Das Neue Testament als Urkunde des Evangeliums 9783666538766, 3525538766, 9783525538760

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Das Neue Testament als Urkunde des Evangeliums
 9783666538766, 3525538766, 9783525538760

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V&R

Mementote praepositorum vestrorum, qui vobis locuti sunt verbum Dei; quorum intuentes exitum conversationis, imitaminifidem. AdHebr 13,7

EDUARD LOHSE

Das Neue Testament als Urkunde des Evangeliums Exegetische Studien zur Theologie des Neuen Testaments III

VANDENHOECK & RUPRECHT IN GÖTTINGEN

Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments Herausgegeben von Dietrich-Alex Koch und Rudolf Smend 192. Heft der ganzen Reihe

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einhatsaufhahme Lohse, Eduard: Exegetische Studien zur Theologie des Neuen Testaments / Eduard Lohse. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht 3. Das Neue Testament als Urkunde des Evangeliums. - 2000 (Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments; H. 192) ISBN 3-525-53876-6

© 2000 Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen http: / / www.vandenhoeck-ruprecht.de Printed in Germany. - Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Satz: Schwarz auf Weiß G m b H , Hannover Druck und Bindung: Hubert & Co., Göttingen

Vorwort Den beiden Bänden exegetischer Studien zur Theologie des Neuen Testaments, die unter den Titeln „Die Einheit des Neuen Testaments" (1973, 3 1976) und „Die Vielfalt des Neuen Testaments" (1982) erschienen sind, wird hiermit eine dritte Sammlung von Aufsätzen an die Seite gestellt, die in den letzten anderthalb Jahrzehnten an verschiedenen - teilweise entlegenen Stellen erschienen sind. Besonderes Schwergewicht liegt dabei auf der paulinischen Theologie, deren Interpretation von hoher Bedeutung für das Verständnis des Römerbriefs ist. Dessen Erklärung hoffe ich in der Reihe des Meyerschen Kommentars in naher Zukunft vorlegen zu können. Daß die unterschiedlichen Zeugnisse, die im Kanon des Neuen Testaments überkommen sind, ungeachtet der Vielfalt ihrer Aussagen, gleichwohl in der Einheit der in ihnen ausgerichteten Christusbotschaft zusammenklingen, möchte durch den Titel angezeigt werden, unter dem die achtzehn Abhandlungen zusammengefaßt sind: Das Neue Testament als Urkunde des Evangeliums. Die damit angezeigte Sachproblematik steht zugleich als Thema über dem ersten - bisher noch nicht veröffentlichten - Beitrag. Der Calenberg-Grubenhagenschen Landschaft und dem Lutherischen Kirchenamt Hannover sei aufrichtiger Dank gesagt, daß sie durch den von ihnen gewährten Druckkostenzuschuß die Herausgabe dieses Bandes ermöglicht haben. Den Herausgebern der Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments, den Herren Professoren Dr. D.-A. Koch und Dr. R. Smend, danke ich dafür, daß sie diesen Band in die von ihnen betreute Reihe aufgenommen haben.

Inhalt Vorwort

6

Quellenverzeichnis

9

1. Das Neue Testament - Urkunde des Evangeliums

11

2. Jesu Worte im Zeugnis seiner Gemeinde

23

3. Jesu Bußruf an die Reichen. Markus 10,25 Par.

39

4. „Vollkommen-Sein". Zur Ethik des Matthäusevangeliums

44

5. Die Berufung auf das Gewissen in der paulinischen Ethik

53

6. Das Gesetz Christi. Zur theologischen Begründung chrisüicher Ethik im Galaterbrief

64

7. Changes of Thought in Pauline Theology? Some Reflections on Paul's Ethical Teaching in the Context of His Theology

75

8. Εύαγγέλιον θεοΰ. Paul's Interpretation of the Gospel in His Epistle to the Romans

89

9. Das Präskript des Römerbriefes als theologisches Programm

104

10. „Die Juden zuerst und ebenso die Griechen"

117

11. St. Peter's Apostleship in the Judgement of St. Paul, the Apostle to the Gentiles

129

12. Petrus und Paulus

144

13. Das apostolische Vermächtnis. Zum paulinischen Charakter der Pastoralbriefe

160

8

Inhalt

14. Die Struktur urchristlicher Gemeinden nach dem Zeugnis des Neuen Testaments

175

15. Wie christlich ist die Offenbarung des Johannes?

191

16. The Revelation of John and Pauline Theology

206

17. Synagoge des Satans und Gemeinde Gottes. Zum Verhältnis von Juden und Christen nach der Offenbarung des Johannes

214

18. Die Wahrheit der Osterbotschaft

232

Bibelstellenregister

241

Autorenregister

245

Stichwortregister

248

Bibliographie Eduard Lohse 1988-2000

250

Qpellenverzeichnis Die in diesem Band zusammengefaßten Studien sind zuerst erschienen: 1. Bisher unveröffentlicht 2. Theologische Literaturzeitung 112 (1987) 705-716 3. Glaube und Eschatologie, Festschrift für Werner Georg Kümmel, Tübingen, 1985, 159-163 4. Salz der Erde - Licht der Welt. Exegetische Studien zum Matthäusevangelium, Festschrift für Anton Vögtle, Stuttgart 1991, 131-140 5. Neues Testament und Ethik, Festschrift für Rudolf Schnackenburg, Freiburg 1989, 207-219 6. Ekklesiologie des Neuen Testaments, Festschrift für Karl Kertelge, Freiburg 1996, 378-389 7. Theology and Ethics in Paul and His Interpreters, Essays in Honour of Victor Paul Furnish, Nashville 1996, 146-160 8. Biblica 76 (1995) 127-140 9. Paulus, Apostel Jesu Christi, Festschrift für Günter Klein, Tübingen 1998, 65-78 10. Eschatologie und Schöpfung, Festschrift für Erich Gräßer, BZNW 89, Berlin 1997, 201-212 11. Gregorianum 7 2 (1991) 419-435 12. Tagungsbericht der Görresgesellschaft 1995, Paderborn 1996, 51-67 13. Studien zum Text und zur Ethik des Neuen Testaments, Festschrift für Heinrich Greeven, BZNW 47, Berlin 1986, 266-281 14. Surrexit Dominus vere, Festschrift für Johannes Joachim Degenhardt, Paderborn 1995, 243-256 15. New Testament Studies 34 (1988) 321-338 16. The Future of Early Christianity, Essays in Honour of Helmut Koester, Minneapolis 1991, 358-366 17. Franz Delitzsch-Vorlesung 1989, Münster 1992; englische Fassung: Synagogue of Satan and Church of God. Jews and Christians in the Book of Revelation, Svensk Exegetisk Ärsbok 58 (1993) 105-123 18. Communio Sanctorum 40 (Prag 1998) 5-15

Das Neue Testament - Urkunde des Evangeliums* Wie ist es zur Sammlung der ältesten Dokumente gekommen, die aus den Anfängen der ersten Christenheit überliefert wurden, so daß sie für die Kirche aller Jahrhunderte wegweisende Bedeutung gewannen? Und wie hat diese Zusammenstellung urchristlicher Schriften ihre einzigartige Stellung gewonnen, die in keiner der vielen, in mancherlei Hinsicht voneinander unterschiedenen Konfessionen in Zweifel gewogen wird? Die ersten Christen besaßen noch kein Neues Testament. Sondern die heiligen Schriften, die sie lasen, waren die Bücher, die heute Altes Testament genannt werden. Als Juden, die sie waren, lebten sie selbstverständlich nach den Weisungen der heiligen Schriften Israels, wie sie in jedem Gottesdienst der Synagogen in der Verlesung aus Gesetz und Propheten sowie den Gebeten der Psalmen zu Gehör gebracht wurden. Zwar war zur Zeit Jesu und der ersten Christen die Abgrenzung heiliger Schriften noch nicht mit letzter Klarheit vollzogen und gab es neben einer weiter gefaßten Sammlung, die in der griechischen Bibel vorlag, einen etwas enger bestimmten Kanon hebräischer Bücher, wie er sich dann vom 2. Jh. n. Chr. an im pharisäisch-rabbinischen Judentum durchsetzte. Doch faktisch stand damals fest, was unter heiligen Schriften zu verstehen sei: Bücher, die die Botschaft ausrichten, die der Gott Israels durch Gesetz, Propheten und Psalmen seinem Volk mitteilt, damit es aus seinem tröstenden und aufrichtenden Zuspruch leben soll. Von dieser Botschaft wußten sich ebenso wie ihre jüdischen Zeitgenossen auch die ersten Christen angeredet, die sich in Jerusalem und Galiläa, alsbald aber auch in der hellenistischen Welt des Römischen Reiches zu Jesus von Nazareth als dem Gesalbten Gottes bekannten. Doch dieses Bekenntnis gab ihnen zugleich einen neuen Schlüssel in die Hand, mit dem sie den Zugang zum Verständnis der überkommenen Schriften zu öffnen und deren zentrale Bedeutung zu erheben suchten. Sie waren der Überzeugung, die einst ergangenen Verheißungen, die der barmherzige Gott seinem Volk zugesprochen hatte, seien nunmehr in Erfüllung gegangen in dem Ereignis des Leidens, Sterbens und Auferstehens Jesu Christi. Das aber bedeutet, daß die Vielzahl der heiligen Schriften vom Ende her verstanden und auf die Erfüllung hin gelesen wurde, die nun geschehen war und als Erweis der Wahrheit begriffen wurde, die dem göttlichen Wort eignet. * Vorlesung in der öffentlichen Vortragsreihe der Georg-August-Unversität Göttingen „Die Bibel und ihre Leser", 21. Oktober 1997

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Dieses Bekenntnis, wie es in den allerersten Anfängen der Christenheit formuliert wurde, schließt zugleich einen weitreichenden Anspruch in sich. Ihn genauer zu bestimmen, nahmen die Christen einen Begriff auf, wie er sowohl in der alttestamentlich-jüdischen Überlieferung als auch in der hellenistischen Welt der Spätantike vorgegeben war: Evangelium - gute Nachricht, frohe Kunde. Die Propheten hatten davon gesprochen, zur Ansage künftigen Heils würden Freudenboten auftreten, „die Frieden verkündigen, Gutes predigen, Heil ansagen und Zion sprechen: Dein Gott ist König!" Jes 52,7) Statt von einer Mehrzahl kann auch von einem einzigen Boten die Rede sein, der kraft des ihm verliehenen göttlichen Geistes mit der Kunde auftritt, der Herr habe ihn gesandt, „den Elenden gute Botschaft zu bringen, die zerbrochenen Herzen zu verbinden, zu verkündigen den Gefangenen die Freiheit, den Gebundenen, daß sie frei und ledig sein sollen; zu verkündigen ein gnädiges Jahr des Herrn und einen Tag der Vergeltung unseres Gottes, zu trösten alle Trauernden" Jes 61,1 f.). Aus zeitgenössischen jüdischen Zeugnissen, wie sie insbesondere durch die vor einem halben Jahrhundert am Ufer des Toten Meeres - in Qumran entdeckten Texte bekannt geworden sind, geht hervor, wie stark diese und andere prophetischen Worte die Menschen damals beschäftigt und die Frage wachgerufen haben, wann denn eintreten werde, was die Propheten angesagt haben: daß Tote auferweckt und Armen die frohe Botschaft zugerufen werden soll (vgl. 4 Q,521 u.a.). Dabei richtete sich freilich die Hoffnung der Frommen weniger auf Person und Werk eines verheißenen Retters oder auch zweier Gesalbter, eines Priesters und eines Königs Israels. Sondern sie zielte auf die messianische Zeit, in der Unterdrückung, Verfolgung und Leid gebannt sein würden und Gottes Regiment sichtbar in Erscheinung treten sollte. Auf diese Zeit suchten sich die Söhne des Lichtes, wie sie sich auch nannten, durch sorgfältig eingehaltenen Gehorsam gegenüber allen Weisungen des Gesetzes Gottes vorzubereiten, um für die in naher Zukunft erwartete endzeitliche Wende gerüstet zu sein. Die Leute aber, die sich zu Jesus von Nazareth gehalten hatten und ihn als den von Gott Gesandten bekannten, sagten: Der von den Propheten verheißene Freudenbote ist gekommen, heute haben sich die Schriften erfüllt vor euren Augen und Ohren (Lk 4,21). Was diese Botschaft des näheren besagt, wird in einem zentralen Abschnitt in den Briefen des Apostels Paulus verdeutlicht. In seinem ersten Schreiben an die Gemeinde in Korinth erinnert er seine Leser an die Verkündigung, durch deren Annahme sie zu Christen geworden waren. Was sie damals etwa im Jahr 50 n. Chr. - gehört haben, gilt - das will Paulus ihnen bewußt machen - auch weiterhin als das Wort, durch das die Kirche entstanden ist und Bestand behält. Es ist das Evangelium, das der Apostel ihnen gebracht, das er aber auch selbst einst schon empfangen hat, als er zum Glauben an Christus kam (1 Kor 15,1 f.). Und sein Inhalt lautet nach den Worten, wie Paulus sie nach ihm bereits überkommener Überlieferung anführt: „daß

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Christus gestorben ist für unsere Sünden nach den Schriften; und daß er begraben ist; und daß er auferstanden ist am dritten Tag nach den Schriften; und daß er erschienen ist Kephas, danach den Zwölfen." (1 Kor 15,3-5) Da in diesen Sätzen von Petrus (d. i. Kephas) und dem Kreis der Zwölf die Rede ist, wird diese kurz gefaßte Formulierung bis in die allerersten Anfänge der Kirche in Jerusalem zurückreichen. Der Begriff des Evangeliums, der als zusammenfassende Kennzeichnung christlicher Verkündigung verwendet wird, war nicht nur Juden, die ihre heiligen Schriften kannten, sondern auch der alten Welt griechischer Sprache durchaus geläufig. So heißt es auf einer berühmten Inschrift, die im Jahr 9 v. Chr. in Priene (Kleinasien) in Stein aufgezeichnet wurde, daß die frohen Botschaften mit der Geburt des Kaisers ihren Anfang genommen haben. Ihre Kette setzt sich fort mit der Mündigkeitserklärung des künftigen Herrschers und seiner Inthronisation und umfaßt dann erfochtene Siege und weitere bedeutende Ereignisse in seinem Leben. Die guten Nachrichten, die diese Inschrift vermeldet, machen kund, wie göttliche Erscheinungen durch die rettenden Taten des Kaisers sichtbar geworden sind, dem von allen Bürgern zu huldigen ist. Im Unterschied zu solcher Ausdrucksweise, die von einer Vielzahl von Freudenbotschaften redete, spricht jedoch die urchristliche Predigt nur von einer einzigen freudigen Kunde, die im Evangelium laut wird. Neben diesem einen Evangelium gibt es kein anderes (Gal 1,6-9). Es verkündigt den gekreuzigten und auferstandenen Christus als den Herrn, in dessen Namen allein es Heil und Rettung gibt. Diese Kunde mußte ihre ersten Hörer in hohem Maße als überraschend anmuten, weil sie ihren Erwartungen und Vorstellungen nicht entsprach. Der Christus - so heißt es zu Beginn - ist gestorben. Der Christus ist der Gesalbte, der Messias, der von Gott zum königlichen Amt erwählt ist. Er sollte am Ende der Zeiten nach dem Vorbild des großen Königs David erscheinen, die Knechtschaft seines Volkes aufheben und der Herrlichkeit Israels Raum schaffen. So vielgestaltig und unterschiedlich ausgeprägt die Gedanken und Bilder im einzelnen auch waren, mit denen man die messianische Zeit zu beschreiben suchte, so stimmten sie doch darin überein, daß der Gesalbte Gottes als siegreicher Herrscher auftreten und sich durch sein königliches Wirken auszeichnen werde. Mit Leiden und Sterben oder gar dem Aufladen von Sündenschuld wurde seine Erscheinung nicht in Verbindung gebracht. Vor dem Hintergrund dieser Vorstellungen wird deutlich, welch spottender Hohn sich darin ausgesprochen hatte, daß nach dem Bericht der Evangelien der römische Statthalter über dem Kreuz Jesu eine Inschrift hatte anbringen lassen, er habe den König der Juden sein wollen. Ein elend zu Tode gebrachter Galiläer - wie sollte er der Messias sein können? Das Evangelium aber sagt mit klarer Entschiedenheit, daß dieser gekreuzigte Jesus von Nazareth der Gesalbte Gottes ist. Weil Gott sein Leiden und Sterben angenommen, dem Nein der Menschen sein machtvolles Ja-Wort

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entgegengestellt hat, darum kann für die Erläuterung dieser Botschaft das Zeugnis der ganzen Schrift - von den Büchern Mose über die Propheten bis zu den Psalmen (vgl. Lk 24,44) - aufgeboten werden. Einzig die Worte der Schrift vermögen der urchristlichen Predigt die Sprache zu verleihen, die zu ihrem unvergleichlichen Inhalt stimmt, um mit ihren Wendungen auszusagen, was sich im Christusgeschehen ereignet hat: „Fürwahr, er trug unsere Krankheit und lud auf sich unsere Schmerzen ... Er ist um unserer Missetat willen verwundet und um unserer Sünden willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf ihm, auf daß wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt ... Er hat sein Leben in den Tod gegeben und ist den Übeltätern gleichgerechnet, er hat die Sünde der Vielen getragen und für die Übeltäter gebeten." (Jes 53,4-5.12). Im Licht des Evangeliums, das von Christi Kreuz und Auferstehung zu reden hat, gewinnen diese und andere Worte der Schrift neue Leuchtkraft. Denn nirgendwo sonst in der Geschichte von Religion und Philosophie lassen sich vergleichbare Aussagen von überwindender Kraft des Leidens finden, das vor Gottes Augen nicht verborgen bleibt. Jesus starb den einsamen Tod eines Gekreuzigten, dessen Sinn nur durch die Worte der Schrift erhellt und angemessen beschrieben werden konnte. Wenn die Christen daher von seiner Passion erzählten, so legten sich ihnen Worte der Schrift - vornehmlich aus den Propheten und den Psalmen - auf die Lippen, die sowohl das Geschehen beschreiben wie auch vor allem seine Bedeutung aufzuschließen vermochten. Beide Sätze des urchristlichen Evangeliums - sowohl der vom Kreuz wie auch der von der Auferweckung Christi - müssen in den Blick genommen werden, um die Botschaft des Evangeliums in ihrem vollen Sinn zu begreifen. Denn erst im Licht der Osterbotschaft wird - wie Paulus im weiteren Verlauf seiner Argumentation der Gemeinde in Korinth zu erklären sucht erkannt, was Christi Tod bedeutet: nämlich nicht das Scheitern eines Gerechten, der in das Dunkel des Todes gestoßen wurde, sondern die Überwindung von Sünde und Tod im Sterben und Auferstehen des Christus (1 Kor 15,17). Gott hat sich - das sagt die urchristliche Verkündigung - an Christus als der erwiesen, „der die Toten lebendig macht und dem, das nicht ist, ruft, daß er sei" (Rom 4,17). Diese vom Apostel Paulus aufgenommene Wendung stimmt in ihrem Wortlaut nahezu überein mit einer Benediktion, die jeder gläubige Jude täglich im sog. 18-Bitten-Gebet spricht. Doch besagt diese Aussage nunmehr, daß dieser eine Gott, der der Gott Israels wie der Völker ist, seine Leben schaffende Kraft nicht erst in einer näheren oder ferneren Zukunft wirksam werden läßt, sondern schon am gekreuzigten Christus offenbar gemacht hat. Indem Christus die dunkle Gottverlassenheit und die Schrecken elenden Sterbens durchschritt, hat er den letzten Feind überwunden und den Sieg des Lebens heraufgeführt. Das Evangelium, dessen Inhalt der Apostel mit Worten urchristlichen Be-

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kenntnisses angibt, enthält mithin keine abstrakte Nachricht, sondern ist immer als Zuspruch an Menschen gerichtet, die sie hören und aufnehmen möchten. Aus diesem Grund ist in der Christusbotschaft stets auch von denen die Rede, denen sie gilt. Um unserer Sünden willen - heißt es - ist Christus gestorben. Die Botschaft, die von Christi Kreuz und Auferstehung Kunde gibt, enthält somit die wichtige Mitteilung, warum und wem zugute dieses Geschehen stattgehabt hat. Ist von unseren Sünden gesprochen, so wird damit den Hörern des Evangeliums ein Platz angewiesen, der damals wie heute vielen Menschen keineswegs als angemessen oder willkommen erscheinen mag. Denn ohne Umschweife wird von uns als Sündern geredet - nicht in einem vordergründigen, abgegriffenen moralischen Sinn, sondern als solchen, die unbedacht, oft aber auch absichtlich, immer jedoch schuldhaft mißachtet haben, wem wir unser Leben verdanken. Statt sich dessen bewußt zu bleiben, daß wir allein im Aufblick zum Schöpfer aller Kreatur Sinn und Bestimmung unseres Weges begreifen können, verfallen wir alle - ohne jede Ausnahme — immer wieder der trügerischen Meinung, als könnten wir aus eigener Kraft die Bestimmung unseres Dasein finden und gestalten. Im Licht des Evangeliums aber wird zwar diese Verlorenheit deutlich angesprochen, zugleich jedoch als um Christi willen, durch sein Sterben und Auferstehen aufgehoben bestimmt. Denn er ist in den Riß getreten, den unsere Schuld hat aufbrechen lassen, und hat Frieden gestiftet. Wer sich daher zu ihm als dem Herrn bekennt, empfängt jene Frucht seines Sterbens und seiner Auferstehung: Vergebung der Sünden, und das heißt: Leben und Seligkeit. Sucht man den Inhalt des einen Evangeliums, dessen Bezeugung sich der Apostel Paulus mit allen anderen Predigern der urchristlichen Botschaft verpflichtet weiß, zu beschreiben, so fügen sich die Worte unversehens zu predigtartiger Argumentation zusammen. Das eine Wort des Evangeliums kann dabei mit unterschiedlichen Begriffen und mannigfachen Formulierungen ausgesagt werden, wie sie sich im vielstimmigen Chor der neutestamentlichen Schriften wiederfinden. Doch die Vielgestaltigkeit des Ausdrucks, in dem sich urchristliche Verkündigung ausspricht, bleibt stets auf jenes ein für alle Mal gültige Ereignis des Christusgeschehens bezogen, durch das die Welt von Grund auf verändert wurde. In der rasch vorwärtsschreitenden Bewegung urchristlicher Verkündigung entstanden im Mittelmeerraum an verschiedenen Orten Gemeinden, zu denen sich Menschen - Juden, aber auch Angehörige anderer Völker, Männer und Frauen, einfache, aber auch gebildete Leute - zusammenfanden. Um diesen jungen Gemeinden, bei denen der Apostel Paulus jeweils nur kürzere Zeit bleiben konnte, Mitteilungen zukommen zu lassen, aufgebrochene Fragen zu beantworten und sie zu beraten, wie sie die ihnen gestellten Aufgaben bewältigen könnten, nahm er briefliche Verbindung mit ihnen auf. So ent-

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standen die ältesten christlichen Dokumente, die uns überkommen sind - die paulinischen Briefe, unter denen der erste, an die Gemeinde in Thessalonich gerichtete, das früheste urchristliche Zeugnis überhaupt ist, das als schriftliche Urkunde überliefert ist. Paulus hatte die Gemeinde bald nach ihrer Gründung verlassen müssen und war nach Süden weiter gezogen, zunächst nach Athen, dann nach Korinth, wo alsbald eine neue, bedeutende Gemeinde entstand. Doch in der Zwischenzeit hatte sich sowohl in der Gemeinde in Thessalonich - dem heutigen Saloniki - wie auch im Wirken des Paulus mancherlei ereignet, was der Mitteilung und des gemeinsamen Bedenkens wert erschien. Auch waren unter den Christen in Thessalonich Unklarheiten im Blick auf das Verständnis des Glaubens aufgebrochen, die der Klärung bedurften. So setzt sich der Apostel in Korinth hin und schreibt - oder diktiert vermutlich - einen Brief, mit dem er auf die Situation der Gemeinde eingeht. Paulus bedient sich für seine Mitteilungen und Antworten der Form eines Briefes. Sowohl im alten Orient wie auch in der griechisch-römischen Welt wurden viele Briefe geschrieben. Doch ein Privatbrief war in aller Regel kurz gehalten und umfaßte nicht mehr Sätze, als auf einem einzigen Blatt Platz finden konnten, das man dann zusammenrollte, mit der Aufschrift des Empfängers versah und einem Boten anvertraute, damit er ihn überbringe. Paulus bedient sich dieses vorgegebenen Rahmens, füllt ihn aber in seinen Briefen - selbst für den kürzesten seiner Briefe, den an Philemon gerichteten, gilt das - mit ungewöhnlich reichem Inhalt, so daß manche Abschnitte seiner Schreiben fast wie Stücke eines Traktates anmuten können. Am Anfang jedes seiner Briefe nennt Paulus seinen Namen als den des Absenders und gibt dann an, wen er als Adressaten anspricht. Griechischem Briefstil entsprach es, mit einem kurzen Wort „chairein - sei gegrüßt" sich an den oder die Empfänger zu wenden. Im Orient hingegen wurde der Gruß in einen ganzen Satz gefaßt, der kurz lauten konnte: „Friede sei mit dir, sei mit euch" - oder auch mit volleren Wendungen den Friedenswunsch entfalten konnte, den man einander bis heute mit dem Wort „schalom" zuwünscht. Der Apostel Paulus schließt sich an das ihm vorgegebene orientalische Formular an, verwendet es aber in einer hellenisierten, verchristlichten Gestalt. Können die Namen von Absender und Adressaten auch mit schmückenden Prädikaten versehen werden, die sie als Geliebte und Berufene Gottes charakterisieren, so lautet der Gruß, wie er am Anfang des 1. Thessalonicherbriefes steht: „Gnade sei mit euch und Friede." (1,1) Die Gnade meint Gottes Tat, die er durch Christus vollzogen hat. Und der Friede ist die neue Wirklichkeit, die Gott durch sein Sterben und Auferstehen geschaffen hat. Auf diesen Zuspruch, der am Anfang aller paulinischen Briefe in kürzerer oder auch längerer Fassung steht, wird am Ende wieder Bezug genommen: „Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus sei mit euch." (1 Thess 5,28) Vor diesem abschließenden Wort sind meistens noch besondere Grüße an

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einzelne Personen oder Gruppen in der Gemeinde erwähnt. Mehrfach findet sich dabei auch die Aufforderung: „Grüßt alle Brüder mit dem heiligen Kuß." (1 Thess 5,26) Diese Wendung weist auf die Abfolge urchristlichen Gottesdienstes hin. Denn ehe nach Schriftlesung, Predigt, Psalmengesang und Gebet die Feier des Herrenmahls eingeleitet wurde, sprach man einander die gegenseitige Vergebung aller Schuld zu und tauschte zum Zeichen dieser Gesinnung den Bruderkuß aus. Paulus hat daher offensichtlich seine Briefe an die Gemeinden mit der Absicht geschickt, daß sie in der gottesdienstlichen Versammlung verlesen werden sollten. Sie treten gleichsam an die Stelle einer Predigt oder Unterweisung der Gemeinde. Daran schließt sich dann die Feier des Herrenmahls an, in der die ganze Gemeinde zu brüderlicher Gemeinschaft zusammengeschlossen ist. Der Brief an die Gemeinde in Thessalonich umfaßt in seinem ersten Teil eine lange, ausführlich gehaltene Danksagung. Es entsprach antikem Briefstil, nach dem einleitenden Gruß einen Dank an die Götter bzw. den einen Gott zu richten, weil man aus Gefahren gnädig errettet worden war oder diese und jene hilfreiche Gunst erfahren hatte, die als göttliche Zuwendung empfangen worden war. Paulus dankt Gott, dem Vater Jesu Christi, den er im Gebet anruft und vor dem er der Gemeinde gedenkt. In dieses Dankgebet schließt er einen Bericht über das Ergehen der jungen Gemeinde, die allen Anfeindungen und Versuchungen standgehalten hat (1,2-2,16), und eine Darlegung seiner eigenen Erlebnisse ein, die er seit der Trennung von der Gemeinde gehabt hat (2,17-3,13). Dieser Lobpreis Gottes mündet in einen zusammenfassenden Gebetswunsch, der Herr möge die Gemeinde weiter wachsen und immer reicher werden lassen in der Liebe zueinander und zu jedermann. Nach der weit ausholenden Danksagung geht Paulus zu ethischer Ermahnung (4,1-12; 5,12-24) und zur Beantwortung zweier Fragen über, die die Gemeinde ihm gestellt hat (4,13-5,11). Von der Gestaltung christlichen Lebens wurde in der lehrhaften Unterweisung gehandelt, die den frühchristlichen Gemeinden für ihr Verhalten im Alltag gegeben wurde. Die Anfragen aber, die dem Apostel gestellt worden waren, beziehen sich auf Unklarheiten hinsichtlich der endzeitlichen Erwartung. Weil einige Gemeindeglieder plötzlich verstorben sind, ist Unruhe darüber entstanden, ob die Toten am rettenden Heil, auf dessen baldiges Kommen man hoffte, teilhaben werden oder ob sie davon ausgeschlossen sind. Paulus beantwortet diese Frage, indem er ein mündlich überliefertes Herrenwort aufnimmt und ausführt, daß bei der Ankunft des Herrn die Entschlafenen auferweckt werden und zusammen mit den Lebenden dem Herrn entgegeneilen werden. Dann werden sie miteinander allezeit bei ihm sein (4,13-18). Eine zweite Frage, die an den Apostel gerichtet ist, betrifft gleichfalls das Geschehen der letzten Zeit. Was Termin und Stunde angeht - so lautet die Antwort - , so gilt es, für den Tag des Herrn bereit zu sein, wach und nüchtern zu bleiben (5,1-11).

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Offenbar ist es Paulus gelungen, die Fragen der Gemeinde zu deren Zufriedenheit zu beantworten. Denn sie hat sein Schreiben aufbewahrt, es sicherlich wiederholt im Gottesdienst verlesen und auch anderen Gemeinden mitgeteilt. Nicht alle Briefe des Apostels, die er in den folgenden Jahren geschrieben hat, sind erhalten geblieben. So wird im 1. Korintherbrief (5,11) auf einen verlorenen Brief angespielt, den er nach Korinth gerichtet hatte. Und am Ende des Kolosserbriefes (4,16) ist von einem Schreiben an die Laodizener die Rede, von dem sonst nichts überliefert ist: die Gemeinde solle ihren Brief - so heißt es - nach Laodizea weitergeben und dafür sich das an die dortige Gemeinde gerichtete Schreiben aushändigen lassen. Daraus ist zu ersehen, daß die Gemeinden Apostelbriefe ausgetauscht und sich gegenseitig mitgeteilt haben. Schon bald wird man sich Abschriften angefertigt haben, um das Wort des Apostels genauer studieren zu können. So erklärt es sich, daß schon früh - vermutlich vor allem in den großen Gemeinden von Korinth und Ephesus - Sammlungen der paulinischen Briefe entstanden sind. Zu Anfang des 2. Jh. n. Chr. sind die großen Paulusbriefe überall in Kleinasien, bald aber auch in anderen Bereichen der Christenheit bekannt. Man bediente sich ihres Vorbilds, um lehrhafte Ausführungen in Gestalt von Briefen weiterzugeben, und nahm die Schreiben des Paulus immer wieder zur Hand, um zu hören, was der Zeuge des auferstandenen Herrn den Gemeinden zu sagen hat. In keinem der paulinischen Briefe fehlt der Begriff des Evangelium, sondern stets nimmt er zentralen Rang für die Argumentation des Apostels ein. Darum begab man sich in die Schule des Apostels, um von ihm zu lernen, wie das Evangelium zu begreifen und in seiner Bedeutung für Glaube, Liebe und Hoffnung der Christen zu verstehen ist. Als der Apostel Paulus seine Briefe schrieb, gab es noch keine Evangelienbücher. Was man von Jesus zu berichten wußte, wurde mündlich überliefert. Wo Paulus gelegentlich Worte des Herrn anführt - wie z.B. bei der Beantwortung jener Anfrage aus der Gemeinde in Thessalonich (1 Thess 4,13-18) - , bezieht er sich auf mündlich weitergereichte Tradition. Erst rund vierzig Jahre nach Jesu Wirksamkeit begann man aufzuzeichnen, was er verkündigt, getan und erlitten hatte. Der Evangelist Markus, der als erster die Uberlieferung von Jesus schriftlich festhielt, schreibt sein Buch wahrscheinlich noch vor der Zerstörungjerusalems durch die Römer im Jahr 70 n. Chr. Denn im Unterschied zu den anderen, später entstandenen Evangelien ist in der Drohrede, die gegen Tempel und Stadt gerichtet ist (Mk 13), an keiner Stelle ein Hinweis darauf zu erkennen, daß die Ankündigung des göttlichen Gerichts in Erfüllung gegangen ist. Der Evangelist Markus leitet sein Werk mit einer Wendung ein, die geradezu den Charakter einer Überschrift hat: „Anfang des Evangeliums von Jesus Christus." (1,1) Er will also vom Evangelium reden - nun aber nicht im Blick auf Fragen und Aufgaben, wie sie sich in den Gemeinden stellten, son-

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dern indem er von Begebenheiten des Christusgeschehens erzählt. Darum weist er darauf hin, daß das Evangelium nicht nur das Ereignis von Passion, Kreuz und Auferstehung Jesu Christi umfaßt, sondern einen weiter zurückreichenden Anfang hat, der mit dem Beginn der öffentlichen Wirksamkeit Jesu gesetzt ist. Den christlichen Lesern seines Buches war damit sofort deutlich, was gemeint ist. Denn die Freudenbotschaft, die die christliche Predigt ausruft, ist unlöslich an die Geschichte Jesu von Nazareth gebunden. In ihm ist Wirklichkeit geworden, was in den prophetischen Verheißungen angesagt worden war. Und die Hörer dieser Verkündigung werden eingeladen, diese Botschaft im Glauben anzunehmen. Mit der ersten Christenheit versteht der Evangelist Markus den Begriff des Evangeliums als die Verkündigung des gekreuzigten und auferstandenen Christus. Deshalb nimmt die Erzählung vom Leidensweg Jesu so breiten Raum in seiner Darstellung ein (Mk 11-15) und steht die Osterbotschaft am Schluß (Mk 16). Aber der Evangelist hat die Bedeutung des Wortes Evangelium erweitert, indem er seinen Inhalt nach rückwärts ausgestaltet und die gesamte Wirksamkeit Jesu von ihrem Beginn an einbezieht. Mit Johannes dem Täufer und der Taufe Jesu durch ihn fängt das Evangelium an (Mk 1,113). Von dort spannt sich der Bogen bis zu Karfreitag und Ostern. Dieses Verständnis ermöglicht es dem Evangelisten, die bis dahin mündlich überlieferten Worte und Taten Jesu unter die zusammenfassende Überschrift Evangelium zu bringen. Alles, was an Geschehnissen oder Wundertaten Jesu berichtet wird, ist damit als Entfaltung der einen frohen Botschaft begriffen. Was Markus aufzeichnet, stellt daher weder eine chronologisch vorgehende Dokumentation noch eine biographische Beschreibung dar, sondern ist Teil urchristlicher Verkündigung der frohen Botschaft. Aus diesem Grund will der Evangelist nicht nur von vergangenen Begebenheiten erzählen, sondern es kommt ihm darauf an, den Gemeinden zu zeigen, wer der Herr ist, zu dem sie sich gegenwärtig bekennen. Um dies herauszustellen, kann der Evangelist in seine Berichte gelegentlich auch legendäre Motive oder mythologische Redeweise einflechten, um die unvergleichliche Hoheit des Christus, des Menschensohnes zu veranschaulichen. Seine verborgene Herrlichkeit leuchtet aus seinen Worten auf (4,10-12). Und in den Wundertaten wird sichtbar, daß Krankheiten und böse Geister weichen müssen, weil der Retter auf den Plan getreten ist (3,10-12). Die gesamte Darstellung der Wirksamkeit Jesu steht im Zeichen des Kreuzes (3,6). Und Jesu Verkündigung kann nur von denen begriffen werden, denen das Geheimnis der Gottesherrschaft gegeben ist (4,11), das aber heißt: die erkennen, daß Jesus von Nazareth, der den Anbruch der Herrschaft Gottes verkündigt (l,14f.), selbst der Inhalt der frohen Kunde ist (1,1). Diese Botschaft will der Evangelist weitersagen, nicht nur unter Juden, sondern auch unter allen Völkern (13,10). Das Markusevangelium hat einige Zeit später den Evangelisten Matthäus

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und Lukas als Vorlage gedient. Sie greifen jedoch nach rückwärts weiter aus, indem sie nicht erst mit dem Beginn der öffentlichen Wirksamkeit Jesu einsetzen, sondern mit Geschichten, die von seiner Geburt und Kindheit erzählen und ihn - wie die zahlreichen Bezugnahmen auf Worte des Alten Testaments unterstreichen sollen - als den ausweisen wollen, der von Anfang an der von Gott erwählte Christus war und ist. Hierzu haben beide Evangelisten - unabhängig voneinander - verschiedene mündlich umlaufende Überlieferungen aufgenommen und sie in den großen Zusammenhang ihrer Darstellung eingeordnet. Vor allem aber haben sie über das Markusevangelium hinaus noch eine zweite Vorlage benutzen können, in der vornehmlich Sprüche und Gleichnisse Jesu gestanden haben. Diese Vorlage ist nicht erhalten geblieben, doch kann sie mit hoher Wahrscheinlichkeit rekonstruiert werden. Denn in manchen Stücken - wie z.B. den Gleichnissen vom Sauerteig (Mt 13,33; Lk 13,20f.) oder vom großen Abendmahl (Mt 22,1-14; Lk 14,1624) sowie der Geschichte vom Hauptmann von Kapernaum (Mt 8,5-13; Lk 7,1-10) liegen so auffallende Ubereinstimmungen vor, daß sie auf eine schriftlich festgehaltene Sammlung von Worten Jesu zurückgeführt werden müssen. Die Evangelisten Matthäus und Lukas haben etwa um 90 n. Chr. ihre Bücher geschrieben. Beide blicken sie bereits auf die Zerstörung Jerusalems zurück, die zugleich eine sich vertiefende Trennung der werdenden Kirche von den Synagogen zur Folge hatte. Als letztes der vier Evangelien ist das Johannesevangelium entstanden. Es setzt die endgültige Scheidung zwischen Juden und Christen voraus, wie sie sich um die Jahrhundertwende vollzog Joh 9,22; 12,42; 16,2). Gleichwohl möchte auch das vierte Evangelium hervorheben, daß Jesus der König Israels ist (1,49), der Heiland der Welt (4,42). Dabei stützt sich der vierte Evangelist - so wird man urteilen dürfen - nicht auf die schriftliche Vorlage eines der anderen Evangelien. Wohl aber verwendet er Überlieferungen, die auch in den anderen Büchern aufgenommen sind und mündlich weiter erzählt wurden. Diese Traditionen greift der Evangelist auf und gestaltet sie in großer Eigenständigkeit, um sein Christuszeugnis für die Gemeinden zu entfalten. Mit den anderen Evangelisten aber ist er sich in der Bestimmung der Aufgabe einig, der das Buch dienen soll, das er geschrieben hat: „damit ihr glaubt" - so sagt er am Ende seiner Darstellung „daß Jesus der Christus ist, der Sohn Gottes, und damit ihr durch den Glauben in seinem Namen das Leben habt." (20,31) Von Jesu Wirksamkeit, seinem Leiden, Sterben und Auferstehen wird in allen vier Evangelien berichtet, um dadurch zu glaubender Zustimmung einzuladen. Während man sich für die Abfassung urchristlicher Briefe an eine vorgegebene Form, wie sie allgemein gebräuchlich war, anlehnen und sie ausgestalten konnte, hat es in der alten Welt kein literarisches Vorbild für die Evangelien gegeben. Sie stellen nicht so etwas dar wie Erinnerungen oder Aufzeichnungen, die man im Rückblick auf die Wirksamkeit eines bedeuten-

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den Mannes später schriftlich niederlegte. Als literarische Werke sind sie vielmehr eine Neuschöpfung der christlichen Gemeinde, die durch den Bericht von Jesu Taten und Werken sowie seiner Passion und Auferstehung das eine Evangelium bezeugt. Weil die eine frohe Botschaft den Inhalt aller vier Evangelienbücher ausmacht, hat man bei der Zusammenstellung zur kanonischen Sammlung, wie sie schon im 2. Jh. n. Chr. für die Verlesung im Gottesdienst vorgenommen wurde, den Büchern Überschriften vorangesetzt, die ihre besondere Eigenart charakterisieren sollten: Evangelium nach Matthäus - nach Markus nach Lukas - und: nach Johannes. Denn die eine gute Nachricht wird im vierfachen Zeugnis ausgerichtet, das jeder der Evangelisten auf seine Weise ablegt. Im Lauf des 2. Jh. n. Chr. bildete sich in der Christenheit der Grundbestand eines Kanons urchristlicher Schriften heraus, zu dem nach allgemeiner Überzeugung die vier Evangelien und die Briefe des Apostels Paulus zu zählen waren. Ihre Schriften kamen neben den Büchern des Alten Testaments, die als gültige Autorität bewahrt blieben, in den Gottesdiensten zur Verlesung und wurden in Predigt und Unterweisung der Gemeinden bedacht. Über die Frage, wie nun im einzelnen der Kreis neutestamentlicher Schriften von einer üppig ins Kraut schießenden sog. apokryphen Literatur abzugrenzen sei, wurde noch längere Zeit hin und her diskutiert, bis am Ende feststand, daß auch der Apostelgeschichte, den sog. Katholischen Briefen und der Offenbarung des Johannes kanonischer Rang zuerkannt werden sollte. Die endgültige Verständigung über diese Fragen erfolgte erst im 4. Jh. n. Chr. Doch hatte der Kernbestand einer Sammlung neutestamentlicher Schriften schon seit langem allgemeine Anerkennung gefunden, von der der Bischof Athanasius von Alexandria dann in seiner Aufstellung der kanonischen Bücher, die er in seinem Osterfestbrief aus dem Jahre 367 n. Chr. aufführt, sagt: „Dieses sind die Quellen des Heils, auf daß der Dürstende sich an den in ihnen enthaltenen Worten übergenug labe. In ihnen allein wird die Lehre der Frömmigkeit verkündigt. Niemand soll ihnen etwas hinzufügen oder etwas von ihnen fortnehmen." Während im pharisäisch-rabbinisch bestimmten Judentum um die Mitte des 2. Jh. n. Chr. die mündlich überlieferte Auslegung des Gesetzes, wie sie die Schriftgelehrten entwickelt hatten, in den Traktaten der Mischna zusammengestellt und damit eine Norm bestimmt wurde, nach der die heiligen Schriften zu verstehen seien, wurde in der Christenheit das Wort Jesu und die Überlieferung der Apostel in den Evangelien und Apostelschriften festgehalten und gesammelt. Man las zwar mit der Synagoge dieselben Bücher, die Israel als heilige Schriften gegeben waren. Doch bestimmte man deren Mitte und Sinn auf andere Weise. Galt für die Synagoge das Gesetz als zentraler Inhalt aller heiligen Schriften, so fand die Christenheit in den Worten der

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Propheten und der Psalmen die Christusbotschaft vorgezeichnet, die nach den Schriften zu begreifen und zu verkündigen sei. Der Dialog zwischen Synagogen und Gemeinden, den es anfänglich noch mancherorts gegeben hatte, riß mehr und mehr ab, so daß beider Wege sich voneinander trennten. Erst nach einer überaus leidvollen und von schwerer Schuld beladenen Geschichte haben in unseren Tagen behutsame Bemühungen eingesetzt, wieder aufmerksam aufeinander zu hören und die beiden Partnern gemeinsam überkommenen heiligen Schriften auf den Zuspruch und Anspruch hin zu befragen, den sie heute zu Gehör zu bringen haben. Die Christenheit der frühen Kirche hat die ältesten Dokumente ihres Ursprungs aufgehoben und im Kanon neutestamentlicher Schriften zusammengefaßt. Damit ist und bleibt ihr die Verkündigung vorgegeben, durch die die Kirche begründet und erhalten wurde und jeder Christ getröstet und gestärkt wird. Übereinstimmend bezeugen sie das eine Evangelium von der Barmherzigkeit Gottes, die er in Christus aller Welt zugewandt hat. Gottes Wort, das in Christus ergangen ist, wird immer in Worten verkündigt, die von Menschen gesprochen werden. Es wird daher auf vielfältige Weise gepredigt und ist überall zu vernehmen, wo die frohe Botschaft von Gottes Barmherzigkeit ausgerichtet wird. Das aber bedeutet: Das Evangelium ist die Mitte der Schrift - der ganzen Schrift Alten und Neuen Testaments, kann doch Sinn und Inhalt des Evangeliums nur in seinem festen Bezug zum Zeugnis der Schriften begriffen werden. Von dieser Mitte wird die Vielzahl der biblischen Aussagen zur Einheit zusammengebunden. Die Schriften des Neuen Testaments aber werden die in ihnen enthaltene Botschaft des Evangeliums erst da zu kraftvollem Reden bringen, wo sie als Urkunde des Evangeliums gehört und angenommen werden. Denn - so sagt Martin Luther einmal - : „Evangelium ist nichts anderes als eine Predigt und Geschrei von der Gnade und Barmherzigkeit Gottes, durch den Herrn Christus mit seinem Tod verdient und erworben. Und ist eigentlich nicht das, das in Büchern steht und in Buchstaben verfaßt wird, sondern mehr eine mündliche Predigt und lebendiges Wort und eine Stimme, die da in die ganze Welt erschallt und öffendich wird ausgeschrieen, daß man's überall höret." Darum will das Neue Testament, das als Urkunde des Evangeliums dessen Ur-Kunde bewahrt, gepredigt und gehört, gelesen und gelebt sein.

Jesu Worte im Zeugnis seiner Gemeinde Jesu Worte sind nicht durch unmittelbare Niederschrift überliefert, sondern sie sind uns nur durch spätere Zeugen überkommen, die sich als Christen zu Jesus von Nazareth als dem gekreuzigten und auferstandenen Herrn bekannten. Alles, was wir über Jesu Worte wissen, wird uns durch den Mund derer gesagt, die die Frohbotschaft verkündigen. Können sich dabei seine Boten zu Recht auf ihn berufen? Und wie kann einigermaßen zweifelsfrei ermittelt werden, was Jesu wirklich gesagt hat? Sich um Klärung dieser Problematik zu bemühen stellt eine historische Aufgabe von hohem Rang dar, der zugleich große theologische Bedeutung zukommt. Gilt es doch, den Zusammenhang zu erhellen, der zwischen Jesus von Nazareth und der Urchristenheit bestand. ' Die früheste schriftliche Bezeugung einiger Herrnworte liegt bekanntlich in den Briefen des Apostels Paulus vor, der gelegentlich ein Jesuslogion zitiert, um daraus Weisung für das Verhalten der Gemeinden abzuleiten. Wo ihm aber zur Beantwortung einer aktuellen Frage kein Wort des Herrn vorliegt, macht er auf den Unterschied zwischen dem, was der Herr gesagt hat, und seinen eigenen Worten ausdrücklich aufmerksam: „So sage ich, nicht der Herr" (1 Kor 7,12). Eine so deutliche Unterscheidung ist aber keineswegs überall in der urchristlichen Verkündigung vorgenommen worden. Vielmehr sind urchristliche Propheten durchaus mit dem Ausspruch aufgetreten: So spricht der Herr. So findet sich in der Johannesoffenbarung eine stattliche Reihe von Sätzen, die von urchristlichen Propheten formuliert sind, aber als autoritative Worte des Herrn den Gemeinden zugesprochen werden: „Das sagt, der da hält die sieben Sterne in seiner Rechten, der da wandelt mitten unter den sieben goldenen Leuchtern: Ich kenne deine Werke" (Oflb 2,lf.)... „Das sagt der Sohn Gottes, der Augen hat wie Feuerflammen, und seine Füße sind wie Golderz: Ich kenne deine Werke" (Oflb 2,18f.). Da die als scharfes Richterurteil gefaßten Sprüche sich jeweils auf die vorfindliche Situation urchristlicher Gemeinden in Kleinasien beziehen, wird niemand auf den Gedanken kommen können, diese Worte des Herrn in die Zeit des irdischen Wirkens Jesu von Nazareth zurückzuverfolgen zu wollen. Vielmehr steht außer Zweifel, daß in der frühen Christenheit Worte des Herrn geprägt worden sind, die als Prophetensprüche bindende Weisung des Kyrios zur Geltung zu bringen suchen. 1 Zum Problem vgl. E. Hoskyns, Μ Davey Das Rätsel des Neuen Testaments (engl.: The Riddle of the New Testament, London 1931, 3rd ed. 1947), München 1957, 12.

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Hat mithin die frühe Christenheit nicht nur Worte Jesu bewahrt und weitergereicht, sondern auch Herrenworte ihrerseits gebildet, dann muß angenommen werden, daß sich auch innerhalb der Überlieferung, die in den Evangelien ihren literarischen Ausdruck gefunden hat, Jesusworte unterschiedlicher Herkunft finden. Die Evangelien, die vor allen anderen im Neuen Testament zusammengefaßten Schriften überJesu Worte Auskunft geben, sind zunächst als Zeugnis urchristlicher Predigt und Lehre zu beurteilen. In ihren Erzählungen wie auch in der Darbietung der Verkündigung Jesu wollen sie frohe Botschaft entfalten, indem sie berichten, wie die Geschichte Jesu ihren Anfang genommen hat, was er in Worten und Taten gewirkt hat und wie es zuletzt zu seiner Verurteilung und Hinrichtung kam. Sein Tod bedeutete jedoch nicht das Ende jenes einzigartigen Geschehens. Sondern indem der gekreuzigte Jesus sich den Seinen als der auferstandene Herr bezeugte, begriffen sie, daß Gott den Christus aus dem Tod zum Leben auferweckt und damit sein Kreuz als das ein für allemal geschehene Heilsereignis in Kraft gesetzt hat. Im Licht dieser sie tragenden Überzeugung bekennt die christliche Gemeinde, was sie von ihrem Herrn zu sagen hat, und bezieht seine Worte in ihr gegenwärtiges Zeugnis ein. Die neutestamentliche Wissenschaft, die auf sorgfältige Analyse der urchristlichen Überlieferung bedacht ist, muß daher von den ihr vorliegenden Texten, die sie primär als urchristliche Zeugnisse zu interpretieren und zu werten hat, zurückfragen, um soweit, wie dieses wissenschaftlichem Forschen überhaupt möglich sein kann, zu den Worten zu gelangen, die Jesus selbst er und kein anderer - gesprochen hat.

/. Mit Hilfe welcher Kriterien kann die neutestamentliche Wissenschaft aus den urchristlichen Dokumenten solche Worte hervorheben, die weder auf urchristliche Prediger noch auf die Hand eines Evangelisten, sondern auf Jesu Verkündigung selbst zurückzuführen sind? Weder Empfindungen des persönlichen Eindrucks noch Urteile des subjektiven Geschmacks können zuverlässige Lösungen finden, sondern allein methodisch schlüssige Argumentation vermag Ergebnisse zu erzielen, die jede Nachprüfung bestehen können. A n erster Stelle hat sich eine Arbeitshypothese, die aus der formgeschichtlichen Analyse der Evangelien erwachsen ist, als geeignet erwiesen, um einen Grundbestand an zuverlässigen Ergebnissen zu gewinnen und gegenüber jeder denkbaren Einrede zu sichern. Danach kann ein einwandfrei gesichertes Minimum an unzweifelhaft authentischen Jesusworten in den Logien erkannt werden, die weder aus der urchristlichen Verkündigung noch aus den Voraussetzungen des zeitgenössischen Judentums herzuleiten sind.2 Dieses

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Vorgehen hat Norman Perrin in seiner zusammenfassenden Abhandlung über die Wiederentdeckung der Lehre Jesu treffend als "criterion of dissimilarity" bezeichnet.3 Dieser kritische Maßstab, der allerhöchste Ansprüche an die zu prüfende Uberlieferung stellt, hat in der neueren Forschung weitgehende Anerkennung gefunden, wenngleich - wie noch des näheren auszuführen sein wird - dieser Weg keineswegs als allein ausreichend angesehen werden kann, um hinlängliche Klarheit über Jesu Worte zu gewinnen, die sich zuverlässig auf ihn zurückführen lassen.4 Mit Perrin ist vielmehr einzuräumen, daß auf diese Weise eine einschneidende Begrenzung vorgenommen wird. „Denn durch seine Definition selbst schließt dieses Kriterium alle Logien aus, in denen Jesus mit dem Judentum oder mit der Urchristenheit übereinstimmt." Aber „es gibt keinen anderen Ausgangspunkt, der die Eigenart der Quellen ernst genug nimmt, wie sie uns die Ergebnisse der zeitgenössischen Forschung aufzwingt".5 Wendet man dieses Kriterium auf die Analyse der synoptischen Tradition an, so zeigt sich, daß manche weisheitlich formulierten Logien sich durchaus in den Zusammenhang damaliger jüdischer Lehre einfügen, wie z.B. die berühmte goldene Regel: „Alles nun, was ihr wollt, daß euch die Leute tun sollen, das tut ihnen auch. Das ist das Gesetz und die Propheten." (Mt 7,12) Auf der anderen Seite lassen insbesondere manche Sprüche, die von Jesu Leiden, Sterben und Auferstehen handeln, erkennen, daß sie durch urchristliche Verkündigung ihre Prägung erhalten haben und so nicht von Jesus selbst gesprochen sein können (wie z.B. Mk 10,33f. Par.). Mit Hilfe des "criterion of dissimilarity" läßt sich daher eine Differenzierung vornehmen, die eine größere Zahl von Sprüchen von vornherein ausschneidet und einen hinlänglich geprüften Grundbestand von Sätzen aus der synoptischen Tradition heraushebt, die als zweifelsfrei authentische Jesusworte gelten dürfen. Wie dieses "criterion of dissimilarity" sich in der Einzelanalyse handhaben läßt, hat Joachim Jeremias in seiner grundlegenden Untersuchung über die Gleichnisse Jesu eindrucksvoll gezeigt. Ausgehend von den Texten, wie sie in 2 Vgl. E. Käsemann, Exegetische Versuche und Besinnungen I, Göttingen 6 1970, 205: „Einigermaßen sicheren Boden haben wir nur in einem einzigen Fall unter den Füßen, wenn nämlich Tradition aus irgendwelchen Gründen weder aus dem Judentum abgeleitet noch der Urchristenheit zugeschrieben werden kann." Vgl. auch bereits R. Bultmann, Die Geschichte der synoptischen Tradition, Göttingen 2 1931, 9 1979, 222: „Wo der Gegensatz zur jüdischen Moral und Frömmigkeit und die spezifisch eschatologische Stimmung, die das Charakteristikum der Verkündigungjesu bilden, zum Ausdruck kommt, und wo sich andererseits keine spezifisch christlichen Züge finden, darf man am ehesten urteilen, ein echtes Gleichnis Jesu zu besitzen." 3 Μ Perrin, Was lehrte Jesus wirklich? (engl. Rediscovering the Teaching of Jesus, London 1967), Göttingen 1972, 36f. 4 Vgl. z.B. J. Jeremias, Neutestamentliche Theologie I. Die Verkündigung Jesu, Gütersloh 3 1979, 13f. 5 Perrin, a.a.O. 37.

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den Evangelien fixiert sind, sucht er den Weg zurückzugehen von der Urkirche zu Jesus. Dabei läßt sich bei der Analyse der einzelnen Zusammenhängen eine Reihe von Beobachtungen gewinnen, mit deren Hilfe Tradition und Redaktion gegeneinander abgehoben werden können. Insgesamt zehn solcher grundsätzlichen Beobachtungen hebt Jeremias heraus, die auf eine bestimmte Gesetzmäßigkeit der Umformung aufmerksam machen, denen die Gleichnisse Jesu im Vollzug der Uberlieferung bis zur schriftlichen Fixierung durch die Evangelisten unterworfen wurden. Einige der wichtigsten dieser Gesetzmäßigkeiten seien kurz genannt 6 : Bei der Übersetzung, die die ursprünglich aramäisch gesprochenen Gleichnisse in die griechische Sprache erfahren haben, haben sich unvermeidbar hier und da Sinnverschiebungen, gelegentlich sogar Fehlübersetzungen ergeben. Dabei kann auch das Anschauungsmaterial Veränderungen erfahren haben, die sich durch kritischen Vergleich mit dem zeitgenössischen palästinischen Judentum aufweisen lassen. Oft sind Jesu Gleichnisse ursprünglich in polemischer Auseinandersetzung mit Pharisäern und Schriftgelehrten gesprochen worden und zielen auf eine scharfe Spitze, die auf der einen Seite den bedingungslosen Ruf zur Umkehr artikuliert, auf der anderen aber Gottes gnädige Barmherzigkeit gegenüber allen Einsprüchen, die von gesetzlicher Frömmigkeit erhoben werden, verteidigt. In der urchristlichen Überlieferung wechselt häufig der Adressat, an den die Worte Jesu gerichtet werden. Denn oft wenden sie sich nicht mehr an widersprechende Gegner, sondern werden zur Anrede an Jünger und Gemeinde. Dieser Wechsel der Hörerschaft hat zur Folge, daß nicht selten der ursprünglich eschatologische Bezug in eine paränetische Anwendung verändert wird - besonders anschaulich erkennbar am Gleichnis vom viererlei Acker und der ihm sekundär angehängten allegorischen Auslegung, die den dringlichen Appell zu aufmerksamem Hören anschaulich beschreibt (Mk 4,1-20 Par.). Durch die paränetische Ausrichtung kommen hier und da sekundäre Folgerungen, Ergänzungen und damit Sinnverschiebungen auch in die Bildhälfte hinein, so daß allegorische Bezüge, die paränetischer Anwendung Nachdruck verschaffen sollen, den Sinngehalt des Bildes selbst verändern. Schließlich versehen Überlieferung und Redaktion die überkommenen Gleichnisse mit einer Rahmung, die sie in größere, meist katechetisch bestimmte Zusammenhänge einfügt. Damit werden die Gleichnisse urchristlicher Unterweisung dienstbar gemacht, die vielfach in einem generalisierenden Abschluß eine allgemeingültige Folgerung aus Jesu Worten abzuleiten sucht. Die Analysen der Gleichnisse Jesu, wie Joachim Jeremias sie vorgenommen hat, haben in der gelehrten Welt mit Recht respektvolle Beachtung gefunden. Leidenschaftliches Forschen, mit gewissenhafter Genauigkeit gepaart, kann mit einem hohen Grad von Schlüssigkeit den Weg von der 6 Vgl. J. Jeremias, Die Gleichnisse Jesu, Göttingen 71965 = ,01984, 113.

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tradierenden Urkirche zu Jesus selbst zurück bahnen. Dabei können nicht nur aus kritischer Analyse gewonnene Gesetzmäßigkeiten erhoben werden, um verändernde Faktoren der Tradition aufzuweisen, sondern es lassen sich auch philologische Beobachtungen heranziehen, um auf Grund bestimmter sprachlicher Ausdrücke und Wendungen Gesichtspunkte ausfindig zu machen, die auf für Jesu Verkündigung charakteristische Ausdrücke hinweisen. In subtilen Untersuchungen hat sich Jeremias darum bemüht, solche von Jesus bevorzugte Redeweisen zu erheben. Im Anschluß an gelehrte Abhandlungen von C.F. Burney7 und Matthew Black8 hat Jeremias dabei darauf aufmerksam gemacht, daß manche Stücke der Jesuüberlieferung in gebundener Rede gehalten sind, deren poetische Gestalt bei Rückübertragung ins Aramäische - besonders eindrücklich beim Gebet des Vaterunser - sich einigermaßen deutlich rekonstruieren läßt.9 Gebundene Rede aber wahrt in mündlicher Überlieferung eine weitaus größere Festigkeit als freie Logien, so daß sich durch philologische Beobachtungen Hinweise auf ein hohes Maß an Zuverlässigkeit einzelner Traditionen gewinnen lassen, ohne daß hieraus freilich zwingende Beweise abgeleitet werden könnten. Solche Vorsicht des Urteils ist auch im Blick auf weitere Gesichtspunkte zu üben, die Jeremias für seine Rekonstruktion der Verkündigung Jesu anführt. Es mag zutreffen, daß Jesus auffallend häufig den Gottesnamen durch ehrfürchtige Rede im Passivum divinum umschrieben hat - wie z.B. „Selig sind die Leidtragenden; denn sie sollen getröstet werden", d.h. Gott wird sie trösten (Mt 5,4).10 Doch schlechthin singulär ist solche Ausdrucksweise weder im zeitgenössischen Judentum noch im palästinischen Urchristentum. Ebenso dürfte zwar richtig beobachtet sein, daß in Jesuslogien sich in auffallender Häufigkeit antithetische Parallelismen - wie: „Die Starken bedürfen keines Arztes, sondern die Kranken" (Mk 2,17)- finden.11 Gleichwohl aber ist auch hier Zurückhaltung geboten. Denn diese Redeweise ist in der damaligen jüdischen wie urchristlichen Umwelt auch sonst zu finden. Palästinische Stilelemente müssen keineswegs zwingend dafür sprechen, daß sie auf authentische Jesusworte innerhalb der synoptischen Tradition hindeuten. Sie können auch durch die Sprache aramäisch redender Christen oder aber - wie jeweils genau zu prüfen ist - durch griechische Ausdrucksweise der frühen Christenheit bedingt sein, die sich an der Sprache der Septuaginta orientiert hat. Somit kann den genannten philologischen Beobachtungen lediglich im Zusammenhang mit anderen kritischen Argumenten, die sich aus der Analyse der

7 C. F. Burney, The Poetry of our Lord, Oxford 1925. 8 Μ. Black, An Aramaic Approach to the Gospels and Acts, Oxford 1946, 3rded. 1967 = Die Muttersprache Jesu, Stuttgart 1982. 9 Vgl. Jeremias, Neutestamentliche Theologie, a.a.O. 30-37, 10 Jeremias, a.a.O. 20-24. 11 Jeremias, a.a.O. 24-30.

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redaktionellen Zusammenhänge ergeben, unterstützende Bedeutung zukommen, ihnen aber nicht allein tragende Beweiskraft beigemessen werden. Im Unterschied zu den eben aufgeführten Argumenten sind jedoch zwei weitere Beobachtungen, die Joachim Jeremias bei seiner Suche nach Kennzeichen der authentischen Rede Jesu geltend gemacht hat, von größerem Gewicht.12 Die Evangelienüberlieferung bezeugt einhellig, Jesus habe Gott als Vater angeredet. Diese Gottesanrede ist im zeitgenössischen Judentum nur in dem Sinn bezeugt, daß von ihm zugleich als dem Herrscher und König der Welt gesprochen wird. Die vertraute Sprache, mit der ein Kind sich an seinen Vater wendet, wäre damaliger Frömmigkeit als unangemessen erschienen. Christliche Gebetssprache aber folgt - wie schon die zweimalige Bezeugung des Abba-Gebets in den paulinischen Briefen belegt (Rom 8,15; Gal 4,6) - der von Jesus zum ersten Mal verwendeten Ausdrucksweise. Mithin läßt sich diese Gottesanrede gegenüber vergleichbaren zeitgenössischen Gebeten einigermaßen deutlich abheben, nicht aber mit derselben Genauigkeit vom urchristlichen Sprachgebrauch unterscheiden.13 Hat dieser doch zweifellos an manchen Stellen auch die Berichte der Evangelien beeinflußt. Ein anderes Kennzeichen der Redeweise Jesu, das besondere Aufmerksamkeit verdient, möchte Jeremias in dem ungewöhnlichen Gebrauch des Wortes Amen aufweisen.14 Im zeitgenössischen Judentum wird Amen häufig zur Bekräftigung einer vorangegangenen Aussage verwendet, die geradezu Charakter einer Schwurformel annehmen kann. Wer Amen sagt, macht sich die Aussage eines anderen zu eigen und verleiht dieser Aneignung mit der feierlichen Bekräftigung Nachdruck, indem er spricht: So sei es! Im Unterschied zu diesem geläufigen Sprachgebrauch ist es für die Überlieferung der Jesusworte charakteristisch, daß sich in auffallender Häufung die völlig ungewöhnliche Redeweise findet, Sprüche nicht mit abschließendem Amen zu bekräftigen, sondern sie mit einem vorangestellten Amen einzuleiten. Adolf Schlatter hatte zu diesem längst beobachteten Sachverhalt einst bemerkt, das Amen Jesu könne den Gedanken nahelegen:, Jesus war nicht nur der Sprechende, sondern zuerst der Hörende, der auf Gottes Rede horcht. Indem ihm das, was ihm gezeigt wird, zur Gewißheit wird, antwortet er darauf mit Amen und trägt es nun zu den Jüngern hinüber, damit es auch für sie die ihr Verhalten ordnende Regel sei."15

12 Vgl. hierzu J.Jeremias, Kennzeichen der ipsissima vox Jesu, in: Synoptische Studien Alfred Wikenhauser zum 70. Geburtstag dargebracht, München 1954, 86-93 = Abba. Studien zur neutestamentlichen Theologie und Zeitgeschichte, Göttingen 1966, 145-152 (hiernach zitiert). 13 Vgl. hierzu Jeremias, Theologie, a.a.O. 67-73. 14 Vgl. Kennzeichen 148-151; Theologie, a.a.O. 43f. 15 A. Schlatter, Der Evangelist Matthäus, Stuttgart 3 1984, 1.

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Bei aller gebotenen Vorsicht des Urteils wird man der Beobachtung zustimmen dürfen, daß möglicherweise auch im Gebrauch des Wortes Amen Jesu sprachschöpferische Kraft erkennbar wird 16 : „Amen, ich sage euch: Wer die Herrschaft Gottes nicht empfängt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen." (Mk 10,15 Par.) Die urchrisdiche Uberlieferung hat diesen charakteristischen Sprachgebrauch ihrerseits aufgenommen und erweitert, indem sie ihn auch mit einer Reihe von Logien verband, die zweifellos nicht als authentische Jesusworte angesehen werden können, sondern erst im Zeugnis der Gemeinde entstanden sind. Der johanneische Sprachgebrauch hat diese Ausdrucksweise später weitergeführt, indem verschiedenen Sprüchen, die Jesus in den Mund gelegt sind, doppeltes Amen, Amen vorangestellt wird, um diesen Sätzen entsprechend nachdrücklich Betonung zu verleihen: „Amen, Amen, es sei denn, daß jemand von neuem geboren werde, so kann er die Herrschaft Gottes nicht sehen." (Joh 3,3) So spiegelt sich auch im johanneischen Christuszeugnis noch der Nachklang einer Redeform wider, die ihrem Ursprung nach mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Jesus selbst zurückzuführen ist. Zwar lassen sich einige sprachliche Kennzeichen der Jesus eigenen Redeweise innerhalb der Evangelienüberlieferung aufzeigen, aber bei der Bewertung jedes einzelnen Logions will mit großer Behutsamkeit verfahren sein. Denn zunächst muß bei jeder Analyse von Evangelientexten davon ausgegangen werden, daß die vorliegende Textgestalt durch die bekennende Gemeinde und das Zeugnis der Evangelisten geformt wurde. In jedem Fall gilt es daher, den Weg von der Urkirche zu Jesus zurück mit umsichtigem Spürsinn zu suchen und seinen Verlauf schlüssig aufzuweisen. Bei der Untersuchung der synoptischen Überlieferung der Worte Jesu muß die Regel gelten, nicht die sog. Unechtheit, sondern die sog. Echtheit müsse für jeden Satz bewiesen werden, der als Bestandteil der authentischen Jesusverkündigung Gültigkeit beanspruchen soll.17 In Erfüllung dieser kritischen Anforderungen haben formgeschichtliche Untersuchung der synoptischen Tradition und sprachliche Analyse der einzelnen Logien einen hinlänglich gesicherten Grundbestand an Worten Jesu erheben können, die als seine ureigene Predigt bestimmt und zu einem geschlossenen Bild seiner Verkündigung zusammengefügt werden können. Radikalität seines Wortes, die Gottes gnädigen Zuspruch und seinen von der Wurzel her bestimmten Anspruch Gestalt werden läßt, zeichnet Jesu Predigt aus. Die Ankündigung der nahenden Gottesherrschaft ist fest verbunden mit der Botschaft von der schrankenlosen Barmherzigkeit Gottes, die Jesus verachteten und schuldig gewordenen Menschen zuspricht. In dieser bestimmten und unverwechselbaren Prägung 16 Vgl. Jeremias, Theologie, a.a.O. 43. Zum Problemkreis vgl. weiter K. Berger, Die AmenWorte Jesu, Berlin 1970. 17 Anders Jeremias, Theologie, a.a.O. 45.

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heben sich Jesu Worte auf das deutlichste von der sie umrahmenden Überlieferung ab, in die sie durch die tradierende Gemeinde und die reaktionellen Hände der Evangelisten gebracht worden sind, die die mündliche Tradition zur schriftlichen Gestalt der Evangelien zusammengefügt haben.

II. Läßt sich durch historische Rückfrage und philologische Untersuchungen erheben, wo in Gleichnissen, Streitgesprächen und Logien authentische Worte Jesu überliefert sind, so stellt sich die Frage, wie die theologische Bedeutung zu bestimmen ist, die der kritischen Erhebung der Verkündigung Jesu beizumessen ist. Rudolf Bultmann hat sein klassisches Werk über die Theologie des Neuen Testaments mit dem lapidaren Satz eingeleitet: „Die Verkündigungjesu gehört zu den Voraussetzungen der Theologie des Neuen Testaments und ist nicht ein Teil dieser selbst."18 Diese These wird damit begründet, daß die Theologie des Neuen Testaments in der Entfaltung der Gedanken bestehe, „in denen der christliche Glaube sich seines Gegenstandes, seines Grunds und seiner Konsequenzen versichert. Christlichen Glauben aber gibt es erst, seit es ein christliches Kerygma gibt, d.h. ein Kerygma, das Jesus Christus als Gottes eschatologische Heilstat verkündigt, und zwar Jesus Christus, den Gekreuzigten und Auferstandenen."19 Diese Einschätzung, die der Predigt Jesu keine für die neutestamentliche Theologie entscheidende Bedeutung zuerkennt, ist mit Recht auf vielfältige Kritik gestoßen. Denn die neutestamentliche Wissenschaft darf sich nicht damit zufriedengeben, die Untersuchung der Worte Jesu lediglich als eine historische Aufgabe zu betreiben, deren Ergebnisse dann nicht mehr als eine neben anderen Voraussetzungen der neutestamentlichen Theologie darstellen. Weil das urchristliche Kerygma Jesus Christus als den gekreuzigten und auferstandenen Kyrios verkündigt, muß vielmehr um der Wahrhaftigkeit eben dieses Kerygmas willen die Frage verhandelt und beantwortet werden, wer dieser Jesus, der als Christus bekannt wird, war, was er verkündigt hat und weshalb es auf Grund dieser seiner Predigt am Ende zu seiner Kreuzigung gekommen ist. Im strikten Gegensatz zu Bultmanns Bestimmung der neutestamentlichen Theologie hat Joachim Jeremias die Predigt Jesu als den vornehmsten und bei weitem gewichtigsten Teil innerhalb der neutestamentlichen Theologie bestimmen wollen. Denn dem Ruf Jesu, auf den der vielstimmige Chor der Zeugen antwortet, müsse bei ihrer Darstellung das entscheidende Gewicht

18 Vgl. R. Bultmann, Theologie des Neuen Testaments, Tübingen 91984, 1. 19 Ebd. lf.

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zukommen. Ruf und Antwort machen diesem Verständnis zufolge ein spannungsvolles Gegenüber innerhalb der Schriften des Neuen Testaments aus, wobei in jedem Fall dem Ruf die Priorität zuerkannt werden soll. Dabei ist Jeremias zunächst von der Entdeckerfreude geleitet, die ein Archäologe erfährt, wenn er nach Abtragung vieler Schichten zum gesuchten Grabungsbefund vorgedrungen ist. Diese Erfahrung faßt Jeremias im Blick auf die Untersuchung der Logien Jesu, die sich aus der Evangelientradition herausheben lassen, in die Worte: „Welch großes Geschenk, wenn es gelingt, hier und da hinter dem Schleier das Antlitz des Menschensohnes wiederzufinden."20 Seiner Uberzeugung nach ist der Exeget imstande, nicht nur zuverlässig tradierte Worte Jesu zu erheben, sondern eben durch diese seine gewissenhafte Arbeit am Ende dem Menschensohn selbst ins Antlitz zu blicken. Die unvergleichliche Vollmacht seines Wirkens tritt zutage, wo sein Wort über den Abstand der Zeit hinweg wieder zu unmittelbarer Anrede gebracht wird, so daß die Schlußfolgerung lautet: „Erst die Begegnung mit ihm gibt unserer Verkündigung Vollmacht."21 Diese von Jeremias wiederholt geäußerte Überzeugung, die geradezu das Vermächtnis seines gelehrten Lebenswerkes zusammenfassen soll, muß jedoch kritischer Überprüfung unterzogen werden. Denn verhält es sich wirklich so, daß die historische Arbeit des Exegeten letzten Endes mit dem Ziel vollzogen wird, Jesu Worte aus der sie umklammernden Schale des Zeugnisses seiner Gemeinde herauszulösen, damit nur der Kern als der für heutige Verkündigung bedeutsame Gehalt herausgehoben wird? Bei konsequenter Befolgung dieser Beurteilung würden Jesu Kreuz und Auferstehung an den Rand der neutestamentlichen Theologie gerückt werden und nur insoweit Relevanz behalten, wie in Jesu Worten selbst sich ein historisch greifbares Verständnis seines zu erwartenden Todes und der ihm folgenden Auferstehung fassen läßt. Gerade bei der Untersuchung kerygmatisch geprägter Herrenworte, die diese Inhalte aussagen, versagt jedoch weitgehend das "criterion of dissimilarity", von dessen Aussagekraft bereits die Rede war. Aber nicht nur diese methodische Schwierigkeit, die sich der Erreichung gesicherter historischer Ergebnisse in den Weg stellt, sondern vor allem die genaue Betrachtung des urchristlichen Kerygmas selbst muß das schwerwiegende Bedenken wecken, ob man den Weg von der Urkirche zu Jesus mit der Absicht verfolgen soll, am Ende der Urkirche den Abschied zu geben und bei Jesus allein stehenzubleiben. Der Evangelist Markus, der als erster eine zusammenfassende Darstellung von Jesu Taten und Worten bis zu seiner Passion und Kreuzigung gegeben hat, leitet diese mit den Worten ein: „Anfang des Evangeliums von Jesus

20 Jeremias, Die Gleichnisse Jesu, a.a.O. 114. 21 Ebd. 114.

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Christus." (Mk 1,1,) Das Evangelium, das den gekreuzigten und auferstandenen Christus verkündigt, hat demnach einen festen geschichtlichen Bezugspunkt, von dessen Anfang beim Beginn der öffentlichen Wirksamkeit Jesu sich der Bogen bis zu Kreuz und Auferstehung spannt und die gesamte Verkündigung Jesu umklammert. Das Kerygma besteht somit keineswegs nur aus einer Antwort, die den Ruf Jesu aufnimmt, sondern es proklamiert den gekreuzigten und auferstandenen Jesus als den Christus und Kyrios und bezieht seine Geschichte wie auch seine Verkündigung in ihr Zeugnis ein. Indem die neutestamentliche Wissenschaft deshalb nach den Worten Jesu fragt, die im Zeugnis seiner Gemeinde aufbehalten sind, folgt sie der Intention des urchristlichen Kerygmas selbst, wie die Evangelisten es aufgenommen und entfaltet haben. Dabei wird die Rückfrage nach dem Anfang des Evangeliums nicht deshalb gestellt, weil allein Jesu Worte heutiger Verkündigung Vollmacht zu verleihen imstande wären. Vielmehr soll durch den Aufweis des vielfach spannungsvollen Verhältnisses zwischen Jesu Worten einerseits und dem Zeugnis seiner Gemeinde andererseits dargetan werden, wie jener Anfang im Kerygma gegenwärtig ist, das Christus als den Herrn verkündigt, der identisch ist mit Jesus von Nazareth. 22 Wollte die neutestamentliche Wissenschaft das historische Interesse an der Rekonstruktion der Worte Jesu zum Hauptgegenstand ihres theologischen Erkenntnisstrebens machen, so würde sie in Gefahr geraten, Glaube und Verkündigung der Kirche von den sich jeweils wandelnden Einsichten historischen und archäologischen Wissens abhängig zu machen. 23 Wohl aber gehört es zu verstehender Interpretation des urchristlichen Kerygmas hinzu, seinen „Anfang und das bleibende Fundament des christlichen Glaubens in der Person und im Wirken Jesu Christi" aufzuzeigen. 24 Der Aufgabe christlicher Predigt ist nicht darin Genüge getan, einst gesprochene Worte Jesu unverändert zu wiederholen. Vielmehr hat sie das Christusereignis zu verkündigen, das sich ein für allemal um unseretwillen und für uns zugetragen hat, und dabei im Licht von Karfreitag und Ostern Jesu Worte in der viva vox evangelii aufs neue auszusagen.

22 D a ß Glaube und Verkündigung nicht vom jeweiligen Stand wissenschaftlich vermittelter Einsicht abhängig gemacht werden dürfen, hat mit Recht E. Käsemann betont: Sackgassen im Streit um den historischen Jesus, in: Exegetische Versuche und Besinnungen II, Göttingen 6 1970, 31-68, bes. 35. 23 Vgl. K. Lehmann, Die Frage nach Jesus von Nazareth, in: Handbuch der Fundamentaltheologie, 2. Traktat Offenbarung, Freiburg 1985, 132: „Eine Fragestellung, die von vornherein den lebendigen gegenwärtigen Herrn, der geglaubt wird und im Zeugnis der Christenheit präsent ist, ausblenden würde, kann zwar das historische Interesse für sich haben, aber sie bleibt ohne letzte theologische Funktion, weil sie das lebendige Wirken des erhöhten H e r r n in die Gegenwart und Zukunft hinein völlig ausscheiden würde." 24 Vgl. Lehmann, a.a.O. 141.

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III. Auf welche Weise hat nun die bekennende Gemeinde Worte Jesu im Zusammenhang ihrer Verkündigung bezeugt? Jesu Jünger waren nicht Schüler, die nach Art schriftgelehrten Unterrichts den ihnen vorgetragenen Lehrstoff zu memorieren und unverändert zu überliefern hätten. Zwar ist aus der Evangelientradition deudich zu erkennen, daß lehrhafte Züge, wie sie sich im zeitgenössischen Rabbinat finden, nicht ohne Einfluß auf die Weitergabe der Worte Jesu gewesen sind.25 Ihrem innersten Gehalt nach ist jedoch die Proklamation des Kerygmas von schriftgelehrter Lehre und Rede fundamental unterschieden. Im Zeugnis der christlichen Gemeinde konnten Jesu Worte, von denen seine Jünger zu sagen wußten, weder als gesetzliche Regeln noch als lehrhafte Vorschriften tradiert werden, sondern sie mußten in Verbindung mit dem Kerygma zu Gehör gebracht, dabei aber auch umgeformt, ergänzt oder neu gefaßt werden. U m die Art urchristlichen Zeugnisses und seiner Weitergabe von Worten Jesu genauer in den Blick zu bekommen, können gelegentliche Anklänge an Herrenworte, wie sie sich hier und da in einzelnen Wendungen in der neutestamentlichen Briefliteratur - vor allem in paränetischen Zusammenhängen — finden, nur begrenzte Einsicht eröffnen. Weit aufschlußreicher sind die ausdrücklichen Zitationen, mit denen im urchristlichen Schrifttum an manchen Stellen darauf aufmerksam gemacht wird, daß der Gemeinde ein Herrenwort dargeboten wird, um sich an dessen Weisung zu orientieren. Der Apostel Paulus führt nur an wenigen, jedoch betont hervorgehobenen Stellen seiner Briefe ihm überkommene Worte des Herrn an, um durch Berufung auf sie Streitfragen der Gemeinden entscheiden zu können. Im Zusammenhang unserer Überlegungen braucht nicht erörtert zu werden, warum der Apostel nur diese Herrenworte zitiert, andere aber nicht erwähnt - ob er nur wenige Jesuslogien gekannt haben mag, ob er eine kritische Distanz gegenüber dem sog. historischen Jesus eingenommen haben könnte und was der Probleme mehr sind.26 Vielmehr soll unsere Aufmerksamkeit allein auf die Frage gerichtet sein, welche Einsichten diese Zitate hinsichtlich der Aufnahme von Worten jesu im Zeugnis seiner Gemeinde bzw. in der Predigt des Apostels eröffnen können. 25 Zu diesem Verständnis von der Tradition der Worte Jesu vgl. bes. H. Riesenfeld, T h e Gospel Tradition and its Beginnings, London 1957; G. Gerhardsson, Memory and Manuscript. Oral Tradition and written Transmission in Rabbinic Judaism and Early Christianity, Uppsala 1961; ders., Tradition and Transmission in Early Christianity, Lund 1964; der.s., Die Anfänge der Evangelientradition, Wuppertal 1977; sowie R. Riesner,Jesus als Lehrer. Eine Untersuchung zum Ursprung der Evangelienüberlieferung, Tübingen 2 1984. 26 Zu diesen Fragen vgl. zuletzt Μ Walter, Paulus und die urchristliche Tradition, N T S 31, 1985, 498-522.

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Das früheste Zitat eines Herrenwortes findet sich im ersten Brief des Paulus an die Gemeinde in Thessalonich. Unklarheit war entstanden, weil einige Todesfälle in der jungen Gemeinde Zweifel hatten aufkommen lassen, wie das künftige Heil denen würde zuteil werden können, die vor Anbruch der für nahe Zukunft erwarteten Parusie verstorben waren. Paulus sucht diese Ungewißheit auszuräumen, indem er sich für seine Antwort auf ein Wort des Herrn beruft. Hierunter ist sicherlich nicht eine Offenbarung zu verstehen, die der erhöhte Herr durch den Mund von Propheten hätte kund werden lassen, sondern ein Herrenwort, das der Apostel aus der mündlichen Tradition aufnimmt.27 Doch betrachtet man den paulinischen Gedankengang genauer, so ist es nicht ganz einfach aus dem Kontext das Wort Jesu mit hinlänglicher Deudichkeit herauszuheben. Denn Paulus fährt nach der Ankündigung des Herrenwortes fort: „daß wir, die wir leben und übrigbleiben bis zur Ankunft des Herrn, denen nicht zuvorkommen werden, die entschlafen sind" (1 Thess 4,15). Die Formulierung in der Wir-Form, die den Apostel mit der Gemeinde zusammenschließt, wird auf die Hand des Paulus zurückzuführen sein. Das zugrundeliegende Logion könnte dann etwa besagt haben, daß es kein Zuvorkommen der Lebenden vor den Entschlafenen bei der Parusie geben wird - wobei die Vermutung naheliegt, daß diese Überlieferung ein Stück urchristlicher Belehrung über das Geschick der Entschlafenen darstellt, wie Traugott Holtz kürzlich des näheren dargetan hat.28 Dieser Spruch wird durch ein mit ihm verbundenes apokalytisches Traditionsstück erläutert, das lautet: „Er selbst, der Herr, wird, wenn der Befehl ertönt, wenn die Stimme des Erzengels und die Posaune Gottes erschallen, herabkommen vom Himmel, und zuerst werden die Toten, die in Christus gestorben sind, auferstehen. Danach werden wir, die wir leben und übrigbleiben, zugleich mit ihnen entrückt werden auf den Wolken in die Luft dem Herrn entgegen." Paulus schließt ab mit der Folgerung: „Und so werden wir bei dem Herrn sein allzeit." (V 17b) Wie im einzelnen die Vorlage, die dem Apostel als tradiertes Herrenwort überkommen war, ausgesehen haben mag, läßt sich nur in etwa rekonstruieren. Denn obwohl Paulus dem Herrenwort für seine Argumentation zwingende Beweiskraft beimißt, hat er sich nicht gehindert gesehen, den Wortlaut so zu verändern, daß er unmittelbar auf die in der Gemeinde aufgekommenen Fragen Antwort gibt. Ihrem Bekenntnis entsprechend wird gesagt, daß der Kyrios vom Himmel herabkommen wird, und werden ihm die Toten, die in Christus entschlafen sind, entgegengestellt. Weder der Kyriostitel noch die Wendung „in Christus" sind jedoch in einem authentischen Jesuswort vorstellbar. Auch im anschließenden Satz ist wie in der vorangestellten Einleitung und in der anschließenden Folgerung von dem Wir die Rede, das Paulus 27 Vgl. T. Holtz, Der erste Brief an die Thessalonicher, Neukirchen 1986, 185. 28 Holtz, a.a.O. 182-208.

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und alle glaubenden Christen in der Gemeinde bilden: „Wir, die wir leben und übrigbleiben, werden entrückt werden - dem Herrn entgegen." In einer weitergehenden Analyse könnten vorgegebene Traditionselemente noch schärfer von paulinischer Anwendung abgehoben werden. Die genannten Beobachtungen zeigen jedoch bereits zur Genüge, daß Paulus ein Wort des Herrn anführt, dieses aber nicht nach einem eindeutig fixierten Wortlaut zitiert,29 sondern seinen Inhalt so wiedergibt, daß er zur angeredeten Gemeinde spricht. Die Art, in der sich der Apostel auf ein überkommenes Herrenwort beruft, dieses dann aber in seiner Argumentation abwandelt, läßt deutlich erkennen, daß Jesu Worte im Zeugnis seiner Gemeinde als Zuspruch des gegenwärtigen Herrn verstanden und daher vom urchristlichen Keryma her begriffen und formuliert wurden. Die kritische Analyse, die der Exeget vorzunehmen hat, hat aufzuweisen, wie auf der einen Seite eine Berufung auf Jesu Wort vorgenommen wird, auf der anderen Seite aber eine Verknüpfung mit der Verkündigung des gekreuzigten und auferstandenen Christus hergestellt wird, der als der erhöhte Herr zu seiner Gemeinde hier und jetzt spricht. Dieser Zusammenhang zwischen Uberlieferung und Kerygma, wie er sich aus der Betrachtung des Herrenwortes im ersten Brief an die Thessalonicher erkennen läßt, kann auch an den Worten Jesu beobachtet werden, die im ersten Brief an die Gemeinde in Korinth angeführt sind. Zu der Frage, ob es unter Christen eine Ehescheidung geben dürfe, nimmt der Apostel Stellung, indem er sich auf ein Wort des Herrn beruft und als bindendes Gebot feststellt, „daß die Frau sich nicht von ihrem Manne scheiden soll" (1 Kor 7,10). Diese Weisung, wie sie im Wort des Kyrios überliefert ist, wird jedoch weder legalistisch noch kasuistisch gehandhabt. 30 Vielmehr will sie vom Gebot der Liebe und des Friedens her interpretiert werden. Der Apostel kann daher als von ihm gegebene Interpretation hinzufügen: „Wenn ein Bruder - d.h. ein Christ - eine ungläubige Frau hat und es gefällt ihr, bei ihm zu wohnen, so soll er sich nicht von ihr scheiden." (V 12) Paulus hebt diesen Satz als im eigenen Namen gegebene Auslegung vom überkommenen Wort des Herrn ab.31 Im Blick auf Probleme, wie sie sich in einer heidenchristlichen Gemeinde durchaus ergeben können, führt er dann jedoch aus, daß unter bestimmten Bedingungen, die der chrisüiche Ehepartner nicht zu verantworten hat, die Trennung einer Ehe denkbar erscheinen kann, nämlich dann, „wenn der Ungläubige sich scheiden will" (V 15). In diesem Fall soll der

29 Vgl. auch M. Dibelius, An die Thessalonicher I.II, an die Philipper, Tübingen 3 1937, 25: „Ein wörtliches Zitat kann wiederum 16f nicht sein, denn α ύ τ ό ς ό κύριος kann nicht gut in einem Jesuswort stehen." 30 Vgl. H. Conzelmann, Der erste Brief an die Korinther, Göttingen 1981, 152. 31 Vgl. Η. v. Campenhausen, Die Begründung kirchlicher Entscheidungen beim Apostel Paulus, Heidelberg 1957, 22.

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christliche Ehepartner sich nicht weigern, sondern der Auflösung der Ehe zustimmen. Denn „zum Frieden hat euch Gott berufen". (V 15) Jesu Wort kann und darf somit nicht nach Art unveränderlicher Regeln gehandhabt werden. Vielmehr muß unter veränderten Bedingungen - wie sie der Evangelist Matthäus für den Fall des Ehebruchs angibt (Mt 5,32; 19,9) - das überkommene Wort des Herrn vom Evangelium des Friedens her sinngemäß ausgelegt werden. Im neunten Kapitel des ersten Korintherbriefes beruft sich Paulus gegenüber der Gemeinde auf die ihm zustehenden apostolischen Rechte, die er, unbeschadet ihrer unbestreitbaren Gültigkeit, nicht für sich selbst in Anspruch genommen hat. Zu diesen Rechten gehört der durch ein Wort des Herrn begründete Anspruch, „daß, die das Evangelium verkündigen, sich vom Evangelium ernähren sollen" (1 Kor 9,14). In der synoptischen Tradition finden sich vergleichbare Logien, die davon handeln, ein Arbeiter sei seines Lohnes wert (Lk 10,7). Die bei Paulus wiedergegebene Fassung eines Herrenwortes ist jedoch so formuliert, daß sie als urchristliche Verfahrensregel anwendbar ist. Denn der Begriff des Evangeliums gehört nicht in die Situation des historischen Jesus hinein, sondern entspricht urchristlicher Missionsterminologie, die den Begriff des Evangeliums als zusammenfassenden Ausdruck für das Kerygma vom gekreuzigten und auferstandenen Christus verwendet (vgl. 1 Kor 15,1-5). Der Apostel hat somit auch an dieser Stelle nicht ein überkommenes Herrenwort als starre gesetzliche Bestimmung angeführt, sondern es sinngemäß vom Verständnis urchristlicher Predigt her so gefaßt, daß es in die Situation der christlichen Gemeinde hineinspricht. Unter den von Paulus angeführten Worten Jesu kommt dem Abschnitt über die Stiftung des Herrenmahls, von der im elften Kapitel im ersten Brief an die Gemeinde in Korinth gehandelt wird, besondere Bedeutung zu. Dieser Abschnitt stellt die älteste literarische Bezeugung von der Einsetzung des Herrenmahls dar. Ein kritischer Vergleich mit den entsprechenden Berichten in den synoptischen Evangelien - wie ihn besonders gründlich Joachim Jeremias in seiner eingehenden Studie über die Abendmahlsworte Jesu vorgenommen hat - zeigt jedoch, daß Wort für Wort geprüft werden muß, welche der beiden Überlieferungen - Paulus/Lukas auf der einen, Markus/ Matthäus auf der anderen Seite - jeweils die ältere Fassung bietet. 32 Nimmt man eine kritische Analyse der paulinischen Überlieferung von der Stiftung des Herrenmahls vor, so erweist sich auch hier, daß der Apostel sich 32 Vgl. J. Jeremias, Die A b e n d m a h l s w o r t e J e s u , Göttingen 4 1967; z u m Abschnitt 1 K o r 11, 2 3 - 2 6 sei besonders auf G. Bornkamm, H e r r e n m a h l u n d Kirche bei Paulus, in: Studien zu Antike u n d C h r i s t e n t u m , G e s a m m e l t e Aufsätze II, M ü n c h e n 2 1963, 1 3 8 - 1 7 6 u n d d e n o b e n g e n a n n t e n K o m m e n t a r von H. Conzelmann verwiesen. Z u r G e s a m t p r o b l e m a t i k vgl. f e r n e r X. Leon-Dufour, A b e n d m a h l u n d Abschiedsrede im N e u e n T e s t a m e n t (Paris 1982), Stuttgart 1983.

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nicht damit begnügt hat, lediglich eine überkommene Tradition weiterzugeben. Vielmehr hat er sowohl die Praxis der von ihm gegründeten heidenchristlichen Gemeinden als auch seine eigene theologische Interpretation in den von ihm dargebotenen Wortlaut einfließen lassen. Denn was das über dem gebrochenen Brot gesprochene Wort anlangt, so stellt es sicherlich ein paulinisches Interpretament dar, wenn im Unterschied zur markinischen Fassung das Brotwort eine besondere Betonung erfährt, indem vom „Leib, der für euch gegeben wird" gesprochen wird (1 Kor 11,24). Die Glaubenden empfangen den dargereichten, für uns dahingegebenen Leib Christi und werden eben dadurch als Glieder am einen Leib Christi, d.h. der Kirche, untereinander zusammengeschlossen und füreinander verantwortlich gemacht.33 Und das Kelchwort besagt, daß der neue Bund durch das ein für allemal geschehene Sterben Jesu Christi gestiftet ist. Dieser neue Bund aber bezeichnet die Herrschaft des erhöhten Christus, der die Seinen an seinen Tisch lädt. Durch den Wiederholungsbefehl, der über die bei Markus überlieferte Fassung hinausgeht, jedoch dem Charakter liturgischen Handelns sachentsprechend Ausdruck gibt, wird abschließend der „Sinn der Verkündigung der Heilsbedeutung dieses Todes und der Proklamation des gekreuzigten Kyrios" bekräftigt, der in der gottesdienstlichen Versammlung der Gemeinde gegenwärtig ist.34 Für das Verständnis des Herrenmahls, wie die Gemeinde es im Gottesdienst begeht, ist es daher nicht von ausschlaggebender Bedeutung, ob es gelingt, die einmalige Situation des letzten Mahls, das Jesus mit seinen Jüngern gehalten hat, im einzelnen zu rekonstruieren. Denn in der Feier des Herrenmahls wird das Wort des gegenwärtigen Kyrios proklamiert und die gottesdienstliche Handlung der Gemeinde durch dieses Wort geleitet und bestimmt. Nach der paulinischen Abendmahlsüberlieferung - wie Hans Conzelmann treffend formuliert hat - agiert der historische Jesus „als der Erhöhte, ohne daß das Historische aufgehoben wird".35 Im Zusammenhang hier und jetzt geschehender Proklamation des Evangeliums gewinnen Jesu Worte ihre gegenwärtige verbindliche Kraft, in der der erhöhte Herr zu seiner Gemeinde spricht. Die Beobachtungen, die sich aus der Betrachtung der Herrenworte ergaben, die in den paulinischen Briefen zitiert sind, ließen sich durch entsprechende Analysen der synoptischen Tradition in vergleichbarer Weise bestätigen. Ob es sich dabei um Gleichnisse, Streitgespräche oder Wundergeschichten handelt, die Feldrede oder die über sie hinausgehende Bergpredigt, Zusammenstellungen von Einzellogien, weisheitlichen oder paränetischen Sprüchen, stets ist - wie abschließend noch einmal betont sei 33 Vgl. Bornkamm, a.a.O. 163f. 34 Vgl. Bornkamm, a.a.O. 159. 35 Vgl. Conzelmmann, a.a.O. 240.

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zunächst davon auszugehen, daß in den Evangelien von der Gemeinde überliefertes und von den Evangelisten gestaltetes christliches Zeugnis vorliegt. Da dieses sich jedoch auf seinen Anfang, wie er in Jesu Wort und Tat gegeben ist, beruft, muß der Exeget den Zusammenhang zwischen Jesu Wort und Zeugnis der Gemeinde so genau wie irgend möglich zu erhellen suchen. Durch kritische Unterscheidung von Tradition und Redaktion läßt sich mit Hilfe der zuvor genannten Kriterien im einzelnen zeigen, wie Jesu Worte vom Zeugnis der Gemeinde aufgenommen und im Lichte des Kerygmas neu ausgesagt wurden. Die historische Rückfrage, wie sie in der wirtschaftlichen Untersuchung der Jesusüberlieferung gestellt wird, hat - so ist zusammenfassend festzustellen - zu prüfen, auf welche Weise und mit welchem Recht das Zeugnis der Gemeinde sich auf Jesu Wort beruft, um es neu zu Gehör zu bringen. Der kritischen Analyse, die sich der Untersuchung der Worte Jesus im vielfältigen Zeugnis seiner Gemeinde zuwendet, kommt daher nicht nur hoher Rang zu, wie er aller historischen Forschung gebührt, die vergangenes Geschehen aufzuhellen bemüht ist. Vielmehr ist sie zugleich von theologischer Bedeutung. Denn sie vermag deutlich zu machen, daß Bewahrung und Weitergabe der Worte Jesu ihren angemessenen Ort nur im gegenwärtigen Zeugnis seiner Gemeinde haben, die Jesus von Nazareth als den Christus, Kyrios und Gottessohn zu verkündigen hat. Er und kein anderer ist - wie es die Barmer Theologische Erklärung von 1934 in ihrer ersten These sagt - „das eine Wort Gottes, das wir zu hören, dem wir im Leben und im Sterben zu vertrauen und zu gehorchen haben".

Jesu Bußruf an die Reichen Markus 10,25 Par.

Im Zeichen des nahenden Anbruchs der kommenden Gottesherrschaft ruft Jesus zur Umkehr. Umkehr aber - so nehmen die Evangelisten den Ruf Jesu deutend auf - vollzieht sich in der glaubenden Hinwendung zur Botschaft des Evangeliums (Mk 1,15 Par.) Doch wie schwer wird es, dieser Weisung wirklich zu folgen. Wie viele Hindernisse stehen im Weg, und wie viele Bedenken lassen sich geltend machen. Vor allem diejenigen, die über Besitz verfügen, können sich schwer entschließen, nicht ihrer Habe, sondern allein dem Wort Jesu zu vertrauen. Daher erscheint es nahezu unmöglich, daß ein Reicher in das Reich Gottes gelangen kann. Mit dieser Feststellung, die bei Jesu Jüngern tiefe Betroffenheit auslöst, wird die Geschichte vom sog. reichen Jüngling abgeschlossen (Mk 10,23f. Par.). Er hatte zwar zugestimmt, als ihm vorgehalten wurde, die im Dekalog aufgeführten Gebote Gottes einzuhalten. Aber er hatte es nicht über sich gebracht, seine Habe zu verkaufen und den Armen zu geben, um sich aufzumachen und in die Nachfolge Jesu einzutreten. Traurig war er davongegangen; denn er hatte großen Besitz (Mk 10,17-22 Par.). Die kritische Frage, wie denn Reiche überhaupt Zugang zum Reich Gottes gewinnen können, erhält eine sie überbietende Verschärfung durch das folgende Logion, das - wie der Evangelist berichtet - die Jünger voll Entsetzen ausrufen läßt, ob denn überhaupt jemand gerettet werden könne (Mk 10,26 Par.). Denn: „Es ist leichter, daß ein Kamel durch ein Nadelöhr geht, als daß ein Reicher ins Reich Gottes kommt." (Mk 10,25 Par.) Dieses Wort Jesu findet sich nur im Markusevangelium und bei den ihm folgenden Evangelisten Matthäus und Lukas, nicht aber in der Spruchtradition. Es fügt sich zwar in die Thematik der ihm vorangehenden Perikope ein, ist jedoch keineswegs notwendig an sie gebunden. Denn in seiner Eindringlichkeit geht es über die den Kontext bestimmende Argumentation noch hinaus und hebt sich dadurch aus dem Zusammenhang heraus. Es dürfte daher als ein Einzellogion anzusprechen sein, das zunächst isoliert umgelaufen sein wird und dann schon in der mündlichen Tradition, aus der der Evangelist Markus schöpfte, an die Erzählung vom reichen Jüngling angehängt worden ist.1 Die Markusvorlage ist mit nur geringfügigen Veränderungen, die den 1 Vgl. R. Bultmann, Die Geschichte der synoptischen Tradition, 7 1967, S. 20f.

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Sinngehalt der Aussage nicht berühren, ins Matthäus- und Lukasevangelium übernommen worden,2 so daß für die Frage nach dem Sinn dieses Herrenwortes allein der im Markusevangelium überlieferte Text zugrunde zu legen ist.3 Das Logion gehört zur Gruppe der Sprüche, die vom Eingehen in das Reich Gottes handeln. 4 Ihre Aussagen nehmen das alte Motiv auf, das nach den Einlaßbedingungen fragt, die Zugang zur heiligen Stätte gewähren. Wer darf auf Gottes heiligem Berge wohnen? Die Antwort kann durch Aufzählung sittlicher Gebote - „wer untadelig lebt und tut, was recht ist, und die Wahrheit redet von Herzen" usw. (Ps 15,2-5; 24,4—6) - oder aber kultischer Vorschriften gegeben werden. Denn kein Unreiner darf den Bereich des Tempels betreten. Deshalb waren an den Grenzen des herodianischen Tempelbezirks Schranken angebracht, auf denen geschrieben stand, jedem Fremdstämmigen, der über die bezeichnete Grenze hinausgehe, werde die Todesstrafe angedroht.5 Die Frage nach den Einlaßbedingungen ist jedoch in den Sprüchen vom Zugang zum Reich Gottes nicht mehr auf einen irdischen Bereich - weder den einer heiligen Stätte noch den eines heiligen Landes - bezogen, sondern auf die künftige Gottesherrschaft gerichtet. Wer darf an ihr teilhaben? Wer wird sie empfangen? Wer wird sie als Erbteil erhalten?6 Die synoptischen Sprüche vom Eingang in das Reich Gottes7 sind von großem Ernst getragen (Mk 9,47; 10,15 Par.; 10,23 Par.; Mt 5,20; 7,21; 23,15 (par. Lk 11,52); ferner Joh 3,5; Act 14,22).8 Sie „wirken wie schrille Trompetenstöße"9. Denn der Weg ist nicht leicht zu finden, die Türen tun sich nicht von selbst auf. Vielmehr muß mit aller Entschiedenheit nach dem schmalen Pfad gesucht und um den Zugang durch die enge Pforte gerungen werden, 2 Mt 19,24 wird διά τρυμαλιάς ραφίδος durch δια τρυπήματος ραφίδος ersetzt, Lk 18,25 durch τρήματος βελόνης sowie διελθεΐν durch είσελθεΐν - eine Angleichung an das am Ende des Satzes stehende είσελθεΐν. 3 Zu den Varianten des Markustextes vgl. den Apparat bei Nestk-AUmd 26. Aufl. In der sog. westlichen Uberlieferung ist - sicher sekundär - das Logion an V 23 angehängt und entsprechend V 25 fortgelassen worden (D it). Zur Variante κάμιλον siehe unten. Das zweimalige Fehlen des Artikels της ist breit bezeugt und könnte dem ursprünglichen Text entsprechen. Einige spätere Zeugen gleichen διά τρυμαλιάς ραφίδος an τρυπήματος von Mt 19.24 (Fpc) bzw. βελόνης von Lk 18,25 (f13) an. 4 Vgl. hierzu vor allem H. Windisch, Die Sprüche vom Eingehen in das Reich Gottes. ZNW 127, 1928, S. 163-192. 5 Text bei A. Deissmann, Licht vom Osten, 41923, S. 63. 6 Weiteres Vergleichsmaterial aus der apokalytischen und rabbinischen Literatur bei Windisch, a.a.O. passim. 7 Es braucht hier nicht im einzelnen untersucht zu werden, wie weit sie auf den historischen Jesus zurückgeführt werden können oder aber der Gemeindeüberlieferung bzw. den Evangelisten zuzuschreiben sind. Wohl aber ist diese Frage im folgenden für das Logion Mk 10.25 Par. genauer zu erörtern. 8 Vgl. K. L. Schmidt, ThWB 1, S. 589. 9 Vgl. Windisch, a.a.O., S. 170.

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die zum Leben führt (Mt 7,13f. par. Lk 13,23f.). „Denn die Pforte ist weit und der Weg ist breit, der zur Verdammnis führt, und viele sind es, die auf ihm hineingehen." (Mt 7,13) Sie aber verfallen dem Verderben. Nur diejenigen gewinnen Zugang zum Heil, die den schmalen Weg zu gehen und an die enge Tür zu klopfen wissen, damit ihnen Einlaß gewährt wird. Apokalpytische Schilderungen der zukünftigen Herrlichkeit und der himmlischen Gottesstadt nennen die Bedingungen, die zu erfüllen sind, wenn Zutritt in die neue Welt Gottes gewährt werden soll (Apk 21,27; 22,14). Jesu Wort über die Reichen bedient sich dieser Redeweise, die in der endzeitlichen Erwartung des Judentums ausgeprägt wurde, und sagt, eher werde in Kamel durch ein Nadelöhr gehen, als daß ein Reicher ins Reich Gottes kommt. Der Bildgehalt des Logions ist durch palästinische Ausdrucksweise bestimmt (vgl. auch Mt 23,24). Vom Nadelöhr als der kleinsten Öffnung wurde im palästinischen Judentum in sprichwörtlichen Wendungen gesprochen. 10 Im Kontrast zu dem engen Zugang, den sie gewährt, wurde gelegentlich ein Elefant genannt, der unmöglich hindurchgezwängt werden kann. Heißt es, man lasse einen Menschen im Traum einen Elefanten sehen, der durch ein Nadelöhr geht," so soll das besagen, an solche Absurdität denke niemand und deshalb träume auch keiner davon. 12 Und wird im Spott jemandem vorgeworfen, er lasse einen Elefanten durch ein Nadelöhr gehen, so will man damit anzeigen, er verfolge spitzfindige Erwägungen, die am Ende zu nichts führen. 13 Wie man das große Tier nicht durch eine so winzige Öffnung hindurchbringen kann, so müssen sich in einer Diskussion auch haarspalterische Einwendungen als sinnlos erweisen. Denn Elefant und Nadelöhr - das bleibt ein unvereinbarer Gegensatz. Was jedoch Menschen unmöglich ist, steht allein Gott zu Gebot, wie R.Jose (um 350) zu beschreiben suchte, indem er sagte: „Gott sprach zu den Israeliten: Tut mir auf eine Öffnung der Buße so groß wie ein Nadelöhr, so will ich euch Türen öffnen, in die Wagen und Karren hineinkönnen." 14 In Jesu Wort wird der Kontrast von winziger Öffnung und großem Tier durch die Gegenüberstellung von Kamel und Nadelöhr bezeichnet. Anders als Elefanten waren Kamele allerorten zu sehen. Von alten Zeiten bis zur Gegenwart dienen sie als Lasttiere, die weite Strecken durch die Wüste zurücklegen können, ohne zu verdursten. In Karawanen ziehen sie einher, der Weisung ihres Treibers gehorsam. Zum Beladen läßt man das Kamel sich niederlegen und befestigt dann an den Haken seines Packsattels auf jeder

10 Vgl. A. Schlatter, Der Evangelist Matthäus, 1929 (= 1948), S. 580. 11 So einem Spruch des Raba (f 352), b. Ber. 55b. 12 Vgl. fi Billerbeck, Kommentar zum Neuen Testament aus Talmud und Midrasch I, 1922, S. 828. 13 b.B.M. 38b. 14 Midrasch Hoheslied 5,2 (118a); vgl Billerbeck, a.a.O., S. 828.

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Seite ein weitmaschiges Netz, in dem die Lasten Platz finden.15 Das Kamel gilt als geduldiges Lasttier, das seinem Herren zu verstehen gibt: Ladet auf, soviel ihr wollt.16 Ein Zug langsam dahinziehender, schwer bepackter Kamele stellt ein für jedermann anschauliches Bild von Wohlstand und Handel dar, durch den Besitz und Reichtum gemehrt werden. Die Tiere, deren Last auf beiden Seiten befestigt ist, benötigen hinlänglich Platz, wenn die Karawane durch einen von Bäumen oder Büschen bestandenen Weg zieht. Deshalb galt es allgemein als rechtens, daß man von Zweigen, die von Bäumen auf einen öffentlichen Weg herunterhängen, so viel wegschneiden dürfe, „daß ein Kamel und sein Reiter darunter vorübergehen kann".17 Denn es muß genügend Raum zur Verfügung stehen, damit die Lasttiere durchkommen können. Jesus sagt: Wie ein schwerbepacktes Kamel sich unmöglich durch die winzige Öffnung eines Nadelöhrs hindurchzwängen kann, so kann auch ein Reicher nicht in das Reich Gottes gelangen. Zwar war es in der Antike üblich, über die Reichen und deren betriebsame Sorge um ihre Habe zu spotten und darauf hinzuweisen, daß Besitz alle Gedanken an sich bindet und keinen Raum mehr läßt, um auf wahrhaft Wichtiges zu sinnen. Auch wußte man im zeitgenössischen Judentum durchaus davon zu reden, daß vom Reichtum mancherlei Gefahren ausgehen, die fromme Lebensweise beeinträchtigen.18 Aber eine so schroffe Äußerung, wie sie in Jesu Wort vorliegt, bleibt ohne vergleichbare Parallele. Eben deshalb ist dieses Logion auf den historischen Jesus zurückzuführen.19 Denn obwohl auch die frühe Christenheit vor den Gefahren des Reichtums warnte, kommt keine dieser Warnungen an Eindringlichkeit dem Worte Jesu gleich. In der späteren Uberlieferung hat man gelegentlich nach Auswegen gesucht, um die Schärfe des Spruches zu mindern. So hat man entweder κάμηλος als κάμιλος = Schiffstau gelesen,20 um den Kontrast ein wenig zu ermäßigen, obwohl es schwer genug bleiben muß, ein dickes Schiffstau durch ein winziges Nadelöhr zu führen. Oder man hat später behauptet, in Jerusalem habe es ein kleines Stadttor mit Namen Nadelöhr gegeben, durch das in der Tat ein Kamel sich vorsichtig hätte hindurchbewegen können.21 Aber es liegt

15 Vgl. G. Dalman, Arbeit und Sitte in Palästina III, 1933, S. 56f. 16 „Lasten von 125 kg gelten in der Sinaiwüste, 200-250 kg in bewohntem Land als möglich." G. Dalman, Arbeit und Sitte in Palästina VI, 1939, S. 152. 17 b.B.B.2/Ende, vgl. Billerbeck, a.a.O., S. 828. 18 Belege bei Billerbeck, a.a.O., S. 826-828. 19 Vgl. Bultmann, a.a.O., S. 110 und E. Schweizer, Das Evangelium nach Markus, 5 1978 z. St., der zu den „alten Worten Jesu" auch V 23b und V 27 zählt. 20 So in den Minuskeln 13,28pc, zu den Textvarianten vgl. weiter oben Anm. 3. 21 Nachweise zu dieser später entwickelten Vorstellung bei Th. ^ζαίιη, Das Evangelium des Matthäus, 1903, S. 593, Anm. 70 sowie E. Klostermann, Das Markusevangelium, 31936, S. 104.

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auf der Hand, daß derlei Überlegungen nichts anderes als vergebliche Versuche darstellen, der Unerbittlichkeit zu entgehen, wie sie in Jesu Wort ausgedrückt ist. Jesu Wort über die Reichen duldet keine Erweichung oder Abschwächung.22 Wie ein Kamel nicht durch ein Nadelöhr kommen kann, so bleibt dem Reichen der Zugang zum Reich Gottes versagt. Die schroffe Formulierung, in der Jesu Bußruf an die Reichen gehalten ist, will die Hörer wachrütteln. Denn keiner kann sich diesem Wort entziehen. Hat doch jeder diesen oder jenen - wenn auch noch so kleinen - Besitz, an dem er hängt, den er festhalten und bewahren möchte. Darum ist Jesu Logion, wie der Evangelist zutreffend hervorhebt, nicht richtig verstanden, wenn der Hörer in voreilig geäußerter Schadenfreude zustimmen wollte, daß die reichen Leute endlich verdiente Kritik empfangen. Kein Zweifel, die Reichen sind vor allen anderen gefährdet, der Täuschung zu erliegen, sie könnten sich durch Sammeln und Horten von Besitz die Zukunft sichern. Deshalb wird es ihnen besonders schwer, sich Jesu Ruf zu öffnen, ihn nicht zu ermäßigen oder umzudeuten, sondern umzukehren, indem sie ihr Vertrauen allein auf Gottes Barmherzigkeit setzen. Aber was am Beispiel der Reichen veranschaulicht wird, gilt nicht nur ihnen, sondern allen. Wie schwer, ja unmöglich ist es doch, in das Reich Gottes zu gelangen (V 24) - παρά άνθρώττοις αδύνατον, άλλ'οΰ παρά θεώ · πάντα γάρ δυνατά παρά τω θεώ.

22 Vgl. R. Pesch, Das Markusevangelium II, 1977, S. 141; J. Gnilka, Das Evangelium nach Markus II, 1979, S. 88.

„Vollkommen sein" /jir Ethik des

Matthäusevangeliums

An zwei Stellen seines Evangeliums hat der Evangelist Matthäus den Begriff der Vollkommenheit verwendet und ihm starke Betonung verliehen. Am Ende der sechs Antithesen, die in der Bergpredigt aufgeführt werden, heißt es in einem Wort Jesu, das den ganzen Gedankengang zusammenfaßt: „Darum sollt ihr vollkommen sein, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist" (5,48). Und im Gespräch, das Jesus mit dem sog. reichen Jüngling führt, richtet er an ihn die Aufforderung: „Willst du vollkommen sein, so geh hin, verkaufe, was du hast, und gib's den Armen, so wirst du einen Schatz im Himmel haben; und komm und folge mir nach!" (19,21) Da sich nur in diesen beiden Sätzen in den Evangelien das Wort „vollkommen" findet, wird davon auszugehen sein, daß es dem Evangelisten Matthäus eigen war. Zudem weist die besondere Hervorhebung, mit der er es gebraucht, darauf hin, daß er mit diesem Ausdruck anzeigen möchte, worauf es vor allem anderen im Leben eines Jüngers Jesu ankommt. Der junge Mann, der Jesus angeredet hatte, vernahm zwar sein Wort, aber er wandte sich betrübt ab und ging davon: „denn er hatte viele Güter" (19,22). Sein Versagen soll als Warnung und Mahnung begriffen werden, den Hinweis auf die Vollkommenheit, von der Jesus spricht, mit allem gebotenen Ernst zu hören und der Orientierung zu folgen, die er zu geben hat. Was ist aber mit der Vollkommenheit, um die es geht, gemeint? Die Lukasparallele zu Mt 5,48 lautet: „Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist" (6,36). Daß beide Fassungen auf einen gemeinsamen Grundbestand zurückgehen, wie er in der Spruchüberlieferung weitergereicht wurde, dürfte außer Zweifel stehen. Doch welcher Ausdruck darf als ursprünglich gelten: vollkommen - oder barmherzig? Denkbar wäre, daß der ältere Wortlaut von der Vollkommenheit gesprochen haben könnte. Dann müßte der Evangelist Lukas den Text abgeändert haben, um „den Übergang zu den im Zusammenhang folgenden Worten zu gewinnen"1, die vom Verbot des Richtens bzw. Verurteilens handeln und dazu anhalten, anderen zu vergeben und „ein volles, gedrücktes, gerütteltes und überfließendes Maß" zu geben (Lk 6,37f.). In der Perikope vom sog. reichen Jüngling ist eindeutig zu erkennen, daß der Evangelist Matthäus den ihm vorliegenden Markustext umgestaltet hat. 1 R. Bultmann, Jesus, Tübingen 21951, 103.

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Wie in der Markusvorlage ausgeführt, heißt es auch bei Matthäus, der junge Mann habe versichert, alle Gebote gehalten zu haben: nicht zu töten, die Ehe nicht zu brechen, nicht zu stehlen, nicht falsches Zeugnis zu reden, niemanden zu berauben und Vater und Mutter zu ehren (Mk 10,19 par. Mt 19,18f.). Er möchte jedoch wissen: „Was fehlt mir noch?" (Mt 19,20) Daraufhin weist Jesus ihn auf die Bedingung der Vollkommenheit hin, von deren Erfüllung alles abhängt. Indem der Evangelist Matthäus an dieser Stelle über die Markusvorlage hinausgehend - den Gedanken der Vollkommenheit geltend macht, zeigt er an, wie im Blick auf das rechte Verständnis des Gesetzes das ihm entsprechende menschliche Verhalten sich mit einem einzigen Begriff angemessen beschreiben läßt: dem der Vollkommenheit. Daß die Hand des Evangelisten die Wahl des Begriffes bestimmt hat, bestätigt der Vergleich mit Mt 5,48. Er hat den Begriff οίκτίρμων, der sich nur Lk 6,36 in der synoptischen Tradition findet, durch τέλειος ersetzt. Denn wie in der Perikope vom sog. reichen Jüngling geht es auch in den Antithesen der Bergpredigt um die Frage, wie das Gesetz in der vollmächtigen Auslegung durch Jesus zu begreifen und in seiner totalen Forderung zu befolgen ist. Vollkommen sein - so lautet die Antwort. Denn der Vater im Himmel ist vollkommen. Die älteste Auslegung, die der hier verwendete Begriff der Vollkommenheit in der frühen Christenheit erfahren hat, findet sich Did. 6,2: „Denn wenn du das ganze Joch des Herrn tragen kannst, so bist du vollkommen; kannst du es aber nicht, so tu, was du kannst." 2 O b die Didache im Verhältnis literarischer Abhängigkeit vom Matthäusevangelium steht oder nicht, mag ungewiß bleiben. Mündliche Tradition, wie sie auch im Matthäusevangelium ihren Niederschlag gefunden hat, ist weiterentwickelt worden. Sie lehrt, daß das Joch des Herrn' „das durch Jesus verschärfte Gesetz" ist, „das als sein Wort nunmehr zur Lebensordnung der Christen geworden ist."3 Demnach wird Jesu Wort als eine Steigerung aufgefaßt, die über ein allgemeines Verständnis des Gesetzes hinausführt und ihm das ganze Joch des Herrn gegenüberstellt, durch dessen Übernahme man vollkommen wird. Im Sinn stoischer Philosophie ist ein vollkommener Mensch, der das Prädikat καλός και ά γ α θ ό ς verdient, derjenige, der an keiner Tugend einen Mangel aufweist. 4 Vollkommen ist, wer alle sittlichen Fähigkeiten besitzt. Und als vollkommen kann nur die Tat angesehen werden, die allen Tugenden gemäß geschieht, so daß sie alle in ihr zusammenwirken. 5 Versteht man den Mt 19,21 verwendeten Begriff τέλειος in diesem durch die philosophische Tradition geprägten Sinn, so muß man zu der Folgerung gelangen:

2 3 4 5

U. Luck, Vollkommenheitsforderung, 1968, 29f. Ebd. 30. Stobacus II 7,11 (p. 98 Wachsm.); vgl. E. Klostermann, Mt 51. Vgl. die Zusammenfassung durch G. Deläng, T h W N T VIII (1969), 71.

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„Der Begriff τέλειος ... ist griechisch; er bezeichnet deutlich einen höchsten Grad. Der Gedanke des Opus supererogatorium und des consilium evangelium [sie!] schimmert... durch." 6 Dann aber könnte sich die Annahme nahelegen, der Evangelist scheine „der Auffassung Vorschub zu leisten, als ob er neben den praeeepta einer Sittlichkeit, die allen den Himmel garantiert, von der Gruppe der τέλειοι noch opera supererogatoria fordere und die Leistung vollkommener Armut als consilium evangelicum empfehle: also Uberleitung zur Ethik des werdenden Katholizismus."7 Mittelalterliche Exegese dieser beiden Worte des Matthäusevangeliums hat aus ihnen in der Tat die Legitimation einer sog. Zwei-Stufen-Ethik herausgelesen. Danach sind die Gebote von allen zu befolgen, die sog. consilia evangelica aber führen zu einer höheren Stufe sittlichen Handelns, die allein das Prädikat der Vollkommenheit verdient.8 Der philosophische Begriff der Vollkommenheit hatte bereits in das hellenistische Judentum Eingang gefunden. Philo von Alexandria hat daher sagen können, die Selbstbeherrschung sei das vollkommenste Gut (Spec. Leg. I, 149), das Unvergänglichkeit schenke, während die Lust den Tod bringe (Migr. Abr. 100).9 Denn Gott selbst stelle die allein wahre und vollendete Vollkommenheit dar und sei der Spender der vollkommenen Güter.10 Doch gegenüber allen Versuchen, den vom Evangelisten Matthäus verwendeten Begriff der Vollkommenheit in diesen geistesgeschichtlichen Zusammenhang einzuordnen, bleibt einzuwenden, daß der Evangelist Matthäus nicht von einer allgemeinen Tugendlehre geleitet ist und keinen Einfluß griechischer Gedanken erkennen läßt, die der Suche nach letzter Vollkommenheit gelten. Die Überlegungen des Evangelisten sind vielmehr auf die Frage gerichtet, wie die Summe des Gesetzes, das durch Jesus in Vollmacht ausgelegt wird, zu ziehen ist. Sowohl beim Abschluß der Antithesen, die der Lehre der Alten jeweils das in Vollmacht gesprochene „Ich aber sage euch" Jesu gegenüberstellen, wie auch im Dialog, den Jesus mit dem reichen jungen Mann führt, geht es darum zu bestimmen, wie Eingang in die kommende Herrschaft Gottes zu finden bzw. das ewige Leben zu gewinnen ist. Welche Bedingung muß hierzu erfüllt sein? Die Antwort lautet: Vollkommen sein.

6 J. Wetthausen, Mt 98. Dabei wird freilich der Versuch unternommen, diese Auffassung von der Jesu abzuheben. Denn von ihm meint man sagen zu können, er lege „kein Gewicht auf die Ausbildung der vollkommenen, gerechten und heiligen Persönlichkeit, sondern auf den Dienst des Nächsten" (ebd. 24). Vgl. auch H. Braun, Radikalismus II 53 Anm. 3: „Das sekundäre τέλειος Mt 19,21 ist griechisch ... und schließt den Verdienstgedanken und die zweistöckige Ethik ein." 7 E. Klostermann, Mt 158. 8 Vgl. die zusammenfassende Darstellung durch H. Barion, RGG 3 VI (1962) Sp. 1488. 9 Vgl. G. Delling, T h W N T VIII (1969) 71. 10 Belege ebd.

„Vollkommen sein"

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Vollkommen sein - so heißt es im Alten Testament - bedeutet, daß das Herz ungeteilt beim Gott und Herrn Israels ist (1 Kön 8,61). Vollkommenheit wird jedoch verfehlt, wenn das Herz nicht mehr ganz auf Gott gerichtet ist (1 Kön 11,4)." Darum gilt für Israel die Weisung: „Du sollst untadelig sein vor Jahwe, deinem Gott" (Dtn 18,13). Wie am Paschalamm kein Makel oder Fehl sein darf (Ex 12,5) und ein Opfer, das Gott dargebracht werden soll, untadelig zu sein hat (Lev 1,3.10; 3,1.6.9 u.ö.), so sollen die Seinen in ungeteilter Ganzheit ihrem Gott gehören.12 Auf Gottes heiligem Berg darf wohnen, „wer untadelig lebt und tut, was recht ist" (Ps 15,2). „Gottes Wege sind vollkommen" (Ps 18,31), er leitet daher den Frommen und macht seine Wege ohne Tadel (Ps 18,33). Darum gilt: „Wohl denen, die ohne Tadel leben" (Ps 119, l).13 Auf die Frage, wie vollkommener Wandel des Menschen auszusehen hat, antwortet die jüdische Unterweisung: Im Gehorsam gegen die Thora werden die Wege des Menschen recht. In den Schriften der Gemeinde von Qumran findet sich dementsprechend der Begriff tamim in auffallender Häufung. Dabei werden an vielen Stellen alttestamentliche Wendungen aufgenommen, die in den Psalmen und Proverbien das Verhalten des Frommen beschreiben. Mit besonderer Betonung wird in ständig wiederkehrenden Ausdrücken der vollkommene Wandel beschrieben, in dem sich das Leben nach dem Gesetz zu vollziehen hat: „vollkommen zu wandeln gemäß allem, was offenbart wurde" (1 QS l,8f.); „vollkommen vor ihm (d.h. Gott) zu wandeln auf allen Wegen" (1 QX 5,22); „vollkommen zu wandeln auf allen Wegen Gottes" (1 QS 3,9f.); „vollkommen zu wandeln auf allen seinen Wegen" (CD 2,15).14 Rechter Wandel aber, wie er in ungeteilter Hingabe an Gottes Willen vollzogen wird, ist nur möglich, weil Gott sein Gesetz kundgemacht und daher aus seiner Hand „vollkommener Wandel kommt" (1 QS 11,1 Of.). Der Fromme bekennt daher seinem Gott: „Ohne dich wird kein Wandel vollkommen, und ohne dein Wohlgefallen geschieht nichts" (1 QS 11,17). Die Forderung des Gesetzes, wie es in der Gemeinde von Qumran gelehrt wird, zielt auf ungeteilten Gehorsam. Mit dieser Auslegung ist eine quantitative Steigerung gegenüber der geläufigen Praxis verbunden, die vielfach nachlässiger gehandhabt wurde. Diese Steigerung schließt jedoch eine qualitativ erneuerte Zuwendung zum Gesetz ein, das in seiner Fülle von Gott 11 In der Übersetzung der L X X wird an beiden Stellen hebr. salem durch τέλειος wiedergegeben. 12 Weitere Belege bei G. Delling, T h W N T VIII (1969) 73. 13 Hebr. tamim wird in L X X meist durch ά μ ω μ ο ς übersetzt, nur an wenigen Stellen durch τέλειος. Vgl. G. Delling, T h W N T VIII (1969) 73 Anm. 20. 14 Vgl. weiter 1 Q S 8,18.21; 9,6.8f. 19; C D 1,21; 7,5 u.ö. sowie die Begriffsverbindung btmjm drk 1 Q S 4,22; 8,10.18.21; 9,5.9; 1 Q M 14,7; 1 Q H 1,36 u.ö. Zur Sache siehe auch B. Rigaux, Revelation des Mysteres et Perfection ä Q u m r a n et dans le Nouveau Testament, in: N T S 4 (1957/58) 237-262, bes. 237-241: „Tous les moines de Q u m r a n sont les ,parfaits'." (261)

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offenbart worden ist und daher in ungeteilter Ganzheit erfüllt sein will. Wer Glied der Gemeinde der Söhne des Lichts ist, der gehört zur Gemeinschaft derer, die sich selbst „Vollkommene" (1 QS 3,3) bzw. „Haus der Vollkommenheit und Wahrheit in Israel" (1 Q S 8,9) nennen. In der Zugehörigkeit zu ihr erfahren die Frommen den gnädigen Beistand Gottes, der dem unvollkommenen Menschen durch die Kraft seines Geistes dazu hilft, den Weg gehen zu können, auf dem Gottes Wille voll zur Geltung gelangt. Im von Dank erfüllten Lobpreis spricht der Beter daher: „Ich erkannte, daß beim Menschen keine Gerechtigkeit ist und nicht beim Menschenkind vollkommener Wandel. Beim höchsten Gott sind alle Werke der Gerechtigkeit, aber der Wandel des Menschen steht nicht fest, es sei denn durch den Geist, den Gott ihm schuf, um den Wandel der Menschenkinder vollkommen zu machen" (1 Q H 4,30-32). Durch Gottes Beistand ist der Fromme instand gesetzt, als Gerechter zu leben, sich Gottes Willen ganz hinzugeben und seine Gebote vollkommen zu erfüllen. Wer sich jedoch von der Gemeinschaft derer löst, die untadelig auf Gottes Wegen zu gehen bestrebt sind, der geht des Heils verlustig. Denn Gott wird allein diejenigen annehmen, die der Wahrheit seines Bundes anhangen und ihm dienen „in Wahrheit und mit ganzem Herzen" (1 Q H 16,7).15 Untadelig lebt und wandelt, wessen Herz ungeteilt Gott gehört, um seinen Namen zu lieben (ebd. sowie 1 Q H 16,17), und ihn „mit vollkommenem Herzen sucht" (CD 1,10).16 Im Gespräch, das Jesus mit dem reichen jungen Mann führt, folgt die Wendung ει θέλεις τέλειος είναι auf die zuvor genannten Forderungen des Dekalogs ( Mt 19,18f.21). Und in den Antithesen der Bergpredigt geht der Aufforderung zur Vollkommenheit die Frage voran: „Und wenn ihr nur zu euren Brüdern freundlich seid, was tut ihr Besonderes? Tun nicht dasselbe auch die Heiden?" (Mt 5,47) Ist demnach das περισσόν, durch das die Gerechtigkeit der Jünger Jesu sich von der Gerechtigkeit der Schriftgelehrten und Pharisäer unterscheiden soll, so zu verstehen, daß Vollkommenheit einem seinem Umfang wie seiner inhaltlichen Bedeutung nach gesteigerten Gesetzesgehorsam zu entsprechen hat? Dann würde der Begriff der Vollkommenheit auch beim Evangelisten Matthäus eine gesetzlich verstandene Forderung bezeichnen, so daß man einräumen müßte, es seien in der Tat Ansätze zu einer zweistufigen Ethik erkennbar. 17 15 Die rabbinischen Belege, die H.L. Strack/Ρ Billerbeck, Kommentar I 386, anführen, beziehen sich auf Aussagen über Abaham: „daß er durch die Beschneidung vollkommen tamim geworden sei wie Gott." 16 Nur an den drei zuletzt genannten Stellen findet sich im Schrifttum der Gemeinde von Q u m r a n der alttestamentliche Ausdruck lb Ilm, wobei - wie die Belege in L X X zeigen ihn im Griechischen τέλειος entspricht. 17 Vgl. hierzu die oben in Anm. 6 und 7 genannten Äußerungen von Wellhausen und Klostermann.

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Doch obwohl der Begriff der Vollkommenheit einem Kontext entnommen ist, der durch die ungeteilte Hingabe an das vom Gott Israel offenbarte Gesetz bestimmt ist, darf doch nicht vorschnell gefolgert werden, daß der Evangelist Matthäus seinerseits diese inhaltliche Bedeutung des Begriffes festhalten und überdies betonen wollte. Wenn auch Mt 19,21 ein einzelner vor die Frage gestellt wird, ob er vollkommen zu sein gesonnen sei, so ist doch die Aufforderung „Darum sollt ihr vollkommen sein" (Mt 5,48) nicht an einen auserwählten Kreis oder an eine Gruppe gerichtet, die sich durch gesteigerten Gesetzesgehorsam vom übrigen Volk absondert. Vielmehr ist der Satz inhaltlich entsprechend dem Gebot formuliert: „Ihr sollt heilig sein; denn ich bin heilig, spricht Jahwe, euer Gott" (Lev 19,2).18 Diese Aufforderung aber gilt dem ganzen Volk Israel. Weil es seinem Gott zu eigen gehört, darum hat es dieser seiner Bestimmung entsprechend zu leben und sich zu verhalten. Wie Lev 19,2 wird auch Mt 5,48 der von einer verheißenden Zusage getragene Befehl mit einer Begründung versehen: „wie euer Vater im Himmel vollkommen ist". Der Hinweis auf Gottes Vollkommenheit aber ist im biblischen Schrifttum ohne Parallele. Zwar wird im hellenistischen Judentum im Sinne griechischen Denkens von Gottes Vollkommenheit gesprochen 19 und ist in zeitgenössischen Aussagen verschiedentlich von der Vollkommenheit der göttlichen Wahrheit bzw. des von Gott kundgemachten Gesetzes die Rede, nicht wird jedoch auf die Vollkommenheit Gottes selbst verwiesen. Diese aber wird Mt 5,48 angeführt, weil Gott „kein Stückwerk" macht. 20 Gottes Vollkommenheit aber ist - wie die ihrem Wortlaut nach wohl ursprünglichere Fassung der Lukasparallele sagt - seine Barmherzigkeit, in der er seine Sonne aufgehen läßt über Böse und Gute und regnen läßt über Gerechte und Ungerechte (Mt 5,45).21 Wendet Gott seine Güte allen Menschen ohne Unterschied zu, dann dürfen auch diejenigen, die ihr Leben und Handeln an seiner ihnen zuteil gewordenen Barmherzigkeit orientieren, keine trennenden Schranken aufrichten und nicht Grenzen ziehen, wie sie eine um das Gesetz gescharte Gemeinde als Zeichen der klaren Unterscheidung zu setzen hat. 22 Im Unterschied zu der auf ungeteilte Befolgung des Gesetzes gerichteten Lehre, wie sie die Gemeinde von Qumran vertritt, läßt Jesus „die Ganzheit des Menschen von Gottes Ganzheit abhängen." 23 Die JüngerJesu sind durch 18 19 20 21

LXX: "Αγιοι εσεσθε, οτι εγώ άγιος, κύριος ό θεός ύμών. Vgl. oben S. 46. Vgl. A. Schlatter, Mt 198. Lk 6,35 geht dem Logion von der Barmherzigkeit unmittelbar voraus der Satz: Der Allerhöchste „ist gütig gegen die Undankbaren und Bösen". 22 J. Blinzler stellt daher mit Recht fest, die Vollkommenheitsforderung gelte für alle und man könne daher von einer zweistufigen Moral nicht sprechen: LThK 2 X (1965 = 1986) Sp. 864. 23 H. Braun, Qumran und das Neue Testament I, Tübingen 1966, 18.

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sein vollmächtiges Wort zusammengerufen, das der Lehre der Alten entgegengestellt wird. Das aber bedeutet, daß das den Alten gegebene Gesetz nicht durch eine quantitative Uberbietung abgelöst werden soll.24 Sondern durch den Hinweis auf Gottes grenzenlose Barmherzigkeit ist deutlich angezeigt, daß die Liebe, die das Leben und Handeln der Jünger Jesu leiten soll, vor keinen Schranken haltmachen kann und darf, hat sie doch gerade auch den Feinden zu gelten. Damit aber ist eine qualitative Erneuerung bezeichnet, die das Wesen des Gehorsams gegen Gottes Gebot verwandelt und seinem Inhalt nach neu faßt. Die erfahrene Güte Gottes ermöglicht das neue Leben; aber sie nimmt zugleich in Pflicht, vollkommen zu sein, wie der himmlische Vater vollkommen ist. Die Vollkommenheit, die das Leben derJünger Jesu auszeichnen soll, stellt somit nicht ein Ziel dar, dem durch strebendes Bemühen so nah als möglich zu kommen ist, um es schließlich erreichen zu können. Sondern sie ist als Gabe der barmherzigen Zuwendung Gottes schon zuteil geworden und soll daher nun das gesamte Tun der Jünger leitend bestimmen.25 Damit wird der Begriff der Vollkommenheit aus einer gesetzlichen Umklammerung herausgelöst und durch den Bezug auf die Vollkommenheit des himmlischen Vaters von Grund auf neu gefaßt.26 Die Aufforderung zur Vollkommenheit ist deshalb von der verheißenden Zusage getragen und geleitet, so daß das Vollkommen-Sein niemals als eigenes Verdienst, sondern stets als Gabe und Aufgabe in einem zu begreifen ist. Ist somit das Logion Mt 5,48 nicht im Sinn gesetzlichen Anspruchs, sondern der Zusage göttlicher Barmherzigkeit auszulegen, wie sie bereits in den Seligpreisungen zum Eingang der Bergpredigt ausgesprochen ist, so stellt sich die Frage, wie sich zu dieser Bedeutung des Begriffes der Vollkommenheit die Weisung von Mt 19,21 verhält. „Willst du vollkommen sein, so geh hin, verkaufe, was du hast, und gib's den Armen." Sein ihm eigenes Verständnis des Gesetzes hat der Evangelist zuvor bereits zu erkennen gegeben, indem er den Hinweis auf die Gebote des Dekalogs mit dem Satz abschließt: „Und du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst" (V 19). Auch an dieser Stelle geht der Evangelist über die Markusfassung hinaus und zeigt damit an, daß

24 U. LMZ, Mt I, meint freilich - auch im Blick auf Did. 6,2 - , „daß das quantitative Moment auch an unserer Stelle nicht vernachlässigt werden darf: .Vollkommen' ist, wer Gottes Gebote ohne jeden Abstrich befolgt." (313) 25 Vgl. G. Bornkamm, Jesus von Nazareth, Stuttgart 12 1980, 95: Gemeint ist „das ,Ganzsein' im Unterschied zu allem Gespalten- und Gebrochen-Sein, ein Verhalten, das in Gott Wirklichkeit ist." Vgl. weiter G. Strecker, Weg 141; Ders., Bergpredigt 97; R. Schnackenburg, Botschaft II 126. 26 Vgl. E. Fuchs, Die vollkommene Gewißheit. Zur Auslegung von Matthäus 5,48, in: Zur Frage nach dem historischen Jesus, Gesammelte Aufsätze II, Tübingen I960, 126-135, bes. 132.

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Gottes Wille im Gebot der Liebe seine schlechthin gültige Zuspitzung erfährt.27 Wie aber ist die Anweisung zur Vollkommenheit zu verstehen, die der Aufzählung der Gebote folgt? Daß auch hier nicht an das Ideal vollkommener Tugend zu denken ist, wie es in der griechischen Philosophie vertreten wurde,28 dürfte feststehen, seit die Texte aus Qumran bekannt geworden sind und der Vergleich mit dem Begriff der Vollkommenheit, wie er in ihren Aussagen verwendet ist, zwingend geboten ist.29 Dieser Vergleich aber könnte zu der Vermutung führen, einem allgemein geforderten Gesetzesgehorsam werde eine höhere Stufe der Vollkommenheit gegenübergestellt, die durch Verzicht auf jeglichen Besitz erreicht wird. Wer sich entschlossen hatte, volles Mitglied der Gemeinde von Qumran zu werden, hatte sein Hab und Gut in das Eigentum der ganzen Gemeinschaft einzubringen.30 Man könnte daher erwägen, ob der Evangelist Matthäus den Gedanken vertritt, daß die Gemeinde aus zwei Klassen bestehe, „den Beobachtern der Gebote und den Vollkommenen, den Besitzasketen."31 Dann wäre an dieser Stelle doch schon eine gewisse Vorstufe zu einer Zwei-Stufen-Ethik vorauszusetzen, wie sie später in der alten Kirche entwickelt wurde.32 Der Evangelist Matthäus entfaltet jedoch in der von ihm dargebotenen Fassung der Perikope vom sog. reichen Jüngling keine allgemeingültige Gemeinderegel, nach der von allen Jüngern Jesu der Verzicht auf jegliche eigene Habe verlangt würde. Sondern er veranschaulicht am konkreten Beispiel einer Begegnung mit Jesus, worauf es vor allem ankommt. Habe und Besitz dürfen der ungeteilten Hingabe an Jesus und sein Wort nicht hindernd im Wege stehen. Gefordert wird ein Vollkommen-Sein, das ohne jede Einschränkung dem von Jesus ausgelegten Willen Gottes zugewandt ist. Dieser Aufruf will nicht als eine quantitative Steigerung gegenüber den zuvor genannten Geboten und ihrer Zusammenfassung in der Nächstenliebe verstanden werden. Er wird vielmehr als ihre Intensivierung begriffen, die den ganzen Menschen erfaßt. Als Vollkommen-Sein wird somit nicht die Hal27 Vgl. hierzu das Zitat von Hos 6,6 in 9,13 und 12,7 sowie vor allem 22,34—4-0, und siehe W. Schräge, Ethik 142: „Das eigendiche Kriterium der rechten Gesetzesinterpretation ist für Matthäus wie für Jesus das Liebesgebot." 28 Zu diesem in der älteren Exegese gelegentlich geäußerten Gedanken s.o. zu Anm. 6 und 7. 29 Abweichend jedoch urteilt H. Braun, Radikalismus II 53 Anm. 3 - s.o. zu Anm. 6. 30 Vgl. 1 Q S 6,18-20: „Und wenn ihm dann das Los fällt, daß er sich dem Rat der Gemeinschaft nähern darf nach Weisung der Priester und der Menge der Männer ihres Bundes, dann soll man auch seinen Besitz und seine Einkünfte übergeben in die H a n d des Mannes, der die Aufsicht führt über die Einkünfte der Vielen." Vgl. auchjosephus, Bell. Jud. II 123. 31 Vgl. H. Braun, Q u m r a n (vgl. Anm. 23) 43. 32 Zum Problem vgl. auch G. Kretschmar, Ein Beitrag zur Frage nach dem Ursprung frühchristlicher Askese, in: Z T h K 61 (1964) 27-67.

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tung eines kleinen Kreises von Auserwählten bezeichnet, sondern die Aufforderung, vollkommen zu sein, gilt als bestimmende Weisung für alle, die auf Jesu Wort hören (vgl. 5,48). Der Evangelist schließt daher das Wort Jesu, das er an den jungen Mann richtet, mit der Einladung ab: „Und folge mir nach". (19,21) Das aber besagt, daß Nachfolge nicht als der Weg gilt, der schließlich zur Vollkommenheit führt. Sondern wer in die Nachfolge Jesu eingetreten ist, der ist ein „Vollkommener".33 Die Aufforderung, Jesus als dem Herrn auf seinem Weg nachzufolgen, richtet sich demnach nicht mehr - wie in der Zeit der irdischen Wirksamkeit Jesu - nur an einzelne, die dazu aufgerufen wurden: „Auf, hinter mir her" (Mt 4,19); sondern nun werden alle eingeladen, sich mit Jesus auf den Weg zu machen. Wer sich ihm ungeteilt zuwendet, der muß auch bereit sein, das Kreuz Jesu auf sich zu nehmen und seinen Leidensweg zu teilen (10,38; 16,24). Findet der Wille Gottes im Liebesgebot seinen zutreffenden Ausdruck, so wird dieser erst in der Gemeinschaft mit Jesus in seiner umfassenden Gültigkeit erkannt und in der Nachfolge erfüllt.34 Das „Mehr", das den Gehorsam der Jünger Jesu im Unterschied zu Pharisäern und Schriftgelehrten, aber auch zu Zöllnern und Heiden (5,46f.) auszeichnet, liegt daher nicht in einer ihrem Umfang nach gesteigerten Gesetzlichkeit, sondern wird in der den ganzen Menschen erfassenden Hingabe an den barmherzigen Gott erfüllt, die ihre Kraft aus seiner erfahrenen Güte gewinnt. Wer in dieser Weise vollkommen ist, wird Eingang in die künftige Gottesherrschaft finden. Denn allein der darf klug genannt werden, der Jesu Rede hört und tut (7,24-27).35

33 Vgl. G. Barth, Gesetzesverständnis in: Überlieferung und Auslegung im Matthäusevangelium 7 1975, 95. 34 Vgl. R. Hummel, Auseinandersetzung 3 1966, 152: „,Vollkommene' Gesetzeserfüllung gibt es nur in der Verbindung mit der Nachfolge." 35 J. Schniewind, Mt, charakterisiert daher mit Recht das Gespräch Jesu mit dem reichen jungen M a n n dahin, es gehe letztlich um das rechte Verständnis des ersten Gebots. Vgl. Ders., Das Evangelium nach Markus, N T D 1, Göttingen M949, 137: Im Blick auf die Markusperikope gilt: „Es ist also die Erfüllung des 1. Gebotes, um die es geht...was Einer am meisten liebt, das ist sein Gott."

Die Berufung auf das Gewissen in der paulinischen Ethik Der Apostel Paulus bezieht sich in den Briefen, die er an die Gemeinden in Korinth und Rom schreibt, wiederholt auf das Gewissen, um auf der einen Seite seinen Äußerungen Nachdruck zu verleihen, auf der anderen Seite sittliche Anweisungen über rechtes Verhalten der Christen zu bekräftigen. Der Begriff des Gewissens findet sich weder in der Verkündigung Jesu noch in der Uberlieferung der palästinischen Urkirche. Da die paulinischen Briefe die ältesten literarischen Zeugnisse der frühen Christenheit darstellen, ist anzunehmen, daß der Begriff des Gewissens durch Paulus in die christliche Sprache eingeführt und durch ihn in einer Weise geprägt worden ist, die für den Gebrauch des Begriffes im Zusammenhang chrisdicher Theologie bestimmend geworden ist.1 In der Korrespondenz mit der korinthischen Gemeinde ist besonders häufig vom Gewissen die Rede. Es ließe sich daher erwägen, ob in der Kritik, die die Korinther gegenüber dem Apostel geltend machten, Berufung auf das Gewissen schon eine gewisse Rolle gespielt haben könnte.2 Doch legt sich an keiner Stelle, an der in den Korintherbriefen auf das Gewissen Bezug genommen wird, die Annahme zwingend nahe, Paulus habe seinerseits einen den Korinthern wichtigen Ausdruck verwendet. Vielmehr läßt sich in den Korintherbriefen wie auch im Römerbrief eine breitere Streuung des Wortes Gewissen beobachten, die dafür spricht, daß der Apostel diesen Begriff aus der hellenistischen Umwelt aufgenommen und ihn im Zusammenhang von

1 Der Begriff des Gewissens in der paulinischen Theologie ist Gegenstand einer ansehnlichen Reihe von Studien gewesen, von denen besonders genannt seien: J. Dupont, Syneidesis. Aux origines de la notion chretienne de conscience morale, in: Studia Hellenistica 5 (1948) 119-153; R. Bultmann, Theologie des Neuen Testaments (Tübingen [1953] 9 1984), 2 1 6 221; C.A. Pierce, Conscience in the New Testament (London 1955); E. Wolf, Art. Gewissen, in: RGG 3 II (1958) 1550-1557; G. Bornkamm, Gesetz und Natur, in: Studien zu Antike und Urchristentum (= Ges. Aufsätze II) (München [1959] 2 1963), 111-118; J. Stelzenberger, Syneidesis im Neuen Testament (Paderborn 1961); R. Schnackenburg, Die sitdiche Botschaft des Neuen Testaments (München 2 1962), 230-238; C. Maurer, Art. συνείδησις in: T h W N T VII (1964) 897-918; Μ. E. Thrall, T h e Pauline Use of Συνείδησις, in: N T S 14 (1967/68) 118125; Ρ Hilsberg, Das Gewissen im Neuen Testament, in: Theol. Versuche I X (1977) 145160; U. Wilckens, Der Brief an die Römer I (Neukirchen-Zürich 1978), 138-142: Das Gewissen bei Paulus; H.-J. Eckskin, Der Begriff Syneidesis bei Paulus (Tübingen 1983) (= W U N T I I 10). 2 So Maurer, T h W N T (s. Anm. 1) 912.

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Predigt und Lehre gebraucht hat, um deren Überzeugungskraft zu unterstreichen. Obwohl der Begriff des Gewissens erst in der spätantiken Philosophie deutiichere Gestalt gewonnen hat, reichen seine Wurzeln weit zurück in die Geschichte kritischen Denkens und prüfender Selbstreflexion. So führt Sokrates in der Apologie vor seinen Anklägern und Richtern aus, er habe gründlich über das götdiche Orakel nachgedacht, das gesagt hatte, niemand sei weiser als er. Beim Bedenken dieser Auskunft sei er sich dessen bewußt, weder viel noch wenig weise zu sein (Apologie 21 b). Werde er weise genannt, so eben aus dem Grunde, daß er sich im Unterschied zu allen anderen seines Nichtwissens bewußt sei. Denn er glaube auch nicht zu wissen, was er tatsächlich nicht wisse (ebd. 21 c-e). Wird in diesen Ausführungen von einem „Mitwissen mit sich selbst" bzw. einem „Bewußtsein sich selbst gegenüber" gesprochen, so beruft Sokrates sich damit auf das ihm eigene Urteilsvermögen, das seiner Aussage Glaubwürdigkeit verleiht. Diese wahrhaft menschliche Fähigkeit weiß sich imstande, auch einen göttlichen Bescheid auf seinen Gehalt hin zu ergründen. Doch bezieht sich dieses kritische Selbstbewußtsein nicht notwendig auf religiöse Inhalte als solche, sondern macht Würde und Kraft denkenden Erkennens überhaupt aus. Die dem Menschen eigene Gabe, kritisch über sich selbst urteilen zu können, wird in der hellenistischen Philosophie des näheren bedacht und zunehmend auf moralische Inhalte bezogen. Indem ich mir über mich selbst klar werde, gewinne ich hinlängliche Kriterien, um zu begründeter Erkenntnis zu gelangen, die mich selbst und mein Verhalten betrifft.3 Meinem denkenden Ich tritt gleichsam ein kontrollierendes zweites Ich gegenüber, so daß beider Urteil im Prüfen desselben Sachverhalts zusammenfällt.4 Sowohl in der pythagoreischen wie auch insbesondere in der stoischen Philosophie wird dazu angehalten, sich täglich die Frage vorzulegen, worin man recht gehandelt, wo man aber gefehlt oder versagt habe. Diese Überlegungen, die mit den griechischen Begriffen σύνοιδα έμαυτώ/συνείδησις verbunden sind, werden im Gebrauch des lateinischen Wortes „conscientia" deutlicher gefaßt. Vor allem der römische Philosoph Seneca (1 .Jh. n. Chr.) hat dem Gewissen hohe Bedeutung für die Gestaltung sittlich verantwortlicher Lebensführung zugemessen. Denn die conscientia weiß sowohl um Tugenden wie auch um Laster. Wird der durch sie begründeten Erkenntnis nicht Folge geleistet, so wird das Gewissen seine anklagende und richterliche Funktion wahrnehmen, um zu rechter Einsicht und ihr entsprechendem Verhalten zurückzuführen. Seneca gibt daher den Rat: „Ideo quantum potes, te ipsum coargue, inquire in te; accusatoris primum 3 Vgl. ebd. 898. 4 Vgl. ebd. 902.

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partibus fungere, deinde iudicis, novissime deprecatoris." (ep. 28,10) Das Gewissen achtet sorgsam auf die Einhaltung der durch sittliche Verantwortung gebotenen Pflichterfüllung und meldet sich mahnend zu Wort, wenn vom rechten Weg abgewichen wird. Damit bringt es gleichsam Gottes Stimme zu Gehör. Sie spricht aus dem im Menschen wohnenden heiligen Geist, der ein Beobachter und Wächter alles Guten und Bösen an uns ist (malorum bonorumque nostrorum observator et custos; ep. 41,1). Die griechische Ubersetzung des Alten Testaments, die in der hellenistischen Diaspora entstand, kennt in der Wiedergabe hebräischer Texte den Begriff des Gewissens nicht. Doch an einigen Stellen, die von Anfang an griechisch konzipiert sind, wird die συνείδησις erwähnt. So wird im 17. Kapitel der Weisheit Salomos das sträfliche Verhalten der Ägypter beschrieben, die ihres Frevels wegen dem göttlichen Gericht verfielen. In diesem Zusammenhang heißt es dann, etwas Feiges sei die Schlechtigkeit, die durch ihr eigenes Zeugnis ihr Urteil erhalten hat. Denn „vom Gewissen in die Enge getrieben, empfängt sie immer das Schlimmste" (V 10). Damit wird das Gewissen in seiner Funktion als Ankläger wie auch als Richter bezeichnet und die Bedeutung hervorgehoben, die ihm durch seine Mahnung wie durch sein unbestechliches Urteil zukommt.5 Diese Rolle, die das Gewissen spielt, wird verschiedentlich in der Literatur des hellenistischen Judentums genauer beschrieben. So heißt es in den Testamenten der Zwölf Patriarchen von Ruben, dem Ältesten der Söhne Jakobs, seiner Sünde wegen quäle ihn bis jetzt sein Gewissen (Test. Rub. 4,2). Und Josephus führt neben Gesetz und Gott als dritten Zeugen, der für ein Leben nach dem Tode spricht, das Gewissen an, „das Zeugnis gibt, nachdem auf der einen Seite der Gesetzgeber prophetische Verheißung gesprochen, auf der anderen Gott den starken Glauben geschenkt hat" (c. Apionem II, 218). Das Gewissen meldet sich demnach als innere Stimme im Menschen zu Wort, um ihm glaubwürdige Versicherung über die Zuverlässigkeit rechter Erkenntnis und auf zukünftige Erfüllung gerichteter Hoffnung zu vermitteln.6 Der jüdische Religionsphilosoph Philo von Alexandria handelt in seinen Schriften häufig vom Gewissen, das er meist als συνειδός bezeichnet, seltener als συνείδησις. 7 Dabei weist er dem Gewissen die besondere Aufgabe zu, als Mahner und Richter zu wirken: Ist es einmal geweckt, „so tritt es als Ankläger auf, beschuldigt, klagt an und beschämt; als Richter wiederum belehrt es, erteilt Zurechtweisung, mahnt zur Umkehr; und hat es überreden können, dann ist es erfreut und ausgesöhnt; konnte es das aber nicht, dann kämpft es unversöhnlich und gibt Tag und Nacht keine Ruhe, sondern ver5 Vgl. ebd. 908. 6 Vgl. ebd. 909. 7 Vgl. ebd. 910-912.

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setzt unheilbare Stiche und Wunden, bis es das elende und fluchwürdige Leben vernichtet hat." (de decal. 87) Diese warnende und rufende Stimme des Gewissens ist nach Philos Uberzeugung jeder menschlichen Seele angeboren und wohnt in ihr. Das Gewissen läßt nichts Unrechtes zu und kennt auf der einen Seite nur den Haß gegen das Schlechte, auf der anderen Seite aber die Liebe zur Tugend (ebd.). Wird die zur Umkehr anhaltende Mahnung des Gewissens gehört, so „sollen wir, wenn wir vom Bewußtsein unserer Unrechten Taten überführt sind, Gott bitten, uns eher zu strafen als preiszugeben. Denn wenn er uns preisgibt, macht er uns nicht mehr zu seinen eigenen, des Gnädigen, Knechten, sondern zu Knechten der unbarmherzigen Welt. Wenn er uns aber straft, so wird er uns, da er gütig ist, nachsichtig und milde die Sünden wieder gutmachen, indem er den zurechtweisenden Tadel, sein eigenes Wort (Logos), in unsere Seele sendet, durch das er sie um ihrer Sünde willen schmäht und schilt und retten wird." (Det. Pot. Ins. 146) Ist nach Lehre der stoischen Philosophie der Seele des Menschen der göttliche Logos eingepflanzt, so daß sie danach trachten soll, mit ihm im inneren Einklang zu bleiben, so nimmt Philo diese Vorstellung auf und verbindet sie mit dem Hinweis auf das göttliche Wort, das durch das Gewissen spricht und den Menschen zur Einsicht in Gottes Willen und Gebot leitet. Indem es ihn zur Umkehr ruft und damit zum Gehorsam gegenüber dem Gesetz führt, wird es von Gott dazu benutzt, den Menschen zu sich zurückzubringen und ihm seine Güte zuzuwenden. Das Gewissen erhebt somit im Menschen Gottes Stimme und sucht ihm die sittliche Verantwortung einzuschärfen, die er in der Erfüllung von Gottes Geboten wahrzunehmen hat. Wenn der Apostel Paulus in seinen Briefen wiederholt vom Gewissen spricht, ohne diesen Begriff zu erläutern, so kann er offensichtlich bei seinen Lesern voraussetzen, daß sie ihn kennen und verstehen. Wahrscheinlich ist Paulus der Begriff des Gewissens durch die hellenistische Synagoge zugekommen, die ihrerseits manche Ausdrücke und Argumente aus der Umwelt und der Begrifflichkeit zeitgenössischer Popularphilosophie aufgenommen hatte, um mit ihrer Hilfe die biblische Botschaft neu auszusagen. Das geläufige Verständnis des Wortes Gewissen, das erst im Sprachgebrauch der damaligen Zeit festere Prägung erhielt, knüpfte an den verbalen Ausdruck an, der besagt, daß ich mir meiner selbst bewußt bin. In diesem Sinn kann auch Paulus versichern, er sei sich seiner selbst bewußt, und damit auf sein kritisches Urteilsvermögen verweisen (1 Kor 4,4). Das Gewissen prüft, ob ich recht entscheide und verantwortlich handle. Es urteilt nach sittlichen Normen und läßt mich wissen, wo ich gegen sie verstoßen habe - teils als Richter, der begangene Handlungen verurteilt, teils als Warner, der mögliche Entscheidungen zu verhindern trachtet und bedenkenswerten Einspruch geltend macht. Seine Stimme wiederholt nicht einfach, was sich in meinem Sinnen

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und Trachten vollzieht, sondern das Gewissen steht ihm unabhängig gegenüber, um aus dieser Distanz heraus sich mahnend zu Wort zu melden. Verantwortlich denkende Menschen werden diese Stimme nicht überhören, sondern sie aufmerksam beachten und ihren Weisungen folgen. Diese Urteilsfähigkeit, durch die das Ich des Menschen sich selbst kritisch gegenübertreten kann, setzt Paulus als allen Menschen eigen voraus. Dabei ist unter συνείδησίς „das unmittelbare Selbstbewußtsein" verstanden, „das jeweils die Wahrheit über mich selbst kennt und von dem in Wort und Tat Geäußerten unterscheidet, das Mitwissen im Sinne des Mitwissers, dem gegenüber wir nichts verbergen oder verleugnen können". 8 Auf diese Weise prüft das Gewissen „die Aufrichtigkeit unseres Sagens und Tuns". 9 Dieses von Paulus vorausgesetzte Verständnis des Begriffes Gewissen wird in den verschiedenen Gedankengängen, in denen er sich seiner bedient, entfaltet. So wird in der Katechese, die von der Achtung handelt, die jedermann den staatlichen Behörden zu erweisen hat, geltend gemacht, dieser Respekt sei nicht nur um des Zornes willen - d.h. im Blick auf die richtende und strafende Gewalt staatlicher Ordnung —, sondern auch des Gewissens wegen zu bezeigen (Rom 13,5). Gemeint ist damit offensichtlich die angemessene Unterscheidung zwischen Gut und Böse, die jeder Mensch bei vernünftiger Prüfung zu machen imstande ist. Wird diese Ermahnung an Christen gerichtet und damit an deren Gewissen wie auch Gewissenhaftigkeit appelliert, 10 so steht doch - wie die Aufnahme traditioneller Redeweise erkennen läßt - für Paulus fest, daß jeder Mensch solche vernünftigen Überlegungen anzustellen und sich nach ihnen zu richten weiß.11 Der Apostel Paulus läßt keinen Zweifel daran, daß wie die Juden, so auch die Heiden die Stimme des Gewissens vernehmen. Während den Juden im Gesetz der Wille Gottes eindeutig kundgetan ist, so daß sie ihm zu folgen und seine Gebote zu erfüllen haben, so wissen auch die Heiden darum, daß die Gestaltung menschlichen Lebens sich nach sittlichen Forderungen richten muß und darum jeder Mensch verantwortlich zu handeln hat. Denn auch den Heiden ist „in ihr Herz geschrieben, was das Gesetz fordert, zumal ihr Gewissen es ihnen bezeugt, dazu auch die Gedanken, die einander anklagen oder auch entschuldigen" (Rom 2,15). Juden und Heiden ist damit unüber-

8 H. v. Soden, Sakrament und Ethik bei Paulus (Marburg 1931) (— Urchristentum und Geschichte I [Tübingen 1951]), 241f. (= K.H. Rengstorf [Hg.], Das Paulusbild in der neueren Forschung [Darmstadt 1964], 341 f.). 9 Ebd. 342. Vgl. auch Eckstein Syneidesis (s. Anm. 1) 178f., der die συνείδησις definiert „als reflektierende Instanz im Menschen ..., die die Ubereinstimmung mit der vorausgesetzten N o r m prüft". 10 Hierauf legt den Ton: U. Wilckens, Der Brief an die Römer III (Neukirchen - Zürich 1982), 36. 11 Vgl. Schnackenburg, Sittliche Botschaft (s. Anm. 1) 232: Die Aussage ziele „auf das moralische Verantwortungsbewußtsein".

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hörbar gesagt, daß sie unter der Forderung stehen, recht zu handeln und der ihnen auferlegten sittlichen Verantwortung zu entsprechen. Niemand kann sich daher - hierauf liegt der Ton im Zusammenhang von Rom 2 - herausreden, als hätte er nicht wissen können, wie er sein Leben zu führen hat; und alle sind ohne Ausnahme schuldig, weil sie dieser ihnen gestellten Aufgabe nicht genügt haben, so daß Juden und Heiden in gleicher Weise unter dem Strafgericht des Zornes Gottes stehen. Indem der Apostel von den Gedanken spricht, die einander widerstreiten, macht er deutlich, wie das Gewissen seine Mahnung zur Geltung bringt. Ohne daß der Mensch es zu steuern oder zum Schweigen zu bringen imstande wäre, meldet es sich zu Wort, indem es vor allem zu kritischer Überlegung anhält und schuldhaftes Verhalten anklagend benennt. Da diese mahnende Funktion des Gewissens sowohl in der zeitgenössischen Popularphilosophie wie auch in entsprechenden Ausführungen im hellenistischen Judentum durchgehend betont wird, wird man zu Recht annehmen dürfen, „daß die Aussagen Rom 2,15 aus vorgeprägter nichtchristlicher Tradition stammen, in der das Gewissen bereits als innerer Gerichtshof des Menschen verstanden und Selbstanklage und -Verteidigung zu einer festen Methodik und Topik ausgebildet worden ist".12 Von dieser jedem Menschen eigenen Urteilsfähigkeit ist bei Paulus wiederholt die Rede, indem er sowohl von seinem eigenen Gewissen, das für die Redlichkeit seines Wortes einsteht, spricht wie auch von dem Gewissen seiner Leser, die die Wahrhaftigkeit seiner Rede zu werten vermögen. Auf sein eigenes Gewissen verweist Paulus zu Beginn seiner Ausführungen über das Geschick Israels, indem er versichert, er sage die Wahrheit in Christus und lüge nicht, „wie mir mein Gewissen bezeugt im heiligen Geist" (Rom 9,1). Mit starker Betonung hebt er damit hervor, daß er so glaubhaft, wie es nur möglich ist, zu bezeugen hat, welche Traurigkeit und Schmerzen er um seiner Brüder nach dem Fleisch willen trägt. Kein Wort dessen, was er im folgenden über Israels Erwählung und Verwerfung, seine Schuld wie seine gnädige Annahme zu sagen hat, ist darum unbedacht gesprochen. Jeder Satz ist sorgsam erwogen und dem kritischen Urteil des eigenen Gewissens unterworfen worden. Gegen den Vorwurf der Unwahrhaftigkeit, wie er in der korinthischen Gemeinde gegen ihn erhoben worden war, macht der Apostel das Zeugnis seines Gewissens geltend: „daß wir in Einfalt und göttlicher Lauterkeit, nicht in fleischlicher Weisheit, sondern in der Gnade Gottes unser Leben in der Welt geführt haben - und das vor allem bei euch" (2 Kor 1,12). Damit gibt Paulus zu erkennen, daß er „gleichsam als Angeklagter redet"13 und sich der 12 Bornkamm, Gesetz (s. Anm. 1) 115. 13 Vgl. R. Bultmann, Der zweite Brief an die Korinther (Göttingen 1976), 37, ebd. Anm. 2: ,,συνείδησις = das Mitwissen meiner selbst um mich, also auch um meine Entsprechung gegenüber der götdichen Forderung".

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kritischen Anfrage des Gewissens in vorbehaltloser Selbstprüfung gestellt hat. Diese aber hat zu dem eindeutigen Zeugnis geführt, das er nun der Gemeinde gegenüber ablegt, so daß damit jeder Zweifel abgetan wird und alle Vorwürfe widerlegt werden. Umgekehrt appelliert Paulus aber auch an das Gewissen der Korinther, das sie doch ihrerseits befragen sollen (2 Kor 4,2). Tun sie das, so werden sie ihm recht geben müssen.14 Der Apostel „empfiehlt sich dem Gewissen aller Menschen vor Gott", damit sie sich ein begründetes Urteil bilden und ihm zustimmen sollen, „daß wir schändliche Heimlichkeit meiden und nicht mit List umgehen" (ebd.). Indem Paulus sein Wirken ständig kritisch prüft, liegt dieses offen vor Gott da (2 Kor 5,11). Ihm steht das richtende Urteil zu, keinem Menschen, weder Paulus noch der Gemeinde. Gleichwohl kann seine Tätigkeit jeder Untersuchung standhalten, die gewissenhaft vorgenommen wird. Darum werden die Worte hinzugefügt: „Ich hoffe aber, daß wir auch vor eurem Gewissen offenbar sind." (ebd.) Paulus sagt nicht nur einfach, sein Wirken liege „vor euch" offen da, sondern er wählt die vollere Wendung „vor eurem Gewissen" und ruft damit die Korinther zu sorgfältiger Urteilsbildung auf. Denn die Wahrhaftigkeit der apostolischen Verkündigung muß auch von der Gemeinde anerkannt werden, wenn nur jeder aufmerksam auf die Stimme seines Gewissens hört.15 „Die συνείδησις ist also ein Wissen um Gut und Böse und um das diesem entsprechende Verhalten in Einem. Dabei kann dieses Wissen sowohl auf das noch ausstehende Verhalten gehen, auf seine zu erfüllende Pflicht hinweisen, wie auch das schon erfolgte Verhalten kritisch beurteilen."16 Diese mahnende Stimme des Gewissens ist somit eine kritische Instanz - darin stimmt Paulus mit der geläufigen Meinung seiner Umwelt überein - , aber es ist weder unfehlbar, noch steht ihm das letzte Wort zu. Dieses spricht vielmehr Gott allein. Indem Paulus diese der Urteilsfähigkeit des Gewissens gesetzte Grenze so nachdrücklich hervorhebt, unterscheidet er sich in bezeichnender Weise vom zeitgenössischen Verständnis des Gewissens, das ihm nicht nur eine selbstkritische Urteilsfähigkeit zuschrieb, sondern darüber hinaus meinte, in seiner Stimme werde die Gottes laut - sei es in der Gestalt eines gleichsam heiligen Geistes (s.o. S. 55), sei es in der erzieherischen Leitung Gottes, die zum Gesetz als seinem guten und gnädigen Willen zurückführt (s.o. S. 56f.). Wenn sich Paulus mit allem Ernst auf das Gewissen zu berufen oder die gewissenhafte Selbstprüfung seiner Leser und Hörer anzusprechen weiß, so schätzt er doch Fähigkeiten und Möglichkeiten des Gewissens mit aller Nüchternheit ein. Zwar wird im Gewissen die kritische Urteilsfähigkeit des Menschen wirksam, die in umsichtiger Erwägung zu prüfen und zu entscheiden hat, und ist darum seiner Stimme aufmerksam Gehör zu 14 Vgl. ebd. 104. 15 Vgl. ebd. 149. 16 Bultmann, Theologie (s. A n m . 1) 217.

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geben. Aber selbst dann, wenn mit größter Umsicht überlegt worden ist, kann am Ende das Urteil fehlerhaft sein. Das Gewissen ist von der Möglichkeit des Irrtums nicht verschont, weil für Paulus „der innere Gerichtshof des Menschen und das göttliche Gericht nicht zusammenfallen." Der Begriff des Gewissens bleibt darum - und das ist für die paulinische Bewertung von entscheidender Bedeutung - „ein rein menschlicher Begriff."17 In seiner Auseinandersetzung mit der Gemeinde in Korinth führt der Apostel aus, ihm sei es völlig gleichgültig, ob er vor ein menschliches Gerichtsforum geladen und von ihm beurteilt werden sollte; er beurteile nicht einmal sich selbst (1 Kor 4,3). Er sei sich zwar nichts bewußt, aber damit sei er noch nicht gerechtfertigt (V 4). Auch bei gewissenhafter Selbstprüfung braucht Paulus sich im Blick auf sein Verhalten der Gemeinde gegenüber keine Vorwürfe zu machen. Sein Gewissen hält ihm nichts vor, dessen er sich schämen müßte. Aber auch wenn er auf dessen Kritik aufmerksam hört und von ihr weder eine Anklage noch eine verurteilende Mahnung vernimmt, so ist doch auch diese menschliche Instanz nicht zu einem abschließenden Urteil in der Lage. Weder vermag sie einen letztgültigen Schuldspruch zu fällen, noch kann sie so freisprechen, daß dieser Entscheid unanfechtbar sein könnte. Zwar kann mich hinsichtlich meines Handelns das Gewissen kontrollieren und mir die Normen meines Tuns zu kritischer Besinnung vorhalten.18 Aber das richtende wie das freisprechende Urteil steht allein dem Kyrios zu. Obgleich Paulus vor seinem Gewissen bestehen kann, müssen die Korinther wie auch er selbst sich der Relativität allen menschlichen Urteils bewußt bleiben. Der Kyrios wird den Richterspruch fällen und dabei ans Licht bringen, was vor jedem menschlichen Auge verborgen ist (V 5). Darum soll man sich hüten, vor der Zeit urteilen zu wollen. In auffallender Häufung wird der Begriff des Gewissens von Paulus in seinen Ausführungen verwendet, die der Frage gelten, ob ein Christ Fleisch genießen dürfe, das im heidnischen Tempel geschlachtet wurde und nun zum Verzehr angeboten wird (1 Kor 8-10). Das Problem des sog. Götzenopferfleisches wurde in Korinth unterschiedlich beurteilt. Die einen vertraten den Standpunkt, Christen wüßten doch, daß es keine Götzen gibt und also hinter den von den Heiden verehrten Gottheiten keine Wirklichkeit steht. Wie sollte dann das Essen von Fleisch, das aus dem Tempel kommt, Christen in irgendeiner Weise bedenklich stimmen? Während Juden sich sorgsam nach den in der Thora enthaltenen Reinheitsvorschriften zu richten haben und deshalb nur Fleisch genießen dürfen, das den Bestimmungen des Gesetzes entsprechend geschlachtet wurde, könnten Christen der ihnen gegebenen Erkenntnis folgen und von ihrer Freiheit Gebrauch machen. 17 Vgl. Bornkamm, Gesetz (s. A n m . 1) 116. 18 Vgl. H. Conzelmann, D e r erste Brief a n die K o r i n t h e r (Göttingen 2 1981), 110.

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Doch diese „liberale" Einstellung wurde keineswegs allgemein geteilt. Da waren andere Glieder der Gemeinde, die vor noch nicht langer Zeit Christen geworden waren und sich daher nicht frei von Furcht fühlten, wieder mit heidnischem Opferkult, an dem sie selbst noch vor kurzem teilgenommen hatten, in Berührung zu kommen. Könne man doch keineswegs so eindeutig wissen, wie manche es behaupten zu dürfen meinten, daß hinter der den Gottheiten erwiesenen Verehrung wirklich „nichts" stünde. U m dieser Scheu willen suchten diese Christen daher sog. Opferfleisch zu meiden und konnten sie sich die freiheitliche Überzeugung der anderen nicht zu eigen machen. U m angesichts dieser Meinungsverschiedenheit zu entscheiden, stimmt der Apostel zunächst grundsätzlich der These zu, aus der Erkenntnis des einen, in Christus offenbaren Gottes sei zu folgern, daß es keine Götter und Götzen gibt. Insofern ist im Glauben die Freiheit des Christen eröffnet, alles genießen zu dürfen, was angeboten wird. Paulus schließt sich der Überzeugung an, die ganze Erde gehöre dem Herrn, 19 und hält es daher nicht für erforderlich, genauere Nachforschungen anzustellen, wenn man zu Gast geladen ist und Speise angeboten wird. Alles ist erlaubt - diesem in Korinth umlaufenden Schlagwort kann der Apostel zustimmen. Im Glauben weiß der Christ sich frei vom Gesetz, und daher kann er grundsätzlich anders entscheiden, als es einem an die Einhaltung des Gesetzes gebundenen Juden möglich ist.20 Doch mit dieser Antwort ist nur die eine Seite der anstehenden Problematik betrachtet. Die andere Seite wird durch die Rücksicht auf die betroffenen Menschen bestimmt. Denn nicht jeder Christ kann sich — wie die Situation in Korinth zeigt - ungeteilt die Einsicht zu eigen machen, daß die Götzen in Wahrheit nichts sind. Für manche ist das Opferfleisch durchaus noch, was es für sie einst, als sie am heidnischen Kult teilnahmen, gewesen ist: den Göttern geopfertes Fleisch. Sie sind hieran weiterhin gewöhnt 21 und haben daher die besorgte Befürchtung, daß hinter den sog. Götzen dämonische Kräfte walten. Sie fürchten sich davor, in ihre Gefahrenzone zu geraten. Ihr Gewissen ist darum schwach zu nennen (1 Kor 10,7.10.12); vermögen sie doch

19 1 Kor 10,26 wird Ps 24,1 ausdrücklich zitiert - ein Schriftwort, das in der jüdischen Uberlieferung zur Begründung dafür angeführt wurde, daß vor dem Genuß von Speise oder Trank stets ein Lobspruch zu sagen sei. Dieses Schriftwort greift Paulus auf, um es nun nicht im nomistischen Sinne, sondern zur Begründung der christlichen Freiheit zu verwenden. Zur Sache vgl. E. Lohse, Zu 1 Kor 10,26.31, in: Z N W 47 (1956) 277-280 (= Die Einheit des NT. Exegetische Studien zur Theologie des N T [Göttingen 1973] 245-248). 20 Mit Recht stellt Barrett hierzu fest: „Paul is nowhere more un-Jewish than in this άνακρίνοντες." Vgl. C.K. Barrett, Things sacrified to idols, in: N T S 11 (1964/65) 138-153, hier 146. 21 1 Kor 8,7a ist sicher συνήθεια zu lesen, die sekundäre Lesart συνειδήσει ist aus dem weiteren Kontext eingedrungen. Vgl. Conzelmann, 1 Kor (s. Anm. 18) 181, Anm. 2.

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nicht die schlechthin gültige Erkenntnis zu teilen, daß es wohl manche Götter und Herren in dieser Welt geben mag, aber für die Glaubenden nur „den einen Gott und Vater, von dem alle Dinge sind und wir zu ihm, und einen Herrn Jesus Christus, durch den alle Dinge sind und wir durch ihn" (1 Kor 8,6). Diejenigen aber, die sich auf Grund ihrer Einsicht als „stark" bezeichnen, dürfen sich nicht durch herausforderndes Verhalten gegen den „schwachen" Bruder versündigen. Denn durch ihr Verhalten könnten sie ihn an seinem Glauben irre werden lassen. Paulus gibt in seiner Argumentation zu erkennen, daß jeder auf sein Gewissen zu hören hat. Dessen Äußerung kann freilich auch einem Irrtum oder einer begrenzten Einsicht unterliegen, die spätere Korrektur erfahren mag. Doch wenn das Gewissen jemanden daran hindert, dies oder jenes zu tun oder zu unterlassen, so verdient es Respekt -sowohl durch ihn selbst, wie vor allem auch durch andere.22 Mit dieser Stellungnahme hat Paulus auf die anstehende Frage eine Antwort von grundsätzlicher Bedeutung für die chrisdiche Ethik gegeben. Zwar lebt der Christ in der Freiheit, die aus dem Glauben folgt. Diese Freiheit würde aber zur Rücksichtslosigkeit entarten, wenn nicht das Verhalten durch die Liebe geleitet wird. Denn die Erkenntnis bläht auf, weil sie das Gefühl stolzer Überheblichkeit weckt; allein die Liebe aber, die auf den anderen sieht, baut auf (1 Kor 8,1). Nicht von einer skrupulösen Unterscheidung der Gegenstände, mit denen ein Christ es in der Welt zu tun bekommt, wird seine sittliche Entscheidung abhängig gemacht. Allein die Liebe, die das gefährdete Gewissen des anderen achtet, gibt die rechte Orientierung, kraft deren jeweils zu handeln ist. Die These, alles sei erlaubt, bleibt gültig. Sie wird jedoch eingeschränkt durch die von der Liebe geleitete Einsicht, daß nicht alles zum Guten dient. Darum soll niemand das Seine suchen, sondern auf das bedacht sein, was dem anderen dient (1 Kor 10,23f.). Welche Folgerungen sind aus dieser grundsätzlichen Überlegung zu ziehen? Der Apostel bietet keine gesetzlichen Anweisungen, die ein für allemal gültig zu sein beanspruchen. Sondern er veranschaulicht beispielhaft, wie die von der Liebe geleitete Verantwortung des Gewissens dem Verhalten des Christen die Richtung weist. Grundsätzlich - diese Feststellung wird betont herausgestellt - braucht der Christ keine Untersuchung vorzunehmen, woher angebotenes Fleisch kommt und welche Qualität den Dingen eignet, mit denen er es in dieser Welt zu tun hat. Es ist nicht notwendig, nachzuforschen und dadurch das Gewissen zu beschweren (1 Kor 10,27). Anders aber sieht die Situation aus, wenn bei der Mahlzeit jemand sagt: „Das ist Opferfleisch." (V 28) Zwar könnte auch dann ein Christ in aller Freiheit von dem im Tem22 Selbst wenn das Gewissen irrtümlich urteilt, ist doch seiner Stimme Achtung zu erweisen, um dem gebotenen „Maßstab der Sittlichkeit" zu entsprechen. Vgl. Schnackenburg, Sitdiche Botschaft (s. Anm. 1) 236.

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pel geschlachteten Fleisch genießen, ohne Skrupel zu empfinden. Aber nicht von seiner Freiheit hat er jetzt die Entscheidung abhängig zu machen, sondern von der Liebe, die ihm die Rücksicht auf das schwache Gewissen des anderen gebietet (V 29). Denn gerade weil sein eignes Gewissen frei ist, ist es „eben darum offen für den anderen und durch diesen gebunden."23 Die Liebe steht höher als die Erkenntnis; sucht sie doch nicht das Ihre, sondern die Auferbauung des anderen. „In der Liebe wird die christliche Freiheit entbunden und doch zugleich unter das sanfte Joch Christi gebeugt."24 Christen haben darum alles zu Gottes Ehre zu tun und keinen Anstoß zu erregen, weder bei den Juden noch bei den Griechen noch bei der Gemeinde Gottes (V 3 Ii). Der Apostel Paulus sagt vom Gewissen, daß es in jedem Menschen seine mahnende Stimme erhebt, und macht damit klar, „daß alle Menschen ein moralisches Urteilsvermögen und ein Gewissen besitzen."25 Darum wissen sie, daß sie den ihnen gestellten sittlichen Forderungen gegenüber versagt haben und schuldig geworden sind. Allein aus Gottes Barmherzigkeit kann Rettung und Heil empfangen werden. Selbst wenn man sich keines Versäumnisses bewußt ist, bleibt doch das letzte Wort allein dem Herrn vorbehalten, der urteilen und freisprechen wird. So wichtig dem Apostel der wiederholte Hinweis auf das Gewissen ist, um die Verantwortung jedes Menschen anzusprechen, so deutlich ist er sich doch der Grenzen bewußt, die der Erkenntnis des Menschen gesetzt sind. Er spricht daher nirgendwo von einem guten Gewissen, das einem schlechten Gewissen gegenübergestellt würde. Diese Redeweise gewinnt erst in nachpaulinischer Zeit Eingang in die urchristliche Ethik. Der Apostel bleibt sich darüber im klaren, daß das Gewissen irren oder sich täuschen kann. Gleichwohl verdient sein Urteil Gehör und ist vor allem die Gewissensentscheidung des anderen zu achten. In diesem Zusammenhang gewinnt die Berufung auf das Gewissen ihr spezifisch chrisdiches Charakteristikum. Vermögen Urteilsfähigkeit und Verantwortungsbewußtsein des Christen die Freiheit zu erkennen, die im Glauben an die allein rettende Botschaft des Evangeliums eröffnet ist, so bindet die Liebe diese Freiheit an die Rücksicht, die dem anderen gegenüber zu üben ist, um darauf bedacht zu sein, ihn im wahren Sinne des Wortes aufzuerbauen. Somit bezeugt die Berufung auf das Gewissen, wie sie in der paulinischen Ethik vorgenommen wird, daß der Christ ein freier Herr aller Dinge ist und niemandem Untertan - durch den Glauben, aber ein dienstbarer Knecht und jedem Untertan - durch die Liebe.

23 Conzelmann, 1 Kor (s. Anm. 18) 218. 24 Schnackenburg, Sitdiche Botschaft (s. Anm. 1) 238. 25 Ebd. 235.

Das Gesetz Christi Zur theologischen Begründung christlicher Ethik im Galaterbrief

I. Nachdem der Apostel Paulus die christlichen Gemeinden in Galatien gegründet hatte und dann weitergezogen war, waren unter den jungen Christen Unklarheiten entstanden über das Problem, wie sie sich gegenüber dem Gesetz Israels verhalten sollten. Könnte es sein, daß man erst im vollen Sinn Christ sein kann, indem m a n sich verbindlich dazu verpflichtet, das Gesetz Israels zu übernehmen und seine Bestimmungen genau einzuhalten? Würde m a n am Segen, wie er Abraham nicht nur für sich, sondern auch für seine Nachkommen verheißen worden war, erst dann wirklich Anteil bekommen können, wenn man sich unter seine Söhne eingereiht und das Zeichen der Beschneidung als Siegel der zugesagten Verheißung empfangen hat? Von außen eingedrungene Lehrer hatten in Galatien offensichtlich das Argument verwendet, der Apostel habe bei seiner missionarischen Predigt die aus dem Heidentum kommenden Hörer schonen wollen und ihnen daher den vollen Ernst, wie er der Bedeutung des Gesetzes zukommt, vorenthalten. Denn er habe sie zunächst nicht mehr belasten wollen, als es bei Beginn ihres christlichen Weges zumutbar erscheinen mochte. Jetzt aber sei es an der Zeit, die volle Wahrheit und die uneingeschränkte Gültigkeit des Israel anvertrauten Gesetzes darzulegen und damit deutlich zu machen, welche Verpflichtungen jeder auf sich zu nehmen hat, der zum erwählten Volk Gottes gehören möchte. Angesichts des unbestreitbaren Ernstes, mit dem diese Überlegungen den jungen und noch ungefestigten heidenchristenlichen Gemeinden vorgetragen wurden, mutet es überraschend an, daß Paulus mit äußerster Entrüstung und entschiedener Schärfe ein uneingeschränktes „Nein" spricht. Er läßt sich weder auf die grundsätzlichen Erwägungen noch auf die konkreten Ansinnen ein, sondern lehnt eine Hinwendung zur T h o r a Israels rundweg ab. Wer sich etwa beschneiden lassen will, dem wird Christus nichts nützen (5,2). U n d wer den jüdischen Festkalender befolgen und bestimmte ausgesonderte Tage beachten will, der beugt sich wieder unter die Herrschaft der in ihrer O h n m a c h t offenkundig gewordenen kosmischen Kräfte (4,9). Das aber kann doch niemand ernstlich wollen. J a mehr, er würde von Christus abfallen und die von ihm geschenkte neue Wirklichkeit des Heils vertun (5,4).

D a s Gesetz Christi

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Gegenüber diesem „Entweder - oder", wie es damit herausgestellt wird, kann es nur eine einzig mögliche Entscheidung geben, die keine Halbheiten und keine vermittelnden Kompromisse zuläßt: Wer sich unter die herrschende Gewalt der Thora beugt, der würde Christus verlieren. Und wer zu Christus gehört, der ist frei vom Gesetz. Frei vom Gesetz - ein nicht ungefährliches Schlagwort, über dessen Brisanz Paulus sich durchaus im klaren war. Denn allzu bald traten in seinen Gemeinden hier und da Leute auf, die sich mit Begeisterung einer solchen Parole bemächtigten. Gegenüber der sittlichen Belehrung, wie man sie weithin im Umkreis der Synagogen kennengelernt hatte, konnte man sich jetzt unabhängig und frei dünken. Freiheit - das mochte dem ureigenen Verständnis des Wortes entsprechend bedeuten, daß man nun hingehen darf, wohin immer man gehen möchte, ohne sich an hinderliche Bindungen oder einschränkende Vorschriften halten zu müssen. Doch was gilt nun für das Leben der Christen, die sich zur Freiheit Christi befreit wissen? Auf welche Weise ist von sittlichen Geboten zu reden, die das Leben des Christen zu bestimmen haben? Und wie wird christliche Ethik in der Theologie des Apostels begründet?

II. Das fünfte Kapitel des Galaterbriefes beginnt mit dem Satz: „Zur Freiheit hat uns Christus befreit. So steht nun fest und laßt euch nicht wieder das Joch der Knechtschaft auflegen." (5,1) Zur Bedeutung des kleinen Wörtchens „nun" hat einst Wolfgang Nauck in einem kleinen Aufsatz darauf aufmerksam gemacht, 1 daß sich in der Briefliteratur des Neuen Testaments dieses Wörtchen des öfteren an Stellen findet, die den Übergang von grundsätzlichen theologischen Ausführungen zu praktischen Folgerungen darstellen. Um nur ein bezeichnendes Beispiel zu nennen, sei auf Rom 6,12 verwiesen. Nachdem der Apostel ausgeführt hat, daß alle, die auf Christus getauft sind, von der Macht der Sünde frei geworden und aus ihrer Knechtschaft erlöst sind, zieht der in V 12 die Folgerung: „So laßt nun die Sünde nicht herrschen." Mit „nun" wird darauf hingewiesen, daß sich aus theologischen Grundsatzüberlegungen konkrete Folgerungen für die Lebensführung der Christen ergeben. Das aber heißt: Paulus ist kein spekulativer Denker, der geistige Probleme um ihrer selbst willen erörtern oder am Spiel der Gedanken als solchem sein Vergnügen finden würde. Sondern in seiner Auslegung des Alten Testaments, in seinen Ausführungen über vorgegebene urchristli1

W. Nauck, D a s ο δ ν - p a r ä n e t i c u m Z N W 49 (1958) 134f.: Urchristliche Ehtik „ist weder eine a u t o n o m e , n o c h eine finale, s o n d e r n eine konsekutive Ethik; eine Ethik, die aus d e m gnädigen H a n d e l n Gottes die Folgerung im Vollzug der L e b e n s f ü h r u n g zieht" (135).

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che Glaubensformeln wie auch in seinem Bedenken der Frage, was Offenbarung der Gerechtigkeit für den Wandel der Christen bedeutet, hat er stets die Situation seiner Gemeinden vor Augen, um ihnen Klarheit des Glaubens zu vermitteln und deutliche Orientierung für ihr Leben zu geben. Auf Grund verschiedener Untersuchungen, die in neuester Zeit zur rhetorischen Struktur der paulinischen Briefe angestellt worden sind, hat sich gezeigt, daß sich im Blick auf den Aufbau der grundsätzlich argumentierenden Abschnitte durchaus Möglichkeiten lohnenden Vergleichs mit zeitgenössischen rhetorisch gestalteten Texten bieten. Durch derartige Vergleiche ist aber auch deutlich geworden, daß die paränetische Rede in den paulinischen Briefen ein Spezifikum der apostolischen Ausführungen ausmacht, die im direkten Bezug zu Predigt und Unterweisung stehen, wie Paulus sie in seinen Gemeinden vorgenommen hat.2 Mit einem folgernden „nun" wendet sich der apostolische Prediger an seine Leser und Hörer, um ihnen zu verdeutlichen, daß christlicher Glaube unausweichlich auf Konkretion in der Lebensgestaltung der Christen drängt. Wie aber sollen diese Folgerungen aussehen? Und was haben sie inhaltlich für das Verhalten des Christen zu besagen? Im ersten Abschnitt des fünften Kapitels, der gleichsam die ausgeführte Paränese präludiert,3 hebt der Apostel noch einmal die Alternative, die es klar zu erkennen gilt, in ihrer scharfen Ausschließlichkeit hervor. Wer sein Vertrauen auf Beschneidung und Gehorsam gegen das Gesetz setzen wollte, dem wird Christus nichts nützen. Denn in Christus Jesus gilt weder Beschneidung noch Unbeschnittensein etwas, „sondern allein der Glaube, der durch die Liebe tätig ist" (5,6). Alle Unterschiede und Vorzüge, die einst bestanden haben und weiterhin von vielen Menschen für wichtig und bedeutungsvoll gehalten werden, haben in Christus ihre Gültigkeit verloren. Für das Leben derer, die unter der Herrschaft Christi stehen und Glieder an seinem Leib sind, gilt nur noch das eine: der Glaube, der in der Liebe tätig ist. In dieser knappen Formulierung wird zunächst noch einmal betont, daß es nicht unsere Taten und Werke sind, die uns in das rechte Verhältnis zu Gott stellen könnten; sondern nur durch den Glauben, der sein ungeteiltes Vertrauen auf die gnädige Zuwendung Gottes in Christus setzt, kann das rechte Verhältnis zum barmherzigen Gott empfangen werden. Dieser Glaube darf jedoch nicht mißverstanden werden, als handelte es sich nur um eine intellektuelle Einsicht oder eine geistige Erkenntnis, die als theoretische Orientie2 Vgl. I.M. Barclay, Obeying the Truth. A Study of Paul's Ethics in Galatians, Minneapolis 2 1991 sowie die Rezension von 0. Merk, T h L Z 118 (1993) 225-227. 3 Zur Frage, wo genau die Paränese im Galaterbrief einsetzt, vgl. 0. Merk, Der Beginn der Paränese im Galaterbrief: Z N W 60 (1969) 83-104. Merk kommt zu dem Ergebnis, in 5 , 1 12 liege eine „Zusammenfassung des Voranstehenden (3,1-4,31)" vor, so daß „der Beginn des ethischen Abschnittes in 5,13 die wahrscheinlichste Annahme" sei (104). Gleichwohl wird man davon sprechen dürfen, daß in 5,10-12 zugleich ein präludierender Ubergang zur Paränese zu sehen ist.

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rung ohne Folgen für die Gestaltung des Lebens und Handelns bleiben würde. Vielmehr wird der Glaube als ein Verhalten bestimmt, das alle Bereiche christlichen Lebens umgreift. Haben die Glaubenden die liebende Zuwendung Gottes in Christus erfahren, so können und dürfen sie sich ihrerseits nicht anders verhalten, als daß sie in der Liebe tätig sind und Zeichen der Barmherzigkeit setzen.

III. Zu Beginn des fünften Kapitels weist somit der Apostel mit aller Klarheit darauf hin, daß „nun" - d. h. hier und jetzt - Folgerungen zu bedenken sind, die sich auf das Verhalten der Christen in der Wirklichkeit des Alltags beziehen. Welcher Art solche Konsequenzen sind und wie sie im einzelnen Gestalt gewinnen mögen, wird im weiteren Verlauf des fünften Kapitels des näheren ausgeführt. Das Präludium „So steht nun fest" (5,1) wird im 13. Vers wieder aufgenommen, indem das entscheidende Stichwort wiederum herausgehoben wird, unter das der Apostel seine Begründung christlicher Ethik stellt: „Zur Freiheit hat uns Christus befreit" (5,1) - „Ihr aber, liebe Brüder, seid zur Freiheit berufen" (5,13). Es mag auf den ersten Blick verwundern, daß an diesen beiden Stellen der Begriff der Freiheit mit so starker Betonung verwendet wird. Der Apostel bedient sich seiner, obwohl er sich dessen sehr wohl bewußt ist, daß dieses Stichwort zu libertinistischer Mißdeutung Veranlassung geben könnte. Doch verwendet er dieses Wort auffallender Weise erst hier - nicht in den vorangegangenen grundsätzlichen Ausführungen von der Rechtfertigung der Glaubenden, sondern genau an der Stelle, wo die sittlichen Ermahnungen des Briefes eingeführt und gleichsam unter eine generelle Überschrift gestellt werden. Sie lautet: Freiheit - nicht Knechtschaft. Die „eleutheria" geht - wie Gerhard Ebeling in seiner Erklärung des Galaterbriefes sagt4 - „wie ein strahlender Stern erst am Beginn des Schlußteils 5,1 a u f . Der Sache nach ist im Galaterbrief - ohne freilich den Begriff in den Kapiteln 3 und 4 zu verwenden - immer schon von der Freiheit die Rede gewesen. Aber erst jetzt bringt der Apostel seinen Gedankengang gleichsam auf den zusammenfassenden Ausdruck, der den schlechthin entscheidenden Punkt bezeichnet. Samuel Vollenweider hat in seiner umfangreichen Monographie über den Begriff der Eleutheria bei Paulus und in seiner Umwelt mit vollem Recht betont, die Freiheit gegenüber dem Gesetz stelle die Mitte des paulinischen Verständnisses von „eleutheria" dar.5 Das aber bedeutet, daß 4 G. Ebeling, Die Wahrheit des Evangeliums, Tübingen 1981, 315. 5 S. Vollenweider, Freiheit als neue Schöpfung - eine Untersuchung zur Eleutheria bei Paulus und in seiner Umwelt (FRLANT 147), Göttingen 1989, 402.

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der Apostel nicht etwa eine irgendwie erneuerte Gesetzlichkeit zum Gegenstand sittlicher Belehrung macht. Die ethischen Überlieferungen der hellenistischen Synagoge hätten ihm hierzu durchaus reichhaltiges Material anbieten können. Er stellt vielmehr mit deutlicher Entschiedenheit die von ihm darzulegende ethische Unterweisung unter das Leitmotiv der Freiheit. Zur Freiheit hat uns Christus befreit. Der Dativ ist sicherlich am besten final zu deuten. 6 Denn „Freiheit und nicht Knechtschaft ist das Ziel der Erlösungstat Christi". 7 Der Begriff der Freiheit faßt zusammen, was sowohl das Sein der Christen wie auch ihr Tun betrifft. In die Freiheit hinein sind sie berufen, wie Paulus im 13. Vers in wiederholender Aufnahme des Leitmotivs noch einmal unterstreicht. Das aber bedeutet auf der einen Seite, daß eine wie auch immer geartete gesetzliche Motivation und Ausgestaltung christlicher Ethik vollkommen ausgeschlossen ist. Auf der anderen Seite aber ist die Warnung vonnöten: „Doch seht zu, daß ihr durch die Freiheit nicht dem Fleisch" d.h. dem eigenmächtigen, eigenwilligen und eigensüchtigen Verhalten „Raum gebt". (5,13) Was nun allein gilt, wird so beschrieben: „Sondern durch die Liebe diene einer dem anderen." (ebd.) Wiederum taucht hier das Stichwort „Liebe" zur inhaltlichen Charakterisierung christlicher Lebensführung auf. Ohne Zweifel greift der Apostel damit auf ihm bereits vorgegebene urchristliche Überlieferung zurück, die mit der Antwort, die Jesus auf die Frage eines Schriftgelehrten gegeben hatte, das Doppelgebot der Liebe als das höchste aller Gebote bezeichnete. Die Freiheit, von der im Leitmotiv paulinischer Ethik so entschieden die Rede ist, gewinnt mithin in der Liebe ihre konkrete Gestalt. Damit ist in aller Klarheit festgestellt, daß die christliche Freiheit nicht etwa mit Beliebigkeit oder gar Willkür eigenen Verhaltens verwechselt werden darf. Freiheit bedeutet in der Tat das Gegenteil von Knechtschaft, in deren Gefangenschaft man sich befunden hätte. Indem jedoch Christus den Fluch des Gesetzes auf sich nahm, ja - wie Paulus in scharfer Zuspitzung der Gedankenführung formuliert um unseretwillen selbst zum Fluch wurde (3,13), hat er der Herrschaft des knechtenden Gesetzes ein für allemal ein Ende bereitet. An seine Stelle ist nun die Freiheit zur Liebe und die von Liebe erfüllte Freiheit getreten, die fortan dem sittlichen Verhalten leitende Orientierung gibt. Ist die Liebe - wie 1 Kor 13 des näheren ausgeführt ist - ebenso erfinderisch wie unermüdlich, ebenso geduldig wie ausdauernd, so gewinnt sie für ihr Handeln Gestalt, indem sie überkommene sittliche Weisungen und durch lange Tradition erprobte Regeln zur Kenntnis nimmt. Dabei weiß sie prüfend zu bedenken, was aus ihnen zu lernen und für jeweils anstehende Entscheidungen zu gewinnen ist. Weist der Apostel wiederholt (vgl. auch Rom 13,8-10) auf die Kraft der Spontaneität hin, wie sie der Liebe eigen ist, so 6 Vgl. S. Volknweider, a.a.O., 289. 7 S. Vollmweider, ebd.

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kann er doch ihrem Erfindungsreichtum gerade dadurch Ausdruck verleihen, daß er in katechismusartiger Aufreihung überkommene ethische Regeln aufführt, die sich auch im Verhalten der Christen und ihrer Gestaltung des Alltags als brauchbar und förderlich erweisen können. Sie sind in keiner Weise kasuistisch bestimmt, sondern bieten gleichsam Beispielsammlungen, die lehrreiches und förderliches Material zusammenstellen, das für ethische Besinnung und konkrete Verwirklichung in Liebe gestalteter Freiheit sich als gut und nützlich erweisen mag. In Aufnahme herkömmlicher Kataloge von Begriffen kann der Apostel daher sowohl die „Werke des Fleisches" wie auch die „Frucht des Geistes" veranschaulichend beschreiben (5,19-23). Denjenigen, die geneigt sein mögen, den Werken des Fleisches nachzuhängen, wird die strenge Warnung vor Augen gerückt, alle, die solches tun, werden das Reich Gottes nicht erben (5,21). Die drohende Möglichkeit, das Ziel zu verfehlen und das Heil zu verlieren, bleibt also bestehen. Doch ihr wird die Wirklichkeit des in Christus erneuerten Lebens gegenübergestellt, dem Walten des Geistes Raum zu geben und die von ihm hervorgebrachte Frucht wachsen zu lassen. Gegen diese reiche Frucht „ist das Gesetz nicht" (5,23), ihr vermag es also schlechterdings nichts anzuhaben. Denn gestaltete Freiheit ist Ausdruck des vom Geist getragenen und geleiteten Lebens in Christus. Gutes tun und nicht müde werden (6,9) - das bleibt ebenso wie in traditioneller katechetischer Unterweisung die Aufgabe, die es im Alltag und dem in Treue versehenen Dienst der Christen zu erfüllen gilt. Hans Dieter Betz hat in seinem großen Kommentar zum Galaterbrief den Charakter christlicher Ethik, wie sie vom Apostel Paulus begründet und entfaltet wird, in Gegenüberstellung zu jüdischem wie auch hellenistischem Verständnis der Ethik genauer gekennzeichnet. Die Aufgabe christlicher Ethik wird von ihm mit Paulus dahin bestimmt, sie habe die empfangene Freiheit zu bewahren - "to preserve freedom". 8 Das bedeutet - so fährt Betz fort daß Paulus nicht das jüdische Verständnis teilt, nach dem Ethik dazu da sei, Übertretungen zu verhindern und auf die Erfüllung der gesetzlichen Forderungen der Thora zu dringen. Aber Paulus folge auch nicht der geläufigen hellenistischen Auffassung, nach der die Natur des Menschen durch Erziehung zu entwickeln und durch konsequente Übung im Erwerb von Tugenden von Stufe zu Stufe voranzuschreiten sei. Die Ethik des Apostels unterscheide sich vielmehr sowohl von jüdischen wie auch von griechischen Auffassungen dadurch, daß es nicht darum gehe, etwas zu erreichen bzw. zu erwerben, was noch nicht vorhanden sei. Sondern für Paulus kommt es allein darauf an, das, was uns in Christus geschenkt wurde, festzuhalten und Gestalt gewinnen zu lassen.9 Mit dieser Charakterisierung dürfte der entschei8 HD. Betz, Galatians, Philadelphia 1979, 257. 9 Vgl. HD Betz, ebd.

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dende Sachverhalt richtig bestimmt und der spezifisch paulinische Charakter in der Begründung einer christlichen Ethik zutreffend gewürdigt worden sein.

IV. Kehren wir von diesen Überlegungen noch einmal zur Betrachtung des Leitmotivs zurück, unter das der Apostel die Beschreibung christlicher Ethik gerückt hat: „Zur Freiheit hat uns Christus befreit - so steht nun fest und laßt euch nicht wieder das Joch der Knechtschaft auflegen" (5,1)- und: „Ihr aber, liebe Brüder, seid zur Freiheit berufen. Allein seht zu, daß ihr durch die Freiheit nicht dem Fleisch Raum gebt." (5,13) Auf der einen Seite wird der Zuspruch formuliert: Das ist euch widerfahren - ihr seid zur Freiheit berufen. Auf der anderen Seite aber wird ein Anspruch bezeichnet, der sich sogleich auf den eben ausgesagten Zuspruch bezieht: Steht nun fest in dieser erfahrenen Berufung zur Freiheit und achtet darauf, daß diese Freiheit festgehalten wird. Innerhalb der von ihm entfalteten sittlichen Unterweisung kann der Apostel dieses gegenseitige Verhältnis von Zuspruch und Anspruch auch so ausdrücken, daß er sagt: „Wenn wir im Geist leben, so laßt uns auch im Geist wandeln." (5,25) Dabei geht es um denselben Sachverhalt, ist doch ein Leben im Geist, das durch das gegenwärtig erfahrene Handeln des barmherzigen Gottes begründet und getragen ist, für Paulus identisch mit dem Leben in der Freiheit des Christen. In beiden Aussagen wird dieselbe Begrifflichkeit verwendet: zur Freiheit berufen - in der Freiheit stehen; im Geist leben - im Geist wandeln. Beide Sätze müssen daher auf Grund der ihnen gemeinsamen Terminologie und ihrer daraus hervorgehenden gegenseitigen Bezogenheit, in der sie zueinander stehen, erklärt werden. Auf der einen Seite wird gesagt: Ihr habt in Christus das Heil empfangen. Auf der anderen Seite aber wird nicht übersehen, daß die Mächte von Sünde, Gesetz und Tod, die Christus besiegt hat, noch da sind. Deshalb muß der Christ den Kampf zwischen Fleisch und Geist, zwischen der Eigenmächtigkeit des Menschen und der Bestimmtheit des neuen Lebens durch Gottes rettende Tat aufnehmen und austragen. Die zwingende Gewalt der Mächte, denen wir einst als Sklaven hatten ausweglos dienen müssen, ist zerbrochen. Darum handelt es sich nicht um einen Streit, in dem wir rettungslos untergehen müßten, sondern kann den Gewalten erfolgreich Widerstand geleistet werden. Der Imperativ ist daher an den Christen gerichtet, der nicht mehr „nach dem Fleisch", wohl aber „im Fleisch" seiner menschlichen Existenz lebt (Gal 2,20). Wenn dabei die Imperativische Aufforderung mit denselben Worten ausgedrückt wird, mit denen auch die indikativische Aussage formuliert wurde, so gilt uneingeschränkt, daß die Glaubenden im Geist leben.

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Weil aber das neue Leben, das der Christ empfangen hat, noch verborgen ist, darum ist es notwendig, daß sowohl der Zuspruch des in Christus geschenkten Heils wie auch der Anspruch gehört wird, diese Gabe im Glauben zu ergreifen, um das neue Leben zu gestalten, das in Christus schon Wirklichkeit geworden ist. Die Beschreibung christlicher Ethik als Fest-Stehen in der Freiheit, die sich als Konsequenz aus der erfahrenen Zueignung des Heils ergibt, findet daher in den aufeinander bezogenen Aussagen von Indikativ und Imperativ ihren angemessenen Ausdruck. Der Imperativ des Wandeins nach dem Geist „steht also" - wie Rudolf Bultmann in seinem klassischen Werk der Theologie des Neuen Testaments prägnant formuliert - „nicht nur in keinem Widerspruch zum Indikativ des Gerechtfertigtseins, sondern folgt vielmehr aus ihm."10 Und er fährt fort: „Es gilt also in gewissem Sinne das,Werde, der du bist!' - aber nicht in dem idealistischen Sinne, daß die Idee des vollkommenen Menschen im unendlichen Fortschritt mehr und mehr verwirklicht werde ... Die dem Glauben geschenkte Möglichkeit des Lebens im Geist muß im Wandel im Geist ausdrücklich ergriffen werden. Der Indikativ begründet den Imperativ."" Beschreibt der Begriff des Lebens im Geist die umfassende Gültigkeit der empfangenen Gabe, über die hinaus es nichts Größeres und nichts Höheres geben kann, so wird die gestellte Aufgabe christlicher Lebensführung als Gestaltung dessen gekennzeichnet, was in dieser Gabe enthalten ist. Christliche Ethik kann und darf nicht der irrtümlichen Meinung verfallen, als könnte zur empfangenen Gabe noch irgendetwas hinzugefügt werden. Sie hat vielmehr ausschließlich zu verdeutlichen, daß der Wandel im Geist nichts anderes ist als die Konkretisierung des in Christus geschenkten Lebens im Geist, das in der Freiheit vollzogen wird, die sich zum Dienst in der Liebe gerufen weiß. V.

Ungeachtet der kritischen Beurteilung des Gesetzes, wie sie im Galaterbrief ausgeführt wird, spricht der Apostel innerhalb des ermahnenden Teils seines Briefes vom Gesetz in einem eindeutig positiven Sinn: „Einer trage des anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen." (6,2) Doch was soll es bedeuten, daß das Handeln der Christen unter das Vorzeichen des Gesetzes Christi gerückt wird? Sollte die Meinung einiger Exegeten zutreffen, der vor allem Heikki Räisänen in seiner kritischen Betrachtung des paulinischen

10 R. Bultmann, Theologie des Neuen Testaments, Tübingen 8 1980, 334. 11 R. Bultmann, a.a.O. 334f.

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Gesetzesbegriffs Ausdruck gegeben hat, 12 daß der Apostel je nach Situation und Gedankenführung den Begriff des Gesetzes in unterschiedlicher Weise verwendet, so daß es nicht gelingen könnte, systematische Klarheit in sein Verständnis zu bringen? Solche Skepsis dürfte jedoch nicht berechtigt sein, wenngleich nicht zu bestreiten ist, daß die paulinische Rede vom Gesetz mancherlei Probleme aufgibt, die sich nicht leicht lösen und in ein einheitliches Gesamtbild zusammenführen lassen. Unverkennbar ist jedoch, daß der Apostel trotz der kritischen Sicht, die er von der knechtenden Herrschaft des Gesetzes entfaltet, gleichwohl daran festhält, daß das Gesetz aus Gottes Hand gegeben wurde und seinem Ursprung nach in seinen Geboten heilig, gerecht und gut ist (Rom 7,12).13 Erst dadurch, daß die Sünde sich des Gesetzes bediente und es zur Erreichung ihrer Ziele einspannte, wurde seine Wirkung in das Gegenteil verkehrt: statt zum Leben zu führen, den Tod einzutragen. Weil nun aber Christus diese unheilvolle Allianz zerbrochen und dem Leben zum Sieg verholfen hat, darum ist durch ihn und in ihm der ursprüngliche Sinn des Gesetzes wieder freigelegt worden: nicht mißbraucht zu werden in der irrigen Meinung, man könnte durch eigenes Tun die Gerechtigkeit erwerben, die vor Gott Bestand haben mag, sondern im Dienst der Liebe die erfahrene Barmherzigkeit Gottes zu preisen und ihm die Ehre zu geben. Solchen rechten Gebrauch des Gesetzes, wie Paulus es in seiner Lehre von der Gerechtigkeit Gottes im wahren Sinne „aufrichtet", d.h. zu seiner eigentlichen Bedeutung bringt (Rom 3,31), nennt der Apostel „Gesetz Christi". Durch Christi Kreuz und Auferstehung ist das Gesetz aus der Umklammerung durch die Sünde herausgelöst und nun seinem rechten Herrn zurückgegeben worden. Darum ist sein Wort für den Christen keineswegs unwesentlich, sondern entfaltet Gottes Gebot für sein Leben. Was geschrieben

12 H. Räisänen, Paul and the Law, Tübingen 2 1987. 13 H. Hübner Das Gesetz bei Paulus. Ein Beitrag zum Werden der paulinischen Theologie (FRLANT 119), Göttingen 3 1982 (' 1978), nimmt an, es habe zwischen dem Galater- und dem Römerbrief eine Entwicklung des paulinischen Verständnisses vom Gesetz stattgefunden, die von einer schroff negativen Einstellung zu einer vorsichtigeren Beurteilung geführt habe. Folgt man dieser Ansicht, so dürfte man Aussagen aus dem Römerbrief nicht zur Interpretation des Galaterbriefes heranziehen. Doch wird man zu berücksichtigen haben, daß Paulus sich im Galaterbrief in einer scharfen Auseinandersetzung mit judaistischen Lehrern des Gesetzes befand und daher entsprechend kritisch zu formulieren hatte. Im Römerbrief hingegen war keine polemische Situation dieser Art gegeben und konnte der Apostel grundsätzlicher argumentieren. Vgl. auch K. Kertelge, Gesetz und Freiheit im Galaterbrief, N T S 30 (1984) 326-337 = Grundthemen paulinischer Theologie, Freiburg 1991, 184— 196 (hiernach zitiert): zwar seien Unterschiede in der Interpretation des Gesetzes zwischen diesen beiden Briefen nicht zu übersehen, doch blieben diese graduell: „Sie verweisen von den jeweiligen unterschiedlichen Briefsituationen her auf den gleichen Ansatz der paulinischen Theologie, nämlich auf den Ansatz bei der christologischen Erkenntnis, daß Gott sich am Gesetz vorbei in Jesus Christus zum Heil der Menschen geoffenbart hat, und zwar zum Heil aller, Juden und Heiden." (185)

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steht, gilt auch für die Christen: „Du sollst nicht ehebrechen; du sollst nicht töten; du sollst nicht stehlen; du sollst nicht begehren." (Rom 13,9) Faßt der Apostel mit dem Ausdruck „Gesetz Christi" die für das Leben der Christen geltende Weisung zusammen, so ist dieser Begriff offensichtlich seinen Gemeinden bereits bekannt gewesen. Denn dieser erfährt keine Erläuterung. Die Frage, von welchen Voraussetzungen der Begriff des Gesetzes Christi bestimmt ist, ist freilich nicht leicht zu beantworten. Zwar kann in der rabbinischen Tradition gelegentlich von einer Thora des Messias gesprochen werden. Aber darunter wird nicht etwa die Thora verstanden, die das Gesetz des Mose verdrängen und sich an seine Stelle setzen werde. Vielmehr handelt es sich um eine neue Auslegung des überkommenen alten Gesetzes, wie sie der Messias vornehmen wird.14 Die Begriffsverbindung, die sich im apokalyptischen Schrifttum überhaupt nicht findet, wird daher sicherlich nicht auf eine jüdische Vorgeschichte,15 sondern auf christlichen Ursprung zurückzuführen sein.16 Doch mit diesem Ausdruck wird Paulus schwerlich, wie mit anderen zuletzt Heinz Schürmann in seinen Studien zur neutestamentlichen Ethik erwogen hat, an die Verkündigungjesu haben anknüpfen wollen, um gleichsam eine Zusammenfassung seiner Lehre als Gesetz Christi zu bezeichnen. 17 Denn nur an wenigen Stellen der paulinischen Briefe liegen eindeutige Bezugnahmen auf Herrenworte vor, obwohl es zutrifft, daß einzelne Logien Jesu wie z.B. die Hervorhebung des Liebesgebots ohne besondere Kennzeichnung in der katechetischen Unterweisung der frühen Christenheit verwendet worden sind. Am wahrscheinlichsten wird die Annahme sein, daß es sich um eine genuin paulinische Wortprägung handelt, 18 an die auch die Bemerkung des Apostels anklingt, er sei mitnichten ohne Gesetz, sondern sei einer, der unter dem Gesetz Christi stehe (1 Kor 9,21).19 Indem Paulus sich dieser Wendung be14 Vgl. P. Billerbeck, Kommentar zum Neuen Testament aus Talmud und Midrasch III, München 1926, 577. 15 Vgl. E. Bammel, Ν ό μ ο ς Χριστού, in: Studia Paulina, ed. F. Cross (TU 88), Berlin 1964, 120-128. 16 P. Stuhlmacher, Biblische Theologie des Neuen Testaments I, Göttingen 1992, 213, vermutet, die Rede vom Gesetz Christi könnte aus dem Kreis hellenistischer Christen hervorgegangen sein. Doch diese Vermutung läßt sich nicht beweisen. 17 H. Schürmann, Studien zur neutestamentlichen Ethik, hg. von T h . Söding, Stuttgart 1990, 53-77: „Das Gesetz des Christus" (Gal 6,2). Jesu Verhalten und Wort als letztgültige sittliche N o r m nach Paulus. Vgl. auch B. Hays, Christology and Ethics in Galatians: T h e Law of Christ: CBQ.49 (1987) 268-290. 18 Die von H.D. Betz geäußerte Vermutung, es könnte sich bei dem Ausdruck „Gesetz Christi" ursprünglich um ein Stichwort der galatischen Gegner des Paulus gehandelt haben (a.a.O. 299-311), kann kaum überzeugen. Derselbe Gedanke wird freilich auch von U. Wilckens erwogen: Zur Entwicklung des paulinischen Gesetzesverständnisses N T S 28 (1982) 154-190, bes. 175f. 19 Vgl. auch 0. Hofius, Das Gesetz des Mose und das Gesetz Christi: Z T h K 80 (1983) 2 6 2 286 = Paulusstudien ( W U N T 51), Tübingen 2 1994, 50-74.

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dient, tritt er in aller Entschiedenheit irrigen Behauptungen entgegen, als ob Freiheit in Christus mit Beliebigkeit oder Willkür eigenen Verhaltens verwechselt werden dürfte. Im Gegenteil, wer zu Christus gehört, ist ihm als seinem Herrn zum Gehorsam unterstellt. Dieses Verständnis des Begriffs „Gesetz Christi" legt sich auch aus der Betrachtung des Kontextes im Galaterbrief nahe. Im Zusammenhang der sittlichen Unterweisung ist auf der einen Seite davon die Rede, daß in der Gemeinde einer dem anderen zurecht helfen soll, wenn er sich zu einer Verfehlung hinreißen läßt (6,1). Auf der anderen Seite aber wird daran erinnert, wenn jemand meine, er sei etwas, obwohl er doch nichts sei, so betrüge er sich selbst (6,3). Die Lasten der anderen auf sich zu laden, ist Ausdruck der Liebe, in der einer dem anderen begegnen und zur Seite stehen soll. Denn „das ganze Gesetz wird in einem Wort erfüllt, in dem: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst." (5,14) Damit wird unzweideutig klargestellt, daß für den Christen das Gebot der Schrift nicht etwa seine Bedeutung verloren hat, sondern nun erst in seinem wahren Sinn begriffen werden kann — um eine Formulierung von Ulrich Wilckens aufzunehmen - als „das Gesetz in seiner Bestimmtheit durch Christus".20 Denn - wie Karl Kertelge treffend ausgeführt hat - „in der Gestalt des Liebesgebotes ist das Gesetz für den Christen verbindlich ... In diesem Sinne ist das,Gesetz des Christus' in Gal 6,2 nicht der paradoxe Ausdruck für die weitere Geltung des,alten' Gesetzes, sondern der Verbindlichkeit anzeigende Ausdruck des christlich gewendeten und interpretierten Gesetzes."21 Die Freiheit, zu der der Herr die Seinen berufen hat, bedeutet zugleich Gebundenheit - doch nicht Knechtschaft, wie sie in der Vergangenheit herrschte, sondern Gehorsam derer, die den heiligen, gerechten und guten Willen Gottes in ihrem Leben und Handeln befolgen. Indem das Gebot der Liebe als die Summe begriffen wird, in der das Gesetz seinen zusammenfassenden Ausdruck findet, kann das Gesetz Christi in der Freiheit derer, die dem Rufe des Herrn folgen, erfüllt werden.22 Der Wandel der Christen ist von der Liebe geleitet, die ihnen in Christus zugewandt ist und die sie in der Führung ihres Lebens dem Nächsten zu erweisen haben. Von der Liebe aber geht erneuernde Kraft aus, so daß Gottes neue Schöpfung die Gegenwart bestimmende Wirklichkeit ist (6,15). Denn die Wahrheit des Evangeliums, von der der Apostel im Galaterbrief mit betontem Nachdruck spricht (2,5.14; 5,7), zielt auf eine Ethik als Gestalt gelebter Freiheit in Christus.

20 U. Wilckens, a.a.O. 175. Vgl. ferner W. Schräge, Ethik des Neuen Testaments (NTD.E 4), Göttingen 2 1989, 213f. 21 Κ Kertelge, a.a.O. 192f. 22 Vgl. K. Kertelge, Freiheitsbotschaft und Liebesgebot im Galaterbrief, in: Neues Testament und Ethik, FS für R. Schnackenburg, Freiburg 1989, 326-335 = Grundthemen paulinischer Theologie (s. Anm. 13) 197-208.

Changes of Thought in Pauline Theology? Some Reflections on Paul's Ethical Teaching in the Context of His Theology In most traditional interpretations of Pauline theology the thoughts developed by the apostle are seen as constituting a relatively homogeneous unity. In his ethical instructions Paul made use of traditional material drawn from his Jewish background as well as from Hellenistic presuppositions. But he integrated that material into his preaching of the gospel in order to explain what it meant to conduct one's life in a Christian manner. Confronted with different situations in his churches, the apostle shaped his arguments in the context of his theology. His teaching was not characterized by the elaboration of a theoretical system of thought but was unfolded as he answered concrete questions and thus explained the central meaning of the good news and its implications for the behavior of those who believe in Christ. Recent scholarly research, however, has seriously questioned this understanding. Was Paul's theology so clearly shaped from the beginning - springing from Paul's basic theology like the fully-armed goddess Athena from Zeus's head? O r can we still find within the Corpus Paulinum some general lines pointing to a process in which Paul was evaluating the expression of his theological thoughts step by step? Some scholars are inclined to make a clear distinction between the earliest letter from Paul's hand, which was sent to the Thessalonians, and the last epistle, which he wrote to the Christians in Rome. Between these fixed points we find the main corpus of documents which, one after the other, show how the apostle was attempting to come to terms with the different topics he faced. Looking at the letters in this way, one may raise the question whether in 1 Thessalonians eschatology so dominates the discussion that even the ethical instruction is entirely shaped by Paul's understanding of the coming parousia - whereas later, when Paul became increasingly aware that the last judgment probably would not take place as soon as he had once expected, his ethics took a corresponding turn of direction. Such a question is by no means new, for some exegetes pointed to problems of development in Paul's thought years ago.1 But while it is admittedly probable - as VP. Furnish has remarked 1 See, e.g., C.H. Dodd, "The Mind of Paul: Change and Development" BJRL 18 (1934) 69110, repr. In Dodd, New Testament Studies (3d ed.; Manchester: University of Manchester Press, 1967) 83-110; C. Buck and G. Taylor, Saint Paul, A Study of the Development of His Thought (New York: Charles Scribner's Son, 1969).

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- "that a writer's thought has undergone some modifications or even perhaps decisive shifts over a period of time in the course of altered conditions or even as a result of new insights,"2 readers are rightly warned not to overemphasize any particular observations. If this warning is not heeded, ancient authors can be seen simply as pragmatic persons who changed their minds whenever it proved useful in handling difficult affairs. So one must be careful when considering whether there were changes or developments of thought in Paul's theology. These considerations notwithstanding, some scholars argue that we can detect changes within the apostle's theological thinking. 3 So S. Schulz, in his voluminous work on New Testament ethics, distinguishes sharply between an early phase of Pauline ethical instruction which is found in 1 Thessalonians and a later stage represented in Romans, with a middle phase in between. 4 Not only Paul's eschatology but also his understanding of the role of the law is taken as evidence for speaking of changes in the apostle's ethical thought. So it is supposed that in 1 Thessalonians the law of Moses as way of salvation and the ethical relevance of the commandments are closely connected with each other. God's will is to be found in general morals applied to the Christian life. And it is the spirit which gives one the power to fulfill the demands of God. At the same time, it is argued that no hints of Paul's theology of justification can be detected in 1 Thessalonians. Rather, this understanding of the Christian kerygma was developed by Paul only in later letters when, as a consequence, his paraenetical comments were shaped to fit the new theoretical framework. At an even later stage, the final and definitive description of Pauline ethics was expounded in Romans. 5 But is this really a convincing perspective for interpreting Paul's thought? Are we, as critical interpreters, actually in the position of being able to observe how Paul was learning, at successive periods of his apostolic ministry, to express his preaching and teaching? O r should one hesitate before differentiating among three or even more phases of Paul's theological thinking?

/. When one examines the Corpus Paulinum as a whole, certain changes of thought stand out to such a degree that they constitute some of the important reasons for distinguishing between Pauline and deuteropauline epistles. Thus 2 VP Furnish, "Development in Paul's Thought," JAAR 38 (1970) 289-303; here, 289-290. 3 Cf. U. Schnelle, Wandlungen im paulinischen Denken (Stuttgart: Katholisches Bibelwerk, 1989). 4 S. Schulz, Neutestamentliche Ethik (Zürcher Grundrisse zur Bibel; Zürich: Theologischer Verlag, 1987). 5 Ibid., 301-333.

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in the Pastorals we find not only that Paul's work is brought into a different situation - a situation which does not fit into the chronology of the authentic Pauline writings and the Acts of the Apostles - but also that some shifts in theological argument have occurred. Time was passing, and the church had to develop appropriate patterns of living in its changing world. A constitution of the church had to be developed, different ministries had to be described, and certain requirements had to be met by those responsible for the Christian congregations. So there are good arguments for interpreting the Pastorals as documents composed within a Pauline school in which the apostle's theology was transmitted and rethought in order to define the position of the church in post-apostolic times. One has to suppose, therefore, that in the Pauline school an intensive discussion was going on about the adequate expression of early Christian theology. Not only the Pastorals but also Colossians and Ephesians are to be characterized as deuteropauline documents and ascribed to members of a Pauline school-not to the apostle himself, and not to a secretary whom Paul might have authorized to speak in his name. In these two epistles as in the Pastorals, early Christian theologians were handling some important problems of their time. Eschatology was no longer emphasized. A doctrine of the church was formulated in which Christianity was seen as the worldwide body of Christ, embracing its members wherever they were. Former Jews and Gentiles were united in Christ. These documents' ecclesiology drew upon Pauline ideas but developed those ideas in the context of a late - first century vision of the role of the church. It was a difficult task, indeed, to reject the influence of a socalled syncretistic philosophy, as Colossians had to do, and to explain the reality of the new life of those who had been baptized in Christ. The ethical instruction has to be seen in close relation to the Pauline paradigm of indicative and imperative as the base of Christian behavior: Those who live in Christ are to "put to death whatever in [them] is earthly: fornication, impurity, passion, evil desire and greed" (Col 3:5), for "[they] have died and [their] life is hidden with Christ in God" (3:3). They "have been raised with Christ" (3:1); thus they are to "seek the things that are above" and "as God's chosen ones, holy and beloved, clothe [them] selves with compassion, kindness, humility, meekness and patience" (Col 3:1, 12). And finally 2 Thessalonians also has to be judged as a deuteropauline text. Whereas 1 Thessalonians expresses a vivid eschatological hope, 2 Thessalonians presents a critical commentary to correct false ideas which might come from an enthusiastic interpretation of such eschatological expectation. The author of 2 Thessalonians must have known the earlier letter because he made use of the style in which 1 Thessalonians was written. Speaking in the same language as Paul in 1 Thessalonians, the author of 2 Thessalonians offers his comments so that misunderstandings might be excluded as far as possible.

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Modern scholarship has attained a far-reaching critical consensus that 2 Thessalonians, Colossians, Ephesians and the Pastorals come, not from the apostle himself but from the Pauline school tradition. Formerly, when scholars tried to understand these epistles as authentic documents written by Paul himself, they were forced to think of changes of thought in the apostle's theology and to see these texts as coming from Paul after he had grown old. O n this view, Paul had to reformulate some central theological topics, and give new expression to what he had said earlier in other ways.6 But attempts at describing the theology of the whole Corpus Paulinum made it more and more evident that such changes of thought took place, not within Paul's lifetime but later, as theologians who had learned from him tried to restate his message in ways they thought he might have done to address the late-first century Christian situation. Hence we may now affirm that there are only seven authentic Pauline letters: 1 Thessalonians, Galatians, 1 and 2 Corinthians, Philippians, Philemon and Romans. Before some theological topics are considered under this perspective a statement about the chronology should be made. 1 Thessalonians is probably the earliest document we have from Paul's hand, written about AD 50, and Romans must be seen as the last letter he composed, about AD 56 or 57. So when we ask whether the Pauline letters represent a concise theology, we must not forget that these letters were composed within a fairly short period of time.

II. Paul had been a trained Jewish scribe before he became Christian. So a fundamental change of thought must have occurred when he was converted and called to be an apostle of Christ. Paul himself described this total renewal of his whole life and thinking when he mentioned how he had behaved as a pious Jew and member of the Pharisaic movement: "If anyone else has reason to be confident in the flesh, I have more: circumcised on the eighth day, a member of the people of Israel, of the tribe of Benjamin, a Hebrew born of Hebrews; as to the law, a Pharisee; as to zeal, a persecutor of the church; as to righteousness under law, blameless" (Phil 3:4—6). The critical point of view was implicit in this enumeration. For what Paul as a Jewish scribe had thought and done resulted in his decision to persecute the church. This persecution - and hence the viewpoint that occasioned it - had proven to be absolutely wrong. 6 See, e.g., A. Schlatter, Neutestamentliche Theologie II: Die Lehre der Apostel (Calw & Stuttgart: Verlag der Vereinsbuchhandlung, 1910) 381-407, dealing with stages in the development of doctrine from 1 Thessalonians up to the Pastorals.

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That is why Paul expressed so sharply the contrast with his new understanding, an understanding which now originated from his confrontation with the crucified and risen Christ: "Yet whatever gains I had, these I have come to regard as loss because of the surpassing value of knowing Christ" (3:7-8). Reflecting the starkness of his incredible change of thought, Paul concludes: "For his sake I have suffered the loss of all things, and I regard them as rubbish, in order that I may gain Christ and be found in him" (v. 9). These sentences may be characterized as the center of Paul's theological thinking from which all subjects discussed in his letters have to be explained. 7 Not only his new understanding of the early Christian kerygma, but also the wellspring of Paul's ethical teaching is to be found here. VP. Furnish expresses it well: "Can a convincing explanation of Paul's conversion be achieved without reference to a changed stance towards the law-the decisive point of reference for the devout Jew, and for Paul himself in his pre-Christian days, as he more than once says?"8 So Philippians 3 opens "a new and determinative Pauline insight," indeed the key to his whole theology.9 This fundamental change of thought happened right at the beginning of Paul's preaching and teaching as an apostle of Christ, a fact which must be kept in mind as one examines the theological topics relevant to the question of whether changes of thought are evident within the sequence of Paul's letters. In what follows, we shall examine, in connection with Paul's ethical teaching, his understanding of eschatology, his interpretation of the law, and his doctrine of justification by faith.

III. Paul did not construct a fixed system of thought which could, in textbook fashion, have served to provide predetermined answers to all questions which might arise. Confronted with different situations and changing problems, Paul was forced to rethink again and again how the Christian kerygma should be understood and applied to actual problems. It is this vivid dialogue which is reflected in the Pauline epistles. a) Eschatological expectation. When he wrote 1 Thessalonians, Paul evidently believed that the parousia was imminent and, indeed, would occur within in his own lifetime. It was, in fact, a common conviction of Christians during 7 Cf. J. Jeremias, Der Schlüssel zur Theologie des Apostels Paulus (Calwer Hefte 115; Stuttgart: Calwer Verlag, 1971), and Ch. Diettfelbinger, Die Berufung des Paulus als Ursprung seiner Theologie (2d ed.; Neukirchen: Neukirchener Verlag, 1989). 8 VP Furnish, "Development in Paul's Thought," 301; cf. idem, Theology and Ethics in Paul (Nashville, TN: Abingdon, 1968) passim. 9 Furnish, "Development in Paul's Thought," 303.

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that early period that this world would come to an end very soon and that the end would bring final judgment and their own ultimate salvation. In the church of Thessalonica, however, Christians were concerned whether those who had recently died would partake of the final salvation. In the face of their lively hope, the continuing reality of death provoked the question, what about those who die before the last day dawns? Paul picked up this question and gave an answer which was rooted in the very center of the Christian confession. He pointed to the early Christian creed which affirmed "that Jesus died and rose again" (1 Thess 4:14), and moving from this common Christian conviction, he concluded, "God will bring with [Christ] those who have died" (v. 14). The argument which followed was based upon a Jesus-logion taken from the oral tradition. From this saying Paul concluded that in the last day the dead in Christ would rise and then "we" - the Christians, including Paul - "who are alive, who are left until the coming of the Lord, shall be caught up in the clouds together with them to meet the Lord." That is to say, all were expected to partake of the final salvation; the dead would be raised, the living would meet the Lord in the air, and all would be with the Lord forever (w. 15-17). It was doubtless Paul's opinion that he himself was among those who would be alive when the final day came. Nevertheless he offers no apocalyptic speculations about end-time conditions. The christological confession is held fast and interpreted so as to allay uncertainty about the future. In Philippians we find a different situation. Paul was in prison and faced the possibility that he might be condemned and sentenced to death. He did not shrink before this danger but was full of hope that he would soon be with the Lord. He left to God's will any decision about his future. The only important point was that "Christ... be exalted now as always in my body, whether by life or by death" (Phil 1:20). "For to me," Paul continued, "living is Christ, and dying is gain. If I am to live in the flesh, that means fruitful labor for me; and I do not know what I prefer. I am hard pressed between the two: my desire is to depart and be with Christ, for that is far better; but to remain in the flesh is more necessary for you" (1:21-24). So Paul - some years after the composition of 1 Thessalonians - no longer expected that the parousia would come during his own lifetime but reckoned with his death before that event. This means, of course, that a change of thought had occurred, and it is a change which can be observed in other Pauline passages as well (cf. 1 Cor 15:51-57; 2 Cor 5:1-5). Nevertheless the firm conviction remained unchanged: "the Lord is near" (Phil 4:5). This hope, consistently maintained, provided the real reason for rejoicing even in suffering and hard times. The nearness of the κύριος [Lord] was not fundamentally an apocalyptic concept. Paul may have used some apocalyptic terms in the context of his eschatological teaching - the trumpet, angels, the raising of the dead etc. - but these terms were not intended to describe an

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apocalyptic drama; rather, they illustrated the worldwide relevance of the eschatological event. Paul was not speculating about the limit or the periods of time as was normally done in Jewish apocalyptic writings. Confessing Christ as the κύριος did not include calculations about an eschatological timetable. T h e only important concern was that of obeying the exalted Lord a n d trusting in him. This understanding of eschatology was preserved by Paul in all his letters right to the end. So in R o m a n s 13 we read: "You know what time it is, how it is now the m o m e n t for you to wake from sleep. For salvation is nearer to us now than when we first became believers" (13:11). In this passage Paul also expressed his belief that the last day was not far away. Looking forward to the coming event, Christians expected that "the appointed time has grown short" (1 C o r 7:29). W h a t conclusions were to be drawn from this understanding? Paul gave a short and clear answer: Christians ought to live in obedience to the c o m m a n d m e n t s of the Lord, keeping in mind that the time G o d gave should be used to proclaim the good news throughout the world. Summing u p Paul's statement about the eschatological hope, we find a consistent line of unabated expectation. A clear change is only evident with respect to the length of time remaining, i.e., with respect to whether Paul thought he would still be alive at the parousia or whether he h a d begun to reckon with the possibility that he might die before that event. His vivid hope was, however, by no means dependent on speculations about space a n d time; instead, it was entirely b o u n d to Christology. T h u s Paul's understanding of eschatology has to be seen as a consequence of interpreting to c o m m o n Christian creed. T h e r e is no evidence for stage of thought which would have developed over the years during which Paul was writing. b) W h a t about Paul's interpretation of the law and its relevance for Christian faith and life? Whereas in earlier expositions of Paul's theology scholars tried to describe his view as more or less uniform., H . Räisänen has argued that Paul offered no clear and definitive insight about the law's relevance. 10 Paul did not work from a consistent theological position but reacted as a pragmatic missionary and preacher, formulating his statement according to the different situations and problems with which he was confronted. H. H ü b n e r has shown the inadequacy of describing Paul's interpretation of the law by reference to Romans alone and the necessity of paying due attention to the special and critical arguments of Galatians. In Hiibner's view, it is more correct to proceed from the other direction and read Galatians first."

10 H. Räisänen, Paul and the Law (2d ed.; Tübingen: Mohr-Siebeck, 1987). 11 Η. Hübner, Das Gesetz bei Paulus - ein Beitrag zum Werden der paulinischen Theologie (3d ed.; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1982); ET: Law in Paul's Thought (ed. John Riehes-, Edinburgh: Τ. & Τ. Clark, 1984).

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In the churches of Galatia some teachers had tried to persuade the newly converted Christians to acknowledge the full relevance of Israel's Torah. One of their main claims was that Paul had withheld this material from his preaching because he wanted to please people (Gal 1:10). But the complete gospel had to include the law, and that meant that circumcision had to be practiced (5:2; 6:12), the Jewish calendar had to be observed (4:10) and rules concerning food and ritual purity had to be followed (2:11-21). Only those who did the works demanded by the Torah could be righteous before God. Paul formulated his response very sharply. Whoever accepted this teaching would be obliged to keep the whole law (5:2). But in so doing they would fall back into that slavery in which they had once lived as pagans (4:9-10). Living under the dominion of the law was, in the end, no better than being subjected to the tyranny of the elemental spirits, as the Galatians had been in the past. This statement clearly constitutes a very polemical description of life under the law. The strict antithesis is quite evident.12 In Romans Paul was not engaged in a controversy as in Galatians but was presenting more general reflections. There are, of course, critical statements: "through the law comes knowledge of sin" (3:20); "the law brings wrath" (4:15); "law came in, with the result that the trespass multiplied" (5:20); etc. But in Romans we find not only negative remarks about the law, but also some positive statements: "the law is holy, and the commandment is holy and just and good" (7:12). Paul thought that if the awful alliance between sin and law were broken then the original goal of the law could be seen anew. And there is the summarizing declaration: "We uphold the law" (3:31), which is to say that in Paul's Christian preaching the original intention of the law was made evident, and thus the law itself became effective in the sense in which God, at the beginning, had given it. It is Hübner's thesis that a change or a development of thought took place between Galatians and Romans. On his view, Paul was engaged in an ongoing evaluation of arguments which led, in the end, to the more sophisticated view represented in Romans. Surely Paul was not bound to a fixed system of dogmatic principles in his doctrine of the law; nonetheless there are weighty doubts about whether a real change of thought occurred. It seems by far more plausible to interpret the different statements as dependent on the respective situations of the addressees to which the apostle had to react.13 12 Paul's understanding of the law is treated in several contributions to the recent debate; see U. Wikkens, "Zur Entwicklung des paulinischen Gesetzesverständnisses," NTS 28 (1982) 154—190; G. Klein , "Werkruhm und Christusruhm im Galaterbrief und die Frage nach einer Entwicklung des Paulus. Ein hermeneutischer und exegetischer Zwischenruf," in Studien zum Text und zur Ethik des Neuen Testaments. Festschrift H. Greeven (Berlin/ New York: de Gruyter, 1986) 196-211; Ρ geller, "Zur neueren Diskussion über das Gesetz bei Paulus," T P 62 (1987) 481-499. 13 Cf. K. Mederwimmers's critical review of Hübner's book, TLZ 105 (1980) 896-898.

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Paul did not change his thinking from one stage of his missionary work to the other. He was, on the contrary, an outstanding theologian arguing from a clear theoretical perspective. So also in Galatians, we find not only negative but also positive statements about the law: "the whole law is summed up in a single commandment, 'You shall love your neighbor as yourself' " (5:14). That is to say, God's commandments remained as valid as they had always been, so that Christians must fulfill the "law of Christ" (6:2). Whenever Paul was talking about the relevance of the law, either in Galatians or in Romans, it was absolutely clear that justification could never be gained by doing the works of the law, but could only be received as God's gift of mercy, accepted by faith. Justification included, however, the strong obligation to live in obedience to God's will. And it is just in this connection that the positive statements about the persistent authority of the law are linked with the arguments for Christian ethics. c) The special terminology related to Paul's understanding of justification by faith is not found in all of his letters, but mainly in Galatians, Philippians and Romans. How is this fact to be evaluated? Some scholars have revived critical viewpoints which were noted in our earlier discussions. So they suppose that Paul did not teach a doctrine of justification from the beginning of his missionary work but was forced by the confrontation in the Galatian churches to develop his understanding of this theme. 14 It is true enough that 1 Thessalonians does not expound a theology of justification, but the problem is how to interpret this fact. Is it that Paul, in his earliest letter, had a deeper understanding of the Christian creed, confessing that the crucified and resurrected Christ is Lord, and that his doctrine of justification developed later in the polemical situation into which he was thrust in writing to the churches of Galatia? There are, it seems to me, some important objections to be made to this thesis. For Paul was not restricted to employing a special terminology in all cases. In the Corinthian correspondence, his theology of the cross and of redemption became the vehicle for explaining the central relevance of the gospel. In comparison with Galatians, Philippians, and Romans, we find in Corinthians a different terminology, but that does not necessarily point to a different theological understanding. O n the contrary, in 1 Thessalonians as well Jesus is described as the savior "who rescues us from the wrath that is coming" (1:10). 14 See esp. G. Strecker, "Befreiung und Rechtfertigung. Zur Stellung der Rechtfertigungslehre in der Theologie des Paulus," in Rechtfertigung. Festschrift für E. Käsemann (Tübingen: Mohr-Siebeck; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1976) 479-508, repr. In Eschatologie und Geschichte. Aufsätze (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 1979) 229-59. Strecker mentions especially W. Wrede and A. Schweitzer, who had discussed this problem earlier.

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This conviction proceeded from the common Christian confession. For Paul argued-as was mentioned earlier-that "since we believe that Jesus died and rose again, even so, through Jesus, God will bring with him those who have died." (1 Thess 4:14) This verse reveals how, right from the beginning of his missionary work, the apostle was interpreting the early Christian kerygma. For he not only referred to Christ's death and resurrection, but at the same time he pointed to its meaning for those who believed and trusted that this message was true. H. Conzelmann was therefore right when he stated that Paul always explained the Christian confession in a way that related Christology and anthropology to one another. Nowhere did he make christological statements per se but he always emphasized that the content of the gospel is directed to us.15 When the faithful answer is given, the real meaning of the message is accepted and understood. This fundamental structure of theological interpretation is found in all of Paul's letters without any change of thought. Paul uses varying terms to express this central relevance of the good news, but the interrelation between Christology and anthropology was described most convincingly in Paul's theology of justification. When he had to refute the false doctrine of those teachers who had come to Galatia, Paul drew upon the example of Abraham and the faith by which he trusted in God's promise: "and it was reckoned to him as righteousness" (Gal 3:6). The long explanation which Paul gives about this Old Testament story must have been developed earlier in intensive discussions about this most important biblical passage. In those discussions Paul could make use of some early Christian formulations in which the meaning of righteousness and justification had been expressed already. For Christ "was handed over to death for our trespasses and was raised for our justification" (Rom 4:25; cf. further Rom 3:25-26; 1 Cor 6:11). We should not, therefore, suppose that it is only when he was confronted with judaizing positions that Paul had to develop his understanding of justification. Rather, it had been the consistently central structure of his thinking which was fundamental for his preaching and teaching. These arguments lead one to agree with F. Hahn when he says that one finds no development in the understanding of justification in the authentic Pauline epistles.16 The apostle may use different words and terms to express the central meaning of the gospel, but the structure of his thinking did not change. O n the contrary, Paul's understanding of the gospel and his doctrine of justification are identical, in regard both to its intention and to its content.

15 H. Conzelmann, "Die Rechtfertigungslehre des Paulus. Theologie oder Anthropologie?" in Theologie ills Schriftauslegung (Munich: Chr. Kaiser, 1974) 191-214; here, 196. 16 See F. Hahn, "Gibt es eine Entwicklung in den Aussagen über die Rechtfertigung bei Paulus?" in T h e Truth of the Gospel (Galatians 1:1—4:11) (ed. J. Lambrecht, Mon. Series of "Benedictina," 12; Rome: St. Paul's Abbey, 1993) 187-232=EvT 53 (1993) 342-66.

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IV. Reading one Pauline letter after the other, one will observe a scarlet thread running from beginning to end. O n the one hand, each letter is a document all its own. But on the other, the inner continuity will not be fully understood when one tries to examine the special theology of each letter separately without looking at the connections with the others. 17 For in the end scholars engaged in this enterprise will not only present different opinions about the interpretation of each individual letter, but will find it even more problematic to delineate the outlines of Pauline theology as a whole. O n the contrary, it is necessary to describe the main lines of the apostle's theological thinking. A very stimulating thesis was put forward by J.G. Beker in his profound book, Paul, the Apostle. The Triumph of God in Life and Thought}6 Since then he has further explained his interpretation in some Essays which should be read in connection with his book. 19 Beker is describing a "via media" between two extremes: a sociological analysis on the one side and a dogmatic imposition of a specific center on Paul's thought on the other side. The fundamental structure of thought is characterized as "the truth of the gospel, i.e. the apocalyptic interpretation of the Christ event in its significance for the eschatological triumph of god." 20 This consistent understanding is applied to the different challenges Paul encountered in his churches. So the coherent answers Paul gave to the various problems are to be seen in their relation to the consistency of his guiding theological interpretation. Beker's "via media" quite helpfully avoids extremes which will not do justice to Paul's theology. But one has to ask whether Beker gives too much weight to the role of apocalypticism in his description of the final triumph of God. It seems to me more convincing to say that it was not an apocalyptic worldview but the christological message of the gospel which formed the leading idea out of which the whole of Paul's theological thinking developed. The central relevance of the gospel was underlined in all his epistles, even in the short letter to Philemon. Although Paul declared emphatically that he was called "neither by human commission nor from human authorities, but through Jesus Christ and God the Father, who raised him from the dead" 17 This is done in Pauline Theology, Volume I: Thessalonians, Philippians, Galatians, Philemon (edJ.M. Bassler; Minneapolis, M N : Fortress, 1991); and Pauline Theology, Volume II: 1 and 2 Corinthians (ed. David M. Hay; Minneapolis, M N : Fortress, 1993). 18 J.C. Beker, Paul, the Apostle. The Triumph of God in Life and Thought (2d ed.; Edinburgh: Τ. & T. Clark, 1984). 19 Cf. J.C. Beker, "Paul's Theology: Consistent or Inconsistent?" N T S 34 (1988) 364-67; idem, "Recasting Pauline Theology. T h e Coherence-Contingency Scheme as Interpretive Model," in Pauline Theology, Vol. 1, 15-24. 20 "Paul's Theology: Consistent or Inconsistent?" 375.

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(Gal 1:1), he did his work in solidarity with the other aposdes and evangelists. And although he was convinced that he neither received the gospel from a human source nor was taught it, but "received it through a revelation of Jesus Christ" (Gal 1:12), he did not hesitate to characterize the content of this message by quoting formulas which had been shaped already by earliest Christianity (1 Cor 15:3-5; Rom 1:3-4 and others). For by doing so he was able to demonstrate that there is one and only one gospel (Gal 1:6-9). This good news was proclaimed by all messengers wherever they preached (1 Cor 15:11). The gospel was not proclaimed by quoting a fixed formula as a sacred text, but the good news had to be addressed to the audience and interpreted in order to underline its concrete meaning. So whenever Paul picked up preshaped texts, he added his comments in order to express the actual meaning of the Christian message. This was Paul's understanding of his missionary work, as can be seen from a comparison of two texts in which he spoke of his appointment as an apostle of Christ. First in Galatians, he wrote of "when God, who had set me apart before I was born and called me through his grace, was pleased to reveal his Son to me, so that I might proclaim him among the Gentiles ..." (1:15-16). That means that Paul was entrusted to confess and to preach Christ as Son of God. Then in Philippians, Paul referred to the same event using the terminology of justification: "not having a righteousness of my own that comes from the law, but one which comes through faith in Christ, the righteousness from God based on faith" (3:9). When these two passages are compared with one another it is clear that preaching the gospel means interpreting its relevance by pointing to justification by faith. Certainly both texts were written a good while after Paul's conversion. There are, however, no reasons to distrust Paul's statements when he described his call in this way For as a Pharisee he had been familiar with the problems of law and justification. But in his encounter with the crucified and risen Lord, it was revealed to him that law and justification would be understood rightly only when they were interpreted entirely in the light of Christology. It was exactly this new understanding by which Paul was guided in his apostolic preaching without any change of thought. It may have taken some time before Paul evaluated all the consequences of his new insight. But there was a long span of years, about which very little news is preserved, before Paul composed his first extant letter. By the time he began writing, he was by no means a beginner, but a theologian who had for many years thought about his understanding and interpretation of the gospel.21 If some development of thought occurred, it must have taken place 21 One should, therefore, not make too sharp a distinction between the message of 1 Thessalonians and that of the following epistles, as some scholars are inclined to do. Cf. Th. Söding, "Der erste Thessalonicherbrief und die frühe paulinische Evangeliumsverkündigung. Zur Frage einer Entwicklung der paulinischen Theologie," BZ 35 (1991) 180-203.

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before 1 Thessalonians was composed, but not during the six or seven years in which Paul's authentic letters were written. It is an important testimony to the high rank of Paul's thinking that he was neither bound to a fixed system of doctrine nor dependent on changing influences from outside. On the contrary, he was able to respond to different situations and to formulate the actual relevance of the gospel again and again by taking into consideration the problems which hat to be answered in each congregation and church. A very important part of his preaching and teaching was Paul's ethical instruction which is as consistent as his whole theology. There are no convincing arguments to show that 1 Thessalonians embodies a less developed understanding of ethical obligation than the following letter. For the law of Moses, to which some scholars point in this connection (see above, p. 76), is in fact nowhere mentioned in the whole letter. In this epistle as in all other Pauline ethical comments the same structure and understanding of paraenesis is found. That means that ethical teaching was unfolded under the eschatological perspective of Paul's theology, which is closely related to Christology· We read that Paul had spoken in Thessalonica of how Christians "ought to live and to please God" (1 Thess 4:1). "For," the apostle says, "you know what instructions we gave you through the Lord Jesus" (v. 2). To this general instruction was added a series of individual exhortations which, in turn, were strengthened by the reminder "to aspire to live quietly, to mind your own affairs, and to work with your hands, as we directed you, so that you may behave properly towards outsiders" (w. 11-12). These statements include references to tradition, to specific commandments, and to that which is generally accepted as right conduct. The confession of Jesus as Lord was to be validated to "outsiders" by the credible conduct of Christians. If a positive evaluation of Christians by "outsiders" was expected, this meant that the rules that governed moral conduct in general were also to be observed by Christians. "To live in accordance with the instructions given through the Lord Jesus" (cf. 4:2) was, in brief, the content of Christian ethics. It referred to conduct of the individual as well as to the common life in the community, without separating either from the other. The commanding authority of the Lord applied to all realms of the life of the believers.22 In our last preserved Pauline document as in the first one, the ethical instruction was presented from an eschatological perspective: "the night is far gone, the day is near. Let us then lay aside the works of darkness and put on the armor of light" (Rom 13:12), Christians are people who belong to the day; that is, they live their lives in the light of the dawning day of the Lord. They must therefore "keep awake" and "be sober" (1 Thess 5:5-6). What can 22 Cf. E. Lohse, Theologische Ethik des Neuen Testaments (Stuttgart: Kohlhammer, 1988) 910; ET: Theological Ethics of the New Testament (Minneapolis, MN: Fortress, 1991) 2-3.

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be done stealthily in the darkness does not even come into consideration for Christians: reveling and drunkenness, bebauchery and licentiousness, quarreling and jealousy. The appropriate response to the time is "to put on the Lord Jesus Christ" (Rom 13:13-14). Such words in fact leave no doubt: by pointing to the ultimate day of the Lord and the kind of life it demands in the present age, one can derive clear directions for leading one's life.23 So it is evident that there is a consistent understanding of Christian ethics in all the authentic Pauline epistles. Christians are charged with the responsibility of living their life "in a manner worthy of the gospel of Christ" (Phil 1:27). By pointing to the central relevance of the gospel, Paul integrated his ethical teaching into the context of his whole theology. The eschatological basis of ethical instruction affirms that the future salvation has already come near (Rom 13:11). All the same, the confidence of this expectation is not dependent on calculating how far advanced the hands of the world clock may be. Whether the Lord would come during the lifetime of the apostle or only after his death was a matter of no importance. The sole decisive thing was the conviction that Christians belong to the Lord, who has delivered his own from darkness and placed them in the clear light of day. They cannot therefore continue in the works of darkness, but must put on the armor of light (Rom 13:12).24 Paul may have changed his way of speaking to the various churches and the terminology by which he explained the common Christian kerygma, 25 but he did not change his fundamental theological thought. 26 That means that Paul's theology "is best described not as lineal and developing but as complex and dialectical." 27

23 Cf. Lohse, Theologische Ethik, 33 (ET, 42-4-3). 24 Cf. Lohse, Theologische Ethik, 73 (ET, 112). 25 Cf. W.G. Kümmel, „Das Problem einer Entwicklung in der Theologie des Paulus", N T S 18 (1971/72) 457-458. 26 W. Schräge, Ethik des Neuen Testaments (2d ed.; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1989) 169; E T of 1982 ed.: T h e Ethics of the New Testament (Philadelphia: Fortress, 1988). 27 Furnish, "Development in Paul's Thought," 303. Cf. further G. Lüdemann, Paulus der Heidenapostel I (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1980) 21 η. 11 and 228 n. 52.

Εύαγγέλιον Θεοΰ Paul's Interpretation of the Gospel in His Epistle to the Romans* All roads lead to Rome - this was quite a common experience in antiquity, and still is in modern times. Coming to this city one has to be prepared to listen to what people living here have to say. But at the same time one has to make up one's own mind in order to explain the message one has to deliver. This was exactly the situation in which Paul was when he was thinking of the Christians in the capital of the Imperium Romanum. For no other letter he wrote to early Christian churches was composed in such a careful way as the Epistle to the Romans. Paul was fully aware that he was not speaking to a church which he himself had founded, but that there were Christians in Rome as God's beloved and saints who over a considerable period had come together there before the apostle to the Gentiles could have the chance to come for a visit and to meet them. For this reason Paul had to formulate his thoughts with utmost care in order to win the sympathy of the Christians in Rome. It was the plan of the apostle to finish his work in the eastern part of the Empire and then to travel to Spain. He had decided to bring the good news to the western part of the Imperium in which the gospel until then had not yet been proclaimed. So if his idea was to be realized and assume a definite form, the apostle needed to have at least some support from the Christians in Rome. Paul therefore urgently felt the obligation to establish good personal relations with the Christians living in the capital whose church had been founded by some anonymous Christians at a very early time. For good reason one may say therefore with C.E.B. Cranfield - a well known commentator of the Epistle to the Romans - that "Rome after all was a very special case".1

/. What would be the correct way to address "God's beloved in Rome, who are called to be saints", as they are named by the apostle? In no other Pauline Epistle is the introductory passage formulated in such a ponderous fashion as * A lecture delivered at the Pontifical Biblical Institute in Rome, March 2, 1994, in the framework of Joseph Gregory McCarthy Professorship. 1 C.E.B. Cranfield, The Epistle to the Romans (Edinburgh repr. 1986) II, 765.

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in the Epistle to the Romans. Paul is making use of the common form of a prescript to a letter which had to state the sender's name and the name of the addressees as well as to pronounce the salutation. Yet this prescript is much longer than all the prescripts in the other Pauline letters. There are six verses in which the sender is characterized. And there is only one verse in which the addressees are named and the salutation is given: "Grace to you and peace from God our Father and the Lord Jesus Christ" (v. 7). From this fact in particular we may see how important it must have been for the apostle to make absolutely clear who he is and what sort of message he has to proclaim. For it might have been that some unfavourable news about him could have reached his audience in Rome which possibly might have criticized the way in which he was preaching the gospel to the Gentiles. What sort of mission is he working for? And what sort of authority has been given to him? Paul does not hesitate to answer these questions by giving an account of what he is doing and what sort of plans he has in mind. In stating his name as sender of this most weighty letter Paul does not only mention who he is, but he also adds a long comment on his service for Jesus Christ and the apostleship which was given to him in order to preach the gospel of God. He was set apart, as was done with God's servants, the prophets of Israel (Isa 49,5; Jer 1,5), so that his whole life was dedicated to the tremendous task of proclaiming the good news to all the world. Paul in his letter is underlining the overwhelming relevance of this task which was given to him by emphasizing the high authority of the gospel which is God's own message, "promised beforehand through his prophets in the holy scriptures" (Rom 1,2). He thus introduces himself to the Christians in Rome by directing the attention of his readers to the gospel he and they believe in amidst a world of pagans. By drawing the attention of his readers to the gospel Paul is pointing to the common foundation of Christian faith and life. Thus he begins the long explanations of his Epistle by encouraging the church in Rome to listen to the content of the εύαγγέλιον which is the one unifying message Christians believe in wherever they may live. Paul is determined to start with the gospel, because he had it in mind to assure his audience that they and he belong together in the community of Christ. For it is the good news whose proclamation and confession is joining them together. There is no doubt that the term εύαγγέλιον as well as the content of the gospel as it is mentioned by Paul was well known to the Christians in Rome. The apostle is making use of a terminology which was common to Christians of that early period. So it is not Paul's own terminology we are confronted with in the opening sentences of his Epistle to the Romans, but the apostle is referring to the early Christian preaching and confession as it had already been shaped before he himself had been entrusted with bringing this message to the Gentiles. In exegetical discussion about the correct interpretation of this early Chri-

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stian term - the εύαγγέλιον - many valuable contributions have been made which cannot be discussed here in detail. However, looking at the use Paul makes of this term in his Epistle to the Romans three short statements should be made at the outset:2 1. As could be demonstrated without going any further there can be no doubt that the term εύαγγέλιον in a specific Christian understanding is prePauline. Paul is pointing to that precise early Christian term and the corresponding common Christian understanding not only in this opening passage of the Epistle to the Romans but also in the famous introductory verses of 1 Cor 15: He is reminding the Corinthians of the gospel which they had received from him. He himself had delivered unto them what he also received - the Christian preaching of Christ's crucifixion and resurrection (1 Cor 15,1-5). So it is evident that the term εύαγγέλιον was used in the earliest Christian churches in order to point to the central content of Christian faith. 2. In explaining the connotations which the term εύαγγέλιον had in preChristian times scholarly debate on the one hand has pointed to the use which was made of εύαγγέλιον in the context of the Emperor cult and on the other to apocalyptic presuppositions which may be taken into account. In the Emperor cult the term εύαγγέλιον was used in the plural to announce special events of redeeming relevance in the life and work of the ruler, whereas in Christian use the word is found only in the singular, emphasizing the once for all relevance of Christ's death and resurrection. 3 In the time of the earliest church, however, the Emperor cult had not yet become completely known in the western part of the Empire. And we do not find any special allusion in pre-Pauline and Pauline use of the term εύαγγέλιον which would refer undoubtedly to the Emperor cult. The relevance of apocalyptic texts has been studied very carefully by Ernst Käsemann, Peter Stuhlmacher and others. 4 Stuhlmacher tried to demonstrate that the term εύαγγέλιον meant the apocalyptic prolepsis of the revelation of God's salvation and the eschatological demonstration of his law to the world which is given in the veiled language of apocalyptic preaching. 5 But the complicated way in which Stuhlmacher expresses the final result of his reflections will not really convince the critical reader of his apocalyptic 2 Cf. the very informative summary which was given by G. Strecker, "Das Evangelium Jesu Christi", Jesus Christus in Historie und Theologie, Festschrift für Hans Conzelmann (Tübingen 1975) 503-548 = G. Strecker, Eschaton und Historie. Aufsätze (Göttingen 1979) 183 228; cf. id., E W N T II (1981) 176-186. 3 Cf. G. Friedrich·, "ευαγγελίζομαι - εύαγγέλιον", T W N T II (1935) 705-735; Cranfield, Romans, I (repr. 1987) 54—55, and others. 4 Cf. E. Käsemann, An die Römer (Tübingen 1974) 4—7; Ρ Stuhlmacher, Das paulinische Evangelium. I: Vorgeschichte (Göttingen 1968) passim. 5 Cf. Stuhlmaeher, Evangelium, 82, 107-108 and others, and R Pokorny, Review of P. Stuhlmacher, Das paulinische Evangelium, I, in T L Z 95 (1970) 202-204.

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interpretation. Paul himself is pointing to the Old Testament when he is quoting in Rom 10,15 what is said in Deutero-Isaiah: 'And how can men preach unless they are sent? As it is written, 'How beautiful are the feet of those who preach good news' (Isa 52,7)." Without any doubt Paul is interpreting the Old Testament in a christological perspective6 so that the indissoluble connection between proclamation of the gospel and being sent by God becomes meaningful for his own understanding of his apostolic ministry. With regard to the religious-historical research for the pre-Christian history of the term εύαγγέλιον we have to admit that until today no results have been reached which would answer all problems. So we have to be careful in our considerations. But the specific Christian understanding of the term is quite evident right from the very beginning of early Christian preaching. Εύαγγέλιον/ εύαγγελίζεσθαι mean to proclaim the once and for all relevance of the Christ-event. 3. Looking at the New Testament and especially the Pauline use of the words εύαγγέλιον and εύαγγελίζεσθαι we find that they point to the Christ-event as well as to the act of the proclamation by which this good news is made known. In Paul's Epistles there are several words which describe the act of Christian preaching: the gospel is preached (1 Cor 15,1), it is proclaimed (1 Cor 9,14), it is taught (Gal 1,12), the gospel is declared (1 Thess 2,2).7 The good news which has to be testified to by the messenger is brought to the people by means of an oral witness. The term εύαγγέλιον, however, does not only denote the act of proclaiming. As has been illustrated just now, it also points to the content of the news which has to be delivered. Both meanings are closely related to one another so that they must not be separated from one another. For the gospel which bears witness to Christ's coming into this world, an event which happened for our sake, has to be made public to everybody. This early Christian understanding of εύαγγέλιον and εύαγγελίζεσθαι demonstrates that the proclamation of the gospel does not only give a description of what happened once in the time of Jesus of Nazareth in order to explain how important this past event really is, but preaching the gospel also means that salvation is taking place here and now wherever and whenever this message is accepted in faith.8 It is the gospel which renews the life of human beings and by which God himself reveals who he is and what he is doing in Christ. Paul makes frequent use of these early Christian terms εύαγγέλιον and 6 This christological understanding is rightly stated by H. Hübner, Gottes Ich und Israel. Z u m Schriftgebrauch des Paulus in Römer 9 - 1 1 (Göttingen 1984) 92: „Natürlich denkt Paulus vom Kommen Christi und vom Christusereignis her." 7 Cf. Friedrich, T W N T II, 727. 8 Cf. Friedrich, T W N T II, 729. Cf. Strecker, „Das Evangelium", 525 (= 205): „Εύαγγέλιον kennzeichnet also den Vollzug der gemeindegründenden Predigt des Paulus und sagt zugleich dessen Inhalt aus."

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εύαγγελίζεσθαι. Sometimes he says τό εύαγγέλιον, the use of the article demonstrating that the apostle is speaking of the one good news besides which there is no other gospel (Gal 1,6-9). However, he may also use the short form without an article as he does in the opening verse of the Epistle to the Romans: Paul is set apart "for God's gospel". It is the highest authority one could think of. For it is God himself who gave this commission. And it is he who chose his messenger who is authorized to bring to the people the good news God has to proclaim to them. Paul uses the early Christian terminology of εύαγγέλιον and εύαγγελίζεσθαι in his Epistle to the Romans quite deliberately. After having underlined the incomparable relevance of the εύαγγέλιον and having pointed to its conclusive content he shortly afterwards gives his interpretation of the gift which is included in this message: to reveal the righteousness of God (l,16f.). In 2,16 Paul is speaking of "my gospel" according to which God judges the secrets of men by Christ Jesus. Quite a few scholars suppose that this sentence might be a non-Pauline gloss which could have been inserted into the text later on. For the expression "my gospel" is to be found elsewhere only in deutero-Pauline texts.9 We may leave open this problem, because the hint which is given to the Gospel is not emphasized in a special way. It is, however, characteristic that Paul is referring to the meaning of the gospel when he is discussing the role of Israel and the unbelievingjews (10,15f.; 11,28). Because God's εύαγγέλιον is addressed to Jews as well as to Gentiles the problem has to be answered how it could happen that the Jewish people who had been the first addressees of the good news did not accept it. And finally Paul mentions the meaning of the gospel in his Epistle to the Romans when he is discussing his ideas about his future work (15,16.19.20). Thus it is our understanding that in the opening passage as well as in the final section of the Epistle Paul is accentuating the meaning of the gospel with special care. What can we learn from his interpretation of εύαγγέλιον in the Epistle to the Romans?

II. As we have seen, the prescript of the Epistle is totally dominated by the term εύαγγέλιον. The good news which is accepted by all Christians was promised by God himself through his prophets in the holy scriptures (v. 2). In the traditional formula quoted at the beginning of 1 Cor 15 it is underlined that Christ died "in accordance with the scriptures" and that he was raised on the 9 Cf. R. Bultmann, „Glossen im Römerbrief', Exegetica (Tübingen 1967) 278-284; G. Bornkamm, „Gesetz und Natur. Rom 2,14—16", Studien zu Antike und Urchristentum. Gesammelte Aufsätze II (München 1959) 117.

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third day "in accordance with the scriptures" (w. 3-5). So also in Rom 1 the relevance of the gospel is characterized by referring to the prophets and the fulfilment of the promises which were given in their witness. This means that not only some special verses or passages within the Old Testament are referred to, but the whole corpus of the holy scriptures is interpreted as proof of the truth of the Christian gospel. This interpretation becomes concrete by the following quotation of the content of this εύαγγέλιον. The preposition περί introduces an already existing confessional formula. The prescript of the Epistle to the Romans is, as we may see from a comparison with all the other Pauline Epistles, characterized in a very special way by this emphasis which is put on the fundamental relevance of the εύαγγέλιον. 10 Most exegetical scholars of our time will agree that in Rom 1,3-4 a prePauline text is to be found which was already known to the Christians in Rome and was quoted by Paul in order to describe the common ground on which he and his addressees are standing." For it is their common confession "that Christ was descended from David according to the flesh and appointed Son of God in power according to the Spirit of Holiness by [his] resurrection from the dead" (l,3f.). There are quite a few clues which show that Paul is here reproducing an already existing text: Christ's Davidic descent is not mentioned in the Corpus Paulinum except here and in 2 Tim 2,8 - a verse which also belongs to a formulated statement. The verb "appoint" (όρίζειν) is used by Paul here only. The expression "Spirit of Holiness" (πνεύμα άγιωσύνης) is a non-Pauline term which echoes in Greek a Hebrew expression which describes the holy spirit. And finally the contrast between "flesh" in the sense of earthly existence and "spirit" pointing to the heavenly sphere is not to be found elsewhere in Paul's Epistles (but cf. 1 Pet 3,18; 4,6). In the specific Pauline terminology "flesh" characterizes the life of human beings following what their natural feeling desires and "spirit" means the new life in Christ under the guidance of the spirit. However, in this instance "flesh" and "spirit" indicate two different stages: the earthly life of Christ and his exaltation to his heavenly authority. The earthly Jesus was Son of David; but his office as Son of David was surpassed by his rank as Son of God to which he was appointed as the Resurrected-One. Jewish Christianity was following the careful way in which in 10

Cf. H. Schlier, Der Römerbrief (Freiburg 1977) 21-22; id., „Εύαγγέλιον im Römerbrief', Wort Gottes in der Zeit. Festschrift für K.H. Schelkle (Düsseldorf 1973) 127-142. In this essay the term εύαγγέλιον is discussed in the context of related words describing the relevance of Christian preaching in oder to proclaim the good news so that „mitten im Kosmos und für den Kosmos im Evangelium schon das eschatologische Heil im Gang (ist)" (142). 11 Cf. the most recent commentaries and: Ε. Schweizer, „Rom 1,3f. und der Gegensatz von Fleisch und Geist vor und bei Paulus", Neotestamentica (Zürich 1963) 1 8 0 - 1 8 9 ; / / . %immermann, Neutestamendiche Methodenlehre (Stuttgart 7 1982) 193-203.

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Judaism the messianic majesty was described by the title "Son of God". One was cautious in using this title because of possible misunderstandings in the surrounding syncretistic world in which Son of God usually was combined with the understanding of physical descent from God. Judaism was very anxious not to offend the majesty of the one God. So we find in Rom 1,4 a clear reference to Ps 2,7 where it is said to the kingly ruler: "You are my Son, today I have begotten you". This means that the Anointed-One is installed in his kingly position, but does not point to a physical descent. It is exactly this understanding of the title "Son of God" which is to be found in the old Jewish-Christian confession Paul is referring to. For it is said that the resurrected Christ was installed in his heavenly authority, described as sonship of God. If we now look at the whole of these two verses we shall see that the title "Son of God" is not only used in the midst of the quoted formula of Christian confession but also right at the beginning when Paul is introducing the content of the good news which has to be proclaimed. The gospel is concerning "his Son, who was descended", and so on. This means that we find right at the beginning of the formula a Hellenistic-Christian understanding of this title which is different from its use in Jewish-Christian circles. For here it is presupposed that Christ was Son of God all the time. In the Hellenistic world there was mention of many sons of God who came down to earth and acted - hidden or unhidden - with divine power. In contrast to this understanding the early Christian preaching had to emphasize that there was and is only the one Son of God, the crucified and resurrected Christ. He was preexistent with God, but God so loved the world that he gave his only Son and sent him into this world. So it is in accordance with the Hellenistic-Christian way to express the Christian confession that Paul does not hesitate to say that not only the earthly Jesus (Rom 8,32), but also the pre-existent Christ was Son of God whom God sent forth when the time had fully come (Gal 4,4). When Paul puts the title "Son of God" right at the beginning of the words which have to describe the content of the gospel he is interpreting what is contained in the already existing text which was put to use by him. This use of Hellenistic-Christian titles recurs at the end of v. 4 when Paul concludes what the gospel has to say with the word: Jesus Christ our Lord. That "Christ" originally means "Messiah", the Anointed-One, was not understood in the Greek-speaking world. So "Christ" was combined with Jesus to form a double name. But "Kyrios" was a common Hellenistic term by which the highest authority one could think of was described. So the Hellenistic-Christian confession has to express that the crucified and resurrected Christ was invested with the full majesty which could be given to him only by God himself. In saying so one was quite aware of the fact that in the surrounding heathen world there were many so-called gods or lords which were adored by people. But Christians are firmly convinced that there is only "one

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God, the Father, from whom are all things and for whom we exist, and one Lord Jesus Christ, through whom all things and through whom we exist" (1 Cor 8,6). So it is quite evident that the Hellenistic-Christian titles interpret exactly what the Jewish-Christian confession was saying already: the incomparable authority of Christ to whom all those who were baptized into him belong. The two most important christological titles of Hellenistic Christianity as they are placed at the beginning and the conclusion of the Jewish-Christian confession - Son of God and Lord - describe in a very short way the singularity of Christ's majesty which all Christians believe in. When we look at early Christian formulas describing the content of the good news some tensions within a concrete text may be observed as we have just seen in the interpretation of Rom l,3f. The content of faith, however, could be expressed in a variety of formulations. Whereas in the opening passage of the Epistle to the Romans Christ's earthly existence and his heavenly authority are mentioned, in 1 Cor 15,3-5 Christ's death and his resurrection are given as content of the εύαγγέλχον which Paul had received already and later brought to the Corinthians. Just as the apostle interprets and explains the text in Romans 1 so he makes also quite a few remarks on the traditional text he is quoting in 1 Cor 15. For he is adding some supplementary references to appearances of the resurrected Christ to other people, himself included. And in the following passage he is explaining to his readers what this preaching means for the Christian belief in the resurrection of the dead. The variety of formulations in which the content of the gospel is expressed demonstrates that neither Paul nor any other early Christian preacher felt themselves slavishly bound to a so-called sacred text which always had to be recited in the same unaltered way, because otherwise it could not be effective. On the contrary, different formulations explain again and again the sovereignty of Christ whose vivid voice is heard in the good news of the gospel. Notwithstanding the variety of different expressions there is no doubt that there is only one gospel which has to be proclaimed to all the world. So we can conclude - as Walter Schmithals rightly states in his commentary on the Epistle to the Romans - that the unity of Christianity presupposes the one message, but not a uniform theology or Christology.12 By his way of quoting different formulas describing the content of the one gospel and interpreting what this message really means Paul is giving a very important ecumenical instruction right at the beginning of his Epistle to the Christians in Rome. Wherever they are from - former Jews or Gentiles, of Hebrew, Aramaic or Greek language - all of them are united in Christ Jesus whose authority is proclaimed in the confession of faith given as the adequate answer to the gospel. Paul feels strictly bound by the commission he was entrusted with i.e.,

12 C f . W Schmithals, Der Römerbrief (Gütersloh 1988) 51.

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to preach this one gospel (1 Cor 9,16f.) by becoming a Jew to the Jews and to those outside the law one outside the law (v. 20f.). When he addressed the Christians in Rome Paul attached a word of high appreciation to the opening passage, for their faith is praised in all the world (v. 8). Now his apostolic obligation to preach the gospel of God's Son will bring him in touch also with the brothers and sisters in Rome. Although until that time the apostle could not come to meet them personally he feels very close to them and is always mentioning them in his prayers (v. 9). It is a consequence of this strongly felt unity in Christ that the apostle wishes to come to Rome as soon as possible. And in preparing this coming meeting he has to give an account of what he is saying and preaching in order to convince his readers that he is doing nothing else than proclaim the gospel. So after having emphasized the high rank of the gospel Paul wishes to explain how he interprets its content in his preaching and his leadership in Gentile Christianity.

III.

Looking at his apostolic duty Paul is assuring his readers that he is not ashamed of the gospel (Rom 1,16). The negative formulation ού χ α ρ έπαισχύνομαι corresponds to a positive statement: I will confess, I will give witness. When Peter in a very critical situation was asked whether he also was with the suffering Jesus he did not dare to confess but felt ashamed and swore "I do not know this man" (Mark 14,71 par.). Not to be ashamed means therefore that the testimony that Christ is the Lord is not witheld but given. By this solemn declaration Paul introduces the theological theme of his Epistle: "For it, i.e., the gospel, is the power of God for salvation to everybody who believes to the Jew first also to the Greek. For in it, i.e., in the gospel, the righteousness of God is revealed through faith for faith; as it is written: "He who through faith is righteous shall live." (1,16f.) Most commentators describe the central position of these two verses by saying that here the theme of the Epistle is stated. 13 And it is beyond doubt that this is a correct statement. But it should be seen that the word εύαγγέλιον which is mentioned here as the central term of Christian preaching was emphasized already in the opening verse of the Epistle. So v. 1 and w. 16f. have to be seen in close relation to each other. It is the indisputable authority of the εύαγγέλιον for whose proclamation the apostle was set apart. Now it has to be explained what this means. By giving the first place to the gospel and not to the insights of his personal theological thoughts - important as they may be - Paul is demon-

13 Cf. CranJkU, Romans, I, 87.

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strating that it is the common Christian preaching and the common Christian confession by which he and the Christians in Rome belong together in Christ. As servant of Jesus Christ and apostle Paul has to proclaim this message whose truth had become so overwhelming that the former persecutor became a witness of Jesus Christ. Paul now has to testify to what God himself is doing by the proclamation of the εΰαγγέλιον. Its proclamation is effective in saving human beings from eternal damnation. For it opens the way to life which will triumph in the end. This saving power is here and now already effective wherever this good news is accepted in faith, which is the appropriate response. Pointing to this interpretation of the gospel which was not created by him but received from those who had been the very first witnesses of Christ, Paul is sure that the Christians in Rome will understand that he is a loyal servant of his Lord and so also their brother in Christ. In his very stimulating monograph "Comment Dieu est-il juste?" J e a n Noel Aletti has enriched our understanding of rhetorical aspects within the Pauline argumentation. Regarding the position of w. 16f. he rightly states that here the "propositio principalis" is formulated and that it is explained in the following argumentation. 14 One has to realize how concentratedly the Pauline propositio is formulated. It does not use an article. And it is expressed in the shortest way possible, as is normal in a concise text of a confession. And it is quite clear that it is a confession which is explained here - not just a personal one, but above all an expression of the conviction which is common to all Christians. Why is it that by the proclamation of the gospel this saving power is becoming effective? Paul answers this question in the following verse which is also worded in an extremely short way of expression: in the proclamation of the gospel God's righteousness is revealed through faith for faith. We cannot discuss here the Pauline theology of justification in detail. But we may just state that when Paul was converted, he reached this fundamental understanding that a human being never will please God by what he or she does, even by fulfilling all requirements to be found in the law. There is only one way to become justified: to accept the overwhelming gift of God, i.e., his righteousness which is not based on law, and this righteousness from God depends on faith (Phil 3,9). This understanding from then on gave the leading orientation to Paul's life and work. In Gal 1 he states that having been set apart before he was born he was called through God's grace to preach God's son among the Gentiles (Gal 1,16f.). The content of the εΰαγγέλιον which Paul has to proclaim frequently uses the christological term Son of God. This message

14 Cf. J.-N. Aletti, Comment Dieu est-il juste? Clefs pout interpreter l'epitre aux Romains (Paris 1991) 249-250.

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includes the promise that all those who will respond in faith will be saved, Gentiles as well as Jews. What is described in Galatians by pointing to the gospel Paul has to bring to the nations is explained in Philippians by pointing to justification by faith. So a comparison of these two passages may illustrate what is concentrated into one single formulation in Romans 1: The christological content of the εΰαγγέλιον implies the revelation of God's righteousness. Paul underlines the central relevance of faith by repeating this term in a rhetorical formula έκ πίστεως είς πίστιν. And he adds proof for its truth by quoting an Old Testament saying taken from the book of Habakkuk: "But he who through faith is righteous shall live." In this "propositio principalis" the whole argumentation of the Epistle is contained. For what the revelation of God's righteousness means is described in chapters 1,18^,25. And the relevance of life which is given to those who are righteous by faith is explained in chapters 5-8. Since the message of the εΰαγγέλιον is addressed to the Jew first and then to the Greek, its content raises the problem to be discussed in chapters 9-11. And finally, the new life in Christ has to be described in the parenetic section of the Epistle (12,1— 15,13). So the short statement of the fundamental relevance of the gospel offers a clear insight into the central subjects which have to be discussed in the Epistle with which Paul is introducing himself to the Christians in Rome. As we have seen, Paul is explaining the meaning of the gospel by referring to an early Christian confession. He is interpreting the content of this confession in terms of the theology of justification. This interrelation can be demonstrated in another way. Thus, in 3,21, Paul refers to the "propositio principalis" saying: "But now the righteousness of God has been manifested apart from law, although the law and the prophets bear witness to it". Here, too, the "according to the scriptures" is underlined in spite of the critical remark about the evident weakness of the law. But when the books of the Torah are read carefully we are led to understand that they testify in favour of justification by faith, as is to be learnt from the story of our father Abraham. This fundamental thesis is demonstrated in Paul's argumentation concerning the quotation from an early Christian formula saying that God had put forward Christ as an expiation by his blood to show his righteousness. Here, too, Paul is stressing the point that this gift has to be received by faith, which is the only appropriate response (3,24—26). So it is Paul's intention, as he had declared in the opening passage of his Epistle, to demonstrate that the εΰαγγέλιον has to be understood this way. The good news of Christ's death and resurrection, of his earthly life as well as of his heavenly exaltation implies salvation as God's merciful gift. And it is just for this reason that this gift will only be accepted and understood by those who believe and say "Amen". This anthropological aspect which is a constituent element in the proclamation of the gospel was impressively brought to our attention in several essays Hans Conzelmann has

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dedicated to Paul's theology. 15 For the meaning of the gospel has to be understood by those for whose sake Christ's work was done. And the only way by which the adequate answer is given is the response of faith. 16 Although most Jews to w h o m the Christian message was offered refused to accept it, Paul had no doubt that the implication of the ε ύ α γ γ έ λ ι ο ν that it has to be brought to the J e w first remained valid. "For the gifts a n d the call of G o d are irrevocable" (Rom 11,29). It is because of this fundamental conviction that the terms ε ύ α γ γ έ λ ι ο ν and ε ύ α γ γ ε λ ί ζ ε σ θ α ι are mentioned by Paul three times when he discusses the destiny of Israel (10,15f.; 11,28). Since the Jews did not accept the ε ύ α γ γ έ λ ι ο ν the good news was brought to the Gentiles. This, however, is not yet the last word of God concerning Israel's history; for "as regards election they are beloved for the sake of their forefathers" (11,28). So the proclamation of the gospel is to be seen in God's way of dealing with Israel which is not cast away from God's election. God's gift a n d call remain valid in the perspective of the gospel. T h e good news was brought to Israel by the messengers who were sent out. And it is still to be expected that due answer might be given by becoming obedient to the truth of the ε ύ α γ γ έ λ ι ο ν (10,16f.).17

IV.

According to ancient rhetorical theory a n d practice the success of a speech is essentially dependent on a good opening passage and a persuasive closing section. T h e speaker has to formulate the prooemium or the exordium very carefully so as to win the interested attention of the audience. For this reason one has to make some modest compliments by which one can demonstrate how well instructed the people addressed already are. Arguing this way the speaker can show that it is a special privilege to get in touch with such an outstanding audience, willing to listen to the arguments being put forward. And the peroratio which has to draw the conclusion has to leave no doubt that the speaker a n d the audience have come to full agreement regarding the problems which h a d been discussed in detail previously.

15 C f . H . Conzelmann, Theologie als Schriftauslegung (München 1974) 141, 178, 1 9 1 - 2 1 4 a n d others. 16 Cf. Conzelmann, Theologie, 196: „Der Satz über Christus ist auch ein Satz über die Gläubigen. Der Glaube ist erst verstanden, wenn er als unsere Bestimmung verstanden ist". Cf. id., Grundriß der Theologie des Neuen Testaments (Tübingen 4 1987) 180: Paul was demonstrating „daß das Credo erst verstanden ist, wenn der Glaubende begriffen hat, wer er selbst unter der Bestimmung des Heilsgeschehens ist". 17 Cf. Schlier, Römerbrief, 217.

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Looking at this rhetorical pattern it is quite instructive to see how deliberately Paul formulated the introductory passage as well as the conclusion of his Epistle to the Christians in Rome. In both places the term εύαγγέλιον is used prominently in order to explain what the most important task for the apostle is. It is the gospel by which the most relevant content of what Christians have to stand for in faith and life that is being proclaimed. So Paul again uses some formulations from the first chapter when he comes to the final section of his letter. In both passages the term εύαγγέλιον plays a dominant role. Already in the opening passage of his Epistle Paul had reminded his readers of the content of the gospel they all are trusting. And in chapter 15 he again underlines what it means for him as apostle to be set apart for the gospel. It is his special task, as he writes in the conclusion of the Epistle, "to be a minister of Christ Jesus to the Gentiles may be acceptable, sanctified by the Holy Spirit" (15,16). Cultic terminology is used here to indicate what Paul's service is done for. It is his special commission to go to the Gentiles and to deliver to them the good news of Christ. And it is his sincere hope that he will win as many of them as possible so that the sacrifice consisting of the Gentiles might be acceptable to God. The exalted Lord himself is the authority standing behind the apostle and it is through the acting power of the Holy Spirit that the apostle is doing his work. Paul therefore does not hesitate to mention that "signs and wonders" are done by the power of the Holy Spirit (15,19). The apostle does not venture to speak of anything except what Christ has brought through him to win obedience from the Gentiles by word and deed (15,18). So he may describe his apostolic ministry by pointing to the service throughout the world he had to render so "that from Jerusalem and as far round as Illyricum I have fully preached the gospel of Christ" (15,19). This is a very special formulation which seems to contain a certain exaggeration. For we have no information that Paul had done any missionary work in Jerusalem. And as far as we know, he never came to Illyricum on the furthest borders of the Roman Empire. Paul names these two points in order to give a theological description of his apostolic ministry.18 He points to Jerusalem as the place from which Christianity originated. So the holy city has to be named first when one speaks of the path the εύαγγέλιον takes into this world. This position corresponds to the rank which is given to the Jewish people as the first addressees of the good news. Yet they are not the only ones, since with the proclamation of the gospel to the Greeks, all nations are spoken to. Therefore Illyricum is named here as the opposite point which represents the far-reaching relevance of the gospel of Christ. Paul states here that it is the wide area of the whole world which has to be filled with the good news of the εύαγγέλιον. No boundaries and no restrictions may hinder the spread of the gospel. Because Paul and early Christiani18 Cf. E. Lohse, Σιώυ κτλ., T W N T VII, 334.

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ty expected that this world would come to an end fairly soon there seemed to be not much time left. So Paul has the feeling that his work in the eastern part of the Empire is complete to the extent that the existing churches now can go on in their own capacity to spread the good news in their surrounding areas. Paul decided to go west because it was his personal understanding of his apostolic ministry that he should not preach the gospel where Christ had already been named (15,20). This special understanding of his commission is mentioned here to describe his future plans to go to Spain. It may be true that a certain inconsistency in this verse can be observed in comparison with Paul's wish to visit the Christians in Rome. It is evidently not Paul's intention to do missionary work in Rome because this is absolutely not required. He does not feel, however, restricted to assure himself, as well as the readers of his Epistle, of what the central content of the gospel is. And he is ready to say how this message has to be explained. 19 The aposde as well as the Christians in Rome need to be assured of the spiritual power of this message which is valid for all of them. And although the apostle has to go to Jerusalem first before he comes to Rome it remains his vivid hope that they might see each other soon to be mutually encouraged by each other's faith (1,12).20 As we know, Paul was brought to Rome some time later as a prisoner and had to give witness by ending his life as a martyr of Christ. So he was prevented from carrying out his plan of going to Spain. The interpretation of the central Christian message, however, as he had given it in his letter, was preserved carefully by the Christians in Rome. For they understood that Paul had given a convincing interpretation of what the εύαγγέλιον has to say. Right from the very first Pauline Epistle to be found in the New Testament - the First Epistle to the Thessalonians - up to the last document which is preserved in the Epistle to the Romans, to preach the gospel and to interpret what its contents mean was always at the center of Pauline thought. 21 This fact is to be taken into account when one has to answer the question whether there was some change of thought or a development of theological ideas in Paul's thinking during the course of his ministry. Some scholars who have contributed to the most recent debate are inclined to follow this view. One 19 Cf. E. Lohse, „Summa evangelii - zu Veranlassung und Thematik des Römerbriefes", Nachrichten der Akademie der Wissenschaften in Göttingen. I. Phil.-Hist. Klasse 1993 Nr. 1 (Göttingen 1993) 100-101. 20 Cf. U. Wikkens, Der Brief an die Römer III (Zürich - Neukirchen 1982) 121, n. 593: Paul „kommt, obwohl als der Heidenapostel, nicht nach Rom, um dort auf fremdem Fundament zu bauen, sondern um von Rom aus in Spanien ein solches Fundament zu legen". 21 Cf. G. Bornkamm, Paulus (Stuttgart 6 1987) 125: „Botschaft und Theologie des Paulus sind in diesem Sinne Ausdruck und Entfaltung des urchristlichen Kerygmas". Cf. also Conzelmann, Theologie, 178: „Der Römerbrief ist auf weite Strecken als Kommentar zu überkommenen Glaubensformeln gestaltet".

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argument which is put forward among others is the observation that the terminology of the righteousness of God and justification by faith cannot be found in all the Pauline Epistles. So the question might be raised whether it was only in dispute with some adversaries that Paul developed these theologumena which he possibly had not taught right from the beginning of his missionary preaching. 22 But when one keeps in mind that the Pauline understanding of εύαγγέλιον means the proclamation of justification in Christ 23 it has to be doubted that there would have been any change or development in Paul's thought. There is a period of not more than six or seven years between First Thessalonians and Romans. And before Paul could write his letter to the Thessalonians he had already spent quite a long time in missionary work about which we have only a small amount of information. So he was not a beginner when he wrote to Thessalonika. 24 What we can see from the Pauline correspondence, however, is the fact that in all his Epistles the apostle is speaking of the εύαγγέλιον as the center of the message he has to bring to the nations. 25 This central content of Christian preaching has to be unfolded in many ways in response to the different situations in which the addressees of the Pauline Epistles are living. And Paul is quite flexible in his use of different ways of expression and manifold terms in order to reach the understanding of his readers and help them grasp the meaning of the good news. As the Epistle to the Christians in Rome shows, the central role of the εύαγγέλιον for whose proclamation the apostle was chosen can be found from the first to the last of the Pauline Epistles. This is a convincing proof of the unity and uniformity of Paul's theology. So up to the present day the rich treasure which is given to us in the apostolic εύαγγέλιον brings people together from all nations to listen to the good news of the gospel by which we are invited to give the answer of our faith and the devotion of our life.

22 Cf., among others, U. Schnelle, Wandlungen im paulinischen Denken (Stuttgart 1989) passim. 23 Cf. Strecker, „Evangelium", 528 (= 208): „Das paulinische εύαγγέλιον ist Verkündigung vom rechtfertigenden Christusereignis". But it is Strecker's understanding that in the Episde to the Galatians this interpretation was given for the first time. 24 Cf. T. Söding, „Der Erste Thessalonicherbrief und die frühe paulinische Evangeliumsverkündigung", BZ 35 (1991) 180-203. 25 Cf. S. Kim, "The Origin of Paul's Gospel", W U N T II, 4 (Tübingen 1981) 269-311.

Das Präskript des Römerbriefes als theologisches Programm

Der Eingang des Römerbriefes unterscheidet sich von den Präskripten aller anderen Paulusbriefe sowohl durch seinen ungewöhnlichen Umfang wie auch durch seinen schwer befrachteten Inhalt. Paulus folgt stets dem ihm vorgegebenen Briefformular, das er aus überkommener Uberlieferung des alten Orients aufnahm und in hellenisierter, zugleich aber verchristlichter Gestalt verwendete. Zunächst werden Absender und Adressaten aufgeführt, wobei die einen wie die anderen durch schmückende Prädikate des näheren charakterisiert werden können. Und dann wird der Gruß ausgerichtet, indem nach altem Brauch Friede zugewünscht, diesem Begriff aber der der Gnade vorangestellt wird. Damit wird auf die Erfüllung der Verheißungen hingewiesen, die durch Gottes friedenstiftende Tat in der Sendung des Christus geschehen ist. Die beiden Begriffe werden daher zumeist mit der Angabe verknüpft, daß die mit ihnen bezeichnete Wirklichkeit durch Gott den Vater und den Herrn Jesus Christus heraufgeführt worden ist. In zwei oder höchstens drei Versen ist damit alles gesagt, was zur Eröffnung des jeweiligen Schreibens auszusprechen ist. Abgesehen vom Römerbrief macht freilich auch der Galaterbrief von der sonst üblichen Gestalt des Briefeingangs eine beachtenswerte Ausnahme. Dabei sind Absender und Empfänger nur mit wenigen hinzugefügten Worten genauer bezeichnet. Der Gruß jedoch hat eine ausführlichere Gestalt erhalten, indem eine knappe Wendung des christologischen Bekenntnisses aufgenommen und eine abschließende Doxologie hinzugefügt sind: Gnade und Friede von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus - „der sich selbst für unsere Sünden dahingegeben hat, daß er uns errette von dieser gegenwärtigen, bösen Welt nach dem Willen Gottes, unseres Vaters; dem sei Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen." (Gal l,4f.) Mit diesen Worten ist gleich zu Beginn unüberhörbar darauf hingewiesen, daß das Heil ausschließlich und allein durch Christus bewirkt ist und nur durch ihn zuteil wird, so daß in seinem - und keines anderen - Namen Gott die Ehre zuzuerkennen ist. Ehe der Apostel in eine scharfe Auseinandersetzung mit jenen Lehrern des Gesetzes eintritt, die die Gemeinden in Verwirrung gestürzt haben, betont er mit dem gemeinchristlichen Bekenntnis auf das nachdrücklichste, daß der Christusglaube keinerlei Zusätze oder Ergänzungen verträgt, wie sie durch Gesetzeslehre und ihr entsprechende Observanz vorgenommen würden. Wer solchen Gedanken nachhängen wollte, würde der Wahr-

Das Präskript des Römerbriefes als theologisches Programm

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heit des Evangeliums zuwiderhandeln und die eine Frohbotschaft, von deren Zuspruch alle Christen leben, in ihr Gegenteil verkehren.

/. Im Römerbrief ist - wie sonst üblich - der Gruß kurz und knapp gehalten: „Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus." (V 7b) Doch ehe der Apostel sich an die Adressaten wendet und ihnen den Gruß zuspricht, stellt er in sechs vollen Versen, die nur einen einzigen überlangen Satz in sich aufnehmen, sich selbst den Lesern und Hörern seines Briefes vor. Wie er es immer zu handhaben pflegte, setzt er an den Anfang seinen Namen „Paulus", dessen er sich als hellenistischer Jude in der griechisch-römischen Umwelt bediente. Doch der Name allein genügt nicht, um sich eindeutig zu legitimieren. Daher werden nähere Charakterisierungen hinzugefügt, aus denen entnommen werden soll, wer dieser Paulus ist, der sich an die Christen in Rom wendet, denen er bis dahin noch nicht persönlich hat begegnen können. Die sorgfältig gewählten Ausdrücke lassen darauf schließen, daß Paulus offensichtlich damit rechnen muß, daß die Empfänger seines Schreibens bereits die eine oder andere Nachricht über ihn erhalten haben werden - möglicherweise nicht nur gut klingende Mitteilungen, in denen von der erfolgreichen Missionstätigkeit des Paulus berichtet wurde, sondern vielleicht auch kritische Äußerungen, die insbesondere seine Stellung gegenüber dem Gesetz Israels und der Frage betrafen, ob es auch von Seiten junger Christen, die aus den Völkern gewonnen wurden, zu befolgen sei oder nicht. 1 Paulus legt jedenfalls Wert darauf, gleich in der „bedachtsam formulierten Grußüberschrift" 2 mit aller Klarheit und Eindeutigkeit darzulegen, welcher Verkündigung er sich verpflichtet weiß und wie er diese ausrichtet. Die Empfänger seines Briefes sollen jeder Sorge enthoben werden, als könne man ihm nicht trauen oder müsse Bedenken haben, ihn in seinem Wirken zu begleiten und zu unterstützen. Um seinen Namen in gebotener Weise von dem Dienst her zu erläutern, den er zu verrichten hat, werden drei Erklärungen hinzugesetzt, deren letzte mit besonderer Betonung versehen ist: Sklave Christi Jesu - berufen zum Apostel - ausgesondert, zu predigen das Evangelium Gottes. Der Begriff des Apostels, den Paulus in den Briefeingängen regelmäßig mit durchaus spürbarer Betonung zu verwenden pflegt, ist in die Mitte gestellt und von den bei-

1 Vgl. J.D.G. Dunn, Romans 1-8, Dallas/Texas 1988, 22: „He felt the need to define the term of his apostolic commissioning in order to refuse any suspicion or criticism which might cause the reader to ,turn ofF too soon." 2 Ρ Stuhlmacher, Der Brief an die Römer, Göttingen 1989, 20.

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Das Präskript des Römerbriefes als theologisches Programm

den anderen Kennzeichnungen eingerahmt, die ihn entsprechend genauer bestimmen und interpretieren. Eingesetzt wird mit dem Hinweis auf den Dienstcharakter seines Predigens. Das geradezu befremdlich klingende Wort „Sklave" wird zuerst genannt, um nicht mit dem Anspruch autoritativer Stellung und der Forderung zu beginnen, ihr müsse in gehöriger Weise entsprochen werden. Einen Sklaven, wie es deren in der Hauptstadt des Weltreiches ungezählte gab, kann man leicht übersehen oder meinen, man brauchte ihm nicht zuzuhören. Doch hier tritt ein Sklave ganz besonderer Art den Christen in Rom entgegen und wirbt um ihr Vertrauen. 3 Denn es geht weder um seine Person noch um einen Anspruch, der der Anerkennung eines herausgehobenen Amtes gelten sollte, sondern es kommt allein auf die Sache Christijesu an, die Absender und Empfänger des Briefes gleicherweise betrifft. Ihm dienen zu dürfen, macht daher den besonderen Rang des apostolischen Wirkens aus, wie Paulus es an vielen Orten versehen hat und künftig in noch weiter gespanntem Rahmen ausüben möchte. Von diesem Verständnis des Dienstes, der Christus Jesus erwiesen und in seinem Namen vollzogen wird, ist daher der an die zweite Position gesetzte Aposteltitel inhaltlich bestimmt. Wie nach altorientalischem Botenrecht gilt, daß ein bevollmächtigter Gesandter uneingeschränkt seinen Auftraggeber vertritt und daher gleiches Ansehen wie dieser zu beanspruchen hat, so versteht sich Paulus als Gesandter an Christi Statt, der nichts anderes vorzutragen hat, als an seiner Stelle und in seinem Namen die Botschaft von der Versöhnung zu Gehör zu bringen (2 Kor 5,19f.). Nicht für ein in jeder Hinsicht außergewöhnliches und außerordentliches Amt als solches hat Paulus daher Geltung und Anerkennung einzufordern, sondern es kommt allein auf die Botschaft an, die er weiterzugeben hat. Ist er doch „ausgesondert, zu predigen das Evangelium Gottes". Mit diesen Worten bringt Paulus ein geradezu prophetisches Verständnis des ihm aufgetragenen Dienstes zum Ausdruck - schon im Mutterleib wurde er von Gott zur Erfüllung des Auftrags erwählt, dem er nun treu zu dienen hat (Jes 49,1; Jer 1,5). Anders als in allen anderen Briefen stellt Paulus seinem Namen nicht den eines oder mehrerer anderer Mitarbeiter an die Seite. Diese nennt er sonst, um auf die Solidarität der Dienstgemeinschaft hinzuweisen, in der sie miteinander stehen; doch in seinem nach Rom gerichteten Brief tritt er ganz allein für den Inhalt der Botschaft ein, die er darin entfaltet. Denn er und kein anderer hat sich für die Verkündigung zu verantworten, die ihm unverwechselbar und unvertretbar aufgegeben ist: die frohe Kunde vom Sohn Gottes auszubreiten (Gal 1,16f), die allein im Glauben an-

3 Vgl. U. Wilckens, Der Brief an die Römer 1-5, Neukirchen 1978, 62: D a ß Paulus sich als Sklave Christi Jesu einführt, ist „zweifellos darin begründet, daß er an eine Gemeinde schreibt, die er nicht selbst missioniert hat".

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gemessen aufgenommen werden kann, der auf die Gerechtigkeit vertraut, „die von Gott dem Glauben zugerechnet wird" (Phil 3,9). Das Evangelium, das sonst nirgendwo in einem paulinischen Briefpräskript genannt, hier aber gleich im ersten Vers betont herausgestellt wird, bleibt „dem Apostolat vorgeordnet, es setzt diesen aus sich heraus".4 Denn die Proklamation der frohen Botschaft, wie sie dem Apostel aufgetragen ist, weist von seiner Person fort und deutet mit aller Klarheit auf den Inhalt der Verkündigung, der er zu dienen hat.5

II.

Im Unterschied zu allen anderen Briefen bringt Paulus „den Begriff des Evangeliums bereits dort ins Spiel, wo dieser sonst durchweg fehlt: im Präskript".6 Damit weist er auf die zentrale Bedeutung hin, die diesem Begriff sowohl grundsätzlich als auch konkret im Blick auf das Verhältnis des Apostels zu den Christen in Rom zukommt.7 Paulus hat das Wort wie auch den mit ihm bezeichneten Inhalt aus der urchristlichen Verkündigung übernommen und kann sich daher wiederholt auf Formulierungen beziehen, die als Aussagen des Bekenntnisses in fest geprägte Sätze gefaßt wurden. Daran zeigt sich, daß Paulus „nicht der Schöpfer, sondern der Fortsetzer einer urchristlichen Theologie" war.8 So erinnert er die Korinther daran, daß sie wie auch er selbst an das Evangelium gebunden sind. Er hatte es schon übernommen und es ihnen einst gebracht, als die Gemeinde gegründet wurde. Seine Botschaft aber verkündigt den gekreuzigten und auferstandenen Christus, in dem die Verheißungen der Schriften erfüllt worden sind und der von den Seinen als der Lebendige bezeugt wird (1 Kor 15,1-5). Sowohl der Parallelismus membrorum, in dem die Aussagen gehalten sind, wie auch der Sprachgebrauch, der von der sonst üblichen paulinischen Redeweise deutlich abweicht, lassen eindeutig erkennen, daß es sich um eine vorpaulinische

4 E. Käsemann, An die Römer, Tübingen 1973, 3 1974, 4. 5 Vgl. C.E.B. Cranfield, T h e Epistle to the Romans I, Edinburgh 1975, 5. Repr. 1987, 52: Der Begriff Apostel „is thus a very humble word and also at the same time expressive of the most august authority". Daher gilt: „The apostle's function is indeed to serve the gospel by an authoritative and normative proclamation of it." (53) 6 G. Klein, Der Abfassungszweck des Römerbriefes, in: Rekonstruktion und Interpretation. Gesammelte Aufsätze zum Neuen Testament, BEvTh 50, München 1969, 142. 7 Vgl. Klan, a.a.O.., 134. Aus dieser zutreffenden Beobachtung muß jedoch nicht der Schluß gezogen werden, als betrachte Paulus die Christen in Rom als Leute, die erst durch das von ihm ausgerichtete apostolische Evangelium zur rechten Gemeinde gemacht werden müßten. 8 E. Lohmeyer, Briefliche Grußüberschriften, in: Probleme paulinischer Theologie, Darmstadt 1954, 29.

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Aussage handeln muß 9 , die in die frühesten Anfänge der Christenheit zurückreicht. 10 Im Eingang des Römerbriefes führt Paulus nicht eine bekenntnisartige Wendung an, die von Tod und Auferstehung Christi handelt, sondern bezieht er sich auf formelartige Aussagen, die von der irdischen Existenz und der himmlischen Erhöhung des Herrn handeln. Deren Zitat leitet der Apostel ein, indem er auf die Erfüllung der in den Schriften verbürgten Verheißungen aufmerksam macht (V 2). Die gedrängte Rede, die ohne Verwendung eines Artikels von heiligen Schriften spricht, nimmt vorgegebene Ausdrucksweise auf, in der das spezifisch urchristliche Verständnis der Schriften hervorgehoben wird. Denn nicht von der Thora, sondern von den prophetischen Verheißungen her wird die Fülle der in den Büchern des Alten Testaments zusammengefaßten Aussagen aufgeschlossen. Das Evangelium gründet sich auf die schon „zuvor" von den Propheten verkündigten Verheißungen Gottes, in denen angesagt wurde, was nun verwirklicht ist. Die von ihnen vorgegebene Sprache bestimmt daher nun auch die Art und Weise, in der von der Erfüllung gehandelt wird, die in Christus gekommen ist. Der Apostel teilt dieses urchristliche Verständnis christologischer Schriftauslegung und weiß sich mit allen Glaubenden einig im Christusbekenntnis, das sie miteinander verbindet. Es redet „von dem, der geboren wurde aus Davids Samen nach dem Fleisch, eingesetzt zum Sohn Gottes in Kraft nach dem Geist der Heiligkeit seit der Auferstehung von den Toten" (V 3f.). Das übernommene Zitat dürfte diesem Umfang entsprechen. Die Einleitung durch ein einführendes „von", der deutlich erkennbare Parallelismus membrorum, der Partizipialstil, sonst bei Paulus nicht gebräuchliche Ausdrücke wie „einsetzen" oder „Geist der Heiligkeit" und vor allem der Inhalt der Aussage deuten darauf hin, daß hier vorpaulinische Wendungen aufgenommen worden sind. Zwei Sphären werden einander gegenübergestellt: die irdische und die himmlische. Die erste bezeichnet der Begriff des Fleisches, der den Menschen in seiner Vorflndlichkeit und Hinfälligkeit charakterisiert; die zweite dagegen wird durch die hebraisierende Wortverbindung „Geist der Heiligkeit" benannt. Dabei liegt nicht die spezifisch paulinische Begrifflichkeit von Fleisch und Geist vor, die der Apostel häufig in seiner Anthropo-

9 Der schlüssige Nachweis für den vorpaulinischen Charakter der Paradosis 3b-5 ist von J. Jeremias, Die Abendmahlsworte Jesu, Göttingen 41967, 95-97 erbracht worden. 10 Der semitisierende Sprachcharakter der Sätze erlaubt keine sichere Schlußfolgerung, ob ein hebräisches bzw. aramäisches Original zugrundeliegt oder aber die Aussage in einer durch die LXX geprägten Redeweise formuliert worden ist. Wenn daher auch ungewiß bleibt, ob Jerusalem oder aber Antiochia der Ort ihrer Entstehung war, so kann doch kein Zweifel über das hohe Alter der Paradosis bestehen. Vgl. H. Conzelmann, Zur Analyse der Bekenntnisformel 1 Kor 15,3-5, EvTh 25 (1965) 1-11 = Theologie als Schriftauslegung, BEvTh 65, München 1974, 131-141.

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logie verwendet." Sondern hier werden im Unterschied zu dieser Redeweise zwei Bereiche voneinander unterschieden, die als „unten" und „oben" einander gegenüberstehen, wie es auch in anderen vergleichbaren urchristlichen Sätzen der Fall ist: „offenbart im Fleisch/gerechtfertigt im Geist" (1 Tim 3,16; vgl. auch 1 Petr 3,18; 4,6).12 Jesu irdische Existenz ist - wie im Corpus Paulinum nur noch 2 Tim 2,8 als Davidssohnschaft bestimmt. Dabei ist gewiß nicht nur daran gedacht, daß eine Angabe über seine Herkunft und Abstammung gemacht werden sollte. Sondern der Sohn Davids wurde, jüdischer Erwartung entsprechend, als der Träger der Verheißungen betrachtet, der seinem Volk Rettung und Erlösung bringt. Daher findet sich in Wundergeschichten der Evangelien wiederholt die Anrufung Jesu als Davidssohn, um von ihm Heilung zu erbitten. 13 Als Sohn Davids erfüllte Jesus die Verheißungen der Schrift und der Hoffnung Israels. Aber dem hoheitsvollen Ausdruck „aus dem Samen Davids" steht die Würde, die der Auferstandene empfing, gegenüber und überbietet ihn. Denn er wurde „eingesetzt zum Sohn Gottes", wie es in der zweiten, stärker betonten Zeile des Bekenntnisses heißt. Der Titel „Sohn Gottes" wird in einigen alttestamentlichen Sätzen verwendet, um auf die unvergleichliche Würde des von Gott eingesetzten Herrschers hinzuweisen: „du bist mein lieber Sohn, heute habe ich dich gezeugt". (Ps 2,7; vgl. auch 2 Sam 7,14) Dabei ist der Begriff des Gottessohnes als Ausdruck der Legitimation des Herrschers durch Gott verstanden. Doch im antiken Judentum wahrte man diesem Titel gegenüber große Zurückhaltung, um das Mißverständnis zu vermeiden, als wäre von einer physischen Gottessohnschaft die Rede. Weil in mancherlei synkretistischen Vorstellungen der damaligen Umwelt von vielen Göttersöhnen erzählt wurde, die aus der himmlischen Sphäre auf die Erde kamen, hielt man im Judentum Abstand von solchen Gedanken und verwendete deshalb nur in ausdrücklichen Zitaten der messianischen Verheißungen den Titel „Sohn Gottes", vermied jedoch im übrigen diese Bezeichnung des Messias.14 Urchristliche Verkündigung, die die Schriften im Zeichen erfüllter Verheißungen deutete, konnte unbefangener verfahren, unmittelbar auf Worte der Schrift zurückgreifen und daher davon sprechen, daß Gott den auferstandenen Christus in seine herrscherliche Würde als Sohn Gottes eingesetzt habe. Durch Gottes Kraft zu seiner Hoheit erhoben, ist er der lebendige Herr 15 , zu 11 Auf den vorpaulinischen Charakter der Formel hat R. Bultmann, Theologie des Neuen Testaments, Tübingen 1953, 8 1980, 52 aufmerksam gemacht. Doch vermutete er, daß die Begriffe Fleisch/Geist auf paulinische Redaktion zurückgehen. 12 Vgl. E. Schweizer, Rom l,3f. und der Gegensatz von Fleisch und Geist vor und bei Paulus, EvTh 15 (1955) 563-571 = Neotestamentica, Zürich 1963, 180-189. 13 Vgl. E. Lohse, T h W B VIII, 489f. 14 Vgl. E. Lohse, T h W B VIII, 361. 15 „In Kraft" wird zum Text der Vorlage zu rechnen, „seit der Auferstehung der Toten" als

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dem die Seinen sich bekennen. Paulus nimmt dieses Bekenntnis, das eindeutig judenchrisdichen Ursprungs ist, auf und stimmt in seine kraftvollen Aussagen ein. Doch wertet er die überkommenen Sätze nicht als heilige Formel, die unverändert bleiben und in fester Gestalt bewahrt werden müßte. Vielmehr interpretiert er ihre Bedeutung, indem er den Nachdruck des christologischen Bekenntnisses verstärkt. In der hellenistischen Christenheit traten die Titel „Sohn Gottes" und „Herr" in den Vordergrund der Christusverkündigung, um anzuzeigen, daß alle Hoffnungen und alle Erwartungen, mit denen man sich in der alten Welt nach Rettung und Heil ausgestreckt hatte, in Erfüllung gegangen sind - nicht nur die des alten Israel, sondern auch diejenigen der Völker. In Übereinstimmung mit dem Bekenntnis der hellenistischen Gemeinden stellt der Apostel darum dem übernommenen Zitat den Hinweis auf Christus als den Gottessohn voran und schließt es mit der vollklingenden Aussage ab: ,Jesus Christus unser Herr." Dadurch wird das judenchristlicher Uberlieferung entnommene Zitat von dem Bekenntnis der hellenistischen Christenheit umklammert und interpretiert. Denn mit ihr spricht auch Paulus unbefangen nicht nur vom irdischen (Rom 8,32), sondern auch vom präexistenten Christus als dem Sohn, den Gott in die Welt sandte, „als die Zeit erfüllt war" (Gal 4,4). Er ist zum Kyrios eingesetzt worden, um als der lebendige Herr den Namen zu führen, der über alle Namen ist, und von allen Zungen die Akklamation zu empfangen: „Herr ist Jesus Christus." (Phil 2,9-11) Indem Paulus auf diese Weise die ältere Aussage mit dem geläufigen Bekenntnis der weltweiten Christenheit verbindet, läßt er die gewisse Spannung, die durch die verschiedenen Aussagen über Beginn und Reichweite der Gottessohnschaft gegeben ist, stehen, ohne sich darum zu bekümmern. Denn es kommt ihm darauf an, die einzigartige Hoheit des Christus als den Inhalt der allerorten ausgerufenen frohen Botschaft zu beschreiben, indem die Hoheitstitel unterschiedlicher Herkunft zusammengefaßt werden zum gemeinchristlichen Bekenntnis des „solus Christus". Der Bezug auf dieses Bekenntnis dient ihm dazu, „die gemeinsame Grundlage des Glaubens mit den Römern herzustellen". 16 Diese Gemeinsamkeit ist nicht auf einen einzigen unveränderlichen Wortlaut der Aussagen des Glaubens bezogen, sondern es kann durchaus Unterschiede der Formulierungen geben, ohne daß diese in eine ausgleichende, einheitliche Fassung gebracht werden müßten. Unterschiede, „die sich in den verschiedenen christologischen Entwürfen zeigen, beeinträchtigen nicht die Einheit des Evangeliums, sondern variieren das konstante Kerygma im Verständnis der jeweiligen Hörer und im Wandel der Zeiten und Kulturen". 17 Hieraus darf gefolgert werden: „Zur Einheit der knapper Ausdruck zu verstehen sein, der auf Christi Auferweckung als den Beginn seiner Hoheit als Gottessohn hinweist. 16 Käsemann, a.a.O.., 11. 17 W. Schmithals, Der Römerbrief, Gütersloh 1988, 51.

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Gemeinde gehört die eine Botschaft, nicht die einheitliche Theologie bzw. Christologie."18 Der Apostel führt sich auf diese Weise bei den Christen in Rom als Bote des einen Evangeliums ein, das ihnen und ihm gemeinsam ist und dem sie miteinander zu dienen haben. Seine Person tritt dabei hinter diesem Auftrag zurück, der Inhalt und Wahrnehmung seines Amtes bestimmt. Sie ist daher „nur insofern im Blick, als er Träger des Evangeliums ist, das universale Geltung beansprucht und den Verkünder zum Missionsdienst im gesamten bewohnten Erdkreis verpflichtet. Das Thema des Briefes ist daher eben dieses Evangelium und nicht die Person des Apostels."19 Denkt der Apostel vom Evangelium her20, so ist er dabei doch nicht von Voraussetzungen geleitet, wie sie in der Umwelt des Urchristentums die inhaltliche Füllung dieses Begriffes ausmachten.21 Zwar faßt Paulus den weltweiten Horizont ins Auge, den die Proklamation der frohen Botschaft eröffnet, aber er begründet diese Perspektive weder aus apokalyptischen Vorstellungen, die von einem äonenhaften Gebilde handeln mochten22, noch aus Zusammenhängen, wie sie im antiken Herrscherkult gegeben waren.23 Vielmehr verwendet er den Begriff durchgehend in der Prägung, die ihm die urchristliche Verkündigung durch den festen Bezug auf das Christusbekenntnis gegeben hatte. Denn im Evangelium wird der gekreuzigte und auferstandene Christus, der erniedrigte und erhöhte Gottessohn und Kyrios als der Herr ausgerufen, in dessen Namen allein Rettung und Heil zuteil werden.

III.

Nach Zitat und Interpretation der überkommenen Bekenntnisaussage, die die übereinstimmende Überzeugung aller Glaubenden angibt, lenkt Paulus wieder zurück zu dem ihm gestellten Auftrag: „Durch ihn haben wir empfangene Gnade und Apostelamt, in seinem Namen Gehorsam des Glaubens 18 Schmithals, ebd. 19 H. Köster, Einführung in das Neue Testament, Berlin/New York 1980, 575. Vgl. auch S. Pedersen, Theologische Überlegungen zur Isagogik des Römerbriefes, Z N W 76 (1985) 64 Anm. 48. 20 Vgl. Ρ Stuhlmacher, Theologische Probleme des Römerbrief-Präskripts, EvTh 27 (1967) 374—389, 378. 21 An apokalyptische Voraussetzungen denkt Stuhlmacher, wenn er erklärt: „Weil das Evangelium Wort ist, kann es also, die Zukunft verkörpernd und in sich aufnehmend, die Parusie des Christus schon in die Gegenwart des Redens und Hörens der Gemeinde hereinziehen." (ebd. 377) Vgl. auch Das., Das paulinische Evangelium I, F R L A N T 95, Göttingen 1969, 83: „das Evangelium als apokalyptische Gottesmacht". 22 Vgl. P. Stuhlmacher, Evangelium 107f. u.ö. 23 Belege bei G. Friedrich, T h W B II, 721 f.

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aufzurichten unter allen Völkern." (V 5) Die apostolische Sendung, die ihm erteilt worden ist, wird von Paulus als Erweis der Barmherzigkeit Gottes begriffen. Durch nichts anderes als durch die Gnade des Gottes, der ihn berufen hat, ist er, was er ist (1 Kor 15,10). In seinem apostolischen Wirken soll das Angebot der göttlichen Gnadenzuwendung, wie sie in Christus geschehen ist, aller Welt gemacht werden. Nennt Paulus bereits an dieser Stelle alle Völker als Adressaten seiner Predigt, so präludiert er gleich zu Beginn seines umfangreichen Schreibens die Überzeugung, daß das Evangelium Juden zuerst und ebenso Griechen zu bezeugen ist (1,16). In keinem anderen Paulusbrief begegnen die Wörter „alle",, jeder" oder auch negativ „keiner" so häufig wie in dem an die Römer. 24 Adressat der apostolischen Predigt ist demnach die Welt und zugleich jeder einzelne, der eingeladen wird, die frohe Botschaft im vertrauenden Glauben anzunehmen. Die Christen in der Welthauptstadt sollen sich dieses universalen Charakters des Evangeliums bewußt sein, das ausgerufen wird, um Gehorsam des Glaubens zu wecken. Der als Genetivus epexegeticus angehängte Begriff erläutert, was mit dem Gehorsam gemeint ist, auf den die Verkündigung zielt. Denn in der bejahenden Antwort, die im Glauben gegeben wird, wird dem Namen des Kyrios die ihm geschuldete Ehre erwiesen. Der Begriff des Evangeliums, der so betont an den Anfang des Römerbriefes gestellt ist, wird im folgenden wieder aufgenommen und sowohl hinsichtlich seiner Empfänger wie auch seines Inhalts erläutert. Auf der einen Seite hebt der Apostel noch einmal seinen Dienst hervor, wie er ihn am Evangelium versieht (1,9); denn diese Botschaft gilt auch den Christen in Rom, mit denen der Apostel um seines Auftrags willen Verbindung sucht. Mit aller gebotenen Behutsamkeit weist er auf diesen Zusammenhang hin, um Interesse und Sympathie von seiten der Christen in Rom 25 zu gewinnen. Auf der anderen Seite aber versieht der Apostel den Begriff des Evangeliums mit einer programmatischen Erläuterung, die wie eine Uberschrift über alle folgenden Ausführungen des Römerbriefes gesetzt ist: „Denn ich schäme mich des Evangeliums nicht; denn es ist Kraft Gottes zur Rettung für jeden, der glaubt, Juden zuerst und auch Griechen. Denn Gottes Gerechtigkeit wird darin offenbar aus Glauben zum Glauben, wie geschrieben steht: Der Gerechte wird aus Glauben leben." (l,16f.) Sich nicht zu schämen bedeutet positiv: sich zu bekennen. Dazu steht Paulus vor Gott und den Menschen. Denn er hat für die Wahrheit des Evangeli-

24 Vgl. G. Bornkamm, Der Römerbrief als Testament des Paulus, in: Glaube und Geschichte II, Gesammelte Aufsätze IV, BEvTh 53, München 1971, 135; ferner H.S. Hwang, Die Verwendung des Wortes „ π ά ς " in den paulinischen Briefen, Diss, theol. Erlangen 1985. 25 Die Ortsangabe fehlt in einigen Handschriften und ist in ihnen ohne Zweifel nachträglich getilgt worden, um den Brief des Apostels im Gottesdienst als Botschaft an die ganze Christenheit zu Gehör zu bringen.

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ums einzutreten (Gal 2,5.14). Diese Wahrheit beinhaltet die einzig angemessene Konsequenz, die aus der Christenverkündigung zu ziehen ist. Paulus nennt daher die Lehre von der Rechtfertigung als diese Folgerung, die sich notwendig aus dem Evangelium ergibt. Mit dieser Bestimmung der Evangeliumpredigt, die in der Verkündigung von der Rechtfertigung aus Glauben ausgerichtet wird, unterstreicht Paulus, daß diese Lehre von ihm nicht als eine theologische Einsicht begriffen wird, wie nur er sie als seine Erkenntnis gewonnen hat. Vielmehr will Paulus dieses Verständnis des Evangeliums als allein sachgerecht und dem Gehalt der frohen Botschaft entsprechend verstanden wissen, wie es allen Zeugen der guten Nachricht aufgetragen ist. Theologische Unterweisung, wie Paulus sie darbietet, hat daher keine andere Aufgabe zu erfüllen, als das eine Evangelium auszulegen, durch das die Kirche begründet wurde und von dem sie allein Leben und Bestand empfängt. 26 Mit dieser „propositio principalis" 27 ist das Thema angegeben, das in den langen Ausführungen des Römerbriefs zur Entfaltung gelangt. Die ersten Verse, die im Präskript auf die Proklamation des Evangeliums hinweisen, sind daher in engstem Zusammenhang mit der thematischen Angabe in den Versen 16 und 17 zu sehen. Als Knecht Christi Jesu hat der Apostel diese Botschaft zu bezeugen, deren Wahrheit sich als so überwältigend erwiesen hat, daß der frühere Verfolger der Christen zum Boten des Evangeliums unter den Völkern geworden ist. Deren Verkündigung aber zeugt nicht nur vom Heilsgeschehen, sondern ist selbst Ereignis des Heils.28 Denn jeder, der es im Gehorsam des Glaubens annimmt, wird der Verlorenheit entrissen und empfängt Rettung und Leben, die kein Tod zu vernichten vermag. Indem Paulus auf diese Auslegung des Evangeliums verweist, kann er gewiß sein, daß die Empfänger seines Briefes in Rom begreifen werden, wie er im Auftrag des in Christus handelnden Gottes seinen Dienst versieht und daher ihr Bruder in Christus ist.

IV Als Apostel, der das Evangelium zu den Völkern zu bringen hat, spricht Paulus die Christen in Rom an, gehören doch auch sie zur Welt der Völker als Berufene Jesu Christi (V 6). Mit diesem Satz gewinnt Paulus den Übergang, um sich nach der inhaltsreichen Erläuterung, die er zu Begriff und Inhalt der frohen Botschaft gegeben hat, nun den Adressaten seines Briefes zuzuwen-

26 Vgl. E. Lohse, Εύαγγέλιον θεού - Paul's Interpretation of the Gospel in His Epistle to the Romans, Biblica 76 (1995) 127-140. 27 J.-M Aletti, Comment Dieu est-il juste? Clefs pour interpeter l'epitre aux Romains, Paris 1991, 249f. 28 Vgl. G. Friedrich, T h W B II, 729.

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den. Zu allen, die in Rom als von Gott Geliebte und berufene Heilige leben, möchte er sprechen. Mit dem Hinweis auf „alle" wird der weltweite Rahmen, wie ihn die Predigt der guten Nachricht ausfüllt, nun in seiner konkreten Bedeutung des näheren bestimmt: wie diese allen Völkern gilt, so möchte der Apostel allen Christen in Rom gleichsam in einer Summe des Evangeliums darlegen, wie er dessen Auslegung vollzieht.29 In den Prädikaten, die die Empfänger des Briefes als „Berufene", „Geliebte" und „Heilige" bezeichnen, sind alttestamentliche Begriffe aufgenommen, die die Christen als Glieder des Gottesvolkes charakterisieren, die sich dessen bewußt sind, durch Gottes rettendes Handeln als die Seinen zusammenzugehören. Alle miteinander werden sie vom Apostel angeredet, damit sie seinen Gruß mit dem „Amen" ihrer zustimmenden Antwort versehen möchten. Mit dieser kurzen Angabe der Empfänger des Briefes und des ihnen geltenden Grußes ist der Bogen gerundet, der vom Anfang bis zum Ende des Präskripts gespannt wurde. Er schließt programmatische Angaben in sich, die nicht nur auf die Thematik dieses Briefes gerichtet sind, sondern die Theologie des Apostels überhaupt in knappen Worten kennzeichnen. Wie in einem kurzen Kompendium ist in diesen wenigen Versen eine stattliche Reihe von Begriffen aufgeführt, denen in der paulinischen Theologie große Bedeutung zukommt. Das gilt auf der einen Seite für die christologischen Hoheitstitel „Sohn Gottes" und „Kyrios", die der Apostel immer wieder aufgreift, um das Bekenntnis der Christenheit in seiner umfassenden Bedeutung zu interpretieren. Der ausschließlich judenchristliche Titel „Sohn Davids" spielt dagegen keine Rolle mehr in der hellenistischen Christenheit. Auf der anderen Seite aber werden mehrere Begriffe genannt, die Zuspruch und Anspruch des Evangeliums im Leben der Glaubenden beschreiben30 - wie: Geheiligt-Sein - von Gott berufen, um sich dieser Berufung entsprechend zu verhalten (1 Kor 7,15-22) - von ihm Geliebte (Rom 8,28). Sie sind von Gottes gnädigem Ruf getroffen, haben ihn gehört und sich ihm im Gehorsam zugewandt, so daß sie nun leben als diejenigen, die berufen, ja gerechtgemacht sind, um an der Herrlichkeit Gottes teilzubekommen (Rom 8,30). Von Gnade und Friede, wie sie im Satz des Grußes genannt sind, ist das Leben der Glaubenden getragen und erfüllt. Hat Gott doch seinen Frieden, der alles Begreifen übersteigt (Phil 4,7), denen gegeben, die er zum Frieden berufen hat (1 Kor 7,15). Und seinen Gnadenerweis hat er in der Erlösung sichtbar gemacht, die durch Christus Jesus geschehen ist (Rom 3,24), so daß die Glaubenden nunmehr als die Gerechtfertigten Frieden mit Gott haben 29 Vgl. E. Lohse, Summa Evangelii - zu Veranlassung und Thematik des Römerbriefes, NAWG PH 1993/3, Göttingen 1993. 30 Vgl. J. Fitzmyer, Romans, New York 1993, 228: „Paul expands his opening formula ... by the use of terms that foreshadow major ideas in the body of the letter: gospel, grace, apostolate, commitment of faith, the Scriptures, the role of Christ Jesus."

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durch den Kyrios Jesus Christus (Rom 5,1). Wie Gottes Gnade Paulus zum Apostel bestimmt hat (V 5), so spricht und handelt er kraft dieser Gnade (Rom 12,3). Durch den Kyrios aber haben die Seinen „den Zugang im Glauben zu dieser Gnade, in der wir stehen, und rühmen uns der Hoffnung der zukünftigen Herrlichkeit, die Gott geben wird" (Rom 5,2). Die mancherlei Begriffe, deren voller Klang im Präskript des Römerbriefes intoniert wird, sind allesamt dem des Evangeliums zugeordnet, mit dem gleich im ersten Vers die dem Apostel aufgetragene Botschaft bezeichnet wird. Der Inhalt dieser guten Nachricht kann von Paulus in unterschiedlichen Formulierungen ausgesagt werden, doch stets wird der feste Bezug auf das Christusgeschehen herausgestellt. Vom frühesten bis zum letzten seiner Briefe vertritt der Apostel diese schlechthin bestimmende Bedeutung des Evangeliums. Das Wort fehlt in keinem seiner Schreiben, auch nicht im kurzen Philemonbrief. An der Häufigkeit und Stetigkeit, mit der Paulus vom Evangelium spricht, läßt sich daher ablesen, welch hohen Rang er ihm in seinem Denken und Reden gab. Im Rückblick auf sein Wirken, durch das er die Gemeinde in Thessalonich gründete, sagt Paulus, seine Predigt sei zu den jungen Christen „nicht allein im Wort, sondern auch in der Kraft und im heiligen Geist und in großer Gewißheit" gekommen (1 Thess 1,5). Im Galaterbrief wird aus der Wahrheit des Evangeliums, die Paulus zu verteidigen hat (2,5.14), gefolgert, daß alle diejenigen, die einer Predigt des Gesetzes als Weg zum Heil zu folgen geneigt sind, vom Evangelium abfallen und seine Wahrheit in ihr Gegenteil verfälschen (1,6). Im 1. Korintherbrief wird die Evangeliumspredigt als Verkündigung des Kreuzes Christi vollzogen. Dabei betont Paulus, er befinde sich geradezu unter einem Zwang, diese Botschaft bezeugen zu müssen. „Denn daß ich das Evangelium predige, dessen darf ich mich nicht rühmen; denn ich muß es tun. Und wehe mir, wenn ich das Evangelium nicht predige." (1 Kor 9,16) Wo aber der Bote des gekreuzigten Herrn verachtet und seine Predigt zurückgewiesen wird, da wendet man sich einem anderen Evangelium zu, durch das die Wahrheit der Verkündigung untergraben wird (2 Kor 11,4). Wer sich jedoch ihrem Wort öffnet, der tritt in die Gemeinschaft mit den Leiden Christi ein und muß bereit sein, um seinetwillen auch Verfolgung und Gefangenschaft zu erdulden. Paulus erinnert daher die Gemeinde in Philippi daran, daß sie von der Gründung an „Gemeinschaft am Evangelium" empfangen und bewährt hat (Phil 1,5), und gibt auch seinem Leiden einen positiven Sinn, weil es dazu dient, das Evangelium zu verkündigen und zu verteidigen (Phil 1,7). Wie zu Beginn des Römerbriefes bezieht Paulus sich auch in den weit ausholenden Ausführungen seines Schreibens immer wieder auf vorgegebene urchristliche Bekenntnisformulierungen, in denen ausgesagt ist, was zentraler Inhalt von Verkündigung und Glaube ist - angefangen von den gleich im

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Briefeingang zitierten Wendungen, die den Inhalt des Evangeliums aufrühren (l,3f.), über die Bestimmung der Offenbarung von Gottes Gerechtigkeit, die bereits im vorpaulinischen Judenchristentum getroffen wurde (3,24f.), den Hinweis auf die Heilsbedeutung von Tod und Auferstehung Christi (4,25), die Bezugnahme auf urchristliche Tauftheologie (6,3f.), sowie die wiederholte Aufnahme von Sätzen über Sendung und Hingabe des Gottessohnes (8,3.32.34) bis zur zusammenfassenden Feststellung, nach der das Bekenntnis zum Kyrios Jesus gleichbedeutend ist mit der Aussage: „Gott hat ihn von den Toten auferweckt." (10,9) Da sich, wie an einem durchlaufenden roten Faden aufgereiht, immer wieder überlieferte formelhafte Aussagen über den Inhalt christlichen Bekenntnisses finden, kann man mit guten Gründen den Römerbrief in weiten Teilen geradezu als einen Kommentar zu überkommenen Glaubensformeln bezeichnen.31 Hebt Paulus gleich im Präskript des Römerbriefes den Begriff des Evangeliums hervor, so ist dessen programmatischer Charakter auf das deutlichste herausgestellt. Geht es doch darum, daß Apostel und Empfänger des Briefes sich miteinander „auf die kirchengründende Proklamation des Evangeliums" beziehen32, die sie in der ungeteilten Gemeinschaft der ganzen Christenheit in Glauben, Hoffnung und Liebe zusammenschließt.

31 Vgl. H. Conzelmann, Paulus und die Weisheit, in: Theologie als Schriftauslegung (siehe o b e n A n m . 10) 178. 32 Vgl. Klein, a.a.O.., 142 und oben zu Anm. 6.

„Die Juden zuerst und ebenso die Griechen" Den universalen Charakter des Evangeliums, zu dessen Ausbreitung er sich als Apostel der Völker bestellt weiß, hebt Paulus im Brief an die Christen in Rom mit besonderem Nachdruck hervor. Ist ihm - wie er im Briefeingang versichert - sein Apostelamt aufgetragen, um Gehorsam des Glaubens unter allen Völkern zu wecken (1,5), so ist er aus diesem Grund auch „den Geliebten Gottes und berufenen Heiligen" in der Hauptstadt des Römischen Weltreiches besonders zugetan. Ist er doch ein Schuldner der Griechen wie auch der Barbaren, unter ihnen die Frohbotschaft zu bezeugen (1,14). Paulus bezeichnet mit dieser Wendung die Adressaten seiner Verkündigung in einer Weise, wie sie in der hellenistischen Welt geläufig war. Denn den Griechen, die sich mit Stolz allerorten ihrer kultivierten Sprache bedienten, erschienen alle anderen, die ihrer nicht mächtig waren, wie Leute, die nichts als unverständliche Laute zu murmeln verstanden.1 Da man in Rom weithin die griechische Sprache nicht nur zu verstehen, sondern auch geschickt zu handhaben wußte, sind nach dieser Kennzeichnung die Adressaten sicherlich zu den Griechen zu zählen. Doch bleiben sie nicht die einzigen, an die die christliche Predigt sich richtet. Denn diese gilt nicht minder den Angehörigen der vielen Völker, die andere Sprachen redeten - Weisen und Nichtweisen ohne Unterschied.

/. Folgte der Apostel mit dieser Beschreibung einer Betrachtungsweise, wie sie sich aus dem stolzen Selbstbewußtsein der hellenistischen Welt ergab, so nimmt er unmittelbar danach eine Kennzeichnung der Menschheit auf, wie sie jüdischem Urteil entsprach. Denn die rettende Kraft des Evangeliums, die allen Glaubenden widerfährt, soll, Juden zuerst und ebenso Griechen" zuteil werden (1,16). Der Hinweis auf den Juden, wie er in verallgemeinernder Weise ohne Artikel aufgeführt wird, steht voran, die Griechen aber sind an die zweite Stelle verwiesen.2 Sie sind hier als Vertreter der großen Zahl 1 2

Belege bei H. Windisch, Art. β ά ρ β α ρ ο ς : T h W N T I, 545f. Jude und Grieche, in der Einzahl ohne Artikel genannt, weisen darauf hin, daß Paulus unter ihnen „gewissermaßen einen Typus, eine geistige, religiöse Größe versteht". W. Gutbrod, Art. 'Ισραήλ κτλ. C-D: T h W N T III, 382. Vgl. weiter U. Heckel, Das Bild der Heiden und die Identität der Christen bei Pauls: Die Heiden, Juden, Christen und das Problem des Fremden, hg.v. R. Feldmeier/U. Heckel, Tübingen 1994 (YVUNT 70) 269-296: 272f.

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von Nicht-Juden genannt, von denen die Angehörigen des von Gott erwählten Volkes abgehoben sind. Zwar sprachen Juden vorzugsweise von Israel als der heiligen Gemeinde Gottes, während Außenstehende in aller Regel diese Auszeichnung nicht gelten ließen, sondern - nicht selten mit dem Ausdruck einer gewissen Geringschätzung - als Juden nicht nur die Einwohner Judäas, sondern eben die Juden schlechthin zu benennen pflegten, die sich durch ihre religiösen Gewohnheiten von allen anderen Menschen der Spätantike unterschieden.3 In der hellenistisch-jüdischen Diaspora gewöhnte man sich jedoch an diese Bezeichnung und nahm zumeist keinen Anstand, sie für sich selbst zu verwenden.4 Als Diasporajude, der er seiner Herkunft nach war, greift Paulus diese üblich gewordene Redeweise auf. Ebenso wie bei dem Ausdruck „ Griechen und Barbaren" kommt es ihm dabei darauf an, den Blick auf die ganze Menschheit ohne Ausnahme zu richten.5 Heißt es doch, daß das im Evangelium eröffnete Heil allen denen widerfährt, die es im Glauben empfangen. Der weltumspannende Auftrag, wie er Paulus erteilt wurde, verlangt, daß allerorten die Kunde vom gekreuzigten und auferstandenen Christus ausgerichtet wird. Sie darf an keinen Grenzen Halt machen und hat alle Schranken, die Menschen voneinander trennen, zu überspringen. Denn alle sollen eingeladen werden, das Evangelium anzunehmen. Keines der Glieder, die in diesen beiden Gegenüberstellungen aufgeführt werden, dürfte herausgenommen werden. Denn weder richtet sich die christliche Predigt nur an gebildete Menschen, noch dürfte sie unter andere Kulte eingereiht werden, die aus dem Orient in die westliche Welt eingewandert waren und auf Grund ihres fremdartig wirkenden Wesens eine gewisse Anziehungskraft in der hellenistischen Welt auszuüben wußten. Die Kunde von Kreuz und Auferstehung Jesu Christi, durch die die Verheißungen der heiligen Schriften Israels in Erfüllung gegangen sind, zielt nicht etwa nur auf Juden, denen die kanonischen Bücher vertraut sind; sondern sie gilt gleicherweise den Griechen, die von der Geschichte des Gottesvolkes bis dahin wenig oder gar nichts wußten. Nur in der Anrede an Griechen und Barbaren, Juden und Griechen kann der weltweite Charakter der guten Nachricht von der allen Menschen zugewandten Rettung angemessen bezeugt und gewahrt werden. Während Paulus jedoch Griechen und Barbaren nebeneinander nennt und nur durch die Reihenfolge der Begriffe zeigt, daß er sich eines aus hellenistischer Blickrichtung formulierten Ausdrucks bedient, hebt er die Juden

3 4 5

Vgl. K.G. Kuhn, Art. 'Ισραήλ κτλ. Β: T h W N T III, 360ff. Vgl. Gutbrod, Art. ' Ι σ ρ α ή λ (s.o. Anm. 2) 372. Zu dieser Gegenüberstellung vgl. H. Windisch, Art. "Ελλην κτλ.: T h W N T II, 510. Reiches Material zum vielfach kritisch-distanzierten Verhältnis zwischen Heiden, Juden und Christen in der alten Welt bei H. Conzelmann, Heiden - Juden - Christen. Auseinandersetzungen in der Literatur der hellenistisch-römischen Zeit, Tübingen 1981 (BHTh 62).

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von den Griechen durch ein „zuerst" ab, durch das sie ausgezeichnet sind. Damit wird ein zeitlicher Vorsprung angezeigt, der die Juden von allen anderen Menschen unterscheidet. Ihnen wurde durch die Propheten Gottes in den heiligen Schriften die Verheißung gegeben (1,2), die nun im Evangelium verwirklicht ist. Diese έπαγγελία, wie sie insbesondere Abraham als dem Vater der Glaubenden zugesprochen wurde (Gal 3,6-29), macht den Inhalt jenes „zuvor" laut gewordenen Wortes Gottes aus, das allen gilt, die als Glaubende seine Söhne sind. Denn nachdem „der Glaube gekommen ist" (Gal 3,25), hat sich erfüllt, was einst angekündigt wurde: „In dir sollen alle Völker gesegnet werden" (Gen 12,3; Gal 3,8). Jenes betont hervorgehobene πρώτον ist von Paulus bewußt gewählt worden, um auf die unaufhebbare Bedeutung der göttlichen Verheißungen hinzuweisen, die in den Schriften verbürgt sind. Dieses „zuerst" ist offensichtlich schon früh manchen Lesern als anstößig erschienen und deshalb - wohl im Gefolge Marcions - in einigen Handschriften getilgt worden.6 Doch es kann kein Zweifel daran bestehen, daß diese Hervorhebung eindeutig auf die Hand des Apostels zurückgeht. Die besonderen Zuwendungen, mit denen Gott seinem Volk sein Wort anvertraut hat (Rom 3,2), bleiben gültig und machen den unvergleichlichen Vorzug der Juden aus (Rom 3,1 f. 9). Denn Gott nimmt sein Wort nicht wieder zurück, sondern hält an seiner Verheißung fest und hat sie in Christus, der seiner leiblichen Abstammung nach aus dem Volk der Juden kam, gültig eingelöst (Rom 9,1-5). Mit dieser Charakterisierung wird nicht auf besondere Vorzüge aufmerksam gemacht, deren die Juden sich etwa rühmen könnten, sondern auf den einzigartigen „Vorsprung" hingewiesen, den sie in der Zusage des götüichen Wortes erfahren haben.7 Zugleich aber wird damit angezeigt, daß dem „zuerst" ein „sodann" korrespondiert, so daß die Juden nicht nur in ihrer besonderen Stellung gewürdigt, sondern zugleich in die Gemeinschaft aller Völker hineingestellt werden, die bereits in der Abraham gegebenen Verheißung genannt wurden. Denn weil das Evangelium aller Welt gilt und von jedem Menschen, wer er auch sei, im Glauben angenommen werden soll, darum verbürgt der zeitliche Vorsprung, wie er den Juden in ihrer Geschichte widerfahren ist, sowohl die Kontinuität zu den in den heiligen Schriften überkommenen Zusagen Gottes wie auch die universale Gültigkeit seiner Worte, deren Segen allen Völkern zukommen soll.8 Durch die dem Evangelium innewohnende Kraft, die alle Begrenzungen aufhebt, werden Juden und Griechen als Repräsentanten der gesamten Menschheit einander an die Sei-

6 7 8

Β G sa Marcion. Vgl. K. Barth, Der Römerbrief, Zürich 8 1947, 15: „So begründet doch dieser Vorsprung keinen Vorrang." Vgl. D. geller, Juden und Heiden in der Mission des Paulus. Studien zum Römerbrief, Stuttgart 2 1976 (fzb 8) 141-145.

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te gestellt, um als die Glaubenden aus allen Völkern „das neue internationale Gottesvolk" zu bilden, „das sich jetzt um die Auferstehungskraft schart als um seine Sache". 9 Ist nach üblichem Sprachgebrauch mit einem Juden derjenige gemeint, der das Gesetz hält und seine Lebensorientierung aus der Thora empfängt 10 , so hebt nun Paulus auf die Verheißung ab, die einst Israel gegeben und nun in Christus erfüllt worden ist. Somit zielt jenes „zuerst" nicht mehr auf eine Abgrenzung der Juden von allen anderen, die die Thora weder kennen noch nach ihr leben", sondern es ist auf die universale Weite ausgerichtet, in der Gottes Wort Raum gewinnen will und soll. Nach jüdischem Verständnis ist Gott als Schöpfer und Erhalter der Welt auch für die Völker da, doch das von ihm erwählte und geliebte Volk ist allein Israel. Diese Unterscheidung aber wird nun durch das Evangelium, das „zuerst" an die Juden gerichtet ist, aufgehoben, weil es gleicherweise den Griechen und damit allen Völkern verkündigt wird.12 Diese Angabe der Adressaten, an die sich die christliche Verkündigung wendet, ist daher von deren Inhalt her bestimmt und damit der Predigt von Gottes barmherziger Rechtfertigung zugeordnet, die sich als leitendes Motiv durch den ganzen Römerbrief hindurchzieht. 13

II. Was dieses „zuerst", wie er es Rom 1,16 in programmatischer Formulierung genannt hat, des näheren bedeutet, legt der Apostel dar, indem er es in seinen Ausführungen, die von der Offenbarung des Zorngerichts Gottes handeln, wieder aufnimmt und erläutert. Nach geläufiger jüdischer Meinung würden die Heiden, die sich um den Willen Gottes nicht kümmern und unsittlich leben, in erster Linie den von ihm verhängten Strafen verfallen, die Juden hingegen im Gericht weit besser dastehen als sie. Paulus läßt jedoch solche Unterscheidungen nicht gelten, sondern kehrt die Einschätzung um. Denn Trübsal und Angst werden über alle Seelen der Menschen kommen,

9 K. Barth, Der Römerbrief, unveränderter Nachdruck der ersten Auflage von 1919, Zürich 1963, 9. 10 Vgl. 1 Kor 9,20 und Gutbrod, Art. ' Ι σ ρ α ή λ (s.o. Anm. 2) 383. 11 Vgl. hierzu den berühmten Ausspruch des R. Schim'on b.Jochai (um 150 n. Chr.): „Gott sprach zu den Israeliten: Gott bin ich über alle, die in die Welt kommen, aber meinen Namen habe ich nur mit euch vereint; ich heiße nicht der Gott der Völker der Welt, sondern der Gott Israels" (ExR 29 [88b]): Bill. III, 1926, 185. 12 Vgl. E.P. Sanders, Paulus und das palästinische Judentum, Göttingen 1985 (StUNT 17) 464: „Dieser Satz zielt nicht darauf ab, einen Vorrang für die Juden zu beanspruchen (das wird vorausgesetzt); Paulus behauptet hier vielmehr die Gleichstellung der Heiden." 13 Vgl. E. Größer, Zwei Heilswege?: das., Der Alte Bund im Neuen, Tübingen 1985 ( W U N T 35) 212-230: 228.

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die Böses tun - „zuerst des Juden und ebenso des Griechen" (2,9). Die Verantwortung, die ihnen aus der Kenntnis der göttlichen Gebote zukommt, rückt die Juden an die erste Stelle, an die sie im Gericht zu treten haben. Doch die Griechen, die gleichfalls nicht unberührt von einer Kenntnis der den Menschen im Gewissen bindenden Forderung Gottes sind (2,15), können sich nicht verstecken, indem sie den Juden den Vortritt lassen. Gibt es doch kein Ansehen der Person vor Gott (2,13). Wie sein strafendes Urteil schlechthin gilt, so auch die alte Wahrheit, daß Herrlichkeit, Ehre und Frieden allen denen beschieden sein sollen, die Gutes tun - ebenfalls: „zuerst Juden und ebenso Griechen" (2,10). Wie in 1,16 macht Paulus durch den wiederholten Hinweis auf jenes „zuerst" darauf aufmerksam, daß Gottes Wort, sein fordernder Wille wie auch seine schenkende Barmherzigkeit von schlechthin universaler Reichweite sind, die niemanden ausläßt und keinen übergeht. Die sittliche Verantwortung, deren mit allen Menschen vor allem die Glaubenden sich bewußt zu sein haben, wird damit durch den Apostel eindrücklich bewußt gemacht. 14 Denn alle - Juden wie Griechen - befinden sich unter der knechtenden Herrschaft der Sünde (3,9), so daß niemand auf Grund der Werke, wie das Gesetz sie fordert, vor Gott gerecht sein kann (3,20). Wie die betonte Hervorhebung des „zuerst" dem Apostel dazu dient, die Universalität der Evangeliumspredigt herauszustellen, so begreift er die weltweite Verkündigung, der er als Apostel zu dienen hat, im Horizont des Bekenntnisses zu dem einen Gott, der um seiner Gottheit willen nur als der Gott aller verstanden werden kann. Erneut wird die Frage aufgegriffen, ob Gott, vor dem alle Menschen sich zu verantworten haben, etwa allein der Gott der Juden sei (3,29). Paulus fügt jedoch sogleich die notwendige Gegenfrage hinzu: „Ist er nicht auch der Gott der Völker (bzw. der Heiden)?" (ebd.), um sie mit aller Entschiedenheit zu beantworten:, J a gewiß, auch der Völker (bzw. der Heiden)" (ebd.). Denn dieses sein Gott-Sein folgt aus seiner Einzigkeit, zu der sich jeder Jude täglich bekennt (Dtn 6,4). Wenn Gott einer ist, dann kann er sich nicht auf unterschiedliche Weise hier Israel und dort den Völkern zuwenden. Sondern er ist der eine Gott für Juden und Griechen. Kann der Jude das Einzigsein Gottes „nicht denken, ohne das ihm korrespondierende Einzigsein des Volkes, dem er als Jude zugehört, mitzudenken, so kann es Paulus nicht mehr denken, ohne das dem Einzigsein Gottes korrespondierende Einzigsein des Sohnes mitzudenken". 15 Damit aber ist

14 Vg. W. Schmithals, Der Römerbrief, Gütersloh 1988, 88; ferner ebd. 69: „Israel hat also immer schon zur Rettung glauben können - ein Vorzug, der freilich Israel auch immer schon mit der Gefahr des Unglaubens und des Ungehorsams bedrohte, so daß das 'zuerst' auch angesichts des Gerichts gilt. 15 E. Größer, „Ein einziger ist Gott" (Rom 3,30): ders., Der Alte Bund im Neuen (s.o. Anm. 13) 231-258: 256.

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die Trennung, die Juden und Griechen scharf voneinander geschieden hatte, aufgehoben und entspricht nun dem Einssein Gottes „das Einssein aller Glaubenden". 16 Abraham ist daher nicht mehr nur der Vater derer, die leiblich von ihm abstammen und zur Gemeinschaft der Juden gehören, sondern er ist „unser Vater", der Vater aller Glaubenden, sie seien Juden oder Griechen.17 Denn „Gott ist der selbe Gott für Juden und Heiden, so daß die Unterschiede zwischen ihnen keinen prinzipiellen Charakter haben. Diese Selbigkeit Gottes geht in dem Kreuzestode Jesu auf." Daraus aber folgt: „Gott ist der selbe für jedermann, weil er sich als Gott für den Glauben bestimmt hat".18 III. Mit den anderen Boten des Evangeliums mußte Paulus die ihn ständig beunruhigende Erfahrung machen, daß zwar die Juden „zuerst" berufen worden waren, sich aber nur wenige von ihnen dem Glauben öffneten. Von dem bedrängenden Problem, wie es um Israel als Volk der Erwählung Gottes bestellt sei, kann der Apostel nur in tiefer eigener Betroffenheit sprechen, weiß er sich doch selbst als Israelit, vom Geschlecht Abrahams und aus dem Stamm Benjamins (Rom 11,1). Die Frage, was für einen Vorzug die Juden haben und was die Beschneidung denn nütze, wird vom Apostel eindeutig positiv beantwortet: „Viel in jeder Weise" (Rom 3,1 f.). Denn - so begründet Paulus seine entschiedene Aussage - ihnen sind die Worte Gottes anvertraut. Nicht in eigenen Leistungen, sondern ausschließlich in den ergangenen Verheißungen Gottes liegt jener „Vorzug" begründet. Wenn jedoch „einige" so wird in behutsamer Zurückhaltung formuliert - nicht treu waren und sich im Unglauben gegen Gottes Anrede verschlossen haben, was kann daran schon liegen? „Sollte ihre Untreue Gottes Treue aufheben?" Diese Frage läßt sich nur entschieden verneinen: „Das sei ferne!" (V 4) Was Gott zugesagt hat, bleibt gültig, mögen Menschen auch ungehorsam sein und sein Wort überhören. Gilt diese Überzeugung schlechthin, so muß sie sich um so mehr im Blick auf Israel bewähren. Auf welche Weise diese Gewißheit, die er im dritten Kapitel des Römerbriefes nur in wenigen Worten ausgesprochen hat, zu begründen ist, erläutert der Apostel in den eingehenden Erwägungen der Kapitel 9-11. Wie mit einem hellen Trompetenstoß stellt Paulus an den Anfang den Satz, es sei nicht möglich, daß Gottes Wort hinfällig geworden sei (9,6). Was er gespro16 Ebd. 257. 17 Nachdrücklich betont von Gräßer, Heilswege (s.o. Anm. 13) 222. 18 Ch. Danke, „Ein Gott und viele Herren". Die Verkündigung des einen Gottes in den Briefen des Paulus: EvTh 36 (1976) 473-4-84: 475.

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chen hat, nimmt er nicht zurück; und was er zugesagt hat, das hält er. Anders steht es freilich auf Seiten der Menschen, auch beim Gottesvolk. Denn hier muß differenziert werden: „Nicht alle, die aus Israel stammen, sind Israel" (9,6b).19 So wenig sich jemand rühmen kann, Israelit zu sein, so wissen auch die Glaubenden, daß ihr Glaube niemals ihr Verdienst ausmacht, sondern immer nur als Gottes gnädiges Geschenk begriffen werden kann. Damit wird jedoch die Verantwortung des Menschen nicht aufgehoben; denn Gottes Erwählung ist von einem zwingenden Determinismus, der blind walten würde, deutlich zu unterscheiden. Diese - wie es den Anschein hat - widersprüchlichen Gedanken sucht der Apostel zu ordnen, indem er verschiedene Beispiele aus der Schrift heranzieht und sich mit dem Buch Exodus darauf beruft, es bleibe Gottes Weise: „Wem ich gnädig bin, dem bin ich gnädig; und wessen ich mich erbarme, dessen erbarme ich mich" (V 15: Ex 33,19). Indem Paulus darauf hinweist, niemals gehe es dabei „aus Verdienst der Werke" zu, sondern immer nur „durch Gnade des Berufenden" (9,12), rückt er die Frage nach dem Geschick Israels in den Horizont der Theologie der Rechtfertigung, wie sie im Zeichen der Offenbarung der Gerechtigkeit Gottes verstanden werden muß.20 Sind überraschenderweise aus den Völkern viele gläubig geworden und ist aus Israel nur ein Rest in der Christenheit zu finden, so werden doch die einen wie die anderen beispielhaft als Zeugen für Gottes Gnadenwahl genannt, die allein nach seinem freien Entscheid getroffen wird. „Es ist hier kein Unterschied zwischen Juden und Griechen; es ist über alle derselbe Herr, reich für alle, die ihn anrufen" (10,12). Doch wie steht es nun um Israel, wenn nur so wenige sich dem Evangelium zugewandt haben? Bedeutet sein Straucheln seinen endgültigen Fall? (11,11) Das könne nicht sein, lautet die Antwort. Denn Gott hat sein zu Israel gesprochenes Wort nicht preisgegeben. Zu seiner Verwirklichung hat er jedoch einen wunderbaren Umweg eingeschlagen, indem er die von seiten Israels ausgesprochene Ablehnung zum Anlaß nahm, das Evangelium zu den Völkern hinaustragen zu lassen. Dort hat es Glauben gefunden, so „daß die Heiden da stehen, wo Israel stehen sollte".21 Paulus preist sein Amt als Apostel der Völker, weil er bei seinem Dienst an den Heiden am dringenden Wunsch festhält, „ob ich nicht meine Stammverwandten eifersüchtig machen und einige von ihnen retten könnte" (11,14). Gehörte es zur Erwartung jüdischer Hoffnung, daß am Ende der Zeiten die Völker herbeikommen und

19 In den Kapiteln 9 - 1 1 verwendet Paulus fast durchgehend die Bezeichnung „Israel", um das Gottesvolk als Träger der Verheißung zu charakterisieren. Nur 9,24 und 10,12 werden die geläufigen Ausdrücke J u d e n und Heiden (bzw. Völker)" und .Juden und Griechen" beibehalten. 20 Vgl. H. Conzelmann, Grundriß der Theologie des Neuen Testaments, Tübingen 4 1987, 276-280. 21 Ebd. 278.

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zum Zion wallfahren würden (Jes 2,2-4; Mi 4,1-3), so vollzieht sich nun eine umgekehrte Bewegung: Viele aus den Völkern sind gläubig geworden, Israel aber verharrt weithin im Unglauben. Doch das Herzukommen der Heiden — das ist der Gedanke des Apostels — soll bewirken, daß auch Israel aufmerkt und sich dem Glauben zukehrt. An die Heidenchristen richtet der Apostel die Warnung, nur ja nicht hochmütig zu werden und auf ungläubige Juden herabzusehen (Rom 11,17-24). Um seine Gedanken zu veranschaulichen, bedient er sich des Bildes vom Ölbaum, das im Alten Testament verschiedentlich auf Israel angewendet wir (Jer 11,16; Hos 14,7 u.ö.), um daran das Verhältnis der Zweige zur Wurzel zu erläutern. Entgegen üblicher Praxis, wie man sie mit dem Aufpfropfen von ausgesuchten Zweigen zum Zweck der Veredelung eines Baumes vornimmt, spricht er davon, daß Zweige aus dem Baum ausgebrochen wurden, so daß für andere Platz geschaffen wurde. Die dann eingesetzten Zweige aber sollen mit der Kraft der Wurzel verbunden und dadurch gleichsam veredelt werden. Das Bild, wie Paulus es zeichnet, ist nicht gärtnerischer Praxis abgesehen und dann auf die beabsichtigte Sachaussage bezogen worden; sondern umgekehrt: Die Mahnung, die den Heidenchristen gilt, hat zu der eigentümlichen Beschreibung geführt, die aus dem gedanklichen Zusammenhang gedeutet sein will. Dabei können sich leicht Mißverständnisse einstellen. Ist es doch nicht die Meinung des Apostels, als handle es sich darum, daß Heiden auf Israel als vorfindliche Größe aufgepfropft würden. Denn von den Juden, die bei der Thora beharren und sich dem Evangelium verweigern, sagt Paulus, sie seien die ausgebrochenen Zweige, „deren Schicksal den Heidenchristen freilich zur Warnung gereichen soll".22 Obwohl ein Gärtner nicht auf die genannte Weise verfährt, ist doch deutlich, was gezeigt werden soll: Ungläubige Juden sind ausgebrochen, Heiden aber in den Ölbaum eingepflanzt worden, so daß sie am Segen teilbekommen, der den Erzvätern zugesprochen wurde. Doch sollen sie sich gesagt sein lassen: Es ist allein Gottes Güte zuzuschreiben, daß sie in den Ölbaum eingesetzt wurden. Gott kann aber auch Zweige, die eingepfropft wurden, wieder herausnehmen, wenn sie sich als untauglich erweisen. Und vor allem: Jene, die ausgebrochen wurden, kann er auch wieder an den alten Platz zurückbringen. Denn wenn Heiden „wider die Natur" in den Ölbaum eingesetzt worden sind, „wieviel mehr werden die natürlichen Zweige wieder eingepfropft werden in ihren eigenen Ölbaum" (V 24). Denn Gott bleibt sich treu und gibt das Werk, das er angefangen hat, nicht preis. Sind Juden und Heiden als Adressaten des einen Evangeliums miteinander angesprochen, so bleibt jene in Gottes Wort begründete Verbundenheit

22 Ebd. 279.

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auch da bestehen, wo die ersten Hörer sich im Unglauben verschlossen haben, die anderen aber die Botschaft annehmen. So wenig mit dem „zuerst" ein Vorrecht im Sinn eines Anspruchs verbunden ist, so bleiben doch die Geschicke der Völker und die Israels miteinander verknüpft, weil „das Heil in einer bestimmten Geschichte verwirklicht ist und darum auch zu einem geschichtlichen Ziel führen soll".23 Doch da Israel das Evangelium verworfen hat, „ist in einer für Israel aufreizenden Umkehrung der sonst von Paulus selbst betonten Reihenfolge ,dem Juden zuerst und auch dem Griechen' das Heil nun den Heiden als ersten zuteil geworden, um Israel,eifersüchtig' zu machen (Rom 10,19; 11,11) und es so zu seinem Ursprung zurück und zu seiner endlichen Erlösung zu führen". 24 Mit der urchristlichen Verkündigung25 bleibt Paulus davon überzeugt, „daß ... es mit dem πρώτον seine Richtigkeit hat".26 Wie Juden und Griechen ohne Ausnahme und Unterschied unter Ungehorsam und Sünde beschlossen sind (Rom 11,32; Gal 3,22), so empfangen sie Heil und Rettung allein aus Gottes Erbarmen. Wenn Paulus an der Hoffnung festhält, daß „ganz Israel" gerettet werde (Rom 11,26), so denkt er dabei doch nicht etwa daran, es könnte für die Juden, die als erste von der Botschaft des Evangeliums angeredet wurden, einen anderen Weg als für die Völker geben, durch den sie zum Ziel gelangen. Die einen wie die anderen können vielmehr allein durch die Rechtfertigung, die der barmherzige Gott um Christi willen schenkt und die nicht anders als allein im Glauben empfangen werden kann, das Heil als Gottes Gabe erfahren.27 Mag es auch als „Geheimnis" verborgen bleiben, wie Gott in der Zukunft die Wege Israels und die der Völker zusammenführen wird, so hält doch Paulus an der Zuversicht fest, daß es am Ende allein auf Gottes unergründliches Erbarmen ankommt und darum nicht Verwerfung, sondern Rettung das letzte Wort über dem Geschick Israels bleiben soll.28

23 Vgl. G. Bornkamm, Paulus, Stuttgart 71993, 75. 24 Ebd. 160. 25 Von einem „zuerst" ist auch Mk 7,27 - bei Matthäus jedoch ausgelassen - sowie Act 3,21; 13,46 die Rede; vgl. W.Michaelis, Art. π ρ ώ τ ο ς κτλ: T h W N T VI, 870. 26 E. Gräßer, Der Alte Bund im Neuen: ders., Der Alte Bund im Neuen (s.o. Anm. 13) 1-134: 17. 27 Vgl. Größer, Heilswege (s.o. Anm. 13) 229: „Einen ,Sonderweg' zur Rettung Israels kennt Paulus also nicht". Vgl. auch D. Sänger, Die Verkündigung des Gekreuzigten und Israel. Studien zum Verhältnis von Kirche und Israel bei Paulus und im frühen Christentum, Tübingen 1994 (WUNT 75) 195. 28 „Man wird dabei beachten müssen, daß es nicht dasselbe ist, wie wenn Paulus sagen würde πάντες oi 'Ιουδαίοι σωθήσονται; denn Israel ist etwas anderes als die Gesamtheit seiner derzeitigen Glieder, es ist als 'Ισραήλ Träger der Verheißung und so auch Empfänger ihrer Erfüllung" (W. Gutbrod, Art. 'Ισραήλ [s.o. Anm. 2] 389f.).

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IV. Zur christlichen Gemeinde gehören - wie in dem Jubelruf von Gal 3,28 ausgesprochen wird - Juden und Griechen, Sklaven und Freie, Männer und Frauen. Sind damit die jeweiligen Bezüge des Lebens aufgeführt, aus denen die einzelnen Gemeindeglieder kommen, so werden sie durch die kraftvolle Aussage zusammengefaßt, sie seien „allesamt einer in Christus Jesus". Paulus hängt mit dieser Überzeugung nicht etwa schwärmerischer Überheblichkeit nach, die alle Unterschiede meint beiseite tun zu können. Er weiß sehr wohl, daß es weiterhin Männer und Frauen, aber auch Sklaven und Herren und gewiß auch Juden und Griechen gibt und geben wird. Aber was sie voneinander abhebt oder auch scheiden mag, hat in Christus seine trennende Bedeutung verloren. „Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus angezogen" (Gal 3,27). Jene wunderbare Einheit in Christus ist durch die Taufe begründet. „Denn wir sind durch einen Geist alle zu einem Leib getauft, wir seien Juden oder Griechen, Sklaven oder Freie, und sind alle mit einem Geist getränkt" (1 Kor 12,13). Auch hier führt der Apostel jeweils an erster Stelle die Juden an, um aus ihrer Perspektive auf die in dieser Welt vorhandenen Unterschiede gegenüber Griechen und Heiden hinzuweisen. Zwar gibt es diese weiterhin; doch sie haben in Christus keine Gültigkeit mehr, weil alle, die auf die in Christus offenbarte Gerechtigkeit vertrauen, in ihm zur einenden Gemeinschaft zusammengeschlossen sind. Denn „was den Christen zum Christen macht, ist die Rechtfertigung durch den Gott, der gerecht ist und gerecht macht den, der aus dem Glauben an Jesus lebt (Rom 3,26)".29 Das Gesetz kann daher keine unterscheidende Kraft mehr ausüben, weil Christus das Ende des Gesetzes ist (Rom 10,4). Paulus beläßt, die geschichtlich bedingte Folge beachtend, die Erwähnung der Juden am ersten Platz. Doch sofern er „von Juden und Griechen (= Heiden) innerhalb der Gemeinde spricht, sind es also nur noch Bezeichnungen für die Herkunft und religiös-kulturelle Prägung".30 Denn „das Erwählungsbewußtsein der Juden und das kulturelle Überlegenheitsgefühl der Griechen" wird „ersetzt durch die neue Identität der Christuszugehörigkeit".31 Auch in anderen Zusammenhängen läßt Paulus stets erkennen, daß er den Vorsprung derJuden, der durch Gottes an sie ergangene Verheißung bedingt ist, nicht außer acht läßt. Wo Beschneidung und Unbeschnittenheit einander gegenübergestellt werden, wird dieselbe Folge wie bei Juden/Heiden eingehalten, doch zugleich relativiert. Denn obwohl die jeweilige Herkunft - ob 29 Heckel, Bild (s.o. Anm. 2) 276. 30 Ebd. 280. 31 Ebd. 281.

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aus Beschneidung oder aus Unbeschnittenheit - zu beachten ist, wird doch ihre Bedeutung in die völlig neue Perspektive der göttlichen Berufung gerückt, so daß es nun heißt: „Beschnitten sein ist nichts, und unbeschnitten sein ist nichts; sondern: Gottes Gebote halten" (1 Kor 7,19). Daß Gottes Anrede den Juden zuerst gesagt wurde, dann aber den Griechen und mit ihnen allen Völkern, behält Paulus in seinem apostolischen Wirken stets im Blick. Mag es auch schematisierender Darstellung entsprechen, wenn später in der Apostelgeschichte immer wieder davon berichtet wird, die Boten Christi seien regelmäßig zuerst in die Synagogen gegangen und erst dann, als sie von den Juden abgewiesen wurden, auch zu den Heiden gekommen, so spiegelt sich doch auch in dieser Abfolge wider, daß nicht nur Paulus, sondern auch die anderen urchristlichen Prediger sich dessen bewußt blieben, daß das Evangelium bei den Juden seinen Anfang genommen hat. Paulus hält in seinem gesamten Wirken „trotz seiner Bekräftigung der universalen Weite des gesetzesfreien Evangeliums" mit Bestimmtheit „an dessen jüdischem Wurzelboden fest".32 Den weiten Bogen seines apostolischen Wirkens sieht er daher von Jerusalem bis nach Illyricum gespannt (Rom 15,19). Jerusalem nennt er dabei als den Ort, an dem die christiiche Verkündigung ihren Ursprung hatte. Obwohl er selbst dort gar nicht missionarisch gewirkt hat, hebt er auch bei seiner Predigt an die Heiden hervor, daß das Evangelium den Juden zuerst gilt und dieser ihr geschichtlicher Vorsprung weiterhin bestehen bleibt. Illyricum auf dem Balkan aber ist als der entgegengesetzte Punkt genannt, um mit dem Hinweis auf die äußersten Grenzen des Römischen Reiches die auf alle Welt ausgerichtete Weite des Evangeliums zu kennzeichnen. 33 Obwohl Paulus sich zu den Völkern gesandt weiß, um ihnen die frohe Botschaft zu bringen, kann es für ihn „eine Kirche allein aus Heidenchristen" nicht geben. 34 Denn wollte man sich nur den Völkern zuwenden, von Israel aber abkehren, so würde damit die Universalität des Evangeliums preisgegeben, das bleibend „den Juden zuerst und ebenso den Griechen" gilt. Weder behutsame Rücksichtnahme, die dazu Anlaß geben könnte, ihnen das Zeugnis des Evangeliums nicht zumuten zu wollen, noch überhebliche Abwendung, die sie gering achten würde, dürfen jene Verpflichtung relativieren, die der Apostel der Christenheit fest eingeprägt und aufgegeben hat. Denn „der Gedanke des Gottesvolkes, das aus der Wurzel Israels erwächst", hat „eine unaufgebbare Funktion in der paulinischen Ekklesiolo32 Vgl. M. Theobald, „Dem Juden zuerst und auch dem Heiden". Die paulinische Auslegung der Glaubensformel Rom l,3f.: Kontinuität und Einheit. FS Franz Mußner, Freiburg 1981,376-392: 389. 33 Vgl. E. Lohse, Art. Σιών κτλ. B-C: T h W N T VII, 334. 34 E. Käsemann, An die Römer, Tübingen 4 1980 ( H N T 8a) 299. Vgl. auch Größer, Heilswege (s.o. Anm. 13) 221 Anm. 30.

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gie". „Es gibt für den Apostel kein Heil, bei welchem von der Geschichte Israels abgesehen werden könnte".35 Können die Christen sich „das Israel Gottes" nennen (Gal 6,16) und sagen: „Wir sind die Beschneidung, die wir im Geist Gottes dienen und uns Christi Jesu rühmen und uns nicht verlassen auf das Fleisch" (Phil 3,3), so haben sie sich dabei dessen bewußt zu bleiben, daß das Evangelium zuerst an die Juden gerichtet ist und dann auch an die Griechen, damit keiner sich rühme, sondern Juden und Heiden aus Gottes Erbarmen das neue Leben in Christus empfangen und führen. Diese neue Schöpfung aber, die sie zu sein und zu leben haben, verpflichtet sie zu verantwortlichem Handeln, um keinen Anstoß zu erregen „weder bei den Juden noch bei den Griechen noch bei der Gemeinde Gottes" (1 Kor 10,32). In respektvoller Achtung für den geschichtlichen Lauf, den Gottes Wort genommen hat, sehen sie auf den Anfang, der in Israels Berufung gesetzt ist, und sind dessen gewiß, daß Gottes Verheißungen in Christus erfüllt sind. Darum erinnert jenes „den Juden zuerst" die Christen ständig an ihre Verpflichtung, demütig und glaubwürdig zu leben und ihrer besonderen Verantwortung eingedenk zu bleiben: „Der aber, der sich als Glaubender erwählt weiß, hat auf den anderen nur zu blikken mit dem Bewußtsein der Verantwortung, ihm durch Wort und Wandel die Gnade Gottes so anschaulich werden zu lassen, daß ihm die Glaubensfrage wirklich gestellt wird".36

35 Käsemann, R o m (s.o. A n m . 34) 299. Z u r Bedeutung des Gottesvolk-Gedankens für die paulinische Ekklesiologie vgl. W. Kraus, Das Volk Gottes. Z u r G r u n d l e g u n g der Ekklesiologie bei Paulus, T ü b i n g e n 1996 ( W U N T 85). 36 R. Bultmann, G n a d e u n d Freiheit: dm., Glauben und Verstehen, T ü b i n g e n , I I 5 1 9 6 8 , 149— 161: 158. Vgl. auch Conzelmann, G r u n d r i ß (s.o. A n m . 20) 278.

St. Peter's Apostleship in the Judgement of St. Paul, the Apostle to the Gentiles An exegetical Contribution to an Ecumenical Debate*

What did Paul the Apostle think about Peter's ministry in the earliest church? And how far did his judgment influence the development of Christian congregations in Palestine, Syria, Asia Minor and Europe? We might also be inclined to raise the question in the other direction being curious what Peter might have felt about Paul who went out to preach the gospel among the Gentiles. We have, however, to admit that we are absolutely not in a position to discuss this problem, because neither has a document been written by Peter himself nor has a single saying been preserved that might be undoubtedly of Petrine origin. The two Epistles we find in the collection of New Testament writings ascribed to Peter as their author may not be considered authentic. We may certainly learn from them how the second and third Christian generation tried to design a description of Peter's relation to the congregations in the area of former Pauline missionary activities and his judgement about Paul as his follow-apostle. Characterising him as his beloved brother the author of 2nd Peter mentions that Paul wrote his letters according to the wisdom that was given to him. But he goes on to say that there are some points which are hard to understand and which the ignorant and unstable turn to their own destruction. For that reason the addressees are admonished not to lose their own stability but to grow in the grace and knowledge of the Lord and Savior Jesus Christ (2 Peter 3:15-18). Hence these documents are informing us about ideas which were developed quite a while after the lifetime of both apostles, but they do not open a way to direct information about their mutual relationship in their own judgment. What is described in the book of Acts in a similar way cannot be seen as historical records about the real preaching and teaching of Peter, but has to be understood as a picture drawn later on in order to demonstrate that Peter and Paul were preaching the same good news of the crucified and resurrec* Professor Doctor Eduard Lohse was Professor of New Testament at the University of Kiel from 1956 to 1964 and at the University of Göttingen from 1964 to 1971. H e was appointed Bishop of Hannover in 1971, and served as such until 1988. H e was the fourth Joseph Gregory McCarthy visiting professor at the Gregrorian University in the fall semester of 1990/1991. T h e present text is a public lecture delivered on November 20, 1990.

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ted Lord. The description which is given in these narratives is quite characteristic for the understanding of their common apostolic ministry as it was unfolded at the end of the first century AD, but may not be interpreted as historical information about the real facts themselves. The only sources that represent direct reports are to be found in the Pauline Epistles - or rather to give a clearer and more critical view, in those Letters which may be regarded as undoubtedly written by Paul himself. It may, however, be remarked that in the Deuteropauline literature, in the Pastoral Epistles as well as in the Letters to the Ephesians and Colossians, not a single hint is to be found pointing to the activity of Peter or any other apostle. It is only mentioned that the church is built upon the foundation of the apostles and prophets, Jesus Christ himself being the cornerstone (Eph 2:20). But it is Paul alone and nobody else from whom the congregations had heard the gospel of Jesus Christ. This is different in the authentic Letters composed not by disciples of Paul but by the apostle himself. Here we find in some passages Peter not only mentioned, but also characterised by some information about his apostolic ministry. What can we learn from these passages about Paul's view of Peter's apostleship? In the scholarly debate which has been going on for quite a while different and even controversial positions have been taken on the mutual relationship between the two leading apostles. Some scholars look at them as representatives of competitive theological positions. Others consider them as authorities operating under common guidelines in different areas. Some even believe that they might have gone each one his own way because they were not able to reach a fair and respectful mutual understanding of the work they had to do.1 The spectrum of theories is even more diverse than could be discussed in these short remarks. The fact that opinions of scholars differ so widely should warn exegetical interpretations to proceed very carefully. One has to be cautious not to misinterpret the documents which have been transmitted in the New Testament and one is not allowed to follow his own phantasies without submitting one's ideas to a critical discussion. The profound investigation in the course of the ecumenical dialogue - especially in the excellent talks between the Roman-catholics and the Lutherans in the USA - has produced a well balanced critical review of the different arguments. 2 We may learn from these results and should not be tempted to discuss theories anew that have already proved not to be convincing. 1 Cf. the concise report about recent scholarly publications given by Martin Karrer, Petrus im paulinischen Gemeindekreis, Zeitschrift für die neutestamentliche Wissenschaft 80 (1989) 210-231; further references ibidem. 2 Cf. Raymond E. Brown a.o., Peter in the New Testament (Minneapolis/Toronto: Augsburg Publishing House/Paulist Press: 1973) esp. chap. 3: Peter in the Pauline Letters, pp. 23-28 = German translation: Der Petrus der Bibel (Stuttgart: Calwer Verlag/Kath. Bibelwerk: 1976).

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/. Having been warned that way one has to find out at the beginning which texts should be considered so that by their exegesis a clear insight might be reached on how St. Paul judged St. Peter's apostleship. Before we proceed to a careful analysis of the relevant texts two remarks should be made which are both of general importance and methodological relevance. The first remark concerns the distinct and to some extent surprising observation that within the whole letter addressed to "God's beloved in Rome, who are called to be saints" (Rom 1:7) neither the name of Peter (respectively Cephas) is mentioned nor a single allusion is given that might point to his relation to the church in the capital of the Roman Empire. Hence it is absolutely compelling to draw the conclusion that up to that time Peter had not come to Rome or stayed there to guide the church. Paul's Letter to the Romans mentions nowhere the names of missionaries who first brought the gospel to Rome. Inspite of these facts, however, it should be considered as a historical event that Peter suffered martyrdom in Rome a short time after Paul's own death there. A long controversial debate came to the conclusion that now there are no more compelling reasons to doubt that Paul as well as Peter had to die in the city of Rome and were buried there at different places. The arguments Hans Lietzmann presented in his well-known publication about Peter and Paul in Rome are still valid and convincing.3 But neither Peter nor Paul founded the church in Rome. It rather originated through anonymous Christians. Certainly Christians from Jerusalem came to Rome very early (cf. Act. 2:10) and brought the gospel to that place. It will have happened after the composition of Paul's Epistle to the Romans that Peter came to Rome and gained contact with the church just there. We cannot expect, therefore, special information from the Epistle to the Romans to find out what Paul may have thought about Peter's apostleship in relation to the church in Rome. The other remark which has to be made as a general orientation for the exegesis of the texts that are really relevant to our investigation is related to some theories about so-called allusions in Paul's Letters. Quite a few scholars supposed that in some passages Paul might have pointed to Peter without mentioning his name. So - to give an example - in 1 Cor 3: lOf. Paul is speaking about the real foundation of the Christian church. The argument is the following: Paul had founded the congregation in Corinth laying the foundation, and another man was building upon it. Hence each man has to take care how he builds upon it. "For no other foundation can any one lay than which 3 Hans Lietzmann, Petrus und Paulus in Rom = Arbeiten zur Kirchengeschichte 1 (Bonn: Marcus und Weber: 1915, 2nd ed. 1927); cf. Also Erich Dinkier, Die Petrus-Rom-Frage, Theologische Rundschau 25 (1959) 189-230; 27 (1961) 33-64.

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is laid, which is Jesus Christ." Could it be imagined - some commentators asked - that here an allusion was made to Peter's Aramaic name Cephas? If so, one might suspect that a polemical meaning could be hidden here arguing that the rock upon which the church is built is not to be found in Cephas (i.e. Peter), but in Christ alone. An exact interpretation, however, has to follow the insight that no hint of the famous saying of Jesus can be found here which is reported in Mt 16:18: "You are Peter, and on this rock I will build my church." Paul is not pointing to the terminological similarity between π έ τ ρ α and πέτρος, but he makes use of a figura etymologica θεμέλιον (i.e. foundation) and the verb θεΐναι (i.e. to found, resp. to lay).4 That means that Paul surely is not thinking of Peter when he underlines that Christ alone has to be and to remain the real foundation of the church. 5 It was discussed furthermore whether some polemical remarks could be discovered in the Second Epistle to the Corinthians, esp. in chaps. 10-13. In the controversy which is reflected there Paul has to refute sharp attacks by socalled apostles. Those people having come from outside tried to question Paul's position and to erect their own authority in his place. They presented letters of recommendation (10:12.18) and asked to be acknowledged as true apostles (11:4, 12:11). The question was raised whether these people might have been sent from Jerusalem to correct Paul' missionary work because he was preaching the gospel to former Gentiles without bringing them to respectful obedience towards the Thora. If that would be the case, it could mean that James or Peter, possibly both of them, might have authorized that antipauline activity in Corinth. 6 Blaming these messengers as "super-apostles" (11:5) and "superlative apostles" (12:11) Paul would reduce then at the same time the authorities in Jerusalem that might have sent them to Corinth and stood behind their arguments. 7 But to describe Paul's adversaries in 2 Cor 10-13 that way would mean to take some hypothetical constructions for historical facts. Besides the lack of evidence that might allow us to call these people Judaizers it is quite clear that neither the Jewish law nor authorities in Jerusalem played any role in this controversial debate. It seems to be evident that Paul's adversaries were of

4 Cf. Karrer, loc. cit., 212. 5 Cf. commentaries on First Corinthians, esp. Hans Conzelmann, Der erste Korintherbrief (Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht: 1969, 2nd ed. 1981) 101 = Engl. Translation: 1 Corinthians (Philadelphia: Fortress Press: 1975) 75. 6 Cf. Ernst Käsemann, Die Legitimität des Apostels, Zeitschrift für die neutestamentliche Wissenschaft 41 (1942) 33-71 = Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft: 1956; Charles Kingsley Barrett, Cephas and Corinth, in: Abraham unser Vater, Festschrift für Otto Michel (Leiden/Köln: E J . Brill: 1963) 1 - 1 2 = Essays on Paul (Philadelphia: T h e Westminster Press: 1982) 28-39. 7 Cf. Margaret E. Thrall, Super-Apostles, Servants of Christ and Servants of Satan, Journal for the Study of the N T / O T 6 (1980) 42-57.

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Jewish origin, but their preaching may not be characterized for that reason as related to the church of Jerusalem or to the Judaizing movement demanding from former Gentiles to become obedient to the entire law of Israel. When Paul in his hard defence is speaking of "super-apostles", he is disqualifying his opponents that had become influential in Corinth. But he is by no means giving polemical hints directed against James or Peter. If he would have wished to speak about them he would not have hesitated to call them by name just as he mentions their names on other occasions. One has, therefore, to leave aside so-called allusions in Paul's Letters and cannot use them in order to prove the idea of polemical tensions between Peter and Paul in different areas of their activities. Sober interpretation of New Testament texts does not allow us to pursue theories of imagination but has to look at those texts which offer clear evidence of what Paul said in his writings about Peter's apostleship. That means that we have to concentrate our attention on the passages in the Epistle to the Galatians and in the First Epistle to the Corinthians in which Paul is calling Peter by his name and explaining how he understood their common task to act as apostles of Christ.

II. At the beginning of his long discussion about the controversial issue of the resurrection of the dead Paul reminds the Christians in Corinth of the gospel they had heard from him when he came to them for the first time. He had brought to them the good news as he himself also received it, i.e. he faithfully transmitted to them the common Christian confession as it was expressed in a fixed formula saying: "that Christ died for our sins in accordance with the scriptures, that he was buried, that he was raised on the third day in accordance with the scriptures, and that he appeared to Cephas, then to the twelve" (1 Cor 15:3-5). Ever since Joachim Jeremias explained with convincing arguments that Paul is quoting here an early Christian formula originating probably from Jerusalem, 8 this interpretation has been accepted by nearly all those who have discussed this passage since. In a clearly developed parallel structure Christ's death and his resurrection are characterized as the fulfilment of God's promises given in the scriptures of the Old Testament. By pointing to this short expression of what all Christians are trusting in Paul wishes to make evident that the questions which have to be answered in Corinth have to be discussed in the light of these guidelines to which all of them are obliged. 8 Cf. Joachim Jeremias, Die Abendmahlsworte Jesu (Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht: 4,h ed. 1967) 95-97 = Engl. Translation: T h e Eucharistie Words of Jesus (Oxford: Basil Blackwell: 1955) 129-131.

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It is quite probable that Paul also in other places and situations will have used this formula which he is quoting here. That means that wherever he came as missionary of his Lord he gave witness of the common Christian tradition that Peter was the first one to whom the resurrected Lord had appeared, demonstrating that the cross had become the sign of life having defeated the power of death. This common Christian tradition to which also some other passages in the New Testament are alluding (cf. Luk 24:34) was confirmed by Paul's apostolic preaching. Normally he did not say very much about fellow-aposdes and nowhere else is he mentioning the group of the twelve. But when he had to quote the apostolic tradition of the very earliest gospel he loyally reported what had been transmitted to him beforehand. By doing so he attested that Cephas was distinguished by a special authority given to him by the Lord himself. At no time Paul became inclined to raise any doubt about this position Peter had right from the origin of the church. When Cephas and the twelve are named within this very important formula expressing the common Christian confession it is demonstrated that the good news was originating from Jerusalem, the holy city of God's people. Paul shares this conviction and puts the understanding of his own task as apostle of Christ Jesus into this connection when later on he remarks about his activity that from Jerusalem and as far around as Illyricum he has fully preached the gospel of Christ (Rom 15:19). Although he never worked as apostle in Jerusalem and on the other hand - as far as we know - he never came to the remote area of Illyricum, he emphasizes his world-wide preaching by combining it with the origin in the holy city and extending it to the long distant borders of the Roman Empire. Looking at Peter and the twelve Paul builds a bridge to his own installation as apostle of Christ Jesus. For that reason he prolongs the chain of witnesses to whom the resurrected Christ appeared up to the call he received by the grace of God. 9 Truly, he is the least of the apostles, because he persecuted the church of God. But by calling him, God had demonstrated that Paul is what he is only by God's grace. Being aware of this special character of his installation Paul may compare his own position with all those whom he mentioned before. Coming to an end he adds the statement that he worked harder than any of them (1 Cor 15:10). So Paul is putting his own apostleship into this line which begins with Peter and is closed with Paul. Although there were different presuppositions it was the same grace of God which called both of them and set them under the same obligation so that Paul may describe their common task at the end saying: "Whether then it was I or they, so we preach and so you believed" (1 Cor 15:11). Paying due regard to Peter's apostleship Paul does not hesitate to put himself into the same rank. For it is 9 Cf. Peter v.d. Osten-Sackm, Die Apologie des paulinischen Apostolats in 1 Kor 15:1-19, Zeitschrift für die neutestamentliche Wissenschaft 64 (1973) 245-262.

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the one God in Christ who appointed both of them to be apostles who have to serve as messengers of the same gospel. Because Paul is serving as an authorized apostle he may claim the same rights as the other ones, the brothers of the Lord and Cephas included. That means that one may also be accompanied by a wife who is a Christian sister and the congregations have to take care of both of them (1 Cor 9:5). Paul names Cephas at the end of this sentence putting special emphasis on his position. And it may be remarked that in this passage also a command of the Lord is quoted that those who proclaim the gospel should get their living by the gospel (1 Cor 9:14). In the same way as this rule is valid for the brothers and the disciples of Jesus it has to be acknowledged also for Paul. And it is only up to him whether he will make use of this apostolic privilege or renounce it to make the gospel free of charge. As Paul explains his relation to Peter's apostleship he remains fully aware that he has to act in solidarity with him and all those who have to fulfill the same duty. Paul interprets his call in the light of Old Testament prophetic texts explaining that he who had set him apart before he was born had called him through his grace (Gal 1:15). But notwithstanding this special character of his call he considers this service to be called an apostle and set apart for the gospel of God (Rom 1:1) in the solidarity with those who are called like him to be witnesses of the one good news. It may be that it is just for this reason that in his well evaluated introductory passage in the Epistle to the Romans Paul is changing from arguing in the singular to using the plural summarizing the common work by the statement that through the Lord Jesus Christ "we have received grace and apostleship to bring about the obedience of faith for the sake of his name among all the nations" (Rom 1:5). Looking at Peter's authority as the first witness of the resurrected Christ Paul honors the historical sequence, but he never interprets this as leading to an hierarchical order. On the contrary, just as Paul may declare on the one hand that the gospel is addressed to the Jew first and then to the Greek (Rom 1:16) and on the other underline that there is no distinction because all have sinned and all are justified by God's grace alone (Rom 3:23f.), so he would also say with regard to the apostolic ministry that despite the order of time which has to be respected there is only one Lord and one gospel which the apostles have to serve.

III.

Paul wishes to make absolutely clear that his apostleship might by no means be regarded as an institution originating from men. He describes his apostolic ministry as given to him not from men or through men, but through Jesus Christ and God the Father (Gal 1:1). That means that he was called to be

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apostle without any participation or assistance of men. He has to prove, therefore, his independence from all other authorities which may be seen by the fact that having been called by God he did not go up to Jerusalem to those who were aposdes before him (Gal 1:16f.). Only later on, after three years he went up to Jerusalem to meet Cephas and see besides him non of the other apostles but only James the Lord's brother (Gal l:18f.). Having proven his independence by his immediate installation by God in Christ, it is absolutely evident for Paul that he belongs to the community of those to whom the preaching of the gospel has been entrusted. Hence it is not to be seen as a contradiction to his understanding of his God-given ministry but as a sign of solidarity that Paul had to visit Cephas in Jerusalem (Gal 1:18). The Greek verb ίστορεΐν by which Paul describes the intention of his visit is at the same time an expression of his wish to get personal contact with Cephas as a term of a respectful encounter. 10 In order to avoid the impression as if in a certain way he might have become dependent on Peter it is emphasized that he did not stay longer than two weeks. It has to be recognized, of course, that when two experts meet one another they could make excellent use of two weeks of discussion. And, surely, as Charles Harold Dodd has rightly remarked, they will not have spent all the time talking about the weather 11 - a subject which is not always and everywhere of real interest and has not to be discussed in a country where the climate is normally very stable. Hence one may suppose that by his visit Paul could demonstrate on the one hand the special role of his apostleship and on the other hand assure Cephas of their common interpretation of the gospel as God's power for salvation to every one who has faith, to the Jew first and also to the Greek (Rom 1:16). Paul did not need any confirmation that this understanding of the good news is absolutely correct. But he was aware that inspite of his hard work he might be running in vain (Gal 2:2). This threat might hit him if he were not to succeed in preserving the unity of the church which is based upon the truth of the gospel to be witnessed by all those who have to proclaim the good news. It is only for that reason that after fourteen years Paul went up again to Jerusalem to explain how he was preaching the gospel among Gentiles (Gal 2:1). It was not Paul's intention to ask the authorities in Jerusalem that they might judge about what he was doing. He emphasized, therefore, the important fact that the Greek Titus who was with him was not compelled to be 10 For further comments on the meaning of ίστορεΐν cf. Otfried Hofius, Gal 1; 18: ΐστορήσαι Κηφαν, Zeitschrift für die neutestamentliche Wissenschaft 75 (1984) 73-85; James D.G. Dunn, Once more Gal 1:18 ΐστορήσαι Κηφάν. In Reply to Otfried Hofius, ibid., 76 (1985) 138f.; and K.F. Ulrichs, Grave verbum, ut de re magna. Nochmals Gal 1; 18: ΐστορήσαι Κηφαν, ibid. 81 (1990) 262-269. 11 Cf. Charles Harold Dodd, T h e Apostolic Preaching and its Developments (New York: Haper & Brother: 9,h ed. 1960) 16.

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circumcised (Gal 2:3). Paul did not submit to false brothers even for one moment, because the truth of the gospel had to be preserved (Gal 2:5). The authorities who were in charge did not support claims made from the point of view of those false brothers, rather they accepted Paul as an authorized messenger of the common gospel. The fact that they appreciated his work is evident by Paul's statement "that they saw that I had been entrusted with the gospel to the uncircumcised just an Peter had been entrusted with the gospel to the circumcised" (Gal 2:7). It is worth noticing that this is the only occasion that Paul is speaking of Peter not by using his Aramaic name Cephas but by calling him by his Greek name Peter. It is not easy to find an explanation for this change of names. There is the stimulating suggestion that in this passage Paul might base his argument on an official document that had been agreed upon at the meeting in Jerusalem. 12 But up until now no convincing criteria could be found to make a clear distinction between preshaped formulations and the context in the passage of Gal 2:1-10. Hence one might think about the interpretation that Paul prefers to use the Greek name Peter just here, because he has to demonstrate to a Greek speaking audience that both of them are apostles of comparable authority and even the same rank. It is Paul's clear understanding that God himself had shown this judgment to be true "for he who worked through Peter for the mission to the circumcised worked through me also for the Gentiles" (Gal 2:8). The authorities in Jerusalem, therefore, had to do nothing else than to acknowledge what God had made evident. Having "perceived the grace" - so Paul is reporting to the Galatians - "that was given to me, James and Cephas and John, who were reputed to be pillars, gave to me and Barnabas the right hand of fellowship" (Gal 2:9). One has to realize that those respected representatives of the church in Jerusalem might have felt it hard to accept the Pauline way of preaching to the Gentiles as a legitimate explanation of the gospel. But they did so and confirmed this acceptance by giving full fellowship to Paul and Barnabas. Although some differences in the concrete preaching were remaining a fundamental consensus was found. The report which is given in the book of Acts about the meeting in Jerusalem differs from Paul's statement in some important aspects, because it was written about one generation later and did not take notice of what Paul had said in his Epistle to the Galatians.

12 Cf. Oscar Cullmann, Πέτρος, Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament VI (1959) 100 n. 6; Id., Petrus. Jünger - Apostel - Märtyrer (Zürich/Stuttgart: Zwingli-Verlag, 2nd ed. I960) 19 = Engl. Translation: Peter (Philadelphia: Westminster Press, 2"d ed. 1962) 20; Günter Klein, Galater 2:6-9 und die Geschichte der Jerusalemer Urgemeinde, Zeitschrift für Theologie und Kirche 57 (1960) 275-295 = Rekonstruktion und Interpretation/Beiträge zur Evangelischen Theologie 50 (München: Christian Kaiser Verlag: 1969), 99-128; Erich Dinkier, Signum Crucis (Tübingen: J.C.B. Mohr-Paul Siebeck Verlag: 1967) 281 f.

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But despite these differences both reports agree that Paul's mission to the Gentiles was completely recognized and a common agreement was stated. 13 The arrangement which was made in Jerusalem concerned two important directives for the future: first a clear division of the common task, i.e. "that we should go to the Gentiles and they to the circumcised" (Gal 2:9), which probably has to be interpreted in a general way and not primarily as a geographic division - and second that, as Paul continues, "only they would have us to remember the poor", i.e. the church in Jerusalem, "which very thing I was eager to do" (Gal 2:10). Summarizing how Paul was judging Peter's apostleship, according to this report it is quite clear that he on the one hand regarded his apostolic ministry highly but on the other hand insisted that his own apostleship was to be seen as of the same rank. The decisive criterion on which this view is exclusively based is the one single gospel which has to be brought to Jews as well as to Gentiles and is the bond of unity that holds Christians together in the one church wherever it may exist. Were these arrangements that had been made in Jerusalem kept by both sides? Did Peter acknowledge Paul's missionary work among the Gentiles and did Paul respect Peter's special position? It might seem as if in Corinth there could have been reason for a certain controversy among the followers of Peter on the one side and Paul on the other side, perhaps even between Peter and Paul themselves. There had been some people who proudly declared: "I belong to Cephas", whereas others said: "I belong to Paul" or "I belong to Apollos" or even "I belong to Christ" (1 Cor 1:12). What could these slogans have meant? Could they possibly imply that not only Paul and after him Apollos but also Cephas came to Corinth and won some personal followers? We are informed by Paul himself that Apollos had been for a certain while in Corinth, but what about Peter? Some scholars developed the theory that Cephas was heading a certain movement which differed from what Paul was doing and preaching. Interpreting Paul's remark to point in this direction, these scholars have not been looking carefully enough at the texts. It has to be noticed that Paul considers Apollos' activity in the church of Corinth as a loyal and helpful continuation of what he himself had begun to do (1 Cor 3:5-9). Just as Paul does not blame Apollos by a single word he also does not criticize Cephas. He is not at all reproaching him as if he had not remained loyal to the agreement made in Jerusalem. It is, furthermore, in no way clear whether Peter himself had even come to Corinth. It seems to be far more probable that some Christians might have come over from Palestine who referred to Cephas with 13 Cf. Martin Dibelius, Das Apostelkonzil, in: Aufsätze zur Apostelgeschichte (Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht: 1953 = 4,h ed. 1961) 84-90 = Engl. Translation: Studies in the Acts of the Apostles (New York: Charles Scribener's Sons: 1956) 93-101.

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pride, because they could have argued that it was he through whom they had become Christians. In the mystery religions of the ancient world it was quite popular to feel oneself closely related to the person who had celebrated the rite of initiation. In a similar way also some Christians may have used the name of a famous teacher or of the person who had baptized them. Paul's arguments are directed against views of that sort asking the Corinthians: "Was Paul crucified for you? Or were you baptized in the name of Paul?" (1 Cor 1:13). No polemical remark is made here against Peter or the group of his followers. Paul is arguing cautiously and for that reason he exemplifies the problem quoting his own name and the slogan of those who liked to declare themselves as belonging to his admirers. By using this example the apostle wished to explain that any formation of exclusive groups within the church could lead to the awful consequence that the one body of Christ would be divided. For that reason all those slogans have to be given up, because neither Paul nor Apollos nor Cephas are really important figures, but Christ alone to whom his people belong (1 Cor 3:22f.). From the interpretation of the relevant passages of the First Letter to the Corinthians the conclusion has to be drawn, therefore, that the hypothesis about controversial tensions between Peter and Paul in Corinth suffers from lack of evidence. On the contrary, Paul is speaking respectfully of Cephas, because he had been the first witness of the resurrected Lord and it is the proclamation of Christ's cross they have to spread amongjews and Gentiles following the call each one had received from God in Christ.

IV There remains now one very important passage in the Epistle to the Galatians to be looked at carefully. For in Antioch there took place, indeed, a sharp controversy between Peter and Paul (Gal 2:11-21).14 In his report Paul describes exactly the disagreement which became evident between him and Cephas in the church of Antioch. At first Peter had taken his meals together with former Gentiles, realizing that in Christ Jews and Gentiles are members of the one church of God. But after that when aJewish-Christian delegation came from Jerusalem Peter withdrew and gave up what he had done before. Thereby he again made a division between Israel and the nations. Probably Peter's attitude was caused by the attempt not to loose the fellowship of Jews. 14 Cf. commentaries on the Epistle to the Galatians, esp. Hans Dieter Betz, Galatians (Philadelphia: Fortress Press: 2nd ed. 1984) = German translation: Der Galaterbrief (München: Christian Kaiser Verlag: 1988) and: Rudolf Pesch, Peter in the Mirror of Paul's Letters, in: Paul de Tarse. Apotre de notre temps, ed. L. De Lorenzi, Serie Mon. (Rome: Benedictina: 1979) 291-309; Traugott Holtz, Der antiochenische Konflikt, New Testament Studies 22 (1986) 344-361.

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But by separating from those Christians who had been Gentiles he in fact forced them to become Jews if they wanted to eat with them in the future. Paul called this attitude hypocrisy that had to be made public; for whoever might be tempted to act considering tactical reflections as guidelines of Christian behavior "has to be opposed, because he is condemned" (Gal 2:11). Having resisted publicly the position Cephas had kept in Antioch Paul raises the decisive argument derived from his firm conviction that in Christ there is neither Jew nor Greek but all are one in Christ. That means that one is entirely forbidden to compel Gentiles to live like Jews. Paul is not only giving his negative criticism, but he develops immediately his positive statement. Here it is interesting that Paul despite this sharp controversy does not intend to displace Cephas or to diminish the importance of his ministry. O n the contrary, just because he goes on having a high regard for what Peter has to do, he continues talking to him. But at the same time he is including the whole people of God in the theological debate which he feels he has to bring to the right conclusion. Addressing Peter Paul says that both of them are Jews by birth and not Gentiles. But both of them having become faithful to the crucified and resurrected Lord know that man is not justified by works of the law but through faith in Jesus Christ. The consequences which have to be drawn from this fundamental insight are evident: Jews cannot attain salvation any other way than Gentiles. Both of them have only one way, namely the confident acceptance of God's righteousness revealed on the cross of Christ. Therefore the lead which Jews originally had over the Gentiles is removed in Christ. If the law was still considered important for salvation or if the message of the justification of the sinner was restricted or put in doubt, the unity of the church would be in danger of being destroyed. For the unity of the church is based on the good news that sinners are justified by faith in Christ and are now living as God's own people. Did Paul succeed in convincing his audience and especially Cephas with whom he had to discuss these fundamental implications of the gospel? Paul does not describe the final outcome of the controversy in Antioch, but he switches immediately to the comparable controversy which is at stake in the congregations of Galatia. So one might speculate about the open end of this theological discussion between a former fisherman from Galilee and a former well trained Jewish theologian coming from the diaspora. Quite a few exegetes are supporting the hypothesis that this hard discussion ended in a final separation of Peter and Paul. Because Paul - so they like to explain - did not succeed in convincing neither the people in Antioch nor Cephas, he had to leave the city and did not come back later on to stay there. Up till now the brilliant ideas Ferdinand Christian Baur had developed in the last century about the history of the earliest church are still influential. Even to-day quite a few scholars are to be found who suppose that Paul's theology on the one hand and Peter's orientation which was more directed to

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the Jewish surroundings on the other hand stood more or less in a permanent rivalry. Baur's view was certainly strongly stimulated by Hegel's philosophical perspective looking at a dialectical process of history which only after a controversial phase later on could be brought to a newly won harmony. That would mean that the contradictory tendencies of Paulinism on the one side and Petrinism on the other side could only be reconciled when Johannine theology was developed on a higher level of reflection. These theories are still discussed in some variations which do not need to be reviewed here in detail. Although these ideas have been very stimulating for historical research one may raise the objection as to what extent these perspectives may have been of a special protestant character seeing Protestantism as a later branch of Paulinism and Catholicism as an expression of what could have been called Petrinism. Also the very critical understanding of early Christian history as it is represented by Ernst Käsemann has to be questioned under this perspective. He had brought his view to the conclusion that "in primitive Christianity a wealth of different confessions were already in existence, constantly replacing each other, combining with each other and undergoing mutual delimitation.'" 5 That would mean at the end that "the New Testament canon does not as such constitute the foundation of the unity of the church. O n the contrary" - Käsemann declares in a sharp formulation - "as such (that is in its accessibility to the historian) it provides the basis for the multiplicity of the confessions.'" 6 These ideas have to be submitted to a careful analysis in detail which cannot be made here giving due attention to all the different aspects. But we have to put the question here whether this description is the result of historical investigation or whether it is shaped by presuppositions not having been brought under the critical control of historical research. As far as the relation between Peter and Paul in concerned, there remains a lack of evidence which has to be looked at. For it is by no means proven that Paul failed in the controversy in Antioch. That he did not stay there later on may be explained by his ambition not to preach the gospel where Christ has already been named (Rom 15:20). Reporting the controversial discussion with Cephas Paul was able to demonstrate to the Galatians that he remained absolutely independent of Peter and the authorities Jerusalem. But at the same time he always was very keen to preserve the unity of the church existing among Jews

15 Ernst Käsemann, Begründet der neutestamentliche K a n o n die Einheit der Kirche?, in: Exegetische Versuche und Besinnungen I (Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht, 6,h ed. 1970) 214-223, esp. 221 = New Testament and the Unity of the Church, in: Essays on New Testament Themes / Studies in Biblical Theology 41 (London: S C M Press: 1964) 104. 16 Ibid., 221 = 103.

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and Gentiles. For this reason Paul is interested in continuing his dialogue with Cephas also in the ongoing discussion to which the Galatians are listening. Trying to win their consent it would not have helped very much if Paul in reality would not have been able to remain in an ongoing dialogue of mutual understanding with Cephas about the proper interpretation of the gospel. Surely, this message had to be interpreted in various relations and had to be transmitted in corresponding social conditions. In different areas of the earliest church there were also developed different types of Christian life, piety and worship. But this pluriformity was understood as coming out of the manifold gifts of the one Spirit. Despite this variety in which Christian belief was expressed Paul as well as his partners were always quite aware that they would run in vain if they were not able to preserve their common conviction about the unity of the church and their faith in Christ's Lordship. Because Paul always remained convinced of this high obligation, he also in the introductory passage of the Epistle to the Romans points to the gospel and its legitimate interpretation. What was later on described as his theology, putting the message of justification given by God's grace and accepted by man's faith right into the centre, was by no means considered by the apostle as a special doctrine taught only by him. On the contrary, he wishes to demonstrate that he is giving the legitimate interpretation of the one good news that has to be proclaimed among Israel as well as among the nations. It is just for that purpose that in Gal 2 he develops his arguments in the shape of a continuing conversation with Cephas. Hence this rhetorical structure has to be considered not only as a stylistic form of argumentation. Even if Peter and Paul might have sometimes had some problems to understand each other and to reach a solid consensus, there is in fact no compelling argument for the theory that they might have represented different or even competitive movements within the early church instead of witnessing a common understanding of the one gospel. In his First Epistle to the Conrinthians which was written not far from the time when the Epistle to the Galatians was composed Paul is speaking of Cephas always with due respect and - as was already said - with the intention to demonstrate his own apostleship in comparison with the undoubted authority of Peter. Surveying at the end the arguments we have tried to gain from an attentive interpretation of the relevant texts one may learn that both apostles - despite their individual character and their personal way of preaching and teaching - will have had far more in common than some critics of modern time would be inclined to admit. The picture of Peter and Paul as the two outstanding apostles of Christ which was drawn in the early Christian tradition of the following period might be built on some positive reasons worth discussing anew. For what Paul himself expresses about his judgment of Peter's apostleship is always orientated towards the message which both of them have to proclaim worldwide: to preach nothing else but Jesus as Lord (2 Cor 4:5).

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When Christians coming from different denominations feel very close together in reading and interpreting the scriptures they may learn from this judgment given in Paul's Epistles. And they may benefit from these studies for the future ecumenical dialogue by which they become more and more aware of the fact that the unity of the church we are longing for is already existent in the Lordship of the one Kyrios. To his one body belong all those as his members who have been baptized in Christ and are believing in him as their Savior. For it remains true for all Christian generations that no other foundation can any one lay than that which is laid, which is Jesus Christ.

RESUME Paul ne defie pas l'autorite speciale que Pierre a rcgue du Seigneur (1 Cor 9:5; 15:5) mais il revendique les memes droits au service du meme Evangile et du seul Seigneur. Sa qualite d'Apötre, reconnue par les autorites des Jerusalem, ne depend pas de l'autorite de Pierre (Gal 1:18). Paul rapporte sa controverse avec Pierre ä Antioche (Gal 2:11-21). Mais Pierre et Paul ne representent pas deux mouvements differents qui seraient en competition dans l'Eglise primitive. Ce que Paul affirme concernant l'apostolat de Pierre est toujours Oriente vers le message que tous deux proclament au monde, Jesus le Seigneur (1 Cor 3:11; 2 Cor 4:5).

Petrus und Paulus Am 29. Juni jeden Jahres wird in der Christenheit das Fest der Apostel Petrus und Paulus begangen. Die Uberlieferung dieses Gedenkens reicht in sehr alte Zeit zurück und läßt sich bereits für Mitte des 3. Jh. n. Chr., nachweisen. 1 Das Datum des hierzu bestimmten Tages aber hat eine noch ältere Vorgeschichte. Im antiken Rom feierte man die Erinnerung an die Gründung der Stadt, wie sie der Sage nach einst die Brüder Romulus und Remus vorgenommen hatten. Zur Zeit des Kaisers Augustus war man bestrebt, alte römische Traditionen zu erneuern, und suchte ihnen bestimmende Autorität für eine an ihnen ausgerichtete Lebensführung zuzuweisen. Am 29. Juni des Jahres 16 v. Chr. war auf dem Quirinal ein großer Tempel des Romulus eingeweiht worden, um der Verehrung der Gründer Roms zu dienen. Dieses vorgegebene Datum wurde von den Christen übernommen. Sie verliehen ihm jedoch einen neuen, spezifisch christlichen Inhalt. Denn nun galt das Fest nicht mehr dem Brüderpaar, das sich später im argen Zwist entzweit hatte. Sondern die beiden großen Apostel der Kirche, in Eintracht miteinander verbunden, wurden als Patrone und Beschützer der Ewigen Stadt gepriesen - wie es bis heute geschieht. Nicht ohne gewissen Stolz beruft man sich bereits zu Ende des l . J h . n. Chr., in der römischen Gemeinde auf ihr vorbildliches Verhalten und hält nicht nur der eigenen Gemeinde, sondern auch Christen an anderen Orten ihr Beispiel vor Augen. So sucht Clemens von Rom, der um diese Zeit sich in einem ausführlichen Schreiben mit mahnenden Worten an die zerstrittene Gemeinde in Korinth wendet, der Eifersucht als der eigentlichen Wurzel des Übels entgegenzutreten. Dabei erinnert er einerseits daran, wie verhängnisvoll sich Eifersucht und Streit auswirken, indem sie sogar große Städte zerstören und große Völker ausrotten können (1 Clem 4,1-6,4). Andererseits aber schließt er eine Reihe von warnenden Beispielen, die den alttestamentlichen Schriften entnommen sind, mit dem Hinweis auf das leuchtende Vorbild der Apostel ab. Ihr tapferes Verhalten möge man bedenken. Hat doch Petrus wegen unberechtigter Eifersucht nicht eine oder zwei, sondern vielerlei Mühseligkeiten erduldet und ist, nachdem er Zeugnis abgelegt hat, an den gebührenden Ort der Herrlichkeit gelangt, d.h. als Märtyrer in die himmli1 Vgl. E.M. Jung-Inglesis, Der Abschied von Petrus und Paulus - historische Spuren zum Feiertag der Apostelfürsten, L'Osservatore Romano (Wochenausgabe in deutscher Sprache), Nr. 27 vom 3. Juli 1987, S. 5; dies., Auf den Spuren der Apostel in Rom, ebd. Nr. 28 vom 13. Juli 1990, S. 5 - sowie dies., L'Abbaccio fra Pietro e Paolo. Incontro ο Separazione?, Strenna dei Romanisti, Rom 18. Apr. 1994, S. 261-268.

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sehe Herrlichkeit erhoben worden (1 Clem 5,4). Aber auch Paulus zeigte den Kampfpreis der Geduld, indem er als leitender Herold seines Herrn im Osten wie im Westen wirkte. Er hat die ganze Welt Gerechtigkeit gelehrt, vor Machthabern Zeugnis abgelegt und ist bei seinem Abscheiden aus der Welt an den heiligen Ort - d.h., wie Petrus zur ewigen Seligkeit - gekommen, das größte Beispiel der Geduld (ebd. V 5-7). Wenn der römische Verfasser des 1. Clemensbriefes seine Leser in Korinth auf das beispielhafte Verhalten der beiden großen Apostel Petrus und Paulus hinweist und sich dabei ganz selbstverständlich der genannten Folge der beiden Namen bedient, so kann er voraussetzen, daß man auch in Korinth und an anderen Orten sehr wohl weiß, was diese Berufung bedeutet und in welcher Weise ihr gemeinsames apostolisches Zeugnis zu verstehen ist. Anfang des 2. Jh. schreibt der Bischof Ignatius von Antiochia auf dem Weg zum erwarteten Martyrium, das er in Rom erleiden soll, an die dortige Gemeinde und versichert sie seiner Bereitschaft, den Tod auf sich zu nehmen. Dabei flicht er in seine Schreiben Ermahnungen ein, die zu standfester Gesinnung anhalten; seine Autorität aber, die ihm als einem Verurteilten seines Herrn zukommt, hebt er in geziemender Weise von der weit höheren der MärtyrerApostel ab, die zur himmlischen Freiheit auferstanden sind. Er sagt daher, er befehle den Christen in Rom nicht wie die Apostel Petrus und Paulus, wohl aber als einer, der seinen Weg in der Zuversicht geht, im Leiden vollendet und mit seinem Herrn vereint zu werden (Ing. Rom. 4,3). Auch in Antiochia ist demnach bekannt, daß Petrus und Paulus als im Martyrium beglaubigte und verbundene Boten ihres Herrn in engster Gemeinschaft zusammengehören. Auf welche historischen Voraussetzungen ist dieses Verständnis von Petrus und Paulus als Zeugen ihres Herrn gegründet? Von den Umständen ihres Aufenthalts in Rom, ihrer dortigen Wirksamkeit sowie ihrem Leiden und Sterben waren keine näheren Nachrichten überkommen. Spätere Legende hat diese Lücke schließen wollen, indem man vom Hergang zu erzählen suchte, der zum Tod des Petrus und des Paulus geführt hatte. In der allerfrühesten Zeit jedoch haben die Christen vermutlich noch kein besonderes Interesse daran gezeigt, Berichte von erlittenen Martyrien der Nachwelt zu überliefern. Man konzentrierte sich darauf, von der Passion des Herrn zu sprechen, und rückte die im Leiden vollendeten Zeugen ihm an die Seite. Dabei genügte es, vom Geschehen, als solchem zu wissen, um seine vorbildliche Bedeutung herausstellen zu können. Gegen manche kritischen Einwände hat H. Lietzmann in seiner nach wie vor beachtenswerten Monographie über „Petrus und Paulus in Rom" den überzeugenden Nachweis erbracht, daß beide Apostel in Rom ihr Ende gefunden haben. 2 Zwar haben einige wenige Gelehrte mit Beharrlichkeit be2 H. Lietzmann, Petrus und Paulus in Rom, Bonn 1915; 2 1927.

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streiten wollen, daß Petrus den Märtyrertod in Rom erlitten habe.3 Doch ihre Einwände dürften durch exakte Untersuchung der historischen Überlieferung wie auch des archäologischen Befundes schlüssig widerlegt worden sein.4 Mit der Sicherheit, die historischer Forschung überhaupt erreichbar ist, kann angenommen werden, daß sowohl Paulus wie auch Petrus in der Stadt Rom sterben mußten und dort an verschiedenen Orten begraben wurden. Wahrscheinlich ist Paulus Anfang der 60er Jahre hingerichtet worden und Petrus einige Zeit danach - vermutlich im Zusammenhang mit der neronischen Verfolgung - umgebracht worden. Zu einer Begegnung der beiden Apostel in Rom wird es nicht mehr gekommen sein. Was man später darüber erzählte, wie Petrus als Bischof der römischen Gemeinde Paulus bei seiner Ankunft entgegengezogen und ihn willkommen geheißen haben soll, gehört in den Bereich der frommen Legende. Sie war bestrebt, in erzählender und später auch in darstellender Form die Gemeinsamkeit, durch die Petrus und Paulus im Leben, Wirken, Leiden und Sterben zusammengeschlossen wurden, anschaulich zu beschreiben. Unsere Kenntnisse über die Wege, die den einen wie den anderen der beiden Apostel nach Rom geführt haben, bleiben jedoch überaus bescheiden. Denn was die Apostelgeschichte darüber berichtet, wie Paulus nach abenteuerlicher Seefahrt schließlich als Gefangener der römischen Staatsgewalt in die Hauptstadt des Reiches gelangt sei, ist weithin von späterer Sicht bestimmt, die erbaulicher Betrachtung Ausdruck verleihen möchte. Und wie Petrus nach Rom gelangt sein mag, ist in keinem Bericht aufbehalten, der sich auf alte Tradition stützen könnte. Die historische Rückfrage, die das Verhältnis zwischen Petrus und Paulus in den Blick nimmt, hat daher mit gebotener Behutsamkeit die wenigen Daten zu prüfen und zu sichten, die den ältesten Quellen zu entnehmen sind. Aus ihnen ist zu erheben, wie die beiden Apostel zueinander gestanden und in welcher Weise sie ihr gegenseitiges Verhältnis bestimmt haben. Dabei richtet sich unser Interesse vornehmlich auf jenes „und", das die beiden Namen miteinander verbindet, aber auch in der Schwebe einer gewissen Unbestimmtheit beläßt. Was gibt die älteste authentische Überlieferung, wie sie in den Schriften des Neuen Testaments zu finden ist, zur Klärung dieses Problems zu erkennen? Von Petrus, dem ehemaligen Fischer aus Galiäa und Sprecher des Jüngerkreises Jesu, ist nicht eine einzige, von ihm selbst niedergeschriebene Zeile erhalten. Die beiden Briefe, die unter seinem Namen überliefert sind, können nicht als von ihm verfaßt gelten. Der sog. 1. Petrusbrief wendet sich an Gemeinden im ehemaligen paulinischen Missionsgebiet in Kleinasien.5 3 So vor allem K. Heussi, Die römische Petrustradition in kritischer Sicht, Tübingen 1955. 4 Vgl. E. Dinkier, Die Petrus-Rom-Frage, Theologische Rundschau 25 (1959), S. 189-230; 27 (1961) S. 33-64. 5 S. auch unten S. 156.

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Doch ist historische Kritik sich heute in dem Urteil einig, daß dieses Schreiben zwar gewisse Rückschlüsse darauf zuläßt, welches Bild man sich gegen Ende des l . J h . von Petrus als Apostel seines Herrn gemacht hat. Auskunft über Theologie und Lehre, die er selbst vertreten hat, vermag dieses Schreiben aber nicht zu geben. Noch weniger ist Aufschluß zu diesen Fragen vom sog. 2. Petrusbrief zu erwarten, der nach heute allgemein vertretenem Urteil das vermutlich jüngste Dokument innerhalb des neutestamentlichen Kanons darstellt und wohl erst in die Mitte des 2. Jh. datiert werden kann. 6 Was schließlich die in der Apostelgeschichte entworfene Darstellung anlangt, so kann auch diese keinen unmittelbaren Zugang zu den historischen Ereignissen eröffnen, sondern spiegelt die Sicht wider, die man sich zur Zeit ihrer Abfassung gegen Ende des l . J h . vom Wirken des Petrus und der Verkündigung des Paulus gemacht hat. 7 Die einzigen Texte, die unmittelbare Auskunft bieten können, sind in den paulinischen Briefen zu finden. Hierzu ist freilich anzumerken, daß nach kritischem Konsens, wie er als Ergebnis langer und teilweise kontrovers geführten Untersuchungen gewonnen wurde, von den 13 Briefen des Corpus Paulinus nur sieben als unzweifelhaft paulinischen Ursprungs angesehen werden können. Der 2. Thessalonicherbrief, die an die Epheser und Kolosser gerichteten Schreiben sowie die sog. Pastoralbriefe sind aus der paulinischen Schule hervorgegangen und suchen die Botschaft des Apostels in der Situation der Kirche zu Ende l . J h . neu auszusagen. In keinem dieser Briefe ist auch nur ein Hinweis zu finden, der von Petrus oder irgendeinem anderen Apostel spräche. Es ist Paulus allein und kein anderer neben ihm, von dem die Gemeinden die frohe Botschaft von Jesus Christus gehört haben. Der auf ihn zurückgehenden Uberlieferung haben sie treu zu bleiben und das ihnen anvertraute Erbe zu wahren. In den sieben Briefen, die auf die Hand des Paulus selbst zurückgeführt werden können, finden sich nicht nur knappe Erwähnungen des Kreises der Zwölf sowie anderer Apostel, sondern auch Angaben über Begegnungen mit Petrus sowie eine Charakterisierung des gegenseitigen Verhältnisses zwischen den beiden Aposteln. Diese Texte sind die ältesten und zugleich einzigen Quellen, die zur Beantwortung unserer Fragen Auskunft zu bieten vermögen. Diese Ausgangslage bedingt zugleich eine gewisse Einseitigkeit der uns überkommenen Informationen. Denn nur aus der Sicht des Paulus, die durchaus auch von subjektivem Urteil bestimmt sein kann, wird uns berichtet. Was Petrus gedacht oder auch empfunden haben mag, erfahren wir nicht. Auch für den Historiker gilt jedoch der bewährte Grundsatz, es sei 6 Vgl. hierzu zuletzt A. Vögtle, Der Judasbrief/Der zweite Petrusbrief, Düsseldorf/Neukirchen 1994. 7 Vgl. hierzu im Blick auf Petrus die umfangreiche Monographie von 0. Cullmann, Petrus, Jünger - Apostel - Märtyrer, Zürich/Stuttgart 1952, 2 1960 sowie R. Pesch, Simon-Petrus, Geschichte und geschichdiche Bedeutung des ersten Jüngers Jesu Christi, Stuttgart 1980.

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stets auch der andere Partner zu hören - gerade eben auch dann, wenn er sich nicht mehr selbst zu Wort melden kann, sondern nur noch in den Berichten seines apostolischen Bruders zu Gehör gelangt. In den Briefen, die an die Gemeinden in Korinth und in Galatien gerichtet sind, nennt Paulus den aramäischen Namen des Kephas bzw. dessen griechische Übersetzung des Petrus. Dabei kommt besondere Bedeutung dem Galaterbrief zu, weil in ihm von drei wichtigen Begegnungen zwischen den Aposteln berichtet wird, die sich in einigem zeitlichen Abstand voneinander zugetragen haben. Im 1. Korintherbrief hingegen ist nur von indirekten Auswirkungen die Rede, die von der Tätigkeit des Petrus ausgegangen sind und bis nach Korinth gereicht haben. Es gab dort eine kleine Gruppe, deren Glieder sich mit Stolz auf Kephas beriefen, durch den sie vermutlich zum Glauben gekommen waren (1,12; 3,22). Doch diese Gruppe scheint sich alsbald wieder aufgelöst zu haben. Von Kephas wird sodann berichtet, daß er wohl als einziges Glied des Jerusalemer Zwölferkreises - als Missionar in Begleitung seiner Frau umhergereist sei (1 Kor 9,5). Sollte er dabei auch nach Korinth gekommen sein? Könnte er dort etwa seine Anhänger in einer Haltung bestärkt haben, die sich nicht im Einklang mit der Lehre des Paulus, des Gründers der Gemeinde befunden haben sollte? Da Paulus im Galaterbrief davon spricht, daß sein Verhältnis zu Petrus auch von Spannungen belastet worden sei (Gal 2,11-14), könnte sich die Vermutung nahelegen, unterschiedliche Meinungen könnten das gegenseitige Verhältnis dauerhaft belastet, ja zu gegensätzlichen Positionen verschärft haben. 8 In der kritischen Forschung sind die wenigen, eben genannten Hinweise immer wieder im Sinn eines zunehmenden Gegensatzes zwischen beiden Aposteln verstanden worden. Im letzten Jahrhundert hat der bedeutende Tübinger Gelehrte F. Chr. Baur eine Theorie entworfen, deren Gedanken bis in die gegenwärtige Diskussion hinein nachklingen. Er nahm an, unter Führung des Petrus sei von Jerusalem eine Art Gegenmission gegen Verkündigung und Handeln des Paulus ausgegangen. Von Kreisen der Urgemeinde seien im Bereich der paulinischen Gemeinden Aktivitäten initiiert worden, um die durch Paulus gewonnenen ehemaligen Heiden dazu zu veranlassen, das alttestamentlich-jüdische Gesetz nicht nur anzuerkennen, sondern auch mit allen Konsequenzen zu übernehmen. Könnten sie doch wahrhaft Christen nur dann werden, wenn sie zunächst Juden würden und damit in die Kontinuität des von Gott erwählten heiligen Volkes eintreten. Der Gegensatz zwischen der gesetzesfreien paulinischen Predigt, die allein den Glauben an den gekreuzigten und auferstandenen Christus als Voraussetzung des Christ-Seins geltend machte, und einer judenchristlichen Lehre, die an der Bindung an eine am Gesetz ausgerichtet Lebensweise festhielt, habe dann an 8 Zur Problemstellung vgl. zuletzt M. Karrer. Petrus im paulinischen Gemeindekreis, Zeitschrift für die neutestamentliche Wissenschaft 80 (1989), S. 210-231.

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verschiedenen Orten zu scharfen Auseinandersetzungen geführt, weil Paulus der gegen ihn gerichteten Kritik mit Entschiedenheit habe antworten müssen. Nach dem Geschichtsbild, wie es aus dieser Perspektive entworfen wurde, sei der paulinisch-petrinische Gegensatz erst später, als sich die frühkatholische Kirche herauszubilden begann, allmählich überwunden worden. Zunächst aber hätten das Judenchristentum der Urapostel und das gesetzesfreie Heidenchristentum paulinischer Prägung einander wie Thesis und Antithesis gegenübergestanden. Erst in einer vermittelnden Bewegung, wie sie die Evangelien und die Apostelgeschichte repräsentieren, sei die Entwicklung auf eine Synthesis zugelaufen, in der die auseinanderstrebenden Flügel der frühen Christenheit zusammengeführt werden konnten, und dann ein krönender Abschluß schließlich im Johannesevangelium erreicht worden. In wie starkem Maß diese Konzeption lange Zeit hindurch die Forschung bestimmt hat, läßt sich u.a. an einigen Bemerkungen erkennen, die H. Lietzmann als Notizen zu Paulus niedergeschrieben hat. 9 Zwischen Petrus und Paulus sei es zum definitiven Bruch gekommen, so daß eine gemeinsame urchristliche Mahlfeier nicht mehr möglich gewesen sei. Infolgedessen habe es nicht mehr eine Christengemeinde gegeben, sondern zwei. Damit war die Spaltung eingetreten, das Wirken des Petrus richtete sich gegen die paulinische Mission und suchte die Heidenchristen in den Bund mit Israel und die Observanz des Gesetzes zurückzuführen. Diese Betrachtung, die nicht zu Unrecht als Tendenzkritik bezeichnet wurde, ist jedoch weder von philosophischen Vorgaben, wie sie in Hegelscher Geschichtsphilosophie vorauszusetzen sind, noch von konfessionellen Vorbehalten frei, mögen diese auch nur unbewußt eingewirkt haben. Es konnte daher nicht ausbleiben, daß kritische Gegenfragen gestellt wurden. In ökumenischen Gesprächen, wie sie insbesondere in den USA mit vorbildlicher Sorgfalt geführt wurden, hat man sich darum bemüht, das Bild des Petrus, wie es sich aus den neutestamentlichen Texten gewinnen läßt, in gemeinsamer Betrachtung der Uberlieferung so genau als möglich zu zeichnen, und dabei die unterschiedlichen Argumente einer genauen Prüfung unterzogen. 10 Von diesen Arbeiten läßt sich mit Gewinn lernen, um sich nicht von älteren Theorien abhängig zu machen und so unbefangen als möglich auf die Berichte zu hören, die der Apostel Paulus im Galaterbrief über seine drei wichtigen Begegnungen mit Petrus gegeben hat. 11

9 H. Lktzmann, Zwei Notizen zu Paulus (1930), in: Kleine Schriften II, Berlin 1958, S. 2 8 4 291. Vgl. auch Karrer, a.a.O., S. 210. 10 Vgl. R.E. Brown, K.P. Dortfried, J. Reumann, Peter in the New Testament, Minneapolis/Toronto 1973, deutsch: Der Petrus der Bibel, Stuttgart 1976. 11 Vgl. E. Lohse, St. Peter's Apostleship in the Judgment of St. Paul, the Apostle to the Gentiles, Gregroianum 72 (1991), S. 419-435.

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In dem Rechenschaftsbericht, den Paulus den Gemeinden in Galatien über seinen apostolischen Dienst gibt, hebt er mit Nachdruck hervor, nicht von Menschen und auch nicht durch einen Menschen, sondern durch Jesus Christus und Gott den Vater, der ihn auferweckt hat von den Toten, zum Apostel berufen zu sein (1,1). Er ist daher vollkommen unabhängig von menschlichen Autoritäten und weder durch die Zwölf noch durch Kephas zu seinem Dienst bestellt worden. Diese seine Eigenständigkeit, die sich allein auf die göttliche Beauftragung gründet, läßt sich - wie Paulus hervorhebt - auch daran erkennen, daß er nach seiner Bekehrung sich nicht mit den Uraposteln in Jerusalem in Verbindung gesetzt hat, sondern zunächst nach Arabien gegangen ist und sich dann wieder nach Damaskus begeben hat (l,16f.). Obwohl Paulus seiner Berufung gewiß war, mußte ihm doch daran gelegen sein, Verbindung zu Jerusalem herzustellen. Denn dort hatte sich das Leiden und Sterben des Herrn zugetragen; und von dort hatte die Verkündigung, der gekreuzigte Christus sei aus dem Tod zum Leben erweckt, ihren Anfang genommen. Paulus stand diese historische Priorität stets vor Augen, sprach er doch mit der ganzen frühen Christenheit das Bekenntnis, „daß Christus gestorben ist für unsere Sünden nach den Schriften, und daß er begraben wurde; und daß er auferstanden ist am dritten Tag nach den Schriften, und daß er Kephas erschienen ist, danach den Zwölfen" (1 Kor 15,3b-5).12 Nur selten hat Paulus andere Apostel erwähnt und nur an dieser einzigen Stelle den Kreis der Zwölf genannt - gewiß ein Zeichen dafür, daß er sich mit diesen Worten auf eine durch die urchristliche Tradition weitergereichte Formulierung bezieht. Indem Paulus in diese Überlieferung vom Evangelium einstimmt, wie es allen Christen gemeinsam ist, hatte er zugleich davon zu reden, daß Kephas der erste Zeuge des auferstandenen Christus war. Paulus erwähnt das Apostelamt des Petrus mit Achtung, doch zögert er nicht, sein eigenes Apostelamt als nicht geringeren Ranges hinzustellen. Denn es ist derselbe Gott in Christus, der beide berufen hat. Nach drei Jahren mußte es daher durchaus an der Zeit sein, Petrus kennenzulernen - wie Paulus mit leise mitschwingender Zurückhaltung sagt (1,18). Denn Paulus war sich von Anfang an dessen bewußt, daß er als Apostel der Völker in die Gemeinschaft aller hineingehörte, die das Evangelium zu verkündigen haben. Daher bedeutete es keinen Widerspruch zu seinem Verständnis, unabhängig von jeder Mitwirkung anderer zum Apostel Christi Jesu berufen zu sein, daß er sich zu einem Besuch bei Kephas auf den Weg machte und damit die sie verbindende Gemeinschaft sichtbar bezeugte. In seinem Bericht tritt Paulus etwaigen Vermutungen entgegen, als habe 12 Zum Nachweis, daß es sich in diesen Sätzen um eine urchristliche Bekenntnisformulierung handelt, vgl. vor allem J. Jeremias, Die Abendmahlsworte Jesu, Göttingen 4 1967, S. 95-97.

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er sich damit in eine gewisse Abhängigkeit von Jerusalem begeben: er habe sich nicht länger als zwei Wochen in der Heiligen Stadt aufgehalten. Nun wird man freilich zuzugestehen haben, daß zwei ausgezeichnete Sachkenner, die sich für zwei Wochen zusammensetzen, von einem solchen Zeitraum hervorragenden Nutzen in ihren Gesprächen ziehen können. Und gewiß werden sie - wie der englische Gelehrte C.H. Dodd zutreffend bemerkt hat nicht die ganze Zeit damit verbracht haben, nur über das Wetter zu sprechen.13 Es ist also anzunehmen, daß es durchaus zu einem wesentlichen Gedankenaustausch gekommen sein wird, der die Partner der sie verbindenden Gemeinsamkeit versichern konnte. Erst vierzehn Jahre später - wahrlich eine lange Zeit - kam Paulus ein zweites Mal nach Jerusalem, um mit Petrus und den Leitern der Urgemeinde zu beraten (Gal 2,1). Auch hier hebt Paulus seine eigenständige Verantwortung hervor, indem er ausdrücklich bemerkt, er sei aufgrund göttlicher Weisung hinaufgezogen, um sich mit ihnen über das Evangelium zu besprechen, das er unter den Völkern verkündigte. Damit wird jeder Verdacht, er sei zum Bericht zitiert worden, von vornherein zerstreut. Es war freilich zwingender Anlaß geboten, eine gegenseitige Absprache zu treffen. Denn Leute, die Paulus in scharfer Polemik falsche Brüder nennt, hatten die Forderung erhoben, wer wahrer Christ sein wolle, müsse in die Gemeinschaft mit Israel eintreten und sich beschneiden lassen. Sie suchten auszukundschaften, was für eine Freiheit es eigentlich sei, die Paulus und seine Freunde in Anspruch nahmen. Ihnen aber gab Paulus auch nicht für einen Augenblick nach und weigerte sich entschieden, daß der Grieche Titus, der sich in seiner Begleitung befand, etwa hätte genötigt werden sollen, sich beschneiden zu lassen (2,3f.). Die Jerusalemer Autoritäten ließen sich durch die Vorwürfe, sie von seiten der sog. Falschbrüder erhoben wurden, nicht beeindrucken, sondern sie erkannten das Werk des Paulus an, wie er mit den Worten sagt, „daß sie sahen, daß mir das Evangelium an die Völker anvertraut war wie Petrus das Evangelium an die Juden" (2,7). Nur an dieser Stelle bedient Paulus sich des Namens Petrus, während er sonst stets die aramäische Bezeichnung für den Felsenmann verwendet - möglicherweise deshalb, weil er hier einer griechisch sprechenden Leserschaft klarzumachen hat, daß sie beide Apostel von gleichem Rang sind. Denn darauf legt Paulus nun besonderes Gewicht, hat doch nach seiner festen Überzeugung Gott selbst das entscheidende Urteil gesprochen, das lautet: „Der in Petrus wirksam gewesen ist zum Apostelamt unter den Juden, der ist auch in mir wirksam gewesen unter den Völkern" (2,8). Was Gott so deutlich gezeigt hatte, wurde von den Repräsentanten der Urgemeinde respektiert - wie Paulus berichtet: „Da sie die Gnade erkannten, die mir gegeben war, gaben Jakobus und Kephas und Johannes, die als Säulen angesehen 13 Vgl. C.H. Dodd, T h e apostolic Preaching and its Developments, New York 9 1960, S. 16.

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werden, mir und Barnabas die rechte Hand (2,9). Mit diesem Handschlag wurde das Band der Gemeinschaft bekräftigt und die Verabredung besiegelt: „Daß wir unter den Völkern, sie aber unter der Beschneidung predigen sollten" (2,9). Petrus und die Jerusalemer können sich nicht leichten Herzens bereitgefunden haben, der paulinischen Verkündigung an die Völker als angemessener Auslegung des Evangeliums zuzustimmen. Aber sie taten diesen Schritt aufgrund der allen gemeinsamen Überzeugung, daß es nur ein Evangelium gibt, das ohne zusätzliche Bedingungen verkündigt wird. Weder wurde von den Juden verlangt, ihr Jude-Sein aufgeben zu müssen, noch wurden die Heiden genötigt, die Thora als Weg zum Heil annehmen zu sollen. Weder von den einen noch von den anderen wurde eine Vorleistung gefordert, sondern das Evangelium wird „allein aus Gnade" bezeugt. Allerdings mußte diese Entscheidung - worauf H. Conzelmann in seiner Darstellung der Geschichte des Urchristentums aufmerksam gemacht hat - zur Folge haben, daß auch für einen Juden, der Christ geworden war, das Gesetz, dem er sich weiterhin zugehörig wußte, nicht mehr Mittel sein konnte, um das Heil zu erwerben, sondern nun mußte auch die Beachtung gesetzlicher Lebensweise als Zeugnis dafür verstanden werden, daß das Heil ohne Bedingungen geschenkt wird.14 Da mit diesem Beschluß keinerlei weitere Forderung verbunden wurde, brauchten Paulus und Barnabas nicht zu zögern, der Bitte zu entsprechen, die ihnen vorgetragen wurde: an die Armen in Jerusalem zu denken (2,10). Durch die Kollekte, die Paulus mit starkem persönlichen Einsatz in den heidenchristlichen Gemeinden zur Unterstützung der Jerusalemer Urgemeinde einzusammeln begann, sollte nicht etwa eine pflichtgemäße Abgabe - der jüdischen Tempelsteuer vergleichbar - entrichtet,15 sondern ein ausdruckkräftiges Zeichen der Verbundenheit gesetzt werden.16 Da die Verkündigung des Evangeliums ihren Ursprung in Jerusalem genommen hat, stehen nach dem Verständnis des Paulus die heidenchristlichen Gemeinden in einer Dankesschuld gegenüber der notleidenden Kirche des Anfangs: „Denn wenn die Heiden an ihren geistlichen Gütern Anteil bekommen haben, ist es recht und billig, daß sie ihnen auch mit leiblichen Gütern Dienst erweisen." (Rom 15,27) Paulus führt die Darstellung, die er im Galaterbrief gibt, zu Ende, indem er noch von einer dritten Begegnung mit Petrus spricht, die sich einige Zeit später in Antiochia zugetragen hat (2,11-14.15-21). In Jerusalem war die 14 H. Conzelmann, Geschichte des Urchristentums, Göttingen 1971, 6 1989, S. 70. 15 So nach K. Holl, Der Kirchenbegriff des Paulus in seinem Verhältnis zur Urgemeinde, in: Gesammelte Aufsätze zur Kirchengeschichte II, Tübingen 1928, S. 44-67. 16 Vgl. D. Georgi, Die Geschichte der Kollekte des Paulus für Jerusalem, Hamburg 1965, 2 Neukirchen 1994.

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grundlegende Vereinbarung getroffen worden, die Juden und Heiden verbindende Gemeinschaft in der einen Christenheit zu wahren. Doch war damit die schwierige Frage noch nicht beantwortet, wie sich das Zusammenleben beider Gruppen in ein und derselben Gemeinde gestalten sollte. Wie sollten Judenchristen, die sich weiterhin an das Gesetz hielten, und Heidenchristen, die ohne das Gesetz lebten, gemeinsam Gottesdienst feiern und miteinander Tischgemeinschaft halten? In Antiochia war man in dieser Hinsicht einigermaßen unbekümmert verfahren und hatte sich zur Tischgemeinschaft aller Glieder der Gemeinde versammelt, ohne die unterschiedliche Herkunft der einen wie der anderen als Problem zu empfinden.17 Als Petrus nach Antiochia gekommen war, hatte auch er keine Bedenken getragen, dieses Verständnis zu teilen und sich mit den Heidenchristen zu gemeinsamer Mahlzeit zusammenzufinden. Doch wenig später erschienen einige Leute von Jakobus, der als Herrenbruder die Urgemeinde leitete, und machten Einspruch geltend. Damit fanden sie Beachtung und bewirkten, daß nicht nur Petrus, sondern auch Barnabas und die anderen Judenchristen die schon vollzogene Tischgemeinschaft wieder aufkündigten. Tatsächlich mußte sich für jüdisches Verständnis, das weiterhin auf die dem Gesetz geschuldete Achtung zu sehen hatte, die kritische Frage stellen, ob nicht durch freizügige Praktizierung der Tischgemeinschaft die Bindungen zu Israel abgebrochen und damit alle Möglichkeiten zerstört würden, Juden die Christusbotschaft bringen zu können. Es stand gleichsam Einheit gegen Einheit - Einheit des Gottesvolkes Israel gegen Einheit der Kirche aus Juden und Heiden. Petrus und die große Mehrheit der Judenchristen fürchteten die kritischen Bedenken der Juden bzw. Judenchristen und zogen sich deshalb vom Zusammensein mit den Heidenchristen zurück. Dieses Verhalten kritisierte Paulus mit äußerster Schärfe, indem er Kephas ins Angesicht widerstand und ihm Heuchelei vorwarf (2,11.13). Er konzediert nicht einmal, daß Erwägungen im Spiel gewesen sein könnten, die den ungehinderten Fortgang christlicher Verkündigung unter den Juden betrafen, so daß man über sie hätte reden können, sondern er sieht die Wahrheit des Evangeliums in Zweifel gezogen; muß doch nach seiner festen Überzeugung die einzig mögliche Folgerung, die aus der frohen Botschaft zu ziehen ist, lauten, daß Juden und Heiden eins geworden sind in Christus. Späteren Auslegern hat es Kopfzerbrechen bereitet, daß die beiden gro17 Außer den Kommentaren zum Galaterbrief sei besonders hingewiesen auf: D. Lükrmann, Abendmahlsgemeinschaft? Gal 2,1 Iff., in: Kirche. Festschrift G. Bornkamm, Tübingen 1980, S. 271-286; R. Kiefer, Foi et Justification ä Antioche, Paris 1982; T. Holtz, Der antiochenische Konflikt, New Testament Studies 32 (1986), S. 344—361 = Geschichte und Theologie des Urchristentums, Tübingen 1991, S. 171-188; A. Wechsler, Geschichtsbild und Apostelstreit. Eine forschungsgeschichtliche und exegetische Studie über den antiochenischen Zwischenfall (Gal 2,11-14), Berlin 1991.

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ßen Apostel vor dem Forum der Gemeinde in dieser Weise aneinandergeraten sind. Der Verstehensschwierigkeit suchten sich einige Kirchenväter mit der Auskunft zu entziehen, es sei kein wirklicher Streit gewesen, sondern aus pädagogischen Gründen seien von ihnen zwei gegensätzliche Positionen eingenommen worden, um durch den öffentlichen Disput den Hörern klarzumachen, worauf es im Blick auf die Einheit der Christenheit wahrhaft ankomme.18 Doch schon Augustin hat solchen Auskünften, die das zur Klärung anstehende Problem zu verharmlosen geeignet waren, entschieden widersprochen. Und Luther hat ihm in dieser Auffassung beigepflichtet: Wollte man wie Petrus nachgeben, so würde man Christus aus der Mitte stellen. Doch solle lieber Petrus zur Hölle fahren, wenn es nicht anders sein könne, denn daß Christus verlorengehe.'9 Paulus wandte sich an Petrus mit dem Einwand: „Wenn du, der du ein Jude bist, heidnisch lebst und nicht jüdisch, warum zwingst du dann die Heidenjüdisch zu leben?" (V. 14) Petrus hatte sich aufgrund der Vorhaltungen von seiten der Jakobusleute wieder auf eine jüdische Verhaltensweise zurückgezogen. Wollten nun die Heidenchristen weiterhin mit ihm Gemeinschaft haben, so würden sie gezwungen sein, sich an die von jüdischer Seite für notwendig erachteten Regeln zu halten und „jüdisch zu leben". Ob Petrus sich diese Konsequenzen im einzelnen klargemacht hat, wird nicht ersichdich. Paulus aber hält sie ihm und der ganzen Gemeinde vor und urteilt, wer sich so entscheide, stehe unter dem Gericht Gottes. In den folgenden Sätzen behält Paulus die Form eines Dialogs bei, den er mit Petrus auszutragen hat. Der Sache nach aber geht er über die damalige Situation hinaus und hebt die grundsätzliche Bedeutung des Konflikts hervor. Er schließt sich mit Petrus zusammen als Juden, die sie ihrer Herkunft nach sind. Doch obwohl sie nicht aus der Gottesferne der Heiden kamen, war ihnen klar geworden, „daß der Mensch nicht durch Werke des Gesetzes — d.h. Taten, wie das Gesetz sie fordert - gerecht wird, sondern durch den Glauben an Jesus Christus" (V 16). In einer gedrängten Formulierung faßt Paulus zusammen, was Rechtfertigung aus Glauben bedeutet, und erhebt den Anspruch, daß in der Lehre von der Rechtfertigung das Evangelium in der allein rechten Weise zum Ausdruck kommt. Wer darum die Tischgemeinschaft zwischen Juden- und Heidenchristen aufhebt, der „geht nicht richtig im Blick auf die Wahrheit des Evangeliums" (V 14). Gibt er doch die fundamentale Einsicht preis, daß nur aufgrund der befreienden Kraft der frohen Botschaft die Einheit der Christen begründet und erhalten wird. Paulus sagt nicht, zu welchem Ende der harte Streit geführt hat, den er mit dem Felsenapostel in Antiochia austragen mußte. Jedenfalls kann er nicht 18 Vgl. K. Holl, Der Streit zwischen Petrus und Paulus zu Antiochia in seiner Bedeutung für Luthers innere Entwicklung, in: Gesammelte Aufsätze III,Tübingen 1928, S. 134—146. 19 WA 40 I, S. 212.24-26. Vgl. auch Karrer a.a.O. (Anm. 8), S. 218.

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davon berichten, daß er Petrus und die große Mehrheit der Gemeinde hätte umstimmen können. Möglicherweise ist man in Antiochia Paulus darin nicht gefolgt, daß er der anstehenden Problematik einen derart grundsätzlichen Charakter beigemessen hat. Eher wird man dahin tendiert haben, pragmatische Regelungen zu suchen und aufgrund einiger Konzessionen ein Zusammenfinden der verschiedenen Gruppen zu ermöglichen. Wahrscheinlich hat sich Paulus mit seiner entschiedenen Stellungnahme nicht durchsetzen können. Denn wäre der Ausgang glücklicher gewesen, hätte er gewiß den galatischen Gemeinden gegenüber davon gesprochen. Der Konflikt wird vielmehr zur Folge gehabt haben, daß Paulus sich nunmehr von der Gemeinde in Antiochia als Stützpunkt seiner missionarischen Aktivitäten löste und fortan allein - auch ohne seinen bisherigen Gefährten Barnabas - tätig wurde. Trotz dieser für alle Beteiligten schmerzlichen Auseinandersetzung wird es weder mit der Gemeinde in Antiochia noch mit Petrus zu einem dauerhaften Zerwürfnis gekommen sein.20 Vermutungen, die solche Konsequenzen postulieren wollten, haben keinen Anhalt an den Texten, im Gegenteil: Im 1. Korintherbrief, der in zeitlicher Nähe zum Galaterbrief abgefaßt wurde, nennt Paulus mehrfach den Namen des Kephas, ohne eine zwischen ihnen bestehende Distanz anzudeuten (1,12; 3,22; 9,5; 15,5). Nicht nur wird sein besonderer Rang, der ihm als dem ersten Zeugen des auferstandenen Christus zukommt, ausdrücklich anerkannt, sondern man blieb sich auch in der grundsätzlichen Erkenntnis einig, daß es keine unterschiedlichen Botschaften fürJuden und Heiden, sondern nur das eine Evangelium geben kann, das es aller Welt zu bezeugen gilt (1 Kor 15,11). Es hat freilich nicht den Anschein, daß Petrus und Paulus später noch einmal zusammengetroffen sein könnten. Ihre Begegnungen fanden in Jerusalem und Antiochia statt, d.h. im Bereich der judenchristlich bestimmten Christenheit, nicht im paulinischen Missionsgebiet. Die Absprache über die gegenseitige Zuständigkeit zwischen Petrus auf der einen und Paulus auf der anderen Seite hat das Verhalten beider Apostel offenkundig in ihrer gesamten Wirksamkeit geleitet. Obwohl es zur Auseinandersetzung zwischen ihnen gekommen war, hat Petrus wahrscheinlich der paulinischen Argumentation nicht so ferngestanden, wie es bei flüchtiger Betrachtung des leidigen Streites erscheinen mag. Sowohl sein ursprüngliches Verhalten, in dem er sich mit den Heidenchristen zusammengefunden hatte, wie auch der Ausklang, den Paulus dem Disput gibt, indem er auf die sachgemäße Auslegung des einen, ihnen gemeinsamen Evangeliums abhebt, sprechen für die Annahme, daß beide daran interessiert blieben, den gedanklichen Dialog nicht abreißen zu lassen, sondern an der fundamentalen Übereinstimmung von der allein rettenden Kraft des Evangeliums festzuhalten. Es überrascht daher nicht, daß im frühchristlichen Schrifttum zu Ende des 1. Jh. Petrus und Paulus nah an20 Vgl. auch J Becker, Paulus - der Apostel der Völker, T ü b i n g e n 2 1992, S. 106f.

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einandergerückt werden, da sie die eine Heilsbotschaft in aller Welt verkündigt haben. So läßt die Apostelgeschichte in den Reden, die in der ersten Hälfte Petrus, in der zweiten Paulus in den Mund gelegt werden, keine inhaltlichen Unterschiede zwischen ihnen erkennen. Ihre Predigten sind nach ein und demselben Schema gestaltet, indem stets auf die Verheißungen der Schrift und deren Erfüllung in Kreuz und Auferstehung Jesu hingewiesen sowie zu Umkehr und glaubender Annahme aufgerufen wird. War Petrus der Zeuge seines Herrn, der vornehmlich zu den Juden ging, so hat Paulus unter den Heiden gewirkt, das in Jerusalem, Judäa und Samaria begonnene Werk fortgeführt und bis in die Hauptstadt des Reiches weitergetragen. Paulus tritt damit in die Kontinuität mit den Uraposteln ein und rückt infolgedessen unmittelbar neben die Gestalt des Petrus. Die Autorität des Paulus wird der des Petrus an die Seite gestellt, ohne daß irgendwo Unterschiede ihrer Auffassungen sichtbar würden. Kein Wort wird von dem Konflikt erwähnt, den die beiden in Antiochia auszutragen hatten. Petrus und Paulus stimmen in Verkündigung und Lehre überein. Deutliche Anklänge an paulinische Tradition finden sich auch in den beiden unter dem Namen des Petrus überlieferten Briefen. Der 1. Petrusbrief ist an Gemeinden gerichtet, die einst aus der paulinischen Verkündigung hervorgegangen waren, und weist sowohl im Sprachgebrauch wie vor allem in der Verwendung urchristlicher Bekenntnisaussagen und in der Formulierung sittlicher Mahnungen mancherlei auffallende Ähnlichkeiten mit der Theologie des Paulus auf. Diese Berührungen sind sicherlich nicht auf literarische Abhängigkeit, sondern auf das Fortwirken paulinischer Schultradition zurückzuführen, die in manchen urchristlichen Schriften wahrzunehmen ist. Auch im 2. Petrusbrief wird auf das Verhältnis zwischen den beiden großen Aposteln angespielt. Der unbekannte Verfasser gibt vor, Kollege des Paulus zu sein. Dabei wird vorausgesetzt, daß seine Briefe bereits in einer Sammlung zusammengefaßt sind. Von ihnen heißt es, unser Bruder Paulus habe sie nach der Weisheit geschrieben, die ihm gegeben ist (3,15). „Davon redet er in allen Briefen, in denen einige Dinge schwer zu verstehen sind, welche die Unwissenden und Leichtfertigen verdrehen, wie auch die anderen Schriften, zu ihrer Verdammnis". (V 16) Trifft unbestreitbar zu, daß einige Gedankengänge in den paulinischen Briefen sich nicht leicht dem Verständnis öffnen, so konnten manche Kreise sich ihrer zu bedienen suchen, um sie in ihrem Sinn auszulegen und dann auch auf gnostische Spekulationen anzuwenden. Gegenüber etwaigem Mißbrauch stellt der Verfasser - wie A. Vögtle in seiner gründlichen Abhandlung über „Petrus und Paulus nach dem Zweiten Petrusbrief' ausgeführt hat 21 - „der Lehrautortität des Apostels 21 A. Vögtle, Petrus und Paulus nach dem Zweiten Petrusbrief, in: Kontinuität und Einheit, Festschrift F. Mußner, Freiburg 1981, S. 223-239 = OfFenbarungsgeschehen und Wirkungsgeschichte, Neutestamentliche Beiträge, Freiburg 1985, S. 280-294, hier S. 294.

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Petrus die des Apostels Paulus zur Seite, ohne auf ein Übergewicht der Lehrvollmacht des einen gegenüber dem anderen abzuheben". Beide stehen vielmehr in vollem Einklang miteinander als Garanten für die Wahrheit der christlichen Predigt ein. Gegen Ende des 1 .Jh. war man in der Christenheit allgemein davon überzeugt, daß die beiden großen Apostel in vorbildlicher Harmonie und Eintracht zum Wohl der Kirche in allen Orten - von Jerusalem bis Rom - zusammengewirkt haben. Vergessen wurde, welche Probleme die beiden zu ihren Lebzeiten hatten erörtern und welche Spannungen sie hatten durchstehen müssen. Doch Petrus hatte als Sprecher des Zwölferkreises Paulus, der erst nach ihnen auf ungewöhnliche Weise als letzter Zeuge des auferstandenen Christus berufen worden war, in seinem apostolischen Dienst anerkannt. Und in Jerusalem hatte man sich bereit gefunden, Bedenken zurückzustellen und die gesetzesfreie Mission unter den Völkern zu billigen. Über die kritische Frage, welcher Rang der Theologie der Rechtfertigung für das Zusammenleben von Juden und Heiden in der einen christlichen Gemeinde zuzumessen ist, war es jedoch - wie dargelegt - zur Auseinandersetzung zwischen Petrus und Paulus gekommen. Gleichwohl hat Paulus in seinem späteren Bericht entschieden an der Absicht festgehalten, den Dialog mit Petrus fortzusetzen. Galt es doch, sich in der entscheidenden Frage darüber zu verständigen, was die Wahrheit des Evangeliums inhaltlich bedeutet und auf welche Weise sie im Leben der Gemeinden wie des einzelnen Christen konkret zu werden hat. Insofern ist die spätere Tradition im Recht, wenn sie Unterschiede zurücktreten läßt und die Gemeinsamkeit in den Vordergrund rückt, zumal beide Apostel ihre Verkündigung im Märtyrertod beglaubigt haben. Was aber läßt sich am Ende aus diesem historischen Befund für die Frage ökumenischer Bemühungen lernen, die Einheit der weltweiten Christenheit zu suchen und zu festigen? Der Regensburger Neutestamentier F. Mußner hat sich in einer gehaltvollen Schrift über „Petrus und Paulus - Pole einer Einheit" 22 mit diesem Problem auseinandergesetzt. Dabei hat er die Unterschiede wie auch die Gemeinsamkeiten, wie sie die neutestamentlichen Schriften zwischen den beiden Aposteln erkennen lassen, einander so zuordnen wollen, daß beide als ein ökumenisches Zweigespann zu begreifen seien. Habe sich auf der einen Seite die paulinische Theologie in der christlichen Lehre weithin durchgesetzt, so sei auf der anderen Seite die Ausbildung der Kirche als Institution mit dem Namen des Petrus verbunden. Beide Apostel seien in einer spannungsvollen Einheit zu sehen. Ziehen beide miteinander doch „denselben Wagen, die Kirche; sie dürfen ihn nicht in entgegengesetzte Richtungen

22 F. Mußner, Petrus und Paulus - Pole der Einheit, Freiburg 1976.

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ziehen, sonst leidet der Wagen Schaden und kommt nicht vom Fleck" 23 . „Beide Apostel, Petrus und Paulus, sind erwählte Werkzeuge Jesu Christi. Deshalb dürfen sie auch nicht gegeneinander ausgespielt und voneinander getrennt werden." 24 Die Überlegung, wie sich Evangelium und Institution zueinander verhalten, stellt in der Tat eine der wichtigsten, aber auch schwierigsten Aufgaben im ökumenischen Dialog unserer Tage dar. Doch fragt sich, ob wirklich in der eben erwähnten Weise Paulus als Repräsentant des Evangeliums und Petrus als der der Institution einander gegenübergestellt werden können. Das deuteropaulinische Schrifttum mißt in den Pastoralbriefen, die aus paulinischer Schultradition hervorgegangen sind, der Institution hohe Bedeutung zu. Und die unter dem Namen des Petrus überlieferten Briefe nehmen ihn nicht als Sprecher der Institution, sondern des gemeinchristlichen Evangeliums in Anspruch. Er wendet sich als Mitältester, der sich zum Kreis der Presbyter zählt, an die Gemeinden (1 Petr 5,1). Daher wird es dem differenzierten neutestamentlichen Befund eher entsprechen, wenn Petrus wie Paulus als Zeugen des einen Evangeliums in der Prägung ihrer jeweiligen Verkündigung betrachtet werden. An ihren Gestalten wird sichtbar, wie sich in den verschiedenen Bereichen der frühen Kirche unterschiedliche Formen christlichen Lebens, der Frömmigkeit wie auch des Glaubens, herausgebildet haben - Petrus unter den Juden, Paulus unter den Völkern. Doch ungeachtet dieser Mannigfaltigkeit, in der sich christlicher Glaube ausdrückte, blieben sich die Apostel dessen bewußt, daß sie vergeblich laufen würden - wie Paulus sagt (Gal 2,2) - , wenn sie nicht imstande sein würden, ihre gemeinsame Überzeugung von der Einheit der Christenheit im Glauben an den einen Herrn zu bewahren. Im Bericht, der über den inhaltsreichen ökumenischen Dialog erstattet wurde, der in den USA zwischen römisch-katholischen und evangelisch-lutherischen Theologen über das Verständnis des Petrus im Neuen Testament geführt wurde, wird darauf aufmerksam gemacht, daß in den neutestamentlichen Schriften eine auffallende Vielfalt in der Ausrichtung des einen Evangeliums zu beobachten ist. Diese Mannigfaltigkeit betrifft sowohl die Sicht des Petrus, wie sie in den einzelnen Texten dargestellt wird, wie auch das gegenseitige Verhältnis zwischen den beiden Aposteln. Erkennt man diesen Pluralismus an, so darf das freilich nicht bedeuten, auf Einheit zu verzichten. Vielmehr wird der Theologe genötigt, das gegenseitige Verhältnis von Vielfalt und Einheit erneut zu durchdenken im Blick auf seine Verantwortung für die eine Kirche Jesu Christi. 25 Wenn der Patriarch von Istanbul Bartholomäus I. für seinen festlichen Be23 A.a.O., S. 136. 24 A.a.O., S. 138. 25 A.a.O. (Aran. 10), S. 18f.

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such bei Papst Johannes Paul II., den er ihm vor einiger Zeit abgestattet hat, den 29. Juni wählte, so ist - wie es bei solchen Begegnungen zu geschehen pflegt - hierbei gewiß bedachte Überlegung im Spiel gewesen Denn das hohe Fest der beiden Apostel erinnert die Christenheit daran, daß weder Petrus allein noch Paulus allein, sondern nur das Zusammenwirken der ersten Zeugen des Evangeliums wie auch aller derer, die ihnen durch die Jahrhunderte gefolgt sind, der miteinander gestellten Aufgabe zu dienen vermag: nichts anderes zu predigen als Jesus Christus den Herrn (2 Kor 4,5). Die Einheit der Kirche gründet sich auf das eine Evangelium in der Vielfalt seiner Bezeugungen. Oder um es noch einmal im Blick auf die beiden Apostel mit den Worten des Paulus zu sagen: „Es sei nun ich oder jene: so predigen wir, und so seid ihr zum Glauben gekommen." (1 Kor 15,11)

Das apostolische Vermächtnis ^um paulinischen Charakter der Pastoralbriefe

In den Briefen, die im N a m e n des Apostels Paulus an seine Schüler und Mitarbeiter Timotheus und Titus gerichtet sind, liegen Ansätze zu frühchristlichen Kirchenordnungen vor, die verantwortlichen Leitern von Gemeinden Hilfe bei der Wahrnehmung der ihnen anvertrauten Aufgaben bieten sollen. Dabei soll die Berufung auf die apostolische Autorität den Anweisungen für das Leben der Gemeinden sowie der Abwehr falscher Lehre Nachdruck verleihen. Zuständigkeiten und Verantwortlichkeit werden klar geregelt; die Übertragung des leitenden Amtes wird durch Handauflegung vorgenommen, und die Pflichten eines ε π ί σ κ ο π ο ς werden katalogartig aufgeführt, damit außer Zweifel steht, wer mit der Wahrnehmung des apostolischen Vermächtnisses und mit der Zurückweisung drohender Gefährdungen der Kirche betraut ist. Im Hinblick auf die eingehende Diskussion, die über die Frage der Abfassung der Pastoralbriefe geführt worden ist, hat Hans v. Campenhausen mit Recht erklärt, ein Beweis für die nachpaulinische Entstehung der Pastoralbriefe brauche nicht noch einmal geführt zu werden. 1 Denn in 150 Jahre lang währender Auseinandersetzung u m die Verfasserfrage sei bereits mehr als zur Genüge gezeigt worden, daß diese Schreiben in Wirklichkeit nicht von Paulus verfaßt sein können. Daher sei es angemessen, für alle weiteren Erörterungen die erwiesene Unechtheit der Pastoralbriefe nicht zum Ziel, sondern zur Voraussetzung zu machen. Diese Beurteilung trifft in der Tat zu, obwohl auch heute gelegentlich Stimmen laut werden, die an der paulinischen Verfasserschaft festhalten wollen. Sie können jedoch gegen die Fülle zwingender Gegenargumente schwerlich Gesichtspunkte beibringen, die eine erneute eingehende Prüfung erforderlich machen würden. Das Bild, das die Briefe von Lehre und Verfassung der Kirche bieten, wird vielfach als frühkatholisch oder - wenn man behutsamer urteilt - als eine Vorstufe zum werdenden Frühkatholizismus bezeichnet. Bei dieser Beurteilung wird dann - grundsätzlich durchaus zu Recht - immer wieder auf die Unterschiede verwiesen, die zwischen der Theologie der Pastoralbriefe und der authentischen Paulusbriefe bestehen. 2 Unversehens aber werden diese 1 H. v. Campenhausen, Polykarp von Smyrna und die Pastoralbriefe, 1951, 7. 2 Den „wesentlichen Unterschied zwischen Paulus und Past." arbeitet z.B. die umsichtige Untersuchung von H. v. Lips, Glaube - Gemeinde - Amt. Zum Verständnis der Ordination

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Gesichtspunkte dann so stark betont, daß nur noch der Abstand von Paulus betrachtet, aber nicht mehr gefragt wird, in welchem Maße die Pastoralbriefe denn trotz ihrer nachpaulinischen Entstehung Elemente der paulinischen Theologie bewahrt haben. Es trifft durchaus zu, daß die Frage nach dem Verhältnis der Pastoralbriefe zu Paulus zwar alt ist, ihre Beantwortung jedoch noch immer recht unterschiedlich ausfällt.3 Will man aber den Ausführungen der Pastoralbriefe wirklich gerecht werden, so müssen sie an dem Anspruch gemessen werden, den sie als im Namen des Apostels redende Zeugnisse selbst geltend machen. Das aber heißt: In voller Würdigung ihrer nachpaulinischen Entstehung ist zu fragen, wie paulinisch denn die Pastoralbriefe sind. Zur Beantwortung dieser Frage seien einige einschlägige Abschnitte des näheren betrachtet, um aus diesen Analysen Kriterien zur genaueren Bestimmung der Theologie der Pastoralbriefe und des darin beschriebenen apostolischen Vermächtnisses zu gewinnen.

/. Παύλος άπόστολος Ίησοΰ Χριστού - so setzen die beiden Timotheusbriefe ein; Παύλος δούλος θεού, άπόστολος δέ 'Ιησού Χριστού - so sagt der Eingang des Titusbriefes. Damit werden Titel und Anspruch formuliert, wie sie auch in den unbestritten paulinischen Briefen aufgeführt werden. Durch Gottes Berufung und Befehl ist Paulus mit seinem apostolischen Amt betraut, damit er das Evangelium predige und Zeuge des gekreuzigten und auferstandenen Herrn sei. Die Erläuterungen, die der vorangestellten Titulatur hinzugefügt sind, sprechen dieses apostolische Selbstbewußtsein aus, geben ihm aber mit anderen Wendungen als in den Protopaulinen Ausdruck. Von der επιταγή θεού σωτήρος ήμών και Χριστού Ιησού της ελπίδος ήμών ist 1 Tim 1,1 die Rede. Paulus jedoch hat weder Gott als Heiland noch Christus als den Gegenstand der Hoffnung in dieser formelhaften Weise bezeichnet. 2 Tim 1,1 wird wie auch zu Anfang des 1. Korintherbriefes auf Gottes berufenden Willen hingewiesen, dann aber darüber hinaus die έπαγ· γελια ζωής τής έν Χριστού Ίησοΰ genannt. Und der Titusbrief bringt mit einer für die Pastoralbriefe kennzeichnenden Wendung das Apostelamt des in den Pastoralbriefen, 1979, deutlich heraus (72; vgl. auch 280-283). Angesichts dieses Unterschiedes stellt sich jedoch um so schärfer die Frage, in welchem Verhältnis denn die Theologie der Pastoralbriefe zu der der authentischen Paulinen steht. 3 So Ε Trümmer in seiner Grazer Habilitationsschrift: Die Paulustradition der Pastoralbriefe, 1978, 13. Zur Aufgabe vgl. zuletzt J. Rolojf, Pfeiler und Fundament der Wahrheit - Erwägungen zum Kirchenverständnis der Pastoralbriefe, in: Glaube und Eschatologie - Festschrift für W.G. Kümmel zum 80. Geburtstag, 1985, 229-247: Der Verfasser der Pastoralbriefe „will von der festen Basis des paulinischen Evangeliums her im Namen des Apostels Lösungen für neu entstandene Probleme anbieten" (230).

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Paulus mit der πίστις εκλεκτών θεοΰ und έπίγνωσις αληθείας της κατ' εύσέβειαν in Verbindung (Tit 1,1). Erkenntnis der Wahrheit und rechte Frömmigkeit, zu der alle Menschen gelangen mögen, werden auf Gottes verborgenen, nun aber offenbar gewordenen Ratschluß zurückgeführt, den Paulus nach dem Befehl Gottes, unseres Retters, zu verkündigen hat (Tit 1,13). Der Gruß selbst lautet wie in den anderen Paulusbriefen auch im Titusbrief χάρις και ειρήνη, in den beiden Timotheusbriefen hingegen χάρις, έλεος, ειρήνη. Die Grundstruktur des paulinischen Briefformulars ist somit durchaus gewahrt. Das apostolische Amt des Paulus wird stark herausgehoben, und den Empfängern der Briefe wird gleich am Anfang in lapidaren Worten die rettende Heilsbotschaft zugerufen. Deren Inhalt wird jedoch mit Begriffen ausgesagt, die für die Pastoralbriefe kennzeichnend sind wie έπίγνωσις αληθείας, ευσέβεια oder dem Hinweis auf die nunmehrige Kundgabe der vor ewigen Zeiten ergangenen Verheißung. Liegt in diesen Formulierungen lehrhaft geprägte Ausdrucksweise vor, so wird doch geltend gemacht: Paulus ist der Apostel der Völker. Die anderen Apostel oder die Zwölf werden nicht einmal erwähnt, mit niemandem hat Paulus sein unvergleichliches Amt zu teilen. Er ist von Gott und dem erhöhten Christus selbst berufen, in aller Welt die gute Nachricht bekannt zu machen. Denn er wurde gewürdigt, diesen Auftrag zu übernehmen und ihn in seinem missionarischen Wirken auszurichten. Auf diese Beauftragung des Apostels wird nicht nur zu Beginn aller drei Briefe ausdrücklich hingewiesen, sondern von ihr wird auch in einem längeren Abschnitt im ersten Kapitel des 1. Timotheusbriefes ausführlicher gehandelt. Darin sagt der Apostel, der durch den Mund des Verfassers spricht, dem Kyrios Christus Jesus dafür Dank, daß er ihn stark gemacht, mit seinem Vertrauen beschenkt und zum Dienst berufen hat (1 Tim 1,12). Einst war er ein Lästerer, Verfolger und Frevler gewesen, jetzt aber ist ihm Erbarmung widerfahren, so daß er als Beispiel für den göttlichen Gnadenerweis schlechthin gelten kann (V 13f.). In diesen Sätzen werden Aussagen aufgenommen, mit denen Paulus selbst die entscheidende Wende seines Lebens beschrieben hat. „Ihr habt ja von meinem früheren Wandel im Judentum gehört", - so redet er die Galater an - , „wie ich die Gemeinde Gottes über die Maßen verfolgte und sie zu vernichten suchte und im Jude-Sein viele meiner Altersgenossen in meinem Volk übertraf und besonders heftig um die Überlieferungen meiner Väter eiferte" (Gal 1,13f.). Daß er die Gemeinde Gottes verfolgt habe und darum nun allein aus Gottes Gnade sei, was er ist, sagt der Apostel auch zu den Korinthern (1 Kor 15,10). Er ist sich also durchaus dessen bewußt, daß - wie es im Philipperbrief heißt - sein Eifer um die Gerechtigkeit unter dem Gesetz seine Feindschaft gegen die Gemeinde angetrieben hat (Phil 3,6). Aber während in diesen Worten nur in äußerster Knappheit die vorchristliche Zeit

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des Paulus erwähnt und ihr dann die von Gott gewirkte Wende entgegengestellt wird, wird im 1. Timotheusbrief der Hinweis auf den Lebensweg des Apostels erbaulich erweitert. Er war nicht nur ein Verfolger, sondern auch so wird mit geläufigen Vokabeln der Lasterkataloge gesagt - ein Lästerer und Frevler. Paulus selbst aber hätte keinen Anlaß gesehen, dergleichen von sich zu behaupten, wie er sich auch nicht damit entschuldigt hätte, aus Unwissenheit im Unglauben gehandelt zu haben. Die Erklärung, Unkenntnis habe zu falschem Tun veranlaßt, bietet dagegen auch die Apostelgeschichte an, um begreiflich zu machen, warum die Juden Jesus ans Kreuz gebracht haben (Act 3,17). Die Schilderung, die der 1. Timotheusbrief vom Lebensweg des Paulus gibt, greift also auf geläufige Begriffe und Erklärungsmuster zurück, geht damit aber über die Angaben, die der Apostel selbst gemacht hatte, erheblich hinaus. Denn das Bild, das von Paulus gezeichnet wird, ist - wie Dibelius - Conzelmann zutreffend bemerken - „für den Gebrauch als Missionsparadigma stilisiert".4 Die alles verwandelnde Wende seines Lebens führt Paulus auf Gottes Gnadenratschluß zurück, ohne jemals eine erbauliche Andeutung über seine Bekehrung zu machen. Nur in einem Nebensatz nennt er das für seinen Weg entscheidende Ereignis: „Als es aber Gott, der mich von Mutterleib an ausgesondert und durch seine Gnade berufen hat, gefiel, mir seinen Sohn zu offenbaren, damit ich ihn unter den Völkern verkündigte, da beriet ich mich nicht mit Fleisch und Blut" (Gal 1,15f.). Gottes gnädige Erwählung, die wie beim Propheten von Anfang an feststand, ereignet sich in der Offenbarung seines Sohnes, den Paulus fortan als den Herrn in aller Welt zu predigen hat. Nichts anderes als Gottes χ ά ρ ι ς hat er darum zu preisen, „denn" - wie er zu den Korinthern sagt - „aus Gottes χ ά ρ ι ς bin ich, was ich bin" (1 Kor 15,10). Insofern befindet sich die Schilderung, wie sie im 1. Timotheusbrief gegeben wird, durchaus in Übereinstimmung mit Paulus selbst, wenn sie - nun freilich in einem gewichtigen Hauptsatz - ausführt: „Um so reicher aber war die Gnade unseres Herrn" (V 14). Der Begriff der χ ά ρ ι ς wird dann aber mit denen von τπστίς und άγάττη verbunden - die Gnade „samt dem Glauben und der Liebe, die in Christus Jesus ist" - und damit eine kurze Beschreibung des Christenstandes überhaupt vorgenommen. Dadurch wird Paulus als Exempel für das überwältigende Geschehen herausgestellt, daß Christus verlorene Sünder rettet, „unter denen ich" - Paulus - „der erste bin" (V 15). Denn eben darum - so wird hinzugefügt - „ist mir Barmherzigkeit widerfahren, damit Christus Jesus an mir als erstem seine ganze Langmut erweisen könnte zum Vorbild denen, die an ihn glauben sollen, um das ewige Leben zu erlangen" (V 16). Was Paulus widerfahren ist, wird damit als Paradigma einer Bekehrung verstanden, wie sie auch denen zuteil werden soll, die gleich ihm zum Glau4 M. Dibelius - H. Conzelmann, Die Pastoralbriefe, 4 1966, z. St.

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ben berufen werden sollen. Wie in der Apostelgeschichte in dreifacher Wiederholung und zugleich jeweils neu gestalteter erbaulicher Ausmalung von der Bekehrung des Paulus erzählt wird (Act 9,1-19; 22,3-21; 26,9-20), so wird auch im 1. Timotheusbrief das Beispiel des Paulus als Urbild für die Wende vom Unglauben zum Glauben verstanden.5 Diese gewisse Nähe im beiderseitigen Verständnis der Berufung des Paulus darf jedoch nicht zu hoch bewertet und schon gar nicht zum Anlaß genommen werden, möglicherweise den Verfasser der Apostelgeschichte auch als den Autor der Pastoralbriefe anzusehen.6 Denn für die Apostelgeschichte stellt das Damaskusgeschehen ein Ereignis dar, das die Befreiung aus der Finsternis zum wunderbaren Licht veranschaulicht, von der Paulus dann als auserwähltes Rüstzeug und Zeuge seines Herrn in aller Welt Kunde gibt (Act 9,15; 26,18). Aber der Titel eines Apostels wird ihm nicht zuerkannt,7 sondern bleibt den Zwölf vorbehalten. Daher kann die Bekehrung des Paulus in der Apostelgeschichte auch nicht als Beauftragung mit dem Apostelamt verstanden werden. Doch eben in diesem, dem Selbstverständnis des Paulus entsprechenden Sinne bewertet der 1. Timotheusbrief das Damaskusereignis. Dort wurde Paulus die διακονία übertragen, für die der Kyrios ihm sein Vertrauen schenkte. Folglich ist er zum κήρυξ και απόστολος eingesetzt, und das bedeutet - so unterstreichen die Pastoralbriefe - , daß er in dieser Funktion διδάσκαλος έθνών ist (1 Tim 2,7; vgl. auch 2 Tim 1,11). Wenngleich in dieser Darstellung, wie sie im 1. Timotheusbrief entworfen wird, das Interesse nicht beim Historischen bzw. Individuellen, sondern bei der erbaulichen Anwendung liegt,8 so ist es eben doch die Gestalt Paulus, dessen Berufung zum Apostel als Beispiel einer Bekehrung verstanden wird, wie sie sich an allen denen vollzieht, die künftig Glauben gewinnen und ewi-

5 Vgl. hierzu C. Burchard, Der dreizehnte Zeuge - traditions- und kompositionsgeschichtliche Untersuchungen zu Lukas' Darstellung der Frühzeit des Paulus, 1970, 127. 6 Zu dieser Vermutung vgl. bes. A. Strobel, Schreiben des Lukas? Zum sprachlichen Problem der Pastoralbriefe, N T S 15 (1968/69), 191-210. Strobel weist darauf hin, daß zwischen den Pastoralbriefen und der Apostelgeschichte eine Reihe auffallender sprachlicher Ubereinstimmungen besteht. So haben sie nicht nur Begriffe wie ά γ α θ ο ε ρ γ ε ΐ ν , α χ ά ρ ι σ τ ο ς oder δ υ ν ά σ τ η ς gemeinsam, sondern auch grammatische Konstruktionen wie δει, έδει, δέον έστιν oder den Latinismus δ ι ' ήν αϊτίαν. Hier wie dort wird hervorgehoben, Christus sei in die Welt gekommen, um Sünder zu retten (1 Tim 1,15; Lk 19,10), oder: ein Arbeiter sei seines Lohnes wert (1 Tim 5,18; Lk 10,7). Doch die sprachlichen Ubereinstimmungen beweisen nicht mehr, als daß in diesen Schriften hier wie dort ein gehobenes Koine-Griechisch verwendet wird. U n d die inhaltlichen Berührungen beziehen sich auf geprägte Wendungen urchristlicher Lehre, die aus der mündlichen Tradition aufgenommen wurden. Zur Auseinandersetzung mit Strobel vgl. weiter Μ Brox, Lukas als Verfasser der Pastoralbriefe? , J A C 13 (1970), 62-77. 7 Zur Ausnahme von Act 14,4.14vgl. die Kommentare z. St. und Burchard, a.a.O., 135 Anm. 315. 8 Vgl. Dibelius-Conzelmann, a.a.O. z. St.

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ges Leben empfangen sollen. Seine Bekehrung gilt als ύποτύπωσις των μελλόντων πιστεύειν, die als Urbild darstellt, wie Gottes Erbarmen Menschen zum neuen Leben führt. Ihm gelten darum Ehre und Preis in alle Ewigkeit (1 Tim 1,17). Wenn auch in typisierter Darstellung, so wird doch festgehalten, daß Paulus und kein anderer der Apostel, Prediger und Lehrer der Kirche ist, an dessen Verkündigung die Gemeinden sich zu orientieren haben. Weil er der erste ist, an dem sich Gottes Gnadenerweis auf wunderbare Weise mächtig gezeigt hat, darum haben alle, die nach ihm kommen, auf sein Beispiel zu blicken und seiner Lehre, die ihnen als sein Vermächtnis überliefert ist, zu folgen.

II Der Inhalt der Verkündigung, mit deren Ausrichtung Paulus beauftragt wurde, wird in den Pastoralbriefen in bekenntnisartigen Wendungen ausgesagt. So heißt es im Abschnitt, der die Berufung des Paulus zum Apostel darstellt, dieser λόγος sei fest, wahr und glaubwürdig: „daß Christus Jesus in die Welt gekommen ist, um Sünder zu retten" (1 Tim 1,15). Dabei liegt der Ton der Aussage wie auch in anderen urchristlichen Sätzen (vgl. Lk 19,10) auf dem rettenden Handeln des Christus σωτήρ. Die σωτηρία ist durch ihn ins Werk gesetzt und wird in der Verkündigung der Kirche als Gottes erlösende Tat ausgerufen. In besonders hervorgehobenen Abschnitten seiner Briefe bezieht sich auch Paulus verschiedentlich auf urchristliche Bekenntnisaussagen, um damit anzuzeigen, daß es um das eine Evangelium vom gekreuzigten und auferstandenen Christus geht, wie es allerorten von allen bekannt wird, die den Namen des Herrn anrufen. So führt er zu Beginn der Auseinandersetzung, die er mit den Leugnern der Auferstehung in Korinth vornehmen muß, das Evangelium an, wie er es bereits empfangen und der Gemeinde als Inhalt und Grund ihres Glaubens weitergegeben hat, „daß Christus gestorben ist für unsere Sünden nach den Schriften und daß er begraben ist; und daß er auferstanden ist am dritten Tage nach den Schriften und daß er Kephas erschienen ist, danach den Zwölfen" (1 Kor 15,3-5). Was dieses Evangelium bedeutet, legt der Apostel dann im langen Gedankengang des 15. Kapitels seines Briefes dar, in dem er zunächst die Reihe der Zeugen des Auferstandenen weiterführt, mit seiner apostolischen Berufung zum Abschluß bringt und dann wiederholt auf die Formulierungen des Kerygmas zurückgreift, um sie auf die in Korinth gegebene Situation anzuwenden. „Ist aber Christus nicht auferstanden, dann ist unsere Predigt vergeblich, vergeblich auch euer Glaube" (V 14), bzw.: „Ist aber Christus nicht auferstanden, so ist euer Glaube nichtig, so seid ihr noch in euren Sünden" (V 17); „nun aber ist Christus von den Toten auferstanden als Erstling derer, die entschlafen sind" (V 20).

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Ebensowenig wie im 1. Korintherbrief begnügt sich Paulus in den Schreiben, die er an andere Gemeinden richtet, damit, eine überkommene Aussage nur anzuführen, um sich auf sie berufen zu können. Vielmehr legt er jeweils das von allen Christen gesprochene Bekenntnis aus, um die aktuelle Bedeutung des Glaubens aufzuweisen. So stellt sich im Eingang des Römerbriefes der Apostel der ihm persönlich noch unbekannten Gemeinde vor als „Knecht Christi Jesu, berufener Apostel, ausgesondert für das Evangelium Gottes" (Rom 1,1). Den Inhalt dieser ihm aufgetragenen Verkündigung aber gibt er mit dem Zitat eines judenchristlichen Bekenntnisses an, dessen Kenntnis er auch in der römischen Gemeinde voraussetzen kann. Im Evangelium - so heißt es - ist die Rede von Christus, „der seiner irdischen Herkunft nach aus dem Geschlecht Davids stammt, der zum Sohn Gottes eingesetzt wurde durch die Kraft des heiligen Geistes in Macht aufgrund der Auferstehung von den Toten" (Rom l,3f.).9 Mit dieser judenchristlichen Formulierung, die dem irdischen Davidssohn den erhöhten Gottessohn gegenüberstellt, verbindet Paulus die Hoheitstitel der hellenistischen Gemeinde, indem er an den Anfang den Begriff des Gottessohnes setzt und mit der vollen Wendung abschließt, Jesus Christus, unser Herr". Ist auf diese Weise juden- und heidenchristliches Bekenntnis kraftvoll zusammengefaßt, so schließt Paulus dann an die zitierten Worte die Auslegung an, wie er sie in seiner Predigt vollzieht: Das Evangelium „ist Kraft Gottes zur Rettung für jeden, der glaubt, Juden zuerst und auch Griechen. Denn darin wird Gottes Gerechtigkeit offenbar aus Glauben in Glauben, wie geschrieben steht: Der Gerechte wird aus Glauben leben" (Rom 1,16f.). Diese Thematik aber wird dann im gesamten Gedankengang des Römerbriefs erläutert und in ihrer Bedeutung für Glauben und Leben der Gemeinde entfaltet. Wie Paulus beschreibt auch der Verfasser der Pastoralbriefe in verschiedenen Zusammenhängen den Inhalt des christlichen Glaubens mit überkommenen Bekenntnisformulierungen. So erinnert er an die christologische Aussage, die zum Gedenken an Jesus Christus aufruft, „der von den Toten auferstanden ist, der aus dem Geschlecht Davids stammt" (2 Tim 2,8). Dabei sind freilich die Zeilen in umgekehrter Folge angeordnet, so daß nun zuerst vom Auferstandenen, dann erst vom irdischen Christus die Rede ist.10 In einem anderen Zitat, das 1 Tim 2,5f. angeführt wird, heißt es: „Es ist ein Gott und ein Mittler zwischen Gott und den Menschen, nämlich der Mensch Christus Jesus, der sich selbst gegeben hat zur Erlösung für alle". Dabei wird - wie deutlich zu erkennen ist - das Wort vom Lösegeld, das der Menschen-

9 Zu den Einzelheiten der Abgrenzung und Bestimmung der urchristlichen Bekenntnisaussage vgl. die Kommentare z. St. und E. Lohse, Die Entstehung des Neuen Testaments, 4 1983, 21. 10 Eine literarische Abhängigkeit von Rom l,3f. ist jedoch kaum anzunehmen. So Trümmer, a.a.O. (s. Anm. 3), 202f. Es dürfte vielmehr mündlich überliefertes Formelgut vorliegen.

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söhn mit der Hingabe seines Lebens für viele entrichtet (Mk 10,45 Par.), aufgenommen und in hellenistische Terminologie übertragen, indem von der universalen, allen Menschen geltenden Bedeutung des Kreuzestodes Jesu Christi gesprochen wird." Ein hymnisches Fragment dient 1 Tim 3,16 dazu, den Inhalt des μυστήριον της εϋσεβείας und die Kundgabe des göttlichen Geheimnisses zu nennen: „geoffenbart im Fleisch - gerechtfertigt im Geist; erschienen den Engeln - verkündigt unter den Völkern; geglaubt in der Welt - aufgenommen in Herrlichkeit".12 In einer lehrreichen Abhandlung über die Christologie der Pastoralbriefe hat einst Hans Windisch überzeugend ausgeführt, daß der Verfasser der an Timotheus und Titus gerichteten Schreiben Christuslehre in Form von Sprüchen, Formeln und Hymnen darbietet, „die aus verschiedenen Lehrkreisen und Lehrstufen stammen".13 Er bezieht sich auf Aussagen des urchristlichen Bekenntnisses, legt sie aber seinerseits weder aus noch verwendet er sie in seiner weiteren Argumentation. Darin unterscheidet er sich in charakteristischer Weise von Paulus, der stets mit dem Zitat einer vorgegebenen Formulierung die konkrete Anwendung des einen Evangeliums verband, neben dem es kein anderes geben kann (vgl. Gal 1,6-9). In den Pastoralbriefen hingegen wird die rechte lehre inhaltlich nur durch Zitate formulierter Bekenntnisse angegeben. Ihre Worte sind unverfälscht und unverändert zu wahren, um den Gefährdungen, die von Irrlehrern oder Vertretern libertinistischer Ethik ausgehen, widerstehen zu können. Es genügt, auf das Bekenntnis zum einen Gott und einen Mittler Jesus Christus den bekräftigenden Hinweis folgen zu lassen: „Eben dazu bin ich als Prediger und Apostel eingesetzt - ich sage die Wahrheit und lüge nicht - , als Lehrer der Heiden im Glauben und in der Wahrheit" (1 Tim 2,7). Der apostolischen Lehre, wie sie damit knapp bezeichnet ist, gilt es die Treue zu halten und sich weder von ihr abdrängen zu lassen noch von ihr zu weichen. In den authentischen Paulusbriefen ist an einigen Stellen mit besonderer Betonung von der σωτηρία die Rede, die das Evangelium eröffnet - nicht nur in der Themaangabe des Römerbriefes (Rom 1,16) und in der Charakterisierung der ομολογία, die εις σωτηρίαν abgelegt wird (Rom 10,10), sondern auch im 1. Korintherbrief, wo zum Wort vom Kreuz gesagt wird, es sei 11 Vgl. E. Lohse, Märtyrer und Gottesknecht, 2 1963, 119. 12 Zum Nachweis, daß ein hymnisches Zitat vorliegt, vgl. die Kommentare z. St. sowie Lohse, a.a.O. (s. Anm. 9), 23 und W Stenger, Der Christushymnus in 1 Tim 3,16 T T h Z 78 (1969), 33—48; ders., Der Christushymnus 1 Tim 3,16. Eine strukturanalytische Untersuchung. Regensburger Studien zur Theologie 6, 1977. 13 H. Windisch, Zur Christologie der Pastoralbriefe, Z N W 34 (1935), 213-238, bes. 238. Zur Christologie der Pastoralbriefe vgl. weiter V. Hasskr, Epiphanie und Christologie in den Pastoralbriefen, T h Z 33 (1977), 193-209 und L. Oberlinner, Die „Ephiphaneia" des Heilswillens Gottes. Zur Grundstruktur der Christologie der Pastoralbriefe, Z N W 71 (1980), 192-213.

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für uns, die wir gerettet werden (τοις δέ σιρζομένοις ήμΐν) Kraft Gottes (1 Kor 1,18). In den Pastoralbriefen wird die Wortgruppe σωζειν/σωτηρία häufiger gebraucht, aber vor allem in formelhaften Sätzen verwendet. So werden Gott (1 Tim 1,1; 2,3; 4,10; Tit 1,3; 2,10; 3,4) und Christus (2 Tim 1,10; Tit 2,13; 3,6) als rettender σωτήρ bezeichnet. Gottes rettende Gnade ist erschienen (Tit 2,11), so daß sein gesamtes Erlösungshandeln als Rettung beschrieben werden kann (1 Tim 1,15; 2 Tim 1,9). Will Gott doch, daß alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen (Tit 2,4), d.h. daß sie der σωτηρία in Christus Jesus teilhaftig werden (2 Tim 2,10; vgl. auch 2 Tim 3,15). Denn Gott, unser Retter, hat seine Güte und Menschenliebe offenbar gemacht und uns gerettet, damit wir nicht verlorengehen (Tit 3,4f.). Indem die σωτηρία auf diese Weise als Ziel und Inhalt des Evangeliums genannt wird, sind die christologischen Aussagen fest auf die apostolische Verkündigung bezogen, wie sie Paulus bei seiner Berufung aufgetragen wurde.14 Die gesunde Lehre, wie sie mehrfach in den Pastoralbriefen genannt wird (1 Tim 1,10; 2 Tim 4,3; Tit 1,9; 2,1), ist daher als paulinisches Evangelium verstanden, wie es im ersten Kapitel des zweiten Timotheusbriefes dem Nachfolger des Apostels vor Augen gehalten wird. Wie jener sich des Evangeliums nicht geschämt hat (Rom 1,16), so soll auch Timotheus sich „nicht des Zeugnisses von unserem Herrn noch meiner, seines Gefangenen, schämen" (2 Tim 1,8). Denn es geht im Evangelium um die von Paulus ausgelegte und bis an sein Ende treu bewährte Botschaft von Gott, „der uns gerettet hat und berufen mit heiliger Berufung, nicht nach unseren Werken, sondern nach seinem Ratschluß und nach der Gnade, die uns in Christus Jesus gegeben wurde vor ewigen Zeiten, aber jetzt offenbar gemacht ist durch die Erscheinung unseres Heilandes Christus Jesus, der dem Tode die Macht genommen und unvergängliches Leben ans Licht gebracht hat durch das Evangelium" (2 Tim l,9f.). Partizipialstil, gedrängte Redeweise und parallele Anordnung der Zeilen lassen deutlich erkennen, daß in diesen beiden Versen eine vorgegebene Formulierung zitiert wird,15 die mit der Gegenüberstellung von Einst und Jetzt auf ein gebräuchliches urchristliches Predigtschema zurückgreift.16 Der verborgene, aber schon von Urzeit an gefaßte Gnadenratschluß Gottes wird jetzt offenbar in der Proklamation des Evangeliums. Denn Christus hat - wie es auch andere urchristliche Bekenntnisaussagen hervorheben - die Macht des Todes zerbrochen und das Leben zum Sieg geführt (vgl. z.B. Kol 1,18; Eph 1,17f.). Diesen überlieferten Wendungen ist eine ausgesprochen paulinische Antithese vorangestellt, die betont, Rettung und Berufung seien ού κατά τά 14 Z u r Soteriologie in d e n Pastoralbriefen vgl. weiter Oberlinner, a.a.O. (s. A n m . 13), passim. 15 Vgl. Dibelius-Conzelmann, a.a.O. z. St. 16 Vgl. hierzu Ρ Tachau, „Einst" u n d , J e t z t " im N e u e n Testament, 1972.

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εργα ημών άλλα κατά ιδίαν πρόθεσιν και χάριν erfolgt (V 9). Die Problematik, mit der Paulus es in seiner Auseinandersetzung mit jüdischem bzw. judenchristlichem Verständnis einer Gerechtigkeit aus dem Gesetz zu tun hatte, liegt bereits in der Vergangenheit, so daß nicht mehr von Werken die Rede ist, wie sie das Gesetz fordert und deren man sich rühmen zu können meint, wer seine δικαιοσύνη vor dem Gesetz zu erweisen bestrebt ist. Vielmehr wird von unseren εργα ohne jeden Zusatz gesprochen und festgestellt, daß zu keiner Zeit und in keiner Situation unser Tun - und sei es das denkbar beste - Grund zur σωτηρία oder Anspruch auf göttliche Berufung abgeben können. Sondern allemal ist die Rettung ausschließlich durch die götdiche χάρις bewirkt, die in Christus als Gottes rettendem Gnadenerweis offenbart ist. Daß in einer geprägten Formulierung, die durchaus paulinische Züge trägt, eine so deutliche Ablehnung jeder Form von Werkgerechtigkeit vorgenommen ist, ist für die Theologie der Pastoralbriefe von besonderer Bedeutung. Denn in anderen Zusammenhängen spricht ihr Verfasser ebenso unbefangen wie unbedenklich davon, daß die Christen gute Werke zu tun haben, ja daß sie reich sein sollen έν εργοις καλοϊς (1 Tim 5,10.25; Tit 2,7.14; 3,8.14). Man gewinnt daraus den Eindruck, anders als bei Paulus heiße die Alternative nicht Glaube oder Werke, sondern rechter oder falscher Glaube und daher scheine die Verbindung von Glauben und Werken unproblematisch zu sein.17 Doch ganz so spannungslos kann das Verhältnis von Glauben und Werken in den Pastoralbriefen nicht genannt werden. Denn das paulinische Evangelium, auf dessen lehrhafte Uberlieferung zurückverwiesen wird, stellt sich einer naiven Werkgerechtigkeit in den Weg und weist sie in ihre Schranken. 18 Eine vergleichbare Aussage, die in ähnlicher Weise gegen ein theologisches Fehlurteil Front macht, findet sich in einem anderen Zitat vorgegebener Formulierungen, das im dritten Kapitel des Titusbriefes ausgeführt wird. Darin wird das Erscheinen der Güte und Menschenfreundlichkeit Gottes gepriesen, die offenbar geworden ist. Denn er rettete uns „nicht um der Werke der Gerechtigkeit willen, die wir getan hatten, sondern nach seiner Barmherzigkeit durch das Bad der Wiedergeburt und Erneuerung im heiligen Geist" (Tit 3,4f). Hier liegt wiederum eine paulinische Formulierung vor, die in den Gemeinden bereits in geprägte Formelsprache Eingang gefunden hat. Die polemische Auseinandersetzung um die vom Gesetz geforderten Werke spielt auch in diesem Satz keine Rolle mehr, so daß nur unsere Werke, die eine vermeintliche Gerechtigkeit begründen könnten, und Gottes Gnade einander gegenübergestellt werden. Diese Gegenüberstellung ist jedoch scharf ausgeprägt, so daß in den Gemeinden, die solche Sätze lehrend und 17 Vgl. v. Lips, a.a.O. (s. Anm. 2) 281. 18 Vgl. Dibelius-Conzelmann, a.a.O. z. St.

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bekennend festhalten, „das sola gratia getreulich bewahrt" worden sein muß. 19 Zugleich aber läßt sich nicht übersehen, daß die paulinische Antithese, die von der Rechtfertigung aus Gnaden - δικαιωθέντες τη έκείνου χάριτι (V 7) - handelt, in einen durchlaufend von hellenistischer Terminologie geprägten Zusammenhang eingefügt ist. Von φιλανθρωπία, παλιγγενεσία und άνακαίνωσις ist die Rede. Dreimal wird die Wortgruppe σώζειν/σωτή ρ verwendet, ohne daß dabei eine Spannung empfunden wird, wenn zunächst Gott, dann aberJesus Christus σωτήρ genannt wird (V 4.6). Während bei Paulus Rechtfertigung und Taufe niemals in unmittelbare Verbindung miteinander gebracht werden, sondern nur auf Grund sachlich paralleler Aussagen einem sie übergreifenden Gedankenzusammenhang zugeordnet werden können, 20 sind sie hier - in konsequenter Fortführung der paulinischen Gedanken - fest miteinander verknüpft. Rechtfertigung, Wiedergeburt und Erneuerung, wie sie der heilige Geist bewirkt, haben sich in der Taufe ereignet, in der dem einzelnen das rettende Handeln Gottes und Jesu Christi widerfahren ist, so daß er fortan έν Χριστώ Ίησοϋ 21 lebt. Auf diese Botschaft von Gottes rettendem Gnadenhandeln ist Verlaß, so daß die Anwartschaft auf das ewige Leben fest verbürgt ist. Denn der bereits geschehenen Epiphanie entspricht die künftige Erscheinung des großen Gottes und unseres Heilandes Jesu Christi, „der sich selbst dahingegeben hat, um uns von aller Ungerechtigkeit zu erlösen und sich ein reines Volk als sein Eigentum zu schaffen, das sich guter Werke befleißigt" (Tit 2,14). Läuft dieser Satz, der in wenigen Worten von Christi Erlösungswerk spricht, am Ende auf die Aufforderung hinaus, καλά έργα zu erbringen, so steht wiederum einer naiven Lehre von den Werken die im kirchlichen Bekenntnis bewahrte Theologie der Rechtfertigung entgegen. Daher kann das apostolische Vermächtnis paulinischer Theologie im Zusammenhang der Pastoralbriefe als kritisches Prinzip dienen, um vulgärchristliche Meinungen, die nur allzu leicht in Werkgerechtigkeit zurückzufallen geneigt sind, vom paulinisch verstandenen Kerygma her zu korrigieren.

III Als beispielhaftes Vorbild wird der Apostel nicht nur im Blick auf den ihm zuteil gewordenen Auftrag und die ihm aufgegebene Verkündigung hingestellt, sondern nicht zuletzt auch auf Grund seines vorbildlichen Wandels 19 Vgl. E. Käsemann, Exegetische Versuche und Besinnungen, 1 6 1970, 299. 20 Vgl. E. Lohse, Taufe und Rechtfertigung bei Paulus, K u D 11 (1965), 308-324; Die Einheit des Neuen Testaments, Göttingen 1973, 228-244. 21 Während in den Protopaulinen sowohl die Formel έν Χριστώ wie auch die Wendung έν κυρίω gebraucht werden, findet sich in den Pastoralbriefen durchgehend nur der Ausdruck έν Χριστώ 'Ιησού.

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und seines Leidens, das er um Christi willen auf sich genommen hat. Christus Jesus hat an ihm - wie es in der Betrachtung über die Berufung des Paulus im 1. Timotheusbrief heißt - seine ganze Langmut erwiesen „zum Vorbild denen, die an ihn glauben sollen, um das ewige Leben zu erlangen" (1 Tim 1,16). Liegt darin zunächst der Gedanke, daß das rettende Handeln Christi, der ungeachtet der Feindschaft, in der der Jude Paulus ihm und seiner Gemeinde entgegengetreten war, sich seiner erbarmte und ihn nicht aus seiner Gnade fallen ließ, so dient doch der Hinweis auf das Leben des Paulus zugleich als Veranschaulichung der Wirkungen, die Christi rettendes Handeln zu zeitigen imstande ist. Denn als Paulus berufen wurde, wurde er für πιστός erachtet und ihm das Vertrauen geschenkt, daß er Treue halten werde. Unter diesem Stichwort ist der dankbare Lobpreis, in dem Berufung und Beauftragung des Apostels dargestellt werden, eingeführt: έταστεύθην εγώ (1 Tim 1,11)- ιπστόν με ήγήσατο (ebd. V 12). Die Verläßlichkeit der erneuernden Gnade des erhöhten Herrn kann daher am Beispiel des Paulus abgelesen werden, so daß aus der Betrachtung seines Vorbildes Ermutigung und Verpflichtung erwachsen, ihm im eigenen Lebensvollzug nachzueifern. „Halte dich" - so wird im 2. Timotheusbrief der Begriff ύποτύπωσις wieder aufgenommen - „an das Vorbild der gesunden Worte, die du von mir gehört hast, im Glauben und in der Liebe in Christus Jesus" (2 Tim 1,13). Auch Paulus konnte gelegentlich seine Gemeinden auf das Beispiel verweisen, das er ihnen gab. „Werdet meine Nachfolger" - so rief er den Korinthern zu, um den Auseinandersetzungen in der Gemeinde ein Ende zu setzen - , „wie ich Christus nachfolge" (1 Kor 11,1). Und den Thessalonichern stellte er das gute Zeugnis aus, sie seien seine und des Kyrios Nachfolger geworden, indem sie das Wort in vieler Bedrängnis mit vom heiligen Geist gewirkter Freude annahmen (1 Thess 1,6). Nachfolge ist damit als Nachfolge Christi und Gehorsam gegen das Wort verstanden. Die Pastoralbriefe nehmen diese Gedanken auf und fassen sie in den Begriff der ύποτύπωσις, den die Protopaulinen nicht kennen. Dabei erhält das apostolische Vorbild seine besondere Prägung durch das im Leiden bewährte Zeugnis, dessen unveränderliche Gültigkeit damit festgestellt ist. Dieser Zug des Paulusbildes ist besonders im 2. Timotheusbrief ausgeprägt, der den Charakter eines Testaments trägt und damit zugleich den endgültigen Abschluß der paulinischen Theologie bezeichnen will, an der nun keine Erweiterungen oder Veränderungen mehr vorgenommen werden dürfen. Zur Eigenart eines Testaments gehört es, daß derjenige, der anderen sein Vermächtnis anvertraut, sein bevorstehendes Ende ankündigt. So bereitet auch nach dem Bericht der Apostelgeschichte Paulus in der Abschiedsrede, die er vor den Ältesten aus Milet hält, seine Hörer auf seinen baldigen Tod vor: „Und nun siehe, als Gefangener im heiligen Geist reise ich nach Jerusalem, und ich weiß nicht, was mir dort begegnen wird, nur daß der heilige Geist in allen Städten mir bezeugt, daß Gefangenschaft und Bedräng-

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nisse auf mich warten. Aber nach meinem Leben frage ich nichts, wenn ich nur meinen Lauf vollende und den Dienst tue, den ich vom Herrn Jesus empfangen habe, nämlich das Evangelium von der Gnade Gottes zu bezeugen" (Act 20,22- 24).22 Mit ähnlichen Worten wird auch im 2. Timotheusbrief der Lauf beschrieben, an dessen nahendes Ziel der Apostel gelangt ist:23 „Ich werde schon geopfert, und die Zeit meines Scheidens ist gekommen. Ich habe einen guten Kampf gekämpft, ich habe den Lauf vollendet, ich habe Treue gehalten. Nun wartet auf mich der Kranz der Gerechtigkeit, den mir der Herr, der gerechte Richter, an jenem Tage geben wird, aber nicht nur mir, sondern auch allen, die seine Wiederkunft lieb haben" (2 Tim 4,6-8). Sind in einigen Wendungen dieser Sätze deutlich Anklänge an Worte zu erkennen, die Paulus an die Gemeinden in Philippi und Korinth gerichtet hatte - „ich werde geopfert" (Phil 2,17), „ich sehne mich danach, aus der Welt zu scheiden und bei Christus zu sein" (Phil 1,23), „jeder aber, der kämpft, legt sich jeden Verzicht auf: jene nun, damit sie einen vergänglichen Kranz empfangen, wir aber einen unvergänglichen" (1 Kor 9,25) - , so ist darüber hinaus im apostolischen Testament des 2. Timotheusbriefes die grundsätzliche Bedeutung des apostolischen Leidens herausgestellt. Der Tod des Apostels drückt nicht nur der von ihm ausgerichteten Verkündigung das Siegel auf, das es gegen etwaige Verfälschung schützt, sondern zeigt zugleich, wohin der Weg weist, den Christen zu gehen haben. Denn auf dieses Wort ist Verlaß: „Sterben wir, so werden wir auch mit leben; dulden wir, so werden wir auch mit herrschen; verleugnen wir ihn, so wird er auch uns verleugnen; sind wir untreu, so bleibt er doch treu, denn er kann sich selbst nicht verleugnen" (2 Tim 2,11-13). In diesen Sätzen, die von hymnischem Klang getragen sind, liegt - wie auch die einleitende Formel πιστός ό λόγος anzeigt offensichdich wieder das Zitat eines geprägten Zusammenhanges vor.24 Unserem Sterben und Dulden wird künftige Teilhabe an Leben und Herrschaft entsprechen. Unserem Versagen aber müßte göttliche Vergeltung antworten, doch größer als gerechte Entsprechung ist Gottes sich durchhaltende Treue. Weil er treu ist, darum sind auch seine Diener treu erfunden und ist auf das Beispiel wie auch das Wort, das sie in Leben, Leiden und Sterben ausgerichtet haben, Verlaß. Die Leiter der Gemeinden, die als Evangelisten und Lehrer wirken, werden deshalb dazu angehalten, sich zu diesem Vorbild, das der Apostel gege22 Zur Sache vgl. 0. Knoch, Die „Testamente" des Petrus und Paulus. Die Sicherung der apostolischen Uberlieferung in der spätneutestamentlichen Zeit, 1973 sowie die weiteren, dort verzeichneten Arbeiten zu Act 20,18-35. 23 Zu den leidenstheologischen Aussagen in der Apostelgeschichte und den Pastoralbriefen vgl. auch Burchard, a.a.O. (s. Anm. 5), 127: „Ebenso ist für die nachapostolische Zeit das Bild des leidenden Apostels charakteristisch". 24 Vgl. Dibelius-Conzelmarm, a.a.O. z. St.

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ben hat, zu bekennen und mitzuleiden für das Evangelium in der Kraft Gottes (2 Tim 1,8), den guten Kampf des Glaubens zu kämpfen, das ewige Leben zu ergreifen, zu dem sie j a berufen sind (1 Tim 6,12), und selbst ein Vorbild der Gläubigen zu werden in Wort und Wandel (1 Tim 4,12). Verfolgungen, wie sie der Apostel erlitten hat und aus denen der Herr ihn errettete, bleiben denen nicht erspart, „die ein frommes Leben in Christus Jesus führen wollen" (2 Tim 3,12). Aber die Berufung zum ewigen Leben, die am Lebensweg des Apostels und seiner Vollendung beispielhaft abzulesen ist, kann niemand ihnen streitig machen - wenn sie nur treu bleiben, wie der Apostel es ihnen durch sein Vorbild gezeigt hat. In einer Zeit, in der die Gemeinden durch Ausbildung einer geordneten Kirchenverfassung und Formulierung von Glaubenssätzen sich gegen Gefährdungen abgrenzten, die von gnostischen Spekulationen und libertinistischer Lebensweise ausgingen, wird in den Pastoralbriefen der Christenheit das Vorbild des Paulus vor Augen gerückt, der ihr als Apostel, Prediger und Lehrer den Weg zeigt, den sie zu gehen hat. Sein Wort, das die Prediger und Lehrer als das apostolische Vermächtnis der Gemeinde darreichen, hält sie dazu an, rechten und falschen Glauben voneinander zu unterscheiden. Wenn der 2. Petrusbrief erwähnt, daß unwissende und ungefestigte Leute Worte des Paulus, in dessen Briefen in der Tat manches schwer zu verstehen ist, verdrehten (2 Petr 3,16), so deutet er damit an, daß offenbar gnostische Gruppen sich auf den Apostel beriefen und ihn für sich in Anspruch zu nehmen suchten, um von christlicher Freiheit nach dem ihnen geläufigen Verständnis zu reden. Gegen solche Tendenzen machen die Pastoralbriefe Front und setzen jeder mißbräuchlichen Verwendung der paulinischen Theologie ihren Widerspruch entgegen. Diesen Vorgang hat einst Walter Bauer als den Versuch der Kirche bezeichnet, „Paulus unmißverständlich in die antihäretische Front einzugliedern und den Mangel an Vertrauen zu ihm in kirchlichen Kreisen zu beheben". 25 Doch dieses Urteil trifft nicht recht den Charakter der Pastoralbriefe. Denn sie brauchen nicht ein in Vergessenheit geratenes Bild des Apostels hervorzuholen, um ihm wieder zu Ansehen zu verhelfen. Vielmehr können sie sich mit der Berufung auf Paulus auf eine unbestrittene Autorität beziehen, um aus seinem Vorbild die für die Gegenwart erforderliche Orientierung zu gewinnen und damit zugleich die notwendigen Abgrenzungen gegen mißbräuchliche Berufung auf Paulus vorzunehmen. 26 Otto Merk hat daher den Standort der Pastoralbriefe zutreffend beschrieben, wenn er sagt, in ihnen werde gezeigt, „daß in der gegenwärtigen Lage der Kirche das Wort des einen Apostels, des Paulus, Recht und

25 W. Bauer, Rechtgläubigkeit und Ketzerei im ältesten Christentum, 1934 f l 964), 228. Vgl. auch v. Campenhausen, a.a.O. (s. Anm. 1) 12. 26 Vgl. W. Schmithals, Pastoralbriefe, RGG3V, Sp. 147.

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Gültigkeit beanspruchen darf und darum in seinem Namen anstehende Probleme der Kirche autoritativ gelöst werden können".27 Es darf freilich nicht übersehen werden, daß manche Konturen, wie sie sich in den authentischen Paulusbriefen zeigen, in den Pastoralbriefen abgeschliffen sind und auch die Sätze, die von der Rechtfertigung aus Gnaden handeln, formelhaften Charakter tragen.28Der Verfasser der Pastoralbriefe hatte jedoch den unabweisbar geforderten Versuch zu unternehmen, durch den Entwurf einer Kirchenordnung sowie einer an den Fragen des Alltags orientierten Ethik zu beschreiben, wie christlicher Glaube sich in der Weltlichkeit seines Lebens und Handelns zu bewähren hat.29 Dieser Aufgabe suchte er zu genügen, indem er verschiedene Uberlieferungen aufnahm, sie zusammenfügte und unter das autoritative Wort des Apostels Paulus stellte. Daß bei dem Versuch, Weltlichkeit des Glaubens zu beschreiben, der Glaube sich nicht an diese Welt verlieren darf und sich der Gefährdungen, denen er ausgesetzt ist und standzuhalten hat, bewußt bleiben muß, hat der Verfasser der Pastoralbriefe durchaus empfunden. Es bleibt jedoch eine Spannung bestehen zwischen dem paulinischen Satz, daß die Gnade Gottes uns ohne alles Verdienst unserer Werke widerfahren ist, und der Aufforderung, guten Werken nachzueifern und sich darin zu bewähren. Wenn auch der Verfasser der Pastoralbriefe diese Spannung selbst kaum in ihrer vollen Stärke erkannt hat, so hat er doch mit der Berufung auf den Apostel Paulus, der nicht nur aus den lehrhaften Sätzen, wie sie angeführt werden, sondern vor allem aus seinen eigenen Briefen spricht, aufgewiesen, daß es auf nichts anderes als die Wahrheit des Evangeliums ankommt. Insofern haben die Pastoralbriefe mit der Aufnahme und Fortführung der paulinischen Theologie, um die sie sich bemüht haben, zugleich auch die kritische Norm angegeben, an der sie gemessen sein wollen. Denn so notwendig in der damaligen Situation eine Konsolidierung der Kirche gefunden werden mußte,30 so unerläßlich bleibt die Aufgabe bestehen, eine bestimmte geschichtliche Situation nicht absolut zu setzen, sondern vielmehr die Probleme, denen sich die Kirche jeweils zu stellen hat, der stets neu zu bedenkenden Frage nach der Wahrheit des Evangeliums zu unterwerfen und die Antwort von dieser allein gültigen Botschaft her aufs neue zu suchen. 27 0. Merk, Glaube und Tat in den Pastoralbriefen, Z N W 66 (1975), 96; vgl. auch Μ Brox, die Pastoralbriefe, 1969, 115. 28 Trümmer, a.a.O. (s. Anm. 3), 193 spricht mit Recht von einer „geschichtlich bedingten Änderung und Entschärfung des paulinischen Ansatzes" in den Pastoralbriefen, übertreibt dann jedoch, wenn er dem eben genannten Sachverhalt „auch deutliche Tendenzen zu einer Ausweitung und Radikalisierung der paulinischen Thesen" meint gegenüberstellen zu dürfen. 29 Der heute mißverständliche Ausdruck einer Bürgerlichkeit des Christentums, mit dem einst Dibelius den Charakter der Pastoralbriefe zu kennzeichnen suchte, wird m.E. besser durch den Begriff der Weltlichkeit des Glaubens ersetzt. 30 Vgl. v. Ups, a.a.O. (s. Anm. 2), 160.

Die Struktur urchristlicher Gemeinden nach dem Zeugnis des Neuen Testaments Wie hat das Leben der ersten christlichen Gemeinden ausgesehen?1 Und wie haben sie ihr Verhältnis zu der sie umgebenden Umwelt gestaltet? Fragen dieser Art stellen wir zunächst aus historischem Interesse, um - soweit dieses irgend möglich ist - zu ermitteln, wie die Kirche des Anfangs ihr Leben geführt und ihren Glauben zur Gestaltung gebracht hat. Wir fragen aber nach den Anfängen der Christenheit vor allem deshalb, weil wir im Bewußtsein der Kontinuität zwischen dem Beginn der Verkündigung des Evangeliums und den der Kirche heute gestellten Aufgaben miteinander darüber nachdenken, wie das Leben der Christen angemessenen Ausdruck finden soll. Die Frage nach der Struktur urchristlicher Gemeinden, wie sie in den Aussagen des N T sich darbietet, ist von hohem Rang für das ökumenische Gespräch in unserer Zeit. Im Miteinander suchen wir zu erheben, in welchem Verhältnis unterschiedlich ausgeprägte Ordnung der Gemeinde sich zu den jeweiligen Aufgaben darstellt, vor denen die Christenheit steht. Wir sind freilich nicht die ersten, die diese Frage erörtern, sondern eine breite Fülle an Literatur beweist, daß seit mehr als zwei Generationen katholische und evangelische Theologen miteinander - teilweise auch im Disput gegeneinander darum bemüht sind, aus den Ergebnissen historischer Betrachtung systematisch-theologische Konsequenzen zu ziehen.2

/. Die Frage nach den Strukturen, die die ersten christlichen Gemeinden ausgebildet haben, richten wir an das Zeugnis, wie es sich aus den Schriften des neutestamentlichen Kanons erheben läßt. Die von uns miteinander bedach1 Die Grundzüge der folgenden Ausführungen wurden vorgetragen und diskutiert beim ökumenischen Gespräch zwischen der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg und dem Bistum Münster in Vechta am 12. Mai 1993. 2 Aus der Vielzahl einschlägiger Literatur seien auf der einen Seite die orientierenden Artikel in den großen Lexika genannt: RGG 3 (AT. Stendaht), LThK 2 (R. Schnackenburg), EKL 3 (J. Roloffj und T R E (7 Roloff, K. Berger); auf der anderen Seite seien besonders angeführt: Η. υ. Campenhausen, Kirchliches Amt und geistliche Vollmacht in den ersten drei Jahrhunderten, Tübingen 1953, 2 1963; E. Schweizer Gemeinde und Gemeindeordnung nach dem Neuen Testament, Zürich 1959, 2 1962, und K. Kertelge (Hrsg.), Das kirchliche Amt im Neuen Testament, Darmstadt 1977. Dort weitere Literaturhinweise.

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te Fragestellung ist insofern von früheren Überlegungen unterschieden, als wir uns nicht mehr apologetisch darum zu bemühen haben, das eigene Kirche-Sein möglichst unmittelbar mit der ersten Christenheit in Zusammenhang zu bringen. Uns ist vielmehr deutlich bewußt, daß ein Abstand von nahezu zwei Jahrtausenden uns von der Zeit des Anfangs trennt. Auch in der besten Kirchenverfassung, um deren Entwurf man sich viele Gedanken macht, wird es nicht gelingen, ungebrochen die Gestalt urchristlicher Gemeindestruktur wieder aufzunehmen. Wir haben mancherlei Erfahrungen zu berücksichtigen, die durch die jeweiligen geschichtlichen Umstände bedingt sind. Gleichwohl fragen wir als katholische und evangelische Theologen nach der Kirche des Anfangs, um ein Bild von Kirche-Sein zu gewinnen, das uns orientierende Kriterien an die Hand geben kann. Untersuchen wir in dieser Weise die Verfassung urchristlicher Gemeinden, so ist für uns heute nicht strittig, daß die christliche Gemeinde eine äußere Gestalt haben muß und eine bestimmte Struktur auszubilden hat, in der sie ihrem Glauben und Bekenntnis Ausdruck zu verleihen sucht. Recht und Verfassung sind also der Kirche durchaus ihrem Wesen nach gemäß. Gehen wir von dieser Voraussetzung aus, so unterscheiden wir uns von liberal-protestantischer Sicht um die Wende des Jh., nach der jede Form äußerer Gemeindestruktur der wahren Kirche zuwiderläuft. Rudolf Sohm formulierte einst, es gehöre zu dem eigentlichen Wesen der Christenheit, keine rechtliche Organisation zu haben. 3 Die ideale Gestalt des Protestantismus stehe im Widerspruch nicht nur zu einer in katholischer Tradition überlieferten kirchlichen Verfassung, sondern auch zu jedem Bemühen, das innerhalb der evangelischen Kirche um Ausbildung eines ihr entsprechenden Kirchenrechtes angestellt wird. 4 Von derartigen Überlegungen sind wir heute zu Ende unseres Jh. weit entfernt. Statt vieler anderer wichtiger Erkenntnisse seien nur beispielhaft die grundlegenden Einsichten genannt, die Ernst Käsemann vor einer Generation in einem lehrreichen Aufsatz über „Sätze heiligen Rechts im Neuen Testament" dargelegt hat. 5 Er hat mit überzeugenden Argumenten darauf hingewiesen, daß von Anfang an in der christlichen Gemeinde ihrer Verkündigung und ihrem Bekenntnis entsprechendes Recht gesetzt wurde und gesetzt werden mußte. Urchristliche Propheten haben kraft göttlicher Vollmacht Rechtssätze formuliert, die für das Verhalten der Glaubenden

3 Vgl. R. Sohm, Begriff und Organisation der Ekklesia, in: K. Kertelge, a.a.O. (Anm. 2) 44—60, bes. 60: „Nein, es gehört zu den Idealen der Christenheit, zu den Forderungen, welche sie an die Ekklesia stellt: keine rechtliche Organisation." 4 Zur kritischen Diskussion in Auseinandersetzung mit R. Sohms Thesen vgl. die bei Kertelge zusammengestellten Beiträge, bes. A. v. Harnack und H. Bruders. 5 E. Käsemann, Sätze heiligen Rechtes im Neuen Testament, in: N T S 1 (1954/55) 248-260 = Exegetische Versuche und Besinnungen II, Göttingen 1964, 69-82.

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bestimmend zu sein hatten: „Wer sich meiner und meiner Worte schämt", so spricht der erhöhte Christus, „dessen wird sich auch der Menschensohn schämen, wenn er kommt in der Herrlichkeit seines Vaters mit den heiligen Engeln" (Mk 8,38 par). Der Geist, der Glauben und Gestaltung des Lebens der ersten Christen bestimmte, schafft die entsprechende Ordnung der Gemeinde. Wer immer sich zu dieser Gemeinde hält, wird in diese Ordnung hineingenommen und zugleich in der Kraft des ihm aufgegebenen Bekenntnisses bestärkt. Die hiermit angedeutete Einsicht, die sich aus historischer Betrachtung ergibt, ist insofern für das ökumenische Gespräch von Bedeutung, als sie darzulegen vermag: Es ist zwischen uns nicht strittig, daß die Gemeinde als das heilige Volk Gottes eine bestimmte, ihrem Leben und Bekennen angemessene Struktur auszubilden hat. Wohl aber ist zu fragen, wie diese Ausbildung vorgenommen wurde. Und es ist zu prüfen, ob sie sich dem Wesen dieser Gemeinde entsprechend vollzogen hat oder nicht.

II. Fragen wir nach den allerersten Anfängen, die für die Ausbildung einer urchristlichen Gemeindestruktur von Bedeutung gewesen sind, so stehen wir vor der Schwierigkeit, über diese früheste Zeit keine unmittelbaren Quellen zur Verfügung zu haben. Die ältesten Dokumente, die sich in der Sammlung neutestamentlicher Schriften finden, sind die authentischen Briefe des Apostels Paulus. Uber die ersten zwanzig Jahre der frühesten Geschichte der Christenheit aber sind keine direkten Zeugnisse erhalten. Es lassen jedoch die paulinischen Briefe mancherlei Rückschlüsse auf diese früheste Zeit zu. Auch können andere Schriften innerhalb des neutestamentlichen Kanons den einen oder anderen Hinweis geben, der auf das Geschehen der Anfangszeit hindeutet - so die synoptischen Evangelien und die Apostelgeschichte. Wenn wir freilich versuchen, auf dem Weg des Rückschlusses ein in Umrissen zu zeichnendes Bild der Anfangszeit zu gewinnen, so läßt sich immer nur ein bestimmter Grad mehr oder minder hoher Sicherheit erreichen. Doch ist es angemessen, bei der Frage nach der Ausbildung einer urchristlichen Gemeindestruktur mit der Betrachtung der Urgemeinde in Jerusalem einzusetzen. Die Jüngerschar, die durch die Erscheinungen des auferstandenen Herrn zur Gemeinde Jesu Christi zusammengeführt wurde, blieb in der heiligen Stadt des alten Gottesvolkes. Sie legt sich den Namen „ekklesia" zu und versteht sich im Rückgriff auf die Schriften des AT als das von Gott gerufene heilige Volk. In der ersten Christenheit sind gleichsam die zwölf Stämme Israels repräsentiert (Jak 1,1; 1 Petr 1,1). Das heilige Priestertum des Gottesvolkes (1 Petr 2,9) ist in der Versammlung der Glaubenden beieinander. In-

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dem die ersten Christen nicht von Jerusalem wichen und in einen anderen Bereich Palästinas übersiedelten, sondern in Jerusalem als der Stadt des Gottesvolkes blieben, brachten sie zum Ausdruck, daß die Christenheit sich nicht als einen abgespaltenen Teil des Judentums oder eine Sondersynagoge begriff, sondern als Repräsentant des ganzen von Gott gerufenen und erwählten heiligen Volkes. Anders als etwa die zeitgenössische jüdische Gruppe von Qumran, die an den Rand des Toten Meeres ausgewichen war, hielten die Jünger und Apostel an dem Bewußtsein fest, daß der Ruf des Evangeliums allem Volk gilt, nicht nur einem ausgegrenzten Teil oder einer Gruppe innerhalb Israels. Die Verheißungen der Schrift, die als prophetisches Zeugnis auf die von Gott bestimmte Zeit des Heils hindeuten, wußte man im Ereignis von Kreuz und Auferstehungjesu Christi erfüllt (1 Kor 15,3-5). Denn „nach den Schriften" war geschehen, was sich am Karfreitag und zu Ostern begeben hat. Dabei ist der Rückgriff auf die Schriften des AT nicht so zu verstehen, als ob nur einzelne Belegstellen innerhalb der prophetischen Bücher und der Psalmen heranzuziehen seien. Vielmehr wird das gesamte Zeugnis der heiligen Schrift als Grundlegung des Evangeliums verstanden, das nur im Zusammenhang mit den alttestamentlichen Verheißungen recht begriffen wird. Dieses Selbstverständnis der ersten Christenheit und die Überlieferung von der auf das Osterzeugnis sich gründenden Predigt des Evangeliums setzt der Apostel Paulus bereits voraus. Der Zwölferkreis, der aller Wahrscheinlichkeit nach bereits durch den historischen Jesus zusammengerufen worden war (Mt 19,28; Lk 22,20), leitete die Urgemeinde in Jerusalem, die ihre Botschaft an ganz Israel auszurichten hat (1 Kor 15,5). Auf die aramäisch sprechende Urgemeinde dürfte auch die Uberlieferung zurückgehen, die sich im Wort Jesu über das besondere Amt des Petrus findet - (Mt 16,13-20). Petrus wirkt als Sprecher des Zwölferkreises, der in Jerusalem versammelt bleibt.6 Wenn Paulus an einer so hervorgehobenen Stelle wie dem Anfang des 15. Kap. im 1. Korintherbrief die auf die Urgemeinde zurückgehende Überlieferung von Petrus als dem ersten Zeugen des Auferstandenen zitiert (15,3-5), so ist damit deudich, daß er seinerseits das herausgehobene Apostelamt des Petrus anerkennt und seine Stellung nicht in Zweifel zieht. Freilich ist Paulus der Überzeugung, daß das ihm unmittelbar vom Kyrios übertragene Apostelamt hinter dem des Petrus nicht zurücksteht: Wie dieser zu den Juden gesandt ist, so Paulus zu den Völkern (Gal 2,7). Indem Paulus das apostolische Selbstverständnis des ihm übertragenen Dienstes an der Gegenüberstel6 Die nach wie vor umstrittene historische Einordnung der Perikope wird auch von einigen katholischen Exegeten so vorgenommen, daß sie nicht der Situation des historischen Jesus, sondern der frühen Christenheit zugewiesen wird. Vgl. insbesondere A. Vögtle, Das Problem der Herkunft von „Mt 16,17-19", in: Offenbarungsgeschehen und Wirkungsgeschichte. Neutestamentliche Beiträge, Freiburg 1985, 109-140.

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lung zu dem Apostelamt des Petrus mißt und erläutert, macht er zugleich deutlich, daß die Leitung der Urgemeinde innerhalb des Zwölferkreises in Händen des Petrus gelegen haben muß. Es wird freilich nach einiger Zeit ein Wechsel in der Leitung der Urgemeinde eingetreten sein, wie ihn schon die paulinischen Briefe voraussetzen. Denn als Paulus nach Jerusalem kommt, um bei einem kurzen Aufenthalt mit den leitenden Autoritäten der Urgemeinde Verbindung aufzunehmen, ist es nicht mehr der Zwölferkreis, sondern eine herausgehobene Gruppe von drei leitenden Persönlichkeiten, denen er begegnet: Kephas, Jakobus und Johannes (Gal 1,18-20; 2,9). Sie haben die Leitung der Urgemeinde in die Hand genommen, während der Zwölferkreis in den Hintergrund getreten ist. Von Kephas wissen wir, daß er nicht ständig in Jerusalem geblieben ist, sondern auch außerhalb Palästinas tätig gewesen ist - in Antiochia, an andern Orten und zuletzt in Rom. Infolgedessen ist die Leitung der Urgemeinde mehr und mehr auf den Herrenbruder Jakobus übergegangen, dem nach den Berichten der Apostelgeschichte ein Kreis von Presbytern zur Seite gestanden hat (Apg 21,18). Insofern läßt sich erschließen, daß die Gemeindestruktur in Jerusalem jüdische Vorbilder aus der damaligen Zeit aufgegriffen hat. Wie Synagogen allerorten von einem Kreis von Ältesten geleitet wurden, unter denen einer den Vorsitz innehatte, so wird auch die judenchristliche Urgemeinde in Jerusalem strukturiert gewesen sein. Sie war auf Grund des ihr gestellten Auftrags, Israel das Evangelium zu verkündigen, in erster Linie auf das Volk des alten Bundes ausgerichtet. Neben dem Zwölferkreis hat es schon in sehr früher Zeit eine Gruppe von Sieben gegeben, die vermutlich eine Gemeinschaft hellenistischer Judenchristen geleitet haben und alsbald aus Jerusalem verdrängt wurden. Von ihnen ist eine stärkere Distanz zum Tempel, aber auch gegenüber dem Gesetz ausgebildet worden (Apg 6,13), die dazu geführt haben muß, daß ihr Kreis aus Jerusalem hat weichen müssen. Damit aber ist zugleich das Tor aufgestoßen worden, um den Weg über den engeren Bereich des palästinischen Judenchristentums hinaus in die Diaspora zu den Völkern vorzubereiten, wie er dann durch den Apostel Paulus entschlossen in die Welt hinausgeführt worden ist. Gleichwohl wissen sich die chrisüichen Gemeinden, wo immer sie aus ehemaligen Anhängern der Synagogen, aber auch früheren Heiden entstanden sind, der Urgemeinde in Jerusalem weiter verbunden. Der Apostel Paulus sammelt unter den von ihm gegründeten Gemeinden eine Kollekte ein, die als Liebesdienst der diakonischen Hilfe für die bedrängte Urgemeinde dienen soll, zugleich aber auch den Respekt bezeugt, den die Christenheit an allen Orten den ersten Zeugen und Boten des Evangeliums in Jerusalem schuldet.7

7 Zum Problem der Kollekte vgl. D. Georgi, Die Geschichte der Kollekte des Paulus für Jerusalem, Hamburg 1965.

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III Im Bereich der paulinischen Mission entstanden in rascher Folge kleine urchristliche Gemeinden, die sich vielfach aus ehemaligen Sympathisanten der Synagogen zusammensetzten, aber nicht mehr allein auf den Kreis ehemaliger Juden oder Judengenossen beschränkt waren. Sie nahmen auch Glieder aus den Völkern auf, die sich zum gekreuzigten und auferstandenen Christus als ihrem Herrn bekannten. Ebenso wie die Urgemeinde in Jerusalem waren auch die paulinischen Gemeinden von der Erwartung erfüllt, daß die Zeit dieser Welt begrenzt sei und nicht mehr allzu lange Frist verstreichen würde, bis der Herr wiederkommen werde. Infolgedessen lag den Gemeinden wenig daran, sich über die Struktur ihres Zusammenlebens viele Gedanken zu machen. Vielmehr begnügte man sich damit, ein Minimum an organisatorischen Regelungen vorzusehen, um für die Ordnung der Gottesdienste und die Wahrnehmung der wichtigsten Aufgaben innerhalb der Gemeinde Sorge zu tragen. Allerdings hat die sog. Naherwartung nicht dazu geführt, daß die paulinischen Gemeinden einem Enthusiasmus verfallen wären, der die irdischen Gegebenheiten einfach mißachtet hätte. Vielmehr werden die Gemeindeglieder durch den Apostel stets dazu angehalten, sich von schwärmerischer Begeisterung fernzuhalten, sondern in nüchterner Einschätzung der im Alltag gestellten Aufgaben würdig des Evangeliums zu wandeln. In den paulinischen Gemeinden ist durch das gegenwärtig erfahrene Wirken des Geistes eine Fülle von Gaben zur Entfaltung gekommen, die für die Wahrnehmung der verschiedenen Dienste innerhalb der Gemeinde von Bedeutung waren (1 Kor 12; Rom 12). Diese Gaben reichen von der Prophetie über die Lehre bis zu der Fähigkeit, Heilungen zu bewirken und Dienste der Liebestätigkeit wahrzunehmen. Dabei sind die Aufzählungen, wie der Apostel sie in seinen Briefen vornimmt, keineswegs als vollständige Kataloge zu verstehen. Vielmehr will Paulus deutlich machen, daß es einer Vielfalt von Geistesgaben bedarf, damit der Leib Christi in der Fülle seiner Glieder voll zur Entfaltung gelangt. Innerhalb des Zusammenlebens der Gemeinde soll nicht ein beliebiges Durcheinander herrschen; sondern alle Fähigkeiten, die vom Geist gewirkt sind, haben zur Auferbauung der Gemeinde beizutragen, die als das entscheidende Kriterium zur Beurteilung der unterschiedlichen Fähigkeiten und Gaben genannt wird (1 Kor 14,26). Hinsichtlich der Ausbildung erster Ansätze einer Gemeindestruktur finden wir in den paulinischen Briefen einige knappe Hinweise. In den Gemeinden haben Vorsteher gewirkt (1 Thess5,12). Gott h a t - w i e 1 Kor 12,28 gesagt wird - Apostel, Propheten und Lehrer eingesetzt. Sie haben im gegenseitigen Zusammenwirken für die Ausrichtung der Wortverkündigung einzustehen, der die Priorität unter allen Diensten zukommt, die in der Gemeinde wahrgenommen werden. Jede der vielen Funktionen, die innerhalb der Ge-

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meinde zur Entfaltung gelangen, ist wichtig. Wie am Leib jedes der Organe und Glieder unentbehrlich ist, damit der Leib sich wohlbefindet, so ist auch in der christlichen Gemeinde die Vielfalt der Glieder erforderlich, um die Einheit des einen Leibes aufzuerbauen. Zu dieser Vielfalt gehört es, daß in einer Gemeinde „Aufseher und Diener" genannt werden können (Phil. 1,1) - Bischöfe und Diakone. Beide Begriffe sind aus der hellenistischen Umwelt genommen und haben in dieser noch keine spezifische Prägung erfahren. Der Aufseher hat darauf zu achten, daß handwerkliche Arbeit am Bau sorgfältig und gewissenhaft ausgeübt wird. Und der Diener trägt Speise und Trank auf, damit Gäste sich wohl fühlen. In der Gemeinde von Philippi haben vermutlich die Aufseher die Verantwortung für die noch höchst bescheidenen Finanzen wahrgenommen, die Diener aber bei der Mahlgemeinschaft der Gemeinde fungiert. Beide Begriffe, die die Ausübung bestimmter Funktionen beschreiben, wurden allmählich mit spezifisch christlichem Inhalt gefüllt und in einer entsprechenden Prägung verstanden. Ihrem Ursprung nach aber kennzeichneten sie die Wahrnehmung bestimmter Funktionen innerhalb einer jungen Gemeinde im paulinischen Missionsgebiet. Betrachtet man die Hinweise, die sich aus den paulinischen Briefen sowohl auf die Struktur der Urgemeinde in Jerusalem wie auch die Anfänge einer sich ausbildenden Gemeindeordnung im paulinischen Missionsgebiet gewinnen lassen, so fällt auf, daß niemals von Priestern die Rede ist, die in den urchristlichen Gemeinden etwa hätten wirken können. Zwar kann der Apostel gelegentlich seinen besonderen Dienst, den er den Gemeinden zu erweisen hat, auch mit Ausdrücken charakterisieren, die aus priesterlichen Traditionen genommen sind (Rom 15,16). Aber nirgendwo wird ein priesterliches Amt in den frühchristlichen Gemeinden erwähnt. Diese Beobachtung ist insofern von Bedeutung, als an dieser Stelle sich ein fundamentaler Unterschied im Vergleich zu der gesetzesstrengen jüdischen Gemeinde von Qumran zeigt. Denn in Qumran ist für die Struktur der Gemeinde die herausgehobene Stellung der Priester von grundlegender Bedeutung, sind sie doch gleichsam Garanten und Repräsentanten der Reinheit, die die erwählte Gemeinde des Bundes auszeichnen soll. Die urchristliche Gemeinde hingegen ist in ihrem Selbstverständnis nach nicht auf bestimmte kultische Traditionen oder Anforderungen an einen aufzuweisenden Grad von Reinheit, sondern auf die sammelnde Mitte des Evangeliums in ihrem Leben und Handeln bezogen. Das Zusammenleben der Gemeinden muß so geordnet sein, daß die lebendige Stimme des Evangeliums zu Gehör kommt, durch das Christus selbst das Wort nimmt als der Herr seines Volkes. Das heißt: Die Ekklesiologie ist ganz von der Christologie her bestimmt. In dem Ausdruck des Leibes Christi, wie er verschiedentlich von Apostel Paulus verwendet wird, wird diese christologische Bestimmung des Kirche-Seins am deudichsten erkennbar. Die Vielfalt der Glieder ist auf die Einheit des Leibes Christi ausgerichtet,

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der durch die Wahrnehmung der verschiedenen, vom Geist gewirkten Funktionen zur Entfaltung kommt. Das Motiv des Leibes Christi ist dann in den Deuteropaulinen weiter entfaltet worden, indem sowohl im Kolosser- wie auch im Epheserbrief der Leib dem Haupt gegenübergestellt ist. Allein in seiner Bezogenheit auf das Haupt kann der Leib lebendige Gestalt empfangen. Wie der weltweite Kosmos unter einem lenkenden Haupt stehen muß, um seine ihm vorgegebene Ordnung wahren zu können, so ist die Kirche als der Leib Christi ganz von dem Haupt bestimmt, das über den die Welt umspannenden Leib Christi gesetzt ist.

IV.

Neben der Urgemeinde in Jerusalem auf der einen und den paulinischen Gemeinden auf der anderen Seite finden wir in den urchristlichen Schriften unterschiedlich bestimmte Modelle von Gemeindestrukturen, die mit wenigen Strichen gekennzeichnet seien. Die synoptischen Evangelien setzen voraus, daß es die Gruppe der Zwölf als den engeren Kreis der Jünger Jesu gibt. Ihnen ist der apostolische Auftrag anvertraut, den sie im Gehorsam gegen den auferstandenen Herrn auszuführen haben. Im übrigen aber sind in den Evangelien kaum Hinweise auf bestimmte Amter zu finden — abgesehen etwa von einem Hinweis, den das Matthäusevangelium darauf gibt, daß in den judenchristlichen Gemeinden christliche Schriftgelehrte gewirkt haben, die rechte Lehre zur Entfaltung zu bringen hatten (Mt 13,52). Das vierte Evangelium erwähnt keine bestimmten Ämter. Nur die johanneischen Briefe lassen erkennen, daß die Leitung der Gemeinde in Händen von Presbytern gelegen haben wird. Wenn auch in den johanneischen Schriften keine Beschreibung einer Gemeindestruktur zu finden ist, so ist doch deutlich vorausgesetzt, daß die Gemeinschaft der Jünger bestimmt ist von der Zugehörigkeit zu ihrem Herrn. Wie die Reben am Weinstock nur bleiben und gedeihen können, wenn sie an ihrer Zugehörigkeit zum Weinstock festhalten, so können auch die Jünger Jesu nur bestehen, wenn sie in den Worten ihres Herrn bleiben. In der übrigen Briefliteratur des N T sind einige knappe Erwähnungen zu finden, die die Ausbildung erster Strukturen in den Gemeinden betreffen. Der Hebräerbrief redet von Vorstehern und Lehrern, die beispielhaft vorangehen und den Dienst der Unterweisung wahrnehmen (Hebr 13,7.17.24). DerJakobusbrief setzt judenchristliche Formen des Zusammenlebens voraus und kann den Ort, an dem die Gemeindeversammlung zusammentritt, als Synagoge bezeichnen (Jak 2,2). Presbyter sind in der Gemeinde tätig (Jak 5,14). Auch der 1. Petrusbrief spricht von Ältesten, denen sich Petrus als Mitpresbyter in besonderer Weise verbunden weiß. Man kann - bei aller gebotenen Vorsicht - daher mit Wolfgang Trilling sagen, daß in den Anfän-

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gen einer frühchristlichen Gemeindeverfassung das Presbyteramt sich deutlicher herauszuheben beginnt.8 So erwähnt die Apostelgeschichte, daß Paulus und Barnabas allerorten Presbyter eingesetzt haben, die für die Leitung der Gemeinde verantwortlich sein sollten (Apg 14,23). Gleichwohl bleibt das Bild vielschichtig und offen für unterschiedliche Ausprägungen, die in der Folgezeit Gestalt annehmen können. Ende des ersten Jh. setzt die Offenbarung des Johannes eine Gemeindestruktur voraus, die von prophetischer Leitung bestimmt ist.9

V

Für die Fortentwicklung einer urchristlichen Gemeindestruktur stellen die Pastoralbriefe die wohl wichtigsten Dokumente dar. In der gegenwärtigen Forschung ist kaum noch strittig, daß sie in nachpaulinischer Zeit entstanden sind, aber eine bemerkenswerte Fortentwicklung paulinischer Tradition entfalten. In Abwehr gnostischer Überfremdung und Gefährdung braucht die Kirche eine verläßliche Ordnung, damit sie das ihr anvertraute Gut unverfälscht bewahren und weitergeben kann. Die Schüler des Apostels sind mit der Leitung und Aufsicht über die Gemeinden betraut. Gleichwohl wird nicht von einer unmittelbaren apostolischen Nachfolge gesprochen. Das Interesse ist ganz darauf gerichtet, die überlieferte Gabe zu schützen und glaubwürdig den Gemeinden weiterzureichen. Obwohl die Pastoralbriefe vom „episkopos" im Singular reden, ist nicht sicher, ob damit vorausgesetzt ist, daß jeweils ein einzelner „Bischof an der Spitze der Gemeinden steht. Es bleibt offen, ob der episkopos nicht innerhalb des Kreises der Presbyter zu suchen und als „primus inter pares" zu charakterisieren ist. Ohne Zweifel wird ihm eine herausgehobene Stellung zugekommen sein, die dann in der Folgezeit stärker ausgebildet worden ist. Eindeutig zu erkennen ist jedoch, daß die Charismen, von denen die paulinischen Briefe reden, in eine ausgebildete Ämterstruktur eingebunden werden. Der Amtsträger empfängt zur Ausrichtung des ihm anvertrauten Dienstes die Geistesgabe, die ihn befähigt, die ihm gestellten Aufgaben wahrnehmen zu können. Durch Handauflegung, d.h. Ordination, ist der Amtsträger vor der Gemeinde autorisiert zur Erfüllung des ihm aufgetragenen Dienstes, so

8 Vgl. W. Trilling, Zum „Amt" im Neuen Testament. Eine methologische Besinnung, in: Die Mitte des Neuen Testaments. FS E. Schweizer, Göttingen 1983, 317-344, dessen Urteil dahin geht, „daß es innerhalb der neutestamentlichen Schriften und der von ihnen gedeckten Zeitspanne ein geschichtliches Gefalle' zu dem Dienst des Presbyterates (bzw. Episkopates) hin gibt" (322). 9 Vgl. A. Satake, Die Gemeindeordnung in der Johannesapokalypse, Neukirchen 1966.

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daß die Gemeinden mit entsprechender Achtung ihm gegenüberzutreten zu haben.10 Die Kirche wird in den Pastoralbriefen als eine institutionelle Größe beschrieben, die als Gottes Haus zugleich Fundament der Wahrheit ist und jeder Bedrohung durch Verfälschung der rechten Lehre standzuhalten hat. Der Amtsträger lebt in und mit der Gemeinde kraft der ihm übertragenen besonderen Verantwortung und der ihm zugesagten, vom Geist gewirkten Vollmacht." Die Ämter von Bischof, Ältesten und Diakonen sind genannt, jedoch noch nicht in eine eindeutig ausgeprägte hierarchische Stufung gebracht. Gleichwohl sind Ansätze, wie sie in der Folgezeit sich ausprägen, unzweideutig in den Pastoralbriefen zu erkennen. Mag man die sich damit andeutende Entwicklung als Vorstufe eines sog. Frühkatholizismus beschreiben,12 so wird sorgfältige Exegese sich vor vorschnellen Urteilen kritischer Wertung zu hüten haben. Denn unzweifelhaft ist zu erkennen, daß angesichts mancherlei von innen wie von außen wirksamer Bedrohungen und Gefährdungen die Gemeinden im ehemaligen paulinischen Missionsgebiet vor der unabweisbaren Aufgabe standen, der Gemeindestruktur deutlichere Konturen zu verleihen. Die an die Pastoralbriefe anschließende Entwicklung ist dann so verlaufen, daß aus den verschiedenen Modellen und Möglichkeiten, die die Zeit des Anfangs zur Ausbildung von Gemeindestrukturen bereithielt, die Herausbildung der Ämter von Bischof, Ältesten und Diakonen in den Vordergrund tritt. Dem Ortsbischof kommt die Leitung der Gemeinde zu, er ist von Ältesten umgeben und wird durch den Dienst der Diakone unterstützt. Die Gestaltung der Gottesdienste und die Wahrnehmung der verschiedenen Funktionen sind allmählich genauer ausgebildet worden - wenngleich festzustellen ist, daß nirgendwo in den neutestamentlichen Schriften Hinweise darauf zu finden sind, wie etwa die Leitung der Eucharistiefeier ausgesehen haben mag. Erst in dem Schrifttum, das auf die Zeit der urchristlichen Dokumente folgt, finden sich hierzu bestimmtere Aussagen, die den Zusammenhang von Gemeindestruktur und Wahrnehmung der gottesdienstlichen Funktionen deutlich machen.

10 Zum Verständnis der Ordination in den Pastoralbriefen vgl. bes. H. v. Lips, Glaube - Gemeinde - Amt, Göttingen 1979. 11 Vgl. α Ups, ebd. 265. 12 Das Problem eines sog. Frühkatholizismus wurde insbesondere von E. Käsemann scharf herausgestellt. Vgl. E. Käsemann, Paulus und der Frühkatholizismus, a.a.O. (Anm. 5) 239252.

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VI.

Bieten die Schriften des N T - auch in ihren jüngsten Dokumenten - ein relativ offenes Bild, so gewinnt im Verlauf des zweiten christlichen Jh. die Struktur der Gemeinde nun klar ausgebildete Züge. Als leitender Gesichtspunkt, wie er das paulinische Verständnis bestimmte, gilt weiterhin das Kriterium der Auferbauung der Gemeinde, der alle Funktionen und Ämter zu dienen haben. Das aus jüdischer und judenchristlicher Tradition herkommende Amt des Altesten wird zusammengebunden mit den aus hellenistischer Umwelt aufgenommenen Funktionen der Episkopen und Diakone. Die Zusammenfügung erfolgt in der Weise, daß die Ämter von Bischof, Ältesten und Diakonen in eine Rangfolge gegenseitiger Zuordnung gebracht werden, in der sie miteinander der Kirche als dem Hort und Bau der Wahrheit zu dienen haben, um das apostolische Vermächtnis zu wahren und weiterzugeben. Die Gemeindestruktur, wie sie in ersten Umrissen in den Pastoralbriefen zu erkennen ist, setzt sich in der Folgezeit durch. Zu Ende des ersten Jh. kennt der 1. Glemensbrief bereits ein Geschichtsbild, nach dem die Apostel Jesu Christi die frohe Botschaft, die sie vom Kyrios empfangen haben, überall verkündet und Bischöfe und Diakone eingesetzt haben (1 Clem 42-44). Indem sie ihren Dienst versehen, tragen sie zum Aufbau der Kirche η aller Welt bei. Zu Anfang des zweiten Jh. verfaßt der Bischof Ignatius von Antiochia mehrere Briefe, in denen eine gegenseitige Zuordnung der Ämter in der Gemeinde vorgenommen ist. Es hat den Anschein, daß deren Kennzeichnung eher ein in die Zukunft weisendes Programm darstellt, als daß es eine Widerspiegelung faktisch vorhandener Verhältnisse wäre. Alle Glieder der Gemeinde werden aufgefordert, „dem Bischof zu folgen wie Jesus Christus dem Vater und dem Presbyterium wie den Aposteln. Die Diakone ehrt wie Gottes Anordnung. Ohne den Bischof tue niemand etwas in den Dingen, die die Kirche betreffen" (Smyrn. 8,1). Der Bischof steht vor der Gemeinde anstelle des Herrn. Ein rechter Christ hat ihm daher Untertan zu sein, kommt ihm doch der erste Platz in der Gemeinde anstelle Gottes zu. Bischof und Kirche sind so eng aufeinander bezogen, daß es zum Kennzeichen der Kirche gehört, um den Bischof versammelt zu sein, der seinerseits vom Kreis der Presbyter und Diakone umgeben ist. Insofern ist Ignatius von Antiochia nach einer Formulierung von Hans Lietzmann geradezu ein Klassiker der katholischen Lehre vom bischöflichen Amt zu nennen. 13

13 H. Lietzmann, Geschichte der alten Kirche I, Berlin 4 1961, 264, nennt Ignatius von Antiochia geradezu einen „Klassiker der katholischen Lehre vom Bischof'.

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Die von Ignatius entworfene Gemeindesturktur hat sich im Lauf des zweiten Jh. nicht nur in der östlichen Hälfte des Mittelmeerraumes, sondern auch im Westen mehr und mehr durchgesetzt. Der Bischof, durch die Kette der ihm vorangegangenen Amtsträger mit dem apostolischen Ursprung unmittelbar verbunden, repräsentiert die Gegenwart der göttlichen Offenbarung in Christus und trägt für die Wahrung der Einheit der Kirche Sorge. Ihm obliegt es, falsche Lehre zurückzuweisen und die Herde Christi gegen von außen bedrängende Gefährdung wie auch von innen kommende Verunsicherung zu schützen. Eindrucksvolle bischöfliche Gestalten, wie sie in der Zeit der alten Kirche hervorgetreten sind - Cyprian, Athansius, Augustin u.a. - verdeuüichen, in welcher Weise das bereits bei Ignatius beschriebene Bischofsamt konkrete Gestaltung erfahren hat.14 Deutlich sind in dieser Gemeindestruktur Voraussetzungen zu erkennen, wie sie innerhalb des neutestamendichen Schriftenkreises in ersten Ansätzen in den Pastoralbriefen ausgebildet worden sind. Allerdings will dabei beachtet sein, daß das Modell, wie die Pastoralbriefe es darstellen, noch nicht auf eine einzig mögliche Form der Gemeindestruktur fixiert ist. Auf Grund geschichtlicher Herausforderungen und Erfordernisse gab man im Lauf des zweiten Jh. der Gemeindestruktur eine Gestalt, die dann für den Fortgang der christlichen Geschichte weithin maßgebend werden und bleiben sollte. Bei der Betrachtung dieser Entwicklung stellt sich freilich das Problem, ob ihr Verlauf die einzige Möglichkeit verwirklicht hat, die man sich in der Zeit der frühkatholischen Kirche hätte denken können. Auch katholische Gelehrte sind vorsichtig und zurückhaltend bei dem Versuch, eine Antwort auf diese Frage zu formulieren. Denn mit Recht läßt sich sagen, es wäre von den neutestamendichen Schriften her durchaus denkbar gewesen, daß auch andere Entwicklungen zum Zuge hätten kommen können, als sie in der Geschichte sich durchgesetzt haben.15 Überlegt man, welcher Art solche Möglichkeiten hätten gewesen sein können, so wäre sowohl auf eine kollegiale Leitungsstruktur, die vom Presbyterium wahrgenommen wird, zu verweisen wie auch auf Propheten als verantwortiiche Amtsträger - ein Modell, das in der alten Kirche an einigen Stellen noch fortgewirkt hat, dann aber nach Uberwindung des Montanismus für die weitere Entwicklung ausgeschieden ist. Im Unterschied zu der Bestimmtheit, mit der bereits um die Wende vom ersten zum zweiten Jh. eine apostolische Sukzession vorausgesetzt wird, las-

14 Vgl. weiter E. Lohse, Die Entstehung des Bischofsamtes in der frühen Christenheit, in: Z N W 71 (1980) 58-73 = Die Vielfalt des Neuen Testaments, Göttingen 1982, 171-186. 15 Vgl. H. Schürmann, Auf der Suche nach dem Evangelisch-Katholischen, in: FS F. Mußner, Freiburg 1981, 340-375, bes. 367, mit der Feststellung, daß von den neutestamendichen Schriften her „auch andere Entwicklungen denkbar gewesen wären" als die zum episkopalen Lehramt führenden. Vgl. A. Vögtle, a.a.O. (Anm. 6) 275.

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sen die Schriften des N T nirgendwo erkennen, daß die Apostel eine unmittelbare Weitergabe ihres besonderen Amtes an ihre Nachfolger vollzogen hätten. So verständlich es ist, daß auf Grund geschichtlicher Herausforderung der Gedanke einer bis auf die Apostel zurückreichenden Amtsfolge ausgeprägt wurde, so deutlich muß doch festgestellt werden, daß erst die Gemeinden der nachapostolischen Zeit den Normbegriff des Apostolischen geschaffen und von diesem her dann auch die autoritativ weitergegebene Tradition charakterisiert haben.16 Im Epheserbrief des NT ist sowohl von Aposteln und Propheten wie auch Evangelisten, Hirten und Lehrern die Rede, die kraft apostolischer Ordnung in den Gemeinden wirken. Gleichwohl aber wird man sagen müssen, daß auch die im Epheserbrief vorausgesetzte Gemeindestruktur keineswegs so ausgebildet ist, daß sich von ihr ein unanfechtbarer geschichtlicher Beweis dafür herleiten ließe, daß in geradliniger Abfolge von den Aposteln durch Handauflegung das Amt kirchlicher Leitung und verantwortlicher Lehre von einem Träger auf den nächsten weitergereicht worden wäre.17 Das Ergebnis unserer Betrachtung lautet daher, daß die Anfänge urchristlicher Gemeindestruktur, wie sie sich in den Schriften des NT abzeichnen, eine Vielfalt von Ansätzen und Möglichkeiten erkennen lassen. Bestimmend für sie alle miteinander ist das Grundmotiv, daß die Kirche vom Christusbekenntnis her ihr Dasein und ihre Bestimmung begreift. Die Ordnung der Gemeinde hat daher ganz darauf ausgerichtet zu sein, daß der lebendigen Stimme des Kyrios Raum gewährt wird. Die Gemeindestruktur hat mithin dienende, nicht das Kirchenverständnis schlechthin bestimmende Funktion. Das NT enthält für die Gestaltung kirchenrechtlicher Ordnung, wie sie die Kirche der Gegenwart vorzunehmen hat, keine endgültige Handlungsanweisung, wohl aber bietet es eine Reihe wichtiger Gesichtspunkte, die zur systematisch-theologischen Urteilsbildung berücksichtigt werden wollen. Daher ist abschließend zu fragen, welche Folgerungen und Gesichtspunkte aus der exegetischen Untesuchung der neutestamentlichen Schriften für die gegenwärtige Urteilsbildung zu ziehen sind.

16 Zum Problem vgl. weiter A. Vögtle, Exegetische Reflexionen zur Apostolizität des Amtes und zur Amtssukzession, a.a.O. (Anm. 6) 221-279. 17 Vgl. H. Schürmann, a.a.O. (Anm. 15) 356 und Anm. 63: es lasse sich „trotz aller Hinweise kein unanfechtbar geschichtlicher Beweis erbringen, daß der Monepiskopat der Alten Kirche von Anfang an in geradliniger Sukzession durch Handauflegung bis auf die Urapostel oder Paulus zurückgeführt werden kann". Siehe auch A. Vögtle, a.a.O. (Anm. 6) 226f.

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VII. Die historische Entwicklung hat - wie in einigen Grundzügen dargestellt dazu geführt, daß sich das dreigliedrige Amt in der Kirche durchgesetzt hat. Insofern hat sich dann in der alten Kirche im Osten wie im Westen eine nahezu einheitliche Gemeindestruktur ausgebildet, nach der überall Bischöfe als Leiter der Ortskirchen in Erscheinung treten. Sucht man zu bedenken, nach welchem Muster gegenwärtige Ordnung der Kirche zu gestalten sei, so kann sich die Überlegung nahelegen, aus historischer Analyse die Konsequenz abzuleiten, das einst ausgebildete Modell einer Gemeindestruktur habe nun auch für die Folge der Zeiten, die Gegenwart wie auch die Zukunft, bestimmend zu bleiben. In den ökumenischen Gesprächen, die Jahre hindurch in der Kommission für „Glauben und Kirchenverfassung" geführt worden sind, sind die Beratungen über eine angemessene Struktur rechten Kirche-Seins am Ende in die Richtung gelaufen, daß man sich nach der normativen Kraft des Faktischen gerichtet hat. In dem wichtigen Dokument, das nach dem Ort seiner endgültigen Verabschiedung als Lima-Papier bezeichnet wird, wird zum kirchlichen Amt ausgeführt, die Berufung des ganzen Volkes Gottes habe die Vielfalt der Geistesgaben zur Entfaltung zu bringen.18 Darin heißt es: „Das Neue Testament beschreibt nicht eine einheitliche Amtsstruktur, die als Modell oder bleibende Norm für jedes zukünftige Amt in der Kirche dienen könnte. Im Neuen Testament findet sich vielmehr eine Vielfalt von Formen, die an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten bestanden haben ... Im zweiten und dritten Jahrhundert bildete sich das dreifache Amt von Bischof, Presbyter und Diakon als Struktur für das ordinierte Amt in der Kirche heraus" (19). Ist insoweit der historische Befund zutreffend beschrieben, so werden aus diesem nun entsprechende Folgerungen abgeleitet: „Obwohl es keine einheitliche neutestamentliche Struktur gibt, obwohl der Geist die Kirche oftmals dazu gebracht hat, ihre Ämter den kontextuellen Bedürfnissen anzugleichen und obwohl andere Formen des ordinierten Amtes mit den Gaben des Heiligen Geistes gesegnet worden sind, könnte dennoch das dreifache Amt des Bischofs, Presbyters und Diakons heute als ein Ausdruck der Einheit, die wir suchen, und auch als ein Mittel, diese zu erreichen, dienen" (22). Die Beschreibung dieses Modells, wie sie in dem Lima-Dokument vorgenommen wird, geht somit pragmatisch vor, ohne eine weitere systematischtheologische Begründung zu geben. Was in der Geschichte geworden ist, soll auch als richtungsweisendes Modell für die Zukunft begriffen und fortge18 Zitiert nach der Ausgabe: Taufe, Eucharistie und Amt. Konvergenzerklärungen der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung des Ökumenischen Rates der Kirchen, Frankfurt a.M./Paderborn 1982.

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führt werden. Wird man zugestehen mögen, daß die geschichtliche Entwicklung durch eine ihr eigene Würde und Wirksamkeit ausgezeichnet ist, so wird man sich doch mit der hiermit dargebotenen Kennzeichnung noch nicht zufrieden geben können. Denn tatsächlich ist auch in der Geschichte der Kirchen, die bischöfliche Leitung die Jahrhunderte hindurch behalten haben, die Struktur nicht unerheblich verändert worden. Der Bischof ist vom örtlichen Gemeindevorsteher zum Leiter eines größeren Verbandes geworden. Der Leiter der örtlichen Gemeinde aber wurde Presbyter, d.h. Priester, genannt. Und das Amt des Diakons ist vielfach so stark in den Hintergrund getreten, daß es mehr oder weniger verkümmert ist. Geblieben ist weithin die bischöflich verfaßte Leitung, von der alle übrigen Dienste und Funktionen in den Gemeinden abgeleitet werden. Insofern gibt das Lima-Dokument auch den bischöflich verfaßten Kirchen zu bedenken, die altkirchliche Überlieferung vom dreifach gegliederten Amt zum Anlaß zu nehmen, ihre gegenwärtige Struktur zu überprüfen. Die evangelischen Kirchen sind von der Reformation an der Auffassung gewesen, daß es nicht ein einzig mögliches Modell kirchlicher Strukturen gibt. Wie das N T unterschiedliche Möglichkeiten, Kirchenordnung zu gestalten, enthält, so konnte auch im Laufe der Geschichte die Verfassung der Kirche auf verschiedene Weise gestaltet werden. Maßgebendes Kriterium, nach dem jede Ausprägung von Gemeindestrukturen zu beurteilen ist, bleibt die Frage, ob die rechte Predigt des Evangeliums und die stiftungsgemäße Verwaltung der Sakramente vorgenommen werden und zur Entfaltung gelangen. Der berühmte 7. Artikel der Augsburgischen Konfession weist darauf hin, daß diese Kriterien die Mitte allen kirchlichen Lebens bezeichnen, auf die sowohl die Struktur der Gemeinde wie auch die unterschiedlichen Ausprägungen kirchlichen Lebens hingeordnet sind. Rechtes Kirche-Sein ist demnach nicht an den äußeren Kennzeichen einer einzig möglichen Gemeindestruktur abzulesen, sondern daran zu erkennen, ob die Verkündigung des Evangeliums und die Darreichung der Sakramente Mitte und Inhalt des Lebens der Gemeinde dauerhaft bilden. Unter Berücksichtigung des unterschiedlichen Befundes, wie er sich aus den einzelnen Schriften des N T erheben läßt, und im Hinblick auf die reformatorische Bestimmung, wo und wie die wahren Kennzeichen der Kirche wahrzunehmen sind, hat der evangelische Theologe im ökumenischen Dialog die Frage zu stellen, ob die Bemühung um deren Einheit nicht statt vom Ziel einer einheitlichen Struktur vom Fundamentalkonsens über die Predigt des Evangeliums und die Darreichung der Sakramente bestimmt sein sollte. Würde man diesen Weg gehen und weiter verfolgen, so wäre denkbar, der Einheit näherzukommen, ohne die Forderung zu stellen, es müßte auch eine Vereinheitlichung der kirchlichen Strukturen erreicht werden. Vielmehr wäre darüber nachzudenken, ob nicht die sich im N T abzeichnende Vielgestaltigkeit urchristlicher Gemeindestrukturen es erlauben kann, auch bei un-

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terschiedlich ausgebildeter Verfassung der Kirchen einander als Brüder und Schwestern in Christus zu erkennen und anzuerkennen, die sich darin eins wissen, auf das Wort des Evangeliums und die Gabe der Sakramente ihr Vertrauen im Leben und im Sterben zu setzen.

Wie christlich ist die Offenbarung des Johannes?* Das letzte Buch der Bibel hat sowohl der Verkündigung der Kirche wie auch der neutestamentlichen Wissenschaft eine Vielzahl von Problemen und schwer zu lösenden Rätseln aufgegeben, die bis heute recht unterschiedlich bewertet werden. Schon in der Zeit der alten Kirche war man kontroverser Auffassung in der Frage, welche Persönlichkeit als Verfasser des Buches in Anspruch genommen werden könnte. Bischof Dinoys von Alexandrien hat um die Mitte des dritten Jahrhunderts eine ausführliche Stellungnahme abgegeben, die uns durch Euseb überkommen ist.1 Darin wird auf die erheblichen Differenzen aufmerksam gemacht, die zwischen dem vierten Evangelium und der Apokalypse bestehen. In keiner der beiden Schriften werde auf die andere in erkennbarer Weise Bezug genommen. Vielmehr seien sowohl die verwendete Begrifflichkeit wie auch der sprachliche Ausdruck von ganz verschiedener Art. Während dem Evangelisten das gute Zeugnis ausgestellt wird, er habe ein fehlerloses Griechisch geschrieben, in höchster Gewandtheit des Ausdrucks, der Gedankenentwicklung und der Salzverbindung, widerfährt dem Verfasser der Apokalypse eine weit weniger günstige Beurteilung: seine Rede und Sprache seien nicht rein griechisch, er gebrauche gelegentlich barbarische Wendungen und mache sich bisweilen auch grober Sprachfehler schuldig. Dionys spricht diese Einschätzung nicht leichten Herzens aus. Denn er fügt die Versicherung hinzu, niemand möge glauben, er habe seine Meinung in spöttischer Absicht formuliert. Vielmehr habe er nur die Ungleichheit dieser Schriften dartun wollen. In der neueren Diskussion sind zwar immer wieder Versuche unternommen worden, ein größeres Maß an Beziehungen oder gar Ubereinstimmungen zwischen dem vierten Evangelium und der Apokalypse aufzuweisen. Doch ist kritische Forschung gut beraten, wenn sie die Argumente des Dionys auch heute mit der gebotenen Sorgfalt zur Kenntnis nimmt und bedenkt. Da die Frage nach dem Verfasser der Apokalypse längere Zeit strittig war, konnte auch das Problem ihrer kanonischen Anerkennung erst spät entschieden werden. Um die Mitte des vierten Jahrhunderts n. Chr. gelangten die Überlegungen über die Abgrenzung kanonischer Schriften endlich zum Abschluß, wobei der Osten nunmehr das im Westen ausgebildete Urteil über* Presidential Address, delivered at the 42nd General Meeting of SNTS, held in Göttingen, August 1987. 1 Euseb, H.E. VII,25.

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nahm und fortan auch die Apokalypse zu den anerkannten Schriften des Neuen Testaments zählte. Wenngleich die Frage der kanonischen Einordnung schließlich entschieden werden konnte, so wurde doch im Lauf der Kirchengeschichte die Auslegung des letzten Buches der Bibel immer wieder Gegenstand strittiger Auseinandersetzung. Berühmt ist Martin Luthers kritisches Urteil, das er in der Vorrede zu seiner Übersetzung des Neuen Testaments im September 1522 abgab: er könne dieses Buch weder für apostolisch noch für prophetisch halten. Die Apostel gingen nicht mit Gesichten um, sondern weissagten mit klaren und dürren Worten, wie Petrus, Paulus und Christus im Evangelium auch tun. Auch sei im Alten und Neuen Testament kein Prophet, der so ganz durch und durch mit Gesichten und Bildern handelt, „daß ich's fast gleich bei mir achte dem vierten Buch Esra und allerdings nicht spüren kann, daß es vom Heiligen Geist gestellt sei". Luther tadelt an der Offenbarung des Johannes, daß sie „so hart befiehlt und droht". Kurzum, es möge jedermann davon halten, was ihm sein Geist gibt. „Mein Geist" - so faßt Luther seine Stellungnahme zusammen - „kann sich in das Buch nicht schicken. Und das ist mir Ursache genug, daß ich seiner nicht hoch achte, daß Christus darin weder gelehrt noch erkannt wird ... darum bleibe ich bei den Büchern, die mir Christus hell und rein dargeben." 2 Luthers Anfragen wirken bis heute in der neutestamentlichen Wissenschaft nach. Und nicht wenige Exegeten tun es Calvin gleich, der alle neutestamentlichen Bücher außer der Apokalypse kommentierte, indem sie das letzte Buch der Bibel beiseite lassen und es nicht in ihre exegetische und theologische Arbeit einbeziehen. Andere widmen ihm in den Darstellungen des Urchristentums und der neutestamentlichen Theologie nur knappe Randbemerkungen oder stufen das Christentum der Apokalypse wie Rudolf Bultmann „als ein schwach christianisiertes Judentum" ein. Denn die Offenbarung des Johannes unterscheide sich von vergleichbaren jüdischen Apokalypsen lediglich dadurch, daß die Bedeutung Christi der leidenschaftlichen Hoffnung einen höheren Grad an Sicherheit geben solle.3 Die eschatologische Botschaft der Johannesoffenbarung scheint so eng mit der Enderwartung jüdischer Apokalyptik verknüpft zu sein, daß sie eher in deren Zusammenhang als innerhalb der Darstellung einer neutestamentlichen Theologie zu würdigen sei. Die Frage, wie christlich denn nun die Offenbarung des Johannes genannt werden darf, verdient mithin angesichts der vielstimmigen kritischen Beurteilung eine erneute Prüfung. Dem Eindruck, daß die Offenbarung des Johannes engste Verbindungen zur jüdischen Apokalyptik aufweist, kann sich niemand entziehen, der sich 2 M. Luther, Vorrede auf die Offenbarung des Johannes, in: Das Neue Testament Deutsch (Wittenberg 1522). 3 R. Bultmann, Theologie des neues Testaments (Tübingen: Mohr-Siebeck, 9 1984) 525f.

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mit ihr beschäftigt. Die Schriften der jüdischen Apokalyptik suchen in bunter Folge von Visionen, Gleichnissen und Bildern darzustellen, wie diese Welt unter Schrecken und Katastrophen ihrem Ende entgegeneilt, damit jene Welt Gottes anheben kann. Nicht im unmittelbar laut werdenden Wort, sondern in kunstvollen Deutungen, die bisweilen durch Engelsmund ausgesprochen werden, des öfteren aber auch in allegorisierender Erklärung dargeboten werden, suchen die Verfasser einer bedrängten Gemeinde Hoffnung zu vermitteln. Denn trotz aller Verfolgung und Nöte sitzt Gott im Regiment. Er hat sein Volk nicht vergessen, sondern wird es auf verschlungenen Wegen aus dem Dunkel ins Licht führen. Um ihrer Botschaft höheres Ansehen zu verleihen, geben die apokalyptischen Schriftsteller ihre Bücher unter dem Namen eines angesehenen Propheten oder Heiligen heraus, der fiktiv als prophetischer Verfasser der endzeidichen Verkündigung hingestellt wird.4 Wie in den jüdischen Apokalypsen an die Stelle kurzer prophetischer Worte breit ausgeführte Bilder getreten sind, wechseln auch in der Offenbarung des Johannes Visionen und weit ausholende Schilderungen in bunter Folge einander ab. Der Satan, dämonische Mächte, Engelwesen, finstere Streitkräfte und unheimliche Gewalten treten in dem Drama auf, das in raschem Fortschreiten dem Ende entgegeneilt. Die Züge, mit denen der Verfasser der Apokalypse die einzelnen Szenen zeichnet, entstammen zweifelsohne apokalyptischer Tradition. Der Seher Johannes beschreibt also in seinem Buch nicht einfach Träume oder Visionen, die er selbst erlebt hat, sondern er benützt in weitem Umfang überkommene Stoffe und Motive und fügt sie zu einer höchst abwechslungsreichen, bisweilen schwer zu begreifenden Ereignisfolge zusammen. Auf Grund vergleichender Gegenüberstellung mit zeitgenössischen jüdischen Apokalypsen könnte sich die Ansicht nahelegen, daß die Johannesoffenbarung als eine auf jüdischen Überlieferungen, vielleicht sogar einer jüdischen Grundschrift beruhende Darstellung der endzeitlichen Ereignisse zu beurteilen sei. Wiederholt unternommene Versuche, aus dem uns vorliegenden Buch durch Literarkritik eine ursprünglich jüdische Grundschrift herauszuschälen, haben jedoch mit Recht keine allgemeine Anerkennung gefunden. Denn sowohl hinsichtlich der gedanklichen Ausführungen wie vor allem der eigengeprägten sprachlichen Gestalt bildet das Buch eine Einheit. Zwar enthält es eine überladene Szenenfolge; diese läßt sich aber nicht in unterschiedliche Quellenstränge oder auf eine Grundschrift sowie eine auf sie aufbauende Redaktion auseinanderfalten. Vielmehr muß an der Einsicht 4 Zur Charakterisierung der Apokalyptik vgl. bes. P. Vielhauer, Geschichte der urchrisdichen Literatur (Berlin: de Gruyter, 1975) 485-494 sowie G. W. Buchanan, Revelation and Redemption (Dillsboro, N.C.: Western North Carolina Press, 1978) und J.Lebram/K. Müller/A. Strobel Apokalyptik/Apokalypsen II-1V, T R E III (1978) 192-257 (mit ausführlichen Literaturangaben); ferner Ε. Cothenet, Revelation-Apocalypse, Dictionnaire de Spiritualite XIII (1987) 453-482.

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festgehalten werden, daß der Verfasser der Johannesoffenbarung eine Fülle höchst unterschiedlicher Uberlieferungen verwendet, sie miteinander verbunden und unter eine einheitliche Thematik gerückt hat: die ihm durch Engelsbotschaft übermittelte Offenbarung des erhöhten Herrn weiterzugeben, „um seinen Knechten zu zeigen, was in Kürze geschehen muß" (1.1). Mit dieser Themaangabe knüpft der Verfasser an eine im Danielbuch vorgegebene Formulierung an und läßt damit deutlich erkennen, daß er bewußt in alttestamentlich-apokalyptischer Tradition steht. An keiner Stelle seines Buches jedoch nimmt er in Form eines ausdrücklich kenntlich gemachten Zitates auf biblische oder apokalyptische Texte Bezug. Sondern seine durch und durch alttestamentlich bestimmte Sprache ist Ausdruck prophetischen Selbstverständnisses, das es keineswegs ausschließt, biblische Überlieferungen zu verwenden. Doch läßt der Seher die Autorität der ihm zuteil gewordenen Beauftragung darin erkennbar werden, daß überkommene Wendungen stets neu formuliert werden, um die gegenwärtige Aktualität der Botschaft zu Gehör zu bringen. Ist diese Aktualität, auf die es dem Verfasser der Offenbarung des Johannes offensichdich ankommt, nur Ausdruck einer im Grad der Sicherheit ihrer Hoffnung gesteigerten apokalyptischen Sicht endzeitlichen Geschehens? Oder kann die Frage nach dem christlichen Charakter der Offenbarung des Johannes eine deutlichere Beantwortung finden? Zur Klärung dieser Problematik seien sechs Gesichtspunkte, die zum guten Teil in innerem Zusammenhang untereinander stehen, bedacht und in Kürze erläutert. 1. Bei der religionsgeschichdichen Gegenüberstellung, die die Offenbarung des Johannes auf dem Hintergrund der jüdischen Apokalyptik betrachtet, ist in der Regel nicht übersehen worden, daß das letzte Buch der Bibel nicht nur eine enge Verwandtschaft mit Anschauungen und Vorstellungen der Apokalyptik aufweist, sondern sich auch als christliches Buch von vergleichbaren jüdischen Schriften unterscheidet. Der Seher Johannes verbirgt sich nicht unter dem Pseudonym eines Frommen aus dem Alten Bund, sondern er nennt seinen eigenen Namen, der den Gemeinden wohlbekannt ist (1.1,4,9; 22.8). Daher gibt er seinem Buch nicht das Aussehen, als wäre es für spätere Geschlechter geschrieben und auf deren Zeit versiegelt worden, sondern er wendet sich unmittelbar an die christlichen Gemeinden in Kleinasien (1.11; Kap. 2-3). Die Offenbarung wird nicht verhüllt (22.10), sondern als prophetische Botschaft den Gemeinden übergeben, die in der konkreten Situation, in der sie sich befinden, angesprochen werden. Ihnen wird nicht wie in der jüdischen Apokalyptik eine Deutung vergangener Geschichte in geheimnisvoll verhüllenden Bildern dargeboten, sondern der Inhalt der Offenbarung setzt mit dem Christusgeschehen ein und umfaßt dann ausschließlich die zukünftigen Ereignisse der letzten Zeit. Das endzeitliche Geschehen reicht von Kreuz und Auferstehung Jesu Christi bis zu seiner Wiederkunft, dem Gericht und der neuen Schöpfung von Himmel und Erde (Kap. 4—22).

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2. Über diese eindeutigen Beobachtungen hinaus ist in der neueren Diskussion mir Recht betont worden, daß die Apokalypse sich ihrer äußeren Gestalt nach durchaus in die urchristliche Literatur einfüge. Martin Karrer und Jürgen Roloff haben in ihren Untersuchungen darauf aufmerksam gemacht, daß die Offenbarung des Johannes in die Form eines an urchristliche Gemeinden gerichteten Briefes gekleidet ist.5 Der briefliche Eingang gibt nicht nur einen Rahmen ab, sondern läßt den spezifisch chrisdichen Charakter des Buches erkennen, das gleichsam durch einen doppelten Anfang eingeleitet wird - zunächst in den ersten drei Versen durch das Proömium, danach durch den brieflichen Eingang. Dessen Formular weist unverkennbar Zusammenhänge mit dem der paulinischen Briefe auf, die für die formale Gestaltung urchristlichen Schrifttums von prägender Wirkung gewesen sind - nicht nur für die Deuteropaulinen, sondern auch für einige der sog. katholischen Briefe und die Johannesapokalypse. Der üblichen Form eines Briefanfangs entsprechend wird der Name des Johannes als der des Absenders angegeben und werden die sieben Gemeinden in Kleinasien als die Empfänger benannt. Ihnen gilt der liturgische Gruß: Gnade sei mit euch und Friede (1.4). Im Blick auf den theologischen Ort, der der Johannesapokalypse zukommt, will beachtet sein, daß der briefliche Eingang deutliche Anklänge an das paulinische Formular enthält. Denn wenn die Frage erörtert wird, ob der Verfasser der Apokalypse einer sog. johanneischen Schule zugerechnet werden könnte, so muß bedacht werden, daß die johanneischen Briefe keine Berührungen mit dem paulinischen Eingangsformular enthalten. Im 1. und 3. Johannesbrief gibt es überhaupt keine Entsprechungen, und der 2. Johannesbrief läßt lediglich eine gewisse Parallelität zu Wendungen der Pastoralbriefe erkennen, wenn der Gruß in die drei Begriffe Gnade, Barmherzigkeit und Friede gefaßt ist. Diese Beobachtungen mahnen zur Vorsicht hinsichtlich der Hypothese einer sog. johanneischen Schule, der möglicherweise die Apokalypse zugeordnet werden könnte.6 Das briefliche Formular, dessen sie sich zu Beginn bedient, deutet eher auf gewisse Berührungen mit nachpaulinischer Tradition, die in anderer Weise im deuteropaulinischen Schrifttum ihre Fortführung gefunden hat. Obwohl inhaltliche Beziehungen zur Theologie des Völkerapostels kaum zu erkennen sind, dürfen doch Berührungen, die hinsichtlich des Briefeingangs bestehen, nicht übersehen werden. 5 Vgl. M. Karrer, Die JohannesofFenbarung als Brief, Studien zum literarischen historischen und theologischen Ort des Werkes (Diss. Erlangen 1983 = Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1986);^ Roloff, Die Offenbarung des Johannes, Zürcher Bibelkommentare (Zürich: Theologischer Verlag, 1984) 15.f.u.ö. 6 Zur kritischen Auseinandersetzung mit der Hypothese einer sog. johanneischen Schule vgl. E. Schüssler-Fiorenza, „The Quest for the Johannine School. T h e Fourth Gospel and the Apocalypse", N T S 23 (1977) 402-4-27 = T h e Book of Revelation. Justice and Judgment (Philadelphia: Fortress Press, 1985) 85-113.

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Der Verfasser der Johannesoffenbarung schließt sich an das ihm vorgegebene Formular an, wandelt es aber im Blick auf den Inhalt seines Buches durch gewichtige Aussagen eigener Prägung ab. Ursprung und Herkunft von Gnade und Friede werden nicht mit überkommenen Wendungen auf Gott den Vater und den Herrn Jesus Christus zurückgeführt, sondern es wird eine Dreierformel gebildet, deren Wendungen bereits den Inhalt des Buches intonieren: „von dem, der da ist und der da war und der da kommt, und von den sieben Geistern, die vor seinem Thron sind, und von Jesus Christus, dem treuen Zeugen, dem Erstgeborenen von den Toten und Fürsten der Könige der Erde" (1.4—5). Das Gottesprädikat spricht nicht von einem unveränderlichen ewigen Sein, sondern legt den Ton darauf, daß Gott, der war und ist, der Kommende ist. Die sieben Geister entfalten in Aufnahme apokalyptischer Tradition die Fülle des Geistes, die jeder der angeredeten Gemeinden zuteil geworden ist. Und die Hoheit Jesu Christi wird im Blick auf sein bis in den Tod festgehaltenes Zeugnis, seine Auferstehung von den Toten und die Einsetzung zum Fürsten der Könige der Erde des näheren bestimmt. Somit wird in diesen Aussagen apokalyptische Tradition mit christlicher Verkündigung dergestalt verklammert, daß die apokalyptischen Elemente dazu dienen, die Universalität des christlichen Bekenntnisses zu veranschaulichen. Es stellt daher auch mehr als nur Aufnahme überkommener Bekenntniswendungen dar, wenn der Verfaser der Apokalypse an den brieflichen Gruß eine Doxologie anschließt, die gleichfalls in Bekenntnisformulierungen gehalten ist: „Dem, der uns liebt und uns von unseren Sünden erlöst hat durch sein Blut und der uns gemacht hat zu einem ewigen Königtum, zu Priestern für Gott seinen Vater - ihm sei Ehre und Kraft in alle Ewigkeit, Amen." (1.56).7 Diese Doxologie verbindet durch die Stichworte der Erlösung sowie der Berufung zu königlichem Priestertum das christologische Bekenntnis mit der Ekklesiologie. Denn das Volk Gottes gehört zu dem erhöhten Herrscher über alle Könige auf Erden und ist seinerseits zur Teilhabe an seiner Herrschaft bereits hier und jetzt eingesetzt, um in priesterlicher Heiligkeit Gott zu Dienst zu sein und ihm den geschuldeten Lobpreis zu erweisen.8 Muten auch einige der apokalyptisch geprägten Begriffe, die der Verfasser in diesen Versen verwendet, fremdartig an, so wird doch durch den briefartigen Eingang des Buches die Absicht, Christusbotschaft den Gemeinden nahebringen zu wollen, deutlich zu erkennen gegeben. Dem zu Beginn des Buches verwendeten Briefformular entspricht der Schluß des Buches, der — wiederum paulinischem Vorbild folgend - noch einmal mit einem Gnadenwunsch die Gemeinde grüßt. Die abschließenden Sätze des Buches nehmen eine deutliche Scheidung zwischen Gläubigen und Ungläubigen vor und 7 Vgl. P.v.d. Osten-Sacken, „Christologie, Taufe, Homologie - Ein Beitrag zu Apc Joh 1.5f.", ZN 58 (1967) 255-266. 8 Vgl. E. SchüssUr-Fiorenza, Priester für Gott. Studien zum Herrschafts- und Priestermotiv in der Apokalypse (Münster: Aschendorff, 1972).

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stimmen den Gebetsruf an „Komm, Herr Jesu" (22.20). Diese Aussagen legen die begründete Annahme nahe, daß an die Verlesung des Briefes, die für die gottesdiensüiche Versammlung vorgesehen ist, sich die Feier des Herrenmahls anschließen soll.9 Insoweit fügt sich der Rahmen, in den das Buch des Johannes gefaßt ist, vollauf vorgegebener urchristlicher Uberlieferung ein. Im Unterschied zu jüdischen Apokalypsen wird der Inhalt des Buches auf unmittelbare Beauftragung durch den erhöhten Christus zurückgeführt. In dem wiederholt ausgesprochenen Satz „So spricht der Herr" wird daher der Anspruch laut, daß der erhöhte Kyrios durch den Mund seines prophetischen Zeugen sich an die christliche Gemeinden wendet (vgl. vor allem Kap. 2-3). Um diese Botschaft in ihrem prophetischen Charakter zu kennzeichnen, bedient sich der Seher Johannes nicht nur im Eingang seines Buches der Form des Briefes. Sondern von jüdischen Vergleichstexten unterscheidet er sich auch darin, daß er in den sieben Sendschreiben an das Vorbild prophetischer Briefe anknüpft, wie es z.B. in dem Schreiben vorliegt, das der Prophet Jeremia aus Jerusalem an die Exulanten in Babylon gerichtet hat (Jer 29). Die briefliche Form, in der die prophetische Botschaft den Gemeinden übermittelt wird, dient dem Seher Johannes dazu, in schriftlich weitergegebener Verkündigung Weisungen des Herrn an seine Gemeinden auszurichten. Dadurch will er für den Inhalt seiner Schrift nach dem Vorbild der apostolischen Briefe Gültigkeit und entsprechende Beachtung auf seiten der Gemeinden beanspruchen. 3. Nicht nur durch den brieflichen Rahmen, in den der Seher Johannes sein Buch einfügt, sondern auch durch die Art und Weise, in der apokalyptische Traditionen mit dem Christuszeugnis verbunden werden, tritt der spezifisch christliche Charakter der in der Apokalypse ausgerichteten Botschaft hervor. Ist im Proömium der erhöhte Herr als Jesus Christus bezeichnet, der an Gottes Seite steht und durch Engelsbotschaft den Seher beauftragt, so wird im brieflichen Eingang seine Hoheit sowohl im Blick auf das von ihm bis in den Tod festgehaltene Zeugnis wie auch sein königliches Regiment näher gekennzeichnet. Dabei ist der Begriff des Zeugen ebenso wie der des Königs von Bedeutung für den Zusammenhang zwischen Christologie und Ekklesiologie. Kommt es doch für die bedrängten Gemeinden darauf an, das ihnen aufgetragene Zeugnis auch im Leiden bis in den Tod festzuhalten, und ist ihnen die Zusage gegeben, daß sie auf Grund des erlösenden Sterbens ihres Herrn schon jetzt an seinem königlichen Regiment teilhaben. Auf die Heilsbedeutung des Todes Christi verweist auch der Hoheitstitel des Lammes, der in der Apokalypse in auffallender Häufigkeit verwendet wird. Zum ersten Mal wird er in der Vision des fünften Kapitels genannt. 9 Vgl. G. Bornkamm, „Das Anathema in der urchristlichen Abendmahlsliturgie", T h L Z 75 (1950) 227-230 = Das Ende des Gesetzes. Paulusstudien (München: Kaiser, 5 1966) 123— 132.

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Der Seher erblickt das mit sieben Siegeln verschlossene Buch und vernimmt die bedrückende Feststellung, niemand im Himmel und auf der Erde und unter der Erde sei als würdig erfunden worden, das Buch zu öffnen und einzusehen. Allein das Lamm, das inmitten des himmlischen Thronsaals erscheint, darf das Buch entgegennehmen und seine Siegel lösen. Das Lamm wird als geschlachtetes, aber zum Leben erwecktes Opferlamm vorgestellt. Offenbar war diese Bezeichnung den Gemeinden, für die Johannes schreibt, bereits bekannt. Trotz intensiven Nachforschens ist es nicht gelungen, religionsgeschichtliche Zusammenhänge aufweisen zu können, die auf jüdische Voraussetzungen dieses Titels hindeuten könnten. Die einzige Stelle, an der im jüdischen Schrifttum der damaligen Zeit - Testament des Joseph 19 - der kommende Erlöser als Lamm geschildert wird, ist als ein späterer chrisdicher Einschub zu beurteilen. Der Titel des Lammes muß daher als eine spezifisch christliche Ausdrucksweise gelten, die auf den Opfertod Christi hinweist, der durch sein Sterben die Schuld der Welt stellvertretend gesühnt hat. Das Lamm trägt - wie bei der ersten Verwendung dieses Titels in der Offenbarung ausdrücklich bemerkt wird - am Hals noch die Wunde vom Schächtschnitt. Zugleich aber wird dieser Hinweis als eine nicht voll zutreffende Bezeichnung hingestellt, indem es heißt: „wie geschlachtet". Denn das Lamm ist nicht im Tode geblieben, sondern hat den Tod überwunden und die Herrschaft über die Welt angetreten. Der Titel des Lammes faßt daher sowohl den Hinweis auf den Opfertod Christi wie auch den Ausdruck der Herrschaft zusammen, die dem erhöhten Herrn übertragen ist. Allein das Lamm ist würdig, Gottes endzeitlichen Geschichtsplan in Gang zu setzen. Indem die apokalyptischen Traditionen auf diese Weise der Christologie untergeordnet werden, ist deren Charakter grundlegend verändert. Die apokalyptischen Bilder dienen nicht mehr dem Zweck, Hörern und Lesern Auskunft über den Verlauf endzeitlichen Geschehens im einzelnen zu geben; sondern die apokalyptische Bilderfülle soll nun die universale Bedeutung der Christusbotschaft entfalten. Auf der einen Seite sind durch den Kreuzestod Christi bereits Erlösung und Befreiung Wirklichkeit geworden. Auf der anderen Seite aber wird erst bei seiner Parusie das Heilsgeschehen in seiner weltweiten Gültigkeit vor aller Augen offenbar werden. Mit diesem Verständnis der eschatologischen Botschaft entspricht der Seher Johannes vollauf dem Tenor urchristlicher Verkündigung, die durch die Spannung zwischen dem bereits Wirklichkeit gewordenen Heil und seiner zukünftigen Offenbarung charakterisiert ist. Die vom Seher Johannes dargebotene Entfaltung des Christusbekenntnisses läßt sich an dem ihm eigenen Gebrauch der christologischen Hoheitstitel genauer ablesen. Wie in anderen urchristlichen Schriften begegnen auch in der Johannesapokalypse die Hoheitstitel Christus/Messias, Kyrios, Menschensohn und Gottessohn. Ihren Gebrauch hat Traugott Holtz in einer lehrreichen Abhandlung über die Christologie der Apokalypse des Johannes

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untersucht.10 Die Verwendung dieser Titel entspricht weder einem nur formelhaft liturgischen Gebrauch noch dient sie lediglich dem Zweck, der endzeitlichen Erwartung einen höheren Grad an Sicherheit einzuhauchen. Vielmehr sind die Hoheitstitel auf der einen Seite deutlicher Ausdruck dafür, daß der Verfasser der Apokalypse in festem Zusammenhang mit dem gemeinchristlichen Bekenntnis steht. Auf der anderen Seite aber ist die Verwendung dieser Titel durch eine eigene Konzeption des Verfassers bestimmt, durch die er Christologie und Eschatologie so miteinander verbindet, daß der Primat der Christologie eindeutig gewahrt bleibt. Vom Christus/Messias spricht er vorzugsweise dann, wenn er auf seine Herrschaft hinweisen möchte: „Nun gehört die Königsherrschaft über die Welt unserem Herrn und seinem Christus, und er wird herrschen in alle Ewigkeiten", so jubeln die Chöre der im Himmel triumphierenden Scharen (11.15). Während auf Erden noch die apokalyptischen Schrecken toben, sehen sie schon den kommenden Tag anheben: , Jetzt ist angebrochen das Heil und die Macht und die Königsherrschaft unseres Gottes und die Gewalt seines Christus." (12.10; vgl. auch 20.4,6) Kyrios/Herr nennt die Johannesoffenbarung Jesus niemals innerhalb der Visionen, sondern stets an Stellen, an denen die Gemeinde unmittelbar angeredet wird: „Selig sind die Toten, die in dem Kyrios sterben von nun an." (14.13; vgl. weiter 11.8; 17.14; 19.16; 22.20f.) Alttestamentlich-jüdischer Redeweise entsprechend bleibt der Kyriostitel jedoch vornehmlich Gott vorbehalten, der als der Allherrscher im Regiment sitzt (1.8; 4.8,11; 11.15,17; 15.3f. u.ö.) Vom Menschensohn ist in der Apokalypse nur zweimal in enger Anlehnung an Daniel 7 die Rede, um auf den erhöhten und zum Gericht kommenden Herrn als den Vollstrecker der prophetischen Ankündigung hinzuweisen (1.13; 14.14)." Der erweiterte Gebrauch des Titels, wie er in den Evangelien im Blick auf den irdischen sowie den leidenden, sterbenden und auferstehenden Menschensohn vorliegt, fehlt dagegen vollständig. Die Johannesapokalypse begnügt sich mit ihrer zurückhaltenden Verwendung des Menschensohntitels, den sie allein auf seine Ankunft am Ende der Tage bezieht. Was schließlich den Titel Sohn Gottes angeht, so wird Christus nur im Eingang des Sendschreibens an die Gemeinde in Thyatira so genannt, in dem sich ein ausführliches Zitat aus dem zweiten Psalm findet (2.8). Das Judentum hatte zwar die in diesem Psalm verwendete Anrede des Gesalbten „Du bist mein lieber Sohn, heute habe ich dich gezeugt" (Ps 2.7) als Gotteswort festgehalten, jedoch nicht unabhängig vom Schriftzitat den Messias als Gottessohn bezeichnet. Denn in der synkretistisch bestimmten Umwelt hätte 10 T. Holtz, Die Christologie der Apokalypse des Johannes (Berlin: Akademie-Verlag, 1962, 2

1971).

11 Vgl. E. Lohse, „Der Menschensohn in der Johannesapokalypse", in: Jesus und der Menschensohn. Festschrift für Anton Vögtle (Freiburg: Herder 1975) 475-486 = Die Vielfalt des Neuen Testaments (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1982) 82-87.

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dieser Titel gar zu leicht im Sinne einer physischen Gottessohnschaft mißverstanden werden können. Der Seher Johannes schließt sich dieser vorsichtigen Zurückhaltung an und verzichtet daher nahezu vollständig auf die Verwendung der Prädikation Gottessohn, die im hellenistischen Christentum sonst ganz geläufig war. Der Verfasser der Johannesapokalypse teilt mit der ältesten Christenheit so lassen sich die eben genannten Beobachtungen zusammenfassen - den Gebrauch derselben Hoheitstitel. Diese verwendet er aber stets so, daß er ihre alttestamentlichen Voraussetzungen und ihre Deutung in der endzeitlichen Erwartung des Judentums sorgfältig beachtet. Durch diese behutsame Anlehnung an die alttestamentlich-jüdische Vorgeschichte der Hoheitstitel will er den Zusammenhang mit der vorangegangenen Verheißung aufweisen und betonen, daß in dem gekreuzigten, auferstandenen und erhöhten Christus Gottes Zusagen ausnahmslos gültig eingelöst worden sind. Wo Juden sich dieser Botschaft verschließen und sich feindselig gegen die christliche Gemeinde verhalten, da verkennen sie die Bedeutung der Verheißungen und verlieren damit den Ehrennamen, der die Glieder des Volkes Gottes ausweist (2.9; 3.9). Gerade weil der Seher Johannes so umsichtig auf die in der Schrift gegebenen Verheißungen achtet, den Kontext jüdischer Erwartungen im Auge hält und die Beziehungen zwischen Juden und Christen nicht außer Betracht läßt, fühlt er sich so tief betroffen von der Abweisung, die Christen an einzelnen Orten von jüdischer Seite begegnet. Das Volk Gottes der letzten Zeit aber ist im Unterschied zum Volk des Alten Bundes nicht mehr durch die Bande leiblicher Zusammengehörigkeit bestimmt, sondern aus allen Völkern der Erde zusammengerufen, die durch das Blut des Lammes losgekauft sind. 4. Die feste Überzeugung, daß Christus sein königliches Amt bereits angetreten hat, wird in der Offenbarung des Johannes vor allem in den hymnischen Stücken ausgesprochen, die immer wieder die Folge endzeitlicher Schrecken unterbrechen (4.1-11; 5.1-14; 7.9-17; 11.15-19; 12.10-12; 15.2-4; 19.1-10). Bekanntlich haben die frühen christlichen Gemeinden in ihren gottesdienstlichen Versammlungen Hymnen und Lieder gesunden, um das Erlösungswerk Christi zu preisen. Nach dem Vorbild solcher Lieder hat der Seher Johannes die Lobgesänge gestaltet, in denen der Sieg Gottes und des Christus verherrlicht werden. Gelegentlich geäußerte Vermutungen, als könnten die Hymnen der Offenbarung des Johannes ähnlich wie hymnische Fragmente in den paulinischen Briefen Zitate urchristlicher Lieder darstellen,12 müssen als unzutreffend angesehen werden. Denn genauere Untersuchungen der hymnischen Stücke in der Johannesoffenbarung haben zweifelsfrei dartun können, daß Sprache und Stil dieser Texte sich nicht aus dem 12 So S. Läuchli, „Eine Gottesdienststruktur in der JohannesofFenbarung", T h Z 16 (1960) 359-378.

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sie umgebenden Zusammenhang herausheben lassen, sondern fest mit ihm verklammert sind.13 Der Verfasser der Apokalypse hat sich an das Vorbild urchristlicher Lieder angelehnt und seinerseits selbständig hymnische Texte formuliert, um den christlichen Lobgesang den Schrecken endzeitlicher Katastrophen trotzig entgegenzustellen. Dabei sind auch diese Stücke in einer Sprache abgefaßt, die durch das Alte Testament geprägt ist, und fügen sie sich somit fest in den Zusammenhang der Botschaft ein, die das letzte Buch der Bibel ausrichten will. Durch Anklänge an das gemeinchristliche Bekenntnis wie auch durch die von ihm neu geprägten Wendungen hebt der Seher Johannes die Verbindung zum gottesdienstlichen Lobpreis der Gemeinde hervor, die sich mit der Schar derer zusammengeschlossen weiß, die in der himmlischen Herrlichkeit bereits jetzt den kosmischen Lobpreis anstimmt. Die Lieder der Apokalypse geben daher dem spezifisch christlichen Charakter der Offenbarung des Johannes Ausdruck. Sie dienen dazu, den schon feststehenden Sieg Gottes und des Christus zu preisen und dadurch die Gemeinde zu trösten und zu stärken. Wie an einer Kette aufgereihte Perlen fügen sich die hymnischen Stücke aneinander und ziehen sich durch die ganze Abfolge endzeitlichen Geschehens hindurch, bis mit dem Anbruch der neuen Welt der Himmel und Erde umspannende Lobpreis den ganzen Kosmos erfüllen kann. 5. In den Hymnen hebt der Verfasser der Apokalypse wiederholt das Thema der Gottesherrschaft hervor.14 Dabei fällt auf, daß neben der Zeitform zukünftiger Aussagen mit noch stärkerem Nachdruck in der Zeitform der Vergangenheit gesprochen wird. Angesichts der angstweckenden Bedrohung, in der die Gemeinde sich in den letzten Zeiten befindet, wird im Lobgesang Gott dafür gedankt, daß er seine gewaltige Macht ergriffen und die Herrschaft bereits angetreten hat (11.17). Mit diesem Lobpreis antworten die vierundzwanzig Ältesten auf die Engelsbotschaft, die vom Himmel ausgerufen wurde: „Nun gehört die Herrschaft über die Welt unserem Herrn und seinem Christus, und er wird herrschen in alle Ewigkeiten." (11.15) Das triumphierende Lamm - und nicht die Herrscher dieser Welt - ist der Herr aller Herren und der König aller Könige (17.14; 19.16). Der Löwe aus dem Stamm Juda hat den Sieg davongetragen (5.5). Daher kann in den Überwindersprüchen der Sendschreiben, die zu ausharrender Standhaftigkeit ermutigen, darauf hingewiesen werden, daß der erhöhte Herr schon sieghaft überwunden und zur Rechten seines Vaters Platz genommen hat (3.21). Die 13 Vgl. vor allem K.-P Jörns, Das hymnische Evangelium (Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 1971); ferner K.M. Fischer, „Die Christlichkeit der Offenbarung Johannes", T h L Z 106(1981) 165-172. 14 Zur zentralen Bedeutung, die der Gottesherrschaft für die Johannesoffenbarung zukommt, vgl. G. Dautzenberg, „Reich Gottes in der Johannesapokalypse. Ein Versuch zu Apk 4—22", in: Theologische Standorte (Gießen: Schriften zur Theologie und Religionspädagogik/Justus-Liebig-Universität, 1986).

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Gemeinde darf deshalb dessen gewiß sein, daß das Toben der Mächte nichts anderes darstellt als die letzten Zuckungen der kosmischen Mächte vor ihrem Verenden. Mag die Drachengewalt noch so gewalttätig um sich schlagen, ihre Zeit ist bemessen, an ihrem Untergang besteht kein Zweifel. Indem der Seher Johannes immer wieder die Blicke der bedrängten Gemeinde auf die Herrschaft Gottes und des Christus lenkt, die bereits angebrochen ist und sich in Kürze sichtbar durchsetzen wird, nimmt er das zentrale Thema der Verkündigung jesu und der Erwartung der ersten Christenheit auf. Ist die Erwartung der Gottesherrschaft ihrer religionsgeschichtlichen Herkunft nach in apokalyptischer Tradition ausgebildet, so wird die Thematik in der Darstellung der Offenbarung des Johannes als Ausdruck christlichen Bekenntnisses entfaltet. Denn es geht nicht mehr darum, wann und wie die Gottesherrschaft anheben wird. Sondern der Beginn der Gottesherrschaft ist mit Kreuz und Auferstehungjesu Christi bereits eingetreten, so daß Gottesherrschaft und Christologie in der Johannesapokalypse auf das engste miteinander verbunden sind. Wie Gott als Pantokrator Anfang und Ende ist (1.8; 21.6), so heißt auch Christus Α und O, der als Erster und Letzter Anfang und Ende umspannt (1.7; 2.8; 22.13) und in göttlicher Gewalt das Regiment über alle Welt führt. Im Licht seiner sich durchsetzenden Herrschaft wird daher auch das Wesen der Mächte dieser Welt erkannt. Während in den Visionen des Buches Daniel die vier nacheinander aufsteigenden Weltreiche durch vier verschiedene Tiere abgebildet worden waren, fallen diese für den Seher Johannes zu einer einzigen Gestalt zusammen, die zehn Hörner und sieben Häupter hat, die einem Panther gleicht, deren Füße wie die eines Bären sind und deren Maul wie das einen Löwen ist (13.1 f.). Dieses Tier tritt mit satanischer Gewalt drohend und furchterweckend auf den Plan. Aber der Satan ist bereits aus dem Himmel hinuntergestürzt (12.9), und dem Tier ist seine Stätte im feurigen Pfuhl bereitet (19.20). 6. Die Entfaltung urchristlichen Glaubens und Hoffens, wie sie in der Johannesoffenbarung vorgenommen wird, ist in eine konkrete Situation hineingesprochen, die mit einiger Deutlichkeit bestimmt werden kann. Gegen die bereits bei Irenäus erwähnte Uberlieferung, die Offenbarung des Johannes sei zu Ende der Regierungszeit des Kaisers Domitian abgefaßt worden, kann schwerlich begründeter Zweifel geltend gemacht werden. Es finden sich freilich innerhalb der Johannesoffenbarung einige Traditionselemente, die auf eine frühere Entstehungszeit hinweisen könnten - so das Bild von der Vermessung des Jerusalemer Tempels (11.1 f.) oder die Erwähnung der sieben Könige im 17. Kapitel, von denen fünf gefallen sind, einer gegenwärtig herrscht und der andere noch nicht gekommen ist (17.9f.).15 Wollte man diese Reihe der Herrscher mit der Folge der römischen Caesaren zur Deckung 15 Zu den Problemen dieses Abschnittes vgl. bes. A. Strobel, „Abfassung u n d Geschichtstheologie der Apokalypse nach Kap. 17.9-12", N T S 10 (1963/4) 433-455.

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bringen, so könnte man auf die Vermutung kommen, die Aussage deute auf die Zeit Vespasians, der der sechste unter den römischen Kaisern gewesen ist. Falls diese Vermutung zutreffen sollte, könnte hier ein Fragment aus vespasianischer Zeit zugrunde liegen. Weit wahrscheinlicher ist es jedoch, daß der Seher an dieser Stelle an eine überkommene mythische Überlieferung anknüpft, die keine Beziehung zu Vespasian enthält, sondern sich in mythologischer Sprache der Sieben-Zahl bedient, um das Auftreten eines achten Herrschers als unsagbar schreckliche Erscheinung des endzeitlichen Tyrannen darzustellen, die Höhepunkt und Ende der Bedrängnis mit sich bringen wird. Weder aus diesem Bild noch aus anderen Stellen, die auf überkommene Uberlieferungen hindeuten könnten, lassen sich daher schlüssige Anhaltspunkte für eine frühere Entstehungszeit des Buches gewinnen. Vielmehr sprechen alle Hinweise, die der Darstellung der Apokalypse zu entnehmen sind, für die Annahme, daß sie in Erwartung gesteigerter Gefährdung durch die Politik des Domitian verfaßt worden ist. Weit mehr als seine Vorgänger suchte Domitian die göttliche Verehrung des Herrschers als ein das weite Römische Reich zusammenschließendes Bindemittel einzusetzen und von allen Bürgern den Erweis ihrer Loyalität durch den Vollzug kultischer Verehrung des Kaisers zu fordern. Angesichts dieser Entwicklung mußte für die kleinen Kreise der christlichen Gemeinden die ohnehin schon bedrohliche Gefährdung erheblich zunehmen. Denn nun galt es, unter Einsatz des Lebens dafür einzustehen, daß niemand anderer als allein der gekreuzigte und auferstandene Christus der Kyrios ist.16 Die apokalyptischen Bilder gewinnen in der Mitte des Buches ihre aktuelle Zuspitzung. In der Gestalt des Tieres, das aus dem Meer aufsteigt, erhebt sich der Widersacher mit unwiderstehlich erscheinender Gewalt. Überdies scheint er als Herrscher über die Welt dadurch legitimiert zu sein, daß eines seiner Häupter wie zu Tode getroffen und seine Todeswunde wieder geheilt wurde (13.3). Das Tier tritt als gegenbildliches Gegenüber zum gekreuzigten und auferstandenen Christus auf den Plan. Alle Welt bestaunt das Tier und betet den Drachen an, weil er solche Macht dem Tier gegeben hat. Die Anbetung wird in die Worte gefaßt: „Wer ist dem Tier gleich, und wer kann mit ihm den Kampf aufnehmen?" (13.4). Das Tier öffnet sein Maul zu Lästerungen gegen Gott und die Bewohner des Himmels. Kraft göttlicher Zulassung 16 A.J. Beagley, The „Sitz im Leben" of the Apocalypse with particular Reference to the Role of the Church's Enemies (Berlin: W. de Gruyter, 1987) möchte darlegen „that John's Apocalypse is greatly concerned with the Church's conflict with unbelieving and persecuting anti-Christian Judaism as an immediate problem". Der Konflikt mit Rom hingegen sei nicht „the most pressing problem facing John's readers' (112). Diese These wird durch eine Exegese begründet, die - ausgehend von 11.8 - an allen Stellen die große gottlose Stadt auf Jerusalem deuten soll. Dabei werden jedoch die eindeutigen Hinweise auf Rom durch Umdeutungen fortinterpretiert - eine Erklärung, die nicht überzeugt.

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kann es Krieg führen mit den Heiligen, um sie zu besiegen. Seine Macht erstreckt sich über jeden Stamm, jedes Volk, jede Sprache und jede Nation. Wo immer ihm gegenüber der Gedanke der Verweigerung aufkommen sollte, wird durch Boykott und Terror der Forderung religiöser Verehrung des Herrschers Nachdruck verliehen. Alle Menschen, klein und groß, reich und arm, frei oder Sklave, müssen sich auf ihre rechte Hand und auf ihre rechte Stirn das Bild des Tieres als Malzeichen aufdrücken lassen. Keiner darf kaufen oder verkaufen, außer demjenigen, der das Malzeichen trägt, den Namen des Tieres bzw. die Zahl seines Namens (13.16f.). Angesichts dieser Bedrohung, die ein zweites Mal im 17. Kapitel dargestellt wird, ist der Hinweis auf die bereits in Kraft gesetzte Herrschaft Gottes und des Christus die einzige Ermutigung, um die angefochtenen Christen in der Gewißheit zu bestärken, daß nur durch Treue und ausharrende Festigkeit die letzte Schreckenszeit bestanden werden kann.17 Die in der Apokalypse entfaltete Eschatologie ist somit auf eine aktuelle Situation bezogen, in der angesichts der auf das äußerste angestiegenen Bedrohung zugleich die Naherwartung eine intensive Steigerung erfährt. Ende des ersten Jahrhunderts n. Chr. weisen andere christliche Dokumente wenige oder gar keine Züge endzeitlicher Erwartung auf. In der Situation bevorstehender Verfolgung aber ist die Naherwartung in der Johannesofienbarung mit einer Kraft lebendig, wie sie in ähnlicher Gestalt den allerersten Anfängen der Christenheit eigen gewesen ist. Auch in späteren Epochen der Kirchengeschichte sind in Zeiten von Bedrängnis und Not immer wieder einer unmittelbaren Naherwartung neue Impulse zugeflossen. Die Zuversicht der in der Johannesoffenbarung ausgesprochenen Naherwartung gründet jedoch nicht in apokalyptischen Spekulationen, sondern in der Gewißheit, die aus dem Christusbekenntnis und der Überzeugung gewonnen wird, daß der erhöhte Herr das Regiment über alle Welt bereits in Händen hält. Die apokalyptische Sprache, die dem Seher Johannes zur Ausrichtung der Christusverkündigung dient, ist offensichtlich durch eine Schultradition geformt worden, die ursprünglich in Palästina ausgebildet wurde und dann spätestens nach der Zerstörung Jerusalems ihre Fortführung in Kleinasien gefunden hat. Die Bewahrung dieser Uberlieferungen wird in Händen urchristlicher Propheten gelegen haben, die ihre Aufgabe in prophetischer Bezeugung des Christuskerygmas gesehen haben.18 Diesem Kreis weiß sich der 17 Zur Aktualität von Kap. 13 in Zeiten der Bedrängnis vgl. die einer Nacherzählung gleichende eindrucksvolle Erklärung des Kapitels, die H. Schlier 1936 gegeben hat: „Vom Antichrist", in: Theologische Aufsätze Karl Barth zum 50. Geburtstag (Münschen: Kaiser, 1936) 110-123 = Die Zeit der Kirche. Exegetische Aufsätze und Vorträge (Freiburg: Herder, 1956) 16-29. 18 A. Satake, Die Gemeindeordnung in der Johannesapokalypse (Neukirchen: Neukirchener Verlag, 1966) hat diesen schwer aufzuhellenden Zusammenhängen nachgespürt und mit Recht auf den durch prophetische Uberlieferungen bestimmten Charakter der Gemeindeordnung der Johannesoffenbarung aufmerksam gemacht.

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Seher Johannes zugehörig und kann sich auf Traditionen stützten, die durch diese Gruppen weitergereicht worden waren. Die ihm überkommenen Uberlieferungen sucht er angesichts der Bedrohung, in der sich die kleinasiatische Christenheit befand, zur Entfaltung der ihm aufgetragenen Botschaft neu zu formen. Nur in der Bindung an die Christusbotschaft werden die apokalyptischen Elemente des letzten Buches der Bibel recht verstanden. Werden sie aus der sie umspannenden Klammer, die ihnen ihren Ort wie auch ihren christlichen Inhalt anweist, herausgelöst, so fallen sie als Einzelelemente auseinander und sind dem Mißverständnis preisgegeben, aus der apokalyptischen Bildersprache Hinweise auf geschichtsphilosophische Spekulationen zu entnehmen. Doch derlei Erwägungen will der Verfasser der Johannesoffenbarung mitnichten Vorschub leisten. Denn es kommt ihm darauf an, mit Hilfe der apokalyptischen Stoffe deutlich zu machen, daß der Streit, wem denn die Herrschaft über die Welt gebührt, bereits entschieden ist.19 Nach den leidvollen Erfahrungen, die Martin Luther in der Auseinandersetzung mit den Schwärmern und deren mißbräuchlicher Verwendung der Apokalypse gemacht hatte, hat er im Jahre 1530 in einer neuformulierten Vorrede den Charakter der Offenbarung des Johannes noch einmal positiv zu beschreiben gesucht. Dabei blieben die Anfragen, die sich aus einer kritischen Gegenüberstellung der Johannesoffenbarung mit der paulinischen Theologie ergaben, durchaus bestehen. Kann doch der zentrale Gehalt der Theologie der Rechtfertigung höchstens in einigen Anspielungen und Nachklängen in der Apokalypse wiedererkannt werden. Luther weiß aber bei erneutem Bedenken an der Offenbarung des Johannes durchaus zu schätzen, daß sie eine tröstliche und aufrichtende Botschaft an die Kirche zu richten hat. Darum kann er nun am Buch der Offenbarung rühmen, es sei nützlich „zur Tröstung, daß wir wissen, daß keine Gewalt noch Lüge, keine Weisheit noch Heiligkeit, keine Trübsal noch Leid die Christenheit unterdrücken werden, sondern sie soll endlich den Sieg behalten und obliegen". In dieses Urteil mag auch der Exeget einstimmen, der heute nach dem christlichen Gehalt der Johannesoffenbarung fragt. Geht es doch darum, die Lehre zu verstehen: „Ich glaube eine heilige christliche Kirche." Denn - so läßt sich abschließend mit Luther sagen: „Wenn nur das Wort des Evangeliums bei uns rein bleibt und wir's lieb und wert haben, so sollen wir nicht zweifeln, Christus sei bei uns und mit uns, wenn's gleich auf's ärgste geht."20 19 Zu dieser Thematik vgl. E. Käsemann, „ Z u m T h e m a der urchristlichen Apokalyptik", in: Exegetische Versuche und Besinnungen II (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 6 1970) 129f. D a ß in der Johannesoffenbarung das T h e m a „Christus victor" im Zentrum ihrer Botschaft steht, hebt mit Recht hervor: B. Corsani, L'Apocalisse - guida alia lettura (Torino: Claudia, 1987). 20 M. Luther, Biblia: Das ist: Die gantze Heilige Schrift (Wittenberg: Hans Lufft 1545) C C C X CVII.

The Revelation of John and Pauline Theology The author of the book of Revelation sends to seven churches in Asia Minor, from Ephesus to Laodicea, the message that he had received from the risen and exalted Lord. In speaking to them, he testifies at the same time to the whole of Christianity the proclamation that only one is the Lord of Lords and King of Kings. Therefore, Christians who have understood the meaning of their confession cannot worship other deities or authorities. This clear statement has to be considered in view of the difficult situation into which it could lead the congregations in Asia Minor at the end of the first century CE. The emperor Domitian demanded that all in his vast empire should address him as Lord and God and prove their loyalty by participating in the cultic veneration of the Caesar. For the pagan population in Asia Minor this demand did not create particular problems, because they were familiar with the widespread Hellenistic idea that the deity was present in the person of the ruler or other outstanding personalities. So they could do what they were asked without much hesitation. For members of the Christian congregations, however, it was absolutely impossible to adore a human being as divine. So they had to be prepared to suffer the consequences of this demand and to follow their Lord in becoming martyrs in the true sense of the word: to give witness to the sincerity of their faith and to be prepared to be hit by persecution and death.1 John the prophet wishes to prepare the believers so that they might stand this test of faith and testimony. In order to explain what this situation means he describes a series of colorful pictures and visions that unfold "what must soon take place" (1:1). Christians are not allowed to have any illusions about the hard realities of history. Yet whatever might happen cannot hinder the coming of the kingdom of God. The most decisive event already took place; the almighty God demonstrated to whom the kingdom belongs, in Christ's suffering, death, and resurrection. Whoever, therefore, remains true and faithful in the final period of tribulation and temptation will participate in the coming glory, which shall be revealed soon. The assurance that God's Anointed One will come after a very short while may give strength and hope to the Christian congregations and help them to survive until the last judgment. Then all those who have remained faithful will inherit the kingdom of Christ and share his final triumph over the powers of evil.

1 Koester, Introduction 2:150-151.

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In the seven letters addressed to the churches, the prophet describes the concrete conditions under which Christians lived during this period. The situation is in no way presented in an idealized fashion. On the contrary, a realistic description is given about life in the congregations, what is being done by their members, and what was left undone in their daily life. There is light, but there is also much shadow and darkness. Appreciation for the endurance and steadiness of quite a number of Christians is expressed, but it is not overlooked that other groups are weak in their faith and have abandoned the love they had at first. Some of them are inclined to listen to false teachers who try to explain that Christian freedom includes the permission to do whatever one likes. Following them they do not hesitate to "eat food sacrified to idols and practice immorality" (2:14). Thus they fully participate in the social-religious life of the Hellenistic world and are convinced that even this is allowed for them. The prophet John preaches to the seven congregations in Christ's name testifying that he knows their deeds and their failures. The Lord is well informed about patient endurance, tribulation, and suffering among them, but he knows as well what false teachers have said. Their activities are criticized and the congregations are being invited to come back to a clear and convincing confession practiced in a way of life obedient to God's commands. They must repent; otherwise they will miss the future salvation and be left out when the Lord comes to lead them to everlasting glory. The first of these letters is sent to the church in Ephesus, the capital of the province and residence of the Roman governor. The congregation of Ephesus had been the center of the apostle Paul's activity during his stay in Asia Minor nearly half a century earlier. In view of the preaching of Paul as explained in his letters, it is surprising to find no hints of an ongoing influence of Pauline theology in the congregations reflected in the book of Revelation. Not a single verse mentions what Paul had said about justification by faith and the freedom of Christians who are no longer servants of the law but have become slaves of righteousness. Once they had been slaves of sin, law, and death, but now they have become obedient from the heart to the standard of teaching to which they were committed (Rom 6:17). Why is the sermon of repentance and renewal that is given by John the prophet to Christians in the former area of Pauline mission not combined with a reference to the gospel as it had been interpreted by the apostle? Paul on his part had not hesitated to use apocalyptic terms and images to underline what Christian faith and hope really mean, although he did not develop a picture of world history as it is set forth in the book of Revelation. However, this difference cannot explain the failure to mention a single syllable of Pauline thought. This fact is all the more astonishing in view of the fact that at the end of the first century CE there were some influential persons in Ephesus who were informed about Pauline theology and doctrine. We read

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in the Pastoral letters a clear testimony that Paul's work and theology were not entirely forgotten in this period. They were still being spoken of and discussed in order to find answers to new problems. Reading the book of Revelation, on the other hand, gives the impression that its author had never heard about Paul the apostle and his theology. John the prophet speaks of the twelve apostles in 18:20 and 21:14 without even mentioning that Paul too had been called to be an apostle. John points to the Twelve as to a circle that was closed. The names of the twelve apostles are written on the twelve foundations of the heavenly city of God, but the name of Paul the apostle is not mentioned. Was he forgotten? Or why is there not anywhere in the book of Revelation an allusion that would point either to the person or to the theology of Paul? When attempting to find an answer to this question a more thorough investigation may help us to go beyond a first impression. 1. John the prophet gives two introductions to his book. In the first three verses we read a foreword that mentions in solemn words the origin of his prophecy, its content, and those who should listen to his preaching. At the end a beatitude is pronounced to those who read aloud the words of the prophecy and to those who keep what is written therein, "for the time is near" (1:3). Then John begins a second time, saying "John to the seven churches in Asia" (1:4). Now he starts to formulate the preamble of a letter as we know it from early Christian documents in the New Testament. The author does not use the short formula of letters conventional in the Hellenistic world, in which usually only the sender and the addressee were named and a very short salutation was expressed: χαίρειν ("greeting"). In the New Testament writings this form is found in very few passages (Acts 15:23; 23:26; Jas 1:1). The normal introduction of a Christian letter followed the tradition common in the oriental world. Here the introduction of a letter had two parts. The first stated the names of sender and addressee, and the second contained a new sentence expressing the greeting: "Peace be with you." This sentence could be expanded by adding other wishes for the welfare of those who receive and read the letter. It was Paul who formulated this greeting, which describes the Christian message in a very concise form. Right at the beginning of his letters he wrote to the congregations: "Grace to you and peace" (1 Thess 1:1) or, in a more expanded form: "Grace to you and peace from god the Father and our Lord Jesus Christ" (Gal 1:3). Further words might be added to explain that grace and peace are the gift of Christ who offered himself for our sins. At the end a doxology could be added: To him "the glory for ever and ever" (Gal 1:5). In this formula phrases shaped by Christian liturgy were used to pronounce the blessings sent to the addressees. The liturgical structure of the formula at the

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beginning of a letter gives evidence that the letter was to be read aloud when the members of the church came together for worship. The last verses of Pauline letters underline this "setting in life": those who are not full members of the church must leave. The Christians kiss one another to demonstrate by this sign the reality of peace in which they belong together. And they pray maranatha, that is, "Our Lord, come" (1 Cor 16:22). The final blessing, "The grace of the Lord Jesus be with you" (1 Cor 16:23), repeats the blessing that was expressed at the beginning and leads to the eucharistic liturgy that was celebrated when the sermon or the reading of the epistle had finished. In the book of Revelation we find the same elements of introduction and conclusion as in the epistles of Paul. In the latest exegetical discussion this correlation has rightly been underscored.2 The introduction in the form of a letter was quite unusual in Jewish apocalyptic writings of that time. Yet this form was quite common in early Christianity, as can be seen from the Pauline letters. The epistolary form not only is an outward framework, but reveals the specific Christian character of the following message. This message is sent to the addressees who call on the name of the Lord. They are to listen to the greeting and blessing: "Grace to you and peace" (1:4). Because John the prophet makes use of this formula at the beginning of his book, the possibility of a connection with the common Christian practice as shaped by Paul the apostle cannot be overlooked. 2. In discussing whether the author of the book of Revelation should be considered a member of a so-called Johannine school, one must recall that the Johannine epistles do not include a single reference to or parallel with the Pauline formula. The first and third letters of John begin in totally different fashion; only the second letter might suggest a certain allusion to the introductory greeting as it is used in the Pastorals: "Grace, mercy, and peace" (2 John 1:3). In view of the differences between the opening passage of the book of Revelation and the epistolary formula in the Johannine letters, one must be skeptical about the theory of a so-called Johannine school to which John the prophet might have belonged.3 The formula with which the epistle directed to the seven churches in Asia Minor is begun shows far more similarities with the post-Pauline tradition that was developed in different ways in 2 See M. Karrer, Die Johannesoflfenbarung als Brief: Studien zum literarischen, historischen und theologischen Ort des Werkes (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1986); J. Roloff, Die Offenbarung des Johannes (Zürcher Bibelkommentare; Zurich: Theologischer Verlag, 1984) 15f.; E. Lohse, „Wie christlich ist die Offenbarung des Johannes?" NTS 34 (1988) 321338, esp. 325-328. 3 The hypothesis of a so-called Johannine school is critically discussed by E. Schüssler Fiorenza, "The Quest for the Johannine School: the Fourth Gospel and the Apocalypse," N T S 23 (1977) 402-27; reprinted in The Book of Revelation: Justice and Judgment (Philadelphia: Fortress Press, 1985) 85-113.

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the deutero-Pauline documents. Despite the indisputable fact that there are nearly no theological references to Pauline thinking in the book of Revelation, these connections found in the opening formula of the epistle should not be overlooked. The author of the book of Revelation makes use of the formula as it had been passed on in early Christian tradition, but he forms the content of the opening verses with a view to the message of his book. The origin of grace and peace is not identified as God the Father and the Lord Jesus Christ, but a threefold expression is formulated that already intones the melody of the whole book: "from him who is and who was and who is to come - and from the seven spirits who are before his throne - and from Jesus Christ the faithful witness, the firstborn of the dead, and the ruler of Kings on earth" (l:4f.). The title by which God's sovereignty is named does not speak of an unchangeable eternal being but points out that God, who was and is, will come. The seven spirits demonstrate in an apocalyptic expression the fullness of spirit that is given to each one of the seven congregations. The majesty of Jesus Christ is described in view of the testimony he had given until his death on the cross, his resurrection from the dead, and his enthronement as King of Kings and Lord of Lords. In these phrases apocalyptic traditions and the Christian confession are connected to illustrate the universality of the good news of the gospel. 3. It is thus consistent that the author continues by connecting the introductory greeting with a doxology that also is expressed by phrases of the common Christian creed: "To him who loves us and made us a kingdom, priests to his God and Father, to him be glory and dominion for ever and ever. Amen" (1:5b-6). This doxology might be compared to the words of praise by which Paul concludes the introductory passage in the Letter to the Galatians (1:5). By means of the key concepts of redemption and the calling to kingdom and priesthood, the christological confession is combined with ecclesiology. The church of God belongs to the exalted ruler and is appointed to participate in his kingdom, being obliged to serve him in priestly holiness and praise him as is his due.4 Although the apocalyptic terminology may appear a strange tool to interpret the meaning of the Christian faith, it is quite evident from the introduction of the book of Revelation that its author is a Christian prophet who wishes to proclaim the gospel of Christ. 4. The final passage of the book corresponds to the opening. Here also the author follows the pattern as developed by Paul. In these verses the wish that God's grace might remain with the addressees is articulated: "The grace of the Lord Jesus be with all the saints" (22:21). A sharp division between those 4 See P. van der Osten-Sacken, „Christologie, Taufe Homologie - Ein Beitrag zu Ape J o h 1.5f.", Z N W 58(1967) 255-266.

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who believe in Christ and those who are standing outside is made, and the eschatological hope is expressed in the words "Amen, come, Lord Jesus" (22:20). This suggests that the Eucharist was to be celebrated after the reading of the letter. Thus the framework of the book of Revelation fits perfectly into the pattern shaped by Paul in 1 Corinthians. This pattern had in the meantime become quite common in early Christianity. It was used whenever someone wished to send a Christian message in written form to potential readers or hearers in the church. We find the influence of such pattern not only in the deutero-Pauline literature but also in some of the so-called Catholic letters, and John the prophet also brings his message to the seven churches into the framework of such a Christian letter. 5. Not only the formal connection but also the content that is put into this pattern reminds us of the intention that Paul had in mind: to preach the gospel and to interpret its meaning in view of the actual situation of the Christian church. We find a quotation of the common Christian creed (l:5f.) not only in the opening passages of the book of Revelation but also within the corpus of apocalyptic visions and images: Again and again christological titles and traditional phrases of Christian confession are used. As in other early Christian writings, Christ is here named Messiah, Son of David, Lord, Son of God, and, very often, the Lamb (of God). These titles are used in different passages, one emphasized more than another, but none of them is missing.5 In this context it is striking that only in 2:18 is Christ named Son of God. In the letter to the church in Thyatira a comprehensive quotation from Psalm 2(w. 8-9) is given, and although v. 7 is not quoted here, it may be alluded to in the use of the title Son of God: "You are my son, today I have begotten you." But apart from this passage of scripture, the Messiah was not called "son of God" in contemporary Judaism. In the syncretistic world of the Hellenistic period this title could be misunderstood to imply a physical descent from God. To avoid this misunderstanding the Jews were extremely careful about applying a title to the Messiah that could possibly lead to a false interpretation of the eschatological hope. John the prophet shares this careful use of the second psalm and the title Son of God. Since he is closely enough related to Jewish presuppositions to understand the messianic hope, he tries to interpret the christological confession in such a way as to enable people brought up under Judaism to grasp its meaning. The author of the book of Revelation shares with early Christians in general the common creed expressed by the titles to describe Christ's majesty. John the prophet uses these tides always in view of their Old Testament background and their interpretation in the Jewish tradition. By quoting these titles in this context he wishes to 5 See T. Holtz, Die Christologie der Apokalypse des Johannes (2nd ed.; Berlin: AkademieVerlag, 1971).

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stress the continuity from prophecy to fulfillment. What was promised in the Holy Scripture is fulfilled in Christ. That means that everyone who believes in Christ receives salvation and freedom from him. 6. The experience of redemption can in no way be won by human activity or effort; it is given by God's overwhelming mercy. Therefore, John the prophet explains the meaning of the good news in Pauline theology: That Christ has freed us from our sins by his blood, confessed in traditional phrases (1:5; cf. Rom 3:25), means that those who trust in him "have washed their robes and made them white in the blood of the Lamb" (7:14; cf. 22:14). Gratuitously they have received the total renewal of their life. They are called to accept the invitation: "To the thirsty I will give from the fountain of the water of life without payment" (21:6). This invitation is repeated at the end of the book: "And let him who is thirsty come, let him who desires take the water without price" (22:17). Christ who suffered for our sake gives freedom to those who trust in him and are willing to follow him no matter what might happen. In these verses we read applications of the common early Christian message by which the prophet wishes to comfort and strengthen the congregations in their tribulation, difficult times in which they might be tempted to give up their faith. 7. It is not only the danger coming from outside but also the uncertainty within the Christian church that might weaken faithfulness and perseverance. In the seven letters that are sent to the congregations in Asia Minor this threat is often described. 6 There are false teachers who are labeled "Nicolaitans" (2:6, 16). They claim to be true in interpreting the scriptures, but they lay claim to an unrestricted liberty that allows them free sexual behavior and unhindered participation in the way of life of the non-Christian surrounding society. They pretend to have the right knowledge, that is, insight into "the deep things of Satan" (2:24), so that they feel free to come in contact with heathen practices. It is not impossible that these tendencies represent certain consequences of early gnostic teaching and ethics already developed in some congregations founded by Paul. Some of those inclined to adhere to these tendencies tried to argue that they had understood what Christian freedom, about which Paul had preached, really means. Paul is very sharp in his criticism of this movement, as we learn especially from his correspondence with the congregation in Corinth. But he could not prevent gnostic teachers, both during his lifetime and later on, from declaring themselves to be true followers of the apostle. Probably certain influences from such circles were active in the church of Asis Minor at the end of the century. Some of these false teachers claimed to be apostles (2:2), possibly using slogans that could have been derived from Pauline sentences interpreted in a 6 See Robinson-Koester, Trajectories, 148.

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way that would justify gnostic teaching and behavior. One can only speculate about loose connections of that sort. In the Book of Revelation it is stated only that these teachers are heretics and therefore really not apostles at all (2:2). But no polemic is found against slogans of misinterpreted Pauline sentences such as the polemical arguments put forward by the author of the epistle of James, fighting against positions that are falsely derived from Pauline theology. John the prophet stresses that deeds are required as witness of the totality of Christian life, but he seems never to have heard of the problem of the relation of faith to works. He is eager to defend Christian orthodoxy by his prophetic message, which he preaches in the language of apocalyptic to explain that Christ alone is Lord and king.7 To sum up these oberservations: It still remains surprising that no explicit traces of Pauline theology are found in the book of Revelation. A historical reflection might help to explain this lack of specific Pauline influence in the book of Revelation. The Jewish war and the capture and destruction of Jerusalem in 70 CE made quite a number of Palestinian Christians leave their country and come to Asia Minor. Their arrival changed the character of the congregations in that region. It is to be supposed that the prophetic traditions that stand behind the author of the book of Revelation are of Palestinian origin and became influential when the time of the Pauline mission had passed. In these traditions the name and theology of Paul were nearly unknown. They were entirely related to the inheritance of the twelve apostles. Although there are some similarities in the interpretation of the common creed between the Pauline letters and the book of Revelation, John the prophet writes his message without taking notice of the work of Paul the apostle. Only by the fact that his book is written in the formal shape of a Christian letter does he give a weak indication that he intends to continue proclaiming the same gospel that had been preached by Paul in Asia Minor. Despite the different character of the Letters sent by Paul and John the prophet to the churches in Asia Minor the two agree in underlining what is most important for the church in every period: to trust in the good news that grace and peace are given by God the Father and the Lord Jesus Christ.

7 See W.Bauer, Orthodoxy and Heresy in Earliest Christianity, trans, and ed. RA. Kraft and G. Krodel (Philadelphia: Fortress Press, 1971) 179.

Synagoge des Satans und Gemeinde Gottes ^um Verhältnis von Juden und Christen nach der Offenbarung des Johannes*

In den sieben Sendschreiben, die in der Offenbarung des Johannes an die Gemeinden in Kleinasien gerichtet werden, wird auch das Verhältnis zu den Juden angesprochen und mit schroffer Polemik bedacht. Zur Gemeinde in Smyrna sagt der erhöhte Herr durch den Mund des Propheten die Worte: „Ich kenne deine Bedrängnis und deine Armut - du bist aber reich - und die Lästerung von denen, die sagen, sie seien Juden und sind's nicht, sondern sind die Synagoge des Satans." (2,9) Und in ähnlicher Formulierung heißt es im Blick auf die Gemeinde in Philadelphia: „Siehe, ich werde schicken einige aus der Synagoge des Satans, die sagen, sie seien Juden, und sind's nicht, sondern lügen; siehe, ich will sie dazu bringen, daß sie kommen sollen und zu deinen Füßen niederfallen und erkennen, daß ich dich geliebt habe." (3,9) In noch stärkerem Maße als Betrachtern früherer Zeiten müssen den heutigen Leser diese Sätze als überaus schroffe und scharf zugespitzte Äußerungen anmuten. 1 Wie können Christen in dieser Weise von Juden oder gar zu ihnen reden? Welches war die ursprüngliche Absicht dieser Worte? Und auf welches Verhältnis zwischen Juden und Christen, wie es gegen Ende des 1. Jh.s n.Chr. in Kleinasien bestanden haben mag, lassen sie schließen? Mustert man die Reihe der sieben Sendschreiben nacheinander, so fällt auf, daß in ihnen Lob über den guten Zustand einiger Gemeinden und Tadel über Schwäche und Lauheit von Glauben und Leben in anderen in bunter Folge miteinander wechseln. In mehreren der Briefe wird sowohl Tadel wie auch Lob ausgesprochen. Die an die Christenheit gerichtete Botschaft soll zu Umkehr und Erneuerung, Treue und Standfestigkeit anhalten, damit die erwartete Zeit der Prüfung bestanden werden kann. Die Briefe an die beiden Gemeinden, in denen die gegen die Synagoge geschleuderte Polemik enthalten ist, werden jedoch mit keinem Wort des Tadels bedacht. Vielmehr wird ausdrücklich vermerkt, die angefochtene und bedrängte Gemeinde in Smyrna sei ungeachtet ihrer äußeren Armut in Wahrheit reich, so daß man von ihr werde erwarten können, daß sie Treue hält (2,9f). Und von der Gemeinde * Franz Delitzsch Vorlesung 1989. 1 Vgl. hierzu besonders W. Schräge, Meditation zu Offenbarung 2,8-11, EvTh 48 (1988) 388403; ferner: M. Rissi, Das Judenproblem im Lichte der Johannesapokalypse, ThZ 13 (1957) 241-259.

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in Philadelphia wird gerühmt, sie habe zwar nur eine kleine Kraft, doch habe sie das Wort des Herrn bewahrt und seinen Namen nicht verleugnet (3,8). Angesichts dieser positiven Beurteilung wird man schwerlich der gelegentlich geäußerten Vermutung zustimmen können, unter den Juden, denen dieser Ehrenname abgesprochen wird, seien nicht Glieder der Synagoge, sondern judenchristliche Gnostiker zu verstehen, die in den Gemeinden aufgetreten seien.2 Auch wird man jene Juden nicht mit anderen häretischen Kreisen innerhalb der frühen Christenheit in Verbindung bringen können, die Auseinandersetzungen in den Gemeinden hervorgerufen haben. 3 Da die als Juden bezeichnete Gruppe, die in den Sendschreiben nach Smyrna und Philadelphia genannt wird, nicht aus den Gemeinden selbst hervorgegangen ist, sondern ihnen von außen gegenübertritt, wird man allen Erwägungen den Abschied geben müssen, die für unsere Ohren kaum erträgliche Schärfe der Polemik dadurch abzumildern, daß man sie als innerchristliche Kontroverse verständlich zu machen sucht.4 Die schroffen Aussagen, die das Gegenüber von Synagoge und Gemeinde charakterisieren sollen, betreffen also in der Tat das Verhältnis zwischen Juden und Christen, deren Wege sich getrennt haben bzw. voneinander zu scheiden beginnen. Doch schwingt in der Schärfe der Abgrenzung zugleich tiefer Schmerz über das gegenseitige Nicht-Verstehen mit. Denn der Seher Johannes möchte auf das Wort Jude seinerseits keineswegs verzichten, sondern es für seine Gemeinden und sich selbst festhalten. Offensichtlich kommt er selbst aus dem Judentum und begreift dessen Namen als einen Ehrentitel, den Christen zu bewahren haben. Wer aber kann als rechter Israelit gelten? Und wem steht es zu, sich in Wahrheit Jude nennen zu dürfen? Um die angemessene Beantwortung dieser Frage wird gerungen. Und wenn auch das Verhältnis zwischen Juden und Christen im Lauf der Jahrhunderte von namenlosem Leid, unsagbarer Schuld und tiefem Unverständnis belastet worden ist, so ist doch diese Frage nach wie vor allen Bedenkens wert, wie E. Lohmeyer, ein gelehrter Interpret der Johannesoffenbarung, 5 in einem bewegenden Brief, den er am 19. August 1933 an Martin Buber richtete, zum Ausdruck gebracht hat: „Ich hoffe, daß Sie mit mir darin übereinstimmen werden, daß der christliche Glaube nur so lange christlich ist, als er den jüdischen in seinem Herzen trägt... Das soll zunächst nichts weiter sa2 So H. Köster, Einführung in das Neue Testament im Rahmen der Religionsgeschichte und Kulturgeschichte der hellenistischen und römischen Zeit, Berlin 1980, 689; vgl. auch H. Köster/J.-M. Robinson, Entwicklungslinien durch die Welt des frühen Christentums, Tübingen 1971, 138. 3 So H. Kraft, Die Offenbarung des Johannes, H N T 16a, Tübingen 1974, 61. 4 Vgl. zutreffend U.B. Müller, Die Offenbarung des Johannes, Ökumenischer Taschenbuchkommentar zum neuen Testament 19, Gütersloh u.a. 1984, 107. 5 Vgl. E. Lohmeyer, Die Offenbarung des Johannes, H N T 16, Tübingen 1926, 2 1953.

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gen, als daß diese Frage von Judentum und Christentum nicht zwischen Part und Widerpart hin- und hergeworfen werden kann, sondern daß es eine innere, den eigenen Ernst und die eigene Wahrheit erschütternde Frage des Glaubens ist. Ich wüßte" - so fährt Lohmeyer fort - „für einen christlichen Theologen fast nichts, wo das ,tua res agitur' ihn so gefangennehmen sollte, wie diese Frage des Judentums. Und es ist für mich eine bittere Erfahrung, daß in unserer christlichen wie theologischen Öffentlichkeit man so leichthin politischen oder sonstwie gefärbten Schlagworten zuneigt ,..".6 Suchen wir - zu behutsam und sorgfältig abgewogener Urteilsbildung bereit - genauer in Erfahrung zu bringen, wie Juden und Christen zur Zeit, als die Offenbarung des Johannes abgefaßt wurde, einander gegenüberstanden, so gilt es, die damalige Situation so präzis als möglich in den Blick zu nehmen. Für Außenstehende mochten die kleinen Gruppen von Christen, die sich teilweise von Synagogen abgespalten, teilweise aus ehemaligen sogenannten Gottesfürchtigen oder auch Heiden zusammengefunden hatten, zunächst weithin als Gemeinschaften erscheinen, die in den weiteren Zusammenhang des im Römischen Reich weit verbreiteten Judentums hineingehörten. Gegen Ende des 1. Jh.s n. Chr. kann der jüdische Geschichtsschreiber Josephus nicht ohne Stolz sagen: „Man kann nicht leicht einen Ort in der Welt finden, welcher dieses Volk nicht beherbergt und nicht in seiner Gewalt ist. So kommt es, daß Ägypten und Kyrenäa, die in ihre Hände gefallen sind, und viele andere Städte die Sitten derselben nachahmen, der großen Schar der Juden auf ganz besondere Weise zugetan sind und mit ihnen mächtig werden, indem sie nach den altüberkommenen Sitten der Juden leben. In Ägypten haben sie Bürgerrecht und ein großer Teil von Alexandria ist sogar diesem Volk besonders eingeräumt; sie haben einen eigenen Vorsteher, der ihre Angelegenheiten besorgt, ihre Händel schlichtet und ihre Kontrakte und Verträge bekräftigt, als wenn er ein selbständiger Herrscher wäre." (Ant X I V 115-117) Man wird die Zahl der Juden, die im 1 .Jh. n. Chr. im Römischen Reich lebten, auf 4 V2 Millionen - von ihnen V2 bis 3A Million in Palästina - schätzen dürfen, was einem Anteil von etwa 7 % der Gesamtbevölkerung entsprochen haben wird. Die Gesamtzahl der Christen hingegen wird um die Jahrhundertwende kaum mehr als 50 000 betragen haben. 7 Wenngleich diese Zahlen nur annähernde Größen angeben können, so können sie doch die sicherlich zutreffende Feststellung verdeutlichen, daß die frühen christlichen Gemeinden nur kleine Gruppen darstellten, die neben den weitaus größe-

6 Zitiert nach M. Hengel, Zur matthäischen Bergpredigt und ihrem jüdischen Hintergrund, T h R 52 (1987) 365 Anm. 67, vgl. auch E. Stegemann, Ernst Lohmeyer an Martin Buber, Kirche und Israel 1 (1986) 5 - 8 . 7 Vgl. R.I. Wilken, Die frühen Christen - wie die Römer sie sahen, Graz 1986, 45.

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ren Synagogengemeinden kaum sichtbar wurden. Noch zu Ende des l.Jh.s n. Chr. wurde von den meisten Menschen im Römischen Reich das Christentum kaum wahrgenommen oder beachtet.8 Die Synagogen aber stellten damals eine weitaus bedeutendere Erscheinung dar als die kleinen christlichen Gemeinden, die in den Sendschreiben der Johannesoffenbarung angesprochen werden. Angesichts dieses Verhältnisses hinsichtlich der Größe und Bedeutung der Synagogen auf der einen und der christlichen Gemeinden auf der anderen Seite rückt die Polemik, deren Inhalt und Sinn wir bedenken, in eine andere Perspektive, als sie im Licht späterer Gegenüberstellung erscheint. Die jüdischen Gemeinden konnten sich im Römischen Reich einer rechtlich gesicherten Stellung erfreuen, die sie auch von der Verpflichtung freistellte, vor den Bildern des Kaisers huldigen zu müssen. Die Christen hingegen konnten diesen Schutz nicht - oder nicht mehr - genießen, suchten doch die Juden sorgsam darüber zu wachen, daß nicht von Unbefugten die ihnen zustehenden Rechte in Anspruch genommen würden. Ungeachtet der kleinen Zahl ihrer Glieder waren die christlichen Gemeinden davon überzeugt, daß der gekreuzigte und auferstandene Christus, zu dem sie sich bekannten, der Herr aller Herren und König aller Könige sei, der - wenn auch vor den Augen der Menschen noch verborgen - die Herrschaft über alle Welt bereits angetreten hat und kommen wird, um seine Hoheit offenbar zu machen. In diesem Glauben waren sie dessen gewiß, daß die Frage, wem das Regiment über Himmel und Erde gebührt, bereits gültig entschieden und ein für allemal beantwortet worden ist.9 Zur Begründung dieser ihrer Überzeugung beriefen sie sich darauf, daß die Verheißungen Gottes in Christus erfüllt seien und daher ihm allein die Verehrung als Kyrios zu erweisen ist. Dieses Bekenntnis der Christen mußte sie in Konflikt mit der vom römischen Staat erhobenen Forderung bringen, den Kaiser als göttliche Epiphanie zu ehren. Da unter der Herrschaft Domitians dieses Verlangen in Kleinasien mit besonderer Dringlichkeit geltend gemacht wurde, hatten sich die kleinen Gruppen der Christen auf gefährliche Bedrängnis und bittere Verfolgung gefaßt zu machen. Für diese Stunde der Bewährung möchte die Botschaft, die der Seher Johannes in seinem Buch ausrichtet, die Gemeinden in der Gewißheit bestärken, sich nicht von der Überzeugung abbringen zu lassen, daß Christus allein der Name „König aller Könige und Herr aller Herren" (17,14; 19,16) zusteht und darum gegenüber dem staatlich verordneten Herrscherkult kein Nachgeben und keine denkbare Kompromißlösung möglich ist. 8 Vgl. Wilken, Christen (s.o. Anm. 7) 10. 9 Vgl. E. Käsemann, Der Ruf der Freiheit, Tübingen 51981, 174—192; sowie ders., Zum Thema der urchristlichen Apokalyptik ZThK 59 (1962) 257-284 (wieder abgedruckt in: Exegetische Versuche und Besinnungen, Bd. 2, Göttingen 61970, 105-131, hier 121—123.129f.).

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Die schwierige Lage der Christen wurde sicherlich zusätzlich dadurch belastet, daß es an einzelnen Orten zu Streitigkeiten mit der örtlichen Synagoge kam und diese Auseinandersetzungen vor den Augen der staatlichen Behörden nicht verborgen blieben. Hier und da wurden von jüdischer Seite wie schon in der Apostelgeschichte erzählt wird - Vorwürfe und Anklagen bei der römischen Obrigkeit anhängig gemacht, die diese aufgreifen und untersuchen mußte.10 Derartige Vorgänge mögen dazu beigetragen haben, daß von Seiten der Christen das scharfe Wort laut wurde, einer Synagoge des Satans gegenüberzustehen. Doch darf aus solcher Polemik nicht der Schluß abgeleitet werden, nach der Offenbarung des Johannes sei die Gefährdung, vor der die christlichen Gemeinden stehen, vornehmlich oder gar ausschließlich dadurch verursacht, daß den Christen feindlich gesonnene Juden den für die Kirche bedrohlichen Konflikt heraufgeführt hätten. Der amerikanische Exeget Beagley, der diese These kürzlich mit Nachdruck vertreten hat, macht zu ihrer Begründung geltend, daß im 11. Kapitel der Johannesoffenbarung davon die Rede ist, Jerusalem - der Ort, wo auch der Herr gekreuzigt wurde - sei die gottlose Stadt (11,8), so daß die in diesem Zusammenhang genannten Bewohner der Erde (11,10) als die Bewohner des Landes - nämlich Palästinas - anzusehen seien." Die polemischen Äußerungen, die in den Sendschreiben gegen die Synagogen gerichtet werden, sollen seiner Ansicht nach mit der Annahme erklärt werden, in der Offenbarung des Johannes werde von Anfang bis Ende eine Auseinandersetzung mit dem Judentum vollzogen, das nicht begriffen habe, daß Fall und Zerstörung Jerusalems ein Zeichen für die Verwerfung des Israel nach dem Fleisch darstelle.12 Durch den Seher Johannes werde daher das irdische Jerusalem durchweg negativ beurteilt als Repräsentant des ungläubigen Israel, das Christus abgewiesen habe und sowohl seine Boten wie auch das Evangelium ablehne, das sie predigen.13 Nun liegt sicherlich der Schilderung im 11. Kapitel eine ältere Tradition zugrunde, die ursprünglich auf den Tempel und die Stadt Jerusalem bezogen ist. Doch hat diese im Zusammenhang der Botschaft, die der Seher Johannes entfaltet, eine neue Akzentuierung erfahren,

10 Vgl. hierzu auf der einen Seite die frühe Nachricht bei Sueton, Vita Claudii 25: Kaiser Claudius „Iudaeos impulsore Chresto assidue tumultuantes R o m a expulit". In dieser N o tiz wird irrtümlicherweise vorausgesetzt, ein gewisser Chrestus habe Unruhe unter den Juden entfacht. Tatsächlich wird es aufgrund der Christusbotschaft zu Streitigkeiten unter den Juden gekommen sein, die dann Claudius zum Anlaß nahm, die Juden aus R o m auszuweisen. Für Kleinasien bezeugt das Martyrium des Polykarp, daß jüdische Vorwürfe mit dazu beitrugen, die staatlichen Behörden zum Einschreiten gegen die Christen zu veranlassen (siehe unten S. 229). 11 Vgl. A.J.Beagley, T h e „Sitz im Leben" of the Apocalypse with particular reference to the role of the church's enemies, B Z N W 50, Berlin 1987, hier 3 4 - 3 6 . 12 Vgl. Beagley, Sitz im Leben (s.o. Anm. 11) 112 u.ö. 13 Vgl. Beagley, Sitz im Leben (s.o. Anm. 11) 178.

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so daß die erhoffte Bewahrung der heiligen Stätte auf die Rettung des Gottesvolkes gedeutet wird. Daher ist es nicht gerechtfertigt, die Aussagen, die in der überkommenen Uberlieferung enthalten sind, auf die gesamte Johannesapokalypse zu beziehen und in einer Weise auszudehnen, die den fälschlichen Eindruck erwecken könnte, als ob Jerusalem und nicht Rom die gottlose Stadt sei, die trunken ist vom Blut der Heiligen und vom Blut der Zeugen Jesu (17,6). Wie der Satan allerorten sein Wesen treibt - selbst innerhalb der Gemeinden so steht er als der eigentliche Verursacher hinter dem heraufziehenden Konflikt, für den die Gemeinde gerüstet sein muß. In der gespannten Situation, in der sich die kleinasiatische Christenheit zum Ende des 1. Jh.s n. Chr. befand, ist das Verhältnis zwischen Juden und Christen zwar von polemischer Gegenüberstellung gekennzeichnet, aber Brücken des Gesprächs sind noch keineswegs endgültig abgebrochen. Vielmehr schreibt der Seher Johannes seine Verkündigung so nieder, daß er nicht nur die sieben kleinasiatischen Gemeinden, sondern auch zum Nachdenken bereite jüdische Hörer - und möglicherweise auch einzelne Leser - im Blick behält. Auf welche Weise er dabei zu argumentieren sucht, sei an seinem Schriftgebrauch, an der von ihm entfalteten Christologie und an seinem Verständnis der Kirche des näheren betrachtet, um mit Hilfe der hierbei anzustellenden Erwägungen auch die polemischen Äußerungen in den Zusammenhang der ganzen Johannesapokalypse einzuordnen und sie von daher zu beleuchten. Da das endzeitliche Geschehen, das der Seher Johannes beschreiben will, in Gottes Geschichtsplan festgelegt ist, erscheint die Sprache des Alten Testaments als die allein angemessene Ausdrucksweise um darzulegen, „was in Kürze geschehen muß" (1,1). Doch an keiner Stelle wird mit einer entsprechenden Formel wie „es steht geschrieben", „wie geschrieben ist" oder dergleichen ein wörtliches Schriftzitat eingeführt, um auf eine bestimmte Stelle oder einen ausdrücklich aufgenommenen Satz aufmerksam zu machen. Vielmehr ist die Sprache der Johannesapokalypse von Anfang bis Ende von biblischen Wendungen durchzogen, die fast stets aus dem Urtext genommen und in ein hebraisierendes Griechisch übertragen sind. Mit Hilfe dieses „heiligen Stils"14 wird angezeigt, daß die Offenbarung Jesu Christi auf den Verheißungen der Schrift ruht und deren Erfüllung und Vollendung bringt. So wird - um ein Beispiel zu nennen — die Beauftragung des Johannes durch den erhöhten Herrn in Wendungen beschrieben, die nahezu Vers für Vers aus dem Danielbuch herrühren, jedoch nun in einen neuen Zusammenhang gebracht sind, der von der Erscheinung dessen handelt, der tot war, jetzt aber lebendig ist von Ewigkeit zu Ewigkeit und die Schlüssel des Todes und der

14 Vgl. Lohmeyer, Offenbarung, H N T (s.o. Anm. 5) 198.

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Hölle in Händen hält (1,19). Werden die prophetischen Ausführungen des Johannes in der Gemeindeversammlung verlesen, so muß die Wucht ihrer in der Schrift gegründeten Verkündigung unüberhörbar hervortreten. Von den alttestamentlichen Büchern werden vor allem die Schriften der Propheten Jesaja, Jeremia, Ezechiel und Sacharja sowie die Danielapokalypse häufig verwendet, weil ihre Botschaft der prophetischen Predigt, wie sie den Gemeinden weiterzugeben ist, den ihr entsprechenden Ausdruck zu verleihen vermag.15 Sind die Ausführungen des Johannes somit ständig von Anspielungen auf prophetische Worte durchzogen, so wird dadurch nicht nur angezeigt, daß der Seher sich in die Reihe der alttestamentlichen Propheten hineinstellt und sich als „abschließender Ausleger der alttestamentlichen Prophetie" begreift.16 Er sieht vielmehr - wie J.-W. Taeger in einem kritischen Forschungsbericht mit Recht angemerkt hat - die ihm gestellte Aufgabe nicht allein darin, alttestamentliche Prophetie fortzusetzen oder abschließend auszulegen,17 sondern er liest im Licht des Christusgeschehens das Alte Testament unter einem ganz neuen Blickwinkel,18 so daß er im Zeichen der bereits eingetretenen Erfüllung die zukünftige Einlösung der noch ausstehenden göttlichen Verheißungen ansagen und beschreiben kann.19 An den biblischen Wendungen, deren sich der Verfasser der Johannesapokalypse bedient, hält er selbst dann fest, wenn sie sich nicht mehr ganz in den Zusammenhang einfügen, in den er sie einrücken möchte. So wird im 4. Kapitel auf die Vision im 1. Kapitel des Buches Ezechiel Bezug genommen. Dort war von den Rädern des himmlischen Thronwagens gesagt worden, ihre Felgen seien ringsum voller Augen gewesen (Ez 1,18). In der Schilderung des himmlischen Thronsaals, die der SeherJohannes entwirft, heißt es, in der Mitte von Gottes Thron und um den Thron herum stünden vier himmlische Gestalten, von denen jede sechs Flügel habe, „und sie waren rings herum und innen voller Augen" (4,6.8). Diese Charakterisierung paßt jedoch zwar zu dem bei Ezechiel verwendeten Bild der vier Räder des Thronwagens, doch stimmt sie nicht recht zur Beschreibung der vier Wesen mit je sechs Flügeln. Gleichwohl wird der alttestamentliche Ausdruck festgehalten, weil

15 Vgl. hierzu die Übersicht, die einerseits zu Zitaten, andererseits zu Anspielungen auf alttestamentliche Stellen von F.D. Mazzafern gegeben wird: The Genre of the Book of Revelation from a scource-critical perspective, BZNW 54, Berlin 1989, 385f. 16 So Kraft, Offenbarung, H N T (s.o. Anm. 3) 16. 17 Vgl. J.-W. Taeger, Einige neuere Veröffentlichungen zur Apokalypse des Johannes, Verkündigung und Forschung 29 (1984) 50-75, hier 56. 18 Vgl. A. Feuillet, L'Apocalypse. Etat de la question, SN.S 3, Paris u.a. 1963, 65-67. 19 Als eines unter vielen anderen Beispielen sei das Motiv vom Lebenswasser genannt, dem J.-W. Taeger eine eingehende Untersuchung gewidmet hat. Darin wird gezeigt, wie sich der Verfasser der Apk „in seinen Formulierungen an atl. Prophetenworte anlehnt und mit ihnen das Lebenswasser-Motiv verbindet" (Johannesapokalypse und johanneischer Kreis, BZNW 51, Berlin 1989, 75).

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die Gott dienenden Wesen mit biblischen Wendungen geschildert werden sollen.20 In der folgenden Vision erblickt der Seher auf der Hand des Thronenden eine Buchrolle, die auf der Innen- und Rückseite beschrieben ist (5,1). Dabei ist offensichtlich daran gedacht, daß die Buchrolle innen und außen beschrieben ist nach Art von antiken Urkunden, die den auf der Innenseite notierten Text noch einmal auf der Außenseite tragen. Wenn der Inhalt der Urkunde umstritten sein sollte, können die Siegel von einem Gericht geöffnet werden, um die Übereinstimmung des außen und innen verzeichneten Wortlauts nachzuprüfen. Auch hier liegt eine Anlehnung an eine Formulierung des Propheten Ezechiel vor (Ez 2,10). Dort ist davon die Rede, der Prophet habe eine Schriftrolle erblickt, die wegen der überquellenden Fülle an Klage, Ach und Wehe auf der Vorder- und Rückseite beschrieben worden war. Obwohl nun Johannes nicht von einem sogenannten Opisthographon, sondern sicherlich von einer Urkunde sprechen will, behält er doch die biblische Wendung bei - ohne Rücksicht darauf, ob sie nun noch wirklich in den Zusammenhang hineinpaßt. Doch der biblische Klang des Ausdrucks ist für den Seher Johannes von grundsätzlicher Bedeutung, enthält doch die Buchrolle den endzeitlichen Geschichtsplan Gottes, in den dieser seine Knechte, die Propheten, schon hat hineinschauen lassen.21 Indem in der Johannesoffenbarung bei der Lektüre der biblischen Schriften nicht auf die Bücher der Thora, sondern auf die der Propheten der Ton gelegt wird, ist einem vom Gesetz geleiteten Verständnis der Schrift, wie es sich in der Synagoge als bestimmend herausbildete, eine Interpretation entgegengestellt, die im Licht des Christusgeschehens die biblischen Bücher als Ausdruck der auf diese Erfüllung bezogenen Verheißungen begreift. In diesem Licht werden auch die - weitaus seltener angeführten - Zitate und Hinweise auf den Pentateuch betrachtet; denn unter dem „Königreich von Priestern und heiligen Volk", das sich am Sinai einfand, um das Gottesgesetz zu empfangen (Ex 19,6), wird nun das Volk aus allen Völkern verstanden, das sich zu Christus bekennt, „der uns liebt und uns erlöst hat von unsern Sünden mit seinem Blut und uns zu Königen und Priestern gemacht hat vor Gott, seinem Vater"(Apk l,5f). Indem auf diese Weise die Juden und Christen gemeinsamen heiligen Schriften vom Christusbekenntnis her ausgelegt werden, sollen nicht nur ehemalige Heiden als Erben der Verheißung, sondern gerade auch Juden angesprochen werden, denen die biblischen Worte vertraut sind. Sie sollen eingeladen werden, damit auch sie die frohe Botschaft annehmen. 20 Vgl. E. Lohse, Die alttestamentliche Sprache des Sehers Johannes, Z N W 52 (1961) 122126, hier 123f. (wieder abgedruckt in: Dm., Die Einheit des Neuen Testaments, Göttingen 1973 (= 2 1976) 329-333, hier 330f. 21 Vgl. Lohse, Sprache (s.o. Anm. 20) 124f. (= 331 f.).

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Daß Gottes Zusagen in dem gekreuzigten, auferstandenen und erhöhten Christus gültig eingelöst worden sind, sucht der Seher Johannes in der von ihm entfalteten Christologie zum Ausdruck zu bringen. Deren Verständnis ist durch die lehrreiche Abhandlung, die T. Holtz zur Christologie der Apokalypse des Johannes vorgelegt hat, eingehend untersucht worden.22 Für den Zusammenhang unserer Überlegungen ist nicht das gesamte Spektrum der Aussagen zu erörtern, sondern darauf zu achten, inwiefern auch in den christologischen Aussagen das Verhältnis zwischen Kirche und Judentum Berücksichtigung gefunden hat. Unter den christologischen Titeln, die in der Johannesoffenbarung verwendet werden, nimmt der des Lammes die wichtigste Stelle ein. Die urchristliche Verkündigung hat diese Bezeichnung bereits auf Christus angewendet und ihn sowohl als Passa- wie auch als Opferlamm bezeichnet (1 Kor 5,7; 1 Petr 1,19; Joh 1,29.36). In der Johannesoffenbarung wird der Titel zum ersten Mal in der Vision des 5. Kapitels genannt. Der Seher erblickt das mit sieben Siegeln verschlossene Buch und vernimmt die bedrückende Feststellung, niemand im Himmel und auf der Erde sei als würdig erfunden worden, das Buch zu öffnen und einzusehen. Allein das Lamm, das inmitten des himmlischen Thronsaales erscheint, darf das Buch entgegennehmen und seine Siegel lösen. Das Lamm wird als geschlachtetes, aber zum Leben erwecktes Opferlamm vorgestellt. Es trägt am Hals noch die Wunde vom Schächtschnitt. Zugleich aber wird der Hinweis als eine nicht voll zutreffende Aussage hingestellt, indem es heißt: „wie geschlachtet" (5,6). Denn das Lamm ist nicht im Tod geblieben, sondern hat den Tod überwunden und die Herrschaft über die Welt angetreten. Der Titel des Lammes faßt daher sowohl den Hinweis auf den Opfertod Christi wie auch den Ausdruck der Herrschaft zusammen, die dem erhöhten Herrn übertragen ist. Auf der einen Seite sind durch den Kreuzestod Christi Erlösung und Befreiung bereits Wirklichkeit geworden. Auf der anderen Seite aber wird erst bei seiner Parusie das Heilsgeschehen in seiner weltweiten Gültigkeit vor aller Augen offenbar werden. Daher ist allein das Lamm würdig, Gottes endzeitlichen Geschichtsplan in Gang zu setzen. Mit der frühen Christenheit bekennt auch die Offenbarung des Johannes den gekreuzigten und auferstandenen Christus als den Messias und Kyrios und bringt dieses Bekenntnis durch die Hoheitstitel Christus/Messias, Kyrios, Menschensohn und Gottessohn zum Ausdruck. Wird dadurch deudich zu erkennen gegeben, daß sich der Seher Johannes in festem Zusammenhang mit dem gemeinchristlichen Bekenntnis weiß, so ist doch die Verwendung der vorgegebenen Titel durch eine eigene Konzeption bestimmt, die Chri-

22 Vgl. T. Holtz, Die Christologie der Apokalypse des Johannes, Berlin 1 9 6 2 , 2 1 9 7 1 , sowie E. Lohse, Wie chrisdich ist die Offenbarung des Johannes? N T S 34 (1988) 3 2 1 - 3 3 8 .

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stologie und Eschatologie so miteinander verknüpft, daß der Primat der Christologie eindeutig gewahrt bleibt. Vom Christus/Messias wird vorzugsweise dann gesprochen, wenn auf seine Herrschaft hingewiesen werden soll: „Nun gehört die Königsherrschaft über die Welt unserem Herrn und seinem Christus, und er wird herrschen in alle Ewigkeiten", so jubeln die Chöre der im Himmel triumphierenden Scharen (11,15).23 Während auf Erden noch die endzeitlichen Schrecken toben, sieht man schon den kommenden Tag anheben:, Jetzt ist angebrochen das Heil und die Macht und die Königsherrschaft unseres Gottes und die Gewalt seines Christus" (12,10; vgl. auch 20,4.6). Kyrios/Herr nennt die JohannesofTenbarung Jesus niemals innerhalb der Visionen, sondern stets an Stellen, an denen die Gemeinde unmittelbar angeredet wird: „Selig sind die Toten, die in dem Kyrios sterben von nun an." (14,13; vgl. weiter 11,8; 17,14; 19,16; 22,20f.) Alttestamentlich-jüdischer Redeweise entsprechend bleibt der Kyriostitel jedoch vornehmlich Gott vorbehalten, der als Allherrscher im Regiment sitzt (1,8; 4,8.11; 11,15.17; 15,3f. u.ö.). Vom Menschensohn spricht der Seher Johannes nur zweimal in enger Anlehnung an Daniel 7, um auf den erhöhten und zum Gericht kommenden Herrn als den Vollstrecker der prophetischen Ankündigung zu verweisen (1,13; 14,14)24 Der erweiterte Gebrauch des Titels, wie er in den Evangelien im Blick auf den irdischen sowie den leidenden, sterbenden und auferstehenden Menschensohn vorliegt, fehlt dagegen vollständig. Die JohannesofTenbarung begnügt sich damit, den Menschensohntitel allein auf seine Ankunft am Ende der Tage zu beziehen. Was schließlich den Titel Sohn Gottes angeht, so findet sich dieser nur im Eingang des Sendschreibens an die Gemeinde in Thyatira, in dem ein ausführliches Zitat aus dem zweiten Psalm angeführt wird (2,18): „Er wird die Völker weiden mit eisernem Stab und wie die Gefäße eines Töpfer zerschmeißen" (2,27 = Ps 2,9). Das Judentum hatte zwar die in diesem Psalm verwendete Anrede des Gesalbten „Du bist mein lieber Sohn, heute habe ich dich gezeugt" (Ps 2,7) als Gotteswort festgehalten, jedoch nicht unabhängig vom Schriftzitat den Messias als Gottessohn bezeichnet. Denn in der synkretistisch bestimmten Umwelt hätte dieser Titel gar zu leicht im Sinne einer physischen Gottessohnschaft, die die Einzigkeit Gottes antasten würde, miß-

23 Zur Analyse der Hymnen und ihrer Einordnung in die Theologie der Johannesapokalypse vgl. K.-E Jörns, Das hymnische Evangelium. Untersuchungen zu Aufbau, Funktion und Herkunft der hymnischen Stücke in der JohannesofTenbarung, StNT 5, Gütersloh 1971; sowie K.M. Fischer, Die Christlichkeit der OfFenbarungJohannes, ThLZ 106 (1981) 165172. 24 Vgl. E. Lohse, Der Menschensohn in der Johannesapokalypse, in: Jesus und Menschensohn, FS A. Vögtle, hrsg. von R. Pesch ..., Freiburg 1975, 415-420 (wieder abgedruckt in: Dm:. Die Vielfalt des Neuen Testaments, Göttingen 1982, 82-87).

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verstanden werden können.25 Der Seher Johannes schließt sich dieser vorsichtigen Zurückhaltung an und verzichtet daher nahezu vollständig auf die Verwendung der Prädikation Gottessohn, die im hellenistischen Christentum sonst ganz geläufig war.26 Dieser Befund ist um so auffälliger, als der Verfasser der Johannesapokalypse des öfteren von Gott als Vater spricht und der Titel Gottessohn - wie das Sendschreiben an die Gemeinde in Thyatira zeigt - ihm durchaus bekannt war. Wenn er gleichwohl von ihm nur mit äußerster Vorsicht und nur im Zusammenhang mit dem Rückgriff auf die im Alten Testament vorliegende Vorgabe Gebrauch macht, so ist daran zu erkennen, daß er auf Vorbehalte, die von jüdischer Seite geltend gemacht werden könnten, offensichtlich Rücksicht nehmen und die Möglichkeit eines Dialogs mit der Synagoge nicht seinerseits abbrechen möchte.27 Der Verfasser der Johannesapokalypse teilt mit der ältesten Christenheit so lassen sich die Beobachtungen zu der von ihm entfalteten Christologie zusammenfassen - den Gebrauch derselben Hoheitstitel. Diese verwendet er aber stets so, daß er ihre alttestamentlichen Voraussetzungen und ihre Deutung in der endzeitlichen Erwartung des Judentums sorgfältig beachtet. Durch diese bewußte Anlehnung an die alttestamentlich-jüdische Vorgeschichte der Hoheitstitel will er den Zusammenhang mit der vorangegangenen Verheißung aufweisen und betonen, daß in dem gekreuzigten, auferstandenen und erhöhten Christus Gottes Zusagen ausnahmslos gültig eingelöst worden sind. Wo Juden sich dieser Botschaft verschließen und sich feindselig gegen die christliche Gemeinde verhalten, da verkennen sie die Bedeutung der Verheißungen und verlieren damit den Ehrennamen, der die Glieder des Volkes Gottes ausweist (2,9; 3,9). In der von ihm dargelegten Ekklesiologie, von der nunmehr zu handeln ist, sucht der Seher Johannes auf der einen Seite die Kontinuität aufzuzeigen, in der die Christenheit mit dem Volk des alten Bundes steht, auf der anderen Seite aber hervorzuheben, daß das Volk Gottes nunmehr aus allen Völkern der Erde zusammengerufen ist, die durch das Blut des Lammes losgekauft sind. Allein durch die Taufe, die die Heilskraft des Todes Christi zueignet, wird man Glied dieses Volkes, nicht durch Bande leiblicher Zusammengehörigkeit, die die Gliedschaft an einem Volk sonst begründen. 28

25 Vgl. hierzu E. Lohse, Art. υιός T h W N T 8, 361-363, 26 Vgl. E. Schweizer, Art. υιός T h W N T 8, 392: „Titel u n d Vorstellung des Gottessohnes sind d e m Verfasser also bekannt; aber wie bei allen a n d e r n Titeln ü b e r n i m m t er sie nur im R a h m e n des jüdisch noch Möglichen". 27 Vgl. Holtz, Christologie (s.o. A n m . 22) 2 0 - 2 2 . 28 Z u r Ekklesiologie der Apk sie hingewiesen auf Α. T. Nikolainen, D e r Kirchenbegriff in der O f f e n b a r u n g des J o h a n n e s , N T S 9 (1962/63) 351-361, ferner: E. Schweizer, G e m e i n d e

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Der Seher Johannes vernimmt den Ruf der Engel, die das Hereinbrechen endzeitlichen Verhängnisses aufhalten, bis sie die Knechte Gottes an ihren Stirnen versiegelt haben (7,3). Deren Zahl wird mit 144 000 angegeben, zwölfmal zwölftausend (7,4). Das Siegel kennzeichnet diejenigen, die es empfangen, als Gottes Eigentum und dient zugleich als Schutzzeichen, durch das seine Träger vor Unglück bewahrt werden sollen. Im urchristlichen Sprachgebrauch hat man die Taufe auch als Versiegelung bezeichnet, weil die Getauften Gottes Eigentum sind und das Zeichen der Zugehörigkeit zu ihrem Herrn empfangen haben (2 Kor 1,22; Eph 1,13; 4,30). Der Seher Johannes knüpft an diese Ausdrucksweise an, indem er sie in das apokalyptische Bild aufnimmt. Gott wird seine Knechte, die als sein Eigentum versiegelt sind, schützen. Das bedeutet freilich nicht, daß sie Schmerzen und Verfolgungen einfach entnommen würden. Auch ihnen werden Leiden und Bedrängnisse nicht erspart bleiben. Doch wird sie der Herr gegenüber dem furchtbaren Angriff des Satans bewahren, so daß sie in den bevorstehenden Schrecken nicht umkommen werden. Die Zahl der 144 000, die danach als eine unüberschaubare Menge benannt wird, die niemand zählen kann (7,9), hat zeichenhafte Bedeutung. Von den zwölf Stämmen Israels wird gesprochen, die das vollständige Gottesvolk darstellen und mit je 12 000 Gliedern vertreten sind. In der Reihenfolge der Stämme, die der SeherJohannes aufzählt, fällt jedoch zweierlei auf. Die Liste beginnt nicht - wie sonst üblich - mit Ruben als dem Ältesten der zwölf Söhne Jakobs, sondern mitjuda als dem Königsstamm, aus dem einst David hervorgegangen war und aus dem am Ende der Zeit der Messias erscheinen soll. Zweifellos wird damit ein Hinweis auf den Zusammenhang von Christologie und Ekklesiologie gegeben, kam doch nach der urchristlichen Uberlieferung auch Jesus von Nazareth als Davidsohn aus dem Stamm Juda (Rom l,3f.; 2 Tim 2,8; Mt 1,1-17; Lk 3,23-38). Sodann zeigt sich bei der Durchsicht der zwölf Namen, daß unter ihnen der des Stammes Dan fehlt. An seine Stelle ist Manasse getreten, obwohl auch Joseph aufgeführt wird. Beide Josephstämme - Ephraim/Joseph und Manasse — sind erwähnt, um die Zwölfzahl vollzumachen. Dan aber ist vermutlich ausgeschlossen worden, weil er nach der Tradition später dem Götzendienst verfallen war (Jdc 17f.) und in der jüdischen Apokalyptik von ihm gesagt wurde, der Satan werde sein Fürst sein (TestDan 5,6f.). Bei Irenäus wird sogar erwähnt, aus Dan solle der Antichrist kommen (Haer V 30,2). Götzendiener und Gefolgsleute des Satans aber können nicht zum Gottesvolk gerechnet werden, das als die Kirche aus Juden und Heiden verstanden wird, die aus allen Nationen, Stämmen, Völkern und Sprachen kommen (7,9) und miteinander den hymniund Gemeindeordnung im Neuen Testament, A T h A N T 35, Zürich 21962, 117-122; zur Gemeindeordnung, wie sie die Apk voraussetzt, siehe besonders A. Satake, Die Gemeindeordnung in der Johannesapokalypse, W M A N T 21, Neukirchen 1966.

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sehen Lobgesang anstimmen: „Das Heil ist bei dem, der auf dem Thron sitzt, unserm Gott und dem Lamm" (7,10).29 Der Zusammenhang, durch den Ekklesiologie und Christologie miteinander verbunden sind, wird in dem Himmel und Erde umspannenden Bild, das im 12. Kapitel gezeichnet wird, in besonderer Weise beleuchtet.30 Der Seher Johannes erblickt am Himmel ein großes Zeichen. Die Erscheinung der Himmelskönigin ist sichtbar. Sie ist mit der Sonne bekleidet, steht auf der Mondsichel und trägt auf dem Haupt einen Kranz von zwölf Sternen. Die Erwähnung von Sonne, Mond und Sternen läßt noch erkennen, daß das mythische Bild ursprünglich auf astralreligiöse Motive zurückgeht. Für die Johannesoffenbarung aber ist einerseits die Zwölfzahl von Bedeutung, andererseits die Geburt des Kindes, das die Frau zur Welt bringt. Dieses wird unzweideutig als Messiaskind gekennzeichnet, indem von ihm im Anschluß an Ps 2,9 gesagt wird, der Knabe solle alle Völker weiden mit eisernem Stab (12,5). Da die Frau nicht nur als die Mutter des Messias, sondern auch als Mutter der Gläubigen beschrieben wird (12,17), läßt sich die mittelalterliche Deutung, die die Himmelskönigin mit Maria zu identifizieren suchte, sicherlich nicht halten. Doch wird man die himmlische Erscheinung auch nicht einfach als Symbol für die Kirche begreifen können, sondern in ihr die Versinnbildlichung des Gottesvolkes des alten wie des neuen Bundes zu sehen haben, aus dem Christus gekommen ist und zu dem alle gehören, die die Gebote Gottes halten und das Zeugnis Jesu bewahren (12,17). Um des Messiaskindes willen wird die hochschwangere Frau verfolgt und in äußerste Bedrängnis gebracht. Während das Kind zum Himmel entrückt und dadurch dem Zugriff des Drachen entzogen wird (12,5), flieht die Frau in die Wüste, bleibt jedoch seiner Feindschaft weiterhin ausgesetzt (12,6.13-17). Auf die komplizierten religionsgeschichtlichen Probleme, die Vorgeschichte und Neufassung des hier verwendeten Stoffes betreffen, kann nicht des Näheren eingegangen werden. Ihre Erörterung ist aber auch für unsere Fragestellung nicht erforderlich. Denn aus dem Kontext in der Johannesoffenbarung geht mit aller Deutlichkeit hervor, worauf es dem Seher ankommt. Die Erwähnung des Messiaskindes ist von Bedeutung, um die Ursache für die Gefahr bringende Verfolgung anzugeben, von der die Frau betroffen wird. Ihrem Geschick wird die ungeteilte Aufmerksamkeit zugewandt, gilt es doch, die Bedrängnis zu erkennen und zu verstehen, die in der letzten Zeit über das Volk Gottes hereinbrechen wird. Die christlichen Ge-

29 Vgl. mit vielen Exegeten zuletzt Beagley, Sitz im Leben (s.o. Anm. 11) 47: "It seems clear that John is thinking of Christian community, irrespective of racial or national origins, as the true 'Israel of God'." 30 Eine repräsentative Ubersicht zu den zahlreichen Studien, die Apk 12 gewidmet sind, bietet Müller, Offenbarung (s.o. Anm. 4) 227f. Zum einzelnen sei auf seine Interpretation (228-231) sowie die Erklärungen in den wissenschafdichen Kommentaren verwiesen.

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meinden bekennen sich daher als die zwölf Stämme Israels, die aus allen Völkern zusammengekommen sind. Wo jedoch das Bekenntnis zur Erscheinung des Messias versagt wird, da entfällt auch jede Ursache für Verfolgung oder Bedrängnis. Sie treffen nicht die jüdischen Synagogen, sondern allein die christlichen Gemeinden, die den Namen des Herrn anrufen. Die Frage, ob das von der Frau geborene Kind der von Gott gesandte Gesalbte ist oder nicht, wird strittig beantwortet. Hier scheiden sich Juden und Christen voneinander. Mit seinen Gemeinden ist der Seher Johannes entschlossen, am Christusbekenntnis in aller Entschiedenheit festzuhalten. Wenngleich diese Frage in der Synagoge ebenso entschieden verneint wird, so kann doch die damit auftretende Unterschiedenheit keine der beiden Seiten gleichgültig gegenüber der anderen lassen, sondern nötigt sie dazu, miteinander über Gemeinsamkeiten, aber auch trennende Unterschiede nachzudenken und zu sprechen; liest man doch hier wie dort dieselbe heilige Schrift, versteht sich als Nachfahren und Erben der zwölf Stämme Israels und wartet auf den Tag, an dem Gott allem bösen Treiben der Welt ein Ende machen und die Ankunft seines Gesalbten heraufführen wird. Juden wie Christen ist bewußt, daß die unterschiedlichen Antworten, die sie auf die Messiasfrage geben, auch die Differenzen bedingen, die in der Auslegung der Schrift auf der einen und im Verständnis des Gottesvolkes auf der anderen Seite hervortreten. Wenngleich in den Sendschreiben derJohannesoffenbarung nur wenige Hinweise enthalten sind, die die polemische Abgrenzung erläutern, so läßt doch der Vorwurf der Lästerung andeutend erkennen, worin die eigentliche Ursache des Streites begründet lag. Denn von Lästerung ist immer dann die Rede, wenn Gottes Ehre angetastet und seine Hoheit in Zweifel gezogen wird. So öffnet das aus dem Meer aufgestiegene Tier sein Maul „zur Lästerung gegen Gott, zu lästern seinen Namen und sein Haus und die im Himmel wohnen" (Apk 13,6). Und angesichts der über sie hereinbrechenden Plagen lästern die Menschen „den Namen Gottes, der Macht hat über die Plagen, und bekehrten sich nicht, ihm die Ehre zu geben" (Apk 16,9; vgl. auch V 11 und 12) In den synoptischen Evangelien wird Jesu Anspruch, als Menschensohn Sünden vergeben zu können, von den Schriftgelehrten als Lästerung bezeichnet, weil dieses Recht allein Gott zusteht (Mk 2,7 Par.). Und als Jesus vor dem Hohen Rat die Frage des Hohenpriesters, ob er der Christus, der Sohn Gottes sei, bejahend beantwortete, bricht nach dem Bericht des Matthäusevangeliums der Hohepriester in den entsetzten Ruf aus: „Er hat Gott gelästert." (Mt 26,65) Auch nach dem Johannesevangelium besteht die Lästerung, deretwegen man Jesus steinigen will, darin, daß er, obwohl er Mensch ist, sich Gott gleich mache (Joh 10,33). Man wird aufgrund dieser inhaltlichen Prägung des Begriffes der Lästerung, wie sie durchgehend im neutestamentlichen Schrifttum zu erkennen ist, mit hoher Wahrscheinlichkeit annehmen dürfen, daß die kontrovers be-

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urteilte Messiasfrage und das christologische Bekenntnis der Gemeinde die Anhänger der Synagoge zu Ablehnung und Widerspruch veranlaßten. Die Christen beantworteten diese Abweisung ihrerseits mit dem Vorwurf der Lästerung und der Bezeichnung als Synagoge des Satans. Der Anspruch, Volk Gottes zu sein, wird damit in sein Gegenteil verkehrt, indem man die Versammlung der Synagoge unter der Herrschaft des Widersachers stehen sieht. Polemische Äußerungen vergleichbarer Art waren auch in innerjüdischen Kontroversen keineswegs ungebräuchlich, wie vor allem die Auseinandersetzungen lehren, mit denen die gesetzesstrenge Gemeinde von Qumran sich von allen anderen Gruppen des Judentums abgrenzte, die den Gehorsam gegenüber dem Willen Gottes weniger ernst nahmen oder anderer Auslegung folgten, als sie in der Gemeinde der Frommen vertreten und gelebt wurde. Ihnen wird vorgeworfen: „Sie sind die Gemeinde des Frevels, und in der Finsternis geschehen alle ihre Werke" (IQM XV,9). Die Söhne der Finsternis sind „Frevler am Bunde" (IQM 1,2), „ein Rat des Trugs und Gemeinde Belials" (IQH 11,22). Ihnen muß die „Gemeinde Gottes" (IQM IV,9) in standfester Treue und kampfbereiter Abwehr widerstehen.31 Zwar befürchtet man, daß die sich damit abzeichnende Scheidung nicht mehr wird überwunden werden können. Doch schließt auch die scharfe Auseinandersetzung die Hoffnung der Gesetzesfrommen nicht aus, daß der Ruf, zur Thora umzukehren, nicht ungehört verhallen möge. Was das Verhältnis zwischen Synagoge und Gemeinde anlangt, wie es die Johannesoffenbarung vor Augen hat, so geht es nicht um Auslegung und Befolgung des Gesetzes, sondern um die Frage des Christusbekenntnisses. Wenig mehr als ein halbes Jahrhundert später - so weiß der Bericht über das Martyrium des Bischofs Polykarp von Smyrna zu erzählen - trat dieser Gegensatz noch deutlicher hervor. So wenig es erlaubt ist, die kargen Hinweise im Sendschreiben an die Gemeinde von Smyrna allzu rasch durch einen Vergleich mit dieser Darstellung anzureichern, so kann doch eine Gegenüberstellung einigen Aufschluß vermitteln. Dem römischen Statthalter will nicht einleuchten, warum der greise Bischof sich nicht dazu bereitfinden will, die Worte κύριος καΐσαρ zu sprechen und das verlangte Opfer zu vollziehen (MartPol 8,2). Polykarp aber bleibt standhaft, bekennt sich als Christ (12,1) und weist es von sich, seinen König, der ihn doch erlöst habe, zu lästern (9,3). Die Stichworte Kyrios sowie Bekenntnis oder Lästerung erinnern an die Bedeutung, die diesen Begriffen auch in der Johannesoffenbarung zukommt. Die Juden - so wird weiter berichtet - , die das Verhör des Polykarp miterleben, beteiligen sich an dem Einspruch des Pöbels, der den Vertreter des römischen Staates dazu drängt, Polykarp zu verurteilen (12,2; ferner 13,1; 17,2; 18,1). So nimmt dann das Verhängnis seinen Lauf, und Polykarp 31 Vgl. W. Schräge, Art. συναγωγή T h W N T 7, 827.

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stirbt den Tod eines Gott wohlgefälligen Opfers (14,1). Hinter dem bösen Treiben, das zum Ende des untadeligen Bischofs von Smyrna führte, erkennen die Christen das Wüten des „eifersüchtigen und verleumderischen Bösen, der gegen das Geschlecht des Gerechten ankämpft" (17,1). Polykarp aber empfing als vollendeter Zeuge seines Herrn „den Kranz der Unvergänglichkeit und unbestreitbaren Kampfpreis" (ebd.). Angesichts des Ansinnens, sich der Huldigung κύριος καΐσαρ nicht zu versagen, mußte die Frage des Bekenntnisses nicht nur eine Prüfung mit sich bringen, ob denn die Christen standhaft bleiben würden, sondern auch die zwischen Synagoge und Gemeinde strittige Messiasfrage noch dringlicher werden lassen. Die Synagogen suchten ihrerseits einen unvermeidlich gewordenen Prozeß der Klärung zu vollziehen und sich von sektiererischen Bestrebungen sowie häretischen Gruppen zu trennen, um die allen Juden obliegende Verpflichtung, der Thora gehorsam zu sein, mit allem Nachdruck einzuprägen. So wies man die sogenannten „Minim" ab und ließ sie nicht mehr an den Synagogendiensten teilnehmen. Mit ihnen aber schied man auch die Judenchristen aus, indem in das Achtzehngebet der Fluch eingefügt wurde, der die Trennung vollzog: „Die Nazarener (d.h. Judenchristen) und die Häretiker (d.h. die sogenannten Minim) mögen zugrunde gehen in einem Augenblick, ausgelöscht werden aus dem Buch des Lebens und mit den Gerechten nicht aufgeschrieben werden." Wo dieser Satz im synagogalen Gottesdienst gesprochen wurde, wurde der vollzogene Bruch offenkundig und war denen, die von diesem Fluch getroffen werden sollten, eine Teilnahme nicht mehr möglich.32 Die hiermit gegebene Situation wird gegen Ende des 1. Jh.s n.Chr. an verschiedenen Stellen in der frühen Christenheit sichtbar, insbesondere auch im vierten Evangelium, das wiederholt darauf anspielt, daß die Jünger Jesu aus der Synagoge ausgeschlossen werden (Joh 9,22; 12,42; 16,2). Von der Uberlieferung wird die Einführung dieser Benediktion in das Achtzehntgebet auf den berühmten Lehrer R. Gamaliel II. um 90 n. Chr. zurückgeführt.33 Doch wird es einige Zeit gedauert haben, bis allerorten diese Fassung des Gebetes tatsächlich in gottesdienstlichen Gebrauch genommen wurde. Auch nachdem dieses geschehen war, sind keineswegs überall die Brücken zwischen Juden und Christen endgültig abgebrochen worden. Von daher wird es verständlich, daß die Kirchenväter noch bis in konstantinische Zeit hinein wiederholt die Warnung aussprechen, Christen sollten nicht Synagogengottesdienste besuchen, wenn sie sich nicht der Gefahr aussetzen wollten, sich hierfür am Tage des Gerichts verantworten zu müssen oder schon jetzt Bann und Fluch auf sich zu ziehen.34 Man wird daher aus der schroffen Auseinan32 Vgl. Schräge, Art. συναγωγή, T h W N T 7, 848, dort weitere Literaturhinweise. 33 bBer 28b: vgl. P. Billerbeck, Kommentar zum Neuen Testament aus Talmud und Midrasch, Bd. 4 / 1 München 1928, 218f. 34 Belege bei Schräge, Art. συναγωγή, T h W N T 7,837.

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dersetzung, wie sie in den Sendschreiben der JohannesofFenbarung erkennbar wird,35 nicht folgen dürfen, daß bereits eine vollständige Trennung zwischen Juden und Christen eingetreten wäre. Vielmehr sprechen sowohl der Schriftgebrauch wie auch die behutsame Verwendung der christologischen Hoheitstitel und die das ganze Gottesvolk einbeziehende Ekklesiologie, wie der Seher Johannes sie vertritt, durchaus dafür, daß man die andere Seite im Blick hat und behält. Der Gefährdung durch den Satan ist mit allen anderen auch die christliche Gemeinde ausgesetzt (2,13.24 u.ö.). Auch sie kann keineswegs in überheblicher Selbstsicherheit sich in der Meinung wiegen, ihr sei das künftige Heil in jedem Fall gewiß. Der Leuchter kann umgestoßen und das Gerichtsurteil auch über sie gefällt werden. Darum gilt allen der Ruf zur Umkehr, um bereit zu sein für den kommenden Tag, an dem der Herr aller Herren erscheinen wird. Nicht nur die Christen, auch die Juden warten auf den Tag, an dem der Gesalbte Gottes kommen und Lebende und Tote vor seinen Richtstuhl fordern wird. Auf diese ihnen gemeinsame Erwartung wird im Sendschreiben an die Gemeinde in Philadelphia angespielt, wenn es heißt, die Juden sollen dazu gebracht werden, „daß sie kommen sollen und zu deinen Füßen niederfallen und erkennen, daß ich dich geliebt habe" (3,9). Damit wird - wie deutlich zu erkennen ist - auf ein Prophetenwort aus Jes 60,14 Bezug genommen. Darin heißt es in einer an Israel gerichteten Verheißung: „Es werden gebückt zu dir kommen, die dich unterdrückt haben, und alle, die dich gelästert haben, werden niederfallen zu deinen Füßen und dich nennen ,Stadt des Herrn', ,Zion des Heiligen Israels'." In Umkehrung dieser Aussage wird nun jedoch nicht vom Herzukommen der Völker bzw. Heiden, sondern vom Nahen der Juden gesprochen, die niederfallen und antreten sollen. Nicht von einem zu erhoffenden Erfolg missionarischer Tätigkeit ist hier die Rede, sondern vom Geschehen am Ende der Tage, das alle Trennungen aufheben und die einst Getrennten in gemeinsamer Anbetung zusammenführen wird, indem sie sprechen: „Halleluja. Der Herr, unser Gott, der Allmächtige, hat das Reich eingenommen. Laßt uns freuen und fröhlich sein und ihm die Ehre geben" (19,6f.). Juden und Christen, die ihren Glauben ernst nehmen, sich aber auch darum bemühen, den Glauben des anderen verstehend zu achten, leiden unter der Trennung, deren sie sich gerade in diesem Bestreben schmerzlich bewußt werden. Daß eine theologische Auseinandersetzung auch zu polemischen Zuspitzungen führen und leidenschaftliche Schärfe annehmen kann, ist jedem Theologen, der sich der ihm gestellten Aufgabe verpflichtet weiß, 35 Z u m Charakter dieser dualistischen Scheidung vgl. A. Satake, Kirche u n d feindliche Welt. Z u r dualistischen Auffassung der Menschenwelt in der Johannesapokalypse, in: Kirche. FS G. B o r n k a m m , hrsg. v. D. L ü h r m a n n ..., T ü b i n g e n 1980, 3 2 9 - 3 4 9 .

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durchaus bewußt. Doch wenn sich Juden und Christen trotz redlichen Bemühens so schwer damit tun, im miteinander geführten Dialog zu tiefer gegründetem wechselseitigen Verstehen zu gelangen, so werden beide Seiten betroffen und beunruhigt darüber sein, daß man sich dem anderen nicht wirklich hat verständlich machen können. Diese Betroffenheit ist auch in der Auseinandersetzung zu erkennen, die sich nach der Johannesoffenbarung zwischen Synagoge des Satans und Volk Gottes vollzieht. Doch bleibt sich der Seher Johannes dessen bewußt, daß die Zukunft nicht von unserem Rennen und Laufen, Denken und Handeln abhängt, sondern allein Gottes ist, der Treue hält und zu seinem Wort steht. Allen Bedenkens wert mag daher der Ausdruck versöhnlicher Hoffnung erscheinen, wie ihn der jüdische Religionsgeschichtler H.-J. Schoeps vor einer Generation in folgende Worte gefaßt hat: „Der Messianismus Israels zielt auf das Kommende, die Eschatologie der Weltvölkerkirche auf die Wiederkehr des Gekommenen. Beide eint die gemeinsame Erwartung, daß das entscheidende Ereignis erst noch kommen wird - als das Ziel der Wege Gottes, die er in Israel und in der Kirche mit der Menschheit geht. Die Kirche Jesu Christi hat von ihrem Herrn und Heiland kein Bildnis aufbewahrt. Wenn Jesus morgen wiederkehren würde, würde ihn von Angesicht kein Christ erkennen können. Aber es könnte wohl sein, daß der, der am Ende der Tage kommt, der die Erwartung der Synagoge wie der Kirche ist, dasselbe Antlitz trägt."36

36 H.-J. Schoeps, Paulus. Die Theologie des Apostels im Lichte der jüdischen Religionsgeschichte, Tübingen 1959, 274.

Die Wahrheit der Osterbotschaft* Wie kam es zum Ostergeschehen? Auf diese fundamentale Frage hat theologische Wissenschaft nach bestem Vermögen eine gewissenhaft überlegte Antwort zu geben. Betrifft sie doch das Zentrum aller christlichen Verkündigung, die den gekreuzigten Christus als den auferstandenen Herrn proklamiert, um Glauben zu wecken und Hoffnung zu stärken.

/. Was veranlaßte die erste Christenheit dazu, den frohen Ruf anzustimmen „Christus ist auferstanden"? Von Auferstehung der Toten wußte man in der frommen Erwartung des damaligen Judentums zu reden. Aber diese Hoffnung, die zwar nicht allgemein, jedoch von einer großen Mehrheit geteilt wurde, richtete sich auf den Jüngsten Tag, wenn durch Gottes mächtiges Handeln allem menschlichen Sinnen und Treiben ein Ende gesetzt werden und an die Stelle dieser vergehenden Welt die neue Schöpfung Gottes treten soll. Auch vermochte man sich durchaus vorzustellen, es könnte möglich sein, daß auf Grund wunderhaften Geschehens ein Verstorbener in dieses Leben zurückgerufen werden und in menschlicher Gemeinschaft erneut auftreten könnte. Doch konnten die Anhänger Jesu sich veranlaßt sehen, solche Gedanken auf das Geschick ihres am Kreuz hingerichteten Meisters anzuwenden? Sein Wirken und seine Verkündigung schienen in einer Katastrophe geendet zu haben. Unter dem Vorwand, er sei ein politischer Aufrührer, hatte man ihn dem römischen Statthalter überstellt. Der aber hatte nicht lange gezögert, ihn zu verurteilen, ohne daß die Gründe des Verdachts genauer geprüft worden wären. Jesus war unter elenden Qualen gestorben, so daß nicht nur Außenstehende, sondern auch seine verzagten und verängstigten Jünger ihn für einen Gescheiterten ansehen mußten. So weit lassen sich die Vorgänge durch historische Forschung mit hinreichender Genauigkeit erheben. Daß Jesus von Nazareth auf Golgatha sein Ende fand, unterliegt keinem Zweifel. Auf der anderen Seite aber geht aus allen Berichten, die vom Anfang der Christenheit erzählen, eindeutig hervor, daß sich alsbald eine Gemeinde sammelte, die von der Überzeugung erfüllt

* Vorlesung vor der Protestantischen Fakultät der Karls-Universität Prag am 29. Okt. 1997.

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war, Jesus Christus sei von den Toten auferstanden. Die beiden Eckpunkte, von denen die urchristliche Uberlieferung spricht, werden von keinem kritischen Historiker bestritten: Jesu Tod am Kreuz und die Sammlung der Jünger zu seiner Gemeinde. Aber wie ist es zu der erstaunlichen Veränderung von tiefer Niedergeschlagenheit der Jünger Jesu zu ihrer zuversichtlichen Gewißheit gekommen, sich zu ihm als dem aus dem Tod auferweckten Christus zu bekennen? Um einer Beantwortung der gestellten Fragen näherzukommen, ist es angezeigt, mit einer Untersuchung der ältesten Aussagen urchristlicher Osterverkündigung einzusetzen. Formgeschichtliche Analyse der neutestamentlichen Schriften hat gelehrt, daß die früheste urchristliche Predigt in kurzen Sätzen zusammengefaßt wurde, die in knappen Worten den Inhalt der Verkündigung angeben. Auf Grund ihrer sprachlichen Gestalt wie auch ihrer formalen Struktur lassen sich solche Zitate aus dem Kontext herausheben und von der Anwendung unterscheiden, die ihnen der Apostel im jeweiligen Zusammenhang seiner Gedankenführung gibt. Im wahrscheinlich ältesten Paulusbrief, der im Neuen Testament überliefert ist - dem 1. Brief an die Gemeinde in Thessalonich - heißt es in einer Argumentation über die künftige Auferstehung des Toten, daß wir - alle Christen miteinander — glauben, Jesus sei gestorben und auferstanden. Der Apostel schreibt an die Gemeinde, die er wohl im Jahr 49 n. Chr. gegründet hat, um nach alsbald erfolgtem Abschied die Verbindung mit ihr fortzuführen und Zweifel auszuräumen, die zu einigen Fragen des Glaubens aufgekommen waren. Dabei bezieht er sich auf das gemeinchristliche Bekenntnis und bringt dessen Inhalt auf einen äußerst knappen Ausdruck. Christ sein, heißt: glauben, daß Jesus gestorben und auferstanden ist (1 Thess 4,14). Paulus bezeichnet die Zustimmung zum Inhalt dieser Aussage mit dem Wort „glauben". Er verweist also nicht lediglich auf ein historisches Geschehen, das als solches zur Kenntnis zu nehmen sei. Vielmehr spricht er vom Glauben, der sein Vertrauen auf das ihm zugesprochene Wort setzt und es als bestimmende Weisung für die Gestaltung seines Lebens versteht. Denn daß dieser Jesus, der ans Kreuz geschlagen wurde, von den Toten auferweckt wurde, kann nur im bekennenden Glauben begriffen werden, der den gekreuzigten und auferstandenen Jesus seinen Herrn nennt. In seinem an die Christen in Rom gerichteten Brief bezieht sich Paulus auf eine andere Formulierung der allen Christen gemeinsamen Uberzeugung. Das Zitat, wie es im 10. Kapitel angeführt wird, lautet: „Wenn du mit deinem Mund bekennst: Herr ist Jesus, und mit deinem Herzen glaubst, daß Gott ihn von den Toten auferweckt hat, so wirst du gerettet." (Rom 10,9) In diesem Satz, dessen streng paralleler Bau der poetischen Ausdrucksweise alttestamentlicher Psalmen folgt, entsprechen einander die Bedingungssätze „wenn du bekennst" - „wenn du glaubst". Das bedeutet, daß im Bekenntnis verbindlich ausgesagt wird, was Glaube ist. Er spricht öffentlich aus, was der

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Die Wahrheit der Osterbotschaft

Grund des aus dem Glauben erwachsenden Vertrauens ist. Dieses Bekenntnis hat den Charakter einer rechtskräftigen Erklärung, wie sie vor den Schranken eines Gerichts abgegeben wird, so daß man später bei ihr behaftet werden kann. Der Inhalt dieses Bekenntnisses ist in den beiden Aussagen enthalten, die auf die vorangestellten Bedingungssätze folgen: „Herr ist Jesus" - „Gott hat ihn von den Toten auferweckt". Da diese beiden Sätze einander parallel zugeordnet sind, legen sie sich gegenseitig aus. Das heißt: Wer an den gekreuzigten und auferstandenen Christus glaubt, der bekennt ihn als den Herrn. Und umgekehrt: Christus kann nur als Kyrios bekennen, wer die Predigt von seiner Auferstehung von den Toten angenommen hat. Es ist also nicht daran gedacht, daß man zunächst die Mitteilung eines bestimmten Geschehens zur Kenntnis nehmen könnte, um dann gleichsam in einem zweiten Akt darüber zu befinden, wie man zu diesem Ereignis Stellung beziehen sollte. Sondern die Annahme der Botschaft von Jesu Auferstehung schließt zugleich die bejahende Zustimmung dazu ein, daß der gekreuzigte und auferstandene Christus der Herr ist, unser Herr und deshalb mein Herr. Diesen beiden Beispielen, die aus den paulinischen Briefen angeführt wurden, soll nicht die ganze Reihe vergleichbarer Aussagen, sondern nur ein zusammenfassendes drittes Zitat an die Seite gestellt werden, das den unverwechselbaren Charakter der urchristlichen Osterbotschaft besonders klar erkennen läßt. Zu Beginn seiner Auseinandersetzung, die Paulus mit den Leugnern der Auferstehung in Korinth vornimmt, führt er in gewichtigen Worten den Inhalt des Evangeliums an, wie er es ihnen einst bei Gründung der Gemeinde gebracht hat. Damals - so sagt der Apostel - hat er sich eines Wortlauts bedient, wie ihn schon die älteste Christenheit geprägt und er ihn als vorgegebene Formulierung übernommen hat. Dieses urchristliche Bekenntnis hat zum Inhalt, „daß Christus gestorben ist für unsere Sünden nach den Schriften und daß er begraben wurde - und daß er auferweckt wurde am dritten Tag nach den Schriften und dem Kephas erschien, dann den Zwölfen." (1 Kor 15,3-5) Das Zitat läßt sich sowohl auf Grund seiner formalen Struktur wie auch des als vorpaulinisch erweisbaren Sprachgebrauchs so deutlich abgrenzen, daß es eindeutig als Ausdruck urchristlicher Verkündigung bestimmt werden kann. Um zu erheben, was das urchristliche Bekenntnis zum auferweckten Herrn bedeutet, muß auch der Satz, der vom stellvertretenden Kreuzestod Christi handelt, in den Blick genommen werden. Denn erst im Licht der Osterbotschaft wird - wie Paulus im weiteren Verlauf seiner Argumentation mehrfach betont - erkannt, was Christi Tod am Kreuz bedeutet: nämlich nicht das Scheitern eines Gerechten, der in das Dunkel des Todes gestoßen wurde, sondern die Überwindung von Sünde und Tod im Sterben und Auferstehen des Christus (1 Kor 15,17). Deshalb kann die Heilsbedeutung seines Todes nur im Glauben an den Auferstandenen erkannt und anerkannt wer-

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den. Denn ohne Christi Auferstehung wäre sein Kreuz nichts anderes als das Ende eines Frommen, dessen Sterben zwar Achtung gebieten, uns aber nicht helfen könnte. Sowohl mit der Aussage über den Tod Christi wie auch der über seine Auferstehung ist eine Berufung auf die Schriften verbunden. Die urchristliche Verkündigung bezieht sich dabei nicht nur auf einzelne Worte und Abschnitte der heiligen Schriften, sondern nimmt in Anspruch, daß deren gesamtes Zeugnis im Licht des Evangeliums erhellt wird und darum die frohe Kunde in ihrer umfassenden Gültigkeit nur auf Grund der in der Schrift enthaltenen Verheißungen Gottes angemessen verstanden werden kann. Alle Worte über die Treue Gottes, die bis in die äußerste Tiefe erfahrenen Leidens und verzweifelter Verlassenheit menschlichen Elends reicht, haben in der Botschaft von Christi Sterben und Auferstehen ihre überzeugende Kraft und verbürgte Gültigkeit empfangen. Denn sie besagen im großen Chor der Stimmen, daß Gott stärker ist als der Tod und als der Schöpfer auch aus dem Nichts Leben zu erwecken vermag. Für die Wahrheit dieser guten Nachricht stehen die Zeugen ein, denen der auferstandene Herr erschienen ist. Sie werden mit Namen genannt, zuerst Kephas, dann die Zwölf. Ihnen folgen die Namen derer, die Paulus hinzusetzt, um die Reihe mit seinem eigenen Namen abzuschließen. Was ist damit gesagt, wenn von diesen Erscheinungen des Auferstandenen die Rede ist? Weder der Vorgang als solcher noch die näheren Umstände werden beschrieben, allein das entscheidende Geschehen wird genannt. Gewiß ist nicht gemeint, Jesus sei wieder in dieses irdische Leben zurückgekehrt etwa, weil er nur scheintot gewesen und dann aus tiefer Ohnmacht wieder aufgewacht sei. Erwägungen dieser Art, die immer wieder vorgebracht worden sind, verkennen den Charakter der urchrisdichen Osterpredigt von Grund auf. Denn wer in dieses Leben zurückgerufen wird, bleibt der Macht des Todes unterworfen. Von einem Sieg über den Tod aber, auf den die Erscheinungen des Auferstandenen weisen, kann nur dann gesprochen werden, wenn das Dunkel des Sterbens durchstoßen und über dem Kreuz Jesu Gottes Leben schaffendes Ja laut geworden ist. In aller Bestimmtheit wird also auf ein Handeln Gottes hingewiesen, durch das er den Gekreuzigten als den Lebendigen ins Recht gesetzt hat. Anton Vögtle ist daher ungeteilt zuzustimmen, wenn er in seiner Untersuchung, „Wie kam es zum Osterglauben?" (Düsseldorf 1975) ausführt, es dulde keinen vernünftigen Zweifel, „daß Paulus mit seiner Aufzählung von Erscheinungsempfängern einschließlich seiner selbst die Wahrheit der von ihm und anderen verkündigten Auferweckung Christi bezeugen lassen will". (S. 48) Jene älteste Überlieferung von der urchristlichen Osterbotschaft bleibt äußerst karg in ihren Aussagen und begnügt sich mit der knappen Angabe — Christus wurde aufgeweckt und er erschien dem Kephas, dann den Zwöl-

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Die Wahrheit der Osterbotschaft

fen —, ohne nähere Auskünfte über das Wann, Wie und Wo zu geben. Sollte sich aber möglicherweise diese Lücke schließen lassen, indem man mit Hilfe psychologischer Erwägungen näheren Aufschluß zu bekommen sucht? Wiederholt unternommene Versuche, auf diese Weise erhellende Erklärungen zu gewinnen, sind jüngst durch Gerd Lüdemann in seinem Buch über die AuferstehungJesu (Göttingen 1994) zusammengefaßt und näher ausgestaltet worden. Petrus habe auf Grund seiner Verleugnung Jesu unter quälendem Schuldgefühl gelitten, das die ihm widerfahrene Vision hervorgebracht und dadurch zu neuer Zuversicht geführt habe. Und in vergleichbarer Weise sei auch bei Paulus die Ablehnung der Christusbotschaft, die seine Feindschaft gegen die ersten Christen zur Folge hatte, umgeschlagen in die neue Erfahrung des Lebens und der Ewigkeit und damit zur Ablösung des Schuldgefühls durch die Gnadengewißheit. Doch von solchen Vorgängen redet die urchristliche Osterbotschaft nirgendwo und bietet an keiner Stelle auch nur die geringste Andeutung, daß der Osterglaube auf diese oder ähnliche Weise entstanden sein könnte. Denn es muß bei der nüchternen Feststellung bleiben, daß uns die urchristliche Bekenntnisformel über etwaige Vorgänge in den Herzen der Jünger überhaupt nichts sagt. Der Hinweis auf die Erscheinungen redet nicht von diesen oder jenen Befindlichkeiten derjenigen, denen sie zuteil wurden, sondern er soll ausschließlich „die Wahrheit der Verkündigung der Auferwekkung Christi" bezeugen (Vögtle, loc. cit., S. 41). II Wie aber können die Hörer der Osterbotschaft dessen gewiß sein, daß diese Predigt wahr ist? Und auf welche Weise läßt sich begreifen, daß die Verkündigung von der Auferstehung jesu zu Recht glaubende Annahme zu wecken sucht? Sieht man sich unter dieser Fragestellung die urchristlichen Zeugnisse der frühesten Osterverkündigung genauer an, so zeigt sich in überraschender Weise, wie stets davon die Rede ist, daß im Geschehen von Kreuz und Auferstehung Christi Heil gewirkt wurde, das uns zugutekommen und von uns ergriffen werden soll. Die Hörer der Osterbotschaft werden damit in dieses Heilsgeschehen einbezogen, das ihnen gilt und ihr Leben von Grund auf erneuern will. Jene älteste Aussage aus dem 1. Thessalonicherbrief, von der schon gehandelt wurde, wird vom Apostel angeführt, um eine Frage zu beantworten, wie man sie in der jungen Gemeinde gestellt hatte: Was wird — so hatte man gefragt - aus den Christen, die sterben, ehe der für nahe Zukunft erwartete Tag der Parusie anbricht? Paulus sagt: „Wenn wir glauben, daß Jesus gestorben und auferstanden ist, so" - diese Konsequenz ergibt sich für ihn zwingend aus dieser von aller Glaubenden geteilten Voraussetzung „wird Gott auch die, die entschlafen sind, durch Jesus mit ihm einherfüh-

Die Wahrheit der Osterbotschaft

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ren." (1 Thess 4,14) Denn Christus ist dazu von Gott auferweckt worden, daß er über Tote und Lebende Herr sei und folglich keiner verloren gehen kann, der zu diesem Herrn gehört. „Es gilt also:" - so hat Hans Conzelmann in einem Aufsatz über die Rechtfertigungslehre des Paulus diesen Gedankengang treffend beschrieben - „Der Satz über Christus ist auch ein Satz über die Gläubigen. Der Glaube ist erst verstanden, wenn er als unsere Bestimmung verstanden ist, daß in Christus, unsere eigene Zukunft gesetzt ist. Diese wird nicht formal als Zukunft überhaupt betrachtet, sondern ausschließlich als Heilszukunft ergriffen." (Theologie als Schriftauslegung, München 1974, S. 196) In der urchristlichen Überlieferung, die Paulus den Korinthern gegenüber mit besonderer Betonung versieht, wird vom Tod des Christus gesagt, er sei „um unserer Sünden willen" geschehen. Wer sich diese Sinngebung zu eigen macht, erkennt damit an, wo er steht: in der Gottesferne, die nicht als ein unabwendbar verhängtes Geschick, sondern als Folge unserer schuldhaft gelebten Eigenmächtigkeit begriffen wird. Im Licht des Evangeliums wird diese Verlorenheit jedoch zugleich als um Christi willen, durch sein Sterben und Auferstehen aufgehoben erkannt. Denn er ist in den Riß getreten, den unsere Schuld hat aufbrechen lassen, und hat Frieden gestiftet, als wir noch Feinde waren (Rom 5,8.10). Wer sich zu ihm als dem lebendigen Herrn bekennt, empfängt jene Frucht seines Sterbens und seiner Auferstehung: Vergebung der Sünden, und das heißt: Leben und Seligkeit. In der urchristlichen Verkündigung, auf die sich der Apostel Paulus in seinem Brief an die Christen in Rom bezieht, wird Gott als Schöpfer und Erlöser seines Volkes gepriesen; ist er doch „der, der die Toten lebendig macht und dem, das nicht ist, ruft, daß es sei" (Rom. 4,17). Diese vom Apostel Paulus aufgenommene Wendung stimmt in ihrem Wortlaut nahezu überein mit der Benediktion, die jeder gläubige Jude täglich im 18 Bitten-Gebet spricht. Doch bedeutet diese Aussage nunmehr, daß dieser eine Gott, der der Gott Israels wie der Völker ist, seine Leben schaffende Kraft nicht erst in einer näheren oder ferneren Zukunft erweisen wird, sondern schon in der Auferweckung Jesu Christi von den Toten offenbar gemacht hat. Nicht die Sprache neutraler Berichterstattung, sondern allein die betroffenen Bekennens ist daher der Bezeugung dieses Geschehens angemessen, von dem es in einer vorpaulinischen Wendung, die der Apostel am Ende des vierten Kapitels im Römerbrief anführt, heißt, daß Christus „dahingegeben wurde um unserer Sünden willen und auferweckt um unserer Rechtfertigung willen" (Rom 4,25). Die passive Formulierung weist auf Gottes Handeln hin, das sich in Christi Tod und Auferstehung ereignet hat. Dabei sind die beiden parallel gebauten Teile des Satzes streng aufeinander zu beziehen. Somit bestätigt sich auch hier die Einsicht, daß das urchrisüiche Credo erst dann zutreffend ausgelegt ist, „wenn erkannt ist" - ich zitiere noch einmal Hans Conzelmann - : „Die objektive Aussage über Christus enthält eine Aussage

238

Die Wahrheit der Osterbotschaft

über mich" - über uns, denen die in Christi Tod und Auferstehung begründete Gabe des Heils zukommen soll. (loc. cit. S. 141)

III.

Wie aber - diese Frage folgt aus den bisherigen Überlegungen - gewinnt der aus der Osterbotschaft erwachsende Glaube seinen rechten Ausdruck? Und auf welche Weise vermag er die von ihm angenommene Zusage so zu bezeugen, daß sie als glaubwürdige Verkündigung zu Gehör gelangt? In der ältesten urchristlichen Osterpredigt wird die Heilsbedeutung von Kreuz und Auferstehung Christi mit Rückgriff auf die Schriften hervorgehoben und auf das Zeugnis derer verwiesen, denen sich der auferstandene Herr bezeugte. Diese Botschaft aber mußte ausgelegt und auf die Lebenssituation der Gemeinden angewendet werden. Wie diese Interpretation vorgenommen wurde, wird in den paulinischen Briefen als den frühesten urchristlichen Dokumenten beispielhaft ausgeführt. Mit dem urchristlichen Kerygma bleibt auch der Apostel äußerst zurückhaltend, dem Hinweis auf das Geschehen, von dem das Evangelium Nachricht gibt, irgendwelche Erläuterungen hinzuzufügen. Wo sich die Erscheinungen des Auferstandenen, deren Folge Paulus den Korinthern auflistet, zugetragen haben - ob in Galiläa oder in Jerusalem - , wird nicht gesagt. Die Aufmerksamkeit ist vielmehr ausschließlich auf den zum Glauben weckenden Ruf gerichtet. Wird Christi Begräbnis von ihm erwähnt, so wird damit auf die bittere Realität seines Todes hingewiesen, den er in Leiden und Sterben erlitten hat. Nicht aber sah sich die älteste Verkündigung vor die Frage gestellt: von welcher Beschaffenheit das Grab gewesen sei, ob man es leer gefunden habe oder ob es in anderer Hinsicht über die Wahrheit der Osterbotschaft näheren Aufschluß hätte gewähren können. Die Erzählung, einige Frauen seien in der Frühe des Ostermorgens zum Grab Jesu gegangen, um den Leichnam Jesu zu salben, sie hätten ihn dort aber nicht gefunden, weil der Verschlußstein fortgewälzt und die Stätte leer gewesen sei, gehört offensichtlich nicht zur ältesten Oberüberlieferung und wird dem Apostel Paulus nicht bekannt gewesen sein. Seine Verkündigung erwuchs aus dem Zeugnis der Zeugen, denen sich der auferstandene Christus als der lebendige Herr erwiesen hatte. Zu ihnen zählte Paulus sich selbst als deren letzter hinzu. In der kritischen Analyse der Erzählung von der Entdeckung des leeren Grabens, wie sie sich in allen vier Evangelien findet, hat man immer wieder den Versuch unternommen, den Kern eines historischen Berichts aufzuspüren. Aber damit wird der Charakter dieser Erzählung schwerlich richtig eingeschätzt. Weder will sie eine Lokalisierung des Grabes Jesu vornehmen, noch will sie so etwas wie einen Beweis für die Auferstehung Jesu bieten.

Die Wahrheit der Osterbotschaft

239

Denn die Erzählung verkennt nicht, daß ein Grab keine Antwort auf die Frage geben kann, wie die Auferstehung sich zugetragen haben könnte. Auch wenn es leer ist, vermag es nicht zu reden. Deshalb wird an die Frauen die Frage gerichtet: „Was sucht ihr den Lebendigen bei den Toten?" (Lk 24,5) Da ist Christus nicht. Wer ihn am Grab sucht, geht leer aus. Erst im Zusammenhang des Zurufs, Christus sei von den Toten auferstanden, gewinnt die Grabesgeschichte den ihr zukommenden Ort in der Osterüberlieferung der Evangelien. Die Erzählung von der Entdeckung des leeren Grabes ist überlieferungsgeschichtlich ohne Zweifel jünger als das älteste Osterkerygma und daher von Lorenz Oberlinner in einer gründlichen Untersuchung der Perikope zu Recht nicht als eine Voraussetzung, sondern als eine „Konsequenz des Glaubens an die Auferweckungjesu" bestimmt worden. (ZNW 73, 1982; S. 159— 182) Ohne die Selbstbezeugung des Auferstandenen bleibt das leere Grab stumm. Könnte man doch behaupten, Jesu Jünger hätten seinen Leichnam gestohlen (Mt 28,11-15). Die Geschichte von den Frauen, die am geöffneten Grabe aus Engelsmund die Osterbotschaft vernahmen, steht daher „ganz im Dienst der Verkündigung der Auferweckung Jesu". (Oberlinner, loc. cit., S. 27) Es ist deshalb nicht angebracht, die Perikope von der Entdeckung des leeren Grabes mit einer Last von Aussagemöglichkeiten zu überfrachten, die sie weder tragen kann noch von ihrer Intention her aufnehmen soll: als könnte ihr positiv oder negativ so etwas wie eine beweisfähige Aussage abgefordert werden. Diese Feststellung gilt auch gegenüber der Behauptung, der Leichnamjesu sei im Grab geblieben und darin verwest. Es bleibt darum eine rein spekulative Erwägung, wenn von Gerd Lüdemann erklärt wird, die vermeintliche Tatsachenaussage der Verwesung Jesu ... zum Ausgangspunkt aller weiteren Beschäftigung mit den Fragen im Umkreis seiner,Auferstehung, nehmen zu wollen, (in: Hj. Verwejen, Hrsg., Osterglaube ohne Auferstehung?, Freiburg 1995, S. 27) Die älteste urchristliche Osterbotschaft sagt, Kephas bzw. Simon/Petrus sei der erste Zeuge des Auferstandenen gewesen (1 Kor 15,5; Lk 24,34), und benennt damit historisch zuverlässige Uberlieferung. Denn die Ersterscheinung des Herrn hatte zur Folge, daß Petrus als ihrem Empfänger eine allgemein anerkannte Rolle als Leiter und Sprecher der Urgemeinde zukam. Doch unter den Ostergeschichten, die die Evangelisten auf die Perikope von der Entdeckung des leeren Grabes folgen lassen, findet sich keine, die über dieses Ereignis Aufschluß geben könnte. Auch hier begnügt sich die Tradition damit, das Geschehen als solches zu erwähnen. Die Evangelien hingegen bieten einen späteren Niederschlag der Osterverkündigung, indem sie in verschiedenen Erzählungen die Botschaft von der Auferstehung Jesu entfalten. Nimmt man einen kritischen Vergleich dieser Geschichten in genauerer Analyse vor, so erweist sich, daß der frühesten Christenheit die Einzelheiten

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Die Wahrheit der Osterbotschaft

des Wo und Wie der Erscheinungen erstaunlich gleichgültig gewesen sind. Aus dieser Beobachtung folgt aber - wie Eduard Schweizer in seinem Buch , Jesus Christus im vielfältigen Zeugnis des Neuen Testaments" (München/ Hamburg 1968) ausgeführt hat „daß der Osterglaube nicht daran hängt, daß wir es fertig bringen, allerlei merkwürdige Ereignisse, wie etwa das Essenkönnen des Auferstandenen, für möglich und historisch wahrzuhalten. Es heißt weiter, daß die Gewißheit der Auferstehung Jesu nicht wächst oder schwindet, je nachdem, wie genau man diese Berichte liest, und je nachdem, was sich etwa noch an neuen Quellen finden ließe." Wenn es aber Garantien solcher Art nicht gibt und grundsätzlich nicht geben kann, so stellt sich am Ende noch einmal die Frage, worin denn die Zuversicht des Osterglaubens wurzelt. Die Antwort kann nur lauten: „daß die Gewißheit nur in ihm selbst, dem Auferstandenen liegt", (loc. cit., S. 52) Dieser gemeinchrisüichen Uberzeugung hat Martin Luther - mit diesem Hinweis seien unsere Überlegungen zum Abschluß gebracht - in der kraftvollen Sprache seiner Predigten immer wieder Ausdruck gegeben: Von der Historie könnten auch der Teufel und die Gottlosen Kenntnis nehmen, doch die Wahrheit der Osterbotschaft können sie nicht begreifen. Darum komme alles darauf an, „daß wir das lernen, daß Christi Auferstehung mein ist ... Summa summarum" - das sei dem Tod entgegengerufen - , „ein Christ soll stets fröhlich sein". (WA 29, S. 288)

Bibelstellenregister Alles Testament

Gen. 12,3 19,6

119 221

Jes. 2,2^· 49,5 52,7 53,4f. 60,14 61,lf.

124 90, 106 92 12, 14 230 12

Ex. 33,19

123

Lev. 19,2

49

Jer. 1,5

90, 106

Dtn. 6,4

121

Ez. 1,18 2,10

220 221

2. Sam. 7,14

14, 109

Hos. 14,17

124

Ps. 2,7

95,109,199,211,223

Mi. 4,1-3

124

Neues Testament

Mt. 5,4 5,48 7,12 7,13 13,52 16,13-20 16,18 19,21 f. 19,28 28,11-15

27 44 25 41 182 178 132 44 178 239

Mk. 1,1 1,15 4,1-20 4,10-12

18f., 31 f. 39 26 19

8,38 10,15 10,25 10,33f. 10,45 14,71

177 29 39-43 25 167 97

Lk. 6,37f. 22,20 24,5 24,34

44 178 239 239

Joh. 1,29.36 3,3 9,22

222 29 229

242

Bibelstellenregister

10,33 12,42 16,2

227 229 229

Act. 2,10 3,17 6,13 9,1-19 14,23 20,22-24 21,18 22,3-21 23,26 26,9-20

131 163 179 164 183 172 179 164 208 164

Rom. 1,1-7 1,1 l,3f. 1,5 1,7 1,9 1,14 1,16f. 2,9 2,10 2,13 2,15 3,1 f. 3,4 3,9 3,10 3,20 3,23f. 3,24-26 3,31 4,15 4,17 5,1 f. 5,8.10 5,20 6,12 6,17 7,12 8,15

94f., 105-116, 166 135,150 94-96, 166 117, 135,210 131 112 117 97, 112f., 117, 120, 135f. 166 121 121 121 57, 121 119, 122 122 121 119 82, 121 135 99 72,82 82 14, 237 115 237 82 65 207 72, 82 28

8,30 8,32 9-11 9,1-5 9,1 9,6 10,4 10,9 10,10 10,15 11,1 11,14 11,24 11,26 11,28 11,32 12,3 13,5 13,8-10 13,11 13,12 13,13f. 14,26 15,16-20 15,16 15,19 15,20 15,27

114 95, 110 122-125 119 58 122f. 126 166, 233f. 167 92 122 123 124 125 93, 100 125 115 57 68f. 81 87 85 180 93, lOlf. 181 127, 134 141 152

l.Kor. 1,12 1,13 1,18 3,5-9 3,1 Of. 3,22f. 4,3-5 4,4 5,9 5,11 7,10.12 7,15-22 7,19 7,29 8-10 8,6 9,5

138, 148 139 168 138 131 139, 148 60 56 222 18 35 114 127 81 60 96 135, 148

243

Bibelstellenregister 9,14 9,16f. 9,21 10,32 11,1 11,23-26 12,13 12,28 13 15,1-5 15,3-5 15,10 15,11 15,14 15,17 16,22f.

36, 92, 135 97, 115 73 128 171 36f. 126 180 68f. 12f., 36,91, 107f. 86, 96, 132, 150, 165, 178 112, 134, 163 112 165 165, 234 209

2. Kor. 1,12 4,2 4,5 5,11 5,19f. 10-13 11,4

58 59 142 59 106 132f. 115

Gal. 1,1 1,3 1,5 1,6-9 1,13f. l,16f. 1,18-20 1,18f. 1,20-24 2,1-10 2,lf. 2,2 2,9 2,11-21 2,11-14 3,6-9 3,6 3,8 3,28 4,4

85f., 104 208 115 13 162 136, 150 179 135, 150 136 137f., 150-152 136 158 179 139-142, 152-155 148 119 84 119 126 95, 110

4,9f. 5,1 5,2 5,6 5,12f. 5,14 5,19-23 5,25 6,1-3 6,16

82 65 64, 82 66 66f. 74, 83 69 70 71-74, 83 128

Phil. 1,1 1,20-24 2,5-11 3,4-6 3,6 3,7-9 3,9 4,5

181 80, 175 110 78 162 79 86, 98, 107 80

Kol. 4,16

18

1. Thess. 1,1 1,2-2,16 1,5 1,10 2,17-3,13 4,1-12 4,13-5,11 4,14 4,15-17 5,5f. 5,12-24 5,12

208 17 115 83 17 17,87 17 84, 233, 235f. 34f., 80 87f. 17 180

1. Tim. 1,1 1,1 lf. 1,12-16 1,15 1,16 1,17 2,5f. 2,7

161 171 162f. 165 171 165 166 167

244

Bibelstellenregister

3,16 4,12 6,12

167 173 173

2. Tim. 1,1 1,8 2,8 2,11-13 3,12 3,15 4,6-8

161 94, 168, 173 94, 166 172 173 168 172

Tit. 1,1-3 2,14 3,4-7 3,4f.

162 170 170 168f.

Hebr. 13,7

17,24, 182

Jak. 1,1 2,2 5,14

177, 208 182 182

l.Petr. 1,1 2,9 3,18 4,6 5,1

177 172 94, 109 94, 109 158

2. Petr. 3,15-18 3,16

129, 156 173

Apk. 1,1 1,3 1,4

194, 206,219 208 195f., 208

1,8 1,11 1,13 1,19 2,2 2,6 2,8 2,9 2,14 2,16 2,18 2,24 2,27 3,9 4,6.8 5,1 5,5 7,1-10 7,14 11,lf. 11,15 11,17 12,1-17 12,9 12,10 13,lf. 13,3f. 13,16f. 14,13f. 15,3f. 17,6 17,9f. 17,14 18,20 19,6f. 19,16 21,6 21,14 22,10 22,20 22,21

199 194 199 220 212 212 119,211 200,214,224 207 212 223 212 223 214, 224 220 221 201 225f. 212 202 199, 201 201 226f. 202 199, 223 202 203 204 199, 223 199 219 202 201,217 208 230 201,217 212 208 194 197,211 210

Autorenregister AleetiJ.-N. 98, 113 Bammel, Ε. 73 Barclay, L.M. 66 Barion, H. 46 Barrett, C.K. 61, 132 Barth, G. 52 Barth, K. 119f. Bauer, W. 173,213 Baur, F.Chr. 140f. Beagly, A.J. 203,218,226 Becker, J. 155 Beker, C J. 85 Berger, K. 175 Betz, H.D. 69,73, 129 Billerbeck, P. 41f., 48, 73, 229 Black, M. 27 BlinzlerJ. 49 Bornkamm, G. 36f., 50, 53, 58, 60, 93, 112, 125, 197 Braun, H. 46,49,51 Brown, R. 130,149 Brox, N. 164,174 Bruders, H. 176 Buchanan, G.W. 193 Buck, C. 75 Bultmann, R. 25, 30, 39, 42, 44, 53, 58f., 71,93, 109, 128, 192 Burchard, C. 164,172 Burney, C.F. 27 Campenhausen, H.v. 35, 160, 173, 175 Conzelmann, H. 35, 60f., 63, 84, 99f., 108, 116, 118, 123f., 128, 132, 168f., 172, 237f. Corsani, B. 205 Cothenet, E. 193 Cranfield, C.E.B. 89,91,97,107 Cullmann, O. 137, 147

Dalman, G. 42 Dautzenberg, G. 201 Deißmann, A. 40 Delling, G. 45f. Demke, C. 122 Dibelius, M. 35, 138 Dietzfelbinger, C. 79 Dinkier, E. 131,137,146 Dodd, C.H. 75, 136, 151 Donfried, K. 149 Dunn,J.D.G. 105, 136 Ebeling, G. 67 Eckstein, H J . 53,57 Feldmeier, R. 117 Feuillet, A. 220 Fischer, K.M. 201,223 Fitzmyer,J. 114 Friedrich, G. 91f., 111, 113 Fuchs, E. 50 Furnish, VP. 75,79,88 Georgi, D. 152,179 Gerhardsson, G. 33 GnilkaJ. 43 Gräßer, E. 120-122,125,127 Gutbrod, W. 117f., 120, 125 Hahn, F. 84 Harnack, A.v. 176 Hassler, V 167 Hays, B. 73 Heussi, K. 146 Heckel, U. 117,126 Hilsberg, Ρ 53 Holl, Κ. 152,154 Holtz, T. 34, 139, 153, 198f., 211, 222, 224 Hoskyns, E. 23

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Autorenregister

Hübner, Η. 72, 80f., 92 Hummel, R. 52 Hwang, H.S. 112 Jeremias,J. 25-31, 36, 79, 108, 133, 150 Jörns, K.-P. 201,223 Käsemann, E. 25, 52, 91, 107, 110, 127f., 132, 146, 170, 176, 184, 205, 217 Karrer, M. 130, 132, 148f., 154, 195 Kertelge, K. 72, 74, 175 Kieffer, R. 153 Kim, S. 103 Klein, G. 82, 107, 116, 137 Klostermann, E. 42, 45f., 48 Köster, H. 111,206,212 Kraft, H. 208,220 Kretschmar, G. 51 Kümmel, W.G. 88 Kuhn, K.G. 118

Oberlinner, L. 167f., 239 Osten-Sacken, P.v.d. 134,196,210 Pedersen, S. I I I Perrin, N. 25 Pesch, R. 43, 139, 147 Pierce, C.A. 53 Pokorny, P. 91 Räisänen, Η. 7If., 81 Reumann, J. 149 Riesenfeld, Η. 33 Riesner, R. 33 Rigaux, B. 47 Rissi, M. 214 Robinson,J.M. 212 RolofTJ. 161,175,195,209

Maurer, C. 53-55 Mazzaferri, F.D. 220 Merk, O. 66, 173f. Michaelis, W. 125 Müller, K. 193 Müller, U.B. 215 Mußner, F. 157f.

Sänger, D. 125 Sanders, E.P. 120 Satake, A. 183, 204, 225 Schlatter, A. 28,41,49,78 Schlier, H. 94, 100, 204 Schmidt, K.L. 40 Schmithals, W. 96, llOf. 121, 173 Schnackenburg, R. 50, 53f., 62f., 165 Schnelle, U. 76,103 Schniewind,J. 52 Schoeps, H.-J. 231 Schräge, W. 51,74,82,214,228-230 Schürmann, H. 73,187 Schüssler-Fiorenza, E. 195, 209 Schulz, S. 76 Schweizer, E. 52,94, 109, 175, 224, 240 Soden, H.v. 57 Söding, T. 86, 103 Sohm, R. 176 Stegemann, E. 216 Stelzenberger,J. 53 Stendahl, K. 175 Stenger, W. 167 Strecker, G. 50,83,91, 103 Strobel, A. 164,193,202 Stuhlmacher, P. 73, 91, 105, 111

Nauck, W. 65 Nikolainen, A.T. 224

Tachau, P. 168 TaegerJ. 220

Läuchli, S. 200 Lebram, J. 193 Lehmann, K. 32 Leon-Dufour, X. 36 Lietzmann. H. 131, 145f., 149, 185 Lips, H.v. 160,169,174,184 Lohmeyer, E. 107,215 Lohse, E. 61, 87f., 101f., 109, 113f., 127, 149, 166f., 170, 186, 199, 209, 221-223 Luck, U. 45 Lüdemann, G. 88,236,239 Lührmann, D. 153 Luz, U. 50

Autorenregister

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Ulrichs, K.F. 136

Walter, N. 33 Wechsler, A. 153 Wellhausen,J. 46,48 Wilckens, U. 53, 57, 73f., 82, 102, 106 Wilken, R.L. 216f. Windisch, H. 40, 117f., 167 Wolf, E. 53

Vielhauer, P. 193 Vögtle, A. 147, 156, 178, 186f., 235f. Vollenweider, S. 67f.

Zahn, Th. 42 Zeller, D. 82, 119 Zimmermann, H. 94

Taylor, G. 75 Theobald, M. 127 Thrall, M.E. 53, 132 Trilling, W. 182f. Trümmer, Ε 161,166,174

Stichwortregister Amen 28 Amt/Ämter 175-190 Apostel 130-159,208 Auferstehung 14, 232-240 Bischof 183f., 187 Briefe 16-18, 195 BriefFormular 104, 195-197, 208f. Charismen 180, 183 Christologie 197-202,210,222-224 Davidssohn 109 Eschatologie 17, 75-77, 79-81, 198f. Ekklesiologie 224-227 Ethik 44-52, 53-63, 64-74, 75-88 Evangelien 18, 89-103, 107f. Evangelium 12-15 Fleisch 94 Freiheit 67f. Frühkatholizismus 160f., 184 Geist 70f., 94 Gemeindeordnung 175-190 Gesetz 6 1 , 6 4 - 7 4 , 8 1 - 8 3 , 140 Gewissen, 53-63 Gleichnisse 25f., 34 Götzenopfer 60-63 Herrenmahl 36f. Herrenworte 23-38 Hoheitstitel 198-200 Hymnus 200

Kaiserkult 91, 203f., 206, 217 Kanon 191f. Kirche 175-190 Kollekte 179 Kyrios 11 Of. Lamm Gottes 197f. Leib Christi 180f. Lehre 167f. Leiden 13f., 172f. Liebe 62f., 68-74 Martyrium 144f., 228f. Menschensohn 233 Messias 12f. Naherwartung 204 Ordination 183f. Osterbotschaft 232-240 Pastoralbriefe 160-174 Paulus 53-159 Petrus 129-159 Petrusbriefe 146f., 156 Präskript 104-116 Priester 181 Qumran 47f., 181, 227f. Recht 175-190 Rechtfertigung 83-86, 140-142, 154, 157, 170, 174, 205 Reich Gottes 40 Reichtum 39-43 Retter/Rettung 167-169

Indikativ/imperativ 70 Juden/Christen 214-231

Sohn Gottes 95f., 109, 199f., 21 lf., 223f. Spruchquelle 20

Stichwortregister

Stoa 54-56 Strukturen 175-190 Sünde 15,65, 237f. Synagogen 214—231

Umkehr 39 43 Vollkommenheit 44-52 Werke 169f.

Thora 73 Tischgemeinschaft 139f., 153

Bibliographie Eduard Lohse 1988-2000* 1988 548. Die Offenbarung des Johannes, 7. Aufl. Göttingen 1988, s. zu Nr. 99. 549. Theologische Ethik des Neuen Testaments, Stuttgart: Kohlhammer 1988, (ThW 5,2) 145 S. (ital. Übers.:) Etica Teologica del Nuovo Testamento - Brescia: Paideia Editrice 1991,235 S. (engl. Ubers.:) Theological Ethics of the New Testament - Minneapolis: Fortress Press 1991, 236 S. (jap. Übers.:) Tokio 1995, 249 S. 550. Hg.: Mit der Bibel durch das Jahr 1989. Hg. zusammen mit H. Claß, P.-W. Scheele, Th. Schober und H. Sticher. - Stuttgart: Kreuz-Verlag/Verlag Katholisches Bibelwerk 1988, 380 S. 551. Wünsche für meine Kirche. - In: Idea-Spektrum 1988, Nr. 21, S. 1-2. 552. Kontakte mit der russischen Orthodoxie. - In: LM 27 (1988), S. 262. 553. Wie chrisdich ist die Offenbarung des Johannes? - In: NTS 34 (1988), S. 321 338. 554. Kontinuität und Wandel. - In: Mitteilungsblatt der Versicherungsgruppe Hannover Okt. 1988, S. 1-2. 555. Zur Sache: Der Splitter. - In: Evangelische Zeitung 30. Okt. 1988, S. 3. 556. Dankesgruß an den scheidenden Kanzler Hans-Ludwig Schneider. - In: Georgia Augusta 49 (1988), S. 5-7. 557. Bischofswechsel in Hannover. - In: Eine Dokumentation zum 31. Mai 1988, Hannover: Lutherisches Verlagshaus 1988, S. 7-8. 36-40. 558. Zur Geschichte und heutigen Situation des Klosters Loccum. - In: Jahrbuch der Braunschweigischen Wissenschaftlichen Gesellschaft 1988, Göttingen 1988, S. 49 f. 559. Predigtmeditation überjoh. 3,31 - 36. - In: GPM 43 (1988/89), S. 49-54. 560. Rez. von: H. Merklein, Studien zu Jesus und Paulus, Tübingen 1987. - In: Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt 3. April 1988, S. 38. 561. Rez. von: G. Lohfink, Wem gilt die Bergpredigt?, Freiburg 1988. - In: ThLZ 113 (1988), Sp. 897-899.

* Die Aufstellungen setzen die Bibliographie 1948-1987 fort, die erschienen ist in: K. Aland/ S. Meurer (Hrsgg.), Wissenschaft und Kirche - zum 65. Geburtstag von Eduard Lohse, Texte und Arbeiten zur Bibel Bd. 4, Bielefeld: Luther-Verlag 1989, S. 371-404. Sie folgen derselben Ordnung wie dort auf S. 371 angegeben.

Bibliographie Eduard Lohse

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1989 562. Grundriß der neutestamendichen Theologie, 4. Aufl. Stuttgart 1989 s. zu Nr. 255. 563. Umwelt des Neuen Testaments, 8. Aufl. Göttingen 1989, s. zu Nr. 216. 564. Hg.: Mit der Bibel durch das Jahr 1990, Hg. zusammen mit H. Claß, P.-W. Scheele, Th. Schober und H. Sticher. - Stuttgart: Kreuz-Verlag/Katholisches Bibelwerk 1989, 389 S. 565. Was gilt in der Kirche? Worauf können wir uns verlassen? - In: Amtsblatt der Evang.-Luth. Landeskirche Sachsens, Nr. 24 vom 30. Dez. 1988, S. 97-100 sowie Nr. 1 vom 13. Jan. 1989, S. Β 1-B 3. 566. Die Berufung auf das Gewissen in der paulinischen Ethik. - In: Neues Testament und Ethik, Festschrift für Rudolf Schnackenburg, Freiburg: Verlag Herder 1989, S. 207-219. 567. Kirchlicher Auftrag und solidarische Gemeinschaft. - In: Deutsches Pfarrerblatt 89 (1989), S. 83-86. 568. Ein klares Ja zur Demokratie. - In: Leidenschaft zur praktischen Vernunft, Helmut Schmidt zum Siebzigsten, Berlin: Siedler-Verlag 1989, S. 279-295. 569. Ist das der Mann, der die Welt zittern machte? - zum 20. April 1989. - In: Idea-Spektrum Nr. 34, 17. April 1989, S. VI f. 570. Laudatio auf D. Karl-Alfred Odin. - In: Reden anläßlich der Preisverleihung der Stiftung Bibel und Kultur für das Jahr 1989, Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft 1989, S. 8-11. 571. Grundgesetz als Angebot und Aufgabe.- In: Das Parlament Nr. 32-33, 4./11. Aug. 1989, S. 18. 572. Zum Tode von Altbischof Wölber. - In: Idea Informationsdienst Nr. 73/74, 18. Aug. 1989, S. VII-VIII. 573. Leben im Geist - Ordnung der Gemeinde. Von den Anfängen urchrisdicher Kirchenverfassung. - In: Verwaltete Kirche - Lebendige Kirche. Thema für Walter Hammer, Bielefeld 1989, S. 39-46. 574. Der Auftrag der Kirche in der Wirtschaft. - In: Glaube - Bekenntnis - Kirchenrecht, Festschrift für H. Ph. Meyer, Hannover: Lutherhaus-Verlag 1989, S. 166-175. 575. Ökumenische Kirchengeschichte I, S. 37-69, 5. Aufl. Mainz/München 1989, s. zu Nr. 208. 576. Lehramt und Lehrautorität in der evangelischen Kirche. - In: Abhandlungen der Braunschweigischen Wissenschaftlichen Gesellschaft XLI, Göttingen 1989, S. 39-54. 577. Rez. von: W. Schmithals, Der Römerbrief, Gütersloher Verlagshaus: Gütersloh 1989. - In: LM 28 (1989), S. 377. 578. Rez. von: K. Berger, Hermeneutik des Neuen Testaments, Gütersloher Verlagshaus: Gütersloh 1988, - In: LM 28 (1989), S. 429.

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Bibliographie Eduard Lohse

1990 579. Militia Christi, Bursfelder Universitätsreden 9, Göttingen 1990, 24 S. 580. Epitomee theologia tees kainees Diatheekees, 2. Aufl. Athen 1990, s. zu Nr. 255. 581. Hg.: Mit der Bibel durch das J a h r 1991, Hg. zusammen mit W. Kasper, W. Klaiber, P.-W. Scheele, Th. Schober, Th. Sorg. - Stuttgart: Kreuz-Verlag/Verlag Katholisches Bibelwerk 1990, 388 S. 582. Zum Geleit. - In: K.-A. Odin, Die Antwort der Feste. Freiburg: Verlag Herder 1990, S. 11-14. 583. Bibelarbeiten Rom. 3,21-31 und 12,1-2.13,11-14. - In: Wir sind Zeitgenossen, Begegnungstagung anläßlich des 80. Geburtstages von Hans Thimme, Bielefeld 1990, S. 7-15. 584. Was kommt auf den deutschen Protestantismus zu? Die evangelische Kirche vor den Aufgaben von morgen. - In: Idea 8 1 / 8 2 20. Sept. 1990, S. I—III. 585. Zum Geleit. - In: Gerhard Uhlhorn. Schriften zur Sozialethik und Diakonie, Hannover: Lutherhaus-Verlag 1990, S. 7-8. 586. Neuer Himmel und neue Erde - Hoffnung für die Welt. - In: H. Weder (Hrsg.), Gerechtigkeit, Friede und Bewahrung der Schöpfung, Zürich: Theologischer Verlag 1990, S. 81-98. 587. Theologie als Schriftauslegung. Zum Gedenken an H. Conzelmann, T h L Z 115(1990), Sp. 865-876. 588. August Marahrens - Abt zu Loccum. - In: Kirchliche Zeitgeschichte 3 (1990), S. 499-504. 589. Die offene Tür. - In: V C H Kurier - Gästezeitschrift der VCH-Hotels 2 (1990), S. 5. 590. Predigtmeditation über 2. Thess. 3,1-5. - In: G P M 44 (1989/90), S. 323-330. 591. Predigtmeditation über Luk. 12,35-40. - In: G P M 45 (1990/91), S. 62-67. 592. Rez. von D. Seely, T h e Noble Death. Graeco-Roman Martyrology and Paul's Concept of Salvation, Sheffield 1990. - In: T h L Z 115 (1990), Sp. 895-896. 593. Rez. von W. Weiß, Eine neue Lehre in Vollmacht, Berlin 1989. - In: ThRv 86 (1990), S. 371-373.

1991 594. Die Entstehung des Neuen Testaments, 5. Aufl. Stuttgart: 1991, s. zu Nr. 225. 595. Hg.: Mit der Bibel durch das J a h r 1992. Hg. zusammen mit W. Kasper, W. Klaiber, P.-W. Scheele, Th. Schober, Th. Sorg. - Stuttgart: Kreuz-Verlag/Verlag Katholisches Bibelwerk 1991, 379 S. 596. „Vollkommen Sein". Zur Ethik des Matthäusevangeliums. - In: Salz der Erde - Licht der Welt, Festschrift für Anton Vögtle, Stuttgart: Verlag Katholisches Bibelwerk 1991, S. 131-140. 597. Weitergabe des Glaubens. - In: Die Freude an Gott - unsere Kraft, Festschrift für Otto Knoch, Stuttgart: Verlag Katholisches Bibelwerk 1991, S. 170-175.

Bibliographie Eduard Lohse

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598. Vom Auftrag christlicher Predigt. - In: Deutsches Pfarrerblatt 91 (1991), S. 6 8.

599. Signale der Zuversicht: Drei Bücher im Gepäck. - In: Rheinischer Merkur Nr. 10 8. M ä r z 1991, S. 26 = U. Hahn (Hrsg.), Signale der Zuversicht, Wuppertal: Verlag R. Brockhaus 1992, S. 70-72. 600. St. Peter's Apostleship in the Judgment of St. Paul, the Apostle of Gentiles. In: Gregorianum 72 (1991), S. 419-435. 601. Nachruf auf Hans Gonzelmann. - In: Jahrbuch der Akademie der Wissenschaften in Göttingen 1990, Göttingen: Verlag Vandenhoeck und Ruprecht 1991, S. 104—111. 602. Der Tod soll nichts vermögen - 1. Korinther 15. - In: Große Texte der Bibel, hrsgg. von E. Lippold und A. Vagedos, Stuttgart: Verlag Katholisches Bibelwerk/Deutsche Bibelgesellschaft 1991. S. 202 - 207 = Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt vom 2. Okt. 1992, S. 24. 603. Urchristliche Ethik vor den Aufgaben des Alltags. - In: Atti della Accademia Mediterranea delle Scienze VI, Gatania 1991, S. 101-110. 604. Was ihr auch tut, denkt an das Ende. - In: Idea 105/91 vom 18. Nov. 1991. 605. The Revelation of John und Pauline Theology. In: The Future of Early Christianity, Festschrift für Helmut Koester, Minneapolis: Fortress Press 1991, S. 358-366. 606. Verantwortete Freiheit in der politischen Entscheidung - zum Gedenken an Klaus Scholder. - In: Kirchliche Zeitgeschichte 4(1991), S. 367-374. 607. Ökumene zwischen Resignation und Hoffnung. - In: Marburger ÖkumeneGespräche, Marburg 1991, S. 16-19. 608. Rez. von H. Schütte, Einig in der Lehre von der Rechtfertigung, Paderborn 1990: Unterscheiden, nicht trennen. - In: Rheinischer Merkur Nr. 37 13. Sept. 1991, S. 26. 609. Rez. von C. K. Barrett, Das Evangelium nach Johannes, Göttingen 1990. - In: L M 30 (1991), S. 94. 610. Rez. von G. Lohfink, Studien zum Neuen Testament, Stuttgart 1989. - In: ThLZ 116(1991), Sp. 192-193. 611. Rez. von J . Ernst,Johannes der Täufer, Berlin 1989. -In: T h R 56 (1991), S. 206-208. 612. Rez. von K. Berger, Gottes einziger Ölbaum. Betrachtungen zum Römerbrief, Stuttgart 1989. - In: L M 30 (1991), S. 377. 613. Rez. von Ch. Wolff, Der zweite Brief des Paulus an die Korinther, Berlin 1989. - I n : ThLZ 116 (1991), Sp. 512-514. 614. Rez. von L. Schenke, Die Urgemeinde - geschichtliche und theologische Entwicklung, Stuttgart 1990. - In: ThLZ 116 (1991), Sp. 739-741. 615. Rez. von V Hampel, Menschensohn und historischer Jesus. Ein Rätselwort zum messianischen Selbstverständnis Jesu, Neukirchen 1990. - In: Bib 72 (1991), S. 585-588.

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Bibliographie Eduard Lohse

2000 755. Das allerlauterste Evangelium. - In: ... und folgten dem Stern, Festgabe für Christian Krause, Stuttgart 2000, S. 190-193. 756. Rez. von D. Wenham, Paulus -JüngerJesu oder Begründer des Christentums?, Paderborn 1999. - In: EK Heft 1, 2000, S. 51-52. 757. Rez. von H. Schürmann, Wort Gottes und Schriftauslegung, Gesammelte Beiträge zur theologischen Mitte der Exegese, Paderborn 1998. - In: ThLZ 125 (2000), Sp. 78-79. 758. Rez. von N.A. Beck, Mündiges Christentum im 21 .Jahrhundert, Die antijüdische Polemik im Neuen Testament und ihre Uberwindung, Berlin 1998. - In: T h R 65 (2000), S. 119-120. 759. Rez. von K. Haacker, Der Brief des Paulus an die Römer, Leipzig 1999. - In: ThLZ 125 (2000), Sp. 164-166.

Im Druck: Umwelt des Neuen Testaments, 10. Aufl., Göttingen 2000, s. zu Nr. 216. Zum ökumenischen Charakter des Römerbriefes. Zur ökumenischen Bedeutung des Augsburgischen Bekenntnisses. Doppelte Prädestination bei Paulus? Der Wandel der Christen im Zeichen der Auferstehung - zur Begründung christlicher Ethik im Römerbrief. Rez. von K.P. Donfried/P. Richardson (Hrsg.), Judaism and Christianity in FirstCentury Rome, Grand Rapids, Michigan/Cambridge U.K. 1998. - In: ThR. Rez. von Ρ Richardson, Herod - King of the Jews and Friend of the Romans, Edinburgh 1999. - In: T h R Rez. von J. Painter, Just James - The Brother of Jesus in History and Tradition. - In: ThR Rez. von M. Hengel, Judaica, Hellenistica et Christiana, Tübingen 1996/1999. In: ThLZ Rez. von A. von Harnack, Das Wesen des Christentums, herausgegeben und kommentiert von T. Rendtorff, Gütersloh 1999. - In: LM/Die Zeichen der Zeit. Stand: 20. März 2000.

Eduard Lohse bei Vandenhoeck 8 Ruprecht Eine A u s w a h l :

Umwelt des Neuen Testaments

Die Einheit des Neuen Testaments

Grundrisse zum Neue Testament 1. 10. durchgesehene Auflage 2000. 224 Seiten mit 2 Karten und 2 Übersichten im Anhang sowie 1 Skizze im Text, kartoniert ISBN 3-525-513060-7

Exegetische Studien zur Theologie des Neuen Testaments I. 2. Auflage 1976. 355 Seiten, kartoniert ISBN 3-525-58107-6

Die Offenbarung des Johannes Das Neue Testament Deutsch 11. 15. Auflage (8., neubearbeitete Auflage dieser Bearbeitung) 1993. IV, 127 Seiten, kartoniert ISBN 3-525-51378-X

Märtyrer und Gottesknecht Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments 46. 2., durchgesehene und erweiterte Auflage 1963. 230 Seiten, kartoniert ISBN 3-525-53139-7

„Es ist Lohses besondere Gabe, schwierigste t h e o l o g i s c h e Sachverhalte leicht verständlich darzustellen. Und w a s im Streit der M e i n u n g e n besonders hilfreich ist: Lohse bezieht j e w e i l s eine eindeutige Position. Eine A u f s a t z s a m m l u n g also, die jedem, der an den zentralen Sachfragen des N e u e n Testaments interessiert ist, eine große Hilfe sein kann." Deutsches Pfarrblatt

Die Vielfalt des Neuen Testaments Exegetische Studien zur Theologie des Neuen Testaments II. 1982. 255 Seiten, kartoniert ISBN 3-525-58118-1

Die Briefe an die Kolosser und an Philemon Kritisch-exegetischer Kommentar über das Neue Testament 9/2. 15., erweiterte Auflage (2. Auflage dieser Auslegung) 1977. 295 Seiten, Leinen ISBN 3-525-51636-3 In diesem Buch wird der A b l a u f der letzten D i n g e v o n der A u f e r s t e h u n g und Erhöhung Christi bis zu seiner Wiederkunft u n d der Aufrichtung seiner Herrschaft über alle Welt beschrieben.

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Vandenhoeck Ruprecht

Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments Eine Auswahl:

193: Thomas Witulski Die A d r e s s a t e n des G a l a t e r b r i e f e s Untersuchungen zur Gemeinde von Antiochia ad Pisidiam. 2000. 261 Seiten mit 2 Landkarten, Leinen ISBN 3-525-53877-4

187: Wolfgang Harnisch Die Z u m u t u n g der L i e b e Gesammelte Aufsätze. Hrsg. von Ulrich Schoenborn. 1999.237 Seiten, Leinen ISBN 3-525-53871-5

191: Leszek Ruszkowski V o l k u n d G e m e i n d e im W a n d e l Eine Untersuchung zu Jesaja 56-66. 2000.188 Seiten, Leinen ISBN 3-525-53875-8

186: J a n Christian Gertz Tradition und Redaktion in der E x o d u s e r z ä h l u n g Untersuchungen zur Endredaktion des Pentateuch. 2000.438 Seiten, Leinen ISBN 3-525-53870-7

190: Reinhard G. Kratz / Hermann Spieckermann (Hg.) Liebe und Gebot Studien zum Deuteronomium. Festschrift zum 70. Geburtstag von Lothar Perlitt. 2000. 231 Seiten mit Frontispiz, Leinen ISBN 3-525-53874-X 189: Boris Repschinski T h e C o n t r o v e r s y S t o r i e s in t h e Gospel o f M a t t h e w Their Redaction, Form and Relevance for the Relationship between the Matthean Community and Formative Judaism. 2000.373 Seiten mit 27 Tabellen, Leinen ISBN 3-525-53873-1 188: Wolfgang Reinbold Propaganda und Mission im ä l t e s t e n C h r i s t e n t u m Eine Untersuchung zu den Modalitäten der Ausbreitung der frühen Kirche. 2000. IX, 386 Seiten, Leinen ISBN 3-525-53872-3

185: Christian Strecker Die l i m i n a l e T h e o l o g i e des Paulus Zugänge zur paulinischen Theologie aus kulturanthropologischer Perspektive. 1999. 504 Seiten, Leinen ISBN 3-525-53869-3 184: Kurt Paesler Das T e m p e l w o r t J e s u Die Traditionen von Tempelzerstörung und Tempelerneuerung im Neuen Testament. 1999. 304 Seiten, Leinen ISBN 3-525-53868-5

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