJW 1975, S. 782, 783. 4 Sind die Rahmenbedingungen eines Anzeigenabschlusses zwischen dem Verlag und seinem jeweiligen Gesprchspartner vereinbart worden, so sind sie Vertragsparteien geworden, auch wenn gegebenenfalls in der einzelnen Anzeige ein anderer Werbetreibender erscheint (OLG Frankfurt, OLGR 1993, S. 269). 5 Hat sich ein Gewerbetreibender ausdrcklich schriftlich die Zusendung von Bestell-Offerten fr die Erteilung eines Anzeigenauftrages verbeten, so ist der Verlag wettbewerbsrechtlich verpflichtet, weitere Zusendungen zu unterlassen – so OLG Hamburg, AfP 1989, S. 756.

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Rath-Glawatz 49

P Rz. 92

Anzeigenvertrag

eine „Aufforderung zum Angebot“ dar mit der Folge, dass erst das dem Verlag zugehende Anzeigenmanuskript des Inserenten das Angebot zum Vertragsabschluss enthlt.1 Ein (bindendes) Angebot des Verlages liegt dann vor, wenn dem potenziellen Inserenten gegenber ein konkreter Insertionsvorschlag gemacht wird, in dem alle wesentlichen Punkte der Anzeigenverçffentlichung genannt sind.2 Will der Verlag sich noch nicht binden, weil er etwa das (noch unbekannte) Anzeigenmotiv des potenziellen Kunden erst prfen mçchte, so kann das Angebot unter einen entsprechenden (schriftlichen) Vorbehalt gestellt werden. Der Vertrag kommt dann erst zustande, wenn fr den Verlag der Vorbehalt nach Prfung entfallen ist. Will der Verlag schon bei Angebotsabgabe die Annahmefrist zeitlich genau fixieren, so kann er in dem Angebot einen festen Termin bestimmen (§ 148 BGB), bis zu dessen Ablauf er sich an das Angebot gebunden fhlt. Erfolgt die Annahme nicht innerhalb des genannten Zeitraums, ist der Verlag wieder frei (eine eventuell reservierte Platzierung kann anderweitig vergeben werden).3 Ebenso selbstverstndlich kann das Angebot auf Abschluss des Anzeigenvertrages von dem Insertionswilligen ausgehen, indem der Kunde dem Verlag das Anzeigenmanuskript bersendet.4 Auch in diesem Fall muss das Angebot alle wesentlichen Punkte des Anzeigenvertrages enthalten, damit der Verlag das Angebot (vorbehaltlos) annehmen kann. Hat der Anzeigenkunde gegenber dem Angebot des Verlages bzw. der Verlag gegenber dem Angebot des Anzeigenkunden nderungs-/Ergnzungswnsche, so kommt es nicht zum Vertragsabschluss, sondern es liegen jeweils neue (vernderte) Vertragsangebote vor (§ 150 Abs. 2 BGB), die dann bei Annahme den Anzeigenvertrag entstehen lassen.5 Werden die Vertragsverhandlungen „unter Anwesenden“, also z. B. zwischen dem Außendienstmitarbeiter des Verlages und dem Kunden persçnlich, in der Anzeigenannahmestelle (Geschftsstelle) des Verlages oder telefonisch (telefonische Anzeigenaufnahme) gefhrt, so muss das ausverhandelte Vertragsangebot sofort angenommen werden (§ 147 Abs. 1 BGB). 1 Dazu insgesamt: Wronka, S. 26; Lçffler, BT Anz Rz. 10. 2 Zur wettbewerbsrechtlichen Beurteilung von „tuschenden“ Bestellformularen fr Insertionsauftrge (insbes. fr Branchenbcher): BGH, WRP 1994, S. 28 ff.; zum betrgerischen Charakter (§ 263 StGB) von Offerten fr Todesanzeigen im Internet, die an Inserenten geschickt werden, die Todesanzeigen in der Presse aufgegeben haben: BGH, Urteil v. 26.4.2001 – Az. 4 StR 439/00. 3 Dazu allgemein: Palandt/Heinrichs, § 148 Rz. 4. 4 Urteil LG Schwerin v. 2.9.2004 – Az. 3 O 601/03. 5 LG Dsseldorf, AfP 1999, S. 520, 521 (der Kunde hat eine Platzierung des Inserates auf „der rechten Seite“ erbeten, der Verlag hat eine „bestmçgliche“ Platzierung zugesagt, der – gewerbliche – Inserent nicht widersprochen); dazu allgemein: Palandt/Heinrichs, § 150 Anm. 1 Rz. 1 ff.; Lçffler, BT Anz Rz. 12.

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50 Rath-Glawatz

Anzeigenvertrag

Rz. 94 P

Andernfalls ist der Vertrag zu diesem Zeitpunkt nicht zustande gekommen. Eine „versptete“ Annahme des Angebot ist gem. § 150 Abs. 1 BGB als Abgabe eines neuen Angebots anzusehen. Geht das Angebot schriftlich (per Fax usw.) zu, ist es also gegenber einem „Abwesenden“ gemacht, so kann es nur bis zu einem Zeitpunkt angenommen werden, zu dem „unter regelmßigen Umstnden“ (§ 147 Abs. 2 BGB) mit einer Antwort zu rechnen ist.1 Der Verlag kann die Annahme des Auftrages ausdrcklich erklren, in- 93 dem er ein entsprechendes Auftragsbesttigungsschreiben an den (privaten bzw. gewerblichen) Inserenten verschickt.2 Ist der Anzeigenvertrag in Gesprchen zwischen dem (kaufmnnischen) Anzeigenkunden und dem Verlag ausgehandelt und (formlos) abgeschlossen worden, so ist das Schweigen des Anzeigenkunden, sofern er Kaufmann ist, auf ein entsprechendes Besttigungsschreiben (Auftragsbesttigung) des Verlages, in dem die Konditionen der Vereinbarung enthalten sind, als Zustimmung anzusehen.3 Dies gilt auch dann, wenn in diesem kaufmnnischen Besttigungsschreiben des Verlages gegenber dem bisherigen Verhandlungsstand Ergnzungen/Erweiterungen vorgenommen werden. Widerspricht der Anzeigenkunde allerdings unverzglich, sptestens innerhalb einer Woche, (schriftlich) dem Besttigungsschreiben oder hat der Verlag die Ergnzung „arglistig“ eingefgt, ist der Auftrag nicht zustande gekommen.4 Wird kein Auftragsbesttigungsschreiben verschickt, weil der Anzeigen- 94 auftrag von der Summe her diesen Aufwand nicht rechtfertigt bzw. der Inserent nicht ausdrcklich die Zusendung eines entsprechenden Besttigungsschreibens verlangt hat, so ergibt sich die Annahme des Auftrages (konkludent/stillschweigend) aus dem Abdruck der Anzeige.5 Denn ebenso wie in der Zusendung eines Anzeigenmanuskripts (Litho) auf Grund der Umstnde des Einzelfalles (z. B. bei bereits lngerfristig bestehender Geschftsverbindung) ein wirksames Angebot zum Abschluss des Anzeigenvertrages liegen kann, ist es – wie dargestellt – im Pressebereich verkehrsblich (§ 151 BGB), dass die Annahme des Angebots beim Anzeigenvertrag keiner ausdrcklichen Erklrung bedarf.6 Aus der faktischen Entgegennahme des Anzeigenmanuskripts durch den Verlag kann noch nicht auf die Annahme des Anzeigen„auftrags“ ge1 Palandt/Heinrichs, § 148 Rz. 1; Lçffler, BT Anz Rz. 11. 2 Lçffler, BT Anz Rz. 11. 3 Abgesehen von diesem Ausnahmefall des kaufmnnischen Besttigungsschreibens gilt Schweigen (gleich ob von einem Kaufmann oder einer Privatperson) nicht als Annahme eines Angebots. 4 Dazu insgesamt: Palandt/Heinrichs, § 148 Rz. 8 ff. 5 Urteil LG Schwerin v. 2.9.2004 – Az. 3 O 601/03; LG Nrnberg-Frth, AfP 1984, S. 174, 175. 6 LG Dsseldorf, AfP 1999, S. 520, 521; RG, JW 1936, S. 556; Lçffler/Ricker, S. 412 Rz. 8.

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Rath-Glawatz 51

P Rz. 95

Anzeigenvertrag

schlossen werden. Denn angesichts der Vielzahl der tglichen eingehenden Anzeigen ist zunchst lediglich eine „Registrierung“ mçglich und erst dann, wenn der Verlag sich nach Kenntnisnahme des Anzeigeninhalts tatschlich „entschließt“, die Anzeigen auch „mitzunehmen“, ist die Annahme erfolgt und der Anzeigenvertrag abgeschlossen.1 Dies gilt auch dann, wenn das Inserat durch eine Anzeigenannahmestelle (R Rz. P 63 ff.) oder einen Außendienstmitarbeiter „angenommen“ wird.2 95

Selbstverstndlich kçnnen Anzeigenauftrge nicht nur schriftlich, sondern auch mndlich abgeschlossen werden. Telefonisch erteilte Anzeigenauftrge sind vor allem im Bereich der Kleinanzeigen zur Regel geworden. Vielfach werden aber auch Wiederholungsauftrge fr (schriftlich bestellte) Anzeigen telefonisch erteilt. Da bei der telefonischen Auftragsabwicklung allenfalls verlagseigene schriftliche Unterlagen existieren, kçnnen sich insoweit besondere Schwierigkeiten in der Beweisfhrung hinsichtlich des Vertragsabschlusses sowie des Vertragsinhalts ergeben.3 1 LG Braunschweig, NJW 1975, S. 782; LG Hamburg, ArchPR 1977, S. 81; RathGlawatz, WRP 1982, S. 625; Lçffler, BT Anz Rz. 11; das LG Nrnberg-Frth (AfP 1984, S. 174, 175) hat unter Hinweis auf den „brachenblichen Ablehnungsvorbehalt“ der Verlage entschieden, dass die Befugnis, ein vorliegendes Anzeigenmanuskript auch spter noch zurckzuweisen, nicht „durch Zeitablauf verwirkt“ sei. 2 Hat der Verlag allerdings nach Eingang der Anzeigenunterlagen (ohne Prfung der Einzelheiten, insbes. des Anzeigenmotivs) bereits eine Auftragsbesttigung an den Kunden geschickt, so soll nach einer Entscheidung des OLG Stuttgart (Urteil v. 25.11.1992 – Az. 4 U 198/92) der Verlag auch dann gebunden sein, wenn die Anzeige fr das Verlagsunternehmen „geschftsschdigende Auswirkungen“ hat. – Will der Verlag in derartigen Fllen versuchen, von dem Vertrag zurckzutreten, so kommt es entscheidend darauf an, ob und inwieweit die Gerichte das Rcktrittsrecht der Verlage aus Ziff. 8 Abs. 1 ZAW-AGB (unterstellt die AGB waren fr den Anzeigenvertrag wirksam vereinbart) auch tatschlich anerkennen. 3 Interessant die Entscheidung des AG Dsseldorf (Urteil v. 25.5.1988 – Az. 35 C 89/87): unter der Telefonnummer des Beklagten (Inserenten) wurden telefonisch Anzeigen aufgegeben, in denen Gebrauchtfahrzeuge angeboten wurden. Der Beklagte verweigerte dem klagenden Zeitungsverlag die Bezahlung mit dem Argument, er habe die Anzeigen nicht geschaltet. Das Gericht hat zum Beweis dafr, dass der Beklagte tatschlich der Inserent sei, u. a. darauf verwiesen, er habe insgesamt 11 Anzeigenrechnungen (und Mahnungen) unbeachtet gelassen. Im brigen habe er frher bereits hnliche Anzeigen aufgegeben, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt angenommen werden msse, dass er die in Frage stehenden Anzeigen telefonisch bestellt habe. Soweit die Verlage durch ihre Geschftsbedingungen die Haftung fr die unrichtige Wiedergabe von fernmndlich aufgegebenen Anzeigen ausgeschlossen haben, ist diese Regelung nicht zu beanstanden; kommt es zu einem von wem auch immer zu vertretenden bermittlungsfehler, so ist der Verlag gegenber dem Inserenten frei (AG Bremen, AfP 1981, S. 302/303). Ob mit dieser fehlerhaften Verçffentlichung gegebenenfalls auch Rechte Dritter verletzt sind, bleibt gesondert zu prfen (R Rz. P 117 ff.). Wird die Anzeige telefonisch aufgegeben und nicht ausdrck-

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Rz. 96 P

Vertragspartner des Anzeigenvertrags sind der Verlag und der Inserent.1 Auf Seiten des Verlages kann eine Abweichung in der Weise eintreten, dass dieser seinen Anzeigenteil an einen Dritten verpachtet hat. In diesem Fall wird dann der Pchter (anstelle des Verlages) Vertragspartner.2 Auf Seiten des Werbenden kommt es vielfach vor, dass dieser seine Insertion ber eine Werbeagentur durchfhren lsst. Tritt die Werbeagentur, wie dies den Regelfall ausmacht, dabei im eigenen Namen auf, so wird sie (anstelle des Werbetreibenden) Vertragspartner. In der Praxis kommen gelegentlich Flle vor, in denen der sich aus dem Auftragsschreiben „ergebende“ bzw. durch den Text der Anzeige ausgewiesene „Inserent“ nach der Verçffentlichung der Annonce erklrt, er sei in Wahrheit nicht der Auftraggeber, sondern ein Dritter als „vollmachtsloser Vertreter“. Hatte der Vertreter keine Vollmacht, so haftet der „Inserent“ nur dann, wenn die Grundstze der Anscheins- bzw. Duldungsvollmacht eingreifen.3 Andernfalls ist der vollmachtslose Vertreter (anstelle des Inserenten) unmittelbar dem Verlag gegenber aus dem Anzeigenvertrag verpflichtet (§ 179 BGB) und kann in Regress genommen werden.4 Eine Haftung des Inserenten nach den Regeln der Anscheinsvollmacht ist dann gegeben, wenn er das ihm unbekannte Auftreten seines angeblichen Vertreters bei pflichtgemßer Sorgfalt htte erkennen kçnnen und der Verlag andererseits davon ausgehen durfte, der Inserent billige den vom „Vertreter“ vorgenommenen Abschluss.5 Nimmt der Inserent es wissentlich hin, dass ein Dritter als sein „Vertreter“ Anzeigenauftrge abschließt, so hat er dies nach den Grundstzen der Duldungsvollmacht ebenfalls zu akzeptieren, sofern auch der Verlag auf die Gltigkeit des Abschlusses vertrauen durfte.6 Von diesen Tatbestnden sind die Flle zu unterscheiden, in denen ein Vertreter des Inserenten eine Anzeige zwar im Rahmen der ihm zuste-

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lich nach dem Preis gefragt, dann „rechtfertigt dieses Verhalten nach Treu und Glauben und mit Rcksicht auf die Verkehrssitte die Annahme des stillschweigenden Einverstndnisses… mit den in der Preisliste festgelegten Preisen als bliche Vergtung nach § 632 BGB.“ – So AG Kçln, Urteil v. 30.10.1990 – Az. 115 C 323/90. Dazu auch: Lçffler, BT Anz Rz. 13. Lçffler, BT Anz Rz. 9; – zur wettbewerbsrechtlichen (Stçrer-)Haftung des Pchters: BGH, AfP 1994, S. 136, 137/138. AG Bckeburg, ArchPR 1977, S. 82. AG Stuttgart-Bad Cannstatt, ArchPR 1977, S. 81/82; Lçffler, BT Anz Rz. 14. Allgemein zur Anscheinsvollmacht: Palandt/Heinrichs, § 173 Rz. 9. Bezogen auf den Anzeigenauftrag: LG Oldenburg, ArchPR 1959, S. 46; AG Bckeburg, ArchPR 1977, S. 82 (Anzeigenbestellung auf Briefbogen „Werksniederlassung“ durch vollmachtlosen Vertreter). Allgemein zur Duldungsvollmacht: Palandt/Heinrichs, § 173 Rz. 11. Bezogen auf den Anzeigenauftrag: LG Darmstadt, ArchPR 1957, S. 29.

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henden Vertretungsmacht in Auftrag gibt, beim Vertragsabschluss aber unklar bleibt, in wessen Namen der Vertreter gehandelt hat. Insoweit ist etwa an Situationen zu denken, in denen der bevollmchtigte Vertreter beim Anzeigenabschluss den Namen des Inserenten nicht ausdrcklich erwhnt. Gem. § 164 Abs. 1 Satz 2 BGB kommt der Anzeigenvertrag mit dem Vertretenen nur dann zustande, wenn besondere Umstnde (Interessenlage, Geschftsbereich, typische Verhaltensweisen) darauf hinweisen, dass er der „eigentliche“ Inserent ist. Fehlt es an diesen Indizien, so ist der Vertreter Vertragspartner geworden (§ 164 Abs. 2 BGB).1 97

Bei dem Anzeigenvertrag handelt es sich um einen Werkvertrag i. S. d. § 631 BGB.2 Aus diesem Vertrag ist der Verlag verpflichtet, die Anzeige in dem jeweiligen Printmedium abzudrucken und dieses bestimmungsgemß zu verbreiten. Der Inserent muss dafr die vereinbarte Vergtung bezahlen.3 Gegen eine Einordnung des Anzeigenvertrages als „Kaufvertrag“ (Kaufgegenstand: „Anzeigenraum“) spricht die berlegung, dass damit die gleichzeitige „Vertriebsverpflichtung“ des Verlages zu wenig beachtet wrde.4 Die Qualifizierung als „Auftrag“ i. S. d. § 662 BGB scheidet fr den Anzeigenvertrag als entgeltlichem Geschft aus, da beim Auftrag nur die dafr notwendigen Auslagen zu erstatten sind, nicht aber eine Gegenleistung wie beim Werkvertrag zu zahlen ist.5

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Der Anzeigenvertrag kann sich auf den Abdruck einer einzelnen Anzeige beziehen, aber auch mehrere Verçffentlichungen zum Inhalt haben. Ist nach den vertraglichen Vereinbarungen der Inserent zum „Abruf“ der An1 Allgemein dazu: BGH, JZ 1988, S. 417/418. Interessant die der Entscheidung des AG Freiburg (ArchPR 1976, S. 88/89) zugrunde liegende Fallgestaltung: die Anzeige war von einer Werbeagentur geschaltet, die in der Rechtsform einer GmbH gefhrt wurde. Ein entsprechender Hinweis befand sich jedoch nicht auf den Geschftsbçgen. Dort waren als Firmierung nur die Namen der Gesellschafter genannt. Nach dem Konkurs der GmbH nahm der Verlag die Gesellschafter in Anspruch. – Das Gericht lehnte deren Haftung nach Rechtscheinsgrundstzen ab. In der Entscheidung wird darauf hingewiesen, dass der Verlag den Anzeigenauftrag ohne jede weitere Nachforschung auch dann abgeschlossen htte, wenn sich aus dem Geschftsbçgen ergeben htte, dass es sich um eine GmbH handelt. 2 Inzwischen h. M.: BGH, GRUR 1970, S. 573; OLG Bremen, ArchPR 1976, S. 93; OLG Mnchen, AfP 1985, S. 133 m. w. N.; LG Hannover, NJW-RR 1989, S. 1525 m. w. N.; s. außerdem: LG Braunschweig, NJW 1975, S. 783; Lçffler, BT Anz Rz. 7; Lçffler/Ricker, S. 410 Rz. 7; Palandt/Sprau, Einf. v. § 631 Rz. 18; Lambsdorff/Skora, S. 62–63 Rz. 75; s. a. Mçller, AfP 1966, S. 645. Nicht nachvollziehbar ist die Unterscheidung des BGH (AfP 1992, S. 137, 138), „nur der auf Werbung gerichtete Anzeigenvertrag sei reiner Werkvertrag“, der Chiffreanzeigenvertrag jedoch auch nach Auftragsrecht gem. §§ 667, 675 BGB zu behandeln. 3 BFH, AfP 1974, S. 711; Lçffler, BT Anz Rz. 43. 4 Dazu auch: BGH, GRUR 1970, S. 573. 5 Dazu insgesamt: Lçffler/Ricker, S. 410 Rz. 7 ff.; Wronka, S. 25–26; die ZAW-AGB sprechen in § 1 missverstndlich vom „Anzeigenauftrag“.

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zeigen in der Weise berechtigt, dass er damit den Leistungsumfang der anderen Partei, des Verlages, i. S. d. § 315 BGB bestimmen kann, so wird insoweit von einem (Anzeigen-)„Abschluss“ gesprochen (R Rz. P 52 ff.).1 Die beiden Hauptpflichten des Verlages aus dem Anzeigenvertrag sind die Herstellung (der Abdruck) und die Verbreitung der Anzeige.

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Hinsichtlich der Herstellung ist zu unterscheiden, ob der Anzeigenkunde ein fertiges Anzeigenmanuskript abliefert bzw. eine Anzeigenverçffentlichung in standardisierter Form (z. B. als Kleinanzeige bzw. entsprechend dem Musterbuch des Verlages) wnscht oder ob er den Verlag auch mit der Anzeigengestaltung beauftragt. Im letzteren Fall bernimmt der Verlag zustzliche Aufgaben, die ber den Abdruck (und die Verbreitung) der Anzeige hinausgehen. Entwirft der Verlag fr den Kunden den Anzeigentext und/oder die (graphische) Anzeigengestaltung, so wird er hnlich einer Werbeagentur im Wege der Geschftsbesorgung ttig. Treten im Rahmen dieser zustzlichen Serviceleistungen der Verlage Leistungsstçrungen bzw. Haftungsfragen (R Rz. P 223 ff.) auf, so sind diese nach dem „Recht der Werbeagenturen“ (R Rz. P 429 ff.), nicht aber nach den Regeln des Anzeigenvertragsrechts (Werkvertragsrecht) zu beurteilen.2 Der Verlag erfllt seine Verpflichtung zur Verbreitung der Anzeige dann, wenn das Druckwerk seinem bestimmungsmßigen Adressatenkreis zugnglich wird.3 Bei einer Straßenverkaufszeitung mssen Exemplare in den Handel (Verkauf) kommen; wird die Zeitung/Zeitschrift berwiegend im Abonnement vertrieben, so ist es erforderlich, dass die Exemplare in den „Empfangsbereich“ der Abonnenten gelangen.4 Bei Anzeigenblttern muss die Verteilung zumindest in weiten Teilen des beworbenen Verbreitungsgebietes erfolgen.5 Werden alle Inserate (oder nur bestimme Anzeigenrubiken) aus der Printausgabe zugleich auch ber die Internetausgabe des Printorgans verbrei-

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AG Berlin, ArchPR 1971, S. 122–123, Wronka, S. 32–35. Dazu: Lçffler, BT Anz Rz. 44. Ebenso: Lçffler, BT Anz Rz. 49. Wronka, S. 29–30; zur Verbreitung gehçrt nicht die Verpflichtung, fr das zu verbreitende Objekt (entsprechend den Vorstellungen des Inserenten) Werbung zu betreiben: BFH, AfP 1974, S. 710. 5 Selbst wenn die Verteilung nicht ganz bei 100 % liegt, muss der Inserent den vollen Anzeigenpreis bezahlen – AG Bad Bramstedt, Urteil v. 10.6.1982 – Az. U 775/82; enthalten die AGB des Anzeigenblattes dagegen eine Klausel, nach der jeder Anzeigenkunde eine bestimmte Anzahl von Exemplaren erhlt, die er dann selbst verteilen muss, so ist diese Klausel unwirksam. Das Inserat muss wegen der mangelhaften Verteilung nicht bezahlt werden (Urteil AG Mnchen Az. 113 C 10569/02 – zit. in der „Sddeutschen Zeitung“ v. 25.3.2003).

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Anzeigenvertrag

tet,1 so ist von Folgendem auszugehen: Ist diese weitere Verbreitung bereits im Anzeigenvertrag ausdrcklich vereinbart worden, so gehçrt auch diese Vertriebsform zu den vertraglichen Vertriebs-Verpflichtungen des Verlages. Von einem stillschweigenden Einverstndnis wird man dann ausgehen kçnnen und drfen, wenn es fr die jeweilige Printmediengattung heute zum Standartangebot gehçrt, alle Printinserate oder aber ausgewhlte Printanzeigengruppen auch ins Internet einzustellen. Will der Inserent dies nicht, so msste er schon ausdrcklich widersprechen. Kostet die Verçffentlichung im Internet eine zustzliche Gebhr, so muss diese zustzliche Verbreitungsform rechtswirksam vereinbart worden sein, da gegenber dem Inserenten nicht argumentiert werden kann, er habe mit dem Vertrag zur Verçffentlichung im Printmedium (bei niedrigerem Preis) zugleich auch in die Verçffentlichung im Internet zu einem hçheren Preis eingewilligt. Bedenken, dass die kostenlose Verbreitung der Printinserate zugaberechtlich problematisch sein kçnnte, sind heute obsolet. Fehlt es an einem auch nur stillschweigenden Einverstndnis des Inserenten mit der Verbreitung der Printanzeige auch ber das Internet durch den Verlag, den er mit der Verçffentlichung im Printobjekt beauftragt hat, so wre ein derartiges Verhalten unter dem Aspekt der Verçffentlichung von „Fllanzeigen“ angreifbar, weil das Internetangebot knstlich aufgeblht wrde. 101

Einen Werbeerfolg der abgedruckten Anzeige schuldet der Verlag aus dem Anzeigenvertrag nicht.2 Ob den Verlag in diesem Zusammenhang eine ungeschriebene vertragliche Nebenpflicht trifft, alles zu unterlassen, was den Erfolg einer Insertion schmlern wrde, kann dahingestellt bleiben.3 Denn eine entsprechende Verpflichtung endete jedenfalls an dem redaktionellen Selbstbestimmungsrecht des Verlages. Dieses wird durch gleichzeitig abgedruckte Anzeigen (presse-)rechtlich nicht eingeschrnkt. Eine kritische redaktionelle Berichterstattung ber Themen, die in den Anzeigen angesprochen sind, ist demnach zulssig und verletzt den Anzeigen1 Denkbar ist es auch, dass die Anzeigen in ein Anzeigenportal eingestellt werden, das der jeweilige Verlag gemeinsam mit weiteren Partnern betreibt. Problematisch wre ein Verhalten, wenn z. B. ein Verlag in der Printausgabe verçffentlichte Partnerschaftsanzeigen an einen Internetdienst weitergeben wrde, an dem er nicht beteiligt ist und/oder der einen so schlechten Ruf genießt, dass der Inserent dort nie eine Internetanzeige aufgegeben htte. 2 BGH, JZ 1965, S. 680, 682; Lçffler/Ricker, S. 413 Rz. 14. 3 Aus dem Abdruck eines kritischen Leserbriefes in derselben Ausgabe, in der auch die Anzeige erschienen ist, kann der Inserent keine Ansprche gegen den Verlag herleiten – LG Frankfurt, Urteil v. 3.8.2000 – Az. 2/03 S 3/00; das OLG Kçln (AfP 1977, S. 354) hat in dem Fall, dass sich die Redaktion kritisch mit einer Dienstleitung befasst, fr die in derselben Ausgabe der Zeitschrift auch geworben wurde, zwar erklrt, die Anzeigen seien „wertlos“ (und die Frage offen gelassen, ob dem Inserenten Regressansprche zustehen), dem Inserenten jedoch einen Widerrufsanspruch verweigert – dazu auch: Wenzel, § 2 Rz. 73.

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56 Rath-Glawatz

Anzeigenvertrag

Rz. 103 P

vertrag nicht.1 Dies gilt auch dann, wenn in derselben Ausgabe Gegenanzeigen eines anderen Inserenten mit kritischem Inhalt in Bezug auf die verçffentlichte Anzeige des Mitwettbewerbers erscheinen.2 Verwendet der Verlag fr die Anzeigenakquisition ein „amtliches Empfehlungsschreiben“, das die Werbung in einem bestimmten Presseorgan begrßt, so kann dies u. U. wettbewerbswidrig sein, weil es der çffentlichen Hand generell verwehrt ist, ein bestimmtes Presseerzeugnis zu bevorzugen.3 Die Hauptpflicht des Inserenten (R Rz. P 418 ff.) besteht beim Anzeigenvertrag in der Bezahlung der vereinbarten Vergtung (§ 632 BGB).4 Wird im Anzeigenvertrag selbst kein Preis genannt, so ist gem. § 632 Abs. 2 BGB „die bliche Vergtung als vereinbart anzusehen“. Deren Hçhe ergibt sich aus den Preislisten der Verlage (R Rz. P 105 ff.). Diese brauchen dem Inserenten nicht bekannt zu sein.5

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Die beim Werkvertrag sonst dem Besteller (Inserenten) obliegende Verpflichtung zur Abnahme des Werkes (§ 640 BGB) ist beim Anzeigenvertrag nicht erfllbar, da mit der Verbreitung des abgedruckten Inserats die „Werkleistung vollendet“ ist (§ 646 BGB) und so eine Abnahme ausscheidet.6 Ist nichts Abweichendes vereinbart worden, so ist die Vergtung fr den Abdruck der Anzeige mit deren Verçffentlichung fllig, ohne dass es dazu einer Fristsetzung bedarf.7 Zum Anzeigenauftrag gehçrt, dass der Inserent seiner Verpflichtung nach- 103 kommt, die notwendigen Druckunterlagen, insbesondere den Anzeigentext, rechtzeitig und vollstndig dem Verlag zur Verfgung zu stellen. Dies ist in Ziff. 9 der ZAW-AGB (R Rz. P 33) ausdrcklich festgehalten.8 Kommt der Inserent dieser Verpflichtung nicht rechtzeitig nach, so hat er fr die aus dem Verzug entstehenden Schden einzutreten.9 Neben den Rechten aus §§ 642, 643 BGB, die dem Verlag Anspruch auf eine „ange1 AG Braunschweig, ArchPR 1945–56, S. 33; Lçffler, 3. Aufl. Bd. 1, S. 506 Rz. 91–92; Lçffler, BT Anz Rz. 50, 52 m. w. N. auf die Rtspr.; Lçffler/Ricker, S. 411 Rz. 14. 2 Lçffler, BT Anz Rz. 52 – die Frage, ob die Gegenanzeigen selbst wettbewerbsrechtlich zulssig sind, hat der Verlag nicht zu prfen (allgemein zu dieser Thematik: Baumbach/Hefermehl, § 4 Rz. 10.75. 3 KG Berlin, AfP 1997, S. 929. 4 Wer bei Abschluss des Anzeigenauftrags weiß, dass er die Verçffentlichung der Anzeigen nicht wird bezahlen kçnnen, begeht einen Betrug: LG Darmstadt, ArchPR 1967, S. 80. 5 AG Ulm, AfP 1985, S. 71–72; Palandt/Sprau, § 632 Anm. 15. 6 Lçffler/Ricker, S. 411 Rz. 13. 7 Lçffler, BT Anz Rz. 60 m. N. auf die Rtspr. 8 Wronka, S. 78. 9 Lçffler, BT Anz Rz. 61.

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Rath-Glawatz 57

P Rz. 104

Anzeigenvertrag

messene Entschdigung“ bzw. nach Fristsetzung das Recht zur Kndigung einrumen, kann der Verlag, wenn der Anzeigenauftrag wegen fehlender bzw. versptet eingehender Druckunterlagen nicht erfllt und auch keine Ersatzanzeige vorhanden ist, die (volle) Anzeigenvergtung gem. § 324 BGB verlangen.1 Erfllt der Inserent seine Vergtungspflicht aus dem Anzeigenvertrag nicht, so stehen dem Verlag die Rechte aus §§ 284, 320 ff. BGB zur Verfgung.2 Dabei ist auf z. T. abweichende Regelungen in den ZAW-AGB zu verweisen.3 104

Bei der Durchfhrung (Erfllung) des Anzeigenauftrags kann es auf Seiten des Verlages zu folgenden Leistungsstçrungen (R Rz. P 196 ff.) kommen: – Verzug: die Anzeige wird nicht rechtzeitig abgedruckt (R Rz. P 130 ff.). – Unmçglichkeit: die Anzeige kann berhaupt nicht abgedruckt werden (Zeitung erscheint infolge eines Arbeitskampfes nicht) oder die bereits gedruckte Anzeige kann z. B. wegen der Beschlagnahme des Druckobjekts nicht verbreitet werden. – Sachmangel: der Text der Anzeige (Druckfehler) oder die Art und Weise der Verçffentlichung (Platzierung) ist mangelhaft. Hinsichtlich der Haftung der Verlage aus fehlerhaften Anzeigenverçffentlichungen (R Rz. P 223 ff.) ist zu unterscheiden, inwieweit straf- oder zivilrechtliche Normen berhrt sind. Im letztgenannten Fall kçnnen sich bei der Anwendung des UWG Besonderheiten ergeben. Bei der Prfung von zivilrechtlichen Haftungsfragen ist zustzlich zu prfen, inwieweit sich aus der Anwendung Allgemeiner Geschftsbedingungen Haftungsbeschrnkungen ergeben (R Rz. P 13 ff.).

105

Anzeigenauftrge sind (bis zu ihrer Verçffentlichung) Geschftsgeheimnisse des Verlage, so dass sich derjenige Mitarbeiter des Verlages oder auch ein Dritter), der sich vor der Verçffentlichung mit dem Inserenten in Verbindung setzt, um z. B. einen angebotenen PKW (gnstig) zu erwerben, Geheimnisverrat gem. § 17 UWG begeht.4

106

Wnscht der Inserent nderungen des Anzeigenvertrages (Inhalt/Erscheinungsweise), so mssen diese rechtswirksam vereinbart werden. Sofern nichts Abweichendes vereinbart ist, kann der Anzeigenkunde bis zum

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Wronka, S. 78; s. a. Ziff. 9 ZAW-AGB (R Rz. P 33). Lçffler/Ricker, S. 412 Rz. 9. S. Ziff. 4 (Rabattrckbelastung), Ziff. 13 (Abrechnung), Ziff. 14 (Zahlungsverzug). BayObLG, AfP 2001, S. 61; OLG Dsseldorf, AfP 1999, S. 75; OLG Mnchen, AfP 1996, S. 280; s. a.: Harte/Henning, § 17 Rz. 7; das ArbG Wuppertal (Urteil v. 5.2.2003 – Az. 5 BV 69/02) hat entschieden, dass „kein Mitarbeiter eines Zeitungsverlages, der Anzeigenauftrge bearbeitet, den Inhalt dieser Anzeigen vor der Verçffentlichung der Anzeigen fr private Zwecke nutzen darf“.

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58 Rath-Glawatz

Anzeigenvertrag

Rz. 106 P

Anzeigenschlusstermin (R Rz. P 88 ff.) den Auftrag stornieren und dem Verlag das Angebot fr einen neuen Abschluss machen. Dabei ist mit Blick auf den Gehalt der nderungswnsche jedoch im Einzelfall zu prfen, ob darin ein Rcktritt vom Vertrag liegt, oder eine einvernehmliche nderung des Vertragsinhaltes angestrebt wird.1 Soweit vom Verlag die Korrektur von Druckfehlern verlangt wird, ist dies keine nderung des Anzeigen Vertrags; damit erfllt der Verlag lediglich seine vertraglichen Verpflichtungen. Die entsprechenden Kosten hat der Verlag zu tragen. Dies gilt selbstverstndlich dann nicht, wenn der zu korrigierende „Fehler“ bereits im Anzeigenmanuskript des Kunden enthalten war.2 Hat der Verlag den Satz der Anzeige fehlerfrei vorgenommen und wnscht der Inserent nachtrglich eine nderung, so hat er den tatschlichen Mehraufwand zu bezahlen. Bei Anwendung der ZAW-AGB (Ziff. 16) verpflichtet der Verlag sich, nur „erhebliche“ nderungen in Rechnung zu stellen. Wird die Anzeige nur geringfgig verndert (Austausch einzelner Wçrter, Zahlen oder graphischer Elemente), so bewegt sich dies im blichen Kulanzbereich. Ergeben die nderungswnsche jedoch ein deutlich verndertes Erscheinungsbild der Anzeige, sind die Verçffentlichungen im Wesentlichen nicht mehr deckungsgleich, so liegt eine erhebliche und damit kostenpflichtige nderung vor.3 Ziff. 16 der ZAW-AGB stellt dabei darauf ab, dass die nderung vom Auftraggeber „gewnscht wurde oder von ihm zu vertreten“ ist. Beide Begriffe sind dahin zu verstehen, dass – aus welchen Grnden auch immer – der Inserent die nderung veranlasst hat bzw. sie ihm zuzurechnen ist.4 Da der Verlag durch den Abschluss des Anzeigenvertrages seine Bereitschaft erklrt hat, das Inserat abzudrucken und zu verçffentlichen, ist er im Sinne einer vertraglichen Nebenpflicht auch gehalten, nderungswnschen des Kunden zu entsprechen.5 Dies gilt allerdings dann nicht, wenn die nderung aus zeitlichen und/oder technischen Grnden undurchfhrbar ist oder aber die Anzeige nunmehr den Inhalt bekommt, der, htte er schon beim Abschluss des ersten Anzeigenvertrages vorgelegen, den Verlag veranlasst htte, diesen Anzeigenauftrag abzulehnen.6 Der Verlag selbst ist durch den Anzeigenvertrag gehindert, eigenmchtig nderungen im Inserat oder bezglich der vereinbarten Erscheinungsform vorzunehmen. Um sicherzustellen, dass sich der Verlag dann, wenn schwerwiegende Bedenken gegen die Anzeigenverçffentlichung bestehen, 1 2 3 4

Dazu: Lçffler, BT Anz Rz. 129. Wronka, S. 26/27, 127; Klosterfelde, S. 72/73. Lçffler, BT Anz Rz. 129. Insoweit erbrigen sich die bei Wronka (S. 127–129) vorgenommenen Differenzierungen. 5 Lçffler, BT Anz Rz. 129. 6 Wronka, S. 129–130.

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Rath-Glawatz 59

P Rz. 107

Anzeigenvertrag

aus der bestehenden Abdruckverpflichtung nachtrglich noch lçsen kann, enthlt Ziff. 8 ZAW-AGB ein ausdrckliches, einseitiges Rcktrittsrecht des Verlags (R Rz. P 32 ff.). 107

Der Verlag ist nicht nur gehalten, die Hauptpflichten aus dem Anzeigenvertrag zu erfllen, sondern auch eventuell vorhandene Nebenverpflichtungen zu beachten. So ist der Verlag beispielsweise gegenber erkennbar unerfahrenen Inserenten dann hinsichtlich des angewandten Druckverfahrens aufklrungspflichtig, wenn die Gefahr besteht, dass bestimmte gestalterische Elemente der geplanten Anzeigenverçffentlichung nicht so, wie mçglicherweise erhofft, zur Geltung kommen. Eine allgemeine Hinweispflicht existiert insoweit allerdings nicht.1 Eine Verletzung der sich aus dem Anzeigenvertrag ergebenden Obhutspflichten wird beispielsweise auch dann anzunehmen sein, wenn eine Anzeige, aus der ein Coupon vom Leser auszuschneiden und an den Inserenten zurckzuschicken ist, vom Verlag so platziert wird, dass sich auf der Rckseite der Anzeigenseite ein großformatiges Sammel-Farbfoto (Gruppenbild einer Fußballmannschaft) befindet, das durch das Ausschneiden der Coupons beschdigt wird. Die Couponanzeige, die an sich ordnungsgemß abgedruckt ist, verliert durch die „unglckliche Platzierung“ an Wert und bßt erkennbar ihren Werbenutzen ein; sie wird mangelhaft. Der Anzeigenkunde kann eine Reduzierung des Anzeigenpreises verlangen.2 Gleiches soll auch gelten, wenn der Verlag in einem von ihm freiwillig abgedruckten Beilagenhinweis den Firmensitz des Werbetreibenden, von dem eine Beilage in der Zeitung liegt, falsch bezeichnet.3 Die dem Anzeigenvertrag innewohnenden Sorgfaltspflichten werden weiter dann nicht beachtet, wenn der Verlag (großformatige) Anzeigen abdruckt, in denen – und dies ist entscheidend – in offensichtlich unzulssiger Weise die Geschftspraktiken eines ebenfalls inserierenden Anzeigenkunden angegriffen werden. Diese Gegenanzeigen machen die Inserate des betroffenen Gewerbetreibenden zwar nicht mangelhaft (i. S. d. § 633 BGB), wohl aber steht dem betroffenen Inserenten gegenber dem Verlag ein Unterlassungs- und/oder Schadensersatzanspruch zu.4 Vergleichbares gilt, wenn ein Gewerbetreibender per Annonce von seinem ebenfalls inserierenden Konkurrenten behauptet, dieser biete geflschte „Marken“-Ware (Imitationen) an. Derartige Anzeigen sind wettbewerbsrechtlich unzulssig.5

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Aufgrund ihrer eingeschrnkten Prfungspflicht (R Rz. P 319 ff.) sind die Verlage grundstzlich nicht gehalten, die Inserenten auf etwaige wett1 2 3 4 5

Dazu allgemein: Wronka, S. 98, 101. OLG Bremen, ArchPR 1976, S. 93/94. AG Neuss, ArchPR 1945–56, S. 32. Dazu: OLG Hamm, AfP 1986, S. 52–54. BGH, AfP 1990, S. 202.

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60 Rath-Glawatz

Anzeigen – Pressefreiheit

Rz. 110 P

bewerbsrechtliche oder andere Rechtsmngel in der geplanten Anzeigenverçffentlichung hinzuweisen. Eine Ausnahme gilt nur bei offensichtlichen, ohne weiteres erkennbaren Verstçßen. Im brigen ist der Verlag nicht verpflichtet, den Inserenten auf Unrichtigkeiten bzw. Widersprchlichkeiten im Anzeigenmanuskript, die der Inserent bersehen hat, hinzuweisen. Nach Ziff. 15 Satz 1 der ZAW-AGB kann der Inserent u. U. auch noch nach Abdruck der Anzeige verlangen, der Verlag mçge ihm mit der Rechnung einen „Anzeigenbeleg“ zuschicken. Diese Verpflichtung wird z. T. in den „Zustzlichen Geschftsbedingungen“ der Verlage in der Weise eingeschrnkt, dass z. B. bei Wortanzeigen ein entsprechender Anspruch nicht besteht. Diese Einschrnkung erscheint vertretbar, da es dem Gelegenheitsinserenten zuzumuten ist, ein Exemplar der Zeitung zu kaufen, fr die die Anzeige aufgegeben ist.

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Satz 2 der Ziff. 15 ZAW-AGB sieht vor, dass bei grçßeren Anzeigenauftrgen „Anzeigenausschnitte, Belegseiten oder vollstndige Belegnummern“ bersandt werden.1

Anzeigen – Pressefreiheit Anzeigen genießen den Schutz des Grundrechts der Pressefreiheit aus Art. 5 GG.2 So hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass sich der Schutz dieses Grundrechts „auch auf kommerzielle Meinungsußerung sowie reine Wirtschaftswerbung“ erstreckt.3 Selbst Publikationsorgane wie Offertenbltter, die unter Verzicht auf einen redaktionellen Teil ausschließlich Anzeigen verçffentlichen, kçnnen sich grundstzlich auf Art. 5 GG berufen.4 Kommt es allerdings zwischen einer Zeitung mit redaktionellem Teil und einem Offertenblatt zu Grundrechtskollisionen,

1 Dazu insgesamt: Wronka, S. 122–125; Klosterfelde, S. 72–73. Zur Frage, welche Belege die Werbeagentur dem Werbetreibenden vorzulegen hat: Lambsdorff/Skora, S. 89 Rz. 121. 2 Ahrens, § 73 Rz. 25, aber auch Rz. 22 m. w. N. auf die Rtspr.; Lçffler, BT Anz Rz. 5; Paulus, WRP 1990, S. 22 ff.; OLG Mnchen, AfP 1994, S. 230; s. a. Sevecke, AfP 1994, S. 196 ff., 200; Lçffler/Ricker, S. 409 Rz. 3; eine bersicht der Literaturstimmen zum Thema „Werbung und GG“ findet sich bei Ahrens, § 73 Fn. 79; insoweit auch: Hartwig, WRP 2003, S. 1193 ff.; das OLG Mnchen (NJWRR 1997, S. 743) hat einem Katalog, der neben der Abbildung der vertriebenen Waren auch redaktionelle Teile enthielt, (zu Unrecht) nicht in den Geltungsbereich des Art. 5 GG einbezogen. 3 BVerfG, in: AfP 2001, S. 45 (Benetton). 4 OLG Kçln, AfP 1984, S. 45.

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Rath-Glawatz 61

110

P Rz. 111

Anzeigen – Pressefreiheit

so genießt die Erhaltung des Druckwerks mit redaktionellem Teil den Vorrang.1 Das Bundesverfassungsgericht sieht Anzeigenverçffentlichungen in erster Linie als „Nachrichten“ und bezieht Anzeigen vornehmlich unter diesem Aspekt in den Schutzbereich des Art. 5 GG mit ein.2 Das Gericht hebt zugleich die „Bedeutung des Anzeigenteils fr die Erfllung der Kommunikationsaufgabe der Presse … sowie fr die Erhaltung ihrer wirtschaftlichen Grundlagen als wesentliche Voraussetzung ihrer Unabhngigkeit“ hervor.3 111

Neben den Anzeigen, die hinweisende oder ankndigende Mitteilungen enthalten und denen folglich ein nachrichtenhnlicher Informationswert zuzusprechen ist, sind Inserate mit (berwiegend) werbendem Inhalt als Meinungsußerungen anzusehen. Deren Abdruck wird ebenfalls vom Grundrecht der Pressefreiheit umfasst.4 Insoweit ist zu Recht darauf zu verweisen, dass es der Einordnung einer Verçffentlichung als Meinungsußerung nicht widerspricht, wenn deren Abdruck ausschließlich oder berwiegend aus wirtschaftlichen Grnden erfolgt. Folglich genießt auch eine Anzeige, in der „lediglich“ die behaupteten Vorzge eines Produkts oder einer Dienstleistung herausgestellt werden, den vollen Schutz des Grundrechts der Pressefreiheit.

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Der praktische Nutzen der Einbeziehung der Anzeigen in den Schutzbereich des Art. 5 GG liegt u. a. darin, dass der Staat Anzeigen nicht zensieren darf.5 Anzeigen(werbe-)verbote sind nur im Rahmen der das Grundrecht der Pressefreiheit eingrenzenden allgemeinen Gesetze, so etwa aus Grnden des Jugendschutzes (R Rz. P 438 ff.), zulssig. Soweit beispielsweise wettbewerbsrechtliche Bestimmungen bestimmte Formen oder Inhalte der (Anzeigen-)Werbung verbieten, ist dies verfassungsgemß. Denn damit werden keine allein nur fr die Werbung in der Presse geltenden Reglementierungen aufgestellt, sondern Werbung ist erlaubt, muss sich jedoch an die allgemeinen (wettbewerbsrechtlichen) Regeln halten, die fr alle Werbetreibenden und Werbeformen – z. B. auch die Plakat- oder Handzettelwerbung – in gleicher Weise gelten.

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Andererseits sind diese allgemeinen, die Anzeigenwerbung eingrenzenden gesetzlichen Regelungen stets vom Gesetzgeber in der Weise zu formulieren und von den Gerichten so auszulegen, dass es in der praktischen Anwendung nicht doch zu einer mit dem Grundgesetz nicht mehr

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OLG Kçln, AfP 1984, S. 45. Sog. Sdkurier-Entscheidung, NJW 1967, S. 977; BVerfG, NJW 1990, S. 701, 702. BVerfG, AfP 1983, S. 386. S. a. BVerfG, AfP 1983, S. 385; dazu auch: Schneider, AfP 1967, S. 679/680; Braun, WRP 1982, S. 515. 5 Schneider, AfP 1967, S. 680.

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62 Rath-Glawatz

Anzeigen – Pressefreiheit

Rz. 114 P

zu vereinbarenden Beeintrchtigung der Pressefreiheit kommt.1 Diesem Rechtsgedanken entspricht es etwa, die Prfungspflicht der Presse auf offenkundige Wettbewerbsverstçße bei Anzeigenverçffentlichungen zu beschrnken. Denn andernfalls mssten die Verlage einen Prfungsaufwand betreiben, der ein rentables Anzeigengeschft unmçglich macht, und so der (berwiegende) Teil der finanziellen Basis entfiele, auf der allein redaktionelle Leistungen fr die Leser erbracht werden kçnnen. Auf diesem Hintergrund ist auch die in § 9 Satz 2 UWG normierte Haftungserleichterung fr die Presse bei Anzeigenverçffentlichungen zu sehen. Indem die Schadensersatzpflicht auf die Flle beschrnkt wird, in denen die Zeitung oder Zeitschrift vorstzlich eine wettbewerbswidrige Anzeige verçffentlicht, wird deutlich, dass auch insoweit vom Gesetzgeber zu Recht auf die Besonderheiten im Pressewesen, insbesondere auf die eingeschrnkten Mçglichkeiten bei der berprfung von Anzeigen, Rcksicht genommen wurde.2 Die Einbeziehung der Anzeigen in den Schutzbereich des Art. 5 GG hat aber noch weit grundstzlichere Bedeutung: sieht man in dem Grundrecht der Pressefreiheit auch eine Garantie des Instituts „freie Presse“, so muss diese verfassungsrechtliche Gewhrleistung sich auch auf die grundlegenden materiellen Existenzbedingungen erstrecken, ohne die freie Presse nicht mçglich ist.3 So hat das Bundesverfassungsgericht lokale Werbeverbote fr gebhrenfinanzierte Rundfunkprogramme zum Schutz des Anzeigenaufkommens der çrtlichen Presse aus Art. 5 GG gerechtfertigt und so einen entscheidenden Beitrag geleistet, den Printmedien den fr sie lebensnotwendigen lokalen Werbemarkt zu erhalten. – Nichts anderes kann etwa gelten, wenn in Offertenblttern bestimmte Anzeigen (z. B. private Kleinanzeigen) auf Dauer kostenlos verçffentlicht werden. Denn damit sollen zur Finanzierung dieser Bltter gezielt die Inserentenstrçme von der „redaktionellen Presse“ abgezogen werden, so dass langfristig deren existenzwichtige Finanzquellen untergraben werden und das Institut der freien Presse in Frage gestellt wird. Auch insoweit gebietet es der Schutz des Art. 5 GG, die Gefhrdung der Tageszeitungspresse durch das dauerhafte Verschenken von Anzeigenraum als unzulssig zu untersagen.4

1 Dazu: Lçffler, 3. Aufl. Bd. 1, S. 98 Rz. 135; OLG Kçln, AfP 1984, S. 45. 2 Zum neuen § 9 Satz 2 UWG: Harte/Henning, § 9 Rz. 138 ff.; Baumbach/Hefermehl, § 9 Rz. 2.11 ff. 3 BVerfG (4. Fernsehurteil/Niedersachsen), AfP 1986, S. 326; BVerfG (5. Fernsehurteil/Baden-Wrttemberg), AfP 1987, S. 487; s. a. BVerfG, AfP 1983, S. 385. 4 So im Grundsatz BGH, AfP 1989, S. 737, 738 – der BGH stellt jedoch zu hohe Forderungen an den Nachweis der Gefhrdung der Tageszeitungspresse.

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Rath-Glawatz 63

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P Rz. 115

Aufbewahrungsfristen

Aufbewahrungsfristen 115

Angesichts des Anzeigengeschfts als Massengeschft ist neben dem Problem der Aufbewahrung der Druckunterlagen fr die Verlage vor allem die Frage bedeutsam, wie lange Anzeigenmanuskripte und Rechnungen zu verwahren sind. Mit Blick auf die in Pressesachen relativ kurzen strafrechtlichen Verjhrungsvorschriften (R Rz. P 424) erscheint hinsichtlich der Anzeigenmanuskripte eine Aufbewahrungsfrist von 12 Monaten ausreichend;1 die Frage einer Verwahrung stellt sich insoweit ohnehin nur bei „kritischen“ Anzeigentexten. Im zivilrechtlichen Bereich sind i. d. R. nach drei Jahren Regressansprche verjhrt (R Rz. P 425). Handelsrechtlich bestimmt § 257 HGB, welche Unterlagen zehn bzw. sechs Jahre zu verwahren sind. Anzeigenmanuskripte wird man weder zu den aufbewahrungspflichtigen „Handelsbchern“ zhlen noch davon ausgehen kçnnen, dass sie zum Zweck des Nachweises einer ordnungsgemßen Buchfhrung aufbewahrt werden mssen. Denn ber den Anzeigenauftrag liegen regelmßig Auftragsschreiben/-besttigungen oder bei telefonischer Anzeigenaufnahme die gespeicherten Kundendaten im Kontext mit den verçffentlichten Inseraten vor. Die Anzeigenrechnungsbelege sind jedoch (als Handelsbcher) zehn Jahre aufzubewahren. Die steuerrechtlichen Aufbewahrungsfristen (§ 147 AO) entsprechen im Wesentlichen denen des HGB.

Auflagenminderung 116

Die Hçhe der Auflage eines Presseobjekts ist ein wichtiges Kriterium fr die Vergabe des Anzeigenauftrages. Daneben gibt es jedoch noch weitere Fakten, die fr den Werbetreibenden bei seiner Insertionsentscheidung von Bedeutung sind wie etwa Zusammensetzung und Kaufkraft der Leserschaft einer Zeitung/Zeitschrift bzw. deren „Ansehen“ und Bedeutung im Markt.2 Diese gesamten Kriterien sind einschließlich der Hçhe der Auflage des Druckobjekts nicht Bestandteil des Anzeigenvertrages.3 Der Verlag schuldet „lediglich“ Druck und Verbreitung des Inserats, ohne dass dafr eine bezifferte Auflagenhçhe maßgebend wre. 1 Insoweit sind auch die kurzen Verjhrungsfristen nach den Landespressegesetzen zu erwhnen (z. B. § 25 LPG NW). 2 Dazu etwa: BGH, WRP 1956, S. 100; s. a. OLG Frankfurt, AfP 1978, S. 224. 3 Anders dann, wenn in dem Schreiben, mit dem die Anzeigenverçffentlichung gegenber dem potenziellen Werbetreibenden angeboten wurde, ausdrcklich da-

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64 Rath-Glawatz

Auflagenminderung

Rz. 118 P

Verndert sich die Auflage zwischen Vertragsschluss und Anzeigenverçffentlichung zuungunsten des Inserenten, so ist darin kein Mangel i. S. d. § 633 BGB zu sehen, d. h. der Inserent ist nicht berechtigt, den Anzeigenpreis zu mindern (zu krzen). Dem entspricht es auch, dass der Verlag im gegenlufigen Fall der Auflagenerhçhung keine Anhebung des Anzeigenpreises verlangen kann.1

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An dieser Feststellung ndert auch der Umstand nichts, dass der Verlag mit bestimmten Auflagenangaben wirbt bzw. der Inserent bei Abgabe des Insertionsangebots von dieser Zahl ausgegangen ist. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn der Verlag ausdrcklich besondere Zusicherungen hinsichtlich der Auflagenhçhe macht und diese „garantierte“ Auflage dann nicht erreicht wird. In Ziff. 17 ZAW-AGB wird dem Inserenten bei Vorliegen eines „Anzeigen- 118 abschlusses“ ein Minderungsrecht fr den Fall zugestanden, dass innerhalb der nach dem ersten Anzeigenabdruck beginnenden 12 Monate die Auflage in bestimmten, in Ziff. 17 Abs. 1 Satz 2 ZAW-AGB genannten Prozentangaben sinkt. Die notwendige Vergleichsgrçße ergibt sich dabei aus der Preisliste, sonstigen Angaben des Verlages oder aus der durchschnittlich verkauften (der tatschlich verbreiteten) Auflage innerhalb der letzten zwçlf Monate vor der ersten Insertion innerhalb des Abschlusses.2 Erreicht die Auflagenminderung die in Ziff. 17 Abs. 1 ZAW-AGB fr die jeweilige Auflagenhçhe genannten Prozentwerte nicht, so besteht kein Anspruch auf Krzung des Anzeigenentgelts; dies gilt auch dann, wenn der Verlag den Inserenten rechtzeitig vor dem nchsten Anzeigenabruf ber den Auflagenrckgang informiert und dieser sein Rcktrittsrecht nicht wahrgenommen hat (Ziff. 17 Abs. 2 ZAW-AGB). Aus diesen Regelungen wird deutlich, dass auch Ziff. 17 ZAW-AGB kein Garantieversprechen der Verlage hinsichtlich bestimmter Auflagenhçhen (i. S. v. zugesicherten Eigenschaften) enthlt, sondern, dass als Entgegenkommen gegenber der werbetreibenden Wirtschaft Sachmngel fingiert und in analoger Anwendung Gewhrleistungsansprche zugestanden werden. Hinsichtlich der Hçhe des Minderungsanspruches enthlt die Ziff. 17 ZAW-AGB keine Angaben; insoweit ist auf die allgemeinen Grundstze von gesprochen wird, die Auflage betrage „mindestens X Exemplare“ – LG Kleve, NJW-RR 2002, S. 1633. Dieser Entscheidung ist nur dann zu folgen, wenn es sich nicht um den „normalen“ Hinweis auf die Auflage eines Objekts handelt, sondern mit einer besonderen Zusicherung geworben wird, dass die Auflage auch tatschlich in der genannten Hçhe vertrieben wird. 1 OLG Mnchen, AfP 1985, S. 133/134. 2 Zur Frage der Rechtmßigkeit der Ziff. 17 ZAW-AGB: OLG Mnchen, AfP 1985, S. 134; s. a. Wronka, S. 133.

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Rath-Glawatz 65

P Rz. 119

Ausschnittwerbung

der Sachmngelhaftung zu verweisen.1 Soweit ein Titel „heftbezogene Auflagendaten“ verçffentlicht, gelten die Sonderregelungen der Ziff. 21 der ZAW-AGB.

Ausschnittwerbung 119

Werden Anzeigen eines Werbetreibenden, die dieser in einem Printmedium geschaltet hat, von einer anderen Zeitung oder Zeitschrift ohne Auftrag des Inserenten bernommen, so ist dies grundstzlich wettbewerbswidrig (Stichwort: Fllanzeigen (R Rz. P 209 ff.). Erteilt der Inserent dagegen den Auftrag, eine anderweitig bereits abgedruckte Anzeige fototechnisch zu bernehmen, so ist dies nur in besonderen Ausnahmefllen wettbewerbsrechtlich zu beanstanden (R Rz. P 396 ff.) (Stichwort: bernahme Anzeigen). Von diesen Fllen ist die Frage zu unterscheiden, inwieweit es mit den Regelungen des Wettbewerbsrechts vereinbar ist, wenn Verlage Anzeigen aus Fremdobjekten ausschneiden, auf Werbeschreiben aufkleben und potenziellen Inserenten zuschicken, um ihnen die Vorteile einer Anzeigenschaltung im verlagseigenen Produkt (Preis, Auflage, Verbreitungsgebiet, Leserstruktur) zu verdeutlichen.

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Es liegt eine Reihe erstinstanzlicher Entscheidungen vor, in denen diese Art der Ausschnittwerbung als wettbewerbswidrig eingestuft wird. Dabei verweisen die Gerichte unter dem Stichwort des „Schmarotzens an fremder Leistung“ darauf, dass der die Werbung betreibende Verlag durch das Ausschneiden der Anzeigen eigene Kosten erspare und so die Vorleistungen der Konkurrenz unlauter ausnutze. Dabei gehe es nicht nur um die ersparten Satzkosten fr die jeweiligen Anzeigen. Der Erstverlag habe gegenber dem Anzeigenkunden auch Beratungsleistungen bei der Abfassung und Gestaltung der Anzeigen erbracht, die jetzt von dem „nachahmenden“ Verlag ausgebeutet wrden.2 Nachdem das OLG Braunschweig demgegenber die wettbewerbsrechtlich Zulssigkeit der Ausschnittwerbung bejaht hat, scheinen heute allgemein keine Bedenken mehr gegen diese Werbeform zu bestehen.3 Zur Begrndung kann auf die Argumente verwiesen werden, die die fototech1 Dazu insgesamt: Wronka, S. 132 ff.; Klosterfelde, S. 74 ff. (zu den Auswirkungen auf Rabattvereinbarungen: S. 78). 2 LG Detmold, ArchPR 1969, S. 95; AG Hameln, ArchPR 1969, S. 96; LG Lneburg, ArchPR 1969, S. 95; LG Kçln, ArchPR 1967, S. 78/79: in diesem Sinn auch: Ahrens, § 74 Rz. 138 m. w. N. auf die Rtspr. 3 OLG Braunschweig, AfP 1971, S. 139; Mathy, AfP 1971, S. 140 m. w. N. auf die Rtspr.

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66 Rath-Glawatz

Ausspannen von Anzeigenkunden

Rz. 122 P

nische bernahme fremder Anzeigen in das eigene Objekt rechtfertigen. Selbstverstndlich hat die Ausschnittwerbung u. a. dort ihre Grenzen, wo eine Anzeige Sonderrechtsschutz, z. B. nach den Bestimmungen des Urheberrechts, genießt oder aber in sonstiger Weise wettbewerbswidrige Praktiken (Marktverstopfung, unzulssige Behinderung, Vernichtungswettbewerb) vorliegen.1 Irrefhrend und damit wettbewerbswidrig ist dagegen nach wie vor, wenn die Ausschnittwerbung so gestaltet wird, dass der Inserent der Fehlvorstellung erliegt, es handele sich um eine Werbung des Verlages, bei dem er zuvor die Anzeige geschaltet hat, und nicht bemerkt, dass er von dritter Seite angeschrieben wird.2 Kritischer zu beurteilen ist die Frage, ob der mit der Ausschnittwerbung regelmßig verbundene Preisvergleich wettbewerbsrechtlich zulssig ist. Dabei spielt es keine Rolle, ob in dem mit der aufgeklebten Anzeige versandten Werbeschreiben nur der „neue“ Anzeigenpreis angegeben ist. Denn der angeschriebene Inserent weiß aus der Vorverçffentlichung, was die „alte“ Anzeige gekostet hat. Ergibt sich folglich aus dem Werbeschreiben ein gnstigerer Anzeigenpreis, so mssen die dafr maßgebenden Kriterien (z. B. niedrigere Auflage) ebenfalls genannt werden, damit diese – zumindest mittelbare – Preisgegenberstellung nach den Regeln der vergleichenden Werbung wettbewerbsrechtlich zulssig ist (R Rz. P 212 ff.).3

Ausspannen von Anzeigenkunden Es gehçrt zum Wesen des Wettbewerbs, dass jeder Anbieter versucht, dem Konkurrenten Kunden zu entziehen. Solange dies mit wettbewerbsrechtlich zulssigen Mitteln geschieht, kann der Gewerbetreibende das „Ausspannen“ von Kunden nicht verhindern.4

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Als wettbewerbsrechtlich kritischer Bereich im Rahmen des „Kundenfangs“ hat sich die Telefon-/Telefax-/E-Mailwerbung (R Rz. P 59 ff.) erwiesen. Schon vor der Aufnahme von Regelungen in das neue UWG (§ 7)

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1 Bezogen auf die Frage des Sonderrechtsschutzes: Mathy, AfP 1971, S. 140. 2 LG Dsseldorf, Urteil v. 3.3.1983 – Az. 32 O 132/82 und LG Wuppertal, Urteil v. 27.1.1983 – Az. 12 O 211/82. 3 Dazu: Mathy, AfP 1971, S. 141 (insoweit kritisch zur Entscheidung des OLG Braunschweig, AfP 1971, S. 140); s. a. LG Kçln, ArchPR 1967, S. 79; LG Lneburg, ArchPR 1969, S. 96; AG Hameln, ArchPR 1969, S. 96. Als wettbewerbswidriger Fall der Ausschnittwerbung ist es angesehen worden, wenn Traueranzeigen aus Zeitungen ausgeschnitten und auf „Schmuckblttern“ den Hinterbliebenen zur Weiterversendung angeboten werden – LG Kçln, ArchPR 1945–56, S. 33. 4 Allgemein dazu: Baumbach/Hefermehl, § 4 Rz. 10.33 mit Nachweisen auf die Rechtsprechung.

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Rath-Glawatz 67

P Rz. 123

Ausspannen von Anzeigenkunden

waren nach der Rechtsprechung unerbetene Anrufe, in denen Waren- oder Dienstleistungen angeboten werden, grundstzlich unzulssig. Dies gilt gegenber Privatpersonen ohne Ausnahme. Wird ein Geschftsmann angerufen, so sind derartige telefonische Angebote dann noch vertretbar, wenn sie sich unmittelbar auf die geschftliche Ttigkeit des Gewerbetreibenden beziehen und so vermutet werden kann, dass der Angerufene an den Angeboten interessiert ist. So wurde es als unzulssig angesehen, wenn ein Verlag Gewerbetreibende, die bei der Konkurrenz inseriert haben, anruft, um fr Anzeigenverçffentlichungen im eigenen Objekt zu werben.1 Insoweit kann keine mutmaßliche Einwilligung des Gewerbetreibenden angenommen werden. Denn die Anzeigenwerbung stellt regelmßig nur eine Hilfsttigkeit gegenber den eigentlichen unternehmerischen Zielen dar, so dass der belstigende Charakter der Anrufe berwiegt.2 Hat der (private) Inserent dagegen bereits in einem verlagseigenen Druckerzeugnis eine Anzeige geschaltet, so wird es als zulssig angesehen, wenn er angerufen wird, um ihn auch zur Insertion in einem anderen „einschlgigen“, dem Verlag ebenfalls gehçrenden Objekt zu bewegen.3 Zur Rechtfertigung wird darauf verwiesen, dass der Inserent mit dem Verlag schon Kontakt gehabt habe, so dass davon ausgegangen werden kçnne, dass er einer weiteren „Geschftsverbindung aufgeschlossen“ gegenberstehe. 123

Wettbewerbsrechtlich unzulssig ist es schließlich, wenn versucht wird, den Verlagen Anzeigenkunden in der Weise auszuspannen, dass Dritte den Inserenten auf ihre Anzeige hin schriftlich oder telefonisch allgemeine, nicht konkret auf die Anzeige bezogene geschftliche Anpreisungen/ Vermittlungsangebote machen. Dies ist etwa dann der Fall, wenn Makler den Inserenten, die unter der Rubrik „Immobilien“ bestimmte Huser bzw. Grundstcke suchen oder anbieten, Werbeschreiben zuschicken, die nicht auf die jeweiligen Inserate eingehen, sondern in allgemeiner Form die Leistungen des Maklers herausstellen.4 Ebenso unzulssig ist es, wenn eine Firma, die die Vermittlung gebrauchter Pkw ber Computer betreibt, Inserenten von Kfz-Anzeigen anruft und nachfragt, ob sie mit der Aufnahme ihres Pkw in das Computer-Vermittlungsprogramm einverstanden sind.5 Denn der Inserent erwartet auf die Anzeige Anrufe von Kaufinteressenten, nicht jedoch von Dritten, die ihre Vermittlungsdienste anbieten.

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OLG Hamm, AfP 1992, S. 375. OLG Hamburg, WRP 1987, S. 41. LG Oldenburg, GRUR 1988, S. 551/552. OLG Mnchen, AfP 1987, S. 611, 612; LG Kçln, AfP 1992, S. 309, 310. LG Kçln, Beschluss v. 11.9.1987 – Az. 31 O 490/87.

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68 Rath-Glawatz

Beilagen

Rz. 125 P

Beilagen Wird eine Anzeige nicht im Presseorgan selbst, sondern in einer oder als eine Beilage zu dem Printprodukt verçffentlicht,1 so hngt die Beurteilung insoweit auftauchender presserechtlicher und wettbewerbsrechtlicher Fragen entscheidend von dem „Charakter“ der Beilage ab.2

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Hinsichtlich der Kennzeichnungspflicht (R Rz. P 265 ff.) gilt, dass Anzeigen dann, wenn sie nicht ohnehin als entgeltliche Verçffentlichungen zu erkennen sind, in Beilagen oder als Beilage (Prospektwerbung) dann ausdrcklich gekennzeichnet werden mssen, wenn die Beilage selbst in der Aufmachung dem Trgerobjekt entspricht oder doch sehr nahe kommt.3 Erkennt der Verkehr „ohne weiteres“, dass „nicht die Zeitungsredaktion hinter den redaktionellen Beitrgen der Autoren der Beilage steht“, so liegt keine getarnte Werbung vor, eine Kennzeichnungspflicht besteht nicht.4 Ist die Beilage als „Anzeigenbeilage“ gekennzeichnet, so ist nach Ansicht des BGH nicht davon auszugehen, dass der Leser die (nicht gesondert gekennzeichneten) redaktionellen Texte irrtmlich als „Werbung“ ansieht.5 Wird z. B. der Tageszeitung ein (auf anderem Papier gedruckter) durchgehend vierfarbiger Werbeprospekt beigelegt, so ergibt sich schon aus der Beilage selbst, dass es sich um bezahlte Werbung handelt.6 Eine Kennzeichnung entfllt. Stimmt die Beilage dagegen in „Format und ußerer Gestaltung“ mit der Trgerzeitung „nahezu vçllig berein“, so muss die Beilage, wenn sie neben erkennbaren Anzeigenverçffentlichungen auch redaktionell gestaltete Anzeigen bzw. „getarnte redaktionelle Beitrge“ enthlt, insgesamt (d. h. durchgehend) als „Anzeige“ gekennzeichnet werden.7 Dies wird damit begrndet, dass auch der (flchtige) Leser, der

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1 Zur Frage, ob eine Beilage wie die Zeitung auch als periodisches Druckwerk anzusehen ist: BGH, GRUR 1998, S. 481, 482. Zur Frage der Zulssigkeit eines Vergleichs zwischen der Beilagenwerbung in Zeitungen und Postwurfsendungen: OLG Stuttgart, AfP 1997, S. 543 ff. 2 Zur Frage der (urheberrechtlich zulssigen) bernahme eines Plakats als Deckblatt fr eine Zeitungsbeilage: LG Oldenburg, AfP 1988, S. 84; zur Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Beilage, die Anzeigen enthlt, ein eigenstndiges Impressum (und damit Angabe eines Verantwortlichen fr den Anzeigenteil) bençtigt: Lçffler, § 8 Rz. 97 ff. 3 Unterscheiden sich Aufmachung sowie Gestaltung des „Trgerobjekts“ und der Beilage (und wird zustzlich darauf verwiesen, dass die Beilage exklusiv fr das Trgerobjekt erstellt wurde), so muss die redaktionell gestaltete Beilage nicht als „Anzeige“ gekennzeichnet werden – LG Mnchen, AfP 1995, S. 682. 4 OLG Mnchen, ZUM 1998, S. 842. 5 BGH, GRUR 1998, S. 481, 483. 6 LG Mnchen, AfP 1995, S. 682. 7 OLG Hamm, AfP 1992, S. 226; Grçning, WRP 1993, S. 685, 689.

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Rath-Glawatz 69

P Rz. 126

Beilagen

wahllos die inneren (vermeintlich) redaktionellen Seiten aufschlgt, informiert sein muss, dass es sich insoweit um Werbung handelt.1 Hinsichtlich der Prfungspflichten (R Rz. P 319 ff.) der Verlage gelten bzgl. Beilagen keine Besonderheiten. Die Verlage haften fr den gesamten Inhalt der Druckschrift, d. h. einschließlich der Beilagen.2 Wie sonst auch beschrnkt sich die Prfungspflicht der Verlage bei (Fremd-) Anzeigen in zugelieferten3 oder selbst produzierten Beilagen auf grobe, offensichtliche Rechtsverstçße.4 126

Die ZAW-AGB werden auch im Fremd-Beilagengeschft zur Anwendung empfohlen. Im Einzelfall ist jedoch jeweils genau zu prfen, ob die AGB auch tatschlich durch ausdrckliche oder stillschweigende Vereinbarung in den Beilagen-Vertragsabschluss einbezogen sind.

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Werden in Tageszeitungen „Sonderverçffentlichungen“ in Beilagenform abgedruckt, in denen sowohl redaktionelle Beitrge wie auch Anzeigen enthalten sind, so wird die separate kostenlose Verteilung dieser Beilage an Nichtzeitungsabonnenten dann als wettbewerbsrechtlich zulssig angesehen, wenn die Sonderverçffentlichung keinen Tageszeitungscharakter hat, sondern in ihrer Aufmachung der eines (kostenlos verteilten) Anzeigenblattes entspricht, also die Problematik des kostenlosen Vertriebs einer Tageszeitung nicht entsteht. Werden die in diesen zustzlich verteilten Beilagen verçffentlichten Anzeigen ohne Einbeziehung der zustzlich anfallenden Vertriebskosten in gleicher Weise wie die im Trgerobjekt abgedruckten Inserate nach dem gltigen Anzeigentarif des Verlages berechnet, so wurde schon frher ein Wettbewerbsverstoß verneint.5

Chiffreanzeige 128

Will sich der (private/geschftliche) Inserent durch die Anzeigenverçffentlichung nicht selbst zu erkennen geben, so hat er die Mçglichkeit, eine Chiffreanzeige aufzugeben. In ihr druckt der Verlag anstelle des Namens oder der Telefonnummer des Inserenten eine Chiffrenummer ab und verpflichtet sich, die eingehenden Zuschriften an den Inserenten

1 Zum Fall einer nicht hinreichend gekennzeichneten Beilage: LG Hamm, Urteil v. 4.10.1990 – Az. 4 U 173/90. 2 OLG Koblenz, AfP 1989, S. 762. 3 Zur Frage der rechtzeitigen Mngelrge fr Werbeprospekte, die der Zeitung beigelegt werden: OLG Koblenz, AfP 1989, S. 762. 4 Lçffler, 3. Aufl. Bd. 1, S. 331 Rz. 72. 5 OLG Hamm, AfP 1989, S. 745.

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70 Rath-Glawatz

Chiffreanzeige

Rz. 129 P

weiterzuleiten. Fr diesen zustzlichen Service verlangen die Verlage regelmßig einen Aufschlag auf den Anzeigenpreis (Chiffregebhr).1 Wird die Verçffentlichung einer Chiffreanzeige vereinbart, so geht der Verlag gegenber dem Inserenten die vertragliche (Neben-)Verpflichtung ein, dessen Namen Dritten gegenber nicht preiszugeben.2 Geschieht dies dennoch, ohne dass dafr ein rechtfertigender Grund besteht, so ist der Verlag, sofern daraus ein nachweisbarer Schaden entstanden ist, regresspflichtig.3 1 Selbstverstndlich muss derjenige, der unter Chiffre inseriert, das Anzeigenentgelt auch dann zahlen, wenn er keine Zuschriften erhlt. Dies gilt selbst dann, wenn der Inserent statt des niedrigeren Preises fr eine Chiffreanzeige mit „Selbstabholung“ der Zuschriften den hçheren Preis incl. des Zuschickens von Zuschriften vereinbart hat, tatschlich jedoch keine Zuschriften eingegangen sind, die an ihn htten weitergeleitet werden kçnnen (AG Mnchen, Urteil v. 23.6.1998 – Az. 111 C 14561/98). Waren erfolgsabhngige Anzeigenpreise mit Blick auf das RabattG bzw. die ZugabeVO unzulssig (LG Kçln, AfP 1990, S. 329/330), so kann dieser Einwand heute nicht mehr erhoben werden, wenn das Angebot gemacht wird, (bestimmte) Anzeigen ausschließlich unter Chiffre zu verçffentlichen und den Preis der Anzeige nach der Anzahl der eingehenden Zuschriften zu staffeln (z. B. keine Zuschrift - Anzeige kostenfrei, 1–9 Zuschriften - „halber“ Anzeigenpreis, ab 10 Zuschriften - „voller“ Anzeigenpreis). Das OLG Kçln, Urteil v. 18.12.1981 (Az. 6 U 173/81) hat in einer derartigen Preisgestaltung einen Verstoß gegen die (nach wie vor gltige) Preisangabenordnung gesehen. 2 OLG Oldenburg, AfP 1989, S. 545; dazu auch: Lçffler, BT Anz Rz. 56. 3 OLG Koblenz, AfP 1980, S. 40/41; OLG Oldenburg, AfP 1989, S. 544/545 – man kann sehr wohl darber streiten, ob in dem Fall, der der Entscheidung des OLG Oldenburg zugrunde lag, der Verlag einen rechtfertigenden Grund zur Bekanntgabe des Namens des Inserenten hatte. Der Anzeigenkunde ließ unter Chiffre folgenden Anzeigentext verçffentlichen: „rger mit X-Bauvertrgen? Kontaktaufnahme Chiffre NR: …“. Nachdem die Firma X dem Zeitungsverlag fr den Fall, dass eine weitere Anzeige gleichen Inhalts erscheine, „rechtliche Schritte“ angedroht und die Bekanntgabe des Namens des Inserenten gefordert hatte, entsprach der Verlag diesem Anliegen. Die Firma X verklagte den Inserenten. In einem gerichtlichen Vergleich verpflichtete sich der Inserent unter anderem, eine „Gegenanzeige“ zu schalten, in der er erklrte, er habe niemals mitteilen wollen, die Firma X wickele Bauvertrge nicht korrekt ab. Der Inserent hat den Zeitungsverlag auf Erstattung der Kosten fr diese „Gegenanzeige“ und seiner Gerichtskosten aus dem Verfahren mit der Firma X verklagt. Das OLG Oldenburg hat entschieden, dass der Zeitungsverlag berechtigt war, den Namen des Inserenten zu nennen, und hat dessen Erstattungsansprche zurckgewiesen. Zur Begrndung beruft sich das Gericht darauf, dass die Chiffre-Anzeige „nach ihrem Inhalt erkennbar eine schwerwiegende Verletzung des wirtschaftlichen Rufs der Firma X enthlt“. Da der Zeitungsverlag „im Fall der Unwahrheit der Tatsachenbehauptung in Anspruch genommen werden“ kçnnte, sei er berechtigt gewesen, der Firma X den Namen des Inserenten bekanntzugeben, damit sich die Firma mit dem Inserenten „als dem fr den Anzeigeninhalt letztlich allein Verantwortlichen“ auseinandersetzen und ihre Rechte geltend machen kann. Sicherlich ist es richtig, wenn der Zeitungsverlag nicht mit den Risiken einer derartigen Anzeigenverçffentlichung belastet werden soll. Andererseits kann dem OLG Olden-

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Rath-Glawatz 71

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P Rz. 130

Chiffreanzeige

In der Praxis verlangen die Leser von Chiffreanzeigen, insbesondere bei Stellenangeboten, vielfach von den Verlagen die Bekanntgabe des Inserenten mit der Begrndung, in ihrer Zuschrift seien Originalzeugnisse (oder andere Dokumente) enthalten, die der Anzeigenkunde nicht zurckgeschickt habe. Selbst wenn dies zutrifft, so sind die Verlage nicht berechtigt, das Chiffregeheimnis zu offenbaren. Es ist keine Anspruchsgrundlage erkennbar, aufgrund derer der Leser einer Chiffreanzeige vom Verlag die Bekanntgabe des Inserenten verlangen kçnnte.1 Dies umso mehr, als es der Leser allein zu verantworten hat, wenn er einem ihm unbekannten Inserenten Dokumente zuschickt und diese mçglicherweise nicht zurckerhlt.2 Die Verlage ben bei der Weiterleitung von Zuschriften auf Chiffreanzeigen nur eine Mittlerfunktion aus. Fr das Verhalten der Inserenten kçnnen sie nicht haftbar gemacht werden. 130

Da die geltenden Bestimmungen zum Zeugnisverweigerungsrecht den Anzeigenteil nicht erfassen, soll nach der finanzgerichtlichen Rechtsprechung das Chiffregeheimnis keinen Bestand haben, wenn Steuerfahndungsbehçrden Ausknfte ber den Inserenten einer Chiffreanzeige verlangen.3 Dem ist im Grundsatz zu folgen, sofern keiner der Ausnahmeflle vorliegt, in denen das Bundesverfassungsgericht die unmittelbare Ableitung eines Auskunftsverweigerungsrechts aus Art. 5 GG fr zulssig erklrt hat.4 Im Interesse des Anzeigenkunden sollten die Verlage dann, wenn ihnen ein entsprechendes Auskunftsverlangen der Finanzbehçrden vorliegt, in jedem Fall grndlich prfen, ob fr deren Eingreifen bzw. den Zugriff auf

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burg nicht gefolgt werden, wenn es die Prfungspflicht (R Rz. P 319 ff.) des Verlages in der Weise interpretiert, dass ihm eine schwerwiegende Verletzung des wirtschaftlichen Rufes der in der Chiffre-Anzeige genannten Firma htte auffallen mssen. Es handelt sich um ein kurzes, aus der Vielzahl von Kleinanzeigen nicht „ins Auge springendes“ Inserat. Derartige Anzeigen, in denen die Inserenten mçgliche (Mit-)Geschdigte eines Wirtschaftsunternehmens suchen, werden hufiger abgedruckt. Ihnen fehlt das „Außergewçhnliche“. Zudem war die Anzeige in Frageform gefasst und enthielt damit gerade keine definitive Anschuldigung gegenber der in der Anzeige genannten Firma (s. insoweit auch: OLG Mnchen, AfP 1992, S. 275, 277/278). Da der Zeitungsverlag bei dieser Fallkonstellation nicht wegen Missachtungg seiner Prfungspflicht in Regress genommen werden konnte, bestand auch kein rechtfertigender Grund fr die Offenlegung des Chiffregeheimnisses. AG Rastatt, ArchPR 1957, S. 33. Das AG Kçln (AfP 1996, S. 91) verneint ausdrcklich einen Auskunftsanspruch desjenigen, der auf eine Chiffreanzeige geschrieben und seine verschickten Unterlagen nicht zurckerhalten hat. BFH, AfP 1987, S. 545; s. a. Wronka, S. 140, 141; Lçffler, 3. Aufl. Bd. 1, S. 900 Rz. 131 ff. BVerfG, AfP 1983, S. 385 ff.; BVerfG, NJW 1990, S. 701–702.

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72 Rath-Glawatz

Chiffreanzeige

Rz. 130 P

den Verlag die gesetzlichen Voraussetzungen auch tatschlich gegeben sind: – Ermittlungen der Steuerfahndung sind nur zulssig, wenn ein „hinreichender Anlass“ gegeben ist. Damit sollen Ermittlungen, die ins „Blaue hinein“ erfolgen, unterbunden werden.1 Ein „hinreichender Anlass“ ist nach der Rechtsprechung bereits in dem Augenblick gegeben, in dem „aufgrund allgemeiner Erfahrung“ bei bestimmten Formulierungen in Chiffreanzeigen (z. B. Angebot auslndischer Immobilien von betrchtlichem Wert) eine Steuerhinterziehung vermutet werden kann (§ 208 i. V. m. § 93 AO).2 – Außerdem ist darauf zu verweisen, dass nach § 93 Abs. 1 Satz 3 AO eine Auskunftspflicht immer erst dann besteht, wenn „die Sachverhaltsaufklrung durch die Beteiligten nicht zum Ziele fhrt oder keinen Erfolg verspricht“.3 Lsst sich beispielsweise bei einer Chiffreanzeige, in der ein „Eigenjagdrevier“ zum Verkauf angeboten wird, aufgrund der in der Anzeige gemachten (Orts- bzw. Grçßen-)Angaben herausfinden, wo dieses Reviergrundstck liegt, so kçnnen die Finanzbehçrden den Inserenten ermitteln, ohne dass es dazu der Offenlegung des Chiffregeheimnisses bedrfte.4 Gelegentlich verlangten die Finanzbehçrden Ausknfte ber Chiffreanzeigen mit der Begrndung, in den Inseraten wrden Buchfhrungsarbeiten von Personen angeboten, die dazu nach dem Steuerberatungsgesetz nicht befugt seien. Durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist eine Klrung in der Weise erfolgt, dass in dem Angebot von „Buchfhrungshilfen“5 sowie der Erledigung der „laufenden Buchfhrung“ (kontieren)6 kein Verstoß gegen das Steuerberatungsgesetz gesehen werden kann. Die Verlage sind bei derartigen Chiffreanzeigen nicht (mehr) auskunftspflichtig. Werden jedoch in den Chiffreanzeigen Ttigkeiten angeboten, die diesen (Ausnahme-)Tatbestnden nicht zugerechnet werden kçnnen, so muss die Presse das Chiffregeheimnis lften.7 Soweit in anderen Spezialnormen (etwa § 7 des Gesetzes zur Intensivierung der Bekmpfung der Schwarzarbeit) hnliche Auskunftsrechte gegenber dem Zoll und anderen Behçrden verankert sind, wird man hinsichtlich der Befolgung eines Auskunftsverlagen von hnlichen Grundstzen auszugehen haben.

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BFH, AfP 1990, S. 351, 352; BVerfG, NJW 1990, S. 702. FG Baden-Wrttemberg, AfP 1986, S. 261. Dazu: BFH, AfP 1987, S. 546; BVerfG, NJW 1990, S. 702. Insgesamt zu der Problematik einer Auskunftsverweigerung bei Chiffreanzeigen: Lçffler, BT Anz Rz. 57. 5 BVerfG, AfP 1983, S. 385 ff. 6 BVerfG, DB 1980, S. 2222 ff. 7 BVerfG, DB 1982, S. 731 ff.; BFH, AfP 1990, S. 351/352.

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Rath-Glawatz 73

P Rz. 131

Chiffreanzeige

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Im Strafverfahren kçnnen sich die Verlage bei Chiffreanzeigen, die „ausschließlich dem geschftlichen Verkehr dienen“, gegenber einer richterlichen Vernehmung ebenfalls nicht auf das Chiffregeheimnis bzw. ein Aussageverweigerungsrecht berufen.

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In Einzelfllen kann der Leser einer Chiffreanzeige ein besonderes Interesse daran haben, dass seine Zuschrift nicht an eine bestimmte Person oder Firma weitergeleitet wird. Beispielsweise ist daran zu denken, dass ein Arbeitnehmer, der sich beruflich verndern will, hinter einem unter Chiffre verçffentlichten Stellenangebot seinen derzeitigen Arbeitgeber vermutet. Denkbar ist es auch, dass eine Firma, die sich vertraglich verpflichtet hat, nur bestimmte Produkte zu vertreiben, berlegt, sich neu zu orientieren, und ausschließen will, dass sich hinter einer insoweit interessanten Chiffreanzeige, auf die die Zusendung erfolgen soll, die bisherige Lieferfirma steckt. In besonderen „Sperrvermerken“ wird deshalb vom Adressaten auf den Zuschriften angegeben, an wen eine Weiterleitung ausgeschlossen ist. Vielfach bitten die Absender auch, dass ihnen die Unterlagen zurckgeschickt werden sollen, falls die dem „Sperrvermerk“ zugrunde liegende Vermutung zutrifft.1 Derartige „Sperrvermerke“ werden von den Verlagen nach Mçglichkeit beachtet, binden sie jedoch rechtlich nicht.2 Zwischen dem Leser der (Chiffre-)Anzeige und dem Verlagsunternehmen bestehen keinerlei vertragliche Beziehungen, so dass der Leser schon die Weiterleitung seiner Zuschrift an den Inserenten nicht erzwingen kann. Ein entsprechendes Forderungsrecht besitzt allein der Inserent.3 Ist es aber dem Leser der Annonce rechtlich nicht mçglich durchzusetzen, dass seine Zuschrift tatschlich weitergeleitet wird, umso weniger hat er einen juristisch erzwingbaren Anspruch darauf, dass von ihm angebrachte Sperrvermerke von den Verlagen auch tatschlich beachtet werden. Bleibt ein – zutreffender – Sperrvermerk unbercksichtigt, so ist dies fr den Leser u. U. sehr unangenehm. Er kann jedoch, wenn ihm aus der Weiterleitung der Zuschrift ein Schaden entsteht (z. B. wenn auf diese Weise einem Arbeitgeber der Abwanderungswille seines Arbeitnehmers bekannt wird), vom Verlag keinen Ersatz verlangen.

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Grundstzlich sind die Verlage den Lesern gegenber nicht verpflichtet, Zuschriften auf Chiffreanzeigen, die nicht abgeholt werden oder bei denen Sperrvermerke zutreffen, zurckzuschicken.4 Dies ergibt sich bereits aus den fehlenden vertraglichen Beziehungen zwischen dem Leser der Chiffreanzeige und dem Verlag. Dementsprechend wird auch in Ziff. 18

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Dazu insgesamt: Wronka, S. 145. Z. T. abweichend: Lçffler, BT Anz Rz. 56. LG Bamberg, ArchPR 1969, S. 93; Wronka, S. 145. Wronka, S. 144.

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74 Rath-Glawatz

Chiffreanzeige

Rz. 135 P

Abs. 2 Satz 2 der ZAW-AGB (R Rz. P 42) bestimmt, dass der Verlag nur „wertvolle Unterlagen“ zurcksendet, wobei allerdings auch dazu keinerlei rechtliche Verpflichtung besteht. Folgen die Verlage dem ausdrcklichen oder stillschweigend zu unterstellenden Wunsch des Lesers auf Rcksendung, so darf dies jedoch nicht indirekt zur Missachtung des Chiffregeheimnisses fhren. Wurde ein Sperrvermerk angegeben, so ist darauf zu achten, dass die Rcksendung nicht „alsbald“ erfolgt. Die Verlage mssen, so die Rechtsprechung, „einige“ Zeit warten und die Zuschrift dann „kommentarlos“ oder mit dem Hinweis, „der Inserent habe kein Interesse“, an den Leser zurckgeben.1 Denn andernfalls ist die Gefahr gegeben, dass der Leser aus der unmittelbaren Rcksendung den Schluss ziehen kann, der Sperrvermerk sei zutreffend gewesen. In den ZAW-AGB (Ziff. 18 Abs. 2 Satz 1 R Rz. P 42) haben sich die Ver- 134 lage gegenber den Inserenten außerdem verpflichtet, Zuschriften auf Chiffreanzeigen (mindestens) vier Wochen lang aufzubewahren. Dafr – wie auch fr deren Weiterleitung an den Inserenten – haftet der Verlag mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns (Ziff. 18 Abs. 1 ZAWAGB). Der Chiffredienst wird aus der Sicht der Verlage vielfach in der Weise missbraucht, dass Geschftsleute ihre gewerblichen Angebote als Zuschriften auf Chiffreanzeigen tarnen, den Verlagen zusenden bzw. in deren Geschftsstellen abgeben und so die Weiterleitung an die Inserenten erreichen wollen. Eigene Werbung dieser Geschftsleute, die notwendig ist, um alle Interessenten anzusprechen, erbrigt sich in dem Maß, in dem die Werbeankndigungen ber den Chiffredienst bei den Verlagen auch an die Inserenten gelangen, die sich bewusst nicht zu erkennen geben wollen und so an sich nicht fr die Gewerbetreibenden erreichbar sind. Werden die Zuschriften „gebndelt“ bei den Verlagen abgegeben bzw. in die Verlagsbriefksten eingeworfen, sparen die Gewerbetreibenden auch noch das Porto, wenn der Verlag die Zuschriften auf seine Kosten weiterleitet.2 Ein derartiges Verhalten von Werbetreibenden wurde bis zur gegenteiligen Entscheidung des BGH3 als wettbewerbswidrig angesehen und ist es aus Sicht der Verlage auch heute noch.4 Die Verlage haben sich dieser

1 OLG Koblenz, AfP 1980, S. 40/41. Das Gericht geht davon aus, dass unter den gegebenen Umstnden die Zuschrift zunchst 2 Monate htte aufbewahrt werden mssen, ehe sie zurckgeschickt werden durfte. 2 Anders: BGH, AfP 1989, S. 731; s. a. Ahrens, § 74 Rz. 138. 3 AfP 1992, S. 137. 4 Dazu: OLG Mnchen, AfP 1987, S. 611; OLG Stuttgart, AfP 1986, S. 51; LG Bamberg, ArchPR 1969, S. 93; Heyer, AfP 1983, S. 465, 466; Wronka, S. 144–145.

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Rath-Glawatz 75

135

P Rz. 135

Chiffreanzeige

Praktiken unter Berufung auf Ziff. 18 Abs. 3 ZAW-AGB (alte Fassung)1 in der Weise erwehrt, dass sie die gewerblichen Zuschriften nicht an die Inserenten weitergeleitet haben. Demgegenber hat der BGH nunmehr entschieden, – dass die Zusendung von gewerblichen Zuschriften auf Chiffreanzeigen selbst dann, wenn sie keinen konkreten Bezug zum Inhalt der Chiffreanzeigen enthalten, wettbewerbsrechtlich unbedenklich ist2 und – dass die Klausel in den ZAW-AGB, die den Verlagen die ffnung der Zuschriften und das Aussondern von geschftlichen Angeboten erlaubt, unwirksam ist.3 Diese Urteile berzeugen nicht:4 Der BGH geht davon aus, dass der Vertrag ber die Verçffentlichung einer Chiffreanzeige die Verpflichtung der Verlage umfasse, die Anzeige zu drucken und zu verbreiten sowie die eingehenden Angebote entgegenzunehmen und auch „tatschlich“ an den Inserenten weiterzugeben. Der Chiffre-Anzeigenvertrag sei damit Werkvertrag und entgeltlicher Geschftsbesorgungsvertrag.5 Gem. §§ 667, 675 BGB habe der Verlag als Beauftragter des Inserenten einer Chiffreanzeige diesem „alles, was er aus der Geschftsbesorgung erlangt“, herauszugeben. Folglich drfe der Verlag keine (gewerblichen) Zuschriften aussortieren, sondern msse alle Zuschriften ausnahmslos weiterleiten. Ziff. 18 Abs. 3 AGB (alte Fassung) benachteilige den Inserenten und sei deshalb gem. § 9 Abs. 2 Ziff. 1 AGBG6 unwirksam. Der Anzeigenvertrag ist nach herrschender Meinung als Werkvertrag anzusehen (R Rz. P 97). Damit sind auf den Anzeigenvertrag die Vorschriften der §§ 631 ff. BGB anzuwenden und nicht die Regelungen fr Auftragsverhltnisse gem. § 662 ff. BGB: Wird der Anzeigenvertrag als Chiffre-Insertion vereinbart, so sind die Pflichten (und Rechte) des Inserenten und des Verlages als Nebenpflichten aus dem Werkvertragsverhlt1 Ziff. 18 Abs. 3 ZAW-AGB ist zwischenzeitlich gendert. Ziff. 18 Abs. 3 der alten ZAW-AGB lautete wie folgt: „Der Verlag behlt sich im Interesse und zum Schutz des Auftraggebers das Recht vor, die eingehenden Angebote zur Ausschaltung von Missbrauch des Zifferndienstes zu Prfzwecken zu çffnen. Zur Weiterleitung von geschftlichen Anpreisungen und Vermittlungsangeboten ist der Verlag nicht verpflichtet.“ 2 BGH, AfP 1989, S. 731 ff.; anders Vorinstanz OLG Mnchen, AfP 1987, S. 611 ff. 3 BGH, AfP 1992, S. 137 ff.; anders 1. Instanz LG Dortmund, AfP 1989, S. 767 ff.; wie BGH als 2. Instanz OLG Hamm, Urteil v. 21.6.1990, Az. 17 U 215/89; zustimmend zur BGH-Entscheidung v. Westphalen, EWiR 1992, S. 213/214; Grunewald, BGH, LM § 9 (CI) AGBG Nr. 48. 4 Kritisch auch: Lçffler, BT Anz Rz. 58. 5 So auch Lçffler, BT Anz Rz. 55. 6 Heute § 307 BGB.

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76 Rath-Glawatz

Chiffreanzeige

Rz. 135 P

nis zu bestimmen.1 M. a. W.: das, was der Verlag im Rahmen eines Chiffreanzeigenvertrages zu leisten hat bzw. welche Rechte ihm innerhalb dieses Vertragsverhltnisses zustehen, ist „im Lichte des Werkvertragsrechts“ zu bestimmen. Es muss als lebens- und sachfremd angesehen werden, das einheitliche Rechtsgeschft Chiffreanzeigenschaltung in zwei selbstndige Bestandteile – Werkvertrag (Herstellung und Verçffentlichung der Anzeige) sowie Auftragsverhltnis (Annahme und Weiterleitung der Zuschriften) – zu zerlegen. Damit kann schon dem rechtlichen Grundansatz in der Entscheidung des BGH nicht gefolgt werden. Gilt fr den Anzeigenvertrag, auch dann, wenn die Anzeige unter Chiffre verçffentlicht wird, weiterhin nur das Werkvertragsrecht, so ist die Bestimmung des § 667 BGB nicht mehr einschlgig, eine Verpflichtung zur Herausgabe aller Zuschriften nicht gesetzlich bestimmt. Nach Werkvertragsrecht verstndigen sich die Vertragsparteien ber die „Herstellung des versprochenen Werkes“ gem. § 631 Abs. 1 BGB. Bezogen auf die Chiffreanzeige bedeutet dies den gesamten Vorgang von der Herstellung der Anzeige ber deren Verçffentlichung bis hin zur Entgegennahme und Weiterleitung der Zuschriften. Unter dieser rechtlichen Einordnung ist es dann nicht zu beanstanden, wenn in den AGB der Verlag als Werkunternehmer ermchtigt wird, die Zuschriften gegebenenfalls zu çffnen und auszusortieren. Eine „unangemessene Benachteiligung“ der Inserenten i. S. d. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB lsst sich ebenfalls nicht erkennen: will der Inserent in jedem Fall auch gewerbliche Zuschriften erhalten, so ist er vçllig frei, unter seinem Namen bzw. seiner Anschrift/Telefonnummer zu inserieren. Seine Rechte werden durch die AGB nicht verkrzt, er hat beide Anzeigengestaltungsmçglichkeiten. Deshalb kann dem BGH auch nicht gefolgt werden, wenn er in der ffnung der Zuschriften durch die Verlage zwecks Aussonderung von gewerblichen Zuschriften eine Verletzung des Persçnlichkeitsrechts der Inserenten sieht. Indem der Inserent bei Bestellung einer Chiffreanzeige weiß, dass er gegebenenfalls damit rechnen muss, dass gewerbliche Zuschriften nicht weitergeleitet werden, und er dennoch bei dieser Anzeigenform bleibt, zeigt er sein Einverstndnis mit dem ffnungs- und Aussonderungsrecht des Verlages. Wenn der BGH in diesem Zusammenhang schon glaubt, das allgemeine Persçnlichkeitsrecht des Inserenten bemhen zu mssen, dann htte sich mit Blick auf die Entscheidungen des BGH zur Frage der Telefonwerbung (R Rz. P 122) vielmehr folgende Schlussfolgerung angeboten: gibt sich der Auftraggeber einer Chiffreanzeige bewusst nicht in der Anzeigenverçffentlichung selbst zu erkennen, so kann es als Verletzung seines allgemeinen Persçnlichkeitsrechts angesehen werden, wenn er in Zuschriften auf seine private Chiffreanzeige mit gewerblichen Anpreisungen 1 In diesem Sinn: AG Mnchen, Urteil v. 23.6.1998 – Az. 111 C 14561/98.

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Rath-Glawatz 77

P Rz. 135

Chiffreanzeige

berhuft wird, insbesondere dann, wenn diese inhaltlich mit dem, was in der Chiffreanzeige angesprochen wird, in keiner Weise korrespondieren. Die Fragwrdigkeit der Entscheidungen des BGH zur Chiffreanzeige wird schließlich auch aus folgender berlegung deutlich: Die Verlage sind nicht verpflichtet, jedem Insertionsverlangen auch Folge zu leisten, es besteht gerade kein Kontrahierungszwang (R Rz. P 278 ff.). Deshalb muss es den Verlagen innerhalb des anzuwendenden Werkvertragsrechts und der dazu ergangenen AGB vorbehalten bleiben zu entscheiden, ob sie Chiffreanzeigen verçffentlichen wollen mit der Verpflichtung, alle Zuschriften auch tatschlich weiterzuleiten, oder ob sie derartige Auftrge nur annehmen wollen, wenn ihnen zugleich die Befugnis zusteht, die Zuschriften zu Prfungszwecken zu çffnen und gewerbliche Zuschriften auszusondern. Wird den Verlagen diese Gestaltungsmçglichkeit genommen, wird ihnen zugleich ein („Kontrahierungs-“) Zwang auferlegt, die Chiffreanzeigen nur in der einen, die Verlage in ihren Eigeninteressen benachteiligenden Form zu verçffentlichen. Es widerspricht dem Grundsatz der Vertragsfreiheit, den Verlagen vorzuschreiben, wie sie ihre Auftrge abzuwickeln haben. In gleicher Weise geht der Hinweis des BGH fehl, die Gewerbetreibenden wrden die Chiffreinserenten nicht erreichen, wenn die Verlage nicht verpflichtet sind, auch deren Zuschriften weiterzuleiten.1 Es ist schon verwunderlich, wie den Verlagen eine „Obhutspflicht“ diesen Werbungstreibenden gegenber auferlegt wird, mit denen die Verlage in keinerlei Rechtsbeziehung stehen. Man muss den Eindruck gewinnen, der BGH ist von der Vorstellung geleitet, der Chiffredienst der Verlage msse quasi unter çffentlich-rechtlichem Vorzeichen als ein allgemein zugngliches Verteilsystem jedermann offen stehen. Maßgebend kann allein sein und bleiben, dass im Rahmen des Werkvertragsrechts Verlag und Inserent rechtswirksam vereinbaren kçnnen, dass ein bestimmter Teil von Zuschriften auf Chiffreanzeigen nicht weitergeleitet werden muss. Dies scheint letztendlich auch dem BGH nicht ganz verborgen geblieben zu sein, wenn er davon spricht, dass „Hinweise im Anzeigenteil“ zulssig sind, dass z. B. Maklerzuschriften auf Chiffreanzeigen nicht erwnscht seien, „sofern dies von den Kundenauftrgen“ gedeckt ist.2 Dementsprechend ist in der neuen Ziff. 18 Abs. 3 ZAW-AGB vorgesehen, dass dem Verlag „einzelvertraglich als Vertreter“ (des Inserenten) „das Recht eingerumt“ wird, „die eingehenden Angebote anstelle und im erklrten Interesse des Auftraggebers zu çffnen“.

1 Dazu: Lçffler, BT Anz Rz. 59. 2 BGH, AfP 1989, S. 732.

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78 Rath-Glawatz

Datenspeicherung

Rz. 137 P

Neben dem bisher erçrterten Fall, dass ein Gewerbetreibender auf eine private Chiffreanzeige mit einer gewerblichen Zuschrift antwortet, ist es auch denkbar, dass die Kaufleute selbst ihre Waren oder Dienstleistungen in Chiffreanzeigen anbieten. Dies ist nach den allgemeinen wettbewerbsrechtlichen Grundstzen (§ 5 UWG) jedenfalls fr den Bereich der Gelegenheits-/Kleinanzeigen unzulssig, da insoweit vom Leser bei Inseraten unter Chiffre regelmßig nur Angebote von Privatleuten erwartet werden.1 Etwas anderes drfte nur dann gelten, wenn sich aus der Chiffreanzeige, etwa aufgrund eines „neutralen“ Hndlerhinweises, unzweideutig ergibt, dass es sich um ein gewerbliches Angebot handelt.2

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Datenspeicherung § 28 BDSG bildet die Grundlage dafr, dass die Verlage personenbezogene Daten ihrer (privaten und) kaufmnnischen Anzeigenkunden elektronisch speichern drfen.3 Die Datenspeicherung erfolgt, abgesehen von statistischen Zwecken, im Wesentlichen unter dem Aspekt, Aufschluss ber die Zahlungsweise/Kreditwrdigkeit der Inserenten zu gewinnen. Diese Daten sind notwendig, da bei der Vielzahl der Anzeigenkunden (Massengeschft) und wegen der Aktualitt der Inserate aus Zeitgrnden nicht jedesmal eine Bonittsprfung erfolgen kann. Infolgedessen dient die Datenspeicherung den berechtigten Interessen der Verlage unter Wahrung der schutzwrdigen Belange der Inserenten. Gem. § 33 BDSG ist der Betroffene dann, wenn von ihm personenbezogene Daten gespeichert werden, entsprechend zu benachrichtigen. Diese Benachrichtigung braucht lediglich bei der ersten Datenspeicherung zu erfolgen. Gegenber den kaufmnnischen Inserenten kann auf eine spezielle Benachrichtigung verzichtet werden, da es zwischenzeitlich allgemein bekannt ist, dass Verlage entsprechende Daten speichern. Außerdem finden sich auf Anzeigen-Auftragsbesttigungen, Rechnungen bzw. in den „Zustzlichen Geschftsbedingungen“ ohnehin entsprechende Hinweise. Bei privaten Inserenten reicht es aus, wenn ein entsprechender Vermerk ber die Datenspeicherung auf dem Kassenbon/der Rechnung abgedruckt ist. Bei telefonischer Anzeigenaufgabe muss der (private) Inserent stets davon ausgehen, dass seine personenbezogenen Daten – schon allein aus abrechnungstechnischen Grnden (Abbuchungsverfahren) – zugleich mit 1 Dazu etwa: Ochs, Rz. 62. 2 Wronka, S. 139, 140. 3 Das Medienprivileg des § 41 Abs. 1 BDSG gilt insoweit nicht: Gola/Schomerus, § 41 Rz. 4 ff.

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Rath-Glawatz 79

137

P Rz. 138

Digitale Anzeigendruckvorlagen

dem Anzeigensatz erfasst und gegebenenfalls auch gespeichert werden. Deshalb erbrigt sich auch insoweit ein (gesonderter) Hinweis.1 Werden im Rahmen der Anzeigenabrechnung Datenbnder mit personenbezogenen Daten der Inserenten an Dritte (insbes. Bankinstitute zur Abbuchung) weitergegeben, so ist dies, soweit es sich um eine Maßnahme im Rahmen der Abwicklung des Anzeigenauftrages handelt, ebenfalls zulssig (§ 28 BDSG).2

Digitale Anzeigendruckvorlagen – Bearbeitung durch den Verlag 138

Soweit die Verlage unmittelbar in digitalisierter Form fr den Kunden das Anzeigenmanuskript/die Anzeigendruckvorlage selbst herstellen, geschieht dies außerhalb des (regulren) Anzeigenauftrages. Insoweit werden die Verlage wie eine (Werbe-)Agentur, ein EDV-Satzbetrieb ttig. Rechte und Pflichten fr diese digitale Druckvorlagenherstellung ergeben sich dann aus dem diesem separaten Auftrag zugrunde liegenden Vertragsverhltnis.

139

Es besteht keinerlei (anzeigen-)vertrags-rechtliche Verpflichtung der Verlage, fehlerhaft bertragene bzw. unzureichend ausgefhrte digitalisierte Anzeigenmanuskripte/Druckvorlagen „mit Bordmitteln“ zu korrigieren. Die Verlage kçnnten jedoch versucht sein, kundenfreundlich zur schnellen Abwicklung des Anzeigenauftrags (mit)beizutragen, indem sie die fehlerhafte Vorlage „korrigieren“. Dazu msste der Verlag allerdings genau wissen, wie die digitale Anzeigendruckvorlage tatschlich „korrekt“ aussehen soll. Schon die technischen Probleme sollten die Verlage davon abhalten, in „fremde“ digitalisierte Druckvorlagen (ohne Auftrag) eigenstndig einzugreifen. Denn es ist in keinem Fall auszuschließen, dass der „Rettungsversuch“ damit endet, dass die digitalisierte Druckvorlage noch weniger brauchbar ist als zuvor. Wenn also der Verlag – und sei es auch nur in gutem Glauben – helfen wollte und dabei weitere Schden an der digitalisierten Druckvorlage entstehen, kann dies in eine Schadensersatzpflicht mnden.

1 Allgemein dazu: Gola/Schomerus, § 33 Rz. 6.1: Danach muss derjenige, der seinem Vertragspartner zur Abwicklung eines Vertragsverhltnisses personenbezogene Daten zuleitet, (jedenfalls) bei grçßeren Betrieben davon ausgehen, dass der Betrieb die Daten dann auch speichert. 2 Bezogen auf den Datenschutz im Anzeigengeschft: Bull/Zimmermann, AfP 1978, S. 114–115.

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80 Rath-Glawatz

Digitale Anzeigendruckvorlagen

Rz. 142 P

Die „Reparatur“ der nicht brauchbaren digitalen Druckvorlage lsst beim Verlag Kosten entstehen, auf denen er unter Umstnden „sitzen“ bleibt. Denn es ist nicht ohne weiteres davon auszugehen, dass diese Kosten unter Berufung auf das Rechtsinstitut der „Geschftsfhrung ohne Auftrag“ vom Kunden zu erstatten sind. Im Ergebnis sollte deshalb von Eingriffen in digitalisierte Anzeigendruckvorlagen, die nicht den verlagsspezifischen Anforderungen entsprechen bzw. aus anderen Grnden nicht 1 : 1 abdruckfhig sind, abgesehen werden. Der Kunde ist jedoch in jedem Fall vom Verlag zu benachrichtigen, dass die Vorlage unzureichend ist. Auch in diesem Zusammenhang ist es wichtig, dass der Verlag fr sich selbst genau (elektronisch) dokumentiert, wie die eingegangene digitale Anzeigendruckvorlage aussah, um gegebenenfalls gegenber dem Kunden belegen zu kçnnen, dass die Vorlage bereits „kaputt“ war, als sie den Server des Verlages erreichte.

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Trauen es sich die Verlage (in bestimmtem Umfang) zu, fehlerhafte digitale Anzeigendruckvorlagen selbst „reparieren“ zu kçnnen, so sollte dafr entweder im konkreten Einzelfall die ausdrckliche Einwilligung (incl. Kostenbernahme) eingeholt oder eine entsprechende Befugnis in den Besonderen Geschftsbedingungen vereinbart werden.

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Es ist nicht auszuschließen, dass die digitalisierte Anzeigendruckvorlage 142 Schriften und graphische Elemente enthlt, hinsichtlich deren Nutzung zwar der Anzeigenkunde die notwendigen Rechte erworben hat, nicht aber der Verlag. Auch unter diesem Aspekt ist es deshalb unbedingt erforderlich, dass das digitalisierte Anzeigenmanuskript im Verlag, bevor es in Druck geht, berprft wird. Fehlen dem Verlag bezglich der digitalisiert bermittelten Schrift- oder Grafikelemente die erforderlichen Nutzungsrechte fr den Abdruck, so muss er sich diese beim Kunden – so dieser sie denn selbst besitzt bzw. weiter bertragen darf – oder beim Rechteinhaber selbst besorgen. Es bleibt jedoch auch insoweit nach wie vor dabei, dass es allein Aufgabe des Kunden ist, sich hinsichtlich aller Elemente, die in der Anzeige verwandt werden, die notwendigen Nutzungsrechten zu verschaffen. Es gehçrt nicht zu den Aufgaben der Verlage zu prfen, ob eine Anzeige mçglicherweise (unerlaubt) in fremde Urheber- bzw. Nutzungsrechte eingreift. Beim Abdruck digitalisierter Anzeigenvorlagen wird jedoch – anders als bei dem Abdruck einer vom Anzeigenkunden fertig gelieferten Filmvorlage (Litho) – die Anzeige aus dem angelieferten Datenmaterial im Rechner des Verlages (nochmals) erstellt und in die angegebene „Form“ gebracht. Dies geschieht, indem dazu z. B. die vorgegebenen Schriften „ausgedruckt“ werden mssen. „Fehlen“ sie im Verlag, muss er sich die Rechte an diesen Schriften besorgen. Entscheidend ist damit, dass beim Abdruck digitalisierter Druckvorlagen ein eigenstndi-

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Rath-Glawatz 81

P Rz. 143

Digitale Anzeigendruckvorlagen

ger Bearbeitungsvorgang im Server des Verlages anfllt, der bei der Wiedergabe von fertigen Lithos nicht entsteht. 143

Von den jeweiligen Vereinbarungen mit dem Kunden bzw. den Regelungen in den AGB der Verlage hngt es weiter ab, ob und in welcher Weise von den einzelnen Anzeigen Korrekturabzge zu machen sind. Es drfte sich empfehlen, aus Sicherheitsgrnden (vor der Belichtung) der digital bermittelten Anzeigendruckvorlage einen Papierausdruck („DigiProof“) herzustellen und dem Kunden zur Genehmigung zu bermitteln. Dabei ist – gegebenenfalls auch in den AGB – darauf hinzuweisen, dass diese Papierausdrucke mçglicherweise nicht exakt das Druckergebnis (z. B. Farbqualitten) wiedergeben.

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Ein spezielles Problem ist schließlich die Frage der Archivierung der digitalen Anzeigendruckvorlagen. Schon aus „Platz“-Grnden (Speicherkapazitten) kann es nicht Aufgabe der Verlage sein, fr die Werbekunden ein elektronisches Archiv fr deren digitale Anzeigenmanuskripte aufzubauen. Sofern nicht schon bei Auftragserteilung klar ist, dass es sich nicht um eine Wiederholungsanzeige handelt, die elektronische Vorlage also nicht nochmals im Verlag bençtigt wird, ist – sofern nicht ausdrcklich anders lautende Vereinbarungen mit dem Kunden getroffen sind – keine rechtliche Verpflichtung zu sehen, dass der Verlag die digitalisierte Anzeige nach Abdruck und Verbreitung des Printobjekts noch weiter speichert. In den Besonderen Geschftsbedingungen sollte der Kunde in jedem Fall darauf hingewiesen werden, dass einer Speicherung der digitalisierten Anzeigendruckvorlagen ber den Abschluss des Anzeigenauftrages hinaus nicht erfolgt und der Verlag den Datensatz lçscht. Damit erbrigt sich dann auch die Frage der „Rcksendung“ von Druckvorlagen, es sei denn, der Datensatz ist dem Verlag offline (also z. B. auf Diskette) zugegangen. Hinsichtlich der Rckgabe dieser Vorlagen gelten die Regeln der Ziff. 19 der ZAW-AGB (R Rz. P 43). Hat der Verlag in dem geschilderten Sonderfall die digitale Anzeigendruckvorlage fr den Kunden selbst erstellt, so mssen – hnlich wie bei druckseitig gefertigten Lithos – diese digitalen Datentrger nicht an den Kunden herausgegeben werden.

145

Es ist nicht auszuschließen, dass bei der Umsetzung der (ordnungsgemß angelieferten) digitalen Anzeigendruckvorlage im Verlag ein Fehler geschieht, z. B. der Datentrger irrtmlich gelçscht oder „verstmmelt“ wird (R Rz. P 34). Fr derartige Flle der leichten Fahrlssigkeit ist zwar in Ziff. 10 der ZAW-AGB eine Haftung des Verlages ausgeschlossen. Dennoch sollte in den zustzlichen AGB’s eine Regelung aufgenommen werden, nach der der Kunde verpflichtet ist, „bei sich“ die digitale Anzeigendruckvorlage

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82 Rath-Glawatz

Digitale Anzeigenbermittlung

Rz. 147 P

jedenfalls solange zu speichern, bis der Abdruck durch den Verlag erfolgt ist. Zugleich sollte der Kunde sich verpflichten – gegebenenfalls auf Kosten des Verlages – die „verloren gegangene“ digitale Anzeigendruckvorlage nochmals zu bermitteln. Ob der einzelne Verlag aus Grnden der Ablaufsicherheit digitale Anzeigendruckvorlagen in jedem Fall „sofort spiegelt“, um eventuell Ersatz zu haben, ist dagegen eine interne Entscheidung. Selbst wenn die Verlage mit Virenschutzprogrammen arbeiten, ist nicht auszuschließen, dass ber die digitale Anlieferung von Anzeigendruckvorlagen Viren in den Verlagsserver eingeschleppt werden und dort wichtige Datenstze – z. B. andere digitale gespeicherte Anzeigen – zerstçren.

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Dass die Datenbermittlung „virenfrei“ erfolgen muss (soll) und derjenige, der „virenbehaftete“ Daten weitergibt, dafr in der Regel auch einzustehen hat, liegt auf der Hand. Auch wenn die Verlage vielfach schon aus „virulentem“ Eigeninteresse die digital eingehenden Manuskripte auf „Virenbehaftung“ berprfen (wiederum ein Grund, digitale Anzeigendruckvorlagen zunchst – mçglichst auf einem Rechner, der nicht im allgemeinen Netzwerk luft – „zu çffnen“ und nicht einfach „durchlaufen zu lassen“), bleibt doch die Frage, ob dazu eine Rechtspflicht besteht. Dies wird man im Verhltnis Werbetreibender-Verlag entsprechend der hier aufgezeigten grundstzlichen Pflichtenverteilung beim Anzeigenvertrag ablehnen mssen. Zur ordnungsgemßen Anlieferung der digitalen Druckvorlage zhlt auch, dass der Datensatz nicht „virenbehaftet“ ist. Dies muss der Kunde sicherstellen. Eine zustzlich rechtlich bindende Prfungspflicht auf Seiten des Verlages besteht nicht. Die weitaus schwierigere Frage ist allerdings, wie der Nachweis gefhrt werden kann, dass die konkrete digitale Anzeigendruckvorlage tatschlich mit Viren behaftet war (liegt insoweit ein Datentrger – Diskette – vor, drfte ein entsprechender Nachweis noch am ehesten mçglich sein). Hinzu kommt, dass auch nachzuweisen ist, dass gerade dieser Virus die eingetretenen Schden verursacht hat.

Digitale Anzeigenbermittlung Neben die herkçmmliche Anzeigendruckvorlage in Papier oder als (fertiger) Film tritt der „Anzeigen-Datensatz“.1 Die – auch rechtlich relevanten – Unterschiede sind erheblich: Der Anzeigeninhalt ist (nur noch) digitalisiert. Um ihn wahrnehmen (sehen) bzw. bearbeiten zu kçnnen, 1 Dazu generell: Rath-Glawatz, AfP 1999, S. 325 ff.

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Rath-Glawatz 83

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P Rz. 148

Digitale Anzeigenbermittlung

braucht man ein fr die Be- oder Verarbeitung digitaler Datenstze geeignetes Gert (den Computer). Der „Anzeigen-Datensatz“ erreicht den Verlag entweder auf materiellem Datentrger (offline, z. B. Diskette) oder per Datenfernbertragung (online, z. B. ISDN-Leitung, Satellit). Mçgen auch die bertragungswege und -formen fr die bermittlung digitalisierter Anzeigen neu sein, so darf dies nicht den Blick dafr verstellen, welche Pflichten der Werbetreibende (Kunde bzw. von ihm beauftragte Agentur) und welche der Verlag im Rahmen des Anzeigenauftrages zu erfllen hat. Denn auf der Basis der herkçmmlichen Anzeigenabwicklung ist zu entscheiden, wer was im Falle der bermittlung/Verarbeitung digitalisierter Anzeigen zu tun hat. 148

Im Rahmen des Anzeigenvertrages hat der Kunde die Pflicht, das Anzeigenmanuskript an den Verlag zu liefern, und der Verlag hat die Pflicht, das Anzeigenmanuskript abzudrucken und das (Trger-)-Objekt zu verbreiten. In welcher Form und auf welchem Weg das Anzeigenmanuskript vom Werbetreibenden (Kunde/Werbeagentur) an den Verlag gelangen soll (muss), hngt von der jeweiligen Kategorie des Anzeigenauftrages und den dazu vom Verlag in den (besonderen) Geschftsbedingungen festgelegten Grundstzen ab. Stark vergrçbernd kçnnen folgende Fallgruppen unterschieden werden: – Rubrik-/Fließtext-/mm-Anzeigen: Bezglich dieser Anzeigenkategorie reicht es in der Regel aus, wenn der Kunde per Brief, Fax, telefonisch oder persçnlich in der Geschftsstelle des Verlages den Anzeigentext mitteilt und angibt, unter welcher Rubrik und zu welchem Erscheinungstag das Inserat erscheinen soll. Es ist dann Aufgabe des Verlags, den Text zu setzen, die Druckvorlage herzustellen und in dem jeweiligen Objekt abzudrucken und dieses zu verbreiten. – Formatanzeigen: Bezglich dieser Anzeigenkategorie sind nochmals zwei prinzipiell unterschiedliche Varianten zu beachten: – Der Anzeigenkunde (Werbetreibende/Agentur) ist nach den Vorgaben des Verlages verpflichtet, die fertige Druckvorlage per Post, per Boten oder auch persçnlich an den Verlag zu liefern. Ob dies auch in Papierform oder nur noch als Film geschehen darf, hngt von den Vorgaben des Verlages ab. So enthalten die Geschftsbedingungen (die Mediaunterlagen) i. d. R. detaillierte Angaben, in welcher Form z. B. Lithos angeliefert werden mssen, um als Druckvorlage anerkannt zu werden. Unter Verwendung der vom Kunden angelieferten Druckvorlage druckt der Verlag die Anzeige (1:1) ab und verbreitet das Trgerobjekt.

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84 Rath-Glawatz

Digitale Anzeigenbermittlung

Rz. 149 P

– Der Anzeigenkunde (Werbetreibende) beauftragt den Verlag, entsprechend den Kundenwnschen das Anzeigenmanuskript und die Druckvorlage (selbst) zu erstellen. In dieser Variante wird der Verlag wie eine Werbeagentur fr den Werbetreibenden ttig. Da insoweit die Druckvorlagen unmittelbar im Verlag erstellt werden (u. U. bereits digitalisiert), kçnnen Probleme im Zusammenhang mit der digitalen bertragung von Anzeigen nicht entstehen. Diese Fallgestaltung kann folglich unter dem Aspekt der digitalen Anzeigenbermittlung außer Betracht bleiben.1 Es ist ausschließlich Aufgabe des Werbetreibenden (Kunde/Werbeagentur), „die Anzeige“ an den Verlag „zu liefern“. Dies gehçrt allein in den Pflichten-(Risiko-)Bereich des Werbetreibenden. Selbst wenn in vielen Fllen aus Kulanz- und Marketinggrnden anders verfahren wird, zhlt es – abgesehen von dem Bereich der mm-/Fließtext-/Rubrikenanzeigen – ebenfalls zum alleinigen Verantwortungs(Pflichten-/Aufgaben-)bereich des Werbetreibenden, die (exakte) Druckvorlage zur Verfgung zu stellen. Es bestehen deshalb keine Bedenken, Ziff. 9 der Allgemeinen Geschftsbedingungen des ZAW fr Zeitungen und Zeitschriften (R Rz. P 33) auch auf die digitale bermittlung von Anzeigen zu bertragen, wenn es dort in Abs. 1 heißt:„Fr die rechtzeitige Lieferung des Anzeigentextes und einwandfreier Druckunterlagen … ist der Auftraggeber verantwortlich.“ Dementsprechend sind auch die neuen AGB fr Werbung in Online-Medien abgefasst. Diese AGB sind jedoch fr online bermittelte Anzeigenvorlagen fr Print-Werbung nicht (direkt) anwendbar. Das Anzeigenmanuskript muss, wenn es digitalisiert erstellt wird, „irgendwo“ als Datentrger vorhanden sein. Hat der Kunde den Anzeigentext selbst digital „geschrieben“, so ist er auf dessen Rechner gespeichert. Die bermittlung des Datensatzes vom Server des Werbetreibenden (bzw. eines von ihm beauftragten Dritten) auf den Rechner des Verlages ist rechtlich betrachtet eine „Obliegenheit“ des Anzeigenkunden im Rahmen des Anzeigenvertrages. Die Erfllung dieser „Obliegenheit“ lsst sich technisch in der Weise abwickeln, dass der Datensatz auf einen Datentrger kopiert (Diskette/CD-Rom) und dann vom Verlag in dessen Server nochmals „eingelesen“ oder per (ISDN-)Leitung oder Satellit auf den Server des Verlages (z. B. als e-mail) geleitet wird.

1 Hat der Verlag das Anzeigenmanuskript selbst elektronisch erstellt, so stehen ihm ebenso wie in den Fllen, in denen der Verlag das Anzeigenlitho geschaffen hat (LG Hagen, Urteil v. 28.9.1993 – Az. 9 O 208/93; LG Verden, Urteil v. 10.4.1991 – Az. 2 S 302/90), die „Eigentumsrechte“ an der elektronischen „Datenbank“ zu; die Daten mssen nicht an den Auftraggeber herausgegeben werden (LG Mnchen, Urteil v. 20.5.2004 – Az. 21 O 18 708/03).

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Rath-Glawatz 85

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P Rz. 150

Digitale Anzeigenbermittlung

Abgesehen von den mm-/Fließtext-/Rubrikanzeigen, bei denen digital lediglich der „nackte“ Anzeigentext ohne gestalterische Elemente (Grafik/ Schrift) bermittelt wird und der Verlag aus dem Text-Datenmaterial (z. B. im Fall der elektronischen Aufgabe von Kleinanzeigen) selbst die Druckvorlage erstellt, muss in allen anderen Fllen (hier vereinfachend: Formatanzeigen) das digitale „Anzeigenmanuskript“ als komplett digitalisierte Druckvorlage geliefert werden. 150

Bei und whrend der digitalen bermittlung des Anzeigenmanuskriptes bzw. der digitalen Druckvorlage kann es zu vielfltigen Stçrungen kommen: Ausfall des bertragungsweges, Beschdigung des Datentrgers. Fr diese Stçrungen ist entsprechend der „Pflichtenlage“ beim Anzeigenvertrag ausschließlich der Werbetreibende verantwortlich. Dessen Verantwortlichkeit geht auch nicht deshalb auf den Verlag ber, „weil er die Mçglichkeit der digitalen Anzeigenbermittlung erçffnet hat“. Selbst wenn der Verlag (irgendwann einmal) nur noch diesen „Anlieferungsweg“ zulassen sollte, bleibt doch die Ausgangslage zum herkçmmlichen Verfahren gleich. Denn auch bei der „materialisierten“ bermittlung von Druckvorlagen kann es zu Problemen kommen (Beschdigung der „Mater“ beim Transport, falscher Belichtung des angelieferten Lithos, Ausfall des „Transporteurs“), fr die allein der Werbetreibende haftet, nicht der Verlag. Wesentlich ist jedoch, dass der Verlag, und dies ist eine „Obliegenheit“, der er sich nicht entziehen kann, eindeutig (und im Zweifelsfall auch gerichtsfest belegbar) dokumentiert, dass die digitale Anzeigendruckvorlage bereits im defekten, unzureichenden Zustand den Verlag erreicht hat. Denn andernfalls sind durchaus Regressansprche der Kunden (z. B. Schadensersatz wegen der nicht oder nicht fristgerecht erfolgten Verçffentlichung der Inserate) denkbar. Dies bedeutet weiter, dass der Verlag gehalten ist, seinen Server (innerhalb der blichen Geschftszeiten) stets so weit zu kontrollieren, dass er keine, insbesondere keine eiligen (termingebundenen) digital bermittelten Anzeigenauftrge bersieht. In diesem Zusammenhang bekommt auch Ziff. 9 Abs. 1 Satz V der ZAWAGB (R Rz. P 33) eine „neue“ Bedeutung. Dort ist festgelegt, dass der Verlag „fr erkennbar ungeeignete oder beschdigte Druckvorlagen … unverzglich Ersatz“ anfordert. Da keine Grnde erkennbar sind, warum diese Regelung auf digital bermittelte Druckvorlagen nicht anwendbar sein sollte, sind die Verlage, die diese AGB verwenden, zu dieser Mitwirkungshandlung verpflichtet. Dies setzt allerdings voraus, dass die digitale bermittlung vom Werbetreibenden (Kunde bzw. dessen Agentur) berhaupt „geklappt“ hat. Die Informationspflicht des Verlages setzt deshalb nur dann ein, wenn der Verlag zumindest so viel Daten-„Material“ erhalten hat, dass fr ihn

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86 Rath-Glawatz

Digitale Anzeigenbermittlung

Rz. 151 P

erkennbar wird, dass eine (digitale) Druckvorlage bermittelt werden sollte und von wem der (untaugliche) Versuch gemacht wurde. In Kenntnis der Tatsache, wie viele dieser Versuche oftmals nçtig sind, ehe die bermittlung wirklich einwandfrei „geklappt“ hat, sollte die Verlage allerdings veranlassen, darber nachzudenken, ob in die (besonderen) Geschftsbedingungen ein Passus eingefgt wird, nach dem der einmalige Hinweis auf eine Fehlbermittlung ausreicht bzw. der Verlag sich erst dann wieder meldet, wenn die bermittlung einwandfrei erfolgt ist. „Liefert“ der Kunde die Anzeigendruckvorlage nicht selbst an, sondern in seinem Auftrag ein Dritter (Werbeagentur, Satz-/Online-Studio), so ndert dies an dem Pflichtenkanon des Kunden gegenber dem Verlag nichts. Der Werbetreibende muss im Verhltnis zu den von ihm beauftragten Dritten sicherstellen, dass diese die Druckvorlage korrekt erstellen und zu den vorgegebenen Bedingungen an den Verlag bermitteln. Will man ganz sichergehen, kann auch auf diesen Fall (des Haftungsausschlusses des Verlages bei Einschaltung Dritter durch den Kunden) in den zustzlichen Geschftsbedingungen fr digitalisierte Anzeigen hingewiesen werden. Damit das digitalisierte Anzeigenmanuskript bzw. die digitalisierten Anzeigendruckvorlagen auch korrekt vom Server des Verlages aufgenommen und weiterverarbeitet werden kçnnen, muss die digitalisierte Anlieferung „systemgerecht“ geschehen. An dieser Stelle treffen sich (erstmals) die Verantwortungsbereiche von Werbetreibenden und Verlag bei der digitalen Anzeigenbermittlung: Der Verlag ist gehalten, fr die Annahme digitaler Anzeigenmanuskripte bzw. Druckvorlagen exakte systemtechnische Vorgaben zu machen. Der Werbetreibende ist verpflichtet, diese Vorgaben ebenso exakt einzuhalten. Andernfalls kçnnen digitalisierte Anzeigen nicht zuverlssig angenommen, abgedruckt und verbreitet werden. Wie diese systemtechnischen Vorgaben aussehen, bestimmt allein der Verlag nach seinen individuellen Notwendigkeiten. Der Werbetreibende kann nicht verlangen, dass der Verlag stets Hard- bzw. Software in einer Form vorhlt, die mit der des Kunden (in jedem Fall) kompatibel ist. Einen „elektronischen Kontrahierungszwang“ auf der Basis der „KundenEDV“ kann es selbst dann nicht geben, wenn die Verlage nur digitalisierte Anzeigendruckvorlagen zulassen (wrden). Denn es ist schlichtweg unmçglich, dass die Vorlage fr alle denkbaren technischen Varianten Empfangs- und Gestaltungshard-/software bereitstellen. Dagegen ist es den Anzeigenkunden zumutbar, sich gegebenenfalls der Hilfe eines entsprechend ausgestatteten Software-Hauses zu bedienen, um die digitale Druckvorlage anforderungsgemß zu erstellen. Aus dem Grundgedanken der Vertragsfreiheit folgt deshalb, dass der Verlag festlegen darf, unter welchen Voraussetzungen er bereit ist, eine digitalisierte Druckvorlage berhaupt anzunehmen, rechtlich formuliert, zu

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P Rz. 152

Digitale Anzeigenbermittlung

bestimmen, wie diese Druckvorlage aussehen muss, um Grundlage (Bestandteil) eines Anzeigenauftrags zu sein (bzw. werden zu kçnnen). 152

Diese verlagsseitigen Vorgaben kçnnen jedoch nur dann rechtliche Wirkung entfalten, wenn sie auch tatschlich(er) Bestandteil des Anzeigenvertrages geworden sind. Sie mssen also in rechtswirksamer Weise vereinbart worden sein. Dies kann beispielsweise in der Form geschehen, dass in einer – gesonderten – Anlage zum Anzeigenauftrag dem Kunden die technischen Standards fr die digitale Anzeigenbermittlung vorab bereits zur Kenntnis gegeben wurden und der Kunde dann auch in Kenntnis dieser Anlage den Anzeigenauftrag unterschreibt. Wrde der Kunde diese „Anlage“ mit den gesonderten Bedingungen fr die digitalisierte Druckvorlagenbermittlung allerdings erst nach Erteilung des Anzeigenauftrages erhalten, sind diese Bedingungen nicht rechtswirksam vereinbart worden (der Vertrag mçglicherweise wegen eines schwerwiegenden Dissenses auch nicht wirksam). Zweckmßiger erscheint es dagegen, wenn die Verlage in ihren Geschftsbedingungen generell entsprechende Regelungen verankern. Da die technischen Vorgaben von Verlag zu Verlag vielfach unterschiedlich sein drften, macht es sicherlich wenig Sinn, die allgemeinen ZAW-AGB (detailliert) zu erweitern. Als der richtige Ort scheinen vielmehr die „Zustzlichen Geschftsbedingungen“ der Verlage. Dort sollten diese Standards niedergelegt werden.

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Wichtig festzuhalten ist schließlich, dass der Verlag dann, wenn er diese Kriterien fr die digitale Anzeigenbermittlung aufgestellt hat, der Anzeigenauftrag unter Einbeziehung dieser Richtlinien zustande gekommen ist, und der Kunde sich bei dem bertragungsvorgang daran gehalten hat, im Sinne einer zugesicherten Eigenschaft auch dafr einzustehen hat, dass die Anzeige ordnungsgemß abgedruckt wird. Erfllt der Verlag diese Verpflichtung nicht, stehen – im Rahmen der Regelungen aus den AGB – dem Kunden (die blichen) Gewhrleistungsansprche zu.

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Fr eine ganze Reihe von Rechtsfragen ist es wichtig abzuklren, wann bei digitalisierter bermittlung von Anzeigenmanuskripten bzw. Druckvorlagen der Anzeigenauftrag berhaupt zustande kommt. Liegt der bermittlung bereits ein (schriftlicher) Anzeigenauftrag zugrunde bzw. hat der Verlag bezglich der digital bermittelten Anzeigen (nach deren „Entgegennahme“) ein (kaufmnnisches) Besttigungsschreiben abgeschickt, ist der Anzeigenauftrag in jedem Fall zustande gekommen. Entspricht dann das digitalisierte Anzeigenmanuskript bzw. die digitalisierte Druckvorlage nicht den Bedingungen des Verlages, so kann der Verlag unter Berufung auf Ziff. 8 der ZAW-AGB (R Rz. P 32) den bereits geschlossenen Anzeigenauftrag „ablehnen“. In Ziff. 8 heißt es: „Der Verlag

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88 Rath-Glawatz

Digitale Anzeigenbermittlung

Rz. 155 P

behlt sich vor, Anzeigenauftrge … wegen der technischen Form nach einheitlichen, sachlichen Grundstzen des Verlages abzulehnen.“ Was ist jedoch, wenn der Kunde ohne jeden besonderen Hinweis („unbemerkt“) die digitalisierte Anzeige auf dem Server des Verlages „ablegt“? Die „faktische Entgegennahme“ eines Anzeigenmanuskriptes – sei es in Papierform oder als Film bzw. auf einem (materialisierten) Datentrger – bedeutet noch keine Annahme des Angebotes auf Abschluss des Anzeigenvertrages mit dem Kunden. Dies geschieht erst dann, wenn der Verlag das digitalisierte Anzeigenmanuskript, die digitalisierte Druckvorlage tatschlich zur Kenntnis nimmt und sich – darauf kommt es entscheidend an – danach entschließt, die jeweilige Anzeige auch zu verçffentlichen. Allein die Tatsache, dass der Werbetreibende die Anzeige digitalisiert auf den Server des Verlages berspielt (hat), der Server die „Annahme“ nicht „verweigert“ (hat), folgt noch nicht, dass damit auch der Anzeigenauftrag angenommen worden wre. Auch der „Abruf“ (Aufruf) des Datensatzes durch den Mitarbeiter des Verlages „im System“ bedeutet noch nicht die Auftragsannahme. Diese ist rechtlich erst dann erfolgt, wenn der Verlag nach Prfung der digitalisierten Vorlage diese „fr in Ordnung befindet“ und fr den Abdruck „freigibt“. In diesem Zusammenhang kann der Verlag sich auch nicht seiner – wenn auch nur sehr begrenzten – Prfungspflicht fr die Inhalte digitalisierter Anzeigen entziehen, indem er behauptet, digitalisierte Anzeigenvorlagen „gar nicht mehr zu Gesicht zu bekommen“. Die Verlage haften zwar nur in Ausnahmefllen und nur dann, wenn in den Anzeigen „offensichtliche, eindeutige und schwerwiegende“ Rechtsverstçße enthalten sind. Um dieser Prfungspflicht nachzukommen, mssen auch digitalisierte Anzeigenvorlagen immer erst noch „ent-digitalisiert“ und in der Anzeigenabteilung berprft werden. Unterbleibt dieser Vorgang, so haftet der Verlag (wegen Organisationsverschuldens). Die neue Form der Anzeigenbermittlung vom Kunden an den Verlag drfte von den Gerichten nicht als „Entschuldigungsgrund“ fr den „ungelesenen“ Abdruck von Anzeigen akzeptiert werden. Wrden wegen des „ungelesenen“ Abdruckes der Anzeige die Rechte eines Dritten verletzt, so wre der Verlag haftbar, wenn es sich um einen entsprechend schwerwiegenden Verstoß handelt, der bei der Wahrnehmung der Prfungspflicht auf den ersten Blick zu Tage getreten wre.

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Rath-Glawatz 89

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P Rz. 156

Digitale Anzeigenbermittlung

Besondere Geschftsbedingungen fr die Verçffentlichung digitaler Anzeigenvorlagen (Musterentwurf als Orientierungshilfe) 156

Ziffer 1 (1) Eine digitale Anzeigenunterlage ist gegeben, wenn die Datei vom Auftraggeber als elektronischer Datentrger – online oder offline – an den Verlag bergeben wird. (2) Fr den der Anzeigendatei zu Grunde liegenden Anzeigenauftrag gelten die Allgemeinen Geschftsbedingungen des Verlages unverndert fort, werden jedoch bzgl. der Beschaffenheit Weiterverarbeitbarkeitsanforderungen durch diese Besonderen Geschftsbedingungen ergnzt. (3) Bedient sich der Auftraggeber bezglich der Weitergabe der Anzeigenunterlage bzw. der Verlag zu deren Empfang eines Dritten, so bleiben Auftraggeber und/ oder Verlag Verpflichtete aus diesen Besonderen Geschftsbedingungen.

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Ziffer 2 (1) Der Verlag nimmt digitale Anzeigenunterlagen nur an, wenn diese den in den vom Verlag herausgegebenen „Richtlinien zur Anlieferung digitaler Anzeigen“ bestimmten Anforderungen entsprechen. (2) Der Verlag ist berechtigt, Anzeigenauftrge, die digitale Anzeigenvorlagen beinhalten, abzulehnen, sofern deren Beschaffenheit nicht diesen Besonderen Geschftsbedingungen, insbesondere Ziffer 2 Nr. 1, entspricht.

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Ziffer 3 (1) Fr die rechtzeitige und einwandfreie bergabe der digitalen Anzeigendatei ist der Auftraggeber verantwortlich. (2) Fehlerhaft bergebene digitale Anzeigenunterlagen bzw. beschdigte Datentrger gehen ebenso zu Lasten des Auftraggebers wie der Ausfall des bertragungsweges. (3) Bezglich der bergabe von digitalen Anzeigenunterlagen durch den Auftraggeber ist der Verlag von jeglicher Haftung und Gewhrleistung frei. (4) Der Auftraggeber ist beweispflichtig, dass er die digitale Anzeigenunterlage ordnungsgemß an den Verlag bermittelt hat.

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Ziffer 4 (1) Ist fr den Verlag im Rahmen der betriebsblichen Arbeitszeit/-weise erkennbar, dass eine digitale Anzeigenunterlage fehlerhaft bergeben wurde und lsst sich dennoch der Auftraggeber ermitteln, so fordert der Verlag unverzglich Ersatz an. (2) Ist (sind) die nachfolgende(n) bergabe(n) wiederum erkennbar fehlerhaft, so ist der Verlag nicht verpflichtet, gegenber dem Auftraggeber erneut Ersatz anzufordern. Sobald der Verlag im Rahmen der betriebsblichen Arbeitszeit/-weise feststellt, dass die digitale Anzeigenunterlage nach dem(n) mangelhaften bergabeversuch(en) fehlerfrei bermittelt ist, besttigt der Verlag dies dem Auftraggeber. Diese Besttigung bezieht sich ausschließlich auf den Vorgang der elektronischen bergabe der Anzeigenunterlage und enthlt nicht die Zusicherung bestimmter Eigenschaften bzgl. des Abdrucks/der Verbreitung der Anzeige bzw. die bernahme einer inhaltlichen Verantwortlichkeit.

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90 Rath-Glawatz

Digitale Anzeigenbermittlung

Rz. 165 P

(3) Der Verlag ist nicht verpflichtet, digitale Anzeigenunterlagen, die nicht diesen Besonderen Geschftsbedingungen, insbes. Ziffer 2 Nr. 1 entsprechen, in eine verçffentlichungsfhige Form zu bringen. Erklrt sich der Verlag bereit, einer entsprechenden Aufforderung des Auftraggebers nachzukommen, so schließen Auftraggeber und Verlag insoweit eine gesonderte Vereinbarung, in der auch die Hçhe der Vergtung des zustzlichen Aufwandes bestimmt wird. Ziffer 5 Die vom Verlag erçffnete Mçglichkeit, digitale Anzeigenunterlagen auf seinem Rechner zu hinterlegen, bedeutet nicht die Annahme des Anzeigenauftrages durch den Verlag.

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Ziffer 6 Der Auftraggeber sichert dem Verlag zu, im Besitz aller Rechte bzgl. der digitalen Anzeigenbergabe (incl. der verwandten Schriften) zu sein. Insoweit stellt der Auftraggeber den Verlag von Ansprchen Dritter frei.

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Ziffer 7 (1) Der Auftraggeber (bzw. ein von ihm eingeschalteter Dritter) ist verpflichtet, die digitale Anzeigenunterlage bis zum Abschluss des Anzeigenauftrages in seinem Rechner zu speichern. Der Verlag ist – gegebenenfalls gegen Kostenerstattung – befugt, vom Auftraggeber die bermittlung einer Kopie der abgespeicherten digitalen Anzeigenunterlage zu verlangen. Ist dem Verlag dieser Rckgriff verwehrt, weil der Auftraggeber die Speicherung der digitalen Anzeigenvorlage unterlassen hat, und ist im Verlag ein Zugriff auf die digitale Anzeigenunterlage unmçglich geworden, stehen dem Auftraggeber keine Ersatzansprche gegenber dem Verlag zu. (2) Der Verlag ist – sofern nicht ausdrcklich eine abweichende schriftliche Vereinbarung getroffen ist – nicht verpflichtet, digitale Anzeigen ber den Abschluss des Anzeigenauftrages hinaus zu speichern bzw. Datentrger, auf denen die digitale Anzeigen gespeichert sind, an den Auftraggeber zurckzugeben.

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Ziffer 8 (1) Dem Auftraggeber bersandte Papierabzge digital bergebener Anzeigenunterlagen (Korrekturabzge) sind auf Grund der gegebenen technischen Bedingungen nicht immer in der Lage, die Qualitt der zu verçffentlichenden Anzeige in jeder Einzelheit exakt wiederzugeben. (2) Einen Anspruch auf bersendung von Korrekturabzgen digital bergebener Anzeigenunterlagen hat der Auftraggeber nur, wenn dies mit dem Verlag gesondert schriftlich vereinbart ist.

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Ziffer 9 Ist die digitale Anzeigenunterlage bzw. ihr elektronischer bergabevorgang mit Viren behaftet, so ist der Verlag zur sofortigen Lçschung der Datei ohne Benachrichtigung des Auftraggebers berechtigt und der Auftraggeber verpflichtet, dem Verlag den entstandenen Schaden zu ersetzen.

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Ziffer 10 (1) Der Verlag ist berechtigt, die Besonderen Geschftsbedingungen fr digitale Anzeigenunterlagen jederzeit zu ndern. Die abgenderten Besonderen Ge-

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Rath-Glawatz 91

P Rz. 166

Druckvorlagen

schftsbedingungen werden zwei Monate nach Ankndigung gegenber dem Auftraggeber wirksam. (2) Soweit in diesen besonderen Geschftsbedingungen auf die Schriftform Bezug genommen wird, ist auch die elektronische Schriftform zulssig.

Druckvorlagen 166

Whrend frher die Druckvorlagen den Verlagen in (kçrperlichere) Form als Matern oder Lithos (Filme) zur Verfgung gestellt wurden, nimmt inzwischen die elektronische bermittlung des Anzeigenmanuskripts immer mehr zu. Bezogen auf die Anlieferung der Druckvorlagen in kçrperlicher Version ist Folgendes festzuhalten: Liefert der Inserent nach Auftragsabschluss das Anzeigenmanuskript bzw. die darber hinaus erforderlichen Druckunterlagen nicht rechtzeitig, so liegt ein Fall des Glubigerverzugs gem. § 293 BGB vor. Der Verlag kann nach Fristsetzung die in den §§ 642, 643 und 300 ff. BGB genannten Rechte wahrnehmen, insbesondere die Bezahlung der vollen Anzeigengebhr verlangen.

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Der Termin fr die rechtzeitige Anlieferung ergibt sich aus den (in den Preislisten ausgewiesenen) Anzeigenschlussterminen, sofern nicht ausdrcklich ein besonderer „Druckunterlagen-Schlusstermin“ genannt wird (R Rz. P 103).

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Sind die vom Inserenten zur Verfgung gestellten Unterlagen zum Druck „erkennbar“ ungeeignet bzw. beschdigt, so ist der Verlag gem. Ziff. 9 ZAW-AGB (R Rz. P 33) verpflichtet, „unverzglich“ Ersatz anzufordern. Unterlsst der Verlag diese Aufforderung, so hat er die mangelhafte Anzeigenverçffentlichung zu vertreten.1

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Ziff. 19 der ZAW-AGB (R Rz. P 43) bestimmt, dass vom Inserenten zur Verfgung gestellte „Matern“ nur auf besondere Aufforderung zurckgesandt werden. Wird dies nicht verlangt, so kann der Verlag die Unterlagen nach eigenem Ermessen vernichten oder auch weiterhin aufbewahren.2 1 Dazu: Wronka, S. 78 ff.; Klosterfelde, S. 54 ff. 2 Lçffler (BT Anz Rz. 51) weist daraufhin, dass in dem Verzicht des gewerblichen Anzeigenkunden auf die Rckgabe der Unterlagen zugleich auch ein Eigentumsverzicht liegt. Mit Blick auf die privaten Anzeigenkunden verbietet sich zwar ein Rckgriff auf die Regelungen aus den ZAW-AGB; dennoch ist davon auszugehen, dass auch die privaten Anzeigenkunden dann, wenn sie nach angemessener Zeit die dem Verlag berlassenen Anzeigenvorlagen (z. B. Fotos) nicht zurck verlangen, in die Aufgabe des Eigentums einwilligen.

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92 Rath-Glawatz

Eigenwerbung/Verlage

Rz. 171 P

Der Begriff „Matern“ ist heute infolge der Weiterentwicklung der Satztechnik zum Fotosatz durch die umfassendere Formulierung „Druckvorlage“ bzw. „Litho“ zu ersetzen. Grundstzlich bleiben die vom Kunden gelieferten Druckvorlagen beim Verlag. Dies bietet sich schon deshalb an, damit im Fall der Wiederholung des Anzeigenauftrags oder der Verçffentlichung in abgenderter Form die notwendigen Unterlagen sofort griffbereit sind. Die Pflicht zur Aufbewahrung der Druckvorlagen endet gem. Ziff. 19 ZAW-AGB (R Rz. P 43) drei Monate „nach Ablauf des Auftrages“. Der Auftrag ist dann „abgelaufen“, wenn beiderseits alle Forderungen erfllt sind, insbesondere die Anzeige (vollstndig) bezahlt wurde.1 Liefert der Inserent keine fertige Druckvorlage (Film), sondern muss diese vom Verlag erst hergestellt werden, so hat der Inserent keinen Anspruch auf Herausgabe.2 Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Herstellung der Druckvorlage nicht in der Anzeigengebhr enthalten ist, sondern entsprechend der Preisliste oder individueller Vereinbarung gesondert in Rechnung gestellt wird. In diesen Fllen kann der Inserent die Herausgabe der Druckvorlagen verlangen. Allgemeine Geschftsbedingungen, die auch insoweit den Verlagen ein Eigentumsrecht einrumen, sind rechtswidrig, da sie den Wettbewerb um Nachfolgeauftrge in unzulssiger Weise einschrnken.3

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Eigenwerbung/Verlage Die Verlage sind in ihrer eigenen Werbung an die Grenzen gebunden, die auch fr alle anderen Werbetreibenden gelten.4 Soweit der Presse im Anzeigenbereich Privilegien (z. B. bei der Prfungspflicht) eingerumt sind, gelten diese immer nur bezglich der Verçffentlichung von Fremdanzeigen (R Rz. P 319).

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Insgesamt zu diesem Fragenkomplex: Wronka, S. 147/148; Klosterfelde, S. 83/84. Ebenso Lçffler, BT Anz Rz. 51. BGH, AfP 1984, S. 30; dazu auch: Lçffler, BT Anz Rz. 51. Zu den erforderlichen Angaben eines Verlages in Eigenwerbeanzeigen soll auch die Nennung der vollstndigen Anschrift gehçren (Postfach reicht nicht): OLG Hamburg, AfP 2003, S. 449 ff. – Kein Verlag kann, auch nicht ber das Modell der Kennzifferanzeigen, eine „genaue Werbeerfolgskontrolle“ versprechen. Dazu: LG Dsseldorf, WRP 1971, S. 83/84. Als unzulssig wurde es auch angesehen, Werbeschreiben zu verschicken, die auf den ersten Blick wie Anzeigenrechnungen aussehen: OLG Dsseldorf, ArchPR 1964, S. 64; OLG Stuttgart, ArchPR 1969, S. 97; dazu auch: Fezer, § 5 Rz. 22. Zum Abstellen eines PKW als Werbetrger auf çffentlichen Wegen: OVG Hamburg, NJW 2004, S. 1970.

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Rath-Glawatz 93

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P Rz. 172 172

Eigenwerbung/Verlage

Erfolgt die Eigenwerbung der Verlage1, etwa ber die Auflagen- oder Reichweitenentwicklung, in Form von redaktionellen (Eigen-)Berichten, so ist umstritten, ob dies mit dem Gebot der Trennung von redaktionellem und Anzeigenteil vereinbar ist.2 Ein Verstoß drfte jedenfalls dann anzunehmen sein, wenn die Artikel nicht „auf den ersten Blick“ als Eigenwerbung erkennbar sind.3 Verwenden die Verlage zum Zweck der Eigenwerbung Ausschnitte aus redaktionellen Verçffentlichungen (oder Fremdanzeigen), so ist darauf zu achten, dass nicht unberechtigt in geschtzte Rechte Dritter – Urheberrechte, allgemeines Persçnlichkeitsrecht – eingegriffen wird.4 Unzulssig ist es, wenn eine Tageszeitung in ihrem redaktionellen Teil mit Blick auf ein konkurrierendes Anzeigenblatt berichtet, in diesem Objekt brauche man nicht zu werben, denn dessen Exemplare wrden „in Bndeln“ vor den Haustren abgelegt.5 Gleiches gilt auch, wenn Anzeigenvertreter eines Anzeigenblattes Fotos vorlegen, die Exemplare des Konkurrenzblattes „auf dem Mll“ zeigen und suggerieren, dass dort Teile der Auflage weggeworfen wrden.6

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Wird in Eigenanzeigen der Verlage mit – Reichweitenangaben, – Auflagenzahlen, – Anzeigenpreisen oder – in Form von Alleinstellungsbehauptungen geworben, so ist damit das Problem der wettbewerbsrechtlichen Zulssigkeit der bezugnehmenden/vergleichenden Werbung angesprochen.7 Eine bezugnehmende Werbung liegt in der Aufforderung, statt in der Zeitung „X“ nunmehr in der Zeitung „Y“ zu inserieren. Ein Fall der vergleichenden Werbung ist gegeben, wenn die Auflagen der Objekte „X“ und „Y“ einander gegenbergestellt werden.

1 Aktuell zu dieser Problematik: Rath-Glawatz, K&R 2005, S. 440 ff. 2 OLG Karlsruhe, AfP 1984, S. 35; a. A.: OLG Hamm, ArchPR 1973, S. 155; Lçffler, BT Anz Rz. 87. 3 OLG Dsseldorf, AfP 1988, S. 354 ff. 4 LG Freiburg, BB 1963, S. 329/330. 5 OLG Schleswig, ArchPR 1972, S. 152–153. 6 OLG Hamm, Urteil v. 30.10.1984 (Az. 4 U 239/84). 7 Hat ein Verlag mit einer Studie geworben, die von dem Mitwettbewerber nicht angegriffen wurde, so ist die Dringlichkeit fr ein Verfgungsverfahren gegeben, wenn die Nachfolgestudie sich in Einzelheiten der Erhebung, in den Ergebnissen und der Darstellung der Ergebnisse von der Vorgngerstudie unterscheidet – LG Hamburg, Urteil v. 9.4.2002 – Az. 12 O 89/02.

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94 Rath-Glawatz

Eigenwerbung/Verlage

Rz. 175 P

Die Voraussetzungen, unter denen vergleichende Werbung zulssig ist, sind in § 6 UWG normiert.1 Mit Blick auf die vergleichende Werbung von Leistungen und Angeboten der Printmedien sind dabei folgende Bestimmungen von besonderer Bedeutung:

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§ 6 Abs. 2 Nr. 1 UWG: Der Vergleich muss sich immer auf Printobjekte oder Angebote fr Printobjekte beziehen, die „fr den gleichen Bedarf und die selbe Zweckbestimmung“ konzipiert sind.2 § 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG: Der Vergleich muss stets „objektiv“ sein. Dies ist nur dann der Fall, wenn er sich auf „eine oder mehrere wesentliche, relevante, nachprfbare und typische Eigenschaften“ der Printprodukte beziehen.3 § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG: Bei der vergleichenden Werbung drfen die Printobjekte der Mitwettbewerber bzw. deren persçnliche oder geschftlichen Verhltnisse nicht herabgesetzt oder verunglimpft werden.4 Beanstandet ein Verlag Werbeaussagen der Konkurrenz, so muss zunchst dargelegt werden, wie die betroffenen Verkehrskreise die streitigen Behauptungen berhaupt verstehen und weshalb sie unrichtig sind. Kann der vollstndige Nachweis der Unrichtigkeit nicht erbracht werden,5 weil der Betroffene nicht ber alle notwendigen Daten verfgt, so mssen doch zumindest so viele Fakten vorgetragen werden, dass das Verhalten des Werbenden zunchst einmal wettbewerbswidrig erscheint. Es ist dann Aufgabe des werbenden Verlages, diesen Anschein zu widerlegen und die Richtigkeit seiner Werbeaussagen unter Beweis zu stellen.6 Ins1 Lçffler/Ricker, S. 607 Rz. 10 ff., S. 615 Rz. 30 ff. 2 Dazu: Baumbach/Hefermehl, § 6 Rz. 45 ff.; Harte/Henning, § 6 Rz. 84 ff.; Fezer, § 6 Rz. 111. 3 Dazu: Ahrens, § 74 Rz. 128; Baumbach/Hefermehl, § 6 Rz. 49 ff.; Harte/Henning, § 6 Rz. 95 ff.; Fezer, § 6 Rz. 127 ff. Selbst wenn man Auflagen- und Reichweitenvergleiche dann zulsst, wenn sich die Verbreitungsgebiete der untersuchten Printobjekte nicht decken (dazu: Ahrens, § 74 Rz. 128 m. N. a. Urteile, die eine Vergleichbarkeit bejahen), so muss doch in der werblichen Umsetzung darauf geachtet werden, dass keine Irrefhrung eintritt (z. B. die Unterschiede zwischen Anzeigenblttern und Tageszeitungen verwischt werden oder die Leistungsfhigkeit von Titeln in Frage gestellt wird, deren Kernverbreitungsgebiet nicht in der Region liegt, fr die Ergebnisse abgefragt wurden (dazu auch: Ahrens, § 74 Rz. 135; gegen eine Vergleichbarkeit bei unterschiedlichen Verbreitungsgebieten: LG Memmingen, ArchPR 1977, S. 95/96). Bei der Wiedergabe von „Geschmacksurteilen“ zu konkurrierenden Objekten fehlt es an der erforderlichen Objektivitt – OLG Mnchen, MMR 2003, S. 533. 4 Dazu: Ahrens, § 74 Rz. 121; Baumbach/Hefermehl, § 6 Rz. 69 ff.; Harte/Henning, § 6 Rz. 143 ff.; Fezer, § 6 Rz. 197 ff. – Zur Frage der Anwendbarkeit der Meinungsfreiheit auf drastische Formulierungen ber ein Konkurrenzobjekt in einer vergleichenden Studie: OLG Hamburg, AfP 2004, S. 549. 5 Der klagende Verlag muss hinreichend glaubhaft machen, weshalb die Werbung des Konkurrenten unzutreffend sein soll: LG Bonn, AfP 1992, S. 173, 174. 6 Dazu: Helm, § 48 S. 521 Rz. 99 ff.; s. a. Ahrens, WRP 1976, S. 639.

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Rath-Glawatz 95

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P Rz. 176

Eigenwerbung/Verlage

besondere in den Fllen der Allein-/Spitzenstellungswerbung tritt eine Umkehrung der Beweislast in der Weise ein, dass nicht der Verlag, der eine Alleinstellungswerbung eines Konkurrenten angreift, deren Unrichtigkeit zu beweisen hat, sondern vielmehr der werbende Verlag beweisbelastet dafr ist, dass seine Allein-/Spitzenstellungswerbung auch tatschlich zutrifft.1 176

Hinsichtlich der Werbung mit Reichweiten gilt Folgendes: Reichweitendaten sagen etwas darber aus, wie viele Angehçrige einer bestimmten Bevçlkerungsgruppe von den ausgewhlten Presseorganen erreicht werden.2 Neben Gesamtreichweitenberechnungen (Bevçlkerung eines bestimmten Gebietes) kçnnen auch die Werte fr einzelne Bevçlkerungsgruppen ermittelt werden. Whrend in Reichweitenanalysen immer eine bestimmte Personengesamtheit bezglich einer bestimmten Anzahl von Titeln befragt wird, beziehen sich Strukturdatenerfassungen ausschließlich auf die Zusammensetzung der Leserschaft eines einzelnen (verlagseigenen) Titels.3

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Auch wenn die Mediaanalyse selbst in Ordnung sein sollte, so bedeutet dies noch lange nicht, dass auch die konkrete Werbung, in der unter Bezug auf diese Studien von den Verlagen die (vermeintlichen) eigenen Erfolge herausgestellt werden, wettbewerbsrechtlich unbedenklich wre.4 Die Fehlerhaftigkeit beginnt oftmals bereits damit, dass in der Eigenwerbung der Verlage die Studie, auf die Bezug genommen wird, nicht genannt wird.5 Es reicht auch nicht aus, nur auf die Studie zu verweisen, ohne die fr die konkrete Werbeaussage wesentlichen Parameter des Untersuchungsansatzes, der der Studie zugrunde gelegen hat, in der Werbung

1 Baumbach/Hefermehl, § 5 Rz. 2.153; Ahrens, § 74 Rz. 134. 2 Lçffler/Ricker, S. 616 Rz. 31 (dort als „Leseranalysen“ bezeichnet). 3 Anschaulich dazu: Ahrens, § 74 Rz. 126; Ahrens, WRP 1976, S. 637; Ochs, Rz. 108 ff.; s. a. LG Dsseldorf, ArchPR 1968, S. 117; OLG Dsseldorf, ArchPR 1964, S. 80/81; Lçffler/Ricker, S. 616 Rz. 32. Ist lediglich eine Empfngeranalyse einer Zeitschrift (an Hand der Vertriebskartei) vorgenommen worden, so darf mit Blick auf deren Ergebnisse nicht von einer „Leseranalyse“ gesprochen werden; Empfngerdaten drfen nicht mit Leserdaten gleichgesetzt werden (LG Kçln, Urteil v. 17.7.2003 – Az. 31 O 321/03). 4 Zu der Notwendigkeit aufklrender Hinweise: Ahrens, § 74 Rz. 132. Es wird zu Recht darauf verwiesen, dass auf den „beruflich interessierten aufmerksamen Leser“ (potenziellen Werbetreibenden), nicht jedoch auf den Fachmann in der Person des fachkundigen Mediaplaners oder Mediaberaters abzustellen ist. Hat eine Studie auf Grund der engen Begrenzung der Grundgesamtheit (es wird nur eine Spitzengruppe erfasst) auch nur eine begrenzte Aussagekraft, so muss dies in der Darstellung hinreichend deutlich gemacht werden – LG Hamburg, Urteil v. 9.4.2002 – Az. 12 O 89/02. 5 LG Darmstadt, Urteil v. 12.11.2002 – Az. 22 O 669/02; Beschlussverfgung LG Kçln v. 4.2.2002 – Az. 31 O 70/02.

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96 Rath-Glawatz

Eigenwerbung/Verlage

Rz. 179 P

selbst zu benennen.1 Aus dem Fehlen dieses Hinweises kann sich eine Irrefhrung in der werblichen Umsetzung der Studienergebnisse ergeben. Mit veralteten Daten darf nicht mehr geworben werden.2 Schließlich ist auch darauf zu achten, dass dann, wenn die Ergebnisse aus Studien in der Werbung der Verlage graphisch umgesetzt werden, dabei keine Verflschungen eintreten (Beispiel: Durch geschickte graphische Gestaltung erscheint die Nr. 2 plçtzlich als die Nr. 1).3

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Fr den Werbetreibenden ist die Reichweite einer Zeitung bzw. Zeitschrift in Verbindung mit der anzusprechenden Zielgruppe eines der wichtigsten Kriterien fr die Vergabe des Anzeigenauftrages.4 Hat ein Publikationsorgan unter denjenigen, die fr ein Produkt oder eine Dienstleistung am ehesten als Abnehmer in Frage kommen, eine besonders hohe Reichweite (bei akzeptablem Anzeigenpreis), so kann der Verlag bevorzugt mit Anzeigenauftrgen rechnen.

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Nachdem frher die Frage umstritten war, ob vergleichende Werbung mit Reichweiten berhaupt zulssig ist, wird dies seit einer BGH-Entscheidung aus dem Jahre 1981 grundstzlich bejaht.5 Hauptstreitpunkt ist heute die Frage, wie die Reichweitendaten erfasst und dargestellt werden mssen.6 Selbstverstndlich kann ein Verlag isoliert nur mit den Reichweiten seiner eigenen Produkte werben.7 Wesentlich aussagekrftiger ist es dagegen, wenn die eigenen Reichweiten in Relation zu den Werten der Konkurrenz gestellt werden und sich – so ist zu hoffen – eine herausgehobene Position ergibt. Da sehr viele der Befragten mehr als nur eine Zeitung/

1 OLG Hamburg, GRUR 1985, 130, 131; LG Traunstein, Urteil v. 22.12.2000 – Az. 1 HKO 2448/00; ebenso: LG Mnchen, Beschlussverfgung v. 21.12.2000 – Az. 7 O 24212/00; Lçffler, BT Anz Rz. 156; kritisch: Ahrens, § 74 Rz. 128. 2 Dazu: Lçffler, BT Anz Rz. 157. 3 Dazu etwa: LG Mnchen, AfP 1994, S. 240; OLG Hamburg, AfP 2002, S. 46; LG Stade, Urteil v. 1.9.1995 – Az. 8 O 103/95; LG Kçln, Urteil v. 28.3.1996 – Az. 81 O 213/95; Beschlussverfgung LG Hamburg v. 8.2.1999 – Az. 312 O 43/99 (um den nur geringen Abstand zu vergrçßern, wurden keine durchgehenden Balkendiagramme verwendet, sondern nur verzerrende Ausschnitte). 4 Wirbt ein Printmedium, was unaufgefordert (unentgeltlich) zugestellt wird, mit seiner Reichweite und erklrt, es „erreiche alle Haushalte“, so muss zugleich darauf hingewiesen werden, dass dabei die „Werbeverweigerer“ ausgenommen sind (OLG Hamburg, Urteil v. 12.5.2004 – Az. 5 U 165/03). 5 BGH, GRUR 1981, S. 748 ff. 6 So ist es z. B. notwendig, dass in dem Studiensteckbrief einer Reichweitenstudie die Grundgesamtheit in absoluten Zahlen ausgewiesen wird (setzt sich die Grundgesamtheit aus mehreren Gruppen zusammen, so muss dies auch hinsichtlich dieser einzelnen Gruppen geschehen – Beschlussverfgung LG Hamburg v. 8.6.1999 – Az. 312 O 278/99. 7 Lçffler, BT Anz Rz. 155.

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Rath-Glawatz 97

P Rz. 180

Eigenwerbung/Verlage

Zeitschrift (einer bestimmten Kategorie) lesen, ist die isolierte Reichweitenermittlung des eigenen Produktes stets fehlerhaft.1 Alle einschlgigen Konkurrenzorgane mssen grundstzlich mit einbezogen werden, um ein zutreffendes Bild der (eigenen) Reichweiten im relevanten Markt zu gewinnen.2 Wer demnach bezugnehmende Werbeaussagen ber die Leserschaft seines Publikationsorgans machen will, bedarf dazu einer Reichweitenanalyse in methodisch abgesicherter Form.3 180

Werden in der Werbung lediglich Aussagen ber die Zusammensetzung der eigenen Leserschaft gemacht,4 so sind entsprechende Strukturdatenangaben5 auch ohne Reichweitenanalyse zulssig. Denn in diesem Fall liegt keine vergleichende Werbung vor.6 Irrefhrend kann eine derartige Werbung jedoch dann werden, wenn der Eindruck entsteht, die Aussagen beruhten tatschlich auf entsprechenden (weitergehenden) Mediaanalysen und besßen deshalb eine qualifiziertere Aussagekraft als die in 1 Zur Definition des Begriffs „Leser“ bei Mediaanalysen: LG Dsseldorf, WRP 1971, S. 83; s. a. OLG Mnchen, WRP 1977, S. 430. Irrefhrend ist es auch, wenn in der Werbung darauf hingewiesen wird, ein Druckobjekt kme mit X Personen „in Berhrung“, wenn dies nicht durch eine Verbreitungsanalyse belegt ist; die Tatsache, dass die Begriffe „Nutzer/Leser“ nicht erwhnt sind, rechtfertige diese Werbung nicht: LG Kiel, AfP 1983, S. 419/420. 2 LG Frankfurt, WRP 1976, S. 639; s. a. OLG Frankfurt, ArchPR 1957, S. 40. 3 Lçffler/Ricker, S. 616 Rz. 31; Ochs, Rz. 120. – Zum Aussagewert einer lteren Leseranalyse und der Angabe „Leser pro Ausgabe“ (LpA): LG Bonn, AfP 1992, S. 173 ff.; Lçffler/Ricker, S. 616 Rz. 31; OLG Hamm, AfP 1988, S. 151 (Werbung mit LpA). Nach einer Entscheidung des LG Hamburg (Urteil v. 30.11.2004 – Az. 312 O 960/04) darf mit einer Auflagen-/Reichweitenstudie und einem sich daraus ergebenden Wirtschaftlichkeitsvergleich solange noch geworben werden, als die Studie nicht lter ist als 4 Jahre und sich die Marktverhltnisse in dieser Zeit nicht wesentlich verndert haben. 4 Dazu: Lçffler, BT Anz Rz. 155. – Wird mit Blick auf eine Fachzeitschrift behauptet, sie habe „Abonnenten mit hçchster Entscheidungskompetenz“, „90 % der Abonnenten sind Unternehmer und Fhrungskrfte“, so reicht als „Quellenangabe“ der Hinweis „EDV“ nicht aus; es muss in der Werbung selbst eine Empfngerstrukturanalyse benannt werden, die das behauptete Ergebnis besttigt. 5 Zu den Leserstrukturanalysen und deren unterschiedlicher Grundgesamtheit gegenber den Reichweitenanalysen: Ahrens, § 74 Rz. 133. 6 OLG Mnchen, WRP 1977, S. 430; KG, AfP 1989, S. 546, 548: das KG sieht keine Irrefhrung, wenn ein Anzeigenblatt mit den Behauptungen wirbt, es bestehe eine „enge Leserbindung“ und das Blatt habe eine „hohe Lesedauer“. Denn es werde mit diesen Formulierungen nicht der Eindruck erweckt, die genannten Feststellungen beruhten auf einer (im vorliegenden Fall nicht vorhandenen) Leseranalyse (s. a. Lçffler/Ricker, S. 616 Rz. 31). – Diese Bewertung berzeugt nicht: die angesprochenen Verkehrskreise (Werbetreibende/Werbeagenturen) gehen heutzutage davon aus, dass derartige Aussagen glaubwrdig erst dann gemacht werden kçnnen, wenn tatschlich eine entsprechende, diese Tatsachenbehauptungen besttigende Leseranalyse vorliegt. Andernfalls mssten die Behauptungen als Meinungsußerungen formuliert werden, um eine Irrefhrung auszuschließen.

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98 Rath-Glawatz

Eigenwerbung/Verlage

Rz. 182 P

Wahrheit durchgefhrte Leserstrukturanalyse.1 Schließlich darf auch nicht mit einer bestimmten Anzahl von „Mitlesern“ eines Objekts geworben werden, wenn diese „Mitleser“ nicht selbst in einer entsprechenden Studie persçnlich befragt wurden.2 Es reicht also nicht aus, dass nur der „Erstleser“ befragt wird, wie viele weitere Leser seiner Meinung nach das jeweilige Blatt auch noch in die Hand nehmen wrden. Derartige Befragungsergebnisse kçnnen allenfalls als (entsprechend zu kennzeichnende) Schtzungen beworben werden.3 Hat das Verlagsunternehmen dagegen tatschlich eine Reichweitenanalyse durchgefhrt und wird damit geworben, das eigene Produkt habe die „hçchste“ Reichweite, so muss ein deutlicher Abstand gegenber den nchstfolgenden Titeln gegeben sein. Trifft dies nicht zu, so ist die Werbung unzulssig.4 Wirbt der Verlag mit der Aussage, 70 von 100 Lesern lokaler Tageszeitungen eines Stadtgebietes wrden die verlagseigene Zeitung lesen, so ist dies, sofern keine weiteren erklrenden Hinweise erfolgen, ebenfalls irrefhrend. Denn die angesprochenen Verkehrskreise verbinden damit die fehlerhafte Vorstellung, dass lediglich die verbleibenden 30 von 100 Lesern andere lokale Tageszeitungen beziehen. Dabei bleibt jedoch unbercksichtigt, dass es Leser gibt, die alle in der Stadt angebotenen Tageszeitungen lesen und sich so auch fr andere Bltter hçhere Reichweitenwerte als die sich aufdrngenden „restlichen“ 30 % ergeben kçnnen.5

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Neben der isolierten Herausstellung der eigenen Reichweite kann auch mit Reichweitenbersichten geworben werden. Diese mssen – wie die Erfassung der Reichweitendaten – in der Wiedergabe vollstndig sein. Auf die Nennung einzelner Titel kann allenfalls dann verzichtet werden, wenn diese fr das Gesamtergebnis unerheblich sind. Es ist jedoch notwendig, dass in der Werbung durch einen Hinweis auf diesen Umstand aufmerksam gemacht wird.6 Unzulssig ist es, wenn beispielsweise ein

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1 Dazu: OLG Frankfurt, WRP 1979, S. 721/722. Zur Frage der Werbung von Anzeigenblattverlagen, ihre Produkte kmen „in jedes Haus“, an „alle Haushaltungen“: LG Duisburg, ArchPR 1966, S. 92; OLG Karlsruhe, ArchPR 1966, S. 93; OLG Stuttgart, ArchPR 1976, S. 116. 2 LG Lneburg, Urteil v. 12.8.2004 – Az. 11 O 23/04. 3 LG Dsseldorf, WRP 1971, S. 82; Lçffler, BT Anz Rz. 150. 4 Lçffler, BT Anz. Rz. 146; Ochs, WRP 1981, S. 180. 5 Die Tatsache, dass bei Reichweitenanalysen wegen der Leser, die mehrere der angesprochenen Objekte lesen, die Summe regelmßig ber 100 % liegt, ist nicht so bekannt, als dass bei der Werbung mit isolierten Reichweitenangaben dieses Faktum verschwiegen werden drfte; a. A.: OLG Hamm, AfP 1988, S. 151. 6 Werden z. B. bei einer Reichweitenerhebung im Fachzeitschriftenbereich „handelsgebundene Fachtitel“ nicht mit erfasst, so muss dies in der Studienbeschreibung erwhnt werden – Beschlussverfgung LG Kçln v. 29.11.2000 (Az. 31 O 849/00).

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Rath-Glawatz 99

P Rz. 183

Eigenwerbung/Verlage

konkurrierender Titel mit hçherer Reichweite unterdrckt oder ganze Segmente – z. B. bei einer Untersuchung von Funk- und Fernsehzeitschriften die Supplements1 – ausgespart bleiben.2 183

Jede Reichweitenuntersuchung muss in sich methodisch einwandfrei3 sein und sachlich fundierte Aussagen ermçglichen.4 Eine Studie ist immer dann methodisch in Ordnung, wenn sie den Anforderungen des „ZAW Rahmenschema fr Werbetrger-Analysen“ entspricht.5 Wird nicht darauf verwiesen, dass eine Studie von diesen Mindeststandards abweicht (und werden die Abweichungen zudem nicht nachvollziehbar erlutert), so ist die Studie unzulssig.6 Nicht zulssig ist es, Daten aus verschiedenen Untersuchungen zusammenzufassen, da es regelmßig an der Vergleichbarkeit der Daten fehlen drfte.7 Systemwidrig ist es weiter, wenn beispielsweise bei einer Reichweitenanalyse allein die Abonnenten des verlagseigenen Blattes ber die von ihnen gelesene Zeitung bzw. konkurrierende Objekte befragt werden.8

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Teilweise wurde die Ansicht vertreten, dass es unzulssig sei, die Leserzahlen von Tageszeitungen und Anzeigenblttern gegenberzustellen.9 Dem muss jedoch entgegengehalten werden, dass es fr den Anzeigenkunden durchaus von Wert sein kann, wenn in nur einer Mediaanalyse unterschiedliche Werbetrger miteinander verglichen werden. Fr eine derartige vergleichende Werbung gibt es einen sachlich begrndeten, rechtfertigenden Anlass. Entscheidend ist auch hier, dass neben der korrekten Datenermittlung die Darstellung der Ergebnisse so erfolgen muss, 1 OLG Kçln, AfP 1988, S. 359–361; LG Kçln, Urteil v. 13.10.1988 (Az. 84 O 14/88). 2 Insgesamt grundlegend zur Werbung mit Reichweiten: Ochs, WRP 1981, S. 179 ff.; Ochs, Rz. 108 ff. 3 Dazu ausfhrlich: Lçffler, BT Anz Rz. 151 ff.; zur Frage der Beurteilung der Vertretbarkeit des Untersuchungsansatzes: Ahrens, § 74 Rz. 131. 4 Dazu: Ahrens, AfP 1973, S. 469; OLG Frankfurt, WRP 1979, S. 720; insoweit ist beispielsweise an die ZAW-Richtlinie fr die „Werbung mit Zeitungs- und Zeitschriftenanalysen“ zu verweisen (abgedruckt bei: Baumbach/Hefermehl, 22. Aufl. § 3 Anhang S. 1268 ff.). Wer im Verfgungsweg gegen eine Mediaanalyse mit dem Argument vorgeht, diese sei methodisch fehlerhaft, muss dies auch entsprechend glaubhaft machen (LG Mnchen, Urteil v. 29.11.2000 – Az. 21 O 20607/00). Diese Glaubhaftmachung kann sich u. U. als unmçglich erweisen, so dass nur das Hauptsacheverfahren bleibt. 5 Dazu ausfhrlich: Lçffler, BT Anz Rz. 152. 6 OLG Kçln, Urteil v. 5.11.2004 – Az. 6 U 82/04. 7 Ahrens, § 74 Rz. 131. – Wird mit der Reichweite bei den „Mediaentscheidern“ geworben, so ist es zutreffend, unter „Mediaentscheidern“ sowohl die „Entscheider“ in den Unternehmen wie den Agenturen einzuordnen. 8 BGH, GRUR 1981, S. 749; s. a. KG, WRP 1978, S. 215; Beschlussverfgung LG Kçln v. 28.5.1998 – Az. 31 0 410/98. 9 LG Bonn, WRP 1976, S. 636/637; Ochs, Rz. 46.

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100 Rath-Glawatz

Eigenwerbung/Verlage

Rz. 186 P

dass die Unterschiede bei den Werbetrgern nicht verwischt werden und damit eine Irrefhrung ausgeschlossen ist.1 Bei Werbeaussagen aufgrund von Reichweitenuntersuchungen sind schließlich, wie bei jeder vergleichenden Werbung, die Bezugsgrçßen exakt anzugeben, auf die sich die Darstellung bezieht (z. B. fr welches Quartal die Reichweitenwerte gelten sollen bzw. fr welche Personengruppe oder fr welche Region).2 Werden im Rahmen einer Untersuchung nur die eigenen Leser eines Objekts befragt und dabei auch (qualitative) Bewertungen dieser Leser ber konkurrierende Objekte mit verçffentlicht, so muss zumindest hinreichend deutlich auf diesen Umstand hingewiesen werden. Denn die eigenen Leser geben dem eigenen Objekt stets bessere Noten und Bewertungen als den Objekten, die sie nicht (stndig) lesen. Folglich sind die Ergebnisse nicht „objektiv“.3 Korrekt ist die Untersuchung damit nur dann, wenn die Befragten die verschiedenen zu beurteilenden Printobjekte auch jeweils gelesen haben („Doppelleser“).

185

Zur Eigenwerbung mit Auflagenzahlen ist Folgendes anzumerken:

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Neben der Reichweite ist die Hçhe der Auflage ein weiteres wichtiges Indiz fr die Vergabe des Anzeigenauftrags. Die Auflagenhçhe ist Beweis fr die redaktionelle Bedeutung eines Presseorgans, zugleich aber auch Gradmesser fr dessen Grçße und Gewicht als Werbetrger.4 Damit liegt es auf der Hand, dass unwahre Auflagenangaben als irrefhrend und damit wettbewerbswidrig anzusehen sind.5 In jedem Fall muss zweifelsfrei angegeben werden, ob sich die Angabe, mit der geworben wird, auf die gedruckte, die abonnierte, die verkaufte oder die (tatschlich) verbreitete Auflage beziehen soll.6 Wird mit der Hçhe der Auflage (Anzahl der Exem1 Ahrens, § 74 Rz. 131, 134; Ahrens, WRP 1976, S. 638; Lçffler, BT Anz Rz. 149, 153. 2 Zur regionalen Abgrenzung: LG Essen, ArchPR 1968, S. 118; LG Memmingen, ArchPR 1977, S. 95/96. 3 Lçffler/Ricker, S. 616 Rz. 32 (m. N. a. die Rtspr.). 4 Wird mit Blick auf eine noch nicht erschienene Zeitschrift behauptet, sie habe bereits „19.083 Abonnenten“ und zhle „schon jetzt zu den absoluten Marktfhrern“, so ist dies wettbewerbswidrig – Beschlussverfgung LG Frankfurt/Main v. 30.10.2000 – Az. 2-03 O 540/00. 5 Grundstzlich dazu: Lçffler, BT Anz Rz. 146 ff.; Wollemann, WRP 1980, S. 529 ff.; Ochs, Rz. 47 ff. Zur Frage der Wahrheit der Auflagenhçhe: LG Kiel, ArchPR 1966, S. 94; zum Problem geringfgiger Abweichungen der tatschlichen von der in der Werbung genannten Auflagenhçhe: OLG Karlsruhe, ArchPR 1968, S. 113. 6 OLG Hamm, WRP 1991, 328, 329; Beschlussverfgung LG Kçln v. 4.2.2002 – Az. 31 O 70/02; dazu auch Ahrens, § 74 Rz. 135; Lçffler, BT Anz Rz. 146; zur Werbung mit einer „ca.-Angabe“ zur Auflagenhçhe: OLG Karlsruhe, OLGR 2001, S. 339; LG Mnchen, Beschlussverfgung v. 21.12.2000 – Az. 7 O 24212/00 („garantiert verbreitete Auflage ca. 60.000“, „abonnierte Auflage ca. 7.000“).

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Rath-Glawatz 101

P Rz. 187

Eigenwerbung/Verlage

plare geworben, so muss eine Quelle angegeben werden, die es ermçglicht, die Angabe zu verifizieren.1 Falsche Angaben zur Auflagenhçhe erfllen den Tatbestand des Betrugs (§ 263 StGB).2 187

Fr den Bereich der Tages- und Wochenzeitungen sowie der Publikumszeitschriften hat sich dieses Problem mit der Schaffung der „Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbetrgern“ (IVW)3 weitgehend entschrft. Die IVW, ein dem ZAW angegliederter Verein, berprft regelmßig die Auflagenmeldungen der Verlage nach einem speziell entwickelten Verfahren, das Missbruche fast gnzlich unmçglich macht. Entsprechend den „IVW-Richtlinien fr die Werbung mit Auflagen“ sind von den Mitgliedern bei der Eigenwerbung mit Auflagenzahlen mindestens folgende Angaben zu machen: – Auflagenhçhe: Hier drfen nur exakt die der IVW gemeldeten (Durchschnitts-)Zahlen verwendet werden („Rundungen“ sind nicht gestattet). Soweit Auflagenzahlen fr Teilbelegungseinheiten (mit durchlaufendem Anzeigenteil) gemeldet werden, kçnnen neben den Gesamtauflagenzahlen auch Teilauflagen werblich herausgestellt werden.4 – Quartal: Zusammen mit der Auflagenzahl ist jeweils das Quartal zu nennen, fr das die Zahl der IVW gemeldet wurde. – Auflagenkategorie: Es ist anzugeben, ob mit der Druckauflage, der verkauften oder tatschlich verbreiteten Auflage geworben wird.5 Wirbt ein – der IVW nicht angehçrender – Verlag ohne Bezugnahme auf andere Objekte lediglich mit der Auflagenzahl seines Produkts, so drfte es ebenfalls nicht ausreichen, wenn er nur die – zutreffende – Auflagenzahl angibt. Auch in diesem Fall ist zu fordern, dass die zeitliche Bezugsgrçße und die Auflagenkategorie genannt werden.6 Dies ergibt sich aus folgender berlegung: Neben der „Druckauflage“ (Menge der hergestell1 Urteil LG Kçln v. 17.7.2003 – Az. 31 O 321/03. 2 Zur strafrechtlichen Seite: LG Dortmund, ArchPR 1966, S. 76/77; AG Offenburg, ArchPR 1959, S. 48; Lçffler, BT Anz Rz. 146; Wollemann, WRP 1980, S. 531; Ochs, Rz. 61. 3 Ausfhrlich zur Werbung mit IVW-Zahlen: Lçffler BT Anz Rz. 147; Ahrens, AfP 2000, S. 417 ff. 4 Werden verschiedene Lokalzeitungen unter einem Titel zusammengefasst, ohne eine berçrtliche Hauptausgabe zu haben, darf dennoch mit einer „Gesamt“-Auflagenzahl geworben werden: BGH, GRUR 1968, S. 433 ff. 5 Dazu insgesamt: OLG Mnchen, OLGR 1994, S. 248; OLG Stuttgart, WRP 1964, S. 56; Wollemann, WRP 1980, S. 530; Ochs, Rz. 75 ff. Jeder Verlag, der der IVW angehçrt, kann dies in der Werbung herausstellen („zur Sicherung der Auflagenwahrheit“): OLG Mnchen, ArchPR 1957, S. 40/41. 6 Aus der Tatsache, dass ein Verlag, obwohl er dies nach den Bedingungen der IVW kçnnte, keine Mitgliedschaft beantragt hat, darf die Konkurrenz in ihrer Werbung keinesfalls, nicht einmal indirekt den Schluss ziehen, die Auflagenangaben des Verlages seien zweifelhaft: LG Mnchen, ArchPR 1945–56, S. 49.

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102 Rath-Glawatz

Eigenwerbung/Verlage

Rz. 187 P

ten Exemplare) existiert der Begriff der „verbreiteten Auflage“. Dies ist bei den Anzeigenblttern die Anzahl der (tatschlich) verteilten Exemplare.1 Bei den entgeltlich vertriebenen Objekten zhlen zur verbreiteten Auflage neben der tatschlich „verkauften Auflage“ auch die Beleg-(Mitarbeiter- und Werbe-)exemplare2 sowie (vor allem bei Fachzeitschriften) die „Mitgliederstcke“.3 Angesichts dieser Vielfalt ist es fr den Werbetreibenden unerlsslich, bei seiner Entscheidung fr eine Insertion zu wissen, auf welche Auflagenkategorie sich die in der Werbung angegebene Auflagenzahl bezieht. Wenn sich in der Rechtsprechung der Hinweis findet, bei einer Auflagenangabe ohne nheren Hinweis sei dies als Kennzeichnung der „verkauften Auflage“ zu verstehen, so berzeugt dies angesichts des unterschiedlichen Inhalts des Begriffs „Auflage“ nicht.4 Vor allem bei gratis vertriebenen Presseobjekten ist die genaue Auflagenkennzeichnung unverzichtbar, um Irrefhrungen zu vermeiden.5 Hat der 1 Dazu: LG Berlin, AfP 1988, S. 546, 548 – wirbt ein Anzeigenblatt damit, „jeder Haushalt“ im Verbreitungsgebiet erhalte ein Exemplar und damit sei das gesamte Gebiet „abgedeckt“, so ist diese Eigenwerbung nicht irrefhrend, wenn die verbreitete, d. h. die verteilte Auflage hçher ist als die Zahl der Haushalte und die „berstcke“ an gewerbliche Anzeigenkunden und Werbeagenturen gehen. Eine Zusage, dass das Anzeigenblatt auch tatschlich jeden Haushalt erreicht, soll – so das LG Berlin – in der Eigenwerbung nicht enthalten sein. – Dies muss bezweifelt werden: lsst sich nachweisen, dass dauerhaft und in grçßerem Umfang Haushalte nicht beliefert werden, so darf bei entsprechend schlechten Vertriebsleistungen nicht in der zitierten Weise geworben werden. 2 Dazu: Lçffler/Ricker, S. 636 Rz. 15; Wollemann, WRP 1980, S. 530. Daneben wird z. T. der gnzlich irrefhrende Begriff der „Leser“-Auflage verwendet; es handelt sich dabei lediglich um Schtzungen, wie viele Leser eine Ausgabe findet. Maßgebend kçnnen nur qualifizierte Reichweitenanalysen sein. Dazu: OLG Dsseldorf, ArchPR 1964, S. 80/81; LG Dsseldorf, ArchPR 1969, S. 121; LG Dsseldorf, ArchPR 1970, S. 136. Zur Mehrdeutigkeit des Auflagenbegriffs: LG Dsseldorf, BB 1968, S. 439; OLG Stuttgart, WRP 1964, S. 55; s. a. LG Dsseldorf, ArchPR 1964, S. 79/80. 3 Das KG Berlin (AfP 1996, 283) sieht keine Wettbewerbswidrigkeit, wenn bei der Werbung mit der verkauften Auflage auch die Mitgliederstcke mit einbezogen werden, da nicht unterstellt werden kçnne, diese wrden weniger beachtet als im Einzelverkauf erworbene oder abonnierte Exemplare (dazu auch: Lçffler/Ricker, S. 616 Rz. 31). Hier wird man unterscheiden mssen: Besteht die verbreitete Auflage eines Printobjekts berwiegend aus Mitgliederstcken, so muss in der Werbung darauf hingewiesen werden, wenn die Objekte der Mitwettbewerber berwiegend im Abonnement bezogen werden. 4 OLG Hamm, AfP 1982, S. 176; dazu die Anmerkung Borck, AfP 1982, S. 176/177 – er betont die Gefahr der Irrefhrung; s. a. OLG Stuttgart, WRP 1964, S. 57; zum Fall, dass der erluternde Hinweis, die Auflagenhçhe beziehe sich auf die „verbreitete Auflage“, nicht hinreichend deutlich ist: OLG Hamm, WRP 1991, S. 329. 5 Dazu: LG Oldenburg, AfP 1971, S. 176, mit zustimmender Anm. Eckhardt, AfP 1971, S. 177; Thmmel/Wilde, AfP 1978, S. 184. Unzutreffend LG Kçln, ArchPR 1970, S. 137, wenn behauptet wird, bei Anzeigenblttern seien gedruckte und verteilte Auflage stets identisch. Insoweit ist auch auf die unzulssige Werbung

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Rath-Glawatz 103

P Rz. 188

Eigenwerbung/Verlage

Verlag die jeweilige Auflagenkategorie, z. B. „verteilte“ Auflage, angegeben, so kann nicht mehr eingewandt werden, auch dieses werde (noch) in dem Sinn missverstanden, es handele sich (doch) um die „verkaufte“ Auflage.1 188

Die – isolierte – Werbung mit der Auflagensteigerung des eigenen Blattes in einem mehrjhrigen Zeitraum ist dann unzulssig, wenn der Auflagenzuwachs ganz berwiegend im ersten Jahr zustande kam und sich dann nur noch ein unwesentlicher Zuwachs ergeben hat bzw. die (Gesamt-) Auflagensteigerung lediglich auf den Zukauf bisher selbstndiger Bltter zurckzufhren ist.2

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Werden in der Werbung Auflagenvergleiche vorgenommen, so gilt hier, wie bei jeder vergleichenden Werbung, dass die Information des Anzeigenkunden sachbezogen und (inhaltlich) wahr sein muss.3 Unwahr ist ein Auflagenvergleich etwa dann, wenn von dem Konkurrenzorgan nur die niedrigen Auflagenzahlen der Wochentagsausgaben bercksichtigt, die hçheren der Wochenendausgabe aber unbeachtet bleiben.4 Ebenso wie bei der vergleichenden Werbung mit Reichweiten ist beim Auflagenvergleich auf die gebotene Vollstndigkeit in der Darstellung zu achten, um Irrefhrungen zu vermeiden.5 Wer vorgibt, fr ein selbst definiertes Verbreitungsgebiet und fr eine bestimmte Pressekategorie eine Auflagenbersicht liefern zu wollen, der muss alle einschlgigen Titel er-

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zu verweisen, die – ohne entsprechende Reichweitenanalysen und nur von Auflagenzahlen ausgehend – als Schtzwert Leserzahlen anpreist und daraus auf „mçgliche“ Inserentenzahlen schließt: LG Kçln, ArchPR 1970, S. 137/138; OLG Karlsruhe, ArchPR 1971, S. 144. Unzulssig schließlich auch, wenn mit einer „garantierten“ Auflage eines Anzeigenblattes geworben wird: Mathy, AfP 1981, S. 406 (gegenber OLG Dsseldorf, AfP 1981, S. 405). OLG Hamm, WRP 1980, S. 90. OLG Frankfurt, WRP 1978, S. 552; OLG Hamm, ArchPR 1967, S. 104/105. So ist ein Auflagenvergleich dann irrefhrend, wenn einer der Titel seine Auflage durch eine kurzfristige Erhçhung der Freistcke so manipuliert, dass er einen besonders hohen Vorsprung erreicht – Beschlussverfgung LG Kçln v. 2.3.2001 – Az. 31 O 154/01. Irrefhrend ist es auch, wenn in einer Studie die qualitativen Bewertungen ber zwei konkurrierende Titel wiedergegeben werden, die annhernd gleich ausfallen, aber nicht erwhnt wird, dass der eine Titel eine weit hçhere Auflage hat als der andere – Urteil LG Hamburg v. 9.4.2002 – Az. 12 O 89/02. LG Hamburg, ArchPR 1972, S. 155. Die vergleichende Auflagenwerbung darf – wie jede vergleichende Werbung – den Konkurrenten nicht „unnçtig“ herabsetzen. Dazu: LG Dsseldorf, ArchPR 1960, S. 53/54. LG Mnchen, AfP 1994, S. 240, 242 – wirbt eine deutsche Fachzeitschrift in einer graphischen Darstellung mit einer Auflagensteigerung, so soll es keine Irrefhrung darstellen, wenn nicht gesondert darauf hingewiesen wird, dass der Auflagenzuwachs i. W. durch den verbesserten Verkauf im angrenzenden Ausland zustande gekommen ist.

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104 Rath-Glawatz

Eigenwerbung/Verlage

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whnen.1 Irrefhrend ist es auch, wenn in einer Eigenwerbung davon die Rede ist, eine Anzeige erscheine in einer „Gesamtausgabe“ und zugleich in der Werbung darauf hingewiesen wird, dass diese Gesamtausgabe aus der „Gesamtauflage“ von mehreren (im selben Verlag erscheinenden) selbstndigen Zeitungstiteln besteht. Dies folgt schon daraus, dass die Leser der einzelnen Bltter nicht identisch sind, also keine Gesamtausgabe mit einem einheitlichen Mantel vorliegt, sondern nur die Addition von selbstndig nebeneinander erscheinenden Einzeltiteln vorgenommen wird.2 Die Frage, inwieweit Auflagenvergleiche zwischen unterschiedlichen Pressekategorien, z. B. Tages- zu Wochenzeitungen,3 sachgerecht und damit wettbewerbsrechtlich zulssig sind, hat sich vor allem hinsichtlich der Vergleichbarkeit von Auflagenangaben von Anzeigenblttern und Tageszeitungen gestellt.4 Zunchst ging man – vergleichbar der Bewertung fr den parallelen Fall des Vergleichs von Reichweiten (R Rz. P 179 ff.) – davon aus, die Auflagenzahlen von Anzeigenblttern seien mit denen der Tageszeitungen nicht vergleichbar, da die Wertigkeit und damit Werbewirksamkeit von gratis verteilten Produkten geringer zu veranschlagen sei.5 Die Rechtsprechung stellt nunmehr ganz berwiegend darauf ab, dass Tageszeitungen und Anzeigenbltter „gleichermaßen Werbetrger“ seien, so dass auch ihre Auflagenzahlen vergleichbar sein mssen. Beschrnkt sich demnach die vergleichende Werbung auf die Angabe der Auflagenzahlen von Tageszeitungen und Anzeigenblttern und wird auf weitere bezugnehmende Behauptungen wie „Verbreitungsstrke“ bzw. „Werbewirksamkeit“ verzichtet, so erschçpft sich die Werbeaussage in der berprfbaren Gegenberstellung, in wie viel Exemplaren die verschiedenen Zeitungstypen am Markt vertreten sind. Da jedem Inserenten die Unterschiede zwischen gratis verteiltem Anzeigenblatt und etablier1 Allgemein dazu: LG Hamburg, ArchPR 1972, S. 154/155. Zur grundstzlichen Zulssigkeit des Auflagenvergleichs im Pressewesen: OLG Hamm, ArchPR 1970, S. 138. 2 OLG Hamm, AfP 1992, S. 288/289. 3 LG Hamburg, ArchPR 1972, S. 154/155; Lçffler, BT Anz Rz. 146, 149. 4 Werden die Auflagen von entgeltlich und unentgeltlich vertriebenen Objekten miteinander verglichen, so muss in jedem Fall in dem Auflagenvergleich deutlich auf diese unterschiedliche Vertriebsform hingewiesen werden (LG Hamburg, Urteil v. 30.11.2004 – Az. 312 O 960/04). In diesem Sinn etwa: OLG Mnchen, AfP 1990, S. 52/53; OLG Frankfurt, ArchPR 1969, S. 122; LG Bayreuth, AfP 1981, S. 469; LG Dsseldorf/OLG Dsseldorf, BB 1968, S. 439/440; OLG Hamm, ArchPR 1973, S. 155; s. a. Tmmel/Wilde, AfP 1978, S. 184; Wilde, AfP 1979, S. 264/265; Wollemann, WRP 1980, S. 531; Ochs, Rz. 58; wohl auch: Bosten, AfP 1984, S. 38. 5 OLG Hamm, AfP 1980, S. 223; OLG Dsseldorf, AfP 1981, S. 405; OLG Karlsruhe, AfP 1984, S. 36; OLG Mnchen, AfP 1979, S. 263; Mathy, AfP 1984, S. 89 (anders noch: AfP 1981, S. 406); s. a. OLG Hamm, WRP 1980, S. 90; OLG Celle, ArchPR 1977, S. 95.

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ter Tageszeitungspresse bekannt sind, kann er dies in seine Werbeentscheidung mit einbeziehen. Eine Irrefhrung durch den Auflagenvergleich scheidet aus. Allerdings ist auch hier darauf zu achten, dass aus dem „reinen“ Auflagenvergleich unterschiedlich vertriebener Printobjekte keine weitergehenden, vor allem wertenden Schlussfolgerungen gezogen werden. Denn fr die Frage, ob das jeweilige Objekt als Werbetrger attraktiv ist oder nicht, sind neben der Auflage eine ganze Reihe weiterer Faktoren ausschlaggebend.1 Wird jedoch bei einer Werbung mit einer Gesamtauflagenzahl nicht hinreichend deutlich, dass sich diese Auflagenzahl aus entgeltlich und unentgeltlich vertriebenen Objekten zusammensetzt, so ist dies wettbewerbsrechtlich unzulssig.2 Gleiches gilt auch, wenn die fr eine Zeitung (sachlich zutreffend) ermittelten Reichweitendaten „ohne nhere Erluterung“ auch auf Supplements oder andere, der Zeitung beigelegte selbstndige Werbetrger bertragen werden.3 191

Bei der Werbung mit Anzeigenpreisen und Namen von Anzeigenkunden ist Folgendes zu beachten: In der Eigenwerbung drfen Anzeigenpreise nur dann miteinander verglichen werden, wenn die entsprechenden Druckobjekte auch tatschlich vergleichbar sind. Denn ein Preisvergleich unterschiedlicher Produkte ist „sinnlos“.4 Anders als beim Reichweiten- oder Auflagenvergleich im Verhltnis Tageszeitung-Anzeigenblatt sind entsprechende „bergreifende“ Anzeigenpreisvergleiche grundstzlich unzulssig.5 Selbst im Tageszeitungsbereich mssen bei den Anzeigenpreisen zwischen Abo-Zeitungen und Straßenverkaufszeitungen Unterschiede gemacht werden, so dass auch insoweit ein Vergleich ausgeschlossen ist.6 Folglich sind Anzeigenpreisvergleiche nur bei Druckobjekten gleichen Typs wettbewerbsrechtlich zulssig.

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Angesichts der unterschiedlichen Auflagen erfolgt der Anzeigenpreisvergleich blicherweise auf der Basis des sogenannten „Tausenderpreises“ (Anzeigenmillimeterpreis geteilt durch Auflage gleich Tausenderpreis)7. Wirbt ein Anzeigenblattverlag unter Hinweis auf diese Formel damit, die 1 Insgesamt zur Frage der Zulssigkeit von Auflagenvergleichen (bezogen auf Publikumszeitschrift und Kundenzeitschrift): OLG Hamburg, AfP 1996, S. 385 ff. 2 Dazu: OLG Dsseldorf, BB 1968, S. 439. 3 OLG Hamburg, WRP 1990, S. 350 ff.; s. a. LG Hamburg, AfP 1997, S. 935. 4 Dazu grundlegend: Baumbach/Hefermehl, § 1 S. 535 Rz. 387. 5 OLG Hamm, AfP 1987, S. 529. 6 S. dazu: OLG Hamm, AfP 1988, S. 149/150 – danach soll ein derartiger Anzeigenpreisvergleich dann zulssig sein, wenn der potenzielle Inserent diesen anfordert. Denn in diesem Fall sei eine Irrefhrung ausgeschlossen, da der nachfragende Anzeigenkunde die Unterschiede kenne. 7 Zur Werbung mit dem „Tausenderpreis“: Lçffler/Ricker, S. 616 Rz. 33; Ahrens, § 74 Rz. 130; Lçffler, BT Anz Rz. 159. – Bei der Werbung ist darauf zu achten, dass in den „Tausender-Anzeigen-Preis-Vergleich“ nur Objekte mit gleichen Formaten einbezogen werden, oder aber, wenn dies nicht geschieht, zumindest ein

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106 Rath-Glawatz

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Inserenten sollten vor Auftragserteilung den „Millimeterpreis im Verhltnis zur verteilten Auflage“ prfen, so ist darin kein unzulssiger Vergleich mit den Anzeigenpreisen konkurrierender Tageszeitungen gesehen worden.1 Denn in der Werbung wird ausdrcklich auf die verteilte Auflage Bezug genommen, whrend es bei den entgeltlich vertriebenen Objekten auf die verkaufte Auflage ankommt.2 Immer dann, wenn die „Wirtschaftlichkeit“ von Insertionen in Objekten verglichen wird, die unterschiedlichen Vertriebsgattungen angehçren (z. B. Tageszeitung und Anzeigenblatt), so muss auf diese Unterschiede in der Vertriebsform hinreichend deutlich hingewiesen werden.3 Verçffentlicht ein Anzeigenblatt eine Eigenanzeige, in der damit „geworben“ wird, dass eine Vielzahl von (bekannten) Unternehmen bisher noch keine Anzeigen geschaltet hat und man diese Firmen jetzt als Kunden „erwarte“, so ist diese Werbung unlauter. Denn es wird der Name der genannten Firmen unerlaubt ausgebeutet und zugleich versucht, „Druck“ auf diese Firmen auszuben, doch noch zu inserieren, um nicht Gefahr zu laufen, in einer weiteren „Negativliste“ der Zeitung erneut aufgefhrt zu werden.4 Bei der Werbung mit Alleinstellungsbehauptungen5 ist Folgendes zu beachten: Wird damit geworben, dass „die eigene Leistungsfhigkeit von der Konkurrenz nicht erreicht wird“, man eine „von anderen nicht erreichte Sonderstellung“ besitze, einen „konkurrenzlosen Rang“ habe, so wird damit eine wettbewerbliche Alleinstellung beansprucht. Derartige Behauptungen sind wettbewerbsrechtlich nur dann relevant, wenn sie von den betroffenen Verkehrskreisen tatschlich ernst genommen und nicht als „marktschreierisch“, als eine der blichen bertreibungen ohne sachlichen Hintergrund abgetan werden. Enthalten Alleinstellungsbehauptungen erkennbar Meinungsußerungen (… fr mich ist die Zeitung „X“ die Nr. 1),6 so sind sie wettbewerbsrechtlich bedeutungslos. Insoweit ist jedoch stets zu prfen, ob in den Mei-

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deutlicher Hinweis mit abgedruckt wird, dass die Formate unterschiedlich sind (der Inserent also unterschiedlich viel „Anzeigen-Raum“ fr „sein Geld“ erhlt). Zur Werbung mit dem Begriff „Kontakt“: Lçffler, BT Anz Rz. 159. LG Hamburg, Urteil v. 30.11.2004 – Az. 312 O 960/04. OLG Hamm, AfP 1987, S. 529, 531; a. A. OLG Oldenburg, WRP 1980, S. 99; wohl auch: OLG Celle, ArchPR 1977, S. 95. Soweit es die Rechtsprechung fr zulssig erachtet, als Bezugsgrçße nicht den „Tausenderpreis“, sondern den Begriff „Kontakte“ zu verwenden, zu Recht anderer Ansicht: Mathy, WRP 1980, S. 406. LG Frankfurt/Main, AfP 1993, S. 595. Lçffler/Ricker, S. 633 Rz. 9 ff.; Ahrens, § 74 Rz. 132; Lçffler, BT Anz Rz. 148, 158. Die Eigenwerbung „X-Zeitschrift – Eine Fachzeitschrift, die noch besser ist? Die mssen sie erst einmal finden!“ wird man als (nicht herabsetzende) Meinungsußerung ansehen mssen.

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nungsußerungen nicht doch ein so starker Tatsachenkern steckt, dass eine rechtlich relevante Alleinstellungsbehauptung vorliegt.1 Maßgebend ist im brigen, wie die Alleinstellungswerbung von den „Empfngern“ verstanden wird. Was der Werbende „eigentlich“ hat sagen wollen, ist insoweit unerheblich. Fr die inhaltliche Richtigkeit der Alleinstellungsbehauptung ist entscheidend, ob tatschlich ein deutlicher Abstand, der nicht nur ein Augenblickserfolg sein darf, gegenber der Konkurrenz besteht.2 Ist dies nicht der Fall, so kann allenfalls damit geworben werden, das Objekt sei in der Spitzengruppe einer bestimmten Zeitungskategorie vertreten. Wird die Alleinstellungsbehauptung nicht nher konkretisiert, sondern beschrnkt sie sich z. B. auf die Werbung mit einem Superlativ („die grçßte Zeitung“), so muss der werbende Verlag in allen vom Verkehr fr wesentlich gehaltenen Fragen (z. B. Auflage, Reichweiten, redaktionelle und wirtschaftliche Leistungsfhigkeit) fhrend sein. Einzelne herausragende Positionen reichen bei einer so wenig differenzierenden Werbung nicht aus.3 Neben der Superlativwerbung („die grçßte Fachzeitschrift“) zhlt auch die Werbung mit Komparativen („wir bieten mehr“, „es gibt nichts Besseres“) zum Bereich der Alleinstellungswerbung.4 Im Einzelfall kann auch in dem Gebrauch eines bestimmten Artikels („die“ Zeitung …) eine Alleinstellungsbehauptung liegen.5 1 Folgende Eigenwerbebehauptungen sind als Tatsachenbehauptungen anzusehen: „Die Auflage ist deutlich gestiegen“, der eigene Titel bewegt sich „mittlerweile im absoluten Spitzenfeld der Branche“, „nach wie vor der gnstigste Anbieter im Mitwettbewerberumfeld“. 2 Bei der Alleinstellungswerbung ist zudem darauf zu achten, dass die Kriterien, auf die sich die Alleinstellung beziehen soll, in der Werbung selbst hinreichend deutlich erlutert werden (Beispiel: „Die Nr. 1 unter den Machern im Markt“ – der Begriff „Macher im Markt“ ist zu definieren – LG Mnchen, Urteil v. 29.11.2000 – Az. 21 O 20607/00; s. a. Beschlussverfgung LG Kçln v. 15.11.2000, Az. 31 O 805/00). 3 Lçffler/Ricker, S. 633 Rz. 9 – So darf sich z. B. ein Verlag nicht als „einer der fhrenden juristischen Fachverlage bewerben, wenn er lediglich im Segement „Sozialrecht“ eine fhrende Position einnimmt. Ebenso wenig darf eine Fachzeitschrift als das „fhrende Branchenmagazin“ beworben werden, sofern es gegenber dem konkurrierenden Titel die geringere Auflage hat. Ebenso wenig darf eine Fachzeitschrift sich „als fhrende wissenschaftliche Zeitschrift fr Wettbewerbsrecht“ bezeichnen, wenn sie nicht tatschlich in allen relevanten Punkten die Spitzenstellung behauptet (Abonnenten, redaktioneller Umfang, Aktualitt usw.). 4 LG Dsseldorf, ArchPR 1961, S. 69 („die X-Zeitschrift ist durch kein Blatt zu ersetzen“); AG Cham, ArchPR 1966, S. 97 („keine aktuellere Heimatzeitung“); OLG Hamm, ArchPR 1968, S. 116 („Ihre Werbung im X-Anzeiger kann durch kein anderes Werbemedium ersetzt werden. Eine Anzeige im X-Anzeiger, das ist ganze Werbung, denn mehr ist nicht erreichbar“). 5 Allgemein zum Problem der Allein-/Spitzenstellungswerbung: Baumbach/Hefermehl, § 5 Rz. 68 ff.; Harte/Henning, § 5 Rz. 685 ff.

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108 Rath-Glawatz

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Aus der Rechtsprechung zur Alleinstellungswerbung im Pressebereich sind folgende Entscheidungen erwhnenswert: – „Grçßte Fachzeitschrift ihrer Art fr …“: Die Aussage, man sei die „grçßte“ Fachzeitschrift, wird nicht als Werturteil, sondern als nachprfbare Tatsachenbehauptung angesehen. Die Inserenten htten nach der Werbeaussage eine Spitzenstellung in der Auflage vermuten drfen. Mit dem Argument, die Werbetreibenden wrden bei der Insertionsentscheidung nicht so streng auf selbstgewhlte Abgrenzungen zwischen Fachzeitschriften achten, wurde der einschrnkende Zusatz „… ihrer Art …“ jedoch nicht als ausreichend gegenber einer Fachzeitschrift angesehen, die sich mit „angrenzenden“ Themen beschftigt und deren Auflage nicht wesentlich geringer war. In diesem Zusammenhang sei die tatschlich verteilte, nicht verkaufte Auflage entscheidend, da dieses Kriterium fr die Insertionsentscheidung den Ausschlag gbe.1 – „Auflagenstrkster Werbetrger“: Soweit diese Behauptung sachlich zutrifft, d. h. das werbende Objekt tatschlich mit deutlichem Abstand die hçchste Auflage aufzuweisen hat, ist diese Alleinstellungswerbung fr zulssig angesehen worden. Auch die Bezugnahme sei deutlich genug, da keine anderen Kriterien wie etwa „Verbreitungsstrke“ oder „Werbewirksamkeit“ genannt wrden.2 Anders jedoch dann, wenn sich die Behauptung „Auflagenstrkster Werbetrger“ auf den Vergleich der Auflage eines einmal wçchentlich erscheinenden Anzeigenblattes mit der eines lokalen Werbetrgers bezieht.3 – „Grçßte Zeitung der Region“: diese Aussage ist nur dann zutreffend, wenn sich die Verbreitungsgebiete der Regionalzeitungen, die in den Vergleich mit einbezogen sind, auch tatschlich decken. Hat die werbende Zeitung zwar in der in der Eigenwerbung herausgestellten Region die hçchste Verbreitung, liegen die Hauptverbreitungsgebiete der

1 BGH, GRUR 1963, S. 34 ff. Zur Werbung „die Grçßte des Fachs“: OLG Mnchen, ArchPR 1957, S. 41; „Deutschlands grçßte Illustrierte“: LG Mnchen, ArchPR 1945–56, S. 48 – das LG hlt diese Aussage, bezogen auf die Inserenten, fr zulssig, wenn die Auflagenzahlen dies besttigen, nicht jedoch gegenber den Lesern; dazu auch: Ochs, Rz. 69 ff., 71 ff.; „Bremens grçßte Tageszeitung“: OLG Bremen, WRP 1962, S. 44; zur Behauptung „Grçßter Werbetrger/Auflagenstrkste Sonntagszeitung“: Kreisgericht Frankfurt/Oder, Urteil v. 9.6.1993 – Az. 92 ZH 748/92. 2 OLG Mnchen, AfP 1979, S. 263/264; s. a. OLG Hamm, AfP 1980, S. 223; OLG Karlsruhe, AfP 1984, S. 35; OLG Celle, ArchPR 1977, S. 95; LG Essen, ArchPR 1968, S. 118; OLG Hamm, ArchPR 1970, S. 138; OLG Hamm, ArchPR 1973, S. 155; LG Dsseldorf, ArchPR 1972, S. 156. 3 LG Bayreuth, AfP 1881, S. 469; dazu auch: Lçffler/Ricker, S. 637 Rz. 18; Ahrens, § 74 Rz. 135.

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anderen Regionalzeitungen jedoch in angrenzenden Regionen, so ist der Vergleich irrefhrend.1 – „Das optimale Medium“: die Werbung einer Fachzeitschrift, sei sei das optimale Medium, ist als Superlativwerbung (optimal = bestmçglich) eingestuft und als irrefhrend bezeichnet worden, sofern diese Zeitung nicht tatschlich weit besser ist als alle konkurrierenden Bltter.2 – „Gnstigste Werbepreise“: Wird diese Werbebehauptung im Zusammenhang mit der Formel zur Errechnung des „Tausenderpreises“ gebracht, so soll darin keine Alleinstellungswerbung liegen. Wegen der jederzeit mçglichen Schwankungen in der Auflage werde keine auf Dauer angelegte Sonderstellung behauptet.3 – „Stark im lokalen Markt“: In dieser Werbung wird keine Alleinstellungsbehauptung gesehen, da eine Bezugnahme bzw. ein Vergleich mit anderen tatschlich auflagenstrkeren Objekten nicht erkennbar sei.4 – „Ihre Sonntags geschaltete Anzeige erhlt in ihrer Zeitung den hçchstmçglichen Aufmerksamkeitswert, den man sich als Anzeigenkunde wnschen kann“: diese werbliche Aussage eines Anzeigenblattes wird als irrefhrende Alleinstellungsbehauptung angesehen, da der Mitlesefaktor bei der konkurrierenden Tageszeitung in jedem Fall hçher sei.5 – „Unerreichter Anzeigenteil“: Fr die Zulssigkeit dieser Alleinstellungswerbung soll es ausreichen, wenn die Zeitung mit Abstand die grçßte Zahl und den grçßten Umfang von „Gelegenheitsanzeigen“ aufweist und bei „Werbeanzeigen“ in der absoluten Zahl und dem Umfang nach (Gesamtmillimeter) an der Spitze steht. Es sei insoweit unerheblich, wenn die Konkurrenz dagegen mehr „volle Anzeigenseiten“ habe.6 – „Hçchster Response auf Anzeigen“: Wirbt eine Zeitschrift damit, dass sie den hçchsten Response auf Anzeigen habe, so ist dies irrefhrend, wenn die Rcklaufquote von Couponanzeigen bei dieser Zeitschrift, bezogen auf die Auflage des Blattes, geringer ist als bei Konkurrenztiteln.7

1 OLG Hamm, GRUR 1990, S. 135/136. 2 LG Mnchen, AfP 1994, S. 240, 242. 3 OLG Oldenburg, WRP 1980, S. 99. Das Gericht bersieht, dass gerade ber die Formel zur Errechnung des Tausenderpreises die Alleinstellung bei den Werbepreisen besttigt werden soll. 4 OLG Hamm, AfP 1980, S. 211/212. 5 Kreisgericht Frankfurt/Oder, Urteil v. 9.6.1993 – Az. 92 ZH 748/92. 6 OLG Frankfurt, AfP 1984, S. 50/51. 7 LG Kçln, AfP 1992, S. 312/313.

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110 Rath-Glawatz

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– „Fr 80 % aller Leser einer Lokalzeitung in Y ist X die beste Lokalzeitung“: Die durch eine IVW-Verbreitungsanalyse gesttzte Tatsache, dass 80 % die X-Zeitung lesen, berechtigt nicht zur Aussage, damit sei dieses Blatt auch die „beste“ Lokalzeitung. Dagegen spreche bereits die Tatsache, dass einige Leser beide Lokalbltter bezçgen.1 – „Informationsquelle Nr. 1“: Diese Alleinstellungswerbung ist dahingehend ausgelegt worden, das werbende Objekt behaupte nicht nur, sein Titel sei der bekannteste, sondern auch der meistgelesene.2 – „Wir bieten mehr“: Da diese Komparativwerbung nicht erkennen lasse, an welche Bezugspunkte sie anknpfe, msse sie als irrefhrend angesehen werden.3 – „Niemand kann sich bergangen fhlen, wenn Sie das Familienereignis durch unsere Zeitung bekanntgeben“: Durch diese Werbung wird eine hohe Haushaltsabdeckung in der betreffenden Region behauptet, so dass die Werbung irrefhrend ist, wenn die Zeitung bei 120 000 Einwohnern nur eine Auflage von 2000 Exemplaren hat.4 – „Die“ Zeitung: Die werbliche Aussage einer Zeitung, sie sei in ihrem regionalen Verbreitungsgebiet „die“ Zeitung, ist nicht als „nichts sagende, inhaltlich nicht nachprfbare Anpreisung“, sondern als irrefhrende Werbung anzusehen, wenn die Alleinstellung nicht zu beweisen ist.5 – „Die große deutsche Tages- und Wirtschaftszeitung“: Nicht jede Verwendung des bestimmten Artikels („die große … “) und einer geographischen Angabe ist auch als Alleinstellungswerbung zu werten. Je grçßer der Markt, umso weniger kann aus der Verwendung des bestimmten Artikels auf eine (unzulssige) Alleinstellungsbehauptung geschlossen werden.6 – „Grçße Abonnement-Zeitung“: Darunter soll allein die Zeitung mit der grçßten Anzahl an Abonnenten verstanden werden, so dass es nicht auf die Frage ankomme, ob diese Zeitung auch im Hinblick auf andere Faktoren (z. B. Anzeigenumsatz) fhrend sei.7 – „ … und schon spielen wir ganz oben mit“: Ist als Spitzenstellungswerbung zu verstehen.8

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OLG Hamm, AfP 1985, S. 125/126; s. a. LG Stuttgart, ArchPR 1945–56, S. 47. OLG Hamburg, WRP 1976, S. 704 ff. BGH, ArchPR 1968, S. 115/116. OLG Hamm, AfP 1992, S. 274. OLG Hamm, AfP 1990, S. 137. BGH, AfP 1998, S. 394. KG, AfP 1999, S. 519 ff. OLG Hamburg, AfP 2000, S. 366.

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– „Die Stimme Berlins“: Da die Betonung nicht auf dem bestimmten Artikel liege und ein „Eigenschaftswort von empfehlender Bedeutung“ fehle, soll keine Alleinstellungswerbung vorliegen.1 – „Das fhrende Fachmagazin fr … “ – Die Eigenwerbung ist irrefhrend, wenn der Markt nicht zwischen Fachmagazinen, Fachzeitschriften und Fachzeitungen unterscheidet und das werbende Fachmagazin nicht in allen relevanten Punkten vorn liegt.2 – „Das billigste Anzeigenblatt der Region“ oder „billig, billiger, am billigsten“ – Unzulssig, wenn das Anzeigenblatt nicht tatschlich in allen Anzeigenkategorien tatschlich am preiswertesten ist.3 – „Vertrauen Sie einem Werbepartner, der weiß, wie Ihre Werbung einfach und auf dem besten Weg bei ihrer Zielgruppe ankommt“/„So liegen Sie mit … Woche fr Woche in der Gunst der Verbraucher ganz weit vorn. Das macht ihre Werbung einfach wirkungsvoller“ – Unzulssig, wenn sich das Objekt nicht von anderen in der Vertriebsweise unterscheidet und keine sachlichen Gesichtspunkte genannt werden, die belegen, warum Werbung in dem Objekt tatschlich „auf dem besten Weg“ ankommen und „wirkungsvoller“ sein soll.4 – „Ein leerer Markt wird mit der richtigen Zeitung bedient“: Erscheint auf dem fraglichen Markt bereits eine vergleichbare Zeitschrift, so ist die zitierte Werbung irrefhrend.5 194

Weitere Bespiele fr die Eigenwerbung von Verlagen, deren wettbewerbsrechtliche Undenklichkeit umstritten gewesen ist: – Wirbt ein Anzeigenblatt mit der kostenlosen Verteilung an „30.000 Haushalte“, so zwingt dies nicht zu der Schlussfolgerung, es werde nicht auch an Gewerbetreibende und andere Dritte verteilt.6 – Werbung einer Zeitung fr ihren Gewerbeimmobilienteil als „Das schnellste Suchgert“ ist als Spitzenstellungswerbung zu sehen.7 – Wirbt eine Zeitschrift mit der Angabe „Europas unbegrenzter Karrieremarkt aus dem Internet“, so ist die Werbung unzulssig, wenn darin nur wenig „europische“ Stellenanzeigen zu finden sind.8 – „TV more“ fr eine Fernsehzeitschrift – dies soll unzulssig sein, wenn die Zeitschrift nicht „ein Mehr“ an Leistung (nicht nur an Inhalt) gegenber den Mitwettbewerbern bringt.9 1 2 3 4 5 6 7 8 9

KG, Urteil v. 26.5.2000 – Az. 5 U 1389/00. OLG Kçln, Urteil v. 18.3.2005 – Az. 6 U 202/04. LG Lneburg, Urteil v. 12.8.2004 – Az. 11 O 23/04. Beschlussverfgung LG Hamburg v. 14.4.2005 – Az. 315 O 218/05. LG Mnchen, AfP 1994, S. 240/241. OLG Hamm, Urteil v. 18.10.1984 – Az. 4 U 224/84. KG, AfP 1998, 314. OLG Hamburg, AfP 2002, S. 326. OLG Hamburg, AfP 1995, S. 664.

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112 Rath-Glawatz

Eigenwerbung/Verlage

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– Wettbewerbswidrig handelt, wer die Einteilung einer Werbetrgeranalyse einseitig so verndert, dass darauf hin sein Titel als Markfrhrer erscheint.1 – Die Behauptung einer Alleinstellung bezogen auf das „Segment der berregionalen meinungsbildenden Zeitungen“ soll zulssig sein, selbst wenn andere Zeitungen aus anderen Segmenten hçhere Auflagen haben.2 – Wirbt ein kostenlos verteiltes Objekt damit, seine Auflage innerhalb eines Jahres zu verdoppeln, die Anzeigenpreise aber gleich zu belassen, so kann – wenn ein entsprechend enger Markt gegeben ist – darin eine unzulssige Behinderung liegen.3 – Agieren die konkurrierenden Printtitel in einem engen (Leser-/Anzeigen-)Markt, so liegt in jeder Spitzenstellungswerbung zugleich auch eine Alleinstellungsbehauptung („Deutschlands globale Wirtschaftszeitung“).4 – Wird mit der „Marktfhrerschaft“ geworben, besteht diese jedoch allenfalls auf dem Lesermarkt, nicht jedoch bei der verkauften Auflage, so ist dies irrefhrend.5 – Die Eigenwerbung als „gnstigste Abonnementszeitung“ ist dann irrefhrend, wenn der entsprechend werbende Titel nur sechs mal in der Woche erscheint, das konkurrierende Objekt jedoch 7 mal und sich zugleich ein niedrigerer Durchschnittspreis errechnet.6 – Die Bewerbung des Immobilienteils einer Zeitung mit dem Slogan „Beste Auswahl, beste Lage, beste bersicht“ soll keine Alleinstellungswerbung, sondern das zutreffende Urteil ber die Qualitt des Anzeigenteils enthalten.7 – „Noch kommen unsere Anzeigenpreise dem stndigen Wachsen der Auflagenzahlen nicht hinterher“ – wird als unzulssige Eigenwerbung angesehen, wenn die Auflagensteigerung in 18 Monaten nur rd. 10 % ausmacht.8 – „Sprechen Sie mit uns, bevor sie zu viel zahlen“ – ist als zulssige vergleichende Werbung eines Verlages mit Blick auf Anzeigenwerbung be1 OLG Hamburg, AfP 2002, S. 337 (einschlgig auch zu der Frage, ob ein Anspruch auf Widerruf der Spitzenstellungsbehauptung besteht). 2 OLG Hamburg, AfP 1999, S. 79. 3 LG Traunstein, Urteil v. 7.4.2000 – Az. 1 HK O 829/00. 4 LG Kçln, AfP 2003, S. 4. 5 OLG Hamburg, AfP 2002, S. 46; BGH, NJW 2004, S. 1163. – Zur Frage einer Gegenanzeige gegen eine unzulssige Eigenwerbung: OLG Hamburg, AfP 2002, S. 50. 6 KG, AfP 2003, S. 449. 7 KG, AfP 1999, S. 366. 8 OLG Hamburg, AfP 2000, S. 366.

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Rath-Glawatz 113

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Eigenwerbung/Verlage

urteilt worden.1 Ebenso die Anzeigeneigenwerbung „Einfach mehr Werbung fr Ihr Geld“.2 – Zur Frage der Zulssigkeit der Werbung mit der positiven Auflagenentwicklung einzelner Ausgaben eines Titels angesichts der Tatsache, dass die Gesamtauflage eher ein negatives Bild ergibt.3 – „Zeitung im Netz – erste regionale Tageszeitungs-Neugrndung in Deutschland seit mehr als 20 Jahren“ – eine Irrefhrung wurde verneint, da aus der Werbung erkennbar sei, dass es sich um ein Internetangebot handelt.4 – „Einzigartige Kompetenz der Redaktion“ – liegt die Leistung (Leistungsfhigkeit) der Redaktion nicht deutlich ber der anderer Titel, ist die Eigenwerbung unzulssig.5 – „Fhrender … Titel“ – Mit dieser Aussage darf dann nicht geworben werden, wenn nur die Leser des eigenen Titels die Bewertung vorgenommen haben; es mssen jeweils „Doppelleser“ befragt werden.6 – „Fhrendes Fachmagazin fr ….“ – Die Werbung ist unzulssig, wenn der Titel nicht mit Blick auf alle relevanten Bezugsgrçßen (Auflage, Umsatz, Grçße der Redaktion, Seitenumfang, Aktualitt usw.) an der Spitze liegt.7 – „Bei Meinungsbildnern und Entscheidern hçchste Kompetenz“ – Unzulssige Aussage, wenn die Studie, die als Quelle angegeben wird, diese Grundgesamtheit nicht gesondert abgefragt hat.8 – „Marktfhrerschaft“ – Unzulssige Behauptung, wenn sie nicht durch eine entsprechende Stellung im Markt begrndet werden kann.9 – Das „X“-Magazin „erreicht …. die Entscheider“ – Die Behauptung, ein Printobjekt erreiche eine bestimmte Gruppe, ist nur dann zu lssig, wenn durch eine Empfngerstrukturanalyse nachgewiesen wird, dass die Gruppe das Objekt tatschlich auch „in die Hand nimmt“ und dass sich die Gruppe aus „Entscheidern“ zusammensetzt.10 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

OLG Schleswig, Urteil v. 25.1.2000 – Az. 6 U 71/99. OLG Karlsruhe, OLGR 2001, S. 339. OLG Hamburg, AfP 2001, S. 127. OLG Kçln, Urteil v. 6.2.2001 – Az. 6 U 78/00. Beschlussverfgung LG Kçln v. 18.6.1998 – Az. 31 0 463/98. OLG Kçln, Urteil v. 17.12.1999 – Az. 6 U 90/99. Beschlussverfgung LG Kçln v. 19.3.1999 – Az. 31 O 244/99. Beschlussverfgung LG Hamburg v. 24.6.1999 – Az. 312 O 322/99. LG Traunstein, Urteil v. 22.12.2000 – Az. 1 HKO 2448/00. Beschlussverfgung LG Kçln v. 4.2.2002 – Az. 31 O 70/02; ebenso Beschlussverfgung v. 10.3.2003 – Az. 31 O 154/03 („Weil die „X“-Zeitung Ihnen die Sicherheit geben kann, dass Sie die Zielgruppe wirklich erreichen“; „Weil die „X“-Zeitung eine unvergleich hohe Verbreitung in den Kernzielgruppen des Handels hat“); LG Kçln Urteil v. 17.7.2003 – 31 O 321/03 („Die Informationen gelangen durch die X-Zeitung an nahezu alle relevanten Entscheider“). Ist das

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114 Rath-Glawatz

Eigenwerbung/Verlage

Rz. 195 P

– Lob fr „ansprechende Gestaltung“/Titel als „Pflichtlektre“ – Ergebnisse einer Umfrage, die die qualitative Bewertung eines Titels im Vergleich zu anderen Objekten wiedergeben, sind unzulssig, wenn nur die eigenen Leser „geurteilt“ haben.1 – „Top-Entscheider“ – Mit der Angabe, ein Objekt werde von den „TopEntscheidern“ gelesen, darf dann nicht geworben werden, wenn die Leserschaft faktisch alle Mitarbeiterebenen erfasst.2 – „Garantie, mit der Anzeigen bei einer hochkartigen Zielgruppe Woche fr Woche grçßte Aufmerksamkeit zu erzielen“ – ohne Vorlage eines entsprechenden Copytests darf so nicht geworben werden.3 – „Mit der X-Zeitung ist der Streuverlust bei den Empfngern in den Mrkten nahezu ausgeschlossen“.4 Bei der Eigenwerbung durch „Anschwrzung“ der Konkurrenz ist Folgendes anzumerken: Die vergleichende wie auch die bezugnehmende (Eigen-)Werbung kann zwar auch kritische Aussagen ber Leistungen der Konkurrenz beinhalten. Herabsetzende oder unnçtigerweise diskriminierende werbliche ußerungen sind jedoch wettbewerbsrechtlich nicht statthaft.5 Bei Verstç-

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Ausmaß der Verbreitung eines periodisch erscheinenden Werbetrgers davon abhngig, ob in dem jeweiligen Verbreitungsgebiet auch Prospekt-Beilagenauftrge geschaltet sind (nur dann wird auch die Verteilung vorgenommen), dann darf nicht mit der theoretisch mçglichen Anzahl der Haushalte geworben werden, sondern nur damit, „bis zu“ wie viele Haushalte erreichbar sein „kçnnen“ (LG Hamburg, Urteil v. 20.8.2003 – Az. 315 O 401/03). Beschlussverfgung LG Kçln v. 21.1.2002 – Az. 31 O 44/02. Beschlussverfgung LG Kçln v. 21.1.2002 – Az. 31 O 44/02. Beschlussverfgung LG Kçln v. 21.1.2002 – Az. 31 O 44/02; ist bei einem Werbetrger außer der Bestimmung des geographischen Verbreitungsgebietes keine weitere Selektionsmçglichkeit gegeben, so darf nicht damit geworben werden, der Werbetrger sei „genau auf die Wnsche und Bedrfnisse der Zielgruppe“ des jeweiligen Werbetreibenden zugeschnitten (LG Hamburg, Urteil v. 20.8.2003 – Az. 315 O 401/03). Urteil LG Kçln v. 17.7.2003 – 31 O 321/03. Dazu Ahrens, § 74 Rz. 121, 134; so ist es wettbewerbswidrig zu behaupten, in einer Fachzeitschrift wrden Artikel als „Einstandsgabe“ abgedruckt, da „journalistische Geschenke die Freundschaft erhalten“ wrden (Beschlussverfgung LG Kçln v. 4.10.2001 – Az. 31 O 642/01). Ebenso wettbewerbswidrig ist es, wenn bzgl. der Auflagenwerbung mit den „sonstigen Verkufen“ eines Mitwettbewerbers in einer ironisierenden Gegenanzeige suggeriert wird, diese Auflage wrde ber die Auslage in Charterflugzeugen in der Wste landen (Beschlussverfgung LG Kçln v. 8.6.2001 – Az. 31 O 378/01) bzw. bzgl. der Auflagenwerbung mit Freistcken in einer ironisierenden Gegenanzeige zu der Verteilung der Fachzeitschrift an die Kundinnen eines Frisiersalons aufgefordert wird (Beschlussverfgung des LG Kçln v. 11.6.2001 – Az. 31 O 384/01). Unzulssig ist es auch, wenn wie folgt geworben wird: „Geschenkt! Der Wettbewerber verschenkt Woche fr Woche „x“ Exemplare. Wer hat sie bekommen“ und diese werbliche Aussage durch eine deklassierende Grafik (unter der berschrift „Klasse statt

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Rath-Glawatz 115

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P Rz. 195

Eigenwerbung/Verlage

ßen gegen diesen Grundsatz besteht eine Schadensersatzpflicht aus § 9 UWG. So ist es zu Recht als unzulssig angesehen worden, wenn eine Zeitschrift damit wirbt, bei ihr gbe es keine „Anzeigenfriedhçfe“1 bzw. der Inserent brauche nicht zu befrchten, seine Anzeige drohe „durch riesige Anzeigen aus den benachbarten Großstdten in einem allgemeinen ‚Anzeigenwald‘ zu verschwinden“.2 Die Grenzen wettbewerbsrechtlich vertretbarer Werbung sind auch dann berschritten, wenn unter Missachtung des Sachlichkeitsgebots gegen die Mitwettbewerber formuliert wird: „Was nutzen Ihnen Leser außerhalb des… Gebietes oder glauben Sie, diese kmen extra nach hier, um Ihr Angebot zu berprfen? Dafr sind die Entfernungen zu weit.“3 Ebenso herabsetzend ist es – auch in Bezug auf die Stellung im lokalen Werbemarkt –, wenn ein Anzeigenblatt von der ortsansssigen Tageszeitung behauptet, diese kçnne sich nicht mit „kleinen alltglichen Dingen abgeben“.4 Unzulssig ist es schließlich, wenn in der Werbung von „klassischen“ Programmzeitschriften gegenber Supplements Formulierungen gebraucht werden wie: „Was nichts kostet, ist nichts wert“ bzw. „Die weiße Ware des Zeitschriftenmarktes hçrt auf den Namen Supplements und Gratisbltter.“5 Schließlich ist es wettbewerbsrechtlich unzulssig, wenn eine im Mnsterland ansssige und

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Masse“) begleitet wird – Beschlussverfgung LG Kçln v. 14.3.2001 – Az. 31 O 184/01. Werden die Auflagen zweier konkurrierender Titel zwar zutreffend dargestellt, geschieht dies jedoch in unsachlicher und herabsetzender Form, so ist auch dies wettbewerbswidrig (LG Mnchen I Beschlussverfgung v. 19.1.2001 – Az. 9 HKO 1276/01). Legen zwei Konkurrenztitel Reichweitenstudien vor, so darf die gegnerische Studie nicht unsachlich abgewertet werden in dem Sinne, dass nur die eigene Studie als „harte Whrung“ bezeichnet wird – Beschlussverfgung LG Kçln v. 12.5.1999 – Az. 31 O 471/99. OLG Dsseldorf, BB 1966, S. 138/139; ebenso ist es unzulssig, wenn ein periodisch erscheinender Werbetrger, der unentgeltlich vertrieben wird und keinen redaktionellen Inhalt hat, damit wirbt, er gbe den Lesern „klare, nicht in Textgrbern untergehende Werbehinweise“ (LG Lneburg, Urteil v. 12.8.2004 – Az. 11 O 23/04). OLG Dsseldorf, ArchPR 1971, S. 147. Als zulssig (die Konkurrenz nicht abwertend) ist es angesehen worden, dass eine Testzeitschrift in ihrem Titel den Hinweis „anzeigenfrei“ fhrt (OLG Dsseldorf, ArchPR 1976, S. 113); zur Frage, inwieweit sich eine Zeitschrift als „unabhngig“ bezeichnen darf: BGH, BB 1968, S. 441/442; dazu auch: Ochs, Rz. 135 ff. LG Siegen, ArchPR 1975, S. 99; zur Frage der Werbung mit einer Studie mit drastischen und berspitzen Formulierungen ber ein Konkurrenzobjekt: OLG Hamburg, OLGR 2004, S. 527. – So ist es etwa unzulssig, wenn damit geworben wird: „Den gut sortierten Zeitschriftenhandel erkennt man an der „X“-Zeitschrift, um auf diese Weise den Mitwettbewerbertitel herabzusetzen. LG Heilbronn, ArchPR 1962, S. 70/71; zur Herabsetzung der Konkurrenz bei der Auswertung von Daten aus einer berprften Leseranalyse: LG Offenburg, ArchPR 1970, S. 139. LG Kçln, Beschluss v. 9.12.1986 (Az. 84 O 95/86).

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116 Rath-Glawatz

Fehlerhafte Anzeigenverçffentlichung

Rz. 197 P

dort vertriebene Zeitung von dem Konkurrenzblatt in dessen Eigenwerbung als „Ruhrgebietszeitung“ bezeichnet und so der Eindruck erweckt wird, es handele sich nicht um eine ortsansssige Heimatzeitung.1 Gleiches gilt auch, wenn eine Fachzeitschrift ein Konkurrenzorgan, das – wenn auch in zwei Teilausgaben – in der halben Bundesrepublik erscheint, als „regionale“ Zeitschrift tituliert.2 An dem notwendigen Wettbewerbsverhltnis, um eine unzulssige vergleichende Werbung anzunehmen, fehlt es, wenn eine Wirtschaftszeitung ironisierend die Qualitt ihres Blattes in Relation zu einem Lotto-Schein stellt.3

Fehlerhafte Anzeigenverçffentlichung Der Inserent ist fr den Inhalt des von ihm vorgelegten Anzeigenmanuskripts (allein) verantwortlich. Enthlt die Druckvorlage Fehler, so hat der Inserent dies zu vertreten. Der Verlag ist nicht verpflichtet, die Anzeigenmanuskripte vor der Satzherstellung daraufhin durchzulesen, ob der Inserent sie fehlerfrei abgefasst hat oder nicht.4 Wenn berhaupt, dann bezieht sich das Korrekturlesen durch die Verlage nur darauf, ob die Anzeige entsprechend der Manuskriptvorlage fehlerfrei gesetzt wurde.

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Das Spektrum mçglicher Fehler, die bei der Herstellung und dem Abdruck von Anzeigen entstehen kçnnen und vom Verlag zu vertreten sind, ist breit: – Unleserlicher Abdruck: der Text der Anzeige ist ganz oder teilweise nicht lesbar, graphische bzw. bildliche Elemente sind nicht erkennbar (Unschrfe, Zulaufen durch zu viel Farbe). – Unrichtiger Abdruck: das Inserat ist orthographisch fehlerhaft, einzelne Textteile wie Adressenangaben, Telefonnummern, Preisangaben oder Produktbeschreibungen sind unrichtig, Farbanzeigen entsprechen nicht den Vorlagen, Platzierungsvereinbarungen (Erscheinungstag/Rubrik) werden nicht eingehalten, Abdruck einer anderen als der tatschlich bestellten Anzeige, Wiederholung einer stornierten Anzeige. – Unvollstndiger Abdruck: das Anzeigenmanuskript/die Vorlage ist nur in Teilen wiedergegeben.

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OLG Hamm, AfP 1991, S. 530/531. OLG Hamburg, AfP 1990, S. 50/51. BGH, AfP 2002, S. 431. AG Trier, zit. bei Wronka, S. 79 (Fn. 5); Lçffler, 2. Aufl. Bd. 1, S. 477 Rz. 50; Lçffler/Ricker, S. 412 Rz. 10 ff.; generell zur Haftung fr Druckfehler: Wenzel, S. 461 Rz. 10.204 ff.

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Rath-Glawatz 117

P Rz. 198

Fehlerhafte Anzeigenverçffentlichung

Aus dem Anzeigenvertrag (R Rz. P 91 ff.) ist der Verlag verpflichtet, das Inserat so abzudrucken und zu verbreiten, dass es der vertraglichen Vereinbarung bzw. der blichen Praxis entspricht (§ 633 Abs. 2 BGB). 198

Entspricht die Anzeigenverçffentlichung diesen Anforderungen nicht, so ist der Inserent wegen des Sachmangels berechtigt, (wahlweise) folgende Rechte geltend zu machen: – Nacherfllung (§ 635 BGB): Der Inserent kann – ohne dass es des Nachweises eines Verschuldens des Verlages bedarf – verlangen, dass der „Mangel“ in der AnzeigenVerçffentlichung „beseitigt“ wird. Dabei kann es fr eine Berichtigung ausreichend sein, dass in der Ersatzanzeige nur der fehlerhafte Teil der Vorverçffentlichung korrigiert wird. Der vollstndige Abdruck der Anzeige ist erst und nur dann notwendig, wenn der Mangel auf andere Weise nicht behoben werden kann. Ist auch der Zweitabdruck fehlerhaft, so sind die Rechte des Inserenten aus dem Nacherfllungsanspruch erschçpft. – Rcktritt (frher Wandlung)/Minderung (§ 634 Nr. 3 BGB): Bei mangelhafter Anzeigenverçffentlichung kann der Inserent, ohne dass es auf ein Verschulden ankommt, wahlweise die Anzeigengebhr mindern oder die Rckabwicklung des Vertrages (Rcktritt) verlangen. Voraussetzung ist, hnlich wie beim Verzug, dass der Anzeigenkunde dem Verlag eine angemessene Frist zur Nacherfllung (Beseitigung des Mangels) gesetzt hat und diese erfolglos verstrichen ist. Der Anspruch auf Rcktritt (Wandlung), in der Praxis im Wesentlichen nur vorstellbar in der Rckerstattung der schon verauslagten Anzeigengebhr, ist ausgeschlossen, wenn der Mangel nur unwesentlich ist (§ 323 Abs. 5 Satz 2 BGB). In diesem Fall bleibt dem Inserenten nur der Anspruch auf Krzung (Minderung). – Schadensersatz wegen Nichterfllung (§ 635 BGB): Hat der Verlag die fehlerhafte Anzeigenverçffentlichung zu vertreten, indem etwa zugesicherte Eigenschaften der Anzeige nicht erfllt wurden (z. B. Garantien bei Farbanzeigen), so kann der Inserent statt Wandlung und Minderung Schadensersatz verlangen.1 Entsteht durch die schuldhafte Verletzung von Gewhrleistungsansprchen ein ber den unmittelbaren Schaden hinausgehender Mangelfolgeschaden, so kann ihn der gem. § 280 BGB ersetztverlangen.2 Dies gilt auch insoweit, als schuldhaft vertragliche Nebenpflichten, insbesondere Obhuts- und Aufklrungspflichten, verletzt sind.3 Dies ist beispielsweise

1 Dazu insgesamt: Lçffler, BT Anz Rz. 100; Wronka, S. 87/88. 2 OLG Dsseldorf, AfP 1991, S. 620, 621/622. 3 OLG Hamm, AfP 1986, S. 54.

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118 Rath-Glawatz

Fehlerhafte Anzeigenverçffentlichung

Rz. 201 P

dann der Fall, wenn ein Verlag sog. Couponanzeigen, die zur Rcksendung an den Inserenten ausgeschnitten werden mssen, auf einer Zeitschriftenseite so platziert, dass sich auf deren Rckseite „zufllig“ Sammelbilder befinden mit der Folge, dass die Couponanzeigen mçglicherweise nicht in dem Umfang abgetrennt werden, wie dies bei anderer Platzierung zu erwarten gewesen wre. Ist dem Inserenten ein nachweisbarer Schaden entstanden, so kann dieser vom Verlag ersetzt verlangt werden.1 Gleiches gilt auch, wenn der Verlag Anzeigen abdruckt, in denen in offensichtlich wettbewerbswidriger Weise die Geschftsttigkeit eines Konkurrenten, der in dem Druckobjekt ebenfalls inseriert, abgewertet wird.2 Vertraglich, insbesondere durch die Einbeziehung Allgemeiner Geschftsbedingungen, kçnnen Gewhrleistungsansprche ausgeschlossen oder eingeschrnkt werden. Im Bereich der Tageszeitungspresse ist dies die Regel (R Rz. P 6). Verlangt bzw. erhlt der Inserent unaufgefordert einen Probeabzug und reklamiert er nicht, so sind sptere Sachmngelrgen nicht mehr mçglich.3

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In den ZAW-AGB (Ziff. 10 Abs. 4) ist festgelegt, dass Reklamationen „innerhalb von vier Wochen nach Eingang von Rechnung und Beleg“ geltend gemacht werden mssen. Diese Begrenzung gilt nach Ziff. 10 ZAW-AGB (R Rz. P 34) jedoch dann nicht, wenn es sich um einen „versteckten“ („nicht offensichtlichen“) Mangel handelt. Rgt demnach der Inserent bei einem offensichtlichen Mangel nicht innerhalb von vier Wochen, so sind Gewhrleistungsansprche ausgeschlossen. Versteckte Mngel kçnnen auch spter beanstandet werden. Es gelten dann die Verjhrungsregeln des § 634a BGB (R Rz. P 426). Soweit in Ziff. 10 ZAW-AGB fr die Fristberechnung auf „den Eingang von Rechnung und Beleg“ verwiesen wird, ist zu beachten, dass Anzeigenbelege gem. Ziff. 15 ZAW-AGB (R Rz. P 39) nur dann verschickt werden, wenn der Inserent dies wnscht. Liegt ein entsprechender Wunsch nicht vor, so ist (allein) der Rechnungseingang entscheidend.4

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Ist die Erfllung des Anzeigenauftrages infolge des Verschuldens des Verlages unmçglich geworden, so kann der Inserent entweder Schadensersatz

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Wronka, S. 97; s. a. Lambsdorff/Skora, S. 320–322 Rz. 458–460. OLG Hamm, AfP 1986, S. 52 ff. Lçffler, 2. Aufl. Bd. 1, S. 477 Rz. 48–49; Wronka, S. 92. Wronka, S. 10. Der Ausschluss der Sachmngelrge gilt aber immer nur insoweit, als der Probeabzug den Inhalt der zu verçffentlichenden Anzeige auch tatschlich wiedergibt. Genehmigt der Inserent per Probeabzug den Text der Anzeige und ist auf dem Probeabzug vermerkt, dass – wie bei allen Anzeigen des Inserenten – noch dessen Logo einzusetzen ist, so bleibt das Recht der Sachmngelrge erhalten, wenn das Logo spter nicht oder nicht richtig abgedruckt wird – OLG Dsseldorf, NJW-RR 1992, S. 822, 823.

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Rath-Glawatz 119

P Rz. 202

Fehlerhafte Anzeigenverçffentlichung

verlangen (§§ 280, 283 BGB) oder vom Vertrag zurcktreten (§ 326 Abs. 5 BGB). Ist die Unmçglichkeit weder vom Verlag noch vom Inserenten zu vertreten, so werden beide aus ihren Verpflichtungen frei (§ 326 Abs. 1 BGB). Damit sind insbesondere Schadensersatzansprche des Inserenten gegen den Verlag ausgeschlossen. Insoweit ist etwa an Produktionsausflle wegen Arbeitsniederlegungen oder aufgrund von „Smog-Verordnungen“ zu denken. 202

Die Besonderen (Zustzlichen) Geschftsbedingungen der Verlage enthalten oftmals eine Klausel, nach der „im Fall hçherer Gewalt oder bei Stçrung des Arbeitsfriedens jede Verpflichtung auf Erfllung von Auftrgen und Leistung von Schadensersatz erlischt, sofern den Verlag nicht Vorsatz oder grobe Fahrlssigkeit trifft“. Dies soll auch fr die Beschlagnahme von Presseerzeugnissen gelten. Hier wird man nicht differenzieren kçnnen, ob und inwieweit der Verlag den Anlass fr die Beschlagnahme gesetzt hat. Denn der Verlag war in jedem Fall gewillt, zu verçffentlichen. Folglich darf ihm die Beschlagnahme, jedenfalls im Verhltnis zum Anzeigenkunden, nicht zugerechnet werden.1

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Ist fr das Erscheinen der Anzeige ein bestimmtes Datum, eine bestimmte Ausgabe des Druckobjekts (z. B. Wochenendausgabe/Osterbeilage) vereinbart worden (R Rz. P 4) und erfolgt der Abdruck nicht fristgerecht, so hat der Inserent, sofern der Verlag diese Verzçgerung zu vertreten hat, folgende Wahlmçglichkeiten: – Nachtrgliche Erfllung des Anzeigenauftrags durch (verspteten) Abdruck der Anzeige (§ 286 BGB): Der Inserent muss die Anzeigengebhr bezahlen, kann jedoch einen eventuellen Versptungsschaden (geringere „Wirkung“ der Anzeige), sofern dieser auch tatschlich eingetreten und nachweisbar ist, ersetzt verlangen. Soweit der Inserent nicht bereits Vorkasse geleistet hat, ist er gem. § 320 BGB berechtigt, die Zahlung so lange zurckzuhalten, bis der (endgltige) Abdruck erfolgt ist. – Geltendmachung von Schadensersatzansprchen (§ 280 Abs. 2, § 286 BGB): Ist die Anzeige nicht rechtzeitig erschienen, so kann der Inserent Schadensersatz wegen Nichterfllung verlangen. Voraussetzung ist, dass der Anzeigenkunde zuvor dem Verlag eine angemessene Frist zum Abdruck gesetzt und zugleich erklrt hat, fr den Fall, dass die Anzeige wiederum nicht (fristgemß) verçffentlicht ist, kein Interesse mehr an dem Abdruck zu haben. Erscheint die Anzeige in der gesetzten Frist 1 Dazu insgesamt: Lçffler, BT Anz Rz. 89; Wronka, S. 93–94.

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120 Rath-Glawatz

Fehlerhafte Anzeigenverçffentlichung

Rz. 204 P

nicht, so braucht der Inserent nicht zu zahlen und kann Schadensersatz (z. B. entgangenen Gewinn) verlangen, dessen Hçhe im Einzelnen jedoch konkret zu belegen ist. Die Notwendigkeit der Fristsetzung entfllt, wenn der versptete Abdruck der Anzeige fr den Kunden sinnlos ist, z. B. das zu bewerbende Konzert bereits stattgefunden hat, bevor die zunchst nicht erschienene Anzeige nunmehr abgedruckt werden kann. – Rcktritt vom Anzeigenvertrag (§ 323 BGB): Unter den genannten Voraussetzungen, bei deren Vorliegen der Inserent Schadensersatzansprche geltend machen kann, ist er wahlweise auch berechtigt, vom Anzeigenvertrag zurckzutreten. Nimmt er dieses Rcktrittsrecht wahr, so entfllt seine Vergtungspflicht. Anderweitige (Ersatz-)Ansprche hat der Inserent nicht, da der Anzeigenauftrag als nicht zustande gekommen anzusehen ist.1 Soll die Anzeigenverçffentlichung zu einem genau bestimmten Zeitpunkt (z. B. zum 1.8. eines Jahres) oder innerhalb einer bestimmten Zeitspanne (z. B. zwischen dem 1. und 5.8. eines Jahres) erfolgen (sog. Fixgeschft) und wird diese Vorgabe nicht erfllt, so kann der Inserent, ohne dass er dem Verlag ein Verschulden an der Versptung nachzuweisen htte oder eine Nachfrist fr eine Verçffentlichung zu setzen ist, vom Vertrag zurcktreten (§ 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Dieser Rcktritt muss unverzglich erfolgen, um dem Verlag zu verdeutlichen, dass eine Erfllung des Anzeigenauftrages durch den nachtrglichen Abdruck des Inserats ausgeschlossen ist. In diesem Zusammenhang ist auch auf das Rcktrittsrecht aus § 634 Nr. 2 BGB hinzuweisen (R Rz. P 364 ff.). Insoweit ist ein Verschulden des Verlages an der Versptung ebenfalls nicht Voraussetzung fr die Ausbung des Rcktrittsrechts. Der Inserent muss jedoch eine Nachfrist setzen (§ 634 BGB i. V. m. § 635 BGB). Liegen dem Anzeigenvertrag Allgemeine Geschftsbedingungen zugrunde, so werden darin die genannten Ansprche des Inserenten z. T. eingeschrnkt bzw. modifiziert (R Rz. P 13 ff.).2 Werden die „typischen“ geschftlichen Eigenanpreisungen der Verlage im Anzeigengeschft nicht eingehalten, so stellt dies keinen Sachmangel i. S. d. § 633 BGB dar. Erst dann, wenn einzelne „Zusicherungen“ mit Blick auf die Anzeigenverçffentlichung ausdrcklich Vertragsbestandteil geworden sind, muss der Verlag bei ihrem Fehlen haften.3 Die Bestimmung dessen, was im Einzelfall als „Zusicherung“ im Rahmen des An-

1 Dazu insgesamt: Lçffler, 2. Aufl. Bd. 1, S. 476 Rz. 39 ff.; Wronka, S. 94–96. 2 Lçffler, BT Anz Rz. 92. 3 Hçrle, AfP 1977, S. 269; Hçrle/Bosten, AfP 1972, S. 287/288.

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Rath-Glawatz 121

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P Rz. 205

Fehlerhafte Anzeigenverçffentlichung

zeigenauftrags gelten soll, ergibt sich aus der jeweiligen Gestaltung des Anzeigenvertrages. Im Anzeigenvertrag wird festgelegt, welche Grçße die Anzeige haben soll. Wird diese Zusage nicht eingehalten, so liegt ein Sachmangel vor. Lediglich bei den (rubrizierten) Kleinanzeigen sind entsprechende Vereinbarungen nicht blich und auch nicht notwendig, da sich hier der Anzeigenpreis nicht nach der Abdruckhçhe (der Millimeter-Anzahl) bemisst, sondern nach der Anzahl der Zeilen bzw. der abgedruckten Worte.1 In Einzelfllen werden bestimmte Schrifttypen, Vorgaben fr den Raster bzw. das Druckverfahren ausdrcklich zugesichert. Diese Zusicherungen sind jedoch nur insoweit bedeutsam, als der Verlag auch an der Gestaltung der Anzeige (mit)beteiligt ist. Hufiger findet man Zusicherungen hinsichtlich der Qualitt von Farbanzeigen. Soweit jedoch lediglich pauschal auf die beim Verlag bliche (Druck-)Qualitt verwiesen wird, ist darin keine (gesonderte) Zusicherung zu sehen.2 Soll das Inserat nur mit einer Kennziffer verçffentlicht werden (Chiffreanzeige), so liegt darin eine Zusicherung. Gleiches gilt, wenn in dem Anzeigenauftrag ein fester Erscheinungstag fr die Anzeigenverçffentlichung genannt ist.3 Vielfach finden sich in den Anzeigenvertrgen als Zusicherung ausdrckliche Hinweise darauf, wo bzw. wie die Anzeige platziert (bzw. nicht platziert) werden soll. Zu denken ist an ein bestimmtes Umfeld wie etwa bei Textteilanzeigen oder innerhalb von bestimmten Kollektiven.4 In der Frage einer zutreffende Einordnung von Kleinanzeigen innerhalb der jeweiligen Rubrikenanordnung der Verlage drfte in der Regel keine Zusicherung liegen. Ist die Einordnung fehlerhaft erfolgt, so sind Gewhrleistungsansprche nur dann gegeben, wenn dadurch der „Wert“ der Anzeige tatschlich „aufgehoben“ oder „gemindert“ ist.5 205

Wird eine Anzeige versptet bzw. fehlerhaft abgedruckt, fehlen ihr zugesicherte (maßgebliche) Eigenschaften oder sind Aufklrungs-/Obliegenheitspflichten nicht beachtet, so kçnnen dadurch nicht nur Rechte des Inserenten, sondern u. U. auch geschtzte Rechtspositionen Dritter verletzt worden sein. Stellt beispielsweise nach den Umstnden des Einzelfalles die Verçffentlichung einer falschen Telefonnummer in einer Anzeige einen Mangel dar, so kann der Inserent seine Ansprche gegenber dem Verlag ebenso geltend machen wie derjenige, dessen Telefonnummer

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Lambsdorff/Skora, S. 316 Rz. 454. Lambsdorff/Skora, S. 316 Rz. 454; Wronka, S. 92; Hçrle, AfP 1977, S. 269. Lambsdorff/Skora, S. 317 Rz. 455. Lambsdorff/Skora, S. 319 Rz. 456; Hçrle, AfP 1977, S. 269. Lambsdorff/Skora, S. 319 Rz. 456; Hçrle, AfP 1977, S. 269.

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122 Rath-Glawatz

Fehlerhafte Anzeigenverçffentlichung

Rz. 207 P

flschlicherweise in dem Inserat abgedruckt war und der nun mçglicherweise durch zahlreiche Anrufe belstigt wird.1 Auch dann, wenn das Inserat entsprechend dem Anzeigenauftrag korrekt abgedruckt wurde, kann die Anzeigenverçffentlichung einen Eingriff in die Rechte Dritter bedeuten. Insoweit ist etwa an die Flle zu denken, in denen die abgedruckten Anzeigen den Tatbestand der Beleidigung oder Geschftsschdigung (§ 826 BGB) erfllen.2

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Ob die Anzeigenverçffentlichung im Einzelfall tatschlich Rechte Dritter verletzt, ist anhand der einschlgigen Rechtsnormen, vor allem aus dem Bereich der unerlaubten Handlungen (§§ 823 ff. BGB mit dem dort verankerten Schutz des allgemeinen Persçnlichkeitsrechts), zu prfen. Dabei muss jedoch als pressespezifische Besonderheit bercksichtigt werden, dass die Verlage nur eine eingeschrnkte Prfungspflicht trifft (R Rz. P 319 ff.). Selbst bei Anzeigen, die eventuell eine Persçnlichkeitsverletzung zur Folge haben oder eine Kreditschdigung beinhalten kçnnten, handelt der Verlag nur dann rechtswidrig, wenn er offensichtliche Mngel in der Anzeigenverçffentlichung bersieht. Hat der Verlag beispielsweise eine Todesanzeige fernmndlich (ohne Rckfrage) angenommen, so muss er mindestens eine kostenlose Berichtigungsanzeige abdrucken.3 Hat der Verlag seine Prfungspflicht erkannt und alle gebotenen Schritte eingeleitet, indem er sich etwa beim Inserenten rckversichert hat, ob die Angaben im Anzeigenmanuskript auch tatschlich zutreffend sind, bzw. fachlichen Rat eingeholt (z. B. bei einem Anwalt), so fehlt es an schuldhaftem Handeln. Der Verlag kann nicht haftbar gemacht werden. Wurde die Prfungspflicht jedoch bersehen oder nicht ordnungsgemß wahrgenommen, so kann der Verlag auf Unterlassung, Schadensersatz und ggf. Schmerzensgeld in Anspruch genommen werden. Ist der Verlag aus der Anzeigenverçffentlichung dem geschdigten Dritten gegenber haftbar, so kann aufgrund der Tatsache, dass kein Inserat dem 1 Bezogen auf einen Fall der Plakatwerbung: LG Berlin, ArchPR 1974, S. 140. Bietet der Verlag dem Betroffenen an, die Kosten fr die nderung seiner Telefonnummer zu bernehmen, und lehnt dieser ab, so trifft ihn fr den Schaden ein Mitverschulden; Gleiches gilt, wenn der Betroffene den Verlag nicht sofort ber den Fehler informiert und die „Belstigungen“ zunchst hinnimmt. Zum Schmerzensgeldanspruch bei falscher Telefonnummer in einer Kontaktanzeige: OLG Koblenz, AfP 1989, S. 753 ff. 2 S. dazu: OLG Stuttgart, ArchPR 1977, S. 77 (in der streitgegenstndlichen Anzeige wurden Personen gesucht, die von den Leistungen eines bestimmten Unternehmens enttuscht waren). Beleidigend kçnnen u. U. auch Anzeigen sein, in denen jemand bekannt gibt, er komme fr Schulden Dritter nicht auf; s. a. LG Oldenburg, AfP 1986, S. 83; LG Oldenburg, AfP 1983, S. 418. 3 OLG Koblenz, ArchPR 1967, S. 77 (einen Schmerzensgeldanspruch hat das Gericht verneint).

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Rath-Glawatz 123

207

P Rz. 208

Fehlerhafte Anzeigenverçffentlichung

anderen gleicht, die Schadensfeststellung ebenso wie die Bestimmung der Hçhe des Schadensausgleichs jeweils nur in Anbetracht der Umstnde des Einzelfalls erfolgen. Entscheidend ist dabei, welchen Wirkungsgrad die fehlerhafte Anzeigenverçffentlichung hatte. In diesem Zusammenhang ist es von erheblicher Bedeutung, ob das Druckobjekt ein „enges“ Verbreitungsgebiet hat, so dass die Rechtsverletzung deutlicher sprbar ist, oder ob bei einem eher weitlufigen Vertriebsgebiet geringere Auswirkungen eintreten. Weiter ist die Auflagenhçhe des Druckobjekts ebenso in die Bewertung mit einzubeziehen wie der Umstand, ob das in Frage stehende Inserat selbst auffllig gestaltet/platziert war und sich so von den anderen Annoncen abhob, oder ob sich die Annonce beispielsweise im (rubrizierten) Kleinanzeigenteil befand mit der Folge, dass sie berhaupt erst bei systematischem, intensivem Durchlesen zur Kenntnis genommen werden konnte. 208

Hat die Anzeige aufgrund des vom Inserenten zu verantwortenden Inhalts oder wegen eines Abdruckfehlers des Verlages einen wettbewerbswidrigen Inhalt, so ist der Verlag Dritten gegenber wiederum nur dann selbst verantwortlich, wenn der wettbewerbsrechtliche Mangel der Anzeige offensichtlich war. Hinzu kommt, dass der Verlag im Fall der Verbreitung von wettbewerbswidrigen Anzeigen i. S. d. § 3 UWG nur dann schadensersatzpflichtig ist, wenn er diese Anzeigen in Kenntnis ihrer Wettbewerbswidrigkeit vorstzlich verbreitet hat (§ 9 Satz 2 UWG). Eine Anwendbarkeit der Vorschriften des Produkthaftungsgesetzes auf Anzeigenverçffentlichungen ist nicht erkennbar. Soweit bei (Druck-)Fehlern in Printerzeugnissen in Ausnahmefllen berhaupt eine Anwendung dieses Gesetzes mçglich erscheint (z. B. wird in einem Buch ber Autoreparaturen eine fehlerhafte Anweisung fr Bremsreparaturen abgedruckt und es kommt deswegen zu einem Unfall),1 wird man Druckfehler in Inseraten nicht dazu zhlen kçnnen: Anzeigen weisen lediglich auf Produkte hin, whrend sich das Produkthaftungsgesetz auf Schden aus dem Gebrauch des Produkts selbst bezieht. Eine Haftung der Verlage gegenber den Lesern, die auf Grund einer (korrekten) Anzeige ein fehlerhaftes Produkt kaufen, scheidet ebenfalls aus. Denn das schadensstiftende Ereignis liegt urschlich in dem fehlerhaften Produkt begrndet, das der Betroffene aus eigenem Entschluss, wenn auch durch die Anzeige motiviert, erworben hat. Es hieße den Normzweck des Produkthaftungsgesetzes zu berspannen, nicht nur denjenigen (verschuldensunabhngig) fr Produktfehler haftbar zu machen, der das Produkt hergestellt hat, sondern auch denjenigen, der geholfen hat, das Produkt an den Kunden zu vermitteln.2

1 Allgemein dazu: Ricker/Mller-Malm, AfP 1989, S. 505, 507–509. 2 Dazu: Lçffler/Ricker, S. 401 Rz. 7; Berger-Delhey, BB 1990, S. 1501, 1503/1504.

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124 Rath-Glawatz

Fllanzeigen

Rz. 210 P

Fllanzeigen Der Abdruck von (Fll-)Anzeigen, denen kein Anzeigenauftrag zugrunde liegt, ist generell wettbewerbswidrig.1 Dies wird bereinstimmend damit begrndet, der interessierte, potenzielle Werbetreibende msse darauf vertrauen kçnnen und drfen, dass die abgedruckten Anzeigen gerade deswegen in dem jeweiligen Verlagserzeugnis verçffentlicht worden sind, weil die Inserenten diesen Werbetrger wegen seiner Attraktivitt vor anderen bevorzugten. Indem die Verlage Anzeigen ohne Auftrag abdrucken, werde der insertionswillige/interessierte Leser ber die Bedeutung und das Ansehen des Druckobjekts irregefhrt. Dies sei als Verstoß gegen § 5 UWG wettbewerbswidrig.2 Zugleich soll die Verçffentlichung von Fllanzeigen einen Verstoß gegen die Standesauffassung der Zeitungs- und Zeitschriftenverleger darstellen, so dass sich die Unzulssigkeit dieses Verhaltens auch aus § 3 UWG ergibt.3

209

Der Abdruck von „Fllanzeigen“ ist dann als rechtmßig anzusehen, wenn fr den eigenen Geschftsbetrieb des jeweiligen Verlagsunternehmens geworben wird (Eigenanzeigen). Dem unzulssigen Abdruck von Fllanzeigen kçnnen unterschiedliche Fallgestaltungen zugrunde liegen: – Eine bereits verçffentlichte Anzeige aus einem eigenen oder fremden Druckobjekt wird, ohne dass ein entsprechender Auftrag dazu vorliegt, noch einmal abgedruckt. Dies ist als eindeutiger wettbewerbsrechtlicher Verstoß zu werten.4 – Ebenso wettbewerbswidrig ist es, wenn ein Verlag Anzeigen (zumeist renommierter Firmen) erfindet und diese fingierten Inserate verçffentlicht.5 – Stellt der Verlag beim Anzeigenabschluss in Aussicht, die Anzeige werde, sofern Platz vorhanden, ohne zustzliche Kosten auch in anderen (verlagseigenen) Druckobjekten erscheinen, so liegt einer eventuellen

1 BGH, AfP 1997, S. 631 (sofern dies nicht nur vereinzelt geschieht); Metzler, AfP 1960, S. 129 ff.); Kbler, AfP 1988, S. 311, 313; Soehring, Rz. 3.32 ff.; Lçffler, BT Anz Rz. 85 m. w. N. auf die Rtspr.; Ahrens, § 74 Rz. 162 m. w. N. auf die Rtspr. 2 OLG Frankfurt, AfP 1988, S. 365, 367–368: das Gericht erklrt zu Recht, dass es unerheblich sei, ob es sich bei den Fllanzeigen um „Inserate“ bekannter oder unbekannter Firmen handelt; s. a. LG Gçttingen, ArchPR 1969, S. 105; LG Tbingen, ArchPR 1967, S. 85; Lçffler/Ricker, S. 522 Rz. 8. 3 LG Ulm, ArchPR 1966, S. 76; LG Kçln, ArchPR 1967, S. 83/84. 4 LG Tbingen, ArchPR 1967, S. 85/86; LG Giessen, ArchPR 1959, S. 49. 5 OLG Kçln, AfP 1981, S. 413 – danach soll dies selbst dann gelten, wenn die fingierten Anzeigen von einem selbstndigen Handelsvertreter dem Verlag in betrgerischer Absicht bermittelt werden.

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Rath-Glawatz 125

210

P Rz. 211

Fllanzeigen

(Zweit-)Verçffentlichung keine bindende Abdruckverpflichtung zugrunde. Sie muss als unzulssige Fllanzeige eingestuft werden.1 – Einen Verstoß gegen das UWG stellt es schließlich dar, wenn eine Anzeige, obwohl ihr nur der Auftrag zum einmaligen Abdruck zugrunde liegt, in dem betreffenden Druckobjekt gleich mehrfach abgedruckt wird. Die Wettbewerbswidrigkeit entfllt auch nicht dadurch, dass der Verlag den Anzeigentext sprachlich unterschiedlich fasst. Denn der Insertionsauftrag bezieht sich allein auf den einmaligen, nicht den wiederholten Abdruck des Inserats.2 – Verçffentlicht ein Anzeigenblatt redaktionelle Berichte (R Rz. P 370), in denen ein Produkt oder eine Dienstleistung werblich in besonderer Weise lobend herausgestellt wird, und sind diese redaktionellen Berichte dann mit dem Begriff „Anzeige“ gekennzeichnet, ohne dass der Verlag fr diese Verçffentlichungen ein Entgelt erhlt,3 so sind diese redaktionell gestalteten Anzeigen zugleich auch unter dem Gesichtspunkt des unzulssigen Abdrucks von Fllanzeigen wettbewerbswidrig. Denn es wird der irrefhrende Eindruck erweckt, es gbe fr diese redaktionell gestalteten Anzeigen einen Anzeigenauftrag.4 211

Verçffentlicht ein Verlag bereits anderweitig erschienene (Stellen-)Anzeigen nach „redaktioneller berarbeitung“ in seinem eigenen Druckobjekt, so geschieht auch dies – hnlich wie beim Abdruck von Fllanzeigen –, um die Attraktivitt der eigenen Publikation zu steigern. Die Rechtsprechung hat ein derartiges Verhalten allerdings nicht unter dem Aspekt der Tuschung durch Fllanzeigen, sondern unter dem Stichwort der „anlehnenden Werbung“ (Rufausbeutung) fr wettbewerbswidrig angesehen.5 Nicht gefolgt werden kann Stimmen in der Rechtsprechung, die darauf abstellen, dass eine rechtlich erhebliche Irrefhrung beim Abdruck von Fllanzeigen nur dann gegeben sei, wenn die abgedruckten Inserate „einen ins Gewicht fallenden Prozentsatz aller abgedruckten Anzeigen erreichen“.6 Dem ist entgegenzuhalten, dass die konkurrierenden Verlage ebenso wenig wie die getuschten Leser/Inserenten dem einzelnen Inserat „ansehen“ kçnnen, ob ihm ein Anzeigenauftrag zugrunde liegt oder nicht. Außerdem sind die Verlage untereinander nicht auskunftspflichtig, 1 LG Gçttingen, ArchPR 1969, S. 105; LG Kçln, ArchPR 1967, S. 83; s. a. LG Hagen, ArchPR 1945–56, S. 36 (kostenloses Mitlaufenlassen von Anzeigen aus der Hauptausgabe in Bezirksausgaben). 2 OLG Dsseldorf, AfP 1988, S. 186 (Leitsatz). 3 Die Kennzeichnung mit dem Begriff „Anzeige“ ist in diesem Fall unzulssig – KG, AfP 1995, S. 656. 4 OLG Mnchen, AfP 1992, S. 286–287; LG Leipzig, Urteil v. 15.11.2002 (Az. 01HK O 6481/02); Lçffler/Ricker, S. 108 Rz. 8 (m. N. a. die Rtspr.). 5 OLG Kçln, AfP 1987, S. 600 ff. 6 OLG Dsseldorf, WRP 1988, S. 307; in diesem Sinn auch: BGH, AfP 1997, S. 631, 632.

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126 Rath-Glawatz

Gegendarstellungen/Anzeigen

Rz. 212 P

ob fr ein bestimmtes Inserat ein Auftrag besteht.1 Der wettbewerbsrechtlich unzulssige Abdruck von Fllanzeigen wird nur dann offenbar, wenn der vermeintliche Inserent von dem Vorgang Kenntnis erhlt und sich dann an Dritte, z. B. einen konkurrierenden Verlag, wendet. Wrde man verlangen, dass Fllanzeigen „gehuft“ auftreten mssen, um wettbewerbsrechtlich angreifbar zu sein, so kçnnte der Abdruck einzelner Fllanzeigen praktisch nicht mehr unterbunden werden.2 Folglich ist daran festzuhalten, dass bereits der einmalige Abdruck einer Fllanzeige wettbewerbswidrig ist.3

Gegendarstellungen/Anzeigen Das Recht der Gegendarstellung gegenber Anzeigenverçffentlichungen ist in den einzelnen Landespressegesetzen unterschiedlich geregelt. In den Lndern Baden-Wrttemberg, Berlin, Bremen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Thringen, Brandenburg und Sachsen-Anhalt sind Gegendarstellungen nur zulssig gegenber Anzeigen, die nicht „ausschließlich dem geschftlichen Verkehr dienen“. Dabei muss in Baden-Wrttemberg, Nordrhein-Westfalen, im Saarland, in Sachsen, Thringen und Brandenburg der Abdruck der Gegendarstellung zur vorverçffentlichten Anzeige kostenfrei erfolgen, whrend in Berlin, Bremen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und SachsenAnhalt die blichen Anzeigenpreise zu zahlen sind. Die Pressegesetze der Lnder Hamburg und Schleswig-Holstein ußern sich nur indirekt, indem festgelegt ist, dass der Abdruck von Gegendarstellungen gegen Anzeigen – die nicht nher eingegrenzt werden – generell kostenpflichtig ist.

1 Zur Frage eines Auskunftsverlangens fr den Fall, dass der Verlag bereits eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklrung abgegeben hat, keine Fllanzeigen mehr zu verçffentlichen: OLG Hamm, AfP 1988, S. 152–153. 2 Auf diesen Aspekt wird in der Entscheidung des LG Gçttingen (ArchPR 1969, S. 105) verwiesen. 3 So ausdrcklich: OLG Karlsruhe, ArchPR 1969, S. 104–105; dazu auch Metzler, AfP 1960, S. 129–130. In diesem Sinn hlt auch das KG (WRP 1978, S. 819 ff.) die Verçffentlichung von Fllanzeigen in „Null-Nummern“ von geplanten Druckschriften wegen der Tuschung der potenziellen Anzeigenkunden fr unzulssig. Wettbewerbswidrig verhlt sich ein Verlag auch dann, wenn in einem Offertenblatt auf der Titelseite eine Anzeigenrubrikenbersicht abgedruckt ist, unter einzelnen der dort erwhnten Rubriken jedoch in der fraglichen Ausgabe keine Anzeigen abgedruckt sind. Denn durch die unzutreffende Rubrikenbersicht wird der potenzielle Kufer ber das in Wirklichkeit nicht so große Angebot an Anzeigen getuscht. Dazu: LG Kçln, Beschluss v. 20.10.1983 – Az. 84 O 191/83.

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Rath-Glawatz 127

212

P Rz. 213

Gegendarstellungen/Anzeigen

Die Landespressegesetze von Bayern, Hessen und Mecklenburg-Vorpommern enthalten berhaupt keine spezielle Regelung bezglich des Rechts der Gegendarstellung gegenber Anzeigenverçffentlichungen.1 213

Aus der Systematik dieser gesetzlichen Bestimmungen lassen sich folgende Schlussfolgerungen ziehen: – Soweit in den Landespressegesetzen die Gegendarstellung gegen Anzeigen nicht ausdrcklich ausgeschlossen ist, sind Gegendarstellungen sowohl gegen Anzeigen mit Wirtschaftswerbung (Geschftsanzeigen) wie gegen Anzeigen, die „nicht ausschließlich dem geschftlichen Verkehr dienen“ (Anzeigen mit meinungsbildendem Inhalt), zulssig. Diese Regelung betrifft die Lnder Bayern, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein. – Begrenzen die Landespressegesetze die Gegendarstellung auf Anzeigen, die „nicht ausschließlich dem geschftlichen Verkehr dienen“, bleibt ein Gegendarstellungsrecht gegenber Geschftsanzeigen ausgeschlossen. Diese Regelung trifft alle brigen Bundeslnder.2

214

Soweit Gegendarstellungen gegen Geschftsanzeigen ausgeschlossen sind, soll dies verfassungsrechtlich bedenklich sein.3 Mit Blick darauf, dass auch Geschftsanzeigen einen hohen Informationswert haben, msse generell in allen Bundeslndern auch bei diesen Anzeigen ein Gegendarstellungsrecht gegeben sein. Eine derartige Regelung wre medienpolitisch sicherlich zu begrßen. Gerade aber die neuere, klar differenzierende Gesetzgebung in den Landespressegesetzen (sowie die entsprechende neue Gesetzgebung im Rundfunkbereich) macht deutlich, dass eine einheitliche Regelung in allen Bundeslndern gerade nicht gewollt ist.4 Die so bestehende Ungleichbehandlung5 ist auch nicht so gravierend, dass in den Bundeslndern, deren Landespressegesetze die Gegendarstellung gegen Anzeigen mit Wirtschaftswerbung ausschließen, ein unmittelbarer Anspruch aus Art. 5 GG abgeleitet werden kçnnte. Eine andere Anspruchsgrundlage, die in diesen Fllen ein Gegendarstellungsrecht begrnden kçnnte, ist nicht ersichtlich.

215

Die nach einigen Landespressegesetzen notwendige Abgrenzung zwischen Anzeigen, die „ausschließlich“ bzw. „nicht ausschließlich“ dem geschftlichen Verkehr dienen, kann zu Schwierigkeiten fhren. Unbestreitbar sind alle privaten Anzeigen den Inseraten zuzurechnen, die 1 Dazu die bersicht bei Lçffler/Ricker, S. 176 Rz. 4 ff.; Groß, AfP 2003, S. 497, 502. 2 Im Ergebnis ebenso: Wenzel, § 11 Rz. 65 ff. 3 Lçffler/Ricker, S. 170 Rz. 4, 5; Seitz/Schmidt/Schoener, S. 110, Rz. 286. 4 Darauf wird von Wenzel (§ 11 Rz. 65, 66) hingewiesen. 5 So ausdrcklich Lçffler/Ricker, S. 170 Rz. 7.

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128 Rath-Glawatz

Gegendarstellungen/Anzeigen

Rz. 218 P

„nicht ausschließlich dem geschftlichen Verkehr dienen“.1 Entsprechend einer Formulierung des Bundesverfassungsgerichts wird man außerdem Anzeigen, die einen „Beitrag zur çffentlichen Meinungsbildung enthalten“, ebenfalls noch als Inserate ansehen mssen, die „nicht ausschließlich dem geschftlichen Verkehr dienen“.2 Enthlt das Inserat eines Werbetreibenden dagegen „nur“ eine bestimmte Werbebotschaft (Anpreisung von Produkten oder Dienstleistungen), so dient die Anzeige „ausschließlich“ geschftlichen Zwecken. Soweit Landespressegesetze hinsichtlich des Abdrucks von Gegendarstellungen gegenber Anzeigen Kostenfreiheit vorsehen, sind die Verlage nicht gehindert, sich von dem Auftraggeber der vorverçffentlichten Anzeige eine Freistellungserklrung geben zu lassen, nach der der Anzeigenkunde fr die Kosten einer Verçffentlichung einer etwaigen Gegendarstellung einsteht. Denn eine entsprechende Vereinbarung lsst die Gegendarstellung selbst weiterhin kostenfrei, verlagert das Kostenrisiko jedoch vom Verlag auf den Anzeigenkunden als den eigentlichen „Verursacher“.3 Teilweise finden sich auch in den Besonderen Geschftsbedingungen der Verlage Bestimmungen, die eine entsprechende Kostentragungspflicht des Inserenten begrnden.

216

Besonders gegendarstellungs-„trchtig“ sind Wahlkampfanzeigen, so dass sich insoweit stets der Abschluss einer entsprechenden Freistellungsvereinbarung empfiehlt. Ist der Abschluss einer solchen Vereinbarung unterblieben, weil man beispielsweise eine Anzeige als nicht „gegendarstellungsgefhrdet“ angesehen hat, und muss der Verlag entsprechend der landesgesetzlichen Regelung die Gegendarstellung kostenfrei abdrucken, so kann er diesen Einnahmeverlust vom Inserenten erstattet verlangen.

217

Gegendarstellungen gegen Anzeigen unterliegen ebenso wie Gegendarstellungen gegenber redaktionellen Verçffentlichungen einer Vielzahl sehr formeller, sich aus den Landespressegesetzen ergebender, Einzelvorschriften. Dieser Teil des Gegendarstellungsrechts hat sich zu einer Spezialmaterie entwickelt. Dazu lassen sich folgende grundstzliche Anmerkungen machen:

218

– Form der Gegendarstellung: Das Gegendarstellungsbegehren muss von dem durch die Anzeigenverçffentlichung „Betroffenen“ stammen und von ihm persçnlich (nicht etwa von dessen Anwalt) unterzeichnet sein. Das Gegendarstellungsverlangen muss unverzglich, d. h. in der 1 Bezogen auf den Rechtszustand vor Verabschiedung der LPG: OLG Koblenz, ArchPR 1967, S. 77. 2 BVerfG, AfP 1983, S. 387. 3 Eine entsprechende Freistellungserklrung kçnnte folgenden Wortlaut haben: „Der Inserent verpflichtet sich, entsprechend dem gltigen Anzeigentarif die Kosten einer Gegendarstellung, die sich auf seine verçffentlichte Anzeige bezieht, an den Verlag zu erstatten.“

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Rath-Glawatz 129

P Rz. 218

Gegendarstellungen/Anzeigen

Regel innerhalb von 14 Tagen nach dem Abdruck der Anzeige, beim Verlag eingehen. Hat der Betroffene erst spter Kenntnis von der Anzeige erhalten, so muss das Gegendarstellungsbegehren sptestens innerhalb von drei Monaten nach deren Erscheinen geltend gemacht werden. – Inhalt der Gegendarstellung: Gegendarstellungsfhig sind ausschließlich Tatsachenbehauptungen, nicht jedoch Meinungsußerungen. Dabei muss die Tatsachenbehauptung in dem Gegendarstellungsbegehren mit der Tatsachenbehauptung in der Anzeige so korrespondieren, dass die Vorverçffentlichung dementiert wird. Darber hinausgehende ergnzende Hinweise sind nur zulssig, soweit dies zum Verstndnis des Dementi notwendig ist. Die Gegendarstellung darf außerdem nicht lnger als die Vorverçffentlichung sein und keinen strafbaren Inhalt haben. Gegendarstellungen brauchen nicht abgedruckt zu werden, wenn sie offensichtlich unrichtig sind. – Adressat der Gegendarstellung: Das Abdruckverlangen muss sich an den Verleger (ausreichend auch die Bezeichnung des Verlages) oder den „fr den Anzeigenteil Verantwortlichen“ (R Rz. P 409 ff.) richten. Ein Gegendarstellungsbegehren gegen den fr das abgedruckte Inserat zustndigen Sachbearbeiter im Verlag, der nicht zugleich „verantwortlicher Anzeigenredakteur“ ist, gengt den gesetzlichen Erfordernissen nicht. Auch bei Anzeigen, die „nicht ausschließlich dem geschftlichen Verkehr dienen“, bleibt der „Verantwortliche fr den Anzeigenteil“ Adressat des Gegendarstellungsverlangens. Gegen den Redakteur, der im redaktionellen Teil fr die in der Anzeige genannten Themen zustndig ist, kann der Anspruch auf Abdruck nicht geltend gemacht werden.1 Ist das Gegendarstellungsbegehren formell ordnungsgemß geltend gemacht, so muss der Verlag dem Abdruckverlangen entsprechen. Folglich kann der Inserent, der u. U. aufgrund vertraglicher Vereinbarung oder vertraglicher Nebenpflichten gehalten ist, die Kosten des Abdrucks der Gegendarstellung zu bernehmen, den Verlag nicht verpflichten, den Abdruck erst dann vorzunehmen, wenn auch seine Zustimmung als „betroffener“ Anzeigenkunde vorliegt. Die Entscheidung, ob dem Gegendarstellungsverlangen gegen eine Anzeigenverçffentlichung entsprochen oder aber ein gerichtliches Verfahren in Kauf genommen wird, liegt ausschließlich beim Verlag. Wird eine redaktionell gestaltete Anzeige wie eine Gegendarstellung aufgemacht, so ist dies grundstzlich zulssig. Das Inserat muss dann jedoch, um jede Irrefhrung des „flchtigen Lesers“ zu vermeiden, hinreichend deutlich als „Anzeige“ gekennzeichnet werden.2 1 OLG Karlsruhe, AfP 1981, S. 364. 2 LG Koblenz, AfP 1993, S. 596, 597.

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130 Rath-Glawatz

Gerichtsstand

Rz. 221 P

Gerichtsstand Fr Klagen der Verlage gegen die Inserenten, der Anzeigenkunden gegen die Verlage oder von Dritten gegen die Verlage und/oder Inserenten stellt sich die Frage der çrtlichen und sachlichen Zustndigkeit der Gerichte (Gerichtsstand). Maßgebend sind zunchst die allgemeinen Regelungen der ZPO (und StPO).

219

Fr Klagen im Zivilprozess ist bei natrlichen Personen deren Wohnsitz (§ 13 ZPO), bei juristischen Personen deren (Firmen-)Sitz (§ 17 ZPO) ausschlaggebend. Daneben bestehen noch besondere Regelungen, etwa der Gerichtsstand des Erfllungsortes (§ 29 ZPO) sowie der der unerlaubten Handlung (§ 32 ZPO).

220

Ergnzend dazu ist auf die Bestimmungen in Ziff. 20 ZAW-AGB (R Rz. P 44) zu verweisen: Nach Ziff. 20 Abs. 1 ZAW-AGB ist „der Sitz des Verlages“ auch „Erfllungsort“ fr die Verpflichtungen aus dem Anzeigenvertrag. Diese Festlegung beinhaltet zugleich eine Gerichtsstandsvereinbarung i. S. d. § 29 Abs. 2 ZPO.1 Dementsprechend ist in Ziff. 20 Abs. 2 Satz 1 ZAW-AGB festgehalten, dass „im Geschftsverkehr mit Kaufleuten, juristischen Personen des çffentlichen Rechts oder bei çffentlich-rechtlichem Sachvermçgen“ der Gerichtsstand „der Sitz des Verlages“ ist. Die Gerichte haben schon frh deutlich gemacht, dass Kaufleute diese Gerichtsstandsvereinbarungen angesichts der weiten Verbreitung der ZAW-AGB auch ohne deren konkrete Kenntnis gegen sich gelten lassen mssen.2 Bezogen auf Nichtkaufleute stellt Abs. 2 Satz 2 der Ziff. 20 ZAW-AGB klar, dass es bei der gesetzlichen Regelung bleibt, nach der der Wohnsitz den Gerichtsstand bildet (§ 13 ZPO). Zugleich wird auf die Regelung des § 689 Abs. 2 ZPO verwiesen: das Mahnverfahren muss (auch) gegenber Nichtkaufleuten stets am Sitz des Verlages eingeleitet werden (um bei Widerspruch des Antragsgegners dann an das Gericht verwiesen zu werden, an dem der Schuldner seinen Wohnsitz hat). Bei Wettbewerbsverstçßen in Druckschriften ist der sog. „fliegende Gerichtsstand“ von besonderer Bedeutung. Da gem. § 14 Abs. 2 UWG (analog zu § 32 ZPO) ein Gerichtsstand stets dort gegeben ist, wo die wettbewerbswidrige Handlung „begangen“ wurde, kann z. B. derjenige, der 1 Bezogen auf die alte Fassung der Ziff. 20 ZAW-AGB: Wronka, S. 149. Die Ansicht des LG Karlsruhe (JZ 1989, S. 690–695), dass derartige Klauseln wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG unwirksam sind, sofern in den AGB der Gerichtsstand zum Nachteil des Schuldners abgendert wird, stellt eine Einzelmeinung dar – s. Anmerkung Wolf, JZ 1989, S. 695/696. 2 AG Augsburg, ArchPR 1967, S. 80; AG Tbingen, ArchPR 1960, S. 40/41; AG Wuppertal, ArchPR 1957, S. 30.

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Rath-Glawatz 131

221

P Rz. 222

Gerichtsstand

gegen eine wettbewerbsrechtlich unzulssige Anzeigenverçffentlichung vorgehen will, grundstzlich jedes Gericht anrufen, in dessen Bezirk die Druckschrift verbreitet wurde. Denn die Tathandlung, die Verçffentlichung des wettbewerbswidrigen Inserats, erfolgt berall dort, wo auch das Druckobjekt als „Anzeigentrger“ erscheint.1 Umstritten ist jedoch, ob es zur Begrndung des „fliegenden Gerichtsstandes“ ausreicht, wenn das Druckobjekt nur deshalb in den („angerufenen“) Gerichtsbezirk gelangt ist, weil der Betroffene es selbst angefordert hat, oder wenn es dort („bestimmungsgemß“) nur in geringer Stckzahl verbreitet wird. Mit der inzwischen h. M. ist darauf abzustellen, dass der „fliegende Gerichtsstand“ nur dort gegeben ist, wo die (wettbewerbswidrige) „Werbeanzeige geeignet war, den Wettbewerb zugunsten des Inserenten“ auch tatschlich zu beeinflussen.2 Danach ist, etwa bei einer Regionalzeitung, der „fliegende Gerichtsstand“ berall dort gegeben, wo diese Zeitung auch „flchendeckend“ verbreitet ist. In angrenzenden Gebieten wird der Gerichtsstand allenfalls dann gegeben sein, wenn die Anzeige „aufgrund ihrer Ausgestaltung“ und wegen „der Art und Attraktivitt“ des von ihr vermittelten Angebots auch dort noch sprbare Werbewirkung entfaltet. Dies ist beispielsweise fr Kleinanzeigen generell zu verneinen.3 Folglich reicht es zur Begrndung des „fliegenden Gerichtsstandes“ nicht aus, wenn im angerufenen Gerichtsbezirk lediglich der Betroffene die Druckschrift bezieht bzw. angefordert hat.4 Ebenso wenig gengt eine Verbreitung in „geringer Stckzahl“, sofern nicht das wettbewerbswidrige Inserat besonders „ins Auge springt“ und so trotz schwacher Verbreitung des Drucktrgers noch von einem mçglichen Verletzungserfolg gesprochen werden kann.5 222

Ist eine Anzeige Streitgegenstand, die in einer Internetausgabe eines Printobjekts verçffentlicht wurde, so sind alle Gerichte an den Orten zustndig, an denen die elektronischen Inserate „dritten Personen bestimmungsgemß zur Kenntnis gebracht“ werden und „keine bloß zufllige

1 Allgemein dazu: Baumbach/Hefermehl, § 14 Rz. 15; Harte/Henning, § 14 Rz. 55; Fezer, § 14 Rz. 24. 2 Grundlegend mit Nachweisen auf den Meinungsstand: OLG Mnchen, AfP 1986, S. 143/144; s. a. OLG Kçln, WRP 1988, S. 260/261; OLG Frankfurt, GRUR 1989, S. 136; v. Maltzahn, GRUR 1983, S. 711 ff.; Baumbach/Hefermehl, § 14 Rz. 15; Harte/Henning, § 14 Rz. 56. Das KG hlt daran fest, dass es auf die Frage, ob die betreffende Werbung auch geeignet ist, den Wettbewerb in dem çrtlichen Bereich zu beeinflussen, nicht ankommen soll – zuletzt: AfP 1993, S. 747/748 – dagegen bereits: Stapenhorst, GRUR 1989, S. 176 ff. 3 S. OLG Mnchen, AfP 1986, S. 144. 4 OLG Kçln, AfP 1988, S. 146; OLG Stuttgart, AfP 1986, S. 346. 5 So hlt beispielsweise das OLG Karlsruhe eine Verbreitung von 30–40 (Abo-) Exemplaren nicht fr ausreichend (GRUR 1985, S. 556).

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132 Rath-Glawatz

Haftung fr Fehler bei der Anzeigenverçffentlichung

Rz. 224 P

Kenntnisnahme vorliegt“.1 Zudem wird davon auszugehen sein, dass die ber das Internet verbreiteten Inserate aus Printerzeugnissen geeignet sein mssen, den Wettbewerb im Bezirk des angerufenen Gerichts zu beeinflussen.2 Wirbt ein regional operierender Printverlag fr Anzeigenschaltungen in seinen lokal/regionalen Objekten im Internet, so ist diese Internetwerbung auch an Orten außerhalb des Printverbreitungsgebietes von Gewicht, sofern es um die Akquisition von Anzeigen geht, die „von außen“ herangeholt werden sollen (z. B: Markenartikelwerbung, Werbung von potenziellen Kunden, die außerhalb des Verbreitungsgebietes ihren Geschftssitz haben usw.). Ist durch die Anzeigenverçffentlichung ein Straftatbestand verwirklicht, so ist gem. § 7 Abs. 2 StPO das Gericht zustndig, „in dessen Bezirk die Druckschrift erschienen ist“. Insoweit existiert kein „fliegender Gerichtsstand“. Als Erscheinungsort wird in diesem Zusammenhang der Sitz des Verlages anzunehmen sein. Dies gilt selbst dann, wenn Verlagsort und Druckort verschieden sind. Maßgeblich drfte sein, dass das Gericht strafrechtlich zustndig ist, in dessen Bezirk sich die verlegerischen und verlagskaufmnnischen Aktivitten konzentrieren.3

Haftung fr Fehler bei der Anzeigenverçffentlichung Ist die Anzeigenverçffentlichung fehlerhaft/rechtlich unzulssig, so gilt grundstzlich Folgendes:

223

– Strafrechtlicher Bereich (R Rz. P 438 ff.):

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Im Bereich des allgemeinen sowie des pressespezifischen Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts sowie sonstiger einschlgiger Rechtsvorschriften (z. B. Jugendschutzgesetz4) gelten hinsichtlich der Verantwortlichkeit von Inserent und Verlag folgende Grundstze: – Inserent: Ist durch die Anzeigenverçffentlichung ein Straftatbestand bzw. eine Ordnungswidrigkeit erfllt, so hat sich der Inserent bei rechtswidrigem und schuldhaftem Verhalten strafbar gemacht; daran kann es z. B. fehlen, wenn dem Inserenten Rechtfertigungsgrnde zur Seite stehen (z. B. § 193 StGB) oder die Fehlerhaftigkeit der Annonce vom Verlag (mit) zu verantworten ist. 1 Baumbach/Hefermehl, § 14 Rz. 16. 2 Harte/Henning, § 14 Rz. 64; Fezer, § 14 Rz. 25, 26. 3 In diesem Sinn (bezogen auf das Impressum): OLG Dsseldorf, WRP 1988, S. 245, und AfP 1988, S. 48. 4 Dazu: Lçffler/Ricker, S. 516 Rz. 1 ff.

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Rath-Glawatz 133

P Rz. 225

Haftung fr Fehler bei der Anzeigenverçffentlichung

– Verlag: Bei Eigenanzeigen ist der Verlag in gleichem Umfang verantwortlich wie jeder andere Inserent auch. Beim Abdruck von Fremdanzeigen, die einen Straftatbestand bzw. eine Ordnungswidrigkeit erfllen, muss unterschieden werden, ob dem Verlag eine Prfungspflicht oblag oder nicht. Bestand diese nicht, so hat der Verlag nicht rechtswidrig gehandelt und sich somit auch nicht strafbar gemacht. Hat der Verlag die im Einzelfall ausnahmsweise gegebene Prfungspflicht bersehen oder falsch ausgebt, so liegt ein rechtswidriges Verhalten vor. War das Verhalten des Verlages darber hinaus auch schuldhaft, so hat er sich strafbar gemacht. In diesen Fllen ist dann weiter zu prfen, inwieweit jeweils der verantwortliche (Anzeigen-)Redakteur und/oder der Verleger verantwortlich sind. 225

– Zivilrechtlicher Bereich Hier ist zu unterscheiden, inwieweit sich die geltend gemachten Ansprche auf das BGB oder das UWG sttzen:

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– Ansprche aus BGB: – Ansprche des Anzeigenkunden gegen den Verlag: Diese kçnnen sich aus dem Anzeigenvertrag und aus gesetzlichen Anspruchsgrundlagen (Gewhrleistung, Verzug, Unmçglichkeit, unerlaubte Handlungen) und sonstigen Ansprchen (z. B. pos. Vertragsverletzung/Pflichtverletzungen nach § 280 BGB) ergeben. In bestimmten Fllen sind Haftungsbeschrnkungen aufgrund von Vorschriften in den Allgemeinen Geschftsbedingungen der Verlage gegeben. – Ansprche Dritter gegenber Anzeigenkunden:

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Anspruchsgrundlage bildet das Recht der unerlaubten Handlungen, § 823 ff. BGB; ist der haftungsbegrndende Fehler nicht vom Inserenten veranlasst, sondern von dem Verlag zu vertreten, so haftet der Inserent nur unter den Voraussetzungen des § 831 BGB. – Ansprche Dritter gegenber dem Verlag:

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Bei Eigenanzeigen haftet der Verlag wie jeder Inserent. Beim Abdruck von Fremdanzeigen ist der Verlag aus § 823 ff. BGB nur dann haftbar, wenn ihn fr die jeweilige Anzeige eine Prfungspflicht trifft und diese schuldhaft verletzt wurde. 229

– Ansprche aus dem UWG: Hervorzuheben ist zunchst, dass insoweit nur der Bereich der geschftlichen Anzeigen betroffen ist. Bei privaten (Klein-)Anzeigen

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134 Rath-Glawatz

Haftung fr Fehler bei der Anzeigenverçffentlichung

Rz. 232 P

oder Inseraten, die aus sozialen oder anderen, nicht geschftlichen Grnden aufgegeben wurden, fehlt es an dem fr die Anwendung des UWG notwendigen Wettbewerbsverhltnis. Insoweit bleibt es bei den Ansprchen nach BGB gegen Inserent und Verlag. – Haftung des Inserenten

230

Bei Verletzung der Tatbestnde des UWG (insbesondere §§ 3, 5 UWG) kann vom Inserenten Unterlassung, ggf. auch Schadensersatz verlangt werden. Ist der haftungsbegrndende Fehler nicht durch ihn, sondern durch den Verlag zu verantworten, so besteht in der Regel kein Unterlassungsanspruch gegen den Inserenten, da der Verlag nicht als Beauftragter des Inserenten nach § 8 Abs. 2 UWG anzusehen ist. Hat der Inserent bereits eine Unterlassungsverpflichtungserklrung abgegeben, so ist nach der Rechtsprechung des BGH eine Haftung fr Fehler des Verlages fr den Inserenten ber § 278 BGB gegeben. – Haftung des Verlages Bei Eigenanzeigen haftet der Verlag vergleichbar wie jeder andere Inserent.

231

Bei Fremdanzeigen kann ein Unterlassungsanspruch gegen den Verlag nur geltend gemacht werden, wenn insoweit eine Prfungspflicht bestand und diese missachtet wurde. Hat der Inserent bereits eine Unterlassungsverpflichtungserklrung abgegeben, so ist die zustzliche Inanspruchnahme des Verlages nach § 8 Abs. 4 UWG i. d. R. missbruchlich. Schadenersatz kann von dem Verlag gem. § 9 Satz 2 UWG nur verlangt werden, wenn derVerlag die Anzeige vorstzlich in Kenntnis des wettbewerbswidrigen Inhalts verçffentlicht hat. Der (Zeitungs-/Zeitschriften-)Verleger (als natrliche Person/der Verlag 232 als juristische Person) ist nicht verpflichtet, den redaktionellen Teil seines Objekts vor dem Erscheinen selbst zu prfen.1 Dies gilt erst recht bezglich des Anzeigenteils. Die Verlage haben im Bereich der Anzeigenverçffentlichungen ohnehin nur eine eingeschrnkte Prfungs- (und damit Haft-)pflicht, so dass eine persçnliche Verantwortlichkeit des Verlegers praktisch ausscheidet. Deshalb gewinnt die Frage an Bedeutung, inwieweit der Verleger/Verlag fr das Verhalten seiner Mitarbeiter einzustehen hat. Gem. § 278 BGB hat der Verlag fr das Verschulden seiner „gesetzlichen Vertreter“ und „der Personen, deren er sich fr die Erfllung seiner Verbindlichkeiten bedient“, im gleichen Maße einzustehen wie fr eigenes 1 Zur Haftung fr werbende redaktionelle Berichte: OLG Mnchen, ZUM 1996, S. 170 ff.; OLG Rostock, WRP 1995, S. 657 ff.; BGH, NJW-RR 1997, S. 934 ff.; BGH, AfP 1997, S. 524 ff.; BGH, AfP 1994, S. 136 ff.; BGH, DB 1996, S. 87 ff.

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Rath-Glawatz 135

P Rz. 233

Haftung fr Fehler bei der Anzeigenverçffentlichung

Verschulden. Damit haftet der Verlag fr jeden, der mit seiner „Zustimmung“ bei der Entgegennahme und der Bearbeitung der Anzeigenauftrge ttig ist.1 Dazu zhlen insbesondere die beim Verlag fest angestellten Mitarbeiter, aber auch die freiberuflich Ttigen, soweit sie vom Verlag als „Hilfspersonen“ eingesetzt werden.2 Die Haftung des Verlages endet dann, wenn der „Werbemittler“ erkennbar im eigenen Namen handelt, also gerade nicht eine Verpflichtung des Verlages, sondern eine eigene Aufgabe erfllen will. Im Bereich der unerlaubten Handlung ergibt sich die grundstzliche Haftung des Verlegers/Verlages fr die bei ihm ttigen Hilfspersonen aus § 831 BGB. Aus dieser Haftung wird der Verlag jedoch regelmßig frei, sofern er nachweisen kann, dass er – das Personal sorgfltig ausgesucht, – laufend berwacht und durch – klare Anweisungen ber die Vermeidung von Verletzungshandlungen informiert hat.3 233

Der Verlag haftet darber hinaus, wenn ihm ein betriebliches Organisationsverschulden anzulasten ist4 Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Verlag es versumt, durch entsprechende Maßnahmen sicherzustellen, dass Anzeigenverçffentlichungen, bei denen aufgrund der beworbenen Sachverhalte eine besondere Gefahr von Rechtsverletzungen naheliegt, einem leitenden (verantwortlichen) Mitarbeiter zur endgltigen Begutachtung vorgelegt werden. Denn andernfalls kçnnte sich das Verlagsunternehmen bei kritischen Verçffentlichungen der Verantwortung entziehen, indem es die Zustndigkeit auf untergeordneten Ebenen belsst. Liegt ein derartiger Organisationsfehler vor, so wird ein Verschulden des Verlages unterstellt, und dieser ist zum Schadensersatz verpflichtet.5

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Zu diesen kritischen Anzeigenverçffentlichungen wird man beispielsweise sog. Kontaktanzeigen rechnen mssen sowie alle anderen Anzeigen, bei denen die Gefahr besteht, dass besondere Schutzgesetze (z. B. das Gesetz ber die Verbreitung jugendgefhrdender Schriften) oder das Recht der persçnlichen Ehre (das allgemeine Persçnlichkeitsrecht) verletzt werden kçnnten. Unterlsst es der Verlag, diese Anzeigen als grundstzlich vorlagepflichtig (gegenber der Anzeigenleitung) zu deklarieren bzw. dann, wenn dies aus tatschlichen Grnden (z. B. wegen der Vielzahl der Anzeigen) nicht mçglich ist, ein besonderes herausgehobenes Prfungs1 2 3 4 5

Wronka, S. 91. Wronka, S. 91. Lçffler/Ricker, S. 321 Rz. 27. Lçffler, BT Anz Rz. 109. Lçffler/Ricker, S. 321 Rz. 28; s. a. BGH, ArchPR 1962, S. 49.

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136 Rath-Glawatz

Haftung fr Fehler bei der Anzeigenverçffentlichung

Rz. 237 P

verfahren durch dafr eigens abgestellte Mitarbeiter zu schaffen, so ist darin ein Organisationsverschulden zu sehen. Andererseits drfen diese Anforderungen nicht berschtzt werden. Eine Vorlagepflicht kann bei Anzeigenverçffentlichungen als typischem Massengeschft nur dann gefordert werden, wenn die Anzeige erkennbar zu einer Kategorie gehçrt, die „gefahrengeneigt“ ist. Folglich stellt es kein Organisationsverschulden dar, wenn alle „nichtkritischen“ Anzeigenverçffentlichungen grundstzlich ohne besonderes Prfungs- und Genehmigungsverfahren in dem jeweiligen Objekt verçffentlicht werden. Werden von Mitarbeitern („Beauftragten“) des Verlages wettbewerbswid- 235 rige Handlungen vorgenommen, so kann auch der Verlag auf Unterlassung in Anspruch genommen werden (§ 8 Abs. 2 UWG).1 Dabei steht dem Verlag keine dem zitierten § 831 BGB entsprechende Entlassungsmçglichkeit zur Seite.2 Eine Verpflichtung zum Schadensersatz trifft den Verlag gem. § 9 Satz 2 UWG jedoch nur dann, wenn ihm bekannt war, dass die Anzeigenverçffentlichungen wettbewerbswidrige Angaben enthalten. Hat der Verleger die Verçffentlichung eines Inserats mit strafbarem Inhalt „zugelassen“, so ist eine Bestrafung wegen Beihilfe denkbar; daneben greifen bei schuldhafter Verletzung der Aufsichtspflicht die entsprechenden Strafbestimmungen der Landespressegesetze ein.

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Der Inserent ist fr den Inhalt der Anzeigenverçffentlichung nur dann wettbewerbsrechtlich haftbar, wenn sich das Inserat als „Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs im geschftlichen Verkehr“ (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG) darstellt.3 Private Anzeigen bzw. Inserate, die aus sozialen, politischen oder religiçsen Grnden geschaltet werden, kçnnen insoweit unbercksichtigt bleiben, da sie in keinem Fall dem „geschftlichen Verkehr“ dienen.4

237

Hinsichtlich der Verantwortlichkeit des Inserenten fr wettbewerbswidrige Anzeigenverçffentlichungen ist zunchst zu unterscheiden, ob der jeweilige Verstoß erstmalig vorgekommen ist oder ob der Inserent bereits eine (einschlgige) strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklrung abgegeben hat bzw. gegen ihn eine einstweilige Verfgung mit Ordnungs1 Davon ist die Frage zu unterscheiden, ob der Verlag als Beauftragter des Inserenten anzusehen ist und folglich der Anzeigenkunde fr Fehler des Verlages haftet – dies ist regelmßig nicht der Fall: BGH, AfP 1990, S. 210. 2 Lçffler/Ricker, S. 521 Rz. 28. 3 Zur Haftung des Inserenten: Lçffler, BT Anz Rz. 104, 123; Ahrens, § 73 Rz. 88 ff. Der Inserent haftet nicht, wenn eine (unzulssige) Anzeige ohne seine Kenntnis von dem Verlag nochmals als Fllanzeige geschaltet wird (dazu: Ahrens, § 73 Rz. 90). Eine Haftung des Herstellers scheidet dann aus, wenn ein Inserat, in dem seine Waren angeboten werden, ohne sein Wissen von einem Dritten geschaltet wird (OLGR Kçln 2001, S. 295). 4 Henning-Bodewig, GRUR 1981, S. 868.

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Rath-Glawatz 137

P Rz. 238

Haftung fr Fehler bei der Anzeigenverçffentlichung

geldandrohung ergangen ist. Innerhalb dieser drei Fallgruppen ist weiter danach zu differenzieren, ob die Wettbewerbswidrigkeit auf das vom Inserenten vorgelegte Anzeigenmanuskript zurckzufhren ist bzw. ob die Druckvorlage zwar einwandfrei war, bei der Anzeigenherstellung jedoch Fehler vorgekommen sind, durch die die Annonce wettbewerbswidrig wurde. 238

Ist die Wettbewerbswidrigkeit des Anzeigenmanuskripts vom Inserenten selbst zu vertreten (und hat er wegen dieses Verstoßes bisher noch keine Unterlassungserklrung abgegeben bzw. ist gegen ihn noch keine einstweilige Verfgung wegen Unterlassung ergangen), so ist der Werbetreibende, ohne dass es auf die Frage seines Verschuldens ankommt, zur Unterlassung verpflichtet (§ 8 Abs. 1 UWG).1 Wird in der Anzeige in unlauterer Weise i. S. d. § 3 UWG geworben, so muss der Inserent darber hinaus bei schuldhaftem Verhalten Schadensersatz leisten (§ 9 Satz 1 UWG). Der Unterlassungsanspruch kann von jedem Konkurrenten des Inserenten und von den brigen in § 8 Abs. 3 UWG genannten Verbnden und Institutionen geltend gemacht werden.

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Hat der Inserent die geforderte Unterlassungsverpflichtungserklrung abgegeben bzw. ist gegen ihn eine gerichtliche Unterlassungsverfgung ergangen und erscheint das fragliche Inserat dennoch wieder in wettbewerbswidriger Form, so wird die Vertragsstrafe fllig bzw. ist ein Ordnungsgeld festzusetzen, sofern der Werbetreibende nicht nachweisen kann, dass ihn an dem erneuten Verstoß kein Verschulden trifft (§ 276 BGB). Die Anforderungen, die die Rechtsprechung fr einen entsprechenden Nachweis aufgestellt hat, sind sehr hoch. So soll es nicht ausreichen, wenn der Inserent den Verlag telefonisch anweist, die Anzeige nicht wieder zu verçffentlichen bzw. bestimmte Hinweise in dem Inserat nicht oder nur in bestimmter Form zu verwenden. Entsprechende mndliche Erklrungen gengten selbst dann nicht, wenn der Inserent zugleich darauf verweist, dass er eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklrung abgegeben und im Fall der Zuwiderhandlung eine betrchtliche Vertragsstrafe zu zahlen habe (bzw. eine gegen ihn ergangene einstweilige Verfgung mit Ordnungsmittelandrohung zur Begrndung anfhrt). Insoweit erscheint es noch vertretbar, wenn die Gerichte vom Inserenten verlangen, dass er den Verlag schriftlich anweisen muss, die Anzeige (in der bisherigen Form) nicht mehr zu verçffentlichen und der Werbetreibende, um dem Verlag die Gewichtigkeit dieser Anweisung deutlich vor Augen zu fhren, zugleich auf die abgegebene Unterlassungsverpflichtungserklrung (einschließlich der Hçhe der zugesagten Vertragsstrafe) bzw. die erlassene einstweilige Verfgung hinweisen muss. Hat der Inse1 Lunk/Nebendahl, GRUR 1991, S. 656, 657.

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138 Rath-Glawatz

Haftung fr Fehler bei der Anzeigenverçffentlichung

Rz. 240 P

rent den Verlag nur mndlich ber diese Umstnde informiert und entsprechende Anweisungen erteilt,1 so muss er in jedem Fall auf der schriftlichen Besttigung des Verlages bestehen, dass die notwendigen Maßnahmen getroffen wurden. Schließlich ist es gerade noch nachvollziehbar, wenn die Rechtsprechung fordert, der Inserent msse dann, wenn er Kenntnis davon habe, dass die Anzeigen archiviert wrden, vom Verlag verlangen, diese Archivunterlagen zu vernichten.2 Die Gerichte berspannen die Anforderungen an den Inserenten jedoch, wenn von ihm zustzlich verlangt wird, darber zu wachen, ob der Verlag der schriftlichen Anweisung zur Vernichtung des Archivmaterials auch tatschlich vollstndig nachgekommen ist.3 Denn dem Inserenten fehlt zum einen jeder berblick darber, in welcher Weise die Anzeigenverwaltungen innerhalb der Verlage organisiert sind, zum anderen hat der Werbetreibende kein Direktionsrecht, um die (zgige) Vernichtung der alten, unzulssigen Anzeigenvorlagen auch durchsetzen zu kçnnen. ber praktisch wirksame Kontrollbefugnisse verfgt der Inserent ebenfalls nicht, so dass es insgesamt nicht zu vertreten ist, ihm entsprechende berwachungspflichten aufzuerlegen. Denn selbst wenn er sich „die“ Druckunterlagen aushndigen lsst, so ist damit noch lange nicht ausgeschlossen, dass im Verlag an anderer Stelle doch noch weitere Exemplare vorhanden sind. Es muss folglich ausreichen, wenn der Inserent die „Anweisung“ erteilt, die Unterlagen zu vernichten. Eine Pflicht, die Einhaltung dieser Anweisung auch zu berwachen, kann nicht anerkannt werden. Hat der Inserent die notwendigen Anweisungen gegeben, so darf er sich 240 darauf verlassen, dass eine abgendert in Auftrag gegebene Anzeige auch entsprechend dem nunmehr wettbewerbsrechtlich einwandfreien Manuskript gesetzt und ausgefhrt wird. Der Werbetreibende ist nicht verpflichtet, sich einen Probeabzug geben zu lassen.4 1 Zu dieser Fallvariante s. a.: BGH, AfP 1998, S. 389 ff. 2 Dazu insgesamt: OLG Kçln, GRUR 1986, S. 195; OLG Kçln, AfP 1987, S. 523 (fr den Fall der Einschaltung einer Werbeagentur m. w. N.); KG, ArchPR 1972, S. 129; s. a. OLG Hamburg, WRP 1973, S. 594; OLG Hamburg, WRP 1974, S. 689. 3 OLG Dsseldorf, GRUR 1985, S. 81. 4 OLG Dsseldorf, AfP 1984, S. 42; anders das LG Lneburg (WRP 1999, S. 887), das den Inserenten als verpflichtet ansieht, sich vor Erscheinen der Anzeige davon zu berzeugen, dass der Anzeigentext dem Insertionsauftrag entsprach. Dieser Meinung kann jedenfalls fr den Regelfall nicht gefolgt werden. Es ist lebensfremd angesichts des Anzeigengeschfts als Massengeschft, stets eine nochmalige berprfung durch den Inserenten verlangen zu wollen. Der Inserent muss sich darauf verlassen kçnnen, dass ein Anzeigenmanuskript, das fehlerfrei abgeliefert wurde, auch fehlerfrei gesetzt wird. Andernfalls kme es durch eine Verpflichtung zur generellen Versendung von Korrekturabzgen zu Zeitverzçgerungen, die nicht hinnehmbar sind. Anders nur dann, wenn etwa das vom Anzeigenkunden bergebene Manuskript bereits oberflchlich ist und die Gefahr der Missdeutung in sich trgt (dazu: Ahrens, § 73 Rz. 90).

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Rath-Glawatz 139

P Rz. 241

Haftung fr Fehler bei der Anzeigenverçffentlichung

Ist die Anzeige nach Abnderung durch den Inserenten mehrfach in zulssiger Weise erschienen, so ist der Nachweis erbracht, dass der Werbetreibende „alles ihm Mçgliche“ getan hat, um Verstçße gegen eine gerichtliche Verfgung oder eine Unterlassungsverpflichtungserklrung auszuschließen. Verçffentlicht der Verlag spter die „verbotene“ Anzeige trotzdem noch einmal, so ist dies dem Inserenten nicht mehr anzulasten.1 Selbstverstndlich kann es dem Inserenten auch nicht zugerechnet werden, wenn trotz aller von ihm unverzglich eingeleiteten notwendigen und erforderlichen Maßnahmen die Verçffentlichung der beanstandeten Anzeige nicht mehr zu verhindern ist, weil zwischenzeitlich der Anzeigenschlusstermin (R Rz. P 88 ff.) berschritten ist. Liegt der Anzeigenschlusstermin relativ weit vor dem eigentlichen Druckbeginn, so msste die Anweisung des Inserenten jedenfalls noch so frh kommen, dass der Verlag die erforderlichen technischen Dispositionen treffen kann.2 241

Der Rechtsprechung kann schließlich auch insoweit nicht gefolgt werden, als sie den Inserenten verpflichten will, dann, wenn der Verlag in der Vergangenheit bei bestimmten Anzeigentypen und -formen Satzfehler gemacht hat, die zur Wettbewerbswidrigkeit des Inserats fhrten, zuknftig eine Anzeigengestaltung zu whlen, die „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ einen Fehler der Setzerei ausschließt bzw. die Anzeige so umzuformulieren, dass sie „satzsicher“ ist.3 Vom Inserenten kann allenfalls verlangt werden, eine bestimmte Anzeigenverçffentlichung zu unterlassen. Wie er zuknftig inseriert, bleibt dagegen auch weiterhin allein seine Entscheidung.

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Trifft den Inserenten an der erneuten wettbewerbswidrigen Verçffentlichung der Anzeige eigenes Verschulden und wird so die Vertragsstrafe fllig bzw. ist ein Ordnungsgeld festzusetzen, so kann es nach der Rechtsprechung dahinstehen, ob gegebenenfalls auch den Verlag ein (Mit-)Verschulden an dem Wettbewerbsverstoß trifft.4

243

Whrend bisher die Frage behandelt wurde, inwieweit der Inserent wettbewerbsrechtlich verantwortlich ist, wenn er selbst den unzulssigen Anzeigentext vorgelegt bzw. nur in unzureichender Weise dafr „gesorgt“ hat, dass eine verbotene Annonce nicht wieder erscheint, bleibt das zustzliche Problem zu klren, inwieweit der Werbetreibende dann haftbar ist, wenn die Wettbewerbswidrigkeit der Anzeigenverçffentlichung auf einen Fehler des Verlages zurckzufhren ist. 1 Urteil LG Bonn v. 16.1.1985 (Az. 14 O 156/84). Die nach einer Abmahnung vernderte Anzeige war fnfmal in wettbewerbsmßiger Form erschienen, ehe die ursprnglich angegriffene Annonce wieder verçffentlicht wurde; im Ergebnis anders: OLG Dsseldorf, GRUR 1985, S. 81. 2 Dazu insgesamt: OLG Hamburg, ArchPR 1970, S. 111. 3 KG, WRP 1983, S. 56 und 304 (jeweils nur Leitstze abgedruckt). 4 Dazu: OLG Kçln, GRUR 1986, S. 195/196; OLG Dsseldorf, GRUR 1985, S. 82.

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140 Rath-Glawatz

Haftung fr Fehler bei der Anzeigenverçffentlichung

Rz. 245 P

bergibt der Inserent dem Verlag ein wettbewerbsrechtlich einwandfreies Anzeigenmanuskript und wird dieses durch vom Verlag zu vertretende Satz- oder Verarbeitungsfehler wettbewerbsrechtlich unzulssig, so sind wiederum drei Fallgruppen zu unterscheiden:

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Hat der Inserent bereits eine (strafbewehrte) Unterlassungsverpflichtungserklrung abgegeben und verstçßt die Anzeige aufgrund eines vom Verlag zu verantwortenden Fehlers gegen diese Erklrung, so haftet der Werbetreibende nur dann, wenn man dessen Verantwortlichkeit unter Anwendung des § 278 BGB auch auf das Fehlverhalten des Verlages erstreckt. Liegt eine gerichtliche Unterlassungsverfgung (mit Ordnungsmittelandrohung) vor und verletzt das Inserat wegen eines Produktionsfehlers des Verlages diese Verfgung, so ist der Werbetreibende dafr nur im Rahmen des § 890 ZPO verantwortlich. Beinhaltet die vom Verlag zu vertretende fehlerhafte Anzeigenverçffentlichung weder den Verstoß gegen eine (einschlgige) Unterlassungsverpflichtungserklrung des Inserenten noch gegen eine ihn betreffende gerichtliche Unterlassungsverfgung, so kann der Werbetreibende nur dann fr das Verhalten des Verlages wettbewerbsrechtlich verantwortlich gemacht werden, wenn dieser als „Beauftragter“ i. S. d. § 8 Abs. 2 UWG einzustufen ist. Die in der letztgenannten Alternative angesprochene Frage, ob der Inserent fr Fehler im Verlag entsprechend den Bestimmungen des § 8 Abs. 2 UWG haftet, wurde unterschiedlich beantwortet.1 Letztlich hat der BGH entschieden, dass ein Zeitungsverlag dann, wenn er „lediglich“ einen Anzeigenauftrag annimmt und ausfhrt, ohne zugleich noch weitere inhaltliche, gestalterische oder sonstige Aufgaben bezglich des Anzeigenauftrages bernommen zu haben, nicht als „Beauftragter“ des Inserenten anzusehen ist.2 Der BGH nimmt in seiner Entscheidung Bezug auf seine stndige Rechtsprechung zum Begriff des Beauftragten, nach der einerseits die Ttigkeit des „Beauftragten“ noch „im Rahmen der vom Betriebsinhaber bzw. seinem Unternehmen ausgebten gewerblichen Ttigkeit“ liegen muss, und andererseits der Betriebsinhaber bzw. das 1 Eingehend dazu auf dem Sachstand von Rspr. u. Lit. bis zum Jahr 1981: RathGlawatz, AfP 1982, S. 5 ff.; ergnzend: OLG Kçln, WRP 1985, S. 580; OLG Frankfurt, AfP 1988, S. 60; OLG Oldenburg, AfP 1986, S. 128 und GRUR 1991, S. 780; Lunk/Nebendahl, GRUR 1991, S. 656, 657 ff. 2 BGH, AfP 1990, S. 210; nachfolgend etwa: OLG Dsseldorf, WRP 1995, S. 121 ff.; OLG Hamm, WRP 1998, S. 327, 328. Von der Frage, ob und inwieweit der Verlag als Beauftragter des Inserenten i. S. d. § 8 Abs. 2 UWG anzusehen ist, muss unterschieden werden, ob ein Drittunternehmen, dem der Verlag das Anzeigengeschft „bertragen“ hat, an Stelle des Verlages fr eine wettbewerbswidrige Anzeigenverçffentlichung haftbar gemacht werden kann – dazu: BGH, AfP 1994, S. 136 ff.

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Rath-Glawatz 141

245

P Rz. 245

Haftung fr Fehler bei der Anzeigenverçffentlichung

Unternehmen die Mçglichkeit haben, auf vertraglicher oder anderer Basis die Handlungen des „Beauftragten“ zu beeinflussen, so dass dieser im weiteren Sinn der „betrieblichen Organisation“ des beauftragten Unternehmens zuzurechnen ist.1 Bezogen auf die werblichen Aktivitten eines Unternehmens gehçre im Fall der Anzeigenschaltung sicherlich die Bestimmung des Inhalts, der Gestaltung und des Verçffentlichungszeitpunkts sowie des Werbetrgers zur Sphre dessen, was der Gewerbetreibende als Anzeigenkunde beeinflussen kçnne. Die „Ausfhrung eines bestimmten“, d. h. in allen Einzelheiten festgelegten „Anzeigenauftrages“ (also der Satz, Druck und die Verçffentlichung des Inserates) falle aber nicht mehr in den „Ttigkeitsbereich“ des Werbetreibenden, dies sei allein Angelegenheit des Verlages. Der Werbetreibende kçnne dann, wenn alle Einzelheiten des Anzeigenauftrages vereinbart sind und der Verlag das komplette Anzeigenmanuskript erhalten hat, auf die Realisierung dieses Auftrages innerhalb des Zeitungsunternehmens keinen Einfluss mehr nehmen. Folglich seien unter diesen Prmissen die beiden grundlegenden Voraussetzungen fr die „Beauftragten“-Eigenschaft eines Verlages bei der Anzeigenherstellung/Verçffentlichung, nmlich die Ausfhrung einer unternehmerischen Ttigkeit des Werbetreibenden unter Fortbestand der Einflussmçglichkeiten des Werbetreibenden, nicht gegeben.2 Erst dann, wenn der Verlag vergleichbar einer Werbeagentur im Rahmen einer ber den Anzeigenauftrag hinausgehenden Geschftsbesorgung „Funktionen bernimmt“, die dem Werbetreibenden „im Regelfall selbst obliegen (etwa Entscheidung ber Inhalt, Zeitpunkt und Umfang der Werbung …)“, sei der Verlag als Beauftragter des Inserenten anzusehen.3 Daran fehle es jedoch bei den „blichen Anzeigenauftrgen“.4 Erkennt der Inserent noch vor Drucklegung, dass das Anzeigenmanuskript fehlerhaft ist und reicht der Anzeigenkunde selbst keine neue, fehlerfreie Druckvorlage bei dem Verlag ein, sondern beauftragt er den Verlag mit der Fehlerbeseitigung, so bedient er sich dessen wie im Fall der Beauftragung einer Werbeagentur, so dass der Verlag als Beauftragter des Inserenten ttig wird (und der Inserent haftet, falls der Verlag den Fehler nicht beseitigt).5 1 2 3 4

Teplitzky, S. 187 Rz. 25. BGH, AfP 1990, S. 210, 211; kritisch: Kçhler, GRUR 1991, S. 344, 350/351. Dazu: Ahrens, § 73 Rz. 89. BGH, AfP 1990, S. 210, 211; s. a. OLG Kçln, AfP 1981, S. 407; Teplitzky, S. 189 Rz. 26; Lçffler, 3. Aufl. Bd. 1, S. 504 Rz. 86. Der Inserent muss konkret belegen, wie der dem Verlag erteilte Satzauftrag fr das Anzeigenmanuskript gelautet hat – gelingt dem Inserenten dieser Nachweis nicht, so muss er dann, wenn es im Rahmen einer „Anzeigenserie“ zu einzelnen wettbewerbswidrigen Verçffentlichungen kommt, fr Fehler des Verlages haften (OLG Hamm, WRP 1998, S. 327, 328/329); dazu auch: Ahrens, § 73 Rz. 90. 5 OLG Karlsruhe, OLGR 1999, S. 237.

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142 Rath-Glawatz

Haftung fr Fehler bei der Anzeigenverçffentlichung

Rz. 247 P

Hat der Anzeigenkunde wegen einer wettbewerbswidrigen Anzeige eine Abmahnung erhalten und verlangt der Inserent vom Verlag nderungen bei den Folgeanzeigen, um die Wettbewerbswidrigkeit zu beseitigen, und werden diese entgegen den Anweisungen vom Verlag nicht ausgefhrt, ist der Verlag auch in diesem Fall nicht als „Beauftragter“ des Inserenten anzusehen.1 Denn der Inserent gibt „lediglich“ ein gendertes Anzeigenmanuskript in Auftrag, bei dem der Verlag bezglich der Gestaltung/Abfassung ebenso wenig einen eigenen Spielraum hat wie bei der vorausgehenden Anzeige. Es ist vielmehr so, dass die neue Anzeige genau nach den Anweisungen des Inserenten gesetzt werden muss, um die Wettbewerbswidrigkeit der Vorverçffentlichung auszuschalten. Damit liegt die Durchfhrung des Anzeigenauftrages wiederum allein im Zugriffsbereich des Verlages. Der Inserent hatte weder bei der Herstellung der ursprnglichen Anzeige noch hat er bei der Abwicklung des Nachfolgeauftrages Einflussmçglichkeiten auf den verlagsinternen Produktionsablauf. Folglich sind auch in dieser Fallvariante die entscheidenden Elemente fr eine Beauftragtenstellung des Verlages nicht gegeben.

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In jedem Fall ist es die Aufgabe des Inserenten, (vor Gericht) den Beweis dafr anzutreten, dass er eine wettbewerbsrechtlich zulssige Anzeige in Auftrag gegeben hat.2 Gelingt schon dieser Nachweis nicht, haftet der Inserent fr die wettbewerbswidrige Anzeige. Kann der Anzeigenkunde nachweisen, dass die fehlerhafte Umsetzung des ordnungsgemßen Manuskripts in dem Verantwortungsbereich des Verlages erfolgt ist (sein muss), haftet der Anzeigenkunde fr das wettbewerbswidrige Inserat nicht, da der Verlag bei den „blichen“ Anzeigen nicht als Beauftragter des Inserenten anzusehen ist.3 Ist gegen den Inserenten wegen einer wettbewerbswidrigen Anzeige eine Einstweilige Verfgung (mit Ordnungsmittelandrohung) ergangen, so kann im Fall des Verstoßes gegen diese Verfgung ein Ordnungsgeld nur dann verhngt werden, wenn der Inserent den Verstoß schuldhaft herbeigefhrt hat (§ 890 ZPO).4 Liegt die Ursache dafr, dass die Anzeigenverçffentlichung gegen die Ordnungsverfgung verstçßt, in einem (internen) Fehler des Verlages bei der Herstellung der Annonce, so kommt es darauf an, ob auch den Inserenten als den aus der Ordnungsverfgung Verpflichteten ein (Mit-)Verschulden

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Anders: OLG Dsseldorf, AfP 1994, S. 234 ff. KG, AfP 1991, S. 618 ff. S. a. OLG Frankfurt, AfP 1988, S. 60. Thomas/Putzo, § 890 Rz. 15; wird die Verçffentlichung der unzulssigen Anzeigen nach Zustellung der Unterlassungsverfgung fortgesetzt, so soll darin nur ein weiterer Verstoß liegen; der nchste weitere Verstoß ist danach erst dann gegeben, wenn das Inserat auch nach Zustellung des Ordnungsmittelbeschlusses noch einmal erscheint – OLG Hamburg, GRUR 2000, S. 826.

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Rath-Glawatz 143

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P Rz. 248

Haftung fr Fehler bei der Anzeigenverçffentlichung

trifft. Da der Inserent insoweit in der Regel schuldlos ist, kann gegen ihn in diesen Fllen auch kein Ordnungsgeld festgesetzt werden. 248

Hat der Inserent eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklrung abgegeben, ohne die Haftung fr die Ttigkeit von Erfllungsgehilfen auszuschließen, was nach § 278 Satz 2 BGB zulssig gewesen wre,1 und wird durch eine vom Verlag verschuldete wettbewerbswidrige Anzeigenverçffentlichung gegen diese Verpflichtungserklrung verstoßen, so soll nach einem Urteil des BGH der Inserent fr das Verschulden des Verlages ber § 278 BGB haften.2 Dieser hçchstrichterlichen Rechtsprechung, die vom BGH zu Unrecht als „Konsequenz“ vorangegangener Urteile3 (u. a. bezogen auf den Fall der Einschaltung einer Werbeagentur4) gesehen wird, kann nicht gefolgt werden. Dies vor allem auch deshalb, weil der BGH in seiner spteren Entscheidung zur Verneinung der „Beauftragten“-Eigenschaft eines Zeitungsverlages i. S. d. § 8 Abs. 2 UWG5 zu Schlussfolgerungen kommt, die auch eine Haftung des Inserenten fr das Verschulden des Verlages ber § 278 BGB ausschließen drften.6 Im Einzelnen ist Folgendes anzumerken: – Indem der Inserent dem Verlag ein wettbewerbsrechtlich einwandfreies Anzeigenmanuskript bergibt, kommt der Werbetreibende seiner vertraglichen Verpflichtung aus der Unterlassungsverpflichtungserklrung in vollem Umfang nach. „Mehr“ kann der Inserent nicht tun. Der interne Anzeigenherstellungsprozess im Verlag liegt außerhalb der Einflussmçglichkeiten des Werbetreibenden. Hat der Inserent in der 1 LG Dsseldorf, AfP 2002, S. 248, 249 – danach ist eine Unterlassungserklrung des Inserenten wirksam, selbst wenn sie folgenden Zusatz trgt: „Eine Haftung fr Flle, in denen die Zuwiderhandlung darauf beruht, dass korrekte Anzeigenauftrge vom Verlag fehlerhaft ausgefhrt werden, wird nicht bernommen“; s. dazu auch: Lçffler, BT Anz Rz. 125. 2 BGH, AfP 1988, S. 131; besttigt durch: BGH, AfP 1998, S. 389, 390; in diesem Sinn bereits OLG Kçln, GRUR 1985, S. 148; LG Lneburg, ArchPR 1976, S. 94; insgesamt dazu auch: Ahrens, § 73 Rz. 89. Anders wohl OLG Hamm (AfP 1988, S. 152): in diesem Fall hatte der Inserent in einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklrung versprochen, eine bestimmte Anzeige nicht mehr zu schalten. Aufgrund eines Versehens des Verlages wurde die Anzeige trotzdem noch einmal abgedruckt. Das Gericht hat in dieser Verçffentlichung keine Verletzung der Unterlassungsverpflichtung gesehen und dem Unterlassungsschuldner nicht die Verpflichtung auferlegt, den Unterlassungsglubiger ber das Fehlverhalten des Verlages zu informieren. – Kritisch dazu: Linstow, AfP 1988, S. 223/224. 3 BGH, NJW 1987, S. 3253 (Anwaltseilbrief); s. a. OLG Kçln, GRUR 1985, S. 148; OLG Mnchen, ArchPR 1975, S. 75; LG Lneburg, ArchPR 1976, S. 94. 4 BGH, WRP 1986, S. 141. 5 BGH, AfP 1990, S. 210 ff. 6 Kçhler (GRUR 1991, S. 344, 351) sieht diesen Widerspruch ebenfalls, kommt dann allerdings zu dem Ergebnis, den Verlag als Beauftragten des Inserenten anzusehen.

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144 Rath-Glawatz

Haftung fr Fehler bei der Anzeigenverçffentlichung

Rz. 248 P

gebotenen Weise den Verlag ber die abgegebene Unterlassungsverpflichtungserklrung informiert und „alles ihm Mçgliche“ getan, um Verstçße gegen diese Verpflichtung zu verhindern, so sind ihm Fehler, die dennoch in der Anzeigenproduktion vorkommen, nicht mehr anrechenbar. – Eine Anrechenbarkeit des § 278 BGB setzt weiter voraus, dass der (Unterlassungs-)Schuldner seine Verpflichtungen nicht selbst erfllt, sondern insoweit Dritte einschaltet. Ist der Anzeigenkunde jedoch seinen Verpflichtungen aus der Unterlassungsverpflichtungserklrung nachgekommen, indem er ein wettbewerbsrechtlich korrektes Anzeigenmanuskript zum Druck gegeben hat, bleibt fr eine Anwendung des § 278 BGB auf das Verhalten des Verlages kein Raum mehr. Denn der Verlag ist insoweit lediglich Werbetrgerunternehmen, Werbetreibender (und damit Verpflichteter aus der vertraglichen Unterlassungszusage) ist und bleibt allein der Inserent. Der Abdruckvorgang innerhalb des Verlages ist wettbewerbsrechtlich neutral. Relevant ist insoweit allein, ob der Inserent ein wettbewerbsrechtlich korrektes Anzeigenmanuskript abgegeben hat oder nicht. Damit kann der Verlag nicht als „Erfllungsgehilfe“ des Inserenten eingestuft werden. Der Verlag produziert und druckt das Inserat gerade nicht, um dem Werbetreibenden bei der Befolgung seiner Unterlassungserklrung beizustehen, sondern allein in Erfllung des Anzeigenvertrages, den in diesen Fllen der Inserent i. S. d. Unterlassungserklrung korrekt ausgefhrt hat. – Schließlich besteht folgender schwerwiegender Widerspruch: Weigert sich ein Inserent (auf eine Abmahnung hin), eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklrung bzgl. einer wettbewerbswidrigen Anzeigenverçffentlichung abzugeben, und ergeht dann eine Einstweilige Verfgung gegen ihn, so kann im Fall eines Verstoßes gegen diese Verfgung kein Ordnungsgeld gegen ihn festgesetzt werden, wenn er nachweist, dass der Fehler, der zur Wettbewerbswidrigkeit des Inserats gefhrt hat, allein vom Verlag zu verantworten ist. Hat der Inserent es dagegen nicht auf eine gerichtliche Auseinandersetzung ankommen lassen, sondern außergerichtlich eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklrung abgegeben, so soll er sich nach der Rechtsprechung des BGH bei demselben Fehlverhalten des Verlages nicht (mehr) entlasten kçnnen. Die Vertragsstrafe ist fllig. Ein derartiger Widerspruch ist unvertretbar.1 Folglich drfte auch fr den Fall der Anwendung des § 278 BGB bei Fehlern des Verlages in der Anzeigenherstellung der Inserent als Schuldner aus einer Unterlassungsverpflichtungserklrung nur in dem Umfang in Anspruch genom1 In diesem Sinn etwa: OLG Dsseldorf, AfP 1984, S. 43; OLG Karlsruhe, GRUR 1985, S. 473, 474; OLG Hamburg, WRP 1973, S. 592.

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Rath-Glawatz 145

P Rz. 249

Haftung fr Fehler bei der Anzeigenverçffentlichung

men werden, in dem er bei gerichtlicher Verurteilung nach § 890 ZPO haftbar wre. – Wenig konsequent ist es auch, wenn die Rechtsprechung den Verlagen wegen der besonderen Umstnde des Anzeigengeschfts eine ganz erheblich eingeschrnkte Prfungspflicht bei der Verçffentlichung der Inserate zugesteht (R Rz. P 319), diese Argumente aber in dem hier interessierenden Zusammenhang unbeachtet lsst und den Inserenten als Unterlassungsschuldner ohne Entlastungsmçglichkeit fr die Unwgbarkeiten in der Anzeigenproduktion ber § 278 BGB haften lsst. 249

Solange der BGH seine Rechtsprechung in dieser Frage nicht ndert, sind Inserenten daher gut beraten, Unterlassungsverpflichtungserklrungen nur noch mit dem Zusatz abzugeben, dass die Vertragsstrafe dann nicht fllig wird, wenn der Verstoß auf einem Fehler des Verlages beruht. Derartige Einschrnkungen sind gem. § 278 BGB i. V. m. § 276 Satz 1 BGB mçglich und zulssig.1 Der abmahnende Konkurrent ist verpflichtet, eine derartige eingeschrnkte Unterlassungsverpflichtungserklrung anzunehmen. Denn die Einschrnkung wird nur wirksam, wenn der Inserent den Verlag in der notwendigen Weise ber die Abgabe der (eingeschrnkten) Unterlassungsverpflichtungserklrung informiert und ein wettbewerbsrechtlich einwandfreies Manuskript zum Abdruck vorgelegt hat. „Mehr“ kann auch der Glubiger aus der Unterlassungsverpflichtungserklrung nicht erwarten oder verlangen.

250

Soweit dem Inserenten aufgrund einer vom Verlag zu vertretenden wettbewerbswidrigen Anzeigenverçffentlichung ein zustzlicher Schaden (Abmahn-/Anwalts- und Gerichtskosten, Vertragsstrafe, Ordnungsgeld) entstanden ist, so ist dieser gegebenenfalls nach den Grundstzen der positiven Vertragsverletzung von den Verlagen zu ersetzen, wobei den Haftungsbegrenzungen aus den regelmßig anwendbaren Allgemeinen Geschftsbedingungen der Verlage besondere Bedeutung zukommt.

251

Verçffentlichen die Verlage Eigenanzeigen, so unterliegen sie wie jeder andere Inserent den Bestimmungen des UWG.2 Da es fr die Anwendbarkeit der wettbewerbsrechtlichen Normen nicht notwendig ist, dass der Handelnde stets eigenen Wettbewerb fçrdert, sondern bereits die Untersttzung fremden Wettbewerbs ausreicht, unterliegen die Verlage auch

1 BGH, AfP 1988, S. 131. 2 Zu denken ist insoweit etwa an (Eigen-)Anzeigen der Verlagsunternehmen, mit denen sie fr ihren Anzeigenteil oder den Kauf ihrer Produkte (Vertriebswerbung) selbst Reklame machen. Soweit in Anzeigen fr „Leserreisen“ damit geworben wird, dass die Reise eine „Exklusivveranstaltung“ der jeweiligen Zeitung sei, so ist der betreffende Verlag als Mitwettbewerber auf dem Reisemarkt anzusehen und fr eventuelle wettbewerbsrechtliche Mngel der Reisewerbung (mit)verantwortlich: OLG Stuttgart, WRP 1984, S. 509.

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146 Rath-Glawatz

Haftung fr Fehler bei der Anzeigenverçffentlichung

Rz. 253 P

hinsichtlich des Abdrucks von Fremdanzeigen (auch in Form redaktioneller Hinweise) der Haftung aus dem UWG.1 Die Presseorgane sind jedoch gegenber Ansprchen auf Unterlassung und Schadensersatz aus der Verçffentlichung wettbewerbswidriger (Fremd-)Anzeigen insofern grundlegend privilegiert, als sie nur dann in Anspruch genommen werden kçnnen, wenn im Einzelfall ausnahmsweise eine eigene Prfungspflicht gegeben ist und diese nicht oder nicht richtig beachtet wurde.2 Bestand keine Prfungspflicht, so kann die Presse wegen des Abdrucks eines wettbewerbswidrigen Inserats weder zur Unterlassung noch zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet werden.3

252

Infolgedessen ist es als missbruchlich i. S. d. § 8 Abs. 4 UWG anzusehen, wenn versucht wird, die Presse neben dem oder statt des Inserenten als unmittelbar Verantwortliche aus der Anzeigenverçffentlichung in Anspruch zu nehmen.4 Aus diesem Grund scheiden auch vorbeugende Unterlassungsansprche gegen die Verlage aus.5 Die periodische Presse ist außerdem insofern privilegiert, als sie beim Abdruck von Anzeigen mit unlauterem Inhalt nur dann zum Schadensersatz verpflichtet ist, wenn sie selbst wusste, dass die in dem Inserat verçffentlichten Angaben tatschlich unlauter waren (§ 9 Satz 2 Nr. 1 UWG).6 Hat der Verlag, was ohnehin stets der Ausnahmefall sein wird, unter Missachtung seiner Prfungspflicht eine fr die Mitarbeiter der Anzeigenabteilung erkennbar grob rechtswidrige Anzeige abgedruckt und ist deswegen (zu Recht) eine einstweilige Verfgung gegen das Presseunternehmen ergangen, so kann sich der Verlag auch spter nicht gegen die Abgabe einer entsprechenden Abschlusserklrung sperren.7 Denn derartige Anzeigen drfen in keinem Fall erscheinen. Anders ist es, wenn der Verlag auf Unterlassung der Anzeigenverçffentlichung verklagt ist, die Anzeige nicht erkennbar grob rechtswidrig war und folglich auch keine Verletzung der Prfungspflicht vorlag, der Verlag aber auf entsprechende Belehrung des Gerichts in der letzten mndlichen Verhandlung erklrt, 1 BGH, AfP 1990, S. 202, 203; BGH, AfP 1992, S. 249, 250; BGH, AfP 1993, S. 566; BGH, AfP 1993, S. 567, 568; BGH, AfP 1994, S. 136, 137; Lçhr, WRP 1974, S. 524; Gaertner, AfP 1990, S. 269. 2 Zur wettbewerbsrechtlichen Haftung von Werbeagenturen: Henning-Bodewig, GRUR 1981, S. 164 ff. 3 BGH, AfP 1995, S. 489 ff.; Lçffler, BT Anz Rz. 107: das OLG Frankfurt (NJW 2005, S. 157) hat zutreffend festgestellt, dass das neue UWG den Haftungsrahmen der Verlage fr den wettbewerbswidrigen Inhalt von Inseraten nicht verschrft hat. 4 LG Konstanz, Beschluss v. 21.8.1987 (Az. 2 H O 78/87); s. a. OLG Dsseldorf, GRUR 1982, S. 626. 5 LG Coburg, ArchPR 1976, S. 90. 6 Harte/Henning, § 9 Rz. 138 ff.; Baumbauch/Hefermehl, § 9 Rz. 2.1 ff.; Fezer, § 9 Rz. 37. 7 Dazu: Hecker, AfP 1993, S. 717, 720.

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Rath-Glawatz 147

253

P Rz. 254

Haftung fr Fehler bei der Anzeigenverçffentlichung

diese Anzeige zuknftig nicht mehr zu verçffentlichen. In diesen Fllen wird man von dem Verlag nur zeitlich begrenzt (maximal ein halbes Jahr) verlangen kçnnen zu berprfen, ob erneut eine identische und damit in jedem Fall wettbewerbswidrige Anzeige verçffentlicht werden soll. Wrde man diese zeitliche (und auf das konkret in Frage stehende Anzeigenmotiv bezogene) Begrenzung nicht vornehmen, so wrden die Verlage quasi durch die „Hintertr“ verpflichtet, dauerhaft eine stndig wachsende Zahl von Anzeigen, die nicht offensichtlich grob rechtswidrig sind, auf ihre wettbewerbsrechtliche Zulssigkeit zu berprfen.1 254

Besondere Probleme kçnnen sich dann ergeben, wenn die Presse eine wettbewerbswidrige Anzeige unter Missachtung ihrer Prfungspflicht verçffentlicht hat und eine Einstweilige Verfgung (mit Ordnungsmittelandrohung) gegen den erneuten Abdruck des Inserats beim Verlag erst zugestellt wird, nachdem das Verlagsobjekt bereits gedruckt ist und zum Vertrieb bereitliegt.

255

berwiegt in diesen Fllen das Informationsgrundrecht der Leser und das Grundrecht der Pressefreiheit des Verlages aus Art. 5 GG, so kann wegen der wettbewerbswidrigen Anzeigenverçffentlichung nicht verlangt werden, dass die Auslieferung des Druckobjekts (ganz oder teilweise) unterbleibt. Außerdem ist die Auslieferung dann nicht zu beanstanden, wenn der wirtschaftliche Nachteil fr das Presseunternehmen bei Nichterscheinen der fraglichen Ausgabe ungleich grçßer wre als der sich aus der wettbewerbswidrigen Anzeigenverçffentlichung ergebende Schaden fr die betroffenen Verbraucher bzw. Mitwettbewerber des Inserenten.2

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Gibt der Inserent ein wettbewerbsrechtlich einwandfreies Anzeigenmanuskript an den Verlag und verçffentlicht dieser wegen eines von ihm zu vertretenden Satzfehlers ein unzulssiges Inserat, so wird der Anzeigenkunde versuchen, wegen ihm mçglicherweise daraus entstehender Schden (Abmahn-/Gerichtskosten) beim Verlag Regress zu nehmen.3 Entsprechend den unterschiedlichen Haftungssituationen bei wettbewerbsrechtlich unzulssigen Anzeigenverçffentlichungen (R Rz. P 423, 429 ff.) muss auch hinsichtlich eines eventuellen Rckgriffs des Inserenten gegen den Verlag differenziert werden, ob dem Inserenten der Fehler in der Anzeigenherstellung berhaupt zugerechnet werden kann und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen Ersatzansprche gegeben sind.

1 Dazu mit Hinweisen auf die Rechtsprechung: Gaertner, AfP 1990, S. 269, 273/274. 2 Dazu: Lçhr, WRP 1974, S. 526/527; Lindacker, WRP 1987, S. 587. 3 Daneben ist stets mit zu prfen, inwieweit der wettbewerbswidrige Abdruck der Anzeige aufgrund eines vom Verlag zu vertretenden Fehlers zugleich auch einen Sachmangel darstellt, so dass der Inserent auch Gewhrleistungsansprche geltend machen kann.

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148 Rath-Glawatz

Haftung fr Fehler bei der Anzeigenverçffentlichung

Rz. 258 P

Unterluft dem Verlag bei der Anzeigenproduktion ein Fehler, der zur Wettbewerbswidrigkeit der Anzeige fhrt, so ist dies, sofern damit kein Verstoß gegen eine vom Inserenten abgegebene Unterlassungsverpflichtungserklrung oder eine entsprechende gerichtliche Verfgung verbunden ist, dem Inserenten nicht zurechenbar. Der Verlag ist regelmßig nicht als „Beauftragter“ des Inserenten (§ 8 Abs. 2 UWG) anzusehen.1 Dies hat zur Folge, dass der Werbetreibende wegen des Fehlverhaltens des Verlages nicht (kostentrchtig) abgemahnt werden kann, so dass sich insoweit auch die Frage eines Regresses nicht stellt. Liegt gegen den Inserenten wegen einer frheren wettbewerbswidrigen Anzeige bereits eine Einstweilige Verfgung auf Unterlassung vor und verstçßt ein neues Inserat des Werbetreibenden wegen eines bei der Anzeigenherstellung aufgetretenen Fehlers gegen diese Verfgung, so ist ein Ordnungsgeld nur dann zu verhngen, wenn der Inserent diesen Verstoß auch schuldhaft zu vertreten hat (§ 890 ZPO). Wurde von ihm „alles nur Mçgliche“ gegenber dem Verlag unternommen, um den in Frage stehenden Verstoß gegen die Verfgung zu unterbinden, so fehlt es an einem Verschulden des Werbetreibenden. Ein Ordnungsgeld kann nicht festgesetzt werden. Ist der Verlag dagegen vom Inserenten nicht oder nur unvollstndig informiert worden, so hat dieser die daraus resultierende wettbewerbswidrige Anzeigenverçffentlichung (allein) zu verantworten. Im Ergebnis stellt sich deshalb auch in diesen beiden Fllen die Frage eines Regresses gegen den Verlag nicht.

257

Die fr die Praxis wichtigste Fallgestaltung ist gegeben, wenn der Inserent wegen einer frheren wettbewerbswidrigen Anzeigenverçffentlichung bereits eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklrung abgegeben hat und die neue Anzeige aufgrund eines Fehlers des Verlages wiederum wettbewerbswidrig ist. Da sich der Inserent nach der Rechtsprechung des BGH das Verhalten des Verlages gem. § 278 BGB zurechnen lassen muss, ist die Vertragsstrafe fllig.2 Stellt sich das fehlerhafte Verhalten des Verlages beim Abdruck der Anzeige als schuldhafte Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht aus dem Anzeigenauftrag dar, so kann der Inserent aus dem frher so bezeichneten Rechtsinstitut der positiven Vertragsverletzung Schadensersatz verlangen (§ 280 BGB).3 Dieser wird sich regelmßig auf die Rckerstattung der an den Abmahnenden zu zahlenden Vertragsstrafe (bzw. eventuell noch zustzlich entstandene Kosten) erstrecken.

258

1 BGH, AfP 1990, S. 210; OLG Frankfurt, AfP 1988, S. 60; OLG Oldenburg, AfP 1986, S. 128; Rath-Glawatz, AfP 1982, S. 5 ff. 2 BGH, AfP 1988, S. 131. 3 Ahrens, § 73 Rz. 89; OLG Dsseldorf, AfP 1991, S. 620, 621/622 – das Gericht prft die insoweit einschlgigen Verjhrungsvorschriften.

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Rath-Glawatz 149

P Rz. 259

Haftung fr Fehler bei der Anzeigenverçffentlichung

Hat der Inserent den Verlag umfassend (schriftlich)1 ber die von ihm abgegebene strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklrung informiert und zugleich unmissverstndlich dargelegt, dass die in Frage stehende Anzeige nicht mehr oder nur noch mit von ihm genau vorgegebenen nderungen erscheinen darf, dann trifft den Verlag die – gegebenenfalls auch nachtrglich wirkende – Obhutspflicht, seinerseits auf die Einhaltung dieser Anweisungen im Rahmen der verlagsblichen Sorgfalt (§ 276 BGB) zu achten. Geschieht dies nicht und wird so vom Verlag schuldhaft eine wettbewerbswidrige Anzeige verçffentlicht, haftet der Verlag fr diese Pflichtverletzung. Fehlt es dagegen an entsprechenden Informationen und Anweisungen des Inserenten gegenber dem Verlag,2 kann der Inserent wegen eines Fehlers in der Anzeigenherstellung, der zur Wettbewerbswidrigkeit der Anzeige fhrt und die Vertragsstrafe fllig werden lsst, keine Regressansprche geltend machen. Denn in diesen Fllen besteht keine (Obhuts-)Pflicht des Verlages, die dieser gegebenenfalls schuldhaft verletzt htte.3 259

Soweit dem Inserenten wegen einer vom Verlag zu verantwortenden wettbewerbswidrigen Anzeigenverçffentlichung Regressansprche zustehen, sind die in Ziff. 10 ZAW-AGB enthaltenen Haftungsbegrenzungen zu beachten. Entsprechend den dort fr Schadensersatzansprche aus positiver Vertragsverletzung (Pflichtverletzung i. S. d. § 280 BGB) im kaufmnnischen Geschftsverkehr vorgesehenen Regelungen gilt Folgendes: Hat ein Verlagsmitarbeiter, der nicht leitender Angestellter ist, als Erfllungsgehilfe die Anweisung, eine wettbewerbswidrige Anzeige nicht 1 Hat der Inserent die notwendigen Informationen nicht schriftlich, sondern nur mndlich erteilt, so begrndet dies ein Mitverschulden: OLG Dsseldorf, AfP 1991, S. 620, 623. 2 Nach der Entscheidung des OLG Dsseldorf (AfP 1991, S. 620, 623) soll der Verlag dafr beweispflichtig sein, dass die entsprechenden Mitteilungen durch den Inserenten nicht erfolgt sind. 3 In der Entscheidung des BGH (AfP 1988, S. 131) wird die Frage angesprochen, ob der Inserent das erneute Erscheinen der wettbewerbswidrigen Anzeige nicht selbst zu vertreten hat, weil er „nicht alles Erforderliche getan haben kçnnte, um eine Wiederholung der Anzeige mit dem zu unterlassenden Inhalt hinreichend sicher auszuschließen“ (diese Passage ist in GRUR 1988, S. 561 mit abgedruckt). Hat der Inserent eine Annonce aufgegeben, in der eine (zeitlich befristete) Sonderveranstaltung angekndigt wird, so soll der Werbetreibende dann, wenn die Anzeige aufgrund eines Fehlers des Verlages nicht erscheint und eine nachgeholte Verçffentlichung gegen eine vom Inserenten abgegebene Unterlassungsverpflichtungserklrung verstoßen wrde, verpflichtet sein, den Verlag unmittelbar anzuweisen, das bestellte Inserat keinesfalls mehr abzudrucken. Unterbleibt dieser Hinweis und verçffentlicht das Verlagsunternehmen die Anzeige doch noch, so sind keine Regressansprche des Inserenten gegeben – AG Kerpen, Urteil v. 27.1.1988 (Az. 3 C 551/87).

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150 Rath-Glawatz

Haftung fr Fehler bei der Anzeigenverçffentlichung

Rz. 259 P

mehr oder nur nach Ausfhrung von im einzelnen vorgeschriebenen nderungen zu verçffentlichen, leicht oder grob fahrlssig missachtet, so scheiden Schadensersatzansprche aus.1 Trifft den Verleger und seine gesetzlichen Vertreter bzw. Erfllungsgehilfen, die leitende Angestellte sind, nur leichte Fahrlssigkeit daran, dass es in der Anzeigenproduktion zu einem Fehler und damit zur Wettbewerbswidrigkeit des Inserats gekommen ist, so besteht ebenfalls kein Schadensersatzanspruch.2 Ist der Fehler dagegen auf grobe Fahrlssigkeit des Verlegers, seiner gesetzlichen Vertreter bzw. leitenden Mitarbeiter als Erfllungsgehilfen zurckzufhren, so ist der vorhersehbare Schaden bis zur Hçhe des Anzeigenentgelts zu ersetzen. Grob fahrlssig wrde der Verleger beispielsweise handeln, wenn nicht durch eindeutige organisatorische Maßnahmen dafr Sorge getragen wird, dass die Anweisungen des Inserenten nach Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklrung zuknftig auch beachtet werden. Sind entsprechende Maßnahmen angeordnet und werden sie regelmßig berwacht, so trifft den Verleger und seine gesetzlichen Vertreter dagegen keine grobe Fahrlssigkeit, wenn dennoch durch einen „Ausrutscher“ in der Anzeigenproduktion das Inserat wettbewerbswidrig wird. Wrden beispielsweise auf entsprechende Anweisung durch den Inserenten alle wettbewerbswidrigen Anzeigenmanuskripte vernichtet und kommt es trotzdem noch einmal zu einer Verçffentlichung der wettbewerbsrechtlich unzulssigen Anzeige, weil ein Mitarbeiter der Anzeigenherstellung aus einer alten (gedruckten) Vorlage die frhere wettbewerbswidrige Anzeige abfotografiert hat, so kann dem Verleger und seinen gesetzlichen Vertretern nicht der Vorwurf grob fahrlssigen Verhaltens gemacht werden. Manifestiert sich ein grob fahrlssiges Verhalten in entsprechenden Organisationsmngeln, so zhlt zu dem „vorhersehbaren“ Schaden i. S. d. Ziff. 10 ZAW-AGB die von den Inserenten zu zahlende Vertragsstrafe. Inwieweit auch Anwalts-(bzw. Gerichts-)Kosten einzubeziehen sind, hngt vom Einzelfall ab. Regelmßig wird der Inserent nicht darlegen kçnnen, welchen Erfolg es haben sollte, sich anwaltlich (gerichtlich) gegen die Zahlung der Vertragsstrafe zur Wehr zu setzen. Im Sinne der Schadens1 Den Leiter der Anzeigenabteilung wird man, sofern er nicht ohnehin den Status eines gesetzlichen Vertreters hat, in diesem Sinne als leitenden Angestellten einzustufen haben. 2 Das OLG Dsseldorf (AfP 1991, S. 620, 623) sieht den Verlag als beweispflichtig fr seine Behauptung an, es liege nur leichte Fahrlssigkeit vor. Insoweit msse einerseits vorgetragen werden, welche allgemeinen Vorkehrungen getroffen sind, um sicherzustellen, dass nderungswnsche des Inserenten, die die Wettbewerbswidrigkeit von Anzeigen beseitigen sollen, auch befolgt werden, und andererseits, wie im konkreten Fall der (dann doch nicht vollzogene) nderungsauftrag verlagsintern ablaufen sollte und abgelaufen ist.

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Rath-Glawatz 151

P Rz. 260

Haftung fr Fehler bei der Anzeigenverçffentlichung

minderungspflicht ist er daher gehalten, die Vertragsstrafe ohne weitere Verzçgerung zu zahlen. In jedem Fall ist der Ersatz des vorhersehbaren Schadens auf die Hçhe des jeweiligen Anzeigenentgelts begrenzt. Ist eine wettbewerbswidrige Anzeige aufgrund eines Fehlers im Verlag noch einmal erschienen, obwohl der Inserent den Auftrag storniert hat, so ist fr den Fall der Schadensberechnung der fiktive Anzeigenpreis zugrunde zu legen. In dem praktisch unwahrscheinlichen Fall, dass ein Verlag trotz entsprechender Hinweise die wettbewerbswidrige Anzeige vorstzlich noch einmal verçffentlicht, bleiben die Schadensersatzansprche des Inserenten in voller Hçhe bestehen. 260

Nach der Rechtsprechung des BGH sind Freizeichnungsklauseln unzulssig, soweit in ihnen bei grob fahrlssigem Verhalten eines Erfllungsgehilfen, der nicht leitender Angestellter ist, Schadensersatzansprche aus der Verletzung von vertraglichen Hauptpflichten bezglich des dadurch verursachten Schadens aufgehoben oder (der Hçhe nach) begrenzt werden.1 Diese Rechtsprechung ist jedoch nicht auf die Flle anwendbar, in denen aufgrund grob fahrlssigen Verhaltens eines sog. einfachen Erfllungsgehilfen im Verlag eine Anzeigenverçffentlichung wettbewerbswidrig wird und der Inserent, da dies einen Verstoß gegen eine von ihm frher abgegebene Unterlassungserklrung darstellt, den ihm entstandenen Schaden beim Verlag geltend zu machen versucht. Denn wenn das Verlagsunternehmen von Inserenten nach Abgabe der Unterlassungserklrung erteilte Anweisungen nicht hinreichend beachtet, stellt dies allenfalls die Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht, nicht jedoch von Hauptpflichten aus dem Anzeigenauftrag dar.2 Außerdem ist in diesem Zusammenhang zu bercksichtigen, dass der Inserent, weil er bereits frher wettbewerbswidrig geworben und eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklrung abgegeben hat, die ausschlaggebenden Ursachen dafr gesetzt hat, dass aus dem grob fahrlssigen Verhalten des Verlagsmitarbeiters berhaupt noch ein ber den Mangelschaden hinausgehender zustzlicher Schaden entstehen konnte. Fr derartige „entfernt liegende Schden“ sind Freizeichnungsklauseln wie die in Ziff. 10 Abs. 3 1. Alt. ZAW-AGB auch weiterhin zulssig.3 1 BGH, NJW 1984, S. 1350. 2 Dies bersieht das OLG Hamm in seinem Urteil v. 20.11.1987 (Az. 26 U 243/86). Aber selbst dann, wenn man in diesen Fllen die Verletzung einer Hauptpflicht unterstellt, ist die Rechtsprechung des BGH nicht einschlgig. Denn der entstandene Schaden resultiert nicht primr aus dieser Verletzung, sondern daraus, dass der Inserent bereits eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklrung abgegeben hat. Der Entscheidung des BGH ist jedoch zu entnehmen, dass der Schaden direkt aus der Verletzung der Hauptleistungspflicht entstanden sein muss. 3 Vom BGH ausdrcklich offengelassen: NJW 1984, S. 1351.

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152 Rath-Glawatz

Impressum

Rz. 263 P

Kommt in den genannten Fllen die Anwendung der Ziff. 10 Abs. 3 2. Alt. (Haftungsbegrenzung bei grob fahrlssigem Verhalten des Verlegers, seiner gesetzlichen Vertreter und leitenden Mitarbeiter als Erfllungsgehilfen) in Betracht, so ist auch diese Regelung aus den dargestellten Grnden nicht zu beanstanden. Wird der Verlag selbst wegen der wettbewerbswidrigen Verçffentlichung in Anspruch genommen, so kçnnen erhebliche Kosten entstehen. Ob der Verlag diese dem Inserenten in Rechnung stellen kann, hngt damit zusammen, ob die Wettbewerbswidrigkeit durch den Inserenten verursacht wurde (das von ihm vorgelegte Anzeigenmanuskript war von Anfang an wettbewerbsrechtlich unzulssig) oder ob die Wettbewerbswidrigkeit aus der Verletzung einer der dem Verlag obliegenden Verpflichtung herrhrt (z. B. Missachtung der Kennzeichnungspflicht bzw. der Prfungspflicht). Zu bercksichtigen ist dann auch, ob gegebenenfalls ein Mitverschulden des Verlages bzw. des Inserenten vorliegt.

261

Impressum In allen Landespressegesetzen ist die Verpflichtung zum Abdruck eines Impressums enthalten.1 Darin sind Name/Firma und Anschrift des Druckers und des Verlegers aufzufhren und bei „periodischen Druckschriften“ auch Name und Anschrift des „verantwortlichen Redakteurs“. Außerdem ist „fr den Anzeigenteil ein Verantwortlicher zu benennen“. Lediglich in Hessen gilt diese Trennung nicht; hier hat der zu benennende „verantwortliche Redakteur“ sowohl fr den redaktionellen wie auch fr den Anzeigenteil einzustehen.

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Die Landespressegesetze definieren „periodische Druckwerke“ als „Zeitungen, Zeitschriften und andere in stndiger, wenn auch unregelmßiger Folge und im Abstand von nicht mehr als sechs Monaten erscheinende Druckwerke“.2 Die Impressumspflicht erstreckt sich danach neben den Zeitungen und Zeitschriften mit redaktionellem Teil auch auf Anzeigenbltter. Dies gilt selbst dann, wenn diese auf redaktionelle Berichterstattung verzichten und als Offertenbltter ausschließlich Anzeigen abdrucken.3 Umstritten ist, in welchen Fllen eine Beilage zur Zeitung/Zeitschrift ein eigenes Impressum bençtigt.4 Eine Lçsung wird man in der Weise zu su1 S. z. B. § 8 LPG NW; Lçffler/Ricker, S. 91, 103 Rz. 36 ff.; s.a Lçffler, § 8 LPG Rz. 92 ff.; Ahrens, § 74 Rz. 154. 2 S. z. B. § 7 Abs. 4 LPG NW. 3 OLG Dsseldorf, WRP 1987, S. 473/474. 4 Lçffler, § 8 LPG Rz. 97; Lçffler/Ricker, S. 96 Rz. 10 ff.

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Rath-Glawatz 153

263

P Rz. 264

Impressum

chen haben, inwieweit aus der Sicht des Verlages Hauptblatt und Beilage als einheitliches Druckwerk anzusehen sind oder nicht. Bildet die Beilage einen regelmßigen Bestandteil des jeweiligen Objekts und wird sie auch von denjenigen betreut, die im Hauptblatt als „Verantwortliche“ genannt sind, so liegt ein einheitliches Druckwerk vor. Ein gesondertes Impressum ist nicht erforderlich. Erscheint die Beilage nach dem Willen des Verlages jedoch als Sonderverçffentlichung, so muss sie auch ein gesondertes Impressum haben. Dies wird oftmals schon daraus deutlich, dass fr die Anzeigen in diesen „Sonderbeilagen“ ein anderer Mitarbeiter des Verlages als „Verantwortlicher“ ttig und entsprechend in dem Impressum der Beilage auszuweisen ist. 264

Wird entgegen der gesetzlichen Verpflichtung im Impressum dann, wenn neben dem redaktionellen Teil auch Anzeigen verçffentlicht werden, kein „Verantwortlicher fr den Anzeigenteil“ ausgewiesen, so stellt dies eine Ordnungswidrigkeit dar.1 Schon nach altem UWG-Recht sollte ein Wettbewerbsverstoß nur dann vorliegen, wenn sich der Verlag „bewusst und planmßig“ ber die Impressumspflicht hinwegsetze, um sich hierdurch einen sachlich ungerechtfertigten Vorsprung vor seinen Mitbewerbern zu verschaffen.2 Dies sei nicht schon dann anzunehmen, wenn im Impressum die Angabe des „Druckers“ fehlt,3 wohl aber, wenn der Verlag es wiederholt unterlasse, den „Verantwortlichen fr den Anzeigenteil“ zu benennen.4 Denn auf diese Weise werde erkennbar versucht, den Adressatenkreis fr mçgliche zivilrechtliche (Regress-)Ansprche gegenber rechtswidrigen Anzeigenverçffentlichungen einzuschrnken in der Hoffnung, dadurch gegenber den Forderungen der Anzeigenkunden großzgiger verfahren zu kçnnen.5 Hat sich ein Verlag, der bisher kein Impressum verçffentlichte, auf eine Abmahnung hin in einem Vertragsstrafeversprechen verpflichtet, zuknftig seiner Impressumspflicht zu gengen, so soll beim erneuten Fehlen des Impressums die Vertragsstrafe fllig werden, ohne dass es dann darauf

1 S. § 23 Abs. 1 Nr. 1 LPG NW; Lçffler, § 8 LPG Rz. 152 ff. 2 OLG Dsseldorf, WRP 1987, S. 475; s. a. OLG Mnchen, ZUM 1990, S. 308 – nach der Entscheidung des OLG Mnchen soll ein ungerechtfertigter Wettbewerbsvorsprung dann gegeben sein, wenn ein Anzeigenblatt wiederholt kein Impressum enthlt und der so „frei gewordene“ Raum zum Abdruck von Anzeigen genutzt wird. Der BGH betont, dass bei fehlendem Impressum der Verstoß gegen die einschlgigen Bestimmungen der Landespressegesetze noch keine Wettbewerbswidrigkeit i. S. d. UWG beinhalte; erst wenn weitere, besondere wettbewerbliche Umstnde hinzukmen, kçnne u. U. auch ein Wettbewerbsverstoß vorliegen: BGH, AfP 1989, S. 732–735. 3 OLG Hamm, AfP 1986, S. 344/345. 4 OLG Dsseldorf, WRP 1987, S. 475. 5 Zur Frage der Wettbewerbswidrigkeit eines fehlerhaften Impressums: Lçffler/Ricker, S. 601 Rz. 9.

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154 Rath-Glawatz

Kennzeichnung/Anzeigen

Rz. 265 P

ankommen soll, ob dies noch als ein Wettbewerbsverstoß anzusehen ist.1 Mit Blick auf die neue Vorschrift des § 4 Nr. 11 UWG wird man diese alte Rechtsprechung heute nur noch bedingt anwenden kçnnen.2 Denn es drfte sich bei den Impressumsvorschriften eher um Marktzugangsnormen handeln, nicht jedoch um Regelungen, die das Marktverhalten selbst ordnen. Da jedoch nur letztere von dem Anwendungsbereich des § 4 Nr. 11 UWG umfasst sind, wird man allenfalls unter Berufung auf § 3 UWG dann einen wettbewerbsrechtlichen Verstoß annehmen kçnnen, wenn weitere massive Umstnde hinzukommen.3

Kennzeichnung/Anzeigen Alle Landespressegesetze schreiben vor, dass in periodischen Druckschriften entgeltliche Verçffentlichungen dann, wenn sie nicht schon „durch Anordnung und Gestaltung“ als Inserat zu erkennen sind, mit dem Wort „Anzeige“ gekennzeichnet (R Rz. P 353) werden mssen.4 Indem die Landespressegesetze auf die Entgeltlichkeit der Verçffentlichung abstellen, werden aus dem Bereich der getarnten Werbung nur die redaktionell gestal1 2 3 4

AG Altçtting, zit. in: WRP 1984, S. 113. Gegen eine Anwendbarkeit: Ahrens, § 74 Rz. 154. BGH, AfP 1989, S. 732, 735. § 10 des LPG NW bestimmt: „Hat der Verleger oder der Verantwortliche (§ 8 Abs. 2 Satz 4) eines periodischen Druckwerks fr eine Verçffentlichung ein Entgelt erhalten, gefordert oder sich versprechen lassen, so muss diese Verçffentlichung, soweit sie nicht schon durch Anordnung und Gestaltung allgemein als Anzeige zu erkennen ist, deutlich mit dem Wort ‚Anzeige‘ bezeichnet werden.“ – Allgemein dazu: Gross, AfP 1993, S. 549, 550; Lçffler, § 10 LPG Rz. 2 ff.; Soehring, S. 316 Rz. 17.1 ff.; Branahl, Medienrecht, S. 226 (m. N. a die Rtspr.). Zu den standesrechtlichen Regelungen, aus denen sich ebenfalls ein Kennzeichnungsgebot ergibt: Lçffler/Ricker, S. 112 Rz. 19; Wenzel, § 5 Rz. 350 ff.; Ahrens, § 74 Rz. 36, 41 ff.; Soehring, S. 502 Rz. 24.4. Sind in das Titelblatt (Titelfoto) einer Zeitschrift Anzeigen eingeblendet, so mssen sie ebenfalls gekennzeichnet werden, wenn sie ohne Kennzeichnung als redaktionelle Elemente der Titelgestaltung erscheinen – LG Kçln, Urteil v. 17.7.2003 – Az. 31 O 321/03. Zur Kennzeichnungspflicht auch bei Anzeigenblttern: OLG Hamburg, GRUR 2000, S. 455; OLG Dsseldorf, ArchPR 1977, S. 84. Auch die „unentgeltlich“ verçffentlichte Anzeige ist zu kennzeichnen: OLG Hamm, GRUR 1991, S. 562. Umgekehrt ist es wettbewerbswidrig, (unbezahlte) redaktionelle Verçffentlichungen als „Anzeige“ zu kennzeichnen, um so flschlicherweise den Eindruck zu erwecken, der in der „Anzeige“ genannte Kunde habe tatschlich ein Inserat geschaltet – OLG Mnchen, AfP 1992, S. 286, 287; KG, AfP 1995, S. 656. Ebenfalls wettbewerbsrechtlich unzulssig ist es, im redaktionellen Teil eine Anzeige abzudrucken, die inhaltlich als Gegendarstellung formuliert ist (was fr sich genommen noch unschdlich wre), aber nicht oder nicht hinreichend als Anzeige gekennzeichnet ist – LG Koblenz, AfP 1993, S. 596–597.

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P Rz. 265

Kennzeichnung/Anzeigen

teten Anzeigen erfasst. Fehlt ein Entgelt, wie etwa bei den unbezahlten redaktionellen Hinweisen (R Rz. P 370), so greifen die wettbewerbsrechtlichen Vorschriften (§§ 3, 4 Nr. 3, 5 UWG),1 wenn die redaktionelle Verçffentlichung in Wahrheit Werbung darstellt und nicht entsprechend als Anzeige gekennzeichnet ist.2 Durch das presserechtliche Gebot der Kennzeichnung entgeltlicher Verçffentlichungen3 soll sichergestellt werden, dass redaktionelle Werbung klar zu identifizieren ist, um den Anspruch des Lesers auf freie, d. h. unverflschte Information zu gewhrleisten und das Ansehen und die Glaubwrdigkeit der Presse zu sichern. Die Kennzeichnungspflicht entfllt immer dann, wenn der unbefangene Leser4 als jemand, der mit dem in Frage stehenden Objekt vertraut ist5, auf den ersten Blick aus Gestaltung, ußerer Form, Anordnung und/oder Platzierung der Verçffentlichung erkennen kann, dass es sich um eine Anzeige handelt.6 1 Die Diskussion zu der Frage, inwieweit dann, wenn zu einer Anzeige ein redaktioneller Beitrag als werbende Zugabe beigestellt wird, das Kennzeichnungsgebot mit Blick auf unterschiedliche Formulierungen in den Landespressegesetzen anwendbar ist (dazu: Lçffler/Ricker, S. 108 Rz. 8; Lçffler, § 10 LPG Rz. 16), erscheint mßig. Ist die Anzeige per se nicht als Inserat erkennbar, so muss sie stets gekennzeichnet werden; ein hinzugestellter werbender Artikel, dem der rechtfertigende journalistische Anlass fehlt, ist als Schleichwerbung im redaktionellen Gewand stets unzulssig. Er darf als unentgeltliche Verçffentlichung auch nicht als „Anzeige“ gekennzeichnet werden – KG Berlin, AfP 1995, S. 656. 2 Das OLG Hamm (OLGR 1992, S. 57) will bei redaktionell gestalteten Anzeigen dann eine Ausnahme machen, wenn es sich um ein Inserat handelt, dass allein aus karitativen Grnden verçffentlicht wird, weil es an einer entsprechenden Wettbewerbsfçrderungsabsicht des Verlages fehle. 3 Die presserechtliche Verpflichtung zur Kennzeichnung trifft private wie gewerbliche Inserenten gleichermaßen – ob in dem Fehlen einer erforderlichen Kennzeichnung auch ein UWG-Verstoß liegt, ist nur mit Blick auf die gewerblichen Inserenten zu beurteilen, da die Anwendung des UWG das Bestehen eines Wettbewerbsverhltnisses voraussetzt – Lçffler, § 10 LPG Rz. 50. 4 Dazu: Lçffler/Ricker, S. 109 Rz. 13a; Lçffler, § 10 LPG Rz. 25. 5 Nicht gefolgt werden kann dabei dem LG Hamburg, das die Ansicht vertritt, entscheidend sei nicht der Erkenntnishorizont des Stammlesers, sondern der des Erstlesers (LG Hamburg, AfP 1988, S. 389, 390). Um als Leser erkennen zu kçnnen, ob sich eine redaktionell gestaltete Anzeige hinreichend deutlich vom redaktionellen Umfeld abhebt bzw. nicht ausreichend gekennzeichnet ist, muss man das Printobjekt schon vorher gekannt haben. Wesentlich bleibt, dass es auch fr den Stammleser als „flchtigem Leser“ sofort erkennbar sein muss, ob es sich um eine redaktionelle Verçffentlichung oder um Werbung handelt. 6 Soweit ein Verlag in einem redaktionellen Bericht Eigenwerbung betreibt (z. B. Hinweis auf Auflagenentwicklung), soll das Gebot der Trennung von redaktionellem Text und Anzeigenteil nicht gelten: OLG Karlsruhe, AfP 1984, S. 35; a. A. OLG Hamm, ArchPR 1973, S. 155. Wird eine Kleinanzeige im rubrizierten Kleinanzeigenteil abgedruckt, so ist in jedem Fall bereits durch die Anordnung unmissverstndlich deutlich, dass es sich um ein Inserat (eine entgeltliche Verçffentlichung) handelt – zur Frage, was erfolgen muss, um eine Kleinanzeige als „gewerblich“ von privaten Kleinanzeigen zu unterscheiden: OLG Stuttgart,

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Kennzeichnung/Anzeigen

Rz. 266 P

Nach den Bestimmungen der Landespressegesetze ist allein die Bezeichnung mit dem Begriff „Anzeige“ korrekt.1 Man wird allenfalls dann eine Ausnahme machen kçnnen, wenn die Leser durch eine andere Anzeigenkennzeichnung ber Jahrzehnte daran gewçhnt sind, wie entgeltliche Verçffentlichungen gekennzeichnet werden. Einen derartigen Ausnahmefall wird man annehmen kçnnen, wenn die fr Verlagskollektive eingefhrte Bezeichnung „Verlagssonderverçffentlichung“ benutzt wird.2 Nicht ausreichend ist es dagegen, wenn redaktionell gestaltete Anzeigen, die fr den Leser nicht als Inserate erkennbar sind, lediglich mit dem Hinweis „Die X-Zeitung prsentiert Ihnen auf den folgenden Sonderseite Einzelhandelsgeschfte aus … “ angekndigt werden.3 Bezogen auf eine Apotheken-Kundenzeitschrift soll es ausreichen, wenn Inserate mit dem Hinweis „Eine Werbeinformation aus ihrer Apotheke“ gekennzeichnet sind.4 Kennzeichnet ein Verlag („der Einfachheit halber“) durchgngig alle Seiten eines Printprodukts mit dem Begriff „Anzeige“, und zwar auch die, auf denen auch redaktionelle Inhalte verçffentlicht werden, so kann trotzdem nicht von einer hinreichend deutlichen Kennzeichnung mit Blick auf die Inserate gesprochen werden.5 Ebenso wenig reicht es aus, wenn am Kopf einer Seite der Begriff „Anzeige“ steht, zunchst jedoch redaktionelle Beitrge abgedruckt sind und erst am Ende ein redaktionell gestaltetes Inserat verçffentlicht wird. Die rumliche Distanz zwischen dem kennzeichnenden Hinweis und dem Inserat ist zu groß.6 Anders ist der Fall zu beurteilen, wenn neben dem Abdruck des Begriffs „Anzeige“ und untersttzt durch die graphische Aufmachung (eine „Unterstreichung“, d. h. eine Linie ber die ganze Seite) unmittelbar anschließend redaktionell gestaltete Werbung verçffentlicht wird.7

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WRP 1990, S. 847. Bezogen auf ein Anzeigenblatt hat das OLG Stuttgart (NJWRR 1996, S. 1133) eine hinreichende Erkennbarkeit einer Anzeige selbst bei fehlender Kennzeichnung mit dem Begriff „Anzeige“ dann noch angenommen, wenn in dem Inserat zwar Fließtextanteile enthalten waren, der Firmenname jedoch deutlich herausgehoben war. Kritisch kçnnen auch Inserate sein, in denen die Verlage als Eigenwerbung fr „Leserreisen“ werben. Sind diese Verçffentlichungen redaktionell gestaltet und nicht als Eigenwerbung der Verlage erkennbar, mssen sie als Anzeige gekennzeichnet werden. Anders ist es dagegen, wenn nicht fr eine bevorstehende Reise redaktionell geworben wird, sondern ber eine bereits erfolgte Reise nachtrglich redaktionell berichtet wird. BGH, ArchPR 1974, S. 143; s. a. LG Hamburg, ArchPR 1969, S. 106; Rodekamp, GRUR 1978, S. 684; Wollemann, WRP 1979, S. 685; ZAW-edition Schleichwerbung, S. 23; s. a. Lçffler/Ricker, S. 110 Rz. 15; Lçffler, § 10 LPG Rz. 28. Nordemann, in: Hasselblatt, MAH Gewerblicher Rechtsschutz § 17 Rz. 7. OLG Bamberg, WRP 1995, S. 1069. BGH, ZUM 1996, S. 785. OLGR Hamburg 2000, S. 143. OLGR Hamm 1991, S. 12. OLG Hamburg, K&R 1999, S. 328.

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Kennzeichnung/Anzeigen

Auch bei neuen Anzeigenformen wird man nach den hergebrachten Kriterien unterscheiden mssen, ob sie durch Anordnung und Gestaltung als Inserate erkennbar sind oder ausdrcklich mit dem Begriff „Anzeige“ zu kennzeichnen sind. Bei sog. shadow-Anzeigen wird eine redaktionelle Verçffentlichung wie beispielsweise der Bericht ber ein Fußballspiel mit dem – als bezahlte Anzeige geschalteten – Logo eines der beteiligten Vereine unterlegt. Ob diese Form der ineinanderfließenden Verçffentlichung eines redaktionellen Textes und eines Inserates zulssig/kennzeichnungspflichtig ist, hngt entscheidend davon ab, ob der Leser nach den Umstnden des konkreten Einzelfalles die beiden Elemente noch auseinanderhalten kann oder nicht. Gleiches gilt mit Blick auf die sog. ad-cover-Anzeigen, bei denen die Original-Titelseite eines Printmediums mit einer zustzlichen Titelseite ummantelt ist, auf der neben dem Originalschriftzug der jeweiligen Ausgabe Werbung abgedruckt ist. Hier wird man in der Regel annehmen kçnnen, dass der Leser sofort merkt, dass es sich in diesen Fllen um einen werblichen Vorspann, nicht um die „eigentliche“ redaktionelle Titelseite handelt. Werden in eine Seite mit redaktioneller Berichterstattung werbende graphische Elemente ohne dazugehçrigen Hinweis auf den Werbetreibenden eingebaut (z. B. die Reifenspur, die fr einen Gelndewagen werben soll), so sind Zweifel daran, ob diese graphischen Elemente als „Anzeige“ gekennzeichnet werden mssen, nur dann ausgerumt, wenn diese Elemente vom Leser automatisch erkannt und sofort einem bestimmten Werbetreibenden zugeordnet werden (wrden). Beispiel: Wre statt der Reifenspur die typische Coca-Cola-Flasche (auch) ohne Aufdruck quer in den redaktionellen Text einmontiert, dann wre diese Grafik unmittelbar als Werbung erkennbar. Es kann weiter beobachtet werden, dass redaktionelle Texte (z. B. das tgliche TV-Programm) in einen gestalteten Anzeigenrahmen eingebettet sind. Ist der redaktionelle Teil klar erkennbar, weil er in seinem Layout (Spaltenbreite, Schrifttype usw.) dem entspricht, was generell in dem jeweiligen Printmedium redaktionelle Berichterstattung ausmacht, so ist auch der die Berichterstattung umgebende Rahmen zweifelsfrei als Werbung identifizierbar, wenn er sich deutlich von dem Layout redaktioneller Berichterstattung abhebt, indem er etwa in der fr die Werbung des jeweiligen Werbetreibenden typischen Farben gehalten ist und die gestalterischen Elemente (Produkt-Abbildungen) den werblichen Zweck unterstreichen. Diese an die TV-Werbung – gespaltener Bildschirm (splitscreen) – erinnernde Anzeigengestaltung ist in der beschriebenen Form auch in Printmedien zulssig, ohne dass der Rahmen nochmals als Anzeige zu kennzeichnen wre.

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158 Rath-Glawatz

Kennzeichnung/Anzeigen

Rz. 269 P

Anders ist dagegen folgende Fallgestaltung zu beurteilen: In einer Programmzeitschrift wird eine Doppelseite verçffentlicht, auf der in redaktionellen Berichten Spielfilme vorgestellt werden. Diese redaktionelle Prsentation der Filme folgt einem immer wiederkehrenden, mit gleich bleibenden graphischen Elementen durchsetzten Gestaltungsmuster. Auf der rechten der beiden Seiten wird eingebettet in die einzelnen Artikel eine redaktionell gestaltete Werbung fr einen PKW abgedruckt. Kritisch ist nicht die Tatsache an sich, dass die PKW-Anzeige redaktionell gestaltet ist, sondern der Umstand, dass auch in der PKW-Werbung alle fr die redaktionelle Gestaltung prgenden Elemente vorzufinden sind (Schrifttype, Spaltenaufteilung/Spaltenbreite, graphische Elemente usw.). Damit nimmt der Leser das Inserat nicht auf den ersten Blick als Anzeige wahr. Selbst wenn zwischen der Gestaltung der redaktionellen Berichterstattung und dem Inserat Unterschiede vorhanden sein sollten (der redaktionelle Text ist beispielsweise weiß, die Anzeige ist blau unterlegt), reichen diese Unterschiede nicht aus, um die redaktionell gestaltete Anzeige von Anfang an unmissverstndlich als Inserat zu kennzeichnen. Ohne eine entsprechende Kennzeichnung wre die redaktionell gestaltete PKW-Werbung wettbewerbsrechtlich unzulssig. Ebenfalls in Anlehnung an die Werbeformen aus dem TV ist zu beobach- 268 ten, dass in (TV-)Zeitschriften in den Rubrikenkçpfen Inserate abgedruckt werden, in denen ein „TV Tipp“ des Werbetreibenden vorgestellt wird („Bandit“-Werbung). Zugleich werden im redaktionellen Teil vorgestellte Sendungen noch mit einem zustzlichen Symbol versehen, das das Logo des Werbetreibenden enthlt (sog. Bubble-Werbung). Sind beispielsweise die Inserate in der fr die brige Werbung des Inserenten typischen Aufmachung gehalten, so sind sie regelmßig auch unmittelbar als werbliche „Einspielungen“ erkennbar. Dies gilt erst, wenn der Name des Werbenden in den eingestreuten „Bubbels“ jeweils deutlich wahrnehmbar ist. Die Inserate sind dann durch „Anordnung und Gestaltung“ jeweils als Anzeige erkennbar. Einer besonderen Kennzeichnung bedarf es nicht. Bei der sog. Advertorial-Werbung handelt es sich fast immer um (zumindest in Teilen) redaktionell gestaltete Anzeigen, die regelmßig kennzeichungspflichtig sind. Von einer derartigen Werbeform drfte immer dann zu sprechen sein, wenn in einer Anzeige zunchst in redaktioneller Gestaltung aktuelle Themen aufgegriffen, werblich mit Blick auf die Angebote der Werbetreibenden behandelt („umgesetzt“) werden und anschließend – bergangslos – zustzlich anzeigentypische Elemente des Werbetreibenden (z. B. eines seiner Produkte, das Firmenlogo) abgedruckt werden. Derartige Inserate mssen als Anzeigen gekennzeichnet worden. Die redaktionelle Aufmachung berwiegt, es ist nicht auf den ersten Blick erkennbar, ob es sich um Werbung handelt, wo die etwaige redaktionelle Berichterstattung beginnt und wo sie endet.

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Kennzeichnung/Anzeigen

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Ist die Kenntlichmachung durch den Begriff „Anzeige“ nicht erfolgt, obwohl dies notwendig war, so stellt dies eine Ordnungswidrigkeit dar, die aufgrund der entsprechenden Vorschriften in den Landespressegesetzen geahndet werden kann.1 Derartige Verfahren drften allerdings relativ selten sein, da Verstçße gegen die Kennzeichnungspflicht i. d. R. durch entsprechende Unterlassungsaufforderungen gem. § 8 UWG von Konkurrenzverlagen aufgegriffen werden und so indirekt fr die Einhaltung der presseordnungsrechtlichen Kennzeichnungspflicht gesorgt wird.2

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Die Beachtung der presserechtlichen Kennzeichnungspflicht obliegt dem Verleger und dem Verantwortlichen fr den Anzeigenteil, wobei einige Landespressegesetze nur den Verleger in die Pflicht nehmen.3 Insoweit ist im brigen auf Ziff. 7 Abs. 2 der ZAW-AGB (R Rz. P 31) zu verweisen, in der bestimmt ist, dass „Anzeigen, die aufgrund ihrer redaktionellen Gestaltung nicht als Anzeigen erkennbar sind,… als solche vom Verlag mit dem Wort ‚Anzeige‘ deutlich kenntlich gemacht“ werden mssen.4An dieser Erkennbarkeit fehlt es selbstverstndlich, wenn in einem Anzeigenblatt (der Einfachheit halber) gleich alle Seiten mit dem Begriff „Anzeige“ gekennzeichnet werden, also auch Seiten, die redaktionelle Berichterstattung enthalten.5

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Die Frage, in welcher Schriftstrke (fett/halbfett), welcher Schriftgrçße, an welcher Stelle bzw. an welchen Stellen des Inserats und gegebenenfalls wie oft die Kennzeichnung mit dem Wort „Anzeige“ erfolgen muss, um eine Irrefhrung zu vermeiden, lsst sich nur an Hand der Umstnde des jeweiligen Einzelfalls beantworten.6 Je weniger sich die abgedruckte Werbung vom redaktionellen Teil unterscheidet, umso hçher sind die Anforderungen an die Kennzeichnung, je deutlicher sich aus dem Inserat der Charakter als entgeltliche werbliche Verçffentlichung ergibt, umso weniger besteht die Notwendigkeit einer zustzlichen Kennzeichnung.

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Auch bei sog. Offertenblttern, die regelmßig keinen (oder nur einen unbedeutenden) redaktionellen Teil haben, muss auf die Einhaltung der Kennzeichnungspflicht geachtet werden. Dies gilt nicht nur fr die in 1 § 23 Abs. 1 Nr. 2 des LPG NW bestimmt: „Ordnungswidrig handelt, wer vorstzlich oder fahrlssig … als Verleger oder als Verantwortlicher (§ 8 Abs. 2 Satz 4) eine Verçffentlichung gegen Entgelt nicht als Anzeige kenntlich macht oder kenntlich machen lsst (§ 10).“ 2 Zur Frage des Umfangs von Unterlassungsverpflichtungserklrungen im Zusammenhang mit der Nichtbeachtung der Kennzeichnungspflicht: OLG Hamm, WRP 1988, S. 260 ff. 3 Dazu insgesamt: Lçffler, 3. Aufl. Bd. 1, S. 479 Rz. 12 ff.; Lçffler/Ricker, S. 111 Rz. 9 ff.; ZAW-edition Schleichwerbung S. 13–14; Rodekamp, GRUR 1978, S. 682; Wollemann, WRP 1979, S. 682; s. a. Ochs, Rz. 15 ff.; Fuchs, GRUR 1988, S. 736, 738. 4 OLG Hamburg, GRUR 2000, S. 455. 5 Dazu: Wronka, S. 59/60; Klosterfelde, S. 46, 163/164. 6 Dazu: Lçffler-Ricker, S. 114 Rz. 16; Lçffler, § 10 LPG Rz. 23 ff., 29.

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Kennzeichnung/Anzeigen

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diesen Blttern abgedruckten kostenpflichtigen (gewerblichen) Anzeigen, sondern auch fr die kostenfreien (privaten) Kleinanzeigen. Unabhngig von dieser presserechtlichen Kennzeichnungspflicht haben die Offertenbltter wettbewerbsrechtlich die besondere Verpflichtung, innerhalb der verçffentlichten Anzeigen nochmals durch ausdrckliche Kennzeichnung deutlich zu machen, ob es sich um eine (kostenfreie) private Annonce oder ein (kostenpflichtiges) gewerbliches Inserat handelt.1 Hat eine Anzeigen-Beilage nahezu dasselbe Format wie die Trgerzeitung und sind sich beide in Gliederung, Aufmachung und Satzspiegel hnlich, so ist die Beilage insgesamt als „Anzeige“ zu kennzeichnen. Dies gilt insbesondere dann, wenn in der Beilage neben erkennbaren Anzeigenverçffentlichungen auch (getarnte) Werbung in Form von redaktionellen Berichten abgedruckt ist.2

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Kundenzeitschriften,3 die sich nach ihrer Aufmachung und auch in ihren „redaktionellen“ Beitrgen ausschließlich der Werbung und damit der Erweiterung des Kundenkreises des Unternehmens widmen, das die Kundenzeitschrift herausgibt, unterliegen ebenso der Kennzeichnungspflicht, sofern nicht schon auf dem Titelblatt unmissverstndlich darauf hingewiesen wird, dass die gesamte Zeitschrift der Kundenwerbung dient.4 Fehlt dieser Hinweis und kann so die Zeitschrift als objektiv informierendes Medium verstanden werden, so muss Werbung in der Zeitschrift, um Irrefhrungen (§ 3 UWG) zu vermeiden, gekennzeichnet werden.5 Dazu reicht es nach einer Entscheidung des BGH aus, wenn das redaktionell gestaltete Inserat mit dem Begriff „Anzeige“ oder dem Hinweis „Eine Werbeinformation aus ihrer Apotheke“ (bei einer Apotheken-Kundenzeitschrift) gekennzeichnet wird.6

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Ist in einem gerichtlichen Verfahren umstritten, ob die Leser ein redaktionell gestaltetes Inserat, dass ausdrcklich als „Anzeige“ gekennzeich-

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1 LG Kçln, Beschluss v. 13.3.1986 (Az. 31 O 144/86); zur Irrefhrung ber den gewerblichen Charakter einer Kleinanzeige: BGH, WRP 1987, S. 724; OLG Hamm, GRUR 1984, S. 60; OLG Karlsruhe, GRUR 1984, S. 602; OLG Hamm, WRP 1981, S. 540. 2 OLG Hamm, AfP 1992, S. 266; s. a. BGH, GRUR 1998, S. 481, 482; anders ist der Fall zu beurteilen, wenn sich Aufmachung und Gestaltung von Trgerobjekt und Beilage unterscheiden und auf der Beilage darauf verwiesen wird, dass sie exklusiv fr das Trgerobjekt hergestellt wurde (LG Mnchen, AfP 1995, S. 682). 3 Zum Thema Kundenzeitschriften/Kenzeichnungsgebot ausfhrlich: Soehring, Rz. 24.24 ff. 4 Das LG Hamburg fordert selbst dann ein Festhalten an dem Trennungsgebot, wenn die Zeitschrift als „Kundenzeitschrift“ gekennzeichnet ist (WRP 1997, S. 253). Diese Entscheidung erscheint heute nicht mehr haltbar. Erkennt der Leser, dass er ein Kundenmagazin in der Hand hat, so ist ihm klar, dass auch die redaktionellen Beitrge dem Ziel des Kundenmagazins untergeordnet sind. 5 BGH, DB 1989, S. 1325, 1327. 6 BGH, WRP 1996, S. 892.

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Kennzeichnung/Anzeigen

net war, auch tatschlich als Werbung erkennen, so darf in diesem Fall nicht ohne Einholung einer Meinungsumfrage zu Lasten des betroffenen Verlages entschieden werden.1 277

Fr einen Unterlassungsantrag mit Blick auf die fehlende Kennzeichnung reicht es aus, wenn unter ausdrcklicher Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform wie folgt formuliert wird: „… die Zeitschrift … zu vertreiben/vertreiben zu lassen, solange darin Anzeigen, sofern sie nicht schon durch Anordnung und Gestaltung allgemein als Anzeigen zu erkennen sind, nicht und/oder nicht hinreichend deutlich mit dem Begriff Anzeige gekennzeichnet sind, wie dies in der Ausgabe … geschehen ist …“.2

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Die Frage, ob die Presse zum Abschluss von Anzeigenauftrgen verpflichtet ist, wird immer noch kontrovers diskutiert.3 Es ist allerdings zu beobachten, dass sich zwischenzeitlich eine h. M. herausgebildet hat, nach der grundstzlich kein Anzeigenabschlusszwang besteht.4 Zur Begrndung kann im Wesentlichen auf folgende berlegungen verwiesen werden. Die Presse arbeitet, wie es das Bundesverfassungsgericht formuliert, nach „privatwirtschaftlichen Grundstzen“.5 Folglich muss der das Zivilrecht 1 OLG Mnchen, ZUM-RD 1997, S. 503. 2 Beschlussverfgung LG Kçln v. 17.2.1999 – Az. 31 O 126/99; Beschlussverfgung LG Kçln v. 9.6.1998 – Az. 31 O 462/98. 3 Eingehend dazu mit einer bersicht ber Rechtsprechung und Literatur (bis 1982): Rath/Glawatz, WRP 1982, S. 625 ff.; Lçffler/Ricker, S. 413 Rz. 17 ff.; Lçffler, BT Anz Rz. 15 ff. Vergleichbar ist folgender Fall aus dem redaktionellen Bereich: eine Tageszeitung verçffentlicht unentgeltlich im redaktionellen Teil die Notdienst-Telefonnummer der Elektrohandwerkerinnung. Das Verlangen eines Spezialbetriebes fr Elektronotdienste, ebenfalls unentgeltlich abgedruckt zu werden, hat das OLG Stuttgart (AfP 1991, S. 541/542) zu Recht abgelehnt. Ebenso das LG Leipzig (AfP 2004, S. 577). 4 Dazu folgende ltere Entscheidungen: Gegen einen Kontrahierungszwang sprechen sich aus: LG Hamburg, AfP 1986, S. 264; LG Dsseldorf, Urteil v. 23.6.1982 (Az. 12 O 256/82 Kart.); LG Dortmund, AfP 1982, S. 120; LG Nrnberg-Frth, AfP 1984, S. 174 (fr politische Anzeigen); LG Oldenburg, AfP 1985, S. 69; OLG Stuttgart, AfP 1986, S. 50; LG Karlsruhe, AfP 1986, S. 81 (besttigt durch OLG Karlsruhe, Urteil v. 27.11.1986 – Az. 11 U 2/86). Unter Berufung auf die Umstnde des Einzelfalles haben einen Abschlusszwang bejaht: LG Dsseldorf, Urteil v. 7.5.1987 (Az. 38 O [Kart.] 44/87 0); LG Kçln, Urteil v. 7.8.1984 (Az. 31 O [Kart.] 177/84 – der in der I. Instanz siegreiche Inserent hat die Klage gegen den Zeitungsverlag in der II. Instanz zurckgenommen); LG Nrnberg-Frth, AfP 1981, S. 470 (fr Geschftsanzeigen); OLG Koblenz, AfP 1986, S. 340 (fr Anzeigen in einem Amtsblatt). 5 BVerfG, NJW 1966, S. 1604.

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162 Rath-Glawatz

Kontrahierungszwang

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allgemein kennzeichnende Grundsatz der Vertragsfreiheit auch fr den Anzeigenvertrag gelten. Die Presse ist frei in ihrer Entscheidung, ob sie einen Anzeigenvertrag abschließen will oder nicht. Hinzu kommt, dass Art. 5 GG der Presse das Grundrecht verbrgt, vçllig frei – bis hin zur Einseitigkeit – zu entscheiden, welche Nachrichten bzw. Meinungsußerungen abgedruckt werden. Gleiches muss dann auch fr die Verçffentlichung von Anzeigen, seien es nun Tatsachenbehauptungen oder Meinungsußerungen, gelten. Damit ist die Abschlussfreiheit im Anzeigenwesen eine, wie es das LG Passau formuliert,1 „Konsequenz der Pressefreiheit“.2 Wrde man den gegenteiligen Standpunkt vertreten, so htte dies die „Konsequenz“, dass die Presse Tatsachenbehauptungen und/oder Meinungsußerungen, deren Abdruck sie im redaktionellen Teil verweigern kçnnte, im Anzeigenteil verçffentlichen msste. Damit wrde nicht mehr der Verlag bzw. der Verleger bestimmen, was in dem Druckwerk zu lesen ist, sondern stets derjenige, der an der Verçffentlichung einer Nachricht oder Meinung ein Interesse hat. Der Anzeigenkunde erhielte mehr als derjenige, der seine Rechte ber den Abschlusszwang bei çffentlichen Einrichtungen (z. B. Theater, Bibliotheken, Museen) geltend machen kann. Denn dort erhlt er nur das Recht auf Zutritt zu den çffentlichen Einrichtungen, nicht jedoch die Befugnis, auch deren „Programm“ mitzubestimmen. Ein Kontrahierungszwang im Anzeigenbereich wrde dagegen dem Interessenten die Mçglichkeit einrumen, nicht nur im Blatt „zu erscheinen“, sondern auch dessen Zusammensetzung, dessen Lesestoff mitzubestimmen. Dies wre ein unzulssiger Eingriff in die Pressefreiheit aus Art. 5 GG.3 Infolgedessen kçnnte sich die Frage nach einem Anzeigenabschlusszwang allenfalls dann noch stellen, wenn das betreffende Presseorgan eine çrtliche, regionale oder fachliche Monopolstellung hat.4 In diesem Zusam1 2 3 4

LG Passau, AfP 1982, S. 119. So auch: LG Karlsruhe, AfP 1986, S. 82; AG Konstanz, ArchPR 1969, S. 94. Rath/Glawatz, WRP 1982, S. 629; LG Karlsruhe, AfP 1986, S. 82. Dazu etwa: Lçffler, BT Anz Rz. 18 ff.; Rixen, in: Frankfurter Kommentar § 20 Rz. 20 ff. (m. w. N. auf die Rtspr.); Lbbert, in: Handbuch des Kartellrechts, § 28 Rz. 34 ff.; Ahrens, § 74 Rz. 117. Eine Tageszeitung ist nicht schon deshalb „Monopolist“, weil sie eine hçhere Auflage als ihre Mitwettbewerber hat – AG Rendsburg, AfP 1996, S. 298. Hinsichtlich der Frage eines Monopols ist nicht nur auf die Stellung im Leser-, sondern auch im Anzeigenmarkt abzustellen (OLG Frankfurt, Urteil v. 9.7.1996 – Az. 11 U [Kart] 3/96). Ist der Markt fr berregionale Markenartikelwerbung betroffen, ist eine starke Stellung auf dem lokalen Anzeigenmarkt nicht ausschlaggebend. Das OLG Brandenburg (AfP 2005, S. 179) hat eine Monopolstellung mit Blick auf eine Informationsbroschre eines Bundeslandes ber „Kulturreisen“ angenommen und einen Kontrahierungszwang bejaht. Nicht gefolgt werden kann allerdings der Ansicht, dass im Verfgungsverfahren die Auslieferung der Broschre untersagt werden kçnne, falls sich das Bundesland „grundlos“ weigere, eine bestimmte Anzeige in die Bro-

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Kontrahierungszwang

menhang ist jedoch zunchst darauf zu verweisen, dass eine entsprechende Monopolstellung nicht schon immer dann gegeben ist, wenn die kartellrechtlichen (fusionsrechtlichen) Kriterien i. S. d. § 19 Abs. 2, 3 GWB (marktbeherrschendes Unternehmen) vorliegen sollten.1 Denn es muss unter dem Aspekt eines eventuellen Kontrahierungszwanges stets mitgeprft werden, ob dem Interessenten andere Werbetrger zur Verfgung stehen, die es ihm ebenfalls ermçglichen, seine Werbebotschaft zu verçffentlichen.2 Insoweit ist es dem Werbetreibenden zumutbar, u. U. einen fr ihn unbequemeren Weg, der mçglicherweise auch kostspieliger ist, einzuschlagen. Kann der erwartete Werbeerfolg auch dadurch erreicht werden, dass der Inserent einen oder mehrere andere Werbetrger einschaltet, so ist der einzelne Verlag, selbst wenn er in seinem Verbreitungsgebiet eine Alleinstellung besitzt, nicht zum Abschluss verpflichtet.3

schre aufzunehmen. Dies ist in jedem Fall viel zu weitgehend. Man mag ber Schadensersatzansprche diskutieren kçnnen, die wegen einer unterbliebenen Verçffentlichung des Inserats geltend gemacht werden. Die Verhinderung der Auslieferung steht dazu jedoch in keiner verstndigen Relation. 1 Das OLG Stuttgart (AfP 1997, S. 923) hat eine „von drei fhrenden“ Fachzeitschriften zum Abdruck eines Inserates verpflichtet mit der Begrndung, der Werbetreibende inseriere bereits in den anderen Titeln und es kçnne ihm nicht zugemutet werden, auf die Werbung im dritten Titel zu verzichten. Folglich bestehe keine realistische Ausweichmçglichkeit, die mit der Wertigkeit von Fachzeitschriften vergleichbar wre. Das Argument des Fachzeitschriftenverlages, das Inserat, mit dem Billigprodukte beworben wrden, passe nicht in das Objekt, das auf „gehobene“ Produkte spezialisiert sei, hat das OLG Stuttgart zu Unrecht nicht gelten lassen. Hier liegt ein sachlich gerechtfertigter Ablehnungsgrund vor („Standard der Fachzeitschrift“). 2 Dazu etwa: LG Dsseldorf, ArchPR 1957, S. 30; zum Anzeigenblatt als Ausweichmçglichkeit gegenber der Insertion in einer Tageszeitung: AG Rendsburg, AfP 1996, S. 298. 3 OLG Stuttgart, AfP 1986, S. 51; OLG Karlsruhe, Urteil v. 13.11.1986 – Az. 11 U 2/86; OLG Dsseldorf, DB 1982, S. 690; LG Dsseldorf, ArchPR 1957, S. 30; LG Dsseldorf, Urteil v. 5.4.1955 – Az. 11 O 18/55; AG Konstanz, ArchPR 1968, S. 94; AG Gçppingen, ArchPR 1969, S. 94; a. M. LG Nrnberg-Frth, AfP 1981, S. 471; LG Dsseldorf, Urteil v. 7.5.1987 – Az. 38 O [Kart.] 44/187 Q; Lçffler-Ricker, S. 415 Rz. 20. Den Antrag, den verweigerten Abdruck von Anzeigen im Weg der einstweiligen Verfgung durchzusetzen, hat das KG (AfP 1991, S. 442/443) zu Recht zurckgewiesen, da dies im Regelfall die Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung darstellt. Sollte berhaupt ein Anspruch auf Abdruck bestehen, so kann dieser entsprechend der Entscheidung des Gerichts im einstweiligen Verfgungsverfahren nur dann durchgesetzt werden, wenn „fr den Fall der Nichtstattgabe dem potenziellen Inserenten wesentliche Nachteile, insbesondere große finanzielle Nachteile, drohen, die durch die Geltendmachung des Antrages im Hauptsacheverfahren nicht aufgefangen werden kçnnen oder die Verweisung auf das Hauptsacheverfahren einer Rechtsverweigerung gleichkme“. – Insoweit auch: OLG Dsseldorf, WuW 1989, S. 324; LG Braunschweig, NJW 1975, S. 782, 783.

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164 Rath-Glawatz

Kontrahierungszwang

Rz. 282 P

Aber selbst dann, wenn das jeweilige Presseunternehmen in dem so zu verstehenden Sinn Monopolist ist, besteht ein Kontrahierungszwang nicht, sofern die Abschlussweigerung sachlich begrndet ist, also nicht als „unbillig“ bzw. „willkrlich“ i. S. d. § 826 i. V. m. § 249 BGB bzw. §§ 19, 20 GWB erscheint.1“

280

Die Ablehnung der Anzeigenverçffentlichung ist immer dann gerechtfertigt, wenn die geforderte Anzeigenpublikation gegen gesetzliche Bestimmungen verstçßt. Dieser Ablehnungsgrund versteht sich von selbst. Denn wenn schon dem Anzeigenkunden die Verçffentlichung einer entsprechenden Anzeige wegen Rechtsverstoßes untersagt werden kann, muss der Verlag erst recht befugt sein, den Abdruck zu verweigern. Kann es dem Verlagsunternehmen darber hinaus nicht zugemutet werden, eine Anzeige wegen ihres Inhalts, der Herkunft oder der technischen Form abzudrucken, ist ein weiterer sachlich begrndeter Ablehnungsgrund gegeben. Unzumutbar ist die Verçffentlichung eines Inserats insbesondere dann, wenn dessen Inhalt der redaktionellen Linie des Verlags, den ethischen Wertvorstellungen der Zeitung bzw. den eigenen wirtschaftlichen Interessen des Verlagshauses widerspricht.2 Im Einzelnen gilt Folgendes: – Rechtliche Bedenken:

281

Insoweit reicht es aus, wenn der Verlag Zweifel hat, ob die Anzeige juristisch vertretbar ist.3 Legt die konkrete Anzeigengestaltung beispielsweise den Verdacht nahe, die beworbenen Gegenstnde (Bcher, Filme) kçnnten jugendgefhrdend sein oder die Anzeige einen beleidigenden Inhalt haben, so ist der Verlag zur Ablehnung befugt (R Rz. P 438 ff.).4 – Inhaltliche Bedenken:

282

Wird der Abdruck von „Kontakt-Anzeigen“ verlangt, so kçnnen gegen diese Anzeigen bei bestimmter Ausgestaltung rechtliche Bedenken bestehen, die eine Abdruckverweigerung rechtfertigen. Aber selbst dann, wenn sie „in neutraler Form“ gehalten sind, kann ein Zeitungsverlag mit Hinweis auf seine redaktionelle Ausrichtung (brgerliche Abonnementszeitung) die Anzeigen ablehnen.5

1 Dazu: Lçffler, BT Anz Rz. 23 ff. Insoweit ist bemerkenswert, dass die Rechtsprechung bisher einen Kontrahierungszwang aus § 826 BGB nicht gesehen, sondern wenn berhaupt, dann nur kartellrechtliche Vorschriften angewandt hat: OLG Bamberg, ArchPR 1977, S. 98; s. a. Rath-Glawatz, WRP 1982, S. 630. 2 LG Karlsruhe, AfP 1986, S. 82; OLG Karlsruhe, Urteil v. 13.11.1986 – Az. 11 U 2/86; OLG Frankfurt, ArchPR 1945–56, S. 34; LG Dortmund, AfP 1982, S. 120–121; LG Dsseldorf, Urteil v. 23.6.1982 – Az. 12 O 256/82. 3 AG Konstanz, ArchPR 1969, S. 94. 4 OLG Mnchen, ArchPR 1973, S. 102. 5 LG Oldenburg, AfP 1985, S. 70; s. a. OLG Bamberg, ArchPR 1977, S. 98; AG Wertheim, Urteil v. 17.1.1979 – Az. O Wi 79/78; OLG Dsseldorf, Urteil v. 28.7.1977 – Az. 5 SS 108/77.

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Rath-Glawatz 165

P Rz. 283

Kontrahierungszwang

In gleicher Weise darf der Verlag unter Berufung auf seine Leserschichten Anzeigen mit anderen fragwrdigen Anpreisungen wie die von Kartenlegern, Wahrsagern sowie Lotterie-/Roulettesystemtipps zurckweisen. Entsprechend dem Selbstverstndnis des jeweiligen Verlagshauses kann es z. B. auch Anzeigen ablehnen, in denen sich Eheleute çffentlich voreinander „warnen“, Betteleien enthalten sind, Belohnungen fr bestimmte Dienste in Aussicht gestellt (z. B. Wohnraumbeschaffung) oder Militaria angeboten werden.1 Insoweit sind auch Anzeigen zu nennen, in denen etwa die Vermittlung heiratswilliger Damen, insbesondere aus Lndern der Dritten Welt, offeriert wird.2 Hat die Anzeige einen politischen Inhalt, so ist der Verlag befugt, ihren Abdruck unter Hinweis auf die eigene redaktionelle Linie abzulehnen. Dies gilt auch bei Wahlanzeigen. Hier sind die Verlage nicht verpflichtet, die Parteien oder politische Gruppierungen gleich zu behandeln.3 283

– Formale (technische) Bedenken: Hat sich der Verlag fr bestimmte Anzeigen, etwa im Bereich der sog. Familienanzeigen, bestimmte Gestaltungsgrundstze inhaltlicher, technischer oder formaler Natur gegeben, so ist er berechtigt, Anzeigen, die sich nicht in diesen Rahmen einfgen, abzulehnen. Dies ist beispielsweise zugunsten eines Verlags entschieden, der eine in Reimform gefasste Geburtsanzeige abgelehnt hatte4 bzw. sich geweigert hatte, eine politisch motivierte Versammlungsanzeige in Form einer Traueranzeige zu verçffentlichen.5 Entsprechendes gilt, wenn die Anzeige in ihrer drucktechnischen Gestaltung den Grundstzen des Verlages widerspricht.6

284

– Bedenken wegen der „Herkunft“ der Anzeige: Ein entsprechender Ablehnungsgrund wird etwa dann gegeben sein, wenn ein Inserent sich weigert, entgegen der allgemein blichen Praxis des jeweiligen Verlages Vorauskasse zu leisten.7 Dies gilt auch dann, 1 Dazu Wronka, S. 65 ff. 2 OLG Stuttgart, AfP 1986, S. 51. 3 Dazu grundlegend: BVerfG, NJW 1976, S. 1627; s. a. OLG Karlsruhe, NJW 1976, S. 1209; Lange, DV, S. 476 ff.; Gabriel/Brutigamm, ZUM 1991, S. 466, 474–476. 4 LG Karlsruhe, AfP 1986, S. 82; besttigt durch OLG Karlsruhe, Urteil v. 13.11.1986 – Az. II U 2/82. 5 Dazu: OLG Stuttgart, ArchPR 1967, S. 77/78; s. a. LG Braunschweig, NJW 1975, S. 782–783; ein Ablehnungsgrund liegt auch dann vor, wenn ein Verlag eine Traueranzeige fr einen Mitarbeiter mit dem Logo des Blattes versieht, fr das der Mitarbeiter ttig war, und diese Anzeige dann in einem Konkurrenzobjekt dieses Blattes erscheinen soll. 6 LG Hamburg, ArchPR 1977, S. 80/81 (Ablehnung einer sog. Negativanzeige). 7 AG Augsburg, ArchPR 1957, S. 31; s. a. OLG Schleswig, Urteil v. 6.7.1974 – Az. 6 U 28/74.

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166 Rath-Glawatz

Kontrahierungszwang

Rz. 285 P

wenn der Verlag erst nach eingetretenen Zahlungsschwierigkeiten auf Seiten des Inserenten dazu bergeht, Vorkasse zu verlangen, und der Werbetreibende Vorauszahlungen verweigert (R Rz. P 418 ff.).1 – Verletzung eigener wirtschaftlicher Interessen des Verlagsunternehmens: Die Verlage sind nicht verpflichtet, ihren Anzeigenraum (als Ausdruck eigener wirtschaftlicher Leistungskraft)2 Konkurrenzunternehmen fr Werbezwecke zur Verfgung zu stellen. Denn kein Zeitungsverlag kann verpflichtet werden, das eigene Anzeigengeschft durch die Verçffentlichung von Inseraten, die dieses Geschft tangieren, zu schdigen und damit „die unbestritten wichtigste Grundlage“ der eigenen wirtschaftlichen Existenz anzutasten.3 Aus dem Spektrum der jeweili1 OLG Schleswig, NJW 1977, S. 1886. 2 Diesen Aspekt des Ausbeutens fremder Leistungskraft betont: KG Berlin, AfP 1982, S. 238. 3 So ausdrcklich: LG Dortmund, AfP 1982, S. 121. Von Interesse ist die Stellungnahme der Landeskartellbehçrde NW in einem entsprechenden Verfahren vor dem LG Kçln (Az. 31 O 177/84): „Der Minister fr Wirtschaft, Mittelstand und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen hat sich als Landeskartellbehçrde bereits verschiedentlich mit der Verweigerung der Anzeigenaufnahme von Automrkten durch Tageszeitungen befasst. In allen diesen Fllen war – wie auch im vorliegenden Fall – unstreitig, dass die Antragsgegnerin bzw. Beklagte auf dem Markt fr Kraftfahrzeuganzeigen keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt war, zumindest aber eine berragende Marktstellung hatte. Die Tageszeitungen verweigerten jeweils – wie hier – den Abdruck der Anzeigen, weil sie den Urheber der Schmlerung ihres (Gebrauchtwagen-)Anzeigenvolumens nicht noch untersttzen wollten. Der Minister fr Wirtschaft, Mittelstand und Verkehr hlt die Weigerung der Tageszeitungen fr sachlich gerechtfertigt, da vermutlich auch eine nicht marktbeherrschende Tageszeitung die Anzeige eines Automarktes fr Gebrauchtwagen nicht zum Abdruck annehmen und damit zugleich den Verlust eines nicht unerheblichen Teiles ihres Anzeigenvolumens in Kauf nehmen wrde. Die Erlçse der Tageszeitungen ergeben sich zu 60–70 % aus Anzeigen, davon in erheblichem Umfang aus Stellen-, Immobilien- und Autoanzeigen. Zum Aufbau einer Konkurrenz durch die Verçffentlichung der Anzeigen der Antragstellerin bzw. Klgerin selbst beizutragen, kann der Antragsgegnerin bzw. Beklagten nicht zugemutet werden. Bei einer Tageszeitung entstehen hohe Kosten fr den redaktionellen Teil, die erfahrungsgemß nicht durch den relativ niedrigen Verkaufserlçs und die Abonnentengebhren gedeckt werden kçnnen. Unter diesem Gesichtspunkt besteht bei dem Verlag, der eine Tageszeitung herausgibt, ein starkes Interesse an einem funktionierenden Anzeigenmarkt. Denn ein Rckgang der Anzeigen kann den Inhalt und die Qualitt des redaktionellen Teils gefhrden. Auch dieses schutzwrdige Interesse, das wegen der Aufgabe einer Tageszeitung, an der çffentlichen Meinungsbildung mitzuwirken, auch den Belangen der Allgemeinheit dient (vgl. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG – Gewhrleistung der Pressefreiheit), lsst die Ablehnung eines Abdrucks der Anzeigen als sachlich gerechtfertigt erscheinen.“ In einer weiteren Stellungnahme der Landeskartellbehçrde NW heißt es, dass ein Zeitungsverlag unabhngig davon, ob er ein marktbeherrschendes oder ein marktstarkes Unternehmen nach § 26 Abs. 2

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Rath-Glawatz 167

285

P Rz. 285

Kontrahierungszwang

gen wirtschaftlichen Aktivitten – Herausgabe und Druck von Presseerzeugnissen, Handzettelwerbung, Direktwerbung usw. – ergibt sich auch, welche „konkurrierenden“ Anzeigen abgelehnt werden drfen.1 So ist es etwa einer Wirtschaftszeitung (mit eigenem Anzeigenstellenmarkt) unzumutbar, Anzeigen eines Personalvermittlungsunternehmens abzudrucken, das mit einer anderen konkurrierenden Tageszeitung zusammenarbeitet, wenn in diesen Inseraten fr Veranstaltungen geworben wird, auf denen Hochschulabsolventen mit Firmen Kontakte knpfen kçnnen.2 Ebenso wenig ist eine Zeitung verpflichtet, Anzeigen zu verçffentlichen, in denen eine Werbeagentur auf Werbemçglichkeiten im Fernsehen aufmerksam macht.3 Anzeigen, in denen konkurrierende Verlage Anzeigenmitarbeiter, insbesondere fr den Außendienst, Zusteller/Handzettelverteiler suchen, brauchen ebenfalls nicht abgedruckt zu werden.4 Verçffentlichen Verlage in ihren Objekten Kfz-Anzeigen, so sind sie nicht verpflichtet, Anzeigen von Unternehmen abzudrucken, die fr eine Computervermittlung von Fahrzeugen werben wollen.5 Soll in der Zeitung fr gewerbliche Gebrauchtwagenmrkte geworben werden, auf denen Dinge angeboten werden, die auch im Anzeigenteil des Druckobjekts angeboten werden, so kçnnen entsprechende Anzeigen ebenfalls abgelehnt werden.6 Enthlt eine zum Abdruck vorgelegte Anzeige kritische Bemerkungen ber die Zeitung, in der das Inserat verçffentlicht werden soll, so kann das Manuskript zurckgewiesen werden.7 Gleiches gilt, wenn der Werbetreibende in der Anzeige ankndigen will, in nchster Zeit nicht

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Satz 1 und 2 GWB darstellt, „berechtigt ist, Anzeigen, die seine eigenen wirtschaftlichen Interessen gefhrden, abzulehnen“ (Az. 412-73-96 [126/90]). A. M. fr das Verhltnis Zeitungsverlag mit angeschlossenem Druckereibetrieb zu einem „reinen“ Druckunternehmen: LG Nrnberg-Frth, AfP 1981, S. 470–471; LG Dsseldorf v. 7.5.1987 (Az. 38 O [Kart.] 44/87 O) fr Prospektverteilunternehmen. LG Dsseldorf, AfP 2000, S. 390. OLG Frankfurt, Urteil v. 9.7.06 – Az. 11 U (Kart) 3/96; anders ist der Fall zu beurteilen, wenn ein marktstarker Telefonbuchverlag mit dem Hinweis auf den eigenen Außendienst Anzeigenauftrge ablehnen will, die eine Werbeagentur bei ihren Kunden akquiriert hat (OLG Dresden, OLGR 2003, S. 423; ebenso BGH, Urteil v. 13.7.2004 – Az. KZR 17/03; s. a. OLG Bremen, OLGR 2004, S. 202). Bzgl. von Anzeigen, in denen Mitarbeiter fr Druckereien gesucht werden: BGH, WRP 1981, S. 202. LG Dsseldorf, Urteil v. 23.6.1982 – Az. 12 O 256/82; KG Berlin, AfP 1982, S. 238; AG Bremerhaven, Urteil v. 16.10.1985 – Az. 5 C 2775/85. LG Dortmund, Urteil v. 2.7.1981 – Az. 13 O 149/81 (Kart.). LG Passau, AfP 1982, S. 118/119. Positioniert sich beispielsweise eine rztezeitung in einer sozialpolitischen Frage redaktionell in bestimmter Weise, so ist sie nicht verpflichtet, eine Anzeige abzudrucken, in der die gegenteilige Position propagiert wird.

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168 Rath-Glawatz

Kontrahierungszwang

Rz. 286 P

mehr zu werben, um diese „Ersparnis“ an die Kunden weiterzugeben.1 Ist eine freie Mitarbeiterin eines Verlages verurteilt, als Inserat einen Widerruf zu einer in einer Zeitung des Verlages verbreiteten Meldung in der Zeitung verçffentlichen zu lassen, so ist die Zeitung nicht verpflichtet, einen entsprechenden Anzeigenauftrag abzuschließen (es sei denn, auch sie selbst wre zu dem Abdruck des Widerrufs in Inseratform verpflichtet bzw. htte in Anspruch genommen werden kçnnen).2 Diesen Grundstzen entspricht es schließlich, wenn die Mitgliederzeitschrift einer Industrie- und Handelskammer Werbung fr die Industrieansiedlung in anderen Kammerbezirken ablehnen darf.3 In Ziff. 8 der ZAW-AGB (R Rz. P 32) sind diese Ablehnungsgrnde – z. T. in verallgemeinerter Form – ebenfalls genannt. Die ZAW-AGB stellen zugleich klar, dass die Ablehnungsbefugnis auch gegenber Auftrgen gilt, die bei „Geschftsstellen, Annahmestellen oder Vertretern“ angenommen wurden. Insoweit ist anzumerken, dass die Entgegennahme des Annoncenmanuskripts ohnehin noch nicht die Annahme des Anzeigenauftrages bedeutet. Der Anzeigenvertrag kommt vielmehr erst dann zustande, wenn sich der Verlag nach Durchsicht und Prfung der bei ihm telefonisch, postalisch, ber die Geschfts- und Annahmestellen bzw. den Außendienst eingegangenen Anzeigenmanuskripte zur Verçffentlichung des Inserats entschließt (R Rz. P 63 ff.).4 In den ZAW-AGB wird außerdem auf den allgemein gltigen Grundsatz verwiesen, dass die Verlage die Ablehnung nach „einheitlichen“ Grundstzen vornehmen mssen.5 Dies bedeutet, dass die Verlage in gleich gelagerten Fllen Anzeigenkunden nicht unterschiedlich behandeln drfen.6 Ob die Flle tatschlich gleich gelagert sind, bedarf jeweils einer konkreten Prfung. Verçffentlicht eine Zeitung Anzeigen von Pkw-Hndlern, in denen Fahrzeuge zum Verkauf „in Kommission“ angeboten wer1 LG Dortmund, AfP 1982, S. 120/121. 2 OLG Mnchen AfP 2002, S. 513. 3 LG Hamburg, AfP 1986, S. 264; bzgl. des Abdrucks von Anzeigen in Amtsblttern wird demgegenber der Entscheidung des OLG Koblenz (AfP 1986, S. 340) zuzustimmen sein, da diese als Publikationen mit amtlichem Charakter kein Auswahlrecht haben; das LG Mnchen (WRP 1971, S. 63) hat bei einer Verbandszeitschrift einen Kontrahierungszwang angenommen, selbst wenn die Anzeige den Richtlinien des Verbandes widerspricht. 4 Dazu insgesamt: Wronka, S. 73–74; LG Hamburg, ArchPR 1977, S. 81; LG Braunschweig, AfP 1975, S. 813. 5 Aus dem Umstand allein, dass eine Zeitung bereits eines der streitbefangenen Inserate verçffentlicht hat, kann kein Anspruch abgeleitet werden, dass auch weiterhin entsprechende Anzeigen abgedruckt werden mssten. Steht dem Verlag ein Ablehnungsgrund zur Seite, kçnnen trotz der bereits erfolgten Verçffentlichungen weitere Schaltungen abgelehnt werden (OLG Frankfurt, Urteil v. 9.7.1996 – Az. 11 U [Kart] 3/96). 6 Zum Fall, dass Reiseanzeigen mit denen eines verlagseigenen Reisebros konkurrieren: LG Dortmund, NJW 1973, S. 2212/2213.

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Rath-Glawatz 169

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P Rz. 287

Kontrahierungszwang

den, so ist dies sachlich anders zu bewerten als die Werbung fr eine Computervermittlung fr Gebrauchtfahrzeuge.1 Entsprechend unterschiedliche Fallgestaltungen sind gegeben beim Abdruck privater Anund Verkaufsanzeigen fr Fahrzeuge und bei der Werbung fr einen gewerblich durchgefhrten privaten Automarkt.2 Schließlich ist es unterschiedlich zu bewerten, wenn ein Eheanbahnungsinstitut seine „Kandidaten“ in Anzeigen vorstellt, ohne dabei auf ethnische Zugehçrigkeiten hinzuweisen, oder ob etwa „Asiatinnen/Thailnderinnen“ „angeboten“ werden. Letztendlich drfte es auch politisch unterschiedlich zu bewerten sein, welcher Partei fr ihre Wahlwerbung im Anzeigenteil Platz angeboten wird.3 Den Verlagen muss es im brigen unbenommen sein, ihre Geschftspolitik gegenber den Anzeigenkunden bzw. einzelnen Gruppen unter ihnen zu berdenken und die grundstzliche Haltung bezglich des Abdrucks von Anzeigen, u. U. auch whrend der Laufdauer eines Anzeigenabschlusses, zu verndern.4 287

Ist der rechtfertigende Anlass fr die Abschlussverweigerung entfallen, so muss ein Presseorgan mit Monopolstellung, sofern auch keine alternativen Werbemçglichkeiten bestehen, die Annonce verçffentlichen. Beharrt der Kunde jedoch trotz vom Verlag vorgeschlagener Vernderungen auf seinem Manuskript bzw. ist er mit einer anderen Platzierung, die die Bedenken des Verlages ausrumt, nicht einverstanden, so bleibt es in den dargestellten Fllen beim Recht des Verlages, den Anzeigenabschluss zu verweigern.5 1 Dazu speziell: KG Berlin, AfP 1982, S. 238. 2 LG Dortmund, Urteil v. 2.7.1981 – Az. 13 O 149/81 (Kart.). 3 Dieser Aspekt wird deutlich in der Entscheidung des LG Karlsruhe, AfP 1986, S. 82; s. a. OLG Karlsruhe, Urteil v. 13.11.1986 – Az. 11 U 2/86. Bemerkenswert ist im Zusammenhang mit dem Problem des Kontrahierungszwangs folgende Fallgestaltung: eine Tageszeitung hatte sich geweigert, die Wahlkampfanzeige einer Partei zu verçffentlichen. Die Partei hat daraufhin Flugbltter verteilt, in denen das Verhalten des Zeitungsverlages als „Zensur“ bezeichnet wurde. Ein Unterlassungsantrag der Zeitung gegen das Vorgehen der Partei wurde von dem angerufenen Gericht (LG Aachen, Urteil v. 21.2.1990 – Az. 11 O 415/89) als unbegrndet zurckgewiesen: der Ausdruck „Zensur“ stelle keine Schmhkritik dar. Wenn die Zeitung mit der Ablehnung von Wahlkampfanzeigen in die çffentliche Meinungsbildung eingreife, msse sie sich auch deutliche Kritik anhçren. – Das Gericht bersieht dabei, dass es um einen zivilrechtlichen Vorgang (Verweigerung des Abschlusses eines Anzeigenvertrages) geht, der mit dem hçchst negativen Begriff wie „Zensur“ eindeutig falsch wiedergegeben wird. Wer von einem ihm zustehenden Recht Gebrauch macht, bt keine Zensur aus. Folglich braucht der Zeitungsverlag die diskriminierende Bezeichnung nicht zu dulden. 4 LG Kçln, Urteil v. 26.7.1988 (Az. 78 O 255/77). 5 Dazu: LG Karlsruhe, AfP 1986, S. 82; OLG Karlsruhe, Urteil v. 13.11.1986 – Az. 11 U 2/86; OLG Stuttgart, AfP 1986, S. 51. Zur Frage, ob unter Berufung auf § 26 Abs. 2 GWB ein Anspruch auf eine bestimmte (bevorzugte) Platzierung besteht: OLG Mnchen, AfP 1979, S. 252 ff.

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170 Rath-Glawatz

Kopplung (Zusammentreffen)

Rz. 290 P

Auch gegenber Beilagenauftrgen gilt im Grundsatz nichts anderes. 288 Ziff. 8 Abs. 1 Satz 1 der ZAW-AGB (R Rz. P 32) betont ausdrcklich, dass Beilagen unter den gleichen Voraussetzungen wie Anzeigen abgelehnt werden kçnnen. Diese Vorschrift stellt zudem klar, dass Beilagenauftrge ohnehin erst dann fr beide Seiten bindend werden kçnnen, wenn dem Verlag ein Beilagenmanuskript vorliegt. In logischer Konsequenz der allgemeinen Ablehnungsgrnde wird in Ziff. 8 Abs. 2 Satz 2 ZAW-AGB noch einmal deutlich gemacht, dass Anzeigenbeilagen, die einen zeitungshnlichen Charakter haben (Verbot der getarnten Werbung) oder Fremdanzeigen enthalten (Unzumutbarkeit fr den Verlag), nicht angenommen werden mssen.1 Ziff. 8 Abs. 3 ZAW-AGB (R Rz. P 32) verpflichtet den Verlag, die Ablehnung des Anzeigen„auftrages“ dem „Inserenten“ unverzglich mitzuteilen.2

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Kopplung (Zusammentreffen) von redaktioneller Berichterstattung und Anzeige In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass entweder der Verlag zustzlich zum Anzeigenauftrag eine – kostenfreie – redaktionelle Verçffentlichung verspricht (anbietet) oder aber der Inserent eine entsprechende Verçffentlichung fordert bzw. erwartet (erwarten kann). Insoweit wird von redaktionellen Zugaben bzw. von Kopplungsgeschften gesprochen,3 die frher unter Verweis auf die damals noch geltende Zugabeverordnung generell als unzulssig angesehen wurden.4 Eine derartige generelle Aussage ist jedoch nicht mehr haltbar. „Redaktionelle Zugaben“, die Kopplung und/oder das Zusammentreffen von redaktioneller Berichterstattung ber ein Unternehmen und die Ver-

1 Dazu: Klosterfelde, S. 54; Wronka, S. 74. 2 Im Einzelnen dazu: Wronka, S. 74–75. 3 Dazu generell: Wenzel, § 5 Rz. 304; Soehring, Rz. 24.10 ff., 24.23; s. a. Rath-Glawatz, AfP 2001, S. 169; Prinz/Peters, 8. Kap. Rz. 232 ff.; Lçffler/Ricker, S. 109 Rz. 5; Mann, Anwaltshandbuch, S. 1024 Rz. 17; Kçhler, WRP 1998, S. 349, 357. 4 Zu der Ableitung eines Kopplungsverbotes durch die frher gltige Zugabenverordnung: OLG Mnchen, AfP 1997, S. 801; OLG Karlsruhe, AfP 1995, S. 670, 672; OLG Hamburg, WRP 1984, S. 629; OLG Hamburg, AfP 1988, S. 262; OLG Hamm, AfP 1980, S. 225; OLG Hamm, ArchPR 1969, S. 106; OLG Kçln, AfP 1971, S. 24/25; Lçffler, 3. Aufl. Bd. 1, § 10 S. 500 Rz. 74; Wollemann, WRP 1979, S. 681; Fuchs, GRUR 1988, S. 736, 741. Zur Frage der Kopplung von Anzeigengewinnspielen der Verlage mit Anzeigenschaltungen der Inserenten: OLG Hamm, AfP 1993, S. 584; OLG Hamburg, AfP 1992, S. 151.

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Rath-Glawatz 171

290

P Rz. 290

Kopplung (Zusammentreffen)

çffentlichung von Anzeigen dieses Unternehmens in ein und derselben Ausgabe eines Printmediums stellen keinen eigenen Unrechtstatbestand im Bereich der getarnten Werbung dar. Ist die redaktionell gestaltete Verçffentlichung, die im Zusammenhang mit dem Abdruck eines Inserats erfolgt, ebenfalls kostenpflichtig, so greifen die Regeln zum Stichwort „redaktionell gestaltete Anzeigen“ (R Rz. P 350 ff.). War die zustzliche Verçffentlichung dagegen kostenfrei, so gelten die zum Problem der „redaktionellen Hinweise“, der Schleichwerbung im redaktionellen Gewand entwickelten Grundstze (R Rz. P 369 ff.).1 Diese Feststellungen folgen aus der Tatsache, dass die Verknpfung von Anzeigenabdruck und redaktionell gestalteter Verçffentlichung zunchst einmal presse- wie wettbewerbsrechtlich neutral ist. Anzeigenkunden drfen beispielsweise mit dem Hinweis geworben werden, in einer bestimmten Ausgabe des Druckobjekts werde speziell ber bestimmte fr die Werbung interessante Themen, etwa in der Form einer Verlagssonderverçffentlichung, berichtet und die Inserate wrden im (rumlichen) Zusammenhang mit diesem Artikel (diesen Artikeln) abgedruckt.2 Denn es steht im Belieben des Verlages, welche Themen redaktionell aufgegriffen werden und ob dafr gezielt Anzeigen geworben und verçffentlicht werden sollen.3 Presse- wie wettbewerbsrechtlich bedeutsam wird dieses Verhalten erst dann, wenn die mit dem Abdruck der Anzeige gekoppelte redaktionell gestaltete Anzeige bzw. der redaktionelle Artikel selbst unzulssig ist.4 Wrde man bereits in der Kopplung von redaktionell gestalteter Verçffentlichung und Anzeigenabdruck ein Unzulssigkeitselement sehen, so wre schon die Werbung der Verlage um Anzeigen in Zusammenhang mit bestimmten redaktionellen Themen angreifbar. Prfungsansatz ist damit nicht die Kopplung zwischen Anzeigenabdruck und redaktionell gestalteter Verçffentlichung, sondern allein die Zulssigkeit der redaktionell gestalteten Verçffentlichung.5 Selbst dann, wenn insoweit Zweifel bestehen, kann nicht aus der Kopplung das letztlich ausschlaggebende Argument fr die Unzulssigkeit der

1 Zur Abgrenzung zwischen redaktionell gestalteter Anzeige, redaktionellem Hinweis und redaktioneller Zugabe: OLG Hamburg, WRP 1984, S. 629; OLG Hamm, AfP 1980, S. 225; Wollemann, WRP 1979, S. 688. 2 Das LAG Mnchen hat entschieden, dass der Tageszeitungsverlag im Rahmen seines Weisungsrechts von einem Redakteur verlangen kann, dass er (auch) Texte fr Verlagssonderverçffentlichungen schreibt – LAG Mnchen, AfP 1992, S. 321, 322. 3 Dazu: OLG Hamburg, WRP 1990, S. 184, 185. 4 BGH, AfP 1993, S. 735 (identisch mit AfP 1992, S. 143); BGH, AfP 1994, S. 136 ff. 5 In der Tendenz ebenso: OLG Mnchen, AfP 1990, S. 56; OLG Hamm, AfP 1985, S. 44; OLG Dsseldorf, WRP 1986, S. 556 ff.; s. a. OLG Hamm, AfP 1981, S. 294/295; OLG Stuttgart, ArchPR 1971, S. 128; Wenzel, AfP 1971, S. 27.

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172 Rath-Glawatz

Kopplung (Zusammentreffen)

Rz. 290 P

redaktionell gestalteten Verçffentlichung abgeleitet werden.1 Denn der Kopplungstatbestand ist auch bei zulssiger redaktioneller Begleitverçffentlichung gegeben, so dass er nicht unterschiedlich gewichtet werden darf.2 Es muss vielmehr dabei bleiben, dass die Zulssigkeit der redaktionell gestalteten Verçffentlichung stets aus sich heraus geprft werden muss.3 In diesem Sinn hat auch der BGH (bezogen auf eine Kundenzeitschrift) entschieden, dass selbst dann, wenn eine Anzeige auf einer Seite „in unmittelbarem Zusammenhang“ mit einem redaktionellen Beitrag platziert wird, ein Verstoß gegen die Zugabeverordnung nicht gegeben ist, sofern in dem redaktionellen Beitrag nur in allgemeiner Form und ohne Nennung des Inserenten und/oder der beworbenen Ware ber Anwendungsmçglichkeiten von Waren der beworbenen Art berichtet wird.4 Der BGH verweist darauf, dass „im Anzeigengeschft die Platzierungen in einem zu den Inserenten passenden und diesen fçrderlichen redaktionellen Umfeld gang und gbe ist.“ Diese „passende“ Platzierung werde „nicht als ungewçhnlich und als eine besondere, von der vertraglichen Hauptleistung der Anzeigenverçffentlichung trennbare Zusatzleistung“ angesehen. Dies gelte selbst dann, wenn „das werbliche Umfeld durch einen redaktionellen Textbeitrag gebildet wird“. In der (unmittelbaren) Zuordnung von Anzeigen zu redaktionellen Textbeitrgen liege keine zustzliche Leistung des Verlages i. S. d. – damals noch gltigen – Zugabeverordnung, wenn es sich „um eine objektive Berichterstattung“ handele. Dies sei auch dann noch der Fall, wenn zwar zwischen den an den Textbeitrag angrenzend platzierten Anzeigen und der redaktionellen Verçffentlichung „inhaltliche Bezge“ bestnden, die in den Anzeigen beworbenen Produkte in dem Textbeitrag aber nicht ausdrcklich genannt bzw. herausgestellt wrden.5 In einer weiteren Entscheidung zu dieser Thematik wertet der BGH die unmittelbare Verknpfung von redaktionellem Beitrag und Anzeigenver1 So aber: OLG Hamm, AfP 1980, S. 225 und GRUR 1988, S. 769; OLG Karlsruhe, WRP 1995, S. 273; OLG Hamburg (AfP 1988, S. 262) fr den Fall, dass eine Heilmittelanzeige und eine allgemeine das beworbene Produkt einschließende redaktionelle Berichterstattung einander gegenbergestellt werden; kritisch zu dieser Rechtsprechung: Fuchs, GRUR 1988, S. 742. 2 Zu den ZAW-Richtlinien: OLG Hamm, ArchPR 1969, S. 105; Wollemann, WRP 1979, S. 681. 3 Zur Problematik bei der Anwendung der Zugabeverordnung: LG Frankenthal, ArchPR 1973, S. 136; OLG Hamburg, WRP 1984, S. 629; OLG Stuttgart, ArchPR 1971, S. 127/128; OLG Kçln, AfP 1971, S. 25/26 mit Anm. Wenzel, S. 26/27; LG Nrnberg-Frth, ArchPR 1973, S. 135; Wollemann, WRP 1979, S. 688; Lçffler, 3. Aufl. Bd. 1 S. 499 Rz. 73, S. 500 Rz. 75. 4 BGH, AfP 1993, S. 735; anders noch das OLG Hamburg in der vorauslaufenden Entscheidung: AfP 1990, S. 215 ff.; dazu auch: Hecker, AfP 1993, S. 717, 719/720. 5 BGH, AfP 1993, S. 735; insgesamt dazu: Soehring, S. 322 Rz. 17.22 ff.

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Rath-Glawatz 173

P Rz. 291

Kopplung (Zusammentreffen)

çffentlichung auf einer Seite einer Tageszeitung lediglich als Indiz dafr, dass der Tageszeitungsverlag mit der Verçffentlichung des redaktionellen Beitrages in Wettbewerbsabsicht gehandelt hat.1 Im brigen bekrftigt der BGH noch einmal, dass die Verknpfung zwischen redaktionellem Beitrag und Anzeige wettbewerbsrechtlich unschdlich ist, „wenn der redaktionelle Beitrag allgemein gehalten ist und nicht auf die Produkte der Anzeige Bezug nimmt“. Erst dann und nur dann, wenn „der Textbeitrag sich ausschließlich und gezielt mit dem in den daneben platzierten Anzeigen beworbenen Geschftsgegenstand befasst“, sei der Textbeitrag unzulssig. Die Entscheidungen des BGH besttigen damit im Ergebnis, dass die Platzierung von redaktionellem Beitrag und Anzeigenverçffentlichung nicht das maßgebende Kriterium ist, sondern allein die Frage, ob der redaktionelle Beitrag auf Grund seines Inhalts als zustzliche (unbezahlte) Leistung des Verlages zugunsten des Inserenten wettbewerbsrechtlich zulssig ist oder nicht. Die Platzierung von Anzeige und redaktionellem Beitrag i. S. eines Kopplungstatbestandes kann deshalb fr sich allein genommen nicht mehr als wettbewerbsrechtlich „anrchiger“ Tatbestand gewertet werden.2 291

Anzeigenverçffentlichungen drfen folglich mit redaktionellen Artikeln, sofern diese selbst zulssig sind, gekoppelt werden. Stellt beispielsweise eine Geschftserçffnung fr eine Zeitung einen rechtfertigenden (publizistischen) Anlass zur Berichterstattung dar3, so darf der Verlag mit Blick auf den geplanten redaktionellen Hinweis Geschftsinhaber und am Bau beteiligte Firmen bzw. Lieferanten zur Insertion animieren.4 Ergibt sich dagegen bereits aus der Werbung des Verlages bzw. aus dessen Verhalten den potenziellen Inserenten gegenber, dass der redaktionelle Hinweis, mit dem zum Anzeigenabschluss motiviert werden soll, die Funktion zustzlicher, unbezahlter Werbung erfllt, so ist dieses Verhalten, ohne dass es noch auf den Kopplungstatbestand ankme, bereits wegen der Unzulssigkeit des in Aussicht gestellten redaktionellen Hinweises wettbewerbswidrig.5 1 BGH, AfP 1994, S. 136, 137. 2 In diesem Sinn noch: Jahn/Pirrwitz, WRP 1990, S. 302/303. Zur Bestimmung des Streitgegenstandes bei „Kopplungs“-Werbung: OLG Hamm, AfP 1990, S. 134, 135. 3 OLG Mnchen, AfP 1990, S. 56. 4 OLG Hamburg, AfP 1990, S. 215, 216 – das Gericht spricht davon, dass es den Verlagen erlaubt sei, „Themenplne zu verçffentlichen und so eine themenverbundene Werbung vorzubereiten“. 5 Hat der Verlag eine Unterlassungserklrung abgegeben, keine kostenlosen redaktionell gestalteten Anzeigen zu (bezahlten) Anzeigen „beizugeben“, so liegt kein Verstoß gegen diese Unterlassungserklrung vor, wenn spter eine bezahlte redaktionell gestaltete, aber nicht hinreichend deutlich gekennzeichnete Anzeige abgedruckt wird – OLG Mnchen, AfP 1992, S. 367, 368/369.

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174 Rath-Glawatz

Kopplung (Zusammentreffen)

Rz. 293 P

Heute wird man angesichts des neuen UWG und vor dem Hintergrund der ersatzlosen Streichung der Zugabeverordnung generell davon ausgehen kçnnen, dass es wettbewerbsrechtlich nicht mehr zu beanstanden ist, wenn in ein und derselben Ausgabe eines Printmediums „in redaktionell gestalteten Beitrgen bestimmte Unternehmen, deren Erzeugnisse oder Leistungen gnstig erwhnt werden, und in demselben Druckerzeugnis gleichzeitig fr dieses Unternehmen, deren Erzeugnisse oder Leistungen, werbende Anzeigen verçffentlicht werden“.1 Das frher allein schon nach den Vorschriften der Zugabeverordnung verbotene Verhalten ist heute gesetzlich legitimiert. Oder anders formuliert: Die „Zugabe“ eines Artikels zu einer Anzeige ist nunmehr als Tatbestand nicht mehr untersagt. Kein Gericht kçnnte heute mehr die „Beistellung“ einer Anzeige zu einem redaktionellen Titel wegen eines „Zugabeverstoßes“ verbieten.

292

Hinzu kommt, dass die Aufhebung der Zugabenverordnung zu einem grundlegend anderen Gehalt des Unlauterkeitsbegriffs im UWG gefhrt hat. Der Kreis der Handlungen, die nach § 3 UWG als „unlauter“ und damit wettbewerbswidrig anzusehen sind, ist heute deutlich anders zu ziehen, als dies noch zu Zeiten der Geltung der Zugabeverordnung der Fall war. Wrde man auch heute noch abstrakt das Zusammentreffen der gnstigen Erwhnung eines Unternehmens mit dem Abdruck einer Anzeige dieses Unternehmens als Verstoß gegen § 3 UWG ansehen, dann htte dies zur Folge, dass das abgeschaffte Zugaberecht in der Vorschrift des § 3 UWG fortleben wrde. Dies liefe dem klaren und eindeutigen Willen des Gesetzgebers mit der ersatzlosen Abschaffung der Zugabenverordnung zuwider. Der Kopplungstatbestand als solcher ist damit wettbewerbsrechtlich 293 nicht (mehr) „anstçßig“. Es kann keine Rede davon sein, dass der Leser dann, wenn fr den jeweiligen „positiven“ Bericht ein rechtfertigender journalistischer Ansatz vorhanden ist, die Berichterstattung selbst nicht reklamehaft werbend ist, getuscht wrde, und erst recht nicht dadurch, dass in derselben Ausgabe eine Anzeige erscheint, die zwar das im Bericht erwhnte Unternehmen geschaltet hat, die aber in keinem inhaltlichen Bezug zu der positiven Berichterstattung ber ein ganz anderes Firmen-

1 LG Mnchen, Urteil v. 16.11.2004 – Az. 9HK O 9468/04 – Mit diesem Urteil ist die Vollstreckung aus einem Urteil des OLG Mnchen aus dem Jahr 1998, das ein Zusammentreffen von Artikel und Inserat noch untersagt hatte, als unzulssig aufgehoben worden; in diesem Sinn ebenfalls: Wenzel, § 5 Rz. 362. Schon 1984 hat das OLG Hamburg (WRP 1984, S. 628) mit Recht das Zusammentreffen von Berichterstattung und Insertion in einem Anzeigenblatt fr zulssig erachtet, wenn die Berichterstattung durch einen „besonderen Anlass publizistisch gedeckt“ ist.

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Rath-Glawatz 175

P Rz. 294

Kopplung (Zusammentreffen)

produkt steht (der Inhalt des Artikels und der Anzeige nicht miteinander „korrespondieren“). 294

Hinzu kommt, dass abgesehen von dem „zuflligen“ Zusammentreffen von redaktioneller Berichterstattung und Insertion es mit den Jahren regelrecht zur Gewohnheit geworden ist, dass Unternehmen eine absehbare Berichterstattung durch eine gezielte Insertion begleiten. So heißt es bei Ahrens: „Eingebrgert haben sich Hinweise in çrtlichen und regionalen Tageszeitungen auf kulturelle, sportliche oder hnliche Ereignisse, fr die der Veranstalter selbstverstndlich zeitlich berschneidend auch Anzeigen schaltet“.1 Ebenso zutreffend heißt es in einer Entscheidung des OLG Kçln: „Dass Werbeanzeigen von Unternehmen in çrtlichen und regionalen Presseorganen zeitlich berschneidend mit Presseartikeln erscheinen, in denen ber bestimmte Ereignisse in Bezug auf dieses Unternehmen berichtet wird, hat sich mittlerweile eingebrgert und besagt fr sich genommen nichts dazu, ob der Pressebericht von der Absicht des Pressorgans getragen ist, mit dem Artikel den Wettbewerb dieses Unternehmens zu fçrdern. … Das Erscheinen eines Presseberichts ber ein bestimmtes Unternehmen und einer Werbeanzeige dieses Unternehmens in derselben Ausgabe ist umso weniger geeignet, auf ein Handeln der Presse in Wettbewerbsabsicht hinzuweisen, wenn Anlass fr die Berichterstattung ein Ereignis ist, das sowohl eine redaktionelle Berichterstattung wie auch eine Werbeaktion des Unternehmens zu diesem Zeitpunkt als naheliegend erscheinen lsst“.2

295

Es ist zugleich an die Rechtsprechung des BGH zu erinnern, der die fr die Annahme eines Wettbewerbsverstoßes notwendige Wettbewerbsfçrderungsabsicht nur dann bejaht hat, wenn sich der redaktionelle Bericht gezielt und positiv mit dem Gegenstand der Anzeige befasst.3 Verneint hat der BGH diese Wettbewerbsfçrderungsabsicht z. B. in dem Fall, in dem in einem Anzeigenblatt redaktionell Firmen vorgestellt wurden, bei denen noch Ausbildungspltze frei waren, und zugleich Anzeigen dieser beschriebenen Unternehmen abgedruckt wurden.4

296

Nach dem Wegfall der Zugabenverordnung und des dadurch vernderten Geltungsbereiches des § 3 UWG kann nur noch gefragt werden, ob der positive Bericht journalistisch gerechtfertigt oder in der Absicht geschrieben

1 Ahrens, § 74 Rz. 53. 2 AfP 1996, S. 387, 388; folglich ist es heute auch nicht mehr zu untersagen, wenn eine Firma, die einen Sportverein sponsert, auf den Seiten, auf denen ber den Sportverein berichtet wird und Sportler in Kleidung mit dem Sponsorhinweis der Firma abgebildet werden, Anzeigenwerbung schaltet (anders noch: KG, AfP 1994, S. 313). 3 BGH, GRUR 1994, 441, 443 – „Kosmetikstudio“; s. dazu auch: Jestaedt, in: Pastor/Ahrens, Der Wettbewerbsprozess, S. 417 Rz. 41. 4 BGH, AfP 1998, S. 221.

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176 Rath-Glawatz

Kopplung (Zusammentreffen)

Rz. 297 P

ist, fremden Wettbewerb zu fçrdern.1 Angesichts des gewichtigen Paradigmenwechsels, den das Wettbewerbsrecht durch die Aufhebung der Zugabenverordnung erfahren hat, ist es heute damit nicht mehr zulssig, allein das abstrakte Zusammentreffen von positiver Berichterstattung ber ein Unternehmen und einer Anzeigenverçffentlichung des Unternehmens, zumal wenn sie inhaltlich noch nicht einmal mit den Aspekten korrespondiert, die in dem Artikel positiv erwhnt werden, mit einem wettbewerbsrechtlichen Unwerturteil zu belegen. Dazu von Strobl-Albeg: „Insgesamt sollte nach Wegfall der ZugabeVO alleine ausschlaggebend sein, ob der redaktionelle Text – gleichgltig, ob auch eine Anzeige verçffentlicht wird oder nicht – isoliert betrachtet wettbewerbsrechtlich zulssig ist, also publizistisch veranlasst und ohne „werblichen berhang“ gestaltet ist. Denn wrde z. B. an einem Firmenportrait als Teil der redaktionellen Berichterstattung im Wirtschaftsteil einer Zeitung niemand Anstoß nehmen, weil dessen Inhalt und Gestaltung durch einen journalistischen Anlass gerechtfertigt ist, so kann dieser presserechtlich nicht zu beanstandende Artikel nicht deshalb plçtzlich unzulssig sein, weil er zusammen mit einer Anzeige derjenigen Firma zu lesen ist, ber die redaktionell berichtet wird“.2 Es kann damit weder darauf ankommen, in welchem engen rumlichen 297 Verhltnis Artikel und Anzeige stehen,3 noch darauf, ob zwischen Artikel und Anzeige berhaupt ein inhaltlicher Zusammenhang besteht oder nicht. Die hçchstrichterliche Rechtsprechung ist im Verlauf der Entwicklung zu dem Ergebnis gelangt, dass jedenfalls das abstrakte Zusammentreffen von positiver Berichterstattung und Anzeige nicht mehr als wettbewerbswidrig anzusehen ist.4 1 Wenn der BGH (GRUR 1998, S. 481, 483) feststellt, dass in der „Bereitschaft, die Werbewirkung der verçffentlichten Anzeigen durch unentgeltliches Beistellen von werbenden Presseinformationen zu erhçhen, sich selbst fr Inserenten als besonders attraktiv darzustellen“, ein wettbewerbswidriges Handeln liege, so kann dies heute nur noch dann angenommen werden, wenn diese „werbenden Presseinformationen“ tatschlich Schleichwerbung im redaktionellen Gewand darstellen. Selbst wenn diese Presseinformationen von den Herstellern stammen, inhaltlich jedoch sachlich und nchtern die Vorteile des Produktes herausstellen, wie es auch in jedem journalistischen Artikel des Printorgans selbst geschehen kann, und diese Unternehmenstexte auch noch von der jeweiligen Zeitungsredaktion journalistisch redigiert wurden, so ist die Kopplung nicht mehr unzulssig. 2 von Strobl-Albeg, in: Wenzel, § 5 Rz. 362 unter Berufung auf Rath-Glawatz, AfP 2001, S. 169. 3 Zur Fallgestaltung, dass Artikel und Anzeige auf Seiten stehen, die unmittelbar aufeinander folgen: OLG Mnchen, OLGR 1999, S. 257; s. a. KG Berlin, AfP 1987, S. 697; OLG Kçln, AfP 1996, S. 387. 4 BGH, AfP 1993, S. 735; BGH, AfP 1998, S. 221; OLG Kçln, AfP 1996, S. 387; OLG Hamburg, AfP 1997, S. 813; KG, AfP 1987, S. 697; OLG Dsseldorf, NJWRR 1992, S. 677; OLG Mnchen, OLGR 1999, S. 257; s. a. Prinz/Peters, 8. Kap. Rz. 233.

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Rath-Glawatz 177

P Rz. 298

Kopplung (Zusammentreffen)

Sowohl der Paradigmenwechsel in der Gesetzgebung (Aufhebung der Zugabenverordnung, neuer Gehalt des § 3 UWG) wie auch die damit einhergehende „Liberalisierung“ in der Rechtsprechung fhren dazu, dass allein die „Kopplung“ von Berichterstattung und Anzeigenverçffentlichung nicht mehr unlauter ist. 298

Eine ganz andere Frage ist, ob und unter welchen Voraussetzungen man in dem Umstand, dass eine (lobende) Berichterstattung ber ein Unternehmen und eine Insertion des Unternehmens, ber das berichtet wird, in ein und derselben Ausgabe eines Printmediums ein Indiz fr das Vorliegen von Schleichwerbung im redaktionellen Gewand sehen kann und darf.1 Es mag Flle geben, wo dieses Zusammentreffen ein Indiz sein kann; es reicht jedoch in keinem Fall allein aus, um den Tatbestand des Abdrucks getarnter Werbung durch die Verçffentlichung ein redaktionellen Berichts zu belegen. Dazu mssen noch weitere „belastende“ Umstnde hinzukommen.2 Und selbst wenn man hinreichende Indizien findet, dann darf (nur) die Verçffentlichung von getarnter Werbung durch den Abdruck von Artikeln, die Schleichwerbung im redaktionellen Gewand enthalten, untersagt werden, nicht jedoch das abstrakte Zusammentreffen von Text und Inserat.

299

Letztlich sind auch die verfassungsrechtlichen Implikationen zu beachten, wenn man einem Printmedium das abstrakte Zusammentreffen von redaktioneller Berichterstattung und der Verçffentlichung von Anzeigen des Unternehmens, ber das berichtet wurde, untersagen wrde. Dass das Faktum des Zusammentreffens von „gnstiger“ Berichterstattung und Anzeigenschaltung allein („abstrakt“) verfassungsrechtlich niemals den Verzicht auf den Artikel oder die Anzeige zu legitimieren vermag, ist in der Entscheidung des OLG Dsseldorf3 zutreffend begrndet: „Es verstçßt i. S. des § 1 UWG“ (a. F.) „nicht gegen die guten Sitten, wird vielmehr von der in Art. 5 I GG garantierten Pressefreiheit … gedeckt, wenn ein Presseorgan … Artikel verçffentlicht, die fremden Wettbewerb fçrdern. Dies geschieht immer schon dann, wenn … ber Waren, Dienstleistungen und/oder ihre Anbieter in einer Weise“ berichtet wird, „die die gewerblichen Leistungen der Unternehmen oder diese selbst positiv darstellt. Zu den grundgesetzlich geschtzten Aufgaben der Presse gehçrt es auch, das Interesse der ffentlichkeit an einer Information ber Unternehmen und ihre Leistungen zu befriedigen.“ Und weiter ist in der Entscheidung zu lesen: „Der Fall ist vergleichbar mit dem einer welt1 OLG Nrnberg, WRP 2002, S. 585; zum Fall der „Kopplung“ von redaktioneller Berichterstattung und Anzeigen in einer Beilage: OLG Mnchen, ZUM 1998, S. 842, 846. 2 In diesem Sinn auch OLG Nrnberg, WRP 2002, S. 585. 3 OLG Dsseldorf, NJW-RR 1992, S. 677.

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178 Rath-Glawatz

Kostenloser Abdruck – Anzeigen

Rz. 301 P

anschaulich gebundenen Zeitung, die zu Wahlkampfzeiten Wahlanzeigen einer bestimmten Partei verçffentlicht: Es kann der Zeitung nicht angesonnen werden, auf die Verçffentlichung der Anzeigen zu verzichten, nur weil diese mit der von ihr vertretenen Weltanschauung harmonisieren, oder umgekehrt mit ihrer Meinung hinter dem Berg zu halten, nur weil sie Anzeigen einer ihr sympathischen politischen Partei verçffentlicht hat.“ Fordert der Inserent mit dem Abschluss eines Anzeigenauftrages den Abdruck eines unzulssigen redaktionellen Hinweises und verçffentlicht der Verlag nur die Annonce, so kann der Inserent deren Bezahlung nicht mit dem Hinweis verweigern, der Anzeigenauftrag sei nur „unvollstndig“ ausgefhrt worden.

300

Kostenloser Abdruck – Anzeigen Es gehçrt zum Kern des Anzeigenbegriffs, dass es sich um eine entgeltli- 301 che Verçffentlichung handelt. Der kostenlose Abdruck von Anzeigen widerspricht deshalb der Grundidee dieser Werbeform. Zugleich ist es im „umgekehrten“ Fall legitim, wenn ein Verlag, der bisher beispielsweise Veranstaltungstipps als redaktionelle Serviceleistung kostenlos abgedruckt hat, dazu bergeht, diese Hinweise nur noch in Form von entgeltlichen Anzeigen zu verçffentlichen.1 Bietet ein Verlag Werbetreibenden eine kostenpflichtige „Projektpartnerschaft“, so ist es wettbewerbswidrig, die im Rahmen dieser „Projektpartnerschaft“ verçffentlichten Anzeigen als „kostenlos“ zu bewerben.2 Wenn in der Vergangenheit ein Verlag wegen des verzçgerten Erscheinens eines neuen Titels den Inserenten kostenlose Anzeigenseiten als Entschdigung angeboten hat, so wird man dies heute nach dem Wegfall der Zugabeverordnung nicht mehr als wettbewerbswidrig ansehen kçnnen, da die Kostenlosigkeit sachlich begrndet war und sich mit dem Erscheinen des Blattes und dem Abdruck der unentgeltlich zugesagten Inserate erledigt.3 Soweit die Verlage selbst aus karitativen bzw. sozialen berlegungen (Mitarbeiterfreianzeigen) Inserate kostenlos verçffentlichen, ist darauf zu verweisen, dass dies an der grundstzlichen Kostenpflichtigkeit von Anzeigenpublikationen nichts ndert.4 In der Vergangenheit hat es hin und 1 Dazu der Artikel in der „Sddeutschen Zeitung“ v. 6.11.2004 ber ein entsprechendes Vorhaben der „Basler Zeitung“. 2 LG Traunstein, Urteil v. 22.8.2000 – Az. 1 HK O 987/00. 3 Anders noch OLG Hamburg, AfP 1996, S. 285. 4 Eher skurril ist ein Werbegag, bei dem ein Verlag seinen Anzeigenkunden eine halbe Anzeigenseite zu einem um 95 % reduzierten Startpreis zur Auktion in einem Internetauktionshaus zur Verfgung stellt.

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Rath-Glawatz 179

P Rz. 302

Kostenloser Abdruck – Anzeigen

wieder Einzelflle gegeben, in denen vor allem Anzeigenbltter den Versuch unternommen haben, ber den karitativ/sozialen Bereich hinaus private Anzeigen kostenfrei zu verçffentlichen.1 Diesen Aktionen lag entweder ein besonderer rechtfertigender Anlass zugrunde und/oder sie waren rumlich und zeitlich begrenzt. 302

Fehlten diese Voraussetzungen, so wurden die Gratisverçffentlichungen von den Instanzgerichten als wettbewerbswidrig untersagt.2 Im Einzelnen ist dazu Folgendes festzuhalten: – „rechtfertigender“ Anlass: Kleinanzeigen sind keine „neuartigen“ Waren mehr, die noch zu erproben wren, so dass aus diesem Gesichtspunkt ein kostenloser Abdruck nicht gerechtfertigt werden kann.3 Gleiches gilt auch, wenn mit der kostenfreien Verçffentlichung als „Attraktion“ fr die erste Ausgabe einer Zeitung geworben wird4 oder durch das Verschenken des Anzeigenraums „Probenummern“ aufgewertet werden sollen.5

1 Zu einer Aktion „Helfen und Schenken“: OLG Hamm, WRP 1982, S. 107; s. a. OLG Karlsruhe, ArchPR 1966, S. 76; insoweit ist auch auf folgende Entscheidung des BGH (GRUR 1982, S. 691/692) zu verweisen: ein Verlag hatte seinem 100 %igen Tochterunternehmen (Reisebro) kostenlosen Anzeigenraum eingerumt; dies hat der BGH weder unter dem Gesichtspunkt des § 22 Abs. 4 noch des § 26 Abs. 2 Satz 1 GWB als unzulssig angesehen. Derartige Anzeigen sind wie Eigenanzeigen des Verlages selbst zu werten und insoweit unproblematisch. 2 Dazu etwa: OLG Stuttgart, ArchPR 1973, S. 136/137; OLG Karlsruhe, ArchPR 1966, S. 76; OLG Celle, AfP 1986, S. 142; OLG Dsseldorf, AfP 1976, S. 49; OLG Stuttgart, AfP 1973, S. 381; a. M. in Fllen, in denen das Verschenken der Anzeige nicht auf Dauer geschah und sich umfangmßig in engen Grenzen hielt: OLG Dsseldorf, Urteil v. 13.5.1982 (Az. 2 U 207/81); OLG Hamm, WRP 1977, S. 271 und WRP 1982, S. 106; OLG Nrnberg, WRP 1967, S. 461; LG Hamburg, ArchPR 1973, S. 134; fr ein monatlich erscheinendes Anzeigenblatt: OLG Karlsruhe, AfP 1988, S. 255; Lçffler/Ricker, S. 644/645, Rz. 28, 29; Lçffler, BT Anz Rz. 79 ff., 83 ff.; Ahrens, § 74 Rz. 22 ff. Das OLG Celle (AfP 1988, S. 251) hlt die kostenlose Verçffentlichung von Kleinanzeigen in einem Werbefaltblatt eines Verbrauchermarktes so lange fr zulssig, als damit nicht der Bestand der anzeigenfinanzierten çrtlichen Presse konkret gefhrdet ist. Das LG Lneburg hat den kostenlosen Abdruck von privaten Kleinanzeigen wie auch von gewerblichen Anzeigen in einem periodisch vertriebenen Werbetrger (unentgeltlich und ohne redaktionellen Inhalt) als wettbewerbswidrig untersagt (Beschlussverfgung v. 12.8.2004 – Az. 11 O 28/04). Speziell zu dem Verbot des Abdrucks kostenloser gewerblicher Kleinanzeigen: LG Wuppertal, Beschluss v. 27.11.1985 (Az. 14 O 209/85); bezogen auf den Fall, dass fr die gewerblichen Kleinanzeigen nur ein Scheinentgelt verlangt wird: LG Wuppertal, Beschluss v. 3.1.1986 (Az. 15 O 1/86); Lçffler, BT Anz Rz. 84. 3 OLG Stuttgart, ArchPR 1973, S. 136. 4 LG Passau, ArchPR 1970, S. 116; OLG Nrnberg, WRP 1967, S. 461/462. 5 Zu „Probenummern“: Rechtsprechungszitate bei Thmmel/Wilde, AfP 1978, S. 186 Fn. 28.

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180 Rath-Glawatz

Kostenloser Abdruck – Anzeigen

Rz. 303 P

– begrenzter zeitlich/rumlicher Umfang: eine auf drei Wochen befristete „Testaktion“1 wird ebenso als zulssig angesehen wie der Gratisabdruck von (42) Kleinanzeigen auf einer „V“ Seite eines Werbeblattes eines Verbrauchermarktes2 oder die Ausgabe von 2 000 Gutscheinen fr kostenlose Kleinanzeigen, von denen 100 eingelçst werden.3 Diese Ausnahmetatbestnde drfen jedoch nicht darber hinwegtuschen, dass die Gerichtsentscheidungen jeweils auch erkennen lassen, dass der Gratisabdruck dann, wenn er dauerhaft erfolgen wrde, keine Billigung finden kann. Das OLG Hamm sieht diesen Tatbestand verwirklicht, wenn das „Angebot fr kostenlose Inserate“ – von den „angesprochenen Lesern in erheblichem Umfang und nachhaltig angenommen wird“, – zu einer „erheblichen Ausweitung des Anzeigenteils“ fhrt, – eine „grçßere Lesefreude des Publikums“ zur Folge hat und – „von der gewerblichen Wirtschaft als Anreiz fr einen grçßeren Insertionsumfang“ benutzt wird.4 Daneben wird darauf hingewiesen, dass schon bei dem einmaligen Angebot des Abdrucks kostenloser Kleinanzeigen die „Befrchtung“ gerechtfertigt sei, dass Mitwettbewerber „fr nicht unerhebliche Zeit mangels Bedrfnisses nahezu berhaupt ausgeschlossen werden.5 Folglich ist der kostenlose Abdruck von Anzeigen „jedenfalls dann mit den Grundstzen des lauteren Wettbewerbs nicht zu vereinbaren, wenn die Gefahr besteht, dass die Aktion von Mitbewerbern nachgeahmt wird und dadurch der Bestand des Wettbewerbs gefhrdet wird.6 Von Interesse ist schließlich, dass die Instanzgerichte dann, wenn aus ihrer Sicht die Gratisverçffentlichung von Anzeigen einen „erheblichen“ Umfang angenommen hat, nicht zustzlich noch darauf abstellen, dass dies auch zu einer konkreten Gefhrdung der Mitwettbewerber fhren msse. Es reiche vielmehr eine abstrakte Gefhrdung aus, um in den ge1 LG Hamburg, ArchPR 1973, S. 134. 2 OLG Celle, WRP 1988, S. 32–33; dazu auch: Lçffler/Ricker, S. 652/653 Rz. 26. 3 OLG Dsseldorf, Urteil v. 13.5.1982 (Az. 2 U 207/81); das OLG Karlsruhe (WRP 1988, S. 383 ff.) sieht bei einem lediglich monatlich erscheinenden Anzeigenblatt mit geringer Auflage in dem kostenlosen Abdruck von Kleinanzeigen, in denen vielfach Gegenstnde „von geringem Wert“ angeboten wurden, keine wettbewerbsrechtliche Unzulssigkeit; s. insoweit auch: OLG Hamm, WRP 1977, S. 271 (Wert der jhrlich in einem Anzeigenblatt kostenlos verçffentlichten Anzeigen DM 9000,–). 4 OLG Hamm, WRP 1982, S. 107; s. a. OLG Karlsruhe, Urteil v. 28.3.1979 (Az. 6 W 6/79). 5 OLG Stuttgart, ArchPR 1973, S. 136. 6 OLG Celle, AfP 1986, S. 142; insgesamt zum Thema „unentgeltliche Anzeige“: Ochs, Rz. 19 ff.

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Rath-Glawatz 181

303

P Rz. 304

Kostenloser Abdruck – Anzeigen

nannten Fllen den kostenlosen Abdruck von Anzeigen, sofern er nicht wegen des Umfangs als unbedeutend einzustufen ist, unter Berufung auf § 3 UWG (als ein Unter-Fall der nach wie vor unzulssigen allgemeinen Marktbehinderung) zu untersagen.1 304

Mit dem Entstehen der Offertenbltter (R Rz. P 307 ff.), die entgeltlich vertrieben und in denen private Kleinanzeigen (vielfach ohne Begrenzung) kostenlos abgedruckt werden, hat sich das Problem der Gratisverçffentlichung von Anzeigen nochmals verschrft. Der BGH sieht in dem Vorgehen der Offertenbltter kein „grundstzlich wettbewerbsrechtlich zu beanstandendes Verhalten“.2 Dem steht eine neuere Entscheidung des BGH gegenber, nach der „der kostenlose Abdruck privater Gelegenheitsanzeigen in einer Fachzeitschrift“ als „allgemeine Marktbehinderung wettbewerbsrechtlich grundstzlich zu beanstanden“ ist.3 Man kann den Eindruck gewinnen, dass der kostenlose Abdruck privater Kleinanzeigen vom BGH jeweils fr bestimmte Bereiche von Printerzeugnissen wettbewerbsrechtlich unterschiedlich beurteilt wird: – Mit Blick auf die Offertenbltter stellt der BGH zunchst fest, dass die „unentgeltliche Vergabe gewerblicher Leistungen… nicht schlechthin wettbewerbswidrig i. S. d. § 1 UWG ist“. Es mssten weitere Umstnde hinzutreten, die „die Unentgeltlichkeit einer Leistung im Anzeigengewerbe als sittenwidrig erscheinen lassen“.4 1 Neben den bereits genannten Entscheidungen insbesondere OLG Dsseldorf, AfP 1976, S. 49; a. M. insoweit OLG Celle, WRP 1988, S. 33 (im Gegensatz zu OLG Celle, AfP 1986, S. 142). 2 BGH, AfP 1989, S. 737, 738. 3 BGH, AfP 1991, S. 528–530; kritisch dazu: Wenzel, AfP 1992, S. 44–45; s. a. Lçffler/Ricker, S. 652/653 Rz. 26, 27. Aus einer frheren Entscheidung des BGH (ArchPR 1972, S. 130) konnte man zunchst mittelbar entnehmen, dass das Gericht den kostenlosen Abdruck von (privaten) Anzeigen wettbewerbsrechtlich nicht fr zulssig erachtet. Ein Zeitungsverlag hatte in seiner Preisliste eine Anzeigenkombination fr Familienanzeigen angeboten, die es dem Inserenten ermçglichte, seine Annonce in verschiedenen Ortsausgaben der Zeitung kostengnstig zu verçffentlichen. Ein konkurrierender Zeitungsverlag war gegen diese Anzeigenkombination u. a. mit dem Argument vorgegangen, der Preis fr die Anzeigenkombination stelle nur ein Scheinentgelt dar, um die verschiedenen Ortsausgaben durch erhçhtes Insertionsaufkommen „knstlich“ aufzublhen. Letztlich handele es sich um den Fall des „sittenwidrigen Verschenkens“ nach § 1 UWG. Der BGH hat sich mit dieser Argumentation auseinandergesetzt und festgestellt, dass der Vorwurf des „Verschenkens“ im konkreten Fall unberechtigt sei. Wre der BGH der Ansicht gewesen, dass ein „Verschenken“ privater Anzeigen, also ihr kostenloser Abdruck, wettbewerbrechtlich ohnehin nicht beanstandet werden kçnnte, dann htte es der vom Gericht vorgenommenen Prfung nicht mehr bedurft. Im Rckschluss ist deshalb die Aussage gerechtfertigt, dass der BGH Gratisverçffentlichungen von Anzeigen damals nicht als wettbewerbsgerecht angesehen haben drfte. 4 BGH, AfP 1989, S. 737.

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182 Rath-Glawatz

Kostenloser Abdruck – Anzeigen

Rz. 304 P

Den Vorwurf, das Verhalten der Offertenbltter verstoße gegen den Grundgedanken des Leistungswettbewerbs, da der private Kleinanzeigenkunde die Vergabe seines Anzeigenauftrages nur noch an der Unentgeltlichkeit des Abdrucks und nicht mehr an der (vertrieblichen) Leistungsfhigkeit des „Anzeigentrgers“ (des Printobjekts) messe, lsst das Gericht nicht gelten. Zur Begrndung beruft sich der BGH darauf, dass mit dem Abdruck von Kleinanzeigen in Tageszeitungen und Offertenblttern unterschiedliche Leistungen angeboten wrden: Offertenbltter wrden wegen des fehlenden redaktionellen Teils ausschließlich von anzeigeninteressierten Lesern gekauft, whrend der Inserent in einer Tageszeitung nur die Gewhr habe, dass seine Anzeige diejenigen erreiche, die die Zeitung ohnehin lesen. Der BGH spricht davon, dass sich wegen „des unterschiedlichen Vertriebs- und Absatzweges“ die Kleinanzeige im Offertenblatt mit einem Inserat in der Tageszeitung nicht gleichsetzen lasse. Wegen dieser „unterschiedlich zu bewertenden Leistungen“ sei im kostenlosen Abdruck von Kleinanzeigen in Offertenblttern kein Verstoß gegen die Grundstze des Leistungswettbewerbs zu erkennen.1 Der BGH sieht in dem kostenlosen Abdruck von Kleinanzeigen in Offertenblttern auch keine „Behinderung“ des klagenden Zeitungsverlages im Anzeigenmarkt bzw. keine „allgemeine Gefhrdung der Wettbewerbsfhigkeit von Presseerzeugnissen.“ Einerseits msse zwar „der grundlegenden Bedeutung, die dem Bestand und der Existenzfhigkeit eines freien Pressewesens zukommt, … auch bei der Beurteilung des Verhaltens, mit welchem sich ein Verleger im Wettbewerb durchzusetzen versucht, Rechnung getragen werden“. Es bedrfe jedoch andererseits „fr die Gewhrung des wettbewerbsrechtlichen Schutzes aus § 1 UWG der Feststellung konkreter Anhaltspunkte dafr, dass die Ttigkeit der freien Presse gefhrdet sein kçnnte.“ Die „bloße theoretische Mçglichkeit, dass es bei Rckgang des Anzeigengeschftes der Tagespresse zu einer Einschrnkung ihrer Finanzierungsgrundlagen fhren kçnnte, reicht nicht aus“. Da im konkreten Fall von der Tageszeitung, deren Auflage trotz des konkurrierenden Offertenblattes weiter gestiegen ist, keine Anhaltspunkte vorgetragen wurden, die den „Bestand des Wettbewerbs auf dem Anzeigenmarkt in Frage stellen“, sei „das beanstandete Wettbewerbsverhalten“ des Offertenblattes „nicht mit dem Unwerturteil der Sittenwidrigkeit zu belegen“.2 – In der zweiten einschlgigen Entscheidung des BGH klagte eine Motorboot-Fachzeitschrift, in der Kleinanzeigen kostenpflichtig abgedruckt wurden, gegen den kostenlosen Abdruck von Kleinanzeigen in einem

1 BGH, AfP 1989, S. 738. 2 BGH, AfP 1989, S. 738.

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konkurrierenden Objekt.1 Dabei wurde vorgetragen, dass sich infolge des kostenlosen Abdrucks in nur zwei Monaten der Anteil an Kleinanzeigen in der beklagten Fachzeitschrift verdoppelt habe und eine weitere Motorboot-Fachzeitschrift ebenfalls zum unentgeltlichen Abdruck von Kleinanzeigen bergegangen sei. Bei der klagenden Zeitschrift sei dagegen die Zahl der privaten Kleinanzeigen rcklufig. Der BGH stellt zunchst darauf ab, dass „der redaktionelle Teil der Zeitschrift im Vordergrund des Informationsinteresses der Leser steht.“ Daraus folge, dass die „redaktionelle Leistungsfhigkeit“ der Fachzeitschrift beeinflusst werden kçnne, wenn deren Anzeigenerlçse deshalb rcklufig seien, weil in einer Konkurrenzzeitschrift Anzeigen kostenlos verçffentlicht werden, whrend sie andernorts zu bezahlen sind. Der BGH hebt besonders hervor, es handele sich „bei der Fachpresse auf dem Gebiet des Motorboot-Wassersports um einen geschlossenen Markt weniger Zeitschriften“. Daraus folge, „dass die Zahl potenzieller Inserenten wie die der Erwerber einer dieser Zeitschriften sich auf das vorhandene Angebot verteilt und sonach die Lebenserfahrung die Annahme nahelegt“, das Angebot der einen Fachzeitschrift, private Kleinanzeigen kostenlos zu verçffentlichen, „kçnne das gleichartige (entgeltliche) Leistungsangebot“ der anderen Fachzeitschrift „auf Dauer ersetzen“. Der sich daraus ergebende „Kreislauf“ sei augenfllig: ber die Gratisverçffentlichung der Inserate steige die Zahl der Privatanzeigen in der betreffenden Fachzeitschrift, die Zahl der Leser nehme wegen der breiteren Attraktivitt des Anzeigenteils zu und dies wiederum fhre zu einer hçheren Attraktivitt auch fr die gewerblichen Anzeigenkunden. Die Fachzeitschrift, die in dem geschlossenen Markt an der Entgeltlichkeit der Anzeigenverçffentlichung festhalte, verliere in entsprechendem Umfang Leser sowie private und gewerbliche Anzeigenkunden.2 Die so verstrkte „wirtschaftliche Abhngigkeit des Verlagsgeschfts vom Anzeigengeschft“ bringe „die Gefahr mit sich, dass gewerbliche Anzeigenkunden auf den redaktionellen Teil von Zeitschriften in nicht hinnehmbarer Weise Einfluss nehmen kçnnen.“ Der BGH schließt daraus: „Wegen dieser Gefahr, die die wirtschaftliche Abhngigkeit der Zeitschriften vom Anzeigengeschft ihrer Natur nach mit sich bringt, ist es geboten, auf diesem Sektor im Wettbewerbskampf um das Anzeigengeschft allen Werbemitteln, die sich nachteilig auf die Objektivitt der Berichterstattung auswirken kçnnen, mit besonderer Zurckhaltung zu begegnen.“ Folglich liegt in dem kostenlosen Abdruck der privaten Kleinanzeigen eine unzulssige Marktbehinderung gem. § 1 UWG. 1 BGH, AfP 1991, S. 528 ff.; dazu Rohnke, GRUR 1991, S. 767, 768; s. a. Oellers, EWiR 1991, S. 617/618. 2 BGH, AfP 1991, S. 529–530.

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184 Rath-Glawatz

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Rz. 304 P

So wenig die Offertenblattentscheidung des BGH zu berzeugen vermag, so richtig ist das Urteil im Fall der Fachzeitschriften:1 Im Ergebnis stellt das Gericht zu Recht darauf ab, dass die notwendige Qualitt meinungsbildender und informationsvermittelnder Presseerzeugnisse zum Schaden der Allgemeinheit leidet, wenn einzelne Verlage versuchen, durch den kostenlosen Abdruck von Anzeigen der Konkurrenz Leser (Kufer) sowie private und gewerbliche Inserenten abzujagen. Dieser, wie der BGH es selbst formuliert, „augenfllige“ Kreislauf2 gengt dem Gericht, den kostenlosen Abdruck von privaten Kleinanzeigen im Bereich der (Motorboot-)Fachzeitschriften als wettbewerbswidrig zu untersagen. Anders als im Fall der Offertenbltter wird kein konkreter Nachweis fr die „Gefahr des Bestandes des Wettbewerbs im Anzeigenmarkt“ gefordert und es werden auch keine Erwgungen darber angestellt, ob die betroffene Fachzeitschrift etwa in der Lage sein msste, durch eine Reihe von Gegenmaßnahmen ihre journalistische Qualitt auch weiterhin i. W. ungeschmlert zu erhalten. Wenn der zitierte „augenfllige Kreislauf“ dem BGH im Fall des geschlossenen Markts der Motorboot-Fachzeitschriften ausreicht, den kostenlosen Abdruck von Kleinanzeigen als wettbewerbswidrig anzusehen, so ist nicht nachvollziehbar, weshalb dieser „augenfllige Kreislauf“ nicht auch in anderen Printbereichen bzw. im Verhltnis der einzelnen Printgattungen zu einander gelten soll: durch den auf Dauer angelegten kostenlosen Abdruck von Kleinanzeigen in Offertenblttern besteht ebenfalls die Gefahr, dass z. B. von konkurrierenden Tageszeitungen Leser/Kufer ebenso abwandern wie private und gewerbliche Anzeigenkunden. Folglich muss das Verhalten der Offertenbltter in gleicher Weise als unzulssige Marktbehinderung angesehen werden. Oder soll es etwa im geschlossenen Markt der Printerzeugnisse fr Motorbootinteressierte den Fachzeitschriften untersagt sein, private Kleinanzeigen kostenlos abzudrucken, einem in diesem Marktsegment erscheinenden Offertenblatt aber erlaubt? Aus diesem Grund kann auch dem Urteil des LG Frankfurt/Main nicht gefolgt werden, in dem trotz der vorangegangenen BGH-Entscheidung zu den Motorboot-Fachzeitschriften die Verçffentlichung kostenloser Kleinanzeigen in einer Fachzeitschrift fr Motorradfahrer als wettbewerbsrechtlich unbedenklich eingestuft wird.3 Es gbe, so das Gericht, keinen 1 Die Kritik von Wenzel (AfP 1992, S. 44–45) bersieht, dass auf Grund des Nachahmungseffekts zu befrchten steht, dass es nicht beim kostenlosen Abdruck privater Kleinanzeigen bleiben muss. Es sind, wie es Wenzel nennt, „Sonderformen“ in der Weise denkbar, dass auch gewerbliche Kleinanzeigen bzw. gewerbliche Anzeigen bestimmter Art (Kino- und Veranstaltungsanzeigen) kostenlos abgedruckt werden, nur um an Leser und andere gewerbliche Inserenten heranzukommen. 2 BGH, AfP 1991, S. 529/530. 3 LG Frankfurt/Main, AfP 1992, S. 393.

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geschlossenen Markt fr Motorradfachzeitschriften, so dass die Grundstze der BGH-Entscheidung nicht einschlgig seien. Das LG Frankfurt bersieht, dass wegen des untrennbaren Zusammenhangs zwischen journalistischem Potenzial eines Printobjekts und dessen Finanzkraft aus dem Anzeigengeschft das Verschenken von Anzeigen-„raum“ generell wettbewerbswidrig ist. Zutreffend dagegen die Entscheidung des OLG Stuttgart, in der es einer Fachzeitschrift fr die Druckbranche untersagt wurde, „auf Dauer jedem Unternehmen je Heft eine kostenlose Kleinanzeige von maximal vier Zeilen mit je 19 Stellen fr An- und Verkauf gebrauchter Maschinen und Gerte“ offeriert hat.1 Abzulehnen ist auch die Entscheidung des OLG Hamburg,2 in der der kostenlose Abdruck von privaten Kleinanzeigen in einer Tageszeitung an bestimmten ausgewhlten Wochentagen und in bestimmten ausgewhlten Rubriken als wettbewerbsrechtlich unbedenklich angesehen wird, solange nicht konkret nachgewiesen wird, dass der „Bestand des Wettbewerbs in der Branche der Tageszeitungen gefhrdet“ ist. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall geht es um den Markt der Tageszeitungen in einer bestimmten Region. Auch insoweit sind die vom BGH in seiner (spteren) Fachzeitschriftenentscheidung getroffenen Feststellungen zu dem „geschlossenen Markt“ anwendbar. Das vom BGH angenommene Gefhrdungspotenzial – Verçffentlichung von kostenlosen Kleinanzeigen = Verlust von Lesern/Kufern, privaten und gewerblichen Anzeigenkunden – gilt auch im Verhltnis der Tageszeitungen untereinander, so dass auch hier ohne konkreten Nachweis der Gefhrdung des Wettbewerbs im Anzeigenmarkt der kostenlose Abdruck von privaten Kleinanzeigen wettbewerbswidrig ist. Abzulehnen ist schließlich auch die Entscheidung des OLG Dresden, nach der der kostenlose Abdruck von privaten Kleinanzeigen in Anzeigenblttern „im Regelfall“ nicht gegen § 1 UWG a. F.verstçßt. Das Gericht argumentiert vergleichbar der Offertenblattentscheidung des BGH und stellt fest, dass eine ernste Gefahr fr den Bestand des Wettbewerbs im fraglichen Fall nicht nachgewiesen sei.3

1 OLG Stuttgart, AfP 1998, S. 413. 2 OLG Hamburg, AfP 1991, S. 432 ff. 3 OLG Dresden, WRP 1993, S. 814 ff.; im Ergebnis ebenso: OLG Hamm, OLGR 1993, S. 59 – Das Gericht hat u. a. darauf abgestellt, dass der „Institutionsschutz der berichterstattenden Presse“ wegen des Abdrucks in einem Anzeigenblatt nicht gefhrdet sei. Diese Argumentation ist nicht haltbar, da die Anzeigenbltter ebenfalls den Schutz des Art. 5 GG genießen, zumal dann, wenn sie, wie in dem zu entscheidenden Fall, ber einen „umfangreichen redaktionellen Teil“ verfgen. Zudem trifft es Anzeigenbltter, die sich ausschließlich aus den Anzeigenerlçsen finanzieren, besonders hart, wenn ein Mitwettbewerber dauerhaft nicht nur private Kleinanzeigen, sondern auch gewerbliche Kleinanzeigen kostenlos verçffentlicht.

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186 Rath-Glawatz

Offertenbltter

Rz. 307 P

Ist nach der Rechtsprechung die kostenlose Verçffentlichung von Anzeigen zulssig, so sind die Verlage aus § 5 UWG gehalten, unmissverstndlich darauf hinzuweisen, dass es sich insoweit um Gratisinsertionen handelt.1 Dies liegt darin begrndet, dass es z. B. fr die Ernsthaftigkeit eines Kaufgesuches oder eines Verkaufsangebots von erheblicher Bedeutung ist, ob der Werbende bereit ist, fr eine Anzeigenverçffentlichung auch zu zahlen oder nicht. Im brigen stellt sich auch hier die Problematik von sog. Fllanzeigen.2

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Ladenschlussgesetz In § 3 des Ladenschlussgesetzes sind fr „Verkaufsstellen“ allgemeine La- 306 denschlusszeiten und Verkaufsverbote festgelegt. Das Gesetz bezieht sich auf Geschfte, die „Waren zum Verkauf an jedermann“ anbieten. Sicherlich stellt die Anzeige ein Wirtschaftsgut, eine „Ware“ im Sinn einer geldwerten Leistung dar. Unter den Warenbegriff des Ladenschlussgesetzes fallen jedoch nur bewegliche Sachen, die Gegenstand des Handelsverkehrs sind (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 HGB). Der Abdruck von Anzeigen ist jedoch als Werkvertrag diesen Handelsgeschften nicht zuzuordnen.3 Damit ist auf die Annahme von Anzeigenauftrgen das Ladenschlussgesetz nicht anzuwenden. Selbst wenn die Verlage ihre Annahmezeiten weitgehend denen des Einzelhandels angepasst haben, sind sie an die dort geltenden Bestimmungen nicht gebunden. Anzeigenabschlsse kçnnen also auch außerhalb der Ladenschlusszeiten vorgenommen werden. Dies drfte vor allem fr die telefonische Anzeigenaufnahme oder den Telex-, Internet- und Telefaxverkehr von Bedeutung sein.

Offertenbltter Neben den Tageszeitungen und Zeitschriften sowie den Anzeigenblttern ist seit etwa 1980 mit den Offertenblttern eine neue Gattung periodischer Druckwerke auf dem Pressemarkt erschienen.4 1 Beschluss LG Dsseldorf v. 20.1.1989 – Az. 38 0 15/89. 2 LG Hamburg, ArchPR 1973, S. 134; OLG Stuttgart, ArchPR 1973, S. 136; LG Passau, ArchPR 1970, S. 116. 3 Allgemein zu dieser Abgrenzung: Stober, Ladenschlussgesetz, § 1 Rz. 24 ff. 4 Grundlegend dazu in tatschlicher und rechtlicher Bewertung: Kbler, AfP 1988, S. 309 ff.; Ahrens, § 74 Rz. 29; Lçffler, BT Anz Rz. 77. Soweit der BGH in seiner ersten Anzeigenblatt-Entscheidung (Freiburger Wochenblatt, NJW 1956,

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P Rz. 307

Offertenbltter

Offertenbltter enthalten ausschließlich Anzeigen und werden – anders als Anzeigenbltter – nicht kostenlos verteilt, sondern mssen kuflich erworben werden. Ihr Verkaufspreis liegt i. d. R. ber dem der Wochenendausgabe einer regionalen Abonnementszeitung. Einen redaktionellen Teil haben diese Offertenbltter nicht. Gelegentlich finden sich in ihnen Rundfunkprogramme bzw. andere kleinere redaktionelle Beitrge. In allen Offertenblttern werden – wie dies z. T. auch bei alternativen Stadtillustrierten zu beobachten ist – private Kleinanzeigen kostenlos abgedruckt. Whrend die Offertenbltter, die sich zunchst als „alternatives“ Medium verstanden, zu Beginn fast ausschließlich Anzeigen enthielten, die bei Kostenpflichtigkeit wohl nicht abgedruckt worden wren (z. B. Verschenken von Gegenstnden, Angebote geringwertiger Gter),1 ist zwischenzeitlich zu beobachten, dass sich der private Kleinanzeigenteil der Offertenbltter, was die angebotenen oder gesuchten Gegenstnde betrifft, nicht mehr von dem der Tageszeitungen bzw. Anzeigenbltter unterscheidet. Die Offertenbltter mssen sich damit aus den Vertriebserlçsen und den Einnahmen durch die gewerblichen Anzeigen finanzieren. Die Begrndung dafr, warum die privaten Kleinanzeigen kostenlos abgedruckt werden, liegt auf der Hand: da die Offertenbltter keinen redaktionellen Teil haben, sollen und mssen die privaten Kleinanzeigen – quasi als redaktioneller Ersatz – den notwendigen Lesestoff und Kaufanreiz bieten. Indem der Abdruck der privaten Kleinanzeigen kostenlos erfolgt, erhoffen sich die Verleger der Offertenbltter den Zulauf an Insertionswnschen, ohne den sie ihre Objekte nicht fllen und auch nicht verkaufen kçnnten.2 Zugleich jedoch sollen die kostenlos abgedruckten Kleinanzeigen der geS. 588/589) von Offertenblttern spricht, so bezieht er sich dabei auf Druckobjekte, in denen kostenpflichtige Anzeigen abgedruckt sind und die kostenlos verteilt werden (enthalten diese Offertenbltter dann einen redaktionellen Teil, so spricht der BGH von Anzeigenblttern). Es ist selbstverstndlich, dass die Tageszeitungspresse es hinnehmen muss, wenn derartige bezahlte Anzeigen nicht bei ihr, sondern in so verstandenen Offertenblttern erscheinen; Gleiches wrde auch fr die Anzeigenwerbung an Litfaßsulen gelten (s. dazu auch BGH, NJW 1969, S. 744 – Stuttgarter Wochenblatt). Das OLG Celle (AfP 1988, S. 251) hat ein Werbefaltblatt eines Verbrauchermarktes als „Offertenblatt“ eingestuft und kostenlose Kleinanzeigen so lange fr zulssig erklrt, als die çrtliche Presse nicht gefhrdet ist. – Die jetzt neu entstandenen Offertenbltter zeichnen sich demgegenber dadurch aus, dass sie verkauft werden, in ihnen aber kostenlose private Kleinanzeigen abgedruckt werden. 1 Unter diesem Eindruck stand wohl noch das OLG Kçln, AfP 1984, S. 45/46; s. a. OLG Karlsruhe, AfP 1988, S. 255; OLG Celle, AfP 1988, S. 251. 2 Damit kçnnte man jede einzelne Anzeige als „Fllanzeige“ (R Rz. P 209 ff.) bezeichnen. Dies darf jedoch nicht mit der wettbewerbsrechtlichen Problematik von „Fllanzeigen“ verwechselt werden, denn diesen „sieht“ man die Kostenlosigkeit nicht an, whrend die Offertenbltter gerade mit der Kostenlosigkeit werben. – S. dazu: OLG Nrnberg, WRP 1967, S. 462; Kbler, AfP 1988, S. 311.

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188 Rath-Glawatz

Offertenbltter

Rz. 308 P

werblichen Wirtschaft Leseinteresse verdeutlichen und sie so veranlassen, mit ihren – dann zu bezahlenden – Anzeigen ebenfalls in die Offertenbltter zu gehen. Der kostenlose Abdruck der Kleinanzeigen soll damit drei Ziele erreichen: das Blatt zu fllen, auf diese Weise kaufwillige Leser zu finden und die werbetreibende Wirtschaft zur kostenpflichtigen Insertion im Umfeld der erhofften zahlreichen kostenlosen Kleinanzeigen zu gewinnen. Rechtstatschlich ist insoweit festzuhalten, dass bis zu dieser neu aufgekommenen Praxis des kostenlosen Abdrucks von (Klein-)Anzeigen in den Offertenblttern der Inserent/der Werbetreibende fr den Abdruck/ die Verbreitung seiner Werbebotschaft ausnahmslos hat bezahlen mssen. Dies galt nicht nur bei der Anzeigenwerbung, sondern auch bei allen anderen Werbeformen wie z. B. der Plakatwerbung, der Handzettelwerbung, der Ausstrahlung von Werbespots usw. Ob dann der an der Werbebotschaft Interessierte (auch) noch zahlen muss, um von dem Inhalt der Werbung Kenntnis zu bekommen, war demgegenber schon immer unterschiedlich: die Plakatwerbung oder die Werbung ber Hauswurfsendungen ist aus der Natur der Sache heraus frei zugnglich. Die in den 50er Jahren entstandenen Anzeigenbltter haben einen weiteren bedeutenden Akzent in diesem Bereich gesetzt. Demgegenber mssen Zeitungen und Zeitschriften regelmßig gekauft werden, damit die Anzeigen gelesen werden kçnnen. Die Offertenbltter nehmen eine Zwitterstellung ein: auf der einen Seite mssen sie gekauft werden, auf der anderen Seite ist die private Insertion in ihnen grundstzlich und auf Dauer kostenfrei. Insoweit stellt sich zunchst die Frage, ob Annoncen, die kostenlos verçffentlicht werden, wettbewerbsrechtlich korrekt berhaupt noch mit dem berkommenen Begriff „Anzeige“ bezeichnet werden drfen: denn nach dem bisherigen Verstndnis ist mit dem Anzeigenbegriff die Kostenpflichtigkeit des Abdrucks (im Gegensatz zu Verçffentlichungen im redaktionellen Teil) untrennbar verbunden (R Rz. P 301 ff.). Zur Frage des kostenlosen Abdrucks von (privaten Klein-)Anzeigen liegt eine umfangreiche Rechtsprechung vor. Die Instanzgerichte haben die unentgeltliche Verçffentlichung von Inseraten (vor allem) in Anzeigenblttern nur dann als wettbewerbsrechtlich zulssig eingestuft, wenn dem Abdruck ein rechtfertigender Anlass zugrunde lag bzw. der Abdruck rumlich und zeitlich begrenzt war. Der BGH hat in einer Entscheidung im Jahr 1991 den Abdruck von kostenlosen Kleinanzeigen in Fachzeitschriften unter der Annahme eines geschlossenen Marktes in dem betroffenen Printsegment als wettbewerbsrechtlich unzulssige Marktbehinderung angesehen (R Rz. P 304 ff.).1 1 BGH, AfP 1991, S. 528 ff.; s. a. Lçffler/Ricker, S. 652/653 Rz. 27.

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P Rz. 309 309

Offertenbltter

Demgegenber ist die kostenlose Verçffentlichung von privaten Kleinanzeigen in Offertenblttern von den Instanzgerichten1 und vom BGH in einem Urteil aus dem Jahr 19892 fr wettbewerbsrechtlich zulssig erklrt worden:3 In dem vom BGH zu entscheidenden Fall hatte eine Tageszeitung, in der auch die privaten Kleinanzeigen ausnahmslos kostenpflichtig abgedruckt wurden, ein in ihrem Verbreitungsgebiet erscheinendes Offertenblatt verklagt, den kostenlosen Abdruck privater Kleinanzeigen zu unterlassen. Der BGH stellt zunchst – zu Recht – fest, dass „der kostenlose Abdruck und Vertrieb einer privaten Kleinanzeige … ein Verschenken einer geldwerten Leistung an den Inserenten darstellt“.4 Unter Hinweis auf seine Rechtsprechung zur „unentgeltlichen Vergabe gewerblicher Leistungen“ verweist der BGH dann darauf, dass im Einzelfall „konkrete Umstnde hinzutreten mssen, welche die Unentgeltlichkeit einer Leistung im Anzeigengewerbe als sittenwidrig erscheinen lassen“. Derartige „die Wettbewerbswidrigkeit begrndende Umstnde kçnnen darin zu sehen sein, dass die Art und der Umfang der unentgeltlichen Leistung den Empfnger in unsachlicher Weise zum Abschluss entgeltlicher Vertrge veranlassen oder ihn derart an die kostenlos abgegebene Leistung gewçhnen, dass er davon absieht, Leistungsangebote anderer Mitbewerber auf Gte und Wirtschaftlichkeit zu prfen“.5 1 Die Oberlandesgerichte (OLG Kçln, AfP 1984, S. 44; OLG Dsseldorf, AfP 1986, S. 684) haben dabei im Wesentlichen auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Frage der Gratisverteilung von Fachzeitschriften zurckgegriffen (BGH, GRUR 1985, S. 881/882; BGH, GRUR 1982, S. 55) und erklrt, der kostenlose Abdruck von privaten Kleinanzeigen in Offertenblttern gefhrde nach „Umfang, Intensitt und Wirkung“ die Tageszeitungspresse nicht in dem Maß, dass dies unter dem Gesichtspunkt des § 1 UWG als wettbewerbswidrig anzusehen sei. Jedenfalls reiche eine mçgliche abstrakte Gefhrdung nicht aus. Erst dann, wenn fr die Tageszeitungspresse aufgrund konkreter Tatsachen eine Bestandsgefhrdung drohe, sei dieses Verhalten unzulssig (OLG Kçln, AfP 1984, S. 45). Mit dem kostenlosen Abdruck von privaten Kleinanzeigen sei im brigen auch keine Anlockwirkung in der Weise verbunden, dass dies aufgrund der Nachahmung durch andere Wettbewerber zu einer Behinderung bzw. Aufhebung des Wettbewerbs fhre. Das Verhalten der Offertenblattverlage widerspreche auch nicht den Regeln des Leistungswettbewerbs. Denn das Sammeln und der Abdruck kostenloser Kleinanzeigen stelle einen Kostenfaktor dar, fr den der Leser durch den Kauf des Offertenblattes bzw. der gewerbliche Inserent bei Abdruck seiner Anzeige bezahlen msse. Es stnden sich Leistung und Gegenleistung gegenber. Da außerdem davon auszugehen sei, dass sich dieses Konzept auf Dauer wirtschaftlich trage, verbiete sich der Rckgriff auf § 1 UWG. Dazu insgesamt: Kbler, AfP 1988, S. 311/312. 2 BGH, AfP 1989, S. 737 ff. 3 Dazu auch: Lçffler, BT Anz Rz. 80 ff.; Lçffler/Ricker, S. 652/653 Rz. 26. 4 Zur „Anzeige“ als wirtschaftlich wertvoller Dienstleistung: Kbler, AfP 1988, S. 313. 5 BGH, AfP 1989, S. 737.

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190 Rath-Glawatz

Offertenbltter

Rz. 309 P

Der klagende Zeitungsverlag hatte argumentiert, dass der „Insertionswillige“ seine Entscheidung, in welchem Printobjekt die Anzeige geschaltet werden soll, allein mit Blick auf die Unentgeltlichkeit bei den Offertenblttern treffe. Damit wrden nicht entsprechend dem Grundgedanken des Leistungswettbewerbs die einzelnen Angebotsformen vom Kunden miteinander („auf Gte und Wirtschaftlichkeit“) verglichen, ehe die Entscheidung fr das eine oder das andere Angebot fllt. Folglich liege i. S. d. zitierten Rechtsprechung des BGH ein „konkreter Umstand“ vor, der das in Frage stehende Verhalten der Offertenbltter wettbewerbswidrig mache. Diesem Argument entzieht sich der BGH, indem er in der Verçffentlichung von Kleinanzeigen in Tageszeitungen und Offertenblttern „unterschiedliche Leistungsangebote“ sieht: die Tageszeitung, so der BGH, „biete dem Inserenten gegen Entgelt die Gewhr, als Adressaten der Anzeige jedenfalls die Haushalte zu erreichen, welche die Zeitung regelmßig erhalten“. Nach der Vertriebskonzeption des Offertenblattes bedrfe es erst „des entgeltlichen Erwerbs durch einen anzeigeninteressierten Kunden, ehe die Anzeige einen Adressaten erlangt“. Die Kleinanzeige im Offertenblatt lasse sich „wegen des unterschiedlichen Vertriebs- und Absatzweges der Presseerzeugnisse“ nicht mit dem Inserat in der Tageszeitung gleichstellen. Es wrden „unterschiedlich zu bewertende Leistungen angeboten, so dass in der kostenlosen Verçffentlichung der Kleinanzeigen im Offertenblatt kein Verstoß gegen die Grundstze des Leistungswettbewerbs zu erkennen sei.1 Die Ansicht des BGH, Offertenbltter und Tageszeitungen htten „unterschiedliche Vertriebs- und Absatzwege“, erscheint nicht nachvollziehbar: beide Printerzeugnisse werden unstreitig entgeltlich vertrieben. Die Tatsache, dass Tageszeitungen neben dem Einzelverkauf auch im Abonnement vertrieben werden, ndert nichts daran, dass dieses Printobjekt wie das Offertenblatt nur entgeltlich erworben werden kann. Sicherlich kçnnen die Motive zum Erwerb von Tageszeitung und Offertenblatt z. T. unterschiedlich sein. Das Offertenblatt wird aus der Natur der Sache heraus nur wegen der Anzeigen gekauft, die Tageszeitung neben der Bedeutung des redaktionellen Teils auch bzw. gerade auch wegen der Anzeigen. Mag der einzelne Richter am BGH am redaktionellen Teil der Tageszeitung weit mehr Interesse haben als am Anzeigenteil, so gibt es doch viele Leser, die die Tageszeitung beispielsweise an bestimmten Wochentagen gezielt (nur) wegen der dort abgedruckten Anzeigen kaufen (z. B. Stellenmarkt am Wochenende, Wohnungsangebote in der Mittwochs- und Wochenendausgabe, Kfz-Anzeigen am Freitag usw.). Fr diese Kufer-/Leserschichten gibt es folglich keine, wie der BGH es formuliert, unterschiedlich „zu bewertenden“ Leistungen von Tageszeitung und Offerten-

1 BGH, AfP 1989, S. 738.

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Rath-Glawatz 191

P Rz. 310

Offertenbltter

blatt, sondern nur die einheitlich zu beurteilende Leistung in beiden Printobjekten, nmlich den Abdruck und die Verçffentlichung von privaten Kleinanzeigen. Aber letztlich ist diese in Teilen unterschiedliche Motivlage beim Erwerb von Tageszeitung und Offertenblatt rechtlich unbedeutend: denn entscheidend ist, dass nicht nur der Vertriebs- und Absatzweg von Tageszeitungen und Offertenblttern identisch ist, sondern auch der Inhalt dessen, was „vertrieben“ wird, nmlich der Abdruck von Anzeigen (das Zurverfgungstellen von Anzeigenraum). Beide entgeltlich vertriebene Printobjekte bieten dem Insertionswilligen Gelegenheit, seine private Kleinanzeige zu verçffentlichen und dem Kufer/Leser der Printobjekte die Gelegenheit, die abgedruckten Kleinanzeigen zu „studieren“. Damit ist der lokale/regionale Kleinanzeigenmarkt angesprochen, in dem sowohl die Tageszeitung wie auch das Offertenblatt (und andere Printerzeugnisse wie Anzeigenbltter oder Stadtillustrierte) um die Gunst der privaten Kleinanzeigeninserenten und Leser konkurrieren. Mit Blick auf die sptere Entscheidung des BGH zum kostenlosen Abdruck von Kleinanzeigen in Fachzeitschriften1 kann man auch in Bezug auf den lokal/regionalen Markt der privaten Kleinanzeigen von einem „geschlossenen“ Markt sprechen. Bieten die Konkurrenten in diesem geschlossenen Markt die gleiche Leistung an, nmlich den Abdruck von Kleinanzeigen in entgeltlich vertriebenen Printobjekten, so stellt es eine wettbewerbswidrige Marktbehinderung dar, wenn ein Konkurrent die fragliche Leistung auf Dauer kostenlos anbietet. Denn die Interessenten werden in dem geschlossenen Markt durch die Unentgeltlichkeit der Anzeigenverçffentlichung in den Offertenblttern in einer Weise angelockt, die es in Frage gestellt sein lsst, ob tatschlich noch geprft wird, ob nicht eine zu bezahlende Kleinanzeige in der Tageszeitung letztendlich doch eher und besser den gewnschten Erfolg bringt. 310

Ebenso kritisch ist im Ergebnis die weitere Begrndung der Entscheidung des BGH zu sehen: Sicherlich kann es nicht, wie der BGH feststellt, Aufgabe des Wettbewerbsrechts sein, „wettbewerbliche Strukturen zu erhalten und wirtschaftlichen Entwicklungen allein deshalb entgegenzusteuern, weil sie bestehende Konzeptionen in Frage stellen“. Deshalb kann es zu Recht auch nicht darum gehen, die Printgattung „Offertenblatt“ deshalb anzugreifen, weil der Kufer/Leser keinen redaktionellen Teil mehr erhlt und ausschließlich Anzeigen als Lesestoff bekommt. Kernpunkt der Diskussion ist und bleibt allein die Frage, ob der Abdruck privater Kleinanzeigen, den der BGH in seiner Entscheidung selbst als geldwerte gewerbliche Leistung definiert, kostenlos erfolgen darf.

1 BGH, AfP 1991, S. 528.

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192 Rath-Glawatz

Offertenbltter

Rz. 310 P

Wenn der BGH dazu feststellt, dass Offertenbltter „nach betriebswirtschaftlich vernnftigen, auf Dauer angelegten sachgerechten Grundstzen handeln“ und folglich der kostenlose Abdruck von Kleinanzeigen in Offertenblttern nicht als „Ausfluss eines ruinçsen, den Bestand des Wettbewerbs im Anzeigenmarkt in Frage stellenden Verhaltens zu qualifizieren sei“,1 so bersieht das Gericht den entscheidenden Punkt: Offertenbltter brauchen private Kleinanzeigen als „Lesestoff“, um berhaupt in ausreichender Zahl Kufer/Leser zu finden und in deren Folge dann auch gewerbliche Inserenten gewinnen zu kçnnen. Zugleich sind Offertenbltter nur dann in der Lage, private Kleinanzeigen in der erforderlichen Anzahl zu bekommen, wenn sie die Kleinanzeigen kostenlos abdrucken. Dies ist fr die Offertenbltter auch finanziell verkraftbar, da sie keinerlei redaktionelle Kosten haben. Dem steht die entgegengesetzte Kausalkette bei den Tageszeitungen gegenber: sie mssen, um die redaktionellen und vertrieblichen Leistungen erbringen zu kçnnen, alle Anzeigen kostenpflichtig abdrucken. In dem sicheren Wissen, dass die Tageszeitungen diese Einnahmequelle nicht auf Dauer aufgeben kçnnen, wollen sie weiterhin ein informationsbestimmtes Medium bleiben, stellen die Offertenbltter ihren Anzeigenraum fr private Kleinanzeigenkunden dauerhaft kostenlos zur Verfgung.2 Diese Strategie, die nur aufgeht, weil die Tageszeitungen nicht marktkonform reagieren kçnnen, ist damit in der Weise „ruinçs“, als der Wettbewerb um private Kleinanzeigen eben doch auf lange Sicht einseitig zugunsten der Offertenbltter entschieden werden soll. Wird in Konkurrenz zweier Anbieter die von beiden angebotene geldwerte Leistung von dem einen auf Dauer kostenlos offeriert und kann der andere Anbieter nicht nachziehen, so wird der Wettbewerb um diese geldwerte Leistung in Frage gestellt und im Ergebnis zugunsten des dauerhaft kostenfreien Angebots entschieden. Damit ist – anders als der BGH es sieht – schon vom Ansatz her der „Bestand des Wettbewerbs im Anzeigenmarkt“ in wettbewerbswidriger, weil ruinçser Weise gefhrdet. Letztlich kommt jedoch auch der BGH zu der Einsicht, dass beim Verschenken von Anzeigenraum eine Gefhrdung der Institution „Freie Presse“ nicht gnzlich auszuschließen ist: „… der grundlegenden Bedeutung, die dem Bestand und der Existenzfhigkeit eines freien Pressewesens zukommt, muss auch bei der Beurteilung des Verhaltens, mit welchem sich ein Verleger im Wettbewerb durchzusetzen versucht, Rechnung getragen werden.“ Zugleich verlangt der BGH jedoch „konkrete Anhaltspunkte dafr, dass die Ttigkeit der freien Presse gefhrdet sein kçnnte“. Denn, so das Gericht, „eine bloße theoretische Mçglichkeit, dass ein Rckgang im Anzeigengeschft der Tagespresse zu einer Einschrnkung ihrer Finanzierungsgrundlage fhren kçnnte, reicht nicht“, den kostenlosen Abdruck 1 BGH, AfP 1989, S. 738. 2 Zu diesem Fragenkomplex auch: Henning-Bodewig, GRUR 1985, S. 262.

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Rath-Glawatz 193

P Rz. 311

Offertenbltter

von privaten Kleinanzeigen in Offertenblttern als wettbewerbswidrig einzustufen.1 311

Dass sehr wohl schon die abstrakte Gefahr fr den Bestand der freien Presse ausreichen kann, die kostenlose Verçffentlichung von Kleinanzeigen als sittenwidrig anzusehen, lsst sich aus der Entscheidung des BGH zu den Fachzeitschriften im Jahr 1991 entnehmen.2 Das Gericht geht fr den Bereich der Motorboot-Fachzeitschriften von einem „geschlossenen Markt“ aus und sieht folgenden, die Wettbewerbswidrigkeit ohne weiteren Nachweis begrndenden Kreislauf: durch die Gratisverçffentlichung der Inserate werde die Zahl der abgedruckten Anzeigen erhçht, die Zeitschrift gewinnt wegen des „breiteren Anzeigenmarkts an Attraktivitt“ bei den Lesern, mit der dann eine „erhçhte Attraktivitt bei den gewerblichen Inserenten einhergeht“. Die damit verbundene Abwanderung von gewerblichen Inserenten verstrke so „die wirtschaftliche Abhngigkeit des Verlagsgeschfts vom Anzeigengeschft“ und bringe die Gefahr mit sich, „dass gewerbliche Anzeigenkunden auf den redaktionellen Teil von Zeitschriften in nicht hinnehmbarer Weise Einfluss nehmen kçnnten“. Wegen dieser „Gefahr“, so der BGH ausdrcklich, sei es notwendig, „im Wettbewerbskampf um das Anzeigengeschft allen Werbemitteln, die sich nachteilig auf die Objektivitt der Berichterstattung auswirken kçnnen, mit besonderer Zurckhaltung zu begegnen“.3 Folgerichtig hat dann der BGH ohne konkreten Nachweis, dass ein Anzeigenrckgang bei der klagenden Fachzeitschrift die Berichterstattung tatschlich gefhrdet, den kostenlosen Abdruck von privaten Kleinanzeigen in der konkurrierenden Fachzeitschrift als wettbewerbswidrig untersagt.

312

Nichts anderes kann auch fr das Verhltnis Tageszeitung/Offertenblatt gelten: Es drfte unbestritten sein, dass nach §§ 3, 4 Nr. 10 UWG das Verhalten eines Wettbewerbers dann als rechtswidrig anzusehen ist, wenn es nach „Umfang, Intensitt und Wirkung“ daraufhinausluft, den Wettbewerb in einem bestimmten Bereich gnzlich aufzuheben. Mçgen die Offertenbltter zu Beginn ihrer Aktivitten noch eine Marktlcke in dem Sinne ausgefllt haben, dass sie Insertionswnsche realisierten, die bei Kostenpflichtigkeit nicht verwirklicht worden wren, so konkurrieren sie heute in vollem Umfang mit den brigen Anbietern von privaten (und gewerblichen) Anzeigen. Da die privaten Anzeigen aber zugleich Lesestoff bieten und insoweit einen weiteren (nicht zu unterschtzenden) Absatzfaktor bilden, besteht auch auf dem Lese(= Vertriebs)Markt ein Wettbewerbsverhltnis zu den brigen Druckerzeugnissen, die private Anzeigen verçffentlichen. Im Ergebnis konkurrieren damit Offertenbltter und Tages1 BGH, AfP 1989, S. 738. 2 BGH, AfP 1991, S. 528 ff. 3 BGH, AfP 1991, S. 529–530.

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194 Rath-Glawatz

Offertenbltter

Rz. 313 P

zeitungen auf dem Insertionsmarkt fr private Kleinanzeigen wie auch auf dem Lesemarkt fr diese Annoncen. Es besteht eine doppelte Wettbewerbssituation sowohl im privaten Anzeigen- wie im Vertriebsgeschft. Diese Marktanalyse ist jedoch unvollstndig, wenn man nicht ebenso deutlich auf einen zweiten Effekt hinweist, der mit der Konzeption der Offertenbltter untrennbar verbunden ist: konzentriert sich aufgrund des kostenlosen Abdrucks privater Kleinanzeigen das Insertionsinteresse einschließlich des damit verbundenen Leseinteresses (= Kaufinteresses) bei den Offertenblttern, so werden auch die gewerblichen Inserenten zunehmend ihre kostenpflichtige Anzeigenwerbung in die Offertenbltter verlagern. Die Tageszeitungen sind folglich in dreifacher Weise tangiert: private Kleinanzeigeninserenten wandern ab, da sie anderswo kostenlos annoncieren kçnnen; die (Anzeigen-)Leser orientieren sich dorthin, wo sich aufgrund der Kostenlosigkeit das Insertionsinteresse konzentriert, und die gewerbliche Wirtschaft folgt ihnen mit ihrer kostenpflichtigen Werbung. Dementsprechend bleibt den Tageszeitungen zwangslufig nur die Mçglichkeit, dass sie ihre redaktionellen Leistungen vermindern bzw. ganz erheblich einschrnken mssen.1 Im Ergebnis weichen damit die Offertenbltter dem Leistungswettbewerb ber den Anzeigenpreis aus und behindern so in unzulssiger Weise die Mitwettbewerber. Dies ist deshalb in besonderem Maß zu missbilligen, als dies in sicherer Erkenntnis geschieht, dass die anderen Anbieter innerhalb des in sich geschlossenen Markts der privaten Kleinanzeigen diesen Schritt zum kostenlosen Abdruck wegen ihrer Kosten fr den redaktionellen Teil der Zeitungen nicht nachvollziehen kçnnen. Wrden sich die Offertenbltter auf diesem Hintergrund wettbewerbsgerecht verhalten und ein Entgelt auch fr private Anzeigen verlangen, so mssten sie damit rechnen, kaum noch private Kleinanzeigen zu erhalten, so dass die Attraktivitt der Offertenbltter fr Leser/Kufer und gewerbliche Inserenten wieder entsprechend sinkt. In diesem gesamten Komplex darf schließlich die besondere Stellung der Presse im Verfassungsgefge nicht unbeachtet bleiben:2 die Konzeption der Offertenbltter ist unwiderruflich darauf angelegt, durch die Kostenlosigkeit der privaten Kleinanzeigen diesen Markt von der meinungsbildenden Presse zu sich herberzuziehen. Indem damit zugleich der Tageszeitungspresse Leser (= Kufer) und, wie dargestellt, gewerbliche Inserenten verlorengehen, ist ihre wirtschaftliche Existenz gefhrdet. Mag man in anderen Wirtschaftszweigen insoweit den konkreten Nachweis existenzgefhrdender Umsatzeinbßen verlangen, so muss es im Bereich der Presse ausreichen, dass das Vorgehen der Offertenbltter eine 1 Kbler, AfP 1988, S. 310–311. 2 Insoweit Kbler, AfP 1988, S. 318 ff.

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Rath-Glawatz 195

313

P Rz. 313

Offertenbltter

abstrakte Gefhrdung offensichtlich werden lsst. So wie es die Presse aus Grnden der Erhaltung der Meinungsvielfalt hinnehmen muss, dass ihr gerade unter Berufung auf und mit der Rechtfertigung aus Art. 5 GG z. B. Fusionen nach den Bestimmungen des GWB in weit grçßerem Umfang verboten werden als anderen Wirtschaftsunternehmen, so mssen mit Blick auf die Erhaltung der Pressefreiheit entsprechend frhzeitig Wettbewerbspraktiken durch §§ 3, 4 Nr. 10 UWG unterbunden werden, die die wirtschaftlichen Grundlagen der meinungsbildenden Presse zu gefhrden geeignet sind. Selbst wenn die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Frage des kostenlosen Vertriebs von Anzeigenblttern und Fachzeitschriften eher großzgiger geworden zu sein scheint, so bleibt doch die Feststellung aus der ersten Entscheidung zu diesem Komplex richtig, dass – die „Einnahmen aus dem Anzeigengeschft … fr die Presse von wesentlicher Bedeutung“ sind, – der „Inseratenverlust… zu einer Verkmmerung zahlreicher Zeitungen fhren kann“, und – der Presse damit die „Mçglichkeit genommen wird, den ihr obliegenden Aufgaben in der erwnschten und erforderlichen Form gerecht zu werden“.1 Es ist folglich gerechtfertigt, „den Zusammenhang zwischen Art. 5 GG und § 1 UWG in der Aufgabe“ zu erblicken, „ein Verhalten im Wettbewerb abzuwehren, das letztlich die existierenden Informationsquellen zu reduzieren droht“.2 Insoweit hat das LG Hamburg in einem Fall, in dem ein Anzeigenblatt in Konkurrenz zur Tageszeitung, die nur bezahlte Anzeigen abdruckte, die Gratisverçffentlichung von Kleinanzeigen propagierte, folgerichtig festgestellt: „Das Grundrecht aus Art. 5 GG gewhrleistet nicht den Bestand der individuellen verlegerischen Freiheit, sondern enthlt daneben in erster Linie eine institutionelle Garantie der Pressefreiheit an sich, die als solche den Bestand eines freien und funktionsfhigen Pressewesens als unerlssliche Voraussetzung des Meinungskampfes schtzt. Von dieser institutionellen Gewhrleistung her kann dem Verleger eines Anzeigenblattes … eine Beschrnkung (seiner) Freiheit auferlegt sein, wenn dem brigen Pressewesen durch die verlegerische Ttigkeit des Herausgebers des Anzeigenblattes Nachteile drohen, die zu einer Einschrnkung der Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt fhren kçnnen.“3

1 BGH, NJW 1956, S. 589. 2 Kbler/Simitis, JZ 1965, S. 451; s. a. Ulmer, AfP 1975, S. 875/876. 3 LG Hamburg, ArchPR 1973, S. 134.

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196 Rath-Glawatz

Offertenbltter

Rz. 314 P

In diesem Zusammenhang ist auf ein weiteres Argument zu verweisen: um sicherzustellen, dass die Presse „ihre verfassungsrechtlich gewhrleistete Informationsaufgabe im Interesse der Allgemeinheit“ erfllen kann, ist es nach h. M. allenfalls fr den Zeitraum von 14 Tagen erlaubt, Tageszeitungen kostenlos zu Werbezwecken zu verteilen.1 Ein berschreiten dieser Grenze wird unter dem Aspekt der Marktverstopfung bzw. der Ausschaltung des Leistungsvergleichs als unzulssig angesehen, ohne dass es dazu des Nachweises einer konkreten Gefhrdung der betroffenen konkurrierenden Tageszeitungen bedarf. Angesichts dieser Argumentation muss es mit Blick auf Art. 5 GG nach § 3 UWG erst recht unzulssig sein, wenn der Leistungswettbewerb auf dem (privaten Klein-) Anzeigenmarkt durch die Mçglichkeit kostenloser Insertion in Offertenblttern ausgeschaltet wird und so den Tageszeitungen Einnahmen entgehen, die zur Sicherung ihrer publizistischen Aufgaben unverzichtbar sind.2 Hinzu kommt, dass das Bundesverfassungsgericht ausdrcklich „die Bedeutung des Anzeigenteils fr die Erfllung der Kommunikationsaufgabe der Presse sowie fr die Erhaltung ihrer wirtschaftlichen Grundlagen als wesentliche Voraussetzung ihrer Unabhngigkeit“ herausgestellt hat.3 Das Gericht zhlt die Sicherung der „existenzwichtigen Finanzquellen“ der Presse zum Schutzbereich des Instituts „Freie Presse“ das verfassungsrechtlich „den Bestand und die Funktionsfhigkeit der Presse“ garantiert.4 Das auf Dauer angelegte Verschenken privater Kleinanzeigen durch Offertenbltter ist wegen der damit verbundenen prinzipiellen Beeintrchtigung der existenznotwendigen Finanzquellen der meinungsbildenden Presse als abstrakter Gefhrdungstatbestand folglich nach den Vorschriften des Wettbewerbsrechts i. V. m. Art. 5 GG unzulssig. Dies muss erst recht fr die Flle gelten, in denen in den Offertenblttern nicht nur die privaten, sondern auch die gewerblichen Kleinanzeigen kostenlos5 bzw. gegen ein Scheinentgelt abgedruckt werden.6 1 Statt aller: Lçffler, BT Gewinnspiel Rz. 168 ff., 171. Die Rechtsprechung des BGH zur Frage der kostenlosen Verteilung von Fachzeitschriften steht dieser Argumentation nicht entgegen. Denn insoweit geht es nicht primr um die Sicherung der Vielfalt der meinungsbildenden Presse (zur Gratisverteilung von Fachzeitschriften). Dazu etwa: BGH, DB 1981, S. 2604 (Bckerfachzeitschrift); BGH, AfP 1977, S. 218; OLG Hamburg, WRP 1974, S. 45; Kakies, AfP 1977, S. 298; zur Frage der abstrakten bzw. konkreten Gefhrdung s. a. Schmitt Glaeser, NJW 1971, S. 2013/2014. 2 Dazu auch Kbler, AfP 1988, S. 315 ff. 3 BVerfG, AfP 1983, S. 386. 4 BVerfG, AfP 1986, S. 326 (4. Rundfunkurteil); s. a. BVerfG, AfP 1987, S. 487 (5. Rundfunkurteil). 5 LG Wuppertal, Beschluss v. 27.11.1985 – Az. 14 O 209/85. 6 LG Wuppertal, Beschluss v. 3.1.1986 – Az. 15 O 1/86.

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Rath-Glawatz 197

314

P Rz. 315 315

Offertenbltter

Abgesehen von der grundstzlichen Frage, ob der kostenlose Abdruck privater Kleinanzeigen mit § 3 UWG vereinbar ist, muss gesondert geprft werden, ob und inwieweit das sonstige Auftreten dieser Bltter, insbesondere ihr Werbeverhalten, mit den Vorschriften des UWG vereinbar ist. So ist beispielsweise einem Offertenblatt die Behauptung untersagt worden: „Wir schaffen die privaten Anzeigenpreise ab“.1 Wettbewerbsrechtlich unzulssig handelt, wer in der Werbung fr „kostenlose Kleinanzeigen“ nicht unzweideutig darauf hinweist, dass nur „private“ Inserate gratis abgedruckt werden.2 Außerdem sind die Offertenblattverlage verpflichtet, „ausdrcklich und unbersehbar“ deutlich zu machen, welche Anzeigen gewerblich sind, um so die Gefahr einer Irrefhrung des Lesers auszuschließen.3 Wettbewerbswidrig ist es außerdem, wenn ein privates Inserat in unterschiedlicher Formulierung in einer Ausgabe eines Offertenblattes mehrfach abgedruckt und dessen Inhalt so knstlich aufgeblht wird.4 Verwenden die Offertenbltter Inhaltsverzeichnisse, in denen die einzelnen Anzeigenrubriken genannt werden, so ist es nicht zulssig, wenn in der konkreten Ausgabe in dieser Rubrik keine (kostenlosen) privaten Kleinanzeigen abgedruckt sind.5 Irrefhrend ist es auch, wenn in der Werbung eines Offertenblattes die Anzahl der in einer Ausgabe abgedruckten privaten Kleinanzeigen genannt wird ohne klarzustellen, dass diese Zahl neben den kostenlosen auch kostenpflichtige Kleinanzeigen enthlt.6 Die Rechtsprechung hat es ferner als wettbewerbswidrig angesehen, wenn sich ein Offertenblatt in seinem Untertitel als „Wochenblatt fr private Kleinanzeigen“ bewirbt, in dem Blatt jedoch auch gewerbliche Anzeigen abgedruckt werden.7 Außerdem darf sich ein Offertenblatt nicht als „Zeitung“ betiteln, da der Verkehr in einer „Zeitung“ regelmßig einen redaktionellen Teil erwartet, der jedoch bei den Offertenblttern gerade nicht vorhanden ist.8

1 LG Kçln, Beschluss v. 21.2.1986 (Az. 310 47/86); außerdem ist die Behauptung, private Kleinanzeigen seien „immer kostenlos“, unzulssig, sofern zugleich fr private Chiffreanzeigen eine Gefhr erhoben wird (LG Kçln, Beschluss v. 21.2.1986 – Az. 310 98/86. 2 LG Kçln, Beschluss v. 27.1.1986 – Az. 31 O 102/86. 3 LG Kçln, Beschluss v. 13.3.1986 – Az. 31 O 144/86. 4 LG Kçln, Beschluss v. 14.3.1986 – Az. 31 O 142/86. 5 LG Kçln, Beschluss v. 10.3.1986 – Az. 31 O 134/86. 6 OLG Hamm, WRP 1992, S. 397, 398/399. Zur Frage der Irrefhrung beim Mehrfachabdruck von gewerblichen Kleinanzeigen: OLG Dsseldorf, NJW-RR 1988, S. 755. 7 OLG Hamm, OLGR 1992, S. 284. 8 LG Aachen, AfP 1998, S. 93.

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198 Rath-Glawatz

Platzierungsangaben

Rz. 317 P

Platzierungsangaben Vielfach wird vom Inserenten fr die Anzeige eine feste Platzierung (in einer bestimmten Nummer, in einer bestimmten Ausgabe oder an einem bestimmten Platz der Druckschrift) gewnscht. Der Verlag kann jedoch bei der Entgegennahme des Anzeigenmanuskripts oftmals noch gar nicht sagen, ob sich die gewnschte Platzierung auch tatschlich realisieren lßt. So ist es denkbar, dass bestimmte Pltze aus redaktionellen Erwgungen im Einzelfall nicht (mehr) zur Verfgung stehen oder Mehrfachbelegungen vorliegen.1 Auf diesem Hintergrund bestimmt Ziff. 6 der ZAW-AGB (R Rz. P 30), dass Anzeigen, die mit Platzierungswnschen verbunden sind, so rechtzeitig vor Anzeigenschluss beim Verlag eingehen mssen, dass noch entschieden werden kann, ob eine entsprechende Verçffentlichung mçglich ist oder nicht.2

316

Die hufig, von manchen Werbeagenturen standardmßig benutzte Formulierung „Platzierung bestmçglich“ ist nicht in dem Sinn zu verstehen, dass „die Beste aller Platzierungsmçglichkeiten“ vereinbart und/oder zugesagt ist, sondern in dem Sinn „so gut als mçglich“.3 Erscheint das Druckobjekt eines Verlages in verschiedenen Ausgaben (z. B. Hauptausgabe und Bezirksausgabe) und bittet der Inserent um den Abdruck einer Anzeige in der „Gesamtausgabe“, so sind damit alle verlagseigenen Zeitungen gemeint, die in der Preisliste unter dieser Bezeichnung zusammengefasst sind. Dies gilt selbst dann, wenn einzelne Ausgaben einen abweichenden Titel tragen (und den der Hauptausgabe lediglich als Untertitel fhren). Der kaufmnnische Anzeigenkunde kann sich dann nicht darauf berufen, die Anzeige sollte nur in den Ausgaben erscheinen, die auch den Haupttitel tragen. Er ist gehalten, sich in der Preisliste ber den Begriff „Gesamtausgabe“ zu informieren.4 Ziff. 6 Satz 2 der ZAW-AGB stellt darber hinaus klar, dass es fr den Abdruck rubrizierter Anzeigen keiner Platzierungsvereinbarung bedarf. Hier nimmt der Verlag die Einordnung selbst vor.5 ußert sich der Inserent, unter welcher Rubrik die Anzeige erscheinen soll, so wird der Verlag diesem Wunsch entsprechen, sofern damit nicht Prinzipien des Rubrikenaufbaus selbst beeintrchtigt werden. Fehlt eine entsprechende Angabe, so ordnet der Verlag die Anzeige ihrem Inhalt nach der dafr vorgesehenen Rubrik zu. Sind Anzeigen nicht eindeutig unter einer Rubrik ein1 2 3 4 5

Klosterfelde, S. 43/44. Wronka, S. 50 ff.; Lçffler, BT Anz Rz. 46. LG Dsseldorf, AfP 1999, S. 520, 521. AG Ulm, AfP 1985, S. 71–72. Lçffler BT Anz Rz. 46.

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Rath-Glawatz 199

317

P Rz. 318

Probeabzge

zuordnen und hat der Inserent keinen Platzierungswunsch geußert, so geht diese Unklarheit zu Lasten des Anzeigenkunden. Er kann die Bezahlung der Anzeige nicht mit dem Argument verweigern, sie sei in der falschen Rubrik verçffentlicht.1 Kartellrechtliche Probleme kçnnen sich im Ausnahmefall ergeben, wenn in einem marktstarken Titel bestimmte bevorzugte Werbepltze (z. B. Kopfseite auf der ersten Seite des Immobilienteils) stets an einen bestimmten Inserenten vergeben werden und andere Interessenten auf Dauer von dieser Platzierung ausgeschlossen bleiben (R Rz. P 278 ff.). Ein Verstoß gegen §§ 19, 20 GWB liegt dann nicht vor, wenn die Bevorzugung des einen Inserenten sachlich begrndet ist. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn dessen Anzeigen grçßer und so besser zu platzieren sind als die des anderen Inserenten.2

Probeabzge 318

Ziff. 11 Satz 1 der ZAW-AGB (R Rz. P 35) bestimmt, dass „Probeabzge nur auf ausdrcklichen Wunsch“ geliefert werden. Ein entsprechender „Wunsch“ des Anzeigenkunden muss in jedem Fall so rechtzeitig vor Anzeigenschluss geußert werden, dass eventuelle Korrekturen noch vorgenommen werden kçnnen.3 ußert sich der Inserent in dieser Frist nicht, dann druckt der Verlag die Anzeige so ab, wie sie sich aus dem Anzeigenmanuskript ergibt. Es besteht damit keine generelle Pflicht zur Versendung von Probeabzgen.4 Ist die Zusendung eines Probeabzuges als vertragliche Nebenpflicht (R Rz. P 107 ff.) vereinbart, so beinhaltet dies regelmßig eine Verlagerung der Haftung vom Verlag zum Inserenten: eventuelle Satzfehler, die der Anzeigenkunde bei seiner Korrektur des Probeabzuges bersieht bzw. unbeachtet lßt, kçnnen dem Verlag nicht mehr angelastet werden (Ziff. 11 Satz 2 ZAW-AGB). Vermerkt der Anzeigenkunde auf dem Probeabzug nderungen, so ist es Aufgabe des Verlages, diese korrekt auszufhren (Ziff. 11 Satz 3 ZAW-AGB). Passieren dabei Fehler, so haftet der Verlag. Ob nach der Korrektur ein zweiter Probeabzug an den Kunden zu schicken ist, bestimmt sich nach dem Inhalt der im Einzelfall getroffenen Vereinbarungen. Eine entsprechende vertragliche Nebenpflicht kann sich 1 LG Mnchen, ArchPR 1964, S. 62–63. 2 Dazu: OLG Mnchen, AfP 1979, S. 252/253; s. a. Lçffler, BT Anz Rz. 46. 3 In den „Zustzlichen Geschftsbedingungen“ der Verlage befindet sich vielfach der Hinweis, dass die Zusendung bei bestimmten Anzeigentypen (z. B. Wortanzeigen, standardisierten Anzeigen) grundstzlich ausgeschlossen ist. 4 Lçffler, BT Anz Rz. 53.

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200 Rath-Glawatz

Prfungspflicht

Rz. 320 P

allenfalls dann ergeben, wenn die gewnschten Korrekturen einem Neusatz gleichkommen.1

Prfungspflicht Verçffentlicht das Presseunternehmen Eigenanzeigen oder bernimmt es – vergleichbar einer Werbeagentur – fr die Anzeigenkunden die Abfassung und/oder Gestaltung der Inserate, so ist der Verlag fr deren Inhalt wie jeder Werbetreibende verantwortlich und haftbar.2 Gleiches gilt fr Fehler, die der Verlag beim Satz von Anzeigen macht und die dann in Rechte Dritter eingreifen. Sind diese Anzeigen rechtswidrig, so besteht gegen den Verlag Anspruch auf Unterlassung, gegebenenfalls auch auf Schadensersatz.

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Grundstzlich anders ist die Situation zu beurteilen, wenn der Verlag Fremdanzeigen abdruckt. Denn mit deren Inhalt „identifiziert“ er sich nicht. Die Zeitung/Zeitschrift bt lediglich Mittler-/Transportfunktionen aus. Es ist h. M. in Rechtsprechung und Literatur, dass fr die Presse insoweit nur in Ausnahmefllen eine Prfungspflicht3 und dementsprechend auch Unterlassungs- bzw. Haftungsverpflichtung besteht.4

320

Es liegt auf der Hand, dass die Beantwortung der Frage, wann und in welchem Umfang diese Prfungspflicht gegeben ist, fr alle anzeigenfinanzierten Druckobjekte von grundlegender Bedeutung ist. Umfang und Grenzen der Prfungspflicht ergeben sich aus folgenden Kriterien5 : – Anzeigenverçffentlichung als Verbreitung fremder Tatsachenbehauptungen bzw. Meinungsußerungen:6 Wenn man in Rechtsprechung und Literatur Stimmen findet, nach denen die Presse fr den Anzeigenteil in gleicher Weise wie fr den redaktionellen Teil hafte, und zugleich betont wird, die Presse habe gegenber Anzeigenverçffentlichungen nur eine eingeschrnkte Pr-

1 Dazu insgesamt: Wronka, S. 105 ff.; Klosterfelde, S. 63 ff.; Lçffler, BT Anz Rz. 53. 2 Fezer, § 4-S7 Rz. 33; Lçffler, BT Anz Rz. 87. 3 BVerfG, AfP 2001, S. 45, 46; BGH, WRP 1973, S. 20; BGH, WRP 1973, S. 327, 328; BGH, AfP 1990, S. 202 ff.; BGH, AfP 1994, S. 140 ff.; BGH, AfP 1992, S. 249, 250; BGH, WRP 1992, S. 640 ff.; BGH, WRP 1994, S. 739, 741. 4 Henning-Bodewig (GRUR 1981, S. 871) will diese Einschrnkung beim Unterlassungsanspruch nicht gelten lassen. Wie hier: Lçhr, WRP 1974, S. 526. 5 Dazu insgesamt: Wenzel, § 10 Rz. 214; Ahrens, § 73 Rz. 71. 6 Grundlegend zur Frage von Anzeigenwerbung und Meinungsfreiheit: BVerfG, AfP 2001, S. 44 ff., 2003, S. 149 ff. (Benetton-Entscheidungen); s. a: Sevecke, AfP 2001, S. 179 ff., 184; Lange, AfP 2002, S. 185 ff.; Kießling/Kling, WRP 2002, S. 615 ff.; Hçsch, WRP 2003, S. 936 ff.; Hartwig, GRUR 2003, S. 924 ff.

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Rath-Glawatz 201

P Rz. 320

Prfungspflicht

fungspflicht, so scheint sich dies zu widersprechen.1 Da die Presse jedoch im redaktionellen Teil dann nicht fr die Verbreitung (fremder) Tatsachenbehauptungen oder Meinungsußerungen haftet, wenn sie sich erkennbar von deren Inhalt distanziert, kçnnen auch die Verlage, von wenigen schwerwiegenden Fllen abgesehen, grundstzlich nicht fr das verantwortlich gemacht werden, was die Werbetreibenden per Annonce, also erkennbar als Fremdinserat, in dem Druckobjekt verçffentlicht sehen wollen.2 Indem die Verçffentlichung fremdbestimmter Text-(Anzeigen-)manuskripte3 außerhalb des „publizistischen“ Verantwortungsbereichs der Verlage liegt, entfllt auch grundstzlich deren Prfungspflicht.4 – Anzeigengeschft als Massengeschft:5 In einer regionalen Abonnementszeitung mit einer Auflage von rd. 280 000 Exemplaren wurden beispielsweise 1987 rd. 710 000 Anzeigen abgedruckt. Abgesehen von Wiederholungsinseraten hat jede Annonce einen anderen Inhalt. Darber hinaus sind die Anzeigen auch in der Gestaltung unterschiedlich, soweit sie nicht nach bestimmten Standards gesetzt werden. Um jede Anzeige in tatschlicher Hinsicht auf ihren Wahrheitsgehalt und rechtlich auf ihre Zulssigkeit hin zu berprfen, msste die Zahl der Mitarbeiter in den Anzeigenabteilungen ganz erheblich ausgeweitet werden. Diese Kosten wrden zwangslufig dazu fhren, dass Anzeigenverçffentlichungen in den Printmedien fr die werbetreibende Wirtschaft nicht mehr zu finanzieren wren. Dies wiederum htte zur Folge, dass die Anzeigenerlçse als Basis fr eine unabhngige redaktionelle Berichterstattung der Presse entfielen.6 – Aktualitt der Anzeigenpublikationen: Bis auf wenige Ausnahmen haben alle Anzeigen einen aktuellen Bezug. Viele Inserate gehen erst kurz vor Anzeigenschluss bei den Verlagen ein. Msste jede Anzeige einer (sorgfltigen) Prfung unterzogen werden, so wre ihr aus dem Werbe-, Informations- oder Mitteilungszweck gebotenes rechtzeitiges Erscheinen ernsthaft gefhrdet.7 Denn schon einfache Rckfragen kçnnen u. U. sehr zeitaufwendig sein; bei-

1 Erstmals: BGH, WRP 1973, S. 328; s. a. OLG Saarbrcken, NJW 1978, S. 2396. 2 Dazu: Lçhr, WRP 1974, S. 526. 3 Dazu insgesamt: OLG Saarbrcken, NJW 1978, S. 2396; diese Grundstze gelten z. B. auch im Bereich der Adressbuchverlage (OLG Karlsruhe, AfP 1987, S. 622). 4 Dazu: Wassermeyer, GRUR 2002, S. 126, 130. 5 Sevecke, AfP 2001, S. 179, 183. 6 Zum Anzeigengeschft als Massengeschft: BVerfG, AfP 2001, S. 45, 46; s. a. OLG Koblenz, AfP 1988, S. 75; OLG Hamm, AfP 1984, S. 161; BGH, AfP 1994, S. 140; BGH, AfP 1992, S. 249, 250/251. 7 BGH, AfP 1990, S. 203; Gaertner, AfP 1990, S. 269/270; BGH, AfP 1994, S. 140.

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spielsweise dann, wenn der Inserent eine Anzeige telefonisch aufgegeben hat und anschließend außer Haus gegangen ist. Im Ergebnis mssten die Anzeigenschlusstermine so weit vorverlegt werden, dass alle aktuellen Inserate, vor allem aus dem Handel, entfielen.1 – Primre Verantwortlichkeit des Inserenten: Regelmßig ergibt sich aus der Anzeige selbst, wer als Inserent fr den Inhalt verantwortlich ist. Greift die Anzeige unzulssig in die Rechte Dritter ein, so kann der Betroffene sich unmittelbar an den Inserenten wenden und von ihm ein Unterlassen der fraglichen Anzeigenverçffentlichung verlangen. Gibt der Inserent eine strafbewhrte Unterlassungsverpflichtungserklrung ab, so ist der Betroffene zuknftig gesichert. Eine Inanspruchnahme des Verlages erbrigt sich.2 Trfe die Verlage eine umfassende Prfungspflicht, so wrde ihnen eine justizhnliche Schiedsrichterrolle zufallen: ihnen oblge die Verpflichtung, bei jeder Anzeige in tatschlicher und rechtlicher Sicht festzustellen, ob sie zulssig ist oder nicht. Angesichts der vielen Streitfragen, wie sie etwa im Bereich des Wettbewerbsrechts bestehen, wren die Anzeigenabteilungen berfordert, wollte man von ihnen verlangen, in jedem Einzelfall Position zu beziehen. Dabei stnde auch zu befrchten, dass die Verlage in dem Bemhen, den Anzeigenkunden zu einer rechtlich zulssigen Anzeigengestaltung zu verhelfen, verbotene Rechtsberatung betreiben (R Rz. P 343 ff.).3 Hinzu kommt folgendes: werden die Inserate beanstandet, so trgt der Anzeigenkunde im Fall einer gerichtlichen Auseinandersetzung auch das finanzielle Risiko der Verfahrenskosten. Wren dagegen die Verlage zur umfassenden (Vorab-)Prfung der Inserate verpflichtet und kçnnten sie von dritter Seite wegen Verletzung eben dieser Sorgfaltspflicht gerichtlich belangt werden, so verlagerte sich dieses Kostenrisiko von den Inserenten auf die Verlage. Wrden die Verlage gehalten sein, fr Fremdanzeigen außergerichtliche strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklrungen abzugeben, so stnden sie außerdem als Unterlassungsschuldner angesichts der Vielzahl der Anzeigenverçffentlichungen vor einer fast unlçsbaren berwachungs- und berprfungspflicht. Sie selbst htten jeweils zu prfen, ob die vom Anzeigenkunden neu formulierten Inserate noch von der Unterlassungsverpflichtungserklrung des Verlages erfasst wrden oder nicht.

1 Lçhr, WRP 1974, S. 525. 2 Dazu: OLG Dsseldorf, GRUR 1982, S. 626; Wenzel, S. 393 Rz. 10.176. Liegt eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklrung des Inserenten vor, so stellt sich die zustzliche Inanspruchnahme des Verlages als ein Missbrauch i. S. des § 8 Abs. 4 UWG dar (so: LG Konstanz, Beschluss v. 21.8.1987 – Az. 2 HO 78/87. 3 I. d. S. OLG Hamm, AfP 1984, S. 161.

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Diese berlegungen machen deutlich, dass die Verlage, wenn berhaupt, nur in ganz wenigen Ausnahmefllen zur eigenen Prfung der von den Anzeigenkunden vorgelegten Anzeigenmanuskripte verpflichtet sind. Auf diesem Hintergrund muss der Umfang der Prfungspflicht auf – offensichtliche, – eindeutige, und – schwerwiegende Rechtsverstçße beschrnkt bleiben.1 Zugleich gilt es daran zu erinnern, dass darber hinaus ein „besonderer Anlass“ gegeben sein muss, der diese Prfungspflicht entstehen lsst.2 Dies ist beispielsweise nicht allein dann schon der Fall, wenn ein Inserat telefonisch aufgegeben wurde.3 Im Einzelnen ist Folgendes anzumerken:

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Die Anzeige muss, soll die Rechtsverletzung „offensichtlich“ sein, auf den ersten Blick vom „Gewohnten“ abweichen. Dies ist nur dann der Fall, wenn sie sich fr den Anzeigenmitarbeiter unmittelbar und eindeutig aus der Masse der Inserate abhebt.4 Folglich kann es kein Indiz fr das 1 BGH, AfP 1998, S. 624, 625; BGH, WRP 2001, 531, 532; BGH, AfP 1995, S. 410; BGH, AfP 1995, S. 489, 490; BGH, WRP 1973, S. 20; BGH, WRP 1973, S. 328; KG Berlin, WRP 1987, S. 110; OLG Hamm, AfP 1984, S. 160; OLG Hamm, AfP 1986, S. 54; OLG Frankfurt, AfP 1984, S. 241; OLG Frankfurt, GRUR 1987, S. 539; OLG Karlsruhe, AfP 1987, S. 622; OLG Koblenz, AfP 1988, S. 76; OLG Dsseldorf, GRUR 1982, S. 626; Wenzel, S. 455 Rz. 10.192; Lçhr, WRP 1974, S. 525; Hecker, AfP 1993, S. 717 ff.; Soehring, S. 343 Rz. 16.34 ff.; Ahrens, § 74 Rz. 79; Fezer, § 4-S7 Rz. 28. Den Grossisten oder denjenigen, der das Presseprodukt vertreibt, kann berhaupt keine Prfungspflicht treffen, da er ber keinerlei Einwirkungsmçglichkeiten verfgt (dazu: Kçhler, in: WRP 1997, S. 897, 902, s. a. Ahrens, § 73 Rz. 85). Anders sieht es wiederum bei den Agenturen aus, und zwar auch dann, wenn sie die Anzeigen nicht selbst gestaltet, sondern nur an die Presse vermittelt haben. Sie trifft eine Prfungspflicht (dazu: LG Regensburg, WRP 2001, S. 842). 2 Lçffler, BT Anz Rz. 112; Wenzel, § 10 Rz. 215. 3 So bereits BGH, AfP 1972, S. 319. 4 BGH, AfP 1990, S. 202, 205; s. a. Wenzel, S. 622 Rz. 213 ff. In diesem Zusammenhang ist etwa auf Anzeigen hinzuweisen, in denen Pflegestellen angeboten oder gesucht werden. So bestimmt § 44 KJHG, dass derjenige, der ein Pflegekind aufnimmt, dazu einer vorherigen Genehmigung bedarf. Insoweit ist es jedoch nicht Aufgabe des Verlages zu berprfen, ob der, der ein entsprechendes Angebot per Anzeige aufgibt, auch ber die erforderliche Erlaubnis verfgt. Nicht gefolgt werden kann Schulze (GRUR 1994, S. 702 ff.), wenn er die Ansicht vertritt, die Verlage betrfe auch eine generelle Prfungspflicht, ob der Inserent die fr seine Anzeigenverçffentlichung notwendigen Urheberrechte besitzt. Dies will Schulze sogar auf die Flle aus dem Bereich der sog. „Kleinen Mnze“ des Urheberrechts (z. B. Zeichnungen in Anzeigenverçffentlichungen) ausgedehnt wissen. – Insoweit mssten die Verlage jeweils prfen, ob berhaupt eine urheberschutzfhige Gestaltung vorliegt, wer der Urheber ist und ob er der Verwendung seines Wer-

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Vorliegen einer Prfungspflicht sein, wenn es sich etwa um ein ganzseitiges Inserat handelt, sofern derartige Anzeigen stets in dieser Grçße erscheinen und folglich allein wegen ihrer Grçße gar nicht mehr auffallen.1 Ergeben sich erst bei nherem Hinsehen Zweifel an der Zulssigkeit der Anzeige, so besteht erst recht keine Prfungspflicht (mehr).2 Sind Anzeigen in ihrer Gestaltung standardisiert (z. B. Kleinanzeigen als Fließsatzanzeigen bzw. Anzeigen aus den Musterbchern der Verlage),3 so muss angesichts der Uniformitt dieser Inserate die rechtliche Unzulssigkeit geradezu „ins Auge springen“.4 Selbst wenn in dem fraglichen Inserat, sei es nun „groß“ oder „klein“, nur eine Telefonnummer oder eine Postfachanschrift angegeben ist, so ist dies nicht als derartig ungewçhnlich anzusehen, dass daraus eine Prfungspflicht erwachsen wrde.5 Als ungewçhnlich sind beispielsweise Inserate angesehen worden, in denen eine Geschftsaufgabe angezeigt wird, wobei derartige Annoncen hçchstens zwei bis dreimal im Jahr verçffentlicht wurden.6 Gleiches soll gelten, wenn in einer Verlobungsanzeige eines Rechtsanwalts mitgeteilt wird, die Verlobte sei Angestellte eines namentlich erwhnten Kaufhauses.7 Die Gerichte haben ferner die Offenkundigkeit des Rechtsverstoßes angenommen, wenn per (Klein-)Anzeige Rechtsberatung angeboten,8 auf

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kes in dem Inserat zugestimmt hat. Damit wrden die Verlage zu einer „Urheberrechts-Schutzorganisation“. Zu Recht hat deshalb das von Schulze zitierte OLG Mnchen (Urteil v. 29.4.1993 – Az. 29 U 6424/92 festgestellt, dass auch bzgl. von Urheberrechtsverletzungen der allgemeine Grundsatz gilt, dass nur bei groben, fr die Mitarbeiter der Anzeigenabteilung offensichtlichen Verstçßen eine Prfungspflicht besteht; s. a. BGH, AfP 1998, S. 624, 625. Anders der BGH, WRP 2001, S. 531, 533 – Ob ein Inserat groß und teuer ist, wie der BGH anmerkt, ist fr die Frage der Prfungspflicht bedeutungslos, wenn der Verlag stndig entsprechend große und teure Anzeigen verçffentlicht, deren Abdruck also Routine ist; zutreffend geht dagegen das OLG Mnchen (AfP 2001, 510) davon aus, dass „weder die Grçße noch die ußere Gestaltung ein Hinweis auf standeswidrige Werbung sein kann“. S. OLG Dsseldorf, GRUR 1982, S. 626. Gegen eine Prfungspflicht mit Blick auf Kleinanzeigen: BGH, WRP 2001, S. 531, 533. Dazu: OLG Hamm, AfP 1984, S. 160; OLG Dsseldorf, WRP 1988, S. 539; s. a. LG Trier, BB 1964, S. 193. OLG Bamberg, AfP 2002, S. 239; LG Heilbronn, AfP 2003, S. 80, 81. BGH, WRP 1973, S. 327–328. Zu diesem Bereich zhlen auch alle Anzeigen, in denen – wie z. B. bei Boykottaufrufen – in unzulssiger Weise in den eingerichteten und ausgebten Gewerbebetrieb eines (Konkurrenz-)Unternehmens eingegriffen wird (§ 823 Abs. 1 BGB), sowie die Flle der Kreditgefhrdung gem. § 824 BGB. OLG Saarbrcken, NJW 1978, S. 2396. OLG Frankfurt, AfP 1984, S. 242. Soweit die Standesordnungen der freien Berufe (Rechtsanwlte, rzte/Heilpraktiker, Apotheker, steuerberatende Berufe/Lohnsteuerhilfevereine usw.) Werbeverbote bzw. Werbebeschrnkungen enthalten, so binden diese Regelungen allein die Angehçrigen dieser Berufe. Die Presse hat insoweit keine Verpflichtung, die Beachtung dieser Bestimmungen in den Anzei-

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(verkaufte) geflschte Markenware hingewiesen wird,1 Imitate berhmter Marken preisgnstig angeboten werden.2 Soweit frher auch in den Fllen der sog. Schockwerbung3 eine Prfungspflicht angenommen wurde, ist dies mit Blick auf die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts berholt.4 323

Mit Blick auf Urheberrechtsverletzungen in Anzeigenmotiven obliegt den Verlagen ebenfalls keine Prfungspflicht, und zwar weder als Verletzer noch als Gehilfe oder Stçrer. Dies gilt selbst dann, wenn ein Dritter dem Verlag gegenber auf eine mçgliche Urheberrechtsverletzung des Anzeigenkunden hinweist.5 Die Verlage sind nicht verpflichtet, auf Grund entsprechender Hinweise eigene Nachforschungen anzustellen, ob die behauptete Urheberrechtsverletzung tatschlich vorliegt. Nur dann, wenn sich – etwa auf Grund eines unangemessen niedrigen Preises – eine Urheberrechtsverletzung in dem Inserat geradezu aufdrngt, oder der Verletzungstatbestand in anderer Weise unmittelbar ins Auge springt, wre eine Prfungspflicht gegeben.

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Der Umfang der Prfungspflicht fr den Verlag (dessen Anzeigenabteilung) ndert – verschrft – sich nicht deshalb, weil das Verlagsunternehmen ber eine eigene Rechtsabteilung verfgt;6 denn sonst wrde man nicht nur einen unterschiedlichen Wertungsmaßstab anlegen, sondern

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genverçffentlichungen zu berprfen; s. a. Kubier, Bericht ber 51. Arbeitstagung „Studienkreis fr Presserecht und Pressefreiheit“, AfP 1982, S. 92/93; OLG Mnchen, AfP 2001, S. 510; OLG Frankfurt, NJW 2005, S. 157/158. BGH, AfP 1990, S. 202, 204; dazu: Knçpfle, JZ 1990, S. 1085, 1086; als Vorinstanz: OLG Dsseldorf, AfP 1988, S. 259; BGH, AfP 1998, S. 624. OLG Frankfurt, GRUR 1987, S. 539. OLG Frankfurt, GRUR 1994, S. 522 – das Gericht hat in einer Einstweiligen Verfgung festgestellt, dass bei sog. Schockwerbung auch der die Anzeige verçffentlichende Zeitungsverlag wettbewerbsrechtlich auf Unterlassung in Anspruch genommen werden darf. Die in Frage stehende Anzeige verletze, so das Gericht, die „Wrde Aids-kranker Menschen …, deren Leid als Gegenstand der Werbung fr Textilien missbraucht wird“. Diese Anzeigen seien grob und eindeutig sittenwidrig. – Diese Feststellung mag im Einzelfall zutreffend sein, generell kann von den Mitarbeitern der Anzeigenabteilungen der Verlage jedoch nicht erwartet werden, dass sie angesichts der wachsenden Zahl mehr oder weniger schockierender Werbung verlsslich zu erkennen vermçgen, ob die Werbung grob wettbewerbswidrig ist oder noch nicht. Wassermeyer (GRUR 2002, S. 126, 131) weist zu Recht darauf hin, dass selbst dann, wenn man mit dem BGH in den Fllen der Schockwerbung eine Prfungspflicht unterstellt, eine Wettbewerbswidrigkeit fr die Verlage angesichts der widerstreitenden gerichtlichen Entscheidungen gerade nicht „ohne weiteres erkennbar“ ist. KG Berlin, AfP 2005, S. 186 ff. – Das Gericht stellt u. a. zu Recht darauf ab, dass die streitbefangene Anzeige zwar relativ großformatig war, die Urheberverletzung jedoch nur ein kleines Motiv betraf, das unter vielen anderen in dem Inserat enthalten war. Dazu: Wenzel, § 10 Rz. 216 (unter Berufung auf das OLG Mnchen).

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auch den Verlagen, die eine Rechtsabteilung besitzen, weit hçhere berwachungspflichten auferlegen als anderen. Fr den (wettbewerbs-)rechtlich versierten Juristen mçgen eine Vielzahl der fraglichen Verstçße offensichtlich sein. Es ist jedoch zu bercksichtigen, dass es sich bei den Mitarbeitern der Anzeigenabteilungen um juristische Laien handelt. Sie sind u. U. erst nach Jahren aufgrund der in der Alltagspraxis gewonnenen Erfahrungen in der Lage zu erkennen, ob eine Anzeige mçglicherweise schwerwiegende Rechtsverstçße zur Folge hat oder nicht. Folglich muss die Rechtswidrigkeit des Inserats so eindeutig sein, dass sie auch von juristischen Laien erkannt werden kann.1 Vor diesem Hintergrund erstreckt sich die Prfungspflicht im Bereich des Wettbewerbsrechts regelmßig nicht auf die Flle der sittenwidrigen bzw. irrefhrenden Werbung (§§ 4, 5 UWG), da es insoweit an der Offensichtlichkeit und Eindeutigkeit des Rechtsverstoßes bei der Beurteilung durch den juristischen Laien fehlt.2 Wenn die Gerichte auch insoweit mit der Formel arbeiten, dass sich die Prfungspflicht nur auf „grobe und eindeutige Wettbewerbsverstçße“ beziehen soll,3 so ist dies immer noch zu weitgehend bzw. zu wenig differenziert. Die Verlage (deren Anzeigenabteilungen) sind keine „wettbewerbsrechtlichen berwachungsanstalten“. Verstçßt die Werbung in einem Inserat etwa gegen die §§ 4, 5 UWG, so mçgen diese Wettbewerbsverstçße fr den wettbewerbsrechtlich geschulten Juristen offensichtlich sein, fr die Mitarbeiter der Anzeigenabteilungen der Verlage als juristischen Laien sind sie es nicht, so dass in dem Abdruck der Anzeige keine Verletzung einer Prfungspflicht zu sehen ist.4 Wenn es unter Rckgriff auf die Rechtsprechung heißt, von den Verlagen kçnne „nicht die Kenntnis und Beachtung aller Spezialtatbestnde des materiellen Wettbewerbsrechts“ verlangt werden,5 so muss auch dies noch weiter eingeschrnkt werden, dass selbst die Kenntnis der Regeltatbestnde, vor allem aber die Kenntnis der dazu ergangenen, kaum mehr zu berblickenden Rechtsprechung, nicht gemeinhin als bekannt 1 BGH, AfP 1992, S. 249, 250/251; OLG Koblenz, AfP 1988, S. 76; sehr viel strenger: Hoth, GRUR 1972, S. 724; Lçhr, WRP 1974, S. 525. 2 BGH, AfP 1992, S. 249, 250/251; OLG Bamberg, AfP 2002, S. 239; OLG Hamm, AfP 1986, S. 52; OLG Hamm, AfP 1984, S. 160; dazu auch: BGH, WRP 1973, S. 20; wenn das LG Stuttgart (ArchPR 1971, S. 124) die Frage prft, ob ein Verlag eine Anzeigenverçffentlichung zu unterlassen hat, weil in dem Inserat (Gutschein fr verbilligten Eintritt des Lesers in eine Eisrevue) mçglicherweise Rabattverstçße enthalten sind, so bersieht das Gericht, dass den Verlag insoweit keine Prfungspflicht trifft. 3 BVerfG, AfP 2001, S. 45, 46. 4 So etwa: OLG Schleswig, MMR 2001, S. 827. 5 So ausdrcklich fr diesen Fall: BGH, AfP 1992, S. 249, 250/251; s. a. BGH, WRP 1992, S. 640, 641 – zum Fall einer erkennbar grob wettbewerbswidrigen Anzeige und dem Umfang des Schadensersatzanspruches inkl. der Kosten fr die Schaltung einer Gegenanzeige: BGH, AfP 1990, S. 202 ff.

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unterstellt werden darf. So ist daran zu erinnern, dass das Bundesverfassungsgericht in seiner (ersten) „Benneton“-Entscheidung erklrt hat, dass „Presseunternehmen Anzeigen nur auf grobe Wettbewerbsverstçße hin zu prfen brauchen“, da „beim Umfang des Anzeigengeschfts … sich ein Presseunternehmen schwerlich in allen Einzelheiten Klarheit ber die Wettbewerbsmßigkeit einer bei ihm aufgegebenen Annonce verschaffen“ kann.1 Allein bezogen auf die Fallgruppen und die konkreten Fallgestaltungen, bei denen selbst dem juristischen Laien bekannt ist, dass dieses Verhalten wettbewerbsrechtlich unzulssig ist, kann eine Prfungspflicht einsetzen.2 326

Bei Anzeigen, in denen bei hinreichender Deutlichkeit des Rechtsverstoßes mit Verletzungen des allgemeinen Persçnlichkeitsrechts,3 mit Verstçßen gegen allgemein bekannte Straftatbestnde oder mit schwerwiegenden Geschftsschdigungen gerechnet werden muss, ist regelmßig von einer Prfungspflicht auszugehen.4 Zu weitgehend ist es jedoch, wenn einem (Telefonbuch-)Verlag aufgegeben wird, zu prfen, ob Inseren1 Soehring, S. 346/347 Rz. 16.38; s. a. Wenzel, § 10 Rz. 216; Baumbach/Hefermehl, § 9 Rz. 2.3. 2 Zutreffend: Ahrens, § 74 Rz. 81, unter Berufung auf eine Entscheidung des OLG Koblenz; zugleich ist der Feststellung zu folgen (a. a. O.), dass es den Anzeigenabteilungen infolge des Zeitdrucks nicht auferlegt werden kann, vorab Rechtsrat einzuholen; s. a. Fezer, § 4-S7 Rz. 28 – Es wird darauf verwiesen, dass die Verlage dann, wenn sie sich hinsichtlich der Unbedenklichkeit einer Anzeige Rechtsrat eingeholt haben, auch darauf verlassen kçnnen, also nicht rechtswidrig handeln, wenn sie der Empfehlung folgend das Inserat abdrucken (dazu: BGH, WRP 1994, S. 528; zu dem Fall, dass der Inserent bereits ein Rechtsgutachten mitliefert: KG Berlin, MD 1992, S. 5). 3 Soweit Soehring (S. 345 Rz. 16.35) den Bereich „Familienanzeigen“ aus der Prfungspflicht insgesamt herausnehmen will, so erscheint dies zu weit zu gehen. So wird man von den Verlagen etwa mit Blick auf den Abdruck von Todesanzeigen dann, wenn Zweifel aufkommen mssen, ob der Inserent tatschlich zur Aufgabe der Anzeige legitimiert ist, verlangen mssen, dass Nachforschungen angestellt werden, um Missbruche zu verhindern. Bei sog. Kontaktanzeigen sind die Verlage wegen der Gefahr, dass gegebenenfalls falsche Telefonnummern/Adressen genannt werden, zu besonderer Vorsicht angehalten (Soehring, S. 345 Rz. 16.36 mit Nachweis auf die Rtspr.). Anders als im Regelfall, in dem die Verlage nicht verpflichtet sind, die Identitt des Inserenten zu prfen (Lçffler, BT Anz Rz. 122; Fezer, § 4-S7 Rz. 28), muss hier sichergestellt sein, dass derjenige, der die Anzeige aufgibt, mit demjenigen, der die „Kontakte“ offeriert, identisch ist (s. a. Wenzel, § 10 Rz. 215). 4 BGH, AfP 1990, S. 202; BGH, AfP 1972, S. 319; Ahrens, § 74 Rz. 82; zu weitgehend: BGH (WRP 1994, S. 739) fr den Fall, dass in kostenpflichtigen Telefonbucheintragungen als Suchwort unzulssigerweise ein berhmter Firmenname genannt wird; s. a. OLG Hamm, AfP 1986, S. 52. Vorsicht ist geboten, sofern in Anzeigen bzw. Beilagen Banknoten abgebildet werden; die Strafvorschrift des § 128 OWiG ist jedoch nur dann einschlgig, wenn tatschlich eine Verwechslungsmçglichkeit gegeben ist: Gçhler, § 128 Rz. 5 ff.; s. a. BayObLG, ArchPR 1966, S. 71 (zum frheren § 326 Abs. 1 Ziff. 6 StGB).

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ten, die in ihrer Anzeige einen bekannten Markennamen verwenden („Bosch“), dazu auch befugt sind.1 Diese Rechtsprechung bersieht, dass die Verwendung von Markennamen in der Werbung absolut gelufig ist, so dass es bereits an der Offensichtlichkeit eines mçglichen Verstoßes fehlt. Die Beschrnkung der Prfungspflicht der Presse „nur auf grobe und unschwer erkennbare Wettbewerbsverstçße“ gilt nach der Rechtsprechung des BGH auch fr Anzeigen, die „eine Werbung fr Waren“ (wie z. B. Schlankheitsmittel) „aus dem weiteren Bereich der Volksgesundheit betrifft“.2 Damit sind Entscheidungen der Instanzgerichte, die bei Anzeigen, die die „Volksgesundheit“ tangieren, einen strengeren Prfungsmaßstab anlegen, in dieser Allgemeinheit nicht mehr haltbar.3 Wenn der BGH schon bei Anzeigen, in denen Fragen der Beachtung von Vorschriften der Nhrwertkennzeichnungs-Verordnung, der Dit-Verordnung, des Lebensmittel- und Bedarfsgegenstndegesetzes aufgeworfen werden, feststellt, dass von den Verlagen und deren Mitarbeitern „nicht verlangt werden kçnne“, dass sie „sich in einem derartigen Umfang sachkundig machen“, dass sie etwaige Wettbewerbsverstçße in den Formulierungen der Inserate erkennen,4 so muss dies erst recht in dem noch schwierigeren Bereich des eigentlichen Heilmittelwerberechts gelten. Folglich muss es auch bezogen auf heilmittelwerberechtliche Fragen so bleiben, dass eine Rechtsverletzung in einem Inserat fr die Mitarbeiter der Anzeigenabteilungen ohne weiteres erkennbar, also offensichtlich sein muss.5 Diese Offensichtlichkeit ist selbst dann noch nicht anzunehmen, wenn damit geworben wird, dass ein Produkt angeblich auch ohne nderung der Ernhrungsgewohnheiten schlankmachende Wirkung haben soll.6 Es kann dabei auch nicht darauf ankommen, ob die strittigen Thesen ber die schlankmachende Wirkung „blickfangmßig“ herausgestellt werden.7 1 BGH, AfP 1995, S. 489; ebenso: Soehring, S. 345/346 Rz. 16.36. 2 BGH, AfP 1994, S. 140, 141; KG, AfP 1990, S. 312; Ahrens, § 74 Rz. 84; Fezer, § 3-S7 Rz. 30; anders noch: OLG Hamburg, AfP 1990, S. 318 ff. 3 Dazu: Gaertner, AfP 1990, S. 271, 272, mit einer eingehenden bersicht ber den Stand der Rechtsprechung; Soehring, S. 346 Rz. 16.38. 4 BGH, AfP 1994, S. 140; s. a. BayObLG, St. 62, 141; ebenso: OLG Bamberg, AfP 2002, S. 239, 240; s. a. OLG Hamburg, AfP 2003, S. 58; KG Berlin, AfP 1990, S. 312, 314. 5 LG Heilbronn, AfP 2003, S. 80, 81; OLG Karlsruhe, AfP 1990, S. 217, 218; ebenso Gaertner, AfP 1990, S. 269, 272; s. a. Wenzel, § 10 Rz. 216; Hoffmann, AfP 1981, S. 346; Hecker/Mayer, AfP 1987, S. 620 ff. Anders das OLG Frankfurt, das bei einem „Pharmaverlag“ in Bezug auf Arzneimittelanzeigen einen verschrften Prfungsmaßstab annimmt – OLG Frankfurt, AfP 1990, S. 44, 45. 6 So zu Recht OLG Dresden, AfP 2004, S. 452; s. a. OLG Zweibrcken, OLGR 1999, S. 447; anders: OLG Hamburg, AfP 2003, S. 435, 436. 7 So aber OLG Hamburg, AfP 2003, S. 436 – Das OLG bersicht, dass alle diese Anzeigen immer mit derartig reißerischen Schlagzeilen arbeiten, insoweit also berhaupt nicht aus dem Rahmen fallen.

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Auch die Tatsache, dass der Inserent in der Anzeige lediglich einen auslndischen Firmensitz angibt und deshalb mçgliche Wettbewerbsverstçße eventuell nur schwer oder gar nicht zu ahnden sind, verpflichtet – wie der BGH zu Recht entschieden hat – die Verlage nicht zu einer strengeren Prfung.1 Weiter kann von den Verlagen nicht verlangt werden, dass sie sich bei Anzeigen mit „Auslandsbezug“ in schwierige Rechtsfragen auslndischen bzw. internationalen Rechts einarbeiten.2

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Ist die Rechtsverletzung durch die Anzeige dagegen nicht offensichtlich, eindeutig und schwerwiegend, so verhlt sich der Verlag beim Anzeigenabdruck nicht rechtswidrig,3 ihn trifft keine Prfungspflicht und damit auch keine Unterlassens- bzw. Haftungsverpflichtung.4 Eine entsprechende Verpflichtung lsst sich auch nicht in der Weise begrnden, dass bestimmte Firmen oder (Firmen-)Fachverbnde die Verlage auf eventuell rechtlich unzulssige (insbesondere wettbewerbswidrige) Anzeigenwerbepraktiken schriftlich hinweisen.5 Denn auch nach dieser „Aufklrung“, die nicht den Charakter einer Abmahnung hat, bleibt der Rechtsverstoß in der einzelnen Anzeige verdeckt, er ist nicht offensichtlich. Jede Anzeige msste mit dem „Belehrungsschreiben“ und den darin vorgenommenen Bewertungen verglichen werden.6 Hinzu kommt, dass sich zuknftig die Verlage vor entsprechenden Hinweisschreiben nicht mehr „retten“ kçnnten und dann auf diese Weise doch alle Anzeigen einer Prfung unterziehen mssten.7 Nichts anderes kann auch fr den Fall gelten, dass z. B. ein Konkurrent des Werbetreibenden dem Druckunternehmen die Kopie einer Abmahnung oder Einstweiligen Verfgung gegen den Inserenten zur Kenntnis gibt, in der eine bestimmte Anzeigenwerbung untersagt wird.8 Ist der Verstoß nicht offensichtlich, so obliegt es dem Verlag auch nicht zu berpr1 BGH, AfP 1992, S. 249, 251; ebenso: OLG Bamberg, AfP 2002, S. 239; im brigen mit Hinweisen auf Rechtsprechung und Literatur: Gaertner, AfP 1990, S. 269, 270–271; Hecker, AfP 1993, S. 717, 718; Lindacher, WRP 1987, S. 586; Soehring, S. 344 Rz. 16.34; Ahrens, § 73 Rz. 83; Baumbach/Hefermehl, § 9 Rz. 2.3; Fezer, § 4-S7 Rz. 30. 2 OLG Kçln, Urteil v. 30.6.1999 – Az. 6 U 54/99. 3 Zur Frage, ob die Rechtmßigkeit oder das Verschulden entfllt: Lindacher, WRP 1987, S. 586. 4 Lindacher, WRP 1987, S. 587; er hlt, ebenso wie Henning-Bodewig (GRUR 1981, S. 871), obwohl dies wenig konsequent ist, einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch fr gegeben; a. A. zu Recht: LG Coburg, ArchPR 1976, S. 90/91. 5 BGH, AfP 1998, S. 624, 625; Ahrens, § 74 Rz. 80; anders noch: OLG Frankfurt, AfP 1984, S. 242; OLG Frankfurt, GRUR 1987, S. 540; Lindacher, WRP 1987, S. 586; Lçhr, WRP 1974, S. 526 (sofern „einleuchtende Grnde“ vorgetragen werden). 6 OLG Koblenz, AfP 1988, S. 76. 7 Ahrens, § 74 Rz. 72. 8 Ebenso Gaertner, AfP 1990, S. 269, 273–274; anders z. B.: OLG Frankfurt, WRP 1993, S. 35, 36.

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210 Rath-Glawatz

Prfungspflicht

Rz. 330 P

fen, ob die zuknftige Werbung des Anzeigenkunden gegen die Abmahnung bzw. Einstweilige Verfgung verstçßt oder nicht.1 Wrde man die Verlage in diesen Fllen fr verpflichtet halten, diese Werbung nicht mehr abzudrucken, so kçnnte sich dies aus der Sicht des Betroffenen als eine „Anzeigensperre“ darstellen. Dieses Verhalten der Verlage stellt dann mçglicherweise einen Verstoß gegen §§ 19, 20 GWB dar.2 Wird dem Verlag als Partei eines gerichtlichen Verfahrens die Wettbewerbswidrigkeit einer Anzeigenverçffentlichung sptestens zum Zeitpunkt der letzten mndlichen Verhandlung bekannt und hlt der Verlag trotz der Belehrung durch das Gericht daran fest, die Anzeige gegebenenfalls auch zuknftig (unverndert) abzudrucken, so ist es angesichts der (Erst-)Begehungsgefahr fr zuknftige Rechtsverstçße gerechtfertigt, dem Verlag die weitere Verçffentlichung des Inserats zu untersagen.3 Selbstverstndlich darf (und muss) der Verlag zur Wahrung seiner Rechtsposition in den einzelnen Instanzen so lange als mçglich darauf beharren, dass er nicht zur Ablehnung des Anzeigenauftrages verpflichtet war, weil es an der Offensichtlichkeit des Wettbewerbsverstoßes fehlte. Zugleich 1 OLG Koblenz, AfP 1988, S. 76; Gaertner, AfP 1990, S. 269, 273–274 mit Hinweisen auf die kontroverse Rechtsprechung der Oberlandesgerichte; Ochs, Rz. 30 ff. Nicht gefolgt werden kann auch der Ansicht einzelner Gerichte, dass die Verlage dann, wenn sie aus „Vorprozessen“ Kenntnis von der Wettbewerbswidrigkeit „fast identischer“ Anzeigen htten, zur Prfung „einschlgiger“ Inserate verpflichtet wren. Wrde man diese Ansicht teilen, dann mssten die Verlage entgegen der Rechtsprechung des BGH (AfP 1992, S. 249, 250/251) auch bei nicht grob wettbewerbswidrigen Anzeigen prfen, ob die „nahezu identische“ Anzeige tatschlich mit der gerichtlich als unzulssig erklrten Anzeige bereinstimmt. Dies kann wie dargestellt nicht Aufgabe der Verlage sein – dazu: Gaertner, AfP 1990, S. 269, 273/274; Hecker, AfP 1993, S. 717, 718 (jeweils mit Hinweisen auf die Rechtsprechung). 2 Dazu: KG Berlin, ArchPR 1969, S. 125/126. 3 Dazu: BVerfG, AfP 2001, S. 45; 46; BGH, AfP 1992, S. 249, 251 (als Vorinstanz: KG Berlin, AfP 1990, S. 40 ff.) – hat der Verlag in bzw. bis zur letzten mndlichen Verhandlung erklrt, die in Frage stehende Anzeige zuknftig nicht mehr abzudrucken, so ist diese Erklrung wettbewerbsrechtlich ausreichend, der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklrung bedarf es nicht mehr. Den Wettbewerbsverstoß hat der Inserent selbst verwirklicht, so dass die Wiederholungsgefahr nur durch eine entsprechende strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklrung des Inserenten bzw. gerichtliche Verfgung mit Ordnungsgeldandrohung beseitigt werden kann. Bei dem Verlag, bei dem wegen fehlender Verletzung seiner Prfungspflicht kein Wettbewerbsverstoß vorliegt, reicht zur Beseitigung der Erstbegehungsgefahr die Abgabe einer „einfachen“ nicht strafbewehrten Erklrung aus (BGH, AfP 1992, S. 249, 251; BGH, AfP 1994, S. 140, 141). Die Kosten des Verfahrens sind dann der Partei aufzuerlegen, die den Verlag auf Unterlassung verklagt hat – dazu: Hecker, AfP 1993, S. 717, 718. An einer Wiederholungsgefahr fehlt es dann jedoch, wenn der Inserent eine Unterlassungserklrung abgegeben und auch der Verlag – in nicht-strafbewehrter Form – erklrt, die Anzeige nicht mehr zu verçffentlichen (OLG Mnchen, AfP 2001, S. 510, 513).

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Rath-Glawatz 211

330

P Rz. 330

Prfungspflicht

muss jedoch auch deutlich werden, dass der Verlag dann, wenn ihn zwar keine Prfungspflicht trifft, die Wettbewerbswidrigkeit des Inserats vom Gericht jedoch unterstellt wird, zuknftig eine Verçffentlichung unterbleibt.1 Diese Rechtsprechung berzeugt, denn es geht gegenber dem Verlag nicht mehr darum, ob der Verlag wegen eines groben Wettbewerbsverstoßes, der den Mitarbeitern der Anzeigenabteilung ohne weiteres erkennbar war, seine Prfungspflicht vernachlssigt hat, sondern „nur“ noch darum, dass eine wettbewerbswidrige Anzeige nicht noch einmal verçffentlicht werden soll. Die Haftung des Verlages beschrnkt sich dann jedoch nur auf das jeweils konkret in Frage stehende Anzeigenmotiv und bezieht sich nicht auch auf hnliche, in die „gleiche Richtung“ zielende Anzeigenverçffentlichungen. Außerdem ist diese Haftung auf maximal 6 Monate zu begrenzen, da andernfalls die Verlage, ohne selbst einen von ihnen zu verantwortenden Wettbewerbverstoß begangen zu haben, auf Dauer verpflichtet wren, die neuen, ebenfalls nicht offensichtlich wettbewerbswidrigen Anzeigen mit der untersagten Verçffentlichung zu vergleichen. Es ist allein Aufgabe des Inserenten, der auch fr den in Frage stehenden Wettbewerbsverstoß allein verantwortlich ist, sicherzustellen, dass zuknftig keine wettbewerbswidrigen Anzeigenmanuskripte in Druck gehen. Diese Verpflichtung wrde auf die Verlagsunternehmen verlagert, wenn diese auch bei nicht offensichtlich wettbewerbswidrigen Anzeigen auf Unterlassung verklagt werden kçnnten, in der letzten mndlichen Verhandlung die Erklrung abgeben, die Anzeige zuknftig nicht mehr zu verçffentlichen, und die Verlage dann eine zeitlich unbefristete Prfungspflicht trfe.2 Wieder anders ist die Situation zu beurteilen, wenn der Verlag die Frage der mçglichen Wettbewerbswidrigkeit des streitbefangenen Inserates gar nicht thematisiert und sich in der gerichtlichen Auseinandersetzung allein darauf konzentriert, dass ihn keine Prfungspflicht trifft.3 Wird diese 1 BGH, WRP 1992, S. 640, 641/642; nicht zu folgen ist dem OLG Zweibrcken (OLGR 1999, S. 447), wenn es bei einer ersten Schlankheitsanzeige noch die Prfungspflicht verneint, diese aber mit Blick auf die Verçffentlichung der zweiten Schlankheitsanzeige als gegeben ansieht, wenn zwischenzeitlich wegen des ersten Inserates Klage erhoben wurde; ebenso wenig kann eine Erstbegehungsgefahr schon dann angenommen werden, wenn der Verlag auf eine Abmahnung hin durch einen Anwalt erklren lsst, dass er das Inserat nicht fr unzulssig hlt (so aber OLG Brandenburg, AfP 1999, S. 360). 2 Insgesamt dazu: Gaertner (mit Hinweisen auf Rechtsprechung und Literatur), AfP 1990, S. 269, 273–274; s. a. BGH, AfP 1995, S. 409, 410; KG Berlin, AfP 1990, S. 312, 314; OLG Hamburg, AfP 1990, S. 318 ff.; BGH, WRP 1973, S. 20/21; OLG Frankfurt, AfP 1984, S. 242; OLG Koblenz, AfP 1988, S. 75; Grçning, WRP 1993, S. 685, 689 ff. 3 Dazu: Soehring, S. 344 Rz. 16.34; Ahrens (§ 74 Rz. 73) weist zu recht darauf hin, dass der „bloße Abdruck der Anzeigen im Regelfall nicht als rechtswidriger Wettbewerbsverstoß qualifiziert werden kann“.

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212 Rath-Glawatz

Rabatte

Rz. 333 P

Prfungspflicht verneint, besteht keine Wiederholungsgefahr, so dass auch vorbeugende Unterlassungsansprche gegen den Verlag ausscheiden.1 Fordert das Verlagsunternehmen dagegen seinerseits die potenziellen Anzeigenkunden auf, rechtlich unzulssige Anzeigen zu schalten, kann es seine eigene Haftung nicht mit dem Hinweis auf die eingeschrnkte Prfungspflicht zurckweisen.2

331

Ein Verstoß gegen die Prfungspflicht und damit ein Anspruch unmittel- 332 bar gegen den Verlag soll auch dann gegeben sein, wenn in dem redaktionellen Teil einer Tageszeitung ein Inserat in Form einer Gegendarstellung verçffentlicht wird und dabei der (klein abgedruckte) Hinweis „Anzeige“ und die Einrahmung der „Gegendarstellung“ die Gefahr der Irrefhrung nicht beseitigen.3

Rabatte Unter „Rabatt“ versteht man den Nachlass, den der Verlag dem Anzeigenkunden auf den angekndigten/geforderten (sich aus der Anzeigenpreisliste ergebenden) Preis einrumt bzw. einzurumen bereit ist.4 Spielte das Rabattrecht und die dazu ergangene umfangreiche Rechtsprechung frher eine wichtige Rolle auch im „Recht der Anzeige“, so ist mit der ersatzlosen Aufhebung des Rabattgesetzes5 eine fast vollstndige Umkehrung der Verhltnisse eingetreten. Wurde die Rabattgewhrung in der Vergangenheit fast durchweg mit dem Makel der Unlauterkeit belegt, so ist sie jetzt als Marketinginstrument legalisiert.6 Grenzen fr die Rabattgewhrung setzen nunmehr allein die Regeln des „allgemeinen“ Wettbewerbsrechts. Gem. § 4 Nr. 4 UWG handelt insbesondere unlauter, wer bei Verkaufsfçrderungsmaßnahmen wie Preisnachlssen die Bedingungen fr ihre Inanspruchnahme nicht klar und 1 Dazu: OLG Dresden, AfP 452, 453; OLG Hamburg, AfP 2002, S. 514, 516; s. a. KG Berlin, AfP 1990, S. 312, 314. 2 OLG Hamburg, WRP 1988, S. 160. 3 LG Koblenz, AfP 1993, S. 596, 597. 4 Harte/Henning, § 4 Nr. 4 Rz. 5; Baumbach/Hefermehl, § 4 Nr. 1 Rz. 1.92; die Flle, in denen ein Verlag redaktionell darauf hinweist, dass bestimmte Firmen bei Vorlage der Zeitung des Verlages bestimmte Produkte verbilligt abgeben, sind unter dem Aspekt des „Eigenmarketings“ des Verlages und den dafr geltenden Regeln zu beurteilen. 5 Die Aufhebung ist zum 24.7.2001 in Kraft getreten. 6 Ausfhrlich zu den Auswirkungen der Aufhebung der RabattG auf das Anzeigengeschft: Rath-Glawatz, AfP 2001, S. 169 ff.

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Rath-Glawatz 213

333

P Rz. 334

Rabatte

eindeutig angibt.1 Außerdem kann die Rabattgewhrung unter dem Aspekt des § 5 UWG irrefhrend sein.2 Die wesentlichen Vernderungen mit Blick auf das Anzeigengeschft lassen sich wie folgt zusammenfassen: 334

Es gibt keine Begrenzung mehr auf bestimmte Rabattformen- und Rabattkombinationen. Neben „Barzahlungs“-, „Mengen“-, „Großkundenrabatten“ kann jede andere Rabattform (z. B. ein „Messerabatt“) gewhlt werden. Dies gilt auch mit Blick auf sog. „Naturalrabatte“ bzw. „Verwerterrabatte“. Es darf selbst nach Familienstand und Berufszugehçrigkeit differenziert und rabattiert werden.3 Die Problematik eines „Ortspreises“ als mçglichem weiteren Rabatt stellt sich nicht mehr. Weiter darf man „ungehindert“ z. B. einen „Treuerabatt“ fr „alte Kunden“ einfhren oder einen „Abonnentenrabatt“ anbieten (der Abonnent erhlt die Anzeige billiger als der Nichtabonnent); es drfen regionale Unterschiede durch entsprechend rabattierte Anzeigenpreise gemacht werden; es ist zulssig, die Anzeigenpreise z. B. nach Grçße und Branchenzugehçrigkeit der Werbetreibenden unterschiedlich zu differenzieren. „Einfhrungs-, Ausgaben- bzw. Kundenrabatte“, die frher von der Rechtsprechung untersagt wurden,4 sind – sofern damit kein allgemeiner Irrefhrungstatbestand verbunden ist (Einfhrungsrabatt wird gewhrt, ohne dass es sich tatschlich um eine NeuEinfhrung handelt) – heute unkritisch.

335

Durften bisher immer nur zwei Rabattarten gleichzeitig angeboten werden, kann man jetzt so viele – bisher schon bekannte oder auch neu entwickelte – Rabattformen nebeneinander anbieten, wie man will (es die Marktsituation erfordert).

336

Setzte die Rechtmßigkeit der Rabattierung in der Vergangenheit voraus, dass den zu rabattierenden Umstzen ein einheitliches Geschft (ein einheitlicher Anzeigenabschluss) zugrunde lag, kçnnen heute Rabattkombinationen unterschiedlichster Natur angeboten werden. Beispiel: Gewerbliche und private Anzeigen eines Kunden werden gemeinsam rabattiert wie auch die unterschiedlichen Medienangebote der Verlagshuser: Print, TV/Hçrfunk, Internet. Bestehen aus kartellrechtlicher Sicht keine Bedenken (weil jeder Verlag die Preise fr seine Anzeigen selbststndig festlegt und auch keine Zwangskombination vorliegt), drfen auch „gemeinsame“ Rabatte einge1 Zu den Informationspflichten bei der Rabattgewhrung: Harte/Henning, § 4 Nr. 4 Rz. 15 ff. 2 Dazu generell: Harte/Henning, § 5 Rz. 197 ff.; Baumbach/Hefermehl, § 4 Nr. 1 Rz. 1.98. 3 Harte/Henning, § 4 Nr. 1 Rz. 90. 4 LG Oldenburg, ArchPR 1968, S. 94; OLG Hamm, ArchPR 1969, S. 103.

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214 Rath-Glawatz

Rabatte

Rz. 340 P

rumt werden, wenn ein Anzeigenkunde seine Anzeige in Titeln schaltet, die unterschiedlichen Verlagen gehçren. Neu „erfundene“ Rabattformen drfen jedoch nicht „irrefhrend“ sein bzw. „irrefhrend“ beworben werden (§ 4 Nr. 4 UWG). Zum selbstverstndlichen Standard gehçrt es, dass die Hçhe des Rabattes exakt anzugeben ist (als Prozentangabe vom Normalpreis oder in absoluten Zahlen).1 Ist die Rabattaktion befristet, muss der genaue Zeitrahmen genannt sein.2

337

Sicherlich wird man nach dem Wegfall des Rabattgesetzes freier als bisher z. B. mit dem Begriff „Einfhrungsrabatt fr Anzeigenpreise“ werben drfen. Dennoch bleibt es dabei, dass es sich um ein neues oder in wesentlichen Teilen erneuertes Objekt oder eine neue Anzeigenkategorie handeln muss. Wurden nur „kosmetische“ Korrekturen vorgenommen, bleibt eine Werbung mit „Einfhrungsrabatten“ wettbewerbswidrig.

338

Schließlich ist und bleibt es auch im Anzeigenbereich wettbewerbswidrig, wenn sog. Mondpreise in die Welt gesetzt werden, die nie real gefordert werden oder wurden, und die dann so erfrischend rabattiert werden.3

339

War die Hçhe des Rabattes in der Vergangenheit vorgegeben (3 % Barzahlungsrabatt bzw. nur Rabatte in handelsblicher Hçhe), so gibt es auch insoweit „keine“ festen gesetzlichen Grenzen mehr.4

340

Damit gewinnen zugleich – die Kriterien des „bertriebenen Anlockens“ und des „Verschenkens von Originalware“ erheblich an Bedeutung. Beispiel: Es ist und bleibt auch weiterhin unzulssig, gewerbliche Anzeigen kostenlos zu verçffentlichen. Deshalb kann es eine wettbewerbswidrige Umgehung darstellen, wenn infolge einer planmßigen, dauerhaften „berdimensionalen“ Rabattierung von Anzeigenpreisen die gewerblichen Anzeigen (z. B. fr bestimmte Kunden, Branchen oder Zeitrume) praktisch kostenlos abgegeben werden. Zugleich kann die Rabattierung auch unter dem Gesichtspunkt des „Anbietens unter Einstandspreis“

1 2 3 4

Fezer, § 4-1 Rz. 246 ff.; Harte/Henning, § 4 Nr. 4 Rz. 45. Harte/Henning, § 4 Nr. 4 Rz. 46. Harte/Henning, § 4 Nr. 1 Rz. 93 sowie § 5 Rz. 198. Fezer, § 4-1 Rz. 250, 251; Harte/Henning, § 4 Nr. 1 Rz. 88; wurde noch 1999 vom LG Hamburg (Urteil v. 11.6.1999 – Az. 406 O 64/99) die Gewhrung eines 60 %-tigen Rabattes auf den geforderten Anzeigenpreis nach dem damals geltenden Recht als unzulssig angesehen, wird man heute in der Tendenz sagen kçnnen, dass jedenfalls – vorbergehende Sonderaktionen ausgenommen – ab einer dauerhaften Rabattierung von ber 75 % die Grenze zum unzulssigen bertriebenen Anlocken der Anzeigenkunden erreicht sein drfte (bzw. eine unzulssige Marktbehinderung vorliegt, § 4 Nr. 10 UWG). Generalisierende Aussagen sind jedoch kaum mçglich, da jeweils die Umstnde des Einzelfalles ausschlaggebend sind (die Wettbewerbsverhltnisse in dem jeweils relevanten Markt).

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Rath-Glawatz 215

P Rz. 341

Rabatte

wettbewerbsrechtlich fragwrdig bzw. je nach Marktlage unter kartellrechtlichen Aspekten unzulssig sein.1 341

Sind derartige allgemeine wettbewerbsrechtliche Bedenken nicht gegeben, sind damit Anzeigenangebote, bei denen etwa nur eine Anzeige zu bezahlen und eine zweite „zugegeben“ wird, heute unkritisch (kostenlose Wiederholungsanzeige).2 Als (Natural-)Rabatt drfen deshalb zu den zu bezahlenden Anzeigen auch unbezahlte Anzeigenschaltungen offeriert werden.

342

Liegt ein zu rabattierender Anzeigenabschluss vor, so ist es zulssig, dem Inserenten bereits den ersten Abruf einer Anzeige aus dem vereinbarten Kontingent mit dem vereinbarten Abschlag in Rechnung zu stellen. Kommt es dann jedoch nicht zur vollstndigen Erfllung des Abschlusses, so ist dem Inserenten bezogen auf das tatschlich realisierte Anzeigenvolumen ein zu hoher Nachlass eingerumt worden, bzw. es htte u. U. berhaupt kein Rabatt gewhrt werden drfen. Hat der Inserent die Nichterfllung zu vertreten, indem er etwa das ihm (gesetzlich) zustehende Rcktrittsrecht (R Rz. P 364 ff.) ausbt, so ist er – dies wird in Ziff. 4 Abs. 1 ZAW-AGB (R Rz. P 28) ausdrcklich klargestellt – verpflichtet, „den Unterschied zwischen dem gewhrten und dem der tatschlichen Abnahme entsprechenden Nachlass dem Verlag zu erstatten“.3 Ziff. 4 Abs. 2 der ZAW-AGB stellt zugleich klar, dass der Inserent selbstverstndlich dann, wenn er erfllungswillig ist, die Nichterfllung des Abschlusses aber „auf hçherer Gewalt im Risikobereich des Verlages“ beruht, nicht zur Rckerstattung verpflichtet ist. Außerdem wird in Abs. 1 der Ziff. 4 der ZAW-AGB ausdrcklich bestimmt, dass die Verpflichtung zur Rckerstattung des zu viel gewhrten Rabattes vom Inserenten „unbeschadet etwaiger weiterer Rechtspflichten“ vorzunehmen ist. So bleiben etwa Schadensersatzansprche des Verlages (wegen Nichterfllung) unangetastet.4 1 Zu den kartellrechtlichen Aspekten: Harte/Henning, § 4 Nr. 1 Rz. 96 sowie § 4 Nr. 10 Rz. 140 ff., 146 ff. 2 Unter dem alten Recht noch unzulssig – siehe etwa: OLG Karlsruhe, OLGR 1998, S. 279; OLG Mnchen, OLGR 1996, S. 214; OLG Kçln, WRP 1983, S. 181 (Leitstze); LG Hamburg, AfP 1997, S. 652; s. a. KG Berlin, AfP 2000, S. 187 (diese Entscheidung geht schon in die heute geltende Richtung). 3 Aus welchem Grund der Inserent den Abschluss nicht erfllt, kann dahingestellt bleiben; selbst dann, wenn der Verlag whrend der Laufdauer des Abschlusses unter Wahrung der Fristen die Anzeigenpreise erhçht und der Inserent dann zurcktritt, so ist dieses Verhalten vom Inserenten zu vertreten. Dazu: Klosterfelde, S. 109/110. – Die Regelung der Ziff. 4 der ZAW-AGB wird in der Entscheidung des LG Kçln (v. 31.1.1967 – Az. 12 S 226/66) uneingeschrnkt besttigt. 4 Insoweit: Klosterfelde, S. 110; Wronka, S. 47.

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216 Rath-Glawatz

Rechtsberatung

Rz. 344 P

Rechtsberatung Im Zusammenhang mit der Formulierung der Anzeigenmanuskripte werden die Mitarbeiter der Verlage vielfach um Rechtsrat gebeten. Abgesehen davon, dass sich derartige Ausknfte schon aus haftungsrechtlichen Grnden verbieten, steht entsprechenden Praktiken auch das Rechtsberatungsgesetz entgegen.

343

§ 1 RBerG bestimmt ausdrcklich, dass Rechtsberatung, selbst wenn sie unentgeltlich erfolgt, „nur von Personen betrieben“ werden darf, „denen dazu von der zustndigen Behçrde die Erlaubnis erteilt ist“. Kaufmnnische Unternehmen drfen gem. § 5 Nr. 1 RBerG „fr ihre Kunden rechtliche Angelegenheiten“ nur dann „erledigen“, wenn diese „mit einem Geschft ihres Gewerbebetriebes in unmittelbarem Zusammenhang stehen“. Ein derartiger unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Abschluss eines Anzeigenauftrags und der rechtlichen Beratung des Anzeigenkunden ber den Text der Anzeige besteht jedoch nicht.1 Der Anzeigenkunde ist fr die rechtliche Unbedenklichkeit der Anzeige allein verantwortlich. Den Verlag trifft aus dem Anzeigenauftrag lediglich die Verpflichtung zum Abdruck und zur Verbreitung des Inserats. Zhlt die rechtliche Beratung des Werbetreibenden damit noch nicht einmal als vertragliche Nebenpflicht zum Wesen des Anzeigenauftrages, so fehlt es auch an einem „unmittelbaren Zusammenhang“ i. S. d. § 5 Nr. 1 RBerG.2 Hat dagegen der Verlag – vergleichbar einer Werbeagentur – fr den Anzeigenkunden vereinbarungsgemß auch die Formulierung der Anzeige (mit-)bernommen, so ergibt sich aus diesem atypischen Vertragsverhltnis, dass im Rahmen einer Nebenpflicht auch auf eventuelle Rechtsbedenken gegen die vom Kunden gewnschte Anzeigenverçffentlichung hingewiesen werden muss. Eine entsprechende „Rechtsberatung“ ist dann von § 5 Nr. 1 RBerG gedeckt.3

1 Allgemein dazu: Rennen/Caliebe, RBerG Art. 1 § 5 Rz. 7 ff. m. w. N. auf die Rechtsprechung. 2 Bezogen auf das Problem des Rechtsrats der Presse gegenber ihren Lesern: BVerfG, NJW 2004, S. 1855 ff.; BGH, WRP 1981, S. 385 ff.; Lçffler/Ricker, S. 603 Rz. 14. 3 Bezogen auf die Beratungspflicht der Agenturen: BGH, AfP 1973 S. 524; OLG Hamm, WRP 1989, S. 38 ff.; dazu auch: Lambsdorff/Skora, S. 227 ff., Rz. 319 ff., 330 ff.

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Rath-Glawatz 217

344

P Rz. 345

Redaktionelle Hinweise – Richtlinien

Redaktionelle Hinweise – Richtlinien 345

Im Jahre 1952 haben die Arbeitsgemeinschaft Zeitschriftenverlage (AGZV) im Bçrsenverein des Deutschen Buchhandels, der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) und der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Journalistenverband und dem Zentralausschuss der Werbewirtschaft (ZAW) „Richtlinien fr redaktionelle Hinweise in Zeitungen und Zeitschriften“ herausgegeben.1 Diese Richtlinien werden vielfach als die geltenden Standesgrundstze der Fachverbnde zur Frage kaschierter Werbung durch den Abdruck redaktioneller Hinweise angesehen.2 Sie wurden in der Vergangenheit hufig von den Gerichten herangezogen, um zu belegen, dass sich hinter einem redaktionellen Beitrag Schleichwerbung verbirgt.3 Dieser Rckgriff ist aus wettbewerbsrechtlicher Sicht nicht zwingend. Lsst sich anhand bestimmter Indizien nachweisen, dass in der Form eines redaktionellen Hinweises Wirtschaftswerbung betrieben wird, so ist dieses Verhalten bereits aus § 4 Nr. 3 UWG wettbewerbswidrig.4 Einer Verweisung auf die „Richtlinien“ der Verbnde bedarf es insoweit nicht. Deshalb sind die Richtlinien jedoch nicht ohne Wert. Zum einen drften sie wesentlich dazu beigetragen haben, dass sich in der Rechtsprechung Kriterien bilden konnten, die eine Abgrenzung zwischen zulssiger redaktioneller Berichterstattung und unzulssiger Schleichwerbung in redaktionellem Gewand ermçglichen.5 Zum anderen machen sie deutlich, dass sich diejenigen Verlage, die entgegen den Richtlinien redaktionelle Hinweise abdrucken, ber das Stan-

1 Zu diesen Richtlinien: Wenzel, § 5 Rz. 356; Prinz/Peters, 8. Kap. Rz. 232. 2 Zur Frage der Rechtsqualitt von Standesregeln: Baumbach/Hefermehl, § 4 Rz. 11.32. 3 OLG Mnchen, AfP 1991, S. 628; OLG Karlsruhe, AfP 1989, S. 462, 463; OLG Dsseldorf, AfP 1988, S. 354, 355; LG Hamburg, AfP 1988, S. 389; OLG Dsseldorf, WRP 1986, S. 558; OLG Hamm, AfP 1979, S. 256; KG, GRUR 1987, S. 719; OLG Hamm, ArchPR 1972, S. 134/135; OLG Hamm, ArchPR 1972, S. 135; OLG Frankfurt, AfP 1988, S. 60; OLG Mnchen, WRP 1983, S. 176; KG, Urteil v. 21.2.1984 (Az. 5 U 5251/83); OLG Hamm, WRP 1981, S. 110; OLG Mnchen, AfP 1997, S. 915, 918; Schneider, AfP 1968, S. 740; Lutz, AfP 1969, S. 832; ZAWedition Schleichwerbung, S. 54, 55; Rodekamp, GRUR 1980, S. 273, 276; Fuchs, GRUR 1988, S. 736, 738. 4 S. a. Braun, WRP 1983, S. 603; Borck, AfP 1986, S. 116; Rodekamp, GRUR 1980, S. 276; Wollemann, WRP 1979, S. 682. 5 Braun, WRP 1983, S. 602; Henning-Bodewig, GRUR 1981, S. 870.

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218 Rath-Glawatz

Redaktionelle Hinweise – Richtlinien

Rz. 347 P

desbewusstsein der anderen Printunternehmen hinwegsetzen und sich so einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorsprung verschaffen.1 Da es nicht mçglich ist, die Grenze zwischen sachlich gebotener redaktioneller Berichterstattung und unzulssiger Wirtschaftswerbung in redaktionellem Gewand abstrakt zu bestimmen, kçnnen auch die Richtlinien keine allgemein gltigen Lçsungen bieten. Dies bedeutet einmal, dass der in den Richtlinien enthaltene Sachverhaltskatalog keine abschließende Beurteilung aller denkbaren Flle enthlt. Zum anderen kann man ber einige der in den Richtlinien vorgenommenen Festlegungen durchaus geteilter Meinung sein, ohne die Richtlinien insgesamt in Frage stellen zu wollen.2 Schließlich gilt es zu bercksichtigen, dass die Richtlinien in ihrem Kern schon relativ alt sind und man folglich heute nicht an dem Buchstaben einer jeden Regelung „kleben“ darf, sondern auf den dahinterstehenden Rechtsgedanken abheben muss.

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Im brigen reicht es nicht aus, sich mit der Feststellung zu begngen, nach dem Wortlaut der Richtlinien sei ein bestimmter redaktioneller Hinweis unzulssig. Selbst wenn dies auf den ersten Blick der Fall sein sollte, muss dennoch jeweils gesondert geprft werden, ob nicht die konkreten Umstnde des Einzelfalls es gerechtfertigt erscheinen lassen, dass trotz des formalen Widerspruchs zu den Richtlinien ein hinreichender publizistischer Anlass fr die Verçffentlichung des redaktionellen Hinweises besteht. So bestimmt beispielsweise Ziff. 4 der Richtlinien, dass in Berichten ber Kurorte „Bderpreise“ nicht erwhnt werden sollen. Dies mag grundstzlich richtig sein, vor allem, wenn verhindert werden soll, dass entsprechende Einrichtungen der einzelnen Kurorte einseitig bevorzugte Erwhnung finden. Beschftigt sich der redaktionelle Bericht jedoch gerade mit einem Vergleich der angebotenen Dienstleistungen in verschiedenen Kurorten, so ist es unter dem Gesichtspunkt der Verbraucheraufklrung geradezu geboten, auch Preise zu nennen und diese zu vergleichen. Wertet man die Richtlinien „lediglich“ als Indiz und nicht als abschließende Regelung, so verliert auch die Diskussion um die Frage, in welchen Printmedienbereichen – Tageszeitungen, Anzeigenbltter, Zeitschriften, Supplements – die Richtlinien (noch) als „verbindliche“ Standesauffassung anzusehen sind, an Bedeutung.3 Denn wenn die jeweilige Prfung im Einzelfall – unter Zuhilfenahme der Richtlinien – ergibt, dass es fr den redaktionellen Hinweis keinen rechtfertigenden redaktionellen An-

1 OLG Hamm, AfP 1979, S. 258; OLG Mnchen, WRP 1983, S. 176; s. a. Lçffler, 3. Aufl. 1. Bd., S. 497 Rz. 68. 2 Braun, WRP 1983, S. 603; Kohl, AfP 1984, S. 208. 3 Dazu: OLG Hamm, AfP 1979, S. 257; OLG Hamm, AfP 1985, S. 211/212; Braun, WRP 1983, S. 603, 604; ZAW-edition Schleichwerbung, S. 55/60; Rodekamp, GRUR 1980, S. 276.

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Redaktionelle Hinweise – Richtlinien

lass gibt, so ist dessen Verçffentlichung wegen der damit verbundenen Tuschung des Lesers ber die in Wahrheit vorgenommene Schleichwerbung wettbewerbswidrig. Dies gilt selbst dann, wenn sich eine entsprechende Unsitte im jeweiligen Printmedienbereich weit verbreitet hat. Denn – und dies wird aus allen Landespressegesetzen deutlich (R Rz. P 265 ff.) – eine juristische Rechtfertigung dafr, den Leser darber zu tuschen, dass im redaktionellen Gewand kaschierte Werbung betrieben wird, gibt es nicht – gleichgltig, wie sehr dies auch die Bltter der Wettbewerber prgen mag.1 348

In diesem Zusammenhang ist selbstverstndlich auch darauf hinzuweisen, dass durch einen massierten Verstoß gegen die Richtlinien der Leser ohnehin mehr oder weniger schnell bemerkt, dass es mit der Unabhngigkeit der betreffenden Redaktion nicht weit her ist. Wenn sich also beispielsweise die Verlage bestimmter „Fachzeitschriften“ darauf beschrnken, die PR-Mitteilungen ihrer Inserenten kritiklos als „redaktionellen Teil“ abzudrucken und sich in diesen Heften durchgngig nur lobende Produktbeschreibungen und Anpreisungen finden, so wird auch dem flchtigen Leser beim Durchblttern alsbald deutlich, dass letztlich die ganze sog. Fachzeitschrift nur aus Werbung besteht. Dies spricht nicht gegen die Richtlinien zur Frage der Schleichwerbung, sondern macht nur deutlich, dass jeweils gesondert zu prfen ist, ob der Leser tatschlich durch den redaktionellen Hinweis noch zu tuschen ist oder ob er die „Qualitt“ dieser vorgeblich redaktionellen Berichterstattung nicht ohnehin durchschaut.2

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Die Richtlinien haben folgenden Wortlaut: „Richtlinien fr redaktionelle Hinweise in Zeitungen und Zeitschriften Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft Zeitschriftenverlage (AGZV) im Bçrsenverein des Deutschen Buchhandels Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Journalisten-Verband und dem Zentralausschuss der Werbewirtschaft (ZAW) Um die im Interesse der ffentlichkeit, der Werbungtreibenden, aber auch der Zeitungen und Zeitschriften selbst unbedingt notwendige klare Abgrenzung der Text-

1 Zur Frage der „Verbindlichkeit“ der Richtlinien: OLG Dsseldorf, WRP 1986, S. 558; s. a. OLG Hamburg, WRP 1984, S. 629. 2 Rodekamp, GRUR 1980, S. 273 – dies kann im Fall redaktionell gestalteter Anzeigen anders zu beurteilen sein (R Rz. P 350).

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teile und der Anzeigenteile der periodischen Druckwerke voneinander zu erreichen, sind die an der Herausgabe beteiligten Verbnde bereingekommen, ihren Mitgliedern dringend nahezulegen, die folgenden Richtlinien anzuwenden. Die Verleger werden sie in die Geschftsanweisung aufnehmen, die sie ihren Redaktionen erteilen. Die Redakteure sollen sich bei der Anwendung der Richtlinien von dem Grundsatz leiten lassen, dass der Textteil unter keinen Umstnden die Gegenleistung der Zeitung oder Zeitschrift fr gleichzeitig oder vorher oder nachher verçffentlichte Anzeigen sein darf. Vorwort Verleger und Redakteure (Journalisten) wirken bei der Gestaltung der çffentlichen Meinung mit. Um ihre publizistische Aufgabe erfllen zu kçnnen, brauchen sie das Vertrauen ihrer Leser. Dieses Vertrauen kann insbesondere dann nicht entstehen oder erhalten bleiben, wenn die Leser in den Textteilen der Zeitungen und Zeitschriften redaktionelle Hinweise finden, die, ohne ußerlich als bezahlte Wirtschaftswerbung in Erscheinung zu treten, privatwirtschaftlichen Belangen dienen. Als Teil der Textgestaltung gehçren die redaktionellen Hinweise zum Verantwortungsbereich der Schriftleitung. Aufgabe des Redakteurs ist es daher, aus der Berichterstattung ber ein Unternehmen und seine Leistung alles auszusondern, was ber den Rahmen einer sachlichen Unterrichtung hinausgeht. Zugestndnisse, die in Verbindung mit Anzeigenauftrgen in Form gnstiger Beurteilung privatwirtschaftlicher Unternehmen, ihrer Erzeugnisse, Leistungen oder Veranstaltungen im Textteil des Druckwerkes eine zustzliche Leistung des Verlages darstellen, sind geeignet, die Grundstze der Sauberkeit in der Werbung, der Unabhngigkeit der Presse und der Freiheit der Meinungsußerung zu gefhrden, und sollten deshalb weder von Werbungtreibenden erwartet noch von Verlagen gewhrt werden, zumal sie darber hinaus gegen die Preistreue verstoßen. 1. Amtliche Bekanntmachungen und Verlautbarungen Bekanntmachungen und Verlautbarungen, die Behçrden, Kçrperschaften, Innungen usw. durch die Presse verbreiten wollen, gehçren in der Regel in den Anzeigenteil. Ein Hinweis auf solche Bekanntmachungen usw. im Textteil ist zulssig. 2. Veranstaltungen, Sport, Mode, Theater, Film u. a. Fr Veranstaltungen unterhaltender Art (Theater, Lichtspielhuser, Varietes, Zirkus, Konzerte und Vortrge) sowie fr alle Veranstaltungen kultureller, religiçser und vaterlndischer Art gilt der Grundsatz, dass eine einmalige Vorbesprechung gestattet ist, sofern in ihr alles Geschftliche bzw. Vortragsfolge, ausfhrliche Angaben ber Eintrittspreise, Kartenverkaufsstellen, Vorverkauf usw. vermieden wird. Diesen Zwecken dienende Bekanntmachungen und Werbeaufrufe gehçren in den Anzeigenteil. Auf wichtige Veranstaltungen kann hingewiesen werden, sofern der Redakteur der berzeugung ist, dass die Mehrzahl der Leser ber ihre Bedeutung aufgeklrt werden muss. ber gelegentliche und kleinere Variet-Vorstellungen in Gaststtten kçnnen Betrachtungen verçffentlicht werden, wenn die artistischen Leistungen dieser Veranstaltungen als besprechenswert erscheinen. Ob und wann das zutrifft, hat jede Redaktion im Einzelfall selbst zu entscheiden. Dagegen sind Hinweise auf sonstige Veranstaltungen von Gaststtten, Bars, Tanztees usw. und Berichte darber abzulehnen. Hinweise darauf gehçren in den Anzeigenteil. Den Verlegern ist zu empfehlen, sogenannte Vereinskalender zusammenzustellen, fr die sie ermßigte Grundpreise gewhren kçnnen. Bei Wohlttigkeitsveranstaltungen ist darauf zu achten, dass jede Werbung fr die Veranstalter

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Redaktionelle Hinweise – Richtlinien

oder einen bestimmten Kreis vermieden wird. Die Gemeinntzigkeit muss in Zweifelsfllen durch Rckfrage bei den Behçrden festgestellt werden. Firmenwerbung in Verçffentlichungen ber gemeinntzige Veranstaltungen ist zu unterlassen. 3. Programmbersichten u. . Die Verçffentlichung von Programmbersichten fr Theater, Lichtspielhuser, Konzerte, Vortrge usw. im Textteil ist unter Vermeidung aller geschftlichen Angaben zulssig. Sie muss sich auf das Allernotwendigste (wenige Zeilen) zur Unterrichtung der Leserschaft beschrnken, denn sie soll fr den Veranstalter kein Ersatz fr die Anzeige sein. Gottesdienstordnungen werden im Anzeigenteil verçffentlicht, ebenso die Bekanntmachung ber den Sonntags- und Nachtdienst der Arzte, Zahnrzte, Apotheker, Kraftfahrzeughandwerker usw. 4. Kurorte, Vergngungsreisen usw. ber Bder-, See-, Bahn- und Autoreisen, Vergngungsveranstaltungen kann berichtet werden unter Fernhaltung all dessen, was in den Anzeigenteil gehçrt, z. B. Kurtaxen, Bderpreise, Eintrittspreise usw. Werbeartikel ber Kurorte, die den Redaktionen von Reisebros, Verkehrsvereinen oder sonstigen Stellen eingesandt werden, drfen nur als Unterlage fr die eigene Wrdigung benutzt werden. In Reisebeschreibungen usw. sind Namen von Fahrzeugen, Gaststtten usw. nicht zu nennen. 5. Sportliche Veranstaltungen Im besonderen Falle, wie bei Programmnderungen und grçßeren sportlichen Veranstaltungen (z. B. Meisterschaften, internationalen Kmpfen, Autorennen, tourensportlichen Kraftfahrzeugwettbewerben), kçnnen auch mehrmalige, verschieden gehaltene Vorbesprechungen verçffentlicht werden. Dies gilt auch von çrtlichen Sportveranstaltungen, falls fr sie im Verbreitungsgebiet des betreffenden Blattes ein allgemeines çffentliches Interesse besteht. 6. Theater, Film und andere Veranstaltungen Von den beteiligten Knstlern oder den Veranstaltern verfasste Vorberichte oder Rezensionen drfen nur mit deutlicher Quellenangabe bernommen werden. Fr Filme – deutsche und auslndische – ist besonders hervorzuheben, dass Vorbesprechungen nur unterrichtende Mitteilungen enthalten sollen. Besprechungen von Werbefilmen einzelner Unternehmungen sind abzulehnen, es sei denn, es handele sich um Musterbeispiele der Werbekunst. Auch in diesem Falle darf der Name der Firma in der Besprechung nicht in auffallendem Druck gebracht werden. Der Abdruck von Waschzetteln ber solche Filme ist nicht zulssig. 7. Textil-Modegewerbe Die Berichterstattung ber dieses Fachgebiet soll der Fçrderung des modischen Schaffens allgemein dienen und nicht der Werbung fr einzelne Unternehmungen. Berichte ber Modeschauen und Kollektionsbesichtigungen mssen eigene Arbeit der Redakteure oder deren Mitarbeiter sein. Waschzettel werden nicht abgedruckt. Die Hervorhebung von Firmennamen, Stoffbezeichnungen oder Marken in einer Weise, dass die Berichterstattung zur Reklame wird, widerspricht diesen Richtlinien und wird daher abgelehnt.

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222 Rath-Glawatz

Redaktionelle Hinweise – Richtlinien

Rz. 349 P

Eine mehrmalige Verçffentlichung von Berichten ber die gleichen Kollektionen ist nicht zulssig. Modeberichte sollen keine Preisangaben oder sonstige Einzelheiten rein geschftlichen Charakters enthalten. Die Verlage lehnen Anzeigenauftrge von Firmen des Modegewerbes ab, welche die Bedingung enthalten, im Textteil Berichte ber die Erzeugnisse des Auftraggebers zu verçffentlichen. Bei Verçffentlichungen von Schnittmustermodellen ist die Nennung der Kenn-Nummer und der Marke erlaubt. Gestattet ist auch die Angabe der Bezeichnungsart neuer Garne, Stoffe usw., die fr die Ausfhrung der Modelle vorgeschlagen werden, aber nicht die Nennung einzelner Firmenmarken. Solche Verçffentlichungen im Textteil drfen nicht als Anzeige wirken, auch darf mit ihnen weder fr die Schnittmusterfirma noch fr den Warenhersteller Werbung verbunden werden. 8. Lotterien Vollstndige Gewinnlisten von Lotterien sollen nicht im Textteil verçffentlicht werden. Es bleibt den Zeitungen und Zeitschriften jedoch berlassen, Auszge aus Gewinnlisten (grçßere Gewinne) zu verçffentlichen. 9. Versteigerungen Vorberichte von Tierversteigerungen sind dann zulssig, wenn es sich um Veranstaltungen zur Fçrderung der Tierzucht handelt. Geschftliche Daten sind hierbei fortzulassen. Die Angaben mssen sich auf zchterisch wichtige Bemerkungen beschrnken. Vor- und Nachbesprechungen ber Versteigerungen von Kunstwerken und Sammlungen sind gestattet, sofern es sich um Gegenstnde von besonderem Kunstwert handelt und dabei Firmen nicht genannt werden. 10. Besprechungen von Bchern und Schallplatten Waschzettel drfen lediglich als Anhalt benutzt werden. Schallplatten drfen in Zeitungen und Zeitschriften mit Angabe der Marke nur einmal besprochen werden; die Nennung von Preis und Nummer ist dabei nicht gestattet. Werbebroschren, Prospekte, Hausmitteilungen usw. wirtschaftlicher Unternehmen sind redaktionell nicht zu behandeln, es sei denn, dass allgemein interessierende Sonderleistungen vorliegen. 11. Veranstaltungen von Firmen und Verbnden Berichte ber Firmenveranstaltungen sind zulssig, wenn sie von allgemeinem Interesse sind. 12. Allgemeine Entwicklung der Wirtschaft, Technik u. . Es ist eine Aufgabe der Redaktion, ber die allgemeine Entwicklung in Industrie, Handwerk, Handel, Kredit- und Versicherungswesen, Gewerbe und Technik zu berichten. Solche Berichte (auch Bildverçffentlichungen) werden vielfach zur versteckten Wirtschaftswerbung benutzt. Wirtschaftswerbung gehçrt aber in den Anzeigenteil. Zu den Fortschritten von Wirtschaftszweigen kann der Redakteur Stellung nehmen, doch darf damit keine Werbung fr Einzelfirmen verbunden werden. Dasselbe gilt von Berichten, die sich mit bestimmten Wirtschaftsrumen (regionale Gliederung der Wirtschaft) befassen.

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Rath-Glawatz 223

P Rz. 349

Redaktionelle Hinweise – Richtlinien

Wenn Redaktionen Erzeugnisse der gewerblichen Wirtschaft fotografieren oder zeichnen lassen, darf in der Bildbeschriftung (Bildunterschrift, textliche Erklrung zum Bild) nur dann der Name der Herstellerfirma genannt werden (aber ohne typographische Hervorhebung), wenn es sich um eine Neuheit oder Sonderleistung handelt, die ein çffentliches oder besonderes fachliches Interesse beansprucht. Bilder oder Zeichnungen, die von den Herstellerfirmen der dargestellten Gegenstnde selbst angefertigt worden sind oder fr die sie die ausschließlichen Werknutzungsrechte erworben haben, mssen den Bildurhebervermerk „Werkaufnahme“ oder „Werkzeichnung“ tragen. Reklamebilder, die zum Zweck augenflliger Eigenwerbung Markenfabrikate oder Herstellernamen des abgebildeten Erzeugnisses ber Gebhr groß erscheinen lassen, gehçren nicht in den redaktionellen Teil. 13. Marktberichte Anzeigenauftrge von Firmen, welche die Bedingung enthalten, im Textteil vom Auftraggeber verfasste Berichte ber Rohstoff-, Produkten-, Wertpapier- oder dergleichen Mrkte ohne Herkunftsbezeichnung abzudrucken, werden von den Verlagen abgelehnt. Redaktionen bernehmen keine Marktberichte, fr deren Abdruck im Textteil mit oder ohne Herkunftsbezeichnung Entgelte angeboten werden. 14. Messen und Ausstellungen Die Berichte der Messe- und Ausstellungsmter drfen ebenso wie die der ausstellenden Firmen nur als Material benutzt werden. Die Einzelbeschreibung bereits eingefhrter Gegenstnde ist zu unterlassen, ebenso die reklamehaft aufgemachte Beschreibung von Waren bzw. Standschilderung von Firmen. Eine Berichterstattung ber Messen und Ausstellungen soll der Niederschlag eigener berzeugung auf Grund persçnlicher Besichtigung und Prfung sein; dabei kann diese persçnliche Besichtigung und Prfung verantwortlich von Fachmitarbeitern oder Redaktionen der Korrespondenzbros bernommen werden. Wnscht ein Werbungtreibender die Verçffentlichung der Beschreibung seiner Erzeugnisse und Leistungen und ihre Empfehlung unter Nennung seines Firmennamens, der Marke und der Preise, so darf eine solche Reklamenotiz nur gegen Bezahlung zum Textmillimeterpreis laut Anzeigenpreisliste abgedruckt werden, und zwar nur in dem außer Verantwortung der Redaktion stehenden und als solchen deutlich gekennzeichneten Werbeteil. 15. Berichterstattung ber Neuheiten Bei Neuheiten und neuen Verwendungszwecken ist die Nennung der Hersteller (aber nicht der Wiederverkufer) zulssig. Als Neuheiten gelten solche Erzeugnisse oder Verwendungsarten, die fr den Leserkreis des Blattes wichtig und bisher in dem Blatte noch nicht besprochen worden sind. Allgemeine Neuerungen, wie sie alltglich durch wirtschaftlichen Wettbewerb und Fortschritt laufend entwickelt und angeboten werden, sind keine wirklichen Neuheiten im Sinne des vorstehenden Absatzes. Die Nennung des Preises, der Marke und der Herstellerfirma (nicht des WiderVerkufers) ist zulssig bei Erfindungen, die in çffentliches Interesse beanspruchen. Das gilt auch dann, wenn Neuschçpfungen zweifelsfrei als Sonderleistungen anzusprechen bzw. fr das jeweilige Fachgebiet von ganz besonderer Bedeutung sind und der Redakteur zu der berzeugung kommt, dass die Erwhnung des Preises und Herstellers in einem solchen Falle berragender Leistungen den allgemeinen binnen- und exportwirtschaftlichen Interessen dient. In allen anderen Fllen ist

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224 Rath-Glawatz

Redaktionelle Hinweise – Richtlinien

Rz. 349 P

die Beschreibung eines Fabrikates unter Nennung der Herstellerfirma und des Preises oder beider Angaben stets einer Textanzeige gleichzuachten. Dasselbe gilt fr die Widerholung einer Neuheitenbesprechung sowie fr Verçffentlichungen von Schaufensterbildern, die den Zweck haben, fr namentlich gekennzeichnete und schon bekannte VErkaufserzeugnisse zu werben. 16. Auskunfts-Rubriken Die Angabe von Bezugsquellen in Textrubriken wie „Frage und Antwort“, „Fragekasten“, „Fragen aus dem Leserkreis“, „Der Leser hat das Wort“, „Briefe an die Redaktion“ usw. ist unzulssig. Auch wirkliche Neuheiten sind in derartigen Rubriken nicht namentlich aufzufhren. Selbstverstndlich drfen diese Rubriken auch keinerlei Kaufempfehlungen oder Kaufberatung sowie vergleichende Werturteile, Empfehlungen von Hotels, Verkaufserzeugnissen usw. enthalten. Grundsatz bei allen Auskunftserteilungen muss sein, dass sowohl bei den verçffentlichten Fragen als auch Anworten der jeweilige Sachverhalt sachlich unter Vermeidung jeglicher Herabsetzung oder Empfehlung dargestellt wird. 17. Kraftfahrzeuge und Zubehçr Neue oder fortentwickelte Konstruktionen von Kraftfahrzeugen und solche Zubehçrneuheiten, die den Fortschritt der Kraftfahrzeugtechnik augenfllig gnstig beeinflussen, sind als Sonderleistungen im Sinne dieser Richtlinien zu betrachten. Ausstellungsberichte drfen nicht lediglich Standbeschreibungen darstellen, die mehr oder minder werbend wirken; sie sind vielmehr nach Sachgebieten zu gliedern, bei Kraftfahrzeugen aller Art zweckmßigerweise nach Klassen oder Marken. In anderen Berichten, so bei Sportberichterstattung, ist die Nennung von Zubehçrfirmen der Kraftfahrzeugwirtschaft unzulssig. Ausnahmen sind hier nur bei berragenden Sonderleistungen gemß diesen Richtlinien gestattet, also wenn z. B. ein beschriebenes Erzeugnis aus einem neuen Werkstoff hergestellt worden ist oder wenn es sich um besondere Spezialrennreifen handelt. Zulssig ist auch die ber Kraftfahrzeuge aller Art in der Fachpresse bliche Verçffentlichung von Prfungsbetrachtungen (Teste), aber nur unter Einhaltung ganz bestimmter Richtlinien, die zur Sicherung notwendiger Sachlichkeit festgelegt werden mssen, weil die in jeder Prfungsbetrachtung zum Ausdruck kommende fachliche Wertung auf den jeweiligen Leserkreis beeinflussend wirkt. Sogenannte Typenbeschreibungen sind nur in Verbindung mit Prfungsbetrachtungen, technischen Arbeitsanleitungen oder anderen technischen Aufklrungsartikeln unter Beachtung strengster Sachlichkeit zugelassen. Dagegen fallen reine Typentafeln oder Typentabellen von Kraftfahrzeugen aller Art mit Preisangaben der Erzeugnisse und Nennung der Herstellerfirma (die solche Tafeln vielfach fr die Kundengewinnung verwenden) in das Gebiet der Werbung und drfen deshalb nur gegen Bezahlung im Werbeteil verçffentlicht werden. 18. Jubilen, Geburtstage usw. Redaktionelle Notizen ber Jubilen von Unternehmungen, Persçnlichkeiten der Wirtschaft, verdienter Belegschaftsmitglieder drfen nicht zu irgendwie gearteter Wirtschaftswerbung gebraucht werden. Anlass zu solchen Notizen kann nur die 25., 50., 75. oder 100. Wiederkehr eines wichtigen Tages bieten.

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Rath-Glawatz 225

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Redaktionelle Hinweise – Richtlinien

Sinngemß gilt das Gleiche fr Mitteilungen ber Geburtstage usw. Es darf also nicht jeder beliebige Lebensabschnitt zum Anlass einer redaktionellen Verçffentlichung werden. Handelsnachrichten von Firmen, Neueintragungen im Handelsregister, Erteilung von Prokura, Vergleiche, Patentanmeldungen und Patenterteilungen, Auszeichnungen bei Ausstellungen usw. drfen nur mit wenigen Zeilen gebracht werden, die sich auf das rein Sachliche und Tatschliche zu beschrnken haben. Darstellungen des Lebens verdienter Persçnlichkeiten und Entwicklungsgeschichten von Firmen mit allgemein wirtschaftsgeschichtlicher Bedeutung kçnnen unter selbstverstndlicher Vermeidung jeglicher Wirtschaftswerbung verçffentlicht werden, wenn ein çffentlicher Anlass dies ausreichend rechtfertigt. 19. Mitarbeit von Fachleuten der Wirtschaft Bei Aufstzen, die Fachleute der Wirtschaft geschrieben haben, darf der Firmenname dem Verfassernamen nur dann beigefgt werden, wenn sich der Inhalt des Artikels mit allgemeinen Wirtschaftsfragen befasst, nicht dagegen bei Behandlung von Fachfragen, die in ein Produktions- oder Arbeitsgebiet fallen, auf dem noch weitere Firmen im Wettbewerb stehen. Jede Werbung durch Namensnennung der Hausfirma oder durch unmittelbare Hervorhebung der Hauserzeugnisse muss unterbleiben. 20. Firmenveranstaltungen, Vortrge, Besichtigungen usw. Wenn Firmen ber ihre Werke oder Erzeugnisse in Veranstaltungen aller Art, z. B. auch bei Wandervorfhrungen, sowie vor Verbnden, Innungen usw. Vortrge halten lassen, drfen Firmen- oder Markennamen bei der Berichterstattung nicht angegeben werden. Vor- und Nachberichte mit der Nennung von bestimmten Verbrauchserzeugnissen kçnnen nur gegen Bezahlung im Werbeteil verçffentlicht werden. Einladungen zu Besichtigungen von Betrieben sind dann grundstzlich abzulehnen, wenn die Absicht erkennbar ist, dass mit der Verçffentlichung eines Berichtes ber die Besichtigung eine kostenlose Werbung erreicht werden soll. 21. Fachliche Fotoerluterungen Bei Abbildungen drfen in den Bildunterschriften Objektive, Aufnahmeapparat und das verwendete Platten- oder Filmmaterial sowie deren Herstellerfirmen und -marken nur in Fotofachzeitschriften, die zur ausschließlichen Belehrung dienen, genannt werden. 22. Mitteilungen ber Wirtschaftswerbung Zur Belehrung, Aufklrung und Schulung ber vorbildlich durchgefhrte Wirtschaftswerbung darf textlich und bildlich berichtet werden, sofern die verçffentlichten Beispiele nicht offene oder versteckte Verkaufswerbung fr Firmen darstellen. 23. Neubauten Bei Wrdigung neuer Bauten sowie bemerkenswerter Umbauten, die ein allgemein-çffentliches Interesse rechtfertigen, darf der Name des Architekten genannt werden. Dagegen ist die Aufzhlung der am Bau beteiligten Lieferantenfirmen im Textteil unstatthaft; solche Werbung gehçrt in den Werbeteil. 24. Beilagenhinweise Beilagenhinweise sollen nicht so aufgemacht werden, dass sie als ußerung der Redaktion betrachtet werden kçnnen.“

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226 Rath-Glawatz

Redaktionell gestaltete Anzeigen

Rz. 351 P

Redaktionell gestaltete Anzeigen Im Regelfall sind Inserate aufgrund ihrer Anordnung, Gestaltung und/ oder Formulierung als entgeltliche Verçffentlichungen erkennbar. Sie brauchen nicht zustzlich mit dem Begriff „Anzeige“ gekennzeichnet zu werden. Selbst der flchtige Leser vermag redaktionellen Text und Anzeigenteil auseinanderzuhalten.

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Schwierigkeiten ergeben sich dann, wenn der Inserent, was nicht verboten ist,1 seine Anzeige wie einen redaktionellen Beitrag formuliert und/ oder gestaltet.2 Um die Verbreitung kaschierter Werbung (R Rz. P 369 ff.) zu verhindern, ist das redaktionell gestaltete Inserat grundstzlich als „Anzeige“ zu kennzeichnen (R Rz. P 265 ff.).3 Eine Ausnahme ist nur dann zulssig, wenn trotz der redaktionellen Gestaltung der Charakter als entgeltliche Verçffentlichung nicht zweifelhaft ist.4 Whrend bei den redaktionellen Hinweisen, der Schleichwerbung im redaktionellen Gewand (R Rz. P 369 ff.) als kostenfreie Verçffentlichung das Hauptproblem darin besteht zu ermitteln, ob es sich um Werbung oder um redaktionellen Text handelt,5 liegt bei den redaktionell gestalteten Anzeigen, die stets (bezahlte) Werbung enthalten, die Schwierigkeit darin, verlssliche Abgrenzungskriterien zu finden, wann deren Anzeigencharakter noch deutlich genug erkennbar ist bzw. wann eine ausdrckliche Kennzeichnung als „Anzeige“ erfolgen muss.6 Dabei ist jeweils nach Inhalt, Anordnung und Gestaltung zu ermitteln, ob sich die redaktionell gestaltete Anzeige deutlich genug vom redaktionellen Teil des Druckobjekts abhebt.7 Die Frage, wann die Grenze zur Schleichwerbung berschritten ist, lsst sich jedoch wegen der Unterschiedlichkeit in der redaktionellen Gestal-

1 So schreibt Sedelmeier (in: Lçffler, § 10 LPG Rz. 51) zu Recht: „Redaktionelle Werbung ist nicht an sich wettbewerbswidrig“. 2 OLG Mnchen, AfP 1992, S. 367, 368. 3 Generell zur dieser Problematik: Wenzel, § 5 Rz. 356 ff.; Lçffler/Ricker, S. 109 Rz. 4; Ahrens, § 74 Rz. 41 ff.; Ahrens, GRUR 1995, S. 308, 309; Nordemann, Gewerblicher Rechtsschutz, § 17 Rz. 5. 4 Dazu insgesamt: Wollemann, WRP 1979, S. 679 ff.; Rodekamp, GRUR 1978, S. 681 ff.; Ochs, Rz. 15 ff. 5 Ist der redaktionell gestaltete Beitrag unentgeltlich erschienen, darf er selbstverstndlich nicht als „Anzeige“ gekennzeichnet werden – KG, AfP 1995, S. 656. 6 Zur Abgrenzung von redaktionell gestalteten Anzeigen und redaktionellen Hinweisen: OLG Frankfurt, AfP 1988, S. 60; Wollemann, WRP 1979, S. 681; Fuchs, GRUR 1988, S. 736. 7 Zur Frage der Auslegung von Unterlassungserklrungen, die die Kennzeichnung redaktionell gestalteter Anzeigen zum Inhalt haben: OLG Hamburg, AfP 2003, S. 56.

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Redaktionell gestaltete Anzeigen

tung des jeweiligen Textteils nicht abstrakt/generell beantworten. Erst der unmittelbare Vergleich der redaktionell gestalteten Anzeige mit den Gestaltungsprinzipien des redaktionellen Teils des Druckobjekts gibt im Einzelfall die Antwort darauf, ob das Inserat kennzeichnungspflichtig ist oder nicht. Dazu bieten sich folgende Indizien an: – Inhalt/Formulierung: Lsst die reklamehafte Sprache der redaktionell gestalteten Anzeige bereits „auf den ersten Blick“, etwa in der berschrift, in Unterzeilen bzw. in dem beginnenden Text, erkennen, dass ein Produkt/eine Dienstleistung kritiklos – gleichsam anzeigenersetzend – angepriesen wird, so kann dies eine Kennzeichnung als Anzeige entbehrlich machen. Wrde man bei einem (unentgeltlichen) redaktionellen Hinweis aufgrund seiner Formulierung zum Ergebnis gelangen, damit werde in Wahrheit Wirtschaftswerbung betrieben, so spricht dies bei einer entgeltlichen redaktionell gestalteten Verçffentlichung dafr, dass ihr Anzeigencharakter – u. U. im Zusammenwirken mit anderen Indizien – deutlich genug zutage tritt.1 – Anordnung: Die Anordnung der redaktionell gestalteten Verçffentlichung innerhalb des Druckobjekts ist als deutliches Indiz fr die Zuordnung zum Text- oder Anzeigenteil zu werten. Wird die redaktionell gestaltete Anzeige, was ebenso zulssig ist wie ihre redaktionelle Gestaltung selbst, mitten im Textteil oder im unmittelbaren Anschluss daran (als sog. Textteilanzeige) platziert, so fordert dies eine deutliche Kennzeichnung geradezu heraus.2 Dies gilt jedoch dann nicht, wenn die Elemente, die in Richtung redaktioneller Gestaltung des Inserats zielen, so unbedeutend sind, dass sie vernachlssigt werden kçnnen. Ganz anders ist die Situation zu beurteilen, wenn das redaktionell gestaltete Inserat dort zu finden ist, wo der Leser gewçhnlich ausschließlich Anzeigenverçffentlichungen erwartet. So haben beispielsweise fast alle Tageszeitungen in ihren Wochenendausgaben eine Reihe von in sich geschlossenen „Seitenblocks“, in denen nur Anzeigen abgedruckt sind (beispielsweise die Seitenblocks mit den Stellenanzeigen in der Samstags-/Sonntagsausgabe der Tageszeitungen). Befindet sich innerhalb dieser von dem redaktionellen Teil vçllig getrennten Zeitungsseiten eine redaktionell gestaltete Anzeige, so reicht bereits deren Anordnung zur Kennzeichnung aus.3 Sind dagegen Anzeigen und Textseiten innerhalb eines Zeitungsblocks vermischt, so entfllt die Kennzeichnungspflicht nicht allein deshalb, weil auf einer (Anzeigen-)Seite neben einer redaktionell gestalteten Anzeige ausschließlich Inserate

1 Dazu: LG Hannover, ArchPR 1974, S. 145; OLG Dsseldorf, ArchPR 1977, S. 84; OLG Kçln, ArchPR 1970, S. 119; ZAW-edition Schleichwerbung, S. W.; Grçning, WRP 1993, S. 685, 687. 2 Dazu: LG Oldenburg, ArchPR 1973, S. 135. 3 OLG Kçln, AfP 1982, S. 236; s. a. LG Kçln, ArchPR 1967, S. 84.

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228 Rath-Glawatz

Redaktionell gestaltete Anzeigen

Rz. 351 P

verçffentlicht sind, die aufgrund ihrer Gestaltung ohne weiteres als Annoncen erkennbar sind.1 Denn insoweit wird es fr den Leser nicht zweifelsfrei deutlich, ob es sich bei der redaktionell gestalteten Anzeige noch um redaktionellen Text oder schon um eines der anschließend abgedruckten Inserate handelt. Dies gilt selbst dann, wenn auf der fraglichen Seite des Printobjekts in der Kopfleiste das Wort „Anzeige“ deutlich abgedruckt ist, die redaktionell gestaltete Anzeige sich jedoch am Fuß der Seite befindet und die Zeitungsseite zudem noch durch eine durchgehende Linie getrennt ist.2 – Gestaltung: Je deutlicher sich die Anzeige in ihren gestalterischen Elementen denen des Textteils angleicht, insbes. in Schriftart/Schriftgrçße (Typographie), Spaltenaufteilung/Layout (Druckanordnung) bzw. Bildabdruck, umso nachhaltiger ergibt sich die Notwendigkeit der Kennzeichnung. Beginnt die Anzeigenverçffentlichung mit einer redaktionell aufbereiteten berschrift (und ggf. entsprechenden Untertiteln) und findet sich dann vergleichbar einem redaktionellen Bericht vor dem eigentlichen Text eine Ortsangabe und ein Autorenkrzel (oder der Zusatz „Eigenbericht“), so ist der Leser bereits getuscht.3 Dies gilt selbst dann, wenn im Verlauf des Textes gestalterische Abweichungen gegenber redaktionellen Verçffentlichungen deutlich werden.4 Ist die Anzeige in sich wie ein redaktioneller Text aufgemacht, so vermag auch die mçglicherweise fr den redaktionellen Teil untypische Einrahmung (z. B. Zwischenbalken, Umrandungen usw.) den tuschenden Eindruck nicht zu verwischen.5 Erkennt der flchtige Leser schon „auf Grund der Gestaltung, Anordnung oder hnlicher Umstnde den werbenden Charakter“ (beispielsweise von Firmenportrts), so ist eine Kennzeichnung nicht erforderlich; dies soll vor allem mit Blick auf Anzeigenbltter gelten, in denen der Leser nicht „denselben Umfang an sachlicher Information, Berichterstattung und Ausgewogenheit erwartet wie bei entgeltlichen Tages- oder Wochenzeitungen“.6

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OLG Hamm, WRP 1985, S. 656. OLG Hamm, AfP 1992, S. 274–275. OLG Hamburg, AfP 2003, S. 56, 57. OLG Dsseldorf, ArchPR 1977, S. 84; OLG Hamburg, AfP 1988, S. 246; LG Hannover, ArchPR 1974, S. 145; LG Hamburg, ArchPR 1970, S. 119; LG Essen, ArchPR 1969, S. 107; LG Hamburg, ArchPR 1969, S. 106; LG Hamburg, ArchPR 1971, S. 129; ZAW-edition Schleichwerbung, S. 17/18; Rodekamp, GRUR 1978, S. 684; Wollemann, WRP 1979, S. 685. 5 OLG Hamm, WRP 1991, S. 813, 814; OLG Hamm, WRP 1985, S. 656; LG Hamburg, ArchPR 1970, S. 119; LG Essen ArchPR 1969, S. 107; LG Hamburg, ArchPR 1971, S. 129; Wollemann, WRP 1979, S. 684/685. 6 OLG Rostock, OLGR 1999, S. 423.

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Rath-Glawatz 229

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Redaktionell gestaltete Anzeigen

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Die Beantwortung der Frage, ob das jeweilige Inserat infolge seines Inhalts und/oder seiner Anordnung bzw. seiner Gestaltung mit dem redaktionellen Teil des betreffenden Druckwerks verwechslungsfhig ist, wurde frher danach entschieden, welchen Eindruck der Leser, der mit Druckobjekten dieser Art vertraut ist, beim flchtigen Durchblttern und „Anlesen“ gewinnt.1 Es wre insoweit verfehlt, auf den Leser abzustellen, der Druckschriften der jeweils in Frage stehenden Kategorie noch nie in der Hand hatte. Wollte man auch in diesem Fall eine Tuschung ausschließen, so mssten alle Inserate, in denen mit redaktionellen Gestaltungselementen gearbeitet wird, mit dem Begriff „Anzeige“ gekennzeichnet werden. Heute ist infolge des vernderten Verbraucherleitbildes auf den mit der speziellen Materie nicht vertrauten unbefangenen Durchschnittsleser im Rahmen einer situativen Betrachtung abzustellen.2 Unerheblich ist es insoweit, ob der Leser tatschlich getuscht wurde oder nicht. Denn bereits dann, wenn bei kaschierter Werbung der Leser durch die redaktionelle Gestaltung angelockt wird, ist der Wettbewerbsverstoß begrndet.3

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Besteht danach die Gefahr, dass ein redaktionell gestaltetes Inserat nicht als entgeltliche Verçffentlichung erkennbar ist, so muss die ausdrckliche Kennzeichnung als „Anzeige“ erfolgen: – Formulierung des Hinweises: Die Landespressegesetze verlangen einheitlich die Kennzeichnung mit dem Wort „Anzeige“. Als ausreichend wird man es noch ansehen kçnnen, wenn der Begriff „Anzeige“ auch in einer zusammengesetzten Form wie z. B. „Wirtschaftsanzeige“ Anwendung findet. Ist die Verwendung des Begriffs „Anzeige“ schon presserechtlich zwingend, so besteht keinerlei Veranlassung, wettbewerbsrechtlich davon abzuweichen. Eine Ausnahme ist lediglich dann zu machen, wenn in Tageszeitungen und/oder Anzeigenblttern statt des Begriffes „Anzeige“ der dort seit Jahrzehnten gebruchliche Begriff „Verlagssonderverçffentlichung“ verwendet wird. Dieser Begriff hat sich beim Leser als Kennzeichnung fr eine bezahlte Insertion ebenso eingebrgert wie der Begriff „Anzeige“, so dass eine Irrefhrung ausgeschlossen ist.4

1 OLG Hamm, AfP 1992, S. 275. 2 Wenzel, § 5 Rz. 356; zur Vernderung des Verbraucherleitbildes: Baumbach/Hefermehl, § 1 Rz. 19 ff., 24 ff.; anders noch: Petersen, Medienrecht, Rz. 212. 3 OLG Hamburg, AfP 1988, S. 246; OLG Kçln, AfP 1982, S. 236; OLG Kçln, ArchPR 1970, S. 119; OLG Hamm, WRP 1985, S. 656; LG Hamburg, ArchPR 1970, S. 119; ZAW-edition Schleichwerbung, S. 18, 21, 22; Rodekamp, GRUR 1978, S. 682; Wollemann, WRP 1979, S. 687. 4 Bezogen auf eine Apothekenkundenzeitschrift hat es der BGH ausreichen lassen, wenn ein redaktionell gestaltetes Inserat entweder als „Anzeige“ oder als „Werbeinformation aus Ihrer Apotheke“ gekennzeichnet wurde – WRP 1996, S. 892.

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Redaktionell gestaltete Anzeigen

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Abgesehen von diesen wenigen Ausnahmen scheiden Bezeichnungen wie „PR-Anzeige“, „PR-Mitteilung“, „Public Relations“, „Public Relations-Reportage“, „Werbereportage“, „Verbraucherinformation“ usw. aus.1 Ist eine redaktionell gestaltete Anzeige kennzeichnungspflichtig, um Schleichwerbung zu verhindern, so darf der klarstellende Hinweis nicht wiederum die Gefahr der Irrefhrung in sich bergen. Allein der Begriff „Anzeige“ ist unmissverstndlich – zusammengesetzte „Anzeigen“-Begriffe sind schon ausdeutbar.2 – Grçße/Platzierung des Hinweises: Der Abdruck des Begriffs „Anzeige“ muss so deutlich sein, dass der damit verbundene Zweck, die Kennzeichnung als entgeltliche Verçffentlichung, auch tatschlich erreicht wird. Dabei lassen sich jedoch keine allgemein gltigen Aussagen machen. Insoweit erscheint es jedenfalls nicht zwingend, dass der Hinweis „Anzeige“ auf jeden Fall am „Kopf“ des redaktionell gestalteten Inserats platziert wird. Ebensowenig kann es generell untersagt werden, diesen Hinweis senkrecht statt waagerecht abzudrucken.3 Schließlich ist es nicht mçglich, fr jeden Einzelfall vorab festzulegen, in welcher Schriftgrçße/Schriftstrke der Anzeigenhinweis gehalten sein muss. Insgesamt gilt auch insoweit, dass sich der Begriff „Anzeige“ von den redaktionellen Gestaltungselementen abheben muss, um seine „Hinweis“-Funktion zu erfllen.4 Diesem Gedanken widerspricht es, den Begriff „Anzeige“ ber „Bruch“ zu platzieren, so dass dann bei gefalteter Druckseite die redaktionell gestaltete Anzeige isoliert zu sehen ist. Es fehlt insoweit an dem erforderlichen „engen“ rumlichen Zusammenhang zwischen dem Hinweis und der Anzeige.5 Wird in einer Tageszeitung im Anschluss an den redaktionellen Teil ganzseitig ein Einkaufsbericht („Einkaufen mit Petra“) abgedruckt, in dem eine mit Foto abgebildete (angebliche) Redakteurin Einkaufserlebnisse schildert, wobei die einzelnen redaktionellen Berichte bezahlte Inserate des jeweils „besuchten“ Geschfts darstellen, so werden an die Kenn-

1 Dazu auch: OLG Hamburg, AfP 2003, S. 56, 57; OLG Mnchen, AfP 1997, S. 801; Petersen, Medienrecht, Rz. 212; Soehring, S. 504 Rz. 24.7; Prinz/Peters, 8. Kap. Rz. 232; Ahrens, § 74 Rz. 42; Nordemann, Gewerblicher Rechtsschutz, § 17 Rz. 7. 2 BGH, ArchPR 1974, S. 143; s. a. LG Hamburg, ArchPR 1969, S. 106; Rodekamp, GRUR 1978, S. 684; Wollemann, WRP 1979, S. 685; ZAW-edition Schleichwerbung, S. 23. 3 Dazu: Rodekamp, GRUR 1978, S. 684; Wollemann, WRP 1979, S. 686; ZAW-edition Schleichwerbung, S. 20; Fuchs, GRUR 1988, S. 739. 4 Rodekamp, GRUR 1978, S. 684; Wollemann, WRP 1979, S. 686; ZAW-edition Schleichwerbung, S. 20/21; s. a. OLG Hamburg, ArchPR 1972, S. 136; Fuchs, GRUR 1988, S. 739. 5 OLG Hamm, WRP 1985, S. 656; s. a. OLG Kçln, ArchPR 1970, S. 119; Rodekamp, GRUR 1978, S. 684; Fuchs, GRUR 1988, S. 739.

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Redaktionell gestaltete Anzeigen

zeichnung dieser Einzelberichte besonders hohe Anforderungen gestellt: danach soll es nicht ausreichen, wenn unter dem Foto der Redakteurin das Wort „Anzeige“ abgedruckt ist und/oder nur unter dem einleitenden „Vorspann“ zu den Einzelberichten bzw. am Ende der Seite. Ob tatschlich jeder einzelne auf der Seite abgedruckte Besuchsbericht gesondert mit dem Begriff „Anzeige“ gekennzeichnet werden muss, hngt i. W. von der drucktechnischen Gestaltung der Seite und der Platzierung und Grçße des Hinweises bzw. der Hinweise „Anzeige“ ab.1 355

Wird demnach der entgeltliche Charakter der Verçffentlichung bei der redaktionell gestalteten Anzeige nicht durch Inhalt, und/oder Anordnung bzw. Gestaltung hinreichend deutlich, so liegt ein Verstoß gegen § 4 Nr. 3 UWG vor, wenn das Inserat nicht oder nur unzureichend als „Anzeige“ gekennzeichnet ist. Denn dann handelt es sich um einen Fall von getarnter Werbung (Schleichwerbung), die wettbewerbsrechtlich grundstzlich unzulssig ist.2

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Gleiches gilt auch fr die „umgekehrte“ Fallgestaltung: obwohl kein Anzeigenauftrag vorliegt, verçffentlicht ein Verlag einen redaktionellen Text, in dem ein Produkt/eine Dienstleistung besonders lobend erwhnt wird, und kennzeichnet ihn wahrheitswidrig als „Anzeige“.3 Auch in diesem Fall wird der Leser, aber auch der Werbetreibende getuscht, da der Eindruck erweckt wird, es sei eine redaktionell gestaltete Anzeige in Auftrag gegeben worden. Dieses Verhalten ist auch unter dem Stichwort „Fllanzeige“ (R Rz. P 209) wettbewerbsrechtlich zu beanstanden.4

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Zugleich ist eine Zuwiderhandlung gegen die entsprechenden Bestimmungen in den Landespressegesetzen gegeben. Schließlich wird auch gegen Standesrecht, niedergelegt in den „ZAW-Richtlinien fr redaktionell gestaltete Anzeigen“ (R Rz. P 362 ff.), und Beschlsse des Deutschen Presserats (R Rz. P 362) verstoßen.

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Da der Verlag bzw. der „Verantwortliche fr den Anzeigenteil“ fr die Platzierung der redaktionell gestalteten Anzeige verantwortlich sind, gehçrt es zu ihren Aufgaben zu prfen, ob eine Kennzeichnung notwendig

1 OLG Karlsruhe, AfP 1989, S. 462 ff.; s. a. OLG Mnchen, AfP 1991, S. 628–629; kritisch werden diese Einkaufstipps, wenn die in der redaktionellen Berichterstattung erwhnten besonders preiswerten Angebote nur derjenige erhlt, der beim Kauf die Zeitung mitbringt, in der der fragliche Artikel enthalten ist. Ob man darin tatschlich eine zulssige Eigenwerbung des jeweiligen Verlages erkennen kann, erscheint zumindest zweifelhaft. 2 Neben den bereits zitierten Urteilen: Wollemann, WRP 1979, S. 682–683; Rodekamp, GRUR 1978, S. 693; ZAW-edition Schleichwerbung, S. 13–14, 17. 3 KG Berlin, AfP 1995, S. 656. 4 OLG Mnchen, AfP 1992, S. 286–287.

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232 Rath-Glawatz

Redaktionell gestaltete Anzeigen

Rz. 360 P

ist oder nicht.1 Zugleich obliegt es aber auch dem Inserenten, bei Abschluss des Anzeigenauftrages, der auf die Verçffentlichung eines redaktionell gestalteten Inserats gerichtet ist, entweder die Anzeige selbst deutlich genug zu kennzeichnen oder aber auf die Kennzeichnungspflicht hinzuweisen. Unterlsst er dies, so kann daraus angesichts der Anzeigenabwicklung als Massengeschft eine berwiegende eigene Haftung des Inserenten erwachsen.2 Ist eine Kennzeichnung erforderlich, so darf der Inserent darauf vertrauen, dass der Verlag die Kennzeichnung richtig, d. h. mit dem Wort „Anzeige“, und nicht etwa als „PR-Mitteilung“ vornimmt.3 Hat der Inserent ein Anzeigenmanuskript vorgelegt, das keine redaktionellen Gestaltungselemente enthlt, und macht der Zeitungsverlag daraus eigenmchtig eine redaktionell gestaltete Anzeige, so haftet der Inserent nicht.4 Ist der Hinweis nicht in der erforderlichen Grçße abgedruckt, so kann der Inserent sich jedenfalls nicht darauf berufen, der Verlag habe sich geweigert, eine grçßere Schrifttype zu verwenden.5

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Hat der Verlag eine Erklrung abgegeben, nach der er es unterlsst, redaktionell gestaltete Anzeigen, die nicht als solche zu erkennen sind, ohne die Kennzeichnung mit dem Begriff „Anzeige“ zu verçffentlichen, so liegt zwar auch ein wettbewerbswidriges Handeln vor, wenn der Verlag danach Schleichwerbung im redaktionellen Gewand abdruckt. Darin liegt jedoch kein Verstoß gegen die Unterlassungserklrung. Denn diese bezieht sich auf den Abdruck entgeltlicher Verçffentlichungen (und deren ordnungsgemße Kennzeichnung), whrend die Verçffentlichung von Schleichwerbung im redaktionellen Gewand den Abdruck unentgeltlicher Texte zum Inhalt hat.6

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1 Hat ein Verlag redaktionell gestaltete Anzeigen ohne hinreichende Kennzeichnung abgedruckt und ist deshalb gegen ihn eine Einstweilige Verfgung mit Ordnungsmittelandrohung ergangen, so wird dieses Ordnungsmittel nicht fllig, wenn der Verlag spter in unzulssiger Weise redaktionelle Hinweise verçffentlicht (KG Berlin, AfP 1989, S. 543, 544). Kern der vorausgehenden Unterlassungsverfgung war die unzureichende Kennzeichnung bezahlter Anzeigenverçffentlichungen, im zweiten Fall wurde wettbewerbsrechtlich unzulssig unentgeltlich Werbung abgedruckt. Zum Umfang von Unterlassungsverpflichtungserklrungen bzgl. redaktionell gestalteter Anzeigen: OLG Hamm, WRP 1989, S. 260 ff. 2 Wollemann, WRP 1979, 688–689; ZAW-edition Schleichwerbung S. 24; OLG Dsseldorf, ArchPR 1974, S. 144–145; OLG Dsseldorf, ArchPR 1974, S. 144; Lçffler, 3. Aufl. Bd. 1 S. 503 Rz. 85. 3 OLG Hamburg, ArchPR 1971, S. 130; OLG Hamburg, ArchPR 1972, S. 133–134. 4 OLG Dsseldorf, ArchPR 1971, S. 129–130; Lçffler, 3. Aufl. Bd. 1, S. 503 Rz. 85. 5 LG Hamburg, ArchPR 1970, S. 120. 6 OLG Hamburg, K&R 1999, S. 328.

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Rath-Glawatz 233

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Redaktionell gestaltete Anzeigen Richtlinien redaktionell gestaltete Anzeigen – ZAW-Richtlinien – Presserat

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Der ZAW hat „Richtlinien fr redaktionell gestaltete Anzeigen“ verçffentlicht, die 2003 aktualisiert wurden. Vom Deutschen Presserat liegen ebenfalls Richtlinen vor, die sich mit dem Thema Trennung von Text- und Anzeigenteil bzw. der redaktionellen Gestaltung von Anzeigen befassen. Diese Richtlinien, die als Standesgrundstze keine unmittelbare Rechtsqualitt besitzen, werden von den Gerichten vielfach zitiert. Ein Rckgriff auf diese Richtlinien ist zwar nicht unbedingt notwendig, denn dann, wenn die redaktionell gestaltete Anzeige wegen fehlender bzw. nicht ausreichender Kennzeichnung als kaschierte Werbung einzustufen ist, ergibt sich der Wettbewerbsverstoß unmittelbar aus § 4 Nr. 3 UWG. Indem die Gerichte die „Richtlinien“ jedoch heranziehen, sttzen sie ihre Urteilsbegrndung zustzlich ab: der Inserent und/oder Verlag, der sich ber die „Richtlinien“ hinwegsetzt, verschafft sich so einen wettbewerbsrechtlich unzulssigen Vorsprung vor der die Standesregeln achtenden Konkurrenz. Geht man von dem Grundsatz aus, dass kaschierte Werbung per se wettbewerbswidrig ist, kann es dahingestellt bleiben, ob in einzelnen Printmedienbereichen die „Richtlinien“ nicht (mehr) so beachtet werden, wie sich ihre Schçpfer dies erhofft haben.1 Denn gleichgltig, ob das Inserat in einer Zeitung/Zeitschrift, einem Anzeigenblatt oder einem anderen Druckobjekt erscheint, ist es grundstzlich unzulssig, Text- und Anzeigenteil so zu vermischen, dass der Leser nicht mehr weiß, welchen Teil er vor sich hat.2

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Die „ZAW-Richtlinien“3 haben folgenden Wortlaut: „ZAW-Richtlinien fr redaktionell gestaltete Anzeigen Anzeigen in Druckschriften (z. B. Zeitungen und Zeitschriften), die wie redaktionelle Mitteilungen gestaltet sind und nicht erkennen lassen, dass sie gegen Entgelt abgedruckt sind, erwecken beim unvoreingenommenen Leser den Eindruck unabhngiger redaktioneller Berichterstattung, whrend sie in Wirklichkeit Anzeigen darstellen. Wegen ihres irrefhrenden Charakters verstoßen sie gegen die Grund-

1 Das OLG Hamburg (AfP 1988, S. 246) lsst die Frage, ob die Richtlinien noch geltendes Standesrecht sind, offen und beruft sich direkt auf die §§ 1 und 3 UWG; in einer anderen Entscheidung aus 1999 werden diese Richtlinien jedoch wieder als geltendes Standesrecht angesehen – K&R 1999, S. 328, 329; s. a. Mann, Anwaltshandbuch, S. 10.18 Rz. 3; Wenzel, § 5 Rz. 356; Prinz/Peters, 8. Kap. Rz. 232; Ahrens, § 74 Rz. 44; Nordemann, Gewerblicher Rechtsschutz § 17 Rz. 8. 2 Dazu insgesamt: LG Kçln, ArchPR 1967, S. 83; s. a. OLG Celle, ArchPR 1957, S. 32; Schneider, AfP 1964, S. 445 ff.; Lutz, AfP 1969, S. 832 ff.; Wollemann, WRP 1979, S. 679/680, 683/684; Rodekamp, GRUR 1978, S. 683/684; Fuchs, GRUR 1988, S. 738. 3 Abgedruckt in: Baumbach/Hefermehl, 23. Aufl. S. 1500.

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234 Rath-Glawatz

Redaktionell gestaltete Anzeigen

Rz. 362 P

stze lauterer Werbung und gefhrden das Ansehen und die Unabhngigkeit der redaktionellen Arbeit; sie sind daher auch presserechtlich untersagt. Wahrheit und Klarheit der Werbung fordern die klare Unterscheidbarkeit von redaktionellem Text und Werbung. Der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft stellt daher fest: Ziffer 1: Nicht erkennbarer Anzeigencharakter Eine Anzeige in einem Druckwerk, die durch ihre Anordnung, Gestaltung oder Formulierung wie ein Beitrag des redaktionellen Teils erscheint, ohne den Anzeigencharakter, d. h. den Charakter einer entgeltlichen Verçffentlichung, fr den flchtigen Durchschnittsleser erkennen zu lassen, ist irrefhrend gegenber Lesern und unlauter gegenber Mitbewerbern. Ziffer 2: Kenntlichmachen einer Anzeige durch Gestaltung und Anordnung Der Charakter als Anzeige kann durch eine vom redaktionellen Teil deutlich abweichende Gestaltung – Bild, Grafik, Schriftart und -grade, Layout und hnliche Merkmale – und durch die Anordnung des Beitrages im Gesamtbild oder Gesamtzusammenhang einer Druckseite kenntlich gemacht werden. Ziffer 3: Kennzeichnungspflicht als Anzeige bei Verwechslungsgefahr Hat der Verleger eines Druckwerks oder der fr den Anzeigenteil Verantwortliche fr eine Verçffentlichung ein Entgelt erhalten, gefordert oder sich versprechen lassen und reichen die in Ziffer 2 genannten Elemente nicht aus, den Anzeigencharakter der Verçffentlichung fr den flchtigen Durchschnittsleser erkennbar werden zu lassen, ist diese Verçffentlichung deutlich mit dem Wort ‚Anzeige‘ zu kennzeichnen. Ziffer 4: Beurteilung der Gestaltung, Anordnung und Text einer Anzeige durch den flchtigen Durchschnittsleser Die Frage, wann Anordnung, Gestaltung und Text einer Anzeige die Pflicht zu ihrer zustzlichen Kennzeichnung begrndet, beurteilt sich nach den Umstnden des Einzelfalls. Maßgebend ist hierbei der Eindruck, den ein nicht vçllig unbeachtlicher Teil der Leser, an die sich die Druckschrift richtet, bei ungezwungener Auffassung gewinnt. Ferner ist die Verwechslungsfhigkeit vom Standpunkt eines flchtigen Lesers aus zu beurteilen. An die Aufmerksamkeit des Lesers, seine Erfahrung und Sachkunde ist ein Durchschnittsmaßstab anzulegen. Insgesamt ist daher der Gesamteindruck entscheidend, den die Anzeige bei ungezwungener Gesamtwrdigung durch den flchtigen Durchschnittsleser macht. Dabei sind die Einzelelemente der Gestaltung, der Anordnung und des Textes der Anzeige zu bercksichtigen. Ziffer 5: Beurteilung des Hinweises ‚Anzeige‘ durch den flchtigen Durchschnittsleser Eine deutliche Kennzeichnung liegt dann vor, wenn der Hinweis ‚Anzeige‘ – gemessen an dem Gesamt-Erscheinungsbild der Anzeige – durch Platzierung, Schriftart, -grad und -strke den Durchschnittsleser bereits bei flchtiger Betrachtung auf den Anzeigencharakter der Verçffentlichung aufmerksam macht. Ob im Einzelfall eine redaktionell gestaltete Anzeige, die nach den vorgenannten Grundstzen der Kennzeichnungspflicht unterliegt, in ausreichender Weise durch die Hinzufgung des Wortes ‚Anzeige‘ bezeichnet ist, beurteilt sich nach der ungezwungenen Gesamtwrdigung eines flchtigen Durchschnittslesers.

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Rath-Glawatz 235

P Rz. 362

Redaktionell gestaltete Anzeigen

Ziffer 6: Hinweis an anderer Stelle nicht ausreichend Ein Hinweis lediglich im Impressum oder an anderer Stelle gengt nicht zur Kennzeichnung des Werbecharakters einer Anzeige. Gengend ist stets nur die unmittelbare Kennzeichnung. Ziffer 7: Firmenbezeichnung nicht ausreichend Die namentliche Nennung des werbenden Unternehmers, seiner Erzeugnisse oder Leistungen im redaktionell gestalteten werbenden Text gengt fr sich allein nicht zur Kennzeichnung des Werbecharakters. Ziffer 8: Verbot anderer Begriffe als ‚Anzeige‘ Die Worte ‚PR-Anzeige‘, ‚PR-Mitteilung‘, ‚Public Relations‘, ‚Public Relations-Reportage‘, ‚Werbereportage‘, ‚Verbraucherinformation‘ und hnliche Ausdrcke gengen nicht zur Kennzeichnung des Werbecharakters, wenn nicht die Entgeltlichkeit der Verçffentlichung bereits aus anderen Merkmalen hervorgeht. Ziffer 9: Verbot von redaktionellen Zugaben Redaktionelle Beitrge in Bild und Text außerhalb des Anzeigenteils einer Druckschrift, die a) als zustzliche Gegenleistung des Verlegers im Zusammenhang mit der Erteilung eines Anzeigenauftrages angeboten, gefordert oder verçffentlicht werden, b) dabei in Form gnstiger Beurteilung oder mit dem Anschein der Objektivitt den Anzeigenauftraggeber, seine Erzeugnisse, Leistungen oder Veranstaltungen erwhnen und c) hierdurch dem Erwerbstreben dienen, ohne diese Absicht erkennen zu lassen, sind unlauter. Diese Kopplungsangebote sind daher verboten.“ Mit Blick auf den Deutschen Presserat sind folgende Festlegungen maßgebend: Ziffer 7 des Pressecodex: Die Verantwortung der Presse gegenber der ffentlichkeit gebietet, dass redaktionelle Verçffentlichungen nicht durch private oder geschftliche Interessen Dritter oder durch persçnliche wirtschaftliche Interessen der Journalistinnen und Journalisten beeinflusst werden. Verleger und Redakteure wehren derartige Versuche ab und achten auf eine klare Trennung zwischen redaktionellem Text und Verçffentlichungen zu werblichen Zwecken. Richtlinien zu Ziff. 7 des Pressecodex: Richtlinie 7.1 – Trennung von redaktionellem Text und Anzeigen Fr bezahlte Verçffentlichungen gelten die werberechtlichen Regelungen. Nach ihnen mssen die Verçffentlichungen so gestaltet sein, dass die Werbung fr den Leser als Werbung erkennbar ist. Richtlinie 7.2 – Schleichwerbung Redaktionelle Verçffentlichungen, die auf Unternehmen, ihre Erzeugnisse, Leistungen oder Veranstaltungen hinweisen, drfen nicht die Grenze zur Schleichwerbung berschreiten. Eine berschreitung liegt insbesondere nahe, wenn die Verçffentlichung ber ein begrndetes çffentliches Interesse oder das Informationsinteresse der Leser hinausgeht.

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236 Rath-Glawatz

Rcktritt

Rz. 364 P

Die Glaubwrdigkeit der Presse als Informationsquelle gebietet besondere Sorgfalt beim Umgang mit PR-Material sowie bei der Abfassung eigener redaktioneller Hinweise durch die Redaktionen. Dies gilt auch fr unredigierte Werbetexte, Werbefotos und Werbezeichnungen. Richtlinie 7.3 – Sonderverçffentlichungen Sonderverçffentlichungen unterliegen der gleichen redaktionellen Verantwortung wie alle redaktionellen Verçffentlichungen.

Reklamationsfrist Ziff. 10 Abs. 4 der ZAW-AGB (R Rz. P 34) bestimmt, dass „Reklamationen – außer bei nicht offensichtlichen Mngeln – innerhalb von vier Wochen nach Eingang von Rechnung und Beleg geltend gemacht werden mssen“.

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Wird demnach ein offensichtlicher Mangel (falsche Platzierung, unzutreffender Erscheinungstag, ins Auge springender Satzfehler) nicht fristgerecht gergt, so sind – vorausgesetzt, der Zweck der Anzeige wre berhaupt beeintrchtigt (Ziff. 10 Abs. 1 ZAW-AGB) – Regressansprche ausgeschlossen. Liegt ein nicht offensichtlicher Mangel vor, so gilt die Monatsfrist nicht, es bleibt mit Blick auf die Bestimmung des § 309 Nr. 8b ee BGB bei der gesetzlichen Verjhrungsfrist von drei Jahren gem. § 634a BGB (R Rz. P 324). Als versteckten Mangel wird man beispielsweise Grçßenabweichungen, die erst beim Nachmessen deutlich werden, oder sich erst im Laufe der Zeit ergebende Farbvernderungen im Druck anzusehen haben.1

Rcktritt Dem Inserenten steht, sofern nichts Abweichendes ausdrcklich vereinbart wurde, gem. § 649 Satz 1 BGB das Recht zu, den Anzeigenvertrag (R Rz. P 91 ff.) „jederzeit“ zu kndigen. Die Stornierung kann sich auf den Auftrag als Ganzes beziehen (die Anzeige soll berhaupt nicht mehr erscheinen). Daneben stellt auch die nderung des dem Verlag vorliegenden Anzeigenmanuskripts (R Rz. P 106 ff.) bzw. der vereinbarten Erschei-

1 Dazu insgesamt: Wronka, S. 102; die dort zit. Entscheidung des AG Mnchen (ArchPR 1970, S. 111) ist auf die ZAW-AGB nicht bertragbar.

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Rath-Glawatz 237

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P Rz. 365

Rcktritt

nungsweise eine Kndigung des alten Anzeigenvertrages, verbunden mit dem Angebot auf Abschluss eines neuen Vertrages dar. 365

Der Anzeigenauftrag ist i. S. d. § 649 BGB erst mit der Verbreitung des Inserats „vollendet“. In diesem Zeitpunkt ist eine Kndigung des Anzeigenvertrages (seine Aufhebung fr die Zukunft) jedoch sinnlos.1 Folglich enthalten die Preislisten der Verlage, die regelmßig mit den Allgemeinen Geschftsbedingungen verbunden sind und so Vertragsbestandteil werden, besondere Anzeigenschlusstermine (R Rz. P 88 ff.), die gleichbedeutend mit den letztmçglichen Rcktrittsterminen sind.2 Geht die Kndigungserklrung nach diesem Termin dem Verlag zu, so kommt sie zu spt.3 Der Verlag ist gehalten, den Anzeigenauftrag wie vereinbart abzuwickeln. Letztlich kann die Frage, ob und inwieweit dem Inserenten, insbesondere dem privaten Kunden, die Anzeigenschlusstermine jeweils bekannt sein mssen, offenbleiben: denn das Kndigungsrecht aus § 649 Satz 1 BGB gibt dem Inserenten die einseitige Befugnis, das Vertragsverhltnis vor seiner Beendigung zu lçsen. Folglich liegt die Beachtung der Termine, bis zu denen eine Kndigung jeweils technisch noch mçglich ist, in der alleinigen Risikosphre des Anzeigenkunden. Versumt er diesen Termin, so ist eine Kndigung nicht mehr mçglich. Der Inserent muss fr die verçffentlichte Anzeige die vereinbarte Gebhr bezahlen. Storniert der Anzeigenkunde rechtzeitig und kommt es nicht zu einem Neuabschluss zwischen den Vertragsparteien, so kann der Verlag zwar nach § 649 Satz 2 BGB ebenfalls die „vereinbarte Vergtung“ verlangen, muss sich jedoch „Dasjenige“ anrechnen lassen, was er durch die vorzeitige Beendigung des Vertragsverhltnisses erspart hat.4

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Erfolgte die Kndigung rechtzeitig, ohne dass es mit gendertem Inhalt zu einem Nachfolgeabschluss mit dem Inserenten kommt, und hat der Verlag noch vor Anzeigenannahmeschluss einen neuen Kunden gefunden, so drften fr den „ersten“ Anzeigenkunden i. d. R. keine (bedeutsamen) Kosten anfallen; dabei kçnnte es sich allenfalls um die mit dem

1 Auf diesen Zeitpunkt stellten jedoch Lçffler/Ricker (S. 412 Rz. 15) ab. 2 Zu den Anzeigenschlussterminen in den Preislisten: Wronka, S. 27. 3 Wirbt ein Inserent in verschiedenen Druckobjekten und gelingt es ihm wegen unterschiedlicher Anzeigenschlusstermine nicht, bei zwischenzeitlich durchgefhrten Preissenkungen (Erhçhungen) alle Inserate so abzundern, dass in ihnen gleiche Preisangaben enthalten sind, so soll dies nach der Rechtsprechung des OLG Hamm (WRP 1983, S. 522 – Leitsatz) wegen Preisschaukelei nach § 1 UWG (a. F.) wettbewerbswidrig sein. Dieser Entscheidung kann nicht gefolgt werden: Ist der Inserent wegen des Anzeigenschlusses nicht mehr in der Lage, die Anzeigenverçffentlichung zu stoppen, so kann er auch fr deren Inhalt nicht haftbar gemacht werden (KG Berlin, ArchPR 1972, S. 129). 4 Zur „Ersparnis“ beim Rcktritt: OLG Dsseldorf, ArchPR 1958, S. 36.

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238 Rath-Glawatz

Rcktritt

Rz. 368 P

Stornierungsvorgang und der Neuakquisition verbundenen zustzlichen Kosten handeln. War die Anzeige bereits gesetzt, so sind bei der (endgltigen) Stornierung die Satzkosten in jedem Fall zu erstatten, es sei denn, die Anzeige soll zu einem spteren Zeitpunkt unverndert erscheinen. Ist die Stornierung des Anzeigenauftrags mit dem Abschluss ber die Verçffentlichung einer neuen, inhaltlich vernderten Anzeige verbunden, so kann der Verlag grundstzlich auch diese mit der nderung verbundenen Kosten ersetzt verlangen. Ziff. 16 der ZAW-AGB (R Rz. P 40) enthlt insoweit eine kundenfreundliche Regelung, als danach nur „wesentliche“ nderungen in Rechnung gestellt werden. Findet der Verlag keinen neuen Inserenten, so kann der Verlag verlangen, dass der Anzeigenkunde die vereinbarte Vergtung bezahlt.1 Dabei sind auch die Provisionen zu erstatten, die der Verlag fr den Anzeigenauftrag gezahlt hat.2 Der Vergtungsanspruch entfllt auch nicht, wenn der Verlag nach Stornierung des Auftrags und wegen des Fehlens einer Ersatzanzeige eine Eigenanzeige abdruckt, um so einen „weißen Reck“ im Druckobjekt zu vermeiden. Selbstverstndlich muss der Verlag sich im Rahmen des wirtschaftlich Vertretbaren bemhen, eine Ersatzanzeige zu finden. Unterlsst er dies leichtfertig, so steht ihm der Vergtungsanspruch nicht zu.3 In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, dass sich zumindest bei Tageszeitungen eine allgemeine bung dahingehend entwickelt hat, dass die Verlage den Rcktritt des Inserenten akzeptieren, ohne berhaupt (noch) Erfllungsansprche zu stellen. Bei entsprechend langjhriger bung kann sich der Inserent dann auch auf diese Praxis verlassen. Dies ndert jedoch nichts an der Tatsache, dass den Verlagen der gesetzliche Anspruch aus § 649 Satz 2 BGB auf Zahlung der vereinbarten Vergtung zusteht, sofern er nicht ausdrcklich (oder stillschweigend) abbedungen ist.

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Liegt ein „Anzeigenabschluss“ (R Rz. P 52 ff.) vor, so stellt sich das Rcktrittsproblem nicht, wenn man davon ausgeht, dass dem Anzeigenkunden bei dieser Vertragsgestaltung ohnehin das Recht zusteht, einseitig den Leistungsumfang (das Anzeigenvolumen) zu bestimmen.

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1 Lçffler, BT Anz Rz. 128. 2 Generell zu dieser Frage: BGH, NJW 1984, S. 1455. 3 Allgemein dazu: Palandt/Sprau, § 649 Rz. 4.

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Rath-Glawatz 239

P Rz. 369

Schleichwerbung

Schleichwerbung 369

Ist eine Werbebotschaft nicht als solche erkennbar, so spricht man von getarnter Werbung, von Schleichwerbung im redaktionellen Gewand.1 Bezogen auf die Printmedien ist dies immer dann der Fall, wenn die Verçffentlichung in redaktioneller Form geschieht und nicht der Information, sondern berwiegend dem Zweck dient, potenzielle Kunden anzusprechen bzw. fr sie zu werben.2 Fragt man nach den Motiven getarnter Werbung in der Presse, so sind sie darin zu sehen, dass dem redaktionellen Teil als unabhngige Berichterstattung/Meinungsußerung erhçhte Glaubwrdigkeit gegenber Anzeigenverçffentlichungen beigemessen wird.3 Dementsprechend ist der Werbetreibende, der legitimerweise an der bestmçglichen Verbreitung seiner Werbung interessiert sein muss, bestrebt, sich diesen Effekt zunutze zu machen, indem er versucht, seine Werbebotschaft (als subjektive Mitteilung) im objektiven Gewand einer redaktionellen Verçffentlichung zu platzieren.4 So verstndlich dieses Bemhen erscheint, so nachvollziehbar ist es aber auch, dass das Prinzip der Trennung von Text- und Anzeigenteil und damit das grundstzliche Verbot der getarnten Werbung zu den tragenden Grundstzen des Presserechts gezhlt werden muss: Art. 5 GG soll der 1 Zur Thematik der Schleichwerbung (jeweils mit Nachweisen auf die Rtspr.): Harte/Henning, § 4 Nr. 3 Rz. 14 ff.; Baumbach/Hefermehl, § 4 Nr. 3 Rz. 3.20; Fezer, § 4-3 Rz. 20 ff., 23 ff.; Lçffler, § 10 LPG Rz. 55 ff.; Wenzel, § 5 Rz. 358 ff.; Prinz/Peters, 8. Kap. Rz. 233; Lçffler/Ricker, S. 104 Rz. 1 ff., S. 612 Rz. 24 ff.; Mann, Anwaltshandbuch, S. 1016 Rz. 1 ff.; Ahrens, § 73 Rz. 46 ff., § 74 Rz. 31 ff.; Ahrens, GRUR 1995, S. 307 ff., Nordemann, Gewerblicher Rechtsschutz, § 17 Rz. 1 ff.; Abeltshauser, WRP 1997, S. 1143; Kçhler, WRP 1998, S. 349. 2 OLG Hamburg, AfP 1988, S. 246; LG Stuttgart, ArchPR 1968, S. 93; s. a. OLG Saarbrcken, AfP 1988, S. 135. 3 BGH, GRUR 1998, S. 481, 482; OLG Kçln, AfP 2004, S. 136, 137; OLG Hamburg, K&R 1999, S. 328, 329; OLG Mnchen, AfP 1997, S. 915, 919; OLG Dsseldorf, AfP 1994, S. 311, 312. Zur Frage der Schleichwerbung, wenn aus der Werbung auf der Umschlagrckseite einer Zeitschrift ein Bildelement als Foto auf der Titelseite erscheint – OLG Hamburg, Urteil v. 8.5.2003 (Az. 5 U 175/02). Stellt ein Verlag (in Werbeschreiben) fr den Fall von Anzeigenabschlssen eine „redaktionelle Zusammenarbeit“ in Aussicht, so ist dies per se unzulssig. Denn in diesen Fllen ist nicht ein redaktioneller Anlass fr die „redaktionelle Berichterstattung“ ausschlaggebend, sondern der Anzeigenabschluss (LG Darmstadt, Urteil v. 18.4.2000 – Az. 16 O 20/00). Gleiches gilt, wenn erklrt wird, dass „redaktionelle Beitrge kostenlos abgedruckt“ wrden (LG Traunstein, Urteil v. 22.12.2000 – Az. 1 HKO 2448/00). Ebenso wenig darf damit geworben werden, dass „in dem Preis der Anzeigenschaltung eine oder mehrere Seiten „Redaktion“ enthalten sind“ (LG Kçln, Urteil v. 17.7.2003 – Az. 31 O 321/03). 4 Dazu insgesamt: BGH, AfP 1993, S. 566; BGH, AfP 1993, S. 735; Grçning, WRP 1993, S. 685 ff.

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Schleichwerbung

Rz. 369 P

Presse die Freiheit geben, unabhngig von Beeinflussungen Dritter zu berichten. Dies gilt ebenso gegenber staatlichen Stellen wie wirtschaftlichen Interessengruppen. Das Verbot der getarnten Werbung soll das Eindringen von Werbung in den redaktionellen Teil verhindern und damit die Unabhngigkeit der Presse sichern. Dementsprechend schreiben alle Landespressegesetze ausdrcklich vor, Anzeigen- und Textteil zu trennen und Inserate dann, wenn sie nicht ohne weiteres als bezahlte Verçffentlichungen zu erkennen sind, ausdrcklich als „Anzeige“ zu kennzeichnen.1 Dabei soll nicht verkannt werden, dass die Presse gerade aus den Anzeigenerlçsen einen großen Teil ihrer wirtschaftlichen Unabhngigkeit erzielt. Wrde die Presse jedoch dazu bergehen, ihren redaktionellen Teil fr Schleichwerbung zu çffnen, so geriete ihre publizistische Glaubwrdigkeit in Gefahr, sie verlçre an Akzeptanz. Damit wre zugleich auch ihre Stellung als Werbetrger beeintrchtigt und dementsprechend ihre wirtschaftliche Leistungsfhigkeit/Unabhngigkeit in Frage gestellt. Folglich dient es auch dem wohlverstandenen Interesse der werbetreibenden Wirtschaft, den Wert der meinungsbildenden Presse als Werbetrger nicht durch die Aushçhlung der Trennung von Text- und Anzeigenteil zu untergraben. Neben diesen presserechtlichen Argumenten ist es auch wettbewerbsrechtlich unvertretbar, den Leser durch die redaktionelle Gestaltung werblicher Aussagen ber den Charakter der jeweiligen Verçffentlichung zu tuschen, ihn insoweit irrezufhren. Es widerspricht publizistischen Grundvorstellungen ebenso wie dem Verbraucherschutzgedanken, den Leser eines Presseerzeugnisses im Unklaren darber zu lassen, ob er einen unabhngigen redaktionellen Bericht oder eine Werbebotschaft vor sich hat.2 An diesen Feststellungen ndert der Hinweis nichts, dass selbstverstndlich auch Berichte der Redaktionen einseitige, subjektive Darstellungen enthalten kçnnen (und drfen), whrend andererseits Inserate objektive, sachlich zutreffende Verbraucheraufklrung beinhalten kçnnen. Entscheidend bleibt, dass der Leser nicht ber den Charakter der Verçffentlichung als Anzeige oder redaktioneller Beitrag im Zweifel gelassen wer-

1 So bestimmt z. B. § 10 LPG NW: „Hat der Verleger oder der Verantwortliche (§ 8 Abs. 2 Satz 4) eines periodischen Druckwerks fr eine Verçffentlichung Entgelt erhalten, gefordert oder sich versprechen lassen, so muss diese Verçffentlichung, soweit sie nicht schon durch Anordnung und Gestaltung allgemein als Anzeige zu erkennen ist, deutlich mit dem Wort ‚Anzeige‘ bezeichnet werden.“ 2 Dazu insgesamt: ZAW-edition Schleichwerbung, S. 7; Lçffler, 3. Aufl. Bd. 1, S. 479–481 Rz. 12 ff., S. 497 ff. Rz. 66 ff.; Helm, S. 494/495 Rz. 54; Kohl, AfP 1984, S. 207–209; Fuchs, GRUR 1988, S. 736 ff. Zur parallelen Frage der Verwendung von Gutachten zu Werbezwecken: BGH, GRUR 1961, S. 191 (Rippenstreckmetall).

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den darf, gleichgltig, wie positiv oder negativ dann die jeweilige Verçffentlichung bewertet wird bzw. wie wahr oder unwahr sie ist.1 370

Hauptanwendungsflle getarnter Werbung sind „redaktionell gestaltete Anzeigen (R Rz. P 350 ff.), Artikel, die Schleichwerbung im redaktionellen Gewand enthalten, sowie die Problematik der Kopplung von redaktioneller Berichterstattung ber ein Unternehmen (dessen Produkte/Dienstleistungsangebote) und der Verçffentlichung von Inseraten dieses Unternehmens in ein und derselben Ausgabe eines Printmediums. Dabei ist wie folgt zu unterscheiden: – Redaktionell gestaltete Anzeige: Es handelt sich um (bezahlte) Werbung im redaktionellen Gewand. Sie kann im Text-, aber auch im Anzeigenteil zu finden sein und muss, wenn ihr Charakter als Inserat nicht durch Anordnung oder Gestaltung fr den flchtigen Durchschnittsleser erkennbar ist, als Anzeige gekennzeichnet werden. Andernfalls ist der Abdruck unzulssig.2 – Artikel, die Schleichwerbung im redaktionellen Gewand enthalten („Redaktionelle Hinweise“): Sie kçnnen als unbezahlte Verçffentlichungen nicht zu den Anzeigen gerechnet werden.3 Derartige „redaktionelle Hinweise“ beinhalten jedoch die werbende Herausstellung von Produkten oder Dienstleistungen, ohne dass dies von allgemeinem Informationsinteresse ist. Damit sind sie als getarnte Werbung unzulssig.4 – Kopplung Text/Anzeige („Redaktionelle Zugaben“): Wird in Zusammenhang mit einem Anzeigenauftrag ein zustzlicher (kostenfreier) redaktioneller Beitrag abgedruckt und ist dieser Beitrag nicht durch ein 1 Dazu: BGH, ArchPR 1967, S. 83 (Favorit II); LG Stuttgart, ArchPR 1968, S. 93; Kohl, AfP 1984, S. 208. 2 Dazu insgesamt: OLG Mnchen, AfP 1992, S. 367 ff.; OLG Hamm, AfP 1992, S. 274 ff.; OLG Mnchen, AfP 1991, S. 628 ff.; OLG Mnchen, AfP 1992, S. 286 ff.; OLG Saarbrcken, AfP 1988, S. 135; ZAW-edition Schleichwerbung, S. 11/12; Lçffler, 3. Aufl. Bd. 1, S. 483 Rz. 26; Wollemann, WRP 1979, S. 681. 3 Das OLG Hamburg (AfP 1998, S. 406, 407) sieht die „Unentgeltlichkeit“ dann nicht mehr als gegeben an, wenn mit Blick auf eine an sich zulssige Berichterstattung (Jubilum eines bedeutenden Unternehmens) das Unternehmen, ber das berichtet werden soll, mit Hilfe seiner Vorstandsmitglieder potenzielle Anzeigenkunden auffordert, durch Schaltung von Anzeigen zu dem Abdruck der redaktionellen Verçffentlichung (mit-)beizutragen. In diesem Fall stelle sich die Berichterstattung als Schleichwerbung im redaktionellen Gewand dar. 4 Dazu insgesamt: BGH, AfP 1994, S. 136 ff.; BGH, AfP 1993, S. 566 ff.; BGH, AfP 1993, S. 735 ff.; OLG Hamm, AfP 1992, S. 256 ff.; OLG Hamm, AfP 1992, S. 281 ff.; OLG Hamm, GRUR 1991, S. 856 ff.; OLG Karlsruhe, AfP 1991, S. 429 ff.; OLG Kçln, AfP 1992, S. 272 ff.; OLG Mnchen, AfP 1991, S. 628 ff.; OLG Mnchen, AfP 1990, S. 56 ff.; ZAW-edition Schleichwerbung, S. 47/48; Lçffler, 3. Aufl. Bd. 1, S. 455 Rz. 27; Wollemann, WRP 1979, S. 681; s. a. OLG Saarbrcken, AfP 1988, S. 135.

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Rz. 373 P

allgemeines Informationsinteresse zu rechtfertigen, so ist diese ergnzende Verçffentlichung als Schleichwerbung unzulssig.1 Die „ZAW-Richtlinien fr gestaltete Anzeigen“ (R Rz. P 362 ff.)2 sowie die von den Verlegerverbnden gemeinsam mit dem ZAW herausgegebenen „Richtlinien fr redaktionelle Hinweise in Zeitungen und Zeitschriften“ (R Rz. P 345 ff.) geben die Standesauffassungen der betroffenen Verkehrskreise zur Frage getarnter Werbung in den Printmedien wieder. In diesem Zusammenhang ist auch auf die Richtlinien des Deutschen Presserates (R Rz. P 362 ff.) zu verweisen.

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Liegt ein Fall getarnter Werbung vor, so ist dieses Verhalten bereits aus § 4 Nr. 3 UWG wettbewerbswidrig.3 Eines weiteren Rckgriffs auf presserechtliche Vorschriften oder auf die genannten Standesgrundstze bedarf es nicht mehr.4

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Die Abgrenzung zwischen den einzelnen Formen von Schleichwerbung kann u. U. schwierig sein.5 Werden beispielsweise in einem redaktionellen Beitrag Unternehmen namentlich (werblich) herausgestellt, die zugleich auch Anzeigenverçffentlichungen geschaltet haben, so kann der redaktionelle Beitrag, sofern dafr Geld geflossen ist, als redaktionell gestaltete Anzeige wegen fehlender Kennzeichnung wettbewerbswidrig sein; erfolgte die redaktionelle Verçffentlichung unentgeltlich, so ist Schleichwerbung im redaktionellen Gewand denkbar und die Verçffentlichung unter diesem Gesichtspunkt angreifbar.6 Will nun ein Konkurrent diese Praktiken abmahnen,7 so tut er gut daran, fr beide Alternativen Unterlassungserklrungen zu verlangen.8 Dabei geht zwar eine der beiden Abmahnungen sachlich ins Leere, da letztlich nur eine der denkbaren Varianten verwirklicht sein kann, es ist aber in jedem Fall sicher-

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1 Dazu insgesamt: BGH, AfP 1994, S. 136 ff.; BGH, AfP 1993, S. 735 ff.; OLG Hamm, AfP 1993, S. 584 ff.; OLG Hamburg, AfP 1992, S. 151 ff.; OLG Hamburg, WRP 1990, S. 184 ff.; OLG Mnchen, AfP 1990, S. 56 ff.; ZAW-edition Schleichwerbung, S. 83–84; Wollemann, WRP 1979, S. 681. 2 Dazu: OLG Hamburg, K&R 1999, S. 328, 329; Lçffler, § 10 LPG Rz. 68. 3 Frher wurde in diesen Fllen auch auf die Zugabeverordnung zurckgegriffen. Nach Aufhebung der Zugabeverordnung ist unter Bezugnahme auf den Zugabetatbestand kein wettbewerbsrechtlicher Verstoß mehr begrndbar. 4 Helm, S. 494 Rz. 54; Wollemann, WRP 1979, S. 682; Grçning, WRP 1993, S. 685, 686/687. 5 Zur Abgrenzung: OLG Hamburg, WRP 1984, S. 629; OLG Hamm, AfP 1980, S. 225; OLG Frankfurt, AfP 1988, S. 59–60; Schneider, AfP 1964, S. 446–447; Schneider, AfP 1968, S. 737; Braun, WRP 1983, S. 600. 6 OLG Hamburg, WRP 1984, S. 629. 7 Ausfhrlich zur Frage der Antragsformulierung in diesen Fllen: Lçffler, § 10 LPG Rz. 80 ff.; Ahrens, § 74 Rz. 63 ff. 8 Derartige alternative Abmahnungen werden als zulssig angesehen: OLG Hamm, WRP 1988, S. 183.

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Rath-Glawatz 243

P Rz. 374

Schleichwerbung

gestellt, dass die Gegenseite nicht durch entsprechende Erklrungen dem Unterlassungsbegehren ausweichen kann.1 Wird durch eine gerichtliche Entscheidung z. B. die Verçffentlichung redaktionell gestalteter Anzeigen wegen mangelnder Kennzeichnung untersagt und wendet der Verlag spter – etwa in einem nachfolgenden Bestrafungsverfahren – ein, dass es sich in Wirklichkeit um „Zugaben“ zu Anzeigenverçffentlichungen gehandelt hat, so lsst sich auch dieses Verhalten durch Auslegung unter das bereits ausgesprochene Verbot subsumieren.2 374

Die Frage, ob eine redaktionell zulssige Berichterstattung oder eine unzulssige Schleichwerbung im redaktionellen Gewand vorliegt, ist vielfach nur schwer zu beantworten. Jede Wirtschaftsberichterstattung „lebt“ davon, dass Personen und Unternehmen mit ihren Produkten/Dienstleistungen namentlich genannt und nach Mçglichkeit auch abgebildet werden. Anlsse gibt es genug: – Vorstellung neuer Produkte (Verbraucheraufklrung),3 – Richtfest grçßerer Bauvorhaben,4 – Erçffnung neuer bzw. Umgestaltung vorhandener Geschftsrume,5 – Firmenveranstaltungen wie Modenschauen,6 Verkaufswochen, Autogrammstunden oder Ausstellungen, – Firmenjubilen,7

1 Zur Frage des Bestimmtheitsgebots mit Blick auf einen Antrag, mit dem die Verçffentlichung getarnter Werbung untersagt werden soll: BGH, AfP 1998, S. 212/213; OLG Karlsruhe, AfP 1995, S. 670 – Dass eine allgemeine Umschreibung der zu unterlassenden Handlung dann ausreicht, wenn zugleich auf die konkrete Verletzungshandlung Bezug genommen wird, hat der BGH zu Recht herausgestellt (BGH, GRUR 1988, S. 481, 482). 2 I. d. S.: OLG Hamm, AfP 1980, S. 225; s. a. OLG Frankfurt, AfP 1988, S. 59–60 (fr den Fall, dass nach dem Verbot der Verçffentlichung redaktionell gestalteter Anzeigen unzulssige redaktionelle Hinweise abgedruckt werden); OLG Hamburg, WRP 1984, S. 629. Das OLG Hamm hat in einer weiteren Entscheidung (WRP 1988, S. 182) die Frage offengelassen, ob entsprechend einer alternativen Abmahnung auch der Klageantrag alternativ gefasst werden kann – dies muss angesichts der Beweissituation der klagenden Partei, der bereinstimmenden Anspruchsgrundlagen und aus Grnden der Prozessçkonomie als zulssig angesehen werden. 3 Z. B. Vorstellung neuer PKW (Fahrberichte) – OLG Karlsruhe, AfP 1995, S. 670, 672. 4 BGH, AfP 1998, S. 212, 214. 5 KG Berlin, AfP 1987, S. 697. 6 KG Berlin, AfP 1987, S. 697. 7 OLG Bamberg, WRP 1998, S. 1121; OLG Hamburg, AfP 1998, S. 406.

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244 Rath-Glawatz

Schleichwerbung

Rz. 374 P

– Geburtstage und Berufsjubilen von Unternehmern oder leitenden Angestellten,1 – Saisonbedingte Rabattaktionen („Schnppchenpreise“) in bestimmten Kaufhusern.2 Werden insoweit einzelne Firmen in (kostenfreien) redaktionellen Berichten namentlich herausgestellt und deren Produkte/Dienstleistungen uneingeschrnkt positiv bewertet, so ist dies prinzipiell durch das Grundrecht der Pressefreiheit (Art. 5 GG) gedeckt.3 Denn die Presse ist keineswegs zu einer ausgewogenen, stets auch kritischen Berichterstattung verpflichtet.4 Sie kann vielmehr nach eigenen Vorstellungen unabhngig entscheiden, „welche“ Unternehmen „wie“ dargestellt werden.5 Und ebenso selbstverstndlich darf die Presse auch subjektiv begrndete

1 OLG Kçln, AfP 1992, S. 273; Grçning, WRP 1993, S. 685 ff.; Lçffler/Ricker, S. 612 Rz. 24 ff. 2 OLG Hamburg, AfP 1997, S. 806, 808 – Das OLG Hamburg hat zwar anerkannt, dass „Preisangaben und namentliche Firmenangaben eine starke Werbewirkung haben kçnnen und daher in Presseartikeln nur ausnahmsweise hinzunehmen sind“. Wenn diese Hinweise jedoch nicht drucktechnisch hervorgehoben seien, durch die Vielzahl der Beispiele an Bedeutung verlieren und insgesamt austauschbar seien, so sei eine derartige Berichterstattung vertretbar, wenn „ber das allgemein interessierende Thema Schnppchen in der Vorweihnachtszeit berichtet“ werde. – Anders die Entscheidung des OLG Mnchen (AfP 1997, S. 915), durch die eine redaktionelle Berichterstattung („Weihnachtsschaufenster“) als unzulssig untersagt wurde, weil sie „hinsichtlich der Aufmachung und des Inhalts einer bezahlten Sammelwerbung verschiedener Geschfte“ entspreche. In diesen Fllen muss – wie in allen anderen Fallgestaltungen – konkret ermittelt werden, ob die Information der Leser als Verbraucher im Sinne einer redaktionellen Serviceleistung ber das Angebot in einer Stadt oder die werbliche Herausstellung dieser Angebote im Vordergrund steht. Dazu auch: Prinz/Peters, 8. Kap. Rz. 233. 3 Dazu: BGH, AfP 1998, S. 221, 222/223; BGH, AfP 1994, S. 136, 137; BGH, AfP 1994, S. 293; OLG Mnchen, AfP 1997, S. 915, 916; OLG Dsseldorf, AfP 1994, S. 311, 312; Soehring, S. 501 Rz. 24.1 ff.; Lçffler, § 10 LPG Rz. 70; Ahrens, § 73 Rz. 50. Motiv fr die lobende Berichterstattung kann auch die Absicht des Verlages sein, das in dem Artikel positiv herausgestellte Unternehmen unter Hinweis auf die Verçffentlichung zuknftig als Inserenten gewinnen zu wollen. Unzulssig wird die Verçffentlichung allein dann, wenn sich der Artikel als getarnte Wirtschaftswerbung entpuppt. Ist die Verçffentlichung zwar lobend, aber sachlich zutreffend und nicht „marktschreierisch“, so bestehen keine Bedenken. 4 Ebenso wie die Presse zu einer abflligen oder auch ausflligen (Wirtschafts-)Berichterstattung befugt ist, gilt dies auch fr den umgekehrten Fall der lobenden oder sogar schwrmerischen Berichterstattung – Lçffler, § 10 LPG Rz. 70. 5 So ist es als zulssig angesehen worden (LG Mnster, AfP 1990, S. 321), wenn in einer Verbandszeitschrift ein Artikel erscheint, der ein von dem Verband untersttztes Computerprogramm lobend herausstellt. Die Werbewirkung sei nur eine „in Kauf zu nehmende Nebenfolge“.

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Rath-Glawatz 245

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Schleichwerbung

Ratschlge und Empfehlungen geben.1 Infolgedessen ist zunchst immer davon auszugehen, dass auch die lobende Wirtschaftsberichterstattung2 von der publizistischen Aufgabe des jeweiligen Printmediums gedeckt wird und nur im Ausnahmefall als kaschierte Werbung angesehen werden kann.3 Das OLG Kçln stellt zu Recht fest, dass es zulssig ist, in einem redaktionellen Bericht auch nur ein einziges Unternehmen „vorzustellen und sachlich ber dessen Angebote zu informieren“.4 Und das OLG Mnchen hat zutreffend entschieden, „die Feststellung allein, dass der redaktionelle Beitrag Werbung enthlt, unterwirft ihn noch nicht dem wettbewerbsrechtlichen Unwerturteil verbotswidriger getarnter Werbung“.5 375

Die Grenze von der zulssigen Wirtschaftsberichterstattung6 zur unzulssigen getarnten (Wirtschafts-)Werbung in Form „redaktioneller Hinweise“ (Schleichwerbung im redaktionellen Gewand) ist dann berschritten, wenn die in Frage stehende Verçffentlichung nicht mehr durch das Informationsbedrfnis der Leser gedeckt,7 sondern inhaltlich berwiegend dazu bestimmt ist, fr das beschriebene Unternehmen/Produkt zu werben.8 Es handelt sich um die Flle, in denen journalistisch Anzeigeninhalte und nur scheinbar redaktionelle Berichterstattung in unzulssiger Weise miteinander vermengt werden,9 wenn also die „Werbewirkung“ des Arti-

1 Die Grenze ist berschritten, wenn die journalistische Empfehlung in einen Kaufappell umschlgt, sich der Artikel wie eine Werbung fr das Produkt liest – OLG Hamburg, AfP 2000, S. 89, 91. 2 Das OLG Hamburg (AfP 1998, S. 406, 407) spricht zu Recht davon, dass „allein deswegen, weil die Tendenz der redaktionellen Beitrge … durchweg lobend und positiv ausfllt, nicht daraus geschlossen werden kann, dass die Grenzen zwischen erlaubter Berichterstattung und unerlaubter Werbung berschritten sei“. 3 So schon in der lteren Rechtsprechung und Literatur: s. OLG Saarbrcken, AfP 1988, S. 135; OLG Hamm, ArchPR 1972, S. 134/135; Braun, WRP 1983, S. 602–603; Kohl, AfP 1984, S. 208; ZAW-edition Schleichwerbung, S. 49, 50, 52; Henning-Bodewig, GRUR 1981, S. 869; Rodekamp, GRUR 1980, S. 271; Fuchs, GRUR 1988, S. 737; s. a. zur Frage der „Beweislast“: Pietzcker, GRUR 1972, S. 532–533. Aus der jngeren Rechtsprechung: OLG Nrnberg, WRP 2002, S. 585, 586; OLG Kçln, AfP 2004, S. 136. 4 OLG Kçln, AfP 2004, S. 136. 5 OLG Mnchen, ZUM 1998, S. 842, 845. 6 Dazu anschaulich: Soehring, S. 511 Rz. 24.22. 7 So reicht z. B. die Herausgabe eines neuen Hotelprospekts nicht fr eine redaktionelle Berichterstattung ber das Hotel aus – LG Limburg, WRP 1995, S. 1069. Ebenso wenig vermag eine kurze allgemeine Einleitung zu einem „ZeitgeistThema“ („Schçnheitsoperationen“) die dann nachfolgende Berichterstattung ber eine einzige Schçnheitsklinik zu legitimieren – LG Mannheim, WRP 2004, S. 1522. 8 BGH, AfP 1998, S. 212, 214/215; OLG Kçln, GRUR 1995, S. 520; OLG Hamm, GRUR 1991, S. 856; Hecker, AfP 1993, S. 717, 719. 9 OLG Karlsruhe, AfP 1995, S. 670, 673.

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246 Rath-Glawatz

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Rz. 376 P

kels dessen „Informationsgehalt bei weitem bersteigt“.1 Zusammenfassend hat das OLG Kçln diesen Tatbestand so umschrieben: „Wettbewerbswidrig sind redaktionelle Beitrge, die ber das durch eine sachliche Information des Publikums gebotene Maß hinaus Leistungsangebote werbend herausstellen, indem z. B. trotz des Vorhandenseins einer Vielzahl vergleichbarer Angebote nur ber ein einzelnes berichtet wird, dieses einseitig gelobt oder auch herabgesetzt wird, bewusst unwahre Behauptungen aufgestellt oder Herstellerangaben mit bermßig werbendem Gehalt unkritisch bernommen werden“.2 Die Presse verlsst in diesem Fall ihr publizistisches Aktionsfeld und macht in Wettbewerbsabsicht Reklame fr einzelne Unternehmen, Produkte oder Dienstleistungen. Indem diese Werbung in redaktionellem Gewand erfolgt, ist sie nach § 4 Nr. 3 UWG wettbewerbswidrig.3 Ist der Bericht „an sich“, also von seinem journalistischen Grundansatz her publizistisch gerechtfertigt, so ist es nicht zulssig, „einzelne Elemente der Darstellung als nicht notwendig oder unangemessen anzusehen und deshalb den gesamten Beitrag unter dem Gesichtspunkt der Schleichwerbung als unlauter anzusehen“.4 Es ist „nicht Aufgabe des Wettbewerbsrechts, einer Zeitung die Wahl ihrer Sprache vorzuschreiben“.5 Der Verlag und sein „Verantwortlicher“ fr den Anzeigenteil6 sind danach fr die jeweils in Frage stehende redaktionelle Verçffentlichung dann wettbewerbsrechtlich verantwortlich, wenn in der Verçffentlichung ein Handeln „zum Zweck des Wettbewerbs“ (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG) zu sehen ist. Der redaktionelle Hinweis muss in der Absicht gedruckt sein, eigenen oder fremden Wettbewerb zu fçrdern.7 Diese Wettbewerbsfçrderungsabsicht8 ist, soweit es um (bezahlte) Wirtschaftswerbung in Anzeigenform geht, regelmßig gegeben: wenn auch das Verlagsunternehmen mit dem Abdruck der (Fremd-)Anzeigen in erster Linie seine eigene Stellung im Anzeigengeschft ausbauen will, zielt 1 OLG Hamm, OLGR 1991, S. 13. 2 OLG Kçln, AfP 2004, S. 136. 3 BGH, AfP 1994, S. 136, 137; BGH, AfP 1994, S. 141; BGH, AfP 1993, S. 566; OLG Karlsruhe, AfP 1991, S. 429, 430; OLG Frankfurt, AfP 1988, S. 60; OLG Saarbrcken, AfP 1988, S. 136; OLG Dsseldorf, WRP 1986, S. 557–558; KG, GRUR 1987, S. 718; OLG Hamm, Urteil v. 30.10.1984 (Az. 4 U 247/84); OLG Hamburg, WRP 1984, S. 629; s. a. OLG Kçln, AfP 1972, S. 291; LG Kçln, Urteil v. 16.12.1985 (Az. 84 O 92/85); Braun, WRP 1983, S. 600–601; s. a. Lçffler, 3. Aufl. Bd. 1, S. 501 Rz. 81; Wollemann, WRP 1979, S. 681; Lutz, AfP 1969, S. 835. 4 OLG Hamburg, AfP 1997, S. 813. 5 OLG Hamburg, AfP 1997, S. 813, 815. 6 BGH, AfP 1994, S. 136, 137; BGH, AfP 1993, S. 566. Hat der Verlag sein Anzeigengeschft verantwortlich auf ein Drittunternehmen bertragen, so ist dieses (statt des Verlages) haftbar – BGH, AfP 1994, S. 136, 137. 7 OLG Hamburg, GRUR 1997, S. 907, 908/909. 8 Dazu: Lçffler, § 10 LPG Rz. 50, 58 ff., 72, 73; Wenzel, § 5 Rz. 359; Ahrens, § 73 Rz. 54 ff., 65, § 74 Rz. 49 ff.

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die Verçffentlichung der Inserate zugleich darauf ab, den Wettbewerb, die Marktposition der Werbetreibenden zu verbessern. Die Absicht, fremden Wettbewerb zu fçrdern, ist dem Anzeigengeschft als Mittlerttigkeit zwischen den Werbetreibenden und ihren Kunden immanent.1 Handelt es sich dagegen um (unbezahlte) redaktionelle Verçffentlichungen, bei denen umstritten ist, inwieweit in Wahrheit Werbung vorliegt, muss jeweils geprft werden, ob die Verçffentlichung im Rahmen der informierenden bzw. meinungsbildenden Funktion der Presse oder in Wettbewerbsabsicht fr ein Produkt, eine Dienstleistung oder ein Unternehmen erfolgt ist.2 Aus dem Umstand, dass z. B. Beitrge, die sich auf bestimmte Unternehmen beziehen, durch Firmenautoren geschrieben werden, kann noch nicht „automatisch“ geschlossen werden, sie seien in „Wettbewerbsabsicht“ verfasst und von der Presse auch mit dieser Intention verçffentlicht.3 Beim Abdruck von redaktionellen Beitrgen, die „ber das durch eine sachliche Information bedingte Maß hinaus ein Produkt oder eine Dienstleistung werbend herausstellen“, ist diese Wettbewerbsabsicht in der Regel gegeben.4 Die Sittenwidrigkeit i. S. d. § 4 Nr. 3 UWG liegt dann darin begrndet, dass „der Verkehr dem redaktionell gestalteten Beitrag als eine Information eines am Wettbewerb nicht beteiligten Dritten regelmßig grçßere Bedeutung und Beachtung beimisst als entsprechenden, nicht ohne weiteres als Werbung erkennbaren Angaben des Werbetreibenden selbst“.5 Vereinfachend lsst sich damit Folgendes festhalten: ergibt die materielle Prfung, dass der redaktionelle Beitrag getarnte Werbung enthlt, also nicht mehr als Beitrag der Redaktion zur Meinungsbildung und/oder Information, sondern als Wirtschaftswerbung durch das Presseunternehmen anzusehen ist, dann liegt in dem Abdruck des Beitrages zugleich auch ein Handeln „zum Zweck des Wettbewerbs“ i. S. d. UWG. Der Verlag kann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.6 Bewegt sich 1 BGH, AfP 1990, S. 202, 203 – dabei kommt es nach der Entscheidung des BGH nicht darauf an, dass in der Anzeige der Warenabsatz (unmittelbar) beworben werden muss; es reiche aus, wenn die Anzeige dem Geschftszweck des Inserenten im Wettbewerb mit der Konkurrenz dient; s. a.: BGH, AfP 1992, S. 249, 250; OLG Dresden, WRP 1995, S. 38, 39. 2 OLG Kçln, AfP 2004, S. 136, 137. 3 OLG Mnchen, ZUM 1998, S. 842, 845. 4 BGH, AfP 1993, S. 566; BGH, AfP 1994, S. 136, 137; BGH, AfP 1994, S. 141; OLG Hamm, GRUR 1991, S. 856/857. 5 BGH, AfP 1993, S. 566; s. a.: BGH, AfP 1993, S. 567, 568; OLG Saarbrcken, AfP 1988, S. 137; LG Konstanz, ArchPR 1968, S. 94. 6 Fr einen Klageantrag reicht es gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht aus, wenn einem Verlag untersagt werden soll, Berichte abzudrucken, „die inhaltlich Werbung sind“. Es wird insoweit nicht differenziert, ob die in dem Artikel enthaltene Werbung sachlich gerechtfertigt und damit zulssig ist oder ob es sich um unzulssige getarnte Werbung handelt – BGH, AfP 1993, S. 567 ff. Ist einem Ver-

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der Beitrag im Rahmen der Informations- und Meinungsbildungsfunktion der Presse, ist die Verçffentlichung also in wettbewerbsneutraler Form verfasst, liegt keine getarnte Werbung vor. Beinhaltet die redaktionelle Verçffentlichung getarnte Werbung, so kann neben dem Verlag auch das in der Verçffentlichung vorgestellte Unternehmen, wenn es den Abdruck als Informant aktiv (mit-)betrieben hat, wettbewerbsrechtlich haftbar gemacht werden.1 Derjenige, der das betreffende Unternehmen auf Unterlassung in Anspruch nehmen will, muss dann allerdings auch den Nachweis dafr antreten, dass die Verçffentlichung von dem in dem Bericht genannten Unternehmen tatschlich veranlasst wurde.2

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Zur Klrung der materiellen Kernfrage, ob eine zulssige redaktionelle Verçffentlichung oder getarnte Wirtschaftswerbung vorliegt, gengt – wie dargelegt – die Feststellung, dass ein Unternehmen, ein Produkt oder eine Dienstleistung in einem Artikel ohne jede Einschrnkung bzw. nur mit kleinen unbedeutenden Abstrichen positiv beurteilt wird, in keinem Fall. Denn es ist nicht auszuschließen, dass der betreffende Redakteur an dem Unternehmen und seinen Leistungen tatschlich so gut wie nichts auszusetzen hat und dieses positive Ergebnis den Lesern als wissenswerte Information mitteilen will. Dass derartige Berichte deutliche werbliche Im-

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lag in einer einstweiligen Verfgung untersagt, redaktionelle Hinweise abzudrucken, die „ausschließlich lobpreisende, ber eine sachliche Anpreisung hinausgehende Bewertungen“ enthalten, so wird dagegen nicht verstoßen, wenn spter zwar weitere lobpreisende, zugleich jedoch auch sachlich informierende redaktionelle Hinweise abgedruckt werden – OLG Karlsruhe, AfP 1988, S. 345/346. 1 BGH, AfP 1994, S. 141, 142; s. a.: OLG Dsseldorf, WRP 1986, S. 559; KG, WRP 1990, S. 333 ff. (dazu: Jahn/Pirrwitz, WRP 1990, S. 302); KG, AfP 1989, S. 741, 742; LG Mnchen, ArchPR 1977, S. 85; Lutz, AfP 1969, S. 835. Hat das Unternehmen sachlich zutreffende Informationen herausgegeben und werden diese von dem Verlag durch bestimmte inhaltliche oder gestalterische Elemente zur getarnten Wirtschaftswerbung „umfrisiert“ (beispielsweise in der Hoffnung, unter Hinweis auf den Artikel das darin genannte Unternehmen zuknftig als Inserenten gewinnen zu kçnnen), so haftet das Unternehmen nicht. Denn fr die „Vernderungen“ der sachlich zutreffenden Informationen des Unternehmens ist allein die Redaktion des Printorgans verantwortlich. Etwas anderes soll nur gelten, wenn das Unternehmen damit rechnen musste, dass die Redaktion die Informationen in unzulssiger Weise umarbeiten wrde. Aber auch diese Annahme ist von demjenigen, der sie vorbringt, zu beweisen – BGH, AfP 1993, S. 566/567. 2 BGH, AfP 1994, S. 141; BGH, AfP 1993, S. 566; BGH, WRP 1994, S. 728 ff. – das KG (AfP 1989, S. 741) hatte ausgefhrt, die Vermutung, dass die Produktangaben, die dem Artikel zugrunde lagen, stammten vom im Beitrag genannten Unternehmen, reiche aus. Dem hat der BGH entgegengehalten, dass Flle denkbar sind, in denen die Redaktion, ohne dass es eines Zusammenwirkens mit dem Unternehmen bedurft htte, auf die vom Unternehmen allgemein publizierten, jedermann zugnglichen Informationen zurckgegriffen hat (BGH, AfP 1994, S. 141).

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pulse auslçsen kçnnen, ist ein unvermeidlicher Nebeneffekt einer jeden positiven Wirtschaftsberichterstattung.1 Eine przise, generalisierende Aussage darber, wann eine lobende Verçffentlichung aus dem Wirtschaftsleben nicht mehr als sachliche Information redaktioneller Natur, sondern als getarnte Werbung einzustufen ist, erscheint lediglich dann mçglich, wenn der redaktionelle Hinweis bezahlt wurde (und dies nachweisbar ist). Denn in diesem Fall liegt ein redaktionell gestaltetes Inserat (R Rz. P 350 ff.) vor, das dann, wenn die erforderliche Kennzeichnung als „Anzeige“ fehlt, wettbewerbswidrig ist.2 379

Einer genaueren Prfung bedarf auch die Frage, wie der Umstand zu beurteilen ist, dass der Verlag (die Redaktion) fr eine Verçffentlichung im redaktionellen Teil einen finanziellen Zuschuss („Druckkostenzuschuss“/„Print-Sponsoring“) erhlt. Mit der kategorischen Feststellung, damit sei die Redaktion „gekauft“ und der entsprechende Beitrag als Schleichwerbung einzustufen, wrde man jedoch vorschnell urteilen. Auch in diesen Fllen hngt die Bewertung davon ab, ob der jeweilige Beitrag durch einen journalistischen Anlass gerechtfertigt ist und nicht anzeigenersetzend formuliert wurde. Wenn eine Verçffentlichung „an sich“ nicht zu beanstanden ist, so kann sie nicht deshalb rechtswidrig werden, nur weil ein Dritter dafr einen finanziellen Beitrag an den Verlag/die Redaktion geleistet hat. Diese Zahlung mag (in einer Vielzahl von Fllen) ein Indiz fr das Vorliegen von Schleichwerbung sein, fhrt jedoch nicht immer und nicht zwangslufig zu diesem Ergebnis. In der Regel wird eine Redaktion ber ein fr gut befundenes Thema auch ohne finanzielle Untersttzung von außen berichten, so dass man vor der Frage steht, weshalb dann gezahlt wurde und ob diese Zahlung nicht doch den Inhalt der Verçffentlichung „beeinflusst“ hat. Diese berlegungen sind legitim, kçnnen aber nicht dazu fhren, einen Text, der in Ordnung ist, allein wegen einer damit in Zusammenhang stehenden Zahlung als unlauter einzustufen. Ausschlaggebend ist damit in erster Line der Inhalt der Verçffentlichung, die Begleitumstnde seines Zustandekommens kçnnen immer nur als ein Element unter vielen in die Beurteilung mit einfließen.3

1 Dazu: KG, GRUR 1987, S. 718–719; KG, Urteil v. 21.2.1984 (Az. 5 U 5251/83); ZAW-edition Schleichwerbung, S. 48–49. 2 Kohl, AfP 1984, S. 208; Henning-Bodewig, GRUR 1981, S. 869. Zur Abgrenzung der redaktionellen Hinweise gegenber der redaktionell gestalteten Anzeige: Braun, WRP 1983, S. 600; Schneider, AfP 1968, S. 737. Zur Antragsformulierung: OLG Saarbrcken, AfP 1988, S. 136. 3 Dazu unter Bezugnahme auf die Regelungen bei den elektronischen Medien (Stichwort „Sponsoring“): Wallraf, in: Festschrift Schweitzer, S. 271 ff. Rechtspolitisch mag man darber diskutieren, ob es sinnvoll ist, dass redaktionelle Verçffentlichungen, die von dritter Seite finanziell untersttzt worden sind, in besonderer Weise (aber anders als mit dem Begriff „Anzeige“) gekennzeichnet werden mssen.

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Eine verlssliche Klrung, ob Schleichwerbung vorliegt, kann jeweils nur von Fall zu Fall getroffen werden.1 In diesen Zweifelsfllen muss versucht werden, an Hand bestimmter, im Folgenden beispielhaft aufgefhrter Indizien abzuklren,2 ob der redaktionelle Bericht nicht in Wahrheit kaschierte Werbung beinhaltet: – Trotz der Vielfalt von gleichartigen Produkten, Dienstleistungen oder Unternehmen wird in dem Artikel, ohne dass dies aus sich heraus plausibel erscheint, nur ein Produkt, eine Dienstleistung oder ein Unternehmen herausgestellt.3 – Das vom beschriebenen Unternehmen zur Verfgung gestellte Informationsmaterial („PR-Mitteilungen“) wird – nahezu – wçrtlich und ohne eigene Sachprfung bernommen4 und bildet den Kern des redaktionellen Berichts.5 Nach einer Entscheidung des BGH ist die wortgleiche bernahme dann jedoch unschdlich, wenn die Darstellung sachlich zutreffend ist und der Artikel keine unangemessene werbemßige Herausstellung enthlt. Die Tatsache, dass in der Verçffentlichung auf die „Urheberschaft“, also die wortgleiche bernahme der PR-Information, nicht hingewiesen wird, sei, so der BGH, fr sich genommen unschdlich.6 1 BGH, AfP 1993, S. 567, 568; OLG Nrnberg, WRP 2002, S. 585, 586. 2 Insgesamt zu der Frage, welche Indizien auf das Vorliegen von Schleichwerbung hindeuten: Lçffler, § 10 Rz. 60 ff.; Wenzel, § 5 Rz. 361; Mann, Anwaltshandbuch, S. 1021 Rz. 11; Ahrens, § 74 Rz. 48, 50; Nordemann, Gewerblicher Rechtsschutz, § 17 Rz. 14. 3 BGH, AfP 1993, S. 566; OLG Mnchen, AfP 1997, S. 915, 917; s. a. OLG Hamm, GRUR 1991, S. 856; Prinz/Peters, 8. Kap. Rz. 233. Zu Recht wird in der Entscheidung des OLG Dresden (WRP 1995, S. 38, 40) darauf verwiesen, dass der Hinweis auf einzelne Produkte dann nicht zu beanstanden ist, wenn er inhaltlich zutrifft, nicht reißerisch und bertrieben ist, sondern sich auf die sachliche Information beschrnkt und auch nicht von der Hersteller-/Verkuferseite vorformuliert oder vorgegeben wurde. In diesen Fllen handelt es sich um zulssige Produktinformationen, ber die redaktionell berichtet werden darf. Fehlt es dagegen an jedem Neuigkeitswert hinsichtlich der beschriebenen Produkte (z. B. aus dem Segment „Bauen und Wohnen“), unterscheiden sie sich nicht von der Masse der anderen auf dem Markt befindlichen Angebote, so ist dies ein Beleg fr Schleichwerbung: OLG Dsseldorf, AfP 1994, S. 311. 4 BGH, GRUR 1998, S. 481, 482 – Der BGH spricht davon, dass in diesen Fllen „noch nicht einmal das Mindestmaß journalistischer Ttigkeit, nmlich die Bearbeitung der Presseinformationen der Unternehmen, geleistet wurde“. 5 LG Kçln, AfP 1989, S. 573–574; BGH, AfP 1994, S. 141; s. a. OLG Hamm, GRUR 1991, S. 856. 6 BGH, AfP 1993, S. 568, 569; sind die PR-Informationen dagegen getarnte Werbung, so muss der Verlag sie entsprechend kennzeichnen, sonst handelt er wettbewerbswidrig, BGH, AfP 1993, S. 569 – dazu auch der Fall, der der Entscheidung des OLG Hamm (AfP 1992, S. 281) zugrunde lag: eine Zeitung hatte einen werbenden PR-Artikel eines gemeinntzigen Vereins abgedruckt, in dem zustzlich aufgefordert wurde, die Vereinszeitschrift zu beziehen. Das informierende Unternehmen ist grundstzlich nicht verpflichtet zu verlangen, dass ihr der redaktio-

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– Die sachliche Information tritt in der Form der Darstellung so in den Hintergrund, dass der redaktionelle Beitrag „reklamehafte“ Zge gewinnt. Daran ist beispielsweise zu denken, wenn einzelne Herstellernamen und Produktbezeichnungen besonders herausgestellt und evtl. Firmenfotos abgedruckt werden.1 Gleiches gilt, wenn die von den Unternehmen gebrauchten werblichen Anpreisungen (fast) unverndert in den „redaktionellen“ Text einfließen (bernahme des Werbeslogan). Der BGH spricht insoweit davon, dass Schleichwerbung dann vorliege, wenn sich der Artikel „ohne jede kritische Distanz“ allein mit dem beschriebenen Produkt/Unternehmen befasst und „dessen Vorzge in einer Weise lobend hervorhebt, die bei dem Verkehr den Eindruck erweckt, dass von redaktioneller Seite, eine Nutzung des Produkts bzw. der Leistungen des Unternehmens empfohlen werde“.2 – Ein ganz wesentliches Indiz ist die betont lobende, anpreisende Wortwahl in dem Bericht („außerordentlich gnstige Preise“, „zu unserer eigenen berraschung konnten wir feststellen“, „es drfte sich lohnen“, „Einzelheiten erklrt Ihnen bereitwillig das Verkaufspersonal“). Teilweise scheut man sogar vor marktschreierischen, reißerischen Formulierungen nicht zurck („es handelt sich nicht um einen Elektromarkt, sondern um ein riesiges Fachgeschft mit jedem erdenklichen Service und erstklassiger Fachberatung“). Schließlich finden sich schwrmerische Aussagen („die neu geschaffene Atmosphre des Geschfts macht den Einkauf zum Erlebnis“).3 – Sorgfltig ist zu klren, ob in dem Hinzufgen der Internetadresse (gegebenenfalls als Hyperlink) in einen Bericht ber ein Unternehmen und dessen Produkte/Dienstleistungen als unzulssige redaktionelle Werbung anzusehen ist.4 Entscheidend ist auch hier, ob ein allgemeines Informationsinteresse wegen der Neuheit des Produktes/der

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nelle Bericht vor der Verçffentlichung vorzulegen ist (BGH, Urteil v. 19.10.1995 – Az. I ZR 227/93). Nach einer Entscheidung des BGH (AfP 1998, S. 54) soll es als Anscheinsbeweis fr redaktionell getarnte Werbung nicht ausreichen, wenn in einem Printobjekt redaktionell ber bestimmte Medikamente berichtet wird und die Herstellerfirma „wenige Monate spter“ eine redaktionell gestaltete Anzeigen vergleichbaren Inhalts aufgibt. In diesem Sinn hat das OLG Kçln (OLGR 1992, 386) die „Abbildung des Unternehmers vor seinem Warensortiment“ als Indiz fr Schleichwerbung angesehen. BGH, AfP 1994, S. 136, 137. OLG Kçln, AfP 1992, S. 272, 273; Grçning, WRP 1993, S. 685, 687. Wird in einem Artikel, der ein Unternehmen lobend erwhnt, der Unternehmer ausfhrlich wçrtlich zitiert, so ist dies allein noch kein Indiz fr getarnte Werbung, sofern der Artikel sachlich in Ordnung ist: OLG Hamm, AfP 1992, S. 256, 257. Im konkreten Fall verneinend: BGH, WRP 2004, S. 899. Das OLG Mnchen (Urteil v. 8.2.2001 – Az. 29 U 4909/00) hat es als unzulssig angesehen, wenn in „unmittelbarem Zusammenhang mit redaktionellen Verçffentlichungen … die Firmendaten, Straße, Ort, Telefonnummer, E-Mail-Adresse und Internetanschluss“ verçffentlicht werden.

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Dienstleistung diesen Hinweis auf die Internetadresse zu rechtfertigen vermag, oder ob es sich um eine anzeigenersetzende Adressenangabe handelt. – Der redaktionelle Bericht wirkt in gleicher Weise wie eine Werbeanzeige als ein „Kaufappell“ gegenber den Lesern, es wird eine offene oder doch mittelbare Kaufempfehlung ausgesprochen („Werbung als Berichterstattung, nicht Werbung in der Berichterstattung“).1 – Verbindet das jeweilige Printmedium mit dem Abdruck des redaktionellen Beitrages eigene wirtschaftliche Interessen, indem z. B. ber Wettbewerbe und Preisausschreiben berichtet wird, an denen der Verlag beteiligt ist, so kann auch dies als Indiz fr getarnte Werbung gewertet werden.2 Wird in dieser Weise quasi „anzeigenersetzend“ im redaktionellen Teil aus dem Wirtschaftsleben berichtet, so sprechen die Indizien dafr, dass es nicht mehr um die sachliche Darstellung von einschlgigen Themen geht, die den Leser interessieren, sondern um Schleichwerbung zugunsten bestimmter Unternehmen.3 Dieser „Indizienbeweis“ muss selbst dann erbracht werden, wenn der lobende Bericht zusammen mit Anzeigen des herausgestellten Unternehmens in ein und derselben Ausgabe des Printmediums abgedruckt ist.4 Whrend sonst nur vermutet werden kann, der Abdruck der Schleichwerbung erfolge in der Hoffnung, das positiv prsentierte Unternehmen werde „zum Dank“ zuknftig Anzeigen schalten, scheint sich in diesen Fllen die Hoffnung bereits erfllt zu haben.5 Aber auch insoweit ist es denkbar, dass sich die redaktionelle „Zugabe“ auf die Schilderung sachlicher Angaben beschrnkt und so die Information der Allgemeinheit augenfllig im Vordergrund steht. Treten keine weiteren Umstnde hinzu, kann auch aus der Verknpfung von sachlich gehaltenem redaktionellem

1 OLG Hamburg, AfP 2000, S. 89; s. a. Prinz/Peters, 8. Kap. Rz. 233. 2 OLG Dsseldorf, AfP 1988, S. 354 ff.; das OLG Hamburg (WRP 2000, S. 647) sieht in der „reklamehaften“ Wortwahl eines Chefredakteurs bei einem Interview mit Blick auf Konkurrenzbltter kein Handeln in Wettbewerbsabsicht; s. a. OLG Hamburg, AfP 1998, S. 76. 3 Dazu insgesamt: OLG Frankfurt, AfP 1988, S. 60; OLG Hamm, WRP 1981, S. 110; OLG Mnchen, WRP 1983, S. 176; OLG Saarbrcken, WRP 1987, S. 509 und AfP 1988, S. 136–137; OLG Frankfurt, ZUM 1985, S. 330–331; KG, GRUR 1987, S. 719; OLG Hamm, Urteil v. 30.10.1984 (Az. 4 U 247/84); OLG Kçln, ArchPR 1971, S. 128; OLG Frankfurt, AfP 1988, S. 60; OLG Hamm, ArchPR 1972, S. 134; OLG Hamm, AfP 1972, S. 288; OLG Hamm, AfP 1979, S. 259; Kohl, AfP 1984, S. 207–209; Ochs, Rz. 104, 105; Rodekamp, GRUR 1980, S. 272; Fuchs, GRUR 1988, S. 740. 4 BGH, AfP 1993, S. 735; s. a. BGH, AfP 1994, S. 136, 137. 5 Dazu: OLG Dsseldorf, WRP 1986, S. 588; s. a. OLG Frankfurt, ZUM 1985, S. 331; BGH, GRUR 1981, S. 836 (Getarnte Werbung I).

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Beitrag und Insertion des beschriebenen Unternehmens nicht auf einen Verstoß gegen § 4 Nr. 3 UWG geschlossen werden.1 382

Bei der Prfung der Frage, inwieweit der redaktionelle Bericht Sachinformationen bietet bzw. inwieweit er reklamehafte Zge trgt, ist im brigen mitzubedenken, welchen Aufmerksamkeitswert das beschriebene Wirtschaftsgeschehen in der betroffenen Region genießt.2 So kann die relativ bescheidene Erweiterung eines Fachgeschfts fr ein kleinstdtisches Leserpublikum durchaus Anlass fr eine redaktionelle Berichterstattung sein, whrend man in der Großstadt von diesem Vorgang so gut wie gar keine Kenntnis nimmt.3 In diesem Fall wrde es fr eine „lobende“ Erwhnung im redaktionellen Teil an dem „rechtfertigenden Anlass“ fehlen.4

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Auch aus dem Blickwinkel der Leserschaft sind deutliche Unterschiede zu machen. Zeichnet sich beispielsweise der redaktionelle Text eines Anzeigenblattes ohnehin schon durch eine „blumige“ Sprache aus, so darf man auch bei redaktionellen Hinweisen keinen zu strengen Maßstab anlegen. Andererseits sind die Anlsse, die eine lobende Herausstellung eines Wirtschaftsunternehmens begrnden, bei einem Anzeigenblatt weit weniger „hoch“ anzusetzen als etwa bei einer regionalen Abonnementszeitung.5

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Besondere Schwierigkeiten bereitet die Einordnung redaktioneller Einkaufstips bzw. entsprechender Marktbersichten, in denen ausgewhlte Warenangebote von Einzelhndlern (oder Versandhusern) mit Preisangaben abgedruckt werden.6 Beschrnken sich diese Hinweise auf sachbezogene Preis- und Produktinformationen, so ist dies durch das Informationsinteresse der Leser gedeckt.7 Der rechtfertigende publizistische Anlass fr derartige redaktionelle Hinweise ist dann nicht in einem be-

1 Dazu: BGH, AfP 1993, S. 735; OLG Saarbrcken, WRP 1987, S. 509; OLG Frankfurt, AfP 1988, S. 60; OLG Hamburg, WRP 1984, S. 629. 2 Dazu anschaulich mit Nachweisen auf die Rtspr.: Wenzel, § 5 Rz. 360; Ahrens, § 74 Rz. 52; Ahrens, GRUR 1995, S. 307, 311. 3 Nach einer Entscheidung des KG Berlin (AfP 1987, S. 697, 698) hat die Erçffnung eines (kleinen) Musikgeschftes in einem der Berliner Bezirke „eine gewisse lokale Bedeutung“, so dass darber berichtet werden darf. Ebenso wurde in einer Pelzmodenschau eines Krschnergeschftes eine „gesellschaftliche Bedeutung“ gesehen und die redaktionelle Berichterstattung als zulssig angesehen. 4 OLG Hamm, AfP 1992, S. 256. 5 OLG Rostock, OLGR 1999, S. 423; KG, GRUR 1987, S. 718; OLG Dsseldorf, WRP 1986, S. 558; OLG Hamburg, WRP 1984, S. 629. 6 OLG Karlsruhe, AfP 1989, S. 462; OLG Mnchen, AfP 1991, S. 628–629; s. a. Soehring, S. 312 Rz. 17.20. 7 KG Berlin, Urteil v. 21.2.1984 (Az. 5 U 5251/83) – das Gericht erachtet die Verçffentlichung von Firmensignets im Rahmen von Einkaufstipps fr zulssig.

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sonderen geschftlichen Ereignis, sondern in der Verbraucheraufklrang zu sehen.1 Lsst sich allerdings beobachten, dass gerade immer die Einzelhndler mit gnstigen Angeboten vorgestellt werden, die (noch) nicht zu den Inserenten des Printmediums zhlen, so deutet dies eher auf Schleichwerbung hin. Gleiches gilt, wenn neben der sachlichen Information ber Qualitt und Preis der Produkte reklamehafte Anpreisungen hinzugefgt bzw. die Produkte durch Fotos illustriert oder aber direkte Bezugshinweise (z. B. Bestell-/Telefonnummern) angegeben werden.2 Schließlich wird man auch zu fragen haben, welche Auswahlkriterien den Marktbersichten zugrunde liegen. Dabei drfte der selbstgesetzte journalistische Maßstab die Richtschnur sein: liegt der Prsentation der Einkaufstipps ein objektives, auf journalistischen Kriterien beruhendes Auswahlverfahren zugrunde, so sind diese Marktbersichten zulssig. Stehen hinter der Auswahl der vorgestellten Produkte jedoch berwiegend kaufmnnische (Verlags-)berlegungen (Akquisition von Inseraten), so wird Schleichwerbung zugunsten gegenwrtiger bzw. zuknftiger Anzeigenkunden betrieben.3 Eine wesentliche Hilfe bei der Ermittlung, ob getarnte Werbung vorliegt, liefern die von den Verlegerverbnden und dem ZAW gelegten „Richtlinien fr redaktionelle Hinweise in Zeitungen und Zeitschriften“, in denen zu einzelnen Wirtschaftsbereichen die geltenden Standesgrundstze zur Vermeidung von kaschierter Werbung aufgefhrt sind (R Rz. P 345 ff.).

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Vertrge, in denen jemand die Verpflichtung bernimmt, Schleichwerbung (in redaktioneller Form) in der Presse unterzubringen, werden als sittenwidrig eingestuft.4 Bereits in der Vorlage kaschierter Werbung in Form eines druckreifen redaktionellen Hinweises an die Redaktion wird ein drohender Wettbewerbsverstoß gesehen.5 Schließlich kçnnen es die Verlage Dritten untersagen, z. B. Markenartikelunternehmen anzusprechen und ihnen das Angebot zu machen, dafr zu sorgen, deren Produkte in den Druckobjekten des Verlages redaktionell zu prsentieren.6

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1 OLG Hamburg, WRP 1984, S. 629. 2 OLG Hamm, AfP 1979, S. 259; s. dazu: Rodekamp, GRUR 1980, S. 275. 3 OLG Mnchen, AfP 1997, S. 915, 918; Kohl, AfP 1984, S. 208; zu den „Auswahlkriterien“ hinsichtlich der Frage, wer in einer redaktionellen Berichterstattung Erwhnung findet und wer nicht: BGH, GRUR 1997, S. 912; LG Mnchen, AfP 1997, S. 945. 4 LG Stuttgart, ArchPR 1968, S. 93; s. a. OLG Dsseldorf, WRP 1975, S. 602 ff. 5 Wirtz, WRP 1985, S. 190; s. a. BGH, GRUR 1981, S. 835. 6 Beschluss LG Kçln v. 15.6.1984 (Az. 31 O 242/84).

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Rath-Glawatz 255

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Sittenwidrigkeit/Anzeigenauftrge 387

Angesichts der vermehrt abgedruckten (gewerblichen) Telefonsex-Anzeigen musste sich die Rechtsprechung mit der Frage beschftigen, ob Vertrge ber die Verçffentlichung derartiger Anzeigen gem. §§ 119, 120 OWiG unzulssig bzw. gem. §§ 134, 138 BGB sittenwidrig und damit nichtig sind.1 Sieht man Insertionsvertrge ber (gewerbliche) Telefonsex-Anzeigen „wegen der Verbreitung von Gelegenheiten zu sexuellen Handlungen“ (§ 120 Abs. 1 Nr. 2 OWiG) als unwirksam an,2 so kann der Zeitungsverlag, wenn er nicht ohnehin generell auf Vorkasse bei derartigen Anzeigenverçffentlichungen besteht,3 seinen vertraglichen Anspruch aus dem Abdruck der Anzeigen nicht durchsetzen. Zugleich soll auch der Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 BGB), d. h. der Ausgleich fr den zur Verfgung gestellten Anzeigenraum, ausgeschlossen sein.4 Diese Rechtsansicht berzeugt nicht.5 Zutreffend wird unter Hinweis auf den Meinungsstand in der Literatur darauf hingewiesen, dass unter „sexuellen Handlungen“ i. S. d. §§ 119, 120 OWiG „nur solche Handlungen zu verstehen sind, bei denen der eigene oder ein fremder Kçrper eingesetzt wird“. Dies scheide bei den in Frage stehenden Telefonsex-Anzeigen „von vornherein“ aus. Nicht einmal ein indirekter Bezug zur „Prostitution“ sei gegeben.6 Im brigen ist der Anzeigenvertrag nicht wegen Verstoßes gegen § 138 BGB nichtig.7 Und selbst wenn man (auch heute noch) eine Sittenwidrigkeit bei der Fhrung sexualbezogener Telefongesprche annimmt, so ergreift diese Sittenwidrigkeit nicht den Anzeigenvertrag, der nur dazu dient, das eigentliche Telefonat anzubahnen.8

1 Generell dazu: Lçffler/Ricker, S. 412 Rz. 16; Lçffler, BT Anz Rz. 42; Behm, NJW 1990, S. 1822 ff. 2 LG Bonn, NJW 1989, S. 2544 ff. (das Gericht spricht von „Telefongesprchen sexuell stimulierenden Inhalts“); im Ergebnis ebenso: AG Garmisch-Partenkirchen, NJW 1990, S. 1856/1857. 3 Selbst bei Sittenwidrigkeit des Anzeigenvertrages kann der Verlag gem. § 817 Satz 2 BGB das (per Vorkasse) gezahlte Anzeigenentgelt behalten: Pfeiffer, BGH, LM § 134 BGB Nr. 141. 4 LG Bonn, NJW 1989, S. 2544. 5 Im Ergebnis ebenso: Lçffler, BT Anz Rz. 42 (m. N. a. die Rtspr.). 6 OLG Stuttgart, AfP 1989, S. 750; Lçffler/Ricker, S. 413 Rz. 16 (mit weiteren Nachweisen auf die Rtspr.); im Ergebnis ebenso: AG Offenbach, NJW 1988, S. 1097; AG Dsseldorf, NJW 1990, S. 1856; AG Bad Mergentheim, Urteil v. 10.6.1988 (Az. 3 C 177/88); Behm, NJW 1990, S. 1823. 7 Palandt/Heinrichs, § 318 Rz. 52a. 8 OLG Stuttgart, AfP 1989, S. 751; s. a.: AG Bad Mergentheim, Urteil v. 10.6.1988 (Az. 3 C 177/88); Behm, NJW 1990, S. 1823/1824.

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256 Rath-Glawatz

Sittenwidrigkeit/Anzeigenauftrge

Rz. 388 P

Geht man jedoch zutreffenderweise davon aus, dass auch die „Vermittlung und Fhrung“ von derartigen Gesprchen nicht sittenwidrig ist und die Telefongesellschaften die Bezahlung der Telefongesprche verlangen kçnnen,1 so gilt dies erst recht fr die Inserate, in denen fr die spter gefhrten Telefonsexgesprche geworben wird. Schließlich kann auf die Urteile verwiesen werden, die mit Blick auf „Kontaktanzeigen“ eine Sittenwidrigkeit des Anzeigenvertrages verneint haben.2 Die genannten Rechtsfragen stellen sich auch beim Abdruck (gewerb- 388 licher) Kontaktanzeigen, in denen mçglicherweise „Gelegenheit zu entgeltlichen sexuellen Handlungen“ angeboten wird (R Rz. P 440). Der BGH hat entschieden, dass derartige Anzeigen selbst dann gegen § 120 OWiG verstoßen und nach § 134 BGB nichtig sein sollen, wenn in ihnen nicht „ausdrcklich“ fr Prostitution geworben wird (Fall der „neutralen“ Werbung).3 Hat der Verlag die Anzeigen ohne Vorkasse verçffentlicht, so besitzt er nach dieser BGH-Entscheidung weder aus Vertrag noch aus Bereicherung einen Anspruch auf Bezahlung der Abdruckkosten.4 Gegen die Entscheidung des BGH lsst sich eine Flle von Argumenten vortragen: es bleibt zunchst festzuhalten, dass Anzeigen, in denen etwa unter der Rubrik „Club-Bars“ fr „Schçne Stunden zu zweit“ geworben wird, nach dem objektiv erkennbaren Inhalt der Anzeige nicht eindeutig „Gelegenheit zu entgeltlichen sexuellen Handlungen“ i. S. d. §§ 119, 120 OWiG anbieten.5 Außerdem ist nicht nachzuvollziehen, dass die Ordnungsbehçrden den Abdruck der fraglichen Anzeigen in großem Stil aus einer Vielzahl von Grnden dulden, der Verlag aber im Fall der Zahlungsweigerung des Inserenten seine Ansprche nicht voll durchsetzen kçnnen.6 Im brigen handelt der Anzeigenkunde arglistig, wenn er die umstrittenen Anzeigen in Auftrag gibt (und selbst daraus finanziellen Vorteil schçpft bzw. erhlt) und sich dann unter Hinweis auf die – vorgebliche – Sittenwidrigkeit der Verçffentlichung dem Anspruch auf Erstattung aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung zu entziehen versucht.7 Schließlich gilt auch fr diese Anzeigen, dass der Anzeigenver-

1 Dazu etwa: OLG Jena, AfP 2001, S. 345; OLG Brandenburg, OLGR 2002, S. 26; s. a. OLG Saarbrcken, OLGR 2001, 463. 2 AG Heidelberg, NJW-RR 1998, S. 260, 261; AG Berlin-Kçpenick, NJW 2002, S. 1885. 3 BGH, AfP 1992, S. 251 ff.; dazu auch: Lçffler/Ricker, S. 412 Rz. 16; Lçffler, BT Anz Rz. 42. 4 BGH, AfP 1992, S. 253–255; s. a. OLG Frankfurt, AfP 1985, S. 40–41. 5 Dazu die zutreffenden Feststellungen in der vorauslaufenden Entscheidung des OLG Frankfurt (AfP 1991, S. 635 ff.), denen der BGH jedoch nicht gefolgt ist (AfP 1992, S. 251 ff.). 6 Dazu: AG Heidelberg, NJW-RR 1998, S. 260/261. 7 Ebenso: AG Heidelberg, NJW-RR 1998, S. 261.

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Rath-Glawatz 257

P Rz. 389

Staatliche Publikationen/Anzeigen

trag selbst schwerlich sittenwidrig i. S. d. § 138 BGB sein kann. Denn das Unwerturteil trifft mçgliche „Folgehandlungen“, nicht aber den zivilrechtlichen Vorgang des Abschlusses des in sich wertneutralen Anzeigenvertrages.1 Heute ist damit davon auszugehen, dass die Vorschrift des § 120 Abs. 1 Nr. 2 OWiG nicht die privatrechtliche Wirksamkeit von Kontaktanzeigenvertrgen betrifft.2

Staatliche Publikationen/Anzeigen 389

Tritt „der Staat“ als Printmedienverleger auf,3 so lsst sich dies als privatwirtschaftliche Ttigkeit der çffentlichen Hand charakterisieren.4 Verçffentlichen die staatlichen Printmedien neben amtlichen Mitteilungen und/oder redaktionellen Texten auch (gewerbliche) Anzeigen, so tritt die çffentliche Hand in einen Wettbewerb mit den konkurrierenden privaten Verlagsunternehmen um die Gunst der Anzeigenkunden.5 Dabei spielt es keine Rolle, ob die staatlichen Druckobjekte nur gegen Entgelt zu haben sind oder aber unentgeltlich abgegeben werden. Denn das Konkurrenzverhltnis gegenber den privaten Anbietern von „Anzeigenraum“ bleibt in jedem Fall unverndert bestehen.6

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Bei verlegerischer Ttigkeit der çffentlichen Hand ist damit auf dem Leser- und/oder Anzeigenmarkt ein direktes Wettbewerbsverhltnis i. S. d.

1 Insgesamt sehr ausfhrlich und berzeugend: OLG Frankfurt, AfP 1991, S. 637, 638. 2 AG Heidelberg, NJW-RR 1998, S. 260, 261; AG Berlin-Kçpenick, NJW 2002 S. 1885 (fr den Fall einer „Begleitagentur-Anzeige); im Ergebnis ebenso: Lçffler, BT Anz Rz. 42; Palandt/Heinrichs, § 138 Rz. 52; zu der Frage, wann ein „Wettbewerber“ die Verçffentlichung von Kontaktanzeigen untersagen kann: OLG Hamm, Urteil v. 9.9.2003 – Az. 15 O 52/03. 3 Von „staatlicher“ Verlegerttigkeit lsst sich immer dann sprechen, wenn çffentlich-rechtliche Institutionen (Bundes-/Landesministerien bzw. Behçrden, Kommunen, çffentlich-rechtliche Kçrperschaften usw.) Printerzeugnisse selbst herausgeben bzw. herausgeben lassen; so z. B. zur Frage der Verçffentlichungspraxis der Stiftung Warentest: Paschke, AfP 1991, S. 683 ff. 4 Dazu generell: Harte/Henning, Einl F Rz. 27; Piper, GRUR 1986, S. 575; v. Gamm, WRP 1984, S. 303. Auf den Bereich der in unregelmßigen Abstnden erscheinenden staatlichen (Informations-)Broschren, in denen u. U. auch gewerbliche Anzeigen abgedruckt werden (dazu: Kohl, AfP 1981, S. 326, 327), wird nicht nher eingegangen; in dem hier interessierenden Zusammenhang werden nur die periodisch erscheinenden staatlichen Printerzeugnisse untersucht. 5 BGH, WRP 1971, S. 219. 6 OLG Saarbrcken, NJW 1971, S. 893.

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258 Rath-Glawatz

Staatliche Publikationen/Anzeigen

Rz. 391 P

§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UWG zu den entsprechenden Objekten der privaten Verlage gegeben.1 Dieses Wettbewerbsverhltnis besteht auch dann, wenn „der Staat“ zwar seine Publikationsttigkeit ganz oder teilweise auf private Verlage bertrgt, aber weiterhin die Grundzge des Inhalts und des Marktverhaltens des jeweiligen Printprodukts bestimmt.2 Folgt man der inzwischen weit verbreiteten These, dass auch der çffentlichen Hand privatwirtschaftliche Bettigung (das Handeln als Unternehmer in Konkurrenz zu privaten Mitbewerbern) grundstzlich nicht verschlossen ist,3 so wrde dies auch fr den Printmedienbereich gelten. Bercksichtigt man demgegenber jedoch, dass der Kern der Grundrechtsverbrgung der Pressefreiheit in Art. 5 GG gerade darin zu sehen ist, dass die freie, privatwirtschaftlich organisierte Presse vor Eingriffen staatlicher Organe geschtzt werden soll,4 so muss ein Marktzutrittsrecht des Staates im Pressebereich erheblichen Bedenken begegnen.5 Spricht man im konkreten Einzelfall der jeweiligen çffentlich-rechtlichen Institution ohnehin die Befugnis ab, berhaupt als „Publizist“ mit eigenen Druckerzeugnissen auf dem Markt zu erscheinen,6 stellt sich die Fra1 BGH, GRUR 1973, S. 330; OLG Saarbrcken, NJW 1971, S. 892; v. Gamm, WRP 1984, S. 307; Paschke, AfP 1991, S. 683, 688 ff. Bezogen auf das Anzeigengeschft: Kremmer, Die rechtliche Problematik des kommunalen Pressewesens, S. 173, 176/177. 2 Dazu: Schubert, Die verfassungsrechtliche Vereinbarkeit des kommunalen Amtsblattes mit der Lokalpresse, S. 26; s. a.: BGH, WRP 1971, S. 220. 3 BGH, WRP 1971, S. 220; eingehend zu dieser Frage: Lerche, AfP 1984, S. 188 ff.; s. a.: Kohl, AfP 1981, S. 328; Ricker, AfP 1981, S. 324; Piper, GRUR 1986, S. 575; v. Gamm, WRP 1984, S. 303, 305; Konow, WRP 1973, S. 133; Paschke, AfP 1991, S. 685. 4 Dazu etwa: BVerfG, NJW 1966, S. 1604/1605. 5 BGH, GRUR 1973, S. 531; BGH, GRUR 1959, S. 244, 249 (Versandbuchhandel); Kohl, AfP 1981, S. 330. 6 Ausgangspunkt fr alle berlegungen in diesem Zusammenhang muss die Feststellung des Bundesverfassungsgerichts sein, dass die der Presse nach Art. 5 GG zufallende „çffentliche Aufgabe“ nicht von der „organisierten staatlichen Gewalt erfllt werden kann“. Das Gericht geht dabei davon aus, dass sich Presseunternehmen „im gesellschaftlichen Raum frei bilden“ und „nach privatwirtschaftlichen Organisationsformen“ arbeiten (BVerfG, NJW 1966, S. 1604). Damit ist fr den Staat als Printmedienunternehmer im Pressebereich grundstzlich kein Raum. Man kann in Anlehnung an eine Formulierung, die v. Gamm in hnlichem Zusammenhang verwendet, davon sprechen, Art. 5 GG stelle folglich ein „Schutzgesetz zu Gunsten Privater“ dar, das „die Angehçrigen der Privatwirtschaft vor dem Wettbewerb der çffentlichen Hand“ schtzen soll (v. Gamm, WRP 1984, S. 306). Dem entspricht es auch, dass es der çffentlichen Hand verwehrt ist, sich selbst fr eine beabsichtigte publizistische Ttigkeit auf Art. 5 GG zu berufen. Denn wenn dieses Grundrecht gerade private Pressettigkeit vor staatlichen Eingriffen schtzen soll, kann es nicht gleichzeitig Legitimationsbasis fr staatliche Pressettigkeit sein (Ricker, AfP 1981, S. 324). Dementsprechend hlt ein staatliches, periodisch erscheinendes Presseprodukt grundstzlich

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Rath-Glawatz 259

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P Rz. 392

Staatliche Publikationen/Anzeigen

ge nach der Legitimitt des Abdrucks von Anzeigen nicht mehr. Kommt man jedoch zu dem Ergebnis, dass gegen die verlegerische Ttigkeit des Staates durch die Herausgabe eigener Printerzeugnisse keine grundlegenden Bedenken bestehen, so bleibt im zweiten Schritt zu untersuchen, ob es „dem Staat“ als Verleger erlaubt ist, sich zugleich auch noch als Konkurrent auf dem Anzeigenmarkt zu bettigen.1 Dabei ist unabhngig von der verfassungsrechtlichen Frage-Stellung2 selbstverstndlich mit zu prfen, ob und inwieweit gegebenenfalls einfachgesetzliche, privatrechtliche Normen wie etwa Vorschriften des Wettbewerbsrechts Verbote bzw. Grenzen setzen.3 Im brigen ist es auch denkbar, dass spezielle çffentlich-rechtliche Vorschriften der staatlichen Bettigung im (Redaktionsund/oder) Anzeigengeschft Grenzen setzen.4 392

Aus der Rechtsprechung ist zur Frage der Zulssigkeit von Anzeigenverçffentlichungen in staatlichen Publikationen auf folgende Entscheidungen hinzuweisen: Der BGH hat in seinem „rztekammer-Urteil“ entschieden, dass es (wettbewerbs-)rechtlich zulssig sei, wenn in einer von einer rztekammer herausgegebenen, kostenlos an ihre Mitglieder verteilten Zeitschrift, die auf dem fraglichen Markt mit einer privaten rztlichen Fachzeitschrift konkurriert, auch gewerbliche Anzeigen „im blichen Rahmen“ abgedruckt werden.5 Gegenber dem Argument der privaten rztefachzeitschrift, dass die rztliche Fachpresse weitgehend vom Anzeigengeschft „lebt“, erklrt der BGH, es entspreche einer seit langem beste-

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5

nur dann verfassungsrechtlicher Prfung stand, wenn auf dem jeweiligen Marktsegment (Zeitungen, Publikums- bzw. Fachzeitschriften) der private Wettbewerb entweder berhaupt nicht mehr funktioniert und deshalb in einem extremen Ausnahmefall zur Sicherung der freien, çffentlichen Meinungsbildung eine „Korrektur“ durch staatliche Produkte erforderlich wre oder aber der Wettbewerb durch die Zahl der angebotenen privaten Titel so gut funktioniert, dass das staatliche Presseprodukt keine nennenswerte Konkurrenz darstellt (Ricker, AfP 1981, S. 322, 325; Kohl, AfP 1981, S. 330; Emmerich, AfP 1986, S. 209). Zu dieser Fragestellung: Plenge, Die Zulssigkeit staatlicher Zeitungen und Zeitschriften, S. 106. In diesem Zusammenhang gilt es zu bedenken, dass – hnlich wie die Rundfunkfreiheit (OLG Koblenz, AfP 2001, 414, 417 in Sachen ZDF-Medienpark) – auch die Pressefreiheit ein wichtiges Gemeinschaftsgut ist, das presserechtlichen Aktivitten des Staates engste Grenzen setzt. Dazu generell: Harte/Henning, Einl F Rz. 32 ff., 34. Piper, GRUR 1986, S. 575, 578; v. Gamm, WRP 1984, S. 305; Paschke, AfP 1991, S. 683. In den einzelnen Bundeslndern existieren z. T. Vorschriften, in denen jeweils geregelt ist, ob und inwieweit in staatlichen Publikationen (Amtsblttern usw.) Anzeigen verçffentlicht werden drfen oder nicht. So wird z. B. fr Niedersachsen bezogen auf Amtsbltter die Aufnahme von „Werbung zu Zwecken des Wettbewerbs im geschftlichen Verkehr“ generell untersagt (VO v. 9.12.1998). Die entsprechende VO fr Hessen (v. 12.10.1977) untersagt jede Aufnahme von „Anzeigen“ in Amtsblttern. BGH, WRP 1971, S. 219 ff.

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260 Rath-Glawatz

Staatliche Publikationen/Anzeigen

Rz. 393 P

henden „bung“, in offiziellen Mitteilungsblttern Anzeigenraum gegen Entgelt zur Verfgung zu stellen. Es sei deshalb grundstzlich rechtlich nicht zu beanstanden, wenn die çffentliche Hand durch die Beteiligung am Anzeigengeschft die Gewinne von Mitwettbewerbern schmlere, jedenfalls solange sich der Staat im Rahmen dessen bewege, was weithin und seit langem blich sei. In seiner Entscheidung „Crailsheimer Stadtblatt“ hat der BGH das Begehren einer lokalen Tageszeitung, es der çrtlichen Gemeinde zu versagen, in ihrem amtlichen Mitteilungsblatt, das wçchentlich kostenlos an alle Haushalte abgegeben wird, neben den amtlichen Mitteilungen und redaktionellen Verçffentlichungen auch gewerbliche Anzeigen abzudrucken, als nicht begrndet zurckgewiesen.1 Selbst dann, wenn die çrtliche Tageszeitung gewisse Einbußen im Anzeigengeschft erleide, so msse dies hingenommen werden. Erst dann, wenn daraus eine tatschliche ernsthafte Bestandsgefhrdung erwachse, sei das Verhalten der Kommune mit Blick auf Art. 5 GG zu beanstanden. Den gegenteiligen Standpunkt nimmt das LG Wiesbaden ein, indem es einem stdtischen Versorgungswerk untersagt, in seine kostenlos verteilte Kundenzeitschrift Anzeigen aufzunehmen.2 Aus der Literatur ist auf folgende Stimmen zu verweisen:

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Kohl3

stellt fest, dass „staatliche Publikationen – auf welcher Ebene auch immer –, soweit sie zeitungshnlichen Charakter tragen, dann als sittenwidrig i. S. d. § 1 UWG einzustufen sind, wenn sie periodisch erscheinen, einen dem Leser umfassend erscheinenden redaktionellen Teil und Anzeigen enthalten sowie unentgeltlich vertrieben werden“. Bezogen auf die Entscheidung des BGH im Fall „Crailsheimer Stadtblatt“ sei das Urteil nur dann richtig, wenn das Stadtblatt keinen die Tageszeitung substituierenden Charakter habe. Andernfalls drften keine redaktionellen Texte und Anzeigen abgedruckt werden. Gleiches gelte auch fr die „rztekammer“-Entscheidung des BGH: „Wenn ein ‚Kammerblatt‘, welches unentgeltlich an die Mitglieder abgegeben wird, neben ‚Amtlichem‘ eine solche Flle von Fachaufstzen enthlt, dass es eine Fachzeitschrift in den Augen der Rezipienten substituieren kann, und wenn dieses Blatt

1 BGH, GRUR 1973, S. 350 ff.; s. a. die erstinstanzliche Entscheidung des LG Ellwangen, ArchPR 1969, S. 71/72. 2 LG Wiesbaden, NJW 1961, S. 2118; zustimmende Anmerkung von Wenzel, NJW 1961, S. 2102 ff. Das Bundesverwaltungsgericht (NJW 1982, S. 1300/1301) und das OLG Koblenz (AfP 1986, S. 341) gehen bei der Beurteilung anderer Rechtsfragen im Zusammenhang mit amtlichen Publikationen wie selbstverstndlich davon aus, dass dort Anzeigen gegen Entgelt abgedruckt werden drfen (s. a.: OLG Wien, ArchPR 1966, S. 49/50; offengelassen: VGH Mannheim, ArchPR 1972, S. 100). 3 Kohl, AfP 1981, S. 326 ff.

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Rath-Glawatz 261

P Rz. 394

Staatliche Publikationen/Anzeigen

Anzeigen enthlt, so bedroht es die Struktur der freien, staatlich ungelenkten wissenschaftlichen Kaufpresse.“ Ricker1 spricht mit Blick auf die kommunalen Amtsbltter2 von einem Verbot staatlicher Pressettigkeit auf lokaler Ebene, sofern es sich dabei um Druckerzeugnisse handelt, die in „publizistischer oder wirtschaftlicher Konkurrenz“ zu den Lokalzeitungen stehen. Eine derartige Konkurrenz bestehe etwa in der „Abwerbung von Inserenten“ durch das staatliche Printmedium. Bezogen auf die Frage, ob die çffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten eigene Programmzeitschriften herausgeben und diese ganz oder teilweise aus Anzeigenerlçsen finanzieren drfen, sieht Scholz „die Grenze zulssiger Eigenwirtschaft der çffentlichen Hand berschritten“, whrend Kbler gegen eine Finanzierung aus Anzeigen keine Bedenken hat.3 394

Angesichts dieser unterschiedlichen Positionen ist Folgendes hervorzuheben: Die „çffentliche Hand“ tritt dann, wenn sie in den von ihr herausgegebenen periodischen Publikationen Anzeigen abdruckt, mit den privaten Printmedienverlegern in einen unmittelbaren Wettbewerb um die Inserenten.4 Fr diese Entscheidung der çffentlichen Hand, in das Anzeigengeschft „einzusteigen“, sind ausschließlich wirtschaftliche (finanzielle) Erwgungen ausschlaggebend. Rechtliche Grnde, einen Anzeigenteil in staatlichen Publikationen „vorzuhalten“, sind nicht erkennbar.5 Diese wirtschaftliche Bettigung der çffentlichen Hand ist in keinem Fall aus Grnden oder in Zusammenhang mit der sog. Daseinsvorsorge geboten, sondern stellt lediglich eine (fakultative) fiskalische Hilfsttigkeit dar.6 Bettigt sich der Staat in dieser Weise privatwirtschaftlich, so ist er

1 Ricker, in: Presserecht und Pressefreiheit, Festschrift fr Lçffler, S. 287 ff. 2 Nach einer Entscheidung des BGH (AfP 1992, S. 65) liegt in der Aufnahme (bernahme) eines Amtsblattes in ein Anzeigenblatt keine unbillige Behinderung und kein Wettbewerbsverstoß. Zur Frage der Subventionierung eines privaten Anzeigenblattes durch eine Gemeinde, das zugleich auch als kommunales Amtsblatt dient: OLG Frankfurt, Urteil v. 10.12.1992 – Az. 6 U 167/91. 3 Zitiert nach einer bersicht bei: Tettinger, AfP 1986, S. 306 ff. 4 Dazu: v. Gamm, WRP 1984, S. 306; Kohl, AfP 1981, S. 327. 5 Entschließt sich die çffentliche Hand allerdings zum Abdruck von Anzeigen, so kann z. B. bei einem Amtsblatt aus Gleichbehandlungsgrnden eine Anzeigenabdruckpflicht i. S. eines Kontrahierungszwangs gegeben sein – dazu: OLG Koblenz, AfP 1986, S. 341. 6 Der Anzeigenteil in einem staatlichen Printerzeugnis kann fr sich genommen in keinem Fall mit der çffentlichen Aufgabe der herausgebenden çffentlichrechtlichen Institution gerechtfertigt werden – dazu: BGH, GRUR 1973, S. 531; Kremmer, Die rechtliche Problematik des kommunalen Pressewesens, S. 107 ff., 113.

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262 Rath-Glawatz

Staatliche Publikationen/Anzeigen

Rz. 394 P

in jedem Fall gehalten, alle Wettbewerbsregeln zu beachten, die auch fr die private Konkurrenz gelten.1 Es kommt eine weitere entscheidende Verpflichtung hinzu: Um zu verhindern, dass die çffentliche Hand bei erwerbsorientierter Bettigung eine Gefhrdung des „Wettbewerbsbestandes“ in dem jeweiligen Markt herbeifhrt, ist der Staat in seinen (privat-)wirtschaftlichen Aktivitten zu „maßvollerem“ Verhalten, zu einer sonst nicht gebotenen Rcksichtnahme gegenber den privaten Konkurrenten verpflichtet.2 Das Willkrverbot, der Grundsatz der Verhltnismßigkeit und die Verpflichtung zur objektiven, neutralen Aufgabenwahrnehmung gelten fr die çffentliche Hand damit auch bei der Ausbung fiskalischer Hilfsttigkeiten.3 Bercksichtigt man weiter, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts „die Presse“ der „organisierten staatlichen Gewalt“ grundstzlich verschlossen ist und der Schutzbereich des Art. 5 GG nach zutreffender Auslegung auch eine verfassungsrechtliche Gewhrleistung der grundlegenden materiellen Existenzbedingungen fr die Presse enthlt, so kann ein wirtschaftlicher Wettbewerb staatlicher Periodika um Anzeigenkunden allenfalls in einem Rahmen zulssig sein, der fr die private Verlagskonkurrenz keine sprbaren Auswirkungen hat.4 Gewisse Erlçseinbußen bzw. Schwankungen sind zwar auch hier hinzunehmen.5 Die Grenze ist jedoch bereits dann berschritten, wenn etwa die private Konkurrenz auf Grund des Rckgangs bzw. der Stagnation des Anzeigenaufkommens infolge des Abdrucks von Anzeigen in fr den Leser substituierbaren staatlichen Periodika die redaktionellen Leistungen ihrer privaten Objekte nicht mehr halten kann. Sicherlich garantiert Art. 5 GG dem einzelnen privaten Printmedienverleger nicht den ungeschmlerten Besitzstand an Lesern bzw. Anzeigenkunden. Wird dieser Besitzstand jedoch wegen unmittelbarer wirtschaftlicher Konkurrenz der çffentlichen Hand im Anzeigengeschft ernsthaft gefhrdet, ist damit bereits der Rahmen zulssiger Aktivitten staatlicher Presseerzeugnisse auf dem Anzeigenmarkt gesprengt. Die Forderung der Rechtsprechung, dass erst der Nachweis konkreter Einbußen gefhrt werden msse, ehe unter dem Gesichtspunkt der „Gefhrdung des Wettbewerbs“ Unterlassungsansprche geltend gemacht werden kçnnen,6 lsst sich auf den hier interessierenden Zusammenhang wegen der besonderen verfassungsrechtlichen Gewhrleistung zugunsten der privaten Presse nicht bertragen. Es wrde dem Charakter des Art. 5 GG als 1 2 3 4 5 6

Dazu: Harte/Henning, § 3 Rz. 155. Dazu: Harte/Henning, Einl F Rz. 36, § 4 Nr. 10 Rz. 293. Umfassend: v. Gamm, WRP 1984, S. 308; Piper, GRUR 1986, S. 576. Kremmer, Die rechtliche Problematik des kommunalen Pressewesens, S. 151 ff. BGH, WRP 1971, S. 221. Bezogen auf die Gratisverteilung von Presseerzeugnissen: BGH, GRUR 1985, S. 881/882.

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Rath-Glawatz 263

P Rz. 395

Staatliche Publikationen/Anzeigen

„Schutzgesetz“ fr die freie Presse gerade auch gegen erwerbswirtschaftliche Konkurrenz der çffentlichen Hand durch die Herausgabe anzeigenfinanzierter Periodika zuwiderlaufen, Abwehransprche privater Presseverleger erst dann anerkennen zu wollen, wenn durch staatliche Konkurrenzobjekte auch ein tatschlich nachweisbarer wirtschaftlicher Schaden entstanden ist.1 Es muss vielmehr ausreichen, wenn auf Grund der Strukturdaten auf dem jeweiligen Printmedienmarkt die nachvollziehbare Prognose gegeben werden kann, dass fr den Fall des Hinzutretens eines staatlichen Titels mit einem Anzeigenteil bestimmten Umfangs die privaten Wettbewerber mit sprbaren wirtschaftlichen Auswirkungen zu rechnen haben.2 Der Umfang des Anzeigenteils in staatlichen Periodika ist deshalb stets so zu begrenzen, dass dadurch auf dem jeweiligen Marktsegment die wirtschaftliche Entwicklung der privaten Objekte nicht gefhrdet wird.3 395

bertrgt man diese Grundstze in die Anzeigenpraxis, so bedeutet dies im Wesentlichen Folgendes: Der Anzeigenteil eines staatlichen Periodikums darf keinesfalls so groß sein bzw. werden, dass damit das Presseprodukt den Charakter eines Anzeigenblattes erhlt und so die „çffentliche Ausrichtung“ verlorengeht.4 Entsteht der Eindruck, dass die redaktionellen Beitrge lediglich noch als Vehikel dienen, um der çffentlichen Hand einen „akzeptablen“ Rahmen fr das Anzeigengeschft zu bieten, so sind die Grundstze des lauteren Wettbewerbs nach § 1 UWG verletzt. Der Umfang des Anzeigenteils in staatlichen Presseerzeugnissen muss folglich ganz wesentlich hinter dem des redaktionellen Teils zurckbleiben. Es erscheint gerade noch vertretbar, wenn der Anzeigenteil in einem staatlichen Presseprodukt hçchstens ein Zehntel des Umfangs des redaktionellen Teils ausmacht. Denn nur dann kann man zutreffenderweise mit dem BGH davon sprechen, dass die „Verbreitung von Werbeanzei-

1 Allgemein mit Hinweisen auf die Rechtsprechung: Harms, Beilage Betriebsberater 17/1986, S. 15; zu der Frage, ob eine konkrete oder eine abstrakte Gefahr vorliegen muss, s. a.: Rath-Glawatz, AfP 1989, S. 570. 2 So wird in der Entscheidung des BGH (WRP 1971, S. 221) sowohl von „Schdigung“ als auch von „ernstlicher Gefhrdung“ gesprochen; zugleich erklrt das Gericht, der konkrete Nachweis fr eine ernstliche Gefhrdung sei in dem zu entscheidenden Fall nicht erbracht. 3 Dazu auch: BGH, WRP 1971, S. 221; so spricht etwa Plenge (Die Zulssigkeit staatlicher Zeitungen und Zeitschriften, S. 124) davon, dass Anzeigen nur mit „außerordentlicher Zurckhaltung“ abgedruckt werden drften; im Ergebnis ebenso: Harms, Beilage Betriebsberater 17/1986, S. 24; s. a. Baumbach/Hefermehl, § 4 Nr. 13 Rz. 13.32. 4 Allgemein zur Frage des Zusammenhangs zwischen çffentlich-rechtlicher Aufgabenstellung und der Bettigung als Presseunternehmer: Paschke, AfP 1991, S. 683 ff., 692.

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264 Rath-Glawatz

bernahme/Anzeigen

Rz. 398 P

gen“ in einem staatlichen Presseprodukt „nicht den Hauptzweck“ darstellt, sondern nur eine „untergeordnete Rolle“ spielt.1

bernahme/Anzeigen Wird eine Anzeige aus einem fremden Druckobjekt (mit Hilfe der Reprofotografie) „bernommen“ und in der eigenen Zeitung/Zeitschrift abgedruckt,2 ohne dass dafr ein Auftrag vorliegt, so ist dies unter dem Stichwort „Fllanzeige“ grundstzlich wettbewerbswidrig (R Rz. P 209). Besteht fr die jeweilige Anzeige darber hinaus beispielsweise aufgrund der Bestimmungen des Urheberrechts Sonderrechtsschutz (R Rz. P 404), so ist auch aus diesem Grund eine bernahme des Inserats unzulssig.3

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Fehlt es an einem derartigen Sonderrechtsschutz und liegt der fototechnischen bernahme der bereits andernorts verçffentlichten Anzeige, u. U. sogar als Ausfluss erfolgreicher „Ausschnittwerbung“ (R Rz. P 119 ff.), ein entsprechender Anzeigenauftrag zugrunde, ist streitig, ob dennoch in dem identischen Nachdruck, der bernahme der „fremden“ Anzeigenverçffentlichung, eine wettbewerbswidrige Handlung liegt.4

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Die Rechtsprechung geht berwiegend davon aus, dass „die bloße fototechnische bernahme von Anzeigen aus fremden Verçffentlichungen fr sich genommen nicht wettbewerbswidrig“ ist. Dies soll danach selbst dann gelten, wenn der „Nachahmer dabei Entwicklungs- oder Herstellungskosten einspart“.5

398

Dabei wird im Wesentlichen wie folgt argumentiert: – Der Nachahmer nutzt zwar ein fremdes Arbeitsergebnis aus und erspart dabei eigene Kosten. Dies ist jedoch nicht sittenwidrig, da dem Verlagsunternehmen, das die Anzeige zuerst verçffentlicht hat, aus der bernahme der abgedruckten Anzeige kein Schaden entsteht. Denn die dem Verlag entstandenen Kosten fr den Satz und den Abdruck des

1 BGH, GRUR 1973, S. 352. 2 Zum Fall der unzulssigen bernahme von (Stellen-)Anzeigen aus Tageszeitungen in Onlineangebote: OLG Mnchen, AfP 1999, S. 367; ebenso: Beschlussverfgung LG Mnchen v. 17.7.2001 – Az. 21 O 12636/01. 3 Lçffler, BT Anz Rz. 86. 4 Zur Frage, wann es wettbewerbswidrig ist, wenn ein Inserent die Anzeigengestaltung eines anderen Inserenten fr die eigene Werbung bernimmt: LG Mnchen, ArchPR 1970, S. 110. 5 OLG Hamm, AfP 1988, S. 66; OLG Mnchen, ArchPR 1977, S. 74/75; OLG Celle, ArchPR 1973, S. 131/132; anders: LG Frankfurt, Beschluss v. 29.7.1986 (Az. 2/6 O 360/86).

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Rath-Glawatz 265

P Rz. 398

bernahme/Anzeigen

Inserats sind (i. d. R.) mit der zu zahlenden Anzeigenvergtung abgegolten. Sofern kein ungedeckter Kostenaufwand bleibt, wird der Verlag durch den fotomechanischen Nachdruck des Inserats durch ein anderes Presseunternehmen nicht benachteiligt.1 – Es liegt auch kein Fall des „Schmarotzens an fremder Werbung“ vor, denn der Nachahmer lehnt sich nicht an die Werbung des Verlages an, der die Anzeige gesetzt und gedruckt hat, sondern er erfllt den Auftrag des Anzeigenkunden, die vorverçffentlichte Anzeige (identisch) nachzudrucken.2 – Sofern der nachahmende Verlag die fremden Anzeigen nicht systematisch, sondern nur vereinzelt bernimmt, ist auch keine unzulssige Behinderung gegeben.3 – Im brigen sehen die Gerichte auch keine (gefestigte) Standesauffassung, nach der entsprechende Praktiken als unzulssig angesehen werden kçnnen und sich infolgedessen derjenige Verlag, der diese Grundstze missachtet, einen wettbewerbsrechtlich nicht zu billigenden Vorsprung vor seinen Mitbewerbern verschafft.4 Diese Rechtsprechung berzeugt im Grundsatz. Denn entscheidend ist, dass der nachfolgenden (identischen) Anzeigenverçffentlichung ein entsprechender Auftrag des Inserenten zugrunde liegt; fasst dieser den Entschluss, die bereits erschienene Anzeige nunmehr (nur noch oder auch parallel) in einem anderen Presseorgan zu schalten, so liegt in der nachfolgenden fotomechanischen bernahme der bereits verçffentlichten Anzeige durch den nunmehr (auch) beauftragten Verlag noch kein wettbewerbswidriges Element. Denn es ist daran festzuhalten, dass die bernahme eines (bereits bezahlten) fremden, nicht unter Sonderrechtsschutz stehenden Arbeitsergebnisses ohne Hinzutreten besonderer (negativer) Umstnde wettbewerbsrechtlich nicht anstçßig ist.5 Werden „umfangreiche“ fremde Anzeigentexte identisch oder fast identisch bernommen und so die Kosten fr den notwendigen eigenen Werbetexter erspart, der nach den (unvernderten) Vorgaben des Inserenten einen neuen Anzeigentext formuliert, so wird dies als sittenwidrige unmittelbare Leistungsbernahme angesehen.6

1 Dazu: OLG Celle, ArchPR 1973, S. 132; OLG Hamm, AfP 1988, S. 67; bezogen auf den Abdruck von Formularen: BGH, WRP 1972, S. 38; OLG Hamm, GRUR 1981, S. 130. 2 OLG Hamm, AfP 1988, S. 67; OLG Celle, ArchPR 1973, S. 132. 3 Dazu etwa: OLG Mnchen, ArchPR 1977, S. 75. 4 OLG Celle, ArchPR 1973, S. 133. 5 Grds. zum Problem des Nachahmens (der bernahme) fremder Leistungen: Baumbach/Hefermehl, § 1 S. 557 Rz. 439 ff. 6 OLG Hamm, AfP 1993, S. 656, 657 – dazu: Soehring, S. 40 Rz. 3.35; Lçffler, BT Anz Rz. 86; bezogen auf Werbetexte: OLG Kçln, WRP 1992, S. 407.

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266 Rath-Glawatz

bernahme/Anzeigen

Rz. 403 P

Hat jedoch im Einzelfall der Verlag, der die Anzeige zuerst verçffentlicht hat, in der Hoffnung auf Folgeauftrge ganz erhebliche Satzkosten auf sich genommen und sind diese im Zeitpunkt der bernahme der Anzeige noch nicht gedeckt, so ist die bernahme der Anzeige in Kenntnis dieser Umstnde wettbewerbswidrig. Dies gilt auch dann, wenn ein Verlag systematisch (nur) Anzeigenauftrge annehmen wrde, bei denen die Mçglichkeit der fototechnischen bernahme besteht und so kaum Satz- und Montagekosten anfallen. Daran wre etwa zu denken, wenn zielgerichtet Anzeigenakquisition im Wege der Ausschnittwerbung betrieben wird und die so gewonnenen Auftrge dann kostengnstig durch Verçffentlichung der fotografierten Anzeigenausschnitte im eigenen Blatt abgewickelt werden.

399

Wird die bernahme von Anzeigen dagegen gezielt dazu eingesetzt, um einen Mitwettbewerber zu behindern bzw. vom Markt zu verdrngen, so ist dieses Verhalten sowohl wettbewerbsrechtlich (§ 4 Nr. 10 UWG) als auch kartellrechtlich (§§ 19, 20 GWB) unzulssig. Dies ist von der Rechtsprechung etwa mit Blick auf die bernahme von Anzeigen aus Telefonbchern entschieden.1

400

Von den Fallgestaltungen, in denen der Inserent einen Verlag ermchtigt, eine von ihm in einem anderen Objekt eines anderen Verlages erschienene Anzeige auf fotomechanischem Weg zu bernehmen, sind die Praktiken zu unterscheiden, in denen unerlaubt beispielsweise Stellenanzeigen (aus den Internetangeboten der Tageszeitungen) unverndert in OnlineAngebote bernommen werden. Dieses Vorgehen ist sowohl wettbewerbsrechtlich (Rufausbeutung) wie auch urheberrechtlich (§ 87a UrhG) unzulssig.2

401

Hinzuweisen ist schließlich darauf, dass die Rechtsprechung auch den vernderten, d. h. (redaktionell) bearbeiteten Abdruck von anderweitig erschienenen Anzeigen mit Stellenangeboten als wettbewerbswidrig angesehen hat. Dies ist im Wesentlichen mit dem Verbot anlehnender Werbung begrndet worden: derjenige, der diese Anzeigen in bearbeiteter Form in das eigene Druckorgan bernimmt, erhçht so dessen Attraktivitt fr die werbetreibende Wirtschaft.3

402

Schließlich ist es unter dem Gesichtspunkt der Verwechslungsgefahr als wettbewerbswidrig anzusehen, wenn ein Anzeigentext zwar nicht 1:1,

403

1 OLG Stuttgart, AfP 1997, S. 821; OLG Stuttgart, AfP 1998, S. 628. 2 Dazu: Soehring, S. 40 Rz. 3.34a; Ahrens, § 74 Rz. 137; LG Berlin, AfP 1996, S. 405; KG Berlin, AfP 2000, S. 587; OLG Mnchen, AfP 2001, S. 301. 3 OLG Kçln, AfP 1987, S. 600; anders das OLG Braunschweig (ArchPR 1971, S. 131) in einem Fall, in dem eine Zeitung die Familien-(Todes-)Anzeigen in der Konkurrenzzeitung systematisch auswertete und im eigenen Anzeigenteil neben den Familienanzeigen in „listenhnlicher Anordnung“ abdruckte.

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Rath-Glawatz 267

P Rz. 404

Urheberrecht/Anzeigenverçffentlichungen

wohl aber nahezu identisch bernommen und an gleicher Stelle von einem Mitwettbewerber platziert wird.1

Urheberrecht/Anzeigenverçffentlichungen 404

Anzeigen genießen nur dann urheberrechtlichen Schutz, wenn in ihnen als „persçnliche geistige Schçpfung“ ein Mindestmaß an „Gestaltungshçhe“ erreicht wird.2 Diese Gestaltungshçhe ist zwar bei den einzelnen Werkarten (z. B. Sprachwerke, Werke der Bildenden Kunst – § 2 UrhG) unterschiedlich hoch, in jedem Fall muss jedoch eine geistige Schçpfung, will sie urheberrechtlich anerkannt werden, mehr sein als „bloße Dutzendware“. Sie muss ber die fr ihre Gattung charakteristische „Eigentmlichkeit“ hinausgehen.3 Im Hinblick darauf, dass § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG „Zeichnungen, Plne, Karten, Skizzen und Tabellen“ ausdrcklich als urheberrechtlich zu schtzende Werke anerkennt, ist es gerechtfertigt, Anzeigen dann, wenn sie sich aus dem Massenangebot durch ihre eigenwillige verbale, technische und/oder graphische Gestaltung abheben, als urheberrechtlich geschtzte Werke anzusehen.4 Schutzfhig ist dabei weder die „Werbeidee“ als solche5 noch der tatschliche Inhalt der Werbebotschaft, sondern nur das ihr zugrunde liegende gedankliche (Gestaltungs-)Konzept, die „Art der Darstellung des Stoffs, seine Auswahl, Anordnung und Einteilung“.6 Dies ist bereits vom Reichsgericht fr „Pkw-Anzeigen“ angenommen worden, die sich durch besondere knstlerische Gestaltung auszeichneten.7 Daneben wird auch der Werbeprospekt bzw. Werbeslogan als urheberrechtlich geschtztes Werk anerkannt, sofern sich in ihm – „Zugkraft und Werbewirkung“ reichen allein nicht – „schçpferische Individualitt“ entfaltet.8

1 OLG Kçln, GRUR 2000, S. 1096. 2 Dreier/Schulze, UrhG, § 2 Rz. 108; Schricker, § 2 Rz. 9; s. a. Wandtke/Bullinger, § 2 Rz. 26; Dreyer/Kotthoff/Meckel, Urheberrecht, § 2 Rz. 158. 3 OLG Hamm, AfP 1993, S. 656, 657 – das Gericht lehnt den Urheberrechtsschutz fr Anzeigen ab, die sich in Mitteilungen beschreibender Art erschçpfen, nicht ber den bloßen Unterrichtungszweck hinausgehen und keine schçpferische Individualitt besitzen. 4 Dazu: LG Mnchen, ArchPR 1957, S. 37; s. a. Lambsdorff/Skora, S. 355 Rz. 520 m. w. N. 5 OLG Hamm, OLGR 1992, 149; Lambsdorff/Skora, S. 301 Rz. 428, S. 354 Rz. 518. 6 Schricker, § 2 Rz. 48 ff. 7 RGZ Bd. 127, S. 215. 8 OLG Mnchen, OLGR 1994, 78; Schricker, § 2 Rz. 50; Nennen, WRP 2003, S. 1076, 1077; Heermann, WRP 2004, S. 263, 264 ff., Lambsdorff/Skora, S. 356 Rz. 523.

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268 Rath-Glawatz

Urheberrecht/Anzeigenverçffentlichungen

Rz. 408 P

In Anlehnung daran, dass etwa bei Adress- und Fernsprechbchern eine Schutzfhigkeit „aus der Form und Art der Sammlung, Einteilung und Anordnung des Materials“ sowie aus „begleitenden Texten“ angenommen wird,1 kçnnen Anzeigenmusterbcher der Verlage, sofern sie eine individuelle Gestaltung beinhalten, Urheberrechtsschutz beanspruchen. Dies gilt auch fr die Allgemeinen und Besonderen Geschftsbedingungen der Verlage, wobei insoweit wiederum nur die Gestaltung, nicht aber deren Inhalt schutzfhig ist.2

405

Hinsichtlich der von Verlagen individuell vorgenommenen Rubrikeneinteilung/Gestaltung (bzw. einzelner unterscheidungskrftiger Rubrikentitel) wird ein Urheberrecht nur in seltenen Ausnahmefllen denkbar sein. Hier werden vielmehr die Titelschutzrechte die Anspruchsgrundlage bilden, um eine ungenehmigte bernahme durch Dritte zu unterbinden.3 Das Urheberrecht steht dem Schçpfer des Werkes zu, § 7 ff. UrhG. Dies sind bei Anzeigenverçffentlichungen der Gewerbetreibende bzw. von ihm beauftragte Dritte (z. B. Agenturen). Der Verlag, der das Inserat verçffentlicht, kann sich erst dann auf Urheberrechte berufen, wenn er neben dem Abdruck und der Verbreitung des Inserats vom Anzeigenkunden auch mit der Gestaltung der Anzeige (zumindest in Teilen, § 8 UrhG) beauftragt wurde (bei Eigenanzeigen ist selbstverstndlich der Verlag der Urheber).

406

Dem Inhaber des Urheberrechts stehen die sich aus §§ 15 ff. UrhG ergebenden Verwertungsrechte zu (u. a. Vervielfltigung/Verbreitung). Bei rechtswidriger Verletzung des Urheberrechts geben die §§ 97 ff. UrhG u. a. Unterlassungs-, Beseitigungs- und Schadensersatzansprche.4

407

Fehlt es an einem urheberrechtlichen Schutz fr die Anzeigen, so kann dennoch gegen eine nahezu identische Anzeige unter dem Aspekt der Verwechslungsgefahr dann wettbewerbsrechtlich vorgegangen werden, wenn ein Mitwettbewerber den Anzeigentext weitgehend kopiert und seine Anzeige in der Nhe des Konkurrenten platziert.5

408

1 Schricker, § 2 Rz. 96. 2 Schricker, § 2 Rz. 90; das LG Stuttgart hat einer Anzeige wegen ihrer „gnstigen graphischen Gestaltung“ urheberrechtlichen Schutz zugesprochen (ArchPR 1967, S. 79). 3 OLG Hamm, AfP 1993, S. 656, 657; bezogen auf die „Gelben Seiten“: OLG Hamburg, ZUM 1989, S. 43. 4 Schricker, vor § 97 ff. Rz. 1. Entgegen der Auffassung von Schulze (GRUR 1994, S. 702 ff.) trifft die Verlage auch bzgl. mçglicher Urheberrechtsverletzungen in Anzeigenverçffentlichungen keine verschrfte Prfungspflicht; so auch OLG Mnchen (zit. bei Schulze). 5 OLG Kçln (GRUR 2000, S. 1096) fr den Fall des Plagiats einer im Inhalt und der Wortfolge besonders gestalteten Kleinanzeige.

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Rath-Glawatz 269

P Rz. 409

Verantwortlicher/Anzeigenteil

Verantwortlicher/Anzeigenteil 409

Im Rahmen der Impressumspflicht aufgrund der Landespressegesetze ist bei der periodischen Presse ein „Verantwortlicher fr den Anzeigenteil“ zu benennen.1 Diese Verpflichtung besteht selbst fr ein Anzeigen(Offerten-)blatt, in dem ausschließlich Anzeigen verçffentlicht werden.2 Gelegentlich wird insoweit auch von dem „verantwortlichen Anzeigenredakteur“ gesprochen. Der „Verantwortliche fr den Anzeigenteil“ haftet entsprechend den allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen und zustzlich nach den Regelungen der Landespressegesetze dafr, dass der Anzeigenteil nicht gegen strafrechtliche Vorschriften verstçßt.3 Zivilrechtlich ist die Kennzeichnung als „verantwortlicher Anzeigenredakteur“ ohne Bedeutung.4

410

Aufgrund der Besonderheiten im Pressewesen ist bei Anzeigenverçffentlichungen – insbesondere unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten – nur eine eingeschrnkte Prfungs- bzw. Haftpflicht gegeben (R Rz. P 319). In gleicher Weise ist auch die strafrechtliche Verantwortlichkeit des „Anzeigenredakteurs“ an den der Presse innewohnenden Eigentmlichkeiten zu messen.5 Denn es ist den Verlagen weder personell noch sachlich/fachlich mçglich, angesichts der vielen tglich eingehenden Anzeigen jede Einzelne daraufhin zu berprfen, ob sie einen Straftatbestand verwirklicht oder nicht. Hinzu kommt, dass der „Verantwortliche fr den Anzeigenteil“ oftmals die Fakten gar nicht kennen kann, die eine Anzeigenverçffentlichung strafbar werden lassen. Ebenso wre es weltfremd zu verlangen, dass der „verantwortliche Anzeigenredakteur“ eine so umfassende Sach- und Rechtskenntnis besitzt, die ihn jede strafbare Anzeigenverçffentlichung erkennen lsst.

411

Erst dann, wenn sich aus der Anzeige selbst offenkundig ergibt, dass sie strafrechtlich zu beanstanden sein kçnnte, setzt die Prfungspflicht des „verantwortlichen Redakteurs fr den Anzeigenteil“ ein. Ist eine Anzeige abgedruckt worden, die gegen strafrechtliche Vorschriften verstçßt, ohne dass dem „verantwortlichen Anzeigenredakteur“ eine Prfungspflicht fr diese Anzeige oblag, so fehlt es bereits an einer rechtswidrigen Handlung. Bestand jedoch eine entsprechende Prfungspflicht und ist sie nicht in der gebotenen Form wahrgenommen worden, so ist der „Verantwortliche 1 S. § 8 Abs. 2 LPG NW; dazu: Lçffler/Ricker, S. 106 Rz. 36 ff.; Ahrens, § 74 Rz. 154; Lçffler, § 8 LPG Rz. 92 ff. 2 OLG Dsseldorf, AfP 1988, S. 48. 3 S. § 21 LPG NW. 4 Lçffler, § 8 LPG Rz. 95; die Benennung als „Verantwortlicher fr den Anzeigenteil“ ist nicht gleichbedeutend damit, dass der Benannte auch zum Abschluss von Anzeigen bevollmchtigt wird – OLG Mnchen, ArchPR 1972, S. 102. 5 Lçffler, § 8 LPG Rz. 95.

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270 Rath-Glawatz

Verantwortlicher/Anzeigenteil

Rz. 414 P

fr den Anzeigenteil“ wegen rechtswidriger, schuldhafter Verletzung des jeweiligen Straftatbestandes zu verurteilen. Presserechtlich wird die Funktion des „Verantwortlichen fr den Anzeigenteil“, vor allem in der Verpflichtung deutlich, dafr zu sorgen, dass die in den Landespressegesetzen vorgesehene Trennung von Text- und Anzeigenteil (R Rz. P 265) eingehalten wird.1 Verletzt der „verantwortliche Anzeigenredakteur“ diese Pflicht, so begeht er damit eine Ordnungswidrigkeit.2

412

Soweit die Landespressegesetze Gegendarstellungen gegenber Anzeigen zulassen, so ist der im Impressum ausgewiesene „Verantwortliche fr den Anzeigenteil“ derjenige, der (neben dem Verleger) fr den Abdruck der Gegendarstellung in Anspruch genommen werden kann.3

413

Das Zeugnisverweigemngsrecht aus § 53 StPO ist ausdrcklich auf Mitteilungen, die sich auf den „redaktionellen Teil“ beziehen, beschrnkt (R Rz. P 445 ff.). Das Bundesverfassungsgericht hat jedoch unmittelbar aus dem Grundrecht der Pressefreiheit (Art. 5 GG) ein Zeugnisverweigerungsrecht bei Anzeigen bejaht, die einen „Beitrag zur çffentlichen Meinungsbildung“ enthalten.4 In diesen vom Bundesverfassungsgericht als „Sonderflle“ bezeichneten Ausnahmetatbestnden haben dann der „Verantwortliche fr den Anzeigenteil“ und die Mitarbeiter des Verlages, die diese Anzeige angenommen und bearbeitet haben, ein Zeugnisverweigerungsrecht.5

414

Wann eine Anzeige einen „Beitrag zur çffentlichen Meinungsbildung“ leistet und damit der „verantwortliche Anzeigenredakteur“ ein Zeugnisverweigerungsrecht hat, ist auf dem Hintergrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu beurteilen: es sieht das Zeugnisverweigerungsrecht in der „kontroll- und meinungsbildenden Funktion der Presse“ begrndet und folglich auch auf die Anzeigen begrenzt, die dieser Aufgabenstellung zuzurechnen sind. Damit drften die Anzeigen, die nicht „ausschließlich dem geschftlichen Verkehr“ dienen, als „Beitrag zur çffentlichen Meinungsbildung“ anzusehen sein.6 Zu diesen Anzeigen sind etwa Wahlkampfannoncen und sonstige Insertionen zu rechnen, in denen der Inserent zu politischen, gesellschaftsrechtlichen oder anderen (aktuellen) Fragen des çffentlichen Lebens Stellung bezieht bzw. Hinweise oder Ankndigungen verçffentlicht. Anzeigen, die vornehmlich dem Absatz oder der Verkaufsfçrderung von Waren, Produkten bzw. Dienst-

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S. § 10 LPG NW. S. § 23 LPG NW. S. § 11 LPG NW. BVerfG, AfP 1983, S. 385 ff. S. a. Lçffler, § 8 LPG Rz. 95. Rath-Glawatz, AfP 1983, S. 389.

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Rath-Glawatz 271

P Rz. 415

Verantwortlicher/Anzeigenteil

leistungen dienen sollen, gehçren nicht zu den Anzeigen, bei denen dem „verantwortlichen Redakteur“ das Zeugnisverweigerungsrecht zusteht. 415

Der Verlag ist frei, ob er fr den redaktionellen Text und den Anzeigenteil jeweils verschiedene Mitarbeiter als Verantwortliche benennt oder nur eine Person als „verantwortlich fr den redaktionellen und den Anzeigenteil“ ausweist.1 In der Regel drfte jedoch eine Trennung in der Weise erfolgen, dass die Verantwortung fr den Anzeigenteil einem Kaufmann (dem Leiter der Anzeigenabteilung) und nicht einem Mitglied der Redaktion bertragen wird. Selbstverstndlich ist es auch mçglich, als „verantwortlich fr den Anzeigenteil“ mehrere Mitarbeiter zu benennen und sie dann im Impressum entweder als gesamtverantwortlich oder aber als Verantwortliche fr bestimmte Anzeigenbereiche (z. B. Reisen, Stellenmarkt) auszuweisen.

416

Im Impressum ist von dem „Verantwortlichen fr den Anzeigenteil“ der Vorname und der Nachname vollstndig abzudrucken.2 Weiter ist dessen Anschrift (Wohnort, Straße und Hausnummer) anzugeben. Dabei kann zwischen der Privatanschrift und der Geschftsadresse gewhlt werden. Ist diese allgemein bekannt (Pressehaus, X-Straße), so reicht der Abdruck dieser verkrzten Anschrift.3 Angesichts der Tatsache, dass in einem Impressum neben dem Chefredakteur i. d. R. eine Reihe weiterer Redakteure (Ressortleiter) aufgefhrt sind, muss bezglich des redaktionellen Teils durch eine entsprechende Formulierung (z. B. „verantwortlicher Redakteur“ oder „verantwortlich fr …“) unmissverstndlich klargestellt werden, welcher Redakteur mit welchen Funktionen betraut ist.4 Diese Strenge ist bezglich des Anzeigenteils nicht erforderlich; hier reichen auch umschreibende Hinweise aus (z. B. „Anzeigen …“ oder „Anzeigenleitung …“, „Informationswerbung …“).5

417

Entsprechend den Regelungen in den Landespressegesetzen muss der Verantwortliche fr den Anzeigenteil – seinen stndigen Aufenthalt im Inland haben, – die Fhigkeit zur Bekleidung çffentlicher mter sowie das aktive und passive Wahlrecht besitzen, – das 18. bzw. 21. Lebensjahr vollendet haben,

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Lçffler, § 8 LPG Rz. 93; OLG Hamm, AfP 1986, S. 344. Dies ist nicht unumstritten, s. Lçffler, § 8 LPG Rz. 35. Lçffler, § 8 LPG Rz. 38, Rz. 73; s. dazu auch: OLG Frankfurt, AfP 1988, S. 55. Lçffler, § 8 LPG Rz. 75–77. So lsst es das OLG Hamm (AfP 1986, S. 344) gengen, wenn es in dem Impressum heißt: „Herausgeber, Redakteur, Werbung, Informationswerbung …“ (es folgen der brgerliche Vor- und Zuname).

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272 Rath-Glawatz

Vergtungspflicht/Inserent

Rz. 418 P

– unbeschrnkt geschftsfhig und – unbeschrnkt strafrechtlich verfolgbar sein.1 Diese persçnlichen Anforderungen sollen sicherstellen, dass sowohl in straf- wie in presserechtlicher Hinsicht eine (natrliche) Person fr die Anzeigenverçffentlichungen auch tatschlich haftbar gemacht werden kann. Indem die Landespressegesetze von dem „Verantwortlichen fr den Anzeigenteil“ einen „stndigen Aufenthalt im Inland“ verlangen, muss entsprechend dem Schutzzweck dieser Regelung gefordert werden, dass der Benannte seinen Wohnsitz (i. S. d. § 7 BGB) im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland hat. Wrde man schon eine dauerhafte Ttigkeit im Inland (bei einem Wohnort im Ausland) gengen lassen,2 so kçnnte die rechtliche Verfolgbarkeit bis hin zu Vollstreckungsmaßnahmen erschwert sein. Dies widersprche aber gerade dem Ziel, einen unmittelbaren Zugriff auf den Verantwortlichen gesetzlich zu verankern.3“ Die von den Landespressegesetzen weiter geforderte Fhigkeit zur Bekleidung çffentlicher mter bzw. das aktive und passive Wahlrecht sind stets so lange gegeben, als keine Verurteilung i. S. d. § 45 StGB erfolgt ist.4“ Die Anforderung an den Verantwortlichen, mindestens das 21. Lebensjahr vollendet zu haben, gilt nicht in Bayern, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Thringen. Hier reicht die unbeschrnkte Geschftsfhigkeit, also die Vollendung des 18. Lebensjahres (§ 2 BGB).5, 6

Vergtungspflicht/Inserent Regelmßig ist, sofern nicht ohnehin Vorauszahlung (Vorkasse) fr die Verçffentlichung der Anzeige vereinbart wurde, das vereinbarte Anzeigenentgelt mit der Erfllung der (Haupt-)Pflichten des Verlages, Abdruck 1 S. § 9 Abs. 1 LPG NW; dazu: Lçffler/Ricker, S. 104 Rz. 37. 2 So etwa Lçffler, § 9 LPG Rz. 64. 3 Auf Antrag kann allerdings entsprechend den Bestimmungen der einzelnen Landespressegesetze von dem Erfordernis des stndigen Aufenthalts im Inland eine Ausnahme gemacht werden (z. B. § 9 Abs. 3 LPG NW) – Lçffler, § 9 LPG Rz. 66–67. 4 Im Einzelnen s. Lçffler, § 9 LPG Rz. 70 ff. 5 Im Bereich der Jugendpresse gelten diese Anforderungen auch hinsichtlich des Verantwortlichen fr den Anzeigenteil nicht. Eingehend dazu: Lçffler, § 9 LPG, Rz. 78–85. 6 Zur Frage der unbeschrnkten Geschftsfhigkeit und der unbeschrnkten strafgerichtlichen Verfolgbarkeit: Lçffler, § 9 LPG Rz. 86–90 und Rz. 91–105.

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Rath-Glawatz 273

418

P Rz. 419

Vergtungspflicht/Inserent

des Inserats und Verbreitung1 der Druckschrift, fllig.2 Ziff. 13 Satz 2 der ZAW-AGB (R Rz. P 37) bestimmt kundenfreundlich, dass die Rechnung „innerhalb der aus der Preisliste ersichtlichen vom Empfang der Rechnung an laufenden Frist zu bezahlen ist“. Die Rechnung soll, so Ziff. 13 Satz 1 ZAW-AGB, mçglichst „14 Tage nach Verçffentlichung der Anzeige“ bersandt werden. Die Preislisten bestimmen weiter, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Hçhe ein Barzahlungsrabatt (Skonto) eingerumt wird.3 419

Erfllt der Inserent seine Zahlungsverpflichtung nicht innerhalb der vereinbarten (sich aus den Allgemeinen Geschftsbedingungen des Verlages ergebenden) Fristen, so ist in Ziff. 14 Abs. 1 Satz 1 ZAW-AGB (R Rz. P 38) festgelegt, dass dem Inserenten Verzugszinsen entsprechend den Regelungen der Preisliste und die entsprechenden (Bearbeitungs-/Einziehungs-)Kosten auferlegt werden.4 Dies soll nicht nur im Fall des (Zahlungs-)Verzugs §§ 286, 288 BGB, sondern auch bei Stundung des Anzeigenentgelts gelten. Bleibt der Inserent im Rahmen eines Anzeigenabschlusses (R Rz. P 52 ff.) fr abgerufene Verçffentlichungen die Vergtung schuldig, so gibt Ziff. 14 Abs. 1 Satz 2 ZAW-AGB dem Verlag das Recht, die weitere Erfllung des Abrufs bis zum Ausgleich des Rckstandes zu verweigern bzw. fr die nchsten Verçffentlichungen Vorkasse zu verlangen. Ziff. 14 Abs. 2 erweitert dieses Recht auch auf die Flle, in denen der Verlag „begrndete Zweifel an der Zahlungsfhigkeit des Auftraggebers“ bekommt.5

420

Wird ber das Vermçgen des Inserenten Insolvenz erçffnet, sind noch offene Forderungen aus bereits verçffentlichten Anzeigen nach § 55 InsO als Masseforderungen zu behandeln. – Ist der Anzeigenauftrag beiderseits noch nicht erfllt, so hat der Insolvenzverwalter gem. § 103 InsO das Recht zu entscheiden, ob der Auftrag fortgesetzt werden soll oder nicht. Der Verlag kann den Insolvenzverwalter nach § 103 InsO auffordern, unverzglich zu erklren, ob er zur Erfllung bereit ist oder nicht. 1 Ist ein Anzeigenblatt nicht zu 100 % an die erreichbaren Haushalte verteilt worden, so muss der Anzeigenkunde dennoch den vollen Anzeigenbetrag bezahlen – AG Bad Bramstedt, Urteil v. 10.6.1982. 2 LG Hannover, NJW-RR 1989, S. 1525 – Nach Auffassung des Gerichts tritt an Stelle der im Werkvertrag erforderlichen Abnahme gem. § 641 BGB die Vollendung des Werkes gem. 636 BGB, also der Abdruck und die Verbreitung des Inserats. Zur Auslegung einer AGB-Klausel „2 % Skonto bei Vorauszahlung“: AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg, ArchPR 1973, S. 137/138. 3 Dazu insgesamt: Wronka, S. 113–116; Klosterfelde, S. 67–70. 4 So findet sich in den Zustzlichen Geschftsbedingungen folgende Bestimmung: „… werden bei Zahlungsverzug oder Stundung Verzugszinsen erhoben, die 2 v. H. ber dem jeweils gltigen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank liegen.“ 5 Im Einzelnen: Wronka, S. 117–121; Klosterfelde, S. 70–71.

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274 Rath-Glawatz

Vergtungspflicht/Inserent

Rz. 422 P

Erklrt der Insolvenzverwalter, den Abschluss fortsetzen zu wollen, gelten die ursprnglichen Vertragsvereinbarungen unverndert fort. Lehnt er eine Fortsetzung ab, so ist der Verlag berechtigt, die noch offene Vergtung aus den nicht erfolgten Abrufen als „Masseschuld“ anzumelden. Da durch die Erfllungsverweigerung des Insolvenzverwalters auch die Voraussetzungen eines eventuellen Rabatts entfallen sind, kann der Verlag den vollen Anzeigenpreis (brutto) als Forderung geltend machen, auf die dann die „Konkursquote“ zu zahlen ist.1 Sofern der Anzeigenkunde sich darauf beruft, die abgedruckte Werbung verstoße gegen ein Werbeverbot (z. B. § 184 Abs. 1 Nr. 5 StGB oder § 120 Abs. 1 Nr. 2 OWiG) und hat dies zur Folge, dass der Anzeigenvertrag gem. § 134 BGB nichtig ist, so muss geprft werden, ob es sich um noch zulssige „neutrale“ Werbung handelt oder nicht (R Rz. P 387, 438). Ist die Anzeigenverçffentlichung selbst nicht „anstçßig“, so ist der Vertrag nur dann sittenwidrig und damit nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, wenn der Verlag etwa eine berhçhte Vergtung verlangt htte.2

421

Macht es der Inserent beim Abschluss des Anzeigenauftrages zur Bedingung, dass ber den beworbenen Gegenstand (das beworbene Produkt, die beworbene Person bzw. Dienstleistung) im redaktionellen Teil des Druckwerkes positiv berichtet wird oder gibt der Verlag von sich aus eine entsprechende Zusage ab, so ist dies sowohl presse- wie wettbewerbsrechtlich unzulssig.

422

Aus diesem Grundsatz folgt umgekehrt, dass der Inserent dann, wenn im redaktionellen Teil das Produkt, fr das er mit einer Anzeige wirbt, negativ besprochen wird, die Bezahlung der Anzeige nicht verweigern kann.3 Bestnde ein entsprechendes Leistungsverweigerungsrecht, so wrde dies die Nebenpflicht des Verlages aus dem Anzeigenauftrag voraussetzen, immer dann, wenn das beworbene Produkt im redaktionellen Teil erwhnt wird, dies nur mit positivem Inhalt zu tun. Ein entsprechendes Verhalten kommt jedoch im Ergebnis der presse- und wettbewerbsrechtlichen Kopplung von Anzeigenauftrag und (positiver) redaktioneller Berichterstattung gleich. Folglich kçnnen „Anzeigenauftrge einem Presseverlag im Grundsatz keine ber die gesetzlichen Schranken der Pressefreiheit hinausgehenden Bindungen hinsichtlich der Berichterstattung im redaktionellen Teil auferlegen“.4 1 Dazu: LG Braunschweig, ArchPR 1966, S. 73/74; Mçller, AfP 1966, S. 645 ff. 2 In diesem Sinn: LG Frankfurt, NJW 1985, S. 1639; a. M. OLG Frankfurt, AfP 1985, S. 40; OLG Hamburg, ArchPR 1971, S. 124/125. Zur Frage der Sittenwidrigkeit von Anzeigenvertrgen s. a. AG Hamburg, ArchPR 1966, S. 74. 3 AG Braunschweig, ArchPR 1945–1956, S. 33: ein Lotterieunternehmer wollte eine Lotterieanzeige nicht bezahlen, weil die Zeitung einen kritischen Leserbrief ber die Lotterie abgedruckt hatte; a. A. AG Stuttgart, ArchPR 1958, S. 33. 4 Dazu insgesamt: BGH, JZ 1965, S. 682; BFH, AfP 1974, S. 710 (mit Anm. Wronka); Lçffler, 3. Aufl. Bd. 1, S. 506 Rz. 91; Leinveber, AfP 1966, S. 596.

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Rath-Glawatz 275

P Rz. 423

Vergtungspflicht/Inserent

Der Inserent muss es hinnehmen, dass aufgrund einer negativen Erwhnung im redaktionellen Teil die Wirkung seiner u. U. in unmittelbarer Nhe abgedruckten Werbeanzeige gegebenfalls nicht in dem Umfang eintritt, wie er dies erhofft hat. Der Anzeigenauftrag ist nicht verletzt. Denn er garantiert nicht einen bestimmten („ungeschmlerten“) Werbeerfolg, sondern verpflichtet den Verlag „nur“ zum Abdruck und zur (Weiter-)Verbreitung der Anzeige. Wrde man dagegen eine entsprechende Nebenpflicht anerkennen, so wre der Inhalt des Anzeigenvertrages neu zu definieren: der Verlag wre dann nicht nur zum Abdruck und zur Verbreitung der Anzeige verpflichtet, sondern auch gehalten, (anzeigen-)kritische redaktionelle Berichterstattung zu unterlassen. Damit htte der Inserent neben dem Anzeigenraum zugleich auch einen Teil der redaktionellen Berichterstattung „mitgekauft“. Da der Werbeerfolg einer Anzeige nicht Bestandteil des Anzeigenvertrages ist, kann der Verlag nicht ber eine vertragliche Nebenpflicht zur Beachtung eben gerade dieses Werbeerfolges im redaktionellen Teil angehalten werden. Dies wre ein Widerspruch in sich.1 Dementsprechend lsst sich aus dem Anzeigenauftrag auch kein Anspruch auf Unterlassung oder Widerruf von redaktionellen ußerungen ableiten, die sich kritisch mit dem auseinandersetzen, was in Inseraten in derselben Zeitung beworben wird.2 423

Hat der Inserent sich vor Abschluss des Anzeigenvertrages nicht darber informiert, in welcher Stckzahl ein (bundesweit vertriebenes) Printobjekt in der Region erscheint, die ihn werblich interessiert, so ist dem Anzeigenkunden der Einwand verwehrt, die Anzeigenschaltung sei fr ihn sinnlos gewesen, da auf Grund der geringen çrtlichen Verbreitung des Printobjekts an einen Werbeerfolg nicht zu denken sei.3 Denn der Verlag schuldet keinen Werbeerfolg aus dem Anzeigenvertrag und seiner Erfllung.

1 S. dazu: Lçffler, BB 1978, S. 922. 2 OLG Kçln, AfP 1977, S. 355. 3 Anders LG Tbingen, NJW-RR 1993, S. 1075 ff. – das Gericht sieht in dem Anzeigenvertrag als „ungenannten Vertragsinhalt“ die „Versicherung, dass das verwandte Werbemittel geeignet ist, einen Werbeeffekt herbeizufhren“. Dabei bersieht das Gericht, dass es allein Sache des Inserenten ist, sich das Werbemedium herauszusuchen, das den von ihm erhofften Werbeeffekt auch tatschlich erzielt. Wer sich nicht vorher kundig macht, dass bei einer bundesweit vertriebenen Fachzeitschrift (Auflage 30 000 Exemplare) in der fraglichen Region nur wenige Exemplare (ca. 24 Ex.) vertrieben werden, muss – sofern keine Tuschung des Verlages vorliegt – die Anzeigenverçffentlichung dennoch bezahlen.

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276 Rath-Glawatz

Werbeagenturen/Mittlerprovision

Rz. 429 P

Verjhrung Ist ein Anspruch verjhrt, so steht dem Verpflichteten (Schuldner) ein Leistungsverweigerungsrecht zu. Beruft er sich auf die Verjhrung, so kann der Anspruchsberechtigte (Glubiger) seine Forderungen nicht (mehr) realisieren.

424

– Der Anspruch der Verlage auf die Insertionsgebhr (R Rz. P 418 ff.) verjhrt gegenber einem Privatinserenten in drei Jahren.

425

Die dreijhrige Frist bis zum Eintritt der Verjhrung beginnt bei Werkvertrgen gem. § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Damit ist fr die Fristberechnung jeweils das konkrete Erscheinungsdatum der Anzeige maßgeblich. Dies gilt auch dann, wenn die Anzeigen innerhalb eines „Abschlusses“ erfolgen, der auf die Verçffentlichung mehrerer Anzeigen innerhalb eines bestimmten Zeitraums gerichtet ist (R Rz. P 52 ff.). – Die Gewhrleistungsansprche der Inserenten (R Rz. P 196 ff.) verjh- 426 ren gem. § 634a Abs. 1 Nr. 3 BGB in drei Jahren. In diesem Zusammenhang ist auf die Regelungen in Ziff. 10 der ZAW-AGB (R Rz. P 34) zu verweisen. Bei Ansprchen aus unerlaubter Handlung tritt (bei Kenntnis des Schuldners und der Person des Ersatzpflichtigen) die Verjhrung ebenfalls nach drei Jahren ein (§ 195 BGB). Im Bereich des Wettbewerbsrechts verjhren die Ansprche auf Unterlassung und Schadensersatz in sechs Monaten (§ 11 UWG).1

427

Die strafrechtlichen Verjhrungsfristen sind fr Pressedelikte in den Landespressegesetzen verkrzt, z. B. bei Ordnungswidrigkeiten auf drei Monate, bei Vergehen auf ein Jahr.2

428

Werbeagenturen/Mittlerprovision Wirbt der Werbetreibende nicht selbst, sondern „lsst“ er werben, so bedient er sich dafr regelmßig einer Werbeagentur (eines Werbemittlers). Der auf „Werbungsmittlung“ gerichtete Vertrag zwischen dem Werbetreibenden und der Agentur wird als Geschftsbesorgungsvertrag gem. § 675 1 Zum Beginn der Verjhrungsfrist bei wettbewerbswidriger Anzeigenverçffentlichung: OLG Kçln, AfP 1988, S. 54. 2 Siehe z. B. § 25 LPG NW; dazu: Lçffler, § 24 LPG Rz. 17, 18.

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Rath-Glawatz 277

429

P Rz. 430

Werbeagenturen/Mittlerprovision

BGB angesehen.1 Auf ihn finden die Regeln des Werkvertragsrechts Anwendung, wenn sich das Auftragsverhltnis in der Erstellung einer einzelnen Werbemaßnahme (z. B. der Herstellung eines Anzeigenmanuskripts) oder auf deren Vermittlung (Weitergabe an die Verlage zur Verçffentlichung) erschçpft.2 Das Dienstvertragsrecht gilt, wenn sowohl Erstellung wie Vermittlung zu den Aufgaben der Agentur zhlen.3 Entsprechend der jeweiligen Einordnung ergeben sich etwa fr die Fragen der Verjhrung, Gewhrleistung, Haftungsbeschrnkung und Kndigung unterschiedliche Rechtsfolgen.4 430

Bei umfassender Beauftragung durch den Werbetreibenden hat die Agentur die Werbemaßnahmen vorzubereiten, zu planen, zu erstellen und durchzufhren.5 Fr das „Recht der Anzeige“ ist vor allem die Ttigkeit der Agenturen im Bereich des Werbeeinsatzes, der Werbemittlung von Bedeutung.

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Umfasst die Aufgabe der Agentur auch bzw. allein die Schaltung von Anzeigen fr den Werbetreibenden, so wird sie dabei nur in Ausnahmefllen gegenber dem (Zeitungs-)Verlag als Beauftragter ttig.6 Im Regelfall tritt

1 BGH, WRP 1994, S. 169, 171; BGH, GRUR 1974, 284; OLG Mnchen, BB 1995, S. 2290; OLG Frankfurt, ArchPR 1977, S. 81; OLG Dsseldorf, ArchPR 1972, S. 127; OLG Hamm, GRUR 1988, S. 564; LG Saarbrcken, AfP 2000, S. 399; Lambsdorff/Skora, S. 69 Rz. 84; Lçffler, BT Anz Rz. 131; Lçffler/Ricker, S. 418 Rz. 30. Zur Frage der Vereinbarung einer Vergtung (der Vergtungshçhe) gegenber der Werbeagentur: BGH Report 2004, S. 1265. 2 Dazu: OLG Dsseldorf, MDR 1972, S. 688; LG Saarbrcken, AfP 2000, S. 399. 3 Lambsdorff/Skora, S. 75 Rz. 93. 4 Lambsdorff/Skora, S. 76–79 Rz. 94–98. 5 Zur Frage, wie der Umfang der Aufgaben einer Werbeagentur im Rahmen eines Werbeagenturvertrages zu bestimmen ist: BGH, MDR 1986, S. 929. Lanciert der Werbemittler Schleichwerbung, so ist er als Stçrer haftbar (BGH, AfP 1994, S. 136). 6 Wird der Werbetreibende von einem Konkurrenten wegen einer wettbewerbswidrigen Anzeige, die eine Werbeagentur geschaltet hat, auf Unterlassung in Anspruch genommen, so ist die Werbeagentur als Beauftragter des Inserenten gem. § 13 Abs. 4 UWG anzusehen – BGH, AfP 1991, S. 617, 618. Fehlt eine entsprechende Haftungsbegrenzung zwischen dem Werbetreibenden und der Werbeagentur, so haftet der Werbetreibende, wenn er ein Vertragsstrafeversprechen abgegeben hat und die Werbeagentur dagegen verstçßt, gem. § 278 BGB auch fr das Verschulden der Agentur – OLG Karlsruhe, WRP 1993, S. 188 ff. Eine Stçrerhaftung der Agentur wird man jedoch nur dann annehmen kçnnen, wenn die Agentur das (wettbewerbswidrige) Anzeigenmanuskript selbst gestaltet hat. Dabei darf die Agentur die ihr von dem Kunden fr die Gestaltung berlassenen Angaben (Fakten) ungeprft bernehmen, so dass die Agentur insoweit nicht haftbar gemacht werden kann (OLG Frankfurt, AfP 2001, S. 326). Ist die Agentur dagegen lediglich mit der Streuung und Platzierung der vom Kunden oder Dritten gestalteten Anzeigen beauftragt, scheidet eine Stçrerhaftung der Agentur mit Blick auf ein wettbewerbswidriges Inserat aus (OLG Hamburg, AfP 1999, S. 176).

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278 Rath-Glawatz

Werbeagenturen/Mittlerprovision

Rz. 432 P

die Agentur selbst als Vertragspartner auf. Sie schließt den Anzeigenvertrag in eigenem Namen und auf eigene Rechnung.1 Folglich ist sie gegenber dem Verlag zur Zahlung des Anzeigenentgelts verpflichtet.2 Fllt die Agentur in Insolvenz, so besteht fr den Verlag wegen fehlender Rechtsbeziehungen nicht die Mçglichkeit, den Werbetreibenden, dem die verçffentlichte Anzeigenwerbung zugute kommt, in Regress zu nehmen.3 Auf der anderen Seite kann der Werbetreibende nicht selbst Mngelrgen beim Verlag geltend machen. Smtliche Erfllungs- und Gewhrleistungsansprche stehen ausschließlich der Agentur zu4 Im Verhltnis Werbetreibender – Werbeagentur gelten die Gewhrleistungsvorschriften des § 633 ff. BGB. Die Agentur hat gegenber ihrem Kunden – ohne Rcksicht auf eigenes Verschulden – fr das ordnungsgemße, fristgerechte Erscheinen der Anzeige einzustehen.5 Dabei ist es fr den Werbetreibenden unerheblich, ob die Agentur oder der Verlag die Fehlerhaftigkeit der Anzeigenverçffentlichung zu vertreten hat. Auf Haftungsbegrenzungen, wie sie sich etwa im Verhltnis Verlag-Werbeagentur bei Anwendung der ZAW-AGB ergeben (Ziff. 10), kann sich die Agentur ihrem Kunden gegenber nur dann berufen, wenn sie fr dieses Vertragsverhltnis ebenso vereinbart wurden.6 Rechtsbeziehungen zwischen dem Werbetreibenden und dem Verlag entstehen bei der Einschaltung einer Agentur folglich nur dann, wenn die Agentur ausdrcklich und unmissverstndlich darauf verweist, sie wolle den Anzeigenvertrag (R Rz. P 91 ff.) nicht in eigenem, sondern in fremdem Namen, dem des Werbetreibenden, abschließen.7 Der Umstand, dass die Werbeagentur bei der Auftragserteilung gegenber dem Verlag (auch) den Namen ihres Kunden angibt, reicht nicht aus, um deutlich zu machen, dass die Auftragserteilung nicht im eigenen Namen, sondern im Namen des Kunden erfolgen soll.8

1 BGH, WRP 1994, S. 169; OLG Hamburg, OLGR 1980, S. 370; LG Saarbrcken, AfP 2000, S. 398; Lambsdorff/Skora, S. 97 Rz. 130; Wronka, S. 28; fr sonstige Ttigkeiten der Agentur im Auftrag ihres Kunden: OLG Kçln, ArchPR 1970, S. 109–110. 2 OLG Mnchen, AfP 1985, S. 133. 3 S. dazu: OLG Kçln, ArchPR 1970, S. 109–110. 4 Lçffler, BT Anz Rz. 132. 5 OLG Dsseldorf, ArchPR 1972, S. 127; Lçffler, in: Lçffler, BT Anz Rz. 132. 6 OLG Dsseldorf, ArchPR 1972, S. 127; s. a. AG Stuttgart, ArchPR 1945–1956, S. 35. 7 OLG Mnchen, AfP 1985, S. 133; OLG Frankfurt, ArchPR 1976, S. 88; LG Hamburg, ArchPR 1977, S. 81; s. a. AG Mnchen, ArchPR 1960, S. 40. 8 OLG Hamburg, OLGR 1998, S. 370; OLG Saarbrcken, OLGR 2004, S. 359.

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Rath-Glawatz 279

432

P Rz. 433 433

Werbeagenturen/Mittlerprovision

Feste Regeln, wann sich ein Werbemittler als Agentur bezeichnen darf, bestehen nicht.1 So ist der Werbetreibende nicht gehindert, fr seine Werbemaßnahmen eine „eigene“ Agentur zu grnden (Hausagentur). Sie muss jedoch, will sie als Agentur in eigenem Namen gegenber dem Werbetreibenden und dem Verlag auftreten und so legitimerweise auch „Anspruch“ auf die bliche Agenturvergtung erheben kçnnen, rechtlich selbstndig von dem sie beauftragenden Werbetreibenden sein.2 Dazu reicht es nicht, wenn der Werbetreibende zugleich auch als Agentur „firmiert“. Der Agentur-„Betrieb“ muss rechtlich verselbstndigt sein.3 Die Verlage zahlen den Werbeagenturen fr die von ihnen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung geschalteten Anzeigenauftrge Provisionen. Dies erscheint auf den ersten Blick sinnwidrig: Denn die Agenturen vermitteln gerade nicht wie ein auf Provisionsbasis arbeitender Handelsvertreter ein Geschft zwischen Werbetreibendem und Verlag, sondern treten selbst als Anzeigenkunde auf.4 Andererseits dient die Anzeigenschaltung durch die Agenturen nicht deren eigenen werblichen Interessen, sondern ausschließlich dem Werbetreibenden, der die Agentur beauftragt hat. Folglich ist es zutreffend, wenn der BGH feststellt, dass den Agenturen ein Vergtungsanspruch „nur gegen ihre Kunden“, die Werbetreibenden, zusteht.5 Indem jedoch die Verlage von sich aus den Agenturen eine Provision einrumen, wird deutlich, dass sie in deren Arbeit eine Mittlerttigkeit sehen, die wegen des eigenen unmittelbaren wirtschaftlichen Interesses der Verlage entlohnt wird.

1 Dazu: BGH, AfP 1974, S. 623/624 (mit Anm. Lçhr); LG Saarbrcken, AfP 2000, S. 398; Lambsdorff/Skora, S. 52 Rz. 56, 57, S. 350 Rz. 510 ff.; Klosterfelde, S. 173–174; zu dem Fall, dass eine Agentur (flschlich) als Hausagentur tituliert wird: BGH, ArchPR 1974, S. 142. 2 Lçffler, BT Anz Rz. 134. 3 Lambsdorff/Skora, S. 129 Rz. 170; allgemein: Lçffler, BT Anz Rz. 130; der BGH spricht in der Context-Entscheidung von der „in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht selbstndigen Stellung“ der Agenturen (GRUR 1970, S. 573); das AG Tettnang (ArchPR 1967, S. 86) hat einer Hausagentur die Agenturprovision verweigert; s. a. Wild, WRP 1970, S. 240. 4 Da die Agentur im eigenen Namen (und auf eigene Rechnung) den Anzeigenvertrag mit dem Verlag abschließt, ist sie ihm gegenber zur Zahlung des „vollen“ Anzeigenentgelts verpflichtet. Ist mit der Agentur eine Provision vereinbart, vermindert sich die Zahlungsverpflichtung der Agentur gegenber dem Verlag um diesen Prozentsatz. Da die Agentur ihrem Kunden den vollen Anzeigenpreis (also nicht gekrzt um die Provision) in Rechnung stell („stellen sollte“), verbleibt ihr so der Ertrag in Hçhe der Provision (dazu: Mundhenke/Teuber, Der Verlagskaufmann, 9. Aufl., S. 169 Rz. 5.2.). 5 So ausdrcklich BGH, GRUR 1970, S. 573.

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280 Rath-Glawatz

Werbeagenturen/Mittlerprovision

Rz. 434 P

Dafr sind insbesondere folgende berlegungen maßgebend: Durch die Einschaltung der Agenturen werden die Werbestrçme kanalisiert. Den Verlagen stehen professionelle Verhandlungspartner gegenber. Dies erleichtert den Verlagen die praktische Alltagsarbeit ebenso wie es die fachliche Beratung der werbenden Wirtschaft sichert.1 Von besonderer Bedeutung ist jedoch die Tatsache, dass in der Arbeit der Agenturen eine wesentliche „Absatzhilfe“ zugunsten der Verlage gesehen werden muss. Damit honorieren die Verlage letztendlich die „Akquisitions- und Markterschließungsfunktionen“ der Agenturen.2 Selbst wenn die Zahlung einer Agenturprovision durch die Verlage allgemein blich ist, erwerben die Agenturen einen rechtlich verbindlichen Provisionsanspruch erst (und nur) dann, wenn die Provisionen dem Grunde und der Hçhe nach zusammen mit den Anzeigenabschlssen vereinbart wurden und es tatschlich zur Durchfhrung der Werbemaßnahmen kommt.3 Dies ergibt sich schon aus der Tatsache, dass „an sich“ der Werbetreibende der Agentur gegenber fr deren Ttigkeit vergtungspflichtig ist. Folglich bedarf es einer ausdrcklichen Vereinbarung, die den Agenturen („stattdessen“) einen Provisionsanspruch gegenber den Verlagen einrumt.4 Fehlt es an einer der beiden Voraussetzungen (gesonderte Vereinbarung ber die Provision bzw. Durchfhrung der Werbemaßnahme), so kann sich die Agentur nicht (mehr) an den Verlag wenden, sondern muss versuchen, sich ihre Aktivitten vom Werbetreibenden bezahlen zu lassen. Ob die Agenturen neben der Provision fr ihre Ttigkeit von dem Werbetreibenden noch eine weitere Vergtung verlangen kçnnen, bestimmt sich nach den Vereinbarungen, die der Beauftragung der Agentur zugrunde liegen. Da die Verlage die Provision „freiwillig“ an die Agenturen zahlen, um sicherzustellen, dass deren wirtschaftliche Basis gestrkt wird, widersprche es dieser Zielrichtung vçllig, wenn die Agenturen dazu bergingen, die Provisionen an die Werbetreibenden weiterzugeben. Denn dann wrde die werbetreibende Wirtschaft dazu verlockt, nur noch ber diejenigen Agenturen zu werben, die ihnen die Provision i. S. eines Rabattes zurckerstatten. Die Provision soll jedoch gerade die Agentur instandsetzen, ihrer aus dem Vertrag mit dem Werbetreibenden erwachsenen Verpflichtung zur objektiv richtigen Werbeempfehlung und Durchfhrung gerecht zu werden.5

1 2 3 4 5

Dazu im Einzelnen: Klosterfelde, S. 171. Lambsdorff/Skora, S. 132 Rz. 180. Lambsdorff/Skora, S. 128 Rz. 179. Lçffler, BT Anz Rz. 134. Dazu ausfhrlich: Klosterfelde, S. 170–172, 174–175.

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Rath-Glawatz 281

434

P Rz. 435

Werbeagenturen/Mittlerprovision

435

Die Verlage untersagen daher den Agenturen grundstzlich die Weitergabe der gezahlten Provisionen.1 Dies kann in der Weise geschehen, dass ein entsprechendes Verbot ausdrcklicher Bestandteil der Provisionsabsprache oder in den „Besonderen Geschftsbedingungen“ der Verlage ausdrcklich festgelegt ist. Aber selbst dann, wenn eine derartige Regelung nicht vorliegt, ist davon auszugehen, dass die Provisionen nicht als indirekter Preisnachlass an den Werbetreibenden weitergegeben werden drfen, da damit gegen die – ungeschriebene – Geschftsgrundlage fr die Provisionsgewhrung verstoßen wird.2

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In dem Verbot der Verlage gegenber den Agenturen, die ihnen gewhrten Provisionen ganz oder teilweise den Werbetreibenden zu erstatten, liegt kein Verstoß gegen § 14 GWB (Nichtigkeit von Vertrgen ber Preisgestaltung und Geschftsbedingungen).3 Diese Vorschrift wrde nur ein1 So heißt es z. B. in den „Zustzlichen Geschftsbedingungen“ der Verlage: „Die Werbungsmittler und Werbeagenturen sind verpflichtet, sich in ihren Angeboten, Vertrgen und Abrechnungen mit den Werbungtreibenden an die Preisliste des Verlages zu halten. Die vom Verlag gewhrte Mittlungsvergtung darf an die Auftraggeber weder ganz noch teilweise weitergegeben werden.“ 2 Lambsdorff/Skora sprechen insoweit von einem Weitergabeverbot „kraft Gewohnheitsrechts“ (S. 197 Rz. 269); Lçffler, BT Anz Rz. 135; s. a. Fikentscher, Die Preislistentreue im Recht der Werbeagenturen, S. 65; a. M. Wild (WRP 1970, S. 239/240), die ein ausdrckliches Weitergabeverbot fordert. 3 BGH, GRUR 1970, S. 573 (Context-Entscheidung); s. a. Lçffler, BT Anz Rz. 136; Mundhenke/Teuber (Der Verlagskaufmann, 9. Aufl., S. 169 Rz. 5.2.) sprechen von einer „preisbindungshnlichen Verpflichtung“, nach der es „unzulssig ist, wenn eine Werbeagentur zwar nominell den vollen Preis weiterberechnet, aber inoffiziell einen Teil der Werbemittlerprovision an den Anzeigenkunden weitergibt“; zu den kartellrechtlichen Aspekten: Kirchhoff, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts, § 10 Rz. 17, 20; anders LG Stuttgart, AfP 1993, S. 666–667: das Gericht sieht keine „schtzenswerten Interessen der Verlage“ fr ein „Rckvergtungsverbot“. – Dabei wird in der Entscheidung zu wenig beachtet, dass die AE-Vergtung nicht nur fr die konkrete Mittlerleistung der Agentur, sondern auch im generellen Interesse der Verlage an dem Erhalt und dem Ausbau der Werbeagenturen als qualifiziertem Bindeglied zwischen Verlag und „Inserenten“ gewhrt wird. Es liegt im nicht zu unterschtzenden Interesse der Verlage, dass die Agenturen die Werbetreibenden, die vielfach die insoweit notwendige Professionalitt gar nicht selbst besitzen oder erwerben kçnnen, umfassend beraten in der Gewissheit, dann auch die Agenturvergtung, die ihnen die Verlage zahlen, ungeschmlert behalten zu kçnnen. Kritisch auch: Emmerich, in: Immenga/ Mestmcker, GWB, 3. Aufl., § 14 Rz. 35; Wolter, in: Frankfurter Kommentar Kartellrecht, § 14 Rz. 49. In einer Entscheidung des BGH (WRP 1994, S. 169 ff.), die sich im Wesentlichen mit rabattrechtlichen Fragen beschftigt, heißt es zur „Entlohnung“ der Werbeagenturen: „Deren Entlohnung erfolgt rechnerisch dadurch, dass sie“ (die Agentur) „im Einvernehmen mit dem werbungstreibenden Unternehmen und dem werbedurchfhrenden Verlag 15 % … einbehlt und den Restbetrag an letzteren abfhrt.“ Diese Passage spricht dafr, dass ohne Einverstndnis des Verlages die Agentur die 15 %ige Provision nicht weitergeben darf. Zugleich stellt der BGH fest, es sei „grundstzlich nicht ausgeschlossen, dass Werbeagent und Werbungstreibender unabhngig von der Preisliste der wer-

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282 Rath-Glawatz

Werbeagenturen/Mittlerprovision

Rz. 436 P

greifen, wenn die jeweils betroffene Agentur in ihrer Freiheit zur Preisgestaltung eingeengt wre. Die Agenturen besitzen jedoch, bezogen auf die Preise, die fr die von ihnen „vermittelten“ Anzeigenschaltungen anfallen, gerade keinen Freiraum, der eingeschrnkt werden kçnnte: Denn die Verlage kennen nur „einen“ Anzeigenpreis, gleichgltig, ob der Partner des Anzeigenvertrages eine Werbeagentur oder der Werbetreibende selbst ist.1 Die Agenturen wiederum werden durch den Anzeigenvertrag, insbesondere aufgrund entsprechender Bestimmungen in den „Zustzlichen Geschftsbedingungen“, ausnahmslos verpflichtet, diese vom Verlag geforderten Preise ihren Kunden, den Werbetreibenden, unverndert in Rechnung zu stellen. Die Agenturen unterwerfen sich damit in ihrer Preisgestaltung, soweit es die Weiterberechnung der Kosten der Anzeigenschaltungen angeht, den Preisen der Verlage und binden sich so gegenber ihren Kunden, den Werbetreibenden. Kartellrechtliche Bedenken bestehen insoweit nicht, da die Agenturen im Verhltnis zwischen Werbetreibendem und Verlag keine eigene Wirtschaftsstufe (vergleichbar dem „Zwischen“-Handel) darstellen und deshalb auch keinen eigenen Preisbildungs„zwngen“ unterworfen sind.2 Sofern man allerdings den Grundsatz der Preislistentreue schon mit Blick auf das eigene Verhalten der Verlage in Frage stellen wrde, so dass die Preislistentreue nicht mehr als geltendes Standesrecht anzusehen wre, htte dies zur Folge, dass dann auch von den Agenturen keine Pflicht zur Preislistentreue mehr verlangt werden kçnnte. Diese Bindung an die Anzeigenpreise der Verlage, die gleichbedeutend ist mit dem Verbot einer indirekten Aushçhlung durch die Weitergabe der Agenturprovisionen an die Werbetreibenden, kçnnte wettbewerbsrechtlich allenfalls dann noch als Verstoß gegen § 14 GWB anzusehen sein, wenn den Agenturen daraus ein wirtschaftlicher Nachteil erwachsen wrde. Sie erhalten jedoch von den Verlagen mit der Agenturvergtung ein angemessens quivalent, durch das ihre Ttigkeit als Anzeigenvermittler honoriert wird. Und dies, obwohl dazu „eigentlich“ der Werbetreibende verpflichtet wre.3

bungsdurchfhrenden Verlage eine eigenstndige Preisvereinbarung treffen, die rechnerisch auch in einer Abrede ber die Aufteilung der Provision hegen kann“. Eine derartige Abrede drfte, wenn man sie berhaupt bejaht, jedoch besondere Umstnde voraussetzen, die sicher nicht gegeben sind, wenn sich die Ttigkeit der Agentur in der Schaltung der Inserate fr den Werbetreibenden erschçpft. 1 Unterschiedliche Preise bestnden nur dann, wenn Preislisten noch zwischen Ortspreis und Grundpreis unterscheiden wrden. 2 Zu diesem Teilaspekt: Klosterfelde, S. 175; im Ergebnis ebenso: Lçffler, BT Anz Rz. 136. 3 Dazu insgesamt: Lambsdorff/Skora, S. 192 ff. Rz. 262–268; s. a. Fikentscher, Die Preislistentreue im Recht der Werbeagenturen, S. 54 ff.

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Rath-Glawatz 283

P Rz. 437

Werbeagenturen/Mittlerprovision

In diesem Zusammenhang kann schließlich auch auf folgende berlegung verwiesen werden: wre es den Agenturen erlaubt, die ihnen von den Verlagen eingerumten Provisionen an ihre Kunden weiterzugeben, dann wrden die einheitlichen Preise der Verlage „gespalten“: arbeitete der Gewerbetreibende mit einer Agentur zusammen, die „ihre“ Provision weitergibt, so inserierte er preiswerter, als wenn er direkt annoncieren wrde; es erscheint jedoch geradezu widersinnig und kann auch wettbewerbsrechtlich nicht gewollt sein, dass derjenige Werbetreibende, der selbst fr die Anzeigenschaltungen sorgt, dafr im Ergebnis mehr zu zahlen htte als sein Konkurrent, der sich dafr einer Agentur bedient und von dieser dann die vom Verlag gezahlte Agenturprovision weitergereicht bekme.1 437

Verstçßt eine Agentur gegen das Verbot der Provisionsweitergabe, so stehen dem Verlag neben dem wenig interessanten Recht der fristlosen Kndigung des Anzeigenvertrages auch vertragliche Unterlassungs- und gegebenenfalls Schadensersatzansprche zu.2 Der Verlag kann auch gegen den Werbetreibenden, der mit der Agentur zusammenarbeitet, Unterlassungsund Schadensersatzansprche geltend machen.3

Werbeverbote 438

Auf dem Hintergrund des Jugendschutzes und4 des Schutzes des Einzelnen vor Belstigungen durch Pornographie oder Prostitution bestehen eine Reihe von Werbeverboten,5 die die Verlage zu beachten haben. Insoweit ist insbesondere auf folgende Vorschriften zu verweisen: 1 Das OLG Dsseldorf (ArchPR 1972, S. 127) stellt vergleichbare berlegungen an, bezogen auf das Beweislastrisiko zwischen Werbetreibendem und Werbeagentur bei fehlerhafter Anzeigenverçffentlichung. Gewhrt die Agentur ihren Kunden noch einen weiteren 10 %igen Rabatt, so ist dies nach dem Rabattgesetz unzulssig (LG Frankfurt, ArchPR 1959, S. 50). 2 Lambsdorff/Skora, S. 209 Rz. 299/287; Wild, WRP 1970, S. 240 Mundhenke/Teuber, Der Verlagskaufmann, 9. Aufl., S. 169 Rz. 5.2; ob man Unterlassungsansprche allerdings angesichts der Fassung des § 4 Nr. 11 UWG noch unter das Rechtsinstitut des „Vorsprungs durch Rechtsbruch“ fassen kann (so zur alten Fassung des UWG: Lçffler, BT Anz Rz. 137), erscheint fraglich, so dass Rckgriff auf die Generalklausel des § 3 UWG genommen werden muss, sofern man von der Verletzung eines Handelsbrauchs ausgeht und darin zugleich einen Fall unlauteren Wettbewerbs sieht (dazu: Harte/Henning, § 3 Rz. 58, 60; Baumbach/Hefermehl, § 3 Rz. 36, 37). 3 Lambsdorff/Skora, S. 17 Rz. 302. 4 Verbot der Werbung fr das Herunterladen von Handy-Klingeltçnen in Jugendzeitschriften: OLG Hamburg, AfP 2003, S. 353. 5 Siehe die bersicht bei Lçffler, BT Anz Rz. 42.

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284 Rath-Glawatz

Werbeverbote

Rz. 439 P

– § 184 Abs. 1 Nr. 5 2. Alt. StGB: Danach ist es verboten, pornographische Schriften/Filme, etwa in Zeitungsanzeigen, „anzubieten“, „anzukndigen“ oder „anzupreisen“. – § 120 Abs. 1 Nr. 2 OWiG: Diese Vorschrift verbietet es, durch „Verbreiten von Schriften“ die „Gelegenheit zu entgeltlichen sexuellen Handlungen“ anzubieten oder anzupreisen (Prostitutionswerbung). – § 15 Abs. 1 Nr. 6 JuSchG: Sind Schriften/Filme usw. in die Liste jugendgefhrdender Schriften aufgenommen („indiziert“) worden, drfen sie „çffentlich“ weder „angeboten“, „angekndigt“ oder „angepriesen“ werden. Das Werbeverbot aus § 184 Abs. 1 Nr. 5 StGB greift nur dann, wenn die – etwa in Anzeigenverçffentlichungen – bekanntgemachten Erzeugnisse (Bcher/Filme/Fotos) eindeutig pornographischen Charakter haben.1 Whrend in den Fllen der sog. harten Pornographie gem. § 184 Abs. 2 StGB jede Werbung strafbar ist,2 wird bei der einfachen Pornographie i. S. d. § 184 Abs. 1 StGB nach ganz berwiegender Ansicht in Rechtsprechung und Literatur ein strafbares Handeln nur dann angenommen, wenn auch die Werbung selbst pornographisch ist. Neutrale Werbung fr einfache Pornographie ist damit straffrei und unterliegt einem Werbeverbot.3 Der BGH erklrt ausdrcklich, dass eine entsprechende Anzeigenwerbung erst dann strafbar ist, wenn in dem Inserat selbst „erkennbar“ fr pornographische Filme geworben wird. Es komme darauf an, „wie der durchschnittliche interessierte und informierte Betrachter“ die Anzeigen verstehe. Ergibt sich aus dem Inserat nicht unmittelbar, dass fr einen pornographischen Film geworben werde, so reiche es nicht aus, wenn der Leser erst „aus sonstigen, ihm bekannten Umstnden aus dem Umfeld der Werbemaßnahme“ die entsprechenden Schlussfolgerungen zieht. Selbst wenn der Leser wisse, das in dem werbenden Kino regelmßig pornographische Filme gezeigt wrden, so liege in der neutralen Anzeigenverçffentlichung kein Verstoß gegen § 184 Abs. 1 Nr. 5 StGB.4

1 Dazu generell: Lçffler/Ricker, S. 504 Rz. 8 ff. 2 Harte Pornographie liegt dann vor, wenn in pornographischen Schriften Gewaltttigkeiten, der sexuelle Missbrauch von Kindern oder sexuelle Handlungen von Menschen mit Tieren dargestellt werden – dazu: Lçffler/Ricker, S. 509 Rz. 13. 3 Dazu: Lçffler/Ricker, S. 512 Rz. 17. Bezogen auf neutrale Anzeigenwerbung fr pornographische Filme: BGH, AfP 1989, S. 451; OLG Frankfurt, NJW 1987, S. 454/455; Cramer, AfP 1989, S. 611 ff., 615. Bezogen auf die Auslage (das neutrale „Anbieten“) von pornographischen Heften: BGH, NJW 1987, S. 449, 450; OLG Karlsruhe, NJW 1984, S. 1975; OLG Celle, MDR 1985, S. 693. Bezogen auf die neutrale Filmankndigung in einem Schaukasten eines „Porno-Kinos“: BGH, NJW 1977, S. 1695. Bezogen auf die neutrale Plakatwerbung fr pornographische Filme: OLG Stuttgart, MDR 1977, S. 246. 4 BGH, AfP 1989, S. 451.

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Rath-Glawatz 285

439

P Rz. 440

Werbeverbote

Im brigen ist auf Folgendes hinzuweisen: Der Zweck des Werbeverbots in § 184 Abs. 1 Nr. 5 StGB besteht darin, zu verhindern, dass vor allem Jugendliche auf pornographische Erzeugnisse aufmerksam gemacht werden. Ist demnach zwar das Objekt, fr das geworben wird, pornographisch, wird dies aber in der (Anzeigen-)Werbung nicht entsprechend deutlich, so wird dieses Werbeverhalten vom Strafzweck der Vorschrift nicht erfasst. Hinzu kommt, dass ein absolutes Werbeverbot fr einfache Pornographie der Informationsfreiheit der Erwachsenen, die sich ber das einschlgige Angebot informieren wollen, widersprche. Wrde auch die neutrale Werbung fr pornographische Schriften, Bilder oder Filme strafbar sein, so htte die Presse die Verpflichtung, auch bei unverfnglicher Gestaltung von Anzeigen zu prfen, ob nicht tatschlich fr ein pornographisches Erzeugnis geworben wird. Diese Bewertung ist weder zumutbar noch durchfhrbar. Es kann nicht Aufgabe der Verlage sein, als Sittenwchter bzw. Sittenrichter auch bei neutralen Anzeigenverçffentlichungen selbst zu berprfen, ob das beworbene Objekt pornographisch ist. Erst dann, wenn dies aus der Werbung selbst deutlich wird, greift das Werbeverbot aus § 184 Abs. 1 Nr. 5 StGB und damit die (strafrechtliche) Verantwortlichkeit der Presse. Da nicht jede erotische bzw. sexuelle Darstellung bzw. Abbildung, selbst dann, wenn sie die Geschlechtsmerkmale deutlich zeigt, pornographisch ist, kann eine entsprechende (Anzeigen-)Werbung nur dann nicht mehr als „neutral“ bezeichnet werden, wenn sie „nach ihrem objektiven Gehalt ausschließlich auf die Erregung eines sexuellen Reizes beim Betrachter abzielt und dabei die im Einklang mit allgemeinen gesellschaftlichen Wertvorstellungen gezogenen Grenzen des sexuellen Anstandes eindeutig berschreitet“.1 Wann diese beiden Voraussetzungen vorliegen, lsst sich jeweils nur fr den konkreten Einzelfall entscheiden. Dabei darf aber nicht bersehen werden, dass etwa Abbildungen, wie sie die Titelseiten von großen Illustrierten „zieren“ oder im redaktionellen Teil von Boulevardblttern abgedruckt sind, nicht schon allein dadurch pornographisch werden, dass sie im Rahmen einer Kinoanzeige verçffentlicht werden. Sind auch die Titel der angebotenen Filme nicht eindeutig pornographisch, so greift § 184 Abs. 1 Nr. 5 StGB nicht.2 440

In Fortentwicklung der hçchstrichterlichen Rechtsprechung, die in § 184 Abs. 1 Nr. 5 StGB kein absolutes Werbeverbot (mehr) sieht, sollte diese Einschtzung auch mit Blick auf die Bestimmung des § 120 Abs. 1 Nr. 2 1 Dazu: OLG Koblenz, NJW 1979, S. 1468; OLG Dsseldorf, NJW 1974, S. 1474. 2 Im Ergebnis ebenso: Lçffler, BT Anz Rz. 42; OLG Frankfurt, NJW 1987, S. 455. Wenn sich das OLG Mnchen (NJW 1987, S. 453) in seiner gegenteiligen Entscheidung auf die Rechtsprechung des BGH zu den Werbeverboten nach dem GjS beruft, so bersieht das Gericht die unterschiedlichen rechtlichen und tatschlichen Voraussetzungen in der Anwendung von § 184 Abs. 1 Nr. 5 StGB und § 5 Abs. 2 GjS.

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286 Rath-Glawatz

Werbeverbote

Rz. 440 P

OWiG gelten: solange aus den (Anzeigen-)Verçffentlichungen selbst nicht erkennbar ist, dass fr Pornographie oder Prostitution geworben wird, sondern sich dieser Rckschluss erst auf Grund anderer, außerhalb der Werbemaßnahmen liegender Umstnde ergibt, wre in beiden Fllen bei neutraler Werbung kein Gesetzesverstoß mehr anzunehmen.1 Anders als in seiner Entscheidung zur Werbung fr pornographische Filme in Zeitungsanzeigen hat der BGH jedoch bei sog. Kontaktanzeigen, selbst wenn sie nur „versteckt“ Werbung enthalten, generell einen Verstoß gegen § 120 Abs. 1 Nr. 2 OWiG angenommen (R Rz. P 388).2 Der BGH sieht zwar den Jugendschutz als „maßgebliches gesetzgeberisches Motiv“ fr die Regelung in § 120 Abs. 1 Nr. 2 OWiG, stellt aber bei der Bewertung bzw. der Beurteilung der „Erkennbarkeit“ sog. neutraler Werbung fr Prostitution nicht „auf das Verstndnis der mit der Werbung konfrontierten Kinder und Jugendlichen“ ab, sondern darauf, wie die „Anzeige in der Verkehrsanschauung“, also „allgemein“ verstanden wird. Entscheidend sei, wie der „durchschnittlich verstndige, nicht ganz lebensfremde Leser die Anzeige nach ihrem Gesamtinhalt unter konkreten Umstnden versteht“. Wrde man bei neutralen Kontaktanzeigen „allein auf den Wortlaut und nicht auf den erkennbaren Sinngehalt im konkreten Zusammenhang abstellen“, so wre eine Umgehung des Verbots aus § 120 Abs. 1 Nr. 2 OWiG sanktioniert, da der „gesamte Bereich der Werbung mit „schlichten“ Kontaktanzeigen nicht erfasst werden kçnne“.3 Dem ist Folgendes entgegenzuhalten: Anzeigenverçffentlichungen, in denen sexuelle Kontakte gewnscht oder angeboten werden, sind nach geltendem Recht zulssig. Aus Grnden des 1 Im Ergebnis ebenso: Lçffler: BT Anz Rz. 42; s. a.: OLG Dsseldorf, AfP 1978, S. 102/103; AG Wertheim, Urteil v. 17.1.1974 (Az. OWiG 79/78); LG Frankfurt, NJW 1985, S. 1639 ff.; dazu umfassend: Cramer, AfP 1989, S. 611 ff., 615. Fr ein absolutes Werbeverbot: OLG Karlsruhe, NJW 1978, S. 61; BayObLG, AfP 1981, S. 403; OLG Frankfurt, AfP 1985, S. 40 ff.; OLG Schleswig, ArchPR 1977, S. 78/79. In der Literatur wird berwiegend die Meinung vertreten, dass neutrale Werbung nicht vom Zweck des § 120 OWiG erfasst wird: Engels, AfP 1985, S. 101/102. Heute ist davon auszugehen, dass die Vertrge ber Kontaktanzeigen nicht mehr sittenwidrig sind: AG Heidelberg, NJW-RR 1998, S. 260, 261; AG Berlin-Kçpenick, NJW 2002, S. 1885 (fr den Fall einer „Begleitagentur“-Anzeige); im Ergebnis ebenso: Lçffler, BT Anz Rz. 42; Palandt-Heinrichs, § 138 Rz. 52. Auch die Verwaltungspraxis duldet zwischenzeitlich entsprechende neutrale Anzeigen. In einem Erlass des Innenministeriums Baden-Wrttemberg v. 4.12.1980 (Az. III4211/56) heißt es: „Im Interesse einer mçglichst einheitlichen Verwaltungspraxis erscheint dem Innenministerium eine Verfolgung und Ahndung dieser Ordnungswidrigkeiten nur noch geboten, wenn diese ‚Kontaktanzeigen‘ aufdringlich oder indezent sind. In den Fllen verdeckter Werbung ist im Hinblick auf den Opportunittsgrundsatz (§ 47 Abs. 1 OWiG) von der Verfolgung und Ahndung abzusehen.“ 2 BGH, AfP 1992, S. 251 ff.; kritisch dazu: Pfeiffer, BGH LM § 134 BGB Nr. 141. 3 BGH, AfP 1992, S. 252–253.

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Rath-Glawatz 287

P Rz. 441

Werbeverbote

Jugendschutzes und der Abwehr von Belstigungen durch Prostitution ist jedoch Werbung dann, wenn in ihr sexuelle Handlungen gegen Entgelt angeboten werden, gem. § 120 OWiG verboten. Folglich muss aus der Werbung, der Anzeigenverçffentlichung selbst, die Entgeltlichkeit des Kontakts unmittelbar deutlich werden. Daran fehlt es jedoch, wenn Kontaktanzeigen aufgegeben werden, die lediglich auf den Inserenten hinweisen und/oder eine Orts- bzw. Telefonangabe enthalten. Diese Angaben sind in sich zu unbestimmt, als dass sie die Entgeltlichkeit zweifelsfrei deutlich machen. Wer sich darauf beruft, es reiche aus, wenn entsprechende Verçffentlichungen auch entsprechend verstanden wrden, verkehrt den Gesetzeszweck: Wer ohnehin bereits „kundig“ ist, braucht vor Gefahren nicht geschtzt zu werden. Weiter ist darauf zu verweisen, dass die in Frage stehenden neutralen Kontaktanzeigen von den Ordnungsbehçrden inzwischen regelmßig geduldet werden. Wenn aber der Staat auf der Grundlage des § 120 OWiG nicht mehr gegen diese Anzeigen vorgeht, so muss es mehr als fragwrdig erscheinen, dem Inserenten zivilrechtlich den Makel der Sittenwidrigkeit aufzudrcken.1 441

Gegen die Zulssigkeit neutraler Werbung im Zusammenhang mit den Bestimmungen des § 184 StGB und § 120 OWiG kann nicht angefhrt werden, dass gem. § 15 JuSchG fr indizierte Schriften/Filme berhaupt nicht, also auch nicht in (verbrmter) neutraler Form, geworben werden darf.2 Denn in diesen Fllen wird der „fr die Tatbestandsmßigkeit erforderliche, auf Pornographie sich beziehende Charakter der Werbung“ ersetzt durch die Verçffentlichung der Liste der indizierten Schriften und Filme, so dass insoweit auch die neutrale Werbung verboten ist.3 Die Werbeverbote aus § 184 StGB bzw. § 15 JuSchG gelten nicht, wenn die pornographischen Erzeugnisse im „Geschftsverkehr mit dem einschlgigen Handel“ angeboten werden bzw. wenn nur an Orten geworben wird, die fr Kinder und Jugendliche „nicht zugnglich sind und von ihnen nicht eingesehen werden kçnnen“.

442

Whrend nach § 22 Abs. 1 LMBG Tabakwerbung in Rundfunk und Fernsehen wegen der besonderen Breitenwirkung dieser Medien generell untersagt ist, hngt die Frage, ob und inwieweit in anderen (Print-)Medien Zigarettenwerbung zulssig ist, davon ab, ob einer der Verbotstatbestnde

1 Dazu: Pfeiffer, BGH LM § 134 BGB Nr. 141 (m. w. N. ). 2 Dazu: Lçffler/Ricker, S. 525 Rz. 19 ff.; 22 ff.; s. a.: BGH, NJW 1985, S. 154; zur Verfassungsmßigkeit des Verbots fr indizierte Produkte: BVerfG, NJW 1986, S. 1241/1242. 3 BGH, NJW 1987, S. 450. Zur Frage, inwieweit ein indizierter Film im redaktionellen Teil besprochen werden darf (ohne dass dies „Werbung“ ist): BGH, AfP 1987, S. 410.

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288 Rath-Glawatz

Werbeagenturen/Mittlerprovision

Rz. 444 P

des § 22 Abs. 2 LMBG vorliegt.1 So hat der BGH unter Berufung auf diese Vorschrift Zigarettenwerbung in „Jugendzeitschriften“ generell fr unzulssig erklrt. Dies gelte selbst dann, wenn ein Anzeigenmotiv in der Jugendzeitschrift abgedruckt werde, das unverndert auch sonst in der Werbung Anwendung finde (auf Plakaten, in Tageszeitungen usw. ). Entscheidend sei die Wahl des „Umfeldes“ fr die Werbung, die im fraglichen Fall besonders darauf abziele, Jugendliche zum Rauchen zu animieren.2 Ob und inwieweit das europarechtliche Verbot fr Tabakwerbung in der Presse auch in Deutschland greifen wird, ist gegenwrtig noch offen.3 Die Werbeverbote in den Standesordnungen der freien Berufe (Rechtsanwlte, rzte, Heilpraktiker, Apotheker, steuerberatende Berufe) binden allein die Angehçrigen dieser Berufsgruppen, nicht jedoch die Presse,4 so dass diese auch keiner besonderer Prfungspflicht (R Rz. P 299 ff.) bei derartigen Anzeigenverçffentlichungen unterliegt.5

443

Nach der neueren Rechtsprechung des BGH kann schließlich auch festgestellt werden, dass hinsichtlich der Anzeigenwerbung fr Heilmittel sowohl in Anzeigen wie auch in redaktionellen Hinweisen keine anderen Anforderungen an die Prfungspflicht der Verlage zu stellen sind als bei sonstiger Wirtschaftswerbung auch.6

444

1 Soweit darauf verwiesen wird, es gbe „Beschrnkungen“ hinsichtlich der Grçße von Anzeigen mit Tabakwerbung (Lçffler/Ricker, S. 603 Rz. 13), so ist anzumerken, dass es sich um freiwillige, d. h. unverbindliche Beschrnkungen der Tabakindustrie handelt (Beschrnkung von Anzeigengrçße und Schalthufigkeit: Zeitungen – eine halbe Seite pro Ausgabe pro Hersteller, Zeitschriften – eine Seite pro Ausgabe und Hersteller). Zur Cigarillo-Werbung in Printanzeigen ohne Warnhinweis: OLG Karlsruhe, AfP 2003, S. 557; zur Zustndigkeit bei Plakatwerbung fr Zigaretten: OVG Mnster, AfP 199, S. 410. 2 BGH, AfP 1994, S. 38–39; dazu allgemein: Lçffler/Ricker, S. 602 Rz. 13; Lçffler, BT Anz Rz. 42; Ahrens, § 74 Rz. 155. 3 Dazu die bersicht bei Lçffler/Ricker, S. 603 Rz. 13. Zur Umsetzung von Werbeverboten in nationales Recht: Rath-Glawatz, AfP 1999, S. 29 ff. 4 BGH, WRP 1990, S. 270, 272; LG Mnchen, Urteil v. 19.4.2000 – Az. 7 HKO 1608/00. 5 Dazu: Kbler, AfP 1982, S. 92/93. Zu Anzeigenverçffentlichungen von Heilpraktikern in Fernsprechbchern: BGH, AfP 1989, S. 827/828; zu Anzeigen von Rechtsanwlten in Tageszeitungen: OLG Karlsruhe, WRP 1991, S. 816. Zur Frage, inwieweit die Aufnahme von rzten per Inserat in ein (nicht amtliches) Branchenverzeichnis (wettbewerbsrechtlich) zulssig ist: OLG Mnchen, AfP 1990, S. 57 ff.; s. a. OLG Dsseldorf, WRP 1991, S. 730. 6 Die Werbeverbote bzw. Informationspflichten aus dem Heilmittelwerbegesetz sind jeweils vom Inserenten zu beachten – dazu insgesamt: v. Czettritz, WRP 1993, S. 461 ff. Allgemein zu den Werbebeschrnkungen im Heilmittelrecht: Lçffler/Ricker, S. 602 Rz. 11.

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Rath-Glawatz 289

P Rz. 445

Zeugnisverweigerungsrecht

Zeugnisverweigerungsrecht 445

Neben dem Aussageverweigerungsrecht aus persçnlichen Grnden nach § 52 StPO normiert § 53 StPO ein Zeugnisverweigerungsrecht fr bestimmte Berufsgruppen. Soweit dort (bzw. in § 84 Finanzgerichtsordnung i. V. m. § 102 Abgabenordnung) auch die Presseangehçrigen erwhnt werden, bezieht sich ihr Zeugnisverweigerungsrecht dem Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung nach nur auf den „redaktionellen Teil“. Da diese Regelung auch in § 383 Abs. 1 Nr. 5 ZPO wiederkehrt, erscheint bezglich des Anzeigenteils ein Zeugnisverweigerungsrecht ausgeschlossen.1

446

Dies ist angesichts der Tatsache, dass auch der Anzeigenteil unter den Schutzbereich des Art. 5 GG fllt (R Rz. P 110 ff.) und das Zeugnisverweigerungsrecht gerade diesen Schutz der Pressefreiheit (mit) sicherstellen soll, wenig berzeugend. Die Fragwrdigkeit der gegenwrtigen Gesetzeslage wird besonders deutlich am Beispiel der Chiffreanzeigen (R Rz. P 128 ff.). Der Inserent lsst seine Tatsachenbehauptungen und/ oder Meinungsußerungen ber Annoncen in der Presse abdrucken, indem er zugleich unmissverstndlich erklrt, (zunchst) anonym bleiben zu wollen. Fehlt dann den Mitarbeitern der Anzeigenabteilungen ein Zeugnisverweigerungsrecht, so mssen sie vor Gericht den Inserenten der Chiffreanzeige preisgeben.

447

Das Bundesverfassungsgericht hat bereits 1983 erklrt, das Zeugnisverweigerungsrecht gelte „grundstzlich auch fr den Anzeigenteil“ und dabei insbesondere fr „den Schutz des Vertrauensverhltnisses zwischen Presse und Auftraggeber einer Chiffreanzeige“. Folgerichtig sieht das Gericht in der Bestimmung des § 53 StPO keine „abschließende Regelung der gesetzlichen Grnde einer Zeugnisverweigerung von Presseangehçrigen“ und lsst „nach fallbezogener Abwgung der widerstreitenden Interessen ausnahmsweise“ die Ableitung eines Zeugnisverweigerungsrechts „unmittelbar aus Art. 5 GG“ zu. bt die Presse beim Abdruck von Anzeigen mit „Beitrgen zur çffentlichen Meinungsbildung“ Kontrollfunktionen vergleichbar der redaktionellen Berichterstattung aus, so steht ihr nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch insoweit ein Zeugnisverweigerungsrecht zu.2 Dabei kann es im Einzelfall Schwierigkeiten bereiten festzustellen, ob die in Frage stehende Annonce meinungsbildenden Charakter hat (R Rz. P 213). Insoweit ist lediglich die generelle Aussage mçglich, dass bei Anzeigen, die „ausschließlich dem

1 Dazu: Lçffler/Ricker, S. 216 Rz. 35; Lçffler, § 23 LPG Rz. 67 ff. 2 BVerfG, AfP 1983, S. 385 ff.; Rath-Glawatz, AfP 1983, S. 387 ff.; s. a. LG Hannover, ArchPR 1973, S. 173/174; Soehring, S. 168 Rz. 8.22. Bezogen auf die Auskunftspflicht der Presse gegenber der Steuerfahndung: BVerfG, NJW 1990, S. 701–702.

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290 Rath-Glawatz

Zeugnisverweigerungsrecht

Rz. 451 P

geschftlichen Verkehr dienen“, in jedem Fall ein Zeugnisverweigerungsrecht ausscheidet.1 Neben dem Verantwortlichen fr den Anzeigenteil (R Rz. P 409 ff.) sind alle Presseangehçrigen, die berufsmßig an der „Herstellung“ der Anzeigen mitwirken, im genannten Umfang zur Aussageverweigerung befugt. Diesem Kreis sind die Mitarbeiter der Anzeigenabteilungen ebenso zuzurechnen wie diejenigen, die fr den Verlag im Außendienst arbeiten. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um angestellte oder freie Mitarbeiter handelt, da es letztendlich nur darauf ankommt, dass der Betreffende „berufsmßig“ mit der Anzeigenakquisition, Herstellung oder Verwaltung betraut ist.2

448

Das Bundesverfassungsgericht beschftigt sich in seiner Entscheidung zwar vordergrndig nur mit der einschlgigen Bestimmung aus der StPO. Aufgrund der generalisierenden Feststellungen zum Umfang des Zeugnisverweigerungsrechts im Anzeigenteil wird man diese Ausfhrungen jedoch auch auf andere Prozessordnungen, insbesondere auf die Verfahren vor den Finanzgerichten, bertragen kçnnen.

449

Die Zivilprozessordnung enthlt neben dem bereits erwhnten § 383 450 Abs. 1 Nr. 5 ZPO weitere Bestimmungen, die ein Aussageverweigerungsrecht begrnden. Gem. § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO drfen „Personen, denen Kraft ihres … Gewerbes Tatsachen anvertraut sind, deren Geheimhaltung durch ihre Natur… geboten ist“, das Zeugnis verweigern. Dies gilt gem. § 384 Nr. 3 ZPO auch fr „Fragen, die der Zeuge nicht beantworten kçnnte“, „ohne … ein Gewerbegeheimnis zu offenbaren“. Diese Vorschriften wird man im Lichte der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts so auszulegen haben, dass die Presse im Zivilprozess beispielsweise den Auftraggeber einer Chiffreanzeige nicht preiszugeben braucht, weil dessen Geheimhaltung gerade der „Natur“ des Chiffregeheimnisses entspricht (§ 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO) bzw. als „Gewerbegeheimnis“ (§ 384 Nr. 3 ZPO) einzustufen ist.3 Insoweit drfte es auch unerheblich sein, ob die Anzeige meinungsbildenden Charakter hat oder geschftlichen Zwecken dient. Denn im Zivilverfahren greifen die zustzlichen Einschrnkungen des Verfassungsgerichts, die im strafrechtlichen Bereich eine Begrenzung des Zeugnisverweigerungsrechts wegen des Strafverfolgungsinteresses der Allgemeinheit rechtfertigen sollen, nicht durch. Besteht fr die „Angehçrigen“ der Anzeigenabteilungen ein Zeugnisverweigerungsrecht, so bedeutet dies, dass sie frei entscheiden kçnnen, ob sie vor Gericht eine Aussage machen wollen oder nicht. Diese Freiheit

1 Rath-Glawatz, AfP 1983, S. 389. 2 Bezogen auf den redaktionellen Bereich: Lçffler, § 23 LPG Rz. 37 ff. 3 Dazu insgesamt: Lçffler, § 23 LPG Rz. 130 ff.

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Rath-Glawatz 291

451

P Rz. 452

Zeugnisverweigerungsrecht

besteht selbst dann, wenn beispielsweise der Inserent der Presse gegenber erklrt hat, er sei mit der Preisgabe seines Namens einverstanden. Hat ein Presseangehçriger eine richterliche Ladung als Zeuge erhalten und will er von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen, so reicht es im Zivilverfahren in der Regel aus, wenn dem Gericht unter Hinweis auf das Zeugnisverweigerungsrecht (schriftlich) mitgeteilt wird, dass keine Bereitschaft zur Aussage bestehe. Der Termin braucht dann nicht mehr wahrgenommen zu werden. Der Mitarbeiter der Anzeigenabteilung ist hinreichend entschuldigt. Im Strafverfahren gilt dagegen der umgekehrte Grundsatz: auch der Zeuge, der nach Erhalt der Ladung das Gericht vorab schriftlich auf sein Zeugnisverweigerungsrecht hinweist, muss zum Termin erscheinen und dort zumindest die blichen Fragen zur Person beantworten. Nur dann, wenn das (Straf-)Gericht vorab ausdrcklich auf das Erscheinen des Zeugen verzichtet, braucht der Termin nicht mehr wahrgenommen zu werden.1 Die Verpflichtung, unter Eid als Zeuge auszusagen, besteht nur vor dem Richter. Gem. § 161a StPO sind Zeugen verpflichtet, (auf Ladung) bei der Staatsanwaltschaft zu erscheinen und, sofern ihnen kein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht, auch auszusagen.2 Gleiches gilt gem. § 46 Abs. 2 OWiG gegenber der Verfolgungsbehçrde im Ordnungswidrigkeitenverfahren. 452

Sind Presseverlage Dritten gegenber aufgrund spezieller gesetzlicher Vorschriften zur Auskunft ber Inserenten verpflichtet, so kann die Erfllung des Auskunftsverlangens mit Kosten verbunden sein (z. B. langwieriges Heraussuchen von Unterlagen aus den Archiven). Der BFH hat einer Bank, die der Steuerfahndung gegenber eine Auskunft erteilen musste, einen entsprechenden Kostenersatzanspruch zugebilligt.3 Diese Rechtsprechung lsst sich auf die Auskunftserteilung durch Presseunternehmen bertragen.

1 S. dazu: Lçffler, § 23 LPG Rz. 82. 2 Erscheint der Staatsanwalt von sich aus beim Zeugen, gilt dasselbe. 3 BFH, Urteil v. 23.12.1980 (Az. VII R 91/79).

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292 Rath-Glawatz

2. Teil: Rundfunk

Absatzfçrderungsabsicht Werbung (R Rz. R 110) wird mit der Absicht verbreitet, den Absatz von Waren oder Dienstleistungen zu fçrdern. Das Merkmal der „Absatzfçrderungsabsicht“ (auch „Werbeabsicht“ genannt) wird insbesondere dann herangezogen, um unerwnschte Werbeformen definieren und deren Vorliegen feststellen zu kçnnen (bspw. Schleichwerbung [R Rz. R 63]).1 Schleichwerbung liegt danach z. B. vor, wenn ein Rundfunkveranstalter eine objektiv werbegeeignete Darstellung von Waren, Dienstleistungen oder Marken mit der Absicht, den eigenen oder fremden Wettbewerb zum Nachteil eines anderen zu fçrdern, in sein Programm einfgt bzw. einfgen lsst.2

1

Bei der Auslegung des subjektiven Tatbestandmerkmals der „Absicht“ ist auf die gerichtliche Praxis im Wettbewerbsrecht zurckzugreifen, da auch dort eine Wettbewerbshandlung nur dann vorliegt, wenn die Absicht festgestellt wird, eigenen oder fremden Wettbewerb zu fçrdern („Wettbewerbsabsicht“3).4 Die diesbezgliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes,5 die aus objektiven Indizien die tatschliche Vermutung einer Wettbewerbsabsicht ableitet, fgt sich ohne weiteres in das System des Rundfunkwerberechts ein. In beiden Fllen spricht nmlich bei einer objektiv wettbewerbs- bzw. werbegeeigneten Handlung die allgemeine Lebenserfahrung fr das Vorliegen einer entsprechenden Wettbewerbsbzw. Absatzfçrderungsabsicht – eine Vermutung, die allerdings auch widerlegt werden kann. Fr diese Auslegung spricht im brigen die gesetzliche Fingierung der Absicht seitens des Veranstalters bei Entgeltlichkeit

2

1 Engels/Giebel, ZUM 2000, 265, 270; Busch, MMR 2003, 714, 715. 2 OVG Lneburg, AfP 1999, 302; Henning-Bodewig, ZUM 1997, 633, 637; Holznagel/Stenner, ZUM 2004, 617, 619. 3 Zum Erfordernis der Wettbewerbsabsicht: BGHZ 3, 270, 277 – Constanze; BGH, GRUR 1990, 611, 613 – Werbung im Programm; GRUR 1992, 450, 452 – Beitragsrechnung; GRUR 1993, 125, 126 – EWG-Baumusterprfung, st. Rspr.; vgl. auch: Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl. 2004, Rz. 24; Engels, AfP 2004, 316, 319. 4 Beucher/Leyendecker/v. Rosenberg, § 7 RStV Rz. 46. 5 BGH, GRUR 1962, 34, 36 – Torsana; GRUR 1990, 463, 464 – Firmenrufnummer; GRUR 1993, 761 – Makler-Privatangebot; diese Rechtsprechung ist explizit auf die Ttigkeit von Medien bertragen worden: BGH, GRUR 1992, 618, 619 – Pressehaftung II.

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Engels/Giebel 293

R Rz. 3

Absatzfçrderungsabsicht

der Erwhnung oder Darstellung von Waren und Dienstleistungen im Programm nach § 2 Abs. 2 Nr. 6 S. 2 RStV.1 3

Die soeben erluterte Vermutung der Wettbewerbsabsicht kann beim Handeln des Rundfunkveranstalters – soweit es nicht um die Flle typisch wettbewerbsfçrdernder Maßnahmen geht (z. B. Schaltung von Werbespots, Abonnentenwerbung) – nicht ohne weiteres zugrunde gelegt werden. Handelt der Rundfunkveranstalter im Rahmen seines Funktionsbereichs (Berichterstattung), spricht keine Vermutung fr eine Wettbewerbsabsicht. Hlt sich das in Rede stehende Verhalten im Rahmen dieser Aufgaben, fehlt es an einem Handeln im Wettbewerb.2 Werbliche Auswirkungen der Berichterstattung sind dann unvermeidbare Folge der Erfllung der journalistischen Aufgabe. Selbst bei polemisch berspitzten, subjektiv einseitigen oder sogar gewollt herabsetzenden ußerungen greift deshalb die Vermutung der Wettbewerbsabsicht nicht ein.3 Der verfassungsrechtliche Schutz der Medienfreiheiten darf nicht durch eine vorschnelle Anwendung des Wettbewerbsrechts beeintrchtigt werden.4

Alkoholwerbung 4

Werbung fr alkoholische Getrnke unterliegt insbesondere zum Schutze Minderjhriger gesetzlichen Restriktionen.5 Diese Regelungen sind seit dem 1. Juli 2004 im Jugendmedienschutz-Staatsvertrag normiert. Nach § 6 Abs. 5 JMStV darf sich Werbung fr alkoholische Getrnke weder an Kinder und Jugendliche richten noch durch die Art der Darstellung Kinder und Jugendliche besonders ansprechen oder diese gar beim Alkoholgenuss darstellen.6 Als Schranken setzende Normen richten sich diese Bestimmungen in erster Linie an die Werbetreibenden, die Rundfunkveranstalter sind zwar ebenfalls verantwortlich, kçnnen sich aber wegen des Inhalts der Werbespots auf das „Anzeigenprivileg“ berufen. Neben dieser gesetzlichen Regulierung greift auch die Selbstregulierung durch die Wer-

1 Hartstein/Ring, § 49 RStV Rz. 39. 2 St. Rspr.: BGH, GRUR 1986, 812, 813 – Gastrokritiker; GRUR 1995, 270, 272 – Dubioses Geschftsgebaren; GRUR 1998, 947, 948 – AZUBI ’94; GRUR 2000, 703, 706 – Mattscheibe. 3 BGH, GRUR 1995, 270, 272 – Dubioses Geschftsgebaren; GRUR 1997, 912, 913 – Die Besten I. 4 BGH, GRUR 1982, 234, 235 – Großbanken-Restquoten; GRUR 1984, 461, 462 – Kundenboykott. 5 Vgl. Engels, Das Recht der Fernsehsendung fr Kinder, 1997, S. 271 f. 6 Hartstein/Ring, § 6 JMStV Rz. 20.

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Alkoholwerbung

Rz. 5 R

bewirtschaft. Die wichtigste Institution der Selbstorganisation ist in diesem Bereich der Deutsche Werberat1 (R Rz. R 118). Unter anderem hat der Deutsche Werberat „Verhaltensregeln und Richtlinien zur inhaltlichen Gestaltung von Werbung“ erarbeitet. Diese sind in Bezug auf die Alkoholwerbung2 zum 1. Januar 2005 erweitert worden: Demnach soll die Werbung fr alkoholische Getrnke grundstzlich nicht zu schdlichem Konsum auffordern oder einen solchen Konsum verharmlosen, vielmehr soll Werbung den verantwortungsbewussten Umgang mit Alkohol fçrdern (Nr. 1). Weiter enthalten die Verhaltensregeln das grundstzliche Verbot, Aufforderungen zum Trinken an Jugendliche zu richten (Nr. 2.1), insbesondere soll z. B. verhindert werden, dass der „Reiz des Verbotenen“ den Alkoholkonsum fçrdert. So darf ein Jugendlicher nicht „als noch nicht reif genug fr den Genuss alkoholischer Getrnke“ dargestellt werden (Nr. 2.3). In Medien, die sich redaktionell vorwiegend an Kinder und Jugendliche richten, soll berhaupt keine Werbung fr alkoholhaltige Getrnke geschaltet werden (Nr. 2.2). Zudem sollen aufgrund ihrer Vorbildfunktion – gerade auch fr Kinder und Jugendliche – keine Leistungssportler als Werbetrger genutzt werden (Nr. 3). Im brigen gilt, das Werbung nicht auf den besonders hohen oder niedrigen Alkoholgehalt eines Getrnks abstellen, keine Vorzge der „Enthemmung“ darstellen und nicht den Eindruck, Alkohol fçrdere sozialen oder sexuellen Erfolg, erwecken soll. In der Vergangenheit sind die Restriktionen in Bezug auf Werbung fr alkoholhaltige Getrnke von Seiten der Werbetreibenden mehrfach angegriffen worden, da diese Beschrnkungen die durch Art. 48 ff. EGV garantierte Dienstleistungsfreiheit verletzen wrden. Der Europische Gerichtshof hat jedoch festgestellt, dass eine Restriktion der europarechtlich garantierten Dienstleistungsfreiheit dann durch nationale Regelungen gerechtfertigt ist, wenn dies aus zwingenden Grnden des Allgemeininteresses geschieht; ein zwingender Grund des Allgemeininteresses liegt insbesondere beim Gesundheitsschutz vor.3 Damit drfte auch die Beschrnkung von Werbung fr alkoholhaltige Getrnke gegenber Minderjhrigen mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sein.

1 Vgl. Arbeitsgrundstze des Deutschen Werberates, Fassung von 1979, in: Jahrbuch Deutscher Werberat 1999, edition ZAW, 1999, S. 51 ff.; ausfhrlich Rost, Der Deutsche Werberat, in: Fischer (Hrsg.), Positionen und Strukturen bei Druckmedien, 1987, S. 355–366. 2 Freiwilligen Verhaltensregeln ber die kommerzielle Kommunikation fr alkoholhaltige Getrnke; http://www.interverband.com/dbview/owa/assmenu.homepage?tid=69392&fcatid=4349&from_home=/werberat. 3 EuGH, EuZW 2001, 251 ff.; EuZW 2004, 499 ff.

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R Rz. 6

Ausstatterhinweise

Ausstatterhinweise 6

Hinweise auf einzelne Ausstatter einer Sendung (z. B. Kleidung der Moderatoren bzw. Einrichtung der Studiodekoration)1 werden – allerdings nur unter engen Voraussetzungen – nicht als Werbung im rundfunkrechtlichen Sinne behandelt: Solche liegen vor, wenn im Abspann einer Sendung der Ausstatter genannt oder eingeblendet wird oder neben ihm bzw. an seiner Stelle das Emblem seiner Firma, der Produktname oder eine Marke – jedoch ohne Bewegtbilder – genannt oder eingeblendet werden.2 Insoweit wird der Zuschauer nmlich noch programmbezogen informiert. Darber hinausgehende Hinweise sind wie Werbung zu behandeln.

Beeinflussung des Programms, Verbot der 7

In § 7 Abs. 2 RStV ist das Gebot verankert, dass „Werbung oder Werbetreibende das brige Programm inhaltlich und redaktionell nicht beeinflussen“ drfen. Mittels dieses Verbotes erfolgt die Sicherung der Unabhngigkeit der Programmgestaltung; die Einhaltung der Neutralitt gegenber dem Wettbewerb am freien Markt soll gewhrleistet und sachfremde Einflsse auf die Sendungen verhindert werden.3 Darber hinaus verfolgt § 7 Abs. 2 RStV das verfassungsrechtlich gewichtige Ziel, die Rundfunk- und Meinungsfreiheit dahingehend zu gewhrleisten, dass dem Konsumenten eine freie Meinungsbildung aufgrund wertneutraler Berichterstattung ermçglicht wird.4

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Kontrolle und Durchsetzung der Norm sind allerdings schwierig. Der Grund wird darin zu finden sein, dass der rechtliche Gehalt der Norm nur schwer umzusetzen ist. Abgesehen von Schleichwerbung (R Rz. R 63) und entsprechenden Praktiken, die bereits von § 7 Abs. 6 RStV erfasst sind, wird die Einflussnahme auf das Programm in der Regel eher strukturell und kaum merklich sein; z. B., wenn die Veranstalter ihr

1 Vgl.: Nr. 19 der Werberichtlinien Fernsehen der Landesmedienanstalten; Gemeinsame Richtlinien der Landesmedienanstalten fr die Werbung, zur Durchfhrung der Trennung von Werbung und Programm und fr das Sponsoring im Fernsehen idF v. 10.2.2000 (Werberichtlinien Fernsehen der Landesmedienanstalten), verçffentlicht in Hartstein/Ring, § 7 RStV Rz. 102 ff., sowie unter www.alm.de. 2 Engels/Giebel, ZUM 2000, 265, 279. 3 Hartstein/Ring, § 7 RStV Rz. 23; Beucher/Leyendecker/v. Rosenberg, § 7 RStV Rz. 23; Bosman, ZUM 1990, 545, 548; Herkstrçter, ZUM 1992, 395, 400. 4 Engels/Giebel, ZUM 2000, 265, 270.

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Blockwerbung

Rz. 9 R

Programm werbezielgruppengerecht ausrichten oder Qualitt und Inhalt den Werbespots anpassen (Beispiel: Daily Soaps).1 Derartige strukturelle Vernderungen kann die Norm jedoch nicht erfassen, da die Werbefinanzierung und damit die Ausrichtung des Programms auf die Vermittlung von Fernsehzuschauern an Werbetreibende rundfunkrechtlich akzeptiert sind.2 Unmittelbare Einflussnahme auf das Programm, z. B. die Drohung mit Abzug von Werbeschaltungen bei unliebsamen Beitrgen, werden meistens nicht nachweisbar sein. Weder Veranstalter noch Werbetreibende haben ein Interesse, dass derartige Praktiken çffentlich werden. Das Aufkommen neuer digitaler TV-Spartenprogramme mit inhaltlichen Schwerpunkten im Bereich Reisen, Freizeit, Lifestyle, Wellness, Mode sowie Auto wird die Einflussnahmeversuche der jeweiligen Branchen auf diese spezifischen Programme begnstigen. Im Bereich der Crossmedialen Werbung (R Rz. R 11) sind bei Events (R Rz. R 64 ff. Sendungssponsoring), die in Kooperation mit dem Fernsehveranstalter bertragen werden, schon heute inhaltliche Einflussnahmen zu beobachten, die im Falle eines werblichen Hintergrunds mit § 7 Abs. 2 RStV unter Umstnden nicht vereinbar sind.

Blockwerbung Grundstzlich darf Fernsehwerbung in Spotform gemß §§ 15 Abs. 2 und 44 Abs. 2 RStV nur in Blçcken ausgestrahlt werden („Blockwerbegebot“). Von einem Werbeblock kann bereits dann gesprochen werden, wenn mindestens zwei Spots hintereinander gesendet werden.3 Das Blockwerbegebot soll die Zersplitterung des Programms verhindern. Ausnahmsweise kann aber auch eine einzelne Spotwerbung (R Rz. R 78) in das Programm als Unterbrecherwerbung (R Rz. R 93 ff.) eingefgt werden (§ 15 Abs. 2 S. 2 und § 44 Abs. 2 S. 2 RStV). Derartige Ausnahmen sind insbesondere whrend der weniger attraktiven Sendezeiten anzunehmen, wenn Veranstalter nur einzelne Werbespots verkaufen kçnnen.4 Sie sollten die Ausnahme bleiben.

1 Vgl. Ladeur, Rz. 393; s. hierzu: Schleichwerbeskandal bei den çffentlich-rechtlichen Sendern, bspw.: http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,365038, 00.html. 2 Vgl.: Busch, MMR 2003, 714, 715; Holznagel/Stenner, ZUM 2004, 617, 619. 3 Ladeur, Rz. 585. 4 Hahn/Vesting, § 44 RStV Rz. 8.

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R Rz. 10

Business TV

Business TV 10

Der Begriff „Business TV“ (R Rz. R 24 ff. Firmen TV bzw. Business TV) wird hufig als Oberbegriff auch fr Firmen TV genutzt. Business TV im engeren Sinne dient ausschließlich der unternehmensinternen Information von Mitarbeitern, Filialen, Hndlern und Auslandsniederlassungen. Ob ein solches firmeninternes Programm von den rundfunkrechtlichen (Werbe-)Regelungen erfasst wird, ist von der Einordnung des Programms als Rundfunk abhngig. Hieran fehlt es beim klassischen firmeninternen Programm bereits am Merkmal der „Ausrichtung an die Allgemeinheit“. Denn mit diesem Programm werden ausschließlich Informationen an Mitarbeiter (im weiteren Sinne), also an eine abgegrenzte und individualisierbare Personengruppe bertragen.1 Mithin bleibt auch gleichgltig, ob es sich beim Business TV um eine Darbietung im rundfunkrechtlichen Sinn handelt. Da das Angebot nicht an die Allgemeinheit gerichtet ist, stellt Business TV auch keinen Mediendienst i. S. d. § 2 MDStV dar. Bleibt die Mçglichkeit des Teledienstes nach dem Teledienstegesetz. Voraussetzung fr eine derartige medienrechtliche Einordnung ist aber das „Individualangebot“.2 Das Vorliegen eines solchen wird teilweise bezweifelt, da Business TV nur der betriebsinternen Nutzung zu rein dienstlichen Informationszwecken oder der Steuerung des Arbeitsprozesses diene und es insoweit an der eigenen (Individual-)Nutzung durch den Mitarbeiter fehle.3 Hier wird aber der Begriff der individuellen Nutzung zu eng gezogen, letztlich ist Business TV nur der oben genannten individualisierbaren Zielgruppe von Nutzen, die eben auch einen individuellen Nutzwert bezglich betriebsinterner Informationen hat.4 Business TV muss damit als Teledienst nur die Regelungen des Teledienstegesetzes beachten.5

Crossmediale Werbung 11

Crossmediale Werbung (auch „Crosspromotion“ genannt) meint das Bewerben eines Produktes oder einer Dienstleistung ber verschiedene, zur Verfgung stehenden Werbemittel (Fernsehen, Radio, Internet, Direkt-

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Libertus, K&R 2000, 122. Vgl. § 2 Abs. 2 TDG. Mohr/Scherer, ZUM 2001, 150. Hartstein/Ring, § 2 RStV Rz. 19; Libertus, K&R 2000, 123. Vgl.: Hartstein/Ring, § 2 RStV Rz. 19.

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Dauerwerbesendung

Rz. 13 R

marketing, Plakatierung).1 Dabei werden die Medien idealer Weise strategisch miteinander vernetzt; so wird z. B. ein Produkt im Fernsehen durch einen Kurzfilm angeworben, das Ende dieses Films kann der Verbraucher aber nur im Internet auf der Firmen-Homepage sehen. An sich gibt es bei dieser Form der Werbung keine Besonderheiten, es gelten die jeweils fr die entsprechenden Medientrger einschlgigen Gesetze (TDG, MDStV, JMStV, RStV, UWG). Unter Crosspromotion wird zu dem aber auch das Bewerben eines Me- 12 dienprodukts in einem anderen Medium verstanden.2 Problematisch ist dies dann, wenn im Rahmen einer TV-Senderfamilie eine Sendung eines Programms in einem anderen, der Senderfamilie ebenso zugehçrigen Programm beworben wird. Dies ist aber im eigentlichen Sinne keine Frage der Zulssigkeit von crossmedialer Werbung, sondern vielmehr ein Abgrenzungsproblem zwischen Eigen- und Fremdpromotion (R Rz. R 17 f.) hinsichtlich der daraus folgenden Anrechnung von Werbezeitenkontingenten. Letztlich geht es also darum, ob in einem Fernsehprogramm Hinweise auf Sendungen eines anderen Veranstalters derselben Sendefamilie als Hinweis auf „eigene“ Programme im Sinne des § 45 Abs. 3 RStV ausgestrahlt werden drfen oder ob diese als Werbung z. B. zu kennzeichnen sind.3 Die Rechtsprechung neigt dazu, auch solche Hinweise als Eigenpromotion anzusehen.4 Dies ist auch die Praxis im çffentlich-rechtlichen Fernsehen.

Dauerwerbesendung Die Dauerwerbesendung ist eine typische Sonderwerbeform, fr die der Gesetzgeber mit § 7 Abs. 5 RStV eine eigene Regelung geschaffen hat. Eine Legaldefinition enthlt § 7 Abs. 5 RStV aber nicht, vielmehr wird nur die allgemeine Zulssigkeit erklrt und eine Kennzeichnungs- und Ankndigungspflicht bestimmt.5 Was als Dauerwerbesendung im Sinne des § 7 Abs. 5 RStV gilt, ist also unter Bercksichtigung des Begriffs der Werbung (R Rz. R 110) in § 2 Abs. 2 Nr. 5 RStV zu bestimmen. Dauerwerbung ist demnach jede Sendung, mit der ein Rundfunkveranstalter oder ein die Rundfunkveranstalter nutzender Dritter werbend auf die Rezipienten einwirken will und die ber die Lnge herkçmmlicher Wer1 Vgl.: Pfannenmller, Kreuz und quer, in: Werben und Verkaufen (W&V), Nr. 11/00. 2 So Bornemann, K&R 2001, 302 ff. 3 Zum Streit: Hartstein/Ring, § 45 RStV Rz. 26; Bornemann, K&R 2001, 307 f.; Platho, MMR 2002, 21 ff.; Hahn/Vesting, § 45 RStV Rz. 11. 4 VG Berlin, ZUM 2002, 933 ff. 5 Hartstein/Ring, § 7 RStV Rz. 33.

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R Rz. 14

Dauerwerbesendung

bespots hinaus geht, also mit einer Mindestdauer von 90 Sekunden whrt.1 Die Besonderheit von Dauerwerbesendungen liegt weiter darin, dass die werblichen Inhalte regelmßig mit redaktionell gestalteten Teilen verbunden sind und daher fr den Zuschauer u. U. wie redaktionelles Programm erscheinen kçnnen (R Rz. R 119 f. Werbung, redaktionell aufgemachte).2 Dies ist insbesondere bei „game shows“ der Fall (z. B. „Glcksrad“, „Der Preis ist heiß“), in denen die Beschreibung der Gewinne ber die bloße Information, wenn auch mit gewissen Unterhaltungselementen hinausgeht, also zum eigentlichen Gegenstand der Sendung wird.3 14

Um eine klare Trennung von Programm und Werbung auch hier zu gewhrleisten, sind Dauerwerbesendungen nach § 7 Abs. 5 RStV nur zulssig, wenn der Werbecharakter erkennbar im Vordergrund steht und die Werbung einen wesentlichen Bestandteil der Sendung darstellt. Wegen der problematischen Verbindung von werbenden und redaktionellen Elementen mssen Dauerwerbesendungen zudem vom Sender zu Beginn und whrend ihres gesamten Verlaufs als solche gekennzeichnet werden. Nach Nr. 8 der Werberichtlinien Fernsehen der Landesmedienanstalten hat dies optisch mit dem Schriftzug „Werbesendung“ oder „Dauerwerbesendung“ zu erfolgen.4 Hier findet das Trennungs- und Kennzeichnungsgebot (R Rz. R 88) also eine spezielle Ausgestaltung.

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Dauerwerbesendungen sind auch fr den Hçrfunk geregelt. Eine adquate Werbekennzeichnung ist selbst im Hçrfunk mçglich. Bei der Ankndigung kann dies durch den Moderator bzw. die Moderatorin vorgenommen werden. Zwar ist eine Kennzeichnung whrend des gesamten Verlaufes der Dauerwerbesendung dann nicht mehr mçglich, nach Nr. 6.2 der Werberichtlinien Hçrfunk der Landesmedienanstalten5 „soll“ jedoch whrend des Verlaufs der Sendung auf den Werbecharakter hingewiesen werden. Nach den Richtlinien der ARD „ist“ auf den Werbecharakter hinzuweisen. Im Interesse der Erkennbarkeit der Dauerwerbung ist zu dem erforderlich, dass der Hinweis auf die Werbesendung regelmßig durch die Moderation wiederholt wird.6

1 Vgl.: Nr. 8 Werberichtlinien Fernsehen der Landesmedienanstalten; http://www. alm.de. 2 Vgl.: Beucher/Leyendecker/v. Rosenberg, § 7 RStV Rz. 35. 3 VG Neustadt, ZUM 1992, 382 – Glcksrad; VG Berlin, MMR 1999, 177; Ladeur, Rz. 404. 4 Vgl.: OVG Rheinland-Pfalz, AfP 1991, 663 f. 5 Gemeinsame Richtlinien der Landesmedienanstalten fr die Werbung, zur Durchfhrung der Trennung von Werbung und Programm und fr das Sponsoring im Hçrfunk idF v. 10.2.2000 (Werberichtlinien Hçrfunk der Landesmedienanstalten), verçffentlicht unter www.alm.de. 6 Hartstein/Ring, § 7 RStV Rz. 43.

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Eigenpromotion vs. Fremdpromotion

Rz. 18 R

Besonderheit des Rundfunkwerberechts: Dauerwerbesendungen sind fr Kinder nach Nr. 8 Abs. 4 der Werberichtlinien Fernsehen der Landesmedienanstalten unzulssig. Man frchtet die erhçhte Empfnglichkeit fr derart gestaltete Werbung und eine noch fehlende Medienkompetenz bei Kindern.

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Eigenpromotion vs. Fremdpromotion Eigenpromotion (R Rz. R 21 f.) ist der Hinweis auf die fr einen Veranstalter zugelassenen Programme und deren Begleitmaterialien (R Rz. R 38 f. Hinweise auf Begleitmaterialien), solche gelten nicht als Werbung i. S. v. § 2 Abs. 2 Nr. 5 RStV.1 Fremdpromotion ist hingegen der werbliche Hinweis auf einen anderen Rundfunkveranstalter als Unternehmen oder dessen Sendungen und Dienstleistungen. Diese ist Werbung i. S. v. § 2 Abs. 2 Nr. 5 RStV.2

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Problematisch ist die Einordnung von werblichen Hinweisen innerhalb von Senderfamilien, z. B. der Hinweis im Sendeablauf von ProSieben auf einen Politik-Talk bei N24 oder der Werbeslogan „Bei ARD und ZDF sitzen Sie in der ersten Reihe“. Strittig ist hier, ob solche Hinweise der Werbung oder Eigenwerbung i. S. d. § 2 Abs. 5 RStV oder aber als Eigenpromotion keinem von beidem unterliegen: Werbung (R Rz. R 110) bedarf nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 2 Nr. 5 RStV des Merkmals der Entgeltlichkeit. Liegt dieses Merkmal nicht vor, unterfallen werbliche Programmhinweise – gleich ob inner- oder außerhalb von Senderfamilien – nicht der Werbung i. S. d. § 2 Abs. 2 Nr. 5 RStV und damit auch nicht den diesbezglichen Restriktionen.3 In einem so vorliegenden Fall bedarf es sodann auch nicht mehr der Entscheidung, ob diese Hinweise der Eigenwerbung (R Rz. R 21 f.) zuzuordnen sind. Anders verhlt es sich, wenn die Sendehinweise gegen entgelthnliche Gegenleistungen erbracht werden. Wren die Sendehinweise unter Eigenpromotion (R Rz. R 21 f.) zu katalogisieren (§§ 16 Abs. 4, 45 Abs. 3 RStV), so wrden sie nicht auf die Werbezeiten angerechnet werden drfen.4 Ob die Sendehinweise unter den Begriff der anrechnungsfreien Eigenwerbung zu kategorisieren sind, ist aufgrund der Verweisung in §§ 16 Abs. 4, 45 Abs. 3 RStV und in Nr. 15 Abs. 3 der Werberichtlinien Fernsehen der Landesmedienanstalten von dem Begriff des Rundfunkveranstal-

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1 Vgl.: Hartstein/Ring, § 7 RStV Rz. 7. 2 S. Nr. 15 Abs. 4 i. V. m. Abs. 7 Werberichtlinien Fernsehen der Landesmedienanstalten. 3 VG Berlin, ZUM 2002, 933 ff. 4 Vgl.: Bornemann, K&R 2001, 302 ff.

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Engels/Giebel 301

R Rz. 19

Eigenwerbekanle

ters (R Rz. R 61 f.) abhngig. Nach der hier vertretenen – so genannten weiten Auffassung – ist auch eine Sendefamilie als Rundfunkveranstalter zu verstehen, so dass Programmhinweise innerhalb der verbundenen Sender die Privilegierung des § 45 Abs. 3 RStV genießen.1

Eigenwerbekanle 19

Der Begriff des Eigenwerbekanals hat noch keine festen Konturen, da er bisher kaum an praktizierte Programmformen anknpfen kann.2 Unter Eigenwerbekanlen i. S. d. § 45b RStV werden derzeit zwei verschiedene Erscheinungsformen verstanden: Zum einen eigenstndige Programme, die nur zum Zweck der Werbung fr eigene Programmangebote (Eigenwerbe-Spots oder Dauerwerbesendungen fr Eigenprodukte) verbreitet werden.3 Eigenwerbekanle sind – aufgrund der hohen Verbreitungskosten fr analoges Fernsehen – praktisch nur fr den digitalen Rundfunk von Bedeutung, hier werden Eigenwerbekanle der bersicht ber ein Programmbouquet dienen, die mehrere Programme und Angebote mit Hilfe eines elektronischen Programmfhrers zusammenfassen.4 In der Praxis der Landesmedienanstalten werden Eigenwerbekanle dagegen zum anderen als eigenstndig lizenzierte Angebote definiert, deren Inhalte der Eigendarstellung eines Unternehmens in der ffentlichkeit dienen. Sie dienen nicht – zumindest nicht ausschließlich – der unmittelbaren Fçrderung des Absatzes von Waren und Dienstleistungen.5 Als Eigenwerbekanle i. S. d. § 45b RStV werden insbesondere Varianten des Kunden-TV (R Rz. R 45) und Firmen-TV (R Rz. R 24 ff.) gewertet und insoweit als Rundfunk lizenziert.6

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Mit der systematischen Stellung des § 45b RStV innerhalb des Staatsvertrags ist deutlich gemacht, dass diese Form der Eigenwerbung nur fr private Veranstalter gelten soll. Abzugrenzen sind Eigenwerbekanle von reinen Teleshoppingkanlen (R Rz. R 82). Auf einen Eigenwerbekanal im vorgenannten Sinne sind nach § 45b RStV die wesentlichen Werbe-

1 VG Berlin, ZUM 2002, 933; Bornemann, K&R 2001, 307 f.; Engels/Giebel, ZUM 2000, 265, 280; a. A: Platho, MMR 2002, 21 ff. 2 Erlmeier/Reinwald, ZUM 2002, 440. 3 Hartstein/Ring, § 45b Rz. 3; Erlmeier/Reinwald, ZUM 2002, 440, 441. 4 Ladeur, Rz. 562. 5 So Nr. 17 der Werberichtlinien Fernsehen der Landesmedienanstalten und Nr. 15 der Werberichtlinien Hçrfunk der Landesmedienanstalten. 6 Vgl.: Ladeur, Rz. 563.

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Eigenwerbung, Eigenpromotion

Rz. 22 R

bestimmungen entsprechend anzuwenden.1 Die Werbung ist also hier ebenfalls von brigen Programm deutlich zu trennen und zu kennzeichnen (§ 7 Abs. 3 RStV). Soweit ein Eigenwerbekanal inhaltlich der redaktionellen Eigendarstellung eines Unternehmens dienen soll (z. B. ein Daimler TV), msste unmittelbare Produktwerbung fr konkrete Modelle von Daimler oder fr andere Fahrzeugmodelle als Werbung gekennzeichnet und vom sonstigen Programm abgrenzt werden. Auch die Regelungen zum Sponsoring und die Anforderungen an die Einfgung von Werbung in das Programm sind entsprechend anzuwenden. Die Zukunft wird zeigen, ob sich derartige redaktionelle Programme mit Eigenwerbung (R Rz. R 21 f.) durchsetzen werden.

Eigenwerbung, Eigenpromotion Als Eigenpromotion werden „Programm-Trailer“, „Programmankndi- 21 gungen“ o. . bezeichnet, die einen werbenden Hinweis auf weitere Programmangebote des Veranstalters enthalten. Bei der Eigenpromotion wird zwar u. a. sthetik und Diktion herkçmmlicher Werbespots benutzt. Diese Form der Eigenpromotion dient aber der Zuschauerinformation bzw. -bindung und gilt daher nicht als Werbung (§ 45 Abs. 3 RStV). Sie kann sich dabei sowohl auf das Gesamtprogramm als auch auf einzelne Sendungen sowie auf die in ihnen handelnden Personen beziehen. Es berwiegt also der programmliche Aspekt. Der in § 2 Abs. 2 Nr. 5 RStV verwendete Begriff Eigenwerbung bezieht sich in dem Zusammenhang hingegen gerade nicht auf Hinweise auf das eigene Programm, sondern umfasst die Werbung der Veranstalter fr den entgeltlichen Absatz von eigenen Waren oder Dienstleistungen (z. B. Merchandising-Produkten (R Rz. R 47 f.), anders allerdings Begleitmaterialen (R Rz. R 38 f.);2 diese unterliegen den Werbevorschriften des Rundfunkstaatsvertrages.3 Insbesondere in der lteren Literatur wird die hier als Eigenpromotion be- 22 zeichnete Werbung fr eigene Programminhalte oftmals ebenfalls „Eigenwerbung“ genannt. Zwischen dem rechtlichen Begriff der Eigenwerbung i. S. d. § 2 Abs. 2 Nr. 5 RStV und der Eigenwerbung – besser der Eigenpromotion – fr programmeigene Sendungen und Hinweise auf Begleitmaterialien ist aber strikt zu trennen. Denn whrend die Eigenwerbung i. S. d. § 2 Abs. 2 Nr. 5 RStV den Werbevorschriften des Rundfunkstaatsvertrages 1 Hartstein/Ring, § 45b Rz. 3 Nr. 4; Engels/Giebel, ZUM 2000, 274; Erlmeier/ Reinwald, ZUM 2002, 440, 444. 2 Hartstein/Ring, § 7 RStV Rz. 7; Beucher/Leyendecker/v. Rosenberg, § 7 RStV Rz. 11; Engels/Giebel, ZUM 2000, 265, 279. 3 Ladeur, Rz. 492.

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R Rz. 23

Einstundenzeitraum

unterliegt, wird die Eigenpromotion (vgl. §§ 16 Abs. 4, 45 Abs. 3 RStV) privilegiert: Eigenpromotion ist nicht auf das Werbezeitenkontingent anzurechnen und unterliegt nicht dem Kennzeichnungsgebot. In der Praxis werden Programm-Trailer, Programmankndigungen o. . blicherweise vor und nach den entsprechend dem Rundfunkstaatsvertrag gekennzeichneten Werbeunterbrechungen gesendet.

Einstundenzeitraum 23

Zur Festlegung der Dauer der anteiligen Werbezeit am Gesamtprogramm wird u. a. der „Einstundenzeitraum“ herangezogen. Unter dem Einstundenzeitraum – dies stellt § 45 Abs. 2 RStV nach jahrelangen Querelen klar – ist als maßgeblicher Zeitraum die „volle Stunde“ (vgl. Art. 18 EG-Fernsehrichtlinie) nicht nur im Sinne einer „natrlichen“ vollen Stunde („clock hour“), sondern auch als „verschobene“ volle Stunde („sliding hour“) zu verstehen. Die Auslegung der entsprechenden Vorschriften war zwischen der Kommission und Deutschland lange Zeit hçchst umstritten und wurde durch eine Mitteilung der EU-Kommission im o. g. Sinne geklrt.1 Der Rundfunkstaatsvertrag enthlt an den Einstundenzeitraum anknpfend in den §§ 15 f. und §§ 45 f. RStV Regelungen zum Umfang und der Dauer von Werbung im Gesamtprogramm. (Werbeumfang R Rz. R 111 ff.)

Firmen-TV bzw. Business-TV, Kunden-TV 24

Bezglich dieser verschiedenen Formen der Eigenwerbung mittels Programm ist die medienrechtliche Einordnung noch ungeklrt. berhaupt ist diese Form der Eigenwerbung noch wenig przisiert. Allen gemein ist, dass ein Unternehmen die Darstellung von Produkten, Dienstleistungen oder Informationen mittels eines Programms betreibt.2 Derzeit scheinen sich aber drei verschiedene Formen des „Firmen-TV“ zu kristallisieren: Business TV im engeren Sinne, Kunden TV und Firmen TV. 1 So Nr. 12 der Mitteilung der Kommission zu Auslegungsfragen in Bezug auf bestimmte Aspekte der Bestimmungen der Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ ber die Fernsehwerbung (204/C 102/02) vom 28. April 2004; vgl. Pressemitteilung des Europabeauftragten der Landesmedienanstalten vom 25. Mai 2004 zur Mitteilung der Kommission, http://www.alm.de/gem_stellen/presse_dz/pressemit/250504.htm. 2 Libertus, K&R 2000, 119.

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304 Engels/Giebel

Firmen-TV bzw. Business-TV, Kunden-TV

Rz. 26 R

Business TV i. e. S dient ausschließlich der unternehmensinternen Information von Mitarbeitern, Filialen, Hndlern und Auslandsniederlassungen. Ob ein solches firmeninternes Programm den rundfunkrechtlichen (Werbe-)Regelungen unterworfen ist, ist von der Einordnung des Programms als Rundfunk abhngig. Hier mangelt es beim klassischen firmeninternen Programm aber schon am Merkmal der „Ausrichtung an die Allgemeinheit“. Schließlich werden mit diesem Programm ausschließlich Informationen an Mitarbeiter (im weiteren Sinne), also an eine abgegrenzte und individualisierbare Personengruppe bertragen.1 Mithin bleibt auch gleichgltig, ob es sich beim Business TV um eine Darbietung im rundfunkrechtlichen Sinn handelt. Da das Angebot nicht an die Allgemeinheit gerichtet ist, stellt Business TV auch keinen Mediendienst i. S. d. § 2 MDStV dar. Bleibt die Mçglichkeit des Teledienstes nach dem Teledienstegesetz. Voraussetzung fr eine derartige medienrechtliche Einordnung ist aber das sog. Individualangebot.2 Das Vorliegen eines solchen wird teilweise bezweifelt, da Business TV nur der betriebsinternen Nutzung zu rein dienstlichen Informationszwecken oder der Steuerung des Arbeitsprozesses diene und es insoweit an der eigenen (Individual-)Nutzung durch den Mitarbeiter fehle.3 Hier wird aber der Begriff der individuelle Nutzung zu eng gezogen, letztlich ist Business TV nur der oben genannten individualisierbaren Zielgruppe von Nutzen, die eben auch einen individuellen Nutzwert bezglich betriebsinterner Informationen hat.4 Business TV unterfllt damit als Teledienst nur den Regelungen des Teledienstegesetz.5

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Kunden TV ist hingegen ein Programmformat, das innerhalb oder außer- 26 halb von Kunden-Filialen ausgestrahlt wird, eigene Produkte und Dienstleistungen vorstellt und damit der Absatzfçrderung dieser dient.6 Der Kreis der betrachtenden Kunden ist hier nicht von vornherein bestimmbar, jeder im Einzugsbereich der Filiale sich Aufhaltende kommt als potenzieller Empfnger des Programms in Betracht; damit richtet sich das Angebot i. S. d. Rundfunkstaatsvertrags an die Allgemeinheit.7 Die weitere medienrechtliche Einordnung hngt von dem Merkmal der Darbietung ab: Enthlt das Programm dominierend meinungsbildende redaktionelle Inhalte neben der Produktprsentation, so ist es dem Rundfunk im Sinne des Rundfunkstaatsvertrages unterzuordnen.8 Zumeist wird aber der werbliche Charakter der Sendungen berwiegen, so dass Kunden TV

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Libertus, K&R 2000, 122. Vgl. § 2 Abs. 2 TDG. Mohr/Scherer, ZUM 2001, 150. Hartstein/Ring, § 2 RStV Rz. 19; Libertus, K&R 2000, 123. Vgl.: Hartstein/Ring, § 2 RStV Rz. 19. Mohr/Scherer, ZUM 2001, 148; bspw.: Schlecker TV. Ladeur, Rz. 438; Libertus, K&R 2000, 123. Hartstein/Ring, § 2 RStV Rz. 19.

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Engels/Giebel 305

R Rz. 27

Firmen-TV bzw. Business-TV, Kunden-TV

als Mediendienst im Sinne des Mediendienstestaatvertrages zu qualifizieren sein wird. 27

Bei Firmen TV handelt es sich ebenfalls um Sendungen, die allgemein unternehmensbezogene Themen ansprechen, im Gegensatz zum Business TV ist solch ein Programm frei empfangbar und richtet sich so auch an die Allgemeinheit.1 Es steht nicht die werbliche Prsentation eigener Produkte zum Zwecke der Absatzfçrderung im Vordergrund, sondern insbesondere die Imagefçrderung des Unternehmens. Da mit einem solchen Programm ber das Unternehmen selbst, seine Mitarbeiter sowie seine Aktivitten in der Region allgemein berichtet wird, ist von einer Darbietung i. S. d. Rundfunkstaatsvertrages und damit von einer rundfunkrechtlichen Relevanz auszugehen. Auf Firmen TV sind also die rundfunkrechtlichen Werberegelungen anzuwenden. Es handelt sich insoweit um einen Eigenwerbekanal (R Rz. R 19 f.) i. S. d. § 45b RStV und Nr. 17 Werberichtlinien Fernsehen der Landesmedienanstalten.

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Zu bemerken ist diesbezglich, dass die vorgenannten Begriffe (noch) nicht einheitlich verwendet werden. So wird teilweise Firmen TV im Sinne des hier zitierten Business TV im engeren Sinne verwendet.

Gemeinsame Stelle Programm, Werbung und Medienkompetenz (GSPWM) 29

Die Gemeinsame Stelle Programm, Werbung, Medienkompetenz („GSPWM“) ist von den Landesmedienanstalten im Rahmen ihrer Zusammenarbeit nach § 38 Abs. 2 Satz 2 RStV gebildet worden, um insbesondere bei Programm- und Werbeverstçßen eine lndereinheitliche Verfahrensweise zu gewhrleisten. Die Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten („DLM“) hat die GSPWM beauftragt, Empfehlungen fr rechtsaufsichtliche Maßnahmen an die jeweils zustndige Landesmedienanstalt zu erarbeiten. Darber hinaus ist sie fr die Abstimmung zwischen den Landesmedienanstalten bei der Zulassung bundesweiter Rundfunkveranstalter und fr Medienkompetenz und Brgermedien zustndig. Die GSPWM behandelt ferner Programmbeschwerden und Beanstandungen im Hinblick auf Programmgrundstze und Werbebestimmungen. Daneben werden mehrfach im Jahr Schwerpunktuntersuchungen u. a. zu unterschiedlichen programm- und werberechtlichen Bereichen durchgefhrt.

1 Mohr/Scherer, ZUM 2001, 148; bspw.: BASF-TV, das im Rhein-Neckar-Raum bei „RNF-plus“ ausgestrahlt wird.

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306 Engels/Giebel

Grafik-Sponsoring

Rz. 33 R

Die Kommission der GSPWM setzt sich aus Vertretern mehrerer Landesmedienanstalten zusammen.1 Den Vorsitz hat die Landesanstalt fr neue Medien Nordrhein-Westfalen („LfM“).

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Gewinnspiele Gewinnspiele, Quizspiele o. . werden vom Fernsehwerberecht insoweit 31 erfasst, als es um die Auslobung der Geld- oder Sachpreise geht.2 Ob die Verknpfung von Hinweisen auf den preisauslobenden oder mitveranstaltenden Werbetreibenden mit dem Programm bereits die Grenze zur Werbung (R Rz. R 110) bzw. Schleichwerbung (R Rz. R 63) berschreitet, ist nach den dort beschriebenen Kriterien zu beurteilen. Die Landesmedienanstalten haben jedenfalls als Grenze im Fernsehen eine „zweimalige Nennung der Firma bzw. zur Verdeutlichung des Produkts auch eine zweimalige kurze optische Darstellung des Preises“ fr zulssig erklrt, dies kann auch in Bewegtbildern geschehen.3 Im Hçrfunk ist dagegen sogar eine „dreimalige Nennung“ mçglich.4 Problematischer ist bei der (Fernseh-)Werbung fr Gewinnspiele das Konfliktpotenzial mit dem Wettbewerbsrecht. Grundstzlich sollte die Werbung nicht bertriebenes Anlocken darstellen (§ 4 Nr. 1 UWG), nicht die Unerfahrenheit von Kindern und Jugendlichen ausnutzen (§ 4 Nr. 2 UWG) sowie nicht dem Koppelungsverbot entgegenstehen (§ 4 Nr. 6 UWG).5

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Grafik-Sponsoring Eine immer hufiger in Erscheinung tretende Sonderwerbeform im Rahmen der TV-Sportberichterstattung ist das „Grafik-Sponsoring“. Darunter ist die Einblendung von Grafiken (Zeiteinblendungen, Spiel- und Messstnde etc.) bei Sportberichterstattung gemeint, die mit der Einblendung von Firmennamen oder Produktnamen der technischen Dienstleister verbunden wird.6 Auch hier sind zur rundfunkrechtlichen Einordnung im Grundsatz die Kriterien fr Werbung nach § 2 Abs. 2 Nr. 5 RStV heran1 2 3 4 5 6

Nhere Informationen unter http://www.alm.de/index.php?id=87. Engels/Giebel, ZUM 2000, 278. Vgl.: Nr. 18 der Werberichtlinien Fernsehen der Landesmedienanstalten. So Nr. 16 der Werberichtlinien Hçrfunk der Landesmedienanstalten. Ausf. zu dieser Problematik: Schmitts, NJW 2003, 3034 ff. Vgl.: Nr. 19 Abs. 2 der Werberichtlinien Fernsehen der Landesmedienanstalten.

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Engels/Giebel 307

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R Rz. 34

Grafik-Sponsoring

zuziehen. Soweit fr die Nennung oder Platzierung ein Entgelt geleistet wird, handelt es sich bei dem betreffenden Sendungsabschnitt rundfunkrechtlich um eine Sonderwerbeform (hnlich dem Sponsoring). Ist dies nicht festzustellen, muss auf die visuelle oder akustische Wahrnehmbarkeit der werblichen Einblendung abgestellt werden. 34

Die Abbildung von Firmennamen oder Produktnamen von technischen Dienstleistern im Zusammenhang mit der Einblendung von Grafiken stellt allerdings keinen Verstoß gegen das Trennungs- und Kennzeichnungsgebot (R Rz. R 88 ff.) dar, solange diese Abbildungen im direkten funktionalen Zusammenhang mit der Einblendung der Grafiken stehen.1 Dieser liegt insbesondere bei der Zurverfgungstellung der fr die Erstellung von Grafiken oder der fr die Ermittlung der Ergebnisse erforderlichen Hard- und/oder Software vor. Technische Dienstleistungen kçnnen in den Bereichen Daten-, Informations- und Bildver-/-bearbeitung erbracht werden. Quellenangaben bei Wiederholungen bzw. Zeitlupeneinspielungen sollten dagegen grundstzlich nicht zulssig sein. Hinsichtlich der Position, Dauer und Grçße der Abbildung des Firmennamens im Rahmen einer eingeblendeten Grafik sollen die Gestaltungsvorgaben der EBU-Richtlinien2 in ihrer jeweils gltigen Fassung gelten. Diese Richtlinien legen die Gestaltung und Hufigkeit von Grafik-Sponsoring fr die einzelnen Sportarten akribisch fest. Nur in diesem Rahmen soll GrafikSponsoring berhaupt bei den deutschen TV-Programmen mçglich sein.

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In jedem anderen Fall, also bspw. dann, wenn ein Telekommunikationsunternehmen die Grafik sponsort, ist eine solches Grafik-Sponsoring als schlichte Werbung zu betrachten. Hier kommt eine Einordnung der Einblendung als Sonderwerbeform in Form des Splitscreenings (R Rz. R 75 ff.) in Betracht.

Heil- und Lebensmittelwerbung 36

Das Arzneimittelrecht (insbesondere das Heilmittelwerbegesetz – HWG)3 kennt spezielle Grenzen fr Fernsehwerbung. Die Werbung fr verschreibungspflichtige Medikamente in der ffentlichkeit ist generell verboten, § 10 Abs. 1 HWG. Ferner besteht die Verpflichtung bei der Werbung fr 1 Hartstein/Ring, § 7 RStV Rz. 32d. 2 EBU: Nennung von Zeitberechnungs- und Datenverarbeitungsfirmen bei Eurovision Sportveranstaltungen, vom Mai 1993 (Stand Juli 1997). 3 Gesetz ber die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens vom 18.10.1978 in der Fassung der Bekanntmachung vom 19.10.1998 (BGBl. I, S. 3068), zuletzt gendert durch Nr. 2 des Achten Gesetzes zur nderung des Arzneimittelgesetzes vom 7.9.1998 (BGBl. I, S. 2649).

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308 Engels/Giebel

Hinweise auf Begleitmaterialien

Rz. 38 R

Arzneimittel und „andere Mittel, Verfahren, Behandlung und Gegenstnde“ im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 HWG, bestimmte Kennzeichnungsund Angabepflichten zu beachten („Pflichtangaben“ gemß § 4 Abs. 1 HWG). Diese sehr umfangreichen Angaben sind wegen der Probleme mit ihrer audiovisuellen Darstellbarkeit in der Praxis fr Fernsehwerbung deutlich reduziert worden: Es reicht bereits der Hinweis auf die Packungsbeilage sowie auf ein Informationsgesprch mit dem Arzt und dem Apotheker.1 Bei auch außerhalb von Apotheken verkuflichen Arzneimitteln darf die Pflichtangabe entfallen.2 Pflichthinweise im Sinne des Heilmittelwerbegesetzes gelten nach § 16 Abs. 4 RStV und § 45 Abs. 3 RStV nicht als Werbung und mssen daher nicht auf die Dauer der Werbung nach § 16 RStV und § 45 RStV angerechnet werden. Schließlich finden sich neben Konkretisierungen des Irrefhrungsverbots (§ 3 Satz 2 Nr. 1–3 HWG) eine ganze Reihe absoluter Werbeverbote (§§ 5–12 HWG).3 Auch die §§ 17 Abs. 1 Nr. 4 und 5, 18 LMBG enthalten inhaltsspezifische Werbebeschrnkungen fr Lebensmittel- und Bedarfgegenstnde. Danach sind spezielle Tuschungsverbote fr Werbeaussagen einerseits sowie Verbote fr bestimmte gesundheitsbezogene Werbungen andererseits zu beachten.4 Fr die Werbung im Rundfunk sind keine Sonderregeln geschaffen worden.

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Hinweise auf Begleitmaterialien Begleitmaterialien sind insbesondere Wiedergaben von Fernsehsendungen eines Veranstalters auf Audio- und Video-Medientrgern (z. B. DVDs und CDs).5 Hinweise auf solche Begleitmaterialen gelten nach §§ 16 Abs. 4, 45 Abs. 3 RStV und Nr. 15 der Werberichtlinien Fernsehen der Landesmedienanstalten nicht als Werbung und sind nicht auf die zulssige Werbedauer anzurechnen. Daneben werden auch programmbezogene Hinweise auf Bcher, Schallplatten, Videos, CDs, DVDs und andere Publikationen, wie z. B. Spiele, sowie deren Bezugsquellen nicht als Werbung qualifiziert, wenn durch sie der Inhalt der Sendung erlutert, vertieft oder nachbearbeitet wird.6 Um den notwendigen Programmbezug zu gewhrleisten, mssen Hinweise auf Begleitmaterialien im Zusammen-

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Vgl. auch § 4 Abs. 5 HWG. § 4 Abs. 5 S. 3 HWG. Dazu Baumbach/Hefermehl, § 3 UWG Anhang II. Nr. 10. Dazu Baumbach/Hefermehl, § 3 UWG Anhang II. Nr. 11. Hartstein/Ring, § 16 RStV Rz. 12. Vgl.: BGH, WRP 1990, 626; Ladeur, Rz. 449 f.; Nr. 15 Abs. 5 Werberichtlinien Fernsehen der Landesmedienanstalten.

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R Rz. 39

Hinweise auf Begleitmaterialien

hang mit der Sendung oder mit Programmankndigungen zu den einzelnen Sendungen bzw. Sendereihen am jeweiligen Sendetag erscheinen.1 39

Alle anderen Hinweise auf Materialien und Produkte, die nicht ber einen entsprechenden engen Programmbezug verfgen, werden demgegenber als Werbung qualifiziert, auch wenn sie in einer gewissen Beziehung zu dem Programm stehen sollten (insbesondere sog. Merchandising (R Rz. R 47 f.).

Integrierte Werbung 40

Integrierte Werbung meint in das Programm selbst eingegliederte Werbung (nicht aber die – auch unterhaltende – Berichterstattung ber Werbung, z. B. „Die witzigsten Werbespots der Welt“). Hierzu zhlen verschiedene Sonderwerbeformen wie das Splitscreening (R Rz. R 75 ff.), das GrafikSponsoring (R Rz. R 33 ff.) oder die virtuelle Werbung (R Rz. R 103 f). Außerhalb dieser legitimen Erscheinungsformen handelt es sich bei der in das Programm integrierten Werbung um unzulssige Schleichwerbung (R Rz. R 63) i. S. d. § 7 Abs. 6 RStV und/oder um einen Verstoß gegen das Trennungs- und Kennzeichnungsgebot nach § 7 Abs. 3 RStV.

Interaktive Werbung 41

Aufgrund der Digitalisierung der Fernsehtechnik gelangen weitere Werbemçglichkeiten auf den Bildschirm: Die interaktive und individualisierte Werbekommunikation. Bei der interaktiven Werbung werden herkçmmliche Werbesendungen (Spot, Splitscreen etc.) oder werbegeeignete Requisiten mit weiterfhrenden kommerziellen Inhalten verknpft.2 Solche Inhalte kçnnen sodann im Internet oder eigenstndigen digitalen Werbeplattformen vorgehalten werden.3 Der Rezipient kann und muss bei dieser Werbeform selbststndig entscheiden, ob er diesen wahrnehmen mçchte. Zur Erkennung der Interaktionsmçglichkeit wird in die (Werbe)Sendung ein Symbol eingeblendet. Auf dieses kann der Empfnger mit Hilfe der Fernbedienung zugreifen und die bereitgestellte Information ge-

1 Beucher/Leyendecker/v. Rosenberg, § 7 RStV Rz. 12; Nr. 15 Abs. 6 Werberichtlinien Fernsehen der Landesmedienanstalten. 2 Holznagel/Stenner, ZUM 2004, 622. 3 Hahn/Vesting, § 7 RStV Rz. 17.

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310 Engels/Giebel

Kommission fr Jugendmedienschutz (KJM)

Rz. 44 R

sondert abrufen.1 Er verlsst hier also zumindest vorbergehend das eigentliche Rundfunkprogramm. Diese interaktive Werbeform ist ein multimedialer Dienst, der sich auf der Schnittstelle von Rundfunk und Internet befindet. Da von der jeweiligen Einordnung als Rundfunk-, Medien- oder Teledienst unterschiedliche Rechtsfolgen abhngen, ist bei der interaktiven Werbung zwischen dem Fernsehprogramm und den weiterfhrenden kommerziellen Inhalten zu unterscheiden.2 Die audiovisuellen Werke aus denen die Interaktion heraus erfolgt, unterliegen als Bestandteil des Programms dem Rundfunkstaatsvertrag. Welchen Regelungen der anfolgende interaktive Dienst unterliegt, hngt von dessen Ausgestaltung ab.

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Das rundfunkrechtliche Trennungs- und Kennzeichnungsgebot gilt also nur bis hin zur berleitenden Werbesendung. Zwar ist das Symbol, das in diese eingeblendet wird, um das Publikum auf das weitere interaktive Gebot aufmerksam zu machen, ebenfalls als Werbung einzustufen; aber eine gesonderte Kennzeichnung wre hier berflssig, da der Zuschauer bereits weiß, dass er kommerzielle Information aufnimmt.3

Kommission fr Jugendmedienschutz (KJM) Zur berprfung der Einhaltung der fr Rundfunkprogramme und Tele- 43 medien geltenden Jugendmedienschutz-Bestimmungen wurde nach § 14 Abs. 2 JMStV die Kommission fr Jugendmedienschutz („KJM“) gebildet. Sie entscheidet als Organ der jeweils zustndigen Landesmedienanstalt darber, ob ein Anbieter gegen Jugendschutzbestimmungen verstoßen hat. Soweit die Anbieter ihre Sendungen bzw. ihre Angebote einer anerkannten Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle vorgelegt und deren Vorgaben beachtet haben, hat die KJM bei ihrer Aufsicht einen Beurteilungsspielraum der Selbstkontrolleinrichtungen zu bercksichtigen. Nur soweit die rechtlichen Grenzen des Beurteilungsspielraums der Selbstkontrolleinrichtung berschritten wurden, kann die KJM aufsichtliche Mittel gegen den Anbieter veranlassen (sog. Regulierte Selbstregulierung). Einrichtungen der Freiwilligen Selbstkontrolle (wie bisher die FSF und die FSM) werden von der KJM nach den Maßstben des § 19 JMStV anerkannt. Die KJM besteht aus 12 Sachverstndigen (6 Mitglieder aus dem Kreis der Direktoren der Landesmedienanstalten, 4 Mitglieder der obersten Landes1 Holznagel/Stenner, ZUM 2004, 622. 2 Ladeur, Rz. 374. 3 Holznagel/Stenner, ZUM 2004, 623.

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Engels/Giebel 311

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R Rz. 45

Kunden TV

jugendbehçrden und 2 Mitglieder der obersten Bundesjugendbehçrden).1 Zur Vorbereitung der Entscheidungen der KJM werden Prfausschsse und Prfgruppen eingesetzt. Bei der Aufsicht ber Angebote der Telemedien wird die KJM durch Jugendschutz.net untersttzt. Es handelt sich dabei um eine gemeinsam durch die obersten Landesjugendbehçrden eingerichtete Stelle. Sie ist organisatorisch an die KJM angebunden.

Kunden TV 45

Kunden TV ist ein Programmformat, das innerhalb oder außerhalb von Kunden-Filialen ausgestrahlt wird, eigene Produkte und Dienstleistungen vorstellt und damit der Absatzfçrderung dieser dient.2 Der Kreis der betrachtenden Kunden ist hier nicht von vornherein bestimmbar, jeder im Einzugsbereich der Filiale sich Aufhaltende kommt als potenzieller Empfnger des Programms in Betracht; damit richtet sich das Angebot i. S. d. Rundfunkstaatsvertrags an die Allgemeinheit.3 Die weitere medienrechtliche Einordnung hngt von dem Merkmal der Darbietung ab: Enthlt das Programm dominierend meinungsbildende redaktionelle Inhalte neben der Produktprsentation, so ist es dem Rundfunk im Sinne des RStV unterzuordnen.4 Zumeist wird aber der werbliche Charakter der Sendungen berwiegen, so dass Kunden TV als Mediendienst im Sinne des MDStV zu qualifizieren sein wird.

Laufbandwerbung, Lauftextwerbung 46

Laufbandwerbung, Lauftextwerbung oder Werbecrawl meint die Einblendung eines – zumeist farblich abgehobenen – Balkens am Bildrand, auf dem fortlaufend Textzeilen mit werblichem Inhalt eingeblendet werden.5 War frher strittig, ob es sich bei dieser Werbeform um Mediendienste im Sinne des MDStV handelt, so ist mit Einfgung des § 7 Abs. 4 RStV eindeutig geklrt, dass eine solche Art der Sonderwerbung dem Rundfunkrecht unterliegt und damit als eine weitere Form der Splitscreen-Werbung (R Rz. R 75 ff.) zulssig ist.6 Hervorzuheben ist hier werberechtlich, dass 1 2 3 4 5 6

Im Einzelnen in § 14 JMStV geregelt. Mohr/Scherer, ZUM 2001, 148; bspw.: Schlecker TV. Ladeur, Rz. 438; Libertus, K&R 2000, 123. Hartstein/Ring, § 2 RStV Rz. 19. Hartstein/Ring, § 7 RStV Rz. 32d. Nr. 7 der Werberichtlinien Fernsehen der Landesmedienanstalten; OVG Berlin, MMR 1999, 500.

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312 Engels/Giebel

Merchandising, Licensing

Rz. 48 R

die Splitscreen- und damit auch die Lauftextwerbung auf die Gesamtwerbezeit im Einstundenzeitraum (R Rz. R 23) nach §§ 16 und 45 RStV angerechnet werden muss.1

Merchandising, Licensing Ein wichtiges privatwirtschaftliches (und -rechtliches) Finanzierungsmit- 47 tel – auch fr den çffentlich-rechtlichen Rundfunk – ist die Erlçserzielung durch den Verkauf von Produkten, die im Zusammenhang mit Rundfunkprogrammen stehen („Merchandising“), sowie die Vergabe von Lizenzen fr Namen, Logos oder von Film-Figuren zur Vermarktung von Produkten („Licensing“).2 Knappe Regelungen, die mehr strukturierende denn begrenzende Funktion haben, finden sich in § 11 RStV fr den çffentlich-rechtlichen und in § 43 RStV fr den privaten Rundfunk. Soweit die Vermarktung außerhalb des Programms erfolgt, greifen die 48 rundfunkrechtlichen Werberegelungen nicht ein. Lediglich im Programm wahrnehmbare Hinweise auf Waren oder Dienstleistungen o. . sind als Werbung i. S. d. Rundfunkstaatsvertrages zu klassifizieren. Geht es beispielsweise bei den „Merchandising-Hinweisen“ um mehr als bloße redaktionelle Hinweise auf Begleitmaterialien (R Rz. R 38 f.) so mssen die rundfunkrechtlichen Werbebestimmungen beachtet werden.3 Unter Umstnden handelt es sich dann um Werbung in Form von Eigenwerbung (R Rz. R 21 f.) i. S. d. § 2 Abs. 2 Nr. 5 RStV. Zu fragen ist also auch hier immer, ob der jeweilige Hinweis auf Merchandising-Produkte noch redaktionell begrndet werden kann und es sich insoweit um Hinweise auf Begleitmaterialien handelt (z. B. das Buch zur Sendung, die CD mit der Serien-/Filmmusik, Videos oder DVDs), die den Inhalt einer Sendung erlutern, vertiefen und nachbearbeiten.4 Ob die Produkte vom Veranstalter selbst vermarktet werden oder nicht, ist fr die Einstufung als Begleitmaterialen zur Sendung oder als (Eigen-)Werbung nicht ausschlaggebend. Entscheidend ist allein, ob die Hinweise aus programmlich-redaktioneller Sicht der Dokumentation bzw. der inhaltlichen Vertiefung der Sendung oder lediglich der Fçrderung des Absatzes von sonstigen Waren oder der Erbringung von sonstigen Dienstleistungen dienen.5 1 2 3 4

Hartstein/Ring, § 7 RStV Rz. 32d. Hartstein/Ring, § 13 RStV Rz. 33. Beucher/Leyendecker/v. Rosenberg, § 7 RStV Rz. 15. Nr. 15 der Werberichtlinien Fernsehen der Landesmedienanstalten und Nr. 13 Werberichtlinien Hçrfunk der Landesmedienanstalten. 5 Engels/Giebel, ZUM 2000, 265, 280.

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Engels/Giebel 313

R Rz. 49

Minderjhrige und Werbung

Minderjhrige und Werbung 49

Hinsichtlich des Schutzes von Minderjhrigen1 existieren – als Schranken setzende Normen2 – gesetzliche Regelungen sowie Verhaltensrichtlinien seitens der Selbstregulations-Organisationen. § 4 RStV verweist bezglich des Schutzes von Jugendlichen auf den JugendmedienschutzStaatsvertrag. § 6 JMStV hlt speziell Regelungen zum Schutz der Jugend in der Werbung und im Teleshopping bereit, die auch von den Werberichtlinien Hçrfunk und Fernsehen der Landesmedienanstalten (jeweils Nr. 4) sowie der Jugendschutzrichtlinie der Landesmedienanstalten aufgegriffen und konkretisiert werden. Nahezu inhaltsidentisch zeigen sich die Verhaltensregeln des deutschen Werberates (R Rz. R 118) fr Werbung mit und vor Kindern in Hçrfunk und Fernsehen sowie die Verhaltensregeln ber die kommerzielle Kommunikation fr alkoholhaltige Getrnke.3

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Zu unterscheiden ist hierbei zunchst zwischen unzulssiger Werbung und solcher, die zwar grundstzlich zulssig ist, aufgrund ihres mçglicherweise die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen beeintrchtigenden Inhalts oder ihrer Gestaltung aber besonderen Restriktionen hinsichtlich der Ausstrahlung unterworfen ist. Im Grundsatz ist z. B. Werbung oder Teleshopping nicht zulssig, wenn sie den Interessen von Kindern und Jugendlichen schadet oder deren Unerfahrenheit und Leichtglubigkeit ausnutzt. Teleshopping darf nach § 6 Abs. 6 JMStV Minderjhrige nicht dazu anhalten, Kauf-, oder Miet- bzw. Pachtvertrge fr Waren oder Dienstleistungen abzuschließen. Werbung, deren Inhalt geeignet ist, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfhigen Persçnlichkeit zu beeintrchtigen, muss getrennt von Angeboten erfolgen, die sich an Kinder oder Jugendliche richten (§ 6 Abs. 3 JMStV). Kinder oder Jugendliche drfen ferner nicht ohne berechtigten Grund in gefhrlichen Situationen gezeigt werden. Werbung fr alkoholische Getrnke ist nach § 6 Abs. 5 JMStV unzulssig, wenn sie sich an Kinder und Jugendliche richtet oder durch die Art der Darstellung Kinder und Jugendliche besonders anspricht oder diese beim Alkoholgenuss darstellt (R Alkoholwerbung Rz. R 4 f.).

1 Ausfhrlich Engels, Das Recht der Fernsehwerbung fr Kinder, 1997, passim. 2 Normadressat sind daher in erster Linie die Werbetreibenden. Die Rundfunkveranstalter sind zwar ebenfalls verantwortlich, kçnnen sich aber wegen des Inhalts auf das „Anzeigenprivileg“ berufen. 3 Verhaltensregeln des Deutschen Werberats ber die kommerzielle Kommunikation fr alkoholhaltige Getrnke (gltig seit 1. Januar 2005), verçffentlicht unter http://www.interverband.com/dbview/owa/assmenu.homepage?tid=69392& fcatid=4349&from_home=/werberat.

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314 Engels/Giebel

Politische Werbung

Rz. 52 R

Hinsichtlich der Ausstrahlung von an sich zulssiger Werbung, die aber entwicklungsbeeintrchtigende Elemente beinhaltet, ist auf die Regelungen der § 5 Abs. 4 JMStV zurckzugreifen. Die Ausstrahlung solcher Werbung ist bei einer anzunehmenden entwicklungsbeeintrchtigenden Wirkung im Sinne des § 5 Abs. 1 JMStV auf Kinder und Jugendliche nur zwischen 23 und 6 Uhr bzw., wenn eine Entwicklungsbeeintrchtigung von Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren zu befrchten ist, nur zwischen 22 und 6 Uhr mçglich.

Nachrichtensprecher Sprecher und Moderatoren von Nachrichtensendungen („Tagesschau“, „RTL Aktuell“ o. .) und Sendungen zum politischen Zeitgeschehen („Monitor“, „Spiegel TV“ o. .) drfen nicht in der Fernsehwerbung und beim Teleshopping im Fernsehen auftreten (§ 7 Abs. 7 RStV). Mit dieser Bestimmung soll einerseits erreicht werden, dass das Vertrauen, welches Personen genießen, die regelmßig im Fernsehen Nachrichten sprechen, nicht fr Werbezwecke ausgenutzt wird. Außerdem soll die Glaubwrdigkeit bei solchen Personen, die Sendungen zur politischen Information bzw. zum politischen Zeitgeschehen vorstellen, nicht dadurch beeintrchtigt werden, dass sie gleichzeitig als „Werbebotschafter“ auftreten.1 Diese Regelung gilt nur fr das Fernsehen. Hçrfunkwerbung mit Nachrichtensprechern ist nach dem Rundfunkstaatsvertrag hingegen nicht verboten, gleichwohl gilt fr TV-Nachrichtensprecher das Verbot auch fr Hçrfunk-Werbung gemß § 13 Abs. 4 der Europaratskonvention, da die Europaratskonvention innerstaatliches Recht geworden ist.2

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Politische Werbung Nach § 7 Abs. 8 RStV ist Werbung politischer Art verboten. Gleiches gilt auch fr Religiçse Werbung (R Rz. R 60) und Weltanschauliche Werbung (R Rz. R 107). Nach dem Rundfunkstaatsvertrag ist grundstzlich nur Wirtschaftswerbung zulssig. In § 2 Abs. 2 Nr. 5 RStV wird der Werbebegriff entsprechend definiert. Das Verbot der Werbung politischer Art im Sinne des § 7 Abs. 8 RStV ist umfassend zu verstehen und nicht nur auf den Ttigkeitsbereich der poli1 Hartstein/Ring, § 7 RStV Rz. 61. 2 Hartstein/Ring, § 7 RStV Rz. 61.

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Engels/Giebel 315

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R Rz. 53

Politische Werbung

tischen Parteien zu beschrnken.1 Der Begriff der Werbung politischer Art erfasst auch die tagespolitischen Artikulationen von Parteien, sonstigen politischen Gruppierungen, Brgerinitiativen und Einzelpersonen, wie sie beim pluralistischen Meinungs- und Interessenkampf in Erscheinung treten, durchaus aber auch die Propagierung der diesen Einzelinteressen zugrunde liegenden, auf langfristige Durchsetzung angelegten politischen Ziele.2 53

Eine Werbung ist politisch im Sinne des § 7 Abs. 8 RStV, wenn der Werbende durch die planmßige Anwendung beeinflussender Mittel auf die Erhaltung oder Vernderung der Handlungen oder Einstellungen der Gesetzgebung, Rechtsprechung, Verwaltung im Staat unmittelbar abzielt. Werbung, die durch die planmßige Anwendung beeinflussender Mittel unmittelbar auf die Erhaltung oder Vernderung der internationalen Beziehungen des Staates zu anderen Staaten abzielt, fllt ebenfalls unter den Begriff der „politischen Werbung“.3

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Der Sinn der Vorschrift besteht auch in einer Trennung von Werbung und Programm, allerdings aus einer anderen Perspektive: Der Handlungsbereich der betroffenen politischen u. . Gruppen gehçrt zu den Gegenstnden der Berichterstattung des Rundfunks, der vor allem seine Aufgabe in der Meinungs- und Willensbildung der ffentlichkeit hat. Die Berichterstattung soll nach den Grundstzen der Chancengleichheit und der Vielfalt der „positiven Ordnung“ fr den dualen Rundfunk erfolgen.4 Einzelne u. U. finanzstarke politische Gruppen oder Parteien sollen sich nicht – je nach eigener Finanzkraft – Sendezeit kaufen kçnnen, um dadurch die çffentliche Meinungsbildung zu beeinflussen.

Product Placement 55

Unter Product Placement wird blicherweise die visuelle oder verbale Platzierung identifizierbarer Waren oder Dienstleistungen im Rahmen eines Programmbeitrags verstanden.5 Die Werbetreibenden versuchen damit neben der herkçmmlichen Spotwerbung, die Werbekontakte insgesamt und die Bekanntheit der Ware oder Dienstleistung zu erhçhen. Die hohen Kosten fr die Erstellung und Platzierung von traditionellen Werbespots haben dabei fr eine Zunahme von Product Placement ge1 OVG Niedersachsen, NJW 1999, 515. 2 Stettner, ZUM 1995, 559, 563. 3 So Fleischer, Die Zulssigkeit der Ausstrahlung von Nicht-Wirtschaftswerbung im Fernsehen, S. 75. 4 Ladeur, Rz. 446. 5 Beucher/Leyendecker/v. Rosenberg, § 7 RStV Rz. 45; Ladeur, Rz. 420.

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316 Engels/Giebel

Product Placement

Rz. 58 R

sorgt. Fr die Fernsehproduzenten bedeutet die Aufnahme von Product Placement zumeist eine deutliche Kostensenkung bei der Produktion von Sendungen.1 Product Placement ist nicht generell verboten – schließlich gehçren Mar- 56 ken und Markenprodukte auch in die Lebenswirklichkeit.2 Vielmehr muss die Frage beantwortet werden, wann das so verstandene Product Placement als (sog. mediale) Werbung im rundfunkrechtlichen Sinne einzuordnen ist und damit den Werberestriktionen des Rundfunkstaatsvertrages unterfllt. Fr die rundfunkrechtliche Bewertung des Product Placement ist insofern insbesondere die rundfunkrechtliche Definition der Schleichwerbung (R Rz. R 63) bedeutsam. Zwingende Indizien fr einen Verstoß gegen das Verbot der Schleichwerbung liegen vor, wenn (a) eine vertragliche oder sonstige Verpflichtung fr die Einblendung der Produkte oder Marken besteht, wenn (b) bereits in der Entstehungsphase eines Werkes dieses bewusst auf die Einbringung von Marken und Produkten hin geschrieben wird,3 wenn (c) fr die Einblendung der Produkte oder Marken Entgelte geleistet werden, wenn (d) die bertragungsrechte von Veranstaltungen dadurch erheblich verbilligt werden, dass vom Veranstalter angegebene Partner bzw. deren Produkte oder Marken hervorgehoben genannt werden.4 Erst die unmittelbare Austauschbeziehung zwischen visueller oder verbaler Platzierung einerseits und Entgelt bzw. sonstiger Entgelt gleicher Leistung andererseits fhrt zur Schleichwerbung. Die auch fr Schleichwerbung notwendige Absatzfçrderungsabsicht (R Rz. R 1 ff.) wird dann grundstzlich vermutet. Allerdings kann diese Vermutung nur fr Eigen-, Co- oder Auftragsproduktionen gelten, da nur insoweit eine Eigenverantwortung des Rundfunkveranstalters berhaupt vorliegt, die eine Vermutung erst ermçglicht.5 Bei Fremdproduktionen muss dagegen nicht nur das Vorliegen von Schleichwerbung, sondern auch die Werbeabsicht des Veranstalters von der Medienaufsicht positiv festgestellt werden.6

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Im Grundsatz wird es sich bei Product Placement in Rundfunksendungen dann um Werbung handeln, wenn der Rundfunkveranstalter einen Werbezweck verfolgt und nicht der Rundfunkaufgabe gedient wird.7 Erfolgt die Darstellung von Waren und Dienstleistungen aus berwiegend programmlich-dramaturgischen Grnden oder zur Wahrnehmung von Infor-

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1 Engels/Giebel, ZUM 2000, 265, 277. 2 Vgl.: Petersen, § 8 Rz. 34. 3 Vgl.: James-Bond-Filme; in Kinofilmen ist dies bei angemessener Information der Zuschauer aber nicht rechtswidrig; hierzu: BGH, AfP 1996, 152. 4 Hartstein/Ring, § 7 RStV Rz. 48. 5 Ladeur, Rz. 430. 6 OVG Niedersachsen, AfP 1999, 347; vgl.: Paschke, Medienrecht, Rz. 544. 7 HansOLG Hamburg, AfP 1993, 578, 579–580; OVG Niedersachsen, Urteil vom 15.12.1998, AfP 1999, 300 ff. – Barbie-Puppe, zur sog. „medialen Werbung“.

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Engels/Giebel 317

R Rz. 59

Religionsgemeinschaften, Sendezeit fr

mationspflichten, so ist das Risiko der Durchbrechung publizistischer Unabhngigkeit zu tolerieren, wenn nicht eine auf Optimierung ausgerichtete Gesamtbetrachtung eine entgegenstehende Entscheidung ergibt.1 Ein unzulssiges Product Placement, d. h. Schleichwerbung im Sinne des § 7 Abs. 6 RStV, liegt dann nicht vor.

Religionsgemeinschaften, Sendezeit fr 59

Eine Ausnahme vom Verbot religiçser Werbung (R Rz. R 60) sieht § 42 Abs. 1 RStV vor. Private Sender mssen danach bestimmten Religionsgemeinschaften angemessene Sendezeit zur Verfgung stellen. Die berschrift des § 42 RStV „Sendezeit fr Dritte“ zeigt ihre besondere Eigenart: Sie bilden „Fenster“ im Rundfunkprogramm, fr die nicht der Rundfunkveranstalter, sondern die Dritten die Verantwortung tragen.2 Daraus ergibt sich eine verfassungsrechtliche Konfliktlage, da den Rundfunkveranstaltern, die Trger des Grundrechts der Rundfunkfreiheit sind, aufgegeben wird, Sendungen Dritter auszustrahlen, ohne diese selbst gestalten zu kçnnen.3 Allerdings sind nur den evangelischen Kirchen, der katholischen Kirche und den jdischen Gemeinden als religiçse Gruppen i. S. d. § 42 Abs. 1 RStV auf Wunsch Sendezeiten einzurumen; diese Aufzhlung ist abschließend. Die Landesrundfunk- bzw. Landesmediengesetze sehen fr die landesweite Ebene vergleichbare Regelungen vor. Auch beim çffentlich-rechtlichen Rundfunk gibt es vergleichbare Ansprche der Amtskirchen.

Religiçse Werbung 60

Nach § 7 Abs. 8 RStV ist politische, religiçse und weltanschauliche Werbung verboten. Der Begriff der Religion wird als ein (Glaubens-)System definiert, das in Lehre, Praxis und Gemeinschaftsformen die „letzten“ Sinnfragen menschlicher Gesellschaft und Individuen aufgreift und zu 1 Hesse, Rundfunkrecht, 3.57; Ladeur, ZUM 2001, 643 ff. 2 Fr den Bereich der Wahlwerbung: Wieland, ZUM 1994, 447, 448; vgl. zu der begrenzten Prfungspflicht des Rundfunkveranstalters: Hartstein/Ring, Vor § 11 RStV Rz. 51 ff. 3 Hartstein/Ring, § 42 RStV Rz. 3; zur Verfassungsmßigkeit im Bereich der Wahlwerbung: Wieland, ZUM 1994, 447, 449 f.; zur Problematik der Bercksichtigung extremistischer Parteien: Benda, NJW 1994, 22 ff.

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318 Engels/Giebel

Rundfunkveranstalter

Rz. 62 R

beantworten versucht. Regelmßig wird damit metaphysisch ein Ergriffensein vom Gçttlichen verbunden sein. Wesentlicher Kern einer jeden Religion ist damit das Bekenntnis zu einem religiçsen Glauben. Kennzeichnend fr den religiçsen Glauben ist der transzendente Bezug, die subjektive Gewissheit von der Eingliederung des Einzelnen in einen jenseitigen, nicht mit von den Menschen gesetzten Maßstben zu beurteilenden und durch wissenschaftliche Erkenntnisquellen nicht erschçpfend zu erklrenden Zusammenhang.1 Objekt und Bezugspunkt des religiçsen Glaubens ist stets eine wie auch immer geartete Gottesvorstellung.2 Nach § 7 Abs. 8 RStV kçnnen religiçse Gruppen, soweit es sich nicht um die nach § 42 Abs. 1 RStV privilegierten Kirchen und jdischen Gemeinden handelt, keine Sendezeiten ankaufen, um damit Mitgliederwerbung zu betreiben oder fr ihre Ziele zu werben. Von dem entsprechenden Verbot wird z. B. auch eine Werbung fr Bcher dieser Gruppen erfasst, da diese Bcher ausschließlich oder vorrangig dem Ziel dienen, fr die Ziele der weltanschaulichen oder religiçsen Gruppe zu werben.3

Rundfunkveranstalter Der Rundfunkstaatsvertrag enthlt keine Legaldefinition. Nach dem Bundesverfassungsgericht ist Veranstalter eines Programms, „wer seine Struktur festlegt, seine Abfolge plant, die Sendung zusammenstellt und unter einer einheitlichen Bezeichnung dem Publikum anbietet“.4 Art. 1b der EG-Fernsehrichtlinie definiert den Fernsehveranstalter als „natrliche oder juristische Person, die die redaktionelle Verantwortung fr die Zusammensetzung von Fernsehprogrammen trgt und die diese sendet oder von Dritten senden lsst“. Insoweit lsst sich sagen, dass derjenige Rundfunkveranstalter ist, der einerseits das Programm inhaltlich verantwortet und es andererseits verbreitet bzw. verbreiten lsst. Dies ist zumeist das die Lizenz innehabende Unternehmen.

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Problematisch und werberechtlich relevant wird der Begriff des Rundfunkveranstalters in Zusammenhang mit der crossmedialen Werbung (R Rz. R 11 f.) von Senderfamilien hinsichtlich der werberechtlichen Kategorisierung von Sendehinweisen (R Rz. R 17 f. Eigen- vs. Fremdpromotion). Dass ein Unternehmen grundstzlich mehrere (private) Fernseh-

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1 Vgl. Fleischer, Die Zulssigkeit der Ausstrahlung von Nicht-Wirtschaftswerbung im Fernsehen, S. 77. 2 Herzog, in: Maunz/Drig, Grundgesetz, Bd. 1, Art. 4 Rz. 66. 3 Hartstein/Ring, § 7 RStV Rz. 66. 4 BVerfGE 97, 298, 310.

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Engels/Giebel 319

R Rz. 63

Schleichwerbung, Verbot der

programme veranstalten kann, ergibt sich aus § 26 Abs. 1 RStV und wird auch im § 45 Abs. 3 RStV vorausgesetzt. Der Gesetzeswortlaut besagt, dass das Unternehmen selbst oder durch ihm zurechenbare Unternehmen Programme veranstalten darf. Dies spricht fr einen materiellen Veranstalterbegriff im Rundfunkstaatsvertrag.1 Damit wird eine Rundfunkveranstaltung einem Unternehmen sowohl dann zugerechnet, wenn die konkreten Programmgestaltungs- und Verbreitungsakte dem Unternehmen als Handlung juristisch zugerechnet werden kçnnen, als auch dann, wenn dies zwar nicht der Fall ist, aber das eigentlich veranstaltende Unternehmen diesem zurechenbar ist.2 Auch wenn die Sendefamilie im Sinne eines Rundfunkveranstalters ein politischer und nicht gesetzlich definierter Begriff ist, so hatte der Gesetzgeber die Erscheinungsform offenbar vor Augen und in den Bestimmungen des Rundfunkstaatsvertrages bercksichtigt.3 Damit kçnnen auch einheitlich betrachtete Unternehmensgruppen wie Sendefamilien insoweit als ein Rundfunkveranstalter i. S. d. § 45 Abs. 3 RStV bercksichtigt werden.

Schleichwerbung, Verbot der 63

Schleichwerbung wird in § 2 Abs. 2 Nr. 6 RStV legal definiert. Schleichwerbung liegt demnach dann vor, wenn die Erwhnung oder Darstellung von Waren, Dienstleistungen u. a. in Programmen vom Veranstalter „absichtlich“ zu Werbezwecken vorgesehen ist (R Rz. R 1 ff. Absatzfçrderungsabsicht) und die Allgemeinheit hinsichtlich des eigentlichen Zwecks dieser Erwhnung oder Darstellung irrefhren kann. Dabei gilt eine Erwhnung oder Darstellung insbesondere dann als zu Werbezwecken beabsichtigt, wenn sie gegen Entgelt oder eine hnliche Leistung erfolgt. Zur verbotenen Schleichwerbung kçnnen besonders (Un)Arten der redaktionell aufgemachten Werbung (R Rz. R 119 f.) und das sog. Product Placement (R Rz. R 55 f.) gehçren. Das Darstellen von Waren oder von Dienstleistungen außerhalb von Werbesendungen ist allerdings dann keine Schleichwerbung, wenn es aus berwiegend programmlich-dramaturgischen Grnden sowie zur Wahrnehmung von Informationspflichten erfolgt.4

1 Ausf.: Bornemann, K&R 2001, 307 f. 2 Bornemann, K&R 2001, 308. 3 Bornemann, K&R 2001, 308; a. A. Platho, MMR 2002, 23 ff. – ablehnend unter dem Hinweis der Zuschauerbindung/Zuschauergenerierung. 4 Nr. 9 Werberichtlinien Fernsehen der Landesmedienanstalten.

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320 Engels/Giebel

Sendungssponsoring

Rz. 66 R

Sendungssponsoring Sendungssponsoring ist nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 2 Nr. 2 RStV jeder Beitrag einer natrlichen oder juristischen Person oder einer Personenvereinigung, die an Rundfunkttigkeiten oder an der Produktion audiovisueller Werke nicht beteiligt ist, zur direkten oder indirekten Finanzierung einer Sendung, um den Namen, die Marke, das Erscheinungsbild der Person oder der Personenvereinigung, ihre Ttigkeit oder ihre Leistung zu fçrdern. Voraussetzung ist also, dass der Sponsor an der Rundfunkttigkeit oder der Produktion nicht selbst beteiligt ist. Andernfalls tritt er nicht als Sponsor, sondern Produzent oder sonstiger Beteiligter auf; gemeint ist hier aber nur derjenige, der an der jeweiligen konkreten Produktion beteiligt ist, anderweitige Beteiligungen sind unschdlich.1

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Dabei ist grundstzlich zwischen dem Sendungssponsoring, das explizit in § 8 RStV geregelt wird, und dem Sponsoring der mit der Sendung bertragenen Veranstaltung2 oder des ausgestrahlten Ereignisses zu unterscheiden. Denn wird lediglich ein durch einen Sponsor gefçrdertes Ereignis bertragen, welcher whrend der Veranstaltung optisch prsent ist, gibt es fr den bertragenden Rundfunkveranstalter keinen Grund, die Regelungen des § 8 RStV zu beachten.3 Es ist vielmehr sogar unzulssig, den Sponsor des Ereignisses im Rahmen der Sendung werbend zu nennen.4 Allerdings sind die bergnge vom Ereignissponsoring zum Sendungssponsoring oder zu verbotenen Werbeformen in der Praxis fließend.5

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Wird Sendungssponsoring im Sinne des § 8 RStV betrieben, so muss seitens des Rundfunkveranstalters Folgendes beachtet werden: Zu Beginn und/oder am Ende der Sendung muss nach § 8 Abs. 1 RStV „auf die Finanzierung durch den Sponsor in vertretbarer Krze deutlich hingewiesen werden“. Wesentlich ist, dass der Bezug zur Sendung eindeutig hergestellt wird. Vertretbar kurz muss der Hinweis deshalb sein, um unerwnschte zustzliche Werbeeffekte zu vermeiden.6 Die Zeitspanne des Sponsorhinweises darf daher nur so lange bemessen sein, dass es mçglich ist, den Hinweis auf die Fremdfinanzierung durch den Sponsor deutlich

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Beucher/Leyendecker/v. Rosenberg, § 8 RStV Rz. 5. Bspw.: bertragung des „BMW Derby“. Hesse, 3.71 ff. BGH, ZUM 1993, 92 ff.; Weigand, ZUM 1993, 81 ff.; anders, wenn die Veranstaltung unabhngig von der Sendung stattfindet und den Namen des Sponsors trgt, bspw. Fuji-Cup; BMW-Derby etc. 5 Ausf.: Hartstein/Ring, § 8 RStV Rz. 18 f. 6 Hartstein/Ring, § 8 RStV Rz. 32.

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Engels/Giebel 321

R Rz. 67

Sendungssponsoring

wahrzunehmen.1 Die werbliche Darstellung darf innerhalb des Sponsorhinweises dabei jedoch nicht im Vordergrund stehen; der Eindruck, es handle sich um einen Werbespot muss insoweit durch die Art der Darstellung vermieden werden.2 Dass der Hinweis auf die Fremdfinanzierung der Sendung deutlich zu erfolgen hat, ist in der Praxis naturgemß kein Problem, da die ausdrckliche Nennung gerade im Interesse der Werbetreibenden steht. Anstelle oder neben der Nennung des Sponsors ist auch die Einblendung des Firmenlogos, eines Produktnamens oder einer Marke mçglich.3 Hufig wird ein Produkt des Sponsors eingeblendet, da die hinter dem Produkt stehende Firma oft relativ unbekannt ist.4 67

Der Sponsorhinweis erfllt insoweit eine Hinweis- und Warnfunktion, die den Zuschauern bewusst machen soll, dass bei der Finanzierung einer gesponserten Sendung ein Dritter (idR ein werbetreibender Sponsor) Geld zugegeben hat.5 Die extensive Sponsorpraxis bei den çffentlich-rechtlichen TV-Programmen sowie die EuGH-Rechtsprechung hat dazu gefhrt, dass die Landesmedienanstalten mittlerweile auch Sponsorhinweise innerhalb der gesponserten Sendungen vor und nach den Werbeunterbrechungen fr zulssig halten (sog. Sponsor-Reminder).6 Auch Sponsorhinweise whrend der gesponsorten Sendung sind damit nicht mehr ausgeschlossen. Ebenso darf der Sponsor mittlerweile in Programmankndigungen fr die gesponserte Sendung kurz erwhnt werden.7 Sponsorhinweise sind gem. § 8 Abs. 1 S. 1 RStV sogar „durch Bewegtbild mçglich“.

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Insgesamt besteht daher zwar die Gefahr, dass sich Sponsorhinweise allenfalls noch durch ihre Lnge von herkçmmlichen Werbespots unterscheiden, aber aufgrund der „bung und Gewçhnung des Zuschauers“ an diese Werbeform ist wohl keine Irrefhrung (mehr) zu befrchten.8 Fr die Fernsehveranstalter wie auch fr die Werbetreibenden ist das Sendungssponsoring aufgrund der Exklusivitt von wachsender Bedeutung. 1 Nr. 12 § 8 Abs. 1–6 (3) Werberichtlinie Fernsehen der Landesmedienanstalten; nach Ladeur soll der Sponsorhinweis dabei nicht lnger als etwa 5 Sekunden sein: Ladeur, Rz. 354. 2 Ladeur, Rz. 354. 3 Zu den Anforderungen auch Nr. 12 der Werberichtlinien Fernsehen und Nr. 10 der Werberichtlinien Hçrfunk der Landesmedienanstalten sowie hnlich jeweils Nr. 10 der ARD- und der ZDF-Richtlinien fr Werbung und Sponsoring. 4 Bspw.: „Nivea“ und Beiersdorf; problematisch sind auch Firmenbezeichnungen, hinter denen sich verschiedene Produkte verbergen kçnnen: „Faber“ – Schreibgerte/Sekt; vgl.: Hesse, 3.77. 5 Vgl. Hesse, 3.77; Platho (ZUM 2000, 46, 50) spricht hier von der Lebenslge des Sponsorings, keine Werbung zu sein, aber als solche zu wirken. Was Transparenz und Aufklrung befçrdern sollte, befçrdert tatschlich Absatzchancen. 6 Engels/Giebel, ZUM 2000, 265, 278; EuGH, EuZW 1997, 173. 7 Nr. 12 Abs. 3 S. 3 der Richtlinien Fernsehen der Landesmedienanstalten. 8 Hartstein/Ring, § 8 RStV Rz. 33.

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322 Engels/Giebel

Sexuelle Inhalte, Werbung fr

Rz. 70 R

Mit dem Vierten Rundfunknderungs-Staatsvertrag wurden infolge der europarechtlichen Vorgaben weitere branchenspezifische Sponsoringeinschrnkungen fr die Tabak- und die Arzneimittelindustrie in § 8 Abs. 4 und 5 RStV aufgenommen.

Sexuelle Inhalte, Werbung fr Anlass fr aufsichtliche Maßnahmen der Landesmedienanstalten bietet auch das Verbot von Werbung fr sexuelle Inhalte in privaten Rundfunkprogrammen.1 Ausgangspunkt fr die generelle Bewertung von (Un-)Zulssigkeit der Bewerbung sexueller Inhalte im Rundfunk ist das Pornographieverbot des § 184 StGB. Danach ist in bestimmten Formen das Verbreiten und Zugnglichmachen von pornographischen Schriften, welchen ber § 11 Abs. 3 StGB Ton- und Bildtrger, Datenspeicher, Abbildungen und andere Darstellungen gleichgestellt sind, verboten. Hierdurch soll zum einen die unbeabsichtigte Konfrontation eines jeden mit pornographischem Material verhindert und damit das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung, das Ausfluss des allgemeinen Persçnlichkeitsrechts nach Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG ist, geschtzt werden; zum anderen soll Kindern und Jugendlichen der Zugriff auf Pornographie verwehrt und so dem Jugendschutz genge getan werden.2

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Der Jugendschutz wird nicht nur ber § 184 StGB gewhrleistet, sondern 70 erfhrt darber hinaus mittels § 4 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 JMStV eine spezialgesetzliche Regelung. Danach sind Angebote unbeschadet strafrechtlicher Verantwortlichkeit unzulssig, wenn sie „in sonstiger Weise pornographisch sind“. Hiermit ist die einfache Pornographie gemeint, wohingegen die harte Pornographie (Kinderpornographie, Sodomie) von dem Katalog des § 4 Abs. 1 JMStV unzulssiger Angebote sowie § 184 Abs. 3 StGB erfasst ist. Nach § 4 Abs. 2 S. 2 JMStV kçnnen Ausnahmen fr Telemedien geschaffen werden, wenn sichergestellt ist, dass nur Erwachsene Zugang zu dem pornographischen Angebot erlangen kçnnen.3 Dies bedeutet folglich, dass im Rundfunk ein absolutes Ausstrahlungsverbot fr Pornographie besteht.4 Dies bedeutet aber nicht, dass Werbung fr sexuelle Inhalte schlechterdings unzulssig ist. Allerdings darf eine solche die Schwelle zur Pornographie nicht berschreiten und erst ab 23.00 Uhr gesendet werden.5 1 2 3 4 5

In der Praxis ist insbesondere die Werbung fr Telefonsex relevant. BVerfGE 30, 336, 337 f.; 83, 130, 139 ff.; Erdemir, MMR 2003, 629 ff. Sog. „geschlossene Benutzergruppen“. Hartstein/Ring, JMStV Amtliche Begrndung zum JMStV C 1.3 zu § 4 Abs. 2. BGHSt 34, 94, 99; BLM/KJM Jugendschutzbericht 2004, Jan. 2005, 18, http:// www.blm.de/apps/documentbase/data/de/jugendschutzbericht_2_04.pdf.

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Engels/Giebel 323

R Rz. 71 71

Sexuelle Inhalte, Werbung fr

Somit bleibt die Frage des Inhalts von „Pornographie“. Der Gesetzgeber entbietet keine Legaldefinition, sondern hat diesen dem Wandel von sexualethischen Vorstellungen unterliegenden Begriff bewusst der Rechtsprechung berlassen.1 Danach sind sexuelle Darstellungen dann pornographisch, „wenn sie unter Hintansetzung sonstiger menschlicher Bezge sexuelle Vorgnge in grob aufdringlicher, anreißerischer Weise in den Vordergrund rcken und ausschließlich oder berwiegend auf die Erregung sexueller Reize abzielen“.2 Somit muss sexuelle Werbung, um Pornographie i. S. d. § 184 StGB zu entsprechen und damit als unzulssig eingestuft zu werden, drei Kriterien kumulativ erfllen: Sie muss (1) eine objektive Gesamttendenz zur berwiegenden Aufreizung des Sexualtriebs aufweisen, (2) die Sexualitt verabsolutieren, d. h. eine Apersonalitt der Geschlechtspartner aufweisen und (3) die sexuellen Aktivitten intensiv aufdringlich darstellen.3 Auch damit bleibt der Begriff der Pornographie aber auslegungs- und wertungsbedrftig. Fr das Verstndnis des Inhalts als „gegenstandsneutral“ ist die Verkehrsanschauung der durchschnittlich interessierten und informierten Betrachter ohne Sonderwissen maßgebend.4 Vor dem Hintergrund dieser Aspekte ist nicht verwunderlich, dass die Telefonsexwerbung immer wieder unter der Beobachtung der LMA steht. Bisher hat die Arbeitsgruppe „Sex-Clips“, eingerichtet von der DLM, aber keine Verstçße gegen gesetzliche Bestimmungen feststellen kçnnen.5 Aufgrund der medienethischen Problematik, Menschen als Sexualobjekte und ungewçhnliche sexuelle Praktiken als normal darzustellen sowie bestimmte Personengruppen zu diskriminieren,6 war zwar eine Selbstbeschrnkung seitens der Werbetreibenden in Absprache mit den LMA beabsichtigt,7 aber angesichts der hohen Werbeeinahmen, die bei manchen Sendern die Hlfte des Gesamtumsatzes tragen,8 ist nicht verwunderlich, dass die Werbung fr Telefonsex insgesamt weder qualitativ noch quantitativ merklich zurckgegangen ist.9 1 Erdemir, MMR 2003, 628, 630. 2 BGHSt 34, 94 ff.; BVerwG, NJW 2002, 2966, 2969; VG Mnchen, MMR 2003, 292, 294. 3 Erdemir, MMR 2003, 628, 631; insg. eingehend zur Gesamtproblematik sexuelle Inhalte/Pornographie im Rundfunk. 4 BGHSt 34, 94, 99. 5 Ausf.: BLM/KJM Jugendschutzbericht 2004, Jan. 2005, S. 17–19, S. 28–30, http:// www.blm.de/apps/documentbase/data/de/jugendschutzbericht_2_04.pdf. 6 Bspw.: „Junge polnische Frauen leisten keinen Widerstand“, „…sind willig ohne Widerspruch“ u. . 7 Ergebnisse Direktorenkonferenz DLM v. 17.11.2004, http://www.alm.de/index. php?id=34&backPid=67&begin_at=14&tt_news=261&cHash=a4bc1be2bc. 8 Werben & Verkaufen, Werbung fr Schmuddelkram fllt die Kassen, http:// www.wuv.de/special/fernseh/text_04.html. 9 BLM/KJM Jugendschutzbericht 2004, Jan. 2005, S. 19, http://www.blm.de/apps/ documentbase/data/de/jugendschutzbericht_2_04.pdf.

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324 Engels/Giebel

Social Advertising (Soziale Appelle)

Rz. 72 R

Fr Werbetreibende und Rundfunkveranstalter gilt, dass sie solange Werbung fr sexuelle Inhalte im Rundfunk schalten kçnnen, als der Werbespot nicht pornographisch i. S. d. § 184 StGB ist. Außerdem darf er entsprechend den Regelungen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags erst ab 23.00 Uhr gesendet werden und muss den sonstigen Werberestriktionen des Rundfunkstaatsvertrages (Trennungsgrundsatz, Werbezeitenbegrenzung etc.) gengen.

Social Advertising (Soziale Appelle) Werbung politischer, weltanschaulicher oder religiçser Art ist nach § 7 Abs. 8 RStV unzulssig. Grundstzlich soll Dritten nur fr kommerzielle Wirtschaftswerbung Sendezeit gegen Entgelt in einem Rundfunkprogramm berlassen werden kçnnen. Ein Verkauf von Sendezeit fr eine werbliche Beeinflussung der individuellen und çffentlichen Meinungsbildung der Zuschauer durch einen Dritten zu einem anderen Zweck soll dagegen ausgeschlossen sein. Unter diese Regelung fallen beispielsweise Werbespots des DGB.1 Schon lange machten die Landesmedienanstalten aber in ihren Werberichtlinien fr „Soziale Appelle“ eine Ausnahme. Der Gesetzgeber hat dies fr einen Sonderfall mit dem siebten Rundfunknderungs-Staatsvertrag in § 7 Abs. 8 Satz 3 RStV ausdrcklich geregelt. Danach sind unentgeltliche Beitrge im Dienst der ffentlichkeit einschließlich von Spendenaufrufen zu Wohlfahrtszwecken („social advertising“) ausdrcklich von dem Verbot ideeller Werbung ausgenommen.2 Sie gelten nicht als Werbung im Sinne des Satz 1 und werden folglich auf die zulssige Dauer von Werbung nicht angerechnet (§ 45 Abs. 3 RStV). Diese Regelung soll zu Recht Aufforderungen zu verantwortlichem, sozial erwnschtem Verhalten (z. B. Spenden) oder Aufklrung ber Folgen von bestimmten Verhalten (z. B. AIDS-Aufklrung) auch im massenwirksamen Rundfunk ermçglichen.3 Die Praktikabilitt dieser Regelung wird durch das Erfordernis der Unentgeltlichkeit beeintrchtigt. Im Zweifel wird es fr die Medienaufsicht nur schwer nachzuweisen sein, ob ein solcher Beitrag tatschlich unentgeltlich oder doch entgeltlich in das Programm aufgenommen wurde. Fraglich ist aber auch, ob der Rundfunkveranstalter zumindest die Selbstkosten fr die Verbreitung Sozialer Appelle erstattet erhalten kann. Der Wortlaut des § 7 Abs. 8 Satz 3 RStV („unent1 OVG Niedersachsen, ZUM-RD 1999, 147 f. 2 Beucher/Leyendecker/v. Rosenberg, § 7 RStV Rz. 62; die Anforderungen werden durch Nr. 11 der Werberichtlinien Fernsehen der Landesmedienanstalten und Nr. 9 der Werberichtlinien Hçrfunk der Landesmedienanstalten und jeweils Nr. 15 der Werberichtlinien der ARD und des ZDF gestaltet. 3 Hartstein/Ring, § 7 RStV Rz. 67.

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Engels/Giebel 325

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R Rz. 73

Social Advertising (Soziale Appelle)

geltlich“) spricht zwar eher dagegen. Allerdings drfte es kaum nachvollziehbar sein, dass die gesetzlich vorgesehenen und gesellschaftlich wnschenswerten Sozialen Appelle durch Dritte dadurch faktisch unmçglich gemacht wrden, dass die Veranstalter nicht zumindest ihre Selbstkosten ersetzt erhalten.1 Denn schließlich lsst sich argumentieren, dass Soziale Appelle ohnehin keine politische, weltanschauliche oder religiçse Werbung ist; damit wrde das Verbot des § 7 Abs. 8 Satz 3 RStV schon gar nicht greifen. 73

Als weitere Ausnahme von dem Verbot der Werbung politischer und religiçser Art verweist § 7 Abs. 8 Satz 4 RStV auf § 42 RStV. Danach haben die Evangelische Kirche, die Katholische Kirche und die Jdischen Gemeinden sowie Parteien (allerdings nur whrend ihrer Beteiligung an Wahlen zum Deutschen Bundestag oder an den Wahlen fr das Europische Parlament, § 42 Abs. 2 RStV) einen Anspruch auf angemessene Sendezeit in den bundesweit verbreiteten Programmen der privaten Rundfunkveranstalter. hnliche Regelungen gibt es fr die Landesebene auch in den Landesrundfunkgesetzen bzw. Landesmediengesetzen sowie fr den çffentlich-rechtlichen Rundfunk. (R Rz. R 105 f. Wahlwerbung und Rz. R 59 Sendezeit fr Religionsgemeinschaften).

Sonderwerbeformen 74

Alle (Fernseh-)„Sonderwerbeformen“,2 die von den Werbetreibenden zur Steigerung der Ertragsmçglichkeiten oder zum Ausweichen gegenber Werberestriktionen ersonnen worden sind, bereiten bei der juristischen Einordnung deutliche Schwierigkeiten. Es stellt sich regelmßig die Frage, ob die einzelnen Erscheinungsformen im Sinne der rundfunkrechtlichen Definition als Werbung gelten kçnnen oder nicht. In der langjhrigen Werbepraxis der çffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und der privaten TV-Veranstalter haben sich diese speziellen Sonderwerbeformen nach und nach jedoch so verdichtet, das manche, wenn auch nicht im Gesetz selbst, so doch in gesetzeshnlichen Werberichtlinien nher geregelt wurden, um den Veranstaltern eine gewisse Rechtssicherheit zu gewhren. Dazu zhlen Ausstatterhinweise (R Rz. R 6), Eigenwerbung (R Rz. R 21 f.), Grafik-Sponsoring (R Rz. R 33 ff.), Merchandising (R Rz. R 47 f.), Preisauslobungen (R Rz. R 31 f.), Produkt Placement (R Rz. R 55 ff.), redaktionell

1 Engels/Giebel, ZUM 2000, 274. 2 Zu den unterschiedlichen Werbeformen im Fernsehen: Meyer-Harport, Neue Werbeformen im Fernsehen.

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326 Engels/Giebel

Splitscreen

Rz. 76 R

aufgemachte Werbung (R Rz. R 119 f.), Splitscreen (R Rz. R 75 ff.), Titelsponsoring (R Rz. R 85 ff.), Trikot- und Bandenwerbung (R Rz. R 91 f.), Verlags-TV (R Rz. R 101 f.).

Splitscreen Unter Splitscreen wird die zeitgleiche Ausstrahlung von Werbung und redaktionellem Programm bei einer rumlichen Unterteilung des Bildschirms verstanden, die gebruchlichsten Formen sind hier die Teilbelegung des Bildschirms mit Spotwerbung sowie die optisch hinterlegte Lauftextwerbung (R Rz. R 46).1 Es sind jedoch auch vielfltige andere Formen denkbar. Fr die Grçße der Werbung existiert kein Rahmen, so kann diese also nahezu Format fllend sein, whrend das Programm in einer Bildschirmecke weiterluft2 oder aber die Werbung nur Rahmen bildend3 fr das Programm wirken.4

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Whrend frher die Zulssigkeit solcher Werbung umstritten war,5 ist seit dem Vierten Rundfunknderungs-Staatsvertrag mit § 7 Abs. 4 klar gestellt, dass Splitscreen-Werbung zulssig ist, „wenn die Werbung vom brigen Programm eindeutig optisch getrennt und als solche gekennzeichnet“, also das Trennungs- und Kennzeichnungsgebot gewahrt ist.6 Eine eindeutige Trennung und Kennzeichnung ist insbesondere anzunehmen, wenn das Werbefenster whrend des gesamten Verlaufs durch den Schriftzug „Werbung“ vom redaktionellen Teil des Programms abgegrenzt ist.7 Auch wenn bei der Splitscreentechnik Werbung und Programm zeitgleich und parallel ausgestrahlt werden, so sind die Werbebotschaften gem. § 7 Abs. 4 S. 2 RStV vollumfnglich auf die Hçchstgrenzen fr Werbezeiten anzurechnen.8 Aufgrund dieses Anrechnungsgebots ist es den Rundfunkveranstaltern auch gestattet, Werbesplitscreens mit Ton zu senden.9

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Es bleibt die Frage, ob die im Wege des Splitscreens eingestreute Werbung die Abstandsregelung von zwanzig Minuten zwischen zwei Werbeunterbrechungen einhalten muss. Nach dem die Regelung in § 7 Abs. 4 S. 3 RStV zwar die entsprechende Anwendung des § 44 Abs. 1 RStV (Werbe1 Holznagel/Stenner, ZUM 2004, 620. 2 Bspw.: T-Mobile Werbung whrend der Sportschau in der ARD. 3 Bspw.: Scherenschnitt des neuen 3er BMW umrahmt die Sendung TV TOTAL, ProSieben. 4 Hesse, 3.68. 5 Vgl.: OVG Berlin, AfP 1999, 203 f. 6 Hartstein/Ring, § 7 RStV Rz. 32b g; Ladeur, Rz. 399. 7 Hartstein/Ring, § 7 RStV Rz. 32b g; Ladeur, Rz. 400. 8 Holznagel/Stenner, ZUM 2004, 620. 9 Ausfhrlich zu dieser ehemaligen Problematik: Kreile, ZUM 2000, 194, 197.

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Engels/Giebel 327

R Rz. 77

Splitscreen

zeitenanrechnung) vorsieht, nicht jedoch die entsprechende Anwendung des Abs. 3 (Werbeunterbrechungen), ist klargestellt, dass die SplitscreenRegelung weder auf den 20-Minuten-Rhythmus angerechnet wird, noch es erforderlich ist, dass zwischen zwei Splitscreen-Werbungen ein Abstand von 20 Minuten eingehalten werden muss.1 77

Nicht zulssig ist Splitscreening wegen des Verweises auf §§ 15 Abs. 1 und 44 Abs. 1 RStV whrend der Ausstrahlung von Gottesdiensten und Kindersendungen. Bei Spielfilmen ist zu beachten, dass der Splitscreen einen massiven Eingriff in das knstlerische Werk darstellen und somit vom Rechteinhaber ausgeschlossen sein kann.2

Spotwerbung 78

In Abgrenzung zu Blockwerbung (R Rz. R 9) sind damit einzelne Werbespots gemeint, die nach § 14 Abs. 2 und § 44 Abs. 2 RStV nur ausnahmsweise in das Programm eingefgt werden drfen. Es gilt insoweit das Blockwerbegebot (R Rz. R 94), um eine Auflçsung der Sendung durch wiederholte kurze Werbeunterbrechungen in viele kleine Programminseln zu verhindern.3 Ausgenommen ist das Splitscreening.

Teleshopping 79

Als Teleshopping bezeichnet man solche Sendungen, bei denen der Zuschauer zum Kauf von Waren oder Dienstleistungen vor allem mittels telefonischer Bestellung aufgrund einer vorhergehenden Prsentation durch das Fernsehen aufgefordert wird, im Vordergrund steht hier der unmittelbare Absatz des Produkts.4 Grundstzlich wird unterschieden zwischen den rundfunkwerberechtlich bevorzugten Teleshopping-Fenstern (R Rz. R 81), den Teleshopping-Spots (R Rz. R 84), die wie normale Werbespots behandelt werden, sowie Teleshopping-Kanlen (R Rz. R 82), die als Mediendienste im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1 Mediendienste-Staatsvertrag der rundfunkrechtlichen Regulierung grundstzlich nicht unterworfen sind. Diese Unterscheidung ist systematisch auch geboten und deckt sich mit der Legaldefinition von Teleshopping in § 2 Abs. 2 Nr. 8 RStV. 1 2 3 4

Hartstein/Ring, § 7 RStV Rz. 32 f. Kreile, ZUM 2000, 194, 198. Hahn/Vesting, § 44 RStV Rz. 8. Harstein/Ring, § 2 RStV Rz. 34.

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328 Engels/Giebel

Teleshopping-Fenster

Rz. 81 R

Nach § 18 RStV findet Teleshopping außer in Teleshopping-Spots im çffentlich-rechtlichen Fernsehen nicht statt. Von besonderer Bedeutung ist schließlich § 6 Abs. 6 Satz 2 JMStV, wonach Teleshopping (-Fenster wie auch -Spots) Minderjhrige nicht dazu anhalten darf, Kauf- oder Mietbzw. Pachtvertrge fr Waren oder Dienstleistungen zu schließen. Kindersendungen sowie Gottesdienste drfen zudem nicht durch Teleshopping unterbrochen werden (so § 44 Abs. 1 RStV fr private Veranstalter bzw. § 15 Abs. 1 RStV fr çffentlich-rechtliche Veranstalter).

80

Teleshopping-Fenster Die Teleshopping-Fenster (frher als Fernseheinkaufsendungen bezeichnet) sind eigene – allerdings nur fr den privaten Rundfunk gebilligte Sendeformen, die rundfunkrechtlich als besondere Werbeformen behandelt werden.1 Bei den Teleshopping-Fenstern richten Unternehmen – zumeist solche aus dem Versandhandel – ber den Rundfunk direkte Angebote an die ffentlichkeit fr den Kauf, die Miete oder die Pacht von Erzeugnissen oder die Erbringung von Dienstleistungen.2 Regelmßig wird in der Sendung die Telefonnummer der Anbieter angegeben, bei denen die Zuschauer ihre Bestellungen aufgeben kçnnen, deren Vertragspartner dann nicht die Rundfunkveranstalter werden, sondern die Anbieter. Gemß § 45a RStV mssen Teleshopping-Fenster innerhalb eines TV-Programms eine Mindestdauer von 15 Minuten ohne Unterbrechung haben. Hierdurch unterscheiden sie sich von den Teleshopping-Kanlen, aber auch von den Teleshopping-Spots bzw. -Sendungen. Nach § 45a Abs. 2 RStV sind hçchstens acht Teleshopping-Fenster tglich zulssig. Ihre Gesamtsendedauer darf drei Stunden pro Tag nicht berschreiten, hierbei werden die Teleshopping-Spots nicht mitgerechnet. Diese zulssige Dauer der Teleshopping-Fenster wird nicht auf die tgliche Gesamtdauer der Werbung in einem Programm nach § 45 Abs. 1 RStV angerechnet. Des Weiteren mssen die Teleshopping-Fenster entsprechend § 45a Abs. 2 RStV optisch und akustisch (kumulativ) klar als Teleshopping-Fenster gekennzeichnet sein. Die Landesmedienanstalten konkretisieren in Nr. 16. Abs. 2 ihrer Werberichtlinien, dass Teleshopping-Fenster whrend ihrer gesamten Dauer als „Werbesendung“ oder „Verkaufsendung“ gekennzeichnet werden mssen. Verstçße kçnnen nach § 49 Abs. 1 Nr. 17 RStV als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.

1 Engels/Giebel, ZUM 2000, 272. 2 Zu den Erscheinungsformen: Ridder, Media Perspektiven 1995, S. 414 ff.

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Engels/Giebel 329

81

R Rz. 82

Teleshopping-Kanle

Teleshopping-Kanle 82

Teleshopping-Kanle unterfallen als Mediendienste im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1 Mediendienste-Staatsvertrag grundstzlich nicht der rundfunkrechtlichen Regulierung. Daher gelten fr sie auch nicht die Beschrnkungen des § 45a RStV fr Teleshopping-Fenster.

Teleshopping-Sendungen 83

Der Begriff der Teleshopping-Sendungen ist nicht im Rundfunkstaatsvertrag geregelt, aber aus den Regelungen fr Teleshopping-Fenster in § 45a RStV und Teleshopping-Spots in § 45 RStV ergibt sich, dass dies Sendungen sind, die lnger als 90 Sekunden und damit keine Teleshopping-Spots, aber krzer als 15 Minuten und damit noch keine Teleshopping-Fenster sind. Obwohl weder EU-Fernsehrichtlinie noch Rundfunkstaatsvertrag diesen Begriff kennen, lsst sich aus der Entstehungsgeschichte erkennen, dass Teleshopping-Sendungen (als sonstige Werbeform) zulssig sind, die wegen ihrer Lnge allerdings den Regelungen fr Dauerwerbesendungen unterliegen.1 Nr. 16 Abs. 4 der Werberichtlinien der Landesmedienanstalten erklrt Teleshopping-Sendungen mit einer Lnge von weniger als 15 Minuten ebenfalls ausdrcklich fr zulssig. Sie unterliegen als „andere Formen der Werbung“ gem. § 45 Abs. 1 S. 1 RStV nur der zeitlichen Obergrenze von max. 20 % pro Tag, sofern sie nicht im Rahmen von Teleshopping-Fenstern ausgestrahlt werden.2 Aufgrund der hnlichkeit unterstellen die Werberichtlinien Fernsehen der Landesmedienanstalten die Teleshopping-Sendungen in Nr. 16 Abs. 4 S. 3 den Regelungen fr Dauerwerbesendungen.

Teleshopping-Spots 84

In Unterscheidung zu normalen Werbespots handelt es sich bei Teleshopping-Spots idR um sog. Direct-Response-Spots, bei denen der Zuschauer ber die eingeblendete Telefonnummer sogleich die beworbenen Waren bestellen kann.3 berschreitet ein Teleshopping-Spot die bliche Lnge 1 Hartstein/Ring, § 49 RStV Rz. 19; Castendyk, MMR 2000, 83; a. A.: Kreile, ZUM 2000, 201. 2 Castendyk, MMR 2000, 83. 3 Hartstein/Ring, § 45 RStV Rz. 14.

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330 Engels/Giebel

Titelsponsoring

Rz. 86 R

eines Werbespots (max. 90 Sek.), so wird er als Teleshopping-Sendung behandelt, wenn und soweit nicht eine Einordnung als Teleshopping-Fenster (mind. 15 Min.) in Frage kommt. Des Weiteren drfen innerhalb des 1-Stunden-Zeitraums Werbespots und Teleshopping-Spots die 20 %-Grenze innerhalb einer Stunde nicht berschreiten, d. h. insgesamt nicht lnger als zwçlf Minuten sein. Fr die Beschrnkung auf zwçlf Minuten werden beide Spotarten zusammengerechnet, nicht jedoch fr die Beschrnkung der Spotwerbung auf 15 % der tglichen Sendezeit nach § 45 Abs. 1 S. 2 RStV.

Titelsponsoring Beim „Titelsponsoring“ stellt ein medienfremdes Unternehmen einem Rundfunkveranstalter seinen Firmennamen, sein Firmenemblem oder seine Marke zur Verfgung, damit diese dann Bestandteil des Titels einer Sendung des TV-Veranstalters werden.1 Die Werbe- oder Sponsorregelungen des Rundfunkstaatsvertrags sehen zwar Titelsponsoring nicht ausdrcklich vor: Sponsoring im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 7 RStV ist nmlich die vollstndige oder teilweise Finanzierung einer Sendung (R Rz. R 64 ff. Sendungssponsoring). Titelsponsoring kann aber unter bestimmten Voraussetzungen als Unterfall des blichen Sendungssponsoring verstanden werden, soweit es die allgemeinen Anforderungen des § 8 RStV erfllt.2

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Um die gesetzlichen Anforderungen an die Gestaltung und Lnge des Sponsorhinweises i. S. d. § 8 Abs. 2 RStV zu gewhrleisten, muss zumindest am Anfang oder am Ende der Sendung – ungeachtet der Erwhnung des Titelsponsors im Sendetitel – auch in einem gesonderten Hinweis auf die Finanzierung der Sendung durch den (Titel-)Sponsor ausdrcklich hingewiesen werden. Im brigen kann der Sponsor mit seinem Namen, dem Firmenemblem oder einer Marke dann als Bestandteil des Titels der Sendung erwhnt werden. Der Titelsponsor darf nach § 8 Abs. 2 RStV den Inhalt und den Programmplatz der titelgesponserten Sendung nicht in der Weise beeinflussen, dass die Verantwortung und die redaktionelle Unabhngigkeit des Rundfunkveranstalters beeintrchtigt werden. Insbesondere muss die Entscheidung ber die Gestaltung und die Hufigkeit der Erwhnung des Titels in der Sendung allein dem Veranstalter vorbehalten bleiben. Dies 1 Vgl. Platho, ZUM 2000, 46, 50; als Beispiele sind hier z. B. der „Warsteiner Fußballstammtisch“ oder das „Pirelli Motorvision“-Automagazin bei DSF zu nennen. 2 Ladeur, Rz. 433; Engels/Giebel, ZUM 2000, 281; a. A.: Hackbarth, ZUM 1998, 977 ff.

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Engels/Giebel 331

86

R Rz. 87

Titelsponsoring

betrifft auch die Gestaltung der Studiodekoration. Bei der Einblendung des Titels der Sendung mit dem Sponsorbestandteil (Name, Firmenemblem oder eine Marke des Titelsponsors) drfen außerdem werbliche Effekte nicht in den Vordergrund rcken (so auch Nr. 12 Abs. 8 der Werberichtlinien Fernsehen der Landesmedienanstalten).1 Dies ist im Einzelfall im Rahmen einer Gesamtbetrachtung unter Bercksichtigung der Maßstbe des § 8 Abs. 3 sowie § 7 Abs. 3 und 6 RStV zu bewerten. Dabei ist insbesondere die Hufigkeit, die Gestaltung und die Grçße des Titels mit dem Sponsorbestandteil zu bercksichtigen. Einen wesentlichen Einfluss auf die werblichen Effekte des Titelsponsorings hat dabei auch die Platzierung des Titels in der Studiodekoration und in Grafikeinblendungen whrend der Sendung. 87

Titelsponsoring ist also dem Sponsoring i. S. d. § 8 RStV zuzurechnen und nicht als Schleichwerbung einzuordnen, soweit es sich um die offene Nennung des Firmenlogos u. . handelt, ohne dass ein inhaltlicher Zusammenhang mit der Sendung hergestellt wird, wie beim Product Placement (R Rz. R 55 ff.).2

Trennungs- und Kennzeichnungsgebot 88

Das wichtigste Prinzip des Rechts der Werbung im Rundfunk besteht in der Trennung von Werbung und Programm.3 Nach § 7 Abs. 3 RStV muss Werbung im Fernsehen klar als solche erkennbar und deshalb durch optische Mittel von anderen Programmteilen getrennt sein. Das Trennungsund Kennzeichnungsgebot verkçrpert die Magna Charta der rundfunkrechtlichen Werbeanforderungen und hat dort eine vergleichbare Bedeutung wie zum Beispiel auch im Presserecht. Wird Werbung nicht gemß § 7 Abs. 3 Satz 2 RStV von anderen Programmteilen getrennt, so kann dies zu rundfunkrechtlichen Beanstandungen fhren, aber auch als Ordnungswidrigkeit verfolgt werden (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 RStV).

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Die Erfllung des Trennungsgebots erfordert insbesondere eine „eindeutige“ Kennzeichnung der Werbung. Im Fernsehen wird dazu auf optische Trennungsmittel („Werbelogo“) gesetzt. Die Werberichtlinien Fernsehen der Landesmedienanstalten enthalten dazu entsprechende Konkretisierungen.4 Grundstzlich ist danach im Werbelogo der Schriftzug „Wer1 Hartstein/Ring, § 8 RStV Rz. 37; Engels/Giebel, ZUM 2000, 281. 2 Ladeur, Rz. 433. 3 Engels, RuF 1997, 214–230, ausfhrlich zu Herkunft, Funktion und Grundlagen des Trennungsgrundsatzes. 4 Nr. 6 der Werberichtlinien Fernsehen der Landesmedienanstalten; Einzelheiten werden aufgefhrt in: Beucher/Leyendecker/v. Rosenberg, § 7 RStV Rz. 27.

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332 Engels/Giebel

Trikot- und Bandenwerbung

Rz. 91 R

bung“ erforderlich, darauf kann aber verzichtet werden, wenn das Werbelogo wegen seiner Unverwechselbarkeit und der Dauer seiner Benutzung im Verkehr als solches erkannt wird.1 Im Hçrfunk kommt es auf akustische Trennungsmittel (Werbejingle oder Ansage) an. Nach den Werberichtlinien Hçrfunk der Landesmedienanstalten muss das akustische Trennungsmittel aufgrund der Art seiner Gestaltung und der Dauer seiner Ausstrahlung eine deutliche Trennung von Programm und Werbung gewhrleisten. Das akustische Mittel muss sich von der Senderkennung und von den blicherweise verwendeten Programmankndigungen ausreichend unterscheiden.2 Ferner reicht zur Erfllung dieser Vorschrift in der Regel die Kennzeichnung des Beginns des Werbeblocks. Das Trennungs- und Kennzeichnungsgebot ist auch fr die çffentlich-rechtlichen Programme verbindlich. In den ARD-Werberichtlinien und den ZDF-Werberichtlinien werden diese Gebote in vergleichbarer Weise, wie fr den privaten Rundfunk, konkretisiert.3 Die Anforderungen an die Trennung sollten jedoch zielgruppengerecht variiert werden.4 So haben sich z. B. die privaten Sender in einer Vereinbarung mit den Landesmedienanstalten verpflichtet, im Umfeld von Kindersendungen die Werbung neben einer optischen auch mit einer akustischen Kennzeichnung zu versehen, damit auch Vorschulkinder den Hinweis auf die Werbung wahrnehmen kçnnen.5 Bezglich der Splitscreenwerbung (R Rz. R 75 ff.) wird auch die deutliche graphische Trennung als ausreichend geachtet, um dem Trennungs- und Kennzeichnungsgebot zu gengen.

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Trikot- und Bandenwerbung Im Bereich der bertragung von Sport- oder sonstigen Live-Veranstaltungen im Fernsehen sind Trikot- und Bandenwerbung von großer Bedeutung. Sie werden am Ort der bertragung so platziert, dass sie bei der Live-bertragung unweigerlich mit ins Bild rcken. Hufig fehlt auch die Mçglichkeit, die Abbildung dieser realen Werbeflchen vor Ort zu umgehen. Die Trikot- und Bandenwerbung ist heutzutage aus dem Sport nicht mehr wegzudenken, sie dient nicht unerheblich der Finanzierung der Veranstaltungen. 1 Hartstein/Ring, § 7 RStV Rz. 30. 2 Nr. 7 der Werberichtlinien Hçrfunk der Landesmedienanstalten. 3 So Teil A. Ziff. 1 der ARD-Richtlinien vom 24.6.1992 in der Neufassung vom 27.6.1995 und Teil A Ziff. 1 der ZDF-Richtlinien vom 19.3.1993 in der Fassung vom 7.10.1994. 4 Engels, Das Recht der Fernsehsendung fr Kinder, 1997, S. 264 f. 5 Beucher/Leyendecker/v. Rosenberg, § 7 RStV Rz. 27.

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Engels/Giebel 333

91

R Rz. 92

Trikot- und Bandenwerbung

Da diese Form der Werbung hufig unterschwellig beim Betrachter wirkt, wurde sie teilweise1 zunchst als Verstoß gegen das Trennungs- und Kennzeichnungsgebot bewertet, da redaktioneller Inhalt und Werbung ineinander fallen kçnnen.2 Mittlerweile haben aber die Kritiker einsehen mssen, dass ein Verzicht auf Trikot- und Bandenwerbung wirklichkeitsfremd und ein Ausstrahlungsverbot wegen der „Verstçße“ nicht vermittelbar wre.3 Bei der rechtlichen Beurteilung der Trikot- und Bandenwerbung ist zu dem zu bercksichtigen, dass die Fernseh-Veranstalter bei der Livebertragung idR keinen Einfluss auf die Platzierung der Bandenwerbung im Stadion haben.4 Auch der BGH hlt Werbung im Programm fr zulssig, soweit sie vom Programm unvermeidbar ausgeht.5 Begrndet wird die Zulssigkeit dieser Werbung mit einer teleologischen Reduktion des Art. 7 Abs. 3 RStV (des Trennungs- und Kennzeichnungsgebotes R Rz. R 88 ff.) aus Grnden der Rundfunkfreiheit.6 92

Die Schwelle zur Schleichwerbung bzw. unzulssigem Product Placement ist in diesen Fllen daher erst dann berschritten, wenn die Bildregie des TV-Veranstalters durch ihre Kamera- und Bildfhrung bestimmte Werbetafeln in einer Weise ins Bild rckt, die aus programmlich-dramaturgischen oder redaktionellen Grnden so nicht erforderlich ist; ebenso liegt unzulssige Schleichwerbung vor, wenn der Fernsehveranstalter an der Vermarktung der Banden direkt beteiligt ist und selbst von der bertragung der Bandenwerbung profitiert.7 Ansonsten bleibt Trikot- und Bandenwerbung zulssig.

Unterbrecherwerbung 93

Nach dem Rundfunkstaatsvertrag darf Werbung nicht in beliebigen Zeitabfolgen whrend einer Sendung ausgestrahlt werden. § 44 RStV gibt hier deutliche Regelungen fr den privaten Rundfunk vor, § 15 RStV fr die çffentlich-rechtlichen Programme: Sowohl fr den çffentlich-rechtlichen als auch den privaten Rundfunk gilt das ausnahmslose Verbot, bertragungen von Gottesdiensten und Kindersendungen durch Werbung zu unterbrechen.

1 2 3 4 5 6 7

Insb. Bork, Werbung im Programm, S. 11 ff.; S. 100 ff. Herkstrçter, Media Perspektiven 1998, S. 106, S. 110. Petersen, § 15 Rz. 8. Engels/Giebel, ZUM 2000, 280. BGHZ 110, 278. Vgl.: Bork, Werbung im Programm, S. 68 f. Engels/Giebel, ZUM 2000, 280.

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334 Engels/Giebel

Unterbrecherwerbung

Rz. 97 R

Ebenfalls gilt fr alle Rundfunkveranstalter das so genannte Blockwerbegebot: Nach den §§ 15 Abs. 2, 44 Abs. 2 RStV mssen Fernsehwerbung und Teleshopping-Spots zwischen den einzelnen Sendungen eingefgt werden, einzelne Werbespots mssen die Ausnahme bilden. Mit diesem Blockwerbegebot soll gesichert werden, dass ein Programm nicht in extrem kurze Einzelbestandteile zergliedert wird, zwischen die stetig „Streuwerbung“ eingesetzt wird.1 Die jeweils nachfolgenden Abstze konkretisieren diesen Grundsatz.2

94

Unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 und 4 bzw. des § 44 Abs. 3 bis 5 RStV ist die Einfgung von Werbung nach §§ 15 Abs. 2, 44 Abs. 2 RStV dann zulssig, wenn der Gesamtzusammenhang und der Charakter der Sendung nicht beeintrchtigt und nicht gegen die Rechte von Rechteinhabern verstoßen wird. Sofern Fernsehsendungen aus eigenstndigen Teilen bestehen oder natrliche Pausen enthalten (z. B. Sportsendung bzw. -bertragungen),3 darf Werbung nach § 15 Abs. 3 S. 2, § 44 Abs. 3 RStV nur zwischen den eigenstndigen Teilen oder in den Pausen eingefgt werden.

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Unterschiede zwischen den privaten und çffentlich-rechtlichen Rundfunkveranstaltern bestehen hinsichtlich der Hufigkeit der Unterbrechungen und bei Sportsendungen.4 Demnach drfen die çffentlich-rechtlichen Programmveranstalter bei Fernsehsendungen von mehr als 45 Minuten Dauer einmal Werbung oder Teleshopping-Spots senden. Bei Sportsendungen kann Werbung abweichend von der vorgenannten Regelung, aber nur in den natrlichen Pausen, ausgestrahlt werden. Hiervon sind aber nicht die redaktionell gestalteten Sportsendungen erfasst, sondern nur smtliche Formen der Sportbertragungen.

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Besteht eine Sendung nicht aus eigenstndigen Teilen, so soll im privaten Rundfunk der Abstand innerhalb einer Sendung zwischen zwei Werbeblçcken mindestens zwanzig Minuten betragen. Der Rundfunkstaatsvertrag hat sich insoweit auch hier den liberaleren Werbeanforderungen der EU-Fernsehrichtlinie angepasst. Nach Nr. 13 Abs. 5 der Werberichtlinien Fernsehen der Landesmedienanstalten soll eine Unterschreitung des 20-Minutenabstandes jedoch als Ausnahme zulssig sein, wenn sich die Summe der bei Einhaltung des 20-Minutenabstandes zulssigen Werbeunterbrechungen innerhalb der Sendung nicht durch die Verkrzung des Abstandes erhçht.

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1 Hartstein/Ring, § 44 RStV Rz. 12; Hahn/Vesting, § 44 RStV Rz. 8. 2 Ausf. Erluterungen mit Fallbeispielen: Hartstein/Ring, § 44 RStV Rz. 12 ff.; Hahn/Vesting, § 44 RStV Rz. 10 ff. 3 Dies kann aber auch bei Spielfilmen der Fall sein, wenn sich diese in verschiedene dramaturgische Abschnitte aufteilen lassen; vgl.: Hartstein/Ring, § 15 Rz. 16. 4 Hartstein/Ring, § 15 RStV Rz. 2; Hahn/Vesting, § 44 RStV Rz. 6.

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Engels/Giebel 335

R Rz. 98

Unterbrecherwerbung

98

Mit § 44 Abs. 4 RStV wird dieser 20-Minuten-Grundsatz fr Kinospielfilme und Fernsehfilme mit Ausnahme von Serien, Reihen (auch Kinofilme kçnnen eine Reihe bilden, z. B. Indiana Jones I-III), leichten Unterhaltungssendungen und Dokumentarsendungen noch einmal modifiziert. Bei ihnen sind die erste und die zweite Werbeunterbrechung nur jeweils innerhalb eines vollstndigen 45-Minutenzeitraums zulssig. Eine weitere Unterbrechungen ist dann zulssig, wenn diese Sendungen mindestens zwanzig Minuten lnger dauern als zwei oder mehr vollstndige 45-Minutenzeitrume, also 110 Minuten usw. (§ 44 Abs. 4 RStV). Der langjhrige Streit,1 ob die Werbeblçcke bei der Bestimmung der Filmlnge mitgerechnet werden drfen („Brutto“-Prinzip) oder nicht („Netto“-Prinzip), ist nun durch die Regelung in §§ 15 Abs. 3 S. 2, 44 Abs. 4 RStV zugunsten des Bruttoprinzips („programmierte Sendezeit“) entschieden worden.

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Schließlich drfen bestimmte Fernsehsendungen wie Nachrichtensendungen, Sendungen zum politischen Zeitgeschehen, Dokumentarfilme und Sendungen mit religiçsem Inhalt auch im Privatfernsehen nicht durch Werbung unterbrochen werden, wenn ihre programmierte Sendezeit krzer als 30 Minuten ist (§ 44 Abs. 5 RStV). Bei einer Sendezeit von mindestens 30 Minuten kçnnen diese Sendungen ebenfalls unter den o. g. Voraussetzungen durch Werbung unterbrochen werden. (s. a. R Rz. R 111 ff. Werbebeschrnkung, zeitliche)

Unterschwellige Werbetechnik 100

§ 7 Abs. 3 Satz 3 RStV verbietet den Einsatz unterschwelliger Werbetechniken. Dabei werden Werbebotschaften kurz, nur Bruchteile von Sekunden, eingeblendet, so dass der Zuschauer diese zwar optisch perzipiert, aber nicht bewusst wahrnimmt.2 Ob diese Einblendungen berhaupt den gewnschten Erfolg haben, ist zwar zweifelhaft, trotzdem ist aber allein wegen der verwerflichen Absicht, mit derartigen Techniken ohne das Wissen des Beworbenen Werbeerfolge zu erzielen, das Verbot gerechtfertigt.3

1 Vgl. fr Bruttoprinzip: OVG Koblenz, AfP 1994, 77 ff.; VG Schleswig-Holstein, AfP 1994, 86 ff.; fr Nettoprinzip: EuGH, WRP 1999, 1260; LG Stuttgart, AfP 1997, 564 ff.; Lercara/Scheuer, ZUM 1999, 719 ff. 2 Beucher/Leyendecker/v. Rosenberg, § 7 RStV Rz. 33; Petersen, § 8 Rz. 31, Bosmann, ZUM 1990, 545, 556; Sack, AfP 1991, 704, 709. 3 Hartstein/Ring, § 7 RStV Rz. 31; Engels/Giebel, ZUM 2000, 271.

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336 Engels/Giebel

Verlags-TV

Rz. 102 R

Verlags-TV Hierunter sind Sendungen zu verstehen, die in der Regel als zugelieferte 101 TV-Magazine innerhalb eines Gesamtprogramms eines Rundfunkveranstalters ausgestrahlt werden und die angesichts ihres Namens und ihrer journalistischen Ausrichtung Bezug zu einem publizistischen Werk aus dem Printbereich haben.1 Wesensmßig zeichnet sich Verlags-TV dadurch aus, dass es bekannte journalistische Marken aus dem Printbereich fr das Medium Fernsehen nutzt.2 Durch den Bezug zu dem Printmedium wird dem Zuschauer signalisiert, dass der Sendung ein vergleichbares publizistisches Konzept wie dem Printmedium zugrunde liegt. Die Sendungen des Verlags-TV werden unter der programmlichen Verantwortung eines zugelassenen Fernsehveranstalters verbreitet; sie werden den Veranstaltern i. d. R. von Produktionsfirmen zugeliefert.3 An diesen sind nicht selten die betreffenden Verlagshuser selbst beteiligt, auch wenn die TV- und Print-Redaktionen zumeist getrennt arbeiten. Bei dieser Kooperationsform kann es sich schon begrifflich nicht um Sponsoring (R Rz. R 64 ff.) im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 7 RStV handeln, da die beteiligten Verlage zumindest mittelbar an der Produktion der Sendung beteiligt sind. Die Inhalte der Verlags-TV-Sendungen unterliegen dann nicht als redaktionelle Werbung den werberechtlichen Regelungen, wenn sie nicht durch ihren Inhalt und ihre Gestaltung einen direkten Hinweis auf die nchste bzw. aktuelle Ausgabe des Printprodukts enthalten.4 Unter dieser Voraussetzung steht nmlich ein eigenes publizistischjournalistisches Interesse der Rundfunkveranstalter im Vordergrund, so dass es sich insoweit nicht um Werbung handelt, sondern um eine legitime Verknpfung von Medien. Der berschießende Werbeeffekt ist dann problematisch, wenn ein Hinweis auf die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift erfolgt: Dabei handelt es sich nmlich nicht um Begleitmaterial (R Rz. R 38 f.) im Sinne des § 45 Abs. 3 RStV, da die Printausgabe von vornherein einen selbststndigen Zweck verfolgt.5 Allerdings kçnnen derartige Hinweise als reine Quellenangabe (z. B. „wie der SPIEGEL in seiner Ausgabe am Montag berichtet“) aus publizistisch-journalistischen Grnden durchaus gerechtfertigt sein.6 Bei der Erwhnung des Verlages

1 So Nr. 20 der Werberichtlinien der Landesmedienanstalten. Als Beispiele sind hier u. a. „Spiegel-TV“, „Focus TV“, „Stern-TV“, „Zeit TV“ oder „Cinema TV“ zu nennen. 2 Vgl.: Ladeur, Rz. 436. 3 Mohr/Scherer, ZUM 2001, 147, 151. 4 So Nr. 20 der Werberichtlinien Fernsehen der Landesmedienanstalten; Mohr/ Scherer, ZUM 2001, 147, 151. 5 Ladeur, Rz. 436. 6 Engels/Giebel, ZUM 2000, 281.

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Engels/Giebel 337

102

R Rz. 103

Virtuelle Werbung

oder des Printprodukts in der Sendung drfen werbliche Effekte nicht in den Vordergrund gerckt werden.

Virtuelle Werbung 103

Bei der virtuellen Werbung wird das Fernsehbild durch das Einfgen von Werbebotschaften digital nachbearbeitet; fr den Zuschauer entsteht dadurch der Eindruck, die nachtrglich eingefgten Werbeflchen oder Produkte seien in wahrgenommener Form am Aufnahmeort vorhanden.1 Sie wird insbesondere eingesetzt bei bertragungen von Fußballspielen aus dem Ausland, indem Bandenwerbung fr auslndische Produkte durch Werbung fr inlndische berdeckt wird.2 Um nicht als unzulssige Schleichwerbung angesehen zu werden, ist sie nur unter den Voraussetzungen des § 7 Abs. 6 S. 2 RStV ausnahmsweise zulssig: Es muss am Anfang und am Ende der betreffenden Sendung auf die virtuellen Werbeeinblendungen hingewiesen werden und es darf durch sie lediglich eine am Ort der bertragung ohnehin bestehende Werbung ersetzt werden. Die Zulssigkeit virtueller Werbung beurteilt sich also danach, ob und wie weit bereits Werbebanner in der Realitt vorhanden sind. Die virtuelle Werbung darf insoweit nur bereits bestehende Werbung (insb. Werbeplakate und -banden) ersetzen, nicht jedoch andere Ausschnitte der aufgezeichneten Realitt durch Werbung verdecken.3 Mit dieser Regelung soll im Interesse der Zuschauer und der Glaubwrdigkeit der gezeigten Bilder eine elektronische Manipulation der aufgezeichneten Realitt durch Einblendung werblicher Botschaften ausgeschlossen werden. Es soll insoweit vermieden werden, dass bei der bertragung des Ereignisses nicht vorhandene Werbeflchen virtuell neu geschaffen werden.4 Auch das Einblenden eines Werbelogos auf dem Spielfeld ist damit unzulssig. Ebenso wre es mit der Regelung des § 7 Abs. 6 Satz 2 RStV unvereinbar, wenn zustzlich zu den blichen Werbebanden in den Sportstadien zustzliche Banden aufgestellt werden, die in der Realitt des Stadions werbefrei bleiben und nur der elektronischen Einblendung virtueller Werbung fr die Sportbertragung dienen.5 1 2 3 4 5

Ladeur, Rz. 442; Holznagel/Stenner, ZUM 2004, 620. Zur Bedeutung der virtuellen Werbung: Ladeur, Rz. 442. Holznagel/Stenner, ZUM 2004, 621. Hartstein/Ring, § 7 RStV Rz. 60. Derartige zustzliche Banden fr die elektronische Einblendung von Werbung wurden erstmals bei dem Fußballspiel Glasgow Rangers gegen Juventus Turin im Sommer 1998 eingesetzt. Die virtuelle Werbung, die spter landesspezifisch bei der europischen Verbreitung des Spiels auf diesen ungenutzten Banden elektronisch eingefgt wurde, fhrte hinsichtlich der deutschen bertragung bei DSF zu der Feststellung der Landesmedienanstalten, dass diese unzulssig sei.

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338 Engels/Giebel

Wahlwerbung

Rz. 105 R

Die Formulierung „Ort der bertragung“ lsst darauf schließen, dass der Gesetzgeber in erster Linie Live-bertragungen von Ereignissen an einem Ort im Blick hatte. Hierbei ist insbesondere an Sportereignisse zu denken. Abweichend von der vorherigen Entwurfsfassung des § 7 Abs. 6 RStV ist virtuelle Werbung nun jedoch nicht mehr nur in „(Sport-)Sendungen“ mçglich. Auch andere Ereignisse und Veranstaltungen kçnnen daher mit virtueller Werbung bertragen werden, soweit nur bereits bestehende Werbung lediglich ersetzt wird. Die Regelung lsst in Satz 3 andere Rechte unberhrt. Hier sind neben Inhabern von Urheber- und Leistungsschutzrechten insbesondere Werbetreibende gemeint, deren Werbung (z. B. Bandenwerbung im Stadion) durch die virtuelle Werbung ersetzt werden wrde.

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Wahlwerbung Eine Ausnahme von dem Verbot der politischen Werbung regelt § 7 105 Abs. 8 Satz 4 RStV mit dem Verweis auf § 42 RStV: Fr politische Parteien sieht § 42 Abs. 2 RStV whrend ihrer Beteiligung an Wahlen (aber auch nur dann), insbesondere zum Deutschen Bundestag, eine entsprechende Mçglichkeit zur Wahlwerbung vor.1 Bei Bundestagswahlen haben Parteien einen Anspruch auf Einrumung von angemessener Sendezeit, wenn mindestens eine Landesliste fr sie zugelassen wurde. Gleiches gilt fr Parteien und sonstige politische Vereinigungen, wenn ihre Beteiligung an den Wahlen fr das Europische Parlament und wenn mindestens ein Wahlvorschlag fr sie zugelassen wurde.2 Fr Wahlen auf Landesebene sehen die Landesrundfunk- und Landesmediengesetze hnliche Regelungen zur Wahlwerbung vor. Eine Verpflichtung zur Ausstrahlung von Wahlwerbung von Landtagswahlen besteht dagegen nicht, sondern bleibt den Veranstaltern selbst berlassen. Die einzurumenden Sendezeiten haben „angemessen“ zu sein: Den Parteien ist entsprechend § 5 Abs. 1 bis 3 Parteiengesetz anteilig Sendezeit zur Verfgung zu stellen.3 Dabei sind auch Splittergruppen angemessen zu bercksichtigen.4 Die Regel1 Nach seinem 3. Absatz gilt § 42 RStV nur fr bundesweit verbreiteten privaten Rundfunk; vgl. zu den Landesmediengesetzen Hartstein/Ring, § 42 RStV Rz. 2. 2 Hartstein/Ring, § 42 RStV Rz. 10. 3 Fr den privaten Rundfunk hierzu: Rechtliche Hinweise der DLM zu den Wahlsendezeiten fr politische Parteien im bundesweit verbreiteten Privatfunk vom 6.7.2005, http://www.alm.de/fileadmin/Download/Positionen/RechtlicheHinweise-Wahlsendezeiten-2005.pdf. 4 OVG Hamburg, NJW 1987, 2023, 2024, wonach die Ausstrahlung von zwei Wahlspots das Minimum darstellen, um eine sinnvolle Wahlwerbung zu ermçglichen. Dabei ist auch extremistischen Parteien Chancengleichheit einzurumen, OVG Hamburg, NJW 1994, 68; in diesem Fall der Deutschen Volksunion (DVU).

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Engels/Giebel 339

R Rz. 106

Wahlwerbung

dauer der Spots betrgt fr den çffentlich-rechtlichen Rundfunk 2 Minuten 30 Sekunden.1 Soweit die Privilegierung des § 42 RStV nicht gegeben ist, ist Werbung politischer Art auch fr Parteien nicht zulssig,2 insbesondere kçnnen Parteien nicht weitere Sendezeit hinzukaufen.3 106

Whrend die Erstattung der Selbstkosten bei sozialen Appellen i. S. d. § 7 Abs. 8 RStV nicht geregelt ist, kann der Rundfunkveranstalter fr Drittsendungen i. S. d. § 42 RStV nach Abs. 1 die Erstattung der Selbstkosten fr die Sendezeit religiçser Gruppen verlangen und nach Abs. 2 Sendezeit fr Wahlwerbung nur gegen Entgelt der Selbstkosten einrumen.4 Strittig ist, ob auch Werbung fr die Zwecke eines Volksbegehrens im Vorfeld in Analogie zur Parteienwerbung jedenfalls gegen Bezahlung5 zulssig sein soll. Whrend einerseits eine solche Zulssigkeit vom VG Berlin angenommen wurde und teilweise auf Zustimmung in der Literatur stçßt,6 wird dies andererseits unter Berufung auf den abschließenden Charakter des § 42 RStV Abs. 2 abgelehnt.7

Weltanschauliche Werbung, Verbot der 107

Nach § 7 Abs. 8 RStV ist weltanschauliche Werbung verboten. Gleiches gilt auch fr politische Werbung (R Rz. R 52 ff.) und religiçse Werbung (R Rz. R 60). Der Begriff „Weltanschauung“ lsst sich mit metaphysischen Gedankensystemen umschreiben, die ber eine hnliche Geschlossenheit und Breite verfgen wie die im abendlndischen Kulturkreis bekannten Religionen, ohne dass es auf ihre Einstellung zu der fr die Religionen prgenden Gottesidee ankme.8 Mit Weltschauung ist die nichtreligiçse Sinndeutung der Welt im Ganzen gemeint, folglich eine Gesamtansicht und nicht dagegen auf Einzelheiten (z. B. auf politische Tagesfragen) gerichtete theoretische und praktische Urteile als solche.9

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Z. B. OVG Hamburg, AfP 1993, 686, 688. Hartstein/Ring, § 7 RStV Rz. 66. BayVGH, Bay VBl. 1995, 56. Zum Umfang Hartstein/Ring, § 42 RStV Rz. 9, 20. Die genauen Voraussetzungen zur Parteienwerbung sind in den jeweiligen Landesmediengesetzen ausdrcklich geregelt. VG Berlin, ZUM 1999, 953; Ladeur, Rz. 448. Hartstein/Ring, § 7 RStV Rz. 66; Bornemann, ZUM 1999, 910. Vgl. BVerwGE 89, 368, 370 ff.; Herzog, in: Maunz/Drig, Grundgesetz, Bd. 1, Art. 4 Rz. 67. Vgl. v. Mnch/Kunig, Grundgesetz, Bd. 1, Art. 4 Rz. 35.

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340 Engels/Giebel

Werbeaufsicht

Rz. 109 R

Werbeaufsicht Die Aufsicht ber die Einhaltung der Werbebestimmungen durch die privaten Rundfunkveranstalter obliegt den Landesmedienanstalten. Ihre Rechtsaufsichtsbefugnisse hinsichtlich Beanstandungen von Verstçßen gegen das Werberecht sind in den Landesmediengesetzen1 geregelt. Die interne und externe Aufsicht ber die Werbepraxis der çffentlichen Rundfunkveranstalter ist in den jeweiligen Rundfunkgesetzen bzw. -staatsvertrgen2 geregelt. Die Einhaltung der Werbebestimmungen wird bei den çffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zunchst intern vorgenommen. Darber hinaus werden sie im Rahmen einer Rechtsaufsicht von den Lndern beaufsichtigt. Daneben existiert die Selbstkontrolle durch den Werberat (R Rz. R 118 Werbeselbstkontrolle).

108

Den Landesmedienanstalten steht nach allen Landesmediengesetzen die Befugnis zur Beanstandung bei Verstçßen gegen das Werberecht zu. Als Aufsichtsmittel kommt ihnen, neben der vorgenannten „Beanstandung“, der Widerruf der rundfunkrechtlichen Lizenz, das zeitweise Ruhen einer Lizenz und die Ahndung eines Verstoßes als Ordnungswidrigkeit3 zu.4 Im Falle eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens kçnnen die Landesmedienanstalten Bußgelder verhngen oder zu Unrecht eingenommene Werbeeinnahmen abschçpfen.5 Die „Beanstandung“ kann bei der Entscheidung ber die Rcknahme, den Widerruf oder die Erneuerung einer Rundfunklizenz Bedeutung erlangen.6 In der Praxis kommen auch informelle Hinweise der LMA vor, die dementsprechend entgegen den vorgenannten Maßregelungen nicht als Verwaltungsakte zu qualifizieren sind.

109

Fr die çffentlich-rechtlichen Veranstalter gelten die Regeln der Staatsaufsicht nach dem jeweiligen Rundfunkgesetz bzw. -staatsvertrag.7 So1 Art. 11 Bay LMG; § 8 MStV-BB; §§ 14, 35 Brem LMG; § 30 BW LMG; §§ 36, 46 Hmb LMG; § 45 He PRG; § 53 MV LRG; §§ 12, 13, 39 Nds MG; § 88 NRW LMG; § 29 RP LRG; §§ 23, 28 Saarl MG; § 28 Sa PRG; § 64 SA MG; §§ 19, 53 SH LRG; §§ 10, 44a Th LRG. 2 Z. B.: § 37 NDR-StV. 3 § 49 I Nr. 14–20 RStV. 4 Clausen-Muradian, ZUM 1997, 800. 5 Anwendungs- und Auslegungsregeln der Landesmedienanstalten zur Durchfhrung von Ordnungswidrigkeitenverfahren nach dem Rundfunkstaatsvertrag (OWiRL) in der Fassung vom Januar 2001; in www.alm.de/bibliothek/ richtl_10.htm. 6 Ladeur, Rz. 456. 7 Art. 23a BR-G; § 37 MDR-StV; Art. 37 NDR-StV; § 49 ORB-G; § 26 RB-G; § 42 Saarl-LRG; § 37 SWR-StV; § 54 WDR-G, Art. 31 ZDF-StV; Ausn.: Der SFB weist keine Regelung aus, frher hat das OVG Berlin (DVBl, 1969, 881 ff.) die Mçglichkeit der Staatsaufsicht aus dem allgemeinen çffentlichen Recht abgeleitet; dies erscheint aber zweifelhaft (vgl. auch: Ladeur, Rz. 461).

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Engels/Giebel 341

R Rz. 110

Werbebegriff

weit es sich aber – wie hufig – um Probleme der Abgrenzung von Werbung und Programm handelt, ist die Aufsichtsbefugnis des Staates eng zu interpretieren, wenn nicht das Gesetz1 die Aufsicht in Programmfragen berhaupt ausschließt. Es ist aber stets zunchst den Rundfunkanstalten selbst Gelegenheit zur Befassung zu geben, bevor die staatliche Intervention zulssig ist.2

Werbebegriff 110

Der Rundfunkstaatsvertrag hlt mit § 2 Abs. 2 Nr. 5 RStV eine Legaldefinition vor: Werbung ist demnach „jede ußerung bei der Ausbung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs, die im Rundfunk von einem çffentlich-rechtlichen oder privaten Veranstalter entweder gegen Entgelt oder eine hnliche Gegenleistung oder als Eigenwerbung gesendet wird mit dem Ziel den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen gegen Entgelt zu fçrdern“. Mit dieser Definition ist die Wirtschaftswerbung erfasst, demgegenber steht die Ideenwerbung, die nicht wirtschaftliche Ziele verfolgt.3 Nach § 7 Abs. 8 RStV ist aber Werbung politischer, religiçser oder weltanschaulicher Art unzulssig (R Rz. R 72 f. Social Advertising), damit bleibt aus dem Bereich der Ideenwerbung kaum ein Anwendungsfall, abgesehen vom Social Advertising (R Rz. R 72 f.) und der nach § 42 RStV zulssigen Werbung fr Parteien und religiçse Gruppen.4

Werbebeschrnkungen, zeitliche 111

Weder die çffentlich-rechtlichen Sender noch die privaten drfen zeitlich unbeschrnkt Werbung ausstrahlen. Im Rundfunkstaatvertrag finden sich hierzu in den §§ 16 bzw. 45 und 45a RStV verschiedene Regelungen fr die çffentlichen und privaten Rundfunkveranstalter.

112

Bei den çffentlich-rechtlichen Sendern soll die Rundfunkgebhr als Finanzierungsquelle im Vordergrund stehen.5 Die Restriktionen hinsicht1 Bspw.: § 37 Abs. 3 NDR-StV. 2 Vgl. zur Begrenzung der Staatsaufsicht: BVerfGE 12, 205, 261; 57, 295, 326; kritisch: Hesse, 4.109. 3 Hartstein/Ring, § 7 Rz. 3; Hesse, 3.51. 4 Hesse, 3.51. 5 Vgl.: Bspw. BVerfGE 87, 181.

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342 Engels/Giebel

Werbeblocker (Fernseh-Fee)

Rz. 114 R

lich der zeitlichen Werbedauer, welche die çffentlich-rechtlichen Sender ber § 16 erfahren, dienen damit in erster Linie der Konkurrenzfhigkeit der privaten Sender, da dem çffentlich-rechtlichen Rundfunk kein Wettbewerbsvorteil durch die Addition von Gebhren und Werbeeinnahmen erwachsen soll. Die çffentlich-rechtlichen Sender unterliegen nach § 16 RStV insgesamt strikten Regelungen, wann und ob sie berhaupt Werbung senden drfen. Gem. Abs. 1 darf die Gesamtdauer der Werbung bei ARD und ZDF 20 Minuten werktglich im Jahresmittel nicht berschreiten. Eine Kumulation auf ein attraktives Werbeumfeld an einem bestimmten Tag ist nur insoweit mçglich, als von nicht verwendeter Werbezeit hçchstens fnf Minuten an einem anderen Tag ausgestrahlt werden darf; somit liegt die Hçchstgrenze bei 25 Minuten am Tag. Weiter darf nach 20.00 Uhr sowie an Sonn- und bundesweiten Feiertagen auf ARD und ZDF keine Werbesendung ausgestrahlt werden.1 Die Dritten Programme sowie weitere von den çffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gesendete Programme wie Phoenix und der Kinderkanal unterliegen nach Abs. 2 einer vollkommenen Werbesperrung. Zudem darf die Gesamtdauer von Spotwerbung innerhalb einer Stunde 12 Minuten nicht bersteigen. hnliche Regelungen existieren fr die privaten Fernsehveranstalter mittels § 45 RStV. Der private Rundfunk darf seinen Zuschauern jedoch erheblich mehr Werbung zumuten als der çffentlich-rechtliche Rundfunk. Die zulssige Dauer der Werbung (d. h. Werbespots, Teleshopping-Spots, Dauerwerbesendungen und andere Formen der Werbung) liegt gemß § 45 Abs. 1 RStV bei 20 % der tglichen Sendezeit (d. h. bei einem ganztgigen Programm 4 Stunden und 48 Minuten), wobei davon aber nur 15 % der tglichen Sendezeit mit reiner Spotwerbung bestritten werden darf. Die Menge an Werbespots und Teleshopping-Spots (R Rz. R 84) pro Einstunden-Zeitraum (R Rz. R 23) ist auf 12 Minuten beschrnkt (§ 45 Abs. 2 RStV). Unabhngig davon drfen Teleshopping-Fenster (R Rz. R 81) im Sinne des § 45a RStV im Umfang von bis zu 3 Stunden tglich verbreitet werden.

113

Werbeblocker (Fernseh-Fee) Bei einem Werbeblocker handelt es sich um Vorschaltgert, das an den Fernseher oder Videorekorder angeschlossen wird und das so programmiert werden kann, dass Werbeinseln aus dem laufenden Programm automatisch ausgeblendet werden. Bekannt geworden ist ein solches Gert 1 Hartstein/Ring, § 16 Rz. 7 ff.

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Engels/Giebel 343

114

R Rz. 115

Werbeerleichterungen fr Fernsehveranstalter

unter dem Namen „Fernseh-Fee“. Zu diesem Zweck sendet der Hersteller des Gerts Befehlssignale aus, durch die das Vorschaltgert den Fernseher oder Videorekorder fr die Zeit, whrend der im gewhlten Programm Werbung ausgestrahlt wird, auf ein werbefreies Programm umschaltet und nach dem Ende des Werbeblocks wieder zurckschaltet. Solche Gerte verstoßen weder unter dem Gesichtspunkt einer produktbezogenen Behinderung noch wegen Werbebehinderung gegen Wettbewerbsrecht, weiter stellen sie auch keine nach dieser Bestimmung unzulssige allgemeine Marktbehinderung dar.1 Einen weitergehenden Schutz kçnnen die Fernsehsender auch nicht aus dem Schutz der Rundfunkfreiheit ableiten. Allein die Mçglichkeit, dass es bei einer erheblichen Verbreitung solcher Werbeblocker zu Einnahmeverlusten der Privatsender kommen kçnnte, reicht nicht aus. Als Auswirkung wird teilweise befrchtet, dass die Zulssigkeit solcher Werbeblocker zu einer Zunahme von Schleichwerbung fhren kçnnte, um diese Technologie zu umgehen.2

Werbeerleichterungen fr regionale und lokale Fernsehveranstalter 115

Die Landesgesetzgeber kçnnen auf der Grundlage des § 46a RStV fr regionale und lokale Fernsehprogramme Ausnahmen von bestimmten Werbebestimmungen regeln: So kçnnen die Landesmediengesetze u. a. vorsehen, dass Splitscreen-Werbung (R Rz. R 75 ff.) nicht auf die Werbemenge der Spotwerbung nach § 45 RStV angerechnet wird. Auch bei den Beschrnkungen fr Unterbrecherwerbung (R Rz. R 93 ff.) bei Kinospielfilmen und Fernsehfilmen (§ 44 Abs. 3 bis 5 RStV) sowie bei dem Verbot der Werbeunterbrechung bei Nachrichtensendungen, Sendungen zum politischen Zeitgeschehen, Dokumentationsfilmen und religiçsen Sendungen kçnnen bei regionalen und lokalen Fernsehprogrammen Ausnahmen gemacht werden. Ebenso kçnnen auch die Werbemengenbeschrnkungen der § 45 und § 45a RStV verndert oder sogar ganz aufgehoben werden. Von dieser Ermchtigung zur Erleichterung der Werbeanforderungen haben die meisten Landesgesetzgeber in ihren Landesmediengesetzen Gebrauch gemacht.3

1 BGH, GRUR 2004, 877, 879 – Werbeblocker. 2 Vgl. Erklrung des Vorsitzenden der Gemeinsamen Stelle Programm, Werbung, Medienkompetenz der DLM vom 28.6.2004, Pressemitteilung 03/2004 unter www.alm.de. 3 Hierzu Ladeur, Rz. 570 ff.

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344 Engels/Giebel

Werberichtlinien

Rz. 117 R

Werberichtlinien Die Landesmedienanstalten haben nach § 46 RStV gemeinsame Richtlinien fr die Werbung, zur Durchfhrung der Trennung von Werbung und Programm und fr das Sponsoring im Fernsehen und im Hçrfunk erlassen.1 Diese Richtlinien gelten ausschließlich fr den privaten Rundfunk. Fr den çffentlichen Rundfunk besteht mit § 16a RStV eine eigene Vorschrift. Auf Grundlage dieser Vorschrift wurden von den çffentlichrechtlichen Landesrundfunkanstalten die ARD-Richtlinien fr die Werbung, zur Durchfhrung der Trennung von Werbung und Programm und fr das Sponsoring vom 24.6.19922 sowie die ZDF-Richtlinien fr Werbung und Sponsoring vom 19. Mrz 19933 erlassen. Wegen der Eigenstndigkeit beider Systeme werden die Richtlinien der ARD, des ZDF und der Landesmedienanstalten getrennt verabschiedet, wobei sich inhaltlich aber keine wesentlichen Unterschiede ergeben.4

116

Jedoch unterscheiden sich die Richtlinien in ihrer Wirkung: Die Richtlinien im Bereich des çffentlich-rechtlichen Rundfunks sind in den Grenzen zulssig, die das Intendantenprinzip und das Selbstverwaltungsrecht der Rundfunkanstalten zulassen und haben gegenber den Mitarbeitern Weisungscharakter.5 Sie bestimmen so inhaltlich die Programmgestaltung und kçnnen damit auch Geschmacks- und Zweckmßigkeitsfragen regeln.6 Dagegen kçnnen die Richtlinien der Landesmedienanstalten nur die Gesetzesanwendung regeln, ohne in Geschmacks- und Zweckmßigkeitsfragen verbindlich sein zu drfen.7 Als norminterpretierende Verwaltungsanweisungen entfalten sie aber insoweit rechtliche Wirkungen,8 als sie zu einer Selbstbindung der Verwaltung bei der Auslegung der Werbebestimmungen des Rundfunkstaatsvertrages fhren und damit eine Gleichbehandlung gegenber allen privaten Rundfunkanbietern erzeugen.9

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Werberichtlinien Fernsehen der Landesmedienanstalten. Abgedruckt in der Fassung vom 6.6.2000 bei Hartstein/Ring, § 7 Rz. 100 ff. Abgedruckt in der Fassung vom 22.9.2000 bei Hartstein/Ring, § 7 RStV Rz. 101. Hartstein/Ring, § 7 RStV Rz. 98. Engels, Das Recht der Fernsehwerbung fr Kinder, S. 201. Hartstein/Ring, § 16a RStV Rz. 205 ff. Hartstein/Ring, § 7 RStV Rz. 98. Engels, Das Recht der Fernsehwerbung fr Kinder, S. 205. Vgl. zum Gleichbehandlungsgrundsatz resultierend aus der Selbstbindung der Verwaltung Kopp/Schenke, VwGO, § 114 Rz. 15.

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Engels/Giebel 345

R Rz. 118

Werbeselbstkontrolle

Werbeselbstkontrolle 118

Neben der Regulierung der Werbepraxis im Rundfunkbereich durch die Werbeaufsicht (R Rz. R 108 f.) der Landesmedienanstalten, ist auch die Selbstregulierung durch die Werbewirtschaft zu beachten. Die wohl wichtigste Institution der Selbstorganisation im Bereich der Werbung ist der Deutsche Werberat.1 Der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) grndete 1972 das selbstdisziplinre Organ. Der Werberat bearbeitet zum einen die Beschwerden der Konsumenten ber Werbung. Dabei setzt er bei festgestellten Verstçßen auf die Einsicht der Werbetreibenden, den ausgesprochenen Rgen zu entsprechen. Als Mittel zur Durchsetzung hat der Werberat nur die „ffentliche Rge“ des beanstandeten Verhaltens verbunden mit einem Appell an die werbungverbreitenden Medien, diese nicht mehr zu verçffentlichen. Zum anderen erarbeitet der Werberat Verhaltensregeln und Richtlinien zur inhaltlichen Gestaltung von Werbung. Als Institution der Wirtschaft entfaltet er seine selbstdisziplinre Arbeit auf dem Gebiet der Wirtschaft, weswegen Werbeaktivitten außerhalb der Wirtschaft nicht vom Werberat zu entscheiden sind, wie z. B. Werbung von politischen Parteien, sozialen Einrichtungen, Kirchen oder anderen gesellschaftlichen Bereichen.

Werbung, redaktionell aufgemachte 119

Redaktionelle Werbesendungen bilden das Gegenstck zum Product Placement (R Rz. R 55 ff.). Whrend diese Form der Schleichwerbung (R Rz. R 63) in ein redaktionell gestaltetes Programm eingebaut wird, wird hier zwar der Werbecharakter fr den aufmerksamen Zuschauer oder Zuhçrer angekndigt, die Art der Durchfhrung – Moderation und quasijournalistische Aufbereitung – verzerrt diesen Hinweis jedoch bei redaktionellen Werbesendungen wieder.2 Trotz dieses Unterschieds sind die bergnge zwischen Product Placement und redaktionell aufgemachter Werbung fließend und im Einzelfall schwierig. Bei lang andauernden, redaktionell aufgemachten Werbesendungen ist es deshalb im Interesse der Offenheit, Klarheit und Lauterkeit der Werbung sowie des Kennzeichnungsgrundsatzes geboten, den Zu1 Vgl. Arbeitsgrundstze des Deutschen Werberates, Fassung von 1979, in: Jahrbuch Deutscher Werberat 1999, edition ZAW, 1999, 51 ff.; ausfhrlich Rost, Der Deutsche Werberat, in: Fischer (Hrsg.), Positionen und Strukturen bei Druckmedien, 1987, 355 ff.; neueste Entwicklungen: ZAW, Jahrbuch Deutscher Werberat 2005. 2 Ladeur, Rz. 439.

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346 Engels/Giebel

Werbung und Jugendmedienschutz

Rz. 121 R

schauer wiederholt darauf hinzuweisen, dass es sich um eine Werbesendung handelt. Die Kennzeichnung kann durch Einblendung eines Werbelogos oder eines Schriftzugs erfolgen.1 Solche Sendungen unterfallen als Dauerwerbesendung sodann den Regelungen des § 7 Abs. 5 RStV und mssen insoweit zu Beginn als Dauerwerbesendung angekndigt und whrend ihres gesamten Verlaufs als solche gekennzeichnet werden. Die Einblendung des Markenlogos des Programmzulieferers und Produktherstellers reicht dafr nicht aus.2 Problematisch in der Beurteilung kçnnen auch Informationssendungen wie Gesundheits-, Warentest- oder Ratgebersendungen sein. Soweit Produkte in diesen eingesetzt werden, ist zu bercksichtigen, ob der werbliche oder informative Aspekt im Vordergrund steht. Produkte drfen sachlich und informativ – auch ausfhrlich3 – vorgestellt werden. Insgesamt ist in besonderem Maße auf die Neutralitt der Rundfunkveranstalter bzw. -anstalten abzustellen.4 Die Zahlung von Entgelten fr die Darstellung eines bestimmten Produktes oder einer Dienstleistung ist ein kaum widerlegbares Indiz fr verbotenes Product Placement.5 Allerdings wird der Nachweis der Entgeltzahlung tatschlich schwierig, so dass auf die brigen Kriterien der Schleichwerbung nach § 7 Abs. 6 RStV abzustellen ist.

120

Insbesondere die Schleichwerbung ber redaktionell aufgemachte Werbung gefhrdet die redaktionelle Unabhngigkeit in hohem Maße.

Werbung und Jugendmedienschutz Im Interesse des Schutzes von Kindern und Jugendlichen regelt § 6 JMStV fr Werbung und Teleshopping (R Rz. R 80) verschiedene Werbeverbote und -beschrnkungen (R Rz. R 80 siehe auch Minderjhrige und Werbung). Werbung mit und fr Kinder und Jugendlichen darf nicht deren Interessen schaden oder deren Unerfahrenheit ausnutzen. Kind ist, wer 1 Hartstein/Ring, § 7 RStV Rz. 54. 2 So die Landesanstalt fr Rundfunk NRW zur Einblendung des Logos „Ravensburger“ am unteren Bildrand whrend der Ausstrahlung eines Kinder-Programms; hier werde schlicht ein werbliches Element in redaktionelle Sendeinhalte eingefgt und somit das Trennungs- und Kennzeichnungsgebot nicht beachtet; MMR 2001, Heft 10, XVI. 3 Z. B. bei einer Buchbesprechung; anders bei Ratgebern „Recht“ im Rundfunk, hier drfen nur allgemeine Sachverhalte vorgestellt werden, eine anschließende Beratungshotline kann unzulssig sein, s.: Soehring/Seelman-Eggebert, NJW 2005, 571, 580. 4 Hartstein/Ring, § 7 RStV Rz. 53. 5 Petersen, § 8 Rz. 27 f.; Hesse, 3.58.

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Engels/Giebel 347

121

R Rz. 122

Zigarettenwerbung

noch nicht 14 Jahre, Jugendlicher, wer 14 Jahre, aber noch nicht 18 Jahre alt ist (§ 3 Abs. 1 JMStV). So ist Werbung fr indizierte Angebote unter den Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 JMStV in der Regel nicht zulssig. Werbung darf Kindern und Jugendlichen nach § 6 Abs. 2 JMStV u. a. weder kçrperlichen noch seelischen Schaden zufgen. Ebenso wenig darf Werbung die Unerfahrenheit und Leichtglubigkeit von Kindern und Jugendlichen ausnutzen. Werbung, deren Inhalt jugendbeeintrchtigend ist, muss getrennt von Angeboten erfolgen, die sich an Kinder oder Jugendliche richten. Ferner unterliegt die Werbung fr alkoholische Getrnke gemß § 6 Abs. 5 JMStV besondere Werbebeschrnkungen. Derartige Werbung darf sich nicht an Kinder und Jugendliche richten oder Kinder und Jugendliche durch die Art der Darstellung besonders ansprechen oder diese beim Alkoholgenuss darstellen. (R Rz. R 4 f. Alkoholwerbung).

Zigarettenwerbung 122

Es ist nach § 22 Abs. 1 des Lebensmittel- und Bedarfsgegenstndegesetzes (LMBG)1 verboten, im Hçrfunk oder im Fernsehen fr Tabakerzeugnisse zu werben (so im brigen auch Art. 13 EU-Fernsehrichtlinie2 und Art. 15 Fernsehbereinkommen3). Begrndet wird dieses Verbot mit der gesundheitsgefhrdenden Wirkung des Rauchens. Nach § 8 Abs. 4 RStV ist auch das Sponsoring durch Unternehmen untersagt, deren Hauptttigkeit die Herstellung von Zigaretten und anderen Tabakerzeugnissen ist. Diese Regelung ist ebenfalls eine Folge der EU-Fernsehrichtlinie. Die Herstellung von Zigaretten und anderen Tabakerzeugnissen ist dann Hauptttigkeit im Sinne des § 8 Abs. 4 RStV, wenn die Produktionspalette der jeweiligen Zigaretten- und Tabakfirma berwiegend aus Zigarettenprodukten besteht.4

1 Gesetz ber den Verkehr mit Lebensmitteln, Tabakerzeugnissen, kosmetischen Mitteln und sonstigen Bedarfsgegenstnden in der Fassung vom 9.9.1997 (BGBl. I, S. 2296), zuletzt gendert durch Art. 5 ndG vom 13.5.2004 (BGBl. I, S. 934). 2 Richtlinie 89/552/EWG des Rates zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedsstaaten ber die Ausbung der Fernsehttigkeit, ABlEG Nr. L 298 vom 17.10.1989, S. 23, gendert durch die Richtlinie 97/36/EG des Europischen Parlaments und des Rates, ABlEG Nr. L 202 vom 30.7.1997, S. 60; abgedruckt bei Hartstein/Ring, B4 Rz. 28. 3 Europisches bereinkommen ber das grenzberschreitende Fernsehen vom 5.5.1989, in der Fassung des nderungsprotokolls vom 1.10.1998, in Kraft getreten am 1.3.2002; abgedruckt bei Hartstein/Ring, B4 Rz. 61. 4 Hartstein/Ring, § 8 RStV Rz. 40.

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348 Engels/Giebel

Zigarettenwerbung

Rz. 123 R

Auf europischer Ebene hat der Rat der europischen Union im Dezem- 123 ber 2002 unter anderem gegen die Stimmen Deutschlands eine zweite Richtlinie zur Tabakwerbung1 verabschiedet, nachdem die erste Tabakwerberichtlinie2 im Jahre 2000 vom EuGH mangels adquater EG-vertraglicher Kompetenzgrundlage aufgehoben worden war.3 Diese sieht ein grundstzliches Verbot der Werbung fr Tabakerzeugnisse in der Presse und sonstigen Printmedien, sowie in den so genannten Diensten der Informationsgesellschaft vor und in Art. 4 Abs. 1 ein ausnahmsloses Verbot der Rundfunkwerbung fr Tabakerzeugnisse. Deutschland hat im September 2003 vor dem Europischen Gerichtshof erneut Klage auf Feststellung der Nichtigkeit4 erhoben, hat aber mangels aufschiebender Wirkung der Klage die Umsetzungsfrist bis zum 31. Juli 2005 dennoch einzuhalten.5

1 Richtlinie 2003/33/EG zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten ber Werbung und Sponsoring zu Gunsten von Tabakerzeugnissen, ABlEU Nr. L 152 vom 20.6.2003, S. 16. 2 EU-Richtlinie 98/43 EG vom 6.7.1998; hierzu Di Fabio, AfP 1998, 564 ff. und Schwartz, AfP 1998, 553 ff. 3 EuGH, NJW 2000, 370; EuZW 2000, 694 mit Anmerkung Wgenbaur. 4 Kritisch zur Rechtmßigkeit der Richtlinie: Gçrlitz, EuZW 2003, 485 ff. 5 Ein entsprechender Entwurf des Bundesministeriums fr Verbraucherschutz wurde allerdings vom Bundesrat im Juli 2005 abgelehnt; unter http://www.verbraucherministerium.de, Pressemitteilung vom 8.7.2005.

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Engels/Giebel 349

3. Teil: Online

Allgemeine Geschftsbedingungen, Einbeziehung von Allgemeinen Geschftsbedingungen (AGB) werden nur dann Vertragsbestandteil, wenn deren ausdrckliche Einbeziehung in den Vertrag und die Bereitstellung der Mçglichkeit fr den Vertragspartner, von diesen in zumutbarer Weise Kenntnis zu nehmen, vorliegen, § 305 Abs. 2 BGB. Im elektronischen Geschftsverkehr muss der Verwender zustzlich dem Kunden bei Vertragsschluss die Mçglichkeit verschaffen, die AGB abzurufen und in wiedergabefhiger Form zu speichern, § 312e Abs. 1 Nr. 4 BGB.

1

Erforderlich ist also zunchst ein ausdrcklicher Hinweis auf die AGB gemß § 305 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Der Hinweis ist so auszugestalten, dass der durchschnittliche Kunde ihn selbst bei flchtiger Betrachtung und durchschnittlicher Aufmerksamkeit nicht bersehen kann. Davon kann ausgegangen werden, wenn der Hinweis auffllig in die Bestellmaske integriert ist bzw. wenn er dem Bestell-Icon so vorangestellt ist, dass der Besteller nicht dorthin gelangen kann, ohne den Hinweis auf die AGB sehen zu mssen1 bzw. der Bestellvorgang nur abgeschlossen werden kann, wenn der Kunden mittels eines Klick besttigt, die AGB zur Kenntnis genommen zu haben und damit einverstanden zu sein.2 Der Hinweis auf der Eingangsseite oder lediglich bei der Prsentation des Angebots, welches im Regelfall nur eine invitatio ad offerendum darstellt, wre allein unzureichend.3

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Weitere Voraussetzung ist die Mçglichkeit der zumutbaren Kenntnisnahme gemß § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Hierzu ist ein direkter Link zu den AGB ausreichend.4 Nach § 312e Abs. 1 Nr. 4 BGB muss dem Vertragspartner die Mçglichkeit erçffnet sein, die Vertragsbedingungen und damit auch die AGB zur Kenntnis abzurufen und in wiedergabefhiger Form zu speichern. Da das Abrufen der AGB heute allgemein ohne weiteres mçglich ist, stellen sich Probleme eher bei der ußeren Gestaltung der AGB.

3

1 Horn, MMR 2002, 209 f. 2 LG Essen, Urteil v. 13.2.2003 – 16 O 416/02, MMR 2004, 49, 50. 3 Horn, MMR 2002, 209, 210; erst recht gengen im Internetangebot befindliche AGB nicht, wenn der Vertrag nicht bei Nutzung des Online-Dienstes, sondern hiervon unabhngig zu Stande kommt, OLG Hamburg, Urteil v. 13.6.2002 – 3 U 168/00, CR 2002, 915 f. 4 LG Essen, Urteil v. 13.2.2003 – 16 O 416/02, MMR 2004, 49 f.; Horn, MMR 2002, 209, 210.

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Dietrich 351

O Rz. 4

Allgemeine Geschftsbedingungen, Einbeziehung von

Diese sollten in der Sprache des Angebots verfasst sein,1 bersichtlich aufgebaut und in ordentlich lesbarer Form dargestellt werden.2 4

Schließlich ist fr die Einbeziehung der AGB gemß § 305 Abs. 2 BGB noch das Einverstndnis des Vertragspartners erforderlich. Dieses lsst sich am einfachsten dadurch dokumentieren, dass der Bestellvorgang nur dann abgeschlossen werden kann, wenn der Kunde durch Anklicken eines entsprechenden Icons („Einverstanden mit AGB“ o. .) sein Einverstndnis dokumentiert.3

Anbieterkennzeichnung 5

Sowohl das Teledienstegesetz (TDG) als auch der Mediendienstestaatsvertrag (MDStV) enthalten die Verpflichtung zur Anbieterkennzeichnung. Vielfach findet sich auch im Online-Bereich die Bezeichnung „Impressum“, wenngleich es sich bei der Anbieterkennzeichnung nicht um ein Impressum im Sinne der Landespressegesetze handelt4 (R Print-Impressum Rz. P 262 ff.).

6

Die Informationspflichten in § 6 TDG und § 10 MDStV unterscheiden sich nur im Detail. Die Abgrenzung zwischen Telediensten im Sinne des TDG und Mediendiensten im Sinne des MDStV ist nach wie vor umstritten.5 In der Regel lsst sich eine praktikable Lçsung finden, wenn der Bereich der Individualkommunikation und der journalistisch nicht relevanten Datendienste den Regelungen des TDG unterworfen werden. Hierzu gehçren bspw. der Datenaustausch, Online-Banking, Informationen ber Bçrsen-, Verkehrs- oder Wetterdaten, Informationen ber Waren- und Dienstleistungsangebote und deren Vertrieb.6 Als Mediendienste sind Angebote zu bezeichnen, die v. a. journalistischen Inhalts sind, also dazu dienen, Meinungen und Informationen als elektronisches Pedant zu den herkçmmlichen Presseperiodika zu verbreiten.7 Bei den hufig anzutreffenden Mischformen ist eine Abgrenzung im Rahmen einer wertenden

1 BGH, Urteil v. 10.3.1983 – VII ZR 302/92, NJW 1983, 1489; Koch, K&R 2001, 87, 89. 2 OLG Kçln, Urteil v. 21.11.1997 – 19 U 128/97, CR 1998, 244, 245 zum BTX-Dialog; Koch, K&R 2001, 87, 88; Horn, MMR 2002, 209, 210. 3 Koch, K&R 2001, 87, 88; Horn, MMR 2002, 209, 211. 4 Brunst, MMR 2004, 8, 9; Woitke, NJW 2003, 871, 872. 5 Vgl. zur Abgrenzung Hochstein, NJW 1997, 2977 ff.; von Heyl, ZUM 1998, 115 ff. 6 Hochstein, NJW 1997, 2977, 2979. 7 Brunst, MMR 2004, 8, 9.

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Anbieterkennzeichnung

Rz. 8 O

Gesamtschau vorzunehmen.1 Eine Website mit berwiegend redaktionellen Inhalten wie hufig die Online-Ausgaben von Zeitungen und Zeitschriften unterfallen demnach dem MDStV, die brigen kommerziellen Web-Angebote den Regelungen des TDG. Im Zweifelsfall sollten die nach dem MDStV zustzlich erforderlichen Angaben mit aufgenommen werden. § 6 TDG und § 10 Abs. 2 MDStV enthalten Pflichtangaben fr geschftsmßige Dienste. Der Begriff der Geschftsmßigkeit ist im TDG und MDStV nicht definiert. Einigkeit besteht dahingehend, dass damit jedenfalls kommerzielle Angebote gemeint sind. Nach berwiegender Meinung sind damit aber auch solche Homepages erfasst, die dauerhaft unabhngig von einer Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden, also auch die Auftritte von gemeinntzigen Einrichtungen oder Privatpersonen.2

7

Nach § 6 TDG haben Diensteanbieter fr geschftsmßige Teledienste 8 und nach § 10 Abs. 2 MDStV haben Diensteanbieter fr geschftsmßige Mediendienste mindestens folgende Informationen leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und stndig verfgbar zu halten: – Namen und Anschrift, unter der sie niedergelassen sind, bei juristischen Personen zustzlich den Vertretungsberechtigten; – Angaben, die eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme und unmittelbare Kommunikation mit ihnen ermçglichen, einschließlich der Adresse der elektronischen Post; – soweit der Teledienst/Mediendienst im Rahmen einer Ttigkeit angeboten oder erbracht wird, die der behçrdlichen Zulassung bedarf, Angaben zur zustndigen Aufsichtsbehçrde; – das Handels-, Vereins-, Partnerschafts- oder Genossenschaftsregister, in das sie eingetragen sind, mit der entsprechenden Registernummer; – ggfs. die berufsstndische Kammer, welcher die Diensteanbieter angehçren, die gesetzliche Berufsbezeichnung und den Staat, in dem die Berufsbezeichnung verliehen worden ist, sowie die Bezeichnung der berufsrechtlichen Regelungen und der Hinweis, wie diese zugnglich sind; – so vorhanden die Angabe der Umsatzsteueridentifikationsnummer nach § 27a UStG. 1 Str.: wie hier Brunst, MMR 2004, 8, 9; Waldenberger, MMR 1998, 124, 125; a. A. Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn, NJW 1997, 2981, 2982, wonach jeder in sich abgeschlossene Bereich mit eigener Informations- und Kommunikationsdienstleistung gesondert zu betrachten ist. 2 Brunst, MMR 2004, 7, 10; a. A. mit guten Argumenten Woitke, NJW 2003, 871, 872, allerdings kçnnen auch auf rein privaten Homepages Rechtsverletzungen (etwa durch die Verwendung von nicht genehmigten Bildern, durch Schmhungen etc.) begangen werden, die eine Notwendigkeit zur Anbieteridentifizierung begrnden.

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O Rz. 9

Anbieterkennzeichnung

9

Mediendiensteanbieter von journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten, in denen vollstndig oder teilweise Inhalte periodischer Druckerzeugnisse wiedergegeben werden, mssen nach § 10 Abs. 3 MDStV zustzlich einen Verantwortlichen mit Angabe des Namens und der Anschrift nennen. Bei mehreren Verantwortlichen ist kenntlich zu machen, fr welchen Teil der jeweils Benannte verantwortlich ist.

10

Die Angabe des Namens erfordert die Nennung des Vor- und Nachnamens. Die bloße Angabe des Nachnamens neben der Firma ist selbst dann nicht ausreichend, wenn an anderer Stelle der gewerblichen Homepage der vollstndige Name genannt ist.1

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Unter Anschrift ist die postalische Anschrift zu verstehen, wobei nach der Rechtsprechung des BGH zur Widerrufsadresse i. S. d. § 355 Abs. 2 S. 1 BGB die Angabe der Postfachadresse ausreichend sein drfte. Zwar stellt die Postfachadresse keine ladungs- bzw. zustellfhige Anschrift im Sinne der Prozessordnungen dar, doch geht der BGH davon aus, dass der Gesetzgeber dort, wo ihm dies zur Durchsetzung etwaiger Ansprche erforderlich schien, die Angabe der ladungsfhigen Anschrift ausdrcklich anordnete, wie bspw. in § 1 Abs. 1 Nr. 2 BGB-InfoV.2

12

Noch nicht abschließend geklrt ist die Frage, ob neben der e-mail-Adresse auch die Telefon- und/oder Faxnummer anzugeben ist. Nach einer Meinung soll die bloße Angabe der e-mail-Adresse ausreichend sein,3 whrend andererseits vertreten wird, es msse zumindest entweder die Telefon- oder die Faxnummer genannt werden.4 Da aber die Mçglichkeit zur unmittelbaren Kommunikation nach dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung neben der Angabe der e-mail-Adresse bestehen muss, ist jedenfalls die Angabe einer Telefonnummer erforderlich.5

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In der Praxis werden hufig die Angaben zur zustndigen Aufsichtsbehçrde bersehen. Neben dem Namen der Aufsichtbehçrde ist jedenfalls deren postalische Anschrift anzugeben.

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Die Pflicht zur Angabe des Registers und der Registernummer besteht auch fr auslndische Diensteanbieter hinsichtlich des auslndischen Registers.6 1 LG Berlin, Urteil v. 17.9.2002 – 103 O 102/02, MMR 2003, 202, 203. 2 BGH, Urteil v. 11.4.2002 – I ZR 306/99, NJW 2002, 2391 ff.; a. A. Bettinger, in: Bettinger/Leistner, Werbung und Vertrieb im Internet, 3 A Rz. 37; von Wallenberg, MMR 2005, 661, 663. 3 OLG Hamm, Urteil v. 17.3.2004 – 20 U 222/03, CR 2005, 64, 65 f. = MMR 2004, 549 ff. 4 OLG Kçln, Urteil v. 13.2.2004 – 6 U 109/03, CR 2004, 694, 695 = MMR 2004, 412 f. 5 So auch OLG Kçln, Urteil v. 13.2.2004 – 6 U 109/03, CR 2004, 694, 695 = MMR 2004, 412 f., obiter dictum. 6 LG Frankfurt/Main, Urteil v. 28.3.2003 – 3-12 O 151/02, MMR 2003, 597, 598.

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Anbieterkennzeichnung

Rz. 16 O

Bezglich der Angabe der Kammer, der Berufsbezeichnung und des Staates, der die Berufsbezeichnung verliehen hat, bestehen keine Schwierigkeiten. Diese Pflicht trifft nur Angehçrige einiger Berufe (z. B. Rechtsanwlte, Wirtschaftsprfer, Steuerberater, rzte, Zahnrzte, Architekten). Es gengt, wenn die berufsrechtlichen Regelungen mittels eines DeepLinks erreichbar sind.1 Es ist daher ausreichend, wenn Kammerangehçrige mittels eines Links direkt auf die berufsrechtlichen Regelungen verweisen, die bspw. auf der Homepage der Kammer hinterlegt sind.

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Die Informationen mssen leicht erkennbar und unmittelbar erreichbar sein. Die Pflichtinformationen mssen somit an gut wahrnehmbarer Stelle ohne langes Suchen jederzeit auffindbar sein. Eine leichte Erkennbarkeit liegt bei der Mçglichkeit einer einfachen und effektiven optischen Wahrnehmung vor, unmittelbare Erreichbarkeit bei einer Zugangsmçglichkeit ohne wesentliche Zwischenschritte.2 Fr die leichte Erkennbarkeit ist es ausreichend, dass jedenfalls auf der Hauptseite ein Link deutlich sichtbar angebracht ist, hinter dem die erforderlichen Angaben zusammengestellt sind.3 Es wird allerdings wegen der zunehmenden Beliebtheit von deep-links gefordert, dass jede Unterseite auf die Hauptseite verweist.4 Die Notwendigkeit des Scrollens der Website, um zu den erforderlichen Pflichtangaben via Link zu gelangen, ist jedenfalls dann schdlich, wenn der Link zu den Pflichtangaben erst nach viel Scrollen auf der vierten Bildschirmseite erscheint.5 Nicht schdlich ist es hingegen, wenn die Pflichtangaben erst nach doppeltem Link erreichbar sind.6 Eine gewisse Freiheit besteht in der Bezeichnung des Links, der auf die Pflichtangaben verweist. Erforderlich ist lediglich, dass der Nutzer erkennen kann, dass sich dahinter die Pflichtangaben verbergen. Weit verbreitet ist der Begriff „Impressum“, zulssig sind aber auch Bezeichnungen wie „ber uns“, „Kontakt“,7 nicht eindeutig genug hingegen „Backstage“.8

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1 Zur Erreichbarkeit der Anbieterkennzeichnung ber doppelten Link, OLG Mnchen, Urteil v. 11.9.2003 – 29 U 2681/03, CR 2004, 53, 54 = MMR 2004, 36, 37 = K&R 2004, 34, 36; wie hier Brunst, MMR 2004, 8, 11. 2 OLG Mnchen, Urteil v. 12.2.2004 – 29 U 4564/03, AfP 2004, 147, 148 = MMR 2004, 321, 322. 3 Brunst, MMR 2004, 8, 11; Hoenike/Hlsdunk, MMR 2002, 415, 417. 4 Brunst, MMR 2004, 8, 12; Ott, WRP 2003, 945, 948; weitergehend Hoenike/ Hlsdunk, MMR 2002, 415, 417, Link zu den Informationen auf jeder Seite. 5 OLG Mnchen, Urteil v. 12.2.2004 – 29 U 4564/03, AfP 2004, 147, 148 = MMR 2004, 321, 322; noch weitergehend (generelle Schdlichkeit des Scrollen), OLG Hamburg, Beschluss v. 20.11.2002 – 5 W 80/02, MMR 2003, 105, 106 = GRURRR 2003, 92, 93; a. A. Ott, WRP 2003, 945, 946 f. 6 OLG Mnchen, Urteil v. 11.9.2003 – 29 U 2681/03, CR 2004, 53, 54 = MMR 2004, 36, 37. 7 Ott, WRP 2003, 945, 949; a. A. OLG Karlruhe, Urteil v. 27.3.2002 – 6 U 200/01, GRUR 2002, 730 f. 8 OLG Hamburg, Beschluss v. 20.11.2002 – 5 W 80/02, CR 2003, 283, 284 = GRUR-RR 2003, 92.

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O Rz. 17

Anbieterkennzeichnung

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Das Erfordernis der stndigen Verfgbarkeit impliziert auch, dass die Pflichtangaben insgesamt kompatibel mit den gngigen Browsern sein mssen. Pflichtangaben, die nur angezeigt werden, wenn die Technik der User bestimmte weitere Voraussetzungen erfllt (z. B. Aktivierung von Active-X), sind nicht stndig verfgbar.1 Ebenso mssen die Informationen mit Blick auf das Dokumentationsinteresse des Nutzers ausdruckbar bereitgehalten werden.2 Die Informationen mssen in der Sprache bereitgehalten werden, in der die Homepage verfasst ist (ggfs. also auch mehrsprachig).3

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Ein Verstoß gegen die Anbieterkennzeichnungspflicht kann gemß § 12 TDG/§ 24 MDStV mit einem Ordnungsgeld bis zu a 50.000,00 geahndet werden. Da die Vorschriften ber die Anbieterkennzeichnungspflicht gemß § 2 Abs. 2 Nr. 2 UKlaG verbraucherschtzenden Charakter haben, kçnnen die nach § 3 UKlaG anspruchsberechtigten Stellen einen Unterlassungsanspruch nach § 2 Abs. 1 UKlaG gerichtlich geltend machen.

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Umstritten ist, ob ein Verstoß gegen die Anbieterkennzeichnungspflicht zugleich wettbewerbswidrig im Sinne des UWG ist und somit die Gefahr der Inanspruchnahme durch Wettbewerber in sich birgt. Im Falle des Print-Impressums wurde eine Wettbewerbswidrigkeit nur dann angenommen, wenn weitere unlautere Umstnde hinzutraten, bspw. wenn sich der Verlag „bewusst und planmßig“ ber die Impressumspflicht hinwegsetzte (R Rz. P 264).4 In jngster Zeit wird wiederholt vertreten, dass ein Verstoß gegen die Anbieterkennzeichnungspflichten wegen der verbraucherschtzenden Eigenschaft per se wettbewerbswidrig sei.5 Eine verbraucherschtzende Vorschrift wurde aber in der Vergangenheit nicht eo ipso als wertbezogene Ordnungsvorschrift angesehen.6 In Anknpfung an die BGH-Rechtsprechung zum Print-Impressum ist daher verbreitet davon ausgegangen worden, dass eine Wettbewerbswidrigkeit nur dann gegeben ist, wenn weitere Umstnde hinzukommen, die eine Unlauterbarkeit begrnden.7 Nach § 4 Nr. 11 UWG in seiner neuen Fassung stellt die 1 2 3 4

Woitke, NJW 2003, 871, 873. Brunst, MMR 2004, 8, 12. Brunst, MMR 2004, 8, 12 f. Vgl. auch BGH, Urteil v. 13.7.1989 – I ZR 160/87, GRUR 1989, 830, 832 – Impressumspflicht. 5 LG Frankfurt/Main, Urteil v. 28.3.2003 – 3-12 O 151/02, MMR 2003, 597, 598; LG Dsseldorf, Urteil v. 29.1.2003 – 34 O 188/02, CR 2003, 381 = MMR 2003, 340, 341; LG Berlin, Urteil v. 17.9.2002 – 103 O 102/02, CR 2003, 139, 140 = MMR 2003, 202, 203. 6 Vgl. dazu allg. Piper, in: Kçhler/Piper, UWG, 3. Aufl. 2002, § 1 Rz. 785 ff. 7 OLG Hamburg, Beschluss v. 20.11.2002 – 5 W 80/02, CR 2003, 283, 285 = MMR 2003, 105, 106 = GRUR-RR 2003, 92, 93; OLG Hamm, Urteil v. 3.9.2003 – 4 U 90/02, MMR 2003, 410, 411; LG Berlin, Urteil v. 1.10.2002 – 16 O 531/02, MMR 2003, 200, 201; LG Hamburg, Urteil v. 28.11.2000 – 312 O 512/00, MMR 2001, 546; Ott, WRP 2003, 945, 949 f; Schulte/Schulte, NJW 2003, 2140 ff.

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Auktionen, Internet-

Rz. 22 O

Verletzung von gesetzlichen Vorschriften, die dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, einen unlauteren Wettbewerb dar. Eine Einteilung in „sittlich fundierte“ und „wertneutrale“ Normen oder subjektive Tatbestandsmerkmale (Planmßigkeit, Vorsatz etc.) findet sich im neuen UWG nicht.1 Die Informationspflichten nach dem TDG und dem MDStV dienen dem Verbraucherschutz und der Transparenz geschftsmßig erbrachter Teledienste und sind somit Marktverhaltensregelungen im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG.2 Ein Verstoß gegen die Informationspflichten ist daher zugleich als unlauter und somit wettbewerbswidrig anzusehen, sofern nicht die Bagatellklausel des § 3 UWG greift.

Auktionen, InternetInternetauktionen erfreuen sich stetig steigender Beliebtheit.3 ber Plattformen4 bieten Unternehmer wie Verbraucher Waren an, wobei ein Anfangspreis vom Verußerer genannt wird, den die Interessenten sich gegenseitig berbietend in die Hçhe „steigern“. Der Vertragsschluss kommt dann „automatisch“ mit Ablauf der vom Verußerer angegebenen Zeitspanne mit demjenigen Interessenten zu Stande, der zu diesem Zeitpunkt das hçchste Gebot abgegeben hat.5

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Hçchstrichterlich ist inzwischen geklrt, dass die so vom Bieter abgegebene Erklrung keine bloße invitatio ad offerendum, sondern eine bindende Willenserklrung darstellt.6 Das Gebot kann (bei privaten Anbietern) auch nicht bis zum Ende der Bietfrist widerrufen werden.7

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Bei derartigen Internetauktionen handelt es sich nicht um Versteigerungen, so dass fr den Vertragsschluss nicht § 156 BGB Anwendung findet, da es an einem Zuschlag eines Versteigerers fehlt. Gleichzeitig bedeutet dies, dass die Ausnahmevorschrift des § 312d Abs. 4 Nr. 5 BGB nicht greift und folglich bei Verkufen von Unternehmern an Verbraucher letztere ein Widerrufsrecht haben und entsprechend den Regeln des Fern-

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1 Henning-Bodewig, GRUR 2004, 713, 718; Sack, WRP 2004, 1307, 1316. 2 Kçhler, in: Baumbach/Hefermehl, UWG, § 4 Rz. 11.169. 3 Vgl. die Nachweise bei Leible/Sosnitza, K&R 2002, 89 und Leible/Wildemann, K&R 2005, 26. 4 Prominente Beispiele finden sich unter www.ebay.de und www.ricardo.de. 5 Leible/Sosnitza, K&R 2002, 89. 6 BGH, Urteil v. 7.11.2001 – VIII ZR 13/01, CR 2002, 213, 214 = K&R 2002, 85, 86 ff. – ricardo.de; vgl. zum Vertragsschluss bei Internetauktionen Deutsch, MMR 2004, 586 ff. 7 AG Menden, Urteil v. 10.11.2003 – 4 C 183/03, MMR 2004, 502.

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O Rz. 23

Auktionen, Internet-

absatzrechtes zu informieren sind.1 Unternehmen haben auch evtl. Preisbindungen (Buchpreisbindung, Tabakwaren) zu beachten und drfen den Startpreis nicht unterhalb des festgesetzten Preises vorgeben.2 23

Bei der „Sofort-Kaufen“-Option gibt der Anbieter ein verbindliches Angebot zum Verkauf der Ware zum angegebenen Preis ab, das der Interessent durch Auslçsen der Option zu den beschriebenen Bedingungen annimmt. Auch hier handelt es sich nicht um eine bloße invitatio and offerendum.3

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Auch sog. Umgekehrte Versteigerungen sind rechtlich nicht zu beanstanden. Bei umgekehrten Versteigerungen sinkt der Preis mit Zeitablauf bis ein Bieter zuschlgt, der dann die Ware zu dem gerade aktuellen Preis erwirbt. Auch hier liegt keine Versteigerung im rechtlichen Sinne vor, so dass der Vertrag nicht gemß § 156 BGB zustande kommt. Eine derartige Gestaltung ist wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden.4 Zwar werden mit dieser Verkaufsmethode mçglicherweise sog. aleatorische Reize hervorgerufen, doch sind diese nicht geeignet, einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verstndigen Durchschnittsverbraucher so nachhaltig zu beeinflussen, dass dessen Kaufentscheidung nicht mehr maßgebend von sachlichen Gesichtspunkten geprgt ist.

Banner 25

Ein Werbebanner ist eine Grafik auf einer Website eines anderen Anbieters, welche in der Regel mit einem Link auf die Website des Werbenden verbunden ist. Die gngigsten Formate sind 234  60 Pixel oder 468  60 Pixel. Fortentwicklungen derartiger „statischer“ Banner sind sog. Pop-ups (R Rz. O 108 ff.), Interstitials und Rich-Media-Banner, mit denen kurze Videos oder 3D-Animationen prsentiert werden. Sog. Ticker- oder Real Time-Banner bertragen kurze Nachrichten oder Informationen (Bçrsenkurse, Sportergebnisse etc.).5 Die Platzierung kann an einem festen Platz auf der Website oder dynamisch wechselnd je nach dem Thema Website (z. B. Reisewerbung bei Reiseartikeln) erfolgen. Die rechtliche Einord1 BGH, Urteil v. 3.11.2004 – VIII ZR 375/03, CR 2005, 53 ff. = K&R 2005, 33, 34 ff. = MMR 2005, 37 ff., dazu Leible/Wildemann, K&R 2005, 26 ff.; a. A. Obergfell, MMR 2005, 495 ff. 2 OLG Frankfurt, Urteil v. 15.6.2004 – 11 U 18/04 (Kart), CR 2004, 840 ff. 3 LG Saarbrcken, Urteil v. 7.1.2004 – 2 O 255/03, MMR 2004, 556, 557; AG Moers, Urteil v. 11.2.2004 – 532 C 109/03, CR 2004, 706 f. = K&R 2004, 563. 4 BGH, Urteil v. 13.11.2003 – I ZR 40/01, NJW 2004, 852, 853 f. – Umgekehrte Versteigerung I; BGH, Urteil v. 13.3.2003 – I ZR 212/00, CR 2003, 517 ff. = K&R 2003, 350 f. = MMR 2003, 465 f. – Umgekehrte Versteigerung II; Steinbeck, K&R 2003, 344 ff. 5 Schmittmann, Werbung im Internet, S. 8 f.

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Banner

Rz. 29 O

nung des Werbebanner-Vertrages ist umstritten. Richtig drfte sein, dass es sich um einen gemischten Vertrag mit werk- und mietvertraglichen Elementen handelt.1 Der Preis fr Bannerwerbung bemisst sich hufig nach den sog. „AdImpressions“, also der Anzahl der Aufrufe der Website, auf der sich der Werbebanner befindet (Tausender-Kontakt-Preis oder „CPM: Cost per thousand AdImpressions“). Denkbar ist auch eine Bemessung des Preises an der Zahl der „AdClicks“. Unter „AdClicks“ bezeichnet man das Anklicken des Banners durch den Nutzer.2

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Das Trennungsgebot (R Rz. O 119 f.) erfordert eine klare Trennung des Werbebanners vom eigenen Inhalt des Anbieters. Da die Nutzer aber mit Bannerwerbung hinreichend vertraut sind, ist nicht in jedem Fall die Kennzeichnung mit dem Begriff „Anzeige“ erforderlich, wenn der Banner – wie regelmßig – deutlich als Werbung erkennbar ist.3 Die Werbebanner stellen somit auch keine eigenen, sondern fremde Inhalte dar, da der Anbieter nur den Platz auf seiner Website zur Verfgung gestellt hat und den Inhalt – als Anzeige erkennbar – nicht zum Gegenstand seines Angebots macht (R Haftung fr fremde Inhalte vgl. Rz. O 82 ff.).4

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Fr Bannerwerbung gelten die allgemeinen Wettbewerbsregeln. Probleme kçnnen sich ergeben beim sog. „Keyword Advertising“, also dann, wenn durch Verwendung bestimmter Begriffe erreicht wird, dass der Internetnutzer, der in eine Internetsuchmaschine ein Schlagwort eingibt, nicht vorrangig das erwartete Ergebnis (die gesuchte Website) erhlt, sondern der Banner des Werbenden erscheint5 (R hierzu die Ausfhrungen zu Metatags Rz. O 103 ff.).

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Die Bannerwerbung der sog. kammergebundenen Berufe ist nicht ohne weiteres zulssig. Whrend man das Setzen von Bannern auf fremde Websites fr die Rechtsanwlte, Steuerberater etc. nur dann als unzulssig ansehen kann, wenn damit das Sachlichkeitsgebot verletzt wird,6 erscheint die Frage, ob die Berufstrger auf ihrer eigenen Website Bannerwerbung Dritter anbringen drfen eher problematisch. Denn eine solches Werbebanner auf der Website eines Angehçrigen eines kammergebundenen Be-

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1 Scheja/Schneider, in: Hdb. der IT-Vertrge, 3.7. Rz. 10 ff. (berwiegend Mietvertrag). 2 Schmittmann, Werbung im Internet, S. 11 f. 3 Leupold/Brutigam/Pfeiffer, WRP 2000, 575, 590. 4 Engels, AfP 2000, 524, 527. 5 Schmittmann, MMR 2001, 792, 793. 6 Steinbeck, NJW 2003, 1481, 1487; Schmittmann, MMR 2001, 792, 796, will dies bereits bei animierten Bannern annehmen. Dies drfte in Anbetracht der jngsten Rechtsprechung, welche beispielsweise die Bandenwerbung an Sportsttten fr zulssig erachtet, AnwG Hamm, Beschluss v. 14.3.2002 – AR 19/01, AnwBl 2003, 658, 659, nicht haltbar sein, wie hier Hoß, AnwBl 2002, 377, 383; wohl auch Schulte/Schulte, MMR 2002, 585, 588.

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Berufsrechtliche Beschrnkungen

rufs kçnnte nach dem Verstndnis des Betrachters eine mittelbare Werbeaussage des Anbieters darstellen und damit zu einer unzulssigen sog. „testimonial Werbung“ fhren. Danach ist es unzulssig, wenn ein kraft beruflicher Stellung exponierter Fachmann fr den Konsum eines bestimmten Produkts wirbt. Hinter dem Verbot steht die Idee, dass sich Personen, die herausgehobene berufliche Positionen bekleiden, in denen sie eine besondere Vertrauensstellung genießen, nicht zu Helfern der werbenden Wirtschaft degradieren lassen drfen.1 Aus diesem Grunde wird Bannerwerbung auf Websites von Berufstrgern als mit dem Sachlichkeitsgebot unvereinbar und damit unzulssig angesehen.2

Berufsrechtliche Beschrnkungen 30

Neben den allgemeinen Vorschriften unterliegen bestimmte Berufsangehçrige besonderen berufsrechtlichen Beschrnkungen. Es handelt sich dabei im Wesentlichen um die sog. Kammerberufe, denen entweder durch Satzung oder durch Gesetz besondere berufsrechtliche Regelungen ber die Werbung auferlegt sind. Zuwiderhandlungen dagegen kçnnen die Kammern mit eigenen Ahndungsmçglichkeiten begegnen. Da aber Verstçße gegen die berufsrechtlichen Regelungen ber die Werbung zumeist auch wettbewerbswidrig sind, stehen den Kammern wie Wettbewerbern hufig auch die Ansprche aus dem UWG zur Verfgung.3 Zu den kammergebunden Berufen gehçren insbesondere die Rechtsanwlte, Steuerberater, Wirtschaftsprfer, rzte, Architekten, Notare. Im Folgenden sollen zunchst typische Gestaltungen angesprochen werden, deren rechtliche Beurteilung bei den Berufsgruppen im Wesentlichen gleich ist. Anschließend soll auf einige Spezifika der einzelnen Berufe eingegangen werden.

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Der Auftritt der Berufstrger im Internet hat sachlich zu bleiben („Sachlichkeitsgebot“). Ein bertriebenes Anpreisen ist unzulssig.4 Somit ist es untersagt, auf der Website in gefhlsbetonter unsachlicher Art ohne ei1 Schmittmann, MMR 2001, 792, 796. 2 Schmittmann, MMR 2001, 792, 796; Schulte/Schulte, MMR 2002, 585, 588; dagegen wird man einen im sachlichen Zusammenhang mit der Website stehenden bloßen Link nicht bereits als unzulssig ansehen kçnnen, also bspw. der Link auf die Website des die Homepage erstellenden Grafikers oder auf die Website einer mit dem Rechtsanwalt zusammenarbeitenden Prozessfinanzierungsgesellschaft, wie hier: Hoß, AnwBl 2002, 377, 383. 3 BVerfG, Beschluss v. 26.10.2004 – 1 BvR 981/00, Tz. 34, 47f., zulssige Werbung einer StB-Gesellschaft auf Straßenbahnwagen; OLG Hamm, Urteil v. 11.2.2003 – 4 U 148/02, AnwBl 2003, 364; LG Berlin, Urteil v. 7.3.2000 – 15 O 496/99, MDR 2000, 915, 916; Schmittmann, Werbung im Internet, S. 289; a. A.: Hoß, AnwBl 2002, 377, 379. 4 Schulte/Schulte, MMR 2002, 585, 586.

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Berufsrechtliche Beschrnkungen

Rz. 31 O

genen Informationsgehalt zu werben (etwa mit „Wenn der Steuerfahnder 3 klingelt…“).1 Auf der anderen Seite wurden die Werbung mit „optimaler Interessenvertretung“2 und mit Slogans oder Sprachwitz fr zulssig erachtet. Die Verwendung des Slogans „all you need is l@w“3 und Sprachwitz wie die berschrift ber die Wegbeschreibung eines Rechtsanwalts „So kommen Sie zu ihrem Recht“4 wurden im Ergebnis als rechtens angesehen. Derartige „selbstanpreisende“ Aussagen werden allerdings von den Gerichten hçchst unterschiedlich behandelt. Es fehlt insoweit an einer einheitlichen Rechtsprechung, an der sich die Praxis orientieren kçnnte.5 Eine ansprechende Grafik ist dem Werbenden hingegen nicht untersagt.6 Das Berufsrecht zwingt nicht zur biederen Aufmachung einer Website. Bei besonderen Animationen (Filmsequenzen) und Sound-Untersttzung ist indes Vorsicht geboten. Eine dezente Hintergrundmusik wird man noch als zulssig ansehen kçnnen, ist sie doch als „WarteschleifenMusik“ in Telefonanlagen weit verbreitet und wirkt nicht anders, wie eine entsprechend gute graphische Darstellung des optischen Hintergrundes einer Website,7 ohne damit zugleich die Grenze zur Unsachlichkeit zu berschreiten.8 Jedenfalls unzulssig ist die Einbeziehung von „Problemgeruschen“, wie bspw. die akustische Darstellung eines Verkehrsunfalls.9 Auch das Veranstalten von Gewinnspielen als typisch gewerbliche Werbeform ist mit dem Sachlichkeitsgebot nicht mehr zu vereinbaren.10 Ohne weiteres sind erotische Darstellungen zu beanstanden.11 Die Abbildung einer jungen attraktiven Mitarbeiterin (oder eines jungen attraktiven Mitarbeiters) ist jedoch allenfalls dann unzulssig, wenn genau diese(r) (im Gegensatz zu den anderen) blickfangmßig herausgestellt wird.12 Denn allein die – doch zumeist nur subjetiv empfundene – Attraktivitt der Mitarbeiter(innen) vermag die ansonsten zulssige Wiedergabe von Mitarbeiterfotos13 nicht unzulssig zu machen. Generell ist das blickfangmßige Herausstellen von Themen, die mit 1 OLG Oldenburg, Urteil v. 5.4.2001 – 1 U 125/00, EWiR 2002, 205 zu § 43b BRAO mit Anm. Henssler. 2 BVerfG, Beschluss v. 28.2.2003 – 1 BvR 189/03, NJW 2003, 1307. 3 AnwGH Hamburg, Urteil v. 21.1.2002 – II EVY 3/00, K&R 2003, 32, 33 ff. 4 BVerfG, Beschluss v. 12.9.2001 – 1 BvR 2265/00, NJW 2001, 3324, 3325 f. 5 Hrting, K&R 2002, 561, 563. 6 A. A. wohl Schmittmann, Werbung im Internet, S. 323. 7 Hoß, AnwBl 2002, 377, 384. 8 LG Kçln, Beschluss v. 20.10.1998 – 31 O 723, n. v., zitiert nach Schmittmann, Werbung im Internet, S. 323 Fn. 1454; Steinbeck, NJW 2003, 1481, 1484; a. A. Schmittmann, Werbung im Internet, S. 323. 9 Wie hier: Hoß, AnwBl 2002, 377, 384. 10 OLG Koblenz, Urteil v. 13.6.1997 – 6 U 1500/96, ZIP 1997, 377, 380 (Zahnarzt) mit Anm. Ring; Schmittmann, MDR 1997, 601, 603. 11 Schmittmann, Werbung im Internet, S. 323. 12 Schmittmann, Werbung im Internet, S. 323. 13 Selbstverstndlich muss die Einwilligung der Mitarbeiter zur Verçffentlichung ihrer Fotos im Internet vorliegen.

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Berufsrechtliche Beschrnkungen

dem Berufstrgern und deren Leistungsangebot nicht unmittelbar etwas verbindet, als gegen das Sachlichkeitsgebot verstoßend und damit rechtswidrig einzustufen. Allerdings kçnnen auch Angaben, die nur mittelbar etwas mit den beruflichen Qualifikationen zu tun haben, wie die Angabe frherer sportlicher Erfolge auf der Homepage einer auf Sportrecht spezialisierten Rechtsanwaltskanzlei, gestattet sein.1 Nicht zu beanstanden sind jedenfalls smtliche Angaben, die unmittelbar fr die Beurteilung der fachlichen Qualitt der Berufstrger von Relevanz sind, wie Lebenslufe, Mitgliedschaften bei Fachverbnden, Zusatzqualifikationen oder wissenschaftliche Verçffentlichungen. Steuerberatern ist es indes gemß § 43 Abs. 2 S. 2 StBerG untersagt, auf ein frheres çffentlich-rechtliches Beschftigungsverhltnis hinzuweisen. Zulssig drfte der kurze Hinweis auf die Mitgliedschaft in anderen Vereinen und Parteien sein, jedenfalls solange diese nicht blickfangmßig in den Vordergrund gestellt werden.2 Wird damit doch einem Informationsbedrfnis des Verkehrs Rechnung getragen, der wissen mçchte, mit wem er es „zu tun hat“. Ein Rechtsanwalt darf auf der Homepage ferner seine Beratungsgebiete angeben, ohne diese als Ttigkeits- oder Interessenschwerpunkte bezeichnen zu mssen, da die Homepage ein „anderes Informationsmittel“ i. S. d. § 6 Abs. 2 BORA ist.3 32

Umstritten ist, ob die Einrichtung eines Gstebuchs, wie es sich hufig auch auf gewerblichen Websites befindet, im Einklang mit dem berufsrechtlichen Regelungen der Kammerberufe steht. Keine Probleme ergeben sich dann, wenn die Gstebucheintrge vom Anbieter schlicht „eingesammelt“ und nicht – wie hufig – unmittelbar oder nach redaktioneller berarbeitung auf der Website verçffentlicht werden.4 Nach der berwiegenden Meinung soll es aber unzulssig sein, die Gstebucheintrge zu verçffentlichen. Das Einspielen der positiven ußerungen (etwa das Lob eines Patienten) wird nach der wohl berwiegenden Meinung als rechtswidrig angesehen, da darin eine unzulssige Drittwerbung gesehen wird.5 Allerdings lsst sich nicht allein aus der Tatsache des eingerichteten Gstebuchs schließen, dass damit unsachliche Werbung betrieben wird. Vielmehr kommt es auf den konkreten Wortlaut der darin enthaltenen Aussagen an. Nur diese stellen eventuell eine unerlaubte Werbung dar.6 Berufstrger, die auf ihren Websites Gstebcher verçffentlichen sind daher gehalten, Eintrge entweder erst nach Prfung einzustellen 1 BVerfG, Beschluss v. 4.8.2003 – 1 BvR 2108/02, NJW 2003, 2816, 2817 f. 2 A. A. Schmittmann, Werbung im Internet, S. 336. 3 AG Stuttgart, Urteil v. 4.6.2002 – 1 C 2871/01, NJW 2002, 3572; Hoß, AnwBl 2002, 377, 383; Frank, K&R 2004, 175, 180. 4 Schmittmann, Werbung im Internet, S. 321. 5 Schmittmann, MDR 1997, 601, 603; Steinbeck, NJW 2003, 1481, 1485; Schmittmann, Werbung im Internet, S. 321; Rein, NJW 1999, 1377, 1379; Frank, K&R 2004, 175, 181. 6 Hoß, AnwBl 2002, 377, 385; a. A. Steinbeck, NJW 2003, 1481, 1485.

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oder aber das Gstebuch stndig auf eventuell eine unsachliche Werbung darstellende Eintrge zu berprfen. Das Verçffentlichen einer Referenzliste von Mandanten ist, deren Einverstndnis vorausgesetzt, im Regelfall zulssig.

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Zuweilen wird die Online-Beratung noch kritisch gesehen, weil damit 34 die Gefahr der Gebhrenunterschreitung verbunden sei.1 Tatschlich drfte sich dieses Problem in der Praxis kaum stellen. Auch Rechtsanwlte drfen – außerhalb der gerichtlichen Vertretung – geringere als die gesetzlichen Gebhren verlangen. Ihnen ist es daher nicht verwehrt, niedrigere Pauschalhonorare zu fordern. Dem entsprechend ist auch die Rechtsberatung ber Mehrwerttelefondienste (0900- bzw. frher 0190-Rufnummern) vom BGH ausdrcklich fr zulssig erachtet worden.2 Unzulssig bleibt die kostenlose Online-Beratung.3 Wirtschaftsprfungsauftrge werden wohl auch in mittlerer Zukunft nicht ausschließlich ber das Internet erteilt werden. Fr Steuerberater gilt, dass eine Unterschreitung der angemessenen (gesetzlichen) Gebhren gemß § 45 Abs. 4 S. 1 BOStB berufsrechtswidrig ist, wenn nicht besondere Umstnde gem. § 45 Abs. 4 S. 2 BOStB die Unterschreitung rechtfertigen. Ein solcher Grund kçnnte in der Online-Beratung, die sich nur zur Klrung von Einzelfragen eignet, m. E. durchaus gegeben sein.4 Zulssig ist weiter das Bereithalten von Interessentenschreiben und Vollmachtsformularen.5 Eine Website muss von dem Nutzer aufgerufen werden. Damit scheidet eine unzulssige Werbung im Einzelfall gem. § 43b BRAO durch die Homepage eines Rechtsanwalt a priori aus, da es an einem direkten Herantreten fehlt. Die Werbung richtet sich an keine spezielle Person und es ist allein Sache des Nutzers, ob er durch Aufrufen der Seite den Inhalt derselben zur Kenntnis nimmt.6

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Zu den besondere Anbieterkennzeichnungspflichten (Rz. O 15), der Werbung mit Bannern (Rz. O 29) und zur Auswahl der Domain (Rz. O 59 ff.) siehe dort.

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1 2 3 4 5

Schmittmann, Werbung im Internet, S. 324 f. BGH, Urteil v. 26.9.2002 – I ZR 44/00, NJW 2003, 819. Vgl. statt vieler Hoß, AnwBl 2002, 377, 385 m. w. Nachw. A. A. Schmittmann, Werbung im Internet, S. 325. OLG Mnchen, Urteil v. 20.12.2001 – 29 U 4596/01, NJW 2002, 760, 761 f. = K&R 2002, 371, 374 f. mit Anm. Dietrich; OLG Hamburg, Urteil v. 26.2.2004 – 3 U 82/02, NJW 2004, 1668, 1669 = MMR 2004, 759, 760 f.; Hoß, AnwBl 2002, 377, 385. 6 OLG Mnchen, Urteil v. 20.12.2001 – 29 U 4596/01, NJW 2002, 760, 761 f. = K&R 2002, 371, 374; Dietrich, K&R 2002, 375, 376; vgl. auch BGH, Urteil v. 9.10.2003 – I ZR 167/01, NJW 2004, 440, 441 = CR 2004, 129, 130 = K&R 2004, 81, 83 – Arztwerbung im Internet; Kleine-Cosack, AnwBl 2004, 153, 156; a. A. Frank, K&R 2004, 175, 181.

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Fr die Internetauftritte von rzten gilt, dass ebenso wie bei den rechtsund steuerberatenden Berufen eine unsachliche Werbung eine unzulssige Kommerzialisierung darstellt und damit dem Ansehen des Berufs und der Gesundheit der Bevçlkerung abtrglich ist. Die Rechtfertigung der Einschrnkung des rztlichen Werberechts findet sich im Rechtsgut der Gesundheit der Bevçlkerung. Die rztliche Berufsausbung soll sich nicht an çkonomischen Erfolgskriterien, sondern an medizinischen Notwendigkeiten orientieren.1 Aber auch hier ist in den letzten Jahren eine deutliche Liberalisierung des Werberechts feststellbar. Soweit die lnderspezifischen Berufsordnungen ein Werbeverbot enthalten, ist dieses verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass nur die berufswidrige Werbung unzulssig ist. Es ist daher dem Arzt grundstzlich unbenommen, in angemessener Weise auf seine Leistungen hinzuweisen und ein vorhandenes, an ihn herangetragenes Informationsbedrfnis zu befriedigen.2 Da eine Homepage ein passives Werbemedium darstellt – sie muss im Gegensatz zu Zeitungsannoncen vom Interessenten gesucht und aufgerufen werden – ist eine entsprechende Online-Prsentation großzgiger zu bewerten, als Werbeformen, mit denen der Umworbene ungefragt konfrontiert wird.3 Die Grenze zwischen angemessener Information und berufsrechtswidriger Werbung verluft dort, wo der Arzt eine Verflschung des rztlichen Berufsbildes durch Verwendung der in der Wirtschaft blichen Werbeformen in Kauf nhme.4 Somit sind dem Arzt Angaben zu seiner beruflichen Qualifikation ebenso zu gestatten, wie die Abbildung von Mitgliedsurkunden wissenschaftlicher Vereinigungen und die Angabe von Behandlungsschwerpunkten, auch wenn diese zum blichen „Repertoire“ eines Arztes dieser Fachrichtung gehçren. Erforderlich ist lediglich, dass der Arzt tatschlich auf diesen Gebieten nachhaltig ttig ist.5 Die Verçffentlichung eines Fotos des Arztes ist ebenfalls nicht zu beanstanden.6 Denn das vom Arzt zu beachtende Sachlichkeitsgebot verlangt von diesem nicht, sich auf die Mitteilung nchterner Fakten zu beschrnken. Vielmehr ist, da darber hinausgehende Angaben ebenfalls zu dem – auch emotional geprgten – Vertrauensverhltnis zwischen Arzt und Patient beitragen kçnnen, eine „Sympathiewerbung“ zulssig, soweit durch sie

1 BVerfG, Beschluss v. 11.2.1992 – 1 BvR 1531/90, NJW 1992, 2341, 2342; BGH, Urteil v. 9.10.2003 – I ZR 167/01, NJW 2004, 440, 442 = K&R 2004, 81, 83 – Arztwerbung im Internet. 2 BGH, Urteil v. 8.6.2000 – I ZR 269/99, NJW 2001, 1791, 1793 – Dentalsthetika. 3 So wohl auch BGH, Urteil v. 9.10.2003 – I ZR 167/01, NJW 2004, 440, 441 = CR 2004, 129, 130 = K&R 2004, 81, 83 – Arztwerbung im Internet. 4 BGH, Urteil v. 9.10.2003 – I ZR 167/01, NJW 2004, 440, 441 = CR 2004, 129, 130 = K&R 2004, 81, 83 – Arztwerbung im Internet. 5 BGH, Urteil v. 9.10.2003 – I ZR 167/01, NJW 2004, 440, 442 f. = CR 2004, 129, 130 = K&R 2004, 81, 83 f. – Arztwerbung im Internet; a. A. Schmittmann, Werbung im Internet, S. 308. 6 A. A. Schmittmann, Werbung im Internet, S. 308.

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Berufsrechtliche Beschrnkungen

Rz. 40 O

nicht der Informationscharakter in den Hintergrund gedrngt wird.1 Der durch das Foto hervorgerufene subjektive Eindruck ist jedenfalls mitentscheidend dafr, ob der potenzielle Patient ein Vertrauensverhltnis mit diesem Arzt aufbauen mçchte. Unsachlich kann somit ein schlichtes Foto des werbenden Arztes per se nicht sein. rzte haben jedoch die Beschrnkungen des Heilmittelwerbegesetzes zu beachten. Die Werbung von Kliniken ist indes wegen des damit verbundenen hçheren sachlichen und personellen Aufwands und der laufenden Betriebskosten und der damit einhergehenden strkeren Beeintrchtigung durch die Werbebeschrnkungen nicht an die gleichen strengen Voraussetzungen gebunden, wie die Werbung einzelner niedergelassener rzte.2

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Das strikteste Werberecht ist den Notaren auferlegt. Gemß § 29 Abs. 1 39 BNotO ist dem Notar jedes gewerbliche Verhalten, insbesondere eine dem çffentlichen Amt widersprechende Werbung verboten. Werbung ist ihm damit nicht strikt verboten. Untersagt ist sie allein, wenn sie mit der Amtsstellung des Notars nicht in Einklang zu bringen ist.3 Seine Werbung muss sich daher im Wesentlichen auf die schlichte Information ber seine Ttigkeit beschrnken. Jedenfalls zulssig ist die Verçffentlichung von Anschrift und Kommunikationsnummern. Allerdings drfen diese nicht in einem Verzeichnis verçffentlicht werden, welches nicht zumindest auch fr den Bezirk aufgelegt ist, in dem der Notar seinen Amtssitz hat.4 Dem steht aber eine Verçffentlichung im Internet bzw. das Bereithalten sachlicher Informationen im Internet nicht entgegen, da die Online-Prsentation bestimmungsgemß (auch) aus dem Bezirk abrufbar ist, in dem der Notar seine Kanzlei ausbt. Der Begriff „Notariat“ darf jedoch nicht in der Internetadresse erscheinen.5 Umstritten ist, welches Recht fr Mehrfachberufstrger anwendbar ist. Da die Mehrfachberufstrger (Zwangs-)Mitglied der verschiedenen Berufskammern sind, sind auf sie auch die entsprechenden Werberegelungen anzuwenden mit der Folge, dass fr sie alle diejenigen Bestimmungen anwendbar sind, die das Berufsrecht der Berufe vorsieht, die sie angeben und

1 So ausdrcklich BGH, Urteil v. 9.10.2003 – I ZR 167/01, NJW 2004, 440, 442 f. = CR 2004, 129, 131 = K&R 2004, 81, 84 – Arztwerbung im Internet unter Bezugnahme auf BVerfG, Beschluss v. 26.8.2003 – 1 BvR 1003/02, WRP 2003, 1209, 1212; BVerfG, Beschluss v. 13.7.2005 – 1 BvR 191/05, Tz. 22 ff. 2 BVerfG, Beschluss v. 17.7.2003 – 1 BvR 2115/02, K&R 2003, 608, 609 – Klinikwerbung. 3 BGH, Beschluss v. 12.7.2004 – NotZ 6/04, WRP 2004, 1278, 1279 – Notarwerbung. 4 BGH, Beschluss v. 12.7.2004 – NotZ 6/04, WRP 2004, 1278, 1279 f. – Notarwerbung. 5 BGH, Beschluss v. 11.7.2005 – NotZ 8/05, WRP 2005, 1171, 1172 f. = K&R 2005, 423.

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Chatrooms

ausben. Somit gilt das im konkreten Fall schrfste Berufsrecht.1 Andernfalls wren die Berufstrger mit Mehrfachqualifikation gegenber ihren Kollegen mit Einfachqualifikation unberechtigterweise bevorzugt.2 Lediglich dann, wenn ausschließlich fr eine Ttigkeit geworben wird, die nur unter die eine Qualifikation fllt, ist es m. E. gerechtfertigt nur dieses Berufsrecht anzuwenden. Wirbt also beispielsweise ein Rechtsanwalt und Wirtschaftsprfer in einer Werbung ausschließlich fr die Vertretung von Mandanten vor Gericht, erscheint es nicht angebracht, diese Werbung auch an den Bestimmungen der Werbung fr Wirtschaftsprfer zu messen.

Chatrooms 41

Die Werbung in Chatrooms, die in der Regel keine gewerblichen Ziele verfolgen, ist nur dann als zulssig anzusehen, wenn sich der Teilnehmer, der Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmen anpreist, eindeutig als Werbender zu erkennen gibt. Nach der Rspr. des BGH hat sich derjenige, der werben will, offen zu seiner Werbung zu bekennen.3 Somit ist die Aufnahme eines die Werbung kennzeichnende Zusatzes (wie „Commercial Posting“) erforderlich.4

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Unzulssig ist gemß § 4 Nr. 7 UWG die die Wettbewerber unzulssig herabsetzende Werbung durch Chatrooms, also wenn der Anbieter ein Diskussionsforum fr unzufriedene Kunden seines Konkurrenten bietet. Freilich wird dies in der Regel nicht offen geschehen, so dass der Nachweis der Tter- bzw. Stçrereigenschaft schwer zu fhren sein wird.5

Cursor 43

Erhebliche Aufmerksamkeit soll der Einsatz von Werbecursorn den Anbietern bringen.6 Beim Einsatz von Werbecursorn verwandelt sich der Cursor (= Mauspfeil) des Nutzers in ein Symbol, das das auf dieser Seite (oder auf diesem Banner) umworbene Produkt darstellt (z. B. Tennisschl1 Was nicht zwingend gleichbedeutend mit der Anwendung des (ansonsten) strengsten Berufsrechts ist, so wohl Schmittmann, Werbung im Internet, S. 317. 2 Schmittmann, Werbung im Internet, S. 317 f. 3 BGH, Urteil v. 16.2.1973 – I ZR 160/71, BGHZ 60, 296, 299 – Briefwerbung. 4 Leupold/Brutigam/Pfeiffer, WRP 2000, 575, 591. 5 Schmittmann, Werbung im Internet, S. 140. 6 Vgl. Nachweis bei Leupold/Brutigam/Pfeiffer, WRP 2000, 575, 591.

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Datenschutz

Rz. 46 O

ger). Solange sich dabei die Grçße des Cursors nicht wesentlich verndert und solange bei Verlassen des Website (des Banners) wieder der bliche Cursor erscheint, ist von keiner unzumutbaren Belstigung des Nutzers auszugehen. Diese Art der Werbung ist daher zulssig.1

Datenschutz Datenschutzrechtliche Aspekte spielen heute auf den verschiedenen Gebieten der Online-Werbung eine Rolle.

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Hinsichtlich der Datenspeicherung von Anzeigenkunden (seien es Online-Kleinanzeigen oder Bannerwerbekunden) darf auf die Ausfhrungen unter Rz. P 137 verwiesen werden. Ebenso ist es im Online-Bereich regelmßig zulssig, die fr die Erbringung des Teledienstes erforderlichen Bestands- und Nutzungsdaten zu erheben, zu speichern und zu verarbeiten.2

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Soweit gesetzlich die Datenerhebung oder -verarbeitung nicht zulssig ist, besteht die Mçglichkeit, dass der Nutzer darin einwilligt. Die Einwilligung ist die vorherige Einverstndniserklrung des Betroffenen.3 Die Einwilligung setzt eine gewisse Einsichtsfhigkeit voraus, die bei Kindern unter 14 Jahren regelmßig jedenfalls im datenschutzrechtlichen Bereich nicht vorhanden sein drfte. In einem Alter ab 16 Jahren kann aber von der notwendigen Einsichtsfhigkeit ausgegangen werden.4 Die Einwilligung ist nur mçglich, wenn der Betroffene ber den Umfang der Datenverarbeitung vorher konkret informiert wird. Eine pauschale Einwilligung in smtlichen Verarbeitungen ist nicht mçglich.5 Blanko- oder konkludente Einwilligungen sind unwirksam.6 Auch wenn datenschutzrechtliche Genehmigungen im Regelfall schriftlich erteilt werden mssen, gengt im Internet auch ein Mausklick, wenn sichergestellt ist, dass die Einwilligung nur durch eindeutige und bewusste Handlung des Betroffenen erfolgt ist. Gleichzeitig muss die Einwilligung protokolliert werden und der Inhalt der Einwilligung muss jederzeit vom Nutzer abgerufen werden kçnnen.7

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1 Leupold/Brutigam/Pfeiffer, WRP 2000, 575, 591. 2 Schmitz, in: Hoeren/Sieber, Hdb. Multimedia Recht, 16.4. Rz. 126 ff.; Zscherpe, K&R 2005, 264, 265 f. 3 Zscherpe, MMR 2004, 723, 724. 4 Zscherpe, MMR 2004, 723, 725. 5 Schneider, in: Schwarz/Peschel-Mehner, Recht im Internet, 15-G 6.1.; Klein, in: Bettinger/Leistner, Werbung und Vertrieb im Internet, 2 E Rz. 51. 6 Zscherpe, MMR 2004, 723, 725. 7 Zscherpe, MMR 2004, 723, 726; Klein, in: Bettinger/Leistner, Werbung und Vertrieb im Internet, 2 E Rz. 55.

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Datenschutz

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Schwierigkeiten bereitet die Verwendung sog. Cookies. Die Verwendung von Cookies ermçglicht es den Diensteanbietern die verschiedenen Nutzer zu identifizieren und ihren Weg durch das Netz zu verfolgen. Die Cookie-Dateien werden in der Regel unbemerkt abgelegt, falls nicht die Sicherheitseinstellungen beim Browser des Nutzers dies verhindern.1 Das Setzen von Cookies erfolgt auf entsprechende Anfrage des Anbieters durch das System des Nutzers selbst. Zwar mag dieser Vorgang aufgrund der automatischen Browser-Einstellungen vielen Nutzern unbekannt sein, doch liegt das Setzen von Cookies in der Verfgungsgewalt des Nutzers. Das Setzen von Cookies ist daher von keiner datenschutzrechtlichen Erlaubnis nach § 3 Abs. 2 TDDSG abhngig.2 Voraussetzung ist allerdings – sofern mit den Cookies eine sptere Identifizierung des Nutzers mçglich ist – gem. § 4 Abs. 1 TDDSG die vorherige Unterrichtung des Nutzers ber Art, Umfang, Ort und Zweck der Verarbeitung der Cookies. Anders verhlt es sich indes bei der Abfrage der hinterlegten Cookies und deren weiteren Verarbeitung. Der Empfang und die weitere Verarbeitung der Cookies stellt eine Verarbeitung und „Erhebung“ von Daten durch den Diensteanbieter dar und ist somit nur zulssig, wenn ein Erlaubnistatbestand gem. § 3 Abs. 2 TDDSG eingreift. Da Cookies fr die Diensteerbringung in der Regel nicht erforderlich sind, wird zumeist eine ausdrckliche Einwilligung des Nutzers notwendig sein. Lediglich bei Diensten, die Cookies fr ihr ordnungsgemßes Funktionieren erfordern, wie solche mit speziellem Sicherheitssystem oder bei den „elektronischen Einkaufskçrben“ ist die Verwendung von Cookies – mit entsprechender Information – zulssig.3

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Profilbildungen sind nach §§ 4, 6 Abs. 3 TDDSG nur bei Verwendung von Pseudonymen zulssig. Sie sind daher nur zulssig, wenn die dahinter stehende natrliche Person nicht mehr bestimmbar ist.4

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Auf Bedenken stçßt auch die systematische Erfassung von E-Mail-Adressen und anderer Daten. In jeden Fall unzulssig sind die sog. „PacketSniffer“, also Programme, die das Internet systematisch nach im Internet bermittelten E-Mail-Adressen untersuchen.5 Dagegen wird die Auswertung von çffentlich zugnglichen Mailing-Listen oder Newsgroups auch in Form der systematischen Datenerhebung („Data Mining“) teilweise als zulssig angesehen.6 Da aber nicht nur eine Einwilligung in die Ver1 Vgl. Schmitz, in: Hoeren/Sieber, Hdb. Multimedia Recht, 16.4. Rz. 137. 2 Schmitz, in: Hoeren/Sieber, Hdb. Multimedia Recht, 16.4. Rz. 141. 3 Schneider, in: Schwarz/Peschel-Mehner, Recht im Internet, 15-G 6.2; Schmitz, in: Hoeren/Sieber, Hdb. Multimedia Recht, 16.4 Rz. 144. 4 Schneider, in: Schwarz/Peschel-Mehner, Recht im Internet, 15-G 6.3. 5 Schmitz, in: Hoeren/Sieber, Hdb. Multimedia Recht, 16.4 Rz. 146; zur Frage der mçglichen Wettbewerbswidrigkeit der Adressgewinnung unter Verschweigen der kommerziellen Absicht, Engels, AfP 2004, 316, 321. 6 Schmitz, in: Hoeren/Sieber, Hdb. Multimedia Recht, 16.4. Rz. 147.

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Dialer

Rz. 52 O

çffentlichung der Daten ausreichend ist, sondern auch eine Einwilligung hinsichtlich des konkreten Zwecks unter Aufklrung ber Art, Umfang, Ort und Zweck der Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung, die hinsichtlich der Mailing-Listen- und Newsgroupseintrgen in der Regel nicht erfolgte, ist eine derartige systematische Datenerhebung unzulssig.1 Auf Verlangen des Nutzers hat der Anbieter unverzglich Auskunft ber die zu dessen Person gespeicherten Daten zu erteilen, § 4 Abs. 7 TDDSG. Die Auskunft kann auf Verlangen auch elektronisch erteilt werden.2

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Die Verçffentlichung von persçnlichen Daten im Internet kann eine ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten darstellen3 und, auch wenn diese Daten an anderer Stelle (z. B. im Handelsregister) bereits verçffentlicht sind, insbesondere dann unzulssig sein, wenn durch die konkrete Form der Weitergabe eine besondere Gefahr fr den Betroffenen geschaffen wird, bspw. weil die Information im direkten Zusammenhang mit Aufrufen zu Straftaten oder Belstigungen steht.4

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Dialer Die sog. Dialer oder Dialer-Software dient zur Abrechnung von Dienstleistungen im Internet ber Mehrwerttelefonnummer (auch Premiumnummern genannt). Die Dialer trennen die bestehende Datenverbindung und stellen eine neue Verbindung ber eine Mehrwertnummer her. Sie ermçglichen eine schnelle, unkomplizierte und sichere Abrechnung insbesondere von Kleinbetrgen, die der Netzzugangsprovider dem Nutzer in Rechnung stellt und nach Abzug seines Anteils mittelbar oder unmittelbar an den Contentprovider (also denjenigen, der die ber den Dialer abgerechnete Dienstleistung erbracht hat) weiterleitet.5 Allerdings fhrte der Missbrauch derartiger Dialer-Software insbesondere in der Form der Installation ohne Kenntnis des Nutzers zu einer Vielzahl von Gerichtsentscheidungen und zum Ttigwerden des Gesetzgebers,6 ohne dass bisher alle mit dem Einsatz von Dialer zusammenhngenden Fragen gelçst werden konnten. 1 Vgl. auch Engels/Eimterbumer, K&R 1998, 196, 198 f. 2 Rasmussen, CR 2002, 36, 43; Klein, in: Bettinger/Leistner, Werbung und Vertrieb im Internet, 2 E Rz. 36. 3 EuGH, Urteil v. 6.11.2003 – Rs. C-101/01, K&R 2004, 26 L – Bodil Lindqvist. 4 LG Mnchen I, Urteil v. 10.9.2003 – 9 O 13848/03, MMR 2004, 499, 500 = K&R 2004, 94 95 L. 5 Hrting, Recht der Mehrwertdienste, Rz. 14 ff.; Hrting/Schirmbacher, CR 2004, 334. 6 Gesetz zur Bekmpfung des Missbrauchs von 0190er-/0900er-Mehrwertdiensterufnummer v. 9.8.2003, BGBl. I, 1590 ff.

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Dialer

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Zunchst drfen Dialer gemß § 43b Abs. 5 TKG nur eingesetzt werden, wenn sie zuvor bei der Regulierungsbehçrde fr Telekommunikation und Post1 registriert worden sind, die von der Regulierungsbehçrde vorgegebenen Mindestvoraussetzungen erfllt werden und die schriftliche Versicherung vorliegt, wonach eine rechtswidrige Nutzung ausgeschlossen ist. Zu den Mindestanforderungen gehçrt, dass diese Anwhlprogramme fr den Nutzer erkennbar sind bei dem Bezug, bei der Installation und/ oder Aktivierung und bei der tatschlichen Verbindungsherstellung. Jeder dieser Schritte muss von der expliziten Zustimmung des Nutzers abhngig sein.2 Ohne Registrierung besteht daher kein Vergtungsanspruch gegenber dem Nutzer. Auf der anderen Seite bietet die Registrierung auch keine Gewhr dafr, dass der konkrete Dialer den Anforderungen der Regulierungsbehçrde entspricht. Denn die Regulierungsbehçrde prft nicht von sich aus die Richtigkeit der von den Anbietern versicherten Angaben. Die Registrierung von Dialern bei der Regulierungsbehçrde stellt somit kein Gtesiegel dar, sie ermçglicht den Verbrauchern lediglich die Erlangung von Informationen ber die registrierten Dialer.3 Daher belegt die bloße Registrierung nicht eo ipso die Rechtmßigkeit der ber diesen Dialer abgerechneten Gebhren.4

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§ 43b Abs. 3 TKG sieht einen Maximalbetrag vor, der ber Dialer und Mehrwertdiensterufnummern abgerechnet werden darf. Der Preis betrgt hçchstens 2,00 Euro pro Minute bei zeitabhngig abgerechneten Diensten (maximaler Takt 60 Sekunden) und 30,00 Euro pro Verbindung fr zeitunabhngig abgerechnete Dienste. Die zeitabhngig abgerechneten Dienste sind nach sptestens einer Stunde zu trennen.5 Darber hinausgehende Entgelte drfen nur nach vorherigem speziellen Legitimationsverfahren nach Vorgaben der Regulierungsbehçrde erhoben werden. Dia1 www.regtp.de. 2 Amtsblatt der Regulierungsbehçrde fr Telekommunikation und Post, Nr. 16/03 und 37/03. 3 Bei der Regulierungsbehçrde fr Telekommunikation und Post wurde eine sog. Dialer-Datenbank aufgebaut, vgl. www.regtp.de. 4 Die von den Anbietern gerne vertretene gegenteilige Auffassung vermag nicht zu berzeugen. Die Regulierungsbehçrde nimmt keine berprfung der angemeldeten Dialer-Software vor. Sie kann daher auch nicht als Gewhrtrger fr die Richtigkeit der bei der Registrierung gemachten Angaben herangezogen werden. Fhrte allein die Registrierung zu einer Vermutung der Richtigkeit der durch die Dialer-Software entstandenen Forderung, wre entgegen der gesetzgeberischen Intention der Verbraucherschutz durch das Missbrauchsbekmpfungsgesetz nicht gestrkt, sondern geschwcht worden, da ohne berprfung jede „Dialer-Forderung“ so lange als berechtigt anzusehen wre, bis die Regulierungsbehçrde ttig geworden ist. Dies geschieht indes erst bei gesicherter Kenntnis von einem Missbrauch. Dann kann sie die Registrierung lçschen bzw. nach § 43c TKG die Nummern entziehen, sperren oder ein Inkassoverbot erteilen. 5 So auch schon vor Inkrafttreten des neuen § 43b Abs. 4 TKG OLG Frankfurt/ Main, Urteil v. 24.6.2004 – 3 U 13/03, MMR 2004, 613, 614.

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Dialer

Rz. 56 O

ler drfen seit dem 14.12.2003 nur noch ber die Rufnummerngasse (0)900-9 betrieben werden. Unabhngig davon mssen die Diensteanbieter ber die Entgeltlichkeit und den Preis ausdrcklich und deutlich informieren.1 Trotz dieser gesetzlichen Regelungen bleibt ein Missbrauchsrisiko insbesondere im Hinblick auf die heimliche Installation eines Dialers bestehen. Eine Vielzahl von Dialern installierten sich ohne Wissen und Wollen der Anschlussinhaber auf deren Computern und stellten unbemerkt eine Internetverbindung ber eine Mehrwertdienstenummer her. Die Netzzugangsprovider forderten dann unter Verweis auf die tatschliche Inanspruchnahme der Mehrwertdienstenummer (belegt durch einen Einzelverbindungsnachweis) die vollen Gebhren. Dieses Missbrauchsrisiko wurde von den Instanzgerichten unterschiedlich verteilt.2 Steht fest, dass die Verbindung unbemerkt vom Anschlussinhaber zustande kam, trgt nach der Rechtsprechung des BGH der Telefonnetzbetreiber und nicht der Anschlussinhaber das Risiko, sofern dem Anschlussinhaber nicht Fahrlssigkeit vorgeworfen werden kann. Ihm obliegt es aber nicht, Sicherungsvorkehrungen gegen die unbemerkte Installation von Dialern zu treffen.3 Allerdings konnte der BGH von einem unstrittigen Sachverhalt ausgehen.

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Zu den in der Praxis schwierigen Beweisfragen nimmt er nicht Stellung. Mit der im Vordringen befindlichen Rechtsprechung der Instanzgerichte wird man die Beweislast fr das Zustandekommen des Dienstleistungsvertrages beim Diensteanbieter sehen mssen.4 Dies gilt – wie ausgefhrt (R Rz. O 53) – auch dann, wenn der entsprechende Dialer bei der Regulierungsbehçrde registriert ist, da die Registrierung kein Gtesiegel darstellt. Stellt hingegen der Anschlussinhaber bewusst eine Verbindung ber eine Dialer her und konnte er die Entgeltpflichtigkeit erkennen,

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1 LG Mannheim, Urteil v. 19.3.2004 – 7 O 47/04, MMR 2004, 493, 494. 2 Volle Darlegungs- und Beweislast beim Nutzer: LG Karlsruhe, Urteil v. 10.3.2004 – 1 S 123/03, CR 2004, 596, 597 ff. = MMR 2004, 553 ff.; AG Herborn, Urteil v. 5.6.2003 – 5 C 783/02 (13), MMR 2003, 606; AG Bhl, Urteil v. 30.9.2003 – 3 C 260/03, MMR 2003, 801; Darlegungslast beim Diensteanbieter: LG Osnabrck, Urteil v. 27.8.2004 – 12 S 45/04, CR 2005, 272 = MMR 2004, 824, 825; AG Moers, Urteil v. 30.6.2004 – 532 C 17/04, K&R 2004, 499 f; AG Frankfurt/Main, Urteil v. 10.7.2003, 31 C 1361/03 – 83, K&R 2003, 620; AG BerlinWedding, Urteil v. 1.9.2003 – 17 C 263/03, MMR 2003, 802 = CR 2004, 359; AG Gelsenkirchen, Urteil v. 19.8.2003 – 14 C 38/03, MMR 2003, 802 f.; LG Nrnberg-Frth, Urteil v. 27.3.2003 – 11 S 8162/02, MMR 2003, 492; LG Kiel, Urteil v. 9.1.2003, 11 O 433/02, CR 2003, 684, 685 = MMR 2003, 422. 3 BGH, Urteil v. 4.3.2004 – III ZR 96/03, CR 2004, 355 ff. = MMR 2004, 308 ff.; dazu Hrting/Schirmbacher, CR 2004, 334 ff. 4 Mankowski, CR 2004, 185, 186 ff.; Hrting, Recht der Mehrwertdienste, Rz. 50 ff.; Koos, K&R 2002, 617, 620 ff.

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O Rz. 57

Dialer

bleibt er auch nach der BGH-Entscheidung zur Zahlung der Gebhren verpflichtet.1 57

Der Verein Freiwillige Selbstkontrolle Telefonmehrwertdienste e.V. (FST e. V.), ein Zusammenschluss von Diensteanbietern und Netzbetreibern, Verbnden und Organisationen aus dem Bereich der Mehrwertdienste hat einen Verhaltenskodex aufgestellt,2 der zwar noch keine Anerkennung als Wettbewerbsregeln gemß § 24 GWB besitzt, aber dennoch bereits vereinzelt von den Gerichten bei der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung von Werbung der Diensteanbieter herangezogen wird.3 Der Verhaltenskodex enthlt Vorgaben ber die angebotenen Inhalte, die Anbieterkennzeichnung, Tarifangaben, den Jugendschutz und die Informationspflichten bei der Verwendung von Dialern.4

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Der Missbrauch von Dialerprogrammen hat dazu gefhrt, dass viele Virenschutzprogramme auch gegen unbemerkte Installation von Dialerprogrammen schtzen und auch im Falle einer bewussten Installation den Nutzer warnen. Das Anbieten derartiger Dialer-Schutzmechanismen ist jedenfalls dann nicht wettbewerbswidrig, wenn diese nach eigenem Ermessen des Nutzers deaktiviert werden kçnnen. Ebenso ist eine Unterscheidung zwischen bei der Regulierungsbehçrde registrierten und nicht registrierten Einwahlprogrammen nicht erforderlich.5

Domains 59

Jede Homepage bençtigt eine individuelle Adresse, unter der sie im Internet gefunden werden kann. Diese sog. IP-Adresse besteht aus vier dreigliedrigen Zahlenblçcken, die jeweils durch einen Punkt getrennt sind. Der Gebrauch dieser Ziffernfolge ist ußerst umstndlich. Es hat sich daher die Verwendung von einprgsamen Buchstabenfolgen als Alias eingebrgert, die als Domains bezeichnet werden. Top-Level-Domain wird das am Ende befindliche Krzel genannt, welches hufig die Lnderkennung darstellt (also z. B. „.de“ fr Deutschland, „.ch“ fr Schweiz). Inzwischen gibt es neben diesen geographischen auch einige wenige sog. generische Top-Level-Domains (z. B. „.org“ fr Organisationen, „.edu“ fr education, 1 LG Mnchen I, Urteil v. 18.3.2004 – 27 O 15933/03, CR 2004, 622, 623 = K&R 2004, 359. 2 www.fst-ev.org. 3 LG Hamburg, Urteil v. 14.5.2002 – 312 O 845/01, MMR 2002, 834; vgl. auch OLG Hamburg, Urteil v. 10.4.2003 – 5 U 97/02, CR 2003, 747, 748 = MMR 2003, 467, 469. 4 Vgl. zu dem Verhaltenskodex Hrting, Recht der Mehrwertdienste, Rz. 196 ff. 5 OLG Hamburg, Beschluss v. 13.5.2004 – 5 W 52/04, CR 2005, 19, 20 f. = K&R 2004, 594, 595 f.

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Domains

Rz. 61 O

„.coop“ fr Genossenschaften, „.info“). Vor der Top-Level-Domain steht die Second-Level-Domain, der eigentlich namensgebende Teil des Domain-Namens. Da ein erheblicher Teil der Internet-Nutzer Informationen in der Weise sucht, dass der Name des gesuchten Unternehmens bzw. ein beschreibender Begriff in die Adresszeile eingegeben wird,1 kommt der Wahl des Domainnamens berragende Bedeutung zu. Die Vergabe der Domains erfolgt durch zentrale Stellen. Domains unter der Top-Level-Domain „.de“ werden von der DENIC eG vergeben.2 Die DENIC prft bei der Anmeldung einer Domain lediglich, ob die gewnschte Bezeichnung schon vergeben ist. Weitergehenden Prfungspflichten, etwa hinsichtlich der Frage, ob mit der Domain fremde Kennzeichen- oder Namensrechte verletzt werden, obliegen der DENIC nicht. Nur bei offenkundigen ohne weitere Nachforschungen zweifelfrei feststellbaren Rechtsverletzungen kann von der DENIC gefordert werden, dass sie eine Registrierung aufhebt.3

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Grundstzlich drfen auch beschreibende Begriffe als Domain-Namen verwendet werden (generische Domains). Allerdings kann im Einzelfall in der Verwendung bestimmter Begriffe eine wettbewerbswidrige Irrefhrung gesehen werden, etwa wenn mit der Bezeichnung eine irrefhrende Alleinstellungsbehauptung verbunden wre,4 die Nutzer hinter der Domain ein unternehmensbergreifendes Angebot vermuten (z. B. unter „www.rechtsanwaelte-dachau.de“ nicht das Angebot einer Kanzlei, sondern eine Auflistung smtlicher Anwaltskanzleien im Raum Dachau)5 oder ber die Unternehmensform getuscht wird (die Verwendung der Top-Level-Domain „.ag“ fr eine deutschsprachige Homepage versteht der Verkehr nicht als Hinweis auf die Lnderkennung fr Antigua und Barbuda, sondern als Hinweis auf die Rechtsform Aktiengesellschaft).6 Zulssig wre aber etwa die Verwendung der Domains „rechtsanwaltdachau.de“ oder „presserecht.de“.7

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1 Vgl. BGH, Urteil v. 22.11.2001 – I ZR 138/99, NJW 2002, 2031, 2033 = CR 2002, 525, 526 – shell.de. 2 www.denic.de 3 BGH, Urteil v. 17.5.2001 – I ZR 251/99, NJW 2001, 3265, 3266 ff. = CR 2001, 850, 851 ff. – ambiente.de; BGH, Urteil v. 19.2.2004 – I ZR 82/01, NJW 2004, 1793 f. = CR 2004, 531 ff. – kurt-biedenkopf.de. 4 BGH, Urteil v. 17.5.2001 – I ZR 216/99, NJW 2001, 3262, 3265 = CR 2001, 777, 780 – Mitwohnzentrale.de. 5 OLG Mnchen, Urteil v. 18.4.2002 – 29 U 1573/02, CR 2002, 757, 758 f. = MMR 2002, 614, 615 – rechtsanwaelte-dachau.de; LG Berlin, Urteil v. 16.12.2002 – 97 O 192/02, MMR 2003, 490 f. – deutsches-anwaltsverzeichnis.de. 6 OLG Hamburg, Urteil v. 16.6.2004 – 5 U 162/03, CR 2004, 769, 770 ff. = K&R 2004, 492, 493 ff. = MMR 2004, 680, 681 ff. – tipp.ag. 7 BGH, Urteil v. 25.11.2002 – AnwZ (B) 41/02, CR 2003, 355, 356 ff. = MMR 2003, 252, 254 f. – presserecht.de.

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O Rz. 62

Domains

62

Hufiger Streitpunkt ist die Kollision von Domain-Namen mit Kennzeichenrechten.1 Domains sollen die Zuordnung zu einem hinter der Internetadresse stehenden Unternehmen ermçglichen. Sie haben daher Kennzeichnungsfunktion und kçnnen Namens-, Marken- und sonstige Kennzeichenrechte verletzen.2 Dabei wird bereits in der Registrierung eines fremden Kennzeichens als Domain eine Verletzungshandlung erkannt.3 Erfolgt die Registrierung indes als erster Schritt im Rahmen der – fr sich genommen rechtlich unbedenklichen (weil branchenfremden) – Aufnahme einer entsprechenden Benutzung als Unternehmenskennzeichen, kann der Berechtigte nicht gegen die Registrierung vorgehen, da er gegen die Benutzung als Unternehmenskennzeichen in der fremden Branche nicht vorgehen kçnnte.4 Voraussetzung fr die Verletzung von Marken- und Kennzeichenrechten ist, dass die Domain im geschftlichen Verkehr benutzt wird, also irgendwie der Fçrderung eines beliebigen Geschftszwecks dient, wobei Gewinnabsicht, Entgeltlichkeit oder ein Wettbewerbsverhltnis nicht begriffsnotwendig sind.5 Handelt der „Verletzer“ nicht im geschftlichen Verkehr, bleiben die Ansprche aus dem Namensrecht (§ 12 BGB), jedoch mssen – was allerdings hufig der Fall ist – weitere Voraussetzungen hinzutreten (z. B. Zuordnungsverwirrung),6 damit die in der Domainnutzung liegende „Namensanmaßung“ rechtswidrig wird.7 Da im Kennzeichenrecht grundstzlich der Inhaber des lteren Rechts die bessere Position hat (Priorittsprinzip), kommt es darauf an, ob das kollidierende Kennzeichenrecht lter ist, als die Registrierung der Domain.

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Entscheidend ist schließlich, ob zwischen der Domain und dem Kennzeichen eine Verwechslungsgefahr besteht. Bei der Beurteilung der Ver1 Vgl. zur Kollision von Namen kommunaler Verwaltungseinheiten und Titeln von Medienangeboten bei der Domainregistrierung Rath-Glawatz, AfP 2002, 115 ff. 2 Inzwischen allgemeine Meinung, vgl. nur Baronikians/Jooss, in: Schwarz/Peschel-Mehner, Recht im Internet, 7-G, 2.4.1 m. w. Nachw. 3 BGH, Urteil v. 22.11.2001 – I ZR 138/99, NJW 2002, 2031, 2033 = CR 2002, 525, 526 – shell.de. 4 BGH, Urteil v. 9.9.2004 – I ZR 65/02, CR 2005, 362, 364 = MMR 2005, 313, 315 – mho.de; hnliches gilt bei der Registrierung von Gattungsbegriffen, die zugleich Kennzeichenrechte darstellen; auch hier entstehen Ansprche erst, wenn Anhaltspunkte dafr bestehen, dass der Domainname in einer das Kennzeichen verletzenden Weise benutzt werden soll, BGH, Urteil v. 2.12.2004 – I ZR 207/01, MMR 2005, 534, 535 f. = K&R 2005, 379 f. – weltonline.de 5 OLG Hamburg, Urteil v. 18.12.2003 – 3 U 117/03, MMR 2004, 415 – awd-aussteiger.de, Handeln im geschftlichen Verkehr durch eine private homepage, die sich kritisch mit einem Unternehmen auseinandersetzt. 6 Keine Zuordnungsverwirrung hat das LG Mnchen I, Urteil v. 18.3.2004 – 17 HK O 16815/01, MMR 2004, 771, 772 – sexquisit.de, bei Einrichtung eines privaten Diskussionsforums angenommen. 7 BGH, Urteil v. 22.11.2001 – I ZR 138/99, NJW 2002, 2031, 2033 = CR 2002, 525, 526 – shell.de.

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Domains

Rz. 64 O

wechslungsgefahr kommt es v. a. auf die Kennzeichnungskraft, die Zeichenhnlichkeit und die Waren- bzw. Dienstleistungshnlichkeit an. Das Zeichen muss also kennzeichnungskrftig sein, also geeignet, das so bezeichnete Angebot (Waren oder Dienstleistungen) von dem Angebot anderer zu unterscheiden. Dazu ist beispielsweise der Zeichenbestandteil „online“ nicht geeignet. Im Gegenteil: Er erhçht die Verwechslungsgefahr, da der Nutzer unter „X-online“ das Online-Angebot des Markeninhabers X vermutet.1 Auch unterschiedliche Top-Level-Domains sind in diesem Zusammenhang unbeachtlich und kçnnen eine Verwechslungsgefahr nicht aufheben.2 Ferner mssen die gegenberstehenden Zeichen hnlich sein, wobei auf die phonetische, schriftbildliche und begriffliche hnlichkeit abzustellen ist und es grundstzlich auf den Gesamteindruck ankommt. Diese Grundstze sind auch bei Internetadressen uneingeschrnkt anwendbar, insbesondere kommt es bei der Beurteilung auch auf die phonetische hnlichkeit an, da Internetadressen nicht nur geschrieben, sondern hufig auch gesprochen werden.3 Schließlich ist zu prfen, ob die beteiligten Verkehrskreise die mit den in Frage stehenden Zeichen Waren bzw. Dienstleistungen bezeichnen, die identisch, hnlich oder einer hnlichen Branche zugehçrig sind. Maßstab fr die Beurteilung ist, wenn sich die Werbung an Verbraucher richtet, der „durchschnittlich informierte, aufmerksame und verstndige Durchschnittsverbraucher“.4 Hinsichtlich der Details bei der Beurteilung der Verwechslungsfhigkeit muss an dieser Stelle auf die markenrechtliche Literatur verwiesen werden. Gibt es mehrere berechtigte Namenstrger (Gleichnamigkeit), fhrt die dann vorzunehmende Abwgung im Regelfall dazu, dass derjenige, der als Erster die Registrierung vorgenommen hat, die strkere Rechtsposition inne hat (Grundsatz der Prioritt).5 Lediglich in engen Ausnahmefllen bei berragender Bekanntheit des die registrierte Domain begehrenden und keinem besonderen Interesse des Domain-Inhabers an exakt dieser Domain, kann der Domain-Inhaber verpflichtet sein, seiner Domain einen unterscheidenden Zusatz beizufgen.6 1 OLG Hamburg, Urteil v. 31.7.2003 – 3 U 145/02, MMR 2004, 174, 176 – elternonline.de. 2 Vgl. nur LG Frankfurt/Main, Urteil v. 22.4.2004 – 2/3 O 341/03, MMR 2005, 62, 63 – fetenplaner.de. 3 OLG Hamburg, Beschluss v. 7.7.2003 – 3 W 81/03, MMR 2003, 669, 670 – be-mobile.de, verwechslungsfhig mit den Marken T-Mobil und T-Mobile. 4 Vgl. nur BGH, Urteil v. 13.1.2000 – I ZR 223/97, GRUR 2000, 506, 508 – Attach/Tisserand. 5 Statt vieler: LG Mnchen I, Urteil v. 18.3.2004 – 17 HK O 16815/03, MMR 2004, 771, 772 – sexquisit.de; Bettinger, in: Bettinger/Leistner, Werbung und Vertrieb im Internet, 1 C Rz. 101. 6 BGH, Urteil v. 22.11.2001 – I ZR 138/99, NJW 2002, 2031, 2034 = CR 2002, 525, 527 – shell.de.

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O Rz. 65 65

Domains

Im Falle der Verletzung von Kennzeichenrechten stehen dem Verletzten Unterlassungs-, Auskunfts- und Schadensersatzansprche zu. Es kann in diesem Zusammenhang aber nur die Lçschung der Domain, nicht aber deren bertragung verlangen.1 Er sollte daher seine Rechtsposition in der Weise sichern, dass er bei der Registrierungsstelle einen sog. „Dispute“-Antrag stellt.2 Er erhlt dann nach Freigabe der Domain durch den Verletzer die Stellung des Domain-Inhabers.

E-Mail-Werbung 66

Die Versendung von Werbung via E-Mail hat in den letzen Jahren erheblich zugenommen. Schtzungen zufolge sind bereits mehr als die Hlfte aller verschickten E-Mails Werbung.3 Die dadurch jhrlich entstehenden Kosten wurden bereits 2001 auf weltweit 10 Euro Mrd. geschtzt.4 Experten befrchten daher schon eine Gefhrdung des gesamten E-Mail-Systems.5 Rechtlich sind der E-Mail-Werbung indes enge Schranken gesetzt. Werbe-E-Mails drfen nur an Empfnger geschickt werden, deren Einverstndnis vorliegt oder (bei Gewerbetreibenden) das Einverstndnis zu vermuten ist.

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Das Einverstndnis muss relativ zeitnah erfolgt sein. Eine bereits zwei Jahre zurckliegenden Genehmigung ist alleine nicht ausreichend.6

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Ein vermutetes Einverstndnis kommt nach der Neuregelung des UWG im Grunde nur noch bei einer bestehenden Geschftsverbindung in Betracht.7 Nach § 7 Abs. 3 UWG ist von einer unzumutbaren Belstigung ausnahmsweise nicht auszugehen, wenn der Unternehmer vom Kunden im Rahmen eines vorangegangenen Geschftsabschlusses dessen E-MailAdresse erhalten hat und diese Adresse fr die eigene Werbung verwen-

1 BGH, Urteil v. 22.11.2001 – I ZR 138/99, NJW 2002, 2031, 2035 = CR 2002, 525, 527 – shell.de. 2 Dazu Bettinger, in: Bettinger/Leistner, Werbung und Vertrieb im Internet, 1 C Rz. 167. 3 Heidrich/Tschoepe, MMR 2004, 75; Wendlandt, MMR 2004, 365. 4 Wendlandt, MMR 2004, 365. 5 Kossel, c’t 2004, 132 ff. 6 LG Berlin, Beschluss v. 2.7.2004 – 15 O 653/03, CR 2004, 941, 942 f. = K&R 2004, 497, 498 = MMR 2004, 688. 7 Auch fr die Werbung eines Kandidaten fr die Vertreterversammlung eines berufsstndischen Versorgungswerkes soll es ein vermutetes Einverstndnis des Empfngers geben, AG Bochum, Urteil v. 25.2.2004 – 44 C 640/03, MMR 2004, 707.

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E-Mail-Werbung

Rz. 70 O

det, solange der Kunde deutlich und klar darauf hingewiesen wurde, dass er der Nutzung zu Werbezwecken jederzeit widersprechen kann.1 Die ohne erteiltes oder zu vermutendes Einverstndnis des Empfngers versandten Werbe-E-Mails sind rechtswidrig und verletzen den Empfnger in seinen Rechten. Er kann den Werbenden wegen Verletzung des allg. Persçnlichkeitsrechts (Privatpersonen) bzw. Verletzung des Rechts am eingerichteten Gewerbebetrieb (Gewerbetreibende, Freiberufler) gemß § 823 Abs. 1 BGB i. V. m. § 1004 BGB auf Unterlassung und ggfs auf Schadensersatz in Anspruch nehmen.2 Daneben ist ein derartiges Verhalten gemß § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG wettbewerbswidrig.3 Die Voraussetzungen fr die Zulssigkeit der Werbung, also das ggfs. konkludente Einverstndnis des Empfngers, hat der Werbende im Streitfalle zu beweisen.4

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Eine Austragungsmçglichkeit aus dem Verteiler (sog. „unsubscribe“Funktion) ndert nichts an der Rechtswidrigkeit der versandten WerbeE-Mail.5 Dies ergibt sich zum einen schon daraus, dass bereits die erstmalige Zusendung eine unverlangten Werbe-E-Mail unzulssig ist6 und die daran angehngte Austragungsmçglichkeit nichts mehr an der Unzulssigkeit dieser E-Mail zu ndern vermag. Zum anderen ist es nicht Sache des Empfngers, Rechtsverstçße anderer zu unterbinden.7 Hinzu kommt das mehr technische Argument, dass durch eine Rcksendung

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1 Engels, AfP 2004, 316, 325. 2 H. M.: vgl. nur Palandt/Sprau, § 823 Rz. 117, 132; der Anspruch auf Schadensersatz wird vereinzelt bei erstmaliger Zusendung noch nicht zugesprochen: AG Dachau, Urteil v. 10.7.2001 – 3 C 167/01, NJW 2001, 3488 = K&R 2002, 156 ff.; hnlich LG Karlsruhe, Urteil v. 25.10.2001 – 5 O 186/01, MMR 2002, 402 – kein Verfgungsgrund bei einmaliger Zusendung; diese Ansicht ist zu Recht auf Kritik gestoßen, vgl. Schmittmann, K&R 2002, 135 ff.; der Tatbestand des § 823 Abs. 1 BGB ist bereits beim Eingang der ersten unverlangten E-Mail erfllt. Eine Differenzierung nach ein- oder mehrmaligem Empfang lsst sich dogmatisch nicht begrnden. Zu Recht lçst daher nach wohl h. M. bereits die erstmalige Zusendung sowohl einen Unterlassungs- als auch einen Schadensersatzanspruch aus: LG Berlin, Urteil v. 26.8.2003 – 16 O 339/03, CR 2004, 544, 545 ff. = K&R 2004, 90, 92 = MMR 2004, 44, 45; AG Charlottenburg, Urteil v. 21.3.2000 – 4 C 382/99, MMR 2000, 775 f. = CR 2001, 197 L. 3 BGH, Urteil v. 11.3.2004 – I ZR 81/01, CR 2004, 445, 446 ff. = K&R 2004, 290 ff. = MMR 2004, 386 ff. = NJW 2004, 1655 ff. 4 BGH, Urteil v. 11.3.2004 – I ZR 81/01, CR 2004, 445, 447 = K&R 2004, 290, 292 = MMR 2004, 386, 389 = NJW 2004, 1655, 1657. 5 A. A. LG Braunschweig, Urteil v. 11.8.1999 – 22 O 1683/99, MMR 2000, 50 f. 6 OLG Dsseldorf, Urteil v. 22.9.2004 – I-15 U 41/04, MMR 2004, 820 f.; OLG Mnchen, Urteil v. 12.2.2004 – 8 U 4223/03, CR 2004, 695 = MMR 2004, 324, mit Anm. Heidrich; LG Berlin, Urteil v. 26.8.2003 – 16 O 339/03, CR 2004, 544, 545 = K&R 2004, 90, 92 = MMR 2004, 44, 45; AG Charlottenburg, Urteil v. 21.3.2000 – 4 C 382/99, MMR 2000, 775 f. = CR 2001, 197 L. 7 Vgl. hierzu die zu den sog. Dialern ergangene Entscheidung, BGH, Urteil v. 4.3.2004 – III ZR 96/03, CR 2004, 355, 358 = MMR 2004, 308, 311; zu den Rechtsproblemen der E-Mail-Filterung, Heidrich/Tschoepe, MMR 2004, 75 ff.

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O Rz. 71

E-Mail-Werbung

der Werbe-E-Mail mit der Bitte um Austragung aus der Verteilerliste der Werbe-Empfnger zu erkennen gibt, dass es sich um eine „aktive“ Adresse handelt und die an diese Adresse gerichteten Mitteilungen gelesen werden. Damit besteht die Gefahr besonders vieler Werbe-E-Mails an diese Adresse.1 71

Eine andere rechtliche Beurteilung ist auch bei Werbe-E-Mails von gemeinntzigen Organisationen oder politischer Parteien nicht veranlasst. Das Bundesverfassungsgericht hat konkret bezogen auf Briefkastenwerbung die Werbung politischer Parteien mit kommerzieller Werbung gleichgesetzt.2 Folgerichtig wird auch die E-Mail-Werbung politischer Parteien den selben Grundstzen unterworfen, wie kommerzielle E-MailWerbung.3 Wenn aber schon politische Parteien, die von Verfassungs wegen eine besondere Stellung inne haben, keine andere Wertung fr sich beanspruchen kçnnen, gilt dies erst recht fr andere gemeinntzige Organisationen. Sie kçnnen diesbezgliche keine Sonderstellung beanspruchen. Auch fr sie gelten die geschilderten Regelungen der E-Mail-Werbung uneingeschrnkt.4

Gatoring 72

Mittels Gatoring wird der Versuch unternommen, die Streuverluste von Online-Werbung zu minimieren. Als Gatoring bezeichnet man eine spezielle Art der zielorientierten Werbung. Die Werbung findet nur statt, wenn auf dem Computer des Nutzers ein entsprechendes Hilfsprogramm installiert ist, welches laufend Daten ber das Nutzerverhalten an das Gatoring betreibende Unternehmen versendet. Sucht der Nutzer also im Internet nach bestimmten Waren oder Dienstleistungen (z. B. nach Laptops) so wird dieses Nutzerverhalten weitergeleitet und der Nutzer erhlt alsbald eine entsprechende Werbung des Unternehmens (Werbung fr Laptops). Diese Hilfsprogramme werden zusammen mit anderen kleinen Programmen verbunden, die fr den Nutzer einen gewissen Wert haben 1 LG Berlin, Urteil v. 26.8.2003 – 16 O 339/03, K&R 2004, 90, 93 = MMR 2004, 44, 46. 2 BVerfG, Beschluss v. 1.8.2002 – 2 BvR 2135/01, NJW 2002, 2938, 2939. 3 OLG Mnchen, Urteil v. 12.2.2004 – 8 U 4223/03, CR 2004, 544, 545 = MMR 2004, 324 mit Anm. Heidrich; LG Mnchen I, Urteil v. 5.11.2002 – 33 O 17030/02, CR 2003, 209 f. = K&R 2003, 146 ff. = MMR 2003, 282 ff.; AG Rostock, Urteil v. 28.1.2003 – 43 C 68/02, MMR 2003, 345 f.; a. A. Khorrami, K&R 2005, 161 ff.; vgl. dagegen fr die Werbung eines Kandidaten fr die Vertreterversammlung eines berufstndischen Versorgungswerkes, AG Bochum, Urteil v. 25.2.2004 – 44 C 640/03, MMR 2004, 707. 4 A. A. AG Hannover, Urteil v. 19.2.2003 – 526 C 15759/02, NJW-RR 2003, 1272 f.

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Gerichtsstand

Rz. 74 O

(etwa ein Programm ber die Angabe der korrekten Uhrzeit). Der Nutzer wird nun vor die Wahl gestellt, entweder das Programm kostenlos herunterzuladen und Gatoring gesteuerte Werbung zu akzeptieren oder aber fr das Programm (ohne Gatoring) einen entsprechenden Preis zu zahlen.1 Von dieser Art der Online-Werbung wird v. a. aus den Vereinigten Staaten berichtet. Die Zulssigkeit von Gatoring nach deutschem Recht ist bisher kaum entschieden. Unzulssig ist die Werbeform jedenfalls dann, wenn der Nutzer nicht wirksam in diese Werbeform eingewilligt hat, er also bei Herunterladen des Hilfsprogramms nicht oder nicht hinreichend ber die Folgen informiert wurde und der Werbung nicht zugestimmt hat. In diesem Fall liegt eine unzulssige Belstigung im Sinne des § 7 Abs. 1 UWG vor. Je nach Art der durch das Gatoring ausgelçsten Werbung kann sich eine Wettbewerbswidrigkeit auch aus Grnden der Behinderung, Rufausbeutung und des Umleitens von Kundenstrçmen ergeben.2 Des Weiteren kann in der (verschleierten) bermittlung von Markennamen und Unternehmenskennzeichen, die der Nutzer im Internet suchte oder deren Websites er aufsuchte, eine Verletzung von Kennzeichenrechten einhergehen. Da das Hilfsprogramm darauf ausgelegt ist, diese Daten, also die geschtzten Unternehmenskennzeichen weiterzugeben, kommt eine auch markenrechtliche Unzulssigkeit analog der Verwendung fremder Kennzeichen in Metatags (R Rz. O 104) oder des Keyword-Advertising (R Rz. O 107) in Betracht.3

Gerichtsstand Verstçßt die Online-Werbung gegen Rechtsvorschriften stellt sich die Frage, vor welchen Gerichten dies geltend gemacht werden kann. Der Gerichtsstand richtet sich zunchst nach den allgemeinen prozessualen Regelungen. Danach ist grundstzlich das Gericht zustndig, in dessen Bezirk der Beklagte/Antragsgegner seinen Sitz hat (R Rz. P 220). Nach allgemeiner Auffassung gilt im Wettbewerbsrecht der deliktische Gerichtsstand, d. h. berall dort, wo der Wettbewerbsverstoß begangen wird, kann das dortige Gericht angerufen werden („fliegender Gerichtsstand“).

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Im Internet ist der Begehungsort einer Wettbewerbs- oder Schutzrechtsverletzung jedenfalls der Ort, an dem die Einspeisung der Daten erfolgt, also zumeist der Sitz des entsprechenden Unternehmens.4 Daneben ist

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1 Vgl. Vykydal/von Diemar, WRP 2004, 1237, 1238. 2 LG Kçln, Beschluss v. 12.3.2004 – 31 O 145/04 unverçffentlicht, zitiert nach Vykydal/von Diemar, WRP 2004, 1237, 1242. 3 A. A. Vykydal/von Diemar, WRP 2004, 1237, 1242. 4 Schmittmann, Werbung im Internet, S. 28.

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O Rz. 75

Gerichtsstand

aber jeder Ort Deliktsort, an dem das Internetangebot bestimmungsgemß abgerufen werden kann und zwar unabhngig von dem Ort, von dem aus das Angebot in das Internet eingespeist wird.1 Weiter mssen – so Wettbewerbsverstçße gergt werden sollen – die wettbewerblichen Interessen der Parteien aufeinanderstoßen. Das Webangebot muss daher einen Markt tangieren, auf dem beide Parteien sich als Wettbewerber gegenberstehen.2 75

Diese Kriterien gelten im Wesentlichen auch bei der Bestimmung der Internationalen Zustndigkeit deutscher Gerichte.3 Damit ist jedoch noch nicht die Frage beantwortet, nach welchem nationalen Recht das angerufene Gericht den Rechtsstreit zu entscheiden hat (R „Herkunftslandprinzip“ Rz. O 79 ff.).

Gewinnspiele 76

Grundstzlich zulssige Gewinnspiele kçnnen wettbewerbsrechtlich gemß § 4 Nr. 7 UWG unzulssig sein, wenn besondere Umstnde hinzutreten, die die Annahme der Sittenwidrigkeit rechtfertigen, wie die Kopplung mit einem Warenabsatz, ein psychologischen Kaufzwang, die Irrefhrung ber die Gewinnchancen oder ein bertriebenes Anlocken.4 Auch bei Online-Gewinnspielen darf die Teilnahme grundstzlich nicht von einer geldwerten Leistung abhngig gemacht werden, da andernfalls ein strafbares Glcksspiel vorliegt. Somit wre es unzulssig, wenn die Teilnahme an einem Online-Gewinnspiel von einer Gegenleistung etwa in Form der Inanspruchnahme eines kostenpflichtigen Dialers (R Rz. O 52 ff.) abhngig gemacht wird, jedenfalls solange dabei erhebliche Kosten anfallen.

1 Schmittmann, Werbung im Internet, S. 29 ohne die hier vorgenommene Einschrnkung durch das Erfordernis der Bestimmung, wie hier: Pichler, in: Hoeren/ Sieber, Hdb. Multimedia Recht, 31 Rz. 62; vgl. auch die Rspr. zum fliegenden Gerichtsstand bei der Verbreitung von Print-Produkten; danach muss das PrintProdukt in dem Gerichtsbezirk „bestimmungsgemß“ verbreitet worden sein (Rz. P 221). 2 OLG Hamburg, Urteil v. 7.11.2002 – 3 U 122/02, CR 2003, 286 = MMR 2003, 538, spricht von „Auswirkung“ auf den Markt; Pichler, in: Hoeren/Sieber, Hdb. Multimedia Recht, 31 Rz. 67; in der Sache zu eng allerdings OLG Brandenburg, Urteil v. 27.3.2002 – 6 U 150/01, MMR 2002, 463, wonach zwischen einer Potsdamer und Heilbronner Rechtsanwaltskanzlei kein konkretes Wettbewerbsverhltnis bestehen soll; tatschlich akquirieren nicht nur Großkanzleien, sondern auch kleinere und sogar spezialisierte Einzelanwlte Mandate deutschlandweit. 3 Vgl. Pichler, in: Hoeren/Sieber, Hdb. Multimedia Recht, 31 Rz. 116 ff. 4 BGH, Urteil v. 11.4.2002 – I ZR 225/99, GRUR 2002, 1003, 1004 = WRP 2002, 1136, 1137 – Gewinnspiel im Radio.

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Glcksspiel, Wetten

Rz. 77 O

Wann der Einsatz unerheblich ist, ist letztendlich nicht geklrt. Eine Gebhr von a 0,49 wird als zulssig angesehen.1 Ist das Gewinnspiel Bestandteil des Programms eines (Internet-)Radios, ist es also als Programmbestandteil Teil der Leistung des Anbieters, ist ein geringes Nutzungsentgelt, welches fr die Nutzung des Internetradios und damit die Teilnahme an dem Gewinnspiel zu zahlen ist, unschdlich.2 Es verhlt sich dabei nicht anders als bei einem Gewinnspiel in einer Tageszeitung oder Zeitschrift, die dort zum Unterhaltungsteil gehçren und als Bestandteil derselben angesehen werden.3 Denn wird die Teilnahme an einem Gewinnspiel von dem Erwerb einer Ware oder Dienstleistung abhngig gemacht, ist dies dann gemß § 4 Nr. 6 UWG nicht unlauter, wenn das Preisausschreiben oder Gewinnspiel naturgemß mit der Ware oder Dienstleitung verbunden ist. Somit sind auch Gewinnspiele, die an den Erwerb von elektronischen Zeitungen („E-Paper“) gebunden sind, als zulssig anzusehen.

Glcksspiel, Wetten Nach deutschem Recht ist die Veranstaltung von Glckspielen (und dem gleichbedeutend: Sportwetten)4 ohne behçrdliche Erlaubnis gemß §§ 284, 285, 287 StGB strafbar. Ein Glcksspiel im Sinne des § 284 StGB ist jedes Spiel, bei dem die Entscheidung ber Gewinn und Verlust allein oder hauptschlich vom Zufall abhngt und der Spieler einen nicht gnzlich unerheblichen Einsatz erbringen muss.5 Probleme treten nun dann auf, wenn ein auslndischer Anbieter Glcksspiele auch fr Inlnder anbietet und er im Besitz der auslndischen Genehmigungen, nicht aber einer deutschen Genehmigung ist.6 Ein Rckgriff auf das Herkunftslandprinzip (R Rz. O 79 ff.) ist hier nicht mçglich, da dieser Bereich gemß § 4 Abs. 4 Nr. 4. TDG ausdrcklich von der Geltung des Herkunftslandprinzips ausgenommen worden ist. Daraus folgert der BGH, dass derjenige, der im Inland fr Glckspiele wirbt, ohne im Besitz einer inlndischen Erlaubnis zu sein, gegen § 284 StGB verstçßt und zwar unab-

1 Kleinschmidt, MMR 2004, 654, 656 f.; vgl. auch OGH Wien, K&R 2003, 621 ff., Gewinnspiel ber Mehrwerttelefonnummer ist wettbewerbswidrig. 2 OLG Mnchen, Urteil v. 20.2.2003 – 29 U 4850/02, CR 2003, 767, 768 f. = MMR 2003, 396, 397. 3 Kçhler in Baumbach/Lauterbach, UWG, § 4 Rz. 6.16 f.; Engels, AfP 2004, 316, 322. 4 OLG Hamburg, Urteil v. 12.8.2004 – 5 U 131/03, MMR 2004, 752, 753. 5 Vgl. statt vieler Pelz/Stempfle, K&R 2004, 570, 572 f. 6 Vgl. Dietlein/Woesler, K&R 2003, 458 ff.; Kazemi/Leopold, MMR 2004, 649 ff.

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O Rz. 78

Glcksspiel, Wetten

hngig davon, ob er im Besitz der Erlaubnis eines anderen Mitgliedstaates ist.1 78

Ein deutscher Anbieter, der im Rahmen eines redaktionellen Artikels auf das auslndischen Glcksspielangebot verlinkt, haftet nicht automatisch als (Mit-)Stçrer. Fr die Stçrerhaftung erforderlich wre eine Verletzung der Prfungspflicht entweder beim Setzen des Links oder whrend der Zeit von dessen Aufrechterhaltung.2 Hat ein Presseunternehmen den Link nur in Ergnzung eines redaktionellen Artikels gesetzt, ohne sich darber hinaus den Inhalt der verlinkten Website zu Eigen zu machen oder dafr zu werben, kann ihm nicht zugemutet werden, die Strafbarkeit zu erkennen. Im Hinblick auf die Meinungs- und Pressefreiheit (Art. 5 GG) sei es unzumutbar, das Setzen eines Links bereits dann zu unterlassen, wenn nach zumutbarer Prfung nicht ausgeschlossen werden kçnne, dass damit ein im Inland strafbares Tun untersttzt werde.3 Dies drfte sich auch nicht durch die Verçffentlichung der Entscheidung des BGH mit dem Argument gendert haben, dass nun die Strafbarkeit hçchstrichterlich festgestellt, mithin bekannt ist, da die Frage der Strafbarkeit lediglich in einem obiter dictum erçrtert wurde, also letztlich nicht entscheidungserheblich war und zum anderen die Entscheidung des BGH auf verçffentlichte europarechtliche Bedenken gestoßen ist, somit die Beant-

1 BGH, Urteil v. 1.4.2004 – I ZR 317/01, CR 2004, 613, 615 = MMR 2004, 529, 531 – Schçner Wetten, obiter dictum; auch schon BGH, Urteil v. 14.3.2002 – I ZR 279/99, NJW 2002, 2175, 2176; OLG Hamm, Urteil v. 19.2.2002 – 4 U 155/01, MMR 2002, 551 ff.; OLG Hamburg, Urteil v. 12.8.2004 – 5 U 131/03, MMR 2004, 752, 754; a. A. LG Mnchen I, Beschluss v. 27.10.2003 – 5 Qs 41/2003, NJW 2004, 171 f. = CR 2004, 464; die Entscheidung des BGH steht europarechtlich auf tçnernen Fßen. Nach der Rspr. des EuGH stellt eine nationale Regelung, die Verbote der Entfaltung der Ttigkeit des Sammelns, der Annahme, der Bestellung und der bertragung von Wetten enthlt, eine Beschrnkung der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs dar, wenn der betreffende Staat keine Genehmigung erteilt. Dabei hat der EuGH festgestellt, dass dann, wenn der Mitgliedstaat selbst die Verbraucher dazu anreizt und ermuntert, an Lotterien, Glcksspielen oder Wetten teilzunehmen, damit der Staatskasse Einnahmen zufließen, das Verbot des Glckspiels nicht mit dem Argument, die Gelegenheiten zum Spiel vermindern zu wollen, rechtfertigen kçnne, EuGH, Urteil v. 6.11.2003 – Rs. 243/01 (Piergirogio Gambelli u. a.), MMR 2004, 92, 94. Insofern erscheint es erforderlich zu sein, die deutschen Anforderungen an die Erlaubniserteilung einer europarechtlichen Prfung zu unterziehen, vgl. auch Bahr, MMR 2004, 94, 95; Spindler, GRUR 2004, 724, 726; Pelz/Stempfle, K&R 2004, 570, 575 f. 2 BGH, Urteil v. 1.4.2004 – I ZR 317/01, CR 2004, 613, 615 = MMR 2004, 529, 531 f. – Schçner Wetten. 3 BGH, Urteil v. 1.4.2004 – I ZR 317/01, CR 2004, 613, 615 f. = MMR 2004, 529, 532 – Schçner Wetten; dementsprechend ist aber eine Verantwortlichkeit im rein werblichen Zusammenhang bejaht worden, OLG Hamburg, Urteil v. 14.7.2004 – 5 U 160/03, CR 2004, 836, 837 f. = K&R 2005, 42, 43 ff.

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Herkunftslandprinzip

Rz. 80 O

wortung der Strafbarkeit nach wie vor eingehender rechtlicher Prfung bedarf.1

Herkunftslandprinzip Gerade im Bereich der Online-Werbung und des Online-Vertriebs kommen Angebote hufig aus anderen Lndern. Die Frage, welches Recht fr diese Angebote anzuwenden ist, regelt innerhalb der EU das Herkunftslandprinzip. Das Herkunftslandprinzip wurde in der sog. E-CommerceRichtlinie vom 8.6.2000, die bis zum 17.1.2002 von den Mitgliedstaaten umzusetzen war, normiert.2 Nach Art. 3 der E-Commerce-RiLi hat jeder Mitgliedstaat der EU dafr Sorge zu tragen, dass die Dienste der Informationsgesellschaft, die von einem in seinem Hoheitsgebiet niedergelassenen Diensteanbieter erbracht werden, den in diesem Mitgliedstaat geltenden innerstaatlichen Vorschriften entsprechen, die in den sog. koordinierten Bereich fallen. Die Mitgliedsstaaten drfen den freien Verkehr von Diensten der Informationsgesellschaft aus einem anderen Mitgliedstaat nicht aus Grnden einschrnken, die in den koordinierten Bereich fallen.3 Die Umsetzung dieser Richtlinie erfolgte in dem neugefassten § 4 TDG. Nach § 4 Abs. 1 TDG unterliegen die in Deutschland niedergelassenen Diensteanbieter dem deutschen Recht, auch wenn sie die Teledienste in einem anderen Mitgliedstaat geschftsmßig anbieten. Umgekehrt werden Teledienste, die in Deutschland von Diensteanbietern geschftsmßig angeboten werden, die in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen sind, durch das deutsche Recht nicht eingeschrnkt, mit anderen Worten: Was in dem Mitgliedsstaat, in dem der Diensteanbieter seinen Sitz hat, erlaubt ist, kann dem Diensteanbieter in Deutschland nicht verboten werden und umgekehrt. Das Gericht muss daher eine Doppelprfung vornehmen. Ist die Handlung nach deutschem Recht und nach dem Recht des Ursprungslandes zulssig? Falls eine der Fragen zu bejahen ist, ist die Handlung zulssig.4

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Auf der anderen Seite gilt jedoch in dem Fall, dass die Online-Werbung ausschließlich auf auslndische Mrkte zielt, das nach der Marktortregel

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1 A. A. Hoffmann, MMR 2004, 532, 533; vgl. zu den europarechtlichen Bedenken: Bahr, MMR 2004, 94, 95; Spindler, GRUR 2004, 724, 726. 2 RiLi 2000/31/EG, ABlEG Nr. L 178, S. 1 ff. 3 Vgl. grundlegend Naskret, Das Verhltnis zwischen Herkunftslandprinzip und Internationalem Privatrecht in der Richtlinie zum Elektronischen Geschftsverkehr, Mnster 2003, zugl. Diss. Mnster; vgl. auch Leistner, in: Bettinger/Leistner, Werbung und Vertrieb im Internet, 1 A Rz. 82 ff. 4 Schmittmann, Werbung im Internet, S. 43.

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O Rz. 81

Herkunftslandprinzip

der meisten Mitgliedsstaaten geltende auslndische Recht.1 Als Kriterien mit allenfalls Indizwirkung fr das Abzielen auf einen bestimmten Markt und damit auch fr die Wettbewerbsrelevanz auf diesem Markt kommen v. a. die verwendete Top-Level-Domain (also „.de“ fr Deutschland) und die verwendete Sprache in Betracht.2 Aber auch der Inhalt der Website, also die mit der Website umworbenen Waren und Dienstleistungen lassen auf den relevanten Markt schließen (so hat bspw. eine Website einer afrikanischen Autoreparaturwerksttte keinerlei Relevanz fr den deutschen Markt3). 81

Das Herkunftslandprinzip gilt nicht bei den Ausnahmen gemß § 4 Abs. 4 TDG (=Umsetzung von Art. 3 Abs. 4 E-Commerce-RiLi) fr: – die Ttigkeit der Notare sowie von Angehçrigen anderer Berufe, soweit diese ebenfalls hoheitlich ttig sind; – die Vertretung von Mandanten und die Wahrnehmung ihrer Interessen vor Gericht; – die Zulssigkeit nicht angeforderter kommerzieller Kommunikation durch elektronische Post; – Gewinnspiele mit einem einen Geldwert darstellenden Einsatz bei Glcksspielen, einschl. Lotterien und Wetten; – die Anforderungen an Verteildienste; – das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte;4 – die Ausgabe elektronischen Geldes durch Institute; – Vereinbarungen oder Verhaltensweisen, die dem Kartellrecht unterliegen; – bestimmte, vom Versicherungsaufsichtsgesetz erfasste Bereiche; – das fr Schutz personenbezogener Daten geltende Recht.

Inhalte, Verantwortlichkeit fr 82

Das Internet lebt von seiner Vernetzung. Es finden sich daher zunehmend Inhalte auf Websites, die nicht zwingend uneingeschrnkt dem Anbieter der aufgerufenen Website zugeordnet werden kçnnen. Zu nennen sind et-

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Sack, WRP 2001, 1408, 1425; Schmittmann, Werbung im Internet, S. 34. Schmittmann, Werbung im Internet, S. 35 f. Beispiel nach Schmittmann, Werbung im Internet, S. 37. Hierzu gehçren auch die in §§ 126 ff. MarkenG geregelten geographischen Herkunftsangaben, vgl. OLG Mnchen, Urteil v. 9.10.2003 – 29 U 2690/03, GRURRR 2004, 252, 253.

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Inhalte, Verantwortlichkeit fr

Rz. 84 O

wa online verçffentlichte Anzeigen, Eintrge in Gstebchern oder Angebote auf Verkaufsplattformen. Probleme mit der Verantwortlichkeit entstehen also stets dann, wenn es sich nicht um „eigene“ Inhalte des Anbieters handelt. Fr eigene Inhalte haften die Anbieter im Rahmen der allgemeinen Gesetze. Eigene Inhalte sind die selbst hergestellten oder die „zu Eigen gemachten“ Inhalte. Ein sich „Zueigenmachen“ liegt vor, wenn der Anbieter den entsprechenden Inhalt nicht klar als fremden Inhalt kennzeichnet und sich nicht ausreichend distanziert.1 Werbebanner und sonstige Anzeigen gelten daher bei Beachtung des Trennungsgebots (R Rz. O 121 f.) als fremde Inhalte.2 hnlich verhlt es sich bei der Verwendung von Links (dazu ausfhrlich R Rz. O 92 ff.). Bei der Verwendung von Frames oder Inline-Links, mit denen der Anbieter ein fremdes Angebot in seine eigene Website unmittelbar einbezieht, macht er sich dieses Angebot zu Eigen.3 Verwendet der Anbieter einfache Links (auch Deep-Links) kommt es auf die Umstnde des Einzelfalls an. Hier erscheint der verlinkte Inhalt im Rahmen der fremden Web-Adresse. Hat etwa ein Presseunternehmen den Link nur in Ergnzung eines redaktionellen Artikels gesetzt, ohne sich darber hinaus den Inhalt der verlinkten Website zu Eigen zu machen oder dafr zu werben, macht es sich den fremden Inhalt nicht zu Eigen.4 Eine Haftung kommt dann bei positiver Kenntnis der Rechtswidrigkeit des verlinkten Angebots in Betracht.5

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Wer als Betreiber eines „Gstebuchs“ im Internet die Eintrge lngere Zeit ungeprft lsst, macht sich nach Auffassung des LG Trier selbige zu Eigen.6 Richtig drfte indes sein, dass es sich bei Eintrgen in Gstebchern und Meinungsforen grundstzlich um fremde Inhalte handelt, womit eine Haftung erst mit Kenntniserlangung (Kennen-Mssen gengt nicht) eintritt. An die Kenntnis sind indes keine allzu großen Forderungen zu stellen. Sie kann im Zweifel durch eine entsprechende Abmahnung leicht hergestellt werden.7

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1 LG Potsdam, Urteil v. 8.7.1999 – 3 O 317/99, CR 2000, 123 f. = K&R 1999, 428, 429; Engels, K&R 2001, 338, 341. 2 Zur Haftung bei der Veredelung von Online-Anzeigen durch den Verlag, Zapf, AfP 2003, 489 ff. 3 Engels, K&R 2001, 338, 341. 4 Vgl. BGH, Urteil v. 1.4.2004 – I ZR 317/01, CR 2004, 613, 615 f. = MMR 2004, 529, 532 – Schçner Wetten. 5 OLG Mnchen, Urteil v. 28.7.2005 – 29 U 2887/05, K&R 2005, 467, 470 – AnyDVD. 6 LG Trier, Urteil v. 16.5.2002 – 4 O 106/00, MMR 2002, 694 f. 7 OLG Mnchen, Urteil v. 17.5.2002 – 21 U 5569/01, K&R 2002, 550, 551 f. = MMR 2002, 611, 612 f. – vorsicht-nepp.de; LG Kçln, Urteil v. 4.12.2002 – 28 O 627/02, MMR 2003, 601, 602; Gercke, MMR 2003, 602.

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O Rz. 85

Inhalte, Verantwortlichkeit fr

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Gleiches gilt fr die Betreiber von „Auktions“-Plattformen.1 Die von den Verkufern eingestellten Angebote stellen fremde Inhalte dar.2

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Fr fremde Inhalte sieht das TDG in §§ 8, 11 Haftungsprivilegien vor. Diensteanbieter haften nicht fr fremde Inhalte, sofern sie keine Kenntnis von der rechtswidrigen Handlung oder Information haben oder sie unverzglich ttig geworden sind, um die Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren, sobald sie diese Kenntnis erlangt haben. Insoweit besteht daher keine prventive berwachungs- und Prfungspflicht.3 Diese Haftungseinschrnkung gilt aber nicht fr den verschuldensunabhngigen Unterlassungsanspruch (etwa gegen Marken-, Urheber-, Wettbewerbs- oder Persçnlichkeitsrechtsverletzungen).4 Hier sind die allgemeinen Regeln der Stçrerhaftung anwendbar, womit eine Haftung begrndet ist, wenn der in Anspruch genommene – auch ohne Tter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adquat kausal zur Verletzung eines geschtzten Rechtsgutes beitrgt, wobei dem als bloßer Stçrer und nicht als (Mit-)Tter in Anspruch genommenen eine Verletzung von Prfungspflichten vorgeworfen werden muss.5 Dies fhrt dazu, dass derjenige, der fremde Inhalte bereithlt, immer dann, wenn er auf eine Rechtsverletzung hingewiesen wird, das konkrete Angebot sperren muss und Vorsorge dafr zu treffen hat, dass es mçglichst nicht zu weiteren Beeintrchtigungen kommt.6

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Die Annahme der Stçrereigenschaft gengt fr die Durchsetzung eines Unterlassungsanspruches, nicht jedoch fr die Begrndung eines Schadensersatzanspruches. Vielmehr ist hierfr im Rahmen des § 11 TDG zumindest ein Teilnahmevorsatz erforderlich, der Kenntnis (oder wohl auch – entgegen alter Rechtslage7 – grob fahrlssige Unkenntnis)8 des (fremden) Inhalts und dessen Rechtswidrigkeit erfordert.9 1 Bspw. die Angebote unter www.ebay.de oder www.ricardo.de. 2 BGH, Urteil v. 11.3.2004 – I ZR 304/01, CR 2004, 763, 766 = K&R 2004, 486, 489 f. = MMR 2004, 668, 670 f.,– Rolex/ricardo.de; vgl. aber fr den Sonderfall des „Domain-Parking“ OLG Hamburg, Urteil v. 14.7.2004 – 5 U 160/03, CR 2004, 836, 837 f. = K&R 2005, 42, 43 ff. 3 Schwarz/Poll, in: Schwarz/Peschel-Mehner, Recht im Internet, 20-G 1.4.3. 4 BGH, Urteil v. 11.3.2004 – I ZR 304/01, CR 2004, 763, 766 f. = K&R 2004, 486, 489 f. = MMR 2004, 668, 670 f. – Rolex/ricardo.de; Neubauer, K&R 2004, 482, 483; Wiebe, in: Ernst/Vassilaki/Wiebe, Hyperlinks, Rz. 128, 149. 5 BGH, Urteil v. 11.3.2004 – I ZR 304/01, CR 2004, 763, 767 = K&R 2004, 486, 491 = MMR 2004, 668, 671 – Rolex/ricardo.de; vgl. aber auch zur Tendenz, die Stçrerhaftung im Bereich der nicht absoluten Rechte einzuschrnken, BGH, Urteil v. 15.5.2003 – I ZR 22/99, GRUR 2002, 618, 619 – Meißner Dekor. 6 BGH, Urteil v. 11.3.2004 – I ZR 304/01, CR 2004, 763, 767 = K&R 2004, 486, 491 = MMR 2004, 668, 671 – Rolex/ricardo.de. 7 BGH, Urteil v. 23.9.2003 – VI ZR 335/02, CR 2004, 48, 49 = K&R 2004, 29. 8 Neubauer, K&R 2004, 482, 484. 9 Neubauer, K&R 2004, 482, 484; Ehret, CR 2003, 754, 759; Hoffmann, MMR 2002, 284, 288; Eck/Ruess, MMR 2003, 363, 365 f.

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IVW-Online

Rz. 91 O

Dementsprechend haften auch die Anbieter von Suchmaschinen nicht fr gefundene rechtswidrige Inhalte,1 jedenfalls solange der Suchmaschinenbetreiber nicht in aktiverem Maße an der beanstandeten Handlung mitwirkt, wie dies etwa bei der Bereitstellung von nutzeranfrageabhngiger Werbeflche (etwa im Rahmen von Keyword-Advertising) der Fall sein kann2 oder auf klare Rechtsverletzungen hingewiesen wurde.3

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IVW-Online Fr die Preisbildung von Online-Werbung auf einer Homepage ist die Zahl der Zugriffe elementar. Der Preis fr Online-Werbung bemisst sich hufig nach den sog. „AdImpressions“, also der Anzahl der Aufrufe der Website, auf der sich der Werbebanner befindet (Tausender-Kontakt-Preis oder „CPM: Cost per thousand AdImpressions“). Denkbar ist auch eine Bemessung des Preises an der Zahl der „AdClicks“. Unter „AdClicks“ bezeichnet man das Anklicken des Banners durch den Nutzer.4 Um einheitliche Maßstbe bei der Feststellung (und damit auch Eigenwerbung5 und Anzeigenpreisbemessung) der relevanten Auflage und Verbreitung zu erhalten, hat sich im Printbereich die „Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbetrgern“ (IVW) (R Rz. P 187) bzw. die „Auflagenkontrolle der Anzeigenbltter“ (AdA) eingebrgert. Die IVW hat ihr Ttigkeitsgebiet auf den Onlinebereich ausgedehnt und bietet ein System zur Messung der Zugriffe auf die Website an. Dabei werden v. a. die AdImpressions bzw. Page-Impressions und die Visits (= zusammenhngender Nutzungsvorgang auf einer Website) gezhlt.

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Zwar ist IVW-Online noch nicht so etabliert wie im Print-Bereich, doch kann jeder, der sich diesem System anschließt, dies in seiner Eigenwerbung herausstellen und darf mit einem gewissen „Vertrauensvorschuss“ rechnen.

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Die Werbung mit richtigen IVW-Zahlen kann durch einen verzerrenden Begleittext oder durch einen verzerrenden Zusammenhang, in den die

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1 LG Frankfurt/Main, Urteil v. 5.9.2001 – 3/12 O 107/01, CR 2002, 220, 221 f.; Kçster/Jrgens, MMR 2002, 420, 424 f. 2 LG Hamburg, Urteil v. 16.2.2000 – 315 O 25/99, CR 2000, 392, 397 f. 3 Z. T. wird vertreten, Suchmaschinenbetreiber den Erbringern reiner Telekommunikationsdienstleistungen mit der Haftungsprivilegierung des § 9 TDG gleichzustellen, so Schwarz/Poll, in: Schwarz/Peschel-Mehner, Recht im Internet, 20-G 1.4.4.2. 4 Schmittmann, Werbung im Internet, S. 11 f. 5 Zur Werbung mit IVW-Verbreitungsdaten Ahrens, AfP 2000, 417 ff.

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Dietrich 387

O Rz. 92

Links, Haftung fr

Zahlen gestellt werden, unzulssig werden (zur Werbung mit IVW-Zahlen R Rz. P 187).1

Links, Haftung fr 92

Das Setzen von Links auf Websites ist heute allgemein blich und wird von den Nutzern erwartet. Somit stellt sich die Frage, ob derjenige, der auf seiner Website mittels eines Links auf eine andere Website verweist, fr die Inhalte dieser verlinkten Website verantwortlich gemacht werden kann. Haftet also bspw. der Linksetzende fr Wettbewerbsverstçße (Markenrechtsverletzungen, Urheberrechtsverstçße etc.) auf der verlinkten Seite?

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Zunchst kommt eine eigene Haftung des Linksetzenden im Sinne eines eigenen Wettbewerbsverstoßes in Betracht. Erforderlich dafr wre eine Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs. Dies ist dann gegeben, wenn ein objektiv als Wettbewerbshandlung zu beurteilendes Verhalten in der Absicht erfolgt, den eigenen oder fremden Wettbewerb zum Nachteil eines anderen zu fçrdern, sofern diese Absicht nicht hinter anderen Beweggrnden vçllig zurcktritt.2 Zwar ist das Setzen von Links objektiv geeignet, den Wettbewerb des „verlinkten“ Anbieters zu fçrdern, wird doch der Zugang zu seinem Angebot erleichtert, doch kann aus der Absicht einen Link zu setzen, nicht gefolgert werden, dass damit auch subjektiv die Absicht bestand, den fremden Wettbewerb zu fçrdern. Hierfr besteht keine Vermutung.3 Dies gilt umso mehr, wenn es sich bei dem Linksetzenden um ein Presseunternehmen handelt.4 Will man also einen eigenen Wettbewerbsverstoß des Linksetzenden begrnden, sind besondere Umstnde erforderlich, aus denen sich ergibt, dass hier in Wettbewerbsfçrderungsabsicht gehandelt wird.5 Dies drfte jedenfalls dann der Fall sein, wenn erkennbar wird, dass sich der Linksetzende den Inhalt der anderen Seite zu Eigen macht, also etwa bei der Verwendung von InlineLinks (Rz. O 102) oder Frames.6 1 Ahrens, AfP 2000, 417, 418. 2 BGH, Urteil v. 27.6.2002 – I ZR 86/00, NJW 2002, 3408, 3409 – Kontostandsauskunft, m. w. Nachw. 3 BGH, Urteil v. 1.4.2004 – I ZR 317/01, NJW 2004, 2158, 2159 = CR 2004, 613, 614 – Schçner Wetten. 4 BGH, Urteil v. 1.4.2004 – I ZR 317/01, NJW 2004, 2158, 2159 = CR 2004, 613, 614 – Schçner Wetten. 5 BGH, Urteil v. 1.4.2004 – I ZR 317/01, NJW 2004, 2158, 2159 = CR 2004, 613, 614 – Schçner Wetten. 6 OGH, Urteil v. 18.11.2003 – 4 Ob 219/03i, MMR 2004, 599, 600 – phonesex.at; Viefhues, in: Hoeren/Sieber, Hdb. Multimedia Recht, 6.1 Rz. 258.

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388 Dietrich

Links, Haftung fr

Rz. 95 O

Spezialgesetzliche Regelungen, nach denen die Verantwortlichkeit fr das Setzen von Links zu beurteilen wre, bestehen nach der geltenden Rechtslage nicht. Weder die Vorschriften des MDStV noch die des TDG (§§ 8 ff. TDG) sind auf das Setzen von Links anwendbar. Diese Vorschriften beziehen sich ebenso wie die E-Commerce-RiLi, die sie umgesetzt haben, nicht auf die Haftung fr das Setzen von Links.1

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Aber auch, wer ohne Wettbewerbsfçrderungsabsicht und ohne Verschulden an dem Wettbewerbsverstoß eines Dritten beteiligt ist, kann als Stçrer zur Unterlassung verpflichtet sein, wenn er in irgendeiner Weise an der Herbeifhrung der rechtswidrigen Beeintrchtigung mitwirkt.2 Allerdings ist man bemht, diese weite Stçrerhaftung einzuschrnken. Durch die Stçrerhaftung darf nichts Unzumutbares verlangt werden. Somit setzt die Haftung als Stçrer die Verletzung von Prfpflichten voraus.3 Ob und inwieweit eine Prfung im Einzelfall zuzumuten war oder ist, richtet sich dabei nach den konkreten Umstnden des Einzelfalls, wobei die Funktion und die Aufgabenstellung des als Stçrer in Anspruch Genommenen sowie die Eigenverantwortlichkeit desjenigen, der die rechtswidrige Beeintrchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat oder vornimmt, zu bercksichtigen sind.4 Der Umfang der Prfpflichten desjenigen, der einen Link setzt oder aufrechterhlt, richtet sich insbesondere nach dem Gesamtzusammenhang, in dem der Link verwendet wird, dem Zweck des Links sowie danach, welche Kenntnis der den Link Setzende von Umstnden hat, die dafr sprechen, dass die Website oder der Internetauftritt, auf die der Link verweist, rechtswidrigem Handeln dienen, und welche Mçglichkeiten er hat, diese Rechtswidrigkeit zu erkennen. Besteht positive Kenntnis des Rechtsverstoßes und wird der Link dennoch gesetzt, besteht jedenfalls ein Unterlassungsanspruch.5 Auch dann, wenn er diese ursprnglichen Prfungspflichten nicht verletzt hat, kann er dann in Anspruch genommen werden, wenn er den Link in Kenntnis der Rechtswidrigkeit des verlinkten Inhalts aufrechterhlt, obwohl eine nunmehr zumutbare Prfung nach Abmahnung oder Klageerhebung erge-

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1 BGH, Urteil v. 1.4.2004 – I ZR 317/01, NJW 2004, 2158, 2159 = CR 2004, 613, 615 – Schçner Wetten; Spindler, MMR 2002, 495, 496 ff.; a. A.: Viefhues, in: Hoeren/Sieber, Hdb. Multimedia Recht, 6.1 Rz. 253 ff. m. w. Nachw.; OLG Braunschweig, Urteil v. 19.7.2001 – 2 U 141/00, MMR 2001, 608 ff.; Wiebe, in: Ernst/ Vassilaki/Wiebe, Hyperlinks, Rz. 146. 2 St. Rspr. BGH, Urteil v. 15.5.2003, I ZR 292/00, GRUR 2003, 969, 970 – Ausschreibung von Vermessungsleistungen, m. w. Nachw. 3 BGH, Urteil v. 17.5.2001 – I ZR 251/99, NJW 2001, 3265, 3266 f. = CR 2001, 850, 851 – ambiente.de. 4 BGH, Urteil v. 1.4.2004 – I ZR 317/01, NJW 2004, 2158, 2159 = CR 2004, 613, 615 – Schçner Wetten; BGH, Urteil v. 15.5.2003 – I ZR 292/00, GRUR 2003, 669, 970 f. – Ausschreibung von Vermessungsleistungen. 5 OLG Mnchen, Urteil v. 28.7.2005 – 29 U 2887/05, K&R 2005, 467, 470 – AnyDVD.

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Dietrich 389

O Rz. 96

Links, Haftung fr

ben htte, dass mit dem Link ein rechtswidriges Verhalten untersttzt wird.1 Hat etwa ein Presseunternehmen einen Link nur zur Ergnzung eines redaktionellen Artikels gesetzt, kann nicht davon ausgegangen werden, dass es sich den Inhalt der verlinkten Seite in irgendeiner Weise zu Eigen gemacht hat oder anregt, die Waren oder Dienstleistungen des anderen in Anspruch zu nehmen. In einem solchen Fall msste sich nach der erforderlichen berlegung die Rechtswidrigkeit aufdrngen oder positive Kenntnis vorliegen, um eine Stçrereigenschaft annehmen zu kçnnen.2 96

Letztendlich bleibt fr die Praxis noch erhebliche Rechtsunsicherheit bestehen. Festzuhalten ist, dass derjenige, der einen Link setzt, sich mit dem Inhalt der verlinkten Seite befassen muss. Dies gilt nicht nur beim erstmaligen Setzen, sondern auch bei der Aufrechterhaltung des Links, wobei letzteres v. a. nach Abmahnung bzw. Klageerhebung in Betracht kommt.3 Je werbender er auf die Seite verweist bzw. je mehr er sie sich zu Eigen macht, umso hçher sind seine Prfungspflichten. Drngt sich bei der Prfung die Erkenntnis auf, dass es sich um unzulssige Inhalte handelt oder weiß er dies gar positiv, haftet er als Stçrer.

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Die Verwendung von sog. Disclaimern ist nicht geeignet, die Haftung fr Links auszuschließen. Deliktische Haftung kann nicht mittels einfacher ußerung, nicht haften zu wollen, ausgeschlossen werden.4 Sie kçnnen aber als Distanzierung verstanden werden,5 was Bedeutung fr den Maßstab der obliegenden Prfpflichten hat (R Rz. O 95). Ist der „Haftungsausschluss“ direkt bei dem Link und nicht etwa versteckt im „Impressum“ oder unter „rechtliche Hinweise“ enthalten, ist die Distanzierung umso grçßer.

1 BGH, Urteil v. 1.4.2004 – I ZR 317/01, NJW 2004, 2158, 2160 = CR 2004, 613, 615 f. – Schçner Wetten. 2 BGH, Urteil v. 1.4.2004 – I ZR 317/01, NJW 2004, 2158, 2160 = CR 2004, 613, 615 f. – Schçner Wetten; OLG Mnchen, Urteil v. 28.7.2005 – 29 U 2887/05, K&R 2005, 467, 470; vgl. auch Spindler, MMR 2002, 495, 502; Spindler, NJW 2002, 921, 924. 3 BGH, Urteil v. 1.4.2004 – I ZR 317/01, NJW 2004, 2158, 2160 = CR 2004, 613, 615 f. – Schçner Wetten. 4 Viefhues, in: Hoeren/Sieber, Hdb. Multimedia Recht, 6.1 Rz. 260; Wiebe, in: Ernst/Vassilaki/Wiebe, Hyperlinks, Rz. 146; diesbezglich zum Link einer Studentenschaft auf einen allgemeinpolitischen Internetauftritt VG Berlin, Beschluss v. 1.11.2004 – 2 A 113/04, MMR 2005, 63, 64. 5 OLG Mnchen, Urteil v. 17.5.2002 – 21 U 5569/01, NJW 2002, 2398, 2399.

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Links, Setzen von

Rz. 101 O

Links, Setzen von Das Setzen von Links auf Websites hat sich allgemein eingebrgt. Links ermçglichen durch schlichte Bettigung desselben das schnelle Wechseln zu der verlinkten Seite. Die Verlinkung ist fr das Medium Internet charakteristisch, so dass grundstzlich davon ausgegangen werden darf, dass die Anbieter von Internetseiten das Setzen von Links auf ihre Seite zulassen.1 Ein einfacher Link, der lediglich auf die Eingangsseite einer fremde Website verweist (sog. „Surface-Link“) ist auch urheberrechtlich unbedenklich.2

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Auch die Verlinkung mittels eines sog. „Deep-Link“ auf eine Unterseite unter Umgehung der Eingangsseite des anderen Anbieters ist nach der „Paperboy“-Entscheidung des BGH weder urheberrechtlich noch wettbewerbsrechtlich unzulssig, auch wenn der andere Betreiber aufgrund der Werbung auf der Eingangsseite ein Interesse daran hat, dass die Zugriffe ber seine Eingangsseite gefhrt werden.3

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Zulssig ist es auch, einen Deep-Link mit kurzen erluternden Angaben bzw. Kurzinformationen oder kurzen Bruchstcke aus dem verlinkten Text zu versehen, damit der Nutzer feststellen kann, ob die sich hinter dem Link verbergenden vollstndigen Informationen fr ihn von Interesse sind. Dies stellt weder eine unfreie Bearbeitung im Sinne des § 23 UrhG noch eine Verletzung der Rechte des Datenbankinhabers dar.4

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Problematisch ist jedoch die Verwendung sog. „Inline-Links“, also die Einbindung fremder Inhalte in die eigene Website, ohne dass der Nutzer bemerkt, dass die Dateien von einem anderen als dem von ihm ursprnglich aufgerufenen Anbieter stammen.5 Da damit der Eindruck erweckt wird, der Linksetzende habe den Inhalt geschaffen (bzw. die Rechte daran), wird diese Art der Verlinkung als unzulssig gemß § 13 UrhG angesehen. Kommt es zustzlich durch die Verlinkung zu einer Entstellung (was gerade beim sog. „Framing“ – also der verkleinerten Wiedergabe in einem eigenen Rahmen6 – der Fall sein kann) ist zustzlich das Urheber-

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1 Schmittmann, Werbung im Internet, S. 133. 2 Plaß, WRP 2000, 599, 601 f.; Schmittmann, Werbung im Internet, S. 134. 3 BGH, Urteil v. 17.7.2003 – I ZR 259/00, NJW 2003, 3406, 3408 ff. = CR 2003, 920, 922 ff. = MMR 2003, 719, 721 ff. – Paperboy; a. A. Wiebe, MMR 2003, 724 f.; Schmittmann, Werbung im Internet, S. 135; Wiebe, in: Ernst/Vassilaki/Wiebe, Hyperlinks, Rz. 52 ff. 4 BGH, Urteil v. 17.7.2003 – I ZR 259/00, NJW 2003, 3407, 3408 ff. = CR 2003, 920, 922 ff. = MMR 2003, 719, 721 ff. – Paperboy; LG Mnchen I, Urteil v. 1.3.2002 – 21 O 9997/01, CR 2002, 452, 453 ff. = K&R 2002, 258 ff. – sueddeutsche.de. 5 Vgl. bei Ernst, K&R 1998, 536, 540; Leistner, in: Bettinger/Leistner, Werbung und Vertrieb im Internet, 1 B Rz. 75. 6 Vgl. bei Ernst, K&R 1998, 536, 539.

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Dietrich 391

O Rz. 102

Links, Setzen von

persçnlichkeitsrecht gemß § 14 UrhG betroffen und der Urheber kann Unterlassung und Schadensersatz fordern. Dies gilt auch dann, wenn die Verçffentlichung in einen gnzlich anderen Zusammenhang gestellt wird, also bspw. die Verçffentlichung eines Chemieprofessors innerhalb der Seite eines Pharmakonzerns wiedergegeben wird.1 Ferner kann nicht mehr davon ausgegangen werden, dass in dem Bereitstellen der Inhalte im Internet der Verlinkte konkludent seine Zustimmung in das Setzen von „Inline-Links“ bzw. in das „Framing“ seiner Inhalte erteilt. Die ber diese Art der Verlinkung vorgenommene Vervielfltigung urheberrechtlich geschtzter Werke ist daher unzulssig.2 102

Als problematisch werden Links zu Fachverbnden auf Unternehmenshomepages angesehen, denen das Unternehmen gar nicht angehçrt. Dies drfte jedenfalls dann unzulssig sein, wenn die Gestaltung der Homepage eine besondere Nhebeziehung zu dem Verband suggeriert. Im brigen soll dies nach dem OLG Jena zulssig sein, stellt es doch nur ein Angebot des Anbieters dar, die Internetseiten erleichtert zu finden, die fr den Besucher der Unternehmenshomepage von Interesse sein kçnnten.3

Metatags 103

Metatags sind in einer Website eingebundene Stichworte, die lediglich im Quelltext lesbar sind. Sie dienen Suchmaschinen zur Indexierung der Internetseiten. Die Metatags fhren daher dazu, dass bei Eingabe eines Begriffs in eine Suchmaschine, der zugleich als Metatag gefhrt wird, im Suchergebnis ein Link zu dem Anbieter, erscheint, der diesen Metatag mit seiner Website verbunden hat. Je hufiger ein Begriff in der Website oder in ihren Metatags erscheint, desto grçßer ist die Wahrscheinlichkeit,

1 Vgl. Ernst, K&R 1998, 536, 539; wie hier Schmittmann, Werbung im Internet, S. 134. 2 OLG Hamburg, Urteil v. 22.2.2001 – 3 U 247/00, MMR 2001, 533, 534; Ernst/ Wiebe, MMR-Beilage 8/2001, 20, 21; Wiebe, in: Ernst/Vassilaki/Wiebe, Hyperlinks, Rz. 57 ff. 3 OLG Jena, Urteil v. 13.5.2003 – 2 U 1234/02, CR 2003, 520, 521 f. = MMR 2003, 531, 532; a.A: die Vorinstanz LG Erfurt, Urteil v. 28.11.2002 – 2 HK O 373/02, MMR 2003, 491 f.; ob tatschlich – wie das OLG Jena meint – der Nutzer lediglich die durch den Link ermçglichte technische Erleichterung nutzen will und keinerlei besondere Qualittsmerkmale, die die Fachverbnde auf ihren Internetseiten reprsentieren, mit dem Unternehmen des Anbieters verbinden, sollte nicht verallgemeinert werden. Nur der sich aus der gesamten Website ergebende Gesamtzusammenhang kann ergeben, dass der Schluss des OLG Jena richtig ist (z. B. eine große „Linksammlung“ getrennt von der Darstellung ber das eigene Unternehmen).

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392 Dietrich

Metatags

Rz. 104 O

dass eine Suchmaschine die Website unter diesem Begriff indexiert.1 In den rechtlichen wie tatschlichen Folgen vergleichbar ist die nicht sichtbare Verwendung von Begriffen in der Website selbst, also wenn ein Begriff – fr den Nutzer nicht lesbar – mit gleicher Farbe wie der Hintergrund geschrieben wird (sog. „Word Stuffing“).2 Die Verwendung von Metatags ist grundstzlich zulssig. Probleme ergeben sich erst, wenn sachfremde Metatags oder fremde Kennzeichen als Metatags verwendet werden. Die Verwendung fremder Kennzeichen als Metatags kann eine Kennzeichenverletzung gem. §§ 14 Abs. 2, 15 Abs. 2, Abs. 2 MarkenG darstellen.3 Zwar sind die Metatags nur bei der unblichen ffnung des Quelltextes sichtbar, doch reicht fr die Annahme der kennzeichenmßigen Verwendung aus, dass der Verkehr das Ergebnis der Metatagverwendung wahrnimmt. Eine ausreichende Benutzungshandlung ist daher gerade auch im Hinblick auf die EuGH-Rechtsprechung4 mit ihrem weiten Verstndnis der Zeichenmßigkeit anzunehmen.5 Eine Markenrechtrechtsverletzung scheidet freilich bei einer Verwendung in rein privaten Websites aus, da es insoweit an dem fr eine Markenrechtsverletzung erforderlichen Handeln im geschftlichen Verkehr fehlt.6 Allerdings erkennt das OLG Hamburg bereits in einer Website, die ein Forum zum kritischen Austausch ber ein Unternehmen bietet, ein Handeln im geschftlichen Verkehr.7 Jedenfalls ist ein Handeln im geschftlichen Verkehr anzunehmen, wenn mit der Verwendung des inkri1 Schmittmann, Werbung im Internet, S. 131. 2 OLG Hamburg, Urteil v. 6.5.2004 – 3 U 34/02, CR 2005, 258, 259 = K&R 2005, 45 f. 3 OLG Hamburg, Urteil v. 6.5.2004 – 3 U 34/02, CR 2005, 258, 259 = K&R 2005, 45 ff., OLG Mnchen, Urteil v. 6.4.2000 – 6 U 4123/99, CR 2000, 461, 462 – Hanseatic; OLG Karlsruhe, Urteil v. 22.10.2003 – 6 U 112/03, MMR 2004, 256; LG Mnchen I, Urteil v. 24.6.2004 – 17 HK O 10389/04, K&R 2004, 448, 449 f. = MMR 2004, 689, 690 – Impuls; LG Mnchen I, Urteil v. 2.1.2003 – 33 O 21461/03, MMR 2004, 261; LG Frankfurt/Main, Urteil v. 3.12.1999 – 3/11 O 98/99, CR 2000, 462, 463 f.; LG Hamburg, Beschluss v. 13.9.1999 – 315 O 258/99, CR 2000, 121 f.; Ernst, CR 2000, 122 f.; Kur, CR 2000, 448, 451 ff.; Leupold/Brutigam/Pfeiffer, WRP 2000, 575, 590; a. A.: OLG Dsseldorf, Urteil v. 15.7.2003 – 20 U 21/03, CR 2004, 462, 464 = MMR 2004, 257, 258 f. – Impuls; OLG Dsseldorf, Beschluss v. 17.2.2004 – I-20 U 104/03, CR 2004, 936 f. = MMR 2004, 319, 320 – Metatag III; Kotthoff, K&R 1999, 157, 159; Viefhues, MMR 1999, 336, 338 f. 4 EuGH, Urteil v. 23.2.1999 – Rs. C-63/97, WRP 1999, 407 ff. – BMW/Deenik. 5 Wie hier Schmittmann, Werbung im Internet, S. 132. 6 Vgl. auch OLG Schleswig, Urteil v. 19.12.2000 – 6 U 51/00, CR 2001, 465 ff. = MMR 2001, 399 ff., zum (fehlenden) Handeln im geschftlichen Verkehr bei dem Setzen eines Links von einer privaten auf eine gewerbliche Website; anders aber fr die Website einer Fachhochschule, LG Braunschweig, Urteil v. 6.9.2000 – 9 O 188/00, MMR 2001, 187. 7 OLG Hamburg, Urteil v. 18.12.2003 – 3 U 117/03, MMR 2003, 415 f. – AWDAussteiger.

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Dietrich 393

104

O Rz. 105

Metatags

minierten Metatags die Aufmerksamkeit der Homepage erhçht werden soll, um etwa Werbeeinnahmen zu erhçhen.1 105

Als problematisch ist auch die Verwendung von sachfremden Metatags, also von allgemein gehaltenen Begriffen, die nicht im Zusammenhang mit dem Angebot des Anbieters stehen, anzusehen. Nach Auffassung des OLG Dsseldorf soll dies zulssig sein, da die Nutzer bei Eingabe eines Suchbegriffs sich bewusst seien, dass auf der „Trefferliste“ auch Domains erscheinen, deren Inhalt mit dem Suchbegriff nichts oder nur am Rande etwas „zu tun hat“.2 Diese Entscheidung ist im Hinblick auf die Anzeigenrubriken-Rechtsprechung des BGH auf Kritik gestoßen.3 Danach gengen fr eine wettbewerbsrechtlich relevante Irrefhrung bereits das Anlocken4 bzw. das Veranlassen des Verkehrs, sich mit dem Angebot „nher zu befassen“.5 Genau dies ist aber die Folge der Verwendung sachfremder Metatags. Der Nutzer ist gezwungen, sich mit der auf der Trefferliste befindlichen Domains und deren Seitenbeschreibung auseinander zu setzen,6 worin eine wettbewerbswidrige Belstigung erkannt wird.7 Es ist daher damit zu rechnen, dass – solange keine hçchstrichterliche Entscheidung vorliegt – von anderen Obergerichten die „liberale“ Auffassung des OLG Dsseldorf – wie schon bei der Frage der Verwendung fremder Kennzeichen in Metatags – nicht geteilt wird und die Verwendung sachfremder Metatags als unzulssig angesehen wird.8

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Bestimmte Begriffe lassen sich als Auslçser von Werbung verwenden. So kann bspw. mit Betreibern von Suchmaschinen vereinbart werden, dass bei Eingabe eines best. Begriffs ein Werbebanner erscheint (sog. „Keyword Advertising“). Hier gelten im Grunde die gleichen Grundstze wie bei den Metatags.9 Die Verwendung fremder Kennzeichen ist in der Regel unzulssig. Zu fordern ist weiter eine Trennung von den brigen Suchergebnissen bzw. eine klare Kennzeichnung als Werbung (R zum Trennungsgebot Rz. O 119 f.). Dies spielt v. a. bei der bezahlten Platzierung von Suchmaschineneintrgen eine Rolle. Diese sind in einer Weise zu kennzeichnen, die den jeweiligen Anbieter erkennen lassen und deutlich machen, dass es sich um ein gewerbliches Angebot handelt.10

1 Schmittmann, Werbung im Internet, S. 132. 2 OLG Dsseldorf, Urteil v. 1.10.2002 – 20 U 93/02, CR 2003, 133, 134 f. = MMR 2003, 407 f. 3 Pohle, MMR 2003, 408 ff. 4 BGH, Urteil v. 25.4.1991 – I ZR 134/90, GRUR 1991, 772, 773 – Anzeigenrubrik I. 5 BGH, Urteil v. 15.6.1988 – I ZR 51/87, GRUR 1988, 841 – Fachkrankenhaus. 6 Pohle, MMR 2003, 408, 409. 7 Schmittmann, Werbung im Internet, S. 86 f. 8 Vgl. LG Essen, Urteil v. 26.5.2004 – 44 O 166/03, MMR 2004, 692, 693. 9 Viehues, in: Hoeren/Sieber, Hdb. Multimedia Recht, 6.1 Rz. 483; a. A. LG Hamburg, Urteil v. 21.12.2004 – 312 O 950/04, MMR 2005, 629 f. 10 Leupold/Brutigam/Pfeiffer, WRP 2000, 575, 590.

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Pop ups

Rz. 109 O

Pop ups Eine besondere Form der Werbung stellen sog. „Pop ups“ dar. Es handelt sich dabei um sich çffnende Fenster bei Besuch einer Website, die werbenden Inhalts sind und die eigentlich aufgerufene Website zum Teil verdecken, also das verdecken, was der Nutzer sehen will. Eine derartige Werbung ist wegen der damit verbundenen Belstigung des Nutzers (er ist gezwungen, sich mit dem Pop-up-Fenster auseinander zu setzen, muss es ja entfernen, um die von ihm gewollte Website ohne Einschrnkung nutzen zu kçnnen) allenfalls dann zulssig, wenn sie sich durch einfachen Mausklick vom Bildschirm entfernen lassen und zwar unabhngig davon, ob das Pop-up-Fenster bzw. die darin gezeigte Animation vollstndig wiedergegeben ist.1 Unzulssig sind sog. Exit-pop-ups, die bei Schließen einer Homepage erscheinen, wenn sich auch bei Schließen dieses Pop-ups eine endlose Reihe von Exit-pop-ups anschließt, die erst durch Schließen des Browser beendet werden kann.2

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Rechtlich gleich zu behandeln sind die sog. „Interstitials“, also Werbung 108 die bei Aufruf einer Website hnlich der Unterbrecherwerbung beim Rundfunk erscheint. Bei Eingabe der betr. URL wird der Nutzer also zunchst mit der Werbung konfrontiert. Erst nach Entfernen der Werbung oder nach einem gewissen Zeitablauf erscheint dann die ursprnglich gesuchte Website.3 Da Pop-ups nur gestartet werden, wenn der Nutzer eine bestimmte Seite aufruft, ist eine Vergleichbarkeit mit e-mail-Werbung (vgl. Rz. O 66) nicht gegeben und eine bernahme der hierzu geltenden Grundstze (v. a. Zulssigkeit nur im ggfs. vermuteten Einverstndnis des Empfngers) nicht mçglich.4

1 Leupold/Brutigam/Pfeiffer, WRP 2000, 575, 591; Leistner, in: Bettinger/Leistner, Werbung und Vertrieb im Internet, 1 A Rz. 43. 2 LG Dsseldorf, Urteil v. 26.3.2003 – 2a O 186/02, CR 2003, 525 f. = MMR 2003, 486, 487 = K&R 2003, 525 f. L. 3 Leupold/Brutigam/Pfeiffer, WRP 2000, 575, 580, 591. 4 Vgl. auch LG Berlin, Urteil v. 13.5.2004 – 16 O 524/03, MMR 2004, 699.

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O Rz. 110

Pornographie (jugendgefhrdende Inhalte)

Pornographie (jugendgefhrdende Inhalte),1 wirksame Zugangsbeschrnkung 110

Bei pornographischen Angeboten ist zwischen „einfacher“ und „harter“ Pornographie zu unterscheiden.2 „Harte“ Pornographie definiert der Gesetzgeber in § 184 Abs. 3 StGB als „pornographische Schriften (§ 11 Abs. 3), die Gewaltttigkeiten, den sexuellen Missbrauch von Kindern oder sexuelle Handlungen von Menschen mit Tieren zum Gegenstand haben“. Dabei werden sowohl Abbildungen realen Geschehens, als auch fiktive Wiedergaben, wie Zeichentrickfilme, Zeichnungen, Romane etc. erfasst.3 Datenspeicher stehen Schriften gleich, so dass auch Schriften, Fotos etc. in digitalisierter Form von der Strafvorschrift erfasst sind.4 Die Verbreitung und das çffentliche Zugnglichmachen „harter“ Pornographie ist auch unter Erwachsenen strafbar.

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Ein Verbreiten im Internet liegt dann vor, wenn die Datei auf dem Rechner des Internetnutzers – sei es im (flchtigen) Arbeitsspeicher oder auf einem (permanenten) Speichermedium – angekommen ist. Dabei ist es unerheblich, ob dieser die Mçglichkeit des Zugriffs auf diese Daten genutzt hat oder ob der Anbieter die Daten bermittelt oder der Nutzer diese vom Angebot des Anbieters heruntergeladen hat.5 Ein çffentliches Zugnglichmachen ist in der Bereitstellung einer Datei zum Lesezugriff im Internet zu sehen, unabhngig davon, ob tatschlich ein Zugriff eines Nutzers erfolgt.6

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Unter „einfacher“ Pornographie will der Gesetzgeber Schriften erfassen, die nach ihrem objektiven Gehalt „zum Ausdruck bringen, dass sie ausschließlich oder berwiegend auf die Erregung eines sexuellen Reizes beim Betrachter abzielen und dabei die im Einklang mit allgemeinen gesellschaftlichen Wertvorstellungen gezogenen Grenzen des sexuellen Anstandes eindeutig berschreiten“.7 Die Rspr. fordert darber hinaus, dass der Mensch zum bloßen, auswechselbaren Objekt geschlechtlicher Begierde degradiert wird,8 die Darstellung aufdringliche vergrçbernde oder 1 Nachfolgende Ausfhrungen gelten sinngemß bei anderen jugendgefhrdenden Inhalten; vgl. auch Dçrr/Cole, Jugendschutz in elektronischen Medien – Bestandsaufnahme und Reformabsichten, Mnchen 2001. 2 Was unter Pornographie zu verstehen ist, ist im Einzelnen sehr umstritten, vgl. Albrecht/Hotter, Rundfunk und Pornographieverbot, Mnchen 2002, S. 28 ff. 3 Sieber, in: Hoeren/Sieber, Hdb. Multimedia Recht, 19 Rz. 620. 4 BGH, Urteil v. 27.6.2001 – 1 StR 66/01, NJW 2001, 3558, 3559. 5 BGH, Urteil v. 27.6.2001 – 1 StR 66/01, NJW 2001, 3558, 3559. 6 BGH, Urteil v. 27.6.2001 – 1 StR 66/01, NJW 2001, 3558, 3559; BGH, Urteil v. 12.12.2000 – 1 StR 184/00, NJW 2001, 624, 626 – Ausschwitzlge im Internet. 7 BT-Drs. 6/3521, S. 60; Sieber, in: Hoeren/Sieber, Hdb. Multimedia Recht, 19 Rz. 609. 8 OLG Dsseldorf, Urteil v. 28.3.1974 – 1 Ss 847/73, NJW 1974, 1474, 1475.

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Pornographie (jugendgefhrdende Inhalte)

Rz. 113 O

anreißerische Zge aufweist, sexuelle Vorgnge in bersteigerter anreißerischer Weise ohne Sinnzusammenhang mit anderen Lebensußerungen geschildert oder gedankliche Inhalte zum bloßen Vorwand fr provozierende Sexualitt genommen werden.1 Im Gegensatz zur „harten“ Pornographie ist das Zugnglichmachen und Verbreiten „weicher“ Pornographie nicht schlechthin strafbar, sondern insbesondere gemß § 184 Abs. 1 Nr. 1 StGB das Zugnglichmachen an Personen unter 18 Jahren bzw. gemß § 184 Abs. 1 Nr. 2 StGB das Zugnglichmachen an einem fr Minderjhrige zugnglichen Ort. Der neue § 184c StGB regelt nun ausdrcklich die Verbreitung pornographischer Darbietungen durch Medien- und Teledienste. Danach liegt keine Strafbarkeit vor, „wenn durch technische oder sonstige Vorkehrungen sichergestellt ist, dass die pornographischen Darbietungen Personen unter 18 Jahren nicht zugnglich sind“ („geschlossene Benutzergruppen“).2 Somit hngt die Strafbarkeit der Verbreitung „einfacher“ Pornographie im Internet davon ab, ob Jugendliche Zugang zu dem Angebot haben. Ebenso fordert § 4 Abs. 2 S. 2 JMStV ein entsprechendes Altersverifikationssystem.3 Eine Strafbarkeit kann damit nur mit einer geeigneten Zugangsbeschrnkung, die einen Zugriff Minderjhriger auf das Angebot ausschließt, verhindert werden. Dabei scheiden Systeme, die allein auf der Seite der Nutzer installiert werden, wie etwa sog. Rating-Systeme, die den Zugriff auf bestimmten Seiten verhindern, aus. Die Anwendung solcher Maßnahmen liegt allein beim Nutzer und kann daher vom Anbieter nicht entsprechend kontrolliert werden.4 Ungeeignet sind auch Abfragen auf den Eingangsseiten nach dem Muster „Ich bin ber 18“ bzw. „Ich bin noch keine 18 und muss daher draußen bleiben.“ Hier findet keinerlei Kontrolle statt.5 Auch eine Kontrolle des Zugriffs ber die Eingabe von Ausweisoder Kreditkartennummern ist – auch verbunden mit einem evt. Hinweis auf die Kostenpflichtigkeit des Angebots – wegen der leichten Umgehungsmçglichkeit kein geeignetes Instrument (effektive Barriere), um eine Verantwortlichkeit nach § 184 Abs. 1 Nr. 1 StGB auszuschließen.6 Somit kommen als geeignete Zugangssysteme beinahe nur noch solche in 1 2 3 4

Vgl. Sieber, in: Hoeren/Sieber, Hdb. Multimedia Recht, 19 Rz. 609. Vgl. auch Ring, AfP 2004, 9, 11. Vgl. dazu Spoerr/Sellmann, K&R 2004, 367 ff. Kritisch hierzu auch Beukelmann/Rubach/Leinonen, in: Schwarz/Peschel-Mehner, Recht im Internet, 17-G Rz. 193. 5 Sieber, in: Hoeren/Sieber, Hdb. Multimedia Recht, 19 Rz. 613. 6 OLG Dsseldorf, Urteil v. 24.5.2005 – I 20 U 143/04, CR 2005, 657 ff. – ber 18.de; KG Berlin, Urteil v. 26.4.2004 – (5) 1 Ss 436/03, MMR 2004, 478 ff.; OLG Dsseldorf, Urteil v. 17.2.2004 – III-5 Ss 143/03, CR 2004, 456 f. = MMR 2004, 409, 410; LG Duisburg, Urteil v. 30.8.2004 – 21 O 97/04, MMR 2004, 763 f.; LG Aachen, Urteil v. 17.12.2004 – 41 O 150/04, MMR 2005, 721; a. A. Beukelmann/ Rubach/Leinonen, in: Schwarz/Peschel-Mehner, Recht im Internet, 17-G Rz. 196; Spoerr/Sellmann, K&R 2004, 367, 372.

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O Rz. 114

Pornographie (jugendgefhrdende Inhalte)

Frage, die eine „Face-to-Face“-Kontrolle vorsehen, der Nutzer sich also zunchst persçnlich unter Vorlage seines Ausweises beim Anbieter oder bei mit ihm kooperierenden Unternehmen bzw. ber das Post-Ident-Verfahren1 ausweist und gleichzeitig die Einwahl dann jeweils nur ber die Eingabe von persçnlichen Identifikationsnummern oder anderen eindeutigen Merkmalen mçglich ist und die Weitergabe der Zugangsdaten insb. durch Hardwarekomponenten (USB-Stecker, Handy-Telefonkarte etc.) weitestgehend verhindert wird.2 114

ber den Jugendschutz in Online-Medien wacht nun auch die Kommission fr Jugendmedienschutz (KJM), die auf den am 1.4.2003 in Kraft getretenen Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) basiert. Sie soll ber die Einhaltung der im JMStV detaillierten Vorschriften zum Jugendschutz wachen. Sie kann bei Verstçßen Entscheidungen entsprechend § 22 Abs. 2 bis 4 MDStV treffen und dabei insbesondere die jeweiligen Angebote sperren.3 Ferner stellt das Verbreiten/Zugnglichmachen von jugendgefhrdenden Angeboten i. S. d. § 4 Abs. 2 S. 1 JMStV eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße von bis zu 500 000,– Euro geahndet werden kann.

Preisangabepflicht 115

Nach § 1 Abs. 1 der Preisangabeverordnung (PAngV) haben diejenigen, die Letztverbrauchern geschftsmßig Waren oder Leistungen anbieten oder bewerben, die Preise einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile, die zu zahlen sind (sog. Endpreise), anzugeben. Im OnlineBereich sind zustzlich die Bestimmungen fr den Fernabsatz des § 1 Abs. 2 PAngV zu beachten. Demnach ist anzugeben, dass die fr Waren und Dienstleistungen geforderten Preise die Umsatzsteuer und sonstige Preisbestandteile enthalten und ob und falls ja in welcher Hçhe Lieferund Versandkosten anfallen. Die so anzugebenden Endpreise mssen den Grundstzen der Preisklarheit und Preiswahrheit entsprechen.4

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Im Online-Bereich ist es ausreichend, wenn der Letztverbraucher im Rahmen des Bestellvorgangs auf den endgltigen Preis hingewiesen wird, jedenfalls solange der zuvor angegebene Preis nicht den Eindruck erweckt,

1 Zum Post-Ident-Verfahren OLG Mnchen, Urteil v. 29.7.2004 – 29 U 2745/04, MMR 2004, 755, 757. 2 OLG Dsseldorf, Urteil v. 24.5.2005 – I-20 U 143/04, CR 2005, 657, 659 – ber18.de; Liesching, MMR 2004, 481, 482. 3 Spoerr/Sellmann, K&R 2004, 367, 371. 4 Kçhler, in: Baumbach/Hefermehl, UWG, 23. Aufl. 2004, § 1 PAngV Rz. 11.

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SMS-Werbung

Rz. 118 O

der Endpreis zu sein.1 Weiter wird es als ausreichend angesehen, wenn die Preisangaben auf einer weiteren Internetseite enthalten sind, zu welcher der Nutzer ber einen einfachen Link gefhrt wird, wenn hierauf klar und unmissverstndlich hingewiesen wird.2 Verstçße gegen die Preisangabepflicht stellen gemß § 10 PAngV eine Ordnungswidrigkeit dar. Ferner sind Verstçße gegen die Preisangabevorschriften zugleich gemß §§ 4 Nr. 11, 3 UWG wettbewerbswidrig, sofern sie nicht nur zu einer unerheblichen Beeintrchtigung des Wettbewerbs fhren sollten.3 Im Regelfall drfte aber bei einem Verstoß gegen die Vorschriften der Preisangabeverordnung einer erheblichen Beeintrchtigung und damit von einer Wettbewerbswidrigkeit auszugehen sein, nimmt doch die PAngV in § 9 PAngV selbst schon bestimmte „Bagatell“-Flle aus.

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SMS-Werbung Sozusagen eine Fortentwicklung der E-Mail-Werbung (R Rz. O 66 ff.) stellt die Versendung von Werbebotschaften auf Mobiltelefone (zumeist mittels sog. „short messages“ = „sms“) dar.4 Im Grunde gelten hier die gleichen rechtlichen Beurteilungen wie bei der E-Mail-Werbung (R Rz. O 66 ff.).5 Die Tatsache, dass mit Empfang der SMS keine unmittelbaren Kosten verbunden sind, ndert an dieser Einschtzung nichts.6 Zum Teil wird auf Websites der Versand von kostenlosen SMS angeboten. Diesen wird dann eine kurze Werbebotschaft7 (z. B. „powered by XY“) angefgt. Die Zulssigkeit dieser Werbeform ist – soweit ersichtlich – noch keiner gerichtlichen Klrung zugefhrt. Solange es sich allerdings nur um einen vergleichsweisen kurzen Anhang handelt, drfte von einem Einver-

1 BGH, Urteil v. 3.4.2003 – I ZR 222/00, CR 2003, 849 f. = MMR 2003, 785, 786 = K&R 2003, 566, 568 – Internet-Reservierungssystem. 2 OLG Kçln, Urteil v. 7.5.2004 – 6 U 4/04, MMR 2004, 617, 618. 3 Vgl. statt vieler: BGH, Urteil v. 3.7.2003 – I ZR 211/01, CR 2003, 816, 817 = K&R 2003, 568, 570 = MMR 2003, 783, 784 – Telefonischer Auskunftsdienst (noch zum alten UWG); Kçhler, in: Baumbach/Hefermehl, UWG, 23. Aufl. 2004, § 4 Rz. 11.142. 4 Vgl. hierzu: Remmertz, MMR 2003, 314 ff.; Schmittmann, K&R 2004, 58 ff.; Schmittmann, K&R 2003, 250 f. 5 LG Berlin, Urteil v. 14.1.2003 – 15 O 420/02, CR 2003, 339, 340 f. = K&R 2003, 246, 248; AG Essen, Anerkenntnisurteil v. 13.1.2004 – 11 C 481/03, MMR 2004, 840; LG Hannover, Urteil v. 21.6.2005 – 14 O 158, MMR 2005, 714 f. 6 LG Berlin, Urteil v. 14.1.2003 – 15 O 420/02, K&R 2003, 246, 248. 7 A. A. Rçmermann/Schmoll, K&R 2004, 553, 554, die darin schon gar keine Werbung sehen.

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O Rz. 119

Trennungsgebot

stndnis des Empfngers auszugehen sein, der ja die Nachricht seines Bekannten im Regelfall bekommen mçchte und diesem den Vorteil des kostenlosen Versandes gçnnt.1 Ferner ist der Verkehr derartige Anhnge von diversen E-Mail-Providern gewohnt, die den versandten E-Mails noch eine eigene kurze Werbebotschaft anhngen.

Trennungsgebot 119

§ 9 Abs. 2 MDStV bestimmt, dass Werbung also solche klar erkennbar sein muss und vom brigen Inhalt der Angebote eindeutig zu trennen ist. Nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 TDG ist „kommerzielle Kommunikation“ als solche eindeutig zu kennzeichnen. Insoweit ist der fr Print- und Rundfunkangebote geltende, aus den Lauterbarkeitsgrundstzen und der Wahrheitspflicht abgeleitete,2 Grundsatz der Trennung von Werbung zum Inhalt des Angebots auf den Online-Bereich bernommen worden (R Rz. P 369; Rz. R 88 ff.). Er gilt berall dort, wo der Nutzer eine verobjektivierte Information durch einen unabhngigen Dritten erwartet.3 Objektive Informationen erwarten die Nutzer bei den Online-Angeboten der Rundfunkund Presseunternehmen, bei çffentlichen bzw. çffentlich-rechtlichen Institutionen. Aber auch andere Anbieter kçnnen bei einer entsprechenden objektiven Aufmachung den Eindruck sachlicher Informationen erwecken, wie es bei den Eingangsseiten grçßerer Provider hufig der Fall ist.

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Wegen Verstoßes gegen das Trennungsgebot sind daher insbesondere redaktionell gestaltete Anzeigen (ohne eindeutige Kennzeichnung als Anzeige), bertriebene redaktionelle Produkthinweise außerhalb des Informationszwecks4 oder die redaktionell oder wissenschaftlich getarnte Produktempfehlung unzulssig.5 Problematisch kann auch die im thematischen Kontext eines Artikels platzierte Werbung sein. Sie ist zwar nicht per se wettbewerbswidrig – vielfach lsst sich gerade bei Fachpublikationen eine Nhe von Artikel und Werbung gar nicht vermeiden; sie kann aber dann unzulssig sein, wenn sich der redaktionelle Text ausschließlich mit dem umworbenen Produkt befasst. Bei der anzustellenden, alle Umstnde des Einzelfalls bercksichtigenden Wertung kann es relevant werden, wenn der Artikel gnzlich unkritisch ist oder eine besonders auffllige Gestaltung der „korrespondierenden“ Werbung den Zusammen-

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Im Ergebnis ebenso Rçmermann/Schmoll, K&R 2004, 553, 554. Kçrner/Lehment, in: Hoeren/Sieber, Hdb. Multimedia Recht, 11.1 Rz. 168. Kçrner/Lehment, in: Hoeren/Sieber, Hdb. Multimedia Recht, 11.1 Rz. 168. BGH, Urteil v. 30.4.1997 – I ZR 196/94, AfP 1997, 795 f. – Die Besten I; BGH, Urteil v. 30.4.1997 – I ZR 154/94, AfP 1997, 797 f. – Die Besten II. 5 Kçrner/Lehment, in: Hoeren/Sieber, Hdb. Multimedia Recht, 11.1 Rz. 170.

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Urheberrechte

Rz. 122 O

hang mit dem Artikel fçrmlich aufdrngt.1 Die Verwendung von Links in einem redaktionellen Artikel ist jedenfalls dann, wenn er eine redaktionelle Ergnzung des Artikels darstellt, per se noch kein Verstoß gegen das Trennungsprinzip. In seiner „Schçner Wetten“-Entscheidung hat der BGH festgestellt, dass ein Presseunternehmen durch einen Link in einem redaktionellen Artikel noch nicht fr den Inhalt der verlinkten Seite verantwortlich gemacht werden kann.2 Folgerichtig ist auch in einem bloßen, das Redaktionelle sinnvoll ergnzenden Link noch keine Schleichwerbung zu erkennen.3

Urheberrechte Die Erstellung von Online-Werbung (insb. von homepages) zeichnet sich 121 durch eine Zusammenstellung verschiedener Elemente (Bilder, Texte, Layout etc.) aus, die fr sich rechtlich geschtzt sein kçnnen. Insofern ist eine Auseinandersetzung mit den in Frage stehenden Urheberrechten unabdingbar. Zunchst kann eine Website selbst urheberrechtlichen Schutz erlangen, etwa hinsichtlich der darin enthaltenen Texte als Sprachwerke, aber auch als wissenschaftlich-technische Darstellungen, als Werk der bildenden Kunst oder als Datenbank.4 Grçßere praktische Relevanz hat jedoch die Tatsache, dass durch die Verwendung von urheberrechtlich geschtzten Werken bei der Gestaltung von Online-Angeboten urheberrechtliche Verletzungstatbestnde erfllt werden kçnnen. Es ist daher erforderlich, dass derjenige, der urheberrechtlich geschtzte Werke in seine Homepage bernimmt, vom Berechtigten eine entsprechende Erlaubnis einholt.5 Wer eine Website çffentlich zugnglich macht, muss sich durch einen lckenlosen Rechteerwerb absichern, andernfalls drohen ihm Klagen wegen Urheberrechtsverletzungen.6 Haben die Berechtigten bereits ihre Nutzungsrechte an Verwertungsgesellschaften oder Agenturen (z. B. Bildagenturen) abgetreten, mssen die Rechte dort erworben werden.

1 Vgl. auch Kçrner/Lehment, in: Hoeren/Sieber, Hdb. Multimedia Recht, 11.1 Rz. 176. 2 BGH, Urteil v. 1.4.2004 – I ZR 317/01, CR 2004, 613, 615 f. = MMR 2004, 529, 532 – Schçner Wetten. 3 A. A. Kçrner/Lehment, in: Hoeren/Sieber, Hdb. Multimedia Recht, 11.1 Rz. 173. 4 Schwarz/Reber/Kreuzer, in: Schwarz/Peschel-Mehner, Recht im Internet, 4-G 1.6; Hrting/Kuon, CR 2004, 527 ff.; Heutz, MMR 2005, 567 ff. 5 Zur Verwertung urheberrechtlich geschtzter Print-Artikel im Internet, RathGlawatz/Dietrich, AfP 2000, 222 ff. 6 Schack, MMR 2001, 9; Zahrt, K&R 2001, 65, 71.

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O Rz. 123

Urheberrechte

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Aber auch wenn die Website etwa wegen ihres Layouts1 oder die darin verwandten Texte urheberrechtlichen Schutz genießen, ohne dass dabei auf externe Quellen zurckgegriffen wird, muss der Unternehmer, der nicht in persona die Website erstellt, die Rechte daran erwerben. Denn Schçpfer der Website und ihrer Elemente ist nicht der Arbeitgeber, sondern der Arbeitnehmer (oder der externe Webdesigner).2

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Bei der Verwendung von Personenfotos ist darauf zu achten, dass die Einwilligung des Abgebildeten nach § 22 KUG vorliegt. Eine solche Einwilligung kann von dem Betroffenen – wenn es sich um Nacktfotos handelt – auch dann jederzeit widerrufen werden, wenn die Verçffentlichungsermchtigung in schriftlicher Form unwiderruflich und uneingeschrnkt eingerumt wurde, da Nacktfotos regelmßig den Kern der Persçnlichkeit (hçchstpersçnlicher Intimbereich) betreffen. Einem kund getanen Sinneswandel des Betroffenen ist im Intimbereich Rechnung zu tragen.3

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Unabhngig davon bleiben die Urheberpersçnlichkeitsrechte (z. B. Urhebernennungsrecht) zu beachten.4

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Bei Verletzung der Urheberrechte drohen v. a. Unterlassungs-, Auskunfts-, Schadensersatz- und sogar „Schmerzensgeld“-Ansprche.5

Werbeblocker 127

Durch spezielle Programme bzw. Programmapplikationen kçnnen die Nutzer Werbung auf den besuchten Websites ausblenden bzw. Pop-ups (R Rz. O 107 ff.) verhindern. Dies kann aus Grnden der Sicherheit (v. a. im Hinblick auf die Gefahr von Viren etc. durch graphisch animierte Werbung) oder insbesondere im Hinblick auf die Pop-ups auch aus Grnden des unbelstigten Surfens im Internet erfolgen. Der Einsatz derartiger Werbeblocker (zu den Werbeblockern im Rundfunk R Rz. R 114) ist – auch wenn viele Anbieter sich mit der Werbung finanzieren, also auf die

1 Vgl. dazu Schack, MMR 2001, 9, 10 f. 2 Schack, MMR 2001, 9. 3 OGH, Beschluss v. 16.12.2003 – 4 Ob 211/03, K&R 2004, 538, 541 mit Anm. Thiele; vgl. auch BGH, Urteil v. 22.1.1985 – IV ZR 28/83, NJW 1985, 1617, 1618 ff. = AfP 1985, 110 ff. – Nacktfoto. 4 Vgl. etwa OLG Frankfurt/Main, Urteil v. 4.5.2004 – 11 U 6/02 und 11 U 11/03, CR 2004, 617, 618 f. = MMR 2004, 476, 477. 5 OLG Frankfurt/Main, Urteil v. 4.5.2004 – 11 U 6/02 und 11 U 11/03, CR 2004, 617, 618 f. = MMR 2004, 476, 477 f.

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402 Dietrich

Widerrufsbelehrungen und andere Informationspflichten

Rz. 130 O

vom Nutzer ausgeblendete Werbung angewiesen sind – zulssig und wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden.1

Widerrufsbelehrungen und andere Informationspflichten im Fernabsatzgeschft Bei der Gestaltung von Websites, ber die Waren oder Dienstleistungen (insbesondere an Verbraucher) vertrieben werden, stellen die gesetzlichen Informationspflichten im Rahmen des Online-Geschftsabschlusses einen entscheidenden Punkt dar (zur Preisangabepflicht R Rz. O 115 ff.; zur Anbieterkennzeichnung R Rz. O 5 ff.). Ausgelçst durch die Fernabsatzrichtlinie (Richtlinie 97/7/EG)2 wurde in Deutschland zunchst das Fernabsatzgesetz (FernAbsG) erlassen, welches im Rahmen der Schuldrechtsreform in das BGB und die BGB-InfoV bernommen wurde. Nunmehr sind die Fernabsatzvertrge also in §§ 312 b ff. BGB und der BGB-InfoV geregelt.

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Ein Fernabsatzvertrag liegt gemß § 312b Abs. 1 BGB bei einem Vertrag ber die Lieferung von Waren oder Erbringung von Dienstleistungen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher3 vor, der unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln geschlossen wurde, es sei denn der Vertragsschluss erfolgte nicht im Rahmen eines fr den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystem.4 Der Online-Vertrieb fllt ohne weiteres unter die Bestimmungen des Fernabsatzrechts.5

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Sofern ein Wirtschaftsgut erworben wird, das sowohl fr private als auch fr gewerbliche Zwecke nutzbar ist, obliegt es dem Verbraucher nachzuweisen, dass die Nutzung privat oder jedenfalls berwiegend privat erfolgt.6

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1 BGH, Urteil v. 24.6.2004 – I ZR 26/02, WRP 2004, 1272, 1274 ff. – Werbeblocker; OLG Frankfurt/Main, Urteil v. 23.9.1999 – 6 U 74/99, GRUR 2000, 152, 153 – TV-Werbeblocker. 2 ABl L 144, 19 ff. 3 Gemß § 13 BGB ist Verbraucher jede natrliche Person, die ein Rechtsgeschft zu einem Zweck abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstndigen beruflichen Ttigkeit zugerechnet werden kann. 4 Ausgenommen sind daher bspw. die Flle, in denen der Verbraucher telefonisch im Metzgergeschft ein bestimmtes Stck Fleisch oder beim Bcker einen Kuchen bestellt. 5 Zur Anwendbarkeit der Regelungen des Fernabsatzrechts auf das Anzeigengeschft, Rath-Glawatz/Dietrich, AfP 2000, 505 ff. 6 Schmittmann, K&R 2003, 385, 386.

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Dietrich 403

O Rz. 131

Widerrufsbelehrungen und andere Informationspflichten

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Das Fernabsatzrecht gilt gemß § 312b Abs. 3 BGB nicht fr die spezifisch geregelten Bereiche des Fernunterrichts-, des Teilzeit-WohnrechteVertragsrechts. Grundstcksgeschfte sind – schon aufgrund der Unmçglichkeit die dafr geltenden Formvorschriften im Rahmen des Fernabsatzes einzuhalten – ausgenommen. Weiter findet das Fernabsatzrecht keine Anwendung auf Vertrge ber die Lieferung von Lebensmitteln, Getrnken oder sonstigen Haushaltsgegenstnden des tglichen Bedarfs, die am Wohnsitz, Aufenthaltsort oder Arbeitsplatz eines Verbrauchers von Unternehmern im Rahmen hufiger und regelmßiger Fahrten geliefert werden.1 Gleiches gilt fr die Erbringung von Dienstleistungen in den Bereichen Unterbringung, Befçrderung, Lieferung von Speisen und Getrnken sowie Freizeitgestaltung, wenn sich der Unternehmer bei Vertragsschluss verpflichtet, die Dienstleistungen zu einem bestimmten Termin zu erbringen.

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Beim Online-Abschluss von Vertrgen (Geschfte im elektronischen Geschftsverkehr) hat der Unternehmer allgemein dem Kunden (also einerlei ob Verbraucher oder Unternehmer) zunchst die einzelnen technischen Schritte, die zum Vertragsschluss fhren, darzustellen, ihn darber zu informieren, ob der Vertragstext nach dem Vertragsschluss vom Unternehmer gespeichert wird und ob er dem Kunden zugnglich ist, in welchen Sprachen ein Vertragsschluss mçglich ist und unter welchen Verhaltenskodizes2 sich der Unternehmer unterwirft (§ 3 BGB-InfoV). Ferner hat er dem Kunden angemessene Mittel zur Verfgung zu stellen, um Eingabefehler zu erkennen und zu beheben, den Zugang der Bestellung unverzglich zu besttigen sowie die Mçglichkeit zu verschaffen, die Vertragsbestimmungen (einschl. AGB) bei Vertragsschluss abzurufen und in wiedergabefhiger Form zu speichern, § 312e BGB.

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Der Unternehmer hat den Verbraucher vor Abschluss des Vertrages gemß § 312b Abs. 1 BGB klar und verstndlich ber die Einzelheiten des Vertrages und den geschftlichen Zweck zu informieren. Erforderlich sind neben den unternehmensbezogenen Informationen wie die Identitt und die ladungsfhige Anschrift (vgl. hierzu auch die Ausfhrungen zur Anbieterkennzeichnungspflicht R Rz. O 5 ff.) produktbezogene Informationen wie die Beschreibung der Hauptleistung mit allen Merkmalen, die aus Sicht des Verbrauchers von Bedeutung sind, § 312c Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 1 Abs. 1 BGB-InfoV. Hierzu gehçren alle verkehrswesentlichen Eigenschaften (wertbildende Faktoren), wie auch Eigenschaften, die fr die individuelle Nutzbarkeit entscheidend sind (etwa Konfektionsgrçße).3 Der Unternehmer muss ber Liefer- und Versandkosten (§ 1 Abs. 1 Nr. 7 BGB-InfoV) und die Zahlungsmodalitten (§ 1 Abs. 1 Nr. 8 BGB-InfoV) 1 Etwa die Getrnke-Lieferungen und Pizza-Bring-Dienste. 2 Vgl. hierzu Vander, K&R 2003, 339 ff. 3 Hoenike/Hlsdunk, MMR 2002, 415, 418.

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404 Dietrich

Widerrufsbelehrungen und andere Informationspflichten

Rz. 136 O

bzw. event. zustzlich anfallende Kommunikationskosten (§ 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV) sowie ber eventuelle Angebotseinschrnkungen wie Liefervorbehalte oder Befristungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 und 11 BGB-InfoV) berichten und insbesondere ber das Bestehen eines Widerrufs- oder Rckgaberechts (§ 1 Abs. 1 Nr. 9 BGB-InfoV). Dem Verbraucher steht bei Fernabsatzvertrgen gemß § 312d Abs. 1 S. 1 BGB ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB zu. Alternativ kann ihm bei Vertrgen ber die Lieferung von Waren ein Rckgaberecht nach § 356 BGB eingerumt werden.1

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Ausgeschlossen ist das Widerrufsrecht gemß § 312d Abs. 4 BGB bei einer Reihe von Vertrgen, insbesondere bei Vertrgen ber die Lieferung von Waren, die nach Kundenspezifikationen angefertigt werden, die eindeutig auf die persçnlichen Bedrfnisse zugeschnitten sind, die auf Grund ihrer Beschaffenheit nicht fr eine Rcksendung geeignet sind, die schnell verderben kçnnen, oder deren Verfallsdatum berschritten wrde (§ 312d Abs. 4 Nr. 1 BGB). Eine Anfertigung nach Kundenspezifikationen liegt nicht vor, wenn die Ware aus vorgefertigten Standartbauteilen zusammengefgt ist, die ohne Beeintrchtigung ihrer Substanz und Funktionsfhigkeit mit verhltnismßig geringem Aufwand wieder getrennt werden kçnnen (z. B. Notebook mit bestimmten Ausstattungsmerkmalen wie ISDN-Karte, 2.Akku etc.).2 Das Widerrufsrecht ist ferner ausgeschlossen bei der Lieferung von Audio- und Video-Aufzeichnungen und von Software, sofern die gelieferten Datentrger vom Verbraucher entsiegelt wurden (§ 312d Abs. 4 Nr. 2 BGB), bei der Lieferung von Zeitungen und Zeitschriften (§ 312d Abs. 4 Nr. 3 BGB), bei Wett- und Lotterie-Dienstleistungen (§ 312d Abs. 4 Nr. 4 BGB), nicht aber bei Dienstleistungen, die in der Weiterleitung eines Lottotipps an die Lottogesellschaft bestehen,3 und bei Versteigerungen im Sinne des § 156 BGB (§ 312d Abs. 4 Nr. 5 BGB). Die sich zunehmender Beliebtheit erfreuenden Internet-Versteigerungen auf von bestimmten Anbietern bereitgestellten Plattformen4 sind keine Versteigerungen im Sinne des § 156 BGB und somit gilt fr sie auch nicht der Ausschluss des Widerrufsrechts.5 Unternehmer, die ber diese Plattformen Waren an Verbraucher vertreiben, haben daher sowohl die Informationspflichten zu erfllen, als auch den Verbrauchern ein Widerrufsrecht einzurumen (R Rz. O 22 f.).6

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Umstritten ist, ob es erforderlich ist, dass der Verbraucher die Informationen zwingend aufrufen muss, bevor er den Vertrag schließt (sog. „Tunnel-

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1 Zu den Problemen im Zusammenhang mit Widerruf und Herstellergarantie, Heigl/Rettenmaier, K&R 2004, 559 ff. 2 BGH, Urteil v. 19.3.2003 – III ZR 295/01, MMR 2003, 463 ff. 3 OLG Karlsruhe, Urteil v. 27.3.2002 – 6 U 200/01, GRUR 2002, 730 f. 4 Vgl. www.ebay.de oder www.ricardo.de. 5 BGH, Urteil v. 3.11.2004 – VIII ZR 375/03. 6 OLG Hamm, Urteil v. 14.4.2005 – 4 U 2/05, CR 2005, 666 f.

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Widerrufsbelehrungen und andere Informationspflichten

seite“ im Bestellablauf).1 Das Gesetz spricht lediglich von „Informieren“. Insbesondere im Hinblick auf die sogleich dargestellten weitergehenden Informationspflichten in Textform, wrde dies eine berspannung der Anforderungen vorvertraglicher Informationspflichten darstellen.2 Es drfte daher gengen, wenn die Informationen an so herausgehobener Stelle im Onlineformular angebracht sind, dass der Verbraucher gleichsam zwangslufig auf sie stoßen muss.3 Insofern sind die Anforderungen indes hçher einzustufen als bei der bloßen Anbieterkennzeichnung (R Rz. O 16). 137

Kommt es zum Vertragsschluss, sind diese Informationen (mit Ausnahme der Informationen ber die Kosten der Nutzung der Fernkommunikationsmittel und der Gltigkeitsdauer befristeter Angebote) gemeinsam mit Informationen ber die Modalitten der Ausbung des Widerrufsbzw. Rckgaberechts,4 die Adresse fr Reklamationen, die ladungsfhige Anschrift5 des Unternehmers mit den Namen des Vertretungsberechtigten, die geltenden Gewhrleistungs- und Garantiebedingungen und die Kndigungsbedingungen bei Dauerschuldverhltnissen gemß § 312c Abs. 2 BGB i. V. m. § 1 Abs. 2 und 3 BGB-InfoV dem Verbraucher alsbald sptestens bis zur vollstndigen Erfllung des Vertrages in Textform (§ 126b BGB) mitzuteilen. Ausreichend hierfr ist, dass die erwhnten Informationen in lesbarer Form dem Verbraucher so dauerhaft zur Verfgung gestellt werden, dass er die Angaben vor Abgabe seiner Erklrung zur Kenntnis nehmen, und nach Wunsch abrufen, abspeichern oder ausdrucken kann. Es gengt also, dass die Informationen auf der Homepage des Anbieters dauerhaft zur Verfgung stehen.6 Da aber nach § 355 Abs. 2 BGB die Widerrufsfrist erst mit Mitteilung der Widerspruchsfrist- und -modalitten bzw. nach § 312d Abs. 2 BGB und § 312e Abs. 3 BGB erst nach Erfllung der ber § 355 Abs. 2 BGB hinausgehenden Informations1 OLG Frankfurt/Main, Beschluss v. 17.4.2001 – 6 W 37/01, K&R 2002, 43, 44; offen gelassen OLG Karlruhe, Urteil v. 27.3.2002 – 6 U 200/01, CR 2003, 682 ff. = MMR 2002, 618, 619. 2 Schafft, K&R 2002, 44 ff. 3 So OLG Karlruhe, Urteil v. 27.3.2002- 6 U 200/01, CR 2003, 682 ff. = MMR 2002, 618, 619. 4 Die Widerrufsbelehrung sollte keine unnçtigen Zustze enthalten, da Gefahr besteht, dass sie dann nicht mehr dem Transparenzgebot gengt, BGH, Urteil v. 4.7.2002 – I ZR 55/00, NJW 2002, 3396, 3397 ff. 5 Die BGB-InfoV fordert ausdrcklich die Angabe der ladungsfhigen Anschrift. Dies bedeutet, dass die Strasse, Hausnummer, Postleitzahl und Ort anzugeben sind. Insofern sind die Anforderungen im Fernabsatzgeschft schrfer als bei anderen Verbrauchervertrgen, da fr die notwendige Angaben zum Fristbeginn im Rahmen des § 355 Abs. 2 BGB die Postfachanschrift ausreichend wre, BGH, Urteil v. 11.4.2002 – I ZR 306/99, NJW 2002, 2391, 2392 ff. 6 Vgl. OLG Mnchen, Urteil v. 25.1.2001 – 29 U 4113/00, CR 2001, 401, 402 f. = MMR 2001, 536, 538; a. A. LG Kleve, Urteil v. 22.11.2002 – 5 S 90/02, MMR 2003, 424, 425.

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Zugang elektronischer Erklrungen

Rz. 142 O

pflichten beginnt, empfiehlt sich fr den Unternehmer, sich jedenfalls die Kenntnisnahme vom Verbraucher besttigen zu lassen. Der Gesetzgeber hat Musterwiderrufs- bzw. Musterrckgabebelehrungen verfasst, die kraft Verordnung (§ 14 BGB-InfoV) den gesetzlichen Anforderungen gengen.1 Die Informationen sind dann klar und verstndlich, wenn der Unternehmer vernnftigerweise erwarten kann, dass der Kunde sie versteht. Dies bedeutet zum einen, dass die Informationen so transparent dargestellt sind, dass sie ohne Einholung von Rechtsrat verstanden werden kçnnen und zum anderen aber auch, dass sie in der Sprache gehalten werden, in der auch das Angebot dargestellt wird (z. B. muss ein ausschließlich englisch-sprachiges Angebot nicht die Informationen auf Deutsch bereithalten).2

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Ferner mssen die Informationen leicht erkennbar und unmittelbar erreichbar sein. Diesbezglich sei auf die Ausfhrungen zur Anbieterkennzeichnung (R Rz. O 16) verwiesen.

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§ 316c Abs. 1 BGB fordert weiter, dass die Informationen in einer dem eingesetzten Fernkommunikationsmittel entsprechenden Weise bereitgehalten werden mssen. Die Informationen mssen also dem Kunden grundstzlich ber das selbe Kommunikationsmittel erreichen, wie das eigentlichen Angebot.3

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Verstçße gegen die Informationspflichten fhren zunchst zu erweiterten Verbraucherrechten. Denn es beginnt nach §§ 312d Abs. 2, 312e Abs. 3 BGB die Widerrufsfrist erst, wenn der Verbraucher ordnungsgemß belehrt wurde. Ferner stellen Verstçße gegen die Verbraucherschutzvorschriften des Fernabsatzrechtes zugleich ein unlauteres Verhalten im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG dar und sind wettbewerbswidrig, wenn nicht die Bagatellklausel des § 3 UWG greift. Der Unternehmer luft also in Gefahr von Verbraucherschutzverbnden und von Wettbewerbern auf Unterlassung in Anspruch genommen zu werden.

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Zugang elektronischer Erklrungen Bei der Online-Abwicklung von Geschften kommt es oftmals entscheidend darauf an, ob und ggfs. wann dem Vertragspartner eine Erklrung zugegangen ist. Dies gilt nicht nur fr die fr den Vertragsschluss ele1 Vgl. Anlage 2 und 3 zur BGB-InfoV, BGBl. I 2002, 3002 ff.; kritisch zur diesen Mustern Masuch, NJW 2002, 2931, 2932. 2 Hoenike/Hlsdunk, MMR 2002, 415, 417. 3 Hoenike/Hlsdunk, MMR 2002, 415, 417.

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Zugang elektronischer Erklrungen

mentaren Willenserklrungen, sondern fr Informationen, wie Widerrufsbelehrungen, ohne deren Zugang die Widerrufsfrist des § 355 Abs. 2 BGB nicht zu laufen beginnt. 143

Bei Internet-Geschften handelt es sich um den Austausch von Erklrungen „unter Abwesenden“ im Sinne des § 130 BGB.1 Erklrungen unter Abwesenden werden in dem Zeitpunkt wirksam, in dem sie dem Empfnger zugehen. Zugegangen bedeutet, dass die Erklrung so in den Bereich des Empfngers gelangt ist, dass dieser unter normalen Verhltnissen die Mçglichkeit hat, vom Inhalt der Erklrung Kenntnis zu nehmen.2 Demnach soll eine per e-mail bermittelte Erklrung nach der h. M. dann zugehen, wenn sie in der eigenen Datenverarbeitungsanlage oder dem bei einem Provider eingerichteten Empfangsbriefkasten abrufbar gespeichert ist, bei Eingang zur Unzeit am folgenden Tag.3 Diese herrschende Meinung ist jedoch insoweit auf Kritik gestoßen, als bereits der Zugang beim Provider ausreichend sein soll. Der Provider steht nicht im Machtbereich des Empfngers, er kann etwa wegen behaupteter eigener Forderungen den Anschluss sperren etc. Ferner kann die h. M. den Wertungswiderspruch zum Zugang von in Briefen verkçrperten Erklrungen, die bei Hinterlegung bei der Post selbst bei Einwurf eines Benachrichtigungszettels nicht zugehen,4 nicht aufheben. Evt. auftretenden Probleme beim Zugang von Erklrungen an das beim Provider eingerichtete Postfach sollten daher ber die Konstruktion der Zugangvereitelung gelçst werden.5

1 Dietrich, K&R 2002, 138, 139; Bettinger, in: Bettinger/Leistner, Werbung und Vertrieb im Internet, 3 A Rz. 9. 2 Statt vieler: BGH, Urteil v. 27.10.1982 – V ZR 24/82, NJW 1983, 929, 930. 3 Palandt/Heinrichs, BGB, § 130 Rz. 7a, m. w. Nachw.; Hrting, K&R 2001, 310, 313; Gaertner/Girschbaum, DB 2000, 1601, 1602; Waldenberger, K&R 1999, 345, 348; Vehslage, AnwBl 2002, 86, 87. 4 BGH, Urteil v. 3.11.1976 – VIII ZR 140/75, BGHZ 67, 271, 275. 5 Vgl. dazu Dietrich, K&R 2002, 138, 139 ff.

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Sachverzeichnis Die Angaben beziehen sich auf die Randnummern. Abdruckhçhe P 1 ff. Abdruckqualitt P 197 ff. Ablehnung des Anzeigenauftrages P 280 ff. – Einstweilige Verfgung auf Abdruck P 279 – Herkunft der Anzeige P 284 – inhaltliche Grnde P 282 – rechtliche Bedenken P 281 – technische Vorbehalte P 283 – Verletzung wirtschaftlicher Interessen des Verlages P 285 Abmahnkosten P 256 Abmahnung P 246, 329, 373 Abnahme (der Anzeige) P 102 Absatzfçrderungsabsicht R 1 ff. Absatzkopplung P 75 Abschlusserklrung P 253 Abschlusszwang P 278 Abwertung Konkurrenz P 285 Abwicklungsfrist P 4 ff., 203 AdClicks O 89 Ad-cover-Anzeigen P 267 Advertorial-Anzeigen P 269 AGB P 6 ff. – Anwendung kaufmnnischer Geschftsverkehr P 10 – Anwendung Privatkunden P 11 – Einbeziehung P 10 ff. – Freizeichnungsklauseln P 21 – Gerichtsstand P 220 – Haftungsbegrenzungen P 12 ff., 19 ff. – Haftungsbegrenzungen/Mangelfolgeschaden P 22 – Klauselverbote P 19 – Schadensersatz P 12, 18

– telefonische Anzeigenaufnahme P 10 f. – Urheberrechtsschutz P 405 – Werbeagenturen P 10 Agenturprovision P 433 ff. Alkoholwerbung R 4 f. Alleinstellungsbehauptungen P 193 ff. Allgemeine Geschftsbedingungen O 1 ff. Allgemeines Persçnlichkeitsrecht P 135, 172, 206, 326 Amtliches Empfehlungsschreiben P 101 Amtsblatt/Anzeigen P 389 ff. Anbieterkennzeichnung O 5 ff. – Anschrift O 11 – Aufsichtsbehçrde O 13 – berufsrechtliche Regelungen O 15 – Erkennbarkeit, leichte O 16 – Erreichbarkeit, unmittelbare O 16 – e-mail-Adresse O 12 – Registernummer O 14 – Telefaxnummer O 12 – Telefonnummer O 12 – Verfgbarkeit, stndige O 17 – Verstoß gegen O 18 f. nderungen Anzeige P 106 ff. Ankndigung Preisanhebung P 85 Anlehnende Werbung/Rufausbeutung P 211 Annahmefrist P 92 Anscheinsvollmacht P 96 Anschwrzen Konkurrenz P 107, 172, 195, 198

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Sachverzeichnis Anzeige – Ablehnung P 278 ff. – Begriff P 46 ff. – Beitrag zur çffentlichen Meinungsbildung P 215 – Entgeltlichkeit P 47 – kritische Berichterstattung P 101 – Pressefreiheit P 101 ff. – Sittenwidrigkeit P 387 ff. – Verstoß gegen gerichtliche Verfgung P 254 ff. – Werkvertrag P 97 Anzeigenabschluss P 52 ff., 336, 342, 368 – Preiserhçhungen P 85 – Rabatte P 333 ff. – Zahlungsunfhigkeit Inserent P 420 Anzeigenakquisition per Telefon/ Fax/E-Mail P 59 ff. Anzeigenakquisition/themenbezogen P 291 Anzeigenannahmestelle P 63 ff. Anzeigenbeleg P 109, 200 Anzeigenbltter P 65 ff., 381 Anzeigenboykott P 70 ff. Anzeigenentgelt P 102 Anzeigengewinnspiele P 74 ff. Anzeigen in staatlichen Publikationen P 389 ff. Anzeigenkollektive P 86 ff. Anzeigenkombinationen P 86 ff. Anzeigenmanuskript P 238 Anzeigenmusterbuch P 322, 405 Anzeigenpreise P 80 ff. – Einfhrungspreise P 81 – Festsetzung P 80 – Preiserhçhungen P 85 – Preislisten P 85 ff. – Preisspaltung P 436 – Preisvergleich P 120 – bliche Vergtung P 80 – Unterbieten P 82 410

– Werbung mit Anzeigenpreisen P 191 Anzeigenpreislisten P 84 ff. Anzeigenrechnung P 115 Anzeigenschlusstermin P 88 ff., 166, 240, 365 Anzeigenverçffentlichung – Anzeigensperre P 73 – Eingriff Rechte Dritter P 228 – Sachmngel (Druckfehler) P 197 ff. – Unmçglichkeit P 201 ff. – Verzug P 203 ff. Anzeigenvertrag P 91 ff. – Abschluss mit Agentur P 96, 429 – nderungen P 106 ff. – Angebot P 92 ff. – Annahme des Angebots P 64, 93 ff. – Chiffreanzeige P 135 – Hauptpflichten P 99 ff., 102 ff. – Nebenpflichten P 107 – Pflichten des Inserenten P 102 ff. – Pflichten des Verlages P 99 ff. – Rcktritt P 364 ff. – Vertragspartner P 92 ff., 96 – Vollmacht P 96 ff. – Werbeagentur P 96, 429 – Werkvertrag P 97, 135 Arbeitsniederlegung P 201 Archivierung P 144 Archivunterlagen P 239 Arzt, Internetauftritt O 37 Aufbewahrungsfristen P 115 Aufforderung zum Angebot P 92 Auflage P 116 ff. – Druckauflage P 187 – verbreitete Auflage P 187 – verkaufte Auflage P 187 – Werbung mit Auflage P 186 ff. – zugesicherte Eigenschaft P 118 Auflagenhçhe P 207 Auflagenminderung P 116 ff.

Sachverzeichnis Auftragsbesttigung P 10, 93 f. Auktionen, Internet- O 20 ff. – „Sofort-Kaufen“-Option O 23 – Verantwortlichkeit fr Angebote O 85 Auskunftspflicht P 452 Auslndischer Firmensitz P 327 f. Auslandsbezug (der Anzeige) P 328 „Ausrutscher“ P 259 Ausschnittwerbung P 119 ff., 397 Ausspannen von Anzeigenkunden P 121 ff. Ausstatterhinweise R 6 Bandit-Werbung P 268 Banner O 25 ff. – kammergebundene Berufe O 29 – Preisbemessung O 26 – Trennungsgebot O 27 – Vertragstyp O 26 Barzahlungsrabatt P 334 Beauftragter P 235 ff., 245 ff. Beeinflussung des Programms, Verbot der R 7 f. Behinderungswettbewerb P 400 Beihilfe P 236 Beilagen P 124 ff., 288 – Ablehnung P 288 – Allgemeine Geschftsbedingungen P 126 – Impressum P 263 – Kennzeichnung P 125 – Prfungspflicht P 125 – Sonderverçffentlichungen P 127 – ZAW-AGB P 126 Beilagenhinweis P 107 Belehrungsschreiben P 323, 329 Beleidigung P 206 Berufsrechtliche Beschrnkungen O 30 ff. Beschlagnahme P 202

Besondere Geschftsbedingungen P8 Bestandsgefhrdung Pressemarkt P 67, 69, 304 ff., 310 f., 392, 394 Besttigungsschreiben P 10, 93 f. Beweislast P 246, 258 f. Bezirksausgabe P 316 Blockwerbung R 9, 94 Boykottaufruf P 70 ff. Branchenblichkeit P 7, 10 Bubbel-Anzeigen P 268 Business TV R 10 Chatrooms O 41 f. Chiffreanzeige P 128 ff. – Aufbewahrung Zuschriften P 134 – Bekanntgabe des Inserenten an Leser P 129 – gewerbliche Zuschriften P 135 f. – Missbrauch P 135 – Rckforderung Unterlagen P 129, 133 – Rcksendung von nicht abgeholten Zuschriften P 133 – Sperrvermerk P 132 – Steuerfahndung P 130 – Zeugnisverweigerungsrecht P 446, 450 Cookies O 47 Couponanzeigen P 198 Crossmediale Werbung R 11 f. Crosspromotion R siehe Crossmediale Werbung R 11 Cursor O 43 Datenschutz O 44 ff. – Auskunftsrecht O 50 – Cookies O 47 – Einwilligung in die Datenerhebung O 46 – E-Mail-Adresse O 49 – Profilbildung O 48 Datenspeicherung P 137 ff. 411

Sachverzeichnis Dauerwerbesendung R 13 ff. Deutscher Presserat P 361 ff. Dialer O 52 ff. – Beweisfragen O 56 – Entgelt, maximales O 54 – Freiwillige Selbstkontrolle Telefonmehrwertdienste e.V. O 57 – Registrierung O 53 – Schutzprogramme O 58 Ditverordnung P 327 Digitale Anzeigenbermittlung P 147 ff. – AGB P 152, 156 ff. – Annahme Anzeigenauftrag P 154 – Anzeigenauftrag P 154 – Informationspflichten P 150 – Pflichten Anzeigenkunde P 148 – Pflichten Verlag P 148 – Prfungspflicht P 155 – Stçrung der bermittlung P 150 – Systemvorgabe P 151 – bermittlung Datensatz P 149 – ZAW-AGB P 148 Digitale Druckvorlagen/Bearbeitung durch den Verlag P 138 ff. – Archivierung P 144 – Benachrichtigungspflicht P 140 – Dokumentation P 140 – Fehlerbeseitigung P 141 – fehlerhafter Zugang P 139 – Korrekturabzug P 143 – Urheberrecht P 142 Digi-Proof P 143 Direct-Response-Spots R siehe Teleshopping-Spots Disclaimer O 97 Domain O 59 ff. – beschreibende Begriffe in O 61 – Kollision mit Kennzeichenrechten O 62 ff. – Lçschungsanspruch O 65 – Vergabe von O 60 412

Druckfehler P 14, 106, 197 ff. – Beeintrchtigung Anzeigenzweck P 18 ff. – Reduzierung Anzeigenentgelt P 18 – Regressansprche P 256 ff. Druckkostenzuschuss (fr redaktionellen Beitrag) P 379 Druckort P 222 Druckvorgaben P 204 Druckvorlagen P 88, 103, 166 ff. Druckvorlagen Digital P 138 ff., 147 ff. Duldungsvollmacht P 96 Ehrverletzungen P 234 Eigenanzeigen der Verlage P 48, 172 ff., 209, 224, 250, 319, 366 Eigenpromotion vs. Fremdpromotion R 17 f. Eigentum Anzeigendruckvorlagen P 148, 169 Eigenwerbekanle R 19 f. Eigenwerbung der Verlage P 171 ff. – Alleinstellungsbehauptungen P 193 ff. – Angaben Studiensteckbrief P 177 – Anzeigenpreisvergleich P 191 – Auflagenvergleich P 174 – Beweislastfragen P 175 – bezugnehmende Werbung P 173 – Doppelleser P 183, 185 – Gattungsvergleiche P 184, 190 – methodische Grundanforderungen P 183 – Mitleser P 181 – redaktioneller Eigenbericht P 172 – Reichweitenvergleich P 175 f., 179 ff. – Strukturdaten P 178 – Tausenderpreisvergleich P 192

Sachverzeichnis – veraltetes Datenmaterial P178 – vergleichende Werbung P 174 – Werbung mit Auflagenzahlen P 186 ff. – Werbung mit Reichweitenzahlen P 179 ff. Eigenwerbung/Eigenpromotion R 21 f. Einfgen von Werbung R siehe Unterbrecherwerbung Einfhrungspreise P 81 Einkaufsberichte P 354, 384 Einstundenzeitraum R 23 Einstweilige Verfgung P 254, 329 – gegen Vertrieb wegen wettbewerbswidriger Anzeige P 254 f. Empfehlungsschreiben P 101 E-Mail-Werbung O 66 ff.; P 122 – Einverstndnis hierzu O 67 – Einverstndnis, vermutetes hierzu O 68 – gemeinntziger Organisationen O 71 – politischer Parteien O 71 – „unsubscribe“-Funktion O 70 Entgegennahme Anzeigenmanuskript P 94 Erfllungsgehilfe P 20, 22, 232 ff., 240 ff. – Verlag als Erfllungsgehilfe P 240 ff. Ersatzanzeige P 18 ff., 366 Erscheinungsort P 222 Erscheinungstag P 203 f. Fachzeitschrift P 304 ff., 311, 392 Flligkeit Anzeigenvergtung P 102 Fahrlssigkeit P 13 ff. Faktische Entgegennahme Anzeigenmanuskript P 154 Falsche Telefonnummer P 205 Fax-Werbung P 122

Fehler bei der Anzeigenherstellung P 196 ff., 223 ff. Fernabsatzvertrag O 129 Fernseh-Fee R siehe Werbeblocker Festkunde P 10 Firmenautoren P 376 Firmenfotos P 380 Firmen TV bzw. Business TV, Kunden TV R 24 ff. Fixgeschft P 203 Fliegender Gerichtsstand P 221 Fließtextanzeigen P 148 Flchtiger Leser P 265 Folgeanzeigen P 246 Formatanzeige P 148 Fçrderung fremden Wettbewerbs P 294 f., 375 f. Fototechnische bernahme P 119, 398 „Framing“ O 101 Freiflchen (Berechnung) P 2 Freistellungserklrung P 216 Freizeichnungsklauseln P 260 Fllanzeigen P 100, 119, 209 ff., 305, 396 Gstebuch O 32 – Verantwortlichkeit fr Eintrge in O 84 Garantieauflage P 80 Gatoring O 72 Gegenanzeige P 107 Gegendarstellungen P 212 ff., 413 Gemeinsame Stelle Programm, Werbung und Medienkompetenz (GSPWM) R 29 f. Gerichtskosten P 256 Gerichtsstand O 73 ff.; P 219 ff. Gesamtausgabe P 316 Geschftsgeheimnis (Anzeigen als) P 105 Geschftsschdigung P 206 Gestalteter Werberahmen (Anzeige als) P 267 Getarnte Werbung P 369 413

Sachverzeichnis Gewhrleistungsansprche P 196 ff., 223 ff. Gewerbegeheimnis P 105, 450 Gewinnspiele O 76; P 74 ff.; R 31 f. Glcksspiel O 77 f. Grafik-Sponsoring R 33 ff. Grçße/Anzeige P 204 GSPWM R siehe Gemeinsame Stelle Programm, Werbung und Medienkompetenz Haftung – Anzeigenverçffentlichungen P 223 ff. – fr Beauftragte P 245 ff., 256 – fr Erfllungsgehilfen P 248 ff. – fr Verlagsmitarbeiter P 232 ff. – Haftungsbegrenzung Abmahnung P 330 – Haftungsbeschrnkungen (AGB) P 259 ff. – Inserent P 224, 230, 237 ff. – Verlag P 224, 228, 231, 251 ff. – Werbemittler P 232 – Wettbewerbsrechtliche P 237 ff., 256 ff. Haftungsprivileg (UWG) P 114, 208 Handeln zum Zweck des Wettbewerbs P 237, 376 Handelsvertreter P 63 Hauptausgabe P 316 Hausagentur P 433 Heilmittelwerberecht P 327 Heil- und Lebensmittelwerbung R 36 f. Herkunftslandprinzip O 79 ff. – Ausnahmen zum O 81 Hinweise auf Begleitmaterialien R 38 f. Hinweise auf eigene Programme R siehe Eigenpromotion, Eigenprogramme Hçhere Gewalt P 202 414

Impressum O 5; P 262 ff., 409 Indizierung P 387 Informant/Wettbewerbsrechtliche Haftung P 377 Informationsbedrfnis P 375 Inhalte, Verantwortlichkeit fr O 82 ff. Insolvenz P 420, 431 Integrierte Werbung R 40 Interaktive Werbung R 41 Internetadresse im redaktionellen Text P 380 Internetauktionen R siehe Auktionen Internetausgabe (Anzeige in) P 100, 222 Interstitials O 108 IVW P 187 IVW-Online O 89 ff. Jugendschutz P 224, 234, 438 ff. Karenzzeit Preisanhebung P 85 Karitative Anzeigen P 301 Kartellrecht P 279, 317 Kaufappell P 381 Kaufmnnisches Besttigungsschreiben P 10, 93 f. Kenntnis der Wettbewerbswidrigkeit P 329 Kennzeichnung P 265 ff., 353 ff., 369 – Beilage P 274 – Einkaufsberichte P 354 – graphische Elemente P 266, 272 – Grçße des Kennzeichnungshinweises P 272 – innerhalb von Anzeigenseitenblocks P 351 – Kundenzeitschrift P 275 – mit dem Begriff Anzeige P 265 f. – Offertenbltter P 273 – Platzierung des Kennzeichnungshinweises P 272, 353

Sachverzeichnis – redaktionell gestaltete Anzeigen P 350 ff. – Schriftstrke P 272 – Textteilanzeige P 351 – Unterlassungsantrag P 277 – Verantwortung fr Kennzeichnung P 271 – Verlagssonderverçffentlichung P 266 – ZAW-AGB P 271 Kennzeichnungsgebot R siehe Trennungs- und Kennzeichnungsgebot Kennziffernanzeige P 204 „Keyword Advertising“ O 106 KJM R siehe Kommission fr Jugendmedienschutz Kleinanzeigen P 204, 312 f., 322 Kollektive P 204 Kommission fr Jugendmedienschutz (KJM) O 114; R 43 f. Kontaktanzeigen P 234, 282, 388 ff., 440 Kontrahierungszwang P 278 ff. Kopplung Text/Anzeige P 290 ff., 370, 422 Korrekturabzug P 143 Korrekturlesen P 196 Kosten Auskunftsverlangen P 452 Kostenloser Abdruck Anzeigen P 301 ff. – Anzeigenbltter P 301 – Fachzeitschriften P 304 – Offertenbltter P 304 – Tageszeitungen P 304 Kostenunterdeckung Anzeigenabdruck P 87 Kreditschdigung P 206 Kunden TV R siehe auch Firmen TV bzw. Business TV R 45 Kundenzeitschrift P 257, 392 Ladenschlussgesetz P 306 Landespressegesetz P 212 f., 265

Laufbandwerbung, Lauftextwerbung R 46 Lebensmittel- und Bedarfsgegenstnde R siehe Heil- und Lebensmittelwerbung Lebensmittel- und Bedarfsgegenstndegesetz P 327 Leistungsstçrungen P 196 ff., 223 ff. Leistungswettbewerb P 304, 309 Leitende (Verlags-)Mitarbeiter P 18 Leseranalyse P 180 Licensing R siehe Merchandising Liefersperre P 73 Links – „Deep-Link“ O 99 – Disclaimer O 97 – Framing O 101 – Haftung fr O 92 ff. – im Rahmen redaktioneller Berichterstattung O 95 – „Inline-Link“ O 101 – Setzen von O 98 ff. – „Surface-Link“ O 98 – zu Fachverbnden O 102 Litho P 93, 169 Malstaffel P 80, 333 ff. Mangelfolgeschaden P 198 Mangelschaden P 198 Markennamen P 326 Marktbehinderung P 304, 308 f. Marktbersichten P 384 Matern P 169 Mediaanlysen P 176 ff. Mediaunterlagen P 148 Mediendienst O 6 – geschftsmßiger O 7 Mehrfachbelegungen P 316 Mengenrabatt P 80, 333 ff. Mengenstaffel P 80, 333 ff. Merchandising, Licensing R 47 f. Metatags O 103 ff. 415

Sachverzeichnis – fremde Kennzeichen O 104 – sachfremde O 105 Millimeteranzeige P 3 Minderjhrige und Werbung R 49 f. Minderung P 198 Missbruchliches Vorgehen gegen Verlag P 252 Mitarbeiterfreianzeigen P 301 Mitverschulden P 18, 242, 258, 261 mm-Anzeige P 148 Monopolstellung P 279, 287 Musterbuch (Anzeigen) P 322, 405 Nacherfllung P 198 Nachfrist P 203 Nachrichtensprecher R 51 NhrmittelkennzeichnungsVerordnung P 327 Name O 10 Nebenpflichten Anzeigenvertrag P 107 ff., 198, 422 Neue Anzeigenformen P 267 Nichtigkeit des Anzeigenvertrages P 387, 421 Notar, Internetauftritt O 39 Nullnummer – Fllanzeigen P 211, 301 – kostenlose Anzeigen P 211, 301 Obhutspflichten der Verlage P 258 ffentliche Meinungsbildung (Beitrag der Anzeige) P 215 Offertenbltter P 262, 307 ff. Online-Beratung O 34 Ordnungsgeld P 239, 247 Organisationsverschulden P 233 Ortspreis P 334 Persçnlichkeitsverletzung P 206 Pflichtverletzungen P 226 416

Platzierungsangaben P 92, 204, 207, 290, 316 ff. Politische Anzeigen P 282 Politische Werbung R 52 ff. Pop ups O 107 ff. Pornographie P 428 ff. Pornographie (jugendgefhrdende Inhalte) O 110 ff. – „einfache“ Pornographie O 112 – „harte“ Pornographie O 110 – Verbreiten von O 111 – Zugangsbeschrnkung O 113 Positive Vertragsverletzung P 226, 250 Postfach P 322 Preisangabepflicht O 115 ff. – Verstçße gegen die O 117 Preisanhebung P 85 Preisauslobung R siehe Gewinnspiele Preise Gewinnspiele P 79 Preislisten P 80 ff., 83 ff., 92, 102, 316, 418, 436 Preislistentreue P 436 Preisrtsel P 74 ff. Preisspaltung P 80 ff. Preisvergleich P 120 Pressefreiheit P 110 ff. Presserat P 361 ff. Private Kleinanzeigen P 304, 307, 309 Probeabzug P 199 f., 240, 318 Product Placement R 55 ff. Produkthaftung P 208 Produktinformationen P 377 ff. Produktionsausflle P 201 Programmankndigung R siehe Eigenwerbung Programmhinweise R siehe Eigenwerbung, Eigenpromotion Programm-Trailer R siehe Eigenwerbung Prostitutionswerbung P 438 ff. Prfungspflicht P 155, 206, 231, 319 ff.

Sachverzeichnis – – – –

Abmahnung P 329 auslndischer Firmensitz P 328 Befristung P 330 Belehrungsschreiben P 323, 329 – Dit-VO P 327 – digitale Anzeigenbermittlung P 155 – Einstweilige Verfgung P 329 – geflschte Markenware P 326 – Geschftsaufgabe P 326 – Geschftsschdigung P 322, 326 – Heilmittelwerberecht P 327 – Imitate P 326 – LMBG P 327 – Nhrmittelkennzeichnungs-VO P 327 – Offensichtlichkeit des Verstoßes P 322 – Rechtsabteilung P 324 – Rechtsberatung P 320 – Schockwerbung P 322 – Straftatbestnde P 326 – Unterlassungserklrung P 330 – Urheberrecht P 323 – Verletzung Allgemeines Persçnlichkeitsrecht P 326 – Verstoß gegen Prfungspflicht/ Abschlußerklrung P 253 – Verstoß gegen Prfungspflicht/ EV-Vertrieb P 254 ff. – Wettbewerbswidrige Werbung P 325 PR-Informationen P 378, 380 Psychologischer Kaufzwang P 76 Quellenangaben R siehe GrafikSponsoring Rabatte P 333 ff., 418 Rabattnachbelastung P 342 Raster P 204 Rechtsabteilung P 324

Rechtsanwalt, Internetauftritt O 30 ff. Rechtsberatung P 320, 343 ff. Redaktionell gestaltete Anzeigen P 350 ff., 370 – Presserat P 361 ff. – ZAW-Richtlinien P 361 ff., 371 Redaktionelle Berichterstattung/ Anzeigenverçffentlichung P 375 ff. Redaktionelle Hinweise – Richtlinien P 345 ff., 371, 385 Redaktionelle Zugaben P 290 ff., 370 Regressansprche Inserent P 200 ff. Reichweitenanalyse P 176 ff. Reklamationsfrist P 363 Religionsgemeinschaften, Sendezeit fr R 59 Religiçse Werbung R 60 Rubrikeneinteilung P 317, 405 Rubrikentitel P 405 Rubrizierte Kleinanzeige P 148 Rckfrage beim Inserenten P 206 Rcksendung P 133 Rcktritt P 198, 203, 364 ff. Rckvergtung P 80 Rufausbeutung P 211 Rundfunkveranstalter R 61 f. Sachlichkeitsgebot O 31 Sachmangel P 196 ff. Satzfehler P 197 ff., 244 Schadensermittlung P 18, 242, 258, 261 Schadensersatz P 206 – irrefhrende Werbung P 231, 238 – Nichterfllung P 198 Schadensminderungspflicht P 259 Schlankheitswerbung P 327 Schleichwerbung O 120; P 351, 369 ff. Schleichwerbung, Verbot der R 63 417

Sachverzeichnis Schmarotzen an fremder Leistung P 120, 398 Schmerzensgeld P 206 Schockwerbung P 322 Schriftliche Anweisung nderung Anzeige P 239 Schrifttype P 204 Sendungssponsoring R 64 ff. Sexuelle Inhalte, Werbung fr R 69 ff. Shadow-Anzeigen P 267 Sittenwidrigkeit Anzeigen P 387 ff. Skonto P 334 Slogan P 380 Smog-Verordnung P 201 SMS-Werbung O 118 Social Advertising (Soziale Appelle) R 72 f. „Sofort-Kaufen“-Option R siehe Auktionen Sonderrechtsschutz P 120 Sonderwerbeform R siehe GrafikSponsoring, R siehe Dauerwerbesendung Sonderwerbeformen R 74 Spaltenbreite P 3, 51 Sperrvermerke P 132 Splitscreen R 75 ff. Splitscreen-Anzeigen P 26 Sponsor-Reminder R siehe Sendungssponsoring Sponsoring (von Printartikeln) P 379 Spotwerbung R 78 Staatliche Publikationen/Anzeigen P 389 ff. Standardisierte Anzeige P 2, 47, 322 Standesgrundstze P 84, 209, 345, 398 Standesordnungen/Werbeverbote P 443 Steuerberater, Internetauftritt O 30 ff. 418

Steuerfahndung P 130 Storno P 365 ff. Strukturdaten (Leser) P 180 Stundung P 419 Subliminale Werbung R siehe unterschwellige Werbetechnik Suchmaschinen, Verantwortlichkeit fr Suchergebnisse O 88 Supplement P 189, 195 Tabakwerbung R siehe Zigarettenwerbung P 442 Tausenderpreis P 192 Teledienst O 6 – geschftsmßiger O 7 Telefonische Anzeigenaufnahme P 10 f., 92, 95, 137 Telefonnummer des Werbenden P 322 Telefonnummer (falsche in Anzeige) P 205 Telefonsex-Anzeigen P 387 Telefonwerbung P 122 Teleshopping R 79 f. Teleshopping-Fenster R 81 Teleshopping-Kanle R 82 Teleshopping-Sendungen R 83 Teleshopping-Spots R 84 Textteilanzeige P 204 Titelschutzrechte P 405 Titelsponsoring R 85 ff. Todesanzeige P 206 Trennung Redaktioneller/Anzeigen-Teil P 172, 369 ff. Trennungsprinzip O 119 f. Trennungs- und Kennzeichengebot R 88 ff. Trikot- und Bandenwerbung R 91 f. bernahme Anzeigen P 119, 396 ff. berraschende Klausel P 8 bliche Vergtung P 80 Unerlaubte Handlungen P 226, 232

Sachverzeichnis Ungerechtfertigte Bereicherung P 387, 388 Unleserlicher Abdruck P 197 Unmçglichkeit P 201 Unrichtiger Abdruck P 197 Unterbieten Anzeigenpreise P 82 Unterbrecherwerbung R 93 ff. Unterlassung P 206 Unterlassungsverfgung P 244 Unterlassungsverpflichtungserklrung P 239, 244, 249, 320, 330, 360, 373 – Ausschluss Fehler Verlag P 249 – Umfang P 249 Unterschwellige Werbetechnik R 100 Unvollstndiger Abdruck P 197 Urheberrecht P 323, 404 ff. Urheberrechte O 121 ff. Verantwortlicher Anzeigenteil P 218, 262, 358, 409 ff. Vergtungspflicht (Inserent) P 418 ff. Verjhrung P 200, 363, 424 ff. Verlag – als Beauftragter P 235 ff. – als Werbeagentur P 245 Verlagssonderverçffentlichung P 263, 290, 353 Verlags-TV R 101 f. Verleger/Verantwortlichkeit P 232 Vernichtungswettbewerb P 82, 87 Verçffentlichung persçnlicher Daten O 51 Verpachtung Anzeigenteil P 96 Verrichtungsgehilfe P 233 Verschenken von Anzeigenraum P 301, 310 Verschulden Inserent P 242 Verschulden/Wiederholung fehlerhafte Anzeige P 246 Versteckte Mngel P 200, 363 Versteigerung, umgekehrte O 24

Vertragsfreiheit P 278 Vertragsstrafe P 239 Verzug P 13, 18, 203 ff. Verzugszinsen P 419 Viren/digitale Druckvorlagen P 146 Virtuelle Werbung R 103 f. Vorbehalt P 92 Vorbeugender Unterlassungsanspruch gegen Verlage P 252 Vorkasse P 284, 418 Wahlkampfanzeigen P 217, 282, 286 Wahlwerbung R 105 f. Wandlung P 198 Weltanschauliche Werbung, Verbot der R 107 Werbeagentur P 285, 319, 429 ff. – AGB Verlage P 10 – Beauftragter des Werbetreibenden P 245, 431 – Geschftsbesorgung P 429 – Urheberrecht P 406 Werbeaufsicht R 108 f. Werbebegriff R 110 Werbebeschrnkungen, zeitliche R 111 ff. Werbeblocker O 127 Werbeblocker („Fernseh-Fee“) R 114 Werbecrawl R siehe Laufbandwerbung, Lauftextwerbung R 46 Werbeerfolg P 101, 422 Werbeerleichterungen fr regionale und lokale Fernsehveranstalter R 115 Werbeidee P 404 Werbemittler P 232 Werberat R 118 Werberichtlinien R 116 Werbeselbstkontrolle R 118 Werbeumfang R siehe Werbebeschrnkungen, zeitliche und Unterbrecherwerbung 419

Sachverzeichnis Werbeverbote P 421, 438 ff. – Standesordnungen P 443 Werbung – Alleinstellungsbehauptung P 193 ff. – Anschwrzung Konkurrenz P 173, 195 – Anzeigenpreise P 191 ff. – Auflagenzahlen P 186 ff. – Banden- R 91 – Begriff der R 110 – bezugnehmende P 173 ff. – Block- R 9 – crossmediale R 11 f. – Eigen- R 21 f. – fr Alkohol R 4 f. – im rundfunkrechtlichen Sinne R siehe Begriff der Werbung – integrierte R 40 – interaktive R 41 f. – Laufband- R 46 – Lauftext- R 46 – politische R 52 ff. – redaktionell aufgemachte R 119 f. – Reichweiten P 176 ff. – religiçse R 60 – Schleich-, Verbot der R 63 – sexuelle Inhalte, Werbung fr R 69 ff. – Spot- R 78 – Trikot- R 91 – und Jugendmedienschutz R 121 – und Minderjhrige R 49 f. – Unterbrecher- R 93 ff. – vergleichende P 173 ff. – virtuelle R 103 f. – weltanschaulicher Art, Verbot der R siehe Weltanschauliche Werbung Werkvertrag/Anzeigenvertrag P 97, 135 Wettbewerbsabsicht R siehe Absatzfçrderungsabsicht 420

Wettbewerbsfçrderungsabsicht P 294 f., 375 f. Wettbewerbsrechtliche Haftung – Inserent P 237 ff. – Regressansprche Inserent P 250 ff. – Verlag P 208 Wettbewerbsverhltnis P 390 Wetten O 77 f. Widerrufsbelehrungen O 128 ff. Widerrufsrecht O 134 – Ausschluss vom O 135 Wiederholungsanzeige P 144, 341 Wiederholter Abdruck wettbewerbswidrige Anzeige P 258 Wiederholungsauftrge P 9 Wirtschaftliche Interessen (eigene des Verlages) P 380 Wirtschaftsberichterstattung P 374 „Word Stuffing“ O 103 Wortanzeige P 1 Zahlungsfhigkeit P 419 ZAW-AGB P 6 ff., 24 ff. – als branchentypische Freizeichnungsklausel P 7 ff., 21 ZAW-Richtlinien P 371 – redaktionell gestaltete Anzeigen P 350 – redaktionelle Hinweise P 345 ff. Zentralausschuss der Werbewirtschaft (ZAW) P 7 Zeuge P 451 Zeugnisverweigerungsrecht P 130, 445 ff. Zigarettenwerbung R 122 f. Zugang elektronischer Willenserklrungen O 142 f. Zugesicherte Eigenschaften P 204 Zustzliche Geschftsbedingungen P 109, 152 Zustndigkeit der Gerichte P 219 Zwangskombination P 87 Zweckbeeintrchtigung P 18 ff.