Das Königreich der Vandalen: Geiserichs Herrschaft und das Imperium Romanum 3805347618, 9783805347617

Eine kleine Schar germanischer ›Barbaren‹ zieht im 5. Jahrhundert quer durch Europa bis nach Nordafrika, erobert Rom und

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Das Königreich der Vandalen: Geiserichs Herrschaft und das Imperium Romanum
 3805347618, 9783805347617

Table of contents :
Front Cover
Titel
Widmung
Impressum
Inhalt
I. Einleitung
II. Vandalen im Imperium Romanum
1. Einbruch einer barbarischen gens ins Römische Reich (406 n. Chr.)
2. Die Vandalen in Gallien und Spanien
3. Königtum und Ethnogenese
4. Die Christianisierung der Vandalen
III. Die Eroberung Africas
1. Wurden die Vandalen nach Africa eingeladen?
2. Der Einfall in Nordafrika (429)
3. Die Eroberungszug nach Osten
4. Das Schicksal von Hippo Regius und das Bündnis mit Ravenna (435)
5. Die Eroberung Karthagos (439)
IV. Das vandalische Königreich und das Imperium Romanum
1. Der Vertrag von 442 und die vandalische Autonomie
2. Der vandalische Prinz und die Tochter des Kaisers
3. Geiserichs ‚sacco di Roma' (455)
4. Geiserich, Kaiser Maiorianus und die Legitimität des Westkaisers
5. Die vandalische Flotte – Herrin des westlichen Mittelmeers? (462–468)
6. General Basiliskos und der letzte römische Angriff auf Geiserich (468)
7. Der ‚ewige Friede' (474)
V. Geiserichs afrikanisches Königreich
1. Die Aufteilung Africas und die Ansiedlung der Vandalen (442)
2. Lebensgrundlage und Sozialstruktur der Vandalen
3. König, Reich und Administration
4. Die Nachfolgeregelung
5. Religions- und Kirchenpolitik
6. Vandalen und Römer: Eigenständigkeit und Akkulturation
7. Das Verhältnis zu den maurischen Stämmen
VI. Geiserich und Rom
VII. Die weitere Entwicklung des Vandalenreichs und sein Untergang
1. Von Hunerich zu Gunthamund: Nachfolge-, Kirchen- und Maurenkämpfe
2. Thrasamund und Hilderich: Wie römisch konnte ein Vandalenkönig sein?
3. Gelimer und der Zusammenbruch der Vandalenherrschaft (533/534)
VIII. ‚Befreiung Africas' oder Zerstörung einer vandalischen Perspektive?
IX. Warum es heute noch ‚Vandalen' gibt – Namen und Schimpfwörter
Anmerkungen
Quellen und Literatur
Quellensammlungen
Antike Werke mit Kurzbeschreibung der Autoren
Literaturverzeichnis
Verzeichnis der Abbildungen
Index der Namen und Orte
Zeittafel
Back Cover

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Konrad Vössing

Das Königreich der Vandalen Geiserichs Herrschaft und das Imperium Romanum

Die Eroberung Roms durch die Vandalen, 455 n. Chr. Holzstich um 1865 (Heinrich Leutemann)

Quinque Vandalis amatis

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme. Der Verlag Philipp von Zabern ist ein Imprint der WBG. © 2014 by WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der WBG ermöglicht. Lektorat: Textbüro Dr. Hartz, Hamburg Einbandabbildung: „Vandalischer Reiter“, Mosaik 5./6. Jh. v. Chr. © picture-alliance/dpa Einbandgestaltung: Jutta Schneider, Frankfurt am Main Layout, Satz und Prepress: schreiberVIS, Bickenbach Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier Printed in Germany Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.de ISBN 978-3-8053-4761-7 Elektronisch sind folgende Ausgaben erhältlich: eBook (PDF): 978-3-8053-4841-6 eBook (epub): 978-3-8053-4842-3



Inhalt

I Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 II

Vandalen im Imperium Romanum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 1. Einbruch einer barbarischen gens ins Römische Reich (406 n. Chr.) . . . . . . . . . . 11 2. Die Vandalen in Gallien und Spanien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 3. Königtum und Ethnogenese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 4. Die Christianisierung der Vandalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

III

Die Eroberung Africas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 1. Wurden die Vandalen nach Africa eingeladen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 2. Der Einfall in Nordafrika (429) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 3. Die Eroberungszug nach Osten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 4. Das Schicksal von Hippo Regius und das Bündnis mit Ravenna (435) . . . . . . . . 43 5. Die Eroberung Karthagos (439) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

IV

Das vandalische Königreich und das Imperium Romanum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 1. Der Vertrag von 442 und die vandalische Autonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 2. Der vandalische Prinz und die Tochter des Kaisers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 3. Geiserichs ‚sacco di Roma‘ (455) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 4. Geiserich, Kaiser Maiorianus und die Legitimität des Westkaisers . . . . . . . . . . . . 60 5. Die vandalische Flotte – Herrin des westlichen Mittelmeers? (462 – 468) . . . . . 63 6. General Basiliskos und der letzte römische Angriff auf Geiserich (468) . . . . . . . 67 7. Der ‚ewige Friede‘ (474) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71

V

Geiserichs afrikanisches Königreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 1. Die Aufteilung Africas und die Ansiedlung der Vandalen (442) . . . . . . . . . . . . . . . 75 2. Lebensgrundlage und Sozialstruktur der Vandalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 3. König, Reich und Administration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84

6

Inhalt

4. Die Nachfolgeregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 5. Religions- und Kirchenpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 6. Vandalen und Römer: Eigenständigkeit und Akkulturation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 7. Das Verhältnis zu den maurischen Stämmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108

VI

Geiserich und Rom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111

VII

Die weitere Entwicklung des Vandalenreichs und sein Untergang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 1. Von Hunerich zu Gunthamund: Nachfolge-, Kirchen- und Maurenkämpfe . . . . 118 2. Thrasamund und Hilderich: Wie römisch konnte ein Vandalenkönig sein? . . . . 125 3. Gelimer und der Zusammenbruch der Vandalenherrschaft (533/534) . . . . . . . . 131

V III

‚Befreiung Africas‘ oder Zerstörung einer vandalischen Perspektive? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140

IX Warum es heute noch ‚Vandalen‘ gibt – Namen und Schimpfwörter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 Anmerkungen

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151

Quellen und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 Quellensammlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 Antike Werke mit Kurzbeschreibung der Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 Verzeichnis der Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201

Index der Namen und Orte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 Zeittafel

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206



I

Einleitung

Vandalen gibt es überall, so scheint es. Die Zerstörung von Kulturgütern als eine Art Negierung oder Pervertierung ihrer Werte ohne erkennbaren Sinn ist überall anzutreffen, und zwar gerade an Orten, die von der Allgemeinheit aufgesucht werden, seien es Bushaltestellen oder Internetseiten. Gewöhnlich bezeichnen wir dieses Phänomen mit einem historisierenden Begriff als ‚Vandalismus‘, was auf einen antiken Volksnamen zurückweist, den der Vandalen. Dies sichert den ‚echten‘ Vandalen immerhin eine gewisse Aufmerksamkeit. Wer sich näher mit dieser gens (so die antiken Quellen) beschäftigt, steht vor der Frage, was denn an den Vandalen so besonders war, dass sie als einziger antiker germanischer ‚Stamm‘ (so könnte man gens übersetzen) zu einem Schimpfwort geworden sind. Ihren historischen Ort hat diese – sachlich ungerechtfertigte, wie wir noch sehen werden – Begriffsprägung allerdings nicht in der Antike, sondern in der beginnenden Neuzeit.1 Die grundsätzliche Frage nach der Besonderheit der Vandalen ist jedoch eigentlich die Kernfrage jeder geschichtlichen Betrachtung und deshalb auch für dieses Buch wichtig. Sie kann nur im historischen Zusammenhang beantwortet werden und nicht losgelöst von den Strukturen des Römischen Reiches jener Zeit. Dass uns die Vandalen und ihr Schicksal heute noch faszinieren, kann man auf dreierlei zurückführen: auf den erstaunlich langen Weg, den sie mit Frauen und Kindern quer durch Europa und Nordafrika zurückgelegt haben, auf das Bild der kleinen Schar siegreicher, wilder Barbaren im üppigen, sonnigen Römerland am südlichen Mittelmeer und auf ihren rätselhaft schnellen Untergang trotz einzigartiger Erfolge gegen scheinbar übermächtige Gegner. Diese Faszination ist auch durch verschiedene romantische Vorstellungen bestimmt, etwa die eines wie auch immer gearteten Stammescharakters der Vandalen, der sich unverändert wie im mitteleuropäischen Ursprungsgebiet so auch in Africa zeigte.2 Die Suche nach einer ‚Identität‘ der Vandalen ist, wie sich zeigen wird, wenig sinnvoll. Weiter kommt man bei der für das Thema des vandalischen König-

8

I  Einleitung reichs wichtigen Frage nach seinem Verhältnis zu den Römern und nach dem Erfolgsgeheimnis der Vandalen. Kein anderer Germanenstamm hat zu ihrer Zeit (429 – 534 n. Chr.) eine so lange und vollständige Unabhängigkeit erreicht. Auf diesem Phänomen, der lange Zeit erfolgreichen vandalischen Reichsbildung auf ehemals römischem Boden, soll das Hauptgewicht des vorliegenden Buches liegen. Ziel ist es, die Etablierung und Charakteristik des regnum Vandalorum darzustellen, und zwar im Kontext der Geschichte des spätrömischen Reiches, des afrikanischen Provinzialgebietes und der ‚barbarischen‘ Eroberungen. Das Königreich der Vandalen aber ist in besonderer Weise mit seinem ersten und bedeutendsten Herrscher verbunden, der ein halbes Jahrhundert lang (428 – 477) an der Spitze seiner gens stand und heute wohl ihr einziger Vertreter ist, den ein breiteres Publikum kennt: Geiserich. Er war es, der den Zug nach Africa anführte, der sich in keineswegs einfachen militärischen Auseinandersetzungen behauptete, der die Anerkennung des Kaisers in Ravenna erlangte, der die Vandalen neu organisierte und in Africa fest installierte. Schließlich aber war er auch derjenige, der Rom eroberte, das Mittelmeer mit seinen Raubzügen in Angst und Schrecken versetzte und ganz unmittelbar am politischen Ende des Westreichs beteiligt war. Um vom Königreich der Vandalen sprechen zu können, müssen drei Komponenten zusammenkommen: Vandalen, ein König und eine dauerhafte Herrschaft, die an ein festes Gebiet gebunden war. Letzteres war erst ab dem Jahr 442 n. Chr. gegeben, als der weströmische Kaiser mit den Vandalen in Africa notgedrungen Frieden schloss und die unabhängige Autorität Geiserichs über sein afrikanisches regnum akzeptieren musste. Dieser Gründungsakt ist aber nicht ohne seine Vorgeschichte zu verstehen, weshalb die Darstellung mit dem Eindringen der Vandalen in das Imperium Romanum zu Beginn des 5. Jhs. einsetzt. Vandalen allerdings gab es – zumindest dem Namen nach – schon sehr viel früher, und auch ein Königtum (was immer damit konkret gemeint war) bezeugen schon Quellen des 2. und 3. Jhs.3 Das wissenschaftliche Interesse an den Vandalen hat in den letzten beiden Jahrzehnten einen beachtlichen Aufschwung erfahren. Die Forschungen des 19. Jhs., in Deutschland teilweise von der Vorstellung geprägt, mit ‚den alten Germanen‘ irgendwie die eigene Urgeschichte vor Augen zu haben,4 hatten die Grundlage für die beachtliche Synthese von Ludwig Schmidt gelegt, der dann nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem großen französischen Werk von Christian Courtois eine umfangreiche Darstellung folgte, die lange Zeit maßgeblich blieb.5 Wenig später erschienen auch im deutschen und englischen Sprachraum, namentlich von Hans-Joachim Diesner und Frank Clover, weitere einschlägige

Einleitung

Studien.6 Dann aber scheint das Interesse für Jahrzehnte erlahmt zu sein. Dies hängt wohl auch damit zusammen, dass in dieser Zeit mit den konkreten Ereignissen auch ihr genereller Rahmen historiographisch fixiert zu sein schien: die sogenannte Völkerwanderung als Epoche des Untergangs der römischen Welt.7 Es ist kein Zufall, dass das wissenschaftliche Comeback der Vandalen mit intensiven Diskussionen über den Charakter der Umbruchphase im 5. Jh. zusammenfällt: Die bis dahin vorherrschende Sichtweise, die das Ende der Alten Welt und ihren Untergang betonte, wurde und wird ergänzt oder gar ersetzt durch eine Interpretation, die vom Modell einer Transformation ausgeht: Die wesentlichen Normen und Strukturen seien nicht zerstört, sondern nur umgestaltet wurden. Diese Sicht blieb nicht unwidersprochen,8 und es ist klar, dass die Geschichte der Vandalen und ihres nordafrikanischen Reiches in dieser Diskussion eine herausragende Rolle spielt. Hiermit verbindet sich ein zweites Forschungsthema, das ebenso durch neue Impulse und strittige Thesen gekennzeichnet ist: das weite Feld der Ethnogenese. Natürlich können weder die antiken Vorstellungen noch die im 19. Jh. vorherrschenden nationalen Konzepte von der Entstehung und dem Zusammenhalt einer gens heute noch eine Basis sein, die Frage war und ist nur, was man an ihre Stelle setzt. Hierauf wird später noch einzugehen sein, jedenfalls aber ist hier das Verhältnis zwischen den sich formierenden gentes und dem Imperium Romanum von zentraler Bedeutung und wird entsprechend diskutiert.9 Die Folge dieser Kombination zweier Kontroversen ist seit anderthalb Jahrzehnten eine rege Forschungs- und Publikationstätigkeit zu den Vandalen,10 die auch zu zusammenfassenden Darstellungen geführt hat (allerdings noch zu keiner historischen Geiserich-Biographie).11 Leider waren die Vandalen und ihr regnum für die zeitgenössischen und späteren antiken Autoren offenbar nicht annähernd so faszinierend wie für den modernen Betrachter. Natürlich spielten sie in den einschlägigen antiken Chroniken eine Rolle,12 ansonsten sind es aber nur einzelne Aspekte ihrer Geschichte, für die sich christliche Prediger und römische wie byzantinische Literaten interessierten: etwa der religiöse Gegensatz zwischen den unterschiedlichen christlichen Bekenntnissen folgenden Römern und Vandalen in Africa, der sich bis zu regelrechten Verfolgungen durch die Herrschenden steigern konnte,13 oder der letzte Kampf der Vandalen gegen die byzantinische Invasionsarmee des Generals Belisar.14 In den letzten Jahrzehnten ihrer Herrschaft gab es auch Versuche römischer Dichter in Karthago, die Aufmerksamkeit der vandalischen Elite zu erringen.15 Die Ausbildung ihres Reiches jedoch oder auch nur der vorangehende im Rückblick höchst erstaunliche Siegeszug vom Rhein bis nach Karthago wurden niemals eingehend beschrieben, auch nicht von den Vanda-

9

10

I  Einleitung len selbst oder in ihrem Auftrag (was uns noch beschäftigen wird). Auffallend ist auch, dass die Archäologie als Informationsquelle für das neue ‚barbarische‘ Königreich weitgehend ausfällt. Nicht, dass es keine Funde aus der 100-jährigen vandalischen Epoche Africas gäbe,16 meist jedoch fehlen eindeutige Bezüge zu den Vandalen. Nicht alles, was in den Jahren von 429 bis 534 n. Chr. in Africa geschah oder gebaut wurde, kann als ‚vandalisch‘ klassifiziert werden, auch wenn es natürlich zum Kontext ihres Königreichs gehört. Nur ca. 80 000 Menschen überquerten die Straße von Gibraltar, und unter den mehrere Millionen Bewohnern der afrikanischen Provinz stellten sie nur eine kleine Minderheit dar. Ihr direkter Einfluss auf die materielle Kultur (von der geistigen ganz zu schweigen) darf also nicht einfach vorausgesetzt werden. Die Folge dieser misslichen Quellensituation, in der uns oft nur eine dünne oder unvollständige Kette von – nicht selten sogar widersprüchlichen – Zeugnissen zur Verfügung steht, ist nun leider, dass wichtige Punkte der Vandalengeschichte umstritten sind. Das gilt für Wertungen und Datierungen, oft genug aber auch für die ‚einfache‘ Frage, was genau geschehen ist. Zwar wäre es einfacher, diese Diskussionen auszublenden bzw. auf das zu verkürzen, was dem Autor zutreffend erscheint; dann aber müsste der Leser im Unklaren bleiben, auf welcher Basis dieser Rekonstruktion gegenüber anderen der Vorzug gegeben wird. Deshalb soll hier begründet, nicht nur entschieden und auf Quellenund Forschungsprobleme durchaus eingegangen werden, ohne den Ehrgeiz einer lesbaren Darstellung aufzugeben. Als König Geiserich 477 n. Chr. starb, stand das Reich der Vandalen im Zenit seiner Macht. In den folgenden Jahrzehnten war ihre Herrschaft in Africa zwar ungefährdet; die Getreidefelder und Ölbaumkulturen florierten, und die neuen Herren lebten in ihren Landhäusern ähnlich luxuriös wie zuvor die römischen Eliten (die dies größtenteils auch weiterhin taten).17 Es blieben aber auch von Geiserich etablierte Merkmale des Reiches der Vandalen bestimmend, die diese von den afrikanischen Romanen und überhaupt von der politischen und geistigen Welt des späten Imperium Romanum separierten.18 Wie diese die Vandalen in den folgenden Jahrzehnten, als ihre machtpolitische Lage schwieriger wurde, in gefährlicher Weise isolierten – was dann zu ihrem blitzschnellen Untergang führte –, soll im VII. Kapitel dargestellt werden. Dies leitet über zur Frage, wie man vor diesem Hintergrund die byzantinische ‚Reconquista‘ Africas im Jahr 533 zu charakterisieren hat: als Befreiung vom barbarischen Joch oder als gewaltsames Ende einer vielversprechenden Perspektive? Natürlich darf abschließend ein kurzer Blick auf das Schicksal der Bezeichnung ‚Vandalen‘ in der Neuzeit nicht fehlen.

II

Vandalen im Imperium Romanum

1. Einbruch einer barbarischen gens ins Römische Reich (406 n. Chr.) Als am 31. Dezember des Jahres 406 zusammen mit anderen Stämmen auch eine große Gruppe von Vandalen den Rhein überquerte und ins Imperium Romanum einfiel, war diese gens den Römern nicht unbekannt. Man hatte schon längere Zeit mit ihr zu tun gehabt. Wo aber war ihr Ursprungsgebiet? Während die schriftlichen Quellen hierzu größtenteils schweigen, können uns archäologische Funde zumindest ein wenig weiterhelfen. Sie belegen, dass das Gebiet, in dem literarischen Zeugnissen zufolge der Siedlungsraum der Vandalen lag,1 in den Jahrhunderten zuvor durch Gemeinsamkeiten der gefundenen Sachgüter und Begräbnisformen gekennzeichnet war, also tatsächlich so etwas wie eine Kulturprovinz darstellte. Diese nennt man ‚Przeworsk-Kultur‘, nach dem wichtigsten Fundgebiet bei Przeworsk im südöstlichen Polen. Das Kerngebiet lag in Mittel- und Südpolen, im Westen von der Oder, im Osten vom Bug und dem oberen Dnjestr begrenzt, im Norden von der Netze, im Süden vom Karpatenbogen. Innerhalb dieses großen Gebietes gab es wiederum Untergruppen mit kulturellen Gemeinsamkeiten.2 Wir sollten nun nicht – der Versuchung zur Hyperkritik nachgebend – ausschließen, die Nutzer dieser Siedlungen und Gräberfelder könnten Proto-Vandalen gewesen sein. Allerdings muss uns klar sein, dass mit diesem Begriff ohnehin nicht viel gewonnen wäre. Denn wir wissen nicht, wie die dort lebende Bevölkerung sich selbst sah und bezeichnete, wir wissen nicht, wie sie von anderen genannt wurde, und wir wissen nicht, wie groß tatsächlich die Gruppen waren, die sich als Einheit betrachteten. Wir sind ganz auf die Außenperspektive beschränkt und haben somit nur das gesamte Reservoir vor uns, aus dem dann Gruppen entstanden, die in den literarischen Quellen als ‚vandalisch‘ bezeichnet werden. In diesem Gebiet ist aber auch (wohl früher) ein anderer Name, der Sammelbegriff ‚Lugier‘, bezeugt; er kennzeichnet die Unsicherheit unserer Zuordnungen – dass wir nicht sicher wissen, ob es sich

12

II  Vandalen im Imperium Romanum dabei um dieselben, nur anders bezeichnete Gruppen, um verwandte Nachbarn oder eine Teilmenge handelte.3 Jedenfalls betrachtete die antike Ethnographie Vandili(i) als Oberbegriff, der ursprünglich auch Burgunder, Proto-Goten und vielleicht Langobarden mit einschloss. Es ist unklar, wann genau und wie sich diese Stämme aus dem ‚vandalischen‘ Großverband lösten, sodass nur noch zwei Untergruppen (vielleicht die beiden wichtigsten der unter dem Dach der ‚Vandalen‘ zurückgebliebenen?) den Namen ‚Vandalen‘ führten: die Silingen und die Hasdingen. Bereits an dieser Stelle treffen wir auf ein Problem, das uns begleiten wird: das schwierige Verhältnis von archäologischer und literarischer Überlieferung. Vom eben beschriebenen Siedlungsraum abgesehen, lassen sich beide Traditionen kaum in ein festes Verhältnis zueinander bringen, zumal wir nur wenige und isolierte literarische Zeugnisse haben. Mit einer Notiz des Historikers Cassius Dio haben wir einen Hinweis darauf, dass vandalische Gruppen schon im späteren 2. Jh. n. Chr. unter Marc Aurel die römische Provinz Dakien (in etwa das heutige Rumänien) bedrängten, von Rom aber besiegt und genötigt wurden, in ihren Siedlungen zu bleiben.4 Schon in dieser frühen Zeit – und das ist tatsächlich einmal eine nur der literarischen Überlieferung zu entnehmende Information – waren Vandalen samt ihren Führungsschichten zu Wanderungsbewegungen gezwungen, was auf eine in dieser Zeit prekäre wirtschaftliche Grundlage hindeutet. Denn es waren ja offenbar nicht nur einzelne Gruppen, die versucht hatten, auf römischem Boden zu siedeln, sondern die ganze gens samt ihren ‚Königen‘,5 auch wenn wir über diesen Personenverband nichts Genaues wissen und ihn deshalb auch nicht als stabile Abstammungsgemeinschaft ansehen können. Formal hatten sich die Vandalen sogar zu militärischer Hilfe gegen Reichsfeinde verpflichten müssen.6 Eingefordert wurde dies in der Folgezeit zwar nicht, es zeigt jedoch, dass ihr Siedlungsraum von der römischen Donaugrenze wohl nicht mehr durch die Karpaten getrennt war. So blieben sie im 3. Jh. eine Gefahr und beteiligten sich in dessen zweiter Hälfte an Einfällen in den römischen Donauraum, wurden aber besiegt und zur Stellung einer Reitertruppe von 2000 Mann gezwungen.7 Dakien wurde in dieser Zeit von Rom zwar aufgegeben, die Donaugrenze aber wieder gefestigt. Dies war der letzte sicher bezeugte Einfall von Vandalen im 3. und 4. Jh., bis zur berühmten Goten-Schlacht von Adrianopel von 378 n. Chr., in der Kaiser Valens fiel – der Anfang vom Ende einer sicheren Donaugrenze.8 Einzelne Vandalen fanden im 4. Jh. immer wieder den Weg in das römische Heer, erwarben darüber das Bürgerrecht und etablierten sich im Reich. Ein gutes Beispiel ist der Vater des römischen Generals Stilicho, der als Vandale um die Mitte des 4. Jhs. im römischen Heer gedient hatte und aufgestiegen war.9



1. Einbruch einer barbarischen gens ins Römische Reich (406 n. Chr.)

Sein Sohn erbte das Bürgerrecht und wurde zum Heermeister (magister militum), treuen Diener und Schwiegersohn des Kaisers Theodosius und nach dessen Tod (395) dann als eine Art spätantiker Generalissimo zur beherrschenden Figur des Westens; erstmals war ein Kaiser (Theodosius’ Sohn Honorius) von seinem General fast völlig abhängig. So außergewöhnlich diese Karriere auch scheint, der Aufstieg germanischer Militärs im römischen Heer war spätantike Normalität. Vandalische Einheiten in Roms Diensten scheint es aber – von der genannten Reitertruppe abgesehen – nicht mehr gegeben zu haben.10 Jedenfalls waren Wanderungsbewegungen, wie wir sie dann um 400 n. Chr. innerhalb und an den Grenzen des Römischen Reiches allerorten beobachten können, nicht neu. Hinzugekommen war im späteren 4. Jh. aber der Druck durch die aus der eurasischen Steppe nach Westen drängenden Hunnen, der im ganzen südosteuropäischen Raum nördlich der Donau zu Ausweichbewegungen der dort bislang ansässigen Stammesverbände führte. Hiervon waren nicht nur die Goten betroffen, sondern irgendwie auch die mit ihnen vielfältig verbundenen (wenn auch alles andere als verbündeten) Vandalen. Welche konkreten Folgen das hatte, wissen wir allerdings nicht, abgesehen davon, dass man sie seitens der Römer zu denjenigen Barbaren zählte, die das Römische Reich bedrängten.11 Was genau die vandalischen gentes (zur Begründung dieses Plurals gleich mehr) um 400 n. Chr. dazu bewogen hat, ihre Wohnsitze endgültig zu verlassen, lassen die Quellen also nicht erkennen. Die Archäologie ist hier stumm, und die literarischen Zeugnisse bieten – alternativ zur Furcht vor den Hunnen – als Motiv auch eine desaströse Hungersnot an. Dies scheint nicht unplausibel; denn wir erfahren aus derselben Quelle auch, dass ein Teil der Vandalen in ihrem Siedlungsgebiet blieb, was mit einer akuten Bedrohung des ganzen Volkes durch Nomaden nicht gut zusammenpasst. Ein Zusammenhang mit der Geschichte der Hunnen soll dabei jedoch nicht geleugnet werden, sei es, dass ihr seit Jahrzehnten ungebremster Drang nach Westen den allgemeinen Hintergrund des Vandalenzuges abgab, sei es, dass dieser Druck zur schwierigen Versorgungslage beitrug.12 Möglicherweise gab es aber auch einen langfristigen Zusammenhang mit der Bedrohung durch Reiter aus der Steppe. Die Notwendigkeit, sich gegen sie zu verteidigen, könnte Stammesgruppen der Vandalen (wie auch der Goten) zu einer Lebensweise und vor allem zu einem Militärsystem gedrängt haben, das substanzielle Teile der männlichen Bevölkerung weg von den Äckern und auf den Rücken von Pferden brachte. Jedenfalls waren die vandalischen Krieger später vornehmlich als Reiter bekannt, und es ist unwahrscheinlich, dass sie dies erst im Lauf ihres Zuges durch Europa geworden sind.13 Dies gilt wohl auch generell für die Eigenart der wenig später im

13

14

II  Vandalen im Imperium Romanum Ostreich Kaiser

Heermeister

Arcadius (395 – 408)

Westreich Kaiser

Heermeister

Honorius (393 – 423)

Stilicho (395 – 408) Constantius (411 – 421)

Theodosius II. (408 – 450)

Aspar (?431 – 471)

Constantius III. (421) Johannes (423 – 425) Valentinian III. (425 – 455)

Castinus (423 – 425) Felix (425 – 430) Aëtius (430 – 432) Bonifatius (432) Aëtius (433 – 454) Avitus (437 – ?440)

Markianos (450 – 457)

Aspar (?431 – 471) Zenon [Vater] (448 – ??)

Petronius Maximus (455) Avitus (455 – 457)

Avitus (455) Ricimer (456 – 472) Maiorianus (456 – 457)

Leo I. (457 – 474)

Aspar (?431 – 471) Areobinda (434?–449) Ardabur (451 – 466) Anthemios (454 – 467) Basiliskos (464 – 474) Zenon (467 – 474)

Maiorianus (457 – 461) Liberius Severus (461 – 465) Anthemios (467 – 472) Anicius Olybrius (472) Glycerius (473 –  474)

Ricimer (456 – 472) Aegidius (456 – 464) Nepotianus (457 – 461) Marcellinus (461?–468) Iulius Nepos (468?–474) Gundobad (472 – 474)

Theoderich Strabo (474) Theoderich ‚der ­Amaler‘ (476 – 478)

Iulius Nepos (474 – 480) Romulus (475 – 476)

Orestes (475 – 476)

Leo II. (474) Zenon (474 – 491 Anastasios I. (491 – 518) Justin I. (518 – 527)

Vitalian (518 – 520)

Justinian I. (527 – 565)

Belisar (529 – 548)

Synopse der Herrscher und Feldherren zur Zeit der Vandalen, 406 – 534 (in eckigen Klammern stehen gentile Herrscher vor der Reichsbildung). Die Heermeister sind weder vollständig noch unter Berücksichtigung ihrer verschiedenen Ränge und Gebiete und der z.  T. strittigen Datierungen aufgelistet.



1. Einbruch einer barbarischen gens ins Römische Reich (406 n. Chr.)

Ostgotenreich

Westgotenreich

Vandalenreich

Könige

Könige

Könige

[Alarich (395 – 410)]

[Godegisel (??–410)]

[Athaulf (410 – 415)] [Valia (415 – 418)] Valia in Gallien: 418 Theoderich I. (419 – 451)

[Gunderich (410 – 428)] [Geiserich (428 – )] Geiserich in Africa: 429 – 477

Thorismund (451 – 453) Theoderich II. (453 – 466)

Geiserich (428 – 477)

Theoderich II. (453 – 466) Eurich (466 – 484)

Geiserich (428 – 477)

Eurich (466 – 484) Alarich (484 – 507)

Geiserich (428 – 477) Hunerich (477 – 484) Gunthamund (484 – 496)

Theoderich der Große (493 – 526)

Theoderich der Große (507 – 526) Amalarich (507 – 531)

Gunthamund (484 – 496) Thrasamund (496 – 523)

Theoderich der Große (493 – 526)

Theoderich der Große (507 – 526) Amalarich (507 – 531)

Thrasamund (496 – 523) Hilderich (523 – 530)

Athalarich (526 – 534)

Theudis (531 – 548)

Hilderich (523 – 530) Gelimer (530 – 534)

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II  Vandalen im Imperium Romanum Römischen Reich anzutreffenden gentilen Einheiten als Kriegergesellschaften. Es dürfte nicht erst das römische Interesse am kriegerischen Potenzial dieser Gruppen gewesen sein, das sie militarisierte, sondern umgekehrt: Durch die Ausrichtung gerade ihres Adels auf den Kampf fanden sie im Römischen Reich mit seinem Soldatenbedarf ein einträgliches Betätigungsfeld. Vor diesem Hintergrund ist es ein (verbreitetes) Missverständnis, aus der Tatsache, dass diese Gruppen mit Frauen und Kindern unterwegs waren, zu schließen, dass es ihnen um Ackerland ging, das sie bebauen wollten. Denn wenn sie tatsächlich einmal Siedlungsland bekamen, hören wir nirgendwo, dass sie die dortigen Bauern ersetzt, gewissermaßen Schwerter zu Pflugscharen umgeschmiedet hätten;14 sie blieben vielmehr Krieger. Ihr Ziel war nicht der Ackerbau, sondern – etwas vereinfacht beschrieben – der Ackerbauer, von dessen Arbeit und in dessen Nähe man (wie ein ‚besserer‘ Römer) leben konnte. Das gilt auch für die Vandalen.15 Wenn dies aber die Prägung schon der ersten (gotischen) Stammesgruppen war, die über die Donau drängten, muss man damit rechnen, dass ihre Motivation und die der ‚wandernden‘ gentes generell nicht nur bei den Hunnen zu suchen ist, sondern durchaus auch in der Logik von Kriegergesellschaften generell gelegen haben kann, in denen die Nahrungsproduktion nicht krisensicher und Gefolgschaft an Erfolg gebunden war. Unsere Kenntnisse des historischen Zusammenhangs der ersten Jahrzehnte der ‚Völkerwanderung‘ sind leider begrenzt, namentlich hinsichtlich der genauen Auswirkungen der hunnischen Expansion, deren zentrale Bedeutung aber auch in der neueren Forschung meist nicht geleugnet wird.16 Immerhin haben schon die Zeitgenossen den Domino-Effekt wahrgenommen, der dabei von Ost nach West die römische Nordgrenze erschütterte.17 Wie sich dies aber konkret auswirkte, etwa auf die Vandalen, wissen wir nicht. Fest steht, dass zwei wichtige Großgruppen der gens, Hasdingen und Silingen, sich samt ihren Königen im frühen 5. Jh. dazu entschlossen, ihre Siedlungsgebiete zu verlassen18 und ihr Glück im Imperium Romanum zu suchen. Dies betraf nicht nur die Krieger, sondern auch deren Frauen und Kinder.19 Der schwerwiegenden Entscheidung entsprach also sicher ein ebensolcher Grund. Offenbar hatte man keine Hoffnung, das Römische Reich (und konkret den starken Mann des Westens, Stilicho) zu vertraglichen Zusicherungen zu bewegen, etwa zu einem Tausch von Land gegen Waffendienst. Zum einen waren die Neuankömmlinge dazu wohl einfach zu zahlreich. Die Vandalen waren ja nicht allein, auch Alanen und Quaden (in den Quellen auch mit dem Oberbegriff ‚Sue­ben‘ bezeichnet) waren mit ihnen auf dem Weg.20 Erstere waren gewissermaßen die ersten Opfer der Hunnen geworden. Dieses iranische Reitervolk, ein



1. Einbruch einer barbarischen gens ins Römische Reich (406 n. Chr.)

Teil der Sarmaten, war zunächst mit den Hunnen (und von ihnen unterworfen) vom Kaukasus aus nach Südosteuropa gezogen; die Folge war – bis etwa 375 n. Chr. – der Untergang des in der heutigen Ukraine gelegenen riesigen Reiches der Greutungen unter ihrem König Ermanarich.21 Dann aber hatten die Alanen sich von den Hunnen gelöst und waren auf eigene Faust weiter nach Westen gezogen. In Germanien kamen sie auf nicht rekonstruierbare Weise mit den Vandalen zusammen, und man kooperierte mit dem Ziel der römischen Rheingrenze. Auch die Quaden waren von ihrem Siedlungsgebiet in der Ungarischen Tiefebene aus nach Westen gezogen.22 Wir kennen keine Zahlen, aber aus dem, was Alanen, Sueben und Vandalen später getrennt voneinander erreichten, lässt sich doch erschließen, dass es sich insgesamt um mehrere hunderttausend Menschen gehandelt haben muss. Diese Menge war auf friedlichem Weg einfach nicht zu integrieren. Erschwerend kam eine Besonderheit der spätantiken Reichsverteidigung hinzu, die seit dem späteren 4. Jh. das römische Militärsystem prägte. Schon längere Zeit war Rom auf das militärische Potenzial der nördlich der Grenzen siedelnden ‚Barbaren‘ angewiesen. Lange aber war dies in der Form abgeschöpft worden, dass diese in römischen Einheiten und unter römischen Offizieren dienten. Nach der verlorenen Schlacht von Adrianopel jedoch hatte Kaiser Theodosius mit gotischen Stammes- und Kriegergruppen ein viel weitergehendes Bündnis (foedus) schließen müssen; sie wurden – in der heutigen Forschung als ‚Foederaten‘ bezeichnet23 – gewissermaßen en bloc engagiert (Militärdienst gegen Getreide, Geld und/oder Siedlungsmöglichkeiten im Reich) und blieben unter gotischem Kommando. Das Modell machte rasch Schule. Man bekam so zwar schlagkräftige Truppen an die Hand, die auch in eigenem Interesse weitere Eindringlinge abwehren konnten, denn die Foederaten wollten ihre einträglichen Privilegien natürlich mit niemandem teilen. Man handelte sich aber auch erhebliche Probleme ein: Auf dem Boden des Reiches gab es nun dort, wo Foederaten standen, eine Art Staat im Staat, und dessen ‚Regierung‘ konnte von der Zentrale durchaus abweichende Interessen haben, zumal Rom diese Heere durchaus auch gegeneinander ausspielte. Vor allem aber erwies sich die Einführung dieses Verteidigungssystems als nicht mehr revidierbar. Die römische Abhängigkeit von Foederatenarmeen stieg vielmehr schnell, und im 5. Jh. war man völlig auf sie angewiesen. Dies alles veränderte übrigens nicht nur das Imperium Romanum, sondern auch die Welt der barbarischen gentes, ja in gewisser Hinsicht schuf es sie sogar erst. Die stabile Formierung großer gentiler Einheiten hing wesentlich vom Erfolg ihrer Anführer ab, und nichts stand höher im Kurs als der Gewinn von römischem Land, Geld

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II  Vandalen im Imperium Romanum und Getreide. Wem dauerhaft die Gunst eines foedus zuteilwurde, der verfügte über eine Machtbasis, die Ausgangspunkt einer Form von Ethnogenese werden konnte. Alarichs Goten (‚Westgoten‘) etwa entwickelten sich auf diese Weise zu einem Großstamm.24 Für die Vandalen war das eher ungünstig. Denn sie waren die Nachbarn dieser im früheren römischen Dakien siedelnden Goten (der Terwingen) gewesen, bevor diese von den Hunnen über die römische Grenze gedrängt wurden, und es war alles andere als eine friedliche Nachbarschaft.25 Es ist kein Zufall, dass es westgotische Verbände in römischen Diensten waren, von denen die Vandalen später in Spanien beinahe vernichtet worden wären. Foederatenverhältnisse gab es aber auch zu gentes außerhalb der Grenzen, etwa zu den Franken (rechts des Rheins und nördlich des Mains); ihnen war die Vorfeldverteidigung anvertraut, und auch sie konnten es schon in eigenem Interesse nicht dulden, dass sich hier oder jenseits des Rheins eine gens ansiedelte, die sie aus ihrer besonderen und lukrativen Position verdrängen konnte. Für eine friedliche Eingliederung der Neuankömmlinge waren das schlechte Voraussetzungen. Auch fehlten den Römern überhaupt die notwendigen militärischen Mittel, mit denen die Führung den für einen solchen Integrationsprozess erforderlichen Druck hätte aufbauen können. Stilicho hatte die Rheingrenze und die Verteidigung Galliens seit Beginn des Jahrhunderts schwächen müssen, zugunsten von Aufgaben, die ihm dringlicher erschienen waren, in erster Linie die Auseinandersetzung mit dem Ostreich um die Kontrolle über das Illyricum26 und dann die Verteidigung Italiens gegen gotische Invasionen. Zunächst waren die Eindringlinge gotische Foederaten (unter Alarich, 401/403), dann gotische Krieger aus dem Barbaricum unter ihrem Anführer Radagais (405).27 Diese wurden allerdings im Sommer 406 abgewehrt, während der Sturm auf die Rheingrenze erst im darauffolgenden Winter 406/407 erfolgte. Stilicho scheint die Lage im rechtsrheinischen Germanien unterschätzt zu haben, und die Verteidigung blieb an den fränkischen Verbündeten hängen; und diese versuchten (wenn auch vergeblich), den Durchmarsch der Angreifer zu verhindern.28 Hieronymus ist einer der wenigen Zeitgenossen, die von über den Rhein drängenden Barbaren berichten, und er tut dies weniger als Historiker, sondern vielmehr als Prediger – und von Palästina aus. Die Vielzahl der Stämme, die er (und keine andere Quelle) nennt, beruht nicht auf echter Überlieferung, sondern stellt alles, was damals an Roms Nordgrenze berühmt und berüchtigt war, zu einer regelrechten ‚Völkerlawine‘ zusammen.29 Nicht auszuschließen ist allerdings, dass sich den Alanen, Sueben und Vandalen auch einzelne Angehörige anderer Ethnien angeschlossen haben.



2. Die Vandalen in Gallien und Spanien

Auch wenn von Prosper ein bestimmter Tag als Datum der Rheinüberquerung genannt wird (31. Dezember 406),30 ist ausgeschlossen, dass die Sache so schnell vonstattenging. Auch spricht nichts dafür, dass die Überquerung oder Überfahrt lediglich an einer einzigen Stelle geschah. Zwei Indizien deuten darauf hin, dass für einen Teil der Eindringlinge nicht der südliche Rhein das Ziel war31: der Widerstand der Franken und die Erwähnung von Mainz als erste römische Stadt, die von den Barbaren zerstört wurde. Die dortige Rheinbrücke dürfte ihnen hochwillkommen gewesen sein, aber sicher waren sie nicht auf sie angewiesen.32

2. Die Vandalen in Gallien und Spanien Einmal in Gallien, war ihr Hauptproblem nicht der Widerstand römischer Truppen (die waren kaum vorhanden), sondern die Suche nach Nahrung und vor allem nach dauerhaften Siedlungsplätzen. Allerdings kamen bald im Jahr 407 neue römische Truppen nach Gallien, und zwar aus Britannien. Hier hatte man die Situation in Gallien seit 406 mit besonderer Sorge betrachtet. In jenem Jahr war ein erheblicher Teil der in Italien eingefallenen gotischen Krieger des Rada­ gais (s.  o.) Stilichos Gegenmaßnahme ausgewichen und über die französischen Alpen nach Gallien gezogen, ohne dort auf Widerstand zu stoßen. Dies versetzte das römische Britannien in Unruhe, zumal als eben zu Beginn des Jahres 407 noch Alanen, Sueben und Vandalen dazukamen: Man sah die zunehmende Erosion der römischen Macht und fürchtete nicht ohne Grund, die Land suchenden gentes könnten den Kanal überqueren. Daneben gab es den für die Spätantike typischen Mechanismus, der in ‚alleingelassenen‘ Reichsteilen schnell Unterstützung für einen eigenen Herrscher entstehen ließ. Da von der Zentrale (mittlerweile Ravenna) also weder Hilfe noch Gefahr zu erwarten war, kam es zu einer Reihe von britannischen Usurpationen, zuletzt im Februar 407 durch einen gewissen Constantinus, der dann auch bald nach Gallien übersetzte.33 Die folgenden drei Jahre in Gallien sind äußerst schlecht dokumentiert. Wir wissen kam etwas mit Sicherheit, müssen mit Plausibilitäten zufrieden sein, ja zu Spekulationen greifen, wenn wir eine Rekonstruktion der Ereignisse versuchen wollen. Glücklicherweise ist dies hier nicht nötig. Sicherlich operierten die genannten gentes getrennt, schon aus Gründen der Versorgung (getrennt voneinander, aber auch in sich getrennt, jedenfalls was Alanen und Vandalen angeht). Wahrscheinlich versuchte ein Teil, schnell über die Pyrenäen nach Spanien zu gelangen, ist dabei aber gescheitert. Andere blieben in Nordfrank-

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II  Vandalen im Imperium Romanum reich. Auch steht fest, dass es zu (nur teilweise erfolgreichen) Belagerungen und zu Zerstörungen kam, vor allem sicher zu Plünderungen.34 Plausibel ist, dass man seitens der Römer versuchte, einen Teil der Eindringlinge durch Verträge zu binden und ihre Krieger für die eigenen Zwecke zu nutzen. Nur bei Burgundern, Franken, Alamannen und bei Teilen der Alanen35 hatte dies aber dauerhaften Erfolg. Generell hat Constantinus offenbar große militärische Auseinandersetzungen vermieden und sich vielmehr (von seiner Residenz Arles aus) auf die Abwehr der zu erwartenden Gegenangriffe Stilichos konzentriert, genau wie man sich auch in Ravenna offenbar mehr um den Usurpator als um die eingedrungenen gentes Sorgen machte.36 Stilicho jedoch fiel im Sommer 408 einem Komplott zum Opfer, dem ein Massaker an seinen in Italien stationierten germanischen Foederaten folgte. Tausende verließen nach diesem Treuebruch den römischen Dienst und wandten sich dem ebenfalls von Ravenna enttäuschten Alarich zu,37 dessen Stärke das Westreich nun noch weniger entgegenzusetzen hatte. Auch weil Constantinus von dieser Seite aus keine unmittelbare Gefahr mehr drohte, wurde für die 407 in Gallien eingewanderten gentes der Alanen, Sueben und Vandalen klar, dass sich ihnen hier keine stabile Perspektive bot. Es lag deshalb nahe, erneut den Übergang nach Spanien zu versuchen. Dort herrschte der von Constantinus installierte Heermeister Gerontius, ein erfahrener britannischer General, der das Land zusammen mit anderen (so Constantinus’ Sohn und Stellvertreter Constans) für den Usurpator gewonnen hatte, sicher auch mithilfe von Foederatentruppen.38 Von einem Teil der modernen Forschung wird Gerontius nun dafür verantwortlich gemacht, dass für die nächsten 20 Jahre Spanien zum Schauplatz der Vandalengeschichte wurde: Er habe die genannten gentes ins Land geholt, weil er mit ihrer Hilfe seine eigene 409 n. Chr. ins Werk gesetzte Rebellion zu sichern hoffte.39 Dies war keineswegs der einzige Verrat dieser Art. Ein weiteres Beispiel werden wir mit dem Vorwurf an den Heermeister Africas, Bonifatius, kennenlernen, die Vandalen nach Africa geholt zu haben.40 Die Häufigkeit dieser Anschuldigung kann nicht verwundern, wenn man die drei miteinander verbundenen Voraussetzungen betrachtet, die sie ermöglichten, ja geradezu herbeiführten: Römische Generäle des Westreichs haben sich erstens häufig barbarischer Hilfe bedient, ja waren seit dem späteren 4. Jh. sogar abhängig von ihr; ihre Fähigkeit, Foederaten jenseits der Reichsgrenzen zu verpflichten, entschied geradezu über ihr Schicksal (und entfernte gleichzeitig den Kaiser vom römischen Heer). Da sie zweitens häufig in einem harten Konkurrenzkampf standen, wurde der Verdacht, diese barbarische Unterstützung nur auf die ei-



2. Die Vandalen in Gallien und Spanien

gene Person, nicht auf das Imperium ausgerichtet zu haben, eine gebräuchliche Waffe, zumal dieser Vorwurf strukturell immer teilweise der Wahrheit entsprach; denn die Foederaten sahen sich in einer Art Gefolgschaft zu ihrem Vertragspartner. Und schließlich: Barbarischen gentes gelang – trotz römischer Verteidigung – die Überwindung naturräumlich gut geschützter Grenzen (in diesem Fall der Pyrenäenpässe41), was den Römern im Nachhinein erklärungsbedürftig erschien. Verantwortung wird gern personalisiert. Nun macht dies alles einen solchen Vorwurf zwar verständlich, aber prinzipiell weder richtig noch falsch. Wir müssen jedoch strenge Kriterien an seine Glaubwürdigkeit anlegen: Er muss in den bekannten historischen Zusammenhang passen (auch chronologisch), und er muss in den Quellen bezeugt sein, und zwar gerade in den zeitnahen Quellen. Beides ist in unserem Fall nicht gegeben. Chronologisch könnte die Geschichte zwar passen (Gerontius wandte sich 409 gegen Constantinus, als dieser ihn ablösen lassen wollte, und die Stammeskoalition kam im Herbst jenes Jahres über die Pyrenäen),42 aber das weitere Verhalten der Beteiligten widerspricht einem Abkommen: Gerontius hat zu keinem Zeitpunkt des Konflikts mit Constantinus von der Kampfkraft der Germanenstämme profitiert43 – und um diese Unterstützung müsste es doch gegangen sein. Die gentes haben auch keinen römischen Rechtstitel in Spanien erhalten (s. u.). Ihn konnte zwar nur ein Kaiser verleihen, aber genau hier hätte der Usurpator Maximus, Gerontius’ Sohn, den dieser 410 zum Kaiser ausrief, helfen können.44 Bezeugt ist ein solcher Verrat im Jahre 409 außerdem weder bei Orosius und Hydatius noch in den bekannten Fragmenten des Olympiodor45 und auch nicht bei späteren Autoren wie Zosimus und Renatus Frigeridus.46 Gerontius’ Öffnung der Pyrenäen für die barbarischen gentes ist also eine spätere Konstruktion, und die Vandalen waren, als sie nach Spanien kamen, nach wie vor Eindringlinge im Römischen Reich. Dies bedeutete allerdings nicht, dass die militärischen und zivilen Autoritäten in Spanien sich mit den Tatsachen, d.  h. der unter den gegebenen Kräfteverhältnissen dauerhaften Anwesenheit der gentes, nicht irgendwann arrangierten. Die ersten zwei Jahre werden von Zeitgenossen zwar als katastrophal beschrieben: Städte und Kastelle wurden erobert, zerstört, geplündert, und in der Folge kam es zu schweren Hungersnöten.47 Gerontius war allerdings nicht völlig machtlos: Constans, den Sohn des Constantinus, vertrieb er im Frühjahr 410 aus Spanien, und im selben Jahr versuchte er (allerdings letztendlich vergeblich), die Hasdingengruppe der Vandalen mithilfe fränkischer Foederaten, die er aus Gallien mitgebracht hatte, zu zerschlagen.48 Dann aber begnügte er sich mit einem schnellen Friedensschluss, proklamierte seinen Sohn zum Au-

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II  Vandalen im Imperium Romanum gustus und zog früh im Jahr 411 nach Gallien, um sein Glück im Kampf gegen Constantinus zu versuchen.49 In Spanien brach sich nun (wohl bald nach dem Scheitern des Gerontius im selben Jahr)50 bei Römern und Barbaren die Einsicht bahn, dass man besser fuhr, wenn die Provinzialen die Herrschaft der eingedrungenen gentes anerkannten und ihnen einen Teil der erwirtschafteten Lebensmittel auslieferten, als Lohn gewissermaßen dafür, dass diese den militärischen Schutz übernahmen.51 Dies galt natürlich nur für die Gegenden, die sie kontrollierten, und deren Abgrenzungen wurden 411 n. Chr. von ihnen selbst fixiert. Wir können in diesem Zusammenhang erstmals auch auf die Kräfteverhältnisse rückschließen. Denn wir erfahren, dass „die Barbaren, dank Gottes Erbarmen zum Friedensschluss bewegt“, spanische Provinzen unter sich aufteilten, um in unterschiedlichen Gegenden zu siedeln: „Die Vandalen und die Sueben besetzen Galicien, das im äußersten Westen liegt und am weitesten in den Ozean hereinragt. Die Alanen bekommen die Provinzen Lusitania und Carthaginiensis, diejenigen Vandalen, die den Beinamen Silingen haben, die Provinz Baetica.“52 Dieser kurzen Chroniknotiz sind drei wichtige Informationen zu entnehmen: Zum einen ist erst hier bezeugt, was zweifellos seit Beginn der Wanderung (und schon vorher) galt: Es gab zwei vandalische Teilstämme, die – wohl nach ihren Königsfamilien Hasdingen und Silingen genannt – abgesehen vom gemeinsamen Vandalennamen nicht allzu viel miteinander zu tun hatten.53 Sonst wäre unerklärlich, warum sie sich an zwei weit voneinander entfernten Ecken Spaniens, in Galicien (Gallaecia) und Andalusien (Baetica), ansiedelten. Zum zweiten lässt sich die relative Stärke der Stämme erkennen; die verschiedenen Gebiete wurden ja nicht nach dem Zufallsprinzip erlost,54 sondern entsprachen mit Sicherheit dem Machtverhältnis. Die Alanen standen dabei weit vorn, da sie mit Lusitanien (in etwa das heutige Portugal) und der Provinz von Cartagena mit Abstand das größte Gebiet erhielten. Schon bei der Rheinüberquerung werden die Alanen von den frühen Quellen als Erste genannt.55 Ganz hinten dagegen standen die hasdingischen Vandalen, die sich mit den Sueben die Nordwestspitze Spaniens teilen mussten. Dies passt zum Ergebnis der eben erwähnten Auseinandersetzung von 410 n. Chr.: Die Hasdingen waren nur unter schwersten Verlusten von den Alanen gerettet worden. Die Sueben hatten offenbar eine ähnlich geringe Bedeutung.56 Die dritte Information betrifft die Art der Ansiedlung: Es sind die gentes selbst, die Spanien aufteilen, nicht etwa die römische Führung. Mit keinem Wort erwähnt Hydatius einen barbarisch-römischen Vertrag, und man sollte, da er keinen



2. Die Vandalen in Gallien und Spanien

Sueben Hasdingen

Römische Provinz

Alanen

Silingen

1  Spanien von 411 bis 416 n. Chr.

Grund hatte, ein solches foedus zu verschweigen, die Vandalen deshalb auch nicht als Foederaten ansehen.57 Allerdings heben die Quellen hervor, wie friedlich die Regelung war. Schon Gerontius hatte ja, bevor er Anfang 411 nach Gallien zog, die Kämpfe gegen die gentes eingestellt. Nach zwei Jahren Krieg waren die Romanen nun bereit, die Wahl der neuen Herren zu akzeptieren, die ihrerseits Sicherheit bieten konnten und die Provinz Tarraconensis im Nordosten der Halbinsel unter römischer Herrschaft beließen.58 Dieses militärisch ungefährliche Zugeständnis hielt einen mit Gallien in Verbindung stehenden Teil des römischen Spanien am Leben, was sicher auch zur Befriedung beitrug. Die römische Zentralgewalt hatte bei alldem ohnmächtig zusehen müssen; selbst im noch römischen Teil Spaniens hatte ihr Wort erst ab 413 wieder Gewicht.59 In Italien hatte man andere Sorgen, vor allem mit den ehemals vertraglich verpflichteten gotischen Kämpfern des Alarich, die seit dem Tod Stilichos (408) – aus römischer Sicht – außer Kontrolle geraten waren. Im August 410 hatten sie Rom erobert, eine für die damalige Welt unerhörte, erschütternde Wendung. König Alarichs Schwager und Nachfolger Athaulf konnte sich zwar

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II  Vandalen im Imperium Romanum in Italien nicht halten, jedoch nach Südgallien abziehen (und unter anderem Narbonne, Toulouse und Bordeaux erobern). Dort aber wurde er schließlich von Honorius’ Heermeister Constantius ausgehungert und Anfang 415 über die Pyrenäen getrieben.60 Damit war eine weitere barbarische gens in Spanien. Für Constantius, den neuen starken Mann im Westreich, wog die Destabilisierung der römischen Provinz Tarraconensis leicht gegenüber der Ausschaltung seines gotischen Konkurrenten.61 Noch im selben Jahr versuchten die Westgoten unter ihrem neuen König Valia, über die Straße von Gibraltar Africa zu erreichen (wie schon Alarich 410 n. Chr. von Kalabrien aus), scheiterten aber verlustreich an den maritimen Schwierigkeiten einer solchen Unternehmung.62 Ihr Hauptproblem war in den folgenden Monaten eine desolate Versorgungslage, die sie offenbar an den Rand der Katastrophe brachte. Militärische Potenz ließ sich kurzfristig nicht in Getreide umwandeln, falls sie unter diesen Bedingungen überhaupt noch einsetzbar war.63 Nahrung für Zehntausende konnten nur die römischen Logistiker herbeischaffen, denen das ganze Arsenal der Reichsadministration zur Verfügung stand. Die Goten kehrten also Anfang 416 n. Chr. notgedrungen wieder in den Dienst des Imperiums zurück, den sie seit dem späteren 4. Jh. kannten. Alarich war zeitweise lokaler magister militum gewesen, und seine königliche Stellung, die er seinen Nachfolgern vererbte, war ein Ergebnis dieser Verbindung mit dem Reich.64 Vor allem aber hatte sich ein in römischen Diensten trainiertes und erprobtes gotisches Heer gebildet, das den Kämpfern anderer gentes weit überlegen war. Das foedus, das der Westgotenkönig nun mit Constantius schließen musste, verschaffte ihm sofort 600 000 modii Getreide (umgerechnet ca. 3500 Tonnen, was ungefähr dem Jahresbedarf der Goten entsprochen haben dürfte) und verpflichtete ihn – sicher gegen Zusicherung weiterer Lieferungen im Erfolgsfall – zur Bekämpfung, ja Vernichtung der seit 409 n. Chr. in Spanien siedelnden (anderen) Barbaren, auf eigene Gefahr.65 Angesichts der alten nachbarlichen Feindschaft zwischen Goten und Vandalen mussten sie sich hierzu nicht erst überwinden; eine irgendwie ‚germanisch‘ begründete Solidarität war sowieso nicht vorhanden.66 Es war übliche römische Strategie, gegen barbarische Eindringlinge, wenn irgend möglich, andere barbarische Heere, die aber als foederati zum Dienst verpflichtet waren, in Stellung zu bringen. Das schonte die begrenzten römischen Truppen und ‚beschäftigte‘ die Foederaten. Lokale Abkommen, die Alanen, Vandalen und Sueben in ihren Siedlungsgebieten geschlossen haben mochten, kümmerten Ravenna wenig. In den folgenden Monaten veranstalteten die Westgoten in römischem Auftrag ein „großes Gemetzel unter den Barbaren“, wie ein spanischer Chronist



2. Die Vandalen in Gallien und Spanien

schreibt. Von den Silingen in Südspanien überlebte, den Quellen zufolge, niemand, was natürlich übertrieben ist, aber es beschreibt den Verlust jeglicher Stammesstruktur. Die Überlebenden der Alanen, die ihr eigenes Königtum und ihre führende Rolle unter den 407 in Gallien eingebrochenen gentes aufgeben mussten, flohen zu den Hasdingen in Galicien.67 Immerhin gingen sie nicht, wie die versprengten Silingen, verloren (oder sofort in den Hasdingen auf), sei es, weil sie dafür zu zahlreich waren und auch einem anderen Sprach- und Kulturkreis angehörten, sei es, weil man ihnen nicht vergaß, dass sie 410 n. Chr. die Hasdingen gerettet hatten. Jedenfalls lautete der in Africa gebräuchliche vandalische Königstitel rex Vandalorum et Alanorum.68 Binnen zweier Jahre hatten also die Goten, ohne es zu wollen, mit Gewalt einen vandalisch-alanischen Großstamm geschaffen. Es ist allerdings wahrscheinlich, dass dieser und die Sueben, wenn es nach den Goten gegangen wäre, als Nächstes ‚an der Reihe‘ gewesen wären: Zunächst profitierten beide gentes einfach von der Abgelegenheit Galiciens, eine Ironie insofern, als es wohl ihre zahlenmäßige Schwäche war, aufgrund derer sie dorthin abgedrängt wurden. Noch 418 n. Chr. jedoch gab es eine überraschende Wendung: Die Westgoten erhielten aus Ravenna den Befehl, aus Spanien abzuziehen, und sie kamen ihm auch nach, weil ihnen gleichzeitig die Ansiedlung im Südwesten Frankreichs, in Aquitanien, erlaubt wurde.69 Der Grund hierfür ist nirgends überliefert. Am wahrscheinlichsten ist wohl die Hypothese, dass die römische Militärführung zu diesem Zeitpunkt der Meinung war, mit den übriggebliebenen Barbaren selbst fertig zu werden, dass sie zugleich aber Sorge hatte, die Westgoten könnten, blieben sie länger in Spanien, doch noch Zugang zur Seefahrt und damit zu Africa bekommen, das ja schon zwei Mal vergeblich ihr Ziel gewesen war. Wenn dies die entscheidende Überlegung war (Africa hatte für das westliche Imperium tatsächlich eine lebenswichtige Bedeutung), stellt sie ein weiteres Beispiel für die Ironie dar, mit der ‚die Geschichte‘ über weitblickende Pläne hinweggehen kann: Das Ziel, die Goten von Africa fernzuhalten, rettete de facto die Vandalen, die deren unerfüllten Traum dann wahrmachten. Der Abzug der Goten gab den Vandalen in Galicien zunächst die Möglichkeit, freier zu agieren. Sie versuchten wohl, nun die benachbarten Sueben unter ihre Oberherrschaft zu bringen. Die leisteten Widerstand und verschanzten sich in den schwer zugänglichen Bergen im Norden,70 aber es waren römische Truppen, die einen vandalischen Erfolg und eine weitere Vergrößerung der unter König Gunderich vereinigten gens Vandalorum verhinderten. Asterius, der römische Oberbefehlshaber in Spanien, zwang diese sogar zur Auswanderung; immerhin ging es nach Andalusien. Die genaueren Umstände sind uns

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II  Vandalen im Imperium Romanum unbekannt (offenbar konnte man ihren Zug nach Süden nicht verhindern); Ziel war jedenfalls nicht ihre dortige Ansiedlung, sondern ihre Vernichtung.71 Nun aber kam ihnen erneut der Zufall zu Hilfe: Im Februar 421 stieg Heermeister Constantius zum Augustus und Mitkaiser des Honorius auf, und Asterius zog aus Spanien ab, wahrscheinlich um ihm im Heermeisteramt zu folgen. Schon ein halbes Jahr später starb Constantius in Ravenna, und mit ihm endete diese Phase der Konsolidierung des Westreichs.72 Asterius’ Nachfolger in Spanien, General Castinus, blieb allerdings nicht untätig: Mit einem großen Heer samt gotischen Hilfstruppen gelang es ihm 422 n. Chr., die Vandalen in Andalusien so zu zernieren und von der Versorgung abzuschneiden, dass sie kurz vor der Kapitulation standen. Unsere einzige Quelle liefert dann zwei Gründe, warum er schließlich dennoch als Verlierer nach Tarragona zurückkehren musste: Er habe unbesonnen am Ende doch auf eine Feldschlacht gesetzt und sei dabei von seinen Hilfstruppen verraten worden. Ob Letzteres nur eine Schutzbehauptung des Besiegten wiedergibt, wird sich nicht klären lassen; jedenfalls nutzten die Vandalen die unverhoffte Chance zu überleben, und als im August 423 Kaiser Honorius starb und Castinus Befehlshaber in Italien wurde, war die unmittelbare Gefahr für sie gebannt.73 Allerdings dürfte ihnen klar gewesen sein, dass sie nur Zeit, keine Sicherheit gewonnen hatten. Das Westreich würde die Vandalen auf Dauer nicht in Andalusien dulden, war aber in den folgenden Jahren zu sehr mit sich selbst beschäftigt und zu schwach, um an der Peripherie zu agieren. Kaiser Valentinian III. (der 419 n. Chr. geborene Sohn des Constantius und der Galla Placidia) und seine Unterstützer konnten sich erst 425 gegen Usurpatoren durchsetzen, und als ‚Kinderkaiser‘ war er ganz von seiner Mutter und den sie unterstützenden Heermeistern Felix (in Italien) und Bonifatius (in Africa) abhängig. Diese standen aber in heftiger Konkurrenz zueinander und hatten offenbar genug damit zu tun, ihre eigene Herrschaft zu sichern. Um wirkungsvoll gegen die Vandalen vorgehen zu können, hätte man Hilfstruppen der Westgoten in Marsch setzten müssen; die waren aber unter ihrem König Theoderich I. (418 – 451) in Aquitanien mittlerweile eher auf Expansion als auf römischen Dienst ausgerichtet und konnten 425 nur mit Mühe (und mit hunnischen Hilfstruppen) davon abgehalten werden, ganz Südgallien zu erobern und ein eigenes Reich zu gründen. Dies alles gab den Vandalen in Andalusien Handlungsfreiheit, und sie begannen bald, von hier aus genau das vorzubereiten, woran die Westgoten gescheitert waren: das Übersetzen nach Africa. An dieser Stelle muss natürlich ein Wort über die alte, anscheinend unausrottbare Legende gesagt werden, der Name Andalusien (spanisch: Andalucía),



3. Königtum und Ethnogenese

bekanntlich von den im 8. Jh. das Land erobernden Mauren in der Form al-andalus eingeführt, gehe auf die Vandalen zurück (‚Vandalucia‘), sei es, weil diese eine Zeitlang in der Baetica ihr Territorium hatten, sei es, weil sie von hier nach Africa aufbrachen. Aber nur auf den ersten Blick kann man in dieser Herleitung etwas Plausibles sehen. Der Historiker muss einwenden, dass nicht zu erkennen ist, warum die Mauren 200 Jahre nach der nur kurzen vandalischen ‚Epoche‘ Andalusiens und sogar knapp 100 Jahre nach dem Ende der Vandalen überhaupt bei der Namensgebung auf diese gens zurückgegriffen haben sollen. Sprachwissenschaftler weisen auf die bei dieser Deutung unerklärliche Endung -us hin. Alternative Namensdeutungen sind zwar auch nicht beweisbar, aber wenigstens widerspruchsfrei. Am wahrscheinlichsten ist die Erklärung, dass es sich ursprünglich um den schon aus vorrömischer Zeit stammenden Namen der später so genannten Stadt Tarifa handelt, wo die Mauren als Erstes landeten.74 Immerhin gäbe es dann einen faktischen Bezug zu den Vandalen, da diese den Hafen von Tarifa sicherlich bei ihrer Überquerung der Straße von Gibraltar nutzten. Einen ersten Schritt ‚auf das Meer‘ bildete ein erfolgreicher Beutezug zu den Balearen im Jahr 425, sicher mit römischen Schiffen, derer man sich irgendwie bemächtigt hatte. Wichtiger war die anschließende Eroberung von Sevilla und der Hafenstadt Cartagena, was den Vandalen auf einen Schlag eine wirkliche maritime Perspektive eröffnete.75 Über die weiteren Aktionen sind wir nicht informiert, sie werden aber auf dieser Linie gelegen haben. Ziel war nicht, sich dauerhaft in der Baetica zu installieren,76 sondern sie zu verlassen.

3. Königtum und Ethnogenese Über das frühe Königtum der Vandalen ließe sich auch dann nicht allzu viel sagen, wenn es thematisch angebracht wäre. Hier aber, wo es um das Königreich der Vandalen in Africa geht, kann man sich darauf beschränken, die Unterschiede zum Heerkönigtum der historisch einigermaßen gesicherten Zeit hervorzuheben. Nur für die Frühzeit gibt es einige Hinweise auf eine Verwurzelung des Königtums im Bereich der Religion, später nicht mehr, wenn man auch zugeben muss, dass der Zusammenhang mit kriegerischen Konflikten, der für die Erwähnung der Vandalen bei spätantiken Autoren konstitutiv ist, den Blick verengt und auf militärische Funktionen konzentriert haben könnte. Es ist durchaus möglich, dass der König auch später noch kultische Aufgaben hatte; das jedoch machte ihn noch lange nicht zu einem ‚Sakralkönig‘.77

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II  Vandalen im Imperium Romanum Wie lange es das ursprünglich bezeugte Doppelkönigtum der Vandalen gab, das sicher auch einen religiösen Hintergrund hatte, wissen wir nicht.78 Für die Könige der Völkerwanderungszeit lässt es sich jedenfalls nicht mehr nachweisen.79 Das Königtum war an eine bestimmte Familie gebunden, die Hasdingen, wobei die Wort-Bedeutung ‚die Langhaarigen‘ darauf hinweist, dass damit ursprünglich keine Familie, sondern eher die gesamte Adels- oder gar Kriegerschicht bezeichnet wurde.80 Die vandalischen Großen genossen zunächst ein ähnliches Ansehen wie der König. Auch das traditionelle Doppelkönigtum der Vandalen spricht dagegen, dass die Königswürde in einer Familie monopolisiert war. Spätestens aber die Auswanderung und die lange Zeit der Existenzkämpfe unter einem Anführer wird ein Heerkönigtum favorisiert haben, das auf dem ‚Königsglück‘ einer einzigen Person und seiner Familie gegründet war.81 Bei der Nachfolge sorgte diese Bindung an den Krieg allerdings dafür, dass nicht nur der Sohn des toten Königs infrage kam, da dieser in militärischer Hinsicht ja vielleicht ganz ungeeignet war. Dennoch folgte auf Godegisel, unter dem die Vandalen in Mitteleuropa aufgebrochen sowie nach Gallien und Spanien gezogen waren, der wohl im Jahre 410 aber in einer Schlacht gegen fränkische Foederaten des Gerontius gefallen war, sein Sohn Gunderich.82 Bei Gunderichs Tod jedoch (428) waren seine Söhne offenbar noch zu jung, um Nachfolger zu werden, sodass sein Halbbruder Geiserich zum Zuge kam,83 den sein Vater akzeptiert hatte, obwohl er von einer Unfreien geboren worden war. Bei seiner ‚Thronbesteigung‘ war er 40 Jahre alt.84 Zum üblichen Begriff der Thronbesteigung muss man nicht nur deshalb Distanz halten, weil es damals sicher gar keinen Thron der Vandalen gab (vielleicht sollte man eher von der Schilderhebung sprechen), sondern auch, weil überhaupt vieles von dem, was man mit einem Königtum verbindet, in diesem Zusammenhang problematisch ist. Die antiken Quellen gebrauchen den Königstitel (rex, basileus) üblicherweise für Anführer von gentes und gentilen Gruppen, sofern ihre Herrschaft dauerhaft war, unabhängig davon, wie sie in ihrer Sprache bezeichnet wurden. Ein darüber hinausgehender institutioneller Rahmen war nicht erforderlich, und diese ‚Könige‘ treten bis zum 5. Jh. auch oft im Plural auf.85 Gerne wüssten wir mehr darüber, wie der Herrscherwechsel vonstattenging. Im 19. Jh., als man gern von der ‚Gemeinfreiheit‘ als dem typischen Kennzeichen germanischer Kriegergesellschaften ausging, dachte man natürlich an eine Heeresversammlung, die den neuen König wählte. Aber davon erfahren wir bei den Vandalen nichts, und es ist auch sehr unwahrscheinlich, dass das Königtum in dieser Form von einer breiten Zustimmung abhängig war. Sicher



3. Königtum und Ethnogenese

aber bedurfte das Königtum der Unterstützung des Adels, und dessen Gefolg­ schaften waren es wohl eher, auf denen dann die Zustimmung ‚des Volkes‘ beruhte.86 Bezeichnend ist jedenfalls, dass es für die Vandalen Hinweise auf eine feste und alte Regelung der Königsnachfolge gibt, wie sie den Goten offenbar fremd war. Hier haben wir eine sehr spezifische vandalische Tradition, die von König und Adel gemeinsam getragen wurde.87 Überhaupt darf man den König vom Adel nicht allzu sehr voneinander trennen, wie wir eben schon in der Bezeichnungsfrage (Hasdingen = vandalische Adlige = vandalische Königsfamilie) gesehen haben. König und Adel waren gemeinsam die hauptsächlichen Traditions- und Identitätsträger für den ganzen Stamm. Klassisch ist die Formulierung vom hier bewahrten Traditionskern,88 wobei man diese Metapher ebenso wenig wörtlich (im Sinne eines vor Veränderungen geschützten Inneren) wie ‚Identität‘ als etwas Statisches verstehen darf. Aber eine Tradition war schon allein durch die sprachliche Kontinuität gegeben (was natürlich das Erlernen der lateinischen Sprache nicht ausschloss), in der auch und gerade die Geschichte der eigenen gens (mündlich) überliefert wurde.89 Hiervon hat sich zwar bei den Vandalen nichts erhalten, wohl aber bei Langobarden und Goten. Sowohl die Langobardengeschichte des Paulus Diaconus als auch Cassiodors bzw. Jordanes’ Gotengeschichte überliefern einen Sieg über Vandalen als Beginn der traditionellen Erzählung der jeweiligen Stammesherkunft (origo gentis).90 Die vandalische Ursprungssage wird natürlich anders ausgesehen haben. Mit ihr zusammen wurden sicher auch Nachrichten über Großtaten sowie Sitten und Institutionen des Stammes überliefert. Die Bedeutung von König und Adel für die Eigenständigkeit und für das Selbstverständnis einer gens zeigt sich im Umkehrschluss auch daran, dass es, wenn beide verschwunden waren, relativ leicht gewesen zu sein scheint, den Rest der gens einem anderen Stamm zu assimilieren. Auf diese Weise sind die Silingen vollständig in den Hasdingen aufgegangen, als König und Adel untergegangen waren, und im Grunde gilt dies auch für die Alanen, von denen nach einigen Jahrzehnten wohl nicht viel mehr übrig geblieben ist als ihr Stammesname und ein paar Personennamen.91 Leider wissen wir wenig über die Tracht der Vandalen (unterschied sie sich von der der Goten?) und über ihre Kampfesweise, gar nichts über Heiratssitten, Heldenlieder etc.; ihre sozialen und rechtlichen Praktiken bleiben so fast ganz im Dunkeln.92 Immerhin wurde im vandalischen Africa das spezifische (‚arianische‘) religiöse Bekenntnis als konstitutiv angesehen, und da dieses, wie im nächsten Kapitel ausgeführt wird, erst eine späte Errungenschaft des Gesamtstammes war, sind wir damit beim eminent wichtigen prozesshaften As-

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II  Vandalen im Imperium Romanum pekt der Ethnogenese. Denn diese war, wie gesagt, weder irgendwie prädestiniert noch irgendwann abgeschlossen, vielmehr eine dynamische Entwicklung, bei der die historische Umgebung eine zentrale Rolle spielte. Deshalb sucht die neuere Forschung auch den Begriff ‚Stamm‘ zu vermeiden (von ‚Volk‘ ganz zu schweigen), der auch durch den Zusammenhang mit der ‚Abstammung‘ in eine falsche Richtung weist. Allerdings muss man zugeben, dass die meist gewählte Alternative, der Quellenbegriff gens, eigentlich ähnlich gefährlich ist, jedenfalls wenn man die ‚genetische‘ Wurzel erkennt. Ethnos, die griechische Übersetzung von gens, wäre in dieser Hinsicht unverdächtig, könnte aber über die ‚Ethnologie‘ als Völkerkunde ebenfalls falsche Assoziationen wecken.93 Bleiben wir also bei dem hinreichend verfremdenden Terminus gens und halten fest, dass für die antike Begriffsbildung zwar sehr wohl die Vorstellung der Abstammungsgemeinschaft ursächlich war (noch stärker gilt dies für natio, im Gegensatz zur politischen Konstituierung des populus, besonders natürlich des populus Romanus), die Realität der spätantiken ‚Großstämme‘ aber eine ganz andere war.94 Konkret betrifft dies viele Seiten der ‚gentilen‘ Existenz der Vandalen. Vom Königtum war schon die Rede; auch wenn die Hasdingen niemals (wie der Terwinge Alarich und einige seiner Nachfolger) einen römischen Titel führten, ist doch klar, dass die in den ‚Wanderjahren‘ nötigen Kontakte mit Römern und anderen gentes und die immer wieder erforderlichen schnellen und weitreichenden Entscheidungen die Position des Anführers dauerhaft stärkten, ja seine Stellung neu formten. Dies gilt aber auch für andere Lebensbereiche, besonders für die Frage der Stammeszugehörigkeit. Wie auch immer sie sich in Mitteleuropa dargestellt haben mag, unter den historischen Bedingungen eines fast permanenten Umherziehens und Kämpfens und einer ebenso dauerhaften Bedrohung durch Hunger, andere ‚Barbaren‘, lokale Verteidiger oder römische Bewegungstruppen musste sie sich erheblich verändern, und zwar in Richtung einer sehr pragmatischen Offenheit. Es war geradezu überlebenswichtig, erlittene Verluste schnell durch Neuzugänge ausgleichen zu können. Nicht eine vandalische Herkunft oder gar eine Vertrautheit mit vandalischen Traditionen waren nötig, um in dieser Zeit ‚dazuzugehören‘, nur eine Unterwerfung unter den Befehl des Königs. Höchstwahrscheinlich haben davon auch enttäuschte oder entwurzelte Römer in Gallien und Spanien profitiert. Freilich hatte diese Flexibilität ihr Gegengewicht in der Hasdinger-Tradition, wie sehr sie sich auch realiter veränderte. Und die Abhängigkeit der ‚Vandalendefinition‘ von den historischen Bedingungen barg die Möglichkeit (was gern übersehen wird), dass diese bei Bedarf auch wieder enger gefasst wurde. So gehörte in Africa, wie



4. Die Christianisierung der Vandalen

gesagt, ein der Kirche der Romanen entgegengesetztes religiöses Bekenntnis dazu; es wurde zu einer Art Loyalitätsausweis, ja zum Abgrenzungsmittel gegenüber einer ‚nicht vandalischen‘ Umgebung.95

4. Die Christianisierung der Vandalen Es ist bezeichnend für unsere beklagenswert geringen Kenntnisse bezüglich der vandalischen Ethnogenese, dass wir kaum etwas Sicheres über die Begegnung dieser gens mit dem Christentum wissen. Fest steht nur, dass die Vandalen bereits Christen waren, als sie nach Africa übersetzten, und zwar solche mit einer geradezu kämpferischen Auffassung von der eigenen göttlichen Erwählung. Schon 422 n. Chr., in der so glücklich für sie ausgegangenen Entscheidungsschlacht in Andalusien gegen den römischen General Castinus, scheinen sich die Vandalen der tödlichen Bedrohung mithilfe der wie ein Talisman vorangetragenen Heiligen Schrift entgegengestellt zu haben.96 Dass sie sich aus ihrer höchst gefährlichen Lage nicht nur befreien konnten, sondern sogar siegten, muss wie ein Wunder gewirkt und, wie oft in solchen Fällen, die Überzeugung genährt haben, nun in göttlicher Mission unterwegs zu sein. Namentlich für ihre Herrschaft in Africa ist das mehrfach überliefert.97 Salvian von Marseille, ein zeitgenössischer Priester, lobt sie dafür in seiner Schrift Die göttliche Weltregierung und stellt sie den lauen Christen der Romanitas gegenüber. Dem steht aber das Zeugnis des ebenfalls zeitgenössischen Orosius für die Jahre 409 – 414 n. Chr. gegenüber, in dem die Vandalen (in seiner Heimatprovinz Galicien) als infideles bezeichnet werden, also als Heiden.98 Da nun schwer vorstellbar ist, dass Orosius ihr Christentum übersah99 oder dass in diesen wenigen Jahren eine vollständige Konversion stattfand, scheint eine stufenweise Christianisierung mit einer Differenzierung nach Schichten wahrscheinlicher zu sein. Bislang überwiegt in der Forschung die Auffassung, die Vandalen seien in Spanien durch die Westgoten christianisiert worden. Aber das müsste binnen zweier Jahre geschehen sein, die von erbitterten Kämpfen geprägt waren und in denen Kontakte, die eine solche Missionierung vorstellbar machen könnten, nicht bezeugt sind. Auch die Lösung, dass die Vandalen insgesamt in Africa anfangs nur ganz oberflächlich christianisiert waren,100 ist kaum überzeugend. Ihre Gegner in Africa hätten liebend gern auf heidnische Relikte bei ihnen hingewiesen (schweigen aber davon), und wie hätte Geiserich den christlichen Glauben als Mittel der Einigung und Motivierung seiner Vandalen nutzen können, wenn diese ihn nur sporadisch und nach außen hin teilten?

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II  Vandalen im Imperium Romanum Vielmehr dürften bereits im 4. Jh. und schon in Mitteleuropa Teile der Vandalen durch Vermittlung der ihnen benachbarten Goten das Christentum angenommen haben, und zwar in der Variante, in der es auch für die Goten bestimmend wurde: einer auf den Theologen Arius zurückgehenden Vorstellung von der Dreifaltigkeit als einem hierarchischen System, in dem nur der Vatergott ewig, der Sohn aber sein Geschöpf ist, der Geist wiederum Diener des Sohnes ist.101 Von den Gegnern wurde dies (bereits auf dem ersten Ökumenischen Konzil 325) als Häresie angesehen und deshalb ‚Arianismus‘ genannt.102 Für die Goten dagegen, die diese Theologie in der Mitte des 4. Jhs. kennenlernten, etwa durch den berühmten Gotenapostel, Bischof und Übersetzer Wulfila (ca. 310 – 383), war es einfach die christliche Theologie; denn im Osten des Reiches war diese Richtung damals tatsächlich vorherrschend. Dass sich dann im Imperium Romanum unter Kaiser Theodosius (379 – 395) eine andere Richtung durchsetzte, wurde ihnen erst später bewusst.103 Die Christianisierung der Goten (genauer der Terwingen), die schon in konstantinischer Zeit begann, fand nicht, wie bei anderen germanischen gentes, von oben nach unten statt, sondern sie begann umgekehrt an der Basis. Dementsprechend gab es Abwehrreaktionen der gotischen Oberschicht, die, von den 340er bis in die 370er Jahre, in mehrere Christenverfolgungen mündeten.104 Ob nun in diesem Zusammenhang oder im Zuge anderer Kontakte: Christliche Goten, die wiederum ihre Wulfila-Bibel und ihren Glauben mitbrachten, werden zu den benachbarten Vandalen gekommen sein. Wie bei den Goten dürfte aber die vandalische Führungsschicht weiterhin ihren alten religiösen Traditionen gefolgt sein. Auch auf der Wanderung nach Westen, so lässt sich vermuten, gab es heidnische und christliche Vandalen nebeneinander. Spätestens vor der Schlacht von 422 aber muss sich das aber, wie gesagt, geändert haben. Leider sind wir über die genaueren Umstände dieser Jahre in Spanien kaum informiert, müssen uns also, wenn wir eine Rekonstruktion versuchen wollen, auf der Grundlage von Hypothesen bewegen: Eine Konversion des Königshauses unmittelbar vor der Entscheidungsschlacht könnte erklären, wie es Gunderich und Geiserich gelang, ihren radikalen religiösen Schwenk allseits akzeptabel zu machen, auch für die Anhänger der früheren Kulte. Der Christengott war der Retter aus höchster Gefahr gewesen, unter seinem Schutz hatte man die entscheidende Schlacht gewonnen, so wie es gut 100 Jahre früher christliche Autoren von Konstantin in der Schlacht an der Milvischen Brücke erzählten und wie es am Ende des 5. Jhs. der Frankenkönig Chlodwig in der Schlacht gegen die Alamannen getan haben soll.105 Der religiöse Gegensatz, der für derartige Zuspitzungen nötig ist, war dadurch gegeben, dass Castinus und sein Heer



4. Die Christianisierung der Vandalen

für die (katholische) Reichskirche standen, Gunderichs Vandalen aber für ein zwar ebenfalls christliches, aber abweichendes Bekenntnis. Wir hätten damit die wohl einzige Schlacht vor uns, die in dieser Form von der arianischen Kontroverse ‚aufgeladen‘ worden wäre, und man könnte einwenden, dass dies doch einen Widerhall in den Quellen gefunden haben müsste. Aber wir erfahren über diese wichtige Schlacht eben nur etwas aus der Chronik des Hydatius, für den die vandalische Sicht irrelevant war. Dieses Desinteresse hielt an. Wir wüssten zweifellos mehr über die ‚Bekehrung‘ der Vandalen, wenn diese einen Geschichtsschreiber gefunden hätten; aber das war nicht der Fall.106 Falls die hier vorgestellte Rekonstruktion das Richtige trifft, falls also Königshaus und Oberschicht erst im Zusammenhang mit der ‚göttlich gelenkten‘ Entscheidungsschlacht das Christentum annahmen, wären jedenfalls zum einen die unterschiedlichen Aussagen zur Christianisierung der Vandalen erklärt, zum anderen aber auch deren auffällige Behauptungen, Gott selbst habe ihnen das afrikanische Land übertragen.107 Dass sie Unterstützer hatten, vermuteten später übrigens auch ihre Gegner; diese dachten dabei aber nicht an einen göttlichen Helfer, sondern an einen römischen General.

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III

Die Eroberung Africas

1. Wurden die Vandalen nach Africa eingeladen? Wer diese Frage stellt, muss sich zunächst wieder mit einer Verrats-Hypothese auseinandersetzen: Bonifatius, der Militärchef Africas, soll es gewesen sein, der die Vandalen in sein Land und zu Hilfe holte, um sich gegen seine römischen Gegner zu sichern.1 Wieder haben wir, wie im Fall des Gerontius, den historischen Kontext und die Quellenlage genau zu prüfen. Die Sache liegt insofern anders, als dass wir tatsächlich wissen, dass Bonifatius (seit 423 n. Chr. Oberbefehlshaber in Africa) in den Jahren vor dem ­Vandaleneinfall mit der römischen Zentrale und dem seit 425 n. Chr. dort dominierenden Heermeister Felix im Streit lag;2 auch verfügen wir über klare antike Zeugnisse für Bonifatius’ Bündnis mit dem späteren Feind. Dennoch ist der General wohl ‚freizusprechen‘. Um mit der Quellenlage zu beginnen: Tatsächlich haben wir nur späte Nachrichten, die Bonifatius belasten, während alle Quellen aus dem 5. Jh. nichts von seinem angeblichen (fatalen) Fehlgriff bei der Suche nach Bundesgenossen berichten. Dies gilt für Zeitgenossen, die den Vandaleneinfall erlebten (wie Augustinus oder Possidius),3 aber auch für Autoren, die die Geschehnisse mit etwas Abstand betrachten, wie Hydatius, Victor von Vita und Prosper Tiro.4 Anstatt für sie alle verschiedene Gründe dafür zu suchen, warum sie hier schweigen, ist es einfacher, von ihrem Nichtwissen auszugehen. Die Tradition von Bonifatius als Vandalen-Komplize dürfte sich also erst später gebildet haben. Prokop kannte um die Mitte des 6. Jhs. eine fast novellistisch ausgearbeitete Erzählung davon, und wahrscheinlich stand die Geschichte auch schon bei Cassiodor, jedenfalls findet sie sich bei Jordanes.5 Unser zweiter Prüfstein ist der historische Zusammenhang. Hier ist zuzugeben, dass Bonifatius, anders als Gerontius, Motiv und Gelegenheit für die ‚Tat‘ hatte. Denn er war nachweislich vorher (schon 426/427) als illoyal verdächtigt



1. Wurden die Vandalen nach Africa eingeladen?

worden, war zum Rapport nach Ravenna zurückbefohlen worden, hatte sich aber widersetzt und zunächst wohl seine afrikanischen Unterfeldherren, die nun auf Befehl der Zentrale gegen ihn vorgehen sollten, ausgeschaltet.6 Ihm muss klar gewesen sein, dass der Kaiser (bzw. Felix, die treibende Kraft am Hof) nun den Einsatz erhöhen würde, und somit war der Zeitpunkt gekommen, sich nach schlagkräftigen Verbündeten umzusehen. Genau das hat er offenbar auch getan, bevor 428 sein neuer Gegner, der General Segisvult, mit einem Heer in Africa landete. Beide Seiten suchten jedoch die militärische Entscheidung zu vermeiden, und 429 n. Chr. kam es tatsächlich zu einer Einigung und zu einer Restituierung des Bonifatius, ohne dass wir Genaueres darüber wüssten. Glücklicherweise haben wir aber von der ersten Phase der Auseinandersetzung einen knappen Bericht in der Chronik des Prosper Tiro: „Bonifatius, dessen Macht und Ruhm in Africa sich vermehrte, wurde in öffentlichem Auftrag und entsprechend dem Urteil des Felix bekriegt; denn er hatte sich geweigert, nach Italien zu kommen. Anführer waren Mavortius, Galbio und Sanoex, durch dessen Verrat Mavortius und Galbio umgebracht wurden, während sie Bonifatius belagerten; bald darauf wurde er selbst von Bonifatius, nachdem sein Doppelspiel entdeckt worden war, getötet. Daraufhin geschah es, dass den gentes, die bis dahin nicht wussten, wie Schiffe [gemeint: auf dem Weg nach Africa] einzusetzen sind, das Meer eröffnet wurde; denn sie wurden von den Widersachern [d.  h. Bonifatius und seinem neuen Gegner] zu Hilfe gerufen. Die Verantwortung für den gegen Bonifatius begonnenen Krieg wurde Segisvult übertragen.“7 Alles hängt nun davon ab, wer die genannten gentes waren. Dass Segisvult mit gotischen Truppen nach Africa übersetzte, ist bekannt.8 Will Prosper sagen, dass Bonifatius sich gegen diese mit vandalischen Kämpfern sichern wollte? Gewichtige Gründe sprechen dagegen: Nachweislich sind die Vandalen in toto erst 429 nach Africa gekommen, Prosper spricht aber schon für 427/428 n. Chr. von tatsächlichen – sicher durch das römische Militär – ermöglichten Überfahrten: Sind die vandalischen Reiter also später wieder freiwillig nach Spanien zurückgekehrt oder einfach in Africa geblieben? Das eine wie das andere wäre eine Vermutung ohne irgendeinen Anhaltspunkt in den Quellen – und in sich auch wenig plausibel: Gunderich und Geiserich wussten genau, dass Ravenna ihre gens nicht nach Africa lassen würde (s.  o.). Warum hätten sie sich dann von einem erheblichen Teil ihrer Krieger trennen und so das Risiko eingehen

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III  Die Eroberung Africas sollen, dass Bonifatius mit ihnen Politik machte? – sie waren die Lebensversicherung der gens.9 Die Vandalen hatten zu dieser Zeit bereits Erfahrungen mit der mediterranen Seefahrt, wenn auch erst seit kurzer Zeit, wie wir gesehen haben. Schließlich fährt Prosper im nächsten Eintrag seiner Chronik folgendermaßen fort: „Der Stamm der Vandalen ging von Spanien nach Africa hinüber.“10 Es fällt schwer anzunehmen, dass Prosper hier die Vandalen stillschweigend mit einer der zuvor genannten gentes identifizieren wollte. Denn dies hätte die vandalische Eroberung ja in ganz anderem Licht erscheinen lassen, was der Autor angesichts seines Interesses für diese Katastrophe11 kaum der Kombinationsgabe des Lesers überlassen hätte. Die Frage ist also, welche germanischen Foederaten Bonifatius herbeiholte. Prosper spezifiziert das nicht, weil es ihm um eine andere Aussage geht: Die barbarischen gentes insgesamt haben vom afrikanischen Bürgerkrieg profitiert, weil ihnen dadurch der maritime Zugang zu diesem bislang verschlossenen Reichsteil eröffnet wurde. Dass diese Gesamtinterpretation seine Formulierung bestimmte, zeigt die (eben zitierte) unmittelbare Fortsetzung, die ihn die tatsächliche Chronologie zugunsten dieses Zusammenhangs vernachlässigen ließ; denn das schicksalshafte Übersetzen der Vandalen (samt Alanen und Angehörigen anderer Stämme12) 429 n. Chr. wurde von ihm auf diese Weise um zwei Jahre vordatiert. Aus dieser Perspektive Prospers ergibt sich nun aber, dass der Plural der von ihm genannten gentes nicht für eine konkrete, nummerierbare Mehrzahl steht: Es sind die Barbaren ‚an sich‘. Bisher war ihnen die Seefahrt nach Africa verschlossen, nun aber kannten sie den Weg. Wenn wir heute danach fragen, wen die afrikanischen Gegner denn nun tatsächlich ‚anheuerten‘, ist Prosper nicht mehr zu entnehmen, als dass es (da sie gegeneinanderstanden) verschiedene gentile Einheiten waren und dass nicht konkret die Vandalen gemeint waren. Es dürfte sich überwiegend um gotische Truppen gehandelt haben, die damals üblicherweise auf allen Seiten kämpften.13 Die spektakulären früheren gotischen Fehlschläge, Africa per Schiff zu erreichen (410 und 415), bildeten dann für Prosper tatsächlich den Kontrast zur neuen Situation, die die Überfahrt der Vandalen ermöglichte.14 Wenn man aber das angebliche Bündnis mit den Vandalen als noch weitergehend ansieht, in dem Sinne, dass Bonifatius die Vandalen nicht nur als Hilfs­ truppen benutzte, sondern ihnen sogar Teile Africas überlassen wollte, bleibt unerklärlich, warum er sich, als sein Kalkül aufgegangen war, nicht dementsprechend verhalten hat. Es ist bezeugt, dass er in Ravenna erst rehabilitiert wurde, als die Vandalen schon in Africa standen und er sich zum Widerstand gegen sie rüstete.15 Warum also hätte er die angeblich geplante Teilung Africas



1. Wurden die Vandalen nach Africa eingeladen?

mit den Vandalen nicht, als sie übergesetzt waren, auch angehen sollen, da ihn, der persönlich weiter bedroht war, ja niemand daran hindern konnte? Dass der General schnell zur Besinnung kam – ‚Was habe ich da getan?‘ –, ist in diesem Szenario vollkommen unwahrscheinlich, passt aber gut zu einer späteren Konstruktion und zu einer Perspektive ex post, d.  h. zum definitiven Verlust Africas für das Reich. Noch zehn Jahre später hatte niemand diesen Ausgang absehen können. Der Grund, warum hier die in der Forschung verbreitete Verratsthese (wie bereits der Fall des Gerontius) relativ ausführlich diskutiert wurde, ist, dass es für das Verständnis der besonderen Situation des Vandalenreiches wichtig ist, den Charakter ihrer Installation auf Reichsgebiet zu betonen. Kein foedus hatte sie berechtigt, keine römische Autorität sie gerufen oder in Dienst genommen, sie hatten nichts bekommen, sondern sich alles nur genommen. Dennoch könnte man die Frage dieses Kapitels positiv beantworten. Es war jedoch keine konkrete Person, die die Vandalen nach Africa einlud, es waren historische Konstellationen. Sowohl über den aktuellen Bürgerkrieg als auch über die dauerhafte militärische Schwäche der römischen Verteidigung Africas waren die Vandalen informiert. Sicher wussten sie auch, dass Bonifatius ziemliche Mühe hatte, seinem rasch zusammengebrachten Foederatenheer Disziplin und Loyalität beizubringen. Das römische Militär in Africa war prinzipiell eingeteilt in eine Bewegungs­ truppe und eine ortsstabile Grenztruppe (limitanei). Letztere war in Africa mehr oder weniger geeignet, Einfälle von Räuberbanden und maurischen Stammesgruppen, die im Provinzialgebiet plündern wollten, abzuwehren. Gegen ein vandalisches Heer, das (bei 80 000 Menschen insgesamt) sicherlich eine vierstellige Zahl an Kämpfern zählte, darunter zahlreiche Reiter, und das mittlerweile durchaus kampferfahren war,16 war diese Truppe völlig chancenlos. Einzig Bonifatius mit dem Bewegungsheer konnte hier etwas ausrichten. Dessen genaue Stärke kennen wir zwar nicht, wissen aber, dass Segisvult es offenbar mit seinem sicherlich nicht gerade gewaltigen Expeditionscorps neutralisieren konnte. In Africa hatte es für Rom seit Langem keinen Feind mehr gegeben, der ein großes Heer auf die Beine brachte; deswegen waren die römischen Truppen immer mehr ausgedünnt worden.17 Einen letzten großen Aderlass bedeutete wahrscheinlich das gescheiterte Abenteuer eines Vorgängers von Bonifatius namens Heraclianus, der 413 n. Chr. in Italien die Macht ergreifen wollte und dazu sicher seine Bewegungstruppen mitgenommen hatte. Ob sie nach seinem Scheitern wieder zurückgeschickt wurden,18 ist angesichts des chronischen Soldatenmangels in Italien sehr fraglich.19

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III

Die Eroberung Africas

2. Der Einfall in Nordafrika (429) Im Mai 429 überquerte König Geiserich mit seiner gesamten gens die Straße von Gibraltar. Zeit und Ort gehören zu den wenigen Einzelheiten dieses Ereignisses, die sicher sind. In der Chronik des Hydatius heißt es: „König Geiserich bricht mit allen Vandalen und ihren Familien im Mai von der Küste der Provinz Baetica auf, verlässt die spanischen Provinzen und setzt nach Mauretanien und Africa über.“ Es besteht kein Anlass, diese Notiz infrage zu stellen, zumal das Datum mit dem Briefwechsel des Augustinus und mit Gesetzestexten aus dieser Zeit zusammenpasst.20 Ist bei Hydatius der Ort noch vage, haben wir mit dem Einleitungssatz Victors von Vita eine relativ genaue Lokalisierung: dort, wo sich „das große und ausgedehnte Meer zwischen Spanien und Africa zu einer schmalen Straße von nur 12 000 Schritt Breite zusammendrängt“.21 Eine spätere Quelle nennt noch den spanischen Hafen, der benutzt wurde (Iulia Traducta), aber weder wissen wir sicher, welcher moderne Ort dies ist (Tarifa oder Algeciras?), noch kennen wir das genaue Ziel der Fahrt (Tanger oder Ceuta?).22

Tarifa Tanger

2 Die Straße von Gibraltar

Algeciras Ceuta



2. Der Einfall in Nordafrika (429)

Immerhin wird – eine große und kostbare Ausnahme in der Völkerwanderungszeit – von Victor die Gesamtzahl der ‚Passagiere‘ genannt: 80 000 Menschen, „Alte, Junge und Kinder, Sklaven oder Herren“. An der Größenordnung zu zweifeln, besteht kein Anlass. Denn die Vandalen (mittlerweile ein Sammelbegriff)23 wussten selbst ziemlich genau, wie viele sie waren; sie sind ja sicher nicht ‚im Pulk‘ gewandert, sondern getrennt in verschiedenen Gruppen, möglicherweise in Tausendschaften (die wohl auch nach der Ansiedlung zusammenblieben), und deren Zahl war natürlich bekannt.24 Diese spielte auch deshalb dauerhaft eine Rolle, weil später, als die Chancen eines byzantinischen Angriffs auf das Vandalenreich abgewogen wurden, dessen demographische und damit militärische Stärke diskutiert und sehr unterschiedlich beurteilt wurde, wobei die ‚Maximalisten‘ die überlieferten 80 000 fälschlich als Zahl der Soldaten interpretierten (zumal auch das vandalische Heer in Tausendschaften organisiert war); Prokop berichtet davon, ohne Victors Darstellung zu kennen, in seinem Vandalenkrieg.25 Wir haben also zwei unabhängige Quellentraditionen für eine Größenordnung, die realistisch erscheint und für deren Überlieferung es ein plausibles Szenario gibt – das gibt weit mehr an Sicherheit, als bei derartigen Zahlenangaben üblich ist. Wie viel von dieser Zahl abzuziehen ist, um zur vandalischen Heeresstärke zu kommen, wissen wir nicht. Demographische Pyramiden mit Verhältnisangaben von Männern, Frauen, Kindern und Alten helfen nur sehr bedingt weiter. 20 000 ist aber sicher die Obergrenze der gesuchten Größe, nach unten wird sie auch durch die Tatsache limitiert, dass die Vandalen, wie wir sehen werden, 431 – 434 n. Chr. gleichzeitig zwei römischen Heeren (unter Bonifatius und unter Aspar) in Africa Paroli bieten konnten. Wir können also von mindestens 10 000 vandalischen Soldaten ausgehen.26 Die Dimension von ca. 80 000 Menschen zerstört vor dem Hintergrund der damals möglichen Schiffsgrößen nicht nur die Vorstellung einer einzigen Überfahrt, sie macht auch wahrscheinlich, dass es mehrere Routen gab. Man wird jedes geeignete Schiff und jeden Hafen an der Meerenge genutzt haben. Anders als die Westgoten hatten die Vandalen ja vier Jahre Zeit gehabt, um zu ‚trainieren‘ und Informationen zu sammeln. Insofern wusste Geiserich sicher, dass auf der afrikanischen Seite der Meeresstraße nicht etwa eine römische Armee auf ihn wartete.27 Zwar müsste es ein kleines tingitanisches Bewegungsheer gegeben haben; da aber Mauretania Tingitana verwaltungstechnisch zu Spanien gehörte,28 dürfte Castinus hier 422 n. Chr. vor seiner Vandalenschlacht Einheiten abgezogen haben. Von militärischem Widerstand bei der Landung der Vandalen hören wir jedenfalls nichts.

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III  Die Eroberung Africas

PRAEFECTURA ‚ITALIA, ILLYRICUM ET AFRICA‘

PRAEFECTURA ‚GALLIAE‘ (mit Britannien und Hispanien)

Dioecesis Africa

Dioecesis Hispaniae

1 Africa Proconsularis 2 Byzacena 3 Numidia 4 Mauretania Caesariensis 5 Mauretania Sitifensis 6 Tripolitana

7 Baetica 8 Lusitania 9 Carthaginiensis 10 Gallaecia 11 Tarraconensis 12 Mauretania Tingitana 13 Baleares

3  Der Westen des Römischen Reiches im 4. Jh. n. Chr.



3. Der Eroberungszug nach Osten

3. Der Eroberungszug nach Osten Dass die Vandalen nach ihrer Landung zu Fuß bzw. auf Reittieren und Wagen weiterzogen, ist zwar nirgends gesagt, dennoch aber anzunehmen. Zwar fuhren kleinere Reisegruppen von der Mauretania Tingitana üblicherweise zu Schiff nach Osten, für zigtausende von Menschen aber war das nicht organisierbar. Das Überfahren einer Meerenge war in mehreren Etappen möglich, für eine Strecke von vielen hundert Kilometern29 aber nicht durchführbar. Man nutzte also die Straßenverbindung über Altava im Landesinneren, von der wir wissen, dass sie (jedenfalls 30 Jahre später) sehr wohl für große Heere geeignet war.30 Von Ceuta im westlichen Mauretanien bis nach Hippo Regius (später Bône, heute Annaba) im östlichen Algerien, wo die Vandalen im Juni 430 n. Chr. ankamen, sind es 1200 km Luftlinie, und wenn wir eine Wegstrecke von ca. 2000 km annehmen, stellt dies binnen 13 bis 14 Monaten keine unrealistische Leistung dar, auch wenn wir einrechnen, dass man Widerstände überwinden musste, dass es zu Zerstörungen und Plünderungen kam, dass man Pausen einlegte. Denn auch wenn nur jeder zweite Tag ein Marschtag war, bleibt eine tägliche Strecke von gut 10 km. Was die genaue Route angeht, haben wir keine Informationen. Der Abschnitt in der Mauretania Tingitana dürfte versorgungstechnisch am schwierigsten zu bewältigen gewesen sein; sicher hatte man sich dafür schon in Andalusien so gut wie möglich mit Proviant versorgt. Danach aber, ab Altava, beginnt sich das römische Straßensystem Africas nach Osten hin aufzufächern, und die Vandalen benutzten wahrscheinlich nicht nur die Küstenstraße, sondern auch Wege im Landesinneren.31 An der Küste aber lagen die meisten Städte, und auf die hatte man es natürlich besonders abgesehen, um an die dort eingelagerten Lebensmittelvorräte, vor allem das Getreide, zu kommen und um generell Beute zu machen. Bonifatius’ Heer dürfte, wie gesagt, ohnehin kleiner gewesen sein als das der Vandalen, vor allem aber konnte er es im Westen Africas aus strategischen Gründen gar nicht einsetzen. Er musste die zentralen Teile des Provinzialgebiets schützen, und die lagen im Osten, in Numidien und in Africa Proconsularis. Die Folgen einer Niederlage in Mauretanien wären viel zu gravierend gewesen, während Bonifatius darauf hoffen konnte, dass die Vandalen auf ihrem Marsch nach Osten in Versorgungsschwierigkeiten geraten würden und dass die Zentrale ihm Hilfe schicken würde. Beides geschah dann auch, nur war der Bevölkerung der westlichen Gebiete damit natürlich nicht geholfen. Bei der Verteidigung waren die Städte vielmehr auf sich selbst angewiesen. Da man hier aber bislang mit

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III  Die Eroberung Africas

4  Der Vandalenzug in Africa und die Ansiedlung von 435 n. Chr., bei der ihnen das hier dunkelgrau markierte Gebiet zugeteilt wurde (s. Anm. 31 und unten S. 76).

Belagerungen nicht zu rechnen gehabt hatte, waren die Befestigungsanlagen sicher bescheiden, und die Vandalen waren, wie Victor von Vita berichtet, sehr erfindungsreich darin, die Verteidiger zu demoralisieren und zu terrorisieren.32 Auch wenn die Angreifer nicht über eine ausgereifte militärtechnische Belagerungskunst verfügten, gelang es ihnen doch, sogar die mauretanische Metropole Caesarea einzunehmen.33 Dabei spielte sicherlich eine Rolle, dass den Städtern klar war, wie wenig Hilfe sie von außerhalb zu erwarten hatten. Die Quellen überliefern, dass es in dieser Zeit besonders gewalttätige Angriffe auf Kirchen, Klöster und Kleriker gab.34 Sie sind zum Teil erklärbar als Versuch, die Opfer als Angehörige der besitzenden Schichten zur Herausgabe versteckter Schätze zu zwingen. Aber den Misshandlungen und Vergewaltigungen haftete auch etwas Demonstratives an, wie schon die Nachricht zeigt, mancherorts seien die Altartücher zu Hosen verarbeitet worden.35 Hier kann wohl das oben beschriebene besondere Sendungsbewusstsein der Vandalen diese religiöse Komponente ihrer Gewalt erklären. Es ist überflüssig darauf hinzuweisen, wie gut sich diese Frontstellung in die Eroberung eines Landes einfügte, dessen etablierte Kirche zu den tragenden Strukturelementen der Herrschaft gehörte, die es zu stürzen galt. Wir sind stets versucht, religiöse Überzeugungen auf ihre Funktion zurückzuführen – aus dieser unserer Perspektive liegt

4. Das Schicksal von Hippo Regius und das Bündnis mit Ravenna (435)

der Verdacht nahe, dass die vandalische Führung diese ideologische Waffe gezielt schmiedete, dass also der Religionswechsel des Königs bereits diese Instrumentalisierung im Blick hatte. Das wird sich kaum widerlegen lassen, ist deshalb aber noch lange nicht plausibel. Denn umgekehrt war ein Religionswechsel aus purem Machtkalkül auch in der Antike sehr wohl als solcher erkennbar, und kein einziger der zahlreichen römischen Kritiker Geiserichs stellte jemals dessen religiöse Überzeugung infrage. Dass der König die Vorteile, die ihm der religiöse Gegensatz von Vandalen und Romanen bot,36 nicht etwa übersehen, sondern genutzt hat (auch um in Africa ‚klare Fronten‘ zu behalten), ist eine Selbstverständlichkeit. Religiöse Überzeugung und ihre politische Ausmünzung griffen – wie so oft – eng ineinander.

4. Das Schicksal von Hippo Regius und das Bündnis mit Ravenna (435) Wenn es in Africa auch zunächst keinerlei überregional organisierten Widerstand gegen die Vandalen gab, war doch klar, dass dies sich ändern würde, je mehr man sich Numidien und der Proconsularis, also dem Kernland des Provinzialgebietes mit seinen fruchtbaren Getreide- und Ölbaumkulturen, näherte. Hier gab es auch zumindest zwei befestigte Städte, die sich nicht so leicht ergeben würden, und an beiden haben sich die Vandalen tatsächlich auch einige Zähne ausgebissen: zum einen die alte numidische Hauptstadt Cirta (heute Constantine),37 knapp 100 Kilometer vom Meer entfernt, und zum anderen die Hafenstadt Hippo Regius (Bône/Annaba), damals sicherlich die zweitwichtigste Stadt Africas, nach Karthago natürlich. Cirta war schon allein durch seine Lage sehr gut geschützt: Die Stadt lag auf einem hundert Meter hohen Felstableau und war nur über einen schmalen Zugang erreichbar, da sich der Ampsaga (Oued Rhummel) tief in den Felsen eingeschnitten hat. Hippo Regius hatte zwar nur seine Befestigungsanlagen, die aber waren, von Karthago abgesehen, sicher die stärksten in ganz Africa. Im historischen Bewusstsein ist der Fall von Hippo Regius Teil der Geschichte des ‚Vandalensturms‘, der über Africa hinwegbrauste, und insofern Teil einer Tragödie, als er mit einem anderen Schicksal verbunden ist: dem des berühmtesten Bewohners der Stadt, des heiligen Augustinus. Die Vandalen vor den Mauern der Stadt und drinnen deren sterbenskranker Bischof Augustinus, Vorkämpfer des katholischen Africa und bedeutendster lateinischer Kirchenvater – diese dramatische Verbindung hat Historiker schon immer fasziniert (und

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III  Die Eroberung Africas Drehbuchautoren ebenso). Das Ende ist dann schnell und wirkungsvoll erzählt: Der Bischof stirbt, die Stadt wird erobert. Diese Erzählung ist deshalb so eingängig, weil historisches Geschehen und symbolhafte Verdichtung dabei zusammenfallen. Aber genau dies sollte uns misstrauisch machen, selbst wenn ein solches Zusammentreffen bezeugt wäre. Dass der Tod des Anführers der geistigen Romanitas Africas fast zeitgleich mit dem Ende seiner Stadt erfolgte, ist aber gerade nicht die Aussage der Quellen. Aber nicht nur wegen der Stadtgeschichte Hippos ist es wichtig, genau hinzuschauen, auch unsere Vorstellung vom Charakter der vandalischen Eroberung Africas hängt davon ab, dass wir diese entscheidende Phase nicht zusammen mit den bisherigen Ereignissen zu einem einzigen unaufhaltsamen Siegeszug der Vandalen homogenisieren. Die Realität der Jahre 431 bis 435 sah ganz anders aus. Die Vandalen haben Africa eben nicht im ersten Ansturm erobert. Die geradezu fassungslose Überraschung darüber, dass die Vandalen nach wenigen Jahren tatsächlich die Herren Karthagos waren, prägte schon die antiken Quellen und lässt uns auch heute mitunter noch die Schwierigkeiten übersehen, denen sich die Eroberer gegenübersahen: ihre geringe Zahl, das Fehlen einer wirkungsvollen Belagerungstechnik, das Fehlen einer Kriegsflotte. Die Vandalen waren in Wirklichkeit eine der militärisch schwächsten gentes dieser turbu­ lenten Zeit; erst Geiserichs Glück und Geschick war es zu verdanken, dass der Name der Vandalen im Mittelmeerraum für Angst und Schrecken sorgte. Die Ereignisse im Einzelnen zu rekonstruieren, würde hier zu weit führen.38 Bonifatius stellte sich den Vandalen mit seinen Truppen vor Hippo entgegen, wurde aber geschlagen und musste sich hinter die Mauern zurückziehen. Die Belagerung begann im Juni 430, drei Monate später starb Augustinus in der belagerten Stadt.39 Diese wurde von den Vandalen zwar vollständig eingeschlossen, also auch vom Meer abgeschnitten, mehr vermochten die Gegner aber nicht. Im Gegenteil: Versorgung und Moral der Vandalen wurden kritisch, wahrscheinlich hat man die Belagerung lockern müssen, und als im Sommer 431 eine byzantinische Hilfstruppe unter dem alanischen General Aspar in Karthago landete, musste man gänzlich abziehen. Hippo war gerettet, nach 14-monatiger Belagerung.40 Nun bekam auch Bonifatius wieder mehr Bewegungsfreiheit. Aspars Truppe war vom Ostkaiser Theodosius II. ausgesandt worden, um seinem Cousin, dem zehnjährigen Westkaiser Valentinian III., unter die Arme zu greifen; die Bedeutung Africas für die Stabilität des Westens war bekannt. Möglich, dass es dabei auch darum ging, Bonifatius und damit die Kaisermutter Galla Placidia zu stützen. Mutter und Sohn waren ja nur durch oströmische

4. Das Schicksal von Hippo Regius und das Bündnis mit Ravenna (435)

(von Aspar ausgeführte) Hilfe an die Macht gekommen. Allerdings war die römisch-byzantinische Armee in Africa wohl zu klein, um eine große Entscheidungsschlacht zu wagen. Vielleicht hatten sich zudem die Vandalen, die auch in den Süden Fühler ausgestreckt hatten, bereits mit maurischen Hilfstruppen verstärkt. Umgekehrt gelang aber auch den Vandalen kein durchschlagender Erfolg, weder gegen die drei Städte Cirta, Hippo Regius und Karthago, noch in einer größeren Feldschlacht. Den kleinen Städten der Proconsularis war damit allerdings nicht geholfen. Sie waren, wenn nicht römisches Militär in der Nähe war, schutzlos. Damals wohl beklagte der karthagische Bischof Quodvultdeus in einer Predigt über die gegenwärtige „Zeit der Barbaren“ das Schicksal einer überfallenen Stadt, in der die Einwohner wahllos abgeschlachtet werden und es niemanden gibt, der die Toten begräbt, weil die Überlebenden verschleppt und versklavt sind.41 Aber ausgeraubte Städte waren kein Ersatz für einen militärischen Sieg. Die eine Seite konnte der anderen zwar Schaden zufügen, ohne aber entscheidende Vorteile zu gewinnen. Diese Pattsituation dauerte bis 434/435 n. Chr. Schon 432 war Bonifatius zum zentralen magister militum aufgestiegen (immerhin hatte er Hippo Regius erfolgreich verteidigt) und an den westlichen Kaiserhof gerufen worden; er hatte Africa verlassen, höchstwahrscheinlich mitsamt seinen gotischen Truppen. In Ravenna verließ man sich, was den Schutz Africas anging, wohl hauptsächlich auf die Truppe Aspars bzw. sah keine Möglichkeit, selbst die Vandalen zu bekämpfen. Aspar aber, der Nachfolger des Bonifatius als Oberbefehlshaber und im Januar 434 noch mit dem Konsulat in Karthago ausgezeichnet,42 kam in seinen afrikanischen Jahren offenbar zu der Einschätzung, dass man sich mit den Vandalen in Africa sehr wohl arrangieren könnte. Spielte dabei eine Rolle, dass er alanischer Herkunft und arianischen Glaubens war? Immerhin wird es die Kontakte und die Verständigung mit dem ‚Alanenkönig‘ Geiserich erleichtert haben.43 Jedenfalls ist wenig wahrscheinlich, dass es nur die drängenden Aufgaben im Osten (wo Konflikte mit den Sassaniden drohten) waren, die Aspar 434/435 Africa verlassen ließen.44 Auch wenn man das am Kaiserhof in Ravenna sicher nicht so sah: Er scheint der Meinung gewesen zu sein, dass man mit Geiserich zusammenarbeiten, ihm eine Rolle in Africa zuteilen könne. Oder hatte er einfach zu wenig Mittel, um mehr auszurichten? Doch wenige Jahre später zeigte das Ostreich, zu welchen Mobilisierungen es – auch im Westen – noch in der Lage war, und wenn Aspar die Vandalen für gefährlich gehalten hätte, hätte er Africa wohl nicht sich selbst (oder faktisch: den Vandalen) überlassen.45 Später galt er jedenfalls als ‚Vandalenfreund‘ und Gegner einer Konfrontation, und

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III  Die Eroberung Africas er hat diesen Ruf alles andere als widerlegt.46 Schon 434 n. Chr. dürfte er mit den Vandalen verhandelt und Grundlinien der späteren Abmachungen fixiert haben. Für Hippo Regius war mit diesem sich abzeichnenden Arrangement allerdings die Entscheidung gefallen. Ohne militärische Unterstützung aus Italien oder Konstantinopel konnte man die Stadt auf Dauer nicht halten: Es gab aber offenbar einen geordneten Abzug aller, die es sich leisten konnten. Damals, so lässt sich mit guten Gründen vermuten, verließ mit den Gebeinen des großen Kirchenvaters auch seine Bibliothek die Stadt.47 Wer von den Einwohnern nicht nach Sardinien, Sizilien oder Italien fuhr, wird Karthago angelaufen haben; hier glaubte man sich sicher und dauerhaft unter römischer Herrschaft. Hippo aber wurde nun von den Vandalen übernommen. Dass die Stadt dabei größeren Schaden nahm, dürfte Geiserich schon deshalb zu verhindern gewusst haben, weil sie als sein neuer Königssitz ausersehen war.48 Im Februar 435 kam es zu einem römisch-vandalischen Friedensschluss,49 in dem Ravenna diese Realitäten anerkennen musste, während sich die Vandalen erstmals der römischen Autorität unterstellten – insofern, als sie sich auf das Gebiet um Hippo Regius beschränken ließen und im Gegenzug für das überlassene Land gewisse Leistungen versprachen.50 Damit waren sie zu foederati geworden, wenn man diesen Begriff nicht so eng fasst, dass er nur auf eine ganz bestimmte Form von foedus (‚Ansiedlung gegen formellen Eintritt in die Armee durch Übernahme eines römischen Amtes durch den Chef der Barbaren‘) zutrifft. Tatsächlich sagen die Quellen nichts über vandalische Gegenleistungen, sie sind aber durchaus wahrscheinlich; denn es gab sie auch beim nächsten römisch-vandalischen Vertrag (442), bei dem die vandalische Verhandlungsposition ungleich stärker war.51 Für Geiserich war das Abkommen, das ihm einen wichtigen Teil Numidiens samt der zweiten Stadt Africas als Siedlungsgebiet (habitatio) überließ,52 jedenfalls ein großer Erfolg. Die Vandalen hatten dem Kaiser und den römischen Generälen, die sie seit 30 Jahren vernichten wollten, die Anerkennung abgetrotzt. Dass die römischen Militärs damals sicherlich hofften, die Eindringlinge bei nächster Gelegenheit doch noch loszuwerden, musste ihn insofern nicht unmittelbar beunruhigen, als es ihm offenbar gelungen war, mit Aspar eine echte Verständigung zu erreichen. Nur aus dem Osten drohte in nächster Zeit Gefahr. Aëtius, der starke Mann des Westens, war in Gallien mit Alamannen, Burgundern und Westgoten vollauf beschäftigt,53 und Gallien war für die Zentrale noch wichtiger als Numidien; die fruchtbarste und am weitesten urbanisierte Gegend Africas, die wesentlichen Teile der Proconsularis, hatten die Vandalen ja räumen müssen.



5. Die Eroberung Karthagos (439)

5. Die Eroberung Karthagos (439) Die nächste Etappe der Vandalengeschichte beginnt mit einem Paukenschlag. Am 19. Oktober 43954 bemächtigten sich Geiserichs Vandalen im Handstreich der schwer befestigten Stadt Karthago (ihre Mauern waren erst gut zehn Jahre zuvor restauriert worden55), in der es wohl ebenso viel waffenfähige Männer gab wie Vandalen insgesamt.56 Wie war das möglich? Die lakonisch knappen Quellen sprechen von List und Betrug Geiserichs unter dem Deckmantel des Friedens.57 Anzunehmen ist, dass man die Vandalen deshalb an die Stadt heran‑ und in sie hereinließ, weil man an ihre friedlichen Absichten und an ihre Vertragstreue glaubte. Vermutlich war die den Vandalen im Vertrag von 435 auferlegte Kooperation bislang akkurat geleistet worden; vielleicht hing ihre Ankunft sogar damit zusammen und schien so legitimiert. Dass die Annäherung der vandalischen Reiter in Karthago, wo das städtische Leben seinen üblichen Gang nahm, keinen Verdacht erregt zu haben scheint, dürfte darauf hindeuten, dass sie nicht zum ersten Mal in der Stadt waren.58 Karthago und seine Bewohner teilten jetzt das Schicksal der 429/430 n. Chr. eroberten Städte der afrikanischen Provinzen.59 Zerstört wurde ihre unumstrittene Hauptstadt jedoch nicht, denn sie war als neuer Königssitz ausersehen – somit war Karthago die erste römische Großstadt, die dauerhaft in der Hand von ‚Barbaren‘ blieb. Victor von Vita erwähnt allerdings die Zerstörung des Theaters und des Odeons (eines überdachten Konzertgebäudes), die in seiner Zeit mit der vandalischen Eroberung in Verbindung gebracht wurde.60 Unwahrscheinlich, dass diese Erinnerung schon nach 50 Jahren nicht mehr zuverlässig war. Es gibt zudem in einer Schrift des Zeitzeugen und karthagischen Bischofs Quodvultdeus eine Bestätigung, und wir wissen, dass das Gelände des Theaters später als Bestattungsplatz diente.61 Dass die Schäden jedoch bei Kampfhandlungen entstanden,62 ist wenig wahrscheinlich, da die Quellen von römischem Widerstand nichts wissen und ein weiterer Komplex in Karthago, der im Zuge der Eroberung in Mitleidenschaft gezogen wurde, mit den Theaterbauten in inhaltlicher Verbindung stand (aber wohl am anderen Ende der Stadt lag). Die Frage wird später noch einmal aufgegriffen.63 Was genau Geiserich zu diesem Überraschungscoup bewogen hat, wissen wir nicht. Machte einfach die Gelegenheit den Dieb? Oder sollte man vermuten, dass Westroms Einigung mit Theoderich I., die den Westgoten (den traditio­ nellen Feinden der Vandalen) sehr weit entgegenkam, dem Vandalen den Eindruck vermittelte, isoliert und trotz des römischen Bündnisvertrages in Africa nicht sicher zu sein?64 Jedenfalls hat der König mit diesem eklatanten Rechts-

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III  Die Eroberung Africas bruch seine Karten keineswegs überreizt. Zwar hatte er nun in römischen Augen verständlicherweise jeden Kredit und jede Legitimität verspielt, Westrom aber hatte einfach keine Möglichkeit, ihn zur Rechenschaft zu ziehen – jetzt weniger als je zuvor. Denn die Vandalen hatten nun plötzlich nicht nur die gesamten Machtmittel der Proconsularis in der Hand (die „Seele des Staates“, wie ein Zeitgenosse klagte65), sondern mit Karthago auch die zweitwichtigste Stadt des Westens samt ihren Häfen und Schiffen. Und Geiserich wusste, wie er dies alles einzusetzen hatte: Er unternahm sofort Plünderungsfahrten nach Sizilien, Sardinien und Süditalien66. Dadurch demonstrierte er, wozu er jetzt in der Lage war und was Italien von einem vandalischen Feind künftig drohen würde. Dabei kam es gar nicht so sehr darauf an, dass jede dieser Unternehmungen erfolgreich war; entscheidend war das Gefühl der Unsicherheit, das die vandalischen Schiffe im Frühjahr 440 n. Chr. verbreiteten.67 Zwar traf es nur die Küstenstädte; gerade die Häfen Siziliens und Sardiniens, der beiden dem Westreich noch verbliebenen ‚Getreidespeicher‘, waren aber durchaus wichtig.68 Man war alarmiert und sollte es auch sein. Doch letztlich handelte es sich bei diesen Attacken Geiserichs nur um Entlastungsangriffe zur Verteidigung seines gerade gewonnenen wichtigsten Beutestückes, Karthago und der Proconsularis, nicht etwa um Okkupationen. Alles kam wieder einmal auf Konstantinopel an, und der Kaiser des Westens bat seinen Vetter dringend um Hilfe. Auch Theodosius war erbost und entschlossen, der barbarischen Treulosigkeit ein Ende zu machen69: Es wurde eine gewaltige Flotte bemannt und nach Sizilien entsandt. Geiserich ließ die vandalischen Schiffe nach Karthago zurückkehren, von wo aus er Gesandte ausschickte.70 Das Agieren dieser Expeditionsarmee ist vielleicht symptomatisch für die gesamte Erfolgsgeschichte Geiserichs: Im Frühsommer 440 trafen die Schiffe auf Sizilien ein.71 Fünf verschiedene Befehlshaber werden genannt. Zwar war die vandalische Flotte den byzantinischen Kriegsschiffen keinesfalls gewachsen (sie verschanzte sich also in Karthago), aber es kam niemand. Die byzantinischen Soldaten verzehrten monatelang das sizilische Getreide, und sonst geschah nichts.72 Es ist nicht überliefert, aber doch plausibel: Aspar hatte – schon die Zahl der Befehlshaber erleichterte das – mittelbar oder unmittelbar seine eigene Einschätzung der Vandalenfrage zur Wirkung gebracht, und die lautete: laissez faire! 73 Dass dies nur darauf zurückzuführen war, dass er niemandem einen Erfolg gönnte, den er selbst nicht errungen hatte, ist wenig glaubhaft. Schon 431 – 434 hatte er ja, so unsere Interpretation, eine von seinem Kaiser abweichende Sicht



5. Die Eroberung Karthagos (439)

gehabt. Der konnte zwar den Befehl geben, die Ausführung lag aber bei seinen Generälen, und auf die war er – hierin unterschied ihn damals nicht viel vom Westkaiser – regelrecht angewiesen. Aspar scheint es auch nach der Eroberung Karthagos vorgezogen zu haben, mit den Vandalen zu rechnen, als das West­ reich zu stabilisieren.74 Geiserichs Leistung war es, diesen tiefen Gegensatz erkannt und konsequent genutzt zu haben. Jedenfalls: Da die Nord- und Ostgrenzen durch Hunnen und Perser angegriffen wurden, gab es in den ersten Monaten des Jahres 441 einen guten Grund, das ganze Unternehmen abzubrechen.75 Valentinian war nun erkennbar völlig hilf- und chancenlos. Ihm blieb nichts anderes übrig, als dem Vandalen die gewünschte Anerkennung seiner Eroberung zu gewähren, was in den Vertrag von 442 n. Chr. mündete. Für Geiserich und die Vandalen wurde das Jahr 439 n. Chr., in dem sie Karthago eroberten, zum ersten Jahr einer neuen Zeitrechnung76 und eines eigenen Reichsverständnisses. Jetzt begann tatsächlich ein neuer Abschnitt der Vandalengeschichte, ja man hat zu Recht von einer Art Staatsgründung gesprochen.77

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IV

Das vandalische Königreich und das Imperium Romanum

1. Der Vertrag von 442 und die vandalische Autonomie In der Forschung ist dieser Vertrag, wie der von 435 n. Chr., umstritten.1 Die meisten unserer Quellen sind wieder nur Chroniknotizen, und die einzige erzählende Darstellung aus Prokops Vandalenkrieg vermengt beide Verträge.2 Sicher ist, dass mit dem Abkommen von 442 n. Chr. das vandalische Königreich durch Ravenna offiziell anerkannt und als autonom behandelt wurde. Beide Seiten „teilten sich nun Africa“, wie es in der Prosper-Chronik heißt, und eine solche dauerhafte, nicht mehr an Bedingungen geknüpfte Aufteilung war eben etwas anderes als die Zuteilung von Siedlungsland. Der Kaiser hatte sich damit der rechtlichen Möglichkeit beraubt, im Herrschaftsgebiet seines Vertragspartners in anderer Weise als mit Bitten zu intervenieren. Dies bedeutete allerdings nicht, dass der Vandalenkönig dem Kaiser jetzt gleichgestellt war. Seine Position war jetzt die eines ‚Juniorpartners‘ (amicus, ‚Freund‘, hatte in Rom schon immer auch diese Bedeutung gehabt); in früheren Zeiten hätte man vielleicht von einem Klientel-König gesprochen. Zu dieser Stellung passen zwei wichtige Verpflichtungen, die Geiserich einging; beide sind allerdings nur materiell, jedoch ohne Datum überliefert. Zum einen berichtet Prokop, dass „der Tribut Africas“ nach Ravenna gehen sollte. Die Formulierung macht eigentlich klar, dass es hier um die Zeit nach 442 n. Chr. geht; denn erst 439 war geschehen, was als Gefahr schon seit Jahrzehnten über dem Weströmischen Reich schwebte: Africa, die Kornkammer Italiens, war in vandalischer Hand.3 Zwar ist der Vertragstext nicht bekannt, wir kennen die territorialen Folgen aber aufgrund einer Bemerkung Victors von Vita, der allerdings kein Interesse an den Einzelheiten des Vertrages hat, sondern nur Geiserichs Herrschaftsgebiet beschreiben will; dementsprechend allgemein ist seine Aussage,4 die aber immerhin alle nach 442 n. Chr. vandalischen Gebiete auflistet: Es sind dies die Provinzen Proconsularis, Byzacena, ferner große Teile des südlichen und mittleren Numidien mit dem Aurès-Gebiet sowie die nordöstlichen, an die Proconsularis



1. Der Vertrag von 442 und die vandalische Autonomie

angrenzenden Teile des nördlichen Numidien (s. Abb. 5). Das Römische Reich behielt zwar wesentliche Teile des nördlichen Numidien (da die Vandalen Teile davon im Vertrag von 435 n. Chr. erhalten hatten, kann man in dieser Hinsicht von einer Art Gebietstausch sprechen) sowie die mauretanischen Provinzen; dies alles konnte jedoch kein Gegengewicht zum Verlust der genannten zentralen und fruchtbarsten Regionen Africas bilden. Für Ravenna bedeutete der Vertrag das Ende der Verfügungsgewalt über die zentralen Teile Africas und damit über ein Gebiet, das seit dem Ende des Dritten Punischen Krieges (146 v. Chr.) nicht nur symbolisch für die Herrschaft im westlichen Mittelmeer stand, sondern im Laufe der Jahrhunderte auch wirtschaftlich immer mehr Bedeutung bekommen hatte, durch die riesigen kaiserlichen Domänen dort, durch das afrikanische Steueraufkommen und durch den Reichtum des Landes an Öl und besonders an Getreide, das für die Versorgung Roms immer wichtiger geworden war.5 Geiserich machte diesen Verlust nun ein wenig erträglicher, indem er sich zur Fortführung der Getreideversorgung (annona) verpflichtete, wobei er dies sicher nicht ohne Bezahlung tat. Überliefert ist auch die Vergeiselung des Königssohns Hunerich.6 Dass sie schon die Vereinbarung von 435 n. Chr. sichern sollte,7 ist unwahrscheinlich. Zum einen war sie eine eher defensive Maßnahme, die das Wohlverhalten der Vandalen sichern sollte, um das sich die Römer 435 jedoch wenig Sorgen machten. Zum anderen hätte Geiserich wohl kaum viereinhalb Jahre später diese Abmachung gebrochen und Karthago erobert, wenn gleichzeitig sein Sohn in römischer Hand gewesen wäre. Für 442 jedoch, als man auf absehbare Zeit jeden konkreten Gedanken an eine Rückeroberung der afrikanischen Gebiete aufgeben musste, passt die Auslieferung des Königssohns sehr gut in die historische Landschaft; dass ‚befreundete‘ Dynasten ihre Kinder nach Rom schickten, war eine altbekannte Übung.8 Hunerich wurde 442 n. Chr. also nach Ravenna geschickt, und in den folgenden Jahren fuhren die afrikanischen Getreideschiffe sicher wieder nach Rom. Aber dies geschah unter völlig anderen Voraussetzungen als vor der Eroberung Karthagos. Die neue vandalische Autonomie, die betonte Unabhängigkeit von den Strukturen der Herrschaft des Imperium Romanum, wurde auf vielen Feldern im Binnenraum des regnum demonstriert: in der radikalen Auflösung und Umgestaltung der alten Besitzverhältnisse, in einer eigenständigen, wiederum die alte Ordnung umstürzenden Kirchenpolitik, in der Repräsentation des Königs usw.9 Im täglichen Leben der Bewohner Africas zeigte sich dies auch dort, wo Vandalen gar nicht zu sehen waren (sie waren in dem riesigen Gebiet ja sehr ungleich verteilt), und zwar auf einem Feld, auf dem jeder radikal neue Staat gern von vorn anfängt: der Zeitrechnung.

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IV  Das vandalische Königreich und das Imperium Romanum

5  Die Vandalen nach dem Vertrag von 442 n. Chr. (s. Anm. 4). Das hier dunkelgrau markierte Gebiet bildete bis 455 n. Chr. ihr Königreich.

Im ganzen Römischen Reich pflegte man ein Jahr nach den jeweiligen beiden Konsuln zu benennen, die am 1. Januar ihren Dienst antraten, und auf diese Weise datierte man auch, auf Schriftstücken, Münzen, Inschriften. Das galt genauso für Gebiete, in denen nicht mehr Rom, sondern barbarische gentes die Macht hatten. Die Vandalen aber brachen mit dieser Tradition. Unter Geiserich gingen die Zeituhren jetzt anders, sie waren bei der Eroberung Karthagos gewissermaßen auf null gestellt worden; man blieb zwar bei der üblichen Monatseinteilung, zählte die Jahre aber nun nach der ‚karthagischen Ära‘, beginnend mit dem 19. Oktober 439 n. Chr.10 Die Bedeutung dieser Eigenständigkeit sollte nicht unterschätzt werden; sie war allerdings dadurch beschränkt, dass man nur dort Autonomie praktizierte, wo es nicht allzu aufwändig war: Natürlich galten die römischen Münzen in Africa auch weiterhin, und auf diesem Feld zeigte sich auch, dass der König sehr wohl die Vorrangstellung des Kaisers (seines Senior-Partners gewissermaßen) akzeptierte: Er und seine Nachfolger verzichteten auf Goldprägungen, traditionell das Vorrecht des Kaisers. Auffällig ist, dass es auch keine Silber- oder Kupfermünzen gibt, auf denen das Bild des Königs zu sehen ist, ja es ist nicht einmal sicher, ob Geiserich überhaupt eigene Münzen prägen ließ. Eine Serie kleiner Kupfermünzen mit dem römischen Herrschertitel Dominus noster wurde



2. Der vandalische Prinz und die Tochter des Kaisers

ihm zwar unlängst hypothetisch zugewiesen, aber es gibt aussichtsreiche römische ‚Konkurrenten‘.11 Repräsentiert hat der König in dieser Hinsicht jedenfalls nicht. Aber dies war offenbar weniger eine bewusste Entscheidung als vielmehr eine Folge des Abbruchs der römischen Staatlichkeit. Sicher, die Münzstätte in Karthago war im Besitz der Vandalen, aber wir dürfen nicht übersehen, dass eine Münzprägung (mit all ihren technischen, personellen und ideologischen Voraussetzungen) für die Vandalen bislang in jeder Hinsicht außerhalb ihrer Reichweite gelegen hatte; der Besitz eines Gebäudes konnte das nicht ändern. Dies gilt übrigens auch für die anderen germanischen Nachfolgereiche, die erst viele Jahrzehnte nach ihrer Gründung eigene Münzen herausbrachten.12 Bei den Vandalen war das nicht anders. Dass Geiserich das kaiserliche Goldreservat nicht tangierte, sollte man also als Akt des Respektes nicht überbewerten. In praktischer Hinsicht hatte man ohnehin keinen Bedarf an eigenen Münzen. Denn die üblichen afrikanischen Exportgüter13 brachten genügend Münzzufluss aus dem Imperium, und für den Handel konnte die Nutzung der überall umlaufenden römischen Nominale (inklusive der Gold-Solidi) nur vorteilhaft sein.

2. Der vandalische Prinz und die Tochter des Kaisers Mit dem Vertrag von 442 n. Chr. ging eine erhebliche (übrigens nicht von allen Vandalen widerstandslos hingenommene) Bedeutungssteigerung des Königtums einher. Das musste auch Auswirkungen auf Geiserichs Söhne haben. Gento, der älteste, war offenbar schon verheiratet.14 Dem zweitgeborenen Hunerich15 aber wurde tatsächlich die Ehe mit Eudocia, der älteren Tochter Kaiser Valentinians, versprochen. Der Zeitpunkt dieser Verlobung ist aber nirgends überliefert. Dass diese enge Verbindung mit dem Kaiserhaus zu den Abmachungen des Vertrages von 442 n. Chr. gehörte,16 ist wenig wahrscheinlich. Eine kaiserliche Prinzessin einem ‚barbarischen‘ Prinzen zu versprechen – das wäre ein aufsehenerregendes Novum gewesen; bislang waren alle Versuche, auch nur in die Nähe einer solchen Allianz zu kommen, seitens der Römer brüsk abgewehrt worden. Warum also sollte diese exzeptionelle Aufwertung Geiserichs genau in dem Moment vorgenommen worden sein, in dem es nicht an Ravenna war, Zugeständnisse zu machen, sondern – vor dem Hintergrund der Abtretung der Kerngebiete Africas – an den Vandalen? Ihr König hatte bekommen, was er wollte, und musste nun demonstrieren, dass auf ihn Verlass war. Es wäre zudem sonderbar, wenn die Sensation dieser Verlobung als Teil der Friedensvereinbarung in der Quellentradition unter den Tisch gefallen wäre.

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IV  Das vandalische Königreich und das Imperium Romanum Einen viel besseren Platz hat sie dagegen einige Jahre später (wohl 445, jedenfalls vor 446),17 nachdem, wie Prokop sagt, die Freundschaft zwischen Ravenna und Karthago gewachsen war, und vielleicht als Abschiedsgeschenk an den Prinzen, der nun nach Hause zurückkehren durfte. Die Vandalen hatten sich offenbar als verlässliche, vertragstreue Partner erwiesen. Es ist verständlich, dass Valentinian und seine Berater sie nun zu einer machtvollen Stütze der Kaiserherrschaft machen wollten. Auch bei dieser Interpretation bleibt allerdings die Frage, wieso diese Perspektive ausreichte, einer barbarischen gens und ihrem Königshaus so weit entgegenzukommen. Wie brutal diese Hoffnung scheitern und ins Gegenteil umschlagen sollte, war damals natürlich nicht abzusehen, aber weshalb meinte man überhaupt, sie nötig zu haben? Vielleicht haben wir hier ein ähnliches Paradox wie wir es schon 417/418 n. Chr. beobachtet haben, als Ravenna die Vandalen ‚im Spiel ließ‘, um die Westgoten nicht zu groß und gefährlich werden zu lassen. Hier nun könnte der kaiserliche Plan gewesen sein, sich ein Gegengewicht gegen die übermächtige Stellung des Heermeisters Aëtius zu verschaffen, der faktisch der Regent des Westens war.18 Erst 454 n. Chr. gelang es Aëtius, seinen Sohn Gaudentius mit der jüngeren Kaisertochter Placidia zu verloben.19 Aëtius müsste folglich jedes Interesse gehabt haben, eine Ehe Hunerichs mit seiner Verlobten zu verhindern. Auf ihn dürfte es also zurückzuführen sein, dass dieser die versprochene Hochzeit nicht feiern durfte, als Eudocia nach römischer Vorstellung mit 14 Jahren erwachsen geworden war, und dass sie auch ihr 15. und vielleicht 16. Lebensjahr unverheiratet abschloss.20 Damals ist man am Vandalenhof sicherlich etwas ungeduldig geworden, gab die Hoffnung aber nicht auf. Wie diese Erwartung schließlich enttäuscht wurde und dass man in Karthago wohl überhaupt von falschen Voraussetzungen ausging, wird uns später noch beschäftigen. In diesen Zusammenhang gehört übrigens noch eine weitere dynastische und außenpolitische Verwicklung. Wir wissen nämlich, dass Hunerich bei seiner Verlobung bereits eine Ehe hinter sich hatte: mit einer westgotischen Prinzessin, einer Tochter König Theoderichs I. Wann aber war sie geschlossen worden? Angesichts des Geburtsjahres Geiserichs und der Tatsache, dass wir über seine Ehefrau(en) absolut nichts wissen, kann man nicht völlig ausschließen, dass dies schon in Spanien geschah;21 denn auch das Geburtsjahr Hunerichs ist nicht überliefert. Aber ist eine solche frühe vandalisch-gotische Allianz plausibel? Von entsprechenden Kontakten in dieser Zeit wissen wir ja nichts, wohl aber einiges über die damalige Feindschaft der beiden gentes. Auch wäre es überraschend, wenn der König der Westgoten seine Tochter jemandem auf



3. Geiserichs ‚sacco di Roma‘ (455)

einen Kriegs- und Eroberungszug mitgegeben hätte, der nach damaliger Lage der Dinge äußerst unsicher war. Dies alles war nach 435 n. Chr. jedoch anders. Nun hatten die Vandalen nicht nur ein foedus mit Ravenna und ein Siedlungsgebiet, sondern auch eine attraktive Königsstadt, und ein Bündnis mit den Westgoten dürfte auch für die Vandalen (die sich in Africa, wie gesagt, noch keineswegs sicher fühlen konnten) damals durchaus attraktiv gewesen sein. Für diese Datierung spricht auch die einzige Zeitangabe, die überliefert ist, nämlich dass die Braut die Ehe nicht allzu lang genießen konnte. Fest steht jedenfalls, dass diese Verbindung ein furchtbares Ende nahm. Die Prinzessin wurde beschuldigt, einen Giftmordanschlag auf ihren Gatten geplant zu haben, und dann mit abgeschnittenen Ohren und verstümmelter Nase zu ihrem Vater nach Toulouse zurückgeschickt.22 Es ist nun ganz unwahrscheinlich, dass dies im Zusammenhang mit der Verlobung Hunerichs mit der Kaiserstochter zu sehen ist, da Hunerich nun gewissermaßen etwas Besseres in Aussicht gehabt habe.23 Denn nicht nur, dass Geiserich mit dieser Bestrafung seiner Schwiegertochter die Verbindung mit den Westgoten zerstörte – für den König in Toulouse war es eine öffentliche Demütigung. Eine bloße Trennung wäre viel ‚billiger‘ zu haben gewesen. Nein, Geiserich dürfte tatsächlich Beweise dafür gehabt haben, dass sie Verrat begangen hatte, und zwar nicht nur als Person; ihre ganze gens war ja mit betroffen, und Geiserich muss triftige Gründe (und nicht nur einen Anlass) gehabt haben, das Tischtuch zu zerschneiden.24 War sie vielleicht in irgendeiner Form am Aufstand vandalischer Adliger beteiligt, der im Jahre 442 (nach dem römisch-vandalischen Friedensschluss) das Königreich erschütterte?25 Dann aber wäre Hunerich bei der Aushandlung des Vertrages noch mit ihr verheiratet gewesen, und es ist schwer vorstellbar, dass er (zusammen mit ihr?) unter diesen Umständen als Geisel nach Ravenna geschickt worden wäre. Wahrscheinlicher ist also, dass der Bruch früher stattfand, schon 439 n. Chr., als eine kurze Phase zu Ende ging, in der Vandalen und Westgoten ähnliche Interessen und vielleicht eine Art Bündnis gehabt hatten.26 Zwischen Vandalen und Westgoten herrschte danach wieder mindestens für die nächsten 20 Jahre die alte Feindschaft.27

3. Geiserichs ‚sacco di Roma‘ (455) Das Jahrzehnt nach dem zweiten römisch-vandalischen Friedensschluss war für die Vandalen ruhig; offenbar tat man alles, um sich als verlässliche Partner Ravennas zu empfehlen. Man lieferte Korn, verzichtete auf jede Art von An-

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IV  Das vandalische Königreich und das Imperium Romanum griffen und ließ auf Bitten des Kaisers 454 n. Chr. sogar die Wahl eines katholischen Bischofs in Karthago (Deogratias) zu.28 Dann aber kam es zu einer Folge von Ereignissen, die den Vandalennamen überall gefürchtet werden ließen. Priskos, der wohl bedeutendste Geschichtsschreiber des 5. Jhs., beschreibt es in knappen, aber klaren Worten: „Geiserich, der Herrscher der Vandalen, hörte vom Tod des Aëtius und des Valentinian und beschloss, dass die Zeit für einen Angriff auf Italien reif sei. Die Friedensverträge, die er mit ihnen abgeschlossen hatte, sah er durch ihren Tod als erloschen an, außerdem verfügte der neue Kaiser über keine nennenswerte Streitkräfte.“29 Das personalistische Verständnis von Verträgen ist uns auch bei anderen gentilen Herrschern überliefert.30 Allerdings ist dies allein noch kein hinreichender Grund für den Angriff auf Rom. Der entscheidende Impuls war wohl die Neubesetzung des Kaiserthrons durch Petronius Maximus, der in die Familie seines Vorgängers einheiratete und so auch auf diesem Weg seinen dauerhaften Anspruch demonstrierte. Demgegenüber sah Geiserich sich nun berechtigt, die Ermordung seines Vertragspartners und des zukünftigen Schwiegervaters seines Sohnes, also Valentinians, zu rächen, was vom neuen Kaiser, dem Nutznießer der Tat, ja nicht zu erwarten war. Und da Valentinian seine Tochter, wie gesagt, Geiserichs Sohn versprochen hatte (was der Vandale offenbar als eine Art römische Zusage an seinen Sohn auffasste, Nachfolger seines Schwiegervaters zu werden), wollte Geiserich nicht dulden, dass sich an ihm vorbei ein neuer Kaiser im Westen etablierte. Dies umso weniger, als auch barbarische gentes in Gallien, vor allem die Westgoten, nicht bereit waren, Petronius Maximus zu akzeptieren. Namentlich diese fühlten sich nach dem Tod Valentinians offenbar ebenfalls nicht mehr an ihren 439 geschlossenen Vertrag mit den Römern gebunden. Damals war es der gallische Adlige und Heermeister Avitus gewesen (der Schwiegervater des Dichters Sidonius Apollinaris), der die Bedingungen ausgehandelt hatte. Ausgerechnet dieser Avitus, der ein Freund des westgotischen Königshauses geblieben war31 und schon deshalb von Geiserich sicher mit Misstrauen betrachtet wurde, war nun in Toulouse, um die Loyalität der Westgoten erneut zu gewinnen.32 Hydatius erklärt in seiner Chronik, Geiserich sei nach Rom gesegelt, um zu verhindern, dass Avitus Kaiser würde.33 Dies war im Mai, als die Vandalen in Karthago aufbrachen, zwar sicher nicht abzusehen; denn Avitus ließ sich erst am 9. Juli – unterstützt vom Westgotenkönig – von römischen Truppen in Arles zum Kaiser ausrufen, auf die Nachricht vom Tod des Petronius Maximus hin.34 Aber dass die Verbindung des Avitus, des damals hochrangigsten römischen Heermeisters, mit den Westgoten (der schlagkräf-



3. Geiserichs ‚sacco di Roma‘ (455)

tigsten Foederatenarmee) in Kombination mit einem schwachen Kaiser ‚explosiv‘ war, konnte man auch ohne prophetische Gabe erkennen. Avitus als Kaiser, mit den westgotischen Kriegern im Rücken – das war für Geiserich sicher die schlechteste aller Möglichkeiten.35 Er hatte also ‚gute Gründe‘ für den Schlag gegen Rom. Die Forschung hat dennoch – von der Aussicht auf Beute abgesehen (hierzu unten) – eine andere Motivation konstruiert: Petronius Maximus, der vom römischen Senat auf den Kaiserthron in Rom gesetzte Nachfolger Valentinians, habe nicht nur die verwitwete Kaiserin Eudoxia zur Ehe gezwungen,36 sondern auch die ältere Kaisertochter Eudocia, die seinen Sohn Palladius habe heiraten müssen. Eudocia aber war ja eigentlich seit Jahren dem Prinzen Hunerich versprochen. Da jedoch keine einzige Quelle diese Version stützt (es ist nur von einer Tochter Valentinians die Rede, die Palladius heiratete, und Eudocia, die Verlobte Hunerichs, hatte ja noch eine jüngere Schwester namens Placidia), sollte man bei der einfacheren Version bleiben.37 Petronius konnte überhaupt kein Interesse daran haben, die Freundschaft mit den Vandalen, die Italiens Getreideversorgung sicherte, zu zerstören. Und hätte Petronius den König durch die Verheiratung der Verlobten Hunerichs derartig scharf provoziert, hätte er kaum überrascht sein können, dass die Schiffe der Vandalen plötzlich am 31. Mai an der Tibermündung ankerten.38 Der Überraschungseffekt ihrer Aktion, die zu panikartiger Flucht führte (bei der Maximus getötet wurde), war jedoch die Voraussetzung ihres Erfolgs.39 Wie hatte es zu dieser Katastrophe kommen können? Nach der Ermordung des mächtigen westlichen Heermeisters Aëtius im Herbst 454 durch den Kaiser Valentinian höchstpersönlich (der sich damit in Prokops Worten „mit der linken Hand die rechte abgeschlagen“ hatte40) war das römische Militär gespalten; und nachdem Valentinian seinerseits am 16. März ermordet worden war, Petronius Maximus jedoch keinerlei militärische Rückendeckung hatte, war das Chaos bei der Nachricht von Geiserichs Angriff perfekt. Da es keine organisierte Verteidigung gab, nützte es auch nichts, dass die Stadt eigentlich dank der kürzlich renovierten Aurelianischen Mauern gut zu verteidigen gewesen wäre. Immerhin gelang es, wohl durch Vermittlung von Papst Leo, bevor die Porta Portuensis am 2. Juni 455 geöffnet wurde, zu einer Übereinkunft zu kommen: Niemand würde Widerstand leisten, die Vandalen könnten mitnehmen, was sie wollten, es würde aber auch keine Zerstörungen und Gewalttaten geben.41 Die Folge war, dass die Vandalen große Reichtümer und bedeutende Kunstwerke erbeuteten,42 darunter auch den Jerusalemer Tempelschatz, der seit 70 n. Chr. als Trophäe des Jüdischen Krieges in Rom war. Belisar brachte ihn

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IV  Das vandalische Königreich und das Imperium Romanum später, nach seinem Sieg über die Vandalen, nach Konstantinopel, Justinian befahl dann jedoch, die Sakralgegenstände nach Jerusalem zurückzugeben. Der Jupitertempel des römischen Kapitols, das Sinnbild römischer Herrschaft, wurde von den Vandalen seines vergoldeten Daches entkleidet; es scheint insgesamt so viel Edelmetall als Beute gegeben zu haben, dass die Bronzegegenstände vor ihnen sicher waren.43 So wurde Rom 14 Tage lang systematisch und zielgerichtet von den Vandalen ‚gefilzt‘, aber nicht zerstört – ironischerweise das genaue Gegenteil von Vandalismus, auch wenn die Eroberung und Beraubung der Ewigen Stadt ihnen im 18. Jh. genau diesen Vorwurf (und einen Platz in der Historienmalerei) eingebracht hat.44 Außer Sachwerten nahmen die Vandalen aber auch menschliche Beute mit nach Karthago – eine nicht geringe Anzahl von Römern (Männer, Frauen und Kinder), die sie später gegen Lösegeld wieder freiließen. Auch die Kaiserinwitwe Eudoxia wurde mit ihren beiden Töchtern Eudocia (der Verlobten Hunerichs) und Placidia nach Karthago verschleppt.45 Dies und die Eroberung Roms überhaupt darf man aber keineswegs nur unter dem Aspekt der Beute betrachten, so als sei es für Geiserich nur darum gegangen, die günstige Gelegenheit einer schlecht bewachten Schatzkammer zu nutzen. Viele Zeitgenossen sahen das so, und diese Sicht hat sich auch in den Quellen niedergeschlagen. 46 Das Verhalten nach der Tat beweist aber etwas anderes. Denn Geiserich bemächtigte sich ja der Kaiserfamilie, und dabei ging es nicht – wie bei anderen hochrangigen Entführten – um Lösegeld; vielmehr wollte Geiserich sicherstellen, dass die Nachfolgefrage im Westreich offen blieb, dass zumindest nichts ohne ihn entschieden werden konnte, und bezeichnenderweise gab er die Kaiserwitwe und ihre jüngere Tochter Placidia nicht eher frei, als bis er die ältere (Eudocia) mit seinem Sohn vermählt und auch die jüngere einem ihm genehmen Ehemann gegeben hatte. Dies geschah erst 462 n. Chr.47 Das alles ging sehr planvoll vonstatten, und hierin haben die vieldiskutierten, aber unzutreffenden Nachrichten von einem angeblichen Hilferuf der Eudoxia nach Geiserich im Frühling 455 ihren Bezug zur Realität48: Es ging bei Geiserichs Romfahrt sehr wohl um dynastische Fragen, allerdings nicht in dem Sinn, dass der Vandale vorhatte, die Kaiserin zu befreien und einen neuen legitimen Kaiser einzusetzen. Denn warum hat er dies dann als Beherrscher Roms nicht getan, sondern die Kaiserfamilie Valentinians nach Karthago entführt? Offenbar war ihm sehr wohl klar (geworden?), dass ein Kaiser von vandalischen Gnaden nicht durchzusetzen war (ganz zu schweigen von einem vandalischen Kaiser, etwa seinem Sohn). Sein Ziel war vielmehr die Blockade: Der Weg zu einem dynastisch legitimierten Kaisertum im Westen sollte über Karthago



3. Geiserichs ‚sacco di Roma‘ (455)

führen – oder eben versperrt sein. Und auch die Beute, die Geiserich in Rom machte, war alles andere als unpolitisch; zielte die Beraubung doch darauf ab, das Westreich durch systematische Ausplünderung von der Möglichkeit abzuschneiden, in der üblichen Weise Foederaten-Soldaten zu verpflichten und einzusetzen (und tatsächlich wissen wir, dass die Reichszentrale 456 n. Chr. bankrott war).49 Mit den Schätzen sollte also auch die politisch-militärische Initiative von Rom nach Karthago wechseln. Geiserich dürfte behauptet haben, Kaiserin und Prinzessinnen aus der Hand eines Usurpators befreit zu haben. Dass Kaiser Avitus (wie später auch dessen Nachfolger Maiorianus, der von 457 bis 461 n. Chr. regierte) durch Byzanz nicht anerkannt wurde, ermöglichte ihm, diese Sicht beizubehalten. Deren logische Folge war, dass er seine bald nach der Eroberung Roms begonnenen Angriffe auf den Machtbereich Ravennas als Maßnahmen gegen illegitime Herrscher im Westen deklarieren konnte. Entsprechende Äußerungen sind zwar nicht überliefert; eine Bestätigung dieser politischen Interpretation von Geiserichs Romfahrt kann man aber in der fehlenden Reaktion des Ostens sehen: Es gab keinen Aufschrei, geschweige denn eine Strafaktion, vielmehr abwartendes Taktieren. Gegenüber einem bloßen Plünderer wäre dies kaum verständlich.50 Avitus hatte zwar in den Westgoten treue Verbündete,51 und gegen die Bedrohung Italiens durch Geiserichs Schiffe installierte er den germanischen Offizier Rikimer (der sich bald zum faktischen Regenten des Westens entwickeln sollte).52 Schon im Frühling 456 zeigten sich aber die verheerenden Folgen, die aus dem Ende des Bündnisses mit den Vandalen für das Westreich erwachsen mussten. Die Getreidelieferungen waren natürlich sofort eingestellt worden, und in Rom war eine Hungersnot ausgebrochen; zugleich gab es auch für die Foederatentruppen in der Umgebung nichts mehr zu verteilen. Avitus, ohnehin in Italien und Rom (als ‚Gallier‘ und von Goten umgeben) wenig beliebt, musste unpopuläre Maßnahmen treffen und sogar seine Leibwache entlassen, deren Abfindung er nur finanzieren konnte, indem er den öffentlichen Bronzeschmuck in und um Rom (mehr hatten die Vandalen nicht übrig gelassen) einschmelzen und zu Münzen umprägen ließ. Rikimer war der Gewinner, und es fiel ihm nun leicht, Avitus, den der Senatsadel auch wegen seiner gotischen Verbindungen ablehnte, im Verein mit dem kaiserlichen Gardepräfekten Maiorianus im Oktober desselben Jahres zu besiegen und zur Abdankung zu zwingen. Beide Generäle hatten die Unterstützung der Senatsaristokratie und der Mehrheit der Soldaten in Italien, und auch Konstantinopel erkannte sie 457 als Heermeister an (bzw. installierte sie – einen Westkaiser gab es ja nicht mehr).53 Konstantinopel weigerte sich jedoch, die erhoffte Zustimmung zur Kaiserwürde

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IV  Das vandalische Königreich und das Imperium Romanum des Maiorianus zu geben; Leo I., seit Februar 457 n. Chr. auf dem oströmischen Thron, hatte offenbar andere Pläne – oder hatte die eher sein Heermeister Aspar, der starke Mann im Hintergrund? Jedenfalls ließ Maiorianus sich im Dezember 457 mit Unterstützung Rikimers eigenmächtig als Kaiser proklamieren, wurde vom Osten jedoch nicht anerkannt.54

4. Geiserich, Kaiser Maiorianus und die Legitimität des Westkaisers Eine Konsolidierung des Westreiches musste Geiserich auch weiterhin mit allen Mitteln zu verhindern suchen, war ihm doch klar, dass man dort sein Vertragsverständnis und seinen Anspruch, den legitimen Inhaber des Kaiserthrons bestimmen zu können, ebenso wenig akzeptieren konnte wie seine Raubzüge. Diplomatisch segelte er dabei in diesen Jahren weiterhin im Windschatten der Tatsache, dass, wie auch der oströmische Kaiser Markian, dessen Nachfolger Leo nicht bereit war, ihn für seine Taten zu verurteilen oder gar zur Rechenschaft zu ziehen, sich vielmehr indifferent verhielt,55 wobei er die Herrschaft seines westlichen Kollegen Maiorianus zwar nicht akzeptierte, aber auch nicht bestritt.56 Geiserich leitete hieraus die Berechtigung ab, die Legitimität der aktuellen weströmischen Herrschaft weiterhin infrage zu stellen.57 Militärisch versuchte er, Ravenna durch viele kleine Attacken zu zermürben. Wenn er dabei auf ein römisches Heer traf, musste er allerdings einige Male das Feld als Verlierer räumen. Schon im Frühjahr und Sommer 456 hatte Rikimer, nachdem diplomatische Mittel versagt hatten, die militärische Herausforderung angenommen und hatte Erfolge auf Sizilien und auf Korsika errungen, wobei man vandalische Schiffe erbeutet hatte. Im Sommer 458 gelang den Römern die Abwehr eines größeren vandalischen Landeunternehmens in Kampanien, bei dem sogar ein Schwager Geiserichs den Tod fand.58 Die Vandalen beschränkten sich bei ihren jährlichen Angriffen nicht mehr auf Piraterie; Geiserich suchte sich vielmehr der Inseln des westlichen Mittelmeers zu bemächtigen (Sardinien, Korsika und die ihnen ja schon lange wohlbekannten Balearen) bzw. auf Sizilien dauerhafte Stützpunkte zu bekommen.59 Es ist erstaunlich, dass es Geiserich unter diesen Umständen gelang, auch unter Kaiser Leo die guten Beziehungen zu Ostrom aufrechtzuerhalten, was dann als Akzeptanz seiner Haltung gedeutet werden konnte, die Legitimität der gegenwärtigen weströmischen Herrschaft vollständig zu negieren. In Konstantinopel wartete man offenbar ab, ohne sich nach außen hin auf die eine oder andere Seite zu schlagen. Der Westen war in dieser Zeit aber noch keineswegs



4. Geiserich, Kaiser Maiorianus und die Legitimität des Westkaisers

am Ende. Kaiser Maiorianus gelang es, mit einer zähen Konsolidierungspolitik und frischen Kräften aus dem Norden und dem Donauraum noch ein letztes Mal die Initiative mit einer großangelegten Unternehmung in die Hand bekommen. Erfolge in Süditalien und auf Sizilien waren dafür die Voraussetzung. Ziel war die Rückeroberung Africas.60 Maiorianus sah sehr wohl, dass die römische Herrschaft im Westen von Geiserich prinzipiell nicht anerkannt wurde, jedenfalls solange sie nicht nach seinen Vorstellungen verteilt war, und er entschloss sich demzufolge nicht mehr zu verhandeln, sondern das Regnum Vandalorum frontal anzugreifen. Hierzu sah er sich nicht nur durch die Entführung der Familie Valentinians berechtigt, sondern auch durch die zahlreichen Angriffe auf römisches Territorium, die von keinerlei Verträgen gedeckt waren. Maiorianus und seine Mitstreiter gingen koordiniert vor. Marcellinus, der faktisch unabhängige Herrscher Dalmatiens, hatte sich zwar schon 454 n. Chr., nach der Ermordung des Aëtius, vom Westreich losgesagt, sicherte aber Sizilien.61 Der Hauptangriff auf das Vandalenreich sollte aber nicht von Norden, sondern von Westen aus erfolgen. In Italien wurde eine große Flotte (300 Schiffe) gebaut und nach Südspanien überführt, wo sie zwischen Cartagena und Alicante auf ihren Einsatz wartete.62 Der Kaiser selbst war mit einem starken Heer dorthin unterwegs, um in einer kombinierten Operation der Land- und Seekräfte Africa genau auf dem Weg zu betreten (und zu befreien), auf dem die Vandalen 30 Jahre zuvor eingefallen waren. Für die Vandalen war diese Situation hochgefährlich. Wenn es dem römischen Heer gelungen wäre, nach Africa und in die Nähe der vandalischen Kerngebiete zu kommen, wäre es wohl mit ihrer Herrschaft vorbei gewesen; denn in regelrechten Feldschlachten gegen große Heere hatte man bisher kaum reüssiert (und man tat es später ebenso wenig). Den Zug musste Geiserich also, koste es was es wolle, verhindern; dass er dabei dreigleisig fuhr, verdeutlicht die Gefahr, in der er sich wähnte. Zum einen wurde die Straßenverbindung von der Tingitana nach Osten zerstört (inklusive einer Brunnenvergiftung). Zum anderen wurden an Maiorianus intensive Signale der Beschwichtigung gesandt: Man bettelte regelrecht um Frieden – Legitimität hin oder her.63 Seinen Sieg wollte sich der Kaiser, der natürlich wusste, wie kurzlebig ein Verhandlungsergebnis sein konnte, nun aber nicht mehr abhandeln lassen. Die dritte Verteidigungslinie Geiserichs war schließlich erfolgreich. Leider kennen wir hier nur das Ergebnis: Noch bevor Maiorianus bei seinen Schiffen ankam, gelang es den Vandalen, einen Großteil davon in ihre Gewalt zu bringen.64 Maiorianus musste das ganze Unternehmen abblasen. Es gibt dafür eigentlich

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IV  Das vandalische Königreich und das Imperium Romanum nur eine wirklich plausible Erklärung: Es müssen große Mengen an Geld eingesetzt worden sein, das die Schiffsführer mehr überzeugte als die Aussicht, vielleicht – aber eben nur vielleicht – zum Ursprung dieser Schätze, nach Karthago, zu kommen.65 Es liegt zwar eine bittere Ironie darin, ist aber auch irgendwie folgerichtig, wenn Geiserich sich mit dem Gold rettete, das er in Rom geraubt hatte. Tragisch für den Westen war dies vor allem deshalb, weil diese missglückte Aktion im Sommer 460 nicht nur das endgültige Aus einer maritimen Perspektive Ravennas bedeutete, sondern auch die letzte – und eben verpasste – Überlebenschance für ein handlungsfähiges Imperium im Westen war. Natürlich weiß niemand, was genau ein Erfolg bedeutet hätte, aber es ist durchaus vorstellbar, dass das Westreich mit Africa und dann auch Spanien im Rücken (und mit dann wieder zu treuen Foederaten gewordenen Westgoten, vielleicht auch Sueben und Vandalen als Hilfstruppen) noch einige gesicherte Jahrzehnte vor sich gehabt hätte. So aber war Maiorianus’ gescheiterte Expedition gegen die Vandalen eigentlich die letzte größere militärische Operation Ravennas, das jetzt nur noch ein Landheer mobilisieren konnte. Die folgenden 15 Jahre waren machtpolitisch eine Agonie. Aus eigener Kraft war der Westen als mediterranes Reich, das heißt mit einer auch maritimen Herrschaft, kaum mehr überlebensfähig. Andererseits war Maiorianus persönlich ungeschlagen, und er musste versuchen, sein Unternehmen irgendwie noch zu einem Erfolg zu machen. Hier bot sich ein Friedensschluss mit Geiserich an, zu dem dieser immer noch bereit war. Der Feldzug des Kaisers hatte ihm trotz des Scheiterns gezeigt, wie isoliert und verletzlich sein Reich nach wie vor war. Leider kennen wir die Bestimmungen dieses Abkommens nicht; es war zumindest ein Status-quo-Friede, der den Vandalen also all ihre Okkupationen beließ, mit Ausnahme der kurzfristigen Gewinne auf Sizilien. Gut möglich aber, dass weitere Annäherungen ins Auge gefasst wurden, da sie eigentlich – obwohl für beide eine Kehrtwende – im Interesse beider Seiten lagen. Maiorianus musste sich, stark geschwächt, eine Stütze seiner Herrschaft außerhalb von Italien (und der Reichweite seines nun zum Konkurrenten gewordenen Heermeisters Rikimer) suchen; Geiserich hoffte vielleicht, für die (späte) Anerkennung eines Kaisers in Ravenna nun auf friedlichem Weg seinen Anteil an der Herrschaft im Westen zu bekommen. Wenn dergleichen verhandelt wurde, war der Verlierer zweifellos Rikimer.66 Dessen Reaktion hatte Maiorianus aber in jedem Fall vollkommen unterschätzt. Denn der Heermeister ließ den Kaiser, kaum dass die Soldaten entlassen waren, im August 461 auf dem Rückweg nach Rom gefangen nehmen und wie einen Verbrecher töten.67 Damit aber war die kurze weströmisch-vandalische Annäherung, wie weit sie auch gegangen sein mag, schon wieder vorbei



5. Die vandalische Flotte – Herrin des westlichen Mittelmeers? (462 – 468)

und das Abkommen hinfällig. Geiserich stand wieder am Anfang. Mit Rikimer, dessen Ziel nur die eigene sichere Herrschaft über Italien war, würde es keine Verständigung geben.

5. Die vandalische Flotte – Herrin des westlichen Mittelmeers? (462 – 468) Geiserich reagierte sofort und konsequent, indem er die maritime Schwäche des Westens ausnutzte: Er begann mit neuen Aktionen gegen Sizilien und Süd­ italien.68 Nun aber, nachdem klar war, dass das Vandalenreich auf der Landkarte bleiben würde, ja dass es machtpolitisch der eigentliche Gewinner war, schaltete sich auch Konstantinopel ein und rief zum Ende dieser Einfälle auf, aber auch zur Entlassung der kaiserlichen Familie. Letzteres billigte Geiserich (462), bezeichnenderweise jedoch erst (wie schon erwähnt), als er in der Nachfolgefrage aus seiner Sicht entscheidende Pflöcke eingeschlagen hatte: Hunerich heiratete Eudocia, die folglich auch in Karthago blieb, und ihre jüngere Schwester Placidia wurde mit Olybrius verheiratet, einem römischen Aristokraten.69 Er war schon lange mit Placidia verlobt gewesen, und Geiserich erlaubte nun die Eheschließung, offenbar weil er sich Vorteile von der Verschwägerung seiner neuen Schwiegertochter mit Olybrius’ einflussreicher Familie, den Aniciern, versprach und große Pläne mit ihm hatte (wie wir sehen werden).70 Jedenfalls legte Geiserich Wert darauf, die Verheiratung der Töchter Valentinians in Konstantinopel absegnen zu lassen; sicher ist diese Vereinbarung schriftlich fixiert worden, wobei der Westen bezeichnenderweise gar keine Rolle spielte. Kaiser Leo fühlte sich offenbar nicht stark genug, um Geiserich in dieser Hinsicht Vorschriften zu machen.71 Damit hatte dieser nun aber auch einen Hebel, mit dem er das Westreich weiter destabilisieren konnte: Denn die Angriffe auf Italien einzustellen, weigerte er sich, wenn ihm nicht zuvor die Vermögen Valentinians und des Aëtius übertragen würden. Beide Ansprüche waren so wenig erfüllbar wie begründet. Der Verlust des kaiserlichen Besitzes hätte dem Westreich auch die letzten Ressourcen genommen, und aus Placidias Ehe mit Hunerich folgte nur ein Anspruch auf eine Mitgift. Aëtius’ Sohn Gaudentius lebte zwar in Karthago, aber er war nicht freiwillig dort, sondern gehörte zu den 455 n. Chr. aus Rom verschleppten Gefangenen.72 Geiserichs Forderungen dienten letztlich einem anderen Ziel, für das er sie, wie er auch erklärte, sofort aufgegeben hätte: Er kämpfte für die Kaiserwürde des Oly­brius,73 mit dem er dann wenigstens einen im weiteren Sinn Verwandten zum Kaiser

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IV  Das vandalische Königreich und das Imperium Romanum gemacht hätte, nachdem ihm offenbar die Chancenlosigkeit Hunerichs klar geworden war. In den folgenden Jahren zeigte sich, dass die Vandalen nach wie vor kaum in der Lage waren, das weitgespannte Netz ihrer Stützpunkte gegen konzentrierte Angriffe zu verteidigen, geschweige denn größere römische Heere zu besiegen. 464/465 erlitten sie auf Sizilien eine Niederlage gegen Truppen des Generals Marcellinus, dem es später auch gelang, sie von Sardinien zu vertreiben.74 An dieser Stelle soll ein Blick auf Geiserich als ‚König des Meeres‘ (bzw. sein ‚Empire de mer‘) geworfen werden, eine in der Forschung immer wieder einmal auftauchende Vorstellung, die auch zu Vergleichen mit den berühmten Auseinandersetzungen zwischen Rom und Karthago zur Zeit der Republik anregt: Haben wir hier vielleicht einen ‚Vierten Punischen Krieg‘ vor uns, gewissermaßen die Revanche Karthagos gegen das einstmals siegreiche Italien?75 Am Ende behielt ja tatsächlich Africa die Oberhand, hatte die wichtigen Inseln in Besitz, während das westliche Imperium unterging.76 Diese historische Linie wäre jedoch eine falsche Fährte, wenn auch vielleicht eine, die schon in der Antike gelegt wurde.77 Falsch ist sie sowohl in militärischer als auch in machtpolitischer Hinsicht, jeweils mit entgegengesetztem Vorzeichen: Machtpolitisch unterschätzt dieser Vergleich die Vandalen, militärisch überschätzt er sie. Denn die Karthager der Punischen Kriege hatten Rom und seine Verbündeten immer als autonome Macht akzeptiert, sie nur begrenzen wollen bzw. das Recht auf eine eigene Einflusssphäre verteidigt. Geiserich dagegen erhob den Anspruch, über die Reichsregierung (im Westen) mitentscheiden zu dürfen, was den Puniern niemals eingefallen wäre. Auf der anderen Seite hatte Geiserich keine Armada, wie sie etwa unter Hasdrubal und Hannibal in dem berühmten kreisrunden Kriegshafen des punischen Karthago gelegen hatte. Den gab es zwar immer noch, aber er diente schon lange der Handelsschifffahrt.78 Auch das Westreich leistete sich im 5. Jh. gar keine zentrale mediterrane Kriegsflotte mehr: Kampfschiffe waren sehr teuer, und sie waren unnötig; denn es gab keine größeren Gegner, denen man mit solchen Mitteln gegenübertreten musste. Als Geiserich Karthago eroberte, bekam er zwar viele Schiffe in seine Hand, und er nutzte sie auch, wie wir gesehen haben – jedoch als Transportmittel. Wenn es dort überhaupt noch die für die Antike typischen langen, schmalen, auf Schnelligkeit, nicht Tragfähigkeit ausgerichteten Kriegsschiffe mit ihrem Rammsporn gegeben hat, dann in kleiner Zahl. Sie waren nur einsetzbar, wenn man die Ruderer monatelang trainierte und bezahlte; für den Einsatz in den Wintermonaten waren sie nicht seetüchtig genug.



5. Die vandalische Flotte – Herrin des westlichen Mittelmeers? (462 – 468)

Geiserichs Flotte verbreitete ab 440/441, vor allem aber ab 455 n. Chr. nicht wegen ihrer Schiffe Angst und Schrecken, sondern wegen der Krieger, die sie transportierten. Das Römische Reich hatte zwar nun zwar (erstmals seit dem Ersten Punischen Krieg) die Kontrolle über das westliche Mittelmeer verloren, das bedeutete aber nicht, dass die Vandalen sie gewonnen hatten. Es herrschte vielmehr eine Art Anarchie, in dem Sinn, dass es keiner Macht gelang, eine dauerhafte maritime Herrschaft aufzubauen. Wer über einsatzfähige Schiffe und Krieger verfügte (und das waren oft genug die Vandalen), hatte in der Regel freie Bahn. Wenn der Westen aber für diesen oder jenen Feldzug entsprechende Rüstungsanstrengungen auf sich nahm,79 schränkte das die Bewegungsfreiheit der Feinde sofort ein. Die vandalische Kontrolle über die Inseln des westlichen Mittelmeers war nicht gleichbedeutend mit einer Seeherrschaft (s. Abb. 6). Anders war die Situation im Ostreich. Schon aus Prestigegründen hatte man hier regelrechte Seestreitkräfte behalten. Dromonen, ‚Renner‘, hießen die Kriegsschiffe der byzantinischen Flotte. In den Abmessungen entsprachen sie ungefähr den altgriechischen Trieren, wurden aber nicht auf drei, sondern höchstens auf zwei Ebenen gerudert, was die Geschwindigkeit, aber auch die nötige Trainingsintensität verringerte; zur Not konnten diese und erst recht die einreihigen Schiffe auch von weniger geübten Ruderern bewegt werden.80 Diese waren durch ein Verdeck geschützt, und es gab eine Gefechtsbrücke, von der herab mit Fernwaffen gekämpft wurde, vielleicht auch mit Geschützen.81 Diesen Schiffen hätten die Vandalen auf See nicht standhalten können, bislang hatte es jedoch gar keine Seegefechte gegeben. Aber auch weströmische Truppenbewegungen zur See konnten die Vandalen nicht durch maritime Angriffe verhindern. Das war schon 460 n. Chr. beim Feldzug des Maiorianus so gewesen, und auch jetzt hatte man sich bei direkten Auseinandersetzungen mit größeren römischen Verbänden geschlagen geben müssen. Geiserichs Chance kam aber immer dann, wenn die Römer wieder abzogen, und für eine dauerhafte Hegemonie reichten Ravennas Kräfte bei Weitem nicht mehr. Gefährlich für die Vandalen würde es werden, wenn der Osten sich entschlösse einzugreifen. Tatsächlich zeigte sich in diesen Jahren, dass Geiserich die Situation insofern falsch eingeschätzt hatte, als auch Konstantinopel nicht bereit war, nun, da sich die Waagschale klar zu Geiserichs Gunsten gesenkt hatte, ganz auf die vandalische Linie einzuschwenken. Man versuchte vielmehr, das Westreich zu stützen. Gerade weil es kein funktionierendes Kaisertum mehr gab, war die Vorstellung eines gotisch und vandalisch beherrschten Westens für den Ostkaiser aber alles andere als attraktiv. Dies war wohl schon länger die Sicht Kaiser Leos gewesen, neu war jedoch, dass er zunehmend Möglichkeiten gewann, die-

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IV

Das vandalische Königreich und das Imperium Romanum

GALLIEN

I TA L I E N

S PA N I E N Korsika Rom Sardinien Balearen Caralis

Lilybaeum Carthago

NORDAFRIKA

Sizilien

Außerafrikanische Besitzungen

6 Das ‚Seereich‘ der Vandalen. Zur besonderen Situation Siziliens s. unten Anm. 127.

se Einschätzung – gegen Aspar, von dem er sich zu emanzipieren suchte82 – auch zu Politik werden zu lassen. Geiserich jedoch weigerte sich, irgendwelche Rücksichten zu nehmen, und entsprechende Gesandtschaften blieben erfolglos.83 Als er auf seinem Mitspracherecht und einer ihm genehmen Lösung beharrte, geschah das, was er wohl nicht für möglich gehalten hatte: Konstantinopel setzte in Abstimmung mit dem weströmischen General Rikimer einen neuen Kaiser ein, Anthemios (April 467),84 und damit waren alle vandalischen Ansprüche negiert. In Karthago sah man das als Rechtsbruch an (und begann sogar Raubzüge im Osten),85 was die letztlich unvereinbaren Vorstellungen von Legitimität illustriert. Denn niemals war das römische Kaisertum einzig und allein auf dynastischem Wege vergeben worden; auch war kein einziger der wichtigen imperialen Posten jemals erblich gewesen. Mit Anthemios war aber nun für die nächsten fünf Jahre ein Mann an der Spitze des Westreichs, hinter dem direkt Konstantinopel stand. Denn Kaiser Leo selbst hatte 465 n. Chr. den vakanten weströmischen Thron mit übernom-

6. General Basiliskos und der letzte römische Angriff auf Geiserich (468)

men und nun, auf Bitten Rikimers, einen Kandidaten entsandt, der (als Sohn eines Heermeisters und Schwiegersohn Kaiser Markians) aus dem inneren Zirkel der Macht im Ostreich stammte, ja bei Markians Tod (457) gute Aussichten auf die Nachfolge gehabt hatte. Mithilfe des damals noch fast allmächtigen Heermeisters Aspar war jedoch Leo zum Zuge gekommen. Nun bot sich diesem die Gelegenheit, den mächtigen Konkurrenten auf würdevolle Art und Weise zu entfernen und zugleich das taumelnde Westreich zu stützen. Anthemios aber wusste natürlich genau, wo dessen Schwäche lag, eben in der Existenz des afrikanischen Königreichs Geiserichs, und er ging auch nicht ohne entsprechende Unterstützung in den Westen. Leo hatte ihm vielmehr zugesichert, nun endlich den großen, den alles entscheidenden Schlag gegen die Vandalen zu führen.86

6. General Basiliskos und der letzte römische Angriff auf Geiserich (468) Diese Entscheidung zeigt, wie prekär mittlerweile die frühere Machtvollkommenheit Aspars war, der doch bislang jedes Vorgehen gegen die Vandalen verhindert hatte. Auch jetzt dürfte er vehement – diesmal aber erfolglos – abgeraten haben;87 Geiserichs Kompromisslosigkeit dürfte Aspars Position sehr schwierig gemacht haben. Sein Stern hatte bereits erkennbar zu sinken begonnen, als sein erstgeborener Sohn Ardabur 466 n. Chr. wegen Hochverrats angeklagt, verurteilt und seiner Ämter enthoben wurde. Hierbei spielte der isaurische Offizier Tarasis eine Schlüsselrolle,88 dem (zu ‚Zenon‘ umbenannt) der Kaiser eine bedeutende Stellung an seinem Hof verschaffte und den er als eine Art Gegengewicht zu Aspar installierte. Ungefähr gleichzeitig scheiterte – durchaus folgerichtig – dessen Plan, Patricius, seinen zweitgeborenen Sohn, zum Nachfolger Leos aufzubauen. Der Kaiser verheiratete stattdessen Zenon mit seiner älteren Tochter Ariadne.89 Der Feldzug gegen Geiserich war gewissermaßen der außenpolitische Ertrag eines schon weit fortgeschrittenen innerrömischen Machtwechsels. Jedenfalls standen für Africa die Zeichen nun plötzlich auf Krieg, und ein weiteres Mal läutete für das Vandalenreich die Totenglocke. Zwar musste eine von Sizilien aus geplante Flottenoperation des Heermeisters Marcellinus aufgrund ungünstiger Witterung abgeblasen werden, 90 in Konstantinopel aber wurden ein riesiges Heer und eine gewaltige Flotte ausgerüstet, gegen die die vandalische Streitmacht keine Chance haben würde. Die überlieferten exorbitanten Zahlen (über 100 000 Soldaten auf über tausend Schiffen) lassen sich

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IV  Das vandalische Königreich und das Imperium Romanum nicht überprüfen und scheinen – auch angesichts der vandalischen Möglichkeiten – zu hoch.91 Ähnliches gilt von den genannten Summen, die das Unternehmen kostete, auch wenn sie von antiken Kennern der byzantinischen Verwaltung stammen.92 Jedenfalls deutet der gewaltige Aufwand darauf hin, dass nun auch Konstantinopel entschlossen war, das Vandalenproblem ein für alle Mal zu lösen. Die Flotte hatte anfänglich Erfolg und drängte die vandalischen Schiffe nach Karthago zurück.93 Einem direkten Angriff, so waren sich jedenfalls später die Beobachter einig, hätten die Vandalen nichts entgegenzusetzen gehabt. Als aber die byzantinische Flotte unter ihrem Kommandeur Basiliskos, dem Schwager des Kaisers Leo, am Kap Bon (damals ‚Kap des Merkur‘ genannt) ca. 60 km vor Karthago ankerte, kam es zur Katastrophe. Basiliskos hatte es vorgezogen, statt zu handeln, zu verhandeln, was wohl als Versuch gewertet werden muss, ohne Kampf zum Erfolg und vielleicht auch zu einer persönlichen Bereicherung zu kommen.94 Dass er sich den Erfolg des gesamten Krieges regelrecht hat abkaufen lassen, ist angesichts der zu erwartenden (und dann auch eingetretenen) Folgen einer Niederlage sehr unwahrscheinlich; gut möglich aber, dass er nichts dagegen hatte, sich von Geiserich – vor dessen scheinbar sicheren Unterwerfung – noch für die Vergünstigung eines Aufschubs bezahlen zu lassen. Stellen wir aber die Frage nach Basiliskos’ Rolle zunächst zurück und betrachten kurz das Geschehen. Geiserich nutzte die Frist von fünf Tagen, die ihm der byzantinische Admiral für die Vorbereitung der Kapitulation eingeräumt hatte (und die leicht seine letzte hätte gewesen sein können) für eine rettende List: Bei plötzlich umschlagendem Wind (auf den er schon gewartet hatte), der die Byzantiner offenbar in ihrer Bewegungsfreiheit einschränkte,95 ließ er auf die ankernde Flotte unvermutet Brander zutreiben, die einen großen Teil der feindlichen Schiffe in Flammen setzten. Der Angriff der Vandalen folgte unmittelbar darauf. Nur die Hälfte der byzantinischen Armada soll mit dem Oberbefehlshaber nach Sizilien entkommen sein.96 Zum zweiten Mal (nach der Castinus-Schlacht in Andalusien 422 n. Chr.) oder, wenn man Maiorianus’ in Spanien gescheitertes Unternehmen mitzählt, gar zum dritten Mal hatte die römische Militärmacht gegen die Vandalen in entscheidender Situation trotz materieller Überlegenheit versagt. So unterschiedlich die Situationen waren, es gab doch eine Gemeinsamkeit: Das Westreich hatte sich aufgrund eigener Schwäche Akteuren anvertrauen müssen (von gotischen Foederaten bis zu byzantinischen Feldherren), die durchaus eigene Interessen hatten, jedenfalls nicht existenziell mit dem Schicksal Roms



6. General Basiliskos und der letzte römische Angriff auf Geiserich (468)

verbunden waren. Geiserich und seine Vandalen dagegen kämpften ausschließlich und immer endgültig für die eigene Sache. Jede Niederlage hätte das Ende ihres Reiches bedeutet. Prokops Bericht von der Schlacht am Kap Bon verdient eine genaue Lektüre. Was da beschrieben wird, ist keineswegs eine klassische Seeschlacht. Denn wer fliehen konnte, war in Sicherheit; die Vandalen kreisten nur die beschädigten oder manövrierunfähigen Schiffe ein, raubten sie aus (vor allem auf Waffen war man aus und natürlich auf Gefangene) und versenkten sie.97 Falls sie überhaupt Kriegsdromonen mitführten, kamen diese nicht zum entsprechenden Einsatz. Wenn man bedenkt, in welcher Hast die vandalische Flotte bemannt worden war, ist das auch nicht verwunderlich. Um ein Kriegsschiff so zu manövrieren, dass es die für Rammstöße erforderliche Wendigkeit und Geschwindigkeit erreichte, war, wie wir gesehen haben, langwieriges Training der Rudermannschaften nötig. Nichts berechtigt uns zu der Annahme, dass die Vandalen jemals eine derartig aufwändige Flotte besessen haben. Auf byzantinischer Seite war das anders, auch wenn sicher nur der kleinere Teil der hunderte Schiffe umfassenden Armada des Basiliskos aus Kriegsschiffen, der deutlich größere Teil aus Transportschiffen bestand. Für den Vizeadmiral der Byzantiner, Johannes (Basiliskos hatte ihn, wie Prokop sagt, in seine Pläne nicht eingeweiht), dessen Schiff umzingelt wurde, waren die Vandalen kein ebenbürtiger Gegner. Eine Zeitlang wehrte er vom Gefechtsdeck seines Schiffs die Angreifer ab und tötete viele, ohne dass man seiner habhaft werden konnte. Gento, Geiserichs ältester Sohn und offenbar der Befehlshaber vor Ort, versuchte vergeblich, ihn zur Aufgabe zu bewegen (natürlich mit Blick auf ein Lösegeld), aber Johannes stürzte sich schließlich ins Meer, um nicht „in die Hände der Hunde“ zu fallen.98 Basiliskos kehrte mit Schande bedeckt nach Konstantinopel zurück und suchte Zuflucht in der Hagia Sophia, um einer Bestrafung zu entgehen, was die Kaiserin Verina, seine Schwester, bei ihrem erzürnten Gatten auch tatsächlich erreichte. Seine Pläne allerdings, die ihn laut Prokop von Anfang an bestimmt hatten, nämlich Kaiser zu werden, musste er zunächst aufgeben. Wenn es eine geheime Koalition zwischen Basiliskos und dem Heermeister Aspar gegeben hat (mit dem Inhalt, Basiliskos könne von Aspars Gnaden Kaiser werden, aber nur, wenn er Heer und Flotte in Africa zum Misserfolg führe), 99 war die nun gescheitert. Aber ihre Existenz ist schwer vorstellbar. Wann wurde je im Römischen Reich eine militärische Katastrophe zur Basis einer Kaiserkrönung? Auch ist nicht zu erkennen, wieso für Aspar in Basiliskos’ Kaisertum (der hatte einen Sohn, den er später tatsächlich zu seinem Nachfolger bestimmte)100 ein

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IV  Das vandalische Königreich und das Imperium Romanum dauerhafter Vorteil gelegen haben sollte. Die beiden waren scharfe Konkurrenten, ohne ein gemeinsames Projekt zu haben. Wenn Basiliskos wirklich ein politisches Ziel gehabt hatte,101 dann das einer Verbindung mit Geiserich. Der sollte in diesem Fall nicht zum Sieger, sondern zum reuigen, um Frieden bittenden Verlierer (wenn auch ohne reale Verluste) und schließlich zum Verbündeten gemacht werden. Dieser Plan – tatsächlich den Vorstellungen Aspars nicht fern102 – wäre dann im wahrsten Sinn des Wortes aus dem Ruder gelaufen. Wie auch immer, Basiliskos wurde in Konstantinopel als Versager, nicht als Verräter behandelt. Aspars Karriere dagegen litt nicht etwa durch die Niederlage am Kap Bon – sie machte sogar einen Sprung. 467 n. Chr. hatte es für seinen Sohn Patricius noch schlecht ausgesehen; spätestens ein Jahr nach der Katastrophe durfte Aspar ihn bereits mit der jüngeren Tochter des Kaisers, Leontia, verloben und sich 470 n. Chr. über die Hochzeit freuen und über Patricius’ Erhebung zum Caesar, zum offiziellen Nachfolger.103 Aspars Erfolg ist nur dann gut erklärbar, wenn er durch Basiliskos’ Verhalten keineswegs kompromittiert war. Angesicht seiner bisherigen Vandalenpolitik ist zu vermuten, dass er ein heftiger Gegner des Feldzugs gewesen war (dieser sollte ja auch seinen Rivalen Anthemios stützen, wie wir gesehen haben) und auf die großen Gefahren hingewiesen, Alternativen propagiert hatte. Man hatte nicht auf ihn gehört, und nun hatte der Kaiser, in dessen Namen die erheblichen Anstrengungen einer langwierigen kombinierten Land- und Seeoperation unternommen worden waren, seiner eigenen Schwächung und den im Nachhinein glänzend gerechtfertigten Warnungen Aspars Tribut zollen müssen. Die direkten Auswirkungen von oströmischen Machtkämpfen auf das Vandalenreich gingen nach der Schlacht am Kap Bon ohne Unterbrechung weiter. Denn das Scheitern der römischen Flotte ließ Leo keineswegs sein Ziel aufgeben, die Vandalen zu besiegen. 470 n. Chr. wurde ein erneuter Versuch unternommen, diesmal von Ägypten aus. Ein byzantinisches Landheer wurde per Schiff überraschend direkt nach Tripolitanien gebracht, wo die Vandalen sich zurückziehen mussten.104 Geiserich sah sich gezwungen, über eine Friedensgesandtschaft nachzudenken; bevor es aber zu Verhandlungen kam, ließ Leo das Invasionsheer zurückkehren.105 Der Grund war zumindest teilweise innenpolitisch. Der Kaiser brauchte seine beiden Generale in Konstantinopel, um sich gegen den immer noch übermächtigen Aspar zur Wehr zu setzen.106 Für diesen wurde der dynastische Erfolg jenes Jahres geradezu ein Pyrrhussieg; Leo raffte alle Unterstützung, die er bekommen konnte, zusammen und griff 471 n. Chr. zu brutaler Gewalt: Im eigenen Palast ließ er den langjährigen



7. Der ‚ewige Friede‘ (474)

Heermeister und dessen Sohn Ardabur von seinen Eunuchen ermorden.107 Weil dem Kaiser dabei auch Basiliskos zur Seite gestanden hatte, bekam der danach wieder größere Aufgaben. Aber blicken wir kurz auf sein weiteres Schicksal voraus: Unter Leos Nachfolger Zenon brachte ihn im Januar 475 eine Verschwörung seiner Schwester (der Witwe Leos) doch noch auf den Thron, wo er sich jedoch nicht dauerhaft halten konnte. Gut anderthalb Jahre später war Zenon wieder in Konstantinopel und Basiliskos gestürzt.108

7. Der ‚ewige Friede‘ (474) Die Folgen der Katastrophe am Kap Bon waren tiefgreifend. Geiserich hatte auf der ganzen Linie und gegen die beiden erstmals gemeinsam agierenden römischen Kaiser bzw. ihre Truppen gesiegt – und mit ihm (zumindest vorläufig) in Konstantinopel all diejenigen, die es schon immer eher mit den Vandalen gehalten hatten. Das Weströmische Reich taumelte nun endgültig in die Agonie,109 wobei 472 tatsächlich Geiserichs früherer ‚Schützling‘ Olybrius als einer der letzten Kaiser dieses Reiches installiert wurde, er konnte sich jedoch nur wenige Monate halten. Allerdings war er zu diesem Zeitpunkt sicher nicht mehr der Kandidat der Vandalen, denn es war Rikimer, der ihn auf den Thron gehoben hatte. Beide starben noch im selben Jahr.110 Leos letzte Regierungsjahre (ohne Aspar) blieben von Feindschaft gegenüber den Vandalen geprägt. Der Kaiser hatte auch nach dem Scheitern seiner direkten Attacken nicht aufgegeben, und die nach 468 wieder aufgenommenen Angriffe vandalischer Schiffe im östlichen Mittelmeer haben ihn wohl eher erbittert als zum Frieden getrieben. Als er 473 n. Chr. in Thrakien ein Abkommen mit gotischen Kriegern unter Theoderich Strabo abschloss, gehörte zu dessen Aufgaben eigentlich der Kampf gegen die Vandalen (den dieser allerdings ablehnte).111 Noch im selben Jahr sandte Leo mit Iulius Nepos erneut einen Heermeister als neuen Kaiser nach Italien, und ein neuer Vandalenkrieg stand am Horizont. Am 18. Januar 474 jedoch starb Leo,112 und sein Nachfolger Zenon (der erste oströmische Heermeister, der den Kaiserthron bestieg) wägte Kosten und Risiken eines erneuten Waffengangs genau ab. Er verstand Geiserichs Angriffe als Aufforderung zum Verhandeln und schickte eine Gesandtschaft nach Karthago; man wurde sich einig, und jetzt schlossen Kaiser und Vandalenkönig einen erklärtermaßen „unbegrenzten“ dauerhaften Vertrag, der alle Feindseligkeiten beenden sollte und dies auch tatsächlich bis 533 n. Chr. tat.113

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IV  Das vandalische Königreich und das Imperium Romanum Leider geben die drei literarischen Zeugnisse, die wir für diesen Vertrag haben, keine genaue Datierung her: eine kurze Notiz des Victor von Vita, ein Malchus-Fragment, das vor allem über die Verhandlungen berichtet, und eine Zusammenfassung der Vertragsgegenstände bei Prokop. Für die Datierung gibt es in der Forschung zwei verschiedene Ansätze: 474 oder 476 n. Chr. Der Abstand zwischen den Daten ergibt sich daraus, dass Zenon, wie gesagt, im Januar 475 vor dem Usurpator Basiliskos nach Isaurien fliehen musste und erst 20 Monate später, Ende August 476, wieder in Konstantinopel einziehen konnte.114 In der Forschung votiert man meist für den einen oder den anderen Termin, ohne dies näher zu begründen. Dabei ist die Datierung ja nicht unwichtig; denn sie entscheidet, ob die Jahre 474 – 476 noch von vandalischen Angriffen in West und Ost oder bereits von der Einigung geprägt waren. Die wesentlichen Argumente für die Spätdatierung (476) sind in einem Aufsatz von 1983 über den Historiker Malchus von Philadelphia ausgeführt und beziehen sich auf die drei genannten Quellenzeugnisse.115 Allerdings wird hier eine Notiz in der Chronik des Georgios Kedrenos übersehen, der man entnehmen kann, dass der Krieg Geiserichs mit Konstantinopel bis ins Jahr 473 n. Chr. dauerte.116 Die Frage ist also, ob die drei genannten Zeugnisse über den Friedensschluss hierzu wirklich in Widerspruch stehen. Malchus leitet seine Beschreibung der dem Vertrag vorausgehenden Verhandlungen folgendermaßen ein: „Zenon war ein sehr unkriegerischer Mann, und als von überall her Probleme auftauchten, entschied er, eine Gesandtschaft zu den Vandalen nach Karthago zu schicken.“ Es handelte sich um den Senator Severus, den der Kaiser vor seiner Mission noch zum patricius ernannt hatte, um Geiserich die Wichtigkeit der Angelegenheit zu demonstrieren, und der Geiserich durch seine Verbindlichkeit, Redlichkeit und Selbstlosigkeit beeindruckt haben soll.117 Eine klare Datierung ist hier nicht zu erkennen. Die Lage des Reiches insgesamt war im Jahr 476 keineswegs angespannter als 474.118 Der Hinweis auf Zenons prinzipielle Abneigung gegen Kriege spricht eher für 474, also für eine Entscheidung bald nach dem Regierungsantritt und nicht Jahre später. Aber da wir den Kontext des Fragmentes nicht kennen, ist dies nicht ganz eindeutig. Das zweite Argument für die Spätdatierung hebt darauf ab, dass Victor von Vita über die Gesandtschaft des Severus als letztes Ereignis in Geiserichs Regierungszeit berichtet, direkt vor seinem Tod. Das ist zwar richtig, verkennt aber den Charakter der Darstellung Victors. Denn es geht ihm ja nicht um eine Geschichte der Herrschaft Geiserichs. Erwähnt wird nur, was für das eigentliche Thema, die Kirchenverfolgung, relevant ist, abgesehen von einigen ganz allgemeinen Aussagen über die Reichsbildung, und nach Abschluss des Vertrages



7. Der ‚ewige Friede‘ (474)

gab es in dieser Hinsicht einfach nichts mehr zu berichten.119 Ähnliches gilt für Prokops Vandalenkrieg. Auch er hat kein Interesse an einer auch nur annähernd vollständigen Darstellung der Zeit vor Belisars Feldzug (533/534), sondern gibt nur – in sehr geraffter Form – eine kurze historische Einführung. Mit dem Friedensschluss, von dem er sagt, dass er bis in Justinians Zeit Gültigkeit hatte, ist das letzte wesentliche Faktum aus Geiserichs Zeit genannt; dass er ihn „wenig später“ sterben lässt, wird man kaum als genaue Zeitangabe verstehen können.120 Natürlich spricht dies alles nicht gegen eine Spätdatierung. Die Aussagen sind in dieser Hinsicht indifferent, und welche Datierung sie nahelegen, hängt davon ab, wie ein Friedenschluss in den jeweiligen Ereigniszusammenhang passt. Hier zeigt sich nun in doppelter Hinsicht, dass eine Frühdatierung vorzuziehen ist. Zenon konnte wegen Basiliskos’ Usurpation erst Ende August 476 in seine Hauptstadt zurückkehren, und für Beratungen über die Vandalenfrage, für Auswahl und Instruktion des Verhandlungsführers, für dessen Reise, für die (nicht einfachen) Verhandlungen, die Rückkehr des Severus nach Konstantinopel und schlussendlich den definitiven Abschluss des Vertrages bleiben auf diese Weise nur drei Monate (denn Geiserich stirbt bereits am 24. / 25. Januar 477);121 das ist sehr, wenn nicht zu wenig. Diese Zeit verkürzt sich sogar noch, wenn wir bedenken, dass damals auch wichtige Verhandlungen Geiserichs mit Odoaker stattgefunden haben müssen, die den Friedensschluss mit Zenon eigentlich voraussetzen; denn Geiserich überließ dem Thüringer und seinem Foederatenheer in diesem Herbst offiziell die Verfügungsgewalt über Sizilien (von der Nordwestecke abgesehen), wofür ihm als Gegenleistung Tributzahlungen garantiert wurden.122 Dies aber setzt voraus, dass der Vandale zu dieser Zeit eine Art Besitztitel für Sizilien hatte, und dies war eben erst nach dem Vertrag mit Zenon der Fall.123 Auch wäre es seltsam, wenn Geiserich dem Kaiser in sicherlich schwierigen Verhandlungen Sizilien abgerungen hätte, nur um die Insel unmittelbar darauf wieder abzugeben. Die einfachere Lösung ist aber, dass zwischen dem formellen Gewinn Siziliens und der Übertragung an Odoaker zweieinhalb Jahre vergangen waren (474 – 476), in denen Geiserich seine Pläne änderte, aufgrund der Tatsache, dass ihm für die Kontrolle der 2,5 Mio. Hektar Siziliens (die er auch zuvor nie wirklich gehabt hatte) weiterhin die Mittel fehlten, ihm von dort aber – nach dem Friedensschluss und der Abdrängung des Nepos nach Dalmatien – auch keine Gefahr mehr drohte. Das Auftauchen Odoakers gab dann den Ausschlag für die Entscheidung.124 Das Zeugnis des Georgios Kedrenos passt also zur restlichen Überlieferung, und der Friedensschluss ist auf 474 n. Chr. zu datieren, wahrscheinlich in die

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IV  Das vandalische Königreich und das Imperium Romanum erste Jahreshälfte (wie es ja auch Kedrenos nahelegt). Dann ist er zu einer Zeit erfolgt, als der westliche Kaiserthron – aus Kaiser Leos Sicht – leer bzw. von ihm selbst besetzt war. Auf diese Weise konnte der Ostkaiser über die dem West­reich von Geiserich geraubten Territorien (besonders Sizilien) verfügen, ohne Rücksicht nehmen zu müssen.125 Leider haben wir wieder (wie schon für die Verträge von 435 und 442 n. Chr.) keinen Vertragstext,126 wir kennen aber die materiellen Bestimmungen: Den Vandalen wurden ihre Besitzungen und Eroberungen im westlichen Mittelmeer zugesichert,127 dem Kaiser dagegen die Einstellung aller Angriffe und eine neue, tolerantere Kirchenpolitik der Vandalen.128 Interessant wäre es zu wissen, was genau in der Nachfolgefrage des Westreiches ausgehandelt wurde, in der Geiserich so zäh seine Ansprüche verteidigt hatte. Vielleicht wurde hier ein Kompromiss gefunden, der beiden Seiten Einflussmöglichkeiten sicherte. Der war dann aber ohne längere Wirkung, denn im August 476 n. Chr. wurde der letzte weströmische Kaiser in Italien, ein Kind namens Romulus, von Odoaker, dem neuen germanischen Machthaber in Italien, in den ‚Ruhestand‘ geschickt, ohne dass er ersetzt wurde. Das war das faktische Ende des Westreiches.129 Mit Odoaker kam Geiserich kurz vor seinem Tod zu der eben genannten Vereinbarung, derzufolge dieser Sizilien gegen einen Tribut abtrat und sich nur den nordwestlichen Teil, auf dem der Flottenstützpunkt Lilybaeum lag, reservierte.130 Der Grund für diese Abtretung könnte zum einen gewesen sein, dass Geiserich in den Auseinandersetzungen der vergangenen Zeit klar geworden war, wie leicht militärische Auseinandersetzungen an verschiedenen Orten – und dann noch mit einem frischen Gegner – die vandalischen Kräfte überspannen konnten. Da er das sizilische Getreide im Gegensatz zu Odoaker aber sicherlich nicht brauchte, ist ebenso denkbar, dass er auf diese Weise die Möglichkeit erhalten wollte, gegenüber dem neuen ‚König Italiens‘ die Rolle einzunehmen, die früher römische Kaiser gegenüber barbarischen Foederaten eingenommen hatten: Land gegen (Tribut-)Leistungen zu gewähren. Damit hätte er kurz vor Ende seines Lebens doch noch das in Aussicht gehabt, worum er seit rund 30 Jahren immer gekämpft hatte: ein wichtiges Mitspracherecht bei der Auswahl eines Herrschers für Italien.131 Aber das Reich, in dem er dieses Recht und diese Rolle angestrebt hatte, gab es nun nicht mehr. Er selbst hatte bewirkt, dass es untergegangen war.

V

Geiserichs afrikanisches Königreich

1. Die Aufteilung Africas und die Ansiedlung der Vandalen (442) Das Gründungsdatum des afrikanischen Königreichs der Vandalen war, wie oben dargestellt, weder 429 n. Chr., als sie ihren Eroberungszug in Africa begannen, noch 435, als sie ihren ersten (und einzigen) Foederaten-Vertrag bekamen. Erst mit dem Vertrag des Jahres 442 erhielt der König für seine Herrschaft auch ein festes Territorium, und die Vertragsbestimmungen waren hinsichtlich der ‚Teilung Africas‘ sicher detailliert. Direkt erhalten ist nichts davon. Wieder einmal ist es Victor von Vita, auf den wir angewiesen sind: „Geiserich behielt die Byzacena, die Abaritana, Gätulien und einen Teil von Numidien für sich, die Zeugitana aber und die [restliche] Proconsularis teilte er unter seinen Soldaten als erblichen Besitz auf, während Valentinian die übrigen – obwohl schon zerstörten – Landesteile, solange er Kaiser war, noch halten konnte.“ 1 Leider wird hier der Teil Africas, der bei Kaiser Valentinian verblieb, nicht genauer bestimmt, sondern ergibt sich nur aus der Subtraktion der neuerdings vandalischen Gebiete; die aber sind mit Begriffen bezeichnet, die nur zum Teil den offiziellen Provinzbezeichnungen entsprechen, und Victor vermischt Verwaltungsprovinzen und Regionen ohne Provinzialstatus, für die er aber ebenfalls den Begriff provincia gebraucht (jedoch lediglich allgemein im Sinn von ‚Gegend‘, ‚Landschaft‘).2 Die Situation ist also einigermaßen kompliziert, zumal die verwendeten Bezeichnungen in unseren Quellen kaum belegt sind. Die Provinznamen Byzacena und Proconsularis sind weitgehend unproblematische Angaben Victors.3 Schwierigkeiten hatte er mit der Provinz Numidia. Da sie zwischen dem Kaiser und den Vandalen aufgeteilt wurde, griff er – und vielleicht taten dies auch die Vertragspartner – mit Abaritana und Gaetulia zu Bezeichnungen von Regionen. Mit Abaritana dürfte die Gegend des Aurès-Massivs (Mons Aurasius) gemeint sein, das 435 n. Chr. noch außerhalb des

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V  Geiserichs afrikanisches Königreich

7  Die Königsfamilie der Hasdingen (s. Anm. II 107; IV 15; VII 64, 89)

Interesses der Vandalen gelegen hatte. Gätulien nannte man das nördlich an den Aurès angrenzende Gebiet, also den Süden und die zentralen Gebiete Numidiens.4 Der Kaiser behielt die Herrschaft über die restlichen Teile des afrikanischen Provinzialgebietes, also die mauretanischen Provinzen (und vielleicht Tripolitanien), den westlichen Teil von Numidien mit den Küstenstädten Rusicade und Chullu und der alten Hauptstadt Cirta.5 Was Cirta angeht, ist fraglich, ob die Vandalen die Stadt bislang jemals in ihrer Gewalt hatten. Denn 434 n. Chr., als Possidius seine Lebensbeschreibung Augustins abschloss, war die Stadt noch nicht erobert, und 439 n. Chr. war sie offenbar immer noch in römischer Hand.6 Gut möglich, dass sie sich hier auch danach noch erfolgreich verteidigen konnte und 442 dann per Vertrag dem Imperium zugesprochen wurde, ohne ihm je verloren gegangen zu sein. Victor behauptet, dass der dem Kaiser gebliebene Teil Africas eigentlich schon zerstört war. Dies bezieht sich wohl nicht auf den Eroberungszug der Vandalen, der ja weite Teile der genannten Gebiete gar nicht tangiert hatte, sondern auf den Druck maurischer Stämme, der schon in der Bonifatius-Zeit



1. Die Aufteilung Africas und die Ansiedlung der Vandalen (442)

erheblich gewesen war und seitdem sicher nicht nachgelassen hatte. Hiervon waren vor allem das westliche Numidien und die mauretanischen Provinzen betroffen, auch wenn Victor stark übertreibt, wenn er behauptet, sie seien „zerstört“ gewesen. Jedenfalls verfügte der vandalische König nun unangefochten über die großen kaiserlichen Domänen in der Byzacena und im östlichen Numidien, ohne ihren Korn-Ertrag zur Ernährung der Vandalen (die durch die Proconsularis sichergestellt war) zu benötigen. Es war also kein Opfer, sondern wohlverstandenes Eigeninteresse, wenn er im Vertrag von 442 n. Chr. Getreidelieferungen an das Reich in Aussicht stellte (und dann sicher auch durchführen ließ). Vom kaiserlichen Besitz abgesehen, der an den König und seine Familie fiel, 7 und nach einer ersten Enteignungswelle unter Geiserich, der auch Ansprüche des Adels und der arianischen Kirche befriedigen wollte,8 dürfte es kaum noch größere Besitzveränderungen in diesen Landesteilen gegeben haben; die Steuern waren nun natürlich an den König zu zahlen. Ganz anders war es im Kerngebiet der vandalischen Siedlungen. Hier wurde, wie Victor an der oben zitierten Stelle klarmacht, das Land unter den vandalischen Kriegern aufgeteilt, und zwar, wie es heißt, funiculo hereditatis, „mit der Messschnur des Erbbesitzes“. Mit diesem funiculus zitiert der Autor einen im lateinischen Alten Testament häufigen Ausdruck für ein Gerät – und häufiger im übertragenen Sinn für die entsprechende Handlung bzw. ihr Ergebnis – zur Ausmessung und Aufteilung von neu gewonnenem Land; der Zusatz hereditatis macht dabei klar, dass es um dauerhaften Erbbesitz geht.9 Bei Victor, der natürlich nicht die Perspektive der Vandalen einnimmt, ist das Bild Teil der Beschreibung eines großen Verhängnisses. Deshalb steht nicht die gottgewollte Inbesitznahme des Landes Kanaan und der Beginn der Heilsgeschichte in Israel im Hintergrund,10 sondern die ‚Unheilsgeschichte‘ fremder Eroberung, erweitert um den Aspekt der göttlichen Bestrafung. In diesem Begriff steckt also die Klage der von fremden Eindringlingen Enteigneten, zugleich aber auch eine Art Selbstkritik.11 Für sich genommen könnte dieser Satz als bloßes Schriftzitat und fromme Anspielung auf eine Predigt-Tradition gelten, die in den Vandalen biblische Gewaltherrscher sah. Wir müssen ihn aber im Zusammenhang mit der gut bezeugten vandalischen Politik in Africa sehen, die tatsächlich einen scharfen Unterschied machte zwischen dem Gebiet der sortes Vandalorum, der ‚Landlose der Vandalen‘ (d.  h. der Güter, die die Krieger bei dieser Aufteilung erhielten), und dem Rest Africas: Im Kerngebiet sollte die arianische Kirche ihre Vorgängerin vollständig verdrängen; hier sollte der neue Besitz auch steuerfrei sein,

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V  Geiserichs afrikanisches Königreich während die Eigentümer im restlichen Africa, wenn sie ihr Land hatten behalten dürfen, an den König Steuern zahlten.12 Für die systematischen Enteignungen im Kerngebiet gibt es in Prokops Vandalenkrieg eine passende Bestätigung, die umso mehr wert ist, als sie unabhängig von Victors Darstellung erfolgt; dass sie nicht ganz präzise ist, wiegt demgegenüber nicht schwer. Prokop spricht von den durch die Enteignungen entstandenen Ländereien der Vandalenkrieger, die als klêroi bezeichnet wurden (was den lateinischen sortes und ihrer Qualität als Erbbesitz entspricht), er erwähnt ihre Steuerfreiheit und liefert die zusätzliche Information, dass Geiserich die römischen Kataster zerstören ließ, die neue Eigentumsstruktur also unumkehrbar machen wollte.13 In der Forschung gibt es trotz der eigentlich komfortablen Überlieferungslage den Versuch, diese Interpretation infrage zu stellen und durch alternative Modelle zu ersetzen. Auch die vandalischen Krieger hätten nicht enteignetes Land, sondern Steueranteile erhalten, die alte Besitzstruktur sei also im Kern nicht verändert worden.14 Die Basis für eine solche Konstruktion, die sich von den Quellen weit entfernt, ist aber schwach. Letztlich kann man sich nur darauf berufen, dass eine Enteignungs-Politik eine Besonderheit gegenüber etwa der gotischen Ansiedlung in Gallien oder Italien darstellen würde, aber angesichts der besonderen Situation der Vandalen in Africa kann man diesem Argument kaum großes Gewicht beimessen. Auch Victors Aussage ist übrigens nicht ganz genau, nämlich in der geographischen Beschreibung des Kerngebietes: Er spricht von der Zeugitana und der Proconsularis. Die Forschung sieht hier Synonyme, Victor aber meint wirklich zwei Gebiete; besser ist der Ausdruck also zu erklären, wenn man bedenkt, dass die Bezeichnung Zeugitana auf eine alte punische Region zurückgeht, die den Unterlauf des Bagradas umfasste;15 sie war ursprünglich nur ein Teil der Proconsularis. Dass sie hier gesondert erwähnt wird, muss also einen Grund haben. Dieser wird deutlich, wenn wir uns die Größenverhältnisse vor Augen führen. Wir werden noch sehen, dass es wohl kaum mehr als 10 000 Vandalenkrieger gab, die als Empfänger der sortes infrage kamen. Wir kennen die Größe der vergebenen Landgüter nicht, können aber ungefähr die landwirtschaftliche Fläche einer typischen afrikanischen Ackerbaustadt einschätzen; es scheint unwahrscheinlich, dass man mehr als 10 oder 20 dieser Städte brauchte, um die Krieger zu versorgen.16 Da es die Maxime der Landverteilung und der Sonderstellung ihres Siedlungsraumes war, eben ein ‚Kerngebiet‘ zu haben, in dem die Krieger gewissermaßen in vandalischer Umgebung leben konnten, nach eigenem Recht und ohne die Gefahr der ‚Auflösung‘,17 da ferner ein Gebiet benötigt wurde, von dem aus sie schnell zum militärischen Einsatz gerufen werden konnten, wäre es



2. Lebensgrundlage und Sozialstruktur der Vandalen

unsinnig gewesen, die sortes über die ganze Proconsularis zu verteilen. Die Provinz bestand ja auch nicht nur aus fruchtbarem, ertragreichem Ackerland. Prokop sagt ausdrücklich, dass schlechte Böden bei ihren früheren (jetzt dem König steuerpflichtigen) Besitzern blieben, und man wird dies alles insgesamt so verstehen können, dass nur das untere Bagradas-Tal und so viel der restlichen, angrenzenden Proconsularis aufgeteilt wurde, wie nötig war, um die Vandalenkrieger zu versorgen. Diese Tatsache (und dass damit das Herzstück der Proconsularis verteilt wurde) erklärt dann auch die Formulierung Victors, obwohl de facto ein großer Teil der Proconsularis wohl gar nicht zu den sortes gehörte. In diesem Gebiet wurde sicher auch der innerstädtische Besitz, also die Häuser, der alten Grundeigentümer den Vandalen übertragen, die nun die betreffenden Städte regelrecht übernahmen, aber auch in den für die spätantike Besiedlung typischen vorstädtischen Landhäusern (villae) lebten.18 Anzunehmen ist, dass dabei die Gliederung in Tausendschaften, mit der schon der Marsch durch Africa organisiert worden war, beibehalten wurde und dass insofern auch die militärischen Einheiten beisammenblieben. Dies alles ist unter der schon erwähnten Grundbedingung der vandalischen Ansiedlung zu verstehen, dass nämlich die neuen Eigentümer als Herren und Krieger kamen, nicht als Bauern oder Handwerker. Bewirtschaftet wurden die Güter also (auch wenn ihr Zuschnitt sich veränderte) von den bisherigen Landarbeitern, die, wie bisher, einen Teil des Ertrags für sich selbst behielten; auch die Verwaltung der Güter blieb wohl oft in römischer Hand.19 Karthago selbst gehörte im eigentlichen Sinn nicht zum Gebiet der sortes, obwohl hier das Zentrum des Vandalenreiches war. Hier lebte und agierte weiterhin auch die römische Oberschicht, nicht zuletzt der Prokonsul, hier gab es (wenn auch mit Intervallen) einen katholischen Bischof und ihm unterstehende Kirchen, also im Ganzen nicht jene Trennung der Lebensbereiche, die für die vandalischen Siedlungen kennzeichnend waren. Gerade in Karthago sind zwar Enteignungen bezeugt; ihr Ziel war aber nur, repräsentative Häuser für weltliche und geistliche Größen des Vandalenreiches freizubekommen.20

2. Lebensgrundlage und Sozialstruktur der Vandalen Als die Vandalen 429 über die Straße von Gibraltar setzten, war das Land, wie es damals hieß, ein ‚Garten der Köstlichkeiten‘. Africa war (namentlich im östlichen Teil) nicht nur dicht besiedelt und stark urbanisiert, sondern auch eine wirklich blühende Landschaft. In den Provinzen Africa Proconsularis, Byzacena

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V  Geiserichs afrikanisches Königreich und Numidia gab es hunderte städtische Siedlungen, und alle lebten im Wesentlichen vom Ackerbau.21 Eine Reihe von Erzeugnissen wurde dabei für den Export produziert, darunter in erster Linie Getreide und Oliven bzw. Öl, aber auch Wein, Fleisch und das berühmte Garum, eine für die antike Küche unverzichtbare Gewürzsoße auf der Basis von fermentiertem Fisch. Hinzu kam die afrikanische rote Töpferware, die man überallhin exportierte. Bei der Ausfuhr war der wichtigste Umschlagplatz natürlich der Hafen von Karthago, aber zu nennen sind auch (von West nach Ost) Hippo Regius, Thabraca, Clupea, Neapolis, Pupput, Hadrumetum, Leptis Minor und Sullectum.22 Ein Gutteil des Exports basierte allerdings nicht auf privatwirtschaftlichem Handel, sondern war staatlich reglementiert, da landwirtschaftliche Produkte den Hauptanteil der zu entrichtenden Grundsteuern des Provinzialgebietes darstellten. Auch der Grundbesitz war nur zum Teil in privater Hand; es gab seit langer Zeit ausgedehnte kaiserliche Ländereien in Africa.23 Die Blüte der Städte, die auf der florierenden Landwirtschaft basierte, lässt sich mit literarischen Berichten, aber auch anhand archäologischer Funde belegen. Die Bebauung in den Städten verdichtete sich, der öffentliche Raum wurde mit aufwändigen Bauten verschönert, repräsentative Theater und Amphitheater wurden errichtet oder restauriert; aber auch am Luxus der Privatbauten (etwa Villen vor der Stadt) lässt sich der Wohlstand ablesen. Hinzu kommen Wirtschaftsbauten, die uns einen Einblick in das technische Niveau der afrikanischen Landwirtschaft bieten.24 Aufgrund der Koppelung der afrikanischen Landwirtschaftsproduktion an die Grundsteuer der Landbesitzer war Italien regelrecht abhängig von der jährlichen Versorgung (annona) aus Africa, zu der auch die Pächter von öffentlichem Land in Africa und die dortigen kaiserlichen Ländereien beitrugen.25 Diese annona-Produkte wurden nicht nur in Italien verbraucht, sondern von dort auch weiter zu den Armeestandorten und den Zentren der kaiserlichen Bürokratie geleitet. Entscheidend war, dass diese Waren – jedenfalls im Normalfall – der römischen Zentrale unabhängig von den Marktpreisen zur Verfügung standen. Den Export übernahmen private Handelsschiffer.26 Anders als manche Klagen bei der Eroberung es vermuten lassen, haben die Vandalen diesen Garten keineswegs zertrampelt. Warum sollten sie auch, wo sie doch von seinen Früchten leben wollten? Tatsächlich lassen archäologische Quellen nicht erkennen, dass es im 5. Jh. irgendeinen signifikanten Einbruch der Prosperität gab, der mit dem Einfall der Vandalen in Verbindung gebracht werden könnte.27 Dennoch haben sich unter ihrer Herrschaft zwei wesentliche Konstanten, die vorher prägend waren, geändert: Zum einen verschwand das annona-System. Nach der vandalischen Eroberung der Proconsularis im Jahre



2. Lebensgrundlage und Sozialstruktur der Vandalen

439 n. Chr. bzw. nach dem römisch-vandalischen Vertrag von 442 gingen die Lieferungen zwar weiter, aber nicht mehr zu denselben Bedingungen. Leider sind die konkreten Vertragsbedingungen nicht überliefert, mit Sicherheit jedoch verpflichteten sie die Vandalen nicht mehr zu den bisherigen Festpreisen (was mit ihrer Autonomie und ihrer Machtposition ganz und gar unvereinbar gewesen wäre), und auch was die Menge angeht, müssen sie flexibel gewesen sein. Es handelte sich also in Wirklichkeit nicht mehr um eine Versorgungsverpflichtung, sondern um den Export von Überschüssen, vielleicht garniert mit Formulierungen, die dem römischen Vertragspartner den Verlust der lebenswichtigen alten Rechte ein wenig versüßen sollten. De facto war aber ohnehin klar, dass Rom hier nichts mehr durchsetzen konnte. Und ab 455 n. Chr. war dieser Vertrag aus vandalischer Sicht ja ohnehin obsolet. Natürlich endete damit nicht der Export der Überschüsse. Die privaten Handelsschiffer, die von den afrikanischen Häfen aus agierten, wollten auf die entsprechenden Gewinne ja sicher ebenso wenig verzichten wie die Erzeuger auf den Landgütern. Gut möglich, dass die Vandalen an diesem Handel nicht unerheblich mitverdienten, etwa indem sie sich für einen entsprechenden Schutz, unter den sie die afrikanischen Schiffe auf dem Mittelmeer stellten, bezahlen ließen. Das könnte jedenfalls gut erklären, wieso sich Geiserich nach 468 n. Chr. intensiv für karthagische Kaufleute einsetzte, deren Schiffe von den Byzantinern im Zuge des Basiliskos-Feldzuges festgehalten (und sicher auch erleichtert) worden waren. Dennoch war dies alles kein Ersatz für die zentral gesteuerten afrikanischen Warenströme aus der Zeit der römischen annona; dieser Handel hörte weitgehend auf.28 Wir haben oben gesehen, dass ein Teil des afrikanischen Provinzialgebietes (als sortes Vandalorum) an vandalische Krieger und ihre Familien regelrecht neu verteilt wurde und steuerfrei blieb, dass der ehemals kaiserliche Besitz in die Hand des Königs kam und dass dieser prinzipiell die Vorherrschaft über das übrige Land in der Form erhielt, dass die Steuern künftig an ihn zu zahlen waren. Für all diese Gebiete, also diejenigen, die nicht zum Kernbereich der sortes Vandalorum gehörten, dürfte sich somit nicht allzu viel geändert haben. Die afrikanischen Besitzer des Landes ließen, wie bisher, ihre Arbeiter und Pächter wirtschaften und waren, wie bisher, zu Abgaben verpflichtet. Wir wissen nicht, ob die Steuern unter dem König ähnlich hoch waren wie in römischer Zeit, aber massive Verschlechterungen hätten wohl Widerhall in unseren Quellen gefunden.29 Die entscheidende Frage hinsichtlich der Lebensweise der Vandalen ist nun aber, ob wir sie uns auf ihren Landgütern nun als eine Art Großbauern vor-

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V  Geiserichs afrikanisches Königreich stellen müssen, die, wenn sie nicht im Krieg waren, den landwirtschaftlichen Betrieb leiteten. Dies ist jedoch aus mehreren Gründen unwahrscheinlich. Es fehlte schlichtweg alles, was hierzu nötig gewesen wäre: die entsprechenden Kenntnisse, die nötige Zeit (das vandalische Heer blieb im Dauereinsatz, schon weil nach 455 n. Chr. ein riesiges Reich zu sichern war) und eine Tradition, die auch auf Oberschichtsebene – wie bei den Romanen – dem Ideal des Grundbesitzers verpflichtet war; auch auf den vandalischen Gütern des Kerngebiets arbeitete also weiterhin das frühere Personal.30 Die vandalische Gesellschaftspyramide war wohl deutlich flacher als die der früheren, der römischen Zeit. Dies lag zum einen an der Entmachtung des Adels (seinen letzten großen Auftritt hatte er wahrscheinlich bei einem Aufstand gegen den König im Jahr 442 n. Chr., der im nächsten Kapitel behandelt wird), zum anderen an der Schicht der vandalischen Krieger, die, so ist jedenfalls anzunehmen, mehrheitlich einen zunächst ähnlich großen Anteil am enteigneten Land im vandalischen Kerngebiet erhalten hatten.31 Ganz oben stand natürlich der König mit seiner Familie, es folgten die durch permanenten oder sporadischen Dienst für den König hervorgehobenen Vandalen, an der Spitze der Verwaltungschef. Dass Königsdienst ‚adelte‘, lässt sich an dem ehrenvollen Titel ablesen, den verdiente Gefolgsmänner führten (wir kennen nur die lateinische Form): comes.32 Wir haben keine wirkliche Vorstellung von der Größe dieser Verwaltung, müssen aber im Auge behalten, dass die sicher intensivste Form der damaligen Administration, die Steuererhebung, entfiel: Die vandalischen Krieger lebten steuerfrei, die steuerpflichtigen Römer verwalteten bzw. schröpften sich selbst. Allerdings hatten der König und seine Familie alle nicht als sortes an die Vandalen verteilten Gebiete übernommen; deren Verwaltung musste er also irgendwie beaufsichtigen. An der Seite der weltlichen Spitze des Reiches – und dieser zugleich klar untergeordnet – erhob sich die kirchliche Hierarchie.33 Was den ‚Hauptkörper‘ der Pyramide angeht, besitzen wir ein wichtiges Zeugnis in Prokops Bericht von der Eheschließung König Thrasamunds, der seinen königlichen Kollegen Theoderich den Großen erfolgreich um die Hand von dessen verwitweter Schwester Amalafrida gebeten hatte. Sie kam nach Karthago, begleitet von „eintausend edlen Goten als Garde, denen als Bedienung 5000 kampftüchtige Männer folgten“. Die Forschung hat dieses Ehrengeleit zu wenig beachtet; denn wir erfahren nicht nur die Gesamtzahl der damals nach Africa gekommenen gotischen Kämpfer (6000),34 sondern auch etwas zu ihrer Sozialstruktur: Es gab ‚edle‘ Goten und gotische Diener im Verhältnis 1 : 5. Letztere waren – und dies stellte gegenüber römischen Gepflogenheiten eine Be-



2. Lebensgrundlage und Sozialstruktur der Vandalen

sonderheit dar – keineswegs auf die Bedienung der ‚Edlen‘ beschränkt,35 sondern kämpften auch selbst. Für Germanen aber ist dies nicht nur hier bezeugt, sondern auch an anderen Stellen und für andere spätantike gentes, sodass wir voraussetzen dürfen, dass sich auch die vandalische Streitmacht – und Gesellschaft – aus Kriegern und ‚Kriegsknechten‘ zusammensetzte.36 Vollberechtigte Mitglieder der Stammesgesellschaft waren natürlich nur die Herren, nicht die Knechte (auch wenn die Grenze durchlässig gewesen sein dürfte)37, was wiederum Folgen für die Größenordnung der Vandalenansiedlung hat. Denn die Knechte und ihre Familien zählten ja zu den 80 000 Menschen, die 429 n. Chr. nach Africa kamen, dazu. Wir hatten oben die Zahl der Bewaffneten auf maximal 20 000 eingegrenzt.38 Nun aber wird klar, dass von ihnen keineswegs alle das Recht auf ein Landlos hatten und dass folglich maximal 10 000, wahrscheinlich sogar noch weniger, sortes vergeben wurden.39 Die Knechte lebten sicher bei ihren Herren (auch um mit ihnen bei Bedarf schnell in den Krieg ziehen zu können), und wie diese nicht als Ackerbauern, sondern lebten vom Ertrag des Landes, das, wie gesagt, von den bisherigen Arbeitern und Pächtern bewirtschaftet wurde. Unter den sortes-Inhabern war Einfluss und Prestige sicher abgestuft. Auch wenn wir nicht wissen, ob die sogenannten Adligen (nobiles) am Ende der Regierungszeit Geiserichs noch aus denselben Familien stammten wie in der Anfangszeit: Es gab sie, und ihre Stellung hatte sicher auch eine materielle Grundlage.40 Daneben – und sich zum Teil überschneidend – gab es die Gruppe der im Dienst des Königs stehenden Vandalen. Dass sie besonders herausgehoben waren, versteht sich eigentlich von selbst; ein Teil von ihnen führte (wie erwähnt) einen traditionsreichen lateinischen Titel: comes (eigentlich ‚Begleiter‘).41 In welcher Form der König sie verwendete und ihren Dienst vergütete, variierte. Sein bewegliches Vermögen und sein schier unbegrenzter Landbesitz boten ihm genügend Möglichkeiten. Beide Gruppen gemeinsam, die nobiles und die comites, bildeten die weltliche Elite des Vandalenreiches. Bei wichtigen Staatsangelegenheiten war auch ihr kirchliches Pendant, die Vertreter der arianischen Hierarchie, zugegen.42 Nach dem König, der Elite und seinen Kriegern samt den ihnen jeweils zugeordneten Vandalen ist eigentlich nur noch die kaum greifbare und eher kleine, aber sicher vorhandene Schicht von Handwerkern und sonstigen Spezialisten zu nennen, die entweder innerhalb eines vandalischen Hauses von ihrer Kunst lebten oder dazu zwischen mehreren hin und her wechselten. Natürlich bot der Königshof die größten und sichersten Möglichkeiten für diese Schicht, die sicher aus Vandalen und aus Romanen bestand.43

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V  Geiserichs afrikanisches Königreich

3. König, Reich und Administration Im Jahre 484 n. Chr. richtete König Hunerich ein Edikt an die Katholiken seines Reiches, in dem er allen, die nicht konvertieren wollten, schwere Strafen androhte. In der Einleitungsformel traf er dabei eine wichtige Unterscheidung: „Hunerich, König der Vandalen und Alanen, an alle Völker, die unserer Herrschaft unterworfen sind.“44 Hier interessieren uns vor allem der Königstitel und die darin genannten oder eben nicht genannten ‚Völker‘. Denn den gewissermaßen staatstragenden Vandalen und Alanen werden die Unterworfenen klar gegenübergestellt, und dies sind die Adressaten, also die Romanen, d.  h. die afrikanische Provinzbevölkerung, soweit sie nicht Teil der Vandalen geworden waren. Es gab also auch knapp 60 Jahre nach dem Einfall der Vandalen in Africa immer noch die Trennung zwischen Herren und Beherrschten, und Letztere konnten nach wie vor eigentlich nicht von ‚ihrem‘ König sprechen.45 Dass dessen Titel erst so spät bezeugt ist, muss insofern nicht verwundern, als Victor, der sich vor allem für die Leiden seiner Kirche unter Hunerich interessierte, die früheste (und wichtigste) Quelle ist, die uns vandalische Aktenstücke überliefert.46 Die Frage ist also, wie alt dieser Titel eigentlich ist. Rein formal besteht die Möglichkeit, dass er erst von König Hunerich angenommen wurde;47 denn vorher ist er, wie gesagt, nicht bezeugt. Plausibel ist eine Entstehung nur in der Zeit, in der eine Motivation für die historisch neue Verbindung von Vandalen und Alanen erkennbar ist, und dies gilt eigentlich nur für das Jahr 418 n. Chr., als die Alanen nach dem Tod ihres Königs und dem Verlust der Mehrzahl ihrer Kämpfer „ihr eigenes Königtum hintanstellend“ sich Gunderich unterstellten.48 Sie hatten sehr wohl eine eigene Tradition, eine eigene Sprache und sicher auch ihre eigenen sozialen Institutionen. Dem trug man nun mit der Aufnahme ihres Ethnonyms in den Königstitel Rechnung. Ob ihnen ansonsten noch irgendwelche Sonderrechte eingeräumt wurden, wissen wir nicht. Für denselben Zeitpunkt, also für 418 n. Chr., gibt es auch eine sinnvolle Erklärung für den Sammelbegriff Vandali. Denn wir haben ja gesehen, dass sich damals wahrscheinlich auch die überlebenden silingischen Vandalen den Hasdingen unterstellt haben, sodass der neue Titel tatsächlich eine neu zusammengefügte gens repräsentierte, in der allerdings der hasdingische Anteil in jeder Hinsicht bestimmend war. Nur diese besondere Konstellation erklärt den neuen Königstitel, während er zu irgendeiner späteren Zeit unmotiviert erscheinen würde. Dass die Vandalen ihn auch in der lateinischen Form verwendeten (neben dem Original natürlich, dem Titel in ihrer eigenen Sprache), ist ebenfalls plausibel. Die Kontakte mit dem Römischen Reich erforderten dies



3. König, Reich und Administration

geradezu, und für Römer war die Bezeichnung rex Vandalorum eine Selbstverständlichkeit.49 Schwierig ist die Frage, wie lange die Erwähnung im Titel einer realen Unterscheidbarkeit der Alanen Rechnung trug. Zwar gibt es einige Eigennamen in Africa, bei denen eine alanische Herkunft vermutet wird,50 aber das bedeutet nicht viel; denn die Zugehörigkeit zur gens Vandalorum war ja ohnehin nicht an eine Abstammungs- oder Sprachgemeinschaft gebunden, es gab also auch Vandalen mit gotischen, suebischen oder sogar lateinischen Namen.51 Auffallend ist, dass die Alanen, vom Königstitel abgesehen, als Akteure in Africa nicht mehr auftauchen. Die daraus folgende Vermutung, dass sie als solche auch keine Rolle mehr spielten, lässt sich erhärten. In einem Gedicht des Dracontius aus dem späteren 5. Jh. listet der Autor im Stil üblicher literarischer Barbarenkataloge eine Reihe ferner (und feindlicher) gentes auf. Die Vandalen fehlen hier natürlich, genannt werden aber neben Persern, Sueben, Goten, Alamannen usw. auch die Alanen. Offensichtlich hatte der Autor nicht das Empfinden, dass diese in Africa präsent waren.52 Sie dürften also in den vorangegangenen Jahrzehnten ihre erkennbar eigenen Traditionen tatsächlich abgelegt haben, besonders natürlich ihre eigene Sprache. Bezeichnenderweise beschreibt Prokop, als er seinen Lesern das gemeinsame Übersetzen der Vandalen und Alanen über den Rhein erklärt, Letztere als gotisches Volk, also mit einer gotischen Sprache. Er zählt dazu Goten, Vandalen und Gepiden.53 Da er also auch von den Vandalen (ganz zu Recht) sagt, dass sie eine gotische Sprache sprechen, hat er vom Idiom der Alanen und ihrer unterschiedlichen Kultur offenbar nie etwas gehört, obwohl ihm ihre Nennung im vandalischen Königstitel geläufig war. Dieser wurde bis in die letzten Tage des Vandalenreiches benutzt.54 Aus dem Gewinn der afrikanischen Metropole Karthago folgte für das neue regnum eine vorher unbekannte Zentrierung, konkret sichtbar im neuen ‚Palast‘ des Königs (der sicher zunächst nicht so genannt wurde). Auch wenn es nicht überliefert ist, hat Geiserich doch das alte politische Zentrum der Stadt und ganz Africas mit Sicherheit in der Form übernommen, dass er in die Residenz des römischen Statthalters einzog, die am Byrsa-Hügel, der Akropolis Karthagos, lag.55 Immerhin erfahren wir, dass man, ob vom Hafen oder von Süden kommend, zum Königspalast „aufsteigen“ musste,56 und die Selbstverständlichkeit dieser Formulierung passt nur zu einer Residenz irgendwo auf dem Stadthügel. Als Belisar 534 n. Chr. in die Stadt und in den Palast eingezogen war, ließ er sich auf dem Thron des Königs nieder und nahm auch den Festsaal in Besitz.57 Dass dieser Palast aber oben auf dem seit der Zeit des Antoninus Pius (138 – 161) monumental ausgebauten Plateau des Hügels stand, ist unwahr-

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V  Geiserichs afrikanisches Königreich scheinlich; denn auch der Prokonsul hatte dort wohl nie sein Praetorium gehabt, und überhaupt waren diese riesigen Bauten (namentlich die Basilika, der größte Saalbau Africas) unter den Vandalen einfach nicht mehr instand zu halten und verfielen.58 Detaillierte Informationen über bauliche Gegebenheiten und Funktionen haben wir leider nicht (residierten hier auch die anderen Hasdingen?). Auf jeden Fall war dort auch die Zentrale der königlichen Verwaltung angesiedelt, und es gab eine Palastkirche.59 Gerne wüssten wir mehr über die Repräsentationsformen des Königs, über das Tempo ihrer Romanisierung60 und wie sich der Königspalast zu den Häusern des Adels verhielt. Wir haben bereits gesehen, dass dieser schon in den ersten Jahren des Königreichs erfolglos versucht hatte, seine Marginalisierung mit Gewalt zu verhindern.61 Es ist kein Zufall, dass diese Adelsopposition gerade im Zusammenhang des für die Vandalen – von außen betrachtet – so erfolgreichen Vertragsabschlusses von 442 n. Chr. aufgetreten war. Geiserich war es dabei offenbar gelungen, als alleiniger Repräsentant der Vandalen agieren zu können und akzeptiert zu werden, den eigenen Adel dagegen (der ursprünglich dem König geradezu ebenbürtig gewesen war) völlig in den Hintergrund zu drängen. Partner des Kaisers war ja ausschließlich Geiserich, der nun auch allein die kaiserliche Anerkennung bekam. Offenbar ging der Widerstand bis hin zu Umsturzplänen, die aber entdeckt wurden, was dann zu zahlreichen öffentlichen Folterungen und Hinrichtungen (wie üblich auch ganz Unbeteiligter) führte.62 Vielleicht war der Auslöser für die Verschwörung erst die auf den Vertrag folgende Landverteilung (s.  o.), bei der es ja nur zwei große Kategorien gab: die vandalischen Krieger und die Königsfamilie; wieder fehlten der Adel und überhaupt traditionelle Familien- oder Clan-Strukturen.63 Dies könnte natürlich auch bereits eine Folge der gescheiterten Erhebung sein. Jedenfalls war die alte Aristokratie danach offenbar in einer Weise entmachtet, die sie sogar aus den Quellen verschwinden ließ, bis hin zum letzten Akt der vandalischen Repräsentation, dem Triumphzug des Feldherrn Belisar, der die besiegten Barbaren im Hippodrom Konstantinopels mit sich führte: einerseits König Gelimer und seine Familie, andererseits prominente Vandalen, die aber nicht etwa wegen ihres Adels, sondern wegen ihrer Größe und Schönheit ausgewählt worden waren.64 Geiserich gelang es also, den alten Adel von dessen angestammten Führungspositionen im Heer dauerhaft zu trennen. Dies wäre ohne die zahlreichen Erfolge, die sich der König auf die Fahnen schreiben konnte, sicherlich nicht möglich gewesen. Auch die Raubzüge der Jahre nach der Eroberung Roms, die ihm Beute, Ruhm und die Loyalität der benachbarten Berberstämme einbrachten, trugen dazu bei, ihn als Herrscher geradezu unangreifbar zu machen; einzel-



3. König, Reich und Administration

ne militärische Schlappen konnten das nicht mehr ändern. Mit der im Grunde ungesicherten Stellung von ‚Heerkönigen‘, wie es sein Vater Godegisel und sein Bruder Gunderich gewesen waren, hatte sein Königtum nicht mehr viel zu tun. Seine Machtbasis war, wie schon mehrfach deutlich wurde, das Heer, das ihm allein unterstellt, ihm verpflichtet war und das ihm, soweit wir wissen, immer treu zur Seite stand. Über Titel und Befehlsstrukturen sind wir leider nicht informiert. Bezeichnenderweise sind herausgehobene Kommandeure immer Verwandte oder ‚Knechte‘ des Königs.65 Die Soldaten waren offenbar in Tausendschaften eingeteilt, wobei wir nicht wissen, ob dabei nur die Krieger oder auch die ‚Knechte‘ (douloi, was man in diesem Fall nicht mit ‚Sklaven‘ übersetzen sollte) zählten, die bei ihnen waren, wie wir wissen – bewaffnet, aber schlechter gerüstet als ihre Herren.66 Wegen ihrer primären Aufgabe, ihren Herren zu dienen, kämpften sie im Krieg sicher nicht in eigenen Einheiten. Die vandalischen Krieger waren als Reiter bekannt und gefürchtet;67 ihre Knechte werden eher zu Fuß gekämpft haben. Von der (bescheidenen) Gesamtgröße des Heeres im kleinen fünfstelligen Bereich war schon die Rede; bei Bedarf konnten maurische Hilfstruppen aktiviert werden.68 Zum Königreich gehörten nicht nur König und herrscherliche Gewalt, sondern auch das entsprechende Territorium. Wir haben schon gesehen, wie sich Geiserich im Vertrag von 442 n. Chr. die Selbständigkeit erkämpfte und danach seinen Vandalen Land zuteilte. Werfen wir nun aber noch einen Blick auf das gesamte Herrschaftsgebiet, zunächst in Africa, dann in ‚Übersee‘. Victor von Vita behauptet, dass sich Geiserich nach der Eroberung Roms des gesamten afrikanischen Provinzialgebiets bemächtigt habe, also auch der Provinzen, die 442 n. Chr. beim Kaiser geblieben waren.69 In der Forschung ist diese Aussage oft infrage gestellt worden, und man muss sie in der Tat insofern relativieren, als eine direkte Machtausübung in diesem riesigem Gebiet für die Vandalen ganz außerhalb ihrer Möglichkeiten lag – immerhin erstreckte es sich in Ost-West-Richtung über 2600 km und umfasste eine Fläche von ca. 900 000 km2. Dennoch erfindet der Autor hier nichts, sondern gibt nur die Tatsache wieder, dass der König all diese Gebiete beanspruchte und Ravenna nicht mehr in der Lage war, dies tatkräftig infrage zu stellen. Es gab also keine Statthalter mehr, die von der Zentrale geschickt wurden, und keine Steuern, die den umgekehrten Weg gingen. Die Vandalen dagegen hatten in den Hauptstädten der Provinzen und auch den wichtigen Küstenstädten ihre Militärposten und versuchten sicher auch, Steuern einziehen zu lassen.70 Inwieweit dies allerdings gelang, hing notwendigerweise davon ab, wie sich das Verhältnis zwischen den Vandalen und den großen Gewinnern der Erosion

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V  Geiserichs afrikanisches Königreich der römischen Macht im westlichen Africa, nämlich den Stämmen der sogenannten Mauri, gestaltete. Denn natürlich konnte man den Grundbesitzern und Pächtern nur dann etwas abnehmen, wenn sie in einigermaßen sicheren Verhältnissen etwas erwirtschaften konnten; dies setzt voraus, dass die Vandalen eine anerkannte Macht darstellten. Für die Zeit Geiserichs haben wir Hinweise, dass es ihm gelungen ist, auch bei den Mauren eine Autorität zu werden und sie für seine Zwecke einzusetzen. Insofern konnte er seinen Anspruch auf die westlichen Gebiete sicher durchsetzen (wenn auch durchaus möglich ist, dass er in manchen Gebieten seine Rechte an Maurenstämme abgetreten hatte).71 Seine Nachfolger aber konnten das nicht mehr ohne Weiteres. Jedenfalls gehörte ab 455 n. Chr. aus Sicht der Vandalen tatsächlich die gesamte afrikanische Provinzgruppe zu ihrem Königreich.72 Ravenna hat diese Annexionen Geiserichs nicht anerkannt (aber umgekehrt galt dies für das westliche Kaisertum insgesamt),73 ebenso wenig wie die außerhalb Africas. Von ihnen spricht Victor von Vita nur sehr summarisch: „Er (Geiserich) beanspruchte auch mit der ihm eigenen Anmaßung die großen Inseln Sardinien, Sizilien, Korsika, Ibiza, Mallorca, Menorca und viele andere.“ Es sollte bis zum Jahr 474 dauern, bis dieser Anspruch vom Ostkaiser Zenon anerkannt wurde; das Westreich hatte zu diesem Zeitpunkt schon keinen Einfluss mehr darauf.74 Für die Vandalen boten diese Gebiete ganz unterschiedliche Vorteile. Am wichtigsten war zweifellos Sardinien, nicht nur, weil die Insel gleichsam gegenüberlag, „mitten zwischen Rom und Karthago“, sondern weil sie eine zentrale Position im westlichen Mittelmeer einnahm (s. Abb. 6) und darüber hinaus außerordentlich fruchtbar war. Dementsprechend hartnäckig war zunächst der römische Widerstand.75 Erst nach der gescheiterten Unternehmung des Basiliskos konnten die Vandalen sie dauerhaft in Besitz nehmen; sie benutzten sie dann auch als Verbannungsort (etwa für katholische Bischöfe). In welcher Form Sardinien geschützt und verwaltet wurde, wissen wir nicht genau.76 Wahrscheinlich gibt eine Nachricht Prokops hier einen Hinweis: Geiserich ließ in seinen letzten Jahren rebellische Mauren nach Sardinien deportieren, mitsamt Frauen und Kindern, was darauf hindeutet, dass der Stamm hier eine dauerhafte Aufgabe bekam: die Sicherung der Insel. Tatsächlich hat er sich hier dann dauerhaft festgesetzt, vornehmlich offenbar auf Kosten der Nachbarn.77 Die teilweise Übergabe der Insel an Mauren lässt darauf schließen, dass sie für die Vandalen nicht (wie für Ravenna) als Kornlieferant von Bedeutung war und auch nicht als Siedlungsland. Man wollte die Kontrolle und den strategischen Nutzen, daneben wirtschaftliche Vorteile. Irgendwann wurde es zu aufwändig, hierfür vandalische Ressourcen einzusetzen. Unter Gelimer (und wohl schon vorher) war



3. König, Reich und Administration

Sardinien einem königlichen Verwalter übertragen, der das Land mit eigenen Kräften kontrollierte und den Vandalen den Gewinn auszahlte.78 Die geopolitische Bedeutung Siziliens ergibt sich aus der Lage auf der Grenze zwischen weströmischem und vandalischem Machtbereich; die Insel war zugleich auch von Osten aus leicht erreichbar. Von besonderer Wichtigkeit war hier zudem die seit alters her berühmte Kornproduktion, die namentlich nach dem Verlust Africas für Italien lebenswichtig war. Beides zusammen erklärt hinreichend, warum der Westen mit allem nötigen Einsatz zu verhindern suchte, dass sich eine vandalische Herrschaft auf der Insel etablierte. Dies ist trotz einiger Angriffe (die gleich nach Geiserichs Eroberung von Karthago 439 n. Chr. begannen) lange auch gelungen. Sizilische Häfen dienten immer wieder auch als Etappe römischer Schiffe vor einem Angriff auf Karthago. Geiserich hatte offenbar nicht die militärischen Möglichkeiten, um Sizilien zu besetzen, jedenfalls solange es eine koordinierte Verteidigung gab. Bezeichnenderweise endete die römische Kontrolle, als Marcellinus auf Sizilien ermordet wurde (468).79 Folgerichtig wurde die Insel im Vertrag von 474 n. Chr. den Vandalen zugesprochen, als Kaiser Zenon Frieden schloss und es im Westen kein Reich (und keinen Kaiser) mehr gab, dem dies hätte schaden können.80 Dies scheint aber eher die Erfüllung von lang gehegten Prestige-Wünschen gewesen zu sein als von Bedürfnissen vandalischer Machtpolitik. Denn schon zwei Jahre später trat Geiserich die Insel (kurz vor seinem Tod) an Odoaker ab, wohl mit Ausnahme der wichtigen Hafenstadt Lilybaeum. Auch diese ging zwar unter König Gunthamund an die Ostgoten verloren, Theoderich aber gab sie in Form einer Mitgift seiner Schwester Amalafrida 500 n. Chr. den Vandalen zurück.81 Korsika und die Balearen schließlich hatten im Königreich der Vandalen vor allem die Funktion von Außenposten. Unsere Kenntnisse sind allerdings sehr dürftig. Zwar wissen wir, dass die Inseln unter Geiserich übernommen wurden,82 wann genau jedoch und in welcher Form, ist unbekannt. Sie gehörten 534 n. Chr. mit zur vandalischen ‚Erbmasse‘, die den Byzantinern zufiel, allerdings nicht durchweg kampflos.83 Was die Administration des Vandalenreiches angeht, sind zwei grundlegende Charakteristika zu beachten: zum einen die Trennung zwischen dem Kernbereich der sortes Vandalorum und dem restlichen Africa, zum anderen die Entscheidung der Vandalen, hinsichtlich des (viel größeren) letzteren Gebiets keinesfalls eine eigene, neue Verwaltung zu installieren, sondern die vorhandene zu übernehmen. Diese Entscheidung war eine bare Notwendigkeit: Weder personell noch von den Kompetenzen her wäre eine vandalische Verwaltung möglich gewesen. Damit aber war ebenfalls vorgegeben, dass die Sozialstruktur in den

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V  Geiserichs afrikanisches Königreich Provinzen nicht fundamental geändert werden konnte und sollte. Man brauchte die römische Elite, sowohl für die Selbstverwaltung der Städte als auch, um Steuern einzutreiben (nun jedoch statt für den römischen Kaiser für den König in Karthago). Letzteres setzte wiederum voraus, dass man auch die ökonomische Potenz der Romanen, die dafür infrage kamen, nicht dauerhaft zerstörte. Ein Beispiel ist hier Fulgentius von Ruspe: Sein Vater war zunächst aus Karthago vertrieben, sein Stadthaus enteignet worden; dann aber wurden zumindest Teile des Grundbesitzes in der Byzacena (um die Stadt Thelepte, eines der Zentren der Provinz) auf Befehl des Königs restituiert, und der junge Fulgentius wurde mit der Steuereintreibung in der Region beauftragt. Leider erfahren wir kaum mehr über die Funktionen der alten städtischen Oberschicht; aber das liegt nicht an ihrem Verschwinden, sondern an unseren Quellen.84 Immerhin erfahren wir, dass die alten städtischen und provinzialen Titel der mit dem früheren Kaiserkult beauftragten Dekurionen (Stadträte) in der Vandalenzeit weiter verwendet wurden – ein klares Zeichen für das Weiterleben dieser Schicht, auch wenn die mit den Titeln verbundenden Funktionen unklar bleiben.85 Auch der zweite wichtige Verwaltungsbereich, die Rechtsprechung, blieb, soweit nicht Vandalen betroffen waren, in römischen Händen. Möglicherweise beließ man nicht nur den Prokonsul in Karthago im Amt, sondern auch die anderen römischen Provinzchefs, die dann weiterhin für die Rechtsprechung unter den Romanen zuständig waren.86 Allerdings wissen wir nicht, ob Numidien und die mauretanischen Provinzen in ihrer früheren Form erhalten blieben. Aber auch neue Provinzen (Mauretania maior und minor?) wurden sicher römischen Verwaltern unterstellt.87 Als eine Art Kronzeuge für die fortdauernde Geltung des römischen Rechts (und für römischen Grundbesitz) im vandalischen Africa gelten die sogenannten Tablettes Albertini, 32 auf Holztäfelchen geschriebene Kaufverträge aus der Gegend südlich von Theveste, die Immobilien-Verkäufe nach römischem Recht unter Gunthamund dokumentieren.88 Während das Eintreiben von Steuern die vandalische Administration also kaum beschäftigte, war dies mit der Thesaurierung etwas anderes: Zentrum der königlichen Verwaltung war der Palast, in dessen Kellern sich auch der königliche Schatz befand, der immer weiter anwuchs.89 Es gab eine prinzipielle Unterscheidung zwischen dem Haus des Königs und seinem Reich, dem regnum. Dessen oberster Verwalter, zugleich der oberste Hofbeamte, agierte auch als Vertreter des Königs.90 Die Schreiber der königlichen Kanzlei waren zum großen Teil römischer Herkunft; die bekannten Edikte lassen generell ein hohes sprachliches Niveau erkennen. Die Sekretäre (notarii) konnten sicher auf römische Staatsarchive in



4. Die Nachfolgeregelung

Karthago zurückgreifen und dürften sich oft an römischen Verwaltungstraditionen orientiert haben. Sie gaben zudem königliche Befehle bekannt, protokollierten und fungierten wohl auch als Dolmetscher.91 Generell darf man sich die vandalische Administration allerdings nicht allzu formell vorstellen. Wichtige Aufgaben konnte der König Vertrauten übertragen, unabhängig von geregelten Zuständigkeiten.92 Dies galt auch für die Verwaltung der außerafrikanischen Gebiete, über die wir allerdings kaum etwas wissen. Gelimer hatte später Sardinien einem seiner ‚Knechte‘ übergeben.93 Leider sind wir auch über die Organisation des Kerngebiets der Vandalen, der sortes Vandalorum, kaum informiert; vieles wird in der Hand der neuen Eigentümer gelegen haben, von denen wir wissen, dass sie über ihre Bediensteten wie über Sklaven verfügten.94 Einen weiteren substanziellen Hinweis bietet der im Vandalenreich gebräuchliche Titel millenarius. Unter der Voraussetzung, dass 429/430 n. Chr. der Marsch durch Africa in 80 Tausendschaften stattfand, zu denen Männer, Frauen und Kinder gehörten, haben wir oben vermutet, dass auch die endgültige Ansiedlung ein gutes Jahrzehnt später diesem Muster folgte. Dann aber ist wahrscheinlich, dass der millenarius mit dieser Organisation in Zusammenhang steht. Victor spricht von einem Vandalen, der „zu denen gehörte, die man Tausendschaftsführer (millenarii) nennt“. Ist damit der Inhaber eines der vom König vergebenen Landlose gemeint? Dies ist öfter vermutet worden, stößt sich aber daran, dass deren Empfänger bei Victor und Prokop ‚das Heer‘ insgesamt oder generell ‚die Vandalen‘ sind,95 während hier offenbar eine besondere Gruppe gemeint ist. Ebenso unwahrscheinlich ist, dass es sich um eine rein militärische Funktion handelte; diese hätte Victor sicher als solche, nicht nur durch den Titel bezeichnet. Anzunehmen ist also, dass ihre Funktion einen spezifischen Bezug zu den sortes hatte, und hier liegt nahe, an die Administration der Tausendschaften im Siedlungsgebiet zu denken, in erster Linie an die Rechtsprechung unter Vandalen, soweit sie nicht am Königshof stattfand.96

4. Die Nachfolgeregelung Auch die bestgesicherte Königsherrschaft muss irgendwann ein Ende haben, spätestens nämlich mit dem Tod des Inhabers. Geiserich war 429 n. Chr. mit 40 Jahren König geworden, blickte also in den 470er Jahren auf ein über 80 Jahre dauerndes Leben zurück. Wir haben oben gesehen, dass er am Ende einer Entwicklung steht, in der die Königswürde der Vandalen nicht nur in einer Familie monopolisiert wurde, sondern schließlich ganz auf dem ‚Königsglück‘

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V  Geiserichs afrikanisches Königreich einer einzigen Person basierte.97 Geiserich hatte dieses ‚Glück‘ zur Genüge, ja im Übermaß bewiesen und im Palast von Karthago gewissermaßen materialisiert. Wie hat er seine Nachfolge geregelt? Das Thema war 442 n. Chr. bei der Gründung seines Reiches sicher auf der Tagesordnung gewesen, wir haben allerdings keinerlei Nachrichten darüber. Nach allem aber, was uns historische Plausibilität und Analogie sagen, muss die starke Institutionalisierung der Macht des Königs bewirkt haben, dass dessen ja bereits erwachsene Söhne (Gento, Hunerich und Theuderich) die besten Chancen hatten, ihren Vater zu beerben.98 Genau eine solche Regel jedoch hat Geiserich kurz vor seinem Tod ausgeschlossen. Die Forschung hat diesen Widerspruch zu wenig beachtet.99 Drei Quellen überliefern eine kurz vor seinem Tod getroffene Maßnahme, die in eine ganz andere Richtung als die historisch zu erwartende zu deuten scheint: Der König habe prinzipiell festgelegt, nicht der Sohn eines verstorbenen Königs sollte automatisch zur Nachfolge kommen, vielmehr sollten in der Königsfamilie die Generationen nacheinander zum Zuge kommen: erst die Brüder des Verstorbenen (so noch am Leben), dann deren Söhne in der Reihenfolge ihres Alters usw. Der Sohn oder die Söhne des toten Königs wurden in diese Abfolge ihrem Alter entsprechend eingereiht.100 Dass es bei dieser Regelung um die Vermeidung von Mord und Totschlag innerhalb der Familie ging, ist wenig wahrscheinlich. Streitpotenzial bot ja auch diese Regelung genug.101 Entscheidend war für Geiserich wohl vielmehr, dass unmündige und jugendliche Thronfolger auf diese Weise ausgeschlossen waren. Und in diesen Zusammenhang passt der überlieferte Zeitpunkt der Regelung, kurz vor Geiserichs Tod.102 Denn damals war Geiserich (nach dem Tode seines Sohnes Gento) einerseits klar, dass sein zweitgeborener Sohn Hunerich Nachfolger werden würde; es gab weder Onkel noch ältere Neffen.103 Zugleich war aber auch klar, dass dieser (mit deutlich über 50 Jahren) als nach antiken Vorstellungen alter Mann auf den Thron kommen würde, sein Sohn Hilderich aber noch jung war.104 Ohne Geiserichs Eingreifen wäre dieser Jugendliche wahrscheinlich bald Herrscher des Vandalenreichs geworden, was wiederum interne Kämpfe um die Rangordnung und eine schwere Destabilisierung hätte mit sich bringen können. Dieser Gefahr begegnete Geiserich mit seiner Festlegung, die also nicht gegen seinen eigenen Sohn, wohl aber gegen dessen Sohn gerichtet war. Die Quellen bezeichnen diese Festlegung Geiserichs als ein Gesetz.105 Deshalb wird es in der Forschung als Innovation verstanden. Es gibt jedoch gute Gründe, dies nicht zu tun und eine längere entsprechende Tradition anzunehmen. Geiserich selbst war ja nicht als Sohn, sondern als (Halb-)Bruder seines



5. Religions- und Kirchenpolitik

Vorgängers König geworden, offenbar durchaus im Einklang mit den damaligen Regeln. Anders wäre auch die weitere Geschichte schwer erklärlich. Denn tatsächlich wurde nach Geiserichs Tod (am 24.  /25. Januar 477) Hunerich als ältester Hasdinger Nachfolger.106 Er aber versuchte seine ganze Regierungszeit über, seinem älteren Sohn trotz dieses Gesetzes die Nachfolge zu sichern, indem er ältere Kandidaten (namentlich die Familie seines Onkels Theuderich, des jüngeren Bruders Hunerichs) ausschaltete oder auszuschalten suchte.107 Diese Verwüstung der eigenen Sippe hätte er sich sparen können, wenn die Regel, durch die er sich dazu gezwungen sah, nur eine kürzliche Gesetzesänderung seines Vorgängers gewesen wäre. Er hätte sie nur rückgängig zu machen brauchen. Aber es war gerade anders herum: Geiserich hat nichts Neues festgelegt, sondern die traditionell gültige, bei den Vandalen fest verankerte Regel (eben die Seniorat-Nachfolge)108 erstmals schriftlich niedergelegt und damit am Ende gegen das Gewicht der Herrschaft seiner Kernfamilie abgesichert, die er ja selbst herbeigeführt hatte; denn die Institutionalisierung seines regnum seit 442 n. Chr. hatte eine Thronfolge des Sohnes gewissermaßen natürlich gemacht. Unter dem Druck seiner aktuellen familiären Situation jedoch kehrte Geiserich wieder zur ursprünglichen Tradition zurück und machte sie, da sie nun fixiert und gewissermaßen in die Königsverfassung aufgenommen war, geradezu unantastbar. Hunerich sollte vergebens versuchen, dagegen anzugehen. Als er starb, wurde nicht sein Sohn Hilderich König, sondern nacheinander seine beiden Neffen (Söhne des ältesten Geiserich-Sohnes Gento).109 Hilderich blieb am Ende nichts anders übrig als zu warten, bis er ‚an der Reihe‘ war.

5. Religions- und Kirchenpolitik Von der Bekenntnisdifferenz zwischen Vandalen und Romanen, ihren Folgen bei der Eroberung und ihrer Instrumentalisierung war schon die Rede. Sie ging einher mit einem regelrechten Sendungsbewusstsein der Vandalen, das von interessierter Seite aus entsprechend genährt worden sein wird.110 Das bekannte kulturelle Gefälle, das die Vandalen schon in Gallien und Spanien kennengelernt hatten, bot hierfür gute Ansatzpunkte: Es konnte – in umgekehrter Richtung – als moralisches Gefälle gewertet werden, übrigens nicht nur von Vandalen, sondern auch von römischen ‚Moralisten‘.111 In Africa bot sich so, namentlich in den ersten Jahren, die Möglichkeit, die Abgrenzungen zu verschärfen. Gleich nach der Eroberung wurden in Karthago vandalische Sittengesetze gegen weibliche und männliche Prostitution erlassen, ein demonstrativer

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V  Geiserichs afrikanisches Königreich Bruch mit dem bisherigen Großstadtleben der Metropole, der sicher religiös begründet wurde.112 In diesen Zusammenhang gehören wohl auch die Nachrichten über die vandalische Zerstörung verschiedener Gebäude der Stadt113: Theater, Odeon, Aedes Memoriae und Via Caelestis werden in den Quellen genannt (s. Abb. 8). Abgesehen vom immer noch nicht identifizierten ‚Memoria-Tempel‘ lassen sie sich der Sphäre des Schauspiels zuordnen, auch die ‚Straße der Caelestis‘, die sicher mit dem gewaltigen Tempel dieser Stadtgöttin Karthagos (früher unter dem Namen Tanit verehrt) verbunden war. Das Gebäude selbst stand damals zwar seit einigen Jahren nicht mehr, wohl aber die dazugehörige Prachtstraße. Da wir wissen, dass die Tempelfeste berühmt und berüchtigt waren für Umzüge, bei denen nackte Schauspielerinnen auftraten, kann man schlussfolgern, dass diese Darbietungen auf der Via Caelestis auch nach der Tempelzerstörung weitergegangen waren, bis eben die Vandalen kamen und – eine nur dem neuzeitlichen Klischee zuwiderlaufende Vorstellung – auch hier in christlicher Manier für ‚Ordnung‘ sorgten.114 Geiserichs Ziele bei seiner Religions- und Kirchenpolitik (um von seinen Überzeugungen zu sprechen, fehlen uns die Quellen) fügten sich ein in seine generelle Strategie;115 sie waren nach innen und nach außen gerichtet. Für die Vandalen erstrebte er Selbstbewusstsein und Zusammenhalt, was sie gegenüber der feindlichen – aber zugleich verführerischen – Umwelt scharf abgrenzen und gewissermaßen immunisieren, jedenfalls handlungsfähig erhalten sollte. Die in Africa bislang vorherrschende katholische Kirche, an deren Gegnerschaft, so wie die Dinge lagen, nicht zu zweifeln war, und ihr Episkopat wollte er nicht etwa für die neue Herrschaft gewinnen, sondern teils abdrängen, teils eindämmen. Aufrührerische Predigten und ‚Feindkontakte‘ wurden grundsätzlich und überall bestraft, so weit der Arm des Königs reichte, eine großflächige ‚Arianisierung‘ war jedoch nicht geplant.116 Auch auf diesem Feld muss genau zwischen dem vandalischen Kerngebiet und dem restlichen Africa unterschieden werden. Was Ersteres angeht: Hier sollte ein in jeder Hinsicht vandalisches Land entstehen; für die katholische Konkurrentin der neuen arianischen Hierarchie war also kein Platz mehr, sie wurde vertrieben (allen voran der Bischof von Karthago, Quodvultdeus) oder kaltgestellt, fast der gesamte Besitz wurde enteignet und der arianischen Kirche übertragen.117 Im übrigen Africa agierte der König situativ oder nach taktischem Kalkül, etwa mit Blick auf sein Verhältnis zu Ravenna und Konstantinopel.118 Alle Romanen, die in den Dienst des Königs und seiner Söhne traten, standen samt ihren Familien unter einem erheblichen Anpassungsdruck: Sie soll-



5. Religions- und Kirchenpolitik

8  Der Stadtplan des spätantiken Karthago

ten vandalische Tracht tragen und ihre unumkehrbare Zugehörigkeit vor aller Augen durch Konversion unter Beweis stellen,119 was sie dann im Grunde zu Vandalen machte. Allerdings war diese Schwelle für viele doch zu hoch, und der König scheint hier, wenn es ihm notwendig erschien, einen pragmatischen Unterschied zwischen Anspruch und Wirklichkeit zugelassen zu haben.120 Mit dieser Flexibilität suchte er offenbar zu vermeiden, dass sich sein Ziel, das arianische Bekenntnis zum Loyalitätsausweis zu machen, in sein Gegenteil verkehrte: dass politischer Dissens religiös formuliert wurde. Viel wichtiger als Konversionen war ihm die Schaffung einer lebenskräftigen eigenen Kirche in Africa, die ja die Nutznießerin seiner Maßnahmen sein sollte. Leider wissen wir viel zu wenig über sie; die Gegenseite hatte an ihrer Darstellung natürlich kein Interesse. Insgesamt kennen wir nur wenige Namen und Funktionsträger.121

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V  Geiserichs afrikanisches Königreich Die Vandalen haben nicht nur die gotische Bibel nach Africa gebracht, sondern auch die gotische Kirchensprache.122 Predigt und Liturgie war in den Händen einer Priesterschaft, die den Vandalenzug, als er nach Africa kam, schon länger begleitet haben dürfte.123 In Africa wurde sie nun regelrecht installiert. Der arianische Klerus übernahm nicht nur die meisten Kirchen (namentlich im Kerngebiet der Vandalen),124 sondern auch die anderen Immobilien, die Häuser wie den Grundbesitz. Dabei war die arianische Kirche nicht einfach ein Pendant ihrer Vorgängerin. Man behielt offenbar das personale Prinzip der Organisation bei, das im Gegensatz zur territorialen Gliederung der katholischen Bistümer stand.125 Zwar gab es arianische Diakone, Priester und Bischöfe (episcopi), Letztere wurden aber nicht Bischöfe einer bestimmten Stadt. Selbst ihr ‚Patriarch‘ genannter Vorsteher, der natürlich in Karthago residierte, wurde offenbar niemals als ‚Bischof von Karthago‘ bezeichnet.126 Stattdessen blieb der Klerus wohl jeweils bestimmten Vandalengruppen zugeordnet; man denke an die Aufteilung der Vandalen in Tausendschaften, die ja auch nach dem Marsch beibehalten wurde, und an bedeutende Vandalen mit ihrem Anhang.127 Kennzeichnend für diese Kirche war ihre enge Bindung an den König. Er verkörperte die göttliche Mission, in der sich fromme Vandalen spätestens seit der Überquerung der Straße von Gibraltar sahen, und er war – praktischer gedacht – ihr Patron, ja der Garant ihrer Existenz.128 In gewisser Hinsicht könnte man sie deshalb als ‚vandalische Kirche‘ bezeichnen (der Begriff ‚Nationalkirche‘ ist natürlich missverständlich), auch vor dem Hintergrund ihrer Funktion bei der Ethnogenese bzw. beim ‚Eintritt‘ in die gens Vandalorum. Bezeichnenderweise gibt es keinerlei Hinweise auf enge Verbindungen zu den arianischen Kirchen der West- und Ostgoten.129 Dieses neue Prinzip kirchlicher Ausrichtung ganz auf die lokale Herrschaft war auch gegen die vielfältigen Verbindungen des katholischen Episkopats mit dem Römischen Reich (und besonders mit den Kaiserhöfen) gerichtet, die in dieser Perspektive leicht als subversiv bis hochverräterisch erscheinen konnten.130

6. Vandalen und Römer: Eigenständigkeit und Akkulturation Als die Vandalen nach Karthago kamen, demonstrierten sie zunächst offen ihren kulturellen Dissens. Nicht zufällig, so haben wir vermutet, wurden Orte zerstört, die dem ‚Spektakel‘ (wie man damals sagte) gedient hatten oder, in der Terminologie christlicher Predigt, der Augen- und Ohrenlust.131 Aber das heißt nicht, dass man in dieser Hinsicht generell abstinent blieb. Prokop hebt



6. Vandalen und Römer: Eigenständigkeit und Akkulturation

die ‚Schauspiel-Affinität‘ der Vandalen seiner Zeit (also des 6. Jhs.) hervor, wobei er leider nicht spezifiziert, welche spectacula bei ihnen besonders in Gunst standen; in erster Linie wird man hier an Tierhetzen und die Pferderennbahn denken, ferner an Gesangsdarbietungen.132 Schon für die Zeit Geiserichs aber hören wir von einer Schauspieltruppe und ihrem Chef (archimimus), ohne allerdings zu erfahren, wo sie auftrat.133 Jedenfalls zeigen diese auf den ersten Blick widersprüchlichen Informationen, dass einfache Antworten bei der Frage nach dem Verhältnis der Vandalen zur Romanitas offenbar nicht möglich sind. Hier überhaupt Bruchlinien für möglich zu halten, setzt natürlich voraus, dass es eine über das Politische hinausgehende Distanz gab. Aber auch wer eine ethnische Definition der Vandalen prinzipiell ablehnt, wird zu klären haben, wo und wie denn die Grenze bestimmt war, die zwischen den in Africa Ansässigen und den Neuankömmlingen verlief. Die überlieferten Zeugnisse sprechen zu deutlich und zu einhellig von kulturellen Differenzen, als dass man die gens Vandalorum wirklich als römisch geprägten, nur politisch gegen den Kaiser stehenden Militärverband gentiler Hilfstruppen definieren könnte, wie wir sehen werden. Dabei muss man die Quellenaussagen natürlich kritisch betrachten: Mächtigen Eindringlingen, gegen die man sich zusammenschließen oder gar auswärtige Hilfe erbitten wollte, werden die ‚Einheimischen‘ leicht eine ‚unrömische‘ Haltung attestiert haben. Prinzipiell bewegt sich das Verhältnis zweier nolens volens verbundener Kulturen zwischen den Polen Eigenständigkeit (oder Abgrenzung) und Angleichung, wobei eine Vielzahl von Abstufungen möglich ist. Oft gibt es zwar eine ‚Dominanzkultur‘, sehr unterschiedlich aber ist, wie viel an ‚Eigenem‘ diejenigen bewahren, die sich ihr anpassen. Zu fragen ist auch, ob sie tatsächlich in allen Lebensbereichen vorherrschend wurde oder ob hier ebenso differenziert werden muss wie zwischen den sozialen Schichten, den jeweiligen Rollen und zwischen historischen Phasen der Begegnung. Natürlich ist Letzteres richtig (Differenzierungen gehören ja zum ‚Kerngeschäft‘ auch des Historikers). Untersucht werden muss also, wer genau sich wann und wie einer fremden Kultur anpasst und wer nicht. Zunächst ist in Bezug auf unser Thema eine – im antiken Horizont – bare Selbstverständlichkeit (nochmals) hervorzuheben: Ohne eine allgemein so eingeschätzte Überlegenheit römischer Kultur auf der Ebene des materiellen Lebens hätte es keine Vandalen in Africa gegeben. Diese ‚Dominanz‘ war es ja, die sie angelockt hatte. Es ging nicht nur um den fruchtbaren Boden, wie wir gesehen haben, die Vandalen übernahmen auch sofort den römischen way of

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V  Geiserichs afrikanisches Königreich life (sie hatten dies schon in Spanien getan), und zwar nicht den des römischen Arbeiters, sondern den des reichen Landbesitzers, der andere für sich Ackerbau betreiben ließ und im Gegenzug für Sicherheit und Infrastruktur sorgte, vor allem aber von den Erträgen selbst gut lebte, Stadt- und Landhäuser bauen ließ, Luxus entfaltete etc. Es war schon davon die Rede, dass dieses Leben nicht unbedingt bedeutete, dass die Vandalen die entsprechenden Kulturtechniken erlernten; schon aufgrund ihrer geringen Zahl, aber auch ganz anderer kultureller Voraussetzungen basierte ihre Herrschaft auf dem Prinzip, dass – vom Militärbereich und den Regeln des vandalischen Zusammenlebens abgesehen – die Romanen in all ihren Funktionen weiter arbeiteten, nur eben jetzt für neue Herren. Die Pracht vandalischer Villen oder Thermen, ja vielleicht sogar christlicher Kultgebäude, konnte sich also gegenüber der römisch dominierten Zeit durchaus sehen lassen (so gleichrangig war sie, dass die heutigen Archäologen kaum einmal ohne schriftliche Zeugnisse in der Lage sind, zwischen ‚spätrömisch‘ und ‚vandalisch‘ zu differenzieren). Daraus folgt aber nicht, dass hier vandalische Arbeiter am Werk gewesen waren. Im Gegenteil: Kein einziges Zeugnis erlaubt uns, von vandalischen Ingenieuren, Mosaizisten oder Stuckateuren auszugehen. Schon auf dieser Ebene war die ‚Romanisation‘ der Vandalen also eigentümlich schattiert. Wenn man nun aber andere Aspekte dieses Themas näher betrachtet, fällt auf, dass hier generell eine gewisse Spannung besteht zwischen den Quellenzeugnissen und den modernen Interpretationen. Vor allem in der englischsprachigen Forschung der letzten Jahre, aber auch generell ist eine Tendenz wahrzunehmen, eine rasche kulturelle Assimilation der Vandalen zu konstatieren.134 Aber wie ‚römisch‘ waren oder wurden die Vandalen tatsächlich? Um diesen Begriff sinnvoll anwenden zu können, muss einerseits klar sein, in welcher Hinsicht er gebraucht, und andererseits erwiesen werden, dass dieser Gebrauch auch den Zeitgenossen verständlich gewesen wäre. Testen wir also die Romanitas der Vandalen mithilfe von vier Prüfsteinen, die auch im Zeit­horizont nahelagen: ihrer Sprache, ihrer Bildungskultur, ihrem Rechtswesen und ihrer Kleidung.135 Die Vandalen haben sicher nicht erst in Africa Latein gelernt. Seit vielen Jahrzehnten schon standen sie mit dem Römischen Reich in näherem Kontakt; gut zwanzig Jahre lebten sie sogar auf römischem Boden und in römischer Umgebung, bevor sie 429 n. Chr. nach Mauretanien übersetzten. Schon als Verständigungsmittel im Verkehr mit den Romanen Africas, aber auch als Verkehrssprache des Westreichs und als Amtssprache des Ostreichs war Latein für sie ohne Alternative.136



6. Vandalen und Römer: Eigenständigkeit und Akkulturation

Aber war diese erlernte Sprache deshalb, wie man gern annimmt, mittlerweile konkurrenzlos bei den Vandalen?137 Oder sprachen sie Vandalisch? „So il greco e l’arabo, so il turco e il vandalo“, singt Despina in Mozarts (bzw. Da Pontes) Così fan tutte. Aber die Existenz dieser Sprache ist ebenso Phantasie wie Despinas Sprachtalent. Tatsächlich gab es wohl eine vandalische Dialektfärbung, die Sprache jedoch, die die Vandalen aus Mitteleuropa mitbrachten, war das Gotische.138 Sicher gab es durch Reim oder Metrum gebundene Texte, die sie fixierten, vor allem aber dürften es die gotische Bibel und Liturgie gewesen sein, die für eine gewisse sprachliche Standardisierung sorgten. Durch einen Text wohl aus der Zeit Thrasamunds, jedenfalls aber nach der Geiserichs, lässt sich nachweisen, dass die gotische Liturgiesprache damals immer noch lebendig war: Domine misereri (‚Herr, erbarme Dich‘), so erfahren wir, hieß „in barbarischer Sprache“ froia arme; das aber in Gotisch.139 Wir kennen übrigens immer noch die Fron, die Arbeit für den (Grund-)Herrn, und das Fest Fronleichnam. Noch wichtiger ist, dass die Vandalen in Africa viele Jahrzehnte lang ihr Idiom auch als Umgangssprache benutzten. Noch 484 n. Chr. gab es genügend Vandalen, die bei passender Gelegenheit leugnen konnten, Latein zu können. Das zeigt eine Szene aus dem arianisch-katholischen ‚Religionsgespräch‘ jenes Jahres. Der arianische Patriarch Cyrila behauptete vor Beginn der Debatte: „Ich kann kein Latein“ (nescio Latine). Zwar war das nur eine Ausflucht, wie ihm auch sofort entgegengehalten wurde: „Wir wissen genau, dass du immer Latein gesprochen hast.“140 Aber die Ausrede kann ja nicht einfachhin lächerlich gewesen sein. Cyrilas Aussage war nur unter der Voraussetzung möglich, dass seine Muttersprache141 und – zumindest gelegentlich – auch Alltagssprache bekanntermaßen nicht Latein war. Sie ist somit ein zentraler Beleg für die Existenz zweier paralleler Sprachkulturen im Vandalenreich, einer lateinischen und einer gotisch-vandalischen, in den 480er Jahren.142 Eine schöne Bestätigung hierfür bietet ein kleines lateinisches Epigramm aus der sogenannten Anthologia Salmasiana, einer im früheren 6. Jh. erstellten Sammlung von afrikanischen Epigrammen,143 benannt nach Claude de Saumaise, dem frühneuzeitlichem Besitzer der Handschrift. Unter dem Titel Gastmähler der Barbaren (De conviviis barbaris) klagt der Dichter über den Bedeutungsverlust seiner Kunst: „Zwischen gotischen ‚Heil‘-Rufen und gotischem ‚Schaff Essen und Trinken‘ wagt doch keiner, würdige Verse vorzutragen.“144 Auch wenn die genaue Datierung nicht klar ist, wird eines doch deutlich: Es gab damals in Africa regelrechte Bankette und Feste (ginge es um einfache Soldaten-Mahlzeiten, würde der Autor sich nicht beschwert haben, dort keinen

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V  Geiserichs afrikanisches Königreich angemessenen Platz zu haben), bei denen der römische Dichter sich eigentlich berufen fühlte, etwas Literarisches vorzutragen, bei denen nun aber die lateinische Kultur gerade nicht gefragt war, sondern das große – und ‚barbarische‘ – Wort auf Gotisch geführt wurde. Noch für die letzten Jahre der Vandalenherrschaft gibt es Belege für das Weiterleben dieser Sprache.145 Unsere erste Prüfung der vandalischen ‚Romanisation‘ hat also erbracht, dass es im Vandalenreich Geiserichs keineswegs eine dominierende (lateinische) Sprachkultur gab, sondern dass situationsabhängig auch die vandalische Variante des Gotischen gesprochen wurde und dies durchaus auch in repräsentativem Kontext, etwa in der Liturgie oder bei Banketten. Für den zweiten nun zu betrachtenden Bereich, den der Bildungskultur, sind dadurch schon gewisse Vorentscheidungen getroffen. Denn einerseits ist klar, dass wir mit Möglichkeiten für Vandalen rechnen müssen, Latein zu lernen; andererseits dürfen wir nicht davon ausgehen, dass die afrikanische und die vandalische Elite dieselben Orte und Formen ihrer Selbstdarstellung hatten. Wir müssen in dieser Hinsicht vielmehr mit Parallelstrukturen rechnen. Tatsächlich ist es genau ein solches ‚Nebeneinander‘, das uns die einzige einschlägige Quelle zeigt, die man in die Zeit Geiserichs datieren könnte. Es handelt sich um ein Gedicht des Dracontius, des zweifellos literarisch anspruchsvollsten Dichters der Vandalenzeit. Er wirkte – äußerst produktiv – im Karthago der letzten beiden Jahrzehnte des 5. Jhs. (also nach Geiserich) auch als Anwalt am Gericht des Prokonsuls. Das folgende Gedicht schrieb er zu Ehren seines eigenen Lehrers Felicianus, der unter den Ersten war, die im vandalisch beherrschten Karthago wieder eine öffentliche höhere Schule eröffneten.146 Es wird gern als Zeichen einer neuen Begeisterung für Literatur angeführt, die Römer und Vandalen verband; dabei werden meist aber nur die drei Zeilen zitiert, in der die Schule des Geehrten als Ort gelobt wird, an dem die litterae in Karthago wieder Fuß fassten: „Der du die vertriebenen Wissenschaften der afrikanischen Hauptstadt wiedergibst, der du Barbaren und Römersprösslinge in einem Auditorium vereinst.“147 Wenn man das Gedicht im Zusammenhang betrachtet, wird aber deutlich, dass es hier vor allem um die Leistung des Lehrers geht, der, einem Dompteur gleich, nicht nur Schaf und Rind, sondern sogar blutige Raubtiere in seinen Bann schlägt: „Der Sänger Orpheus soll, wie die Werke der Alten berichten, ein süßes Lied gesungen haben … Ihm folgte die friedfertige Herde zusammen mit der blutigen Bestie … Das Schaf fürchtete den Wolf nicht, und die Ziege nicht den Löwen … Heiliger Vater, Lehrer, so bist du zu besingen, der du die vertriebenen Wissenschaften …“148 Der Vergleich mit Orpheus weist den Vandalen



6. Vandalen und Römer: Eigenständigkeit und Akkulturation

in diesem Bild den Part der blutrünstigen Bestie zu.149 Offensichtlich sind gar nicht sie als Hörer des Gedichts intendiert, sondern ausschließlich Römer. Vandalen hätten bei einer zustimmenden Rezeption dieses Gedichtes nicht nur ihre frühere Rolle als Raubtiere akzeptieren müssen, sondern auch, dass sie, gezähmt durch die Lektüre beim Grammatiker, sich nun brav einreihten in die friedliche Herde der Romanen. Auf welche Weise der paradiesische Friede durch den Unterricht des Felicianus bewerkstelligt wurde, bleibt natürlich nebulös, wie auch die ganze Allegorie von exzessiver Übertreibung und von einer Überhöhung des Adressaten gekennzeichnet ist, die in der römischen Lob-Literatur verwurzelt ist, den Vandalen aber gerade kein Identifikationsangebot macht. Wir dürfen die Verse also nicht als Teil einer Römer und Vandalen verbindenden Selbstinterpretation lesen; das Gedicht bleibt ganz innerhalb der Sichtweise (und damit auch der Rezeption) der Romanen. An sie und nur an sie ist ja auch Dracontius’ Werk über die ‚Wohltaten Gottes‘ gerichtet, das stark die nizänische Orthodoxie betont und die Arianer frontal angreift.150 Können wir den zitierten Passus wenigstens als Beleg für gemeinsamen Schulunterricht von Römern und Vandalen verstehen, wie dies gemeinhin geschieht?151 Die moderne Forschung hat viel zu sehr auf das ‚Auditorium‘ geblickt und daraus die Vorstellung geradezu akademischer Ambitionen bildungsstolzer vandalischer Studenten, Seite an Seite mit den Söhnen der alten Elite, abgeleitet. Aber vor dem Hintergrund des oben Dargestellten dürfen wir das panegyrische Bild des Orpheus nicht allzu wörtlich nehmen. Mehr als dass es tatsächlich auch Vandalen gab, die in Felicianus’ Schule (seinem auditorium) lateinische Grammatik lernten,152 ist dem Gedicht nicht zu entnehmen. Dass sie sich dabei der Konkurrenz der Romanen aussetzten, ist ganz unwahrscheinlich. Felicianus wird beide Schülergruppen sehr wohl getrennt voneinander unterrichtet haben. Für den Stellenwert dieser Studien im vandalischen Selbstverständnis sind der herablassende Ton und die gewählten Bilder jedenfalls ein eher negatives Zeichen. Thema des Gedichts ist die eines Bestien-Dompteurs würdige Leistung des Lehrers, nicht die seiner ‚wilden‘ Schüler. Der dritte Prüfstein, anhand dessen wir das kulturelle Mit- und Nebeneinander von Vandalen und Romanen untersuchen wollen, ist das Rechtswesen. Seine fundamentale Bedeutung ergibt sich schon daraus, dass die Thematik der Zugehörigkeit, also wer überhaupt als Vandale zu gelten hatte, durchaus eine Art Rechtsfrage war. Denn es gehörten ja offensichtlich nicht nur Angehörige der ethnischen Gruppe der Vandalen zur gens Vandalorum, sondern spätestens seit dem Formationsprozess in Spanien auch andere, die sich dem Vandalenkönig dauerhaft unterstellt hatten, sei es in kleineren Gruppen, sei als Einzelne.153

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V  Geiserichs afrikanisches Königreich Akzeptierte der König diese Unterwerfung (über die Förmlichkeit dieses Aktes wissen wir nichts), wurde er ihr König und sie Teil seines ‚Volkes‘. Eine Voraussetzung dafür war – abgesehen vom erkennbaren Nutzen der neuen Mitglieder – ihre Konversion zum homöischen Bekenntnis.154 Die Folge war dann, dass sie teilhatten an der vandalischen Eroberung und Beute bzw. zu den neuen Herren des Landes gehörten, aber auch, dass sie dem Gericht des Königs unterstellt waren. Dies galt zwar prinzipiell auch von den Romanen, die (soweit sie nicht in den Dienst des Königs getreten waren) als „Unterworfene“ bezeichnet und behandelt wurden – erinnert sei an die Enteignung von Land- und Hausbesitzern in Karthago und den Städten der Proconsularis, die zu vandalischem Kernland werden sollten;155 mit ihren Streitigkeiten untereinander beschäftigten sich aber der König und seine Beamten nicht. Hierfür war nach wie vor ein römischer Richter (iudex) zuständig, der auch weiterhin, wie in römischer Zeit, den Titel ‚Prokonsul‘ führte. Daraus folgt wiederum, dass für die Romanen weiterhin das alte römische Recht galt, während es für die vandalische Rechtssphäre nicht den kleinsten Hinweis auf Einflüsse aus dieser Richtung gibt. Im Gegenteil: Dass Geiserich die römischen Kataster, die die alten Besitzverhältnisse im vandalischen Kernland dokumentierten, verbrennen ließ, war ein klarer Hinweis auf den gewollten Bruch.156 Diese strikte Trennung der Rechtskulturen aber ist in doppelter Hinsicht bemerkenswert. Zum einen vor dem Hintergrund des Westgotenreiches: Hier ließ König Eurich (466 – 484 n. Chr. auf dem Thron) wohl schon um 475 n. Chr. den Codex Euricianus aufzeichnen, der – in lateinischer Sprache und mit maßgeblicher Beteiligung römischer Juristen – die Rechtsbeziehungen der Goten untereinander und zwischen Goten und Romanen regelte.157 Zum anderen müssen wir im Auge behalten, dass Rechtsprechung wie in der gesamten Antike so auch an ihrem Ende niemals nur eine Form technischer Konfliktlösung bzw. sachlicher Entscheidungen war; es ging immer um performative Akte, die Parteien und ihre Vertreter stellten sich in ihrer Konkurrenz und Rivalität vor aller Öffentlichkeit dar, sodass Statusfragen von eminenter Bedeutung waren. Nur so ist erklärlich, warum Agora und Forum gerade auch für die Entwicklung der Rhetorik so wichtig wurden und warum sich die übliche schulische Ausbildung der Oberschicht auch noch im 5. Jh. n. Chr. um die Vorbereitung auf diese ‚Urszene‘ der antiken Eliten-Repräsentation drehte, auch wenn vieles davon gewissermaßen standardisiert und zu literarischen Mustern von ‚Konzertreden‘ (Deklamationen) geworden war.158 Betrachten wir vor diesem Hintergrund ein Gedicht des Dracontius, dessen sogenannte Subscriptio erhalten ist, gewissermaßen die Unterschrift des Kopis-



6. Vandalen und Römer: Eigenständigkeit und Akkulturation

ten, mit der zusammen dieser oft auch Zusatzinformationen zum Text lieferte: „Hier endet die Gerichtsrede ‚Eine Ehrenstatue für den Helden‘, die Dracontius, vir clarissimus und Anwalt am Gericht des Prokonsuls im erhabenen Karthago, vor dem Konsul Placideius gehalten hat.“ Die Gerichtsrede, um die es geht, war in schön geformten Hexametern gehalten, eine literarische Übung also; der Streitfall war fiktiv, und die ganze traditionsreiche Veranstaltung diente dem Zusammenhalt einer (römischen) Elite, deren Jugend dergleichen im höheren Unterricht zu lernen hatte.159 Ihr Kristallisationspunkt war offenbar der Prokonsul, vor dem man bei Streitigkeiten immer noch gegeneinander antrat, mit dem zusammen man sich aber auch der eigenen Bedeutung versicherte. Dies setzt voraus, dass die alte römische Oberschicht in der Vandalenzeit trotz ihres Machtverlustes durchaus vital blieb, und genau dies lässt sich an den zahlreichen und verschiedenartigen literarischen Zeugnissen der Epoche ablesen.160 Früher, in römischer Zeit, war der Ort dieser Reden das Forum auf dem Stadthügel mit seiner berühmten Gerichtsbasilika gewesen; doch die war längst verfallen. Wir wissen, dass der Prokonsul mit seinem Kreis in vandalischer Zeit in den Gargilius-Thermen auftrat, jedenfalls an einem anderen Ort als der König, der in seiner Residenz auf dem Stadtberg repräsentierte.161 Es war also viel mehr als eine administrative Frage, wer vor welchem Richterstuhl mit welchen Mitteln seine Konflikte austrug. Die strikte (räumliche, personelle und materielle) Scheidung der beiden Sphären bedeutete ja, dass die Romanen ihre traditionellen Formen der Selbstdarstellung zwar weiterhin praktizieren konnten, sie dies aber – erstmals seit den Anfängen des römischen Africa – losgelöst von der militärisch-politischen Macht tun mussten. Unsere Beobachtung hinsichtlich der getrennten Sprach- und Bildungskulturen von Vandalen und Romanen findet so auch von dieser Seite her eine Bestätigung. Betrachten wir schließlich noch die Kleidung der Vandalen, auch wenn unsere Kenntnisse (wieder einmal) bescheiden sind. Immerhin gibt es eine von Victor von Vita überlieferte Szene, die für unsere Frage zentral ist. Sie spielt zu Beginn der Regierungszeit Hunerichs, als jener die Einsetzung des katholischen Bischofs Eugenios in Karthago zugelassen hatte. Zu dessen Gottesdienst gingen nun offenbar Angehörige der katholisch gebliebenen Oberschicht, auch wenn sie am Königshof, etwa in der Kanzlei, arbeiteten. Sie trugen eine bestimmte ‚vandalische‘ Tracht, einen habitus barbarus, der typisch für die gens der Vandalen war. Diese Bemerkung hat in der Forschung zu vielfältigen Diskussionen geführt.162 Gab es eine Tracht der Vandalen? Die Frage ist ein gutes Beispiel für die Gefahren einer modernen Über-Ethnisierung – und ebenso für die ihrer for-

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V  Geiserichs afrikanisches Königreich cierten Vermeidung. Es wäre eine romantische und unhistorische Vorstellung, dass eine spätantike gens jahrzehntelang durch das Römische Reich zog, aber treu bei irgendeiner hergebrachten Tracht blieb. Selbst wenn es im 4. Jh. vandalische Trachtelemente (etwa im Unterschied zu gotischen) gegeben hat, ist anzunehmen, dass Materialien, Farben, Techniken etc. sich im Laufe der Zeit erheblich veränderten. Warum hätten eher zufällige Charakteristika plötzlich ins Zentrum der Identität rücken sollen, ganz abgesehen davon, dass vieles davon an das Herkunftsgebiet gebunden gewesen sein dürfte? Das heißt andererseits nun aber nicht, dass man sich in der Kleidung völlig assimilierte. Diese war sehr wohl eine Frage auch des kulturellen Selbstverständnisses. Romanitas bedeutete zunächst und ursprünglich nichts anderes als die römische Tracht.163 Die ungegürtete lange Tunika und erst recht die Toga oder eben Gürtel und Hosen waren Kleidungsstücke mit einer Botschaft. Letztere waren für Reiter und Soldaten funktional und normal,164 nicht jedoch bei der Repräsentation städtischer Eliten in Africa; jedenfalls gibt es dafür keinerlei Hinweis.165 Victor bezeugt nun aber an dieser Stelle eindeutig und unverdächtig, dass es im Vandalenreich einen klar erkennbaren Habitus der gens Vandalorum gab.166 Schon dies spricht dagegen, dass es dabei nur um die allgemeine Tracht der spätantiken soldatischen Elite ging, die (auch) von den Vandalen getragen worden sei.167 Vor allem aber wäre dann unerklärlich, dass in dieser spezifischen Kleidung laut Victor die Männer, aber ausdrücklich auch die Frauen auftraten; mit einer Militärtracht kommen wir dabei also nicht weiter. Bei Männern dürfte es sich um Hosen und einseitig gefibelte Mäntel, bei Frauen um an beiden Schultern gefibelte Chitone (die sogenannte Peplos-Tracht) gehandelt haben.168 Hinzu kamen die typischen längeren Haare der Männer, die offenbar als besonderes Ehrenzeichen galten.169 Nicht zufällig hatte man sich ja folgende Bestrafung ausgedacht: Die zum König gehörigen Romanen, die in vandalischer Tracht den Gottesdienst des katholischen Bischof besuchten, sollten an der Kirchentür – offenbar wegen ihres Treuebruchs – an den Haaren eingefangen und skalpiert werden. Namentlich die Frauen wurden dann mit geschundenem Kopf hinter einem Herold durch die Straßen geführt.170 Aus all dem ist natürlich nicht zu schließen, dass der vandalische habitus von Vandalinnen und Vandalen bei jeder Gelegenheit und von jedem Einzelnen getragen wurde. ‚Ethnisch‘ war diese Kleidung also nicht unbedingt, jedenfalls nicht in dem Sinn, dass (alle) Vandalen daran prinzipiell erkennbar waren oder sein wollten. In bestimmten Situationen aber konnten sie – und alle, die es werden sollten – mit ihrer Kleidung ausdrücken: Wir gehören zum Vandalenkönig. Diese Aussage, die bei Eugenios’ Kirchgängern als Verrat gebrandmarkt wer-



6. Vandalen und Römer: Eigenständigkeit und Akkulturation

den sollte, um alle Romanen am Hof zur Konversion zu zwingen, basierte aber nicht auf der sozialen Differenz (die ja den Hof auch von niederen vandalischen ‚Knechten‘ trennte), sondern auf der gentilen; daher spricht Victor vom „Aussehen dieser (vandalischen) gens“.171 Natürlich trugen alle (nicht nur die katholischen) Höflinge bei repräsentativem Anlass diese Tracht, mit der durchaus ein Anspruch auf soziale Prominenz verbunden war. Diese war jedoch sekundär und eine Funktion der kulturellen Unterscheidung. Dass die kennzeichnenden Kleidungsstücke, wenn man sie in Gallien, an der Donau oder in Konstantinopel getragen hätte, vielleicht ganz anders verstanden worden wären, dürfte die Vandalen dabei wenig gekümmert haben. Der Distinktionsgewinn gentiler Selbstdarstellung passt genau zu unseren bisherigen Ergebnissen. Denn sie konnte ihre Wirkung nur vor einem differierenden Hintergrund entfalten, eben der üblichen Tracht, in der sich die Provinzialrömer Africas darstellten. Die Unterschiede können sich auf wenige Charakteristika beschränkt haben. Wir wissen also nicht, ob auch die Stoffe, die Muster etc. andere waren als die der repräsentativen Kleidung der Romanen. Um als Merkmal zu fungieren, reichte die Kombination von Kleidungs­stück, Haartracht und lebensweltlichem Kontext. Kein Römer der afrikanischen Oberschicht hatte sich bislang bei offiziellen Anlässen in langen Hosen und kurzem Reitermantel gezeigt, die er auf dem Lande, etwa bei der Jagd, zu tragen sich keinesfalls schämte. Das macht die ‚ethnische‘ Interpretation von Bildmosaiken so schwierig, die eine ländliche Villa und (als stolzen Besitzer oder Besucher) einen entsprechend gewandeten Reiter zeigen. Bei dem Bild auf dem Cover dieses Buches sind jedoch auch längere Haare und ein Oberlippenbart zu erkennen.172 Dergleichen war bei Romanen unbekannt – man hätte diesen Bart wohl nicht einmal benennen können. Es dürfte sich also tatsächlich um einen ‚Barbaren‘ oder einen Romanen in ‚barbarischem‘ Habitus handeln, der hier mit siegessicherem Winken zur Jagd davonreitet. Noch eindeutiger ist ein inschriftlich auf das siebte Regierungsjahr Thrasamunds (508) datiertes Grabmosaik eines fünfjährigen Knaben aus Theveste (heute Tébessa), dessen Abzeichnung erhalten ist (s. Abb. 9). Der Kleine ist nicht zu Pferd oder in einem Aktionskontext, sondern nur für sich dargestellt. Er hat lange Haare und trägt Hosen, einen umgehängten Mantel (der vorn mit einer Fibel geschlossen ist), eine gegürtete kurze, hemdartige Tunica sowie ein Schwert. Eine Zugehörigkeit zur römischen Elite konnte er so nicht ausdrücken.173 Wir haben hier vielmehr den klaren Anspruch, Teil einer nicht-römischen Krieger- (und Ober-)Schicht zu sein. Wir können an seiner Tracht zwar nicht die ethnische Herkunft der Familie ablesen – es könnte sich auch um Go-

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V  Geiserichs afrikanisches Königreich ten oder um Romanen handeln, die in den Dienst des Königs getreten waren –, wohl aber ihre politische Zugehörigkeit zu den Vandalen. So sind prinzipiell auch die sogenannten Vandalengräber zu interpretieren, die noch Reste von metallenen Gürtelgarnituren und Fibeln enthalten, auch wenn im Einzelfall natürlich nicht ausgeschlossen werden kann, dass es sich um eine bloß modische Präferenz handelte. Ganz unabhängig davon, wer diese Kleidungsstücke hergestellt hat und welche realen Bezüge es zur Vergangenheit gab (die erhaltenen Überreste lassen sich jedenfalls nicht direkt von der ursprünglichen Przeworsk-Kultur herleiten)174: Entscheidend war ihre intendierte Aussage. Sie musste, da die Mehrheit der Romanen samt ihrer Oberschicht sich wie bisher kleidete,175 als Distanzie-

9  Darstellung eines ­vandalischen Knaben; Nachzeichnung eines Mosaiks aus Tébessa (Algerien), 508 n. Chr.



6. Vandalen und Römer: Eigenständigkeit und Akkulturation

rung von der traditionellen römischen Kultur verstanden werden. Beides – faktische Produktion und Botschaft des Habitus – muss man auseinanderhalten. Die Kombination jedoch ist ein gutes Sinnbild für eine prinzipiell unabgeschlossene Ethnogenese, stimuliert gerade durch eine fremde Umgebung, fabriziert sogar mit den Mitteln dieser Umgebung, dennoch aber exklusiv gemeint. Dies war eine bewusste und durchaus politische Entscheidung, für die es sehr wohl Alternativen gegeben hätte. Der Westgote Athaulf trug bereits 414 n. Chr. bei seiner Heirat der Galla Placidia eine Chlamys und trat als römischer General auf, also ohne Hosen.176 Abschließend soll betont werden, dass bei der Suche nach der Romanitas der Vandalen die synchrone Perspektive auf andere Teile der spätantiken Welt keineswegs vernachlässigt werden darf. Andernfalls werden Phänomene wie die teilweise Aufgabe der alten Stadtzentren unversehens ‚vandalisch‘, obwohl sie doch dem generellen historischen Kontext geschuldet sind. Dass sich die römischen Stadträte auflösten und mit ihnen eine ausreichend große städtische Oberschicht, die den öffentlichen Raum in traditioneller Weise mit privaten Mitteln unterhalten und seine bisherige Prägung durchsetzen konnte, ist keine afrikanische Besonderheit.177 Die Folge (aber eben nicht nur in Africa) war, dass sich auch alte Konstanten des städtischen Lebens auflösten: Die Straßen wurden von Privatgebäuden nicht mehr unbedingt freigehalten, die Plätze in verlassenen Vierteln nicht mehr von Bestattungen. Aber das konnte einem in Syrien ebenso begegnen wie in Italien. Zu beachten ist auch, dass es in diesem Kapitel im Wesentlichen um die Zeit Geiserichs ging. Niemand sollte die erheblichen Veränderungen der Vandalenherrschaft in der zweiten Hälfte ihrer 100 afrikanischen Jahre übersehen, auch in kultureller Hinsicht. So spricht etwa einiges dafür, dass die vandalische Oberschicht im späteren 5. Jh. (wie die Romanen) ihre Toten ohne Beigaben bestattete, was wiederum auf ein Ende der germanischen Tracht als Distinktivum hindeutet. Schon Hunerich hat sich offenbar in der Herrscherrepräsentation auch von römischen Vorbildern leiten lassen – man denke nur an seine Edikte. Thrasamund scheint ein Diadem getragen zu haben, und Gelimer trat in eine Purpur-Chlamys gewandet vor Justinian.178 Auch Ansätze einer literarischen Akkulturation sind erkennbar. Sie begann (wenn auch noch verhalten) bereits unter Geiserich,179 bekam durch die Entfaltung des Königshofs als Verwaltungsspitze Nahrung und war unter Gunthamund und Thrasamund immerhin so weit gediehen, dass es für römische Dichter nicht absurd schien, sich an einem literarischen Königslob zu versuchen.180 Die wenigen (und späten) vandalischen Inschriften sind ebenfalls auf Latein.181

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V  Geiserichs afrikanisches Königreich Teile der neueren Forschung sehen hier aber nicht die Etappen einer längeren, erst unter Hilderich zu einem gewissen Abschluss gelangten und – wie sein Ende zeigt – durchaus umstrittenen Entwicklung,182 sondern ein schon früh gegebenes Charakteristikum der Vandalenherrschaft insgesamt. Dies geschieht entweder, weil man die Situation der letzten zehn Jahre der Vandalen auf die frühere Zeit zurückprojiziert, weil man den von diesem Bild abweichenden früheren Zeugnissen nicht traut, oder weil man sich ausschließlich auf die Perspektive römischer Panegyrik verlässt. Das Ergebnis ist dann in jedem Fall, dass die Spezifik der Vandalenherrschaft in Africa aus dem Blick gerät.

7. Das Verhältnis zu den maurischen Stämmen Mauri ist eine römische Sammelbezeichnung für die auf unterschiedliche Weise nomadische, halbnomadische oder auch sesshafte ländliche Bevölkerung Africas, soweit sie in ‚Stämmen‘ (gentes) gegliedert lebte. Es ist klar, dass diese Verallgemeinerung in vielerlei Hinsicht die Realität der Mauren verfehlte.183 Allerdings zeigte die konkrete römische Politik ihnen gegenüber, dass man auch sehr genau differenzieren konnte. Die Vandalen werden bei ihrem Einfall in Nordafrika einige der Maurenstämme jedenfalls als Verbündete wahrgenommen haben – und umgekehrt; denn namentlich im Westen Africas hatte es seit langer Zeit immer wieder Auseinandersetzungen zwischen der römischen Macht und maurischen Stämmen gegeben.184 Ob die Vandalen aber 429/430 n. Chr. ganz konkret von diesen unterstützt wurden,185 wissen wir nicht. Jedenfalls ist es Geiserich im Laufe der Zeit gelungen, maurische Stämme zu seinen Alliierten zu machen. Er nahm sie 455 n. Chr. auf seine Romfahrt und anschließend auf zahlreiche Raubzüge mit, und die verteilte Beute wird ein gutes Argument für Bündnistreue gewesen sein.186 Ein anderes war sicher die militärische Stärke der vandalischen Reiter. Es kennzeichnet das Kräfteverhältnis dieser Zeit, dass Geiserich einen revoltierenden Stamm kurzerhand nach Sardinien deportierte, wo die mehrere Tausend Mann starken Mauri übrigens so lange im Inneren der Insel ihre Eigenständigkeit bewahrten, dass noch im folgenden Jahrhundert von ihnen die Rede ist und sie wohl ihrem Siedlungsgebiet den noch heute gebräuchlichen Namen gaben: die Barbagia.187 Dieses Autoritätsverhältnis bedeutet nicht, dass die Vandalen (nach 455 n. Chr.) auch in Mauretanien bis zum Atlantik direkte Macht ausübten. Anzunehmen ist vielmehr, dass man lokale maurische Herrschaften durchaus zuließ und sogar förderte, namentlich wenn dadurch die vandalische Oberau-



7. Das Verhältnis zu den maurischen Stämmen

10  Maurenreiche in Africa

torität nicht infrage gestellt oder sogar gestärkt wurde. Dabei sollte der prinzipielle Systemwechsel nicht übersehen werden: die Aufgabe eines das ehemals römische Gebiet nach Süden hin umgebenden, durch feste Plätze definierten, durchgehend absichernden Grenzraums, eines Limes; dementsprechend wurde auch ihre Bewachung durch limitanei sinnlos.188 Das lag durchaus in der Logik der Eroberung der Provinzen, der sich einzelne römische Städte, nicht aber die Mauren entgegengestellt hatten. Derselben Logik entsprach es, dass Geiserich nicht nur keine Limeskastelle unterhielt, sondern bestehende Befestigungen sogar zerstören ließ: Einen potenziellen Feind erwartete er nicht außerhalb, sondern innerhalb der Stadtmauern.189 Vor diesem Hintergrund muss es als Geiserichs entscheidendes Versäumnis bezeichnet werden, dass er trotz dieses vandalisch-maurischen Gleichklangs wichtiger Interessen nicht einmal versucht zu haben scheint, dauerhafte Bindungen zu den einheimischen Stämmen aufzubauen; diese blieben im Grunde genommen nur Hilfstruppen. Zwei Felder der Annäherung hätten sich angeboten: Zum einen hätte es eine Institutionalisierung der militärischen Gefolg­ schaft geben können, nicht bezogen auf Beutezüge im Mittelmeerraum, sondern bei der Aufgabe, das Kulturland gegen Eindringlinge aus dem Süden zu schützen. Den Verteidigern hätte im Gegenzug Getreide geliefert werden können (wie dies in byzantinischer Zeit praktiziert wurde), was eine substanzielle Beteiligung an der Herrschaft über Africa bedeutet hätte.190 Das zweite Feld ist das der Religion: Auch hier gab es keinerlei gemeinschaftsstiftende Ansätze,

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V  Geiserichs afrikanisches Königreich weder solche der Christianisierung noch (bei bereits christlichen Stämmen) der arianischen Mission.191 Es scheint, dass Geiserichs Aufbau seines Staates auf einer gewissermaßen vandalischen Grundlage (siehe die Zusammenfassung im nächsten Kapitel) diese Chancen gar nicht in den Blick kommen ließ und auch seine Nachfolger stark in ihren Möglichkeiten beschränkte. Die Folge war jedenfalls, was das Verhältnis zu den Mauren angeht, eine zunehmende Einkreisung des vandalischen Kerngebiets durch maurische ‚Kleinreiche‘, die die Reichweite der vandalischen Macht nach Geiserichs Tod immer mehr reduzierte. Abb. 10 illustriert diese Entwicklung, zeigt aber zugleich durch ihre nur scheinbare Sicherheit, wie gering unsere Kenntnisse in diesem Bereich leider immer noch sind.192

VI

Geiserich und Rom

Herrschern, die lange und erfolgreich regiert, ja sogar einen Staat gegründet haben, pflegt die Nachwelt gern den Titel ‚der Große‘ zu geben. Also ‚Geiserich der Große‘? Als Orosius sein Geschichtswerk verfasste, stellte er sich genau diese Frage im Zusammenhang mit den Königen der Westgoten: „Diese versetzen jetzt alles – als Feinde – in Chaos, was sie, wenn es ihnen gelänge, es zu unterwerfen und als festen Besitz zu haben (was Gott verhüten möge), auf ihre Art und Weise ordnen würden. Die Nachwelt müsste dann diejenigen ‚große Könige‘ nennen, die gegenwärtig von uns als wüste Feinde beurteilt werden.“1 Die düstere Vorahnung des galicischen Priesters ist wahr geworden: Es gab ein dauerhaftes Westgotenreich; dennoch würde bei dessen ersten Königen wohl keiner darauf verfallen, ihnen den genannten Ehrentitel zu verleihen. Als aber König Geiserich im Januar 477 n. Chr. im biblischen Alter von fast 90 Jahren und nach knapp 50-jähriger Regierung in Karthago starb,2 konnte man ihn mit Recht als den erfolgreichsten Herrscher eines Germanenreiches seiner Zeit bezeichnen. Selbst Theoderich ‚der Große‘, der fünfzehn Jahre später in Italien an die Macht kam, konnte nicht mit ihm konkurrieren; denn der musste in den letzten Jahren vor seinem Tod (526) mit ansehen, wie ein erheblicher Teil dessen, was er aufgebaut zu haben glaubte, zerbröckelte. Geiserich dagegen hat in den langen Jahren seiner Herrschaft die gens Vandalorum auf geradezu unglaubliche Weise von Erfolg zu Erfolg geführt. Der Friede mit Ostrom (474) wenige Jahre vor seinem Tod war der Gipfel seines Wirkens und bedeutete zugleich die endgültige Anerkennung durch die damals höchste Autorität überhaupt, den römischen Kaiser in Konstantinopel. Dass dennoch nirgends von ‚Geiserich dem Großen‘ die Rede ist, liegt nicht etwa am Untergang seines Reiches zwei Generationen später. Denn Justinian zerstörte auch das Ostgotenreich, ohne dass dies seinen Gründer Theoderich die ‚Größe‘ gekostet hätte. Aber diese Art von Werturteilen ist kaum einmal eine Folge historischer Reflexion, sondern ein Phänomen der Rezeptionsgeschichte. Und in dieser Hinsicht konnte Geiserich mit Theoderich, dem ‚sagen-

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VI  Geiserich und Rom haften‘ Helden späterer Lieder und Epen, nicht im Entferntesten mithalten;3 zudem galt er – anders als Theoderich – aus der entscheidenden späteren (römischen) Perspektive immer weniger als Architekt denn als Zerstörer, schon deshalb, weil seine Vandalen, im Gegensatz zu West- und Ostgoten, Burgundern und Franken, niemals für Rom gekämpft hatten. Aber unabhängig von der historisch ohnehin wenig aussagekräftigen ‚Größen-Olympiade‘ – was waren die Gründe für Geiserichs Erfolgsgeschichte? Natürlich hatte er auch Glück gehabt: Schon in Spanien hätte es mehrfach mit ihm und seinen Hasdingen-Vandalen vorbei sein können, und die mangelnde Leistung bzw. die Korruptheit einiger seiner militärischen Gegner in West und Ost (namentlich 460 n. Chr. bei Cartagena und 468 am Kap Bon) war nicht sein Verdienst. Selten aber ist der Spruch vom ‚Glück des Tüchtigen‘ so gerechtfertigt gewesen wie bei diesem Herrscher. Mit Konsequenz und Schläue, Zielstrebigkeit, Rücksichtslosigkeit und Furchtlosigkeit machte er seine Vandalen und alle, die dazugehören wollten, von land- und rechtlosen Vagabunden zu den Herren Africas, die, wohlversorgt mit Getreide und im Besitz schier unermesslicher Reichtümer, für die Truppen des Imperiums scheinbar unerreichbar waren und am Ende sogar ihre Herrschaft über eine der fruchtbarsten Gegenden des Mittelmeerraums mit allseits anerkannter Autonomie genießen konnten. Aber Geiserichs Erfolg war nicht nur die Folge seiner Herrscherqualitäten,4 sondern vor allem konsequent durchgehaltener Grundsatzentscheidungen, die sich in viele Richtungen auswirkten und die Politik seiner ganzen Regierungszeit prägten. Die beiden Maximen dieser Politik lassen sich knapp zusammenfassen. Erstens: faktische Macht und eigenes Recht vor römischer Legitimität; zweitens: vandalische Militärpotenz vor soziopolitischer Integration in Africa. Die Gründe dafür muss man eigentlich nicht lange suchen. Geiserich hatte sein halbes Leben schon hinter sich, als er afrikanischen Boden betrat, und sein politisches Weltbild dürfte damals durch die zwanzig Jahre dauernde Wanderschaft bereits fest geprägt gewesen sein. Was die erste Maxime angeht: Für einen die römische Politik von außen Betrachtenden war es wohl gar nicht anders möglich, als sie vom Gegensatz der faktisch entscheidenden Heermeister und der legitimen, aber letztlich machtlosen Kaiser, ihrer Auftraggeber, bestimmt zu sehen. Dass dies nicht alles war, dass dieser Antagonismus im Vordergrund sehr wohl auf anderen und zum Teil noch sehr wirksamen politischen Konstanten beruhte, war für ihn gar nicht zu erkennen. Oft wurde ihm vielmehr gerade das Gegenteil vermittelt. Man denke etwa an den mächtigen Heermeister Aspar, der sich mit ihm arrangierte, obwohl er und seine Leute,

Geiserich und Rom

wie Geiserich sicher wusste, vom oströmischen Kaiser ausgesandt waren, um das Vandalen-Reich zu liquidieren. Ein Seitenstrang dieses Themas ist die Zusammengehörigkeit und Solidarität von Ost- und Westreich. Geiserich, so könnte man sagen, weigerte sich, das Römische Reich als das zu sehen, als was es sich ihm selbst darstellte: als solidarisches Corpus, dessen Gesetze ebenso wie Münzen reichsweit galten, das gemeinsam die zwei Konsuln stellte usw. Stattdessen stellte Geiserich einfach die Machtfrage und kam zu dem überraschend einfachen Ergebnis: Auf das Westreich musste man kaum Rücksicht nehmen, ja hier konnte man sich sogar Entscheidungsbefugnisse über den Kaiser anmaßen; mit dem Ostreich hingegen musste man sich arrangieren. Der Erfolg, den er mit dieser Haltung immer wieder hatte, bot keinerlei Anlass, diese jemals infrage zu stellen; im Gegenteil: Er verfestigte sie. Aber nichts wäre falscher, als Geiserich als reinen Gewaltherrscher zu sehen, der sich nahm, was er kriegen konnte und in einer geradezu biologistischen Art und Weise das Recht des Stärkeren auslebte. Das ist die Sichtweise mancher antiker Quellen, die aus der Missachtung römischer Legitimitätsvorstellungen auf das Fehlen jeglichen Rechts schlossen. Aber Geiserich wollte natürlich kein reines Piraten-Imperium, er schuf ein regnum, das auf dauerhaften Grundsätzen basieren sollte, und wenn er Verträge schloss, dann hielt er sie in der Regel ein, allerdings nur, solange der Vertragspartner lebte.5 Und was das Imperium Romanum angeht, war er durchaus bestrebt, sich in dessen Rahmen zu etablieren. Aber er ignorierte, dass dieses von politischen Rechtsvorstellungen geprägt war, die den seinen in jeder Hinsicht vorangingen. Es ging ihm nicht nur um Akzeptanz, sondern um Integration zu seinen Bedingungen. Dabei ist zweifelhaft, ob er wahrnahm, dass diese seine Bedingungen die Existenz des Römischen Reiches im Westen infrage stellten; denn er selbst sah sich wohl tatsächlich als sein Erbe an. Ein zentraler Punkt dabei war natürlich das Kaisertum. Als es ihm gelungen war, seinen Sohn mit der älteren Tochter des sohnlosen Kaisers Valentinian zu verloben, war für ihn damit über dessen Nachfolger bereits insofern entschieden, als man seine Wahl nun nicht mehr ohne ihn betreiben durfte – ungeachtet der völlig anderen Legitimitätsvorstellungen in Rom, für die es undenkbar war, dass man das Kaisertum gewissermaßen erheiraten konnte. Geiserich dagegen konnte und wollte nicht akzeptieren, dass der römische Senat nach der Ermordung Valentinians durchaus im Einklang mit uralten Regeln und mit dem Selbstverständnis der res publica einen verdienten Staatsmann zum Kaiser machen konnte.

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VI  Geiserich und Rom Man muss Geiserichs Sichtweise allerdings zugutehalten, dass ihr durch das Verhalten Ostroms scheinbar eine Basis gegeben wurde. Denn hier hat man, was die Legitimität der Herrscher des Westens angeht, durchaus laviert, wenn auch unausgesprochen klar war, dass Hunerich und irgendein anderer ‚Barbar‘ niemals infrage käme. Tatsächlich basierte die Balance von Ost- und Westreich eigentlich auf gegenseitiger – wohlgemerkt gegenseitiger – Anerkennung; Geiserich konnte aber nur die eine Seite sehen, dass nämlich die römische Macht im Osten etabliert war, im Westen jedoch wankte. Daraus folgte für ihn, dass man im Westen zwar nicht ohne die Zustimmung des Ostens Kaiser werden, ansonsten aber auch als Vandalenkönig durchaus Entscheidungsgewalt beanspruchen konnte. Nur ein paar Monate lang, nach dem Vertrag mit Kaiser Maiorianus und vor dessen Ermordung 461 n. Chr., schien sich die Realität dieser Vorstellung zu fügen; ansonsten standen sich Geiserich und das westliche Kaisertum, solange es existierte, feindlich gegenüber. Auf gewissermaßen innenpolitischem Feld war es ein sinnfälliger Ausdruck des Vorrangs eigenen Rechts vor römischer Legitimität, dass Geiserich im Siedlungsgebiet der Vandalen die römischen Grundbesitzer enteignen und die Kataster zerstören ließ. Diese Brüche innerhalb des römischen Rechtsrahmens zu legitimieren, wurde wohl nicht einmal versucht.6 Auch die zweite Priorität ist ohne die Vorgeschichte des Vandalenreiches nicht zu verstehen. Auch hier war es die Erfahrung der Wanderjahre, die Geiserich sich auf nichts anderes verlassen ließ als auf ein funktionsfähiges, starkes, motiviertes und – ganz wichtig – vandalisches Heer. Feste Koalitionen mit anderen gentes, in denen beide Seiten prosperierten und profitierten, hatte er nie erlebt.7 Vielmehr hatte er erfahren, wie leicht man sich gegeneinander ausspielen ließ. Selbst die Sueben, mit denen zusammen die Vandalen über den Rhein gekommen waren und die sich in Spanien installiert hatten, hatte Gunderich 419 n. Chr. versucht zu unterwerfen, und sie hatten 429 wohl ihrerseits (wiederum vergeblich) die Vandalen angegriffen, als die Situation dafür günstig schien.8 Dies erklärt etwa das auf den ersten Blick erstaunliche Fehlen eines wirklich belastbaren Verteidigungsbündnisses mit anderen, benachbarten gentes (Sueben, Westgoten, Ostgoten).9 Sie wurden letztlich immer als Konkurrenten gesehen, und auch hier gab es Ereignisse, die dieses Misstrauen stärkten. Die Überzeugung, sich nur auf ‚das Eigene‘ verlassen zu können, erklärt aber auch die religiöse und juristische Abschottung der Siedlungsgebiete der vandalischen Krieger und die Weigerung, Romanen an der eigenen Herrschaft zu beteiligen, wenn sie nicht vollständig auf seine Seite traten, gewissermaßen selbst Vandalen wurden, was sich dann in der Kleidung ebenso zeigen musste wie in der Religion.

Geiserich und Rom

Geiserich war, wie gesagt, mit diesen beiden Prioritäten immer wieder erfolgreich; sie stärkten sein Reich im Inneren, immunisierten es geradezu gegen Richtungskämpfe und schweißten es zusammen, während sie es nach außen vergrößerten und so mächtig werden ließen, dass am Ende niemand mehr daran denken konnte, es zu eliminieren. Und doch scheint es, dass es genau diese Prägung der vandalischen Politik war, die das regnum Vandalorum letztendlich untergehen ließen, wie später noch gezeigt werden wird. Zunächst aber sorgten die Vandalen dafür, dass ein deutlich größeres und traditionsreicheres Gebilde unterging: das Römische Reich des Westens. Wohlgemerkt – der Untergang des Römischen Reiches ist nicht dasselbe wie der Untergang der antiken Welt. Diese Differenzierung wird von all jenen übersehen, die gar keinen Untergang, gar keinen Bruch mehr sehen wollen (heute eine weitverbreitete Ansicht). In früheren Zeiten wäre das ganz unverständlich gewesen. Der Decline and Fall of the Roman Empire, um hier einmal das berühmte Buch von Edward Gibbon zu zitieren, war nicht etwas, was infrage zu stellen, sondern was zu erklären war. In den letzten Jahrzehnten dagegen möchte ein Teil der Forschung nur noch von Transformation oder gar Kontinuität sprechen. Auch wenn klar ist, dass einen gewissen Furor an den Tag zu legen hat, wer derartige Perspektivenwechsel ermöglichen oder gar durchsetzen will, muss der Verfasser doch gestehen, dass ihn die Schärfe, in der diese Diskussion häufig geführt wird, eher ermüdet. Denn es müsste doch klar sein, dass die Frage nach dem Schicksal eines so komplexen Gebildes, wie es das Imperium Romanum war, nicht ohne Differenzierungen zu beantworten ist und dass somit die Antwort wiederum damit zusammenhängt, was genau und im Kern für den Betrachter dieses vielschichtige Phänomen ‚Römisches Reich‘ ausmacht. Um mit der Kontinuität zu beginnen: Es wird aufgefallen sein, wie häufig bisher von Gesandtschaften die Rede war, die zwischen den Vandalen und römischen Autoritäten hin und her gingen und komplizierte Verträge aushandelten. Das allein zeigt ja bereits, dass Geiserich das bestehende System nicht verlassen konnte, dies auch sicher nicht wollte. Tatsächlich kann man sagen, dass sich alle Akteure in dieser Zeit in einem gemeinsamen Kommunikationsraum, dem des Imperium Romanum, befanden.10 Dabei wäre es falsch, in diesem Zusammenhang Geiserich und seine Leute als schnelle Lerner zu loben, so als wären sie 406 als völlig Fremde in die römische Welt gekommen; denn sie hatten zwar an ihrem Rand gelebt, aber schon längere Zeit (um im Bild zu bleiben) intensiv in diese Richtung ‚geschaut‘. Was die konkreten Gesandtschaften angeht, muss allerdings gleich einschränkend die Frage gestellt werden, in welcher Sprache wir uns eigentlich die Verhandlungen vorzustellen haben bzw.

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VI  Geiserich und Rom welche Rolle Dolmetscher dabei spielten. Natürlich konnte Geiserich Latein und höchstwahrscheinlich auch ein wenig Griechisch. Aber hat er diese seine Kenntnisse bei offiziellen Zusammentreffen genutzt? Hier sind doch erhebliche Zweifel anzumelden, wie ja überhaupt deutlich geworden sein sollte, dass Selbstdarstellung und Repräsentation der Vandalen nicht ausschließlich von römischen Werten und Formen geprägt waren. Ein Weiterleben bzw. eine Kontinuität kann man auch bei einer ganz zentralen Institution feststellen: der Landwirtschaft. Die Produktion von afrikanischem Getreide, Öl und Wein brach keineswegs ab.11 Aber auch hier ist davor zu warnen, diesen Aspekt für die Romanitas der Vandalen überzubewerten, denn: Wer waren die Träger dieser Wirtschaftsform? Nichts deutet darauf hin, dass die Vandalen auf den Feldern arbeiteten oder die Bewässerungsanlagen warteten. Als die vandalischen Herren die römischen Landgüter übernahmen, haben sie, wie damals üblich, die dort arbeitende Bevölkerung gewissermaßen mit übernommen.12 Ähnliches gilt für den dritten Bereich, in dem von Kontinuität zu sprechen ist, für den der materiellen Kultur, konkret für Häuser in Stadt und Land, Thermen, Großbauten für öffentliche spectacula, Kirchen usw. Auch hier ist zu konstatieren, dass die Vandalen kaum etwas veränderten; zugleich muss man aber auch hier wieder fragen, wer genau dies alles plante, ausführte und am Leben hielt. All diese Dinge betreffen eher den Bereich der sogenannten Zivilisation; wer vom Imperium Romanum insgesamt sprechen will, muss darüber hinausgreifen. Die Weizenfelder, die Städte, der mediterrane Kommunikationsraum – hierauf baute sich ja das erst auf, was man die ‚römische Staatlichkeit‘ nennen könnte. Wer das Römische Reich allen Stürmen der Zeit zum Trotz weiterleben lassen will, verweist an dieser Stelle darauf, dass in Africa – wie in allen barbarischen Nachfolgestaaten – eine prinzipielle Kontinuität des Herrschaftsgebietes, das gehalten und verteidigt wurde, zu beobachten sei. Die hier erwirtschafteten Überschüsse wurden teilweise wie eh und je von der alten lokalen Elite eingebracht und dann von der herrschenden Macht genutzt, um feindliche Einfälle abzuwehren.13 Allerdings war dies zu Geiserichs Zeit gerade nicht der Fall gewesen; erst danach entwickelten sich die Vandalen zu Verteidigern ihres Gebietes (das immer kleiner wurde).14 In diesem engen Umkreis und in dieser Hinsicht könnten die Vandalen in der Tat am Ende ihrer Herrschaft als Erben der Römer bezeichnet werden, und Justinian knüpfte in gewisser Weise hier auch wieder an, als er Africa in sein Reich reintegrierte. Aber diese traditionelle Verteidigung des eigenen Gebietes wäre (abgesehen von der Aufgabe des Großteils Africas) doch eine ganz unzureichende Defini-

Geiserich und Rom

tion des Imperium Romanum, zu dem das römische Herrschaftssystem samt seiner traditionellen zentralen Figur, dem imperator (kein Imperium ohne Imperator!), ebenso gehörte wie eine römische Elitenkultur. Dieses System ruhte wiederum überall im Reich auf zwei Säulen: auf einem im Prinzip zentralen Kommando des Heeres und auf der zentralen Verfügungsgewalt über die Steuern. Beides bedingte einander. Auf diesen beiden Feldern gab es aber, wie wir gesehen haben, einen scharfen Bruch. Steuern an den Kaiser wurden in Africa nicht mehr gezahlt, und die bewaffnete Macht war ausschließlich vandalisch. Diese beiden tragenden Säulen wurden also, um im Bild zu bleiben, umgestürzt; hierzu passt, dass Geiserich zwar den oströmischen Kaiser akzeptierte (der aber weit weg war und zunächst keine konkreten Ansprüche in Africa erhob), das westliche Imperium aber eben nicht – oder nur insofern, als Westrom sich den Regeln Geiserichs unterwarf. Der Titel des vierten Kapitels (‚Das vandalische Königreich und das Imperium Romanum‘) wurde also sehr bewusst gewählt; man hätte ja auch formulieren können ‚Geiserich im Imperium Romanum‘. Aber es lag eben doch eine echte Opposition vor. Der große Vandalenkönig wurde zwar im Römischen Reich groß; er stellte dessen materielle und politische Grundlagen jedoch im Umkreis seiner Herrschaft, und das war eben der Westen, nicht nur infrage, sondern er zerstörte sie.

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VII

Die weitere Entwicklung des ­Vandalenreichs und sein Untergang

1. Von Hunerich zu Gunthamund: Nachfolge-, Kirchen- und Maurenkämpfe Die Bilanz der Regierung König Hunerichs (477 – 484) muss man eigentlich als tragisch bezeichnen. Denn als er seinen Vater beerbte, waren alle Voraussetzungen beisammen, um eine neue Phase des Königreichs beginnen zu lassen. Konstantinopel hatte seinen Frieden mit den Vandalen gemacht, und dies auf lange Sicht. Das Westreich war untergegangen; auch hier eröffneten sich also neue Gestaltungsräume. Aus seiner Ehe mit Eudocia, der Tochter des Kaisers, waren zwei Söhne hervorgegangen,1 er selbst hatte einige Jahre am westlichen Kaiserhof gelebt und unterhielt offenbar gute Kontakte zum östlichen. Dies alles hätte die Basis für eine Neuausrichtung werden können, nicht um sich durch außenpolitische Bündnisse zu sichern (das war gar nicht notwendig), sondern um die eigene Herrschaft in Africa auf eine breitere Basis zu stellen. Hier nämlich war die Lage nur auf den ersten Blick günstig: Es gab zwar weit und breit keinen machtpolitischen Konkurrenten in Africa, der den Vandalen die Herrschaft über das Kerngebiet hätte streitig machen können. Eine nach wie vor nicht ‚abgelöste‘ Hypothek war aber das Missverhältnis zwischen den staatstragenden Vandalen und der romanischen Provinzialbevölkerung samt ihrer Oberschicht. Besonders virulent war dies im militärischen Bereich. Die maximal 20 000 (vielleicht nur 10 000) vandalischen Krieger, die 429 n. Chr. die Straße von Gibraltar überquert hatten, waren mit ihren Familien gewissermaßen unter sich geblieben. Einen kontinuierlichen Zuzug von Einwanderern (wie er etwa im römischen Britannien oder Gallien zu beobachten war) hatte es nicht gegeben. Zwar hatten verschiedene Maurenstämme Geiserich bei seinen Raubzügen unterstützt; diese waren nun aber vorbei (mit ihnen auch die Aussicht auf Beute), und die Schwäche des viel zu ausgedehnten Herrschaftsgebiets der Vandalen war den Mauri nicht verborgen geblieben. Zwar hören wir davon, dass einige Stämme den Vandalen gewissermaßen zu Polizeidiensten



1. Von Hunerich zu Gunthamund: Nachfolge-, Kirchen- und Maurenkämpfe

zur Verfügung standen,2 zugleich gab es aber, beginnend im Aurès-Gebiet, auch Absetz- und Aufstandsbewegungen.3 Das vandalische Heer war darauf denkbar schlecht vorbereitet. Nicht nur, dass es kein Konzept für diesen Krieg gab (in den Köpfen dominierte offenbar immer noch die alte Frontstellung gegen den Kaiser), es fehlten auch die materiellen Voraussetzungen: An eine Kette von Garnisonen war überhaupt nicht zu denken, man hätte sie weder bauen können noch bemannen. Geiserich hatte sein Reich verteidigt und es dabei immer wieder abgelehnt, in das Vandalenheer auch andere Kämpfer zu integrieren. Das hatte scharfe Abgrenzungen geschaffen, die er aber auch ganz bewusst so gezogen wissen wollte. Nun aber war die Situation eigentlich eine andere. Die vorher gültige Regel, dass Romanen, die in den Dienst der Vandalen treten wollten, in jeder Hinsicht zur Konversion gezwungen waren, hatte eigentlich keine Grundlage mehr. Die Gefahr der Auflösung oder Unterwanderung der Vandalen war abgelöst worden von der Gefahr der Ausdünnung. Erfolgversprechend wäre nun eine Politik des Ausgleichs und der Integration gewesen, und Hunerich begann damit tatsächlich auch. Bald nach seinem Regierungsantritt nahm er die Verhandlungen mit Konstantinopel wieder auf; er kam dem Kaiser in verschiedener Hinsicht entgegen und versicherte ihm seinen Friedenswillen, ja seine ‚prorömischen Sympathien‘.4 Es müssen schwerwiegende Gründe gewesen sein, die ihn dazu bewogen, von Geiserich lange und zäh verteidigte Positionen aufzugeben.5 Malchus kommentiert Hunerichs neuen Kurs mit der Bemerkung, die Vandalen seien nach Geiserichs Tod weich geworden und hätten einen Krieg mit Konstantinopel gefürchtet. Aber dass allein der Tod des alten Herrschers die Vandalen plötzlich kriegsmüde, ja ängstlich machte, ist natürlich eine Betrachtungsweise, die auf die gesamte zweite Hälfte der Vandalenherrschaft zurückblickt. In der Tat begann Hunerich eine deutlich reichsfreundlichere Politik als sein Vater, bis hin zur Erlaubnis, den seit über zwanzig Jahren vakanten katholischen Bischofsstuhl in Karthago wieder besetzen zu lassen (481).6 Geiserich war in den Verhandlungen 474 n. Chr. sicher mit dieser Forderung konfrontiert worden, aber auch der beredte Unterhändler Severus war gescheitert. Dass dann der Kaisertochter Placidia, der Schwägerin Hunerichs, die Vermittlung gelang, war von diesem natürlich bewusst inszeniert worden, betonte es doch seine verwandtschaftliche Bindung zum (ehemaligen) Kaiserhaus. Dies alles geschah, ohne dass es auf byzantinischer Seite einen grundlegenden Wandel gegeben hätte. Diesen muss es also bei den Vandalen gegeben haben, und hier dürften die oben erwähnten Aufstände und Attacken von Maurenstämmen eine wichtige Rolle gespielt haben.7

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VII  Die weitere Entwicklung des ­Vandalenreichs und sein Untergang Die katholische Kirche Karthagos wählte 481 n. Chr. mit Eugenios einen Mann aus dem Osten zum Bischof.8 Offenbar versprach sie sich hier Unterstützung. Aber damit machte man sich falsche Hoffnungen, wenn man mehr erwartete als ein bisschen Diplomatie. Zenon war geneigt, den Avancen seines neuen königlichen ‚Freundes‘ zu folgen, während er sich theologisch nicht mehr, wie die katholische Kirche in Africa, am Konzil von Chalkedon (451) orientierte, sondern dessen Beschlüsse hinter sich lassen wollte.9 Hunerich brauchte umgekehrt also nicht zu fürchten, dass die Afro-Romanen samt ihrem obersten Bischof nun als „fünfte Kolonne“ des Kaisers fungierten. Stattdessen hätten die religiösen Fronten in Africa aufgeweicht werden können, nämlich in dem Sinn, dass der König und die vandalische Spitze etwas wegrückte von der arianischen Hierarchie und dadurch mehr die Position eines über beiden Kirchen stehenden Monarchen errang. Natürlich wäre das nicht ohne Widerstand möglich gewesen, Hunerich aber hätte von einer Position unangefochtener Stärke aus agieren können und damit, wenn er sich in Richtung eines ‚Königs der Vandalen und der Römer‘ bewegte, seinem Reich neue Möglichkeiten eröffnen können. Dies alles wurde jedoch nicht Wirklichkeit. Der tiefere Grund hierfür ist nicht leicht zu erkennen. Denn wir haben zwar mit Victors Darstellung einen Bericht über diese Zeit, der Autor hat aber kein Interesse an der Geschichte des Vandalenreiches, er ist kein Historiker, sondern Advokat seiner gerade unter Hunerich verfolgten Kirche, und als solcher stellte er ein Dossier zusammen, das in den Einzelheiten zwar durchaus verlässlich ist, in den Wertungen aber unhistorisch und parteiisch. Hunerich wird ausschließlich von den letzten drei Jahren seiner Regierung her beurteilt, er ist der ‚Verfolger‘ und schlichtweg ein moralisches Ungeheuer, dessen böse Taten schon deshalb keiner Begründung bedürfen, weil sie seinem Wesen entsprechen.10 Dennoch lässt sich aus Nebenbemerkungen der ‚Verfolgungsgeschichte‘ Victors durchaus rekonstruieren, was die eben skizzierten Möglichkeiten irreal hat werden lassen. Victor erwähnt gleich zu Anfang seiner Beschreibung der Kirchenverfolgung Hunerichs, dass diese auf schwere innervandalische Auseinandersetzungen folgte. Wenn es hier einen Zusammenhang gab, könnte dies der Schlüssel sein, um Hunerichs Politik zu verstehen. Dies aber ist nun gerade nicht das Ziel Victors, und insofern lässt sich mit seinem Urteil in dieser Hinsicht nicht viel anfangen. Da wir aber keine andere darstellende Quelle dieser Zeit haben, hat sich auch die Forschung mit einem bloßen post hoc zufriedengegeben.11 Demgegenüber soll hier ein wahrscheinliches propter hoc dargestellt werden. Der Ausgangspunkt dafür muss die oben beschriebene Nachfolgefrage sein. Wir haben gesehen, wie Geiserich mit einer schriftlichen Festlegung aus-



1. Von Hunerich zu Gunthamund: Nachfolge-, Kirchen- und Maurenkämpfe

geschlossen hatte, dass Hilderich, Hunerichs noch unmündiger Sohn, Nachfolger werden konnte, solange noch ältere Verwandte der Königsfamilie zur Verfügung standen. Hilderich aber war mittlerweile sicher volljährig, und Hunerichs alle künftigen Entwicklungen grundlegend beeinflussende Entscheidung war nun die, ihn gegen seines Vaters erklärten Willen und gegen alle Widerstände als Nachfolger durchzusetzen. Erklären muss man dies angesichts der prinzipiellen Stärke des ‚genetischen‘ Egoismus eigentlich selbst dann nicht, wenn diese Präferenz politisch völlig irrational gewesen wäre. Tatsächlich hätte Hunerich aber darauf verweisen können (ob er es tat, wissen wir nicht), dass sich mit seinem Sohn die einzigartige Chance bot, dass der neue König zugleich Enkel Geiserichs und Enkel des römischen Kaisers wäre. Die nach der vandalischen Nachfolgeregelung besser platzierten Kandidaten waren jedoch – wenig überraschend – zu einem freiwilligen Rückzug nicht bereit. Unglücklicherweise gab es eine ganze Reihe solcher Kandidaten, denn zwei von Hunerichs Brüdern (Theuderich und Gento) hatten Nachkommen. Hunerich sah sich also gezwungen, gewaltsam vorzugehen: Theuderich wurde verbannt, seine Frau hingerichtet, ebenso ihr älterer Sohn, der älter als Hilderich und insofern gefährlich war.12 Auch Gentos Söhne (er selbst war ja schon gestorben) wurden verfolgt, gaben aber offenbar auf, für ihr Recht zu kämpfen; sie blieben am Leben.13 Doch es reichte nicht, nur die Gegenkandidaten aus dem Weg zu räumen, der König musste auch die zentralen vandalischen Institutionen für das Nachfolgerecht seines Sohnes gewinnen. Beim Heer, dessen unumstrittener Anführer er war, könnte ihm das gelungen sein. Die zweite Instanz, deren Zustimmung er unbedingt brauchte, war jedoch die arianische Kirche. Auch sie war eng mit dem König verbunden, wie wir gesehen haben, hatte in dem halben Jahrhundert ihres Bestehens jedoch auch an innerer Festigkeit gewonnen, und ihre Interessen waren mit denen des Königs keineswegs deckungsgleich. Eine auch nur teilweise Restitution der katholischen Kirche, ja eigentlich jede Legalisierung von deren Aktivitäten im Gebiet der vandalischen Siedlungen, konnte bedrohlich erscheinen, denn hier hatte man diese in materieller Hinsicht vollständig ‚beerbt‘. Jedes katholische Revival wäre vollständig auf Kosten der neuen Besitzer gegangen. Dies galt ebenso für den soziopolitischen Einfluss. Obwohl die arianische Kirche die Nähe zur Macht besaß, konnte sie sich dieser Stellung doch nie ganz sicher sein, einfach aufgrund der Tatsache, dass die überwiegende Mehrheit der Provinzialbevölkerung katholisch geblieben war. Hinzu kam der konfessionelle Gleichklang der Katholiken Africas mit dem Kaiser in Konstantinopel.14

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VII  Die weitere Entwicklung des ­Vandalenreichs und sein Untergang Hunerichs anfängliche Avancen in Richtung der gegnerischen Kirche waren sicher misstrauisch beobachtet worden.15 Der eigentliche Konflikt entzündete sich aber an der Nachfolgefrage. Das andere Organisationsprinzip der arianischen Kirche, das nicht auf Territorien (geographisch umschriebenen Bis­ tümern), sondern auf Personenverbänden basierte, ist oben schon erläutert worden. Es führte dazu, dass hohe arianische Priester mit bestimmten vandalischen Großen in enger Verbindung standen. So gehörte zum Haus von Hune­ richs Bruder Theuderich ein Priester namens Iucundus; er hatte mit Theuderich in Geiserichs Regierungszeit bei harten Maßnahmen gegen vandalische Konvertiten zusammengearbeitet. Iucundus aber war nun unter Hunerich zum obersten arianischen Bischof (zum ‚Patriarchen‘) im Vandalenreich geworden.16 Diese personelle Konstellation wurde beim Kampf Hunerichs für die Nachfolge seines Sohnes hochexplosiv. Denn Iucundus hatte – ganz unabhängig von Legitimitätserwägungen – zwei schwerwiegende Gründe, sich dem König entgegenzustellen. Zum einen war es Theuderichs ältester Sohn (und damit in gewisser Hinsicht seine eigene ‚Familie‘), dem die Nachfolge von Rechts wegen zukam, schon insofern lohnte es also zu kämpfen. Zum anderen konnte er hinsichtlich Theuderichs Einstellung zum arianisch-katholischen Gegensatz beruhigt sein, während dies für Hunerich offenbar nicht galt. Iucundus hatte also Widerstand geleistet, und Hunerich hat das wiederum als so schweren Angriff auf seine eigene Herrschaft empfunden, dass er zu härtesten Maßnahmen greifen zu müssen meinte: „Der König ließ sich aber zu etwas noch Grausamerem hinreißen [zuvor war von der Verfolgung der Theuderich-Familie die Rede, Verf.]. Im Beisein der Volksmenge ließ er mitten in der Stadt … den Bischof seines eigenen Glaubens namens Iucundus … verbrennen, weil dieser im Haus Theuderichs, des Bruders des Königs, hochwillkommen war; mit seiner Unterstützung hätte das genannte Haus den Thron gewinnen können.“17 Was Victor hier berichtet, die öffentliche und diffamierende Hinrichtung des höchsten Würdenträgers der arianischen Kirche, musste nicht nur das Verhältnis von geistlicher und weltlicher Macht im Vandalenreich vor aller Augen führen, es musste natürlich auch ihr Einvernehmen schwer erschüttern. Es wurde ein Nachfolger für Iucundus bestimmt – sicher ein Mann, dem der König vertraute (sein Name war Cyrila) –, aber das allein konnte das tief gestörte Verhältnis zwischen dem König und seiner Kirche natürlich nicht heilen. Und eine bloße Beruhigung hätte Hunerich gar nichts genützt, sein Ziel und zugleich der



1. Von Hunerich zu Gunthamund: Nachfolge-, Kirchen- und Maurenkämpfe

Ursprung des Streits war ja gewesen, die Zustimmung der arianischen Hierarchie zur Nachfolge seines Sohnes zu erhalten. Hieran hatte sich nichts geändert, im Gegenteil: Der König hatte seinen Einsatz erheblich erhöht, hatte große Risiken in Kauf genommen und musste nun desto mehr bestrebt sein, sein Ziel auch zu erreichen. Es dürfte nun aber, so lässt sich vermuten, nicht leicht für ihn gewesen sein, den arianischen Klerus für sich zu gewinnen. Er musste einen wirklich glaubwürdigen Beweis dafür liefern, dass die alte Verbundenheit andauern und der König weiterhin Beschützer seiner Kirche sein werde. Genau in diesem Augenblick erfolgte, wenn wir der Darstellung des Zeitzeugen Victor folgen, der Auftakt zur ersten systematischen Verfolgung der katholischen Kirche: „Nachdem er also in kurzer Zeit alle, die er fürchtete, beseitigt hatte, wodurch er sich, wie er meinte, seine Herrschaft sicherte, die jedoch kurz und vergänglich war, richtete er, da er sich allseits unbehelligt und sicher fühlte, … alle Waffen seiner Wut auf die Verfolgung der katholischen Kirche.“18 Victor bietet hier keinen brauchbaren kausalen Zusammenhang19 und vor allem keine ausreichende Erklärung für den plötzlichen Umschwung, auch in Hinblick auf den Verlauf der dann folgenden Aktionen. Die Forschung hat sich entweder mit der Unerklärlichkeit von Hunerichs Motiven begnügt oder auf seine fanatische Religiosität verwiesen,20 was aber – ihre Existenz einmal vorausgesetzt – nicht erklären würde, warum sie erst jetzt gewissermaßen zum Ausbruch kam, während seine ersten Regierungsjahre eher von Pragmatismus geprägt waren. In den Jahren ab 481 n. Chr. verschärften sich Hunerichs antikatholische Maßnahmen zusehends: Massendeportationen von Klerikern, entehrende Strafen, eine erzwungene Disputation, zu der die widerstrebenden Bischöfe nach Karthago befohlen wurden, schließlich ihrer aller Verbannung und ein Edikt, das jeden obstinaten Katholiken seines Reiches den früheren römischen Ketzergesetzen unterwarf.21 Das anfangs von Hunerich so intensiv gepflegte Verhältnis zu Konstantinopel musste dadurch erheblich Schaden nehmen.22 Die arianische Kirche in Africa aber – offenkundig die Nutznießerin dieser Verfolgungen und teilweise direkt daran beteiligt – blieb dennoch bei ihrem Widerstand gegen Hilderich und gegen die Abschaffung der traditionellen Thronfolgeregelung, unbeeinflusst von Lockungen und auch Drohungen. Die Gründe sind für uns nicht erkennbar. War die Verletzung durch die Hinrichtung des Patriarchen zu tief, war Hunerichs Vorgehen zu durchsichtig, oder ahnte man, was von der Religionspolitik eines Hilderich zu erwarten wäre?23 Der König hat sich jedenfalls – so die hier vertretene Interpretation – durchaus taktisch verhalten. Am Ende stand dennoch (oder war das kühle Kalkül

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VII  Die weitere Entwicklung des ­Vandalenreichs und sein Untergang des Königs sogar ursächlich?) ein doppeltes Fiasko. Obwohl der König der arianischen Hierarchie weit entgegengekommen war, konnte er sie nicht dazu bewegen, der Nachfolge seines Sohnes zuzustimmen.24 Aber auch mit seinen erklärten Zielen als Vorkämpfer des wahren Glaubens scheiterte er. Die Zwangsmaßnahmen blieben zwar nicht ohne Wirkung,25 eine Zerschlagung des katholischen Klerus, gefolgt von Konversion und Wiedertaufe möglichst großer Teile der Bevölkerung oder auch nur der Oberschicht, gelang aber nicht, nicht einmal in der Proconsularis.26 Niemand weiß, was geschehen wäre, wenn Hunerich länger gelebt hätte; er starb schon Ende 484 n. Chr., im Jahr der härtesten Edikte und Maßnahmen, und er starb, wie gesagt, ohne seinem Sohn den Königsthron verschafft haben zu können. Den bestieg sein Neffe Gunthamund,27 und es stärkt noch einmal unsere Interpretation, dass dieser die gegen die katholische Bevölkerung gerichteten Edikte zwar nicht formell widerrief, aber auch nicht ausführte.28 Zu eindeutig war in Hunerichs Maßnahmen offenbar das persönliche Element gewesen, nicht im Sinn eines religiösen Kampfes, sondern einer ganz speziellen Agenda, die weiter zu betreiben sein ungeliebter (zu Lebzeiten von Hunerich ja sogar verfolgter) Nachfolger keinerlei Grund hatte. Das heißt nun nicht, dass Gunthamund sonderlich tolerant gewesen wäre. Keinesfalls wollte er einen echten Kurswechsel in der Kirchenpolitik vornehmen. Erst zehn Jahre später durften die verbannten katholischen Bischöfe zurückkehren und von Hunerich enteignete Kirchen (außerhalb des vandalischen Kerngebiets) erneut in Besitz nehmen.29 Prinzipiell galten wieder die alten Geiserich-Maximen: Im Gebiet der vandalischen Siedlungen sollte die katholische Kirche unsichtbar oder zumindest stumm bleiben, ohne Rücksicht darauf, welcher Konfession die Landbevölkerung angehörte. Um dies zu erreichen, konnte man sich aber auch nach Hunerichs Attacken nicht auf die Schwäche der Gegner verlassen.30 Aber Gunthamunds Rückkehr zur Politik seines Onkels war im Grunde ein Rückschritt. Wie zu Anfang dieses Kapitels ausgeführt, wäre es höchste Zeit gewesen, die Vandalenherrschaft auf eine breitere Grundlage zu stellen. Von außerhalb Africas drohte zwar nach wie vor keine Gefahr, jedenfalls nachdem Gunthamund mit den in Italien und bald auch auf ganz Sizilien herrschenden Ostgoten – nach einer offenbar deutlichen Niederlage – Frieden geschlossen hatte.31 Gegenüber mehreren Maurenstämmen aber verschärfte sich die Situation. Anders als Hunerich, der ihrem Vordringen weitgehend tatenlos zugeschaut zu haben scheint, hat der deutlich jüngere Gunthamund versucht, militärisch Widerstand zu leisten,32 jedoch ohne durchschlagenden Erfolg. Nicht



2. Thrasamund und Hilderich: Wie römisch konnte ein Vandalenkönig sein?

nur in den westlichen Gebieten, auch im Süden, also in Teilen der Byzacena, und im Südwesten verlor man zunehmend die Kontrolle.33 Nun rächte sich auch, dass die Vandalen die Stadtbefestigungen hatten systematisch zerstören lassen, aus Furcht, sie könnten gegen sie benutzt werden. Dieses Risiko einzugehen, wagte Gunthamund offenbar immer noch nicht, vielleicht hatte er auch gar nicht mehr die Möglichkeiten dazu. Stattdessen reduzierte er den Umkreis der vandalischen Herrschaft, was ihr die betroffene Landbevölkerung natürlich entfremden musste.34 Hinsichtlich der romanischen Elite kann man tatsächlich vermuten, dass sie in Teilen immer noch das Ende der Vandalenherrschaft herbeisehnte und auf ein Heer aus dem Osten hoffte, das sie befreien würde35 (dass Konstantinopel gar nicht daran dachte, musste man dann mit großer Enttäuschung zur Kenntnis nehmen). Ein wichtiger Grund, warum auf beiden Seiten immer noch die alten Frontstellungen besetzt waren, dürfte in der Verfolgungszeit unter Hune­ rich zu suchen sein. Taktische Motive hin oder her, die Auswirkungen waren tiefgreifend und schufen eine dauerhafte Distanz; zudem legten sie den vandalischen König in einer neuen Art und Weise auf eine sogar theologische Verteidigung der arianischen Kirche fest. Gunthamunds Nachfolger Thrasamund diskutierte später höchstpersönlich mit katholischen Bischöfen und suchte ihr Glaubensbekenntnis zu widerlegen.

2. Thrasamund und Hilderich: Wie römisch konnte ein Vandalenkönig sein? Nachfolger Gunthamunds wurde sein Bruder Thrasamund (496 – 523).36 Außenpolitisch reagierte er auf den unverminderten Druck der maurischen Stämme durch einen engeren Anschluss an das Ostgotenreich Theoderichs des Großen, der daran auch seinerseits Interesse hatte, nicht zuletzt, weil die Ostgoten über keine nennenswerte Flotte verfügten. Im Jahre 500 n. Chr. kam es zu einer Verschwägerung der beiden Könige, als Thrasamund, dessen Ehefrau kinderlos gestorben war, die Amaler-Prinzessin Amalafrida heiratete, die verwitwete Schwester Theoderichs. Die Bedeutung, die dieser neuen Verbindung beigemessen wurde, zeigt sich an dem Ehrengeleit, das Amalafrida nach Africa begleitete: 1000 gotische Krieger und 5000 bewaffnete Knechte.37 Als Mitgift brachte die neue Königin die sizilische Hafenstadt Lilybaeum mit in die Ehe (unter König Gunthamund war die seestrategisch wichtige Nordwestecke der Insel den Vandalen verloren gegangen),38 was ebenfalls für eine geplante dauerhafte Zu-

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VII  Die weitere Entwicklung des ­Vandalenreichs und sein Untergang sammenarbeit spricht. Daraus wurde aber nichts, und über das Warum sind wir wieder einmal nicht informiert. Zwei mögliche (kombinierbare) Gründe lassen sich aber vermuten: Zum einen dürfte Thrasamund ein gutes Verhältnis zu Konstantinopel, wo schon seit 491 n. Chr. Kaiser Anastasios regierte, wichtiger gewesen sein als ein Bündnis mit Theoderich. Als 507/508 n. Chr. Küstenstädte Süditaliens von einer oströmischen Flotte geplündert wurden, griffen die in Lilybaeum stationierten vandalischen Schiffe jedenfalls nicht ein.39 Zum anderen war die überlegene ostgotische Militärmacht offenbar zu nah, als dass sie ausschließlich als Verstärkung gesehen wurde. Thrasamund hatte Sorge vor einer ostgotischen Dominanz, besonders als es Theoderich gelungen war, einen eigenen Kandidaten auf dem westgotischen Thron zu installieren, und der Vandale ging sogar so weit, einen dagegen opponierenden Kronprätendenten, der sich nach Karthago geflüchtet hatte, zu unterstützen.40 Ganz gleich, ob er gehofft hatte, dies unentdeckt tun zu können, oder ob er die Chancen ‚seines‘ Kandidaten völlig überschätzt hatte: Am Ende musste er sich jedenfalls bei seinem ‚großen Bruder‘ in Ravenna entschuldigen; das Verhältnis blieb aber (vielleicht gerade deshalb) belastet.41 Kriegerische Erfolge hatte Thrasamund auch in Africa nicht vorzuweisen. Die maurischen Frexes im numidisch-byzacenischen Grenzland erstarkten unter der Führung des Antalas, der noch eine bedeutsame Rolle in Africa spielen sollte,42 und im Hinterland Tripolitaniens erlitt der König gegen die Kamel­ nomaden eines gewissen Kabaon sogar eine schwere Niederlage. Der Bereich vandalischer Macht schrumpfte weiterhin.43 Auch an der religionspolitischen Front gab es keine Entspannung. Die Vorherrschaft der arianischen Bischöfe meinte der König weiterhin durch Verbannung ihrer katholischen Gegenspieler stützen zu müssen. Anders als seine Vorgänger hatte er aber offenbar auch ein besonderes Interesse an der doktrinären Seite des Glaubensstreites, und er beteiligte sich persönlich an Disputationen, etwa mit dem Bischof Fulgentius von Ruspe, den er irgendwann zwischen 515 und 520 dafür aus dem Exil von Cagliari nach Karthago holte; König und arianische Hierarchie kämpften also Seite an Seite.44 Thrasamunds schlechte militärische Bilanz prägte aber keineswegs seine gesamte Regierungszeit, die insgesamt ruhig war. Die Vandalen brauchten die verlorenen oder gefährdeten Gebiete ja nicht etwa, um wirtschaftlich sorgenfrei leben zu können (hier lieferte die Landwirtschaft mehr als genug Überschüsse, wie auch die Keramikproduktion zeigt)45 oder um ihr Kerngebiet vor Angriffen zu schützen. Keiner der vordrängenden Maurenstämme hatte den Plan (geschweige denn überhaupt die Möglichkeiten), die vandalische Armee



2. Thrasamund und Hilderich: Wie römisch konnte ein Vandalenkönig sein?

als Ganzes herauszufordern, und Koalitionen zwischen den – teilweise verfeindeten – Stämmen waren nicht zu befürchten. Solange also kein größeres Heer in Africa landete, musste die Vandalen die Erosion ihrer Herrschaft an den Rändern nicht wirklich beunruhigen. Thrasamunds Herrschaft war für viele Bewohner seines Reiches – so sie nahe genug am Zentrum lebten – eine Zeit des Friedens, für die Oberschicht auch des Wohlstands, und dies gilt sicher auch für ihren romanischen Teil. Auch dieser hatte in Karthago und in anderen Städten seine reichen Residenzen und konnte versuchen, am Leben des vandalischen Hofes teilzunehmen. Gerne wüssten wir genauer, wie wir uns dieses vorzustellen haben. Einmal mehr erweist sich das Fehlen einer Geschichte der Vandalen, etwa aus der Feder eines römischen Literaten in Karthago, als kaum zu schließende Lücke. Was wir haben, sind einige römische Lobgedichte auf den König und seine Königsstadt Karthago, deren Pracht und Macht in den Himmel gehoben werden. Ihre Interpretation ist allerdings nicht so einfach, wie es scheint. Wir sind gewohnt, aus gedrechselten Verskomplimenten zu schließen, dass sie vom Gelobten auch bestellt worden sind. Das aber war in der Antike keinesfalls die Regel. Literaten versuchten vielmehr, mit Proben ihrer Kunst die Aufmerksamkeit möglicher Förderer zu erringen, und veröffentlichten die Gedichte, auch wenn sie ohne Reaktion geblieben waren.46 Nach dem, was oben über das Nebeneinander von ‚Römern und Barbaren‘ gesagt wurde, müssen wir tatsächlich mit einer solchen Situation der literarischen Szene in Karthago rechnen, auch noch unter König Thrasamund. Es war ja durchaus möglich, ein Gedicht auf die herrliche Hauptstadt der Vandalen zu verfassen, ohne die Gleise des traditionellen Städtelobs zu verlassen. Bei einem Geschichtswerk wäre das anders gewesen. Hier hätte der Hof schon zu erkennen geben müssen, wie er die (natürlich heroische) Vandalen-Vergangenheit dargestellt sehen wollte. Dergleichen ist aber eben nicht geschehen, was keineswegs ein zufälliges Manko ist. Dass auch Thrasamund trotz seiner theologischen Interessen keinesfalls ein römischer Herrscher, sondern ein rex barbarus sein wollte, ist eindeutig bezeugt, wird aber oft übersehen. Es passt nicht in das verbreitete (aber zumindest schiefe) Bild eines bildungsbeflissenen Förderers der Literatur und der Literaten.47 Tatsächlich aber wird Thrasamund in einem offiziellen Schreiben des Bischofs Fulgentius von Ruspe, der jedes Interesse hatte, den König nicht unnötig zu provozieren, als „Barbarenkönig“ bezeichnet, der durch seine ungewöhnlichen theologischen Studien in der Lage sei, die geistigen Interessen seines „barbarischen Volkes“ zu wecken, das bislang für sich „wie einen angestammten Besitz“ die Unwissenheit beansprucht habe. Barbarus wird hier

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VII  Die weitere Entwicklung des ­Vandalenreichs und sein Untergang zwar aus römischer Perspektive gewertet, aber keineswegs als Schimpfwort gebraucht; denn der Bischof konnte offenbar sicher sein, weder den König noch sein Volk zu beleidigen. Angesichts des im römischen Kontext üblichen negativen Verständnisses der Barbarität und da ausdrücklich davon die Rede ist, die Vandalen würden diese Barbarität für sich beanspruchen, muss man davon ausgehen, dass Fulgentius hier eine Selbstbezeichnung der Vandalen benutzt.48 Während König Thrasamund also trotz der Loblieder einiger Literaten bei den alten Grundlinien vandalischer Politik blieb, hat sein Nachfolger Hilderich das Steuer hart umgelegt. Dies war keine plötzliche Entscheidung. Er war schon ein alter Mann, als er im Sommer 523 endlich an die Macht kam.49 Sein Vater Hunerich hatte ja schon 45 Jahre früher versucht, ihn auf den Thron zu bringen, vergeblich und mit desaströsen Folgen, wie wir gesehen haben. Nun aber war es endlich soweit, und der neue König hatte offensichtlich schon längere Zeit einen Kurswechsel geplant. Er sah die Zukunft seines Reiches nicht in der traditionellen Politik der Abgrenzung und in ‚barbarischer‘ Eigenständigkeit, sondern in der Integration auch der Romanen Africas und ebenso ihrer Kirche.50 Ob hierbei seine Mutter, die Kaisertochter Eudocia, (etwa bei seiner Erziehung und Ausbildung) eine Rolle gespielt hatte51 und ob er vielleicht eine Zeitlang in Konstantinopel gelebt hatte,52 wissen wir nicht. Jedenfalls war sein Standpunkt seit Längerem bekannt (und er war damit sicher nicht allein),53 denn Thrasamund hatte ihn eidlich verpflichtet, in seiner Regierungszeit den Katholiken weder ihre Kirchen noch ihre Privilegien zurückzugeben. Dies hatte Hilderich jedoch ebenso wenig aufgehalten wie der Widerstand der Königswitwe, der Theoderich-Schwester Amalafrida; er ließ die verbannten Bischöfe zurückkehren, sobald er an die Macht gekommen war.54 Damit ging auch eine kulturelle Neuausrichtung einher, die auch von Hilderichs Gefolgschaft nachvollzogen wurde. Eine Reihe von vandalischen Häusern öffnete sich jetzt, wie wir wissen, weit für die römische Kultur. Der Epigrammatiker Luxurius, der sogenannte Martial der Vandalen, begann in dieser Zeit, seine Gedichte zu verfassen, von denen einige dieses neue Klima demonstrieren.55 Jetzt erst können wir von einer deutlichen erkennbaren Romanisation von wichtigen Teilen der vandalischen Elite sprechen. Wie groß und wie mächtig jedoch diese ‚römische‘ Fraktion der Vandalen war, ist schwer zu sagen. Bei Hilderichs Entmachtung 530 n. Chr. scheint es jedenfalls keinen größeren Widerstand gegeben zu haben, aber da wir für all diese Ereignisse meist auf wenige Sätze Prokops (für den diese Ereignisse nur die knapp abzuhandelnde Vorgeschichte seines Themas darstellen) angewiesen sind, muss man vorsichtig sein.56



2. Thrasamund und Hilderich: Wie römisch konnte ein Vandalenkönig sein?

Für die arianische Kirche war diese Wende, wenn sie Erfolg hatte, der Anfang vom Ende. Zwar hat Hilderich nicht, wie es oft heißt, die katholische Kirche restituiert.57 Denn die Quellen sprechen nur von der Rückkehr der Bischöfe (in Karthago wurde Bonifatius eingesetzt), von der Öffnung von Kirchen und von der Erlaubnis, die früher verbotenen Tätigkeiten – inklusive afrikanischer Synoden und Kirchbauten in der Proconsularis – wieder aufzunehmen, nicht von einer allgemeinen Restituierung aller Besitztümer und Privilegien.58 Diese hätte die arianische Kirche auf einen Schlag ‚auf die Straße‘ gesetzt, was den vandalischen Staat zerrissen hätte. Von derartigen Konflikten hören wir aber nichts. Auch so jedoch war absehbar, dass hiermit eine Entwicklung in Gang gesetzt würde, die in der Hinwendung auch des Königtums zur Kirche der Römer münden würde (wie dies zuvor schon bei den Franken und den Burgundern geschehen war und später bei den Westgoten geschehen sollte).59 Dass wir dennoch nichts von einer Reaktion der arianischen Kirche hören, dürfte für ihre Schwäche in dieser Zeit sprechen. Den strukturellen Nachteil, nur auf sich selbst und die Vandalen bezogen zu sein und nicht einmal mit anderen arianischen Kirchen engere Kontakte zu haben, hatte sie offenbar ebenso wenig ausgleichen können wie die Attraktivität ihrer Gegnerin, die sich – abgesehen von ihrer Verwurzelung in Africa schon im 4. Jh. – der Unterstützung des Kaisers sicher sein konnte und nach wie vor über vielfältige Verbindungen mit dem Reich verklammert war.60 Viele Vandalen werden sich 523 n. Chr. wohl zunächst einmal reserviert verhalten und abgewartet haben, welchen Erfolg ihr neuer König hatte. Und der Erfolg, um den es dabei ging, war nicht der auf dem kirchenpolitischen oder dem diplomatischen oder gar literarischen Parkett, sondern der militärische. Der Gegner aber war nicht mehr irgendwo jenseits des Meeres, sondern in Africa: Es waren die Mauren. Allerdings dürfen wir uns diese Auseinandersetzung mit den maurischen Stämmen (wie schon gesagt) nicht etwa so vorstellen, dass irgendwelche klar abgesteckten Grenzen nach vorne oder zurückgesetzt wurden. Es ging um Kontrolle und um Einflusszonen, und die hingen stark vom durchaus variierenden Interesse der Stämme ab.61 So ist auch zu erklären, dass die Teilnehmerliste des im Jahre 525 n. Chr. nach Karthago einberufenen gesamtafrikanischen Konzils62 den Eindruck vermittelt, als sei ganz Africa immer noch in der Hand der Vandalen: Zwei Bischöfe aus Tripolitanien sind dabei, Bischöfe aus Numidien und sogar zwei aus Mauretanien. Vertreten ist auch die südliche Byzacena und das südliche Numidien. Nur die Bischöfe ganz im Westen mussten sich wegen der kriegerischen Wirren in ihrem Gebiet entschuldigen. Dies ist aber eben nur

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VII  Die weitere Entwicklung des ­Vandalenreichs und sein Untergang eine Momentaufnahme und auch kein Beleg dafür, dass all die erforderlichen Straßenverbindungen von vandalischen Kräften gesichert waren, sondern nur dafür, dass in dieser Zeit der Verkehr eben möglich war. Wenn Gebiete permanent oder zeitweilig unter maurischer Kontrolle standen, bedeutete das ja nicht die Zerstörung aller vorhandenen (kirchlichen und profanen) Strukturen. In der Byzacena hatten die Vandalen jedenfalls noch nicht alle Positionen geräumt; hier war der oben schon erwähnte Maurenfürst Antalas der Gegner, und gegen ihn hatte das vandalische Heer unter seinem General Hoamer, dem Neffen des Königs, der als ‚Achill der Vandalen‘ gepriesen wurde, eine größere Aktion geplant (530), die jedoch vollständig scheiterte.63 Daraufhin nun sah Gelimer, als Enkel von Hunerichs Bruder Gento und Ältester seiner Generation ohnehin der reguläre Nachfolger,64 seine Chance gekommen, Hilderich abzulösen. Ein wichtiger Teil der Elite und des Heeres hat ihn dabei offenbar unterstützt.65 Prokops Darstellung zeigt, dass Hilderich nicht unmittelbar nach der Niederlage abgesetzt wurde. Zunächst glaubte der König offenbar, Gelimers Opposition dadurch besänftigen zu können, dass er ihm gewisse königliche Rechte überließ. Zu diesem Zeitpunkt hatte er folglich Gelimer als seinen Nachfolger akzeptiert. Der aber wollte nicht mehr warten. Sein Vorwurf war, dass Hilderich das Königreich an Konstantinopel verraten habe, um seine, Gelimers, Nachfolge zu verhindern. Hilderich könnte tatsächlich geplant oder zumindest davon geträumt haben, Geiserichs Thronfolgeregelung (wie schon sein Vater, aber mit deutlich besseren Chancen als dieser) zugunsten seiner eigenen Linie außer Kraft zu setzen, um seinen Kurswechsel dauerhaft abzusichern; von Gelimer war offenbar nicht zu erwarten, dass er bei dieser Linie bleiben würde. Hilderich dagegen konnte für sich und seine Nachkommen in Anspruch nehmen, aus königlichem und zugleich kaiserlichem Geschlecht zu sein.66 Hilderichs Hoffnungen waren wohl nie zu einem konkreten, erkennbaren Projekt geworden,67 aber sie konnten auch nicht verborgen bleiben, und es stand zu erwarten, dass Konstantinopel sie nicht – um das Mindeste zu sagen – behindern würde. Nun jedoch waren sie, wie gesagt, zusammen mit Hoamers Maurenzug gescheitert, und Gelimer nutzte die Gelegenheit, gleich auch die Anhänger des gestürzten Königs auszuschalten; wer nicht floh, wurde eingekerkert, darunter Hilderich und seine beiden Neffen Hoamer und Oageis.68 Als Justinian brieflich für Hilderich und seine Familie intervenierte, wurde Hoamer geblendet, was ihn als vandalischen König unmöglich machte. Später, als die byzantinische Armee in Africa gelandet war, ließ Gelimer seine Gefangenen der Königsfamilie, aber auch Mitglieder der römischen Oberschicht (die offenbar in Verdacht standen, es mit dem Feind zu halten) töten.69



3. Gelimer und der Zusammenbruch der Vandalenherrschaft (533 /534)

3. Gelimer und der Zusammenbruch der Vandalenherrschaft (533 /534) Seit 527 n. Chr. herrschte in Konstantinopel Kaiser Justinian. Der Umsturz in Karthago war für ihn in mehrfacher Hinsicht eine Provokation. Hilderich hatte persönliche Verbindungen zum Kaiserhof, und er hatte öffentlich seine Loyalität bekundet, indem er Münzen prägen ließ, die das Konterfei des Kaisers (Justin I.) trugen.70 Dennoch scheint Justinian zunächst ganz auf der Linie der vorsichtigen Vandalenpolitik früherer byzantinischer Kaiser geblieben zu sein. Denn er schickte laut Prokop eine Gesandtschaft nach Karthago, die Gelimer eine goldene Brücke bauen sollte. Das Königtum, so ließ er übermitteln, werde ihm ja gemäß der Nachfolgeregelung Geiserichs ohnehin zufallen, eine Übernahme zum jetzigen Zeitpunkt sei aber eine rechtswidrige Usurpation. Er solle dem alten und in Kürze sicher sterbenden König den Titel lassen, könne selbst aber als Regent die eigentliche Macht behalten.71 Warum Gelimer darauf nicht einging, vielmehr die Haft der Eingekerkerten noch verschärfte, wissen wir nicht. Aus heutiger Perspektive scheint es leicht gewesen zu sein, mit dem vorgeschlagenen Kompromiss einer Konfrontation aus dem Weg zu gehen. Gerade wenn Gelimer Zweifel an der Ehrlichkeit des Vorschlags gehabt haben sollte, wäre es klug gewesen, darauf positiv zu reagieren. Aber es wäre nicht das erste Mal gewesen, dass Umsturzbewegungen ihre eigene, durchaus irrationale Dynamik entwickeln. Möglich ist aber auch, dass Gelimers Stellung nicht so gefestigt war, dass er glaubte, sich erlauben zu können, Hilderich und seine Leute wieder freizulassen. Oder war es pure Selbstüberschätzung? Jedenfalls schickte der Kaiser nun eine zweite Gesandtschaft mit der scharfen Aufforderung, Hilderich, Hoamer und Oageis nach Konstantinopel abreisen zu lassen; andernfalls werde er ein Heer nach Africa senden. Der Vertrag (gemeint ist der von 474) mit Geiserich stehe dem nicht im Weg, da Gelimer dessen rechtmäßigen Nachfolger bedränge; der Kaiser werde, geschähe diesem weiter Unrecht, ihn zu rächen wissen.72 Das sprichwörtliche Tischtuch war damit noch nicht durchschnitten. Allerdings muss man sich schon fragen, ob Gelimer nach dieser Botschaft nicht den Eindruck gewinnen konnte, dass die Tage der vandalischen Autonomie aus Justinians Sicht so oder so gezählt waren; denn dessen Behauptung, Geiserichs Nachfolge überwachen zu dürfen, schwebte nun als dauerhafte Drohung über dem vandalischen Königtum. Gelimer antwortete jedenfalls auf die Forderungen des Kaisers einerseits defensiv, andererseits aber auch in brüsker, ja her-

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VII  Die weitere Entwicklung des ­Vandalenreichs und sein Untergang ausfordernder Weise, indem er ihm zu verstehen gab, die Ereignisse in Africa gingen den Kaiser schlechterdings nichts an. Dabei berief der König sich seinerseits auf den Vertrag zwischen Geiserich und Kaiser Zeno, und für den Fall eines oströmischen Angriffs verwies er kühl auf die vandalischen Streitkräfte.73 Dies war der Casus Belli. Oder sollte man eher von einem endlich gefundenen Anlass sprechen?74 Dass Justinian aber schon längst zu einer militärischen Intervention entschlossen war, ist nicht wahrscheinlich. In Konstantinopel gab es, wie Prokop überliefert, keinerlei Pläne für eine Invasion, wohl aber – angesichts der Fehlschläge der Vergangenheit und der aktuellen Lage an der Ostgrenze – eine erhebliche Abneigung gegen ein weiteres vandalisches Abenteuer. Von einer passenden Kriegspropaganda in Konstantinopel ist nichts bekannt. Die Forschung hat dennoch verschiedene ‚rationale‘ Kriegsgründe erwogen, etwa schon länger gehegte Pläne einer Wiederherstellung des Römischen Reiches in seiner alten Ausdehnung, den lockenden afrikanischen Wohlstand oder innenpolitische Schwierigkeiten Justinians. Aber für all das gibt es keinerlei Belege in den Quellen (und die Prosperität Africas war in den letzten Jahrzehnten auf immer engerem Raum zusammengedrängt worden).75 Stattdessen sollte man die Begründung ernst nehmen, von der die Quellen sprechen: Rache76 – oder etwas differenzierter: Dass ein Barbarenkönig sich anmaßte, eine freundlich vorgetragene Bitte des römischen Kaisers kühl abzulehnen und ihm zu verwehren, seinem Schützling zu Hilfe zu kommen, musste eine Antwort finden, die die kaiserliche Autorität wiederherstellte. Justinian setzte jedenfalls nach kontroversen Beratungen, bei denen aus Karthago geflohene Anhänger Hilderichs eine wichtige Rolle spielten, sein Ziel durch, und das hieß: eine Invasionsarmee in Bewegung zu setzen (Frühling 533). Die Leitung hatte der kurz zuvor von der persischen Front zurückgekehrte Feldherr Belisar.77 Die Schwierigkeiten, die beim Heranführen des Heeres zu überwinden waren, bis es schließlich mithilfe von 500 Schiffen (unter ihnen auch ‚Dromonen‘) auf Sizilien in der Nähe des Ätna versammelt war, kann man bei Prokop, der an dem Feldzug teilnahm, nachlesen.78 Er nennt auch die Heeresstärke: 10 000 Fußsoldaten und 5000 Reiter – ein unübliches Verhältnis,79 das das Renommee und die Stärke der vandalischen Kavallerie widerspiegelt, während die überschaubare Zahl der byzantinischen Soldaten (deren Zahl die der Verteidiger übersteigen musste, um deren natürliche Vorteile ausgleichen zu können) eine Bestätigung für die oben erschlossene geringe vandalische Truppenstärke ist.80 Überhaupt dürfte man Vorzüge und Schwächen der vandalischen Streitkräfte mittels afrikanischer Informanten genau gekannt haben, und auf Sizilien zog Prokop Erkundigungen über ihre Disposition ein.81 Hier erfuhr man auch, dass



3. Gelimer und der Zusammenbruch der Vandalenherrschaft (533 /534)

die Vandalen ahnungslos waren und ihre Truppen in Africa erheblich verringert hatten. Auf Sardinien hatte es nämlich einen Aufstand gegeben, den Gelimers Bruder Tzazon mit 5000 Vandalen beenden sollte. Diese verhältnismäßig große Zahl zeigt die zentrale Bedeutung der Insel für die vandalische Machtposition im westlichen Mittelmeer. Kurz zuvor hatte es auch in Tripolitanien eine römische Revolte gegeben, wobei hier vandalisches Militär überhaupt nicht mehr präsent war oder zum Einsatz kam.82 Die kleiner gewordene Streitmacht der Vandalen war überfordert, wenn sie das Reich an mehreren Fronten sichern sollte. Von Belisar wussten die Vandalen zu dieser Zeit (wir sind mittlerweile im Sommer 533) noch gar nichts, und das trug nicht unerheblich zur Beruhigung des byzantinischen Heeres bei. Was man hier vor allem befürchtete, war ein vandalischer Hinterhalt und Angriff auf die Transportflotte, und nach den Erfahrungen der Römer von 460 und 468 n. Chr. war dies auch verständlich. So aber konnte ein Landungsplatz ausgesucht werden, der als Ausgangsbasis geeignet war, „um den Krieg gegen die Vandalen unverzüglich zu beginnen“.83 Prokops Aussage, dass es Belisar und Justinian nicht nur um eine Demonstration der Stärke und um die Restituierung Hilderichs ging (wie dies in der Forschung vermutet wird), sondern um einen Krieg gegen die Vandalen, wird durch die Wahl des Landungsplatzes bestätigt: beim Vorgebirge Caput Vada (heute Ras Kaboudia in Tunesien) an der Ostküste der Byzacena, in einem Sicherheitsabstand von fünf großen Tagesstrecken von Karthago entfernt. Man zeigte sich dem Gegner nicht, etwa um ihn zu beeindrucken, sondern wollte sich möglichst unbemerkt nähern, um ihn zu schlagen.84 Belisar zog nun an der Küste nach Norden, über Sullectum und Hadrumetum (das heutige Sousse), in engem Kontakt zur Flotte, die sich erst bei Neapolis von ihm trennen musste und um das Kap Bon herum nach Karthago fuhr (s. Abb. 11). Die Zivilbevölkerung der Städte rührte dabei für die Vandalen keinen Finger, unterstützte vielmehr die Invasoren, wie Prokop berichtet. Es gibt keinen Grund, ihm hier zu misstrauen. Belisar hatte seine Soldaten von Plünderungen und Gewalttaten abhalten können;85 er wusste, wie sehr er darauf angewiesen war, dass die Überschrift des ganzen Unternehmens – ‚die Befreiung der Romanen‘ – nicht zur Farce wurde. Die Städter verband offenbar nicht viel mit den Vandalen; besonders dürfte man ihnen verübelt haben, dass sie schon vor langer Zeit die Befestigungen zerstört hatten, um römischen Widerstand unmöglich zu machen. Nun, da die vandalische Macht ab- und die Gefährdung durch Mauren zugenommen hatte, war man, so scheint es, froh über einen neuen, einen besseren Beschützer.86

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VII  Die weitere Entwicklung des ­Vandalenreichs und sein Untergang

11  Das Vandalenreich in der Endphase (433/434 n. Chr.)

Mittlerweile hatte Gelimer die Invasion bemerkt und für den 13. September einen Angriff gegen die der Straße nach Karthago folgenden Byzantiner geplant,87 der beim 10. Meilenstein (Ad Decimum hieß der Ort), also ca. 15 km vom Stadtzentrum entfernt, zu ihrer Vernichtung führen sollte.88 Der Plan war gut – Gelimer versuchte, Belisar in einer Enge von vorn, von links und gleichzeitig von hinten zu fassen89 –, die Umsetzung aber war es nicht. Man ging unkoordiniert vor und zog aus der Verwirrung des Gegners keinen Nutzen. Prokops genaue Schilderung vermittelt den Eindruck, dass es nicht an individueller Tapferkeit fehlte, wohl aber an taktischer Professionalität. 90 Und tatsächlich – wann hatte es zuletzt eine vandalische Feldschlacht gegeben? Leider nennt Prokop keine genauen Zahlen, aber das ganze Geschehen zeigt, dass die Vandalen in der Unterzahl waren; ihnen fehlten bitter die 5000 nach Sardinien entsandten Kämpfer. Deshalb tat Gelimer schließlich, als die Umzingelung gescheitert war, gut daran die Schlacht abzubrechen. Aber was dann folgte, verblüffte Zeitgenossen wie moderne Kommentatoren gleichermaßen: Gelimer zog sich nicht etwa in die Hauptstadt zurück, von der ihn nur



3. Gelimer und der Zusammenbruch der Vandalenherrschaft (533 /534)

die byzantinische Vorhut trennte, sondern gab Karthago völlig auf. Sicher, den gewaltigen Königsschatz hatte er schon vorher nach Hippo Regius bringen und abfahrbereit machen lassen; wenn es zum Schlimmsten käme, sollte er zum Westgotenkönig Theudis nach Spanien verschifft werden.91 Dennoch: Die kampflose Aufgabe der Hauptstadt wog schwer. Wie sollte es ihm, selbst wenn er im Feld erfolgreich wäre, später gelingen, die Byzantiner von dort wieder zu vertreiben? Belisar konnte sein Glück gar nicht fassen und blieb zunächst eine Nacht außerhalb der festlich zu seinen Ehren illuminierten Stadt, weil er einen Hinterhalt fürchtete. Wieso aber war Gelimer mit seinen Truppen geflohen, so vollständig, dass es in seiner Hauptstadt nicht den geringsten Widerstand gab? 92 Vordergründig könnte man auf den Zustand der Stadtmauer verweisen; ganz bewusst hatte man sie verfallen lassen. Aber auch in den Straßen der Stadt hätte man sich verschanzen können, und Belisar hatte genau das große Sorgen bereitet. Der eigentliche Grund muss ein anderer gewesen sein: Gelimer wusste offenbar, dass die den Vandalen zahlenmäßig immer noch überlegene Stadtbevölkerung nicht nur keine Hilfe für ihn darstellte, sondern jetzt, da der Feind vor den Toren der Stadt stand – was man 90 Jahre lang mit viel Geschick und Glück hatte verhindern können –, sogar eine Bedrohung. Das Erste, was die Karthager nach dem Abzug der Vandalen taten, war dann ja auch, der byzantinischen Flotte den Hafen zu öffnen (und die zuvor von Gelimer inhaftierten byzantinischen Kaufleute zu befreien).93 Gelimer jedenfalls machte erst in der Ebene von Bulla Halt, beorderte Tzazon aus Sardinien zurück und erwartete das Eintreffen der dringend benötigten 5000 Krieger; mittlerweile war das mehr als die Hälfte der ganzen vandalischen Streitmacht.94 In der Ebene von Bulla wartete er auch auf maurische Kämpfer, die er durch Boten aufgefordert hatte, mit ihm gegen die Invasoren zu Felde zu ziehen. Aber es kamen nur wenige kleine Gruppen; die meisten Stämme stellten sich vielmehr Belisar zur Verfügung, jedenfalls verbal.95 Tatsächlich warteten sie einfach ab, ob die Vandalen sich aus eigener Kraft aus ihrer Bedrängnis würden befreien können. Dass sie in diesem Fall in Kauf nahmen, zuvor dem unterlegenen Gegner ihre Unterstützung angeboten zu haben, zeigt den geringen Respekt, den die Vandalen bei ihnen genossen: Diese könnten ihnen, selbst wenn Belisar besiegt würde, nicht viel anhaben. Auf jeden Fall waren die Vandalen jetzt ganz auf sich gestellt. Gemeinsam war man von Süden kommend zurück in Richtung Karthago gezogen. Auch ihre Frauen und Kinder waren jetzt mit allem, was tragbar und wertvoll war, zu ihnen gekommen. Vergeblich versuchten sie dann mittels geheimer Boten,

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VII  Die weitere Entwicklung des ­Vandalenreichs und sein Untergang die Heterogenität der byzantinischen Truppen auszunutzen. Als aber trotz der sagenhaften vandalischen Schätze weder die Karthager noch arianische Soldaten noch solche hunnischer Herkunft auf ihre Seite traten96 und Belisar, der zuvor die Mauern Karthagos restauriert und sich somit eine Rückversicherung geschaffen hatte, ausrückte, kam es Mitte Dezember 533 bei Tricamarum, einen Tagesmarsch südwestlich von Karthago (s. Abb. 11), zur letzten Vandalenschlacht.97 Prokop beschreibt die Situation: Kinder, Frauen sowie all ihr Besitz wurden in die Mitte des weitgehend unbefestigten vandalischen Lagers gebracht, um dort den Ausgang abzuwarten.98 Man hat sich in der Forschung nicht genügend darüber gewundert, dass eine einzige (und nicht einmal verheerende) Niederlage ausgereicht hatte, um die Vandalen von ihrem seit hundert Jahren besessenen Herrschaftsgebiet zu trennen und gewissermaßen auf freiem Feld zusammengedrängt zu isolieren. Auf eine besondere germanische Kampfesart kann diese Verteidigung nicht zurückgeführt werden, wie der anschließende Gotenkrieg in Italien zeigt.99 Als Grund ist vielmehr einerseits die vandalische Strategie zu nennen, Stadtbefestigungen in Africa systematisch zu zerstören, um Feinde daran zu hindern, sich festzusetzen, andererseits aber sollte man hier auch Zeichen einer generell mangelhaften Verwurzelung der Vandalen in den afrikanischen Städten sehen. Das, was sie an das Land band, war offenbar schnell zusammengepackt. Bekanntlich haben die Vandalen auch diese letzte Schlacht verloren – eine Niederlage, die ‚nur‘ 800 vandalische Kämpfer das Leben kostete,100 dennoch aber das Ende ihrer Herrschaft in Africa bedeutete. Auch bei dieser Niederlage spielte individuelles Versagen eine Rolle. Es war der König selbst, der in Panik nach dem Tod seines Bruders die Vandalen im Stich ließ und flüchtete. Hätte er oder ein anderer Anführer nur ein paar hundert Reiter gesammelt, er hätte die Byzantiner, die sich in voller Auflösung schon in der Nacht über die vandalische Beute im Lager – die menschliche und die materielle – hermachten, in schwerste Bedrängnis bringen können.101 Es wäre nicht das erste zunächst siegreiche Heer gewesen, dem Plünderungen und Disziplinlosigkeit zum Verhängnis geworden wären. So aber hatte sich Gelimer mit seiner engsten Umgebung in eine wilde Flucht nach Westen gestürzt, auf der Straße nach Numidien, wie Prokop sagt. Wohin er entkommen wollte, lässt sich rekonstruieren; denn er wurde von einer 200 Mann starken Abteilung von byzantinischen Elite-Reitern unter der Führung des Armeniers Johannes fünf Tage und Nächte lang verfolgt. Früh an jenem Morgen aber, als sie die Vandalen zu fassen hofften, starb Johannes durch einen Unfall,102 und die führungslosen Reiter warteten nun auf Belisar, der – so-



3. Gelimer und der Zusammenbruch der Vandalenherrschaft (533 /534)

fort benachrichtigt – ein paar Tage später ankam, sicher auf derselben Straße wie zuvor Verfolgte und Verfolger. Belisar aber zog, wie es heißt, anschließend nach Hippo Regius, wo er eine Reihe hochrangiger Vandalen gefangen nahm; dort erfuhr er auch, dass Gelimer nicht nur entkommen war, sondern Zuflucht gefunden hatte, auf einem zunächst für die Verfolger unerreichbaren Berg namens Papua.103 Hippo Regius dürfte zunächst auch Gelimers Ziel gewesen sein; denn im Hafen lag, wie gesagt, schon seit Längerem das Schiff mit dem Königsschatz bereit, um im Falle des Falles sofort in Richtung Spanien abzusegeln, und Gelimer dürfte gehofft haben, ebenfalls zu König Theudis zu gelangen. Warum er sich dann doch nicht einschiffte, sondern zurück ins Landesinnere wandte, ist nicht überliefert. Waren so schnell keine geeigneten Schiffe zu bekommen? Dass die Verfolger durch Johannes’ Tod aufgehalten waren, wusste man in Gelimers Umgebung natürlich nicht, hatte also keine Zeit zu warten. Oder ließ ein Sturm das Auslaufen nicht zu? Dazu würde passen, dass genau in diesen Tagen ein von Gelimer beauftragter Vertrauter namens Bonifatius vergeblich versucht hatte, von Hippo aus mit dem erwähnten Schatzschiff Spanien zu erreichen; er hatte der Witterung wegen wieder umkehren müssen, und der Schatz fiel schließlich doch in Belisars Hände. Auch die Vandalen, die Gelimer in Hippo gefangen nahm, werden, bevor sie in den Kirchen der Stadt Asyl suchten, vergeblich versucht haben, zu Schiff zu entkommen.104 Was Gelimers letzte Zuflucht, den Berg Papua, angeht, bietet Prokop leider keine genauen Informationen: Er lag, so erfahren wir lediglich, „am äußersten Ende Numidiens“.105 Was ist damit aber gemeint? Seit Courtois geht man oft davon aus, dass es sich um ein Gebirge westlich von Hippo Regius handelt. Andere dachten an die Gegend zwischen Bulla Regia und Thabraca.106 Aber beides passt nicht zu der Tatsache, dass Gelimer auf dem Berg von lokalen, aber für die Byzantiner nicht greifbaren Mauren unterstützt wurde107: Eine solche Situation ist dort schwer vorstellbar. Und um von Hippo Regius in die zuletzt genannte Gegend zu kommen, hätte Gelimer fast auf seinen eigenen Spuren zurückkehren müssen und wäre direkt seinen Verfolgern in die Arme gelaufen. Wahrscheinlicher ist die Verbindung des Papua-Berges mit der bei Prokop schon nach der ersten Schlacht genannten „Ebene von Bulla“; denn diese Ebene war, wie wir wissen, eine wichtige Kontaktzone zwischen Vandalen und Mauren. Nur mit deren Hilfe konnten sich Gelimer und seine Begleiter aber auf dem Berg festsetzen. Dass mit diesem Bulla jedoch die Stadt Bulla Regia (beim heutigen Jendouba) gemeint ist, wurde vor kurzem mit guten Gründen infrage gestellt.108 Bei dem genannten Bulla handelt es sich wohl um Bulla ­Mensa, ca.

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VII  Die weitere Entwicklung des ­Vandalenreichs und sein Untergang

12  Die sogenannte Table de Jugurtha (Kalaat Senan)

80 km weiter im Süden. Für diese Gegend ist viel eher vorstellbar, dass dort, wie Prokop erwähnt, der Ort war, wo Gelimer nach der Schlacht von Ad Decimum mithilfe treugebliebener Maurenstämme den Widerstand zu reorganisieren suchte.109 Der ‚Tisch‘, auf den der Name zurückzuführen ist, könnte sehr wohl die berühmte ‚Table de Jugurtha‘ sein, ein leicht zu verteidigender gewaltiger Tafelberg, dessen Fläche von 80 ha Gelimer, seiner Familie und seinen Begleitern die Möglichkeit gab, hier mithilfe maurischer Verbündeter monatelang auszuharren.110 Jedenfalls war der Zufluchtsort unzugänglich, und die Mauren der Gegend waren, wie gesagt, auf Seiten der Vandalen. Der byzantinische Kommandeur jedoch, ein Heruler namens Pharas, ging kein Risiko ein. Nachdem eine Erstürmung blutig gescheitert war, ließ er den Berg abriegeln,111 und im März/ April 534 n. Chr., nach dreimonatiger Belagerung, gab Gelimer auf. Er soll zuvor gesehen haben, wie ein Maurenknabe einem seiner Neffen so lange auf den Kopf schlug, bis dieser einen halbfertig aus dem Feuer gerissenen, schon fast



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verschlungenen Getreidefladen wieder von sich gab.112 Aber das ist vielleicht nur eine Anekdote – ebenso wie Gelimers briefliche Bitte an Pharas, ihm doch eine Zither für ein selbstgedichtetes Trauerlied, ein Brot und einen Schwamm für seine vereiterten Augen zu schicken.113 Der letzte Vandalenkönig wurde dann wie viele andere große Vandalen von Justinian (der schon nach der ersten Schlacht die Siegerbeinamen Vandalicus, Alanicus und Africanus angenommen hatte) wie zugesichert äußerst großmütig behandelt: Ein Triumphzug im Hippodrom von Konstantinopel blieb ihm zwar nicht erspart; der endete aber nicht (wie im republikanischen Rom) mit der Exekution des Besiegten: Seinen gesicherten Lebensabend verlebte der letzte Vandalenkönig mit seiner Familie auf einem Landgut in Galatien.114 Nach Gelimers Flucht aus der Schlacht von Tricamarum war der vandalische Widerstand überall zusammengebrochen. Auch die Außenposten des Reiches (Sardinien, Korsika, die Balearen, die Hafenstadt Caesarea in Mauretanien) übernahm Justinian schnell.115 Die Besitzungen auf Sizilien beanspruchte dagegen Amalaswintha, die für ihren Sohn Athalarich die Regentschaft hatte, und Belisar wollte – zunächst jedenfalls – keinen Konflikt mit dem Ostgotenreich, das im Vorfeld des Krieges auf die Seite Konstantinopels getreten war.116

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VIII ‚Befreiung Africas‘ oder Zerstörung einer vandalischen Perspektive?

Was das persönliche Schicksal der Vandalen angeht, liest man häufig, die Frauen seien von byzantinischen Soldaten, die in Africa blieben, geheiratet worden, die Männer deportiert und auf berittene Einheiten an der persischen Grenze verteilt worden. Beides ist richtig,1 jedoch in doppelter Hinsicht nur die halbe Wahrheit. Versklavung und Tod vieler Vandalen, nicht nur von Kindern und Alten, fallen dabei unter den Tisch; als Ehepartner gefragt waren nur diejenigen Frauen, deren vandalische Männer eines der Landgüter (sortes Vandalorum) übereignet bekommen hatten und die versprechen konnten, diesen Landbesitz in die neue Ehe einzubringen, was dann übrigens von den byzantinischen Autoritäten in Africa nicht anerkannt wurde. Ferner bleibt bei dieser Bilanz ein Aspekt im Dunkeln, der geradezu kennzeichnend ist für das Africa der ersten byzantinischen Jahre: Belisars Sieg war nicht etwa der Auftakt zu einer stabilen Herrschaft, sondern zu einer anderthalb Jahrzehnte dauernden, chaotischen und desaströsen Abfolge von Kämpfen zwischen kaisertreuen und revoltierenden Byzantinern, in die sich maurische Aufstände mischten. Und mitten darin, natürlich auf der Seite der Rebellen, agierte eine schlagkräftige Truppe von vandalischen Kriegern. Auf abenteuerlichen Wegen waren sie aus Kleinasien zurückgekehrt: Sie hatten die Schiffe, die sie deportiert hatten, gekapert und zur Rückkehr gezwungen.2 Noch bis Anfang 546 n. Chr. spielten sie in Africa eine nicht unbedeutende Rolle. Damals griff ein Usurpator aus ihren Reihen, gestützt vor allem auf Mauren, nach der Macht, saß für wenige Wochen sogar wieder im Königspalast von Karthago.3 Erst nach dem Ende dieser Revolte im Jahr 546 n. Chr. wurden die letzten vandalischen Krieger endgültig nach Byzanz deportiert,4 und bis zum Jahr 548 kehrte in Africa keine Ruhe ein. Kaiser Justinian verkündete schon im Dezember 533 bei der Veröffentlichung der berühmten ‚Digesten‘, dass es ihm gegen alle Erwartung gelungen sei, Africa wieder mit dem Römischen Reich zu vereinigen. Zugleich erscheint in den offiziellen Verlautbarungen das Schlagwort von der ‚Freiheit für Africa‘, die der Kaiser und seine Armee nach 105-jähriger vandalischer Gefangenschaft

‚Befreiung Africas‘ oder Zerstörung einer vandalischen Perspektive?

des Landes so schnell errungen hätten.5 Aber angesichts der dann folgenden 15 Jahre chaotischer Wirren, die die Zivilbevölkerung schwer in Mitleidenschaft zogen und alles andere als ein glückliches und wohlhabendes Africa schufen,6 scheint die Frage durchaus berechtigt: Hat Belisars Feldzug Africa wirklich befreit? Laut Prokop beherrschte diese Rhetorik auch die Reden Belisars nach der Landung in Africa, und es ist unnötig anzunehmen, dass der Autor dies erfunden hat. Wie wir gesehen haben, ging es damals nicht mehr nur um Hilderich, sondern darum, das vandalische Heer zu besiegen, ganz abgesehen davon, dass man auf dem Ziel, einen vandalischen König zu restituieren, kaum eine aufrüttelnde Rede gründen konnte. Belisar dürfte tatsächlich (auch mit Blick auf die Provinzialbevölkerung, deren Unterstützung er sich erhoffte) von ‚Freiheit für Africa‘ durch einen Sieg über die vandalischen Unterdrücker gesprochen haben.7 Von Anfang an schärfte er den Soldaten ein, dass die afrikanischen Romanen nicht etwa Feinde seien, sondern zu befreiende Reichsangehörige, und es gelang ihm auch, Plünderungen und Übergriffe zu verhindern. Günstig für die Akzeptanz der Byzantiner war zudem, wie wir im vorangehenden Kapitel gesehen haben, dass die Vandalen es unterlassen hatten, wichtige Plätze in Africa zu befestigen. Selbst eine Stadt wie Hadrumetum (heute Sousse), der Hauptort der Byzacena und unter Hunerich immerhin in ‚Hunericopolis‘ umbenannt, war mittlerweile von der Zentrale stark vernachlässigt und hatte Belisar ohne Weiteres aufgenommen.8 Der unter den Vandalen zunehmend mangelnde Schutz vor den Mauren war Teil einer immer noch vorhandenen, auch religiös fundierten Fremdheit zwischen den Vandalen und der römischen Stadtkultur.9 Nach Hilderichs kurzem Intermezzo war diese Distanz unter Gelimer wohl wieder schärfer geworden. Jedenfalls konnten die Vandalen in Karthago offenbar nicht mit der Solidarität der Bevölkerung rechnen; deshalb wagten sie es nicht, wie wir gesehen haben, beim Näherrücken der Byzantiner in der Stadt zu bleiben. Sie wurde tatsächlich befreit.10 Aber Prokop liefert noch ein anderes Bild: Er berichtet, wie die Vandalen zu einer Zeit, als Karthago schon verloren war, die Landbevölkerung für sich zu gewinnen suchten, und zwar durchaus mit Erfolg. Die Gegend, um die es geht, lag im Südosten Karthagos, maximal 50 km entfernt. Einige der hier lebenden Bauern fühlten sich offenbar durchaus nicht ‚befreit‘. Was hatten sie denn auch zu gewinnen? So nah bei Karthago gab es keine maurische Bedrohung. Dass die Bedingungen, unter denen sie das Land für die vandalischen Besitzer bebauten, unter neuen Herren besser würden, war äußerst fraglich.11 Erst recht

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VIII  ‚Befreiung Africas‘ oder Zerstörung einer vandalischen Perspektive? nicht befreit fühlten sich natürlich die Maurenstämme, auf die gleich noch näher eingegangen wird. Auch ohne auf die düsteren 15 Jahre nach der byzantinischen ‚Reconquista‘ zu blicken, muss man bei den von Belisar ‚Befreiten‘ also sehr wohl differenzieren. Diese folgende Zeit liegt jenseits unseres Themas. Dennoch lohnt sich eine summarische Betrachtung. Denn die Frage nach der Befreiung soll in diesem Kapitel ja verbunden werden mit der Suche nach einer längerfristigen Per­spektive für eine vandalische Herrschaft in Africa. Und dabei kann ein Blick auf die byzantinische Epoche helfen, die nämlich – nachdem die erste Zeit vorbei war, die man als regelrechte Fremdherrschaft bezeichnen muss –12 durchaus als Erfolgsgeschichte gelten kann. Sie war nicht etwa von einem permanenten Überlebenskampf mit ‚den‘ Mauren geprägt, sondern von partieller Kooperation: mit den sesshaften Stämmen,13 aber auch mit den Romanen, die noch bis weit ins 7. Jh. hinein und bis hinunter nach Sufetula (heute Sbeitla) ein Element der Stabilität waren.14 Welche Chance hätte also, vor diesem Hintergrund betrachtet, die Vandalenherrschaft in Africa gehabt, wenn sie nicht gewaltsam beendet worden wäre? Für den Historiker ist eine solche Frage nicht ungefährlich. Kontrafaktische Geschichte kann zur Errichtung phantasievoller, wenig abgesicherter Gebäude werden, deren Basis ein System irrealer Bedingungssätze ist. Dennoch kann man diese Frage nicht einfach abweisen. Natürlich gibt es auf dem Feld des ‚Was wäre, wenn …?‘ keine Sicherheit, gerade weil aber wichtige Entscheidungen der letzten Phase der Vandalengeschichte kontingenter Art waren (ohne die Niederlage gegen den Mauren Antalas hätte Hilderich wohl weiter regiert, und Gelimar hätte mit mehr Diplomatie die byzantinische Invasion von 533 vielleicht verhindern können), können verschiedene Möglichkeiten der Weiterentwicklung – wohlgemerkt als Möglichkeiten – ins Auge gefasst werden. Dabei scheint eine entscheidende Weichenstellung diejenige zwischen dem ‚Modell Geiserich‘ und dem ‚Modell Hilderich‘ zu liegen. Der Staat, den Geiserich hinterließ und den man als einen im Wesentlichen vandalischen Staat bezeichnen muss (als solcher war er offenbar auch von Gelimer restituiert worden), scheint mit seiner dreifachen Frontstellung gegen Mauren, Byzantiner und die Kirche der Romanen am Ende seiner Möglichkeiten gewesen zu sein. Es genügt, auf das immer mehr geschrumpfte Gebiet zu verweisen, das die Vandalen kon­ trollierten, was mit den immer geringeren militärischen Ressourcen zusammenhängt, und auf die gentile Beschränkung der vandalischen Staatlichkeit. Die Alternative, die mit dem Namen Hilderich verknüpft ist, war eine enge Anlehnung an Konstantinopel. Hier allerdings ist zu fragen, ob dies ein auf die

‚Befreiung Africas‘ oder Zerstörung einer vandalischen Perspektive?

Dauer funktionierendes Modell hätte sein können. Nach allem, was wir von Justinian und seiner Herrschaftsauffassung wissen, kann man bezweifeln, ob es hier Platz für eine vandalische Eigenständigkeit gab, was vielleicht bereits beim Tod Hilderichs offenbar geworden wäre. Die Vandalen hätten dann früher oder später doch vor der Alternative gestanden, ihre Autonomie aufzugeben oder Widerstand zu leisten. Aber die Eigenständigkeit in jeder Hinsicht wäre, wenn man Chancen für eine fortdauernde Vandalenherrschaft in Africa sucht, ohnehin aufzugeben gewesen. Stattdessen hätte die Entwicklung stärker in Richtung einer Afrikanisierung gehen müssen. Der Begriff ist natürlich mehrdeutig; gemeint ist hier, dass spezifische Realitäten des spätantiken Africa mehr in die Vandalenherrschaft hätten integriert werden müssen.15 Sowohl die Romanen als auch kooperationswillige Maurenstämme hätten regelrecht Teilhaber dieser Herrschaft werden müssen, wie dies (wenn auch unter anderen Voraussetzungen) im Africa der byzantinischen Zeit erreicht wurde. An den Vandalen lässt sich das Grundproblem der germanischen Königreiche auf römischem Boden klar erkennen, weil es hier anders als bei Ost- und Westgoten in besonders ausgeprägter Form vorliegt und zugleich den fundamentalen Unterschied gegenüber der Übernahme römischer Gebiete durch die Franken zeigt. Die Vandalen haben genuin romanische Gebiete, ohne die das Westreich schlechterdings nicht überleben konnte, ohne jede Rücksicht auf das Imperium Romanum in ihre Gewalt gebracht, wobei sie sich weit von ihren Herkunftsgebieten entfernt haben und immer mit der vielfältigen Spannung zu kämpfen hatten, die zwischen in die Millionen gehenden romanischen Provinzbewohnern sowie deren Führungsschicht und einer kleinen fünfstelligen Zahl germanischer Eroberer bestand. Geiserich hat die schwierige Aufgabe einer Selbstbehauptung unter diesen Umständen mit ‚Bravour‘ gelöst,16 dabei jedoch eine enge Abgrenzung des vandalischen Königreichs geschaffen, die es dauerhaft prägte. Letztlich ist es an den sich daraus ergebenden Gegensätzen gescheitert. Die Franken dagegen kamen um 400 n. Chr. in ein schon mindestens ein Jahrhundert lang durch fränkische Einwanderungen und Siedlungen geprägtes Gallien, in dem sich bereits eine Art Mischzivilisation entwickelt hatte,17 und sie entwickelten ihre Identität nicht nur im Kontakt mit den Romanen (das gilt auch für die Goten und Vandalen): Sie wurden zu neuen Repräsentanten einer römisch-fränkischen Herrschaft. Dass eine solche Entwicklung prinzipiell auch am Mittelmeer und unter anderen Bedingungen möglich war (jedenfalls bis zur arabischen Eroberung), zeigt die Geschichte des Westgotenreichs in Spanien. Hierzu hätte es allerdings

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VIII  ‚Befreiung Africas‘ oder Zerstörung einer vandalischen Perspektive? eine längere, von außen wenig beeinflusste Entwicklung gebraucht, und diese Zeit war den Vandalen (unter der Voraussetzung, dass sie sich zu diesem Weg entschlossen hätten) nicht vergönnt; dies nicht aus zufälligen Gründen, sondern wegen der großen Bedeutung Africas für jede Herrschaft im westlichen Mittelmeerraum. Hier war nicht der Ort für eine ungestörte, harmonische Ausgleichspolitik. Es rächte sich jetzt gewissermaßen die Kühnheit, mit der sich Geiserich als Eroberer in den Besitz dieser Schlüsselposition gebracht hatte.

IX

Warum es heute noch ‚Vandalen‘ gibt – Namen und Schimpfwörter

Es gibt keine geborenen Schimpfwörter. Selbst die schlimmsten verbalen Attacken bestehen aus Begriffen, die ursprünglich einmal ‚unschuldig‘ waren. Manchmal liegt diese Zeit allerdings so weit zurück, dass die neutrale Bedeutung ganz in Vergessenheit geraten ist. ‚Vandale‘ und ‚Vandalismus‘ sind in der heutigen Umgangssprache reine Schimpfwörter, und sie sind weit verbreitet; sie sind es aber noch nicht sehr lange, und ihre Entstehungsgeschichte lässt sich rekonstruieren. Zu Lebzeiten der Vandalen hatte diese Bezeichnung nichts Ehrenrühriges, ja es ist in der Antike überhaupt keine Wertung des Substantivs oder Adjektivs zu erkennen, ebenso wenig wie bei den Namen der Goten, Sueben oder Burgundern. Im Jahr 2008 hingegen ging die Nachricht durch die Presse, dass sich die Bewohner des französischen Dorfes Vantoux, traditionell ‚Vandales‘ genannt, in ‚Vantousiens‘ unbenannt hatten, um dem ständigen und offenbar unerträglichen Vorwurf des ‚Vandalismus‘ zu entgehen.1 Hier muss in der Zwischenzeit also einiges passiert sein. Schauen wir zuvor aber auf die anderen für die Vandalen gebräuchlichen Bezeichnungen. Natürlich waren sie ‚Germanen‘, könnte man meinen. Allerdings ist das keineswegs so selbstverständlich, wie es die heutige Perspektive nahelegt. Denn sie selbst haben sich, soweit wir wissen, niemals so bezeichnet. Durch Caesars Gallienkrieg (58 – 52 v. Chr.) und seine mit der Schrift De bello Gallico verbreitete Behauptung, rechts des Rheins gebe es eine riesige und gefährliche Germania (ein von zahlreichen kriegerischen Germanenstämmen bewohntes Gebiet), erfuhr dieser Begriff eine allgemeine Verbreitung. Tacitus’ berühmte Abhandlung Germania beschrieb einen bis zur Weichsel reichenden ‚germanischen‘ Siedlungsraum. Dass sich die dortigen Stämme nicht zuletzt durch ihre (germanische) Sprache von den in Gallien und im heutigen Süddeutschland lebenden Kelten unterschieden, nahm man durchaus wahr.2 Zwar agierten diese gentes keineswegs gemeinsam, sondern in aller Regel gegeneinander, an ihrer Zusammengehörigkeit – wohlbemerkt aus römischer Sicht – änderte das aber nichts.

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IX  Warum es heute noch ‚Vandalen‘ gibt – Namen und Schimpfwörter Als es aber im 3. Jh. n. Chr. zu den ersten großen Invasionen kam – jedoch nicht von Germani insgesamt, sondern immer einzelner, sehr unterschiedlicher gentes –, kam dieser weite Germanenbegriff außer Gebrauch. Nur für die Franken (auch dies ursprünglich ein Sammelbegriff, aber von deutlich kleinerem Umfang) wurde er weiterhin benutzt.3 Die ‚Großstämme‘ der Goten, Alamannen, Vandalen, Burgunder, Sueben, Langobarden etc., die die sogenannte Völkerwanderungszeit prägten, waren sich ihrer ‚germanischen‘ Verwandtschaft also offenbar gar nicht bewusst. Wenn man auch eine Ähnlichkeit der Sprachen wahrnahm, bezeichnete man sich dennoch nicht mit diesem gemeinsamen Namen – und man bekriegte sich, besonders vehement übrigens unter nahen Verwandten, wie dies etwa Goten und Vandalen waren. So, wie es der Kontakt zum Römischen Reich gewesen war, der die Genese der ‚Großstämme‘ entscheidend beeinflusst hat, war es auch die spätrömische Geschichtsschreibung und Ethnographie, die gelegentlich den Germanennamen nach Recherchen in alten Schriften ‚ausgrub‘ und mit dem Ursprung dieses oder jenes Stammes (origo gentis) in Verbindung brachte. Dies war bei den Langobarden der Fall, und es wäre wohl auch geschehen, wenn es eine Geschichte der Vandalen aus römischer Feder gegeben hätte.4 Aber auch dann wäre das nicht der Beginn eines germanischen Selbstbewusstseins geworden, sondern es wäre eine gelehrte Rekonstruktion gewesen und geblieben. Anders war es mit der alten Sammelbezeichnung ‚Barbar‘, unter der die Griechen all diejenigen Völker subsummierten, die eine ihnen fremde Sprache benutzten. Zunächst gehörten dazu auch die Römer, die sich aber durch ihre ‚Hellenisierung‘ und vor allem durch ihren Aufstieg zu Herren des Mittelmeerraums einen eigenen Platz eroberten: Nun gab es Griechen, Römer und Barbaren. Letztere lebten in der Barbaria.5 Geographisch reichte dieser Raum von den Parthern im iranischen Hochland bis zu den Keltiberern in Spanien und den Maurenstämmen in Africa. Die Vorstellung der Römer von den barbari war, seit man sich selbst von diesem Etikett befreit hatte, immer negativ grundiert – Barbaren mussten im Grunde wie wilde Tiere gezähmt bzw. erzogen werden.6 Der Begriff konnte aber auch, die üblichen Vorstellungen bewusst unterlaufend, mit etwas Positivem verknüpft werden (etwa mit Freiheitsliebe oder unverdorbener Moralität)7 oder eher wertfrei eine bestimmte Herkunft beschreiben, wie dies auch heute noch in der historischen Fachsprache geschieht. Schließlich war ‚barbarisch‘ ja wie für die Römer der Frühzeit so auch für manche spätantike ‚Germanen‘ eine Selbstbezeichnung. Dies ist – oft übersehen – auch für die Vandalen bezeugt,8 wobei das Abgrenzungspotenzial dieses Begriffs, wie wir gesehen haben, durchaus genutzt wurde. Denn natürlich hatten

Warum es heute noch ‚Vandalen‘ gibt – Namen und Schimpfwörter

die Vandalen wahrgenommen, dass die Römer ihre Feinde (in Africa insbesondere feindliche Maurenstämme, die späteren ‚Berber‘) so nannten, dieses Wort bei Freunden jedoch bewusst vermieden.9 Aber das war für die Vandalen offenbar kein Hinderungsgrund. Man wollte eben gar kein Römer sein. Dass die Vandalen dabei auf denselben Begriff setzten, der eigentlich ihrer Ausgrenzung dienen sollte, war der modernen Forschung (auch jenseits jedes Kulturchauvinismus) offenbar nicht eingängig. Der Distinktionsgewinn reichte aber nicht aus, um den Barbarennamen akzeptabel zu machen. Der hierfür zusätzlich nötige positive Gehalt des Begriffes lag sicher nicht in der (eben erwähnten) Behauptung besonderer moralischer Qualitäten der ‚Barbaren‘; denn diese gründete auf einer nur aus römischer Perspektive verständlichen und für ein ausschließlich römisches Publikum entwickelten rhetorischen Beispiellogik, die die übliche Barbarenverachtung nutzte, um durch ihre partielle Umkehrung einen wirksamen Appell formulieren zu können: „Ihr wollt doch wohl nicht zu den Barbaren aufblicken, also …“ Das Positive der Selbstbezeichnung gründete vielmehr auf einem anderen ‚Barbaren‘-Charakteristikum, das schon lange und auf verschiedenen Ebenen verankert war: ihrer kaum zu bändigenden kriegerischen Kraft.10 Indirekt hatten die Römer diese schon dadurch anerkannt, dass sie für ihre eigenen Helden offenbar nichts Größeres darstellen konnten als einen Triumph über Barbaren.11 Sie stand aber auch mit der Tatsache vor Augen, dass es im 5. Jh. eigentlich nur noch nicht-römische Soldaten gab, in römischen Diensten ebenso wie auf der entgegengesetzten Seite. Für die einfache Zivilbevölkerung wird dabei die Unterscheidung, unter welchem – römischen oder nicht-römischen – Kommando die ‚barbarischen‘ Soldaten standen, oft genug irrelevant gewesen sein, da sie von beiden Seiten Ähnliches zu erleiden hatte. Dies wird übersehen, wenn wir nur auf die (in der Tat weit überwiegenden) literarischen Texte schauen, die die Perspektive der römischen Oberschicht wiedergeben, oder gar nur auf die spätantiken Gesetze, in denen barbarus üblicherweise ein Synonym für ‚Reichsfeind‘ (hostis) ist.12 Was das ‚Volk‘ darunter verstand, zeigt dagegen wohl eher das Vulgär-Latein, wenn aus barbarus barbru wurde, mit typischer Konsonanten-Umstellung dann brabu und in den romanischen Nachfolgesprachen schließlich bravu/bravo: ‚unbändig tapfer‘,13 ohne jeden Bezug zur römischen Autorität (es ist eine besondere Ironie, dass aus diesem dann später ‚brav‘ wurde, als Beschreibung angepasst-folgsamer Pflichterfüllung). ‚Barbaren‘ waren geborene Krieger, während Romanus beinahe zu einem Synonym von ‚Zivilist‘ wurde.14 Wenn sich die Vandalen ‚Barbaren‘ nannten, wüssten wir natürlich gerne, ob sie dabei eher

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IX  Warum es heute noch ‚Vandalen‘ gibt – Namen und Schimpfwörter die kulturelle oder die militärische Bedeutung meinten; aber dazu kennen wir ihre Perspektive zu wenig. Vermutlich konnte je nach Kontext variiert werden. Aus Sicht der römischen Autoren behielt barbarus jedenfalls seine pejorative Kraft, und insofern war und ist diese (generalisierende) Selbstbezeichnung der Vandalen als Barbaren immer in Gefahr, von der Außenwelt als Schimpfwort benutzt zu werden. Mit ihrer spezifischen Selbstbezeichnung, dem Namen ‚Vandalen‘, erging es ihnen langfristig gesehen nicht besser. Allerdings ist die negative Wertung hier, wie gesagt, kein antikes Phänomen, sondern hängt zusammen mit der proto-nationalen Geschichte Europas. Als im Zuge des Hundertjährigen Krieges (1337 – 1453) eine Vorform des französischen Nationalbewusstseins entstand, benutzte man zwar den bereitliegenden Gegensatz von Römern und Nordbarbaren (der berühmte Kampfbegriff des furor Teutonicus wurde wieder aktiviert und den Gegnern beigelegt), aber es waren nicht speziell die Vandalen, die herausgegriffen wurden. Auch in den entsprechenden Debatten des Humanismus und der Renaissance, in denen die Germanen jenseits und diesseits des Rheins jeweils als Zerstörer des Römischen Reiches angegriffen oder umgekehrt als Sieger über spätrömische Dekadenz gefeiert wurden, standen die Vandalen immer neben anderen gentes, namentlich den Goten.15 So ist es auf den ersten Blick erstaunlich, dass in den innenpolitischen Auseinandersetzungen der französischen Revolution Henri Baptiste Grégoire, der Bischof von Blois, im Jahre 1794 erstmals den Begriff vandalisme benutzte, um die eigenen revolutionären Vorstellungen von den Radikalisierungen jacobinischer Eiferer, vor allem von der Kunstzerstörung der Sansculotten, abzugrenzen. Der Begriffsinhalt weitete sich dann sehr schnell aus und wurde auf den revolutionären Terror insgesamt bezogen.16 Dabei war es eigentlich kein Zufall, dass es gerade die Vandalen, nicht aber etwa die Goten ‚getroffen‘ hat. Die Vandalen sind, wie wir gesehen haben, im 6. Jh. vollständig untergegangen bzw. haben sich aufgelöst, und einzig über die Brücke eines Missverständnisses (‚Wenden = Vandalen‘)17 gab es in der europäischen Staatenwelt der Neuzeit Anknüpfungen an diese antike gens; sie waren dementsprechend wenig verbreitet und wenig ausgeprägt. Nach den Goten aber war seit der Renaissance ein das Mittelalter prägender Baustil genannt, der – auch wenn er ursprünglich negativ (‚barbarisch‘) gemeint war – doch sehr bald entschärft, ja zum positiven Signum einer ganzen Epoche wurde (ungefähr gleichzeitig stieg der Ostgotenkönig Theoderich, im Mittelalter noch hoch umstritten, zum ‚großen‘ Staatsmann auf).18 Da konnte man schlecht ‚gothisme‘ nennen, was in der Zerstörung der ‚gotischen‘ Kathedralen seinen sichtbaren Ausdruck gefunden haben soll.

Warum es heute noch ‚Vandalen‘ gibt – Namen und Schimpfwörter

Die Vandalen dagegen hatten keinen Fürsprecher, und man trat (fast) niemandem zu nahe, wenn man ihr Ethnonym zum Synonym von Kulturzerstörung machte.19 Diese Gleichsetzung wurde dabei wohl nicht mit der angeblichen Zerstörung Galliens nach dem Rheinübergang von 406/407 n. Chr. begründet; denn für diese Zeit sind in den Quellen nur einige isolierte Sätze überliefert, die zudem keinen Bezug zu einer Aggression gegen Kunstwerke haben. Entscheidend war vielmehr die Plünderung Roms durch Geiserich im Jahr 455. Hierfür besitzen wir den eindringlichen Bericht Prokops, der in Frankreich auch deshalb gelesen wurde, weil er den historischen Hintergrund der durchaus prominenten Verfolgungsgeschichte Victors von Vita beleuchtete.20 Eine der ‚Untaten‘ der Vandalen in Rom, der Dachziegelraub am Jupiter-Tempel, passte dabei genau in die gewünschte Stoßrichtung. Dabei wäre bei genauerem Hinsehen natürlich erkennbar gewesen, dass Geiserichs wohlgeordnete Plünderung nichts mit der ideologischen Demonstration einer Zerstörung um der Zerstörung willen zu tun hatte. Aber seit wann folgt die Bildung historisierender Schlagworte der historischen Erkenntnis? Plakativ und eindringlich war dieses Zerrbild der Vandalen ja mehr als genug. Schon im 19. Jh. wollte niemand mehr ein Vandale sein, selbst dann nicht, wenn man nach spätantiken Projektionsflächen einer ethnischen Identität suchte, die dezidiert antirömisch sein sollte. Als der galicische ‚Nationaldichter‘ Eduardo Pondal (1835 – 1917) seine Distanz zum römischen Spanien ausdrücken wollte (das er im Dominanzstreben der kastilischen Kultur weiterleben sah), schrieb er: „Wir sind Alanen, Kelten und Sueben, nicht aber Kastilier …“ Die Alanen waren jedoch niemals in Galicien, anders als (zusammen mit den Sueben) die Vandalen, wie der Autor zweifellos wusste; diese aber konnte er zur galicischen Selbstbehauptung einfach nicht zu Hilfe rufen, trotz ihrer Siege über den römischen ‚Zentralismus‘.21 Es lässt sich also in dieser Zeit eine ziemlich rasche Internationalisierung und auch Enthistorisierung des ‚Vandalismus‘ beobachten (trotz gelegentlicher Versuche seiner Renationalisierung, vor allem im Ersten Weltkrieg), wobei jeder Bezug zu den historischen Vandalen verloren ging, diese aber, wie man mit leichtem Zynismus tröstend hinzufügen kann, vor dem völligen Verschwinden bewahrt wurden: Vandalen gibt es immer noch, es gibt sie überall, und sie werden, so glaubt man an schlechten Tagen zu wissen, immer zahlreicher. Den Vandalismusbegriff wegen seiner fehlenden historischen Begründung bekämpfen zu wollen, wäre eine seltsam unhistorische Idee. Sprache reagiert ja allenfalls auf historische Vorstellungen, nicht aber auf historische Forschungen. Dieses Buch soll und kann sich vielmehr damit begnügen, die Staatenbil-

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IX  Warum es heute noch ‚Vandalen‘ gibt – Namen und Schimpfwörter dung einer faszinierenden antiken Stammesgemeinschaft zu rekonstruieren. Diese kann nicht aus sich selbst heraus verstanden werden, denn es gab keine abgeschlossene Individualität der gens Vandalorum. Sie muss als – teils aktiver, teils passiver – Teilnehmer an der Umgestaltung und am teilweisen Untergang des Imperium Romanum verstanden werden; dieses hatte im 5. Jh. zwar noch genug Kraft, die barbarischen gentes in seinem Umfeld tiefgreifend zu verändern, nicht aber, sie zu integrieren. Auch in diesem Kontext jedoch kann man am Ende mit etwas Wehmut (wenn man sie sich gestattet) auf den Untergang der Vandalen schauen und auf die fast tragische Antinomie, die sie aufgrund gerade derjenigen Entscheidungen, die ihre lange Selbstbehauptung ermöglichten, in einer historischen Sackgasse enden ließ.

Anmerkungen I Einleitung 1 S.

u. Kap. IX. Zum ‚Stamm‘ s. u. Kap. II 3. 2 ‚Africa‘ meint hier und im Folgenden nicht den auch schon in der Antike bekannten Kontinent Afrika, sondern das nordafrikanische Provinzialgebiet des Römischen Reiches (in etwa den heutigen Maghreb von Libyen bis Marokko). 3 S. u. Anm. II 4. 4 Der berühmte deutsche Historiker, Rechtsprofessor und Romanautor Felix Dahn (Ein Kampf um Rom) verfasste etwa Biographien der vandalischen Könige in einer Sammlung deutscher Biographien, der Allgemeinen Deutschen Biographie (1875 – 1912). Deutlich zeigt sich dies auch im Projekt der Monumenta Germaniae Historica (MGH), das sich nach dem Wiener Kongress das Ziel gesetzt hatte, die wesentlichen Geschichtsquellen zur ‚deutschen‘ Vergangenheit zu edieren. Hierzu zählte man von Anfang an auch die der ‚ausgewanderten deutschen Stämme‘, etwa der Vandalen, Burgunder, Goten oder Langobarden; zur im 19 Jh. in Deutschland üblichen Gleichsetzung von ‚germanisch‘ und ‚deutsch‘ s. z.  B. Brühl 2001, 12 – 18 (auch zum Pendant ‚gallisch = französisch‘); zur Emotionalisierung, romantischen Verklärung und pathetischen Aufladung der Germanen-Vorstellungen im Deutschland des 19. und früheren 20. Jhs., die dann in eine Art Sonderbewusstsein und schließlich in den ideologischen Germanismus des Nationalsozialismus übergehen konnte, vgl. etwa Rosen 2003, 109 – 120. 5 Schmidt 1942; Courtois 1955; gleichzeitig erschien Miltner 1955. 6 Diesner 1964a, 1965, 1966; Clover 1966. 7 Zum Begriff ‚Völkerwanderung‘ s. u. Anm. II 93. 8 S. z.  B. Ward-Perkins 2007; Heather 2007; 2011. 9 S. u. Kap. II 3, V 6 und VI. 10 Von West nach Ost: Gil Egea 1998; Arce 2007; Clover 1999; Merrills (Hg.) 2004; Merrills / Miles 2010; Dossey 2010; Conant 2012; Bockmann 2013; Modéran, z.  B. 2002; 2003; 2011; Lancel (ed.) 2002; Francovich Onesti 2002; Aiello 2005; Ladich 2013; Leone 2013; Castritius 2007; v. Rummel 2007; Berndt 2007; Berndt / Steinacher (Hg.) 2008; Ausstellungskatalog 2009 (Karlsruhe); Vössing (ed.) 2011; Eger 2012; Ausstellungskatalog 2003; Strzelczyk 2005. Hier finden sich z.  T. detaillierte Forschungsrückblicke; s. insbes. Steinacher 2011a; s. auch die ‚Bibliographie zur Geschichte der Vandalen‘ im Internet (R. Steinacher, G. M. Berndt u.  a.):

www.oeaw.ac.at / imafo / ressourcen / ­ bibliographie-zur-geschichte-der-vandalen / . 11 Angekündigt ist die umfangreiche Darstellung von R. Steinacher: Die Vandalen. Stuttgart 2014; ihm danke ich – gerade wegen der unterschiedlichen Standpunkte – für wichtige Anregungen. 12 Hydat.; Prosp.; Vict. Tun.; Chron. Gall. 452; Marc.; Mal.; Laterc. (s. Quellenverzeichnis). Eine deutsche Übersetzung wichtiger Einträge in diesen Chroniken bis zum Jahr 453 n. Chr. findet sich bei Goetz u.  a. (Hg.) 2006. 13 Possid. Vita Aug.; Salv. Gub.; Quodv.; Vict. Vit. ist die wichtigste erzählende Quelle, über die wir ver­fügen (vgl. Vössing 2013; 2014); für die Zeit ab König Gunthamund s. auch Vita Fulg. Das theo­logische Schrifttum ist vor allem antiarianisch (vgl. Isola 1990; Müller u.  a. [ed.] 2008; zu Fulg. Rusp. s. ­D. Bachelet, Fulgence et l’arianisme vandale, in: Piras [Hg.] 2010, 3 –16 und den Überblick bei Tommasi Moreschini 2013a) und setzt erst mit König Hunerich (477 – 484 n. Chr.) ein. Davon abgesehen haben wir von arianischer Seite aus nur die bei Fulg. Rusp. überlieferte Predigt eines Fastidiosus (die These von Dossey 2003 kann nicht überzeugen, s. K. B. Steinhauser, in: ders. u.  a. [Hg.] 2006, 38 – 42), s. u. Anm. II 102. 14 Procop. BV ist hier unsere einzige erzählende Quelle von relevantem Umfang (vgl. unten Anm. VII 77); bei Coripp. (vgl. Tommasi Moreschini 2013) finden sich einige Rückblenden auf die vandalische Zeit. 15 Einige sind uns erhalten; s. u. Kap. V 6. 16 Vgl. den reich bebilderten Ausstellungskatalog 2009; v. Rummel 2008; Eger 2012; Bockmann 2013. 17 S. u. Kap. V 1 und V 3. 18 Zum Begriff ‚Romanen‘ s. u. Anm. II 58 und III 36.

II  Vandalen im Imperium Romanum 1 Plin. Nat. 4,99 nennt die Vandilii als erste der fünf genera (Großgruppen) der Germanen und lokalisiert sie implizit östlich der Elbe. 2 Godlowski 1992; Bierbrauer 2006, 209 – 212. 3 Tacitus beschreibt diese Gemeinschaft verschiedener Einzelstämme in seiner Darstellung des östlichen Teils des germanischen Siedlungsraums (Germania, 43,3 – 5); Vandalen scheint er in diesem Zusammenhang gar nicht zu kennen (s. aber 2,2). Tausend 1997 hat gezeigt, dass die

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Anmerkungen

Lugier wahrscheinlich eine Gemeinschaft vorgermanischer (keltischer) Stämme bildeten, während Vandili(i) zunächst nur der Sammelname für in deren Gebiet eingewanderte germanische Stämme war. Im 3. Jh. verschwinden die Lugier aus den Quellen. 4 Cassius Dio 71,12,1 – 3 spricht von ‚Hastingen‘ unter ihren Anführern Raos und Raptos; sie wollten sich als Bundesgenossen Roms (d.  h. dem römischen Kommando unterstellt und entsprechend entlohnt) in Dakien ansiedeln und waren samt Frauen und Kindern aufgebrochen. 5 ‚Anführern‘, sagt Cassius Dio; da es genau zwei sind, dürfte bereits hier von einem Doppelkönigtum die Rede sein, s. u. Anm. 78  f.; auch der Historiker und Zeitzeuge Dexippos (Frag. 30) spricht hundert Jahre später von den zwei Königen der Vandalen. 6 Vgl. auch Cassius Dio 72,2,4, wo deutlich wird, dass die Vandalen am Ende von Roms Krieg gegen die Markomannen (180 n. Chr.) nicht auf deren Seite standen. 7 Cassius Dio 77,20,3; Dexipp. Frag. 30; „beide Könige“ und der Adel mussten ihre Kinder als Geiseln stellen. 8 Nicht zufällig beenden Amm. und Hier. Chron. ihre Geschichtswerke mit diesem Jahr. Ob die Vandalen sich anschließend an Einbrüchen ins Reich beteiligten, ist unklar; Hier. epist. 60,16 (ein Barbarenkatalog wie epist. 123,15, s. u. Anm. 29) ist als Zeugnis zu unsicher. 9 ‚Vandale‘: Claud. 21,35 – 39; Oros. 7,38,1; Hier. Epist. 123,16: semibarbarus (Stilichos Mutter war Römerin). 10 Kaiser Aurelian (reg. 270 – 275) nahm sie mit auf seinen Orientfeldzug. Wahrscheinlich wurde sie dann irgendwann als reguläre Hilfstruppeneinheit in Ägypten stationiert. Noch im späten 4. Jh. gab es dort eine „vandalische Reitereinheit Nr. 8“ (Not. Dig. Orientis 28,25: ala VIII Vandilorum), die aber mit den Vandalen der 270er Jahre sicher nur noch den Namen gemeinsam hatte. Zu den römischen Heermeistern (magistri militum), Kommandeuren eines größeren (zentralen oder regionalen) Verbandes der beweglichen Truppen, s. den Überblick in der Synopse auf S. 14  f. 11 Hier. epist. 60; Iord. Get. 141 dagegen (ein vandalischer Einfall um 380 n. Chr. in Gallien) dürfte in Wirklichkeit nicht von Vandalen, sondern von Alamannen handeln. Für die kulturellen Verbindungen zu den (oft feindlichen) Goten s. u. Kap. II 2 und 4. 12 Procop. BV 1,3,1; 1,22,3 – 13, der sich auf Überlieferungen der Vandalen beruft, die er in Africa kennenlernte. Zur Rolle der Hunnen vgl. zuletzt Heather 2009.

13 Castritius 2007, 26  f. Für die ‚Verreiterung‘ der Westgoten nimmt Wolfram 2009, 173 allerdings an, dass sie erst nach ihrem Eintritt ins Römische Reich in den 380er Jahren begann. 14 Oros. 7,41,7 benutzt zwar dieses biblische Bild (Jesaja 2,1 – 5) für die gentes in Spanien (hierzu unten Kap. II 2), in 7,41,5 wird aber klar, dass es konkret um Abgaben der einheimischen Bauern ging. 15 S. u. Kap. V 2. 16 Vgl. Pohl 2005, 47 – 49; Stickler 2007, 45 – 51. 17 Amm. 31,1  f. (dazu kritisch Stickler 2007, 17 – 20). S. auch eine Bemerkung des Ambrosius, Bischof von Mailand, wohl aus dem Jahr 390: „Die Hunnen haben sich auf die Alanen geworfen, die Alanen auf die Goten, die Goten wiederum auf die Taifalen und Sarmaten; die Goten, aus ihrem eigenen Land verdrängt, haben uns aus dem Illyricum vertrieben, und das Ende ist noch nicht abzusehen“ (Expositio in Lucam 10,10); Oros. 7,33,9  f. 18 Für die Hasdingen nimmt man Gebiete an der oberen Theiß oder im nördlichen Teil der Großen Ungarischen Tiefebene an. Zum Aufbruch der Hasdingen unter König Godegisel s. Procop. BV 1,22,3. Prokop spricht hier allerdings von den Vandalen generell (Silingen gab es in seiner Zeit nicht mehr). Silingi als eigenständige Gruppe der Vandalen tauchen in den Quellen erst im frühen 5. Jh. in Spanien auf (s. u. zu Hydat. 49), aber es ist klar, dass sie zuvor unter dem gemeinsamen ‚Dach‘ des Vandalenbegriffs steckten. Das macht eine sichere Rekonstruktion ihrer Frühgeschichte unmöglich (vgl. die Thesen bei Castritius 2008b). Was ihr europäisches Siedlungsgebiet angeht, gilt der sprachliche Bezug der Silingi zu Slesia (= Schlesien, im Mittelalter pagus Silensis; Silingia dagegen ist eine Neuschöpfung des 19. Jhs., die umgekehrt von den Silingi ausgeht) als sicher (s. Francovich Onesti 2002, 144  f.); die „vandalischen Berge“ (Cassius Dio 55,1,3) könnten dann die Sudeten sein. Die Lokalisierung der Hasdingen wird wegen Fundkonzentrationen von Gütern der Przeworsk-Kultur (vgl. Bierbrauer 2006, 209 – 212; Merrills / Miles 2010, 31 – 33) bzw. verschiedenen Interaktionen mit anderen gentes im Donauraum vermutet. 19 Explizit wird dies zwar erst 429 n. Chr. beim Übergang nach Africa gesagt (Hydat. 90; Vict. Vit. 1,1; Isid. Got. 74); dass die Vandalen aber zehntausende Frauen geraubt hatten, ohne dass dies in den Quellen für erwähnenswert gehalten wurde, ist eindeutig die schwierigere Annahme. 20 Hier. Epist. 123,15; Oros. 7,38,3 .  40.3 und Zos. 6,3,1 sprechen von Alanen, Vandalen und Sueben (Quaden); Prosp. Chron. 1230 (406 n. Chr.); Prosp. Addit. (406 n. Chr.; MGH AA IX, 299);

II  Vandalen im Imperium Romanum

Cassiod. Chron. 1176 – 1177 (406 n. Chr.); Chron. Gall. 452, 63 (408 n. Chr.) nennen nur Alanen und Vandalen; die Beteiligung der ‚Sueben‘ (zum Verhältnis von ‚Quaden‘ und ‚Sueben‘ vgl. Tausend 1997, 235  f.) ist aber – infolge der später in Hispanien bezeugten Ereignisse – unstrittig. 21 Aus ihnen gingen später die sog. Östlichen Goten (‚Ostrogoten‘) hervor, s. u. Anm. 24. Zu den Hunnen s.  o. Anm. 16  f.; zu den Alanen vgl. Bachrach 1973; Alemany 2000; Kouznetsov / Lebedynsky 2007. 22 H. Castritius, in: L. Rübekeil u.  a.: Sweben, in: RGA 30 (2003) 184 – 212, hier 195. Die in Oros. 7,38,3 ebenso, aber getrennt (und in 7,40,3 bezeichnenderweise gar nicht) genannten Burgunder sind ein Sonderfall: sie siedelten damals bereits am Main, hatten also keine ‚Wanderung‘ unternommen, sondern einfach die Gelegenheit genutzt, die sich ihnen bot. Sie waren auch nicht ins Innere Galliens gezogen, sondern hatten sich bald für die römische Sache verpflichten lassen, s. Kaiser 2004, 27  f.; Castritius 2008a, 39  f. 23 S. auch u. Kap. III 4 zum Vertrag 435 n. Chr. 24 Die Deutung der Vesigothi (wohl ‚die edlen Goten‘) als ‚westliche Goten‘ (vgl. Iord. Get. 42; 82) ist ein sprachliches Missverständnis bereits der ausgehenden Antike; in der Zeit Alarichs war es noch unbekannt. Er war der Anführer einer Gruppe von Terwingi (wohl ‚Waldbewohner‘), während die gotischen Greutungi (= ‚Steppenbewohner‘) weiter östlich siedelten. Dieses Begriffspaar verschwand jedoch im späten 4. Jh. zusammen mit den festen Siedlungsgebieten der Goten nördlich der Donau, die infolge der West- expansion der Hunnen aufgelöst wurden. Vgl. Wolfram 2009, 36; 84; P. Heather, in: Heather (Hg.) 1999, 48 – 68. 25 Eine Lobrede auf Kaiser Maximianus von 291 n. Chr. berichtet von schweren Kämpfen zwischen ‚Goten‘ (Terwingen und Taifalen) einerseits und Vandalen und Gepiden andererseits (11,17,1 in: Panegyrici Latini, ed. R. A. B. Mynors, Oxford 1964, 268); s. dazu Wolfram 2009, 67. Vgl. auch u. Anm. 66. Möglich, dass sich hierauf auch Iord. Get. 96 – 100 bezieht. 26 Dies war kein irrationaler Machthunger, sondern auch eine Reaktion darauf, dass die Angriffe auf das Reich (über die Ungarische Tiefebene) sich genau gegenüber dieser Region konzentrierten, die schon immer das – dünne – Scharnier zwischen Ost und West gewesen war. 27 Vössing 2005, 19  f.; Wolfram 2009, 175  f. 28 Oros. 7,40,3. Greg. Tur. Hist. 2,9 gehört dagegen wohl nicht hierher, sondern in das Jahr 410 n. Chr. (s. u. Anm. 48). ‚406 / 407‘: s. u. Anm. 33.

29 Hier. epist. 123,15 (409 oder 410 n. Chr.) listet neben den genannten Alanen, Quaden und Vandalen noch Sarmaten, Gepiden, Heruler, Sachsen, Burgunder, Alamannen sowie Feinde aus Pannonien (hostes Pannonii) auf. 30 Prosp. Chron. 1229  f., MGH, AA IX, 465, s. u. Anm. 33. 31 Auf Theorien der Aufteilung (s. etwa Castritius 2006, 176 – 182 und 2007, 46 – 58) kann hier nicht eingegangen werden. 32 Mainz: Hier. epist. 123,15; vgl. auch Fred. 2,60; Salv. Gub. 7,12,50 überliefert den Einfall zunächst in der Germania I (deren Hauptstadt Mainz war). Von einer tragenden Eisdecke des Rheins – in der Sekundärliteratur gern vermutet – sagen die Quellen allerdings nichts. 33 Ich folge hier der (von Kulikowski 2000 offenbar übersehenen) Zosimos-Interpretation von Paschoud (ed.) 1989, 19 – 23; die Birley 2005, 455 – 460 noch einmal entfaltet hat. Kulikowski 2007, 217, Anm. 37 hat seine These der Umdatierung von Prosp. Chron. 1229  f. (nicht der letzte Tag des Jahres 406 war gemeint, sondern der 31. Dezember 405) daraufhin im Grunde wieder zurückgenommen. 34 ‚Über die Pyrenäen‘: Oros. 7,40,3. Von einer lang­andauernden Verwüstung Galliens zu sprechen (so Salv. Gub. 7,12,52: vastata est diu Gallia), ist aber eine massive Übertreibung; Castritius 2007, 54  f. stellt alle von den Quellen (unterschiedlich glaubwürdig) mit der Invasion der gentes in Verbindung gebrachten Orte Galliens zusammen: vgl. auch Cesa 2001, 134 – 140. 35 Greg. Tur. Hist. 2,9; zu den Burgundern s.  o. Anm. 22. Von den Alanen und dem Sonderfall ihrer Teilung abgesehen (Goar trat mit einem großen Stammesteil schon sehr bald in römische Dienste: PLRE II, 514  f.: Goar), war ihnen allen gemeinsam, dass sie nicht zu den gentes gehört hatten, deren gewaltsamer Übergang die römische Rheingrenze 406 / 407 durchbrochen hatte, sondern dies dann nur ausgenutzt hatten. 36 Vgl. Drinkwater 1998; Bleckmann 2004, 456  f. 37 Vgl. Zos. 5,35,5 – 6 zu den Folgen von Stilichos Ermordung. 38 Paschoud (ed.) 1989, 33  f. Kulikowski 2004, 157  f.; Scharf 2005, 129 – 131; Arce 2007, 36 – 47. 39 So etwa Ausbüttel 1991, 2  f.; Paschoud (ed.) 1989, 37; Kulikowski 2000, 337  f.; ders. 2004, 158; Arce 2003, 137 – 140; Arce 2007, 52 – 56; Berndt 2007, 105  f. 40 Auch Stilicho soll auf diese Weise für den Einbruch der gentes über den Rhein verantwortlich gewesen sein: Oros. 7,38,1 – 4; Iord. Get. 115. S. auch u. Anm. IV 48 zu Eudoxias angeblichem Hilferuf.

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Anmerkungen

41 Zu ihrer mangelhaften Verteidigung s. Oros. 7,40,7 – 9 und Olymp. Frag. 15,2. Ein Verrat des Gerontius spielt dabei keine Rolle. 42 Hydat. 34 (409 n. Chr.). Allerdings müsste man, wenn Gerontius vorher revoltierte, annehmen, dass seine Ablösung (Zos. 6,5,2) ohne für uns erkennbaren Grund erfolgte. Wenn Constantinus ihn jedoch ersetzen wollte, weil er den Einfall nicht verhindert hatte, und neue Truppen schickte, weil er die Barbaren vertreiben wollte (so überzeugend Scharf 2005, 138  f.), ergibt sich eine andere Chronologie (Rebellion des Gerontius erst 410), die nicht zur ‚Verratsthese‘ passt. 43 Weder bei seinem Kampf gegen Constantinus in Gallien (Olymp. Frag. 17,1) noch bei seiner verzweifelten eigenen Verteidigung anschließend in Spanien (ebd. Frag. 17,2). 44 Sohn: Olymp. Frag. 17,1, dazu ebd. 215, Anm. 40; zur Usurpation des Maximus s. auch Frag. 17,2. Ihre genaue Datierung ist nicht bezeugt. Möglicherweise ist sie eine Reaktion auf die Eroberung Roms im August 410. 45 Oros. 7,40,9; Hydat. 49 (s. u.); Olymp. Frag. 15,2 (Einfall in Spanien wegen der Schwäche des Constantinus); in Frag. 17,1 schließt Gerontius erst dann Frieden mit den gentes in Spanien, als er 410 n. Chr. Constans abgewehrt hat und ihn nach Gallien verfolgen will; s. dazu unten Anm. 49. Procop. BV 1,3,2 berichtet zwar von einem Vertrag, der den Hasdingen 409 n. Chr. Land zusprach; dies beruht aber auf absurden Informationen: Vertragspartner ist Honorius, der als Bedingung verlangt, das Land dürfe nicht verwüstet werden. 46 Zos. 6,5,2 spricht nur von den regulären Truppen in Spanien, die Gerontius 409 hinter sich versammelte. Greg. Tur. Hist. 2,9 (der Renatus Frigeridus zitiert) ist die einzige Stelle, die man anführen könnte. Die Erzählung ist chronologisch extrem gerafft; der Autor erwähnt nur, dass die Rebellierenden in Spanien mithilfe (dortiger) barbarischer gentes nach Gallien ziehen wollten. Aber abgesehen davon, dass es auch hier um sich bereits in Spanien aufhaltende gentes geht, spricht auch wenig dafür, dass dies die eingedrungenen Alanen, Sueben und Vandalen waren; denn die sind in Spanien geblieben. Es dürfte sich eher um von Gerontius schon 408 nach Spanien gebrachte Foederaten gehandelt haben. Hierzu passt nun die Notiz desselben Autors, die Greg. Tur. unmittelbar zuvor überliefert: die Beinahe-Vernichtung der Vandalen durch fränkische Truppen (bei denen, wie hervorgehoben wird, kein Anführer oder König genannt wird, was für Truppen in römischem Dienst spricht). Wenn die Datierung auf Sommer 410 zutrifft (s. u. Anm. 48), ist natürlich ohnehin klar, dass

Gerontius sich erst danach mit den eingedrungenen gentes geeinigt haben kann, s.  o. Anm. 45 zu Olymp. Frag. 17,1. 47 Oros. 7,40,10. 41,2; Hydat. 48; Olymp. Frag. 29,2. 48 Greg. Tur. Hist. 2,9 berichtet von einer Schlacht ungefähr ‚zur Zeit der Eroberung Roms‘ (410), in der Franken die Hasdingen fast vernichteten (20 000 fielen), ihren König Godegisel töteten und erst durch das Eingreifen der Alanen unter Respendial gerettet wurden. Die Datierung auf 410 n. Chr. (zuletzt begründet von Wynn 1997, dazu Scharf 2005, 135 – 137) ist umstritten, da die Darstellung die Zeit von 407 bis 410 in einem Satz zusammenrafft. Eine starke Stütze hat sie aber in der Chronologie der vandalischen Könige, s. u. Anm. 82. 49 Olymp. Frag. 17,1, s.  o. Anm. 45; dieses Abkommen war, da er ohne sie nach Gallien zog, kein foedus ‚Land gegen Waffenhilfe‘, sondern wohl nur die Beendigung der Kämpfe (s. u.). 50 Olymp. Frag. 17,2. Nach Spanien geflohen, hatten ihn dort die eigenen Truppen verlassen; nach seinem Tod wurde auch sein Sohn Maximus – für alle erkennbar ohne eigene Kompetenz – seiner (usurpierten) Kaiserwürde entkleidet und aus Tarraco vertrieben, aber am Leben gelassen: Olymp. Frag. 17,1; Oros. 7,42,5; Prosp. Chron. 124. 51 Oros. 7,41,2 . 5. 7 (der allerdings die Qualität der vorangegangenen römischen Herrschaft aus ideologischen Gründen abwertet). 52 Hydat. 49 (411 n. Chr.): barbari … sorte ad inhabitandum sibi provinciarum dividunt regiones. Gallaeciam Wandali occupant et Suevi … Wandali cognomine Silingi Baeticam sortiuntur; s. Abb. 1 (und u. Anm. 71). 53 Zu ihren unterschiedlichen Ausgangsgebieten s.  o. Anm. 18; die Silingen tauchen hier erstmals in den Quellen auf. 54 Hydatius’ Formulierungen sortiri bzw. sorte occupare haben diese Missverständnis hervorgerufen (vgl. auch Oros. 7,40,10: habita sorte). Mit sors ist hier aber (wie häufig, s. z.  B. Oros. 3,23,15) nicht das Los, sondern der Anteil bzw. die Teilung des Erworbenen gemeint (vgl. Goffart 2006, 102  f.). Anders Arce 2003, 140; 2007, 67  f.; es ist aber schwer vorstellbar, dass die sehr ungleiche Verteilung des Landes (s. u.) auf unterschiedlichem Losglück beruhte. Zudem wäre unverständlich, warum eine gens zwei Provinzen ‚erlosten‘, zwei gentes sich dagegen eine teilen mussten. 55 Oros. 7,38,3 . 40,3; vgl. auch Hydat. 42 (409 n. Chr.); hier dagegen geht Hydatius geographisch vor. Erst spätere Quellen, den vandalischen Erfolg vor Augen, setzten die BV an die Spitze des Zuges. Vgl. auch Hydat. 68

II  Vandalen im Imperium Romanum

(418 n. Chr.): „Die Alanen, die mächtiger waren als Vandalen und Sueben …“ 56 Immerhin haben die Hasdingen (jedenfalls später) die Provinzhauptstadt bekommen, s. u. Anm. 71. 57 Anders etwa Arce 2007, 63 – 72 (s. auch Conant 2012, 21). Für ihn ergibt sich eine maßgebliche Beteiligung der römischen Regierung in Spanien (in der Person des Maximus – aber war der dazu nach Gerontius’ Tod noch in der Lage? S. o. Anm. 50) einerseits aus der Respektierung der römischen Provinzgrenzen, andererseits aus dem Fortdauern der römischen Herrschaft in der Tarraconensis (s. u.). Aber auch im vandalischen Africa wurden die Grenzen der Provinzen weitgehend beibehalten (s. u. Kap. V 1 und 3); nur so war es ohne großen Aufwand möglich, ihre Erträge einzusammeln. Auch wurde der Status der Tarraconensis laut Hydatius (s.  o. Anm. 52) gar nicht von den gentes festgelegt (die ja nicht die ganze Diözese Hispania verteilten; auch die Provinz Insulae Balearum blieb römisch), sondern ergab sich aus ihrer Ansiedlung. Die Tarraconensis zu besetzen, war keine der gentes in der Lage; ihre Möglichkeiten in Spanien sollten nicht überschätzt werden, s. Kulikowski 2004, 161 – 167. 58 Der Begriff ‚Romanen‘ (Romani) wird vom Zeitgenossen Orosius, der die Ereignisse aus der Nähe miterlebte, für die einheimischen Bewohner des römischen Spanien – im Gegensatz zu den eingedrungenen ‚barbarischen‘ gentes – gebraucht (Oros. 7,41,7), und in einem berühmten Passus (7,43; vgl. schon Zeiller 1929) stellt er auch die Prinzipien Romania und Gothia gegenüber. Romani mit ‚Romanen‘ (und nicht mit ‚Römer‘) zu übersetzen, ist insofern sinnvoll, als Romani hier ‚Spanier‘ verschiedener Herkunft (Kelten, Iberer, eingewanderte Italiker u.  a.) einschließt; der Begriff wird kulturell, nicht ethnisch gebraucht. Für Africa s. u. Anm. III 36. 59 Zunächst hatten die Usurpatoren Constantinus III. und Jovinus (der sich auf Burgunder und föderierte Alanen stützen konnte) ausgeschaltet werden müssen. 60 Lütkenhaus 1998, 82 – 86; Kulikowski 2004, 167 – 175; Arce 2007, 134 – 145. 61 Der hatte 414 Galla Placidia geheiratet, die seit 410 in der Gewalt der Goten befindliche Halbschwester des Honorius (allerdings ohne römische Anerkennung): Oros. 7,43,2 – 8; Olymp. Frag. 24; Sivan 2011, 9 – 36. 62 Oros. 7,43,11  f.; H. Castritius, in: RGA 32 (2006) 49  f. (Valia); Arce 2007, 88. 63 Aus dieser Zeit der Hungersnot, in der die Goten zu weit überteuerten Getreidekäufen gezwungen waren, stammt vielleicht ein vandalischer Spottname für sie (Olymp. Frag. 29,1; dazu zuletzt

Wolfram 2009, 37 und Anm. 4; Francovich Onesti 2002, 143), der von den Goten später sicher mit Hinweis auf die folgenden blutigen Siege über die Vandalen (vgl. Sidon. Carm. 2,362 – 366) beantwortet wurde. 64 Was auch für die Formung seiner gens insgesamt galt, vgl. oben Kap. II 1 mit Anm. 24. 65 Olymp. Frag. 30; Oros. hist. 7,43,12 – 15. Die Goten mussten sich außerdem verpflichten, die immer noch (seit 410) von ihnen „ehrenvoll“ mitgeführte Galla Placidia, Honorius’ Halbschwester und ­Athaulfs Witwe, zurückzuschicken. Orosius berichtet, dass damals auch Alanen, Sueben und Vandalen (vergeblich) um Bündnisse mit Ravenna baten und Geiseln anboten. 66 Iord. Get. 113 (= Dexipp. Frag. 29); 161 – 172; zur Problematik des verschiedene Gemeinsamkeiten vorspiegelnden Begriffs ‚germanisch‘ s. u. Kap. IX. 67 Hydat. 60; 63 (417 n. Chr.); 67  f. (418 n. Chr.): „Nach dem Tod ihres Königs Addax stellten sich die wenigen Überlebenden [sc. der Alanen], ohne (weiterhin) an ihr eigenes Königreich zu denken, unter den Schutz des Vandalenkönigs Gunderichs.“ Zum laut Hydat. 62a damals gefangenen und zu Honorius geschickten König (der Silingen?) Fredbalus s. Courtois, Vandales, 54; Castritius 2006, 184. 68 S. u. Kap. V 3 (dort auch zum faktischen Verschwinden der Alanen in Africa). Dass im Königstitel nicht die Hasdingi vorkommen, sondern der Sammelbegriff Vandali, dürfte seinen Grund in der Aufnahme der überlebenden Silingen gehabt haben. 69 Hydat. 69: intermisso certamine, also fast mitten im Kampf. 70 Hydat. 71 (419 n. Chr.); die montes (N)erbasi sind nicht lokalisierbar, vgl. Kulikowski 2004, 370, Anm. 106. 71 Hydat. 74 (420 n. Chr.); beim Auszug aus Bracara (heute Braga), der Provinzhauptstadt der Galaecia, wurden sie attackiert und erlitten einige Verluste; dass sie in Braga abzogen, beweist übrigens, dass ihnen der südliche Teil von Galicien zugefallen war (s. Abb. 1). Die Formulierung instante Asterio … transierunt impliziert, dass es keine freiwillige Wanderung war. In Galicien hatten sich die Vandalen immerhin seit mittlerweile fast einem Jahrzehnt installiert; das war jetzt zu Ende. Vielleicht hat die durch Chron. Gall. 452,89 (422 n. Chr.) bezeugte Niederschlagung einer erneuten Usurpation des Maximus (Asterius brachte ihn dann nach Ravenna; s. die nächste Anm.) etwas mit Asterius’ Feldzug zu tun; aber das bleibt Spekulation. 72 Lütkenhaus 1998, 163 – 169; zu Asterius: Olymp. Frag. 33; Theoph. 5913; Greg. Tur. 2,9; er führte

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Anmerkungen

den gefangenen Maximus mit sich: Marc. Chron. (422 n. Chr.). Asterius’ Belohnung zeigt, dass die Zentrale offenbar wieder mehr durch Usurpation als durch die Vandalen alarmiert war. 73 Hydat. 77 (422 n. Chr.); Prosp. Chron. 1278 (422 n. Chr.); Chron. Gall. 452,107 (430 / 431 n. Chr.); zu Salv. Gub. 7,11,46 s. u. Anm. 96. 74 Bossong 2002. 75 Sie nutzten sie wohl noch im selben Jahr für einen Abstecher nach Mauretanien, s. Hydat. 86 (425 n. Chr.): Mauritaniam invadunt. Von einem seit dieser Zeit besetzten vandalischen Brücken­ kopf dort (so Kulikowski 2004, 178) dürfen wir aber nicht ausgehen; invadere bedeutet oft nicht mehr als ‚einen Beutezug unternehmen‘, s. z.  B. Aug. Epist. 10*.2. 76 Hierzu passt, dass die Stadt Sevilla offenbar 428 erneut geplündert wurde (s. u. Anm. 83). 77 Generell zum archaischen Sakralkönigtum der Germanen vgl. Wenskus 1977, 305 – 314; die mangelnde Brauchbarkeit des Konzepts für die bekannten ‚Könige‘ von Germanenstämmen stellen M. Diesenberger: „Sakralkönigtum (Kritik)“, in: RGA 26 (2004) 216 – 219 (219 – 234 zu sakralen Elementen) und Erkens 2006, 80 – 87 heraus. Eine wesentlich sakrale Fundierung des Königtums stände auch im Widerspruch zum Verlauf der Christianisierung der Vandalen, wie sie hier rekonstruiert wird (s. u. Kap. II 4). 78 Die beiden mythischen Könige Ambri und Assi spielen in der Ursprungserzählung des Langobardenstammes eine Rolle: Origo gentis Langobardorum (MGH, SS rerum Langobardicarum et Italicarum saec. VI–IX [1878], 2  f.); Paul. Diac. Lang. 1,7 – 10 (ebd. 52  f.); dazu Castritius 2008. Sicher bezeugt ist ein Doppelkönigtum zuletzt in den 270er Jahren n. Chr. (s.  o. Anm. 5). 79 Anders Castritius 2008. Für das 5. Jh. kann er sich aber nur auf Procop. BV 1,3,23 – 25 berufen. Prokop bezieht sich hier offenbar auf mündliche Berichte der Vandalen (s. das doppelte „sie sagen“ bezüglich des Todes Gunderichs in 1,3,32  f.). Ihre Glaubwürdigkeit ist deutlich geringer als das klare Zeugnis Hydat. Chron 89 (428 n. Chr.: „auf Gunderich folgte in der Königsherrschaft sein Bruder Geiserich“; dementsprechend auch Isid. Got. 73). 80 Castritius 2007, 36 und 39, der auf Dexipp. Frag. 30 (Prominenz des vandalischen Adels im 3. Jh. n. Chr.) verweist. Die Parallele zur Genese der ‚langhaarigen‘ Frankenkönige drängt sich auf (vgl. M. Diesenberger, Reges Criniti, in: RGA 24 [2003] 317 – 319). 81 Zum ‚Königsglück‘ (Iord. Get. 78: fortuna; Amm. 28,5,14) s. Wolfram 2009a, 22; skeptisch ist Erkens 2006, 82  f.

82 Diese Datierung der Schlacht (s.  o. Anm. 48) wird auch dadurch nahegelegt, dass Isid. Got. 73 von 18 Regierungsjahren Gunderichs in Spanien ausgeht und, da dieser 428 n. Chr. starb (s. die folgende Anm.), folglich von seinem Königtum ab 410 (auch für Procop. BV 1,3,2 war er der König, unter dem die Vandalen 309 n. Chr. Teile Spaniens erhielten). Es gibt zwar auch die konkurrierende Tradition eines Herrscherwechsels schon 406 n. Chr. (Prosp. Addit., MGH, AA IX, 299); da Isid. Got. jedoch für diese Information auf Hydatius zurückgehen dürfte, ist sie vorzuziehen. 83 Gunderich starb bei der Plünderung der Bischofskirche in Sevilla: Hydat. 89 (428 n. Chr.); Isid. Got. 73  f. Procop. BV 1,3,33 ist demgegenüber sekundär. – Die Namensform mit Gaiserich (statt mit e) ist wohl ursprünglicher; hier werden jedoch generell die gebräuchlichen Namen verwandt, ohne Anspruch auf sprachwissenschaftliche Genauigkeit; hierzu s. die Übersicht bei Francovich Onesti 2002, 145 – 179 (155  f. zu Ga / eiserich). 84 Illegitime Geburt: Procop. BV 1,3,23; über Geiserichs Mutter sagt Sidon. Carm. 2,358 – 360, sie sei eine mit einem anderen Mann verheiratete Sklavin gewesen (vgl. auch 5,57). Vielleicht hängt damit das Gerücht zusammen, Geiserich sei ursprünglich katholisch gewesen (Hydat. 89; Isid. Got. 74). Zum Alter Geiserichs s. Isid. Got. 74 in der Interpretation von Courtois 1955, 394. 85 Vgl. z.  B. Amm. 14,10,1; 16,3,2; 28,5,10 (rex / reges Alamannorum bzw. Francorum, Burgundiorum); Oros. 7,32,9 (rex Gothorum). Zum germanischen Herrschaftsvokabular und seinen Funktionen im römischen Kontext s. Wolfram 1967, 31 – 43; ders. 2005, 71 – 82; Dick 2008, 150 – 157; 203 – 209. Zufällig hängt der gotische (aus dem Keltischen übernommene) Herrschaftstitel reiks (‚Richter‘, s. Wolfram 2005, 77 – 80) mit rex zusammen und wurde damit auch gleichgesetzt. ‚Schilderhebung‘: vgl. Amm. 20,4,17; Cassiod. Var. 10,31,1. 86 S. auch u. Anm. VII 65. 87 Zu dieser Regelung, die ‚Kinderkönige‘ ausschloss und eine Reihe von Adelsfamilien einschloss, s. u. Kap. V 4, insbes. Anm. 108. 88 Wenskus 1977, z. B. 75  f.; zur umfangreichen Diskussion darüber vgl. W. Pohl: Ethnicity, Theory, and Tradition. A Response, in: Gillett (Hg.) 2002, 221 – 229. 89 Zur Sprache der Vandalen s. u. Kap. V 6. 90 Das hat sicher mit dem kaum rekonstruierbaren frühen Verhältnis von Ober- und Untergruppen der Vandili(i) zu tun (s.  o. Kap. II 1 mit Anm. 3). Zu Paul. Diac. Lang. 1,7 – 10 und Iord. Get. 25  f. vgl. Plassmann 2006, 204–215. 91 S. u. Kap. V 3. 92 Vgl. hierzu einige Bemerkungen in Kap. V 6.

II  Vandalen im Imperium Romanum

93 Gleichsetzung von ethnos mit gens der Vandalen z.  B. in Procop. BV 1,9,21. Zum Begriff ‚Völkerwanderung‘ (migratio gentium) und zu seinem Ursprung im 16. Jh. s. zuletzt Rosen 2003, 30 – 37. 94 Zur neueren Diskussion über die Ethnogenese ‚barbarischer‘ gentes in der Spätantike vgl. Geary 1999; Mitchell / Greatrex (Hg.) 2000; Gillett (Hg.) 2002; Pohl 2004, 13 – 23; Goffart 2006, 197 – 227; Dick 2006, 161 – 167; Heather 2008; Eger 2012, 269 – 273; Brather 2012. Schon in der früheren Kaiserzeit wurde gens auch im Sinn einer keineswegs ‚genetisch‘ verstandenen Stammesgemeinschaft gebraucht, etwa für die Germanen insgesamt; s. z.  B. Seneca, De providentia 4,14. 95 Mehr dazu in Kap. V 5; s. auch Kap. 5 6 zur Bedeutung vandalischer Tracht am Königshof. 96 Salv. Gub. 7,11,46: Non inmerito itaque victi sumus; ad meliora enim se illi subsidia contulere quam nostri. Nam cum armis nos atque auxiliis superbiremus, a parte hostium nobis liber divinae legis occurrit. Ad hanc enim praecipue opem timor et perturbatio tunc Wandalica confugit, ut seriem nobis eloquii caelestis opponeret et adversum venientes aemulos suos sacri voluminis scripta quasi ipsa quodammodo divinitatis ora reseraret. „Daher wurden wir nicht unverdient besiegt; denn jene [die Vandalen] haben zu besseren Hilfsmitteln ihre Zuflucht genommen als die Unsrigen. Denn während wir unsere stolze Hoffnung auf Waffen und Hilfstruppen (auxilia) setzten, kam uns von Seiten der Feinde das Buch des göttlichen Gesetzes entgegen. Besonders zu diesem Mittel flüchteten sich damals nämlich die Furcht und Verwirrung (perturbatio) der Vandalen, sodass man uns die ganze Reihe der himmlischen Worte entgegenhielt (ut … nobis … opponeret) und den entgegenkommenden Gegnern (adversum venientes aemulos) die Schriften des heiligen Buches – wie es gewissermaßen die göttliche Stimme tut – aufschloss.“ Einen Grund, dieser Nachricht zu misstrauen, gibt es nicht. 97 Vict. Vit. 2,38; Salv. Gub. 7,13,54; Iord. Get. 169. 98 Salv. Gub. 7,11,46  f.  12,54; s. auch 7,10,44 (vgl. auch Badewien 1980, 122 – 126; Lambert 2000). Oros. 3,20,6  f. (zum Terminus vgl. auch 7,5,11). 99 Orosius, in Spanien geboren (Gennad. 39), war 414 von Bracara aus, wo er Priester war, nach Africa gefahren (Aug. Epist. 166; 169). Dass er hier die Vandalen meint, ergibt sich aus seiner Herkunft aus Bracara (s.  o. Anm. 71). Wenn die Barbaren 409 n. Chr. unter christlichen Anführern nach Spanien gekommen wären, hätte er dies sicher erwähnt. Denn es hätte durchaus in sein Fortschrittskonzept der Geschichte (er glaubte sich hier im Einklang mit Aug. Civ.) gepasst, demzufolge die jüngsten Katastrophen durch die

tempora christiana im Vergleich zu früher gemildert seien (vgl. z.  B. Oros. 7,41,2 – 7). 100 So zuletzt etwa Heather 2007a, 143. 101 Vgl. z.  B. Markschies 2001; H. C. Brennecke, Lateinischer oder germanischer ‚Arianismus‘?, in: Müller u.  a. (ed.) 2008, 125 – 144. 102 COD I, 5. ‚Arianer‘ ist also ursprünglich ein Kampfbegriff. Aus dogmengeschichtlicher Perspektive wäre die Bezeichnung ‚Homöer‘ (wegen ihres Satzes „Christus und der Vater sind ‚gleich‘ gemäß der Schrift“) vielleicht passender. Die Vandalen haben sich selbst aber offenbar nie so bezeichnet, sondern einfach als ‚Christen‘ (vgl. Vict. Vit. 2,5 . 39; 3,46. 48; insbes. Fulg. Rusp. Sermo Fastidiosi 2, ed. Fraipont, Bd. I, 281). Den Anspruch ihrer Gegner, ‚katholisch‘ zu heißen, bestritten sie und nannten diese nach einem Schlüsselbegriff des Konzils von Nicäa ‚Homousianer‘ (2,39; 3,1. 12). Der Historiker hat mangels einer trennscharfen arianischen Selbstbezeichnung die Wahl zwischen neuen künstlichen (etwa nach den jeweils präferierten Konzilsorten gebildeten) Namen und antiken Quellenbegriffen, die allerdings bei mangelnder Information missverstanden werden können. Da dies jedoch auch von den Neuschöpfungen gilt, bleiben wir hier bei ‚arianisch‘ und ‚katholisch‘ und vertrauen ansonsten auf die historische Distanz zu einem vor ca. 1500 Jahren beendeten Streit, der zwar Fakten (und Sprachregelungen) schuf, natürlich aber nicht Recht und Unrecht. 103 Vgl. schon Oros. 7,33,19; Salv. Gub. 5,2,9. Das Konzil von Konstantinopel (381 n. Chr.) hatte den Kirchen „der Barbarenvölker“ noch ihre herkömmliche Theologie zugestanden: COD I, 31  f. 104 Wolfram 2009, 88 – 94; Heather 1991, 103 – 105; A. Schwarcz, Cult and Religion among the Tervingi and the Visigoths and their Conversion to Christianity, in: Heather (Hg.) 1999, 447 – 455, hier 452 – 454; Kampers 2008, 67 – 72. 105 Greg. Tur. 2,29 – 31; dazu zuletzt Becher 2011, 179 – 181 und die Literatur bei Heil 2011, 61, Anm. 52. Anders als Konstantin und Chlodwig hätte Gunderich dann aber die Hilfe des Christengottes bereits während der Schlacht öffentlich in Anspruch genommen. 106 S. u. Kap. V 6. 107 S. o. Anm. 97. In diesem Zusammenhang ist vielleicht die Beobachtung interessant, dass Geiserichs jüngster Sohn, der in der Zeit der Castinus-Schlacht geboren sein könnte (da er wohl einige Jahre nach dem Übersetzen nach Africa – und vor 442 n. Chr. – als junger Mann starb, bevor er Kinder bekommen konnte: Procop. BV 1,5,11), keinen der üblichen germanischen Hasdinger-Namen erhielt (z.  B. Gunderich / Geiserich / Theuderich = ‚herrschend im Kampf / mit

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Anmerkungen

der Lanze / im Kriegsvolk‘; zum ersten Teil des Namens s.  o. Anm. 85), sondern Theodoros (griech.: ‚Gottesgeschenk‘) genannt wurde, was durchaus mit der religiösen Wende des Königshauses zusammenhängen könnte. Dass Prokop diesen Namen hier irrtümlich mit dem des Theuderich (eines weiteren Sohnes Geiserichs; s. u. Kap. VII 1) verwechselt (so RE V A 2 (1936) 1903: Theodoros 84, zuletzt Francovich Onesti 2002, 174), ist unwahrscheinlich; denn Theuderich hatte viele Kinder und lebte noch unter Hunerich: s. u. Kap. VII 1.

III  Die Eroberung Africas 1 Hier nur eine Auswahl der Vertreter (wobei entweder die Anwerbung vandalischer Truppen oder der ganzen gens angenommen wird): Martroye 1907, 87; Sirago 1961, 277 – 283; ders. 1996, 74  f.; Diesner 1962, 108; Zecchini 1983, 148 – 150; Mathisen 1999, 175 – 177; 189  f.; Gil Egea 1998, 182  f.; Cesa 2001; Dossey 2010, 22; Merrills / Miles 2010, 52; 61; Sivan 2011, 107; Scharf 2012, 142. 2 PLRE II, 237 – 40 (Bonifatius 3); Flynn 1983, 76 – 82; Stickler 2002, 27 – 44. 3 Aug. Epist. 220; 229  f.; Possid. Vita Aug. 28,12. 4 Hydat. 90 (429 n. Chr.) erwähnt den Verrat nicht, Vict. Vit. 1,19 (geschrieben in der späten 480er Jahren) lobt Bonifatius’ Klugheit und Tüchtigkeit (als Verteidiger Africas; s. auch u. Anm. 8); zu Prosper s. u. 5 Procop. BV 1,3,22 – 26 . 30; Ioh. Ant. Frag. 290 Roberto (nicht von Procop. abhängig, s. C. E. Gleye, ByzZ. 5, 1896, 461 – 464); Iord. Get. 167; Rom. 330; Paul. Diac. Rom. 13,10. 6 Dass die Dreizahl der von Prosper genannten Feldherren (s. u.) gegen ein auswärtiges Expeditionsheer spricht, hat bereits Schulz 1871,13  f. gesehen; byzantinische Gepflogenheiten (s. u. Anm. 71) können hier keine Begründung sein. Hinzu kommt, dass der Letzte der drei, der zunächst gegen die beiden anderen agiert hatte, erst danach von Bonifatius als Feind ausgemacht wurde (s. nächste Anm.). Seine Anwesenheit war also an sich unverdächtig. 7 Prosp. Chron. 1294 (427 n. Chr.): Bonifatio, cuius intra Africam potentia gloriaque augebatur, bellum ad arbitrium Felicis, quia ad Italiam venire abnuerat, publico nomine inlatum est ducibus Mavortio et Gallione et Sanoece, cuius proditione Mavortius et Galbio, dum Bonifatium obsiderent, interemti sunt, moxque ipse a Bonifatio dolo detectus occisus est. Exinde gentibus, quae uti navibus nesciebant, dum a concertantibus in auxilium vocantur, mare pervium factum est bellique contra Bonifatium coepti in Segisvultum comitem cura translata est.

Der Halbsatz cuius proditione … stammt nicht aus der von Mommsen hier bevorzugten Ms.-Klasse (qui obsidentes Bonifatium prodente Sanoece occisi sunt, mox etiam ipso qui prodiderat interfect), scheint aber mindestens gleichwertig überliefert und keineswegs sekundär zu sein. Zum unsicher tradierten (wohl gotischen) Namen Sanoex s. Clover 1966, 28  f., Anm. 3. 8 Possid. Vita Aug. 17,7  f.; Aug. Conlatio cum Maximino 1 (Hombert [ed.] 2009, 383); vgl. Mathisen 1999, 177 – 182. 9 Insofern ist es kein Zufall, dass alle Quellen, die eindeutig von Bonifatius’ Verrat sprechen, ihm unterstellen, nicht nur die Hilfe der Vandalen in Anspruch genommen zu haben, sondern ihnen Teile Africas regelrecht übergeben zu haben; s. aber unten. 10 Prosp. Chron. 1295 (427 n. Chr.): Gens Vandalorum ab Hispania in Africam transit. Zur falschen Datierung s. u. auch Paul. Diac. Rom. 13,10 verstand Prosper so, dass die zuvor genannten gentes und der durch Bonifatius provozierte Vandaleneinfall getrennt werden. 11 Prosp. Chron. 1278 (422 n. Chr., zum Zerwürfnis zwischen Bonifatius und Castinus): „dies war der Beginn vieler Leiden und Übel für den römischen Staat, die daraus folgen sollten“; Prosper bezieht sich hier auf die Eroberung Africas und die daraus folgende Schwächung des Imperiums. 12 Diese werden von Prosper hier subsumiert; s. aber Possid. Vita Aug. 28,4: „Vandalen und Alanen, denen sich Angehörige der gens der Goten und anderer gentes angeschlossen hatten.“ 13 Bonifatius hatte schon zuvor gotische foederati gehabt (Aug. Epist. 185,1); auch die von ihm sicher übernommenen Truppen des Sanoex (s.  o. Anm. 7) waren wohl – wie ihr Anführer – Goten. 14 Nur in dieser mittelbaren (und historisch i. W. unzutreffenden) Form ist Bonifatius – gemeinsam mit seinen Gegnern – bei Prosper für den Vandaleneinfall verantwortlich. Tatsächlich hatten die Vandalen gotische ‚Nachhilfe‘ (zur Beteiligung von Goten am Zug der Vandalen s. immerhin oben Anm. 12) sicher nicht nötig; die gotischen Foederaten sind 427 / 428 ja auch sicher nicht in die Tingitana gebracht worden. 15 Ioh. Ant. Frag. 290 Roberto; Theoph. 5931. Die Zeit von Aug. Epist. 230,3 (der Bürgerkrieg war noch nicht beendet, aber „zumindest aufgeschoben“) ist leider nicht genau bestimmbar. 16 Neben den Schlachten gegen Goten, Sueben und Römer (416 – 422 n. Chr.) ist auf Hydat. 90 (429 n. Chr.) zu verweisen, eine erfolgreiche Schlacht Geiserichs gegen die Sueben, die in die Nähe der Baetica vorgerückt waren, wohl um die abziehenden Vandalen zu überfallen. Zur Zahl der Vandalen insgesamt s. u.

III  Die Eroberung Africas

17 Zur militärischen Ausstattung Africas und des afrikanischen Limes in dieser Zeit vgl. Gil Egea 1998, 186 – 189; 195 – 215; Modéran 2006. 18 Heraclianus hatte im Auftrag des Honorius 408 n. Chr. Stilicho getötet und war dann zum Oberbefehlshaber in Africa ernannt worden. Als aber Heermeister Constantius (ein Gefolgsmann Stilichos) in Italien aufstieg, blockierte Heraclianus die Getreidezufuhr nach Rom und fuhr mit einem großen Aufgebot nach Italien, wo er jedoch geschlagen wurde; s. PLRE II 539  f.; Modéran 2006, 68  f. 19 Die Angabe in Not. Dig. Occidentis 25 zur Stärke des afrikanischen Bewegungsheers (mindestens 15 000 Soldaten) war also bereits überholt. 20 Hydat. 90 (429 n. Chr.); Aug. Epist. 229,2; 230.3 (Augustins Briefwechsel mit dem römischen Gesandten Darius, 428 / 429 n. Chr.) und Cod. Theod. 12,1,185  f. (27. April 429 an den proconsul Africae) zeigen keinerlei Kenntnis des Vandaleneinfalls. Auch die Datierung in Vict. Vit. 1,1 (‚vor sechzig Jahren‘) kann hiermit in Einklang gebracht werden (s. Vössing [ed.] 2011, 14), sodass die Stelle nicht als Beleg für einen Übergang schon 427 v. Chr. (so Mathisen 1999, 177, Anm. 16 und 191) taugt. Die Datierung des Prosper auf 427 n. Chr. ist bereits erklärt worden (s.  o. Kap. III 1). 21 Vict. Vit. 1,1. Die römische Meile (1000 Schritte) entspricht knapp 1,5 km. Auch Oros. 7,43,11 spricht von der 12 Meilen breiten „Meerenge von Gades“, Iord. Get. 167 dagegen, wenn der Text in Ordnung ist (vgl. Courtois 1955, 129, Anm. 2), von knapp 7 Meilen. Die Entfernung an der schmalsten Stelle beträgt tatsächlich 14,3 km. 22 Vgl. Abb. 2. Die Karten mit möglichen Fahrtrouten (Courtois 1955, 158; Castritius 2007, 81) gehen von Iulia Traducta und Tarifa aus; aber die Erwähnung des Ortes bei Greg. Tur. 2,2 ist ohnehin historisch von zweifelhaftem Wert. Victors Entfernungsangabe bezieht sich auf die schmalste Stelle der Meerenge, nicht auf eine gewählte Route. Vermutlich wurde jeder mögliche Landeplatz genutzt, darunter natürlich auch die Häfen in Tingi (heute Tanger) und Septem (heute Ceuta). 23 Nicht nur Alanen gehörten dazu, auch andere Individuen und kleinere Gruppen hatten sich sicherlich angeschlossen und waren eingegliedert worden (s.  o. Kap. II 3 und oben Anm. 12). 24 Vgl. Vict. Vit. 1,2 (eine Zählung nach der Überfahrt ist tatsächlich anzunehmen); 1,30 (s. hierzu auch u. Kap. V 3 mit Anm. 95; Procop. BV 1,5,18: 80 ‚zivile‘ Tausendschaften. Natürlich ist nicht anzunehmen, dass man immer in diesen Gruppen unterwegs war, sondern immer wieder.

25 Procop. BV 1,5,18 wendet sich gegen diesen Irrtum, von dem er allerdings annimmt, er sei von Geiserich herbeigeführt worden, um sein Heer größer erscheinen zu lassen (die Zahlenangabe von 80 000 auch in Procop. HA 18,6, allerdings mit anderer Intention); denselben Vorwurf macht Vict. Vit. 1,2. Procop. BV 1,5,19 reduziert die Zahl der vandalischen Soldaten von 80 000 auf ihm plausibel erscheinende 50 000, was immer noch erheblich zu viel ist. Vict. Vit. 1,2 (s. auch 3,65. 68, dazu Vössing [ed.] 2011, Anm. 382 und 387) betont die geringe Zahl der Vandalen; so auch schon Salv. Gub. 7,7,28. Militärische Tausendschaften: s. u. Anm. V 66. 26 Vgl. auch Heather 2011, 236. Bei den Versuchen, Victors Angabe in Zweifel zu ziehen (s. schon Courtois 1955, 215 – 217), geht Goffart 1980, 231 – 234 wohl am weitesten. 27 Not. Dig. Occidentis 26 spricht für die Tingitana zwar von 8 Einheiten limitanei, aber die waren nicht geeignet, um ein größeres Heer zu stoppen (s.  o.). 28 Insgesamt gehörte es zur gallischen Präfektur, während das restliche Africa zur italischen Präfektur gehörte, s. Abb. 3 (die unterschiedlichen Grautöne zeigen dort die verschiedenen römischen ‚Diözesen‘ an, gewissermaßen Mittelinstanzen zwischen provincia und praefectura; die Provinznamen der afrikanischen und der spanischen Diözese sind über die eingetragenen Zahlen zu finden). 29 Die ungefähre Entfernung von Tingi (heute T ­ anger) bis zum nächsten (kleinen) Hafen, Ad Fratres, beträgt ca. 400 km, bis nach Portus ­Magnus (heute Oran) ca. 500 km. 30 S. u. Anm. IV 63; s. auch Le Gall 1936. 31 Possid. Vita Aug. 28,5 spricht von „allen Orten Mauretaniens“, die betroffen waren (vgl. auch Vict. Vit. 1,3), was natürlich eine Übertreibung ist, aber doch darauf hindeutet, dass man von Altava aus auch der direkt nach Osten führenden Limes-Straße Mauretaniens folgte; vgl. Courtois 1955, 161  f. Zur Orientierung s. Abb. 4 (ein Ausschnitt aus Abb. 3; dazu s. Anm. 28). 32 Vict. Vit. 1,4 – 10; Possid. Vita Aug. 28,5 – 9; Aug. Epist. 228 (= Possid. Vita Aug. 30,3 – 51). 33 Andernfalls könnte Possid. Vita Aug. 28,10 nicht hervorheben, dass nur drei Städte (Cirta, Hippo Regius und Karthago) auf Dauer den Vandalen standhielten; dazu Vössing 2012, 206. 34 Vict. Vit. 1,4 – 7; vgl. auch Aug. Epist. 228. 35 Vict. Vit. 1,39. Zu den Hosen als ‚vandalisches‘ Kleidungsstück s. u. Kap. V 6. 36 Mit ‚Romanen‘ sind hier und im Folgenden – in Analogie zur Situation in Spanien (s.  o. Anm. II 58) – die Bewohner des römischen Africa lateini-

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Anmerkungen

scher Sprache gemeint; dass es für diesen Begriff wenig Quellenbelege gibt (s. aber Vict. Vit. 1,44), liegt einfach daran, dass wir keine lateinische erzählende Quelle zur Vandalenherrschaft haben. Vict. Vit. stellt den Vandalen (Arianern) meist die Katholiken gegenüber (vgl. Howe 2007, Kap. 3), während der griechischsprachige Prokop von ‚Libyern‘ (= Afrikanern) spricht; für ihn sind die ‚Römer‘ (rhomaioi) die eigenen Leute, also die Byzantiner des Oströmischen Reiches (z.  B. BV 1,5,8 . 11  f.); allerdings spricht er auch von den „Römern Africas“ (1,3,35). Corippus spricht oft von Romani (z.  B. Ioh. 6,1), unterscheidet dabei aber nicht zwischen Ost- und Weströmern. S. auch u. Anm. VII 48 zur Barbaria in Africa. 37 Possid. Vita Aug. 28,10; zum weiteren Schicksal der Stadt s. u. Anm. 57. 38 Vgl. ausführlicher Vössing 2012, 203 – 211. 39 Er stirbt am 28. August 430 n. Chr. während der Belagerung: Prosp. Chron. 1304; Possid. Vita Aug. 29,3. 40 Possid. Vita Aug. 29,12; Aspar: Procop. BV 1,3,35; Evagr. 2,1; Theoph. 5931; 5943; Zon. 13,24. 41 Quodv. Temp. barb. II 5,8 – 13 mit dem berühmten Satz: „Wo ist das Africa geblieben, in dem alle Welt einen Garten der Köstlichkeiten (hortus deliciarum) sah?“ Zur Datierung der Predigt s. u. Anm. 63. 42 Bagnall u.  a. 1987, 402  f. 43 Zu Aspars Arianertum, das jedenfalls in späteren Jahren seine Politik durchaus beeinflusste, s. Croke 2005, 162  f.; Siebigs 2010, I, 67  f.; II, 699 – 706; vgl. auch Gaggero 1996, 1640  f. Zum Titel Rex Alanorum: s. u. Kap. V 3. Die Legende (Procop. BV 1,4,1 – 11; Evagr. 2.1) vom durch Geiserich beobachteten Kaiser-Omen für den gefangenen Markian (reg. 450 – 457 n. Chr.), einen Offizier Aspars, könnte als historisches Substrat die tatsächliche Gefangennahme und Rückgabe des Markian (damals Aspars domesticus) haben. 44 Vgl. Vössing 2012, Anm. 15; Siebigs 2010, II, 684 hält für möglich, dass Aspar noch 435 in Africa war. 45 Dass Aëtius die entscheidende Kraft war, die sich lieber mit Vandalen als mit einem byzantinischen Heer in Africa abfinden wollte (so Scharf 2012, 148), scheint unwahrscheinlich. Nichts spricht dafür, dass es nach einem Sieg über die Vandalen dort geblieben wäre. 46 Dabei mag auch eine Rolle gespielt haben, dass künftig jeder Sieg über die Vandalen als Vorwurf an seine Adresse verstanden werden musste (vgl. Clover 1966, 51f.). Vgl. auch Hydat. 247 (468 n. Chr.?). 47 Vössing 2012, 212 – 222

48 Laterc. 2 (458). Von einer „Residenz“ kann man unter den gegebenen Bedingungen kaum sprechen (vgl. Berndt 2007, 130 – 133), weil das Römische Reich mit der Ansiedlung der Vandalen keineswegs ihre dauerhafte Installation, geschweige denn ihre Unabhängigkeit akzeptiert hatte. Zur Archäologie des vandalischen Hippo Regius s. Laporte 2005a. 49 Zur Diskussion des Vertrags s. bes. Clover 1966, 53 – 62; Ausbüttel 1991, 11 – 14; Modéran 1999, 244  f.; Castritius 2007, 90 – 92; Merrills / Miles 2010, 60  f. 50 Prosp. Chron. 1321 (435 n. Chr.) und die von ihm abhängigen Chroniken; Laterc. 1 (458); Isid. Got. 74; Paul. Diac. Rom. 13,11; Procop. BV 1,4,12 – 14 kombiniert dies mit Bestimmungen des Vertrages von 442 n. Chr. (s. u.). Der römische Bevollmächtigte war Trygetius (PLRE II, 1129: Trygetius 1). Zu den vandalischen Gegenleistungen s. die nächste Anm. 51 S. u. Zur Definition von ‚Foederaten‘ vgl. P. J. Heath­er, Foedera and foederati of the fourth century, in: Pohl (Hg.) 1997, 57 – 74; Stickler 2007a. Die vandalischen Gegenleistungen – in der Realität wohl eher unbedeutend und vielleicht pro forma – könnten Sachlieferungen (Getreide oder Öl) und / oder die militärische ‚Bewachung‘ von Maurenstämmen gewesen sein. Nur ein beidseitig bindender Vertrag kann außerdem die Vertrauensseligkeit der Karthager 439 n. Chr. verständlich machen (s. u.). 52 Eine genaue Beschreibung des Gebietes haben wir nicht. Da Prosp. Chron. 1327 (437 n. Chr.) von den limites dieser habitatio spricht, innerhalb derer er die katholischen Bischöfe Possidius von Calama und Novatus von Sitifis vertrieb (womit er seine vertraglichen Rechte sicher überschritt), können wir es ungefähr eingrenzen, s. Abb. 4. Es wurde unabhängig von Provinzgrenzen abgesteckt, enthielt aber fruchtbare Getreideebenen und mit Hippo Regius einen wichtigen Hafen. Zu Cirta s. u. Anm. V 6; die Südgrenze des Gebiets der Vandalen ist unklar. 53 Stickler 2002, 114 – 122; 180 – 211. 54 Prosp. Chron. 1339; Hydat. 115; Laterc. 2 (458); Chron. Gall. 511, 598; Cassiod. Chron. 1233; Marc. Chron. (439 n. Chr.); Chron. Gall. 452, 129 datiert irrtümlich auf 444 n. Chr., s. dazu Scharf 1996, 37 – 42. 55 Zur ca. 10 km langen Stadtmauer Karthagos – vgl. Chron. Gall. 452, 98 (425 n. Chr.) – s. Hurst 1984; Evans 1999, dazu Leone 2007, 120 – 122; Bockmann 2013, 65  f. Die Darstellung in Abb. 8 ist schematisch. Im Einzelnen ist der keineswegs immer gerade Verlauf umstritten, etwa an der Südecke, wo vermutet wird, dass die Mauern den sog. Handelshafen miteinschlossen; dafür gibt es

III  Die Eroberung Africas

aber ebenso wenig einen Beweis wie für dessen Benutzung noch im 5. Jh. (vgl. auch u. Anm. IV 78). 56 Zum spätrömischen Karthago s. Ennabli 1997 (dazu N. Duval, AnTard 5, 1997, 309 – 50); Di Stefano 2009. Dass Geiserich mit seinen Reitern in die Stadt kam, sagt ausdrücklich Marc. Chron. (439 n. Chr.): cum suis satellitibus. 57 Unsere konkreten Informationen stammen nur von Chronisten (s.  o. Anm. 54), s. Prosp.: dolo pacis; Hydat.: fraude. Prokop. BV 1,4,14 hebt die ‚Freundschaft‘ zwischen Ravenna und den Vandalen hervor; er dürfte sich hier auf die Zeit nach 435 n. Chr. beziehen. Salv. Gub. 6,12,69 spricht von karthagischen Spielen in der fraglichen Zeit; aber dass sie die Wächter ablenkten, ist wohl eine pädagogische, keine historische Aussage. Wichtiger ist sein Hinweis, die Reiter hätten schon im Umland Gefangene gemacht; die Annäherung an die Stadt erfolgte wohl zu schnell, als dass sie hätte gewarnt werden können. 58 Ohne historische Wahrscheinlichkeit und ohne Rückhalt in den Quellen ist die These Siragos (1996, 88  f.), unzufriedene Karthager selbst hätten die Vandalen in die Stadt geholt. 59 Vict. Vit. 1,18 berichtet von der systematischen Ausplünderung der Dekurionen. 60 Vict. Vit. 1,8; vgl. Lancel 1989, 654. 61 Nicht zuverlässig: so Courtois 1954, 41 und andere. Zur Bestätigung durch Quodv. Prom. 3,38,44 (nicht für Theater und Odeon, sondern für die ebenfalls von Victor in diesem Zusammenhang genannte Aedes Memoriae und die Via Caelestis) s. u. Anm. V 114; Bestattungen (unklarer Datierung): Leone 2007, 159; Rummel 2008, 154  f.; Bockmann 2013, 61. 62 So Modéran 2002, 122  f.; Briand-Ponsart / Hugoniot 2006, 480  f. Sears 2007, 39 sieht (wie andere) in der Zerstörung eine Vorsichtsmaßnahme, um zu verhindern, dass sich Gegner dort festsetzen könnten. Warum aber galt dies nicht für die in dieser Hinsicht ebenso gefährlichen Gebäude von Circus und Amphitheater? Zu ihrer Lage s. Abb. 8, Nr. 9, 18 und 19. 63 ‚Kein Widerstand bezeugt‘: Die in Karthago gehaltene Predigt Quodv. Temp. barb. II 5,8 – 13 wird oft als Beschreibung der Eroberung Karthagos in Anspruch genommen, s. etwa Kalkman 1964, 239; Modéran 2002, 119 – 121; Heather 2007, 336 (jeweils mit Übers.). Tatsächlich deutet aber nichts auf diese Datierung hin; im Gegenteil: Es geht um die Provinz (5,5), nicht um die Stadt Karthago, und der Prediger beschreibt fremdes Leid, nicht das der eigenen Stadt (5,6  f., von Heather in der Übersetzung ausgelassen). Die Predigt stammt also aus der Zeit zwischen 430 und 434 n. Chr. (Quodvultdeus wurde frü-

hestens 434 Bischof der Stadt, zuvor war er dort aber Diakon, s. PAC I, 190, Anm. 17  f.). ‚Ein weiterer Komplex‘: die Via Caelestis, s. u. Kap. V 5. 64 Dies setzt voraus, dass man sich mit den Westgoten in einer Art Bündnis sah (s. auch u. Kap. IV 2 mit Anm. 26) und dass der römisch-gotische Friede von 439 n. Chr. (vgl. Sidon. Carm. 7,295 – 315; Mathisen 1979) vor der Eroberung Karthagos geschlossen wurde, s. Prosp. Chron. 1338  f. (439 n. Chr.: Eroberung an zweiter Stelle); dagegen Hydat. 115; 117 (439 n. Chr.: Eroberung an erster Stelle). 65 Salv. Gub. 6,12,68. 66 Sizilien: Prosp. Chron. 1342 (440 n. Chr.); Hydat. 120 (440 n. Chr.); Cassiod. Chron. 1235; Isid. Vand. 75. Novell. Val. 1,2 (dazu Clover 1966, 69  f., Anm. 1); Süditalien: Cassiod. Var. 1,4,14; Sardinien: Salv. Gub. 6,12,68. 67 Novell. Val. 5,1; 6,1; 9; CIL X 1485. 68 Salv. Gub. 6,12,68. 69 Zur Frage, ob Geiserich zuvor auch den Osten des Reiches bedroht und angegriffen hat, s. die Diskussion bei Clover 1966, 72 – 75. Es wäre nicht leicht, hierfür eine überzeugende Motivation zu finden, da es eigentlich abzusehen war, dass dies nicht von einer Intervention abschrecken, sondern dazu provozieren würde. 70 Der von Prosp. Chron. 1342 (440 n. Chr.) erwähnte Rückzug Geiserichs selbst aus Sizilien im J. 440 hat mit der byzantinischen Expeditionsflotte wohl nichts zu tun. Prosper spricht von ihr erst in Chron. 1344 (441 n. Chr., hierzu unten): in 1342 nennt er als Grund die Nachricht, dass Sebastianus, ein ehemaliger Heermeister (Schwiegersohn des Bonifatius) und mittlerweile auf der Suche nach Verbündeten (s. u. Anm. IV 26), mit seiner militärischen Gefolgschaft auf dem Weg nach Karthago war (Sebastianus bleibt anschließend bei Geiserich, wird dann aber von ihm beseitigt: Vict. Vit. 1,19  f.; Hydat. 132; dazu Scharf 2012, 153 – 155). Dass aber Geiserichs Wunsch, den amicus persönlich zu empfangen, zum Abbruch aller Operationen auf Sizilien führte, ist, so schwer einschätzbar Sebastianus auch gewesen sein mag, unwahrscheinlich. Geiserich wird schon im Frühling zurückgekehrt sein, während der vollständige Abzug aufgrund des Nahens der Byzantiner etwas später im Jahr erfolgte. „Gesandte“: s. u. Anm. 73. 71 Üblicherweise wird die byzantinische Expedition erst auf 441 n. Chr. datiert (und ihr Abbruch auf 442). Dass Prosp. Chron. erst in 1344 (441 n. Chr.) von diesem Unternehmen spricht, ist dafür aber keine Basis; er datiert ihr Ende (den Rückzug der Flotte), das in dieses Jahr fällt. Entscheidend ist Novell. Val. 9 (24. Juni 440), die zeigt, dass man das Eintreffen der Flotte sehr

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Anmerkungen

bald erwartete. Nichts deutet auf eine Verzögerung, zumal die Interpretation von Cod. Iust. 12,8,2.4 durch Scharf 1996, 48 – 58 gezeigt hat, dass die byzantinischen Kommandanten im September 440 tatsächlich nicht in Konstantinopel waren. Terminus ante quem für den Rückzug ist der 6. März 441 (Novell. Theod. 7,4: die Kommandanten sind wieder zurück). 72 Prosp. Chron. 1344 (441 n. Chr.). Insgesamt werden als Kommandanten genannt: Areobinda (der Kollege Aspars im Konsulat 434 n. Chr. und im Heermeisteramt, außerdem sein Schwager, s. Theoph. 5997), Germanus, Ansilas, Inobindus, Arintheus. Prosp. Chron. 1344 (441 n. Chr.) erwähnt neben Areobinda nur Ansilas und Germanus. 73 Die Quellentradition, derzufolge Geiserich Gesandte nach Sizilien schickte (Theoph. 5942, vielleicht auf Priskos’ zeitgenöss. Geschichtswerk zurückzuführen), ist keineswegs abzulehnen, auch wenn Theophanes’ Zusammenstellung mit Ereignissen aus dem Hunnenkrieg der 40er Jahre sicher falsch ist (hierzu Scharf 1996, 43 – 45). Neben offiziellen Kontakten gab es sicher auch inoffizielle. 74 Wie bei Aspars Abzug aus Africa (s.  o. Anm. 45) kann man auch hier wieder spekulieren, ob vielleicht sogar Aëtius kein Interesse an einem byzantinischen Heer in Africa gehabt hatte. 75 Diese Begründung wird in den Quellen allerdings nicht erwähnt. Merobaud. Paneg. 2,55 – 58 . 75  f. (dazu Clover 1971, 55  f.) spricht zwar von der Notwendigkeit für Aëtius, gegen die hunnischen Feinde zu ziehen, stellt aber keinen Bezug zu Sizilien her. 76 Ab dem 19. Oktober 439 n. Chr. zählte Geiserich sein erstes Regierungsjahr; diese These Th. Mommsens, aus den Angaben bei Laterc. gewonnen (457), hat sich auch durch andere Chroniken und literarische Quellen (z.  B. Vict. Vit. 1,51; 3,71) bestätigen lassen: Courtois 1955, 405 – 409.

IV Das vandalische Königreich



und das Imperium Romanum

1 S. etwa Clover 1966, 88 – 102; Ausbüttel 1991, 15 – 18; Gil Egea 1998, 230 – 232; Modéran 2011, 248 – 255; Castritius 2007, 96 – 100; Merrills / Miles 2010, 61 – 66. 2 Procop. BV 1,4,12 – 14. Prosp. Chron. 1347 (442 n. Chr.); vgl. auch Merobaud. Paneg. 2,24 – 29 3 435 n. Chr. war dies nur zum kleinen Teil der Fall gewesen. Zum Getreideexport s. u. Anm. 5.

4 Vict. Vit. 1,13; hierzu Näheres im Kap. V 1. Zur Orientierung s. Abb. 5 (ein Ausschnitt aus Abb. 3; dazu s. Anm. III 28). 5 Jaïdi 1990; s. auch u. Kap. V 2. Was es bedeuten konnte, wenn der Getreideexport Africas als Waffe eingesetzt wurde, hatte im 5. Jh. Heraclianus (413 n. Chr.: s. Oros. 7,42,12) gezeigt. 6 Procop. BV 1,4,13. 7 So z.  B. Schmidt 1942, 65; Castritius 2007, 92. 8 Braund 1984, 12 – 17. 9 S. u. Kap. V 3, 5 und 6. 10 S. o. Anm. III 76. Strittig war, ob diese Zählweise auch unter den nachfolgenden Königen galt oder (was mittlerweile als sicher gilt) jeder König seine eigenen Regierungsjahre zählte und danach datierte, s. Duval 1988; Ben Abed, Duval 2000, 164 – 166; N. Duval, Les dates régnales de la dynastie vandale et les structures du royaume vandale, in: Afrique vandale 2003, 85 – 96. 11 Schindel 1998. 12 C. Morrisson, Caratteristiche ed uso della moneta protovandalica e vandalica, in: Delogu (Hg.) 2001, 151 – 180, hier 156. In Africa beginnt eine eigene vandalische Münzprägung entgegen früheren Theorien (s. z.  B. Clover 1986) wohl erst im späten 5. Jh., weshalb hier auf eine Behandlung verzichtet wird; vgl. auch Berndt / Steinacher 2006; Ladich 2013; Bockmann 2013, 29 – 31. 13 S. u. Kap. V 2. 14 Zu seinen vier Söhnen, von denen mindestens die ersten drei älter waren als Hunerichs Sohn Hilderich, s. Abb. 7. 15 Vict. Vit. 2,1; Theoph. 5947; Zon. 13,25 nennen ihn für das Jahr 477 n. Chr. den älteren der Söhne (als gäbe es nur zwei), weil Gento schon vor seinem Vater (s. u.) und der vierte (und jüngste) Sohn bereits in den ersten Jahren in Africa gestorben war (s. Procop. BV 1,5,11, dazu oben Anm. II 107). Auch Procop. BV 1,8,1 nennt Hunerich beim Herrscherwechsel den ältesten (gemeint: lebenden) Sohn, fügt aber als Erklärung hinzu, dass Gento schon gestorben war. Dieses Zeugnis ist also widerspruchsfrei und ernst zu nehmen. Hunerich gilt somit zu Unrecht als erstgeborener Königssohn (so etwa Schmidt 1942, 204; Merrills / Miles 2010, 74). Zu Geiserichs drittem damals noch lebenden Sohn Theuderich s. u. Kap. VII 1. Nur Greg. M. Dial. 3,1 erwähnt einen Schwiegersohn Geiserichs; da diese Erzählung jedoch legendarisch ist, muss man auch an der Existenz der Tochter Geiserichs zweifeln. 16 So die Mehrzahl der Forscher, zuletzt Castritius 2007, 97; Heather 2007a, 141; Merrills / Miles 2010, 112  f.; Conant 2012, 22  f. 17 Merobaud. Paneg. 2,29 (1. Jan. 446 n. Chr.) bezeugt die Verlobung.

IV  Das vandalische Königreich und das Imperium Romanum

18 Oost 1968, 262f. 19 Prosp. Chron. 1373 (454 n. Chr.); s. auch u. Anm. 37. 20 Wir kennen ihr Alter aufgrund des Augusta-Titels ihrer Mutter Eudoxia von 438 / 39 (Clover 1971, 23), der damals meist nach der Erstgeburt vergeben wurde. 21 So z.  B. Wolfram 2009, 181; Hartmann 2009, 6. 22 Iord. Get. 184. 23 So Schmidt 1942, 76; Courtois 1955, 198, Anm. 3; zuletzt Conant 2012, 24  f. 24 Laut Iord. Get. 184  f. soll Geiserich aus Furcht vor der Rache der Goten ein Bündnis mit Attila gesucht haben; aber das ist ganz unwahrscheinlich (er war ab 442 n. Chr. treuer ‚Freund‘ des Kaisers (s.  o. Kap. IV 1). Prisc. Frag. 20,1 sagt demgegenüber nur, dass Attila mit seiner Wendung nach Westen und der Bedrohung der Westgoten „Geiserich gefallen“ (d.  h. zu einer Allianz mit ihm kommen) wollte. Das ist durchaus möglich und könnte die Ursache der dann entstandenen Erzählung von einem tatsächlichen Bündnis gewesen sein, die vor dem Hintergrund der späteren ‚Römerfeindschaft‘ Geiserichs (ab 455 n. Chr.) entstanden sein dürfte. 25 So etwa Clover 1966, 107; Wolfram: Goten 182. Zum Aufstand s. u. Kap. V 4. 26 S. auch o. Kap. III 5 mit Anm. 64. Wer über den Verrat spekulieren möchte, hat mit dem Thema der damals hochgeheimen Pläne zur Eroberung Karthagos bzw. ihres Verrats (Hunerich war ja sicher eingeweiht) genügend Stoff. Diese Datierung würde bedeuten, dass Sebastianus (Bonifatius’ Schwiegersohn, s.  o. Anm. III 70), der ca. 439 n. Chr. am westgotischen Hof Zuflucht suchte, ihn aber bald in Richtung Barcelona und dann Africa verließ und zu Geiserich fuhr (Hydat. 129; 132; Prosp. Chron. 1344, 440 n. Chr.; Hydatius datiert falsch, s. Scharf 2012, 150 – 152), dies nach einem Zerwürfnis mit Theoderich (und nicht etwa als sein Abgesandter) tat; vgl. Scharf 2012, 153. 27 Hydat. 192 (458 n. Chr.) berichtet von gotischen und vandalischen Gesandten, die zu den Sueben nach Westspanien kamen. Dass sie dabei auch miteinander sprachen, ist allerdings nur eine Möglichkeit. 28 Eine Plünderungsfahrt der Vandalen zu den Sueben (Hydat. 131, zu 445 n. Chr.) verletzte nicht das Abkommen mit Ravenna. Zu Deogratias s. Vict. Vit. 1,24; Prosp. Chron. add. II 25 (454 n. Chr.); er wurde am 24. Oktober 454 für drei Jahre Bischof von Karthago (s. PAC I, 271  f.; sein Todestag im Jahr 457 ist nicht eindeutig überliefert); Tod des Aëtius: Prosp. Chron. 1373; Hydat. 160, jeweils zu 454 n. Chr.

29 Prisc. Frag. 30,1. Weitere Quellen s. u. 30 Blockley 1992, 161  f., der allerdings meint (gefolgt von Merrills / Miles 2010, 117), auch der Kaiser habe Verträge nur für seine Regierungszeit abgeschlossen, ohne dies zu belegen. Die kaiserliche Diplomatie kannte allerdings dieses Vertragsverständnis und reagierte in anderen Fällen entsprechend (s. z.  B. Hydat. 155 und 161 zur Erneuerung der Verträge mit den Sueben nach Aëtius’ Tod); hierzu hatte einfach die Zeit gefehlt. 31 Nach Aussage seines Schwiegersohns hatte er dem seit 453 n. Chr. regierenden jungen König Theoderich II. in seiner Jugend Unterricht in lateinischer Literatur erteilt: Sidon. Carm. 7,481 – 483. Zum Vertrag von 439 n. Chr. s.  o. Anm. III 64. 32 Sidon. Carm. 7,392 – 394 . 399 – 402. 435  f.  464 –  469 (s. auch u. Anm. 35). 33 Hydat. 167 (455 n. Chr.): „bevor Avitus Kaiser werden könnte“; dazu Clover 1966,157 – 161. 34 9. Juli 455: Sidon. Carm. 7,508  f.  520  f.  571 – 580; Hydat. 163; Vict. Tunn (beides zum Jahr 455). 35 Sidon. Carm. 7,7 – 10. 588 beginnt und schließt denn auch in Rom seine Lobrede auf den Kaiser am 1. Januar 456 n. Chr. mit der Ankündigung eines Rachefeldzuges gegen Geiserich; dazu Henning 1999, 125 – 128. 36 Dies ist unstrittig: Hydat. 162 (455 n. Chr.). 37 Verlobung des Palladius: Hydat. 162. Für Placidia votierte zuerst Oost 1964, 27  f.; s. auch Clover 1978, 181 und Henning, 1999, 47 (gegen die herrschende Meinung). Andernfalls: Warum erwähnt keine einzige Quelle die Schande eines gelösten Verlöbnisses des Vandalenprinzen? Placidia war offenbar – nach Aëtius’ Ende 354 n. Chr., das auch ihre Verlobung mit dessen Sohn Gaudentius beendet hatte – zunächst mit dem römischen Aristokraten Anicius Olybrius verlobt worden, der im Frühjahr 455 n. Chr. wohl gerade in Konstantinopel war und nicht verhindern konnte, dass seine Verlobte nach der Ermordung ihres kaiserlichen Vaters zur Ehe mit Palladius gezwungen wurde; s. die Rekonstruktion bei Clover 1978 (wieder in: ders. 1993, III). 38 Datierung: Prosp. Chron. 1375 (455 n. Chr.). 39 Zum Tod des Maximus s. Henning 1999, 31. 40 Procop. BV 1,4,28 (einen anonymen Römer zitierend). 41 Cod. Iust. 1,27,1,6; Prosp. Chron. 1375; Vict. Tunn. (455 n. Chr.).; Procop. BV 1,5,1 – 5; Chron. Gall. 511, 623; Theoph. 5947; zur Tagesdatierung s. Clover 1966, 140  f.; Henning 1999, 30 mit Anm. 16; zur Ermordung Valentinians am 15. März s. Henning 1999, 19  f.

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Anmerkungen

42 Zur Beute s. auch Cassiod. Chron. 1263; Prosp. Chron.add. II 29 (jeweils für 455 n. Chr.). Das Schiff mit den Statuen havarierte jedoch bei der Rückfahrt (Procop. BV 1,5,5); vgl. auch B. Andreae, in: Ausstellungskatalog 2009, 200  f. Zur ‚Schatzkammer‘ der Vandalen s. auch Procop. BV 2,3,26. Dass die Statuen etc. den Königspalast in Karthago verschönern und ‚in römischem Licht erscheinen lassen‘ sollten (so Conant 2012, 44), ist unwahrscheinlich; die künstlerische Ausstattung der ehemaligen Residenz des Prokonsuls (s. u. Anm. V 55) dürfte in dieser Hinsicht keinerlei Defizite gehabt haben. 43 S. u. Anm. 49; ‚Beute des Jüdischen Krieges‘: Procop. BV 2,9,1 – 9; Evagr. 4,17; im Zuge der arabischen Eroberung Jerusalems 637 n. Chr. verlieren sich die Spuren von siebenarmigem Leuchter, Schaubrottisch und Bundeslade. ‚Dach des Jupiter-Tempels‘: Procop. BV 1,5,4. 44 S. u. Kap. IX. Die Zerstörung der Stadt 546 n. Chr. bei der Eroberung durch den Ostgotenkönig Totila dagegen hinterließ viel weniger Spuren im ‚historischen‘ Gedächtnis. ‚Historienmalerei’: s. Abb. S. 2 45 Prosp. Chron. 1375 (355 n. Chr.); Procop. BV 1,5,3; Evagr. 2,7. Vict. Vit. 1,25 berichtet von den Bemühungen des karthagischen Bischofs, Gefangene freizukaufen. 46 Z. B. Prisc. Frag. 30,1 (s. oben A. 29). 47 S. u. Kap. IV 5 mit Anm. 69. 48 Hilferuf: Prisc. Frag. 30,1 (mit gewissen Zweifeln); Mal. 14,26, 365  f.; Evagr. 2,7; 4,17; vgl. Wirth 1986, 193 – 195 im Sinne einer Evakuierung durch Geiserich. Die ausführlichste Widerlegung von Eudoxias angeblichem Hilferuf bei Clover 1966, 150 – 156. 49 Prisc. Frag. 32; Henning 1999, 262  f. 50 S. u. Anm. 54; zu Avitus s. Mathisen 1981. 51 In seinem Auftrag schlugen sie die 456 in die Tarraconensis eingedrungenen Sueben und drängten sie in den Westen Spaniens zurück: Iord. Get. 231 – 233. 52 Zu seiner Herkunft (mit Beziehungen zu Sueben, Westgoten und Burgundern) und Karriere (Heermeister ab Sommer 456) s. zuletzt Anders 2010, 74 – 93; 110  f. Über ihm stand unter Avitus als Erster Heermeister zunächst Remistus, dann Messianus, der den Sturz des Kaisers (s. u.) aber nicht überlebte, s. Demandt 1970, 682  f. 53 Vgl. zuletzt Anders 2010, 102 – 112. 54 Maioranus’ Herrschaftsabtritt: Prosp. Chron. add. III, 491; Chron. Gall. 511, 630; Paul Diac. Rom. 15,1. Leos Gründe sind nicht überliefert. Wollte er nur etwas abwarten (so Anders 2010, 112), oder fürchtete er einen zu starken Westkaiser (so Siebigs 2010, I, 259)? Wahrscheinlicher

ist, dass Aspar die vandalische ‚Alternative‘ offenhalten wollte, ohne sich klar zu positionieren. Die Folge der Destabilisierung des Westens scheint in diesen Plänen jedenfalls zweitrangig gewesen zu sein. 55 Markian sandte nur einen Unterhändler (Bischof Bleda), der die kaiserlichen Frauen freibekommen sollte, s. Conant 2012, 30. 56 Zu Maiorianus’ De-facto-Anerkennung durch Konstantinopel erst 459 n. Chr. s. Siebigs 2010, II, 823 – 825. 57 Wenn es ihm nur darum gegangen wäre, „a legitimate member of the Roman club“ zu werden (so Heather 2007a, 141), hätte er das durch Kooperation mit dem Westen leicht erreichen können; tatsächlich wollte er nicht Anerkennung durch das Westreich, sondern Kontrolle darüber. 58 456 n. Chr.: Prisc. Frag. 31,1; Sidon. Carm. 2,367 – 370; zum Sieg auf Korsika s. Hydat. 169  f. (456 n. Chr.); Henning 1996; Anders 2010, 90 – 92 (der zu Recht gegen einen Seesieg votiert); 458 n. Chr.: Sidon. Carm. 5,385 – 449, insbes. 435 – 439, dazu MacGeorge 2002, 203  f.; Anders 2010, 457  f., der allerdings irrtümlich von einem Schwiegersohn Geiserichs spricht. 59 Piraterien: s. z.  B. Sidon. Carm. 5,388 – 392: Zu den mittelmeerischen Eroberungen Geiserichs s. generell unten Kap. V 3. 60 Sidon. Carm. 5 (von Ende 458 n. Chr.), insbes. Verse 53 – 60 u. 338 – 341. Zum Heer des Maiorianus s. die Aufstellung bei Sidon. Carm. 5,441 – 61; 470 – 483; das Heer stand zu diesem Zeitpunkt noch in Gallien; die Schilderung der verschiedenen Völker kann also nicht reine Phantasie sein. Zu Sizilien s. die nächste Anm. 61 Erfolge auf Sizilien lassen sich aus Prisc. Frag. 38,1 (dazu Kulikowski 2002, 177  f.; Anders 2010, 472  f.) folgern, wo vom Abzug des Marcellinus aus Sizilien nach Maiorianus’ Tod (s. u.) die Rede ist, verursacht durch Rikimer, der dem Konkurrenten die (vor allem hunnischen) Soldaten abgeworben hatte. Diese setzt ihre vorherige Stationierung und einen entsprechenden Rückzug der Vandalen voraus. 62 Illici = heute Elche, rund 20 km südlich von Alicante. Heather 2011, 458 spricht von einer Stationierung entlang der Küste zwischen Cartagena und Elche. Aber warum sollte man die 300 Schiffe über 100 km verteilen? 63 Hydat. 209 (460 n. Chr.); Prisc. Frag. 36,1; vgl. Clover 1966, 177. 64 Dass die Schiffe angegriffen und zerstört wurden (so Heather 2011, 459), ist gerade nicht überliefert. Hydat. 200, unsere beste Quelle hier (die auch eine Datierung ermöglicht: Aufbruch des Kaisers in Arles im Mai 460), spricht vom Raub

IV  Das vandalische Königreich und das Imperium Romanum

„einiger“ Schiffe (s. die nächste Anm.) durch die von Verrätern informierten Vandalen; von Hydat. abhängig ist Isid. Vand. 76 und Fred. 2,55; vgl. auch Procop. BV 1,7,11 – 14 (mit einer verfälschenden Version, die das Scheitern des Kaisers und seine spätere Ermordung verbergen soll); Theoph. 5964. 65 Der Verrat des Ankerplatzes erklärt ja nicht den Verlust der Schiffe. Umgekehrt passt ein vandalischer ‚Kauf‘ zu Hydatius’ Angabe, nur einige Schiffe seien geraubt worden: Die restlichen Schiffe blieben offenbar in Spanien, waren nun aber auf vandalischer Seite und für Maiorianus wertlos geworden. Den Vandalen dürfte dies kaum ohne Hilfe der spanischen Romanen gelungen sein. Diese aber hatten, wenn sie nicht mit dem Imperium eng verbunden waren, keine Nachteile vom Vandalenreich, vielleicht sogar Handelsvorteile (vgl. MacGeorge 2002, 208). 66 Den Vertrag belegen Prisc. Frag. 36,2 (= Ioh. Ant. Frag. 295 Roberto) und 38,1; gerne wüssten wir, ob auch über die kaiserlichen Frauen in Karthago und über die Nachfolge verhandelt wurde. Die bei Ioh. Ant. fassbare Empörung über den Vertrag spricht für mehr als nur einen Waffenstillstand; vgl. auch Wirth 1986, 198  f. 67 Prisc. Frag. 36,2; Hydat. 210 (461 n. Chr.); Marc. Chron. (461 n. Chr.); Evagr. 2,7; Theoph. 5955. 68 Sidon. Carm. 2,348 – 350; Prisc. Frag. 38,1. 69 Prisc. Frag. 38,1. Wenn in anderen Quellen ein viel früheres Hochzeitsdatum der Eudocia behauptet wird (z.  B. Mal. 14,26, 366; Evagr. 2,7; Theoph. 5949; 5964; Nic. 15,11), ist dies dadurch erklärlich, dass dabei von einer – in der ‚Logik‘ der Ereignisse liegenden – Eheschließung bald nach ihrer Entführung nach Karthago ausgegangen wurde; wäre dies aber zutreffend, wäre unverständlich, wie es zur bei Priskos fassbaren Quellentradition der späteren Heirat kommen konnte. Auch wäre eine Verheiratung der Eudocia als einseitiger Akt nach der Entführung, also ohne römische Zustimmung, für Geiserich ziemlich wertlos gewesen. Hydat. 216 (461 / 462 n. Chr.) irrt, wenn er von einer Ehe von Eudocia und Gento, Geiserichs älterem Sohn, berichtet, wohl weil Hunerich nach Gentos Tod als älterer Sohn Geiserichs bezeichnet wurde (s.  o. Anm. 15). 70 Zu Olybrius und Geiserich s. Clover 1978 (wieder in: ders. 1993, III). 71 Geiserich berief sich später auf diesen „Vertrag“ von 462 n. Chr. (Prisc. Frag. 39,1; 52), wobei Priskos ausdrücklich sagt, dass Geiserich (und Leo) dem Westen gegenüber keine Verpflichtungen eingegangen war(en). 72 Hydat. 167 (455 n. Chr.); Eudocias Mitgift war sicher schon Gegenstand des ‚Vertrages‘ von

462 n. Chr. gewesen; hierauf dürfte sich Prisc. Frag. 39,1 beziehen (‚Ostrom hatte Geiserich wegen Eudocia einen Teil des Vermögens Valentinians überlassen‘), vor dem Hintergrund, dass Valentinian III., Enkel Theodosius’ des Großen, aus der Erbschaft seiner Mutter, der Theodosius-Tochter Galla Placidia, sicher Ländereien auch im Osten besessen hatte. Geiserich aber war damit offenbar nicht zufrieden gewesen, s. die nächste Anm.  73 Prisc. Frag. 39,1. Prokops Aussage (BV 1,6,6), Geiserich habe die Kaiserwürde des Olybrius offiziell gefordert, wird in der Forschung oft wiederholt; tatsächlich stände dies in Widerspruch zum besser informierten Priskos (Frag. 38,1  f.), der klarmacht, dass dies zwar der motivierende Wunsch war, seine Forderungen (und Begründungen für die Plünderungen) sich aber auf die Vermögenstransfers beschränkten. Dass die Angriffe auf Süditalien und Sizilien bis mindestens 467 n. Chr. weitergingen, zeigt Prisc. Frag. 52. Danach scheint Geiserich sich dem Osten zugewandt zu haben (s. u. Anm. 85). 74 Sizilien: Hydat. 227 (464 / 465 n. Chr.); dass Prisc. Frag. 39,1 berichtet, Ravenna habe in Konstantinopel erfolgreich um Schutz gegen Marcellinus gebeten, spricht nicht dagegen (anders Henning 1999, 281); denn dies dürfte vorher gewesen sein, und Marcellinus’ prorömisches Engagement auf Sizilien war dann gerade die Folge von Kaiser Leos Intervention (vgl. Kulikowski 2002, 180; MacGeorge 2002, 50 – 52; Anders 2010, 475  f.). Sardinien: Procop. BV 1,6,8  f. 75 Gautier 1932, 217 ff.: „La quatrième guerre punique“; s. auch 268; zustimmend etwa Broke 2005, 179  f. 76 S. u. Kap. V 3 und Abb. 6. 77 Vgl. Sidon. Carm 2,350  f. Justinian nahm nach ‚seinem‘ ersten Sieg über Gelimer (533 n. Chr.) nicht nur Vandalicus und Alanicus als Siegernamen an, sondern auch Africanus: Cod. Iust. 1,27,1 pr. Letzteres ist nur vor dem Hintergrund der Punischen Kriege zu verstehen, aus denen P. Cornelius Scipio (wie später sein gleichnamiger Enkel) diese Trophäe mitbrachte. 78 Über ihn wurde im 4. Jh. die annona Africae (s. u. Kap. V 2) abgewickelt: J. F. Godfrey: Who wrote the Ostraka from the Ilôt de l’Amirauté, Carthage?, in: Merrills (Hg.) 2004, 181 – 198. Da der Hafen noch 533 n. Chr. von Bedeutung war (s. Procop. BV 1,20,2; 2,15,9), wir aber vom früheren Handelshafen (Abb. 8, Nr. 23), der weiter von der Stadt entfernt war, nicht einmal wissen, ob er überhaupt innerhalb der Mauern lag (s.  o. Anm. III 55), war es auf jeden Fall der frühere Kriegshafen, der in Funktion blieb; dort lag dann auch das ‚Forum am Meer‘ (Procop. Aed. 6,5,10,

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Anmerkungen

dazu unten Anm. V 161). Dass schon im späten 5. Jh. auf der sog. Admiralsinsel Bestattungen vorgenommen wurden (s. Leone 2002, 244), spricht nicht dagegen (so aber Leone 2007, 142). Geiserich hat die dort liegende Flotte schon 440 n. Chr. eingesetzt: Novell. Val. 9. 79 Etwa bei Maiorianus’ Feldzug 460 n. Chr. (s.  o. Kap. IV 4), zu dem der General Marcellinus aus dem Illyrikum Truppen mithilfe eigener Schiffe beisteuerte; er war es, der auch in der Folgezeit kombinierte Land- und Seeunternehmen auf Sizilien durchführte und der offenbar noch über eine reguläre (aber regionale) Flotte verfügte, s. Anders 2010, 472 – 476. 80 Procop. BV 1,11,15  f., wo der (offenbar noch neue) Begriff dromôn eingeführt wird; Zos. 5,20,3  f.; vgl. Pryor / Jeffreys 2006, 123  f. 81 Procop. BV 1,7,23 spricht von der Brücke mit dem Begriff katastrôma, den auch Thukydides für die Brücke der Triere gebraucht (z.  B. 1,49,1; 2,90,6); da dieser sein stilistisches Vorbild war, ist dies kein Hinweis auf besondere Ähnlichkeit. 82 Hierzu s. das nächste Kapitel. Leos Abwendung von Aspar begann nach der Abmachung von 462, als der Kaiser in mehreren vergeblichen Gesandtschaften (s. die nächste Anm.) versucht hatte, Geiserich von weiteren Angriffen auf den Westen abzuhalten. In dieser Zeit dürfte ihm – zusammen mit dem lastenden Gefühl der Abhängigkeit von Aspar – klar geworden sein, dass Aspars Vandalenpolitik vor allem ihm und auch den Vandalen nutzte, nicht aber der Stabilität des oströmischen Kaisertums. 83 Prisc. Frag. 39,1 (erfolglose Gesandtschaft des Phylarchos, noch 462 n. Chr.); 41,2: Gesandtschaft eines Tatianos, (464 n. Chr.), die nicht einmal zum König vorgelassen wurde; zu Frag. 52 s. u. Anm. 85. 84 Quellen, die dieses neue Einverständnis preisen, bei Heather 2011, 461. Anthemios war mit Kaiser Markianos’ Tochter verheiratet und seit 454 Heermeister im Ostreich (s. Demandt 1970, 776  f.). 85 ‚Rechtsbruch‘: Eine oströmische Gesandtschaft des Phylarchos, die von Geiserich ultimativ Anthemios’ Anerkennung gefordert hatte, wurde entsprechend abgefertigt; Kaiser Leo war zu diesem Zeitpunkt schon zum Krieg entschlossen, s. Prisc. Frag. 52 (467 n. Chr.); Procop. BV 1,6,5. Geiserichs Attacken auf den Osten (griechisches Festland, Peloponnes, westgriechische Inseln): Procop. BV 1,5,23; 1,6,6; s. auch 1,22,15 – 18; dazu Schmidt 1942, 88; Clover 1966, 193  f. 86 Aus Procop. BV 1,6,5 ist ersichtlich, dass der Angriff auf das Vandalenreich schon seit Frühjahr 467 geplant war; s. auch Sidon. Carm. 2,314  f.

(1. Januar 468). Zu Anthemios’ Strategie s. Henning 2006. 87 Anders ist kaum zu erklären, dass Aspar das Scheitern des Angriffs nicht nur politisch überlebte, sondern sogar Kapital daraus schlagen konnte (s. u.); s. auch Hydat. 241 (468 n. Chr.). 88 Zum Aufstieg des Isauriers Tarasis / Zenon (zu den überlieferten Varianten der Namensform ‚Tarasis‘ s. Feld 2005, 238, Anm. 9.) ab 465 n. Chr. vgl. Croke 2005, 163 – 175; Feld, 2005, 236 – 245; Kosin ´ski 2010, 59 – 64 (mit unterschiedlichen Einschätzungen zur Rolle isaurischer Unterstützer / Foederaten dabei). 89 Zu dieser Ehe Ariadnes, die 491 n. Chr. übrigens auch Anastasios heiratete und ihm damit die Nachfolge (reg. 491 – 518) ebnete, s. Marc. Chron. (471 oder 475 n. Chr.); Iord. Rom. 338; Vict. Tun. 42; 67 (475 und 491 n. Chr.); Mal. 14,46, 375; Theoph. 5951; 5963; Zon. 14,1  f.; Nic. 15,27; vgl. dazu Croke 2005, 172 – 175; Feld 2005, 240; Kosin ´ski 2010, 65  f. mit unterschiedlichen Datierungen der Hochzeit. 90 ‚Krieg‘: Anfang Januar 468 n. Chr. war in Italien die Erwartungshaltung groß: Sidon. Carm. 2,17. 540 – 543; ‚Marcellinus‘: Hydat. 236 (467 / 468 n. Chr.) Der genaue Zusammenhang mit der folgenden großen Flottenoperation des Basiliskos ist unklar. S. auch u. Anm. 96. 91 Ioh. Lyd. Mag. 3,43 spricht von 400 000, Prisc. Frag. 53,3 (= Procop. BV 1,6,1) von 100 000 Soldaten, ohne die Flottenbesatzung. Zu möglichen Gründen des Unterschieds s. die nächste Anm. 92 Cand. 2 differenziert die Kosten: 64 000 Pfund (knapp 2 / 3 eines heutigen Pfundes) Gold, 700 000 Pfund Silber (ähnlich Ioh. Lyd. Mag. 3,43), ferner weitere Mittel in ungenannter Höhe aus fünf Kassen (es zahlten die der beiden Präfekturen des Ostreiches, die Kasse der Zentralverwaltung, die des kaiserlichen Besitzes und der Westkaiser Anthemios); Prisc. Frag. 53,1 (= Theoph. 5961) und Prisc. Frag. 53,3 (= Procop. BV 1,6,2): 130 000 Pfund Gold (Nic. 15,27: 120 000 Pfund Gold); die Zahlen sind durchaus kompatibel, s. Henning 1999, 237, Anm. 72. Die Größe der Flotte gibt Nic. 15,27 mit 1100 Schiffen an (ähnlich Cedr.), Ioh. Lyd. Mag. 3,43 wieder viel höher mit 10 000. Die jeweils deutlich höheren Zahlen bei Ioh. Lyd. könnten bedeuten, dass es hier eigentlich nicht um die Expeditionsflotte, sondern den Militäretat insgesamt geht; vgl. Treadgold 1995, 189 – 191. 93 Prisc. Frag. 53,1 (Theoph. 5961); 53,4 (Iord. Rom. 337). 94 Natürlich lag dieser Vorwurf, gerade wenn es um die Vandalen und ihre Schatzkammer geht, nach einer Niederlage nahe (s. u. Anm. 101). Auch moderne Versuche, Basiliskos zu entlasten (z.  B.

IV  Das vandalische Königreich und das Imperium Romanum

Clover 1966, 200; Heather 2011, 462), können jedoch seine Untätigkeit am Kap Bon nicht erklären. 95 Sie hatten offenbar westlich der Kapspitze geankert, während der Wind (wie die Vandalenflotte) direkt von Norden kam, s. Abb. 11. 96 Prisc. Frag. 53,1 (= Theoph. 5961); Frag. 53,3 (= Procop. BV 1,6,10 – 24); Mal. 14,44, 373; Nic. 15,27; Evagr. 2,16; Iord. Rom. 337; da Marcellinus 468 n. Chr. auf Sizilien ermordet wurde (Marc. Chron. zu 468 n. Chr.; Cassiod. Chron. 1285 zu 468 n. Chr.; vgl. Anders 2010, 477  f.), wo er offenbar die rückwärtigen Verbindungen des römischen Heeres gesichert hatte, gingen auch hier die vorangegangenen Erfolge verloren. Wenig glaubwürdig ist Procop. BV 1,6,9 . 25: Ein byzantinisches Heer unter Herakleios landet im Zuge des Basiliskos-Feldzuges in Tripolitanien, vertreibt die Vandalen, lässt die Flotte dort zurück und zieht ‚nach / in Richtung Karthago‘, bevor es nach Basiliskos’ Katastrophe zurückkehrt. Schon die unklare Ausdrucksweise und die historische Unwahrscheinlichkeit (warum kam es zu keiner Schlacht?), vor allem aber, dass ein präziser Bericht des Priskos (s. u. Anm. 104) diesen Feldzug auf 470 n. Chr. datiert (und realistisch beschreibt), lassen darauf schließen, dass Prokop seine Quelle missverstanden hat. 97 Procop. BV 1,6,21 – 24 (anders MacGeorge 2002, 310, die hier klassische Kriegsschiffe im Einsatz sieht). Prokop gebraucht das Verb emballein, womit zwar ein Rammstoß, aber auch nur das Aufeinanderprallen gemeint sein kann. 98 Procop. BV 1,6,24; ‚eilige Bemannung‘: BV 1,6,12. 99 Procop. BV 1,6,3  f.  16. 26  f. (Aspars Sturz folgte jedoch keineswegs unmittelbar auf die Niederlage, s. u.); so auch Nic. 15,27; Croke 2005, 183  f. hält dies für plausibel. 100 Marcus wurde 475 n. Chr. während seines Vaters Usurpation (s. u.) zum Caesar gemacht und kam 476 mit ihm um: Marc. Chron. und Vict. Tun. 42 (475 n. Chr.); Iord. Rom. 342; Mal. 15,3, 378; 15,5, 380; Theoph. 5967; Evagr. 3,4; Zon. 14,2. 101 Die Quellen halten auch eine Bestechung durch Geiserich oder strategische Fehlentscheidungen für möglich: Procop. BV 1,6,16; Mal. 14,44, 372  f.; Theoph. 5961; Nic. 15,27. 102 Dies war natürlich auch den Zeitgenossen aufgefallen: Hydat. 241 (268 n. Chr.). 103 Vict. Tun. 35 (470 n. Chr.); Marc. Chron. (471 n. Chr.); Iord. Get. 239; Evagr. 2,16; Theoph. 5961; 5963; Zon. 14,1. Vgl. dazu Croke 2005, 190 – 192; Kosin ´ski 2010, 67 – 69. Hierzu war natürlich mehr nötig als eine ‚weiße Weste‘ in Africa, vor allem die zeitweise Verdrängung Zenons.

104 Prisc.

Frag. 53,5 (= Theoph. 5963). Die Kommandeure waren Herakleios von Edessa und der Isaurier Marsus. Sie konnten die Städte Tripolitaniens in ihre Gewalt bringen. 105 Häufig ist in der Forschung von einem Friedensschluss zwischen Leo und Geiserich im Jahr 470 n. Chr. die Rede; aber dies passt nicht zu den folgenden Ereignissen (und den unverminderten Angriffen Geiserichs), und auch Priskos bezeugt dies, genau betrachtet, nicht (andere Autoren ebenso wenig); bezeichnenderweise spricht er nur von Geiserichs Plänen einer Friedensgesandtschaft. Was der dann ‚bekam‘, war kein Vertrag, sondern die faktische Beendigung des Krieges in Africa. 106 Nichts zwingt zu der Annahme, dass dies der einzige Grund für den Rückzugsbefehl war. Das Heer stand keineswegs direkt vor einem Erfolg gegen die vandalische Hauptstadt, sondern in Tripolitanien schon räumlich meilenweit (ca. 1000 km) davon entfernt. Der Kaiser scheute jedenfalls eine langwierige Auseinandersetzung. 107 Nur Patricius konnte offenbar verletzt entkommen; aufkommende Unruhen beendeten Basiliskos und Zenon (Cand. 1; Vict. Tun. 36; Marc. Chron. [471 n. Chr.]; Procop. BV 1,6,27; Mal. 14,40, 371; Evagr. 2,16; Theoph. 5963  f.); dazu Croke 2005, 195 – 200: „The ‚Butchery‘ of 471“. 108 Zu Usurpation und Untergang des Basiliskos s. zuletzt Kosin´ski 2010, 79 – 99. Vict. Tun. 47 (476 n. Chr.) und Procop. BV 1,7,19 sprechen von seiner 20-monatigen Herrschaft; vgl. auch Cand. 1; Evagr. 3,3 . 8; Nic. 16,2 – 8. Ende August 476 war Zenon wieder auf dem Kaiserthron, s. u. Anm. 114; ‚größere Aufgaben‘: Theoph. 5964. 109 Rom wurde nach dreimonatiger Belagerung am 1. Juli 472 durch Rikimer, der Anthemios den Krieg erklärt hatte, erobert und geplündert, Anthemios wurde getötet, s. Henning 1999, 45  f. 110 ‚Thronerhebung durch Rikimer‘: Prisc. Frag. 65; Marc. Chron. (472 n. Chr.); Vict. Tun. 39 (473 n. Chr.); Mal. 14,45, 375; Theoph. 5964. Rikimer dürfte Olybrius vor allem als eine Art Kompromisskandidat eingesetzt haben, Kaiser Leo aber akzeptierte ihn nicht, vielleicht weil er fürchtete, dass dies das Westreich letztlich in die Hände Geiserichs spielen würde. Allerdings wäre dann unklar, warum Rikimer auf diesen Kandidaten verfallen war. Rikimer starb am 19. August (Prisc. Frag. 64; Cassiod. Chron. zu 472 n. Chr.; Theoph. 5964), Olybrius am 2. November: Prosp. Chron. add., 492. 111 Malch. Frag. 2; Theoderich Strabo war ein Neffe von Aspars Frau und in diesem Punkt offenbar immer noch auf dessen Linie. ‚Angriffe der Vandalen‘: Procop. BV 1,7,26; 467.

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Anmerkungen

112 Prosp.

Auct. (Herrschaftsantritt Zenons 29. Januar 474 n. Chr.); Theoph. 5966; Kosin´ski 2010, 71  f. (auch zur nicht ganz unproblematischen Nachfolge Zenons). Iulius Nepos (Sohn des Nepotianus, Neffe und Nachfolger des dalmatinischen Heermeisters Marcellinus) kam erst Mitte 474 n. Chr. nach Italien, wo er in Rom zunächst den ehemaligen Gardekommandanten Glycerius absetzte, den Gundobad, Rikimers Nachfolger (und Neffe), im März 473 eigenmächtig zum Kaiser gemacht hatte, s. Henning 1999, 52  f. Vgl. auch o. die Herrschertabelle (S. 14  f.). 113 Procop. BV 1,7,26 spricht von einem „unbegrenzten“ Vertrag; die Unabhängigkeit von der Lebensdauer der Partner war also offenbar ausdrücklich festgehalten worden (s. auch o. Anm. 71). Zur faktischen Dauer der Gültigkeit s. BV 1,7,26 – 28. Geiserich soll vor der Ankunft der Gesandten noch Nicopolis in Epirus besetzt haben, um Druck auf Konstantinopel auszuüben: Malch. Frag. 5 (3 Cresci). 114 Vict. Vit. 1,51  f.; Procop. BV 1,7,25 – 30; Malch. Frag. 5 und 17 (3 und 13 Cresci). Zur Herrschaft des Basiliskos s.  o. Anm. 108. Zum Datum ‚Ende August‘ s. Seeck 1919, 423. Die ‚Kompromisslösung‘ von Henning 1999, 239 (‚Aushandlung 474, Abschluss 476‘) wäre nur dann sinnvoll, wenn es gute Argumente für beide Datierungen gibt; s. aber unten. 115 Errington 1983, 88; zustimmend zuletzt Feld 2005, 326; Kosin´ski 2010, 118  f. 116 Cedr. Bd. I, 614, 1 – 2. 117 Zitat: Malch. Frag. 5 (3 Cresci); vgl. auch Vict. Vit. 1,51. Severus nahm keine Geschenke an, setzte aber alles, was er mitgebracht hatte, zum Freikaufen von Gefangenen ein. 118 474 n. Chr. waren erneut Hunnen über die Donau nach Thrakien und arabische Nomaden über die Ostgrenze eingedrungen: Evagr. 3,2; Theoph. 5966; der gotische Heermeister Theoderich ‚Strabo‘ hatte sich auf dem Balkan zum König ausrufen lassen und forderte römische Subsidien: Wolfram 2009, 268 – 276; Feld 2005, 250  f. 119 Dass Victors Darstellung hier für die Feinchronologie unbrauchbar ist, zeigt der Satz nach der Erwähnung des Friedensschlusses: „Was Geiserich aber in Spanien, Italien, Dalmatien, Kampanien, Kalabrien, Apulien, Sizilien, Sardinien, Bruttium, Lukanien, Epirus Vetus und Griechenland getan hat, werden diejenigen besser berichten könnten, die dort in beklagenswerter Weise selbst schlimme Dinge erlitten haben. Doch möge hiermit die Verfolgung, die Geiserich ebenso hochfahrend wie grausam gegen uns durchführte, ihren Abschluss finden.“ Danach wird über Geiserichs Tod berichtet.

120 Procop.

BV 1,7,26 – 29. Ein wesentliches Argument für Errington (s.  o. Anm. 115), dass Prokop den Vertrag nämlich nach der Basiliskos-Usurpation erwähnt, ist hinfällig, da Prokop selbst sagt, mit dieser Episode etwas später Geschehenes berichtet zu haben, und danach in die Zeit unmittelbar nach 468 n. Chr. zurückkehrt (1,7,25  f.). 121 Laterc. 3 (458): vom 19. Oktober 439 an 37 Jahre, 3 Monate und 6 Tage an der Macht; Vict. Vit. 1,51; Vict. Tun. 28 (464 n. Chr.); Procop. BV 1,7,29  f. 122 Vict. Vit. 1,14 (bezogen auf die letzten Monate des Jahres 476), dazu Vössing (ed.) 2011, Anm. 42; zu Odoakers hier bezeugtem Titel rex Italiae (Ausrufung am 23. August 476) s. Anm. Nagl, RE XVII 2 (1937), s. v. Odoacer, 1890 und PLRE II 791. 123 Odoaker wollte mit Konstantinopel ja keinesfalls brechen; vgl. hierzu Malch. Frag. 14 (10 Cresci). 124 Vgl. dazu auch die Überlegungen am Ende dieses Kapitels. Zu Nepos s. u. Anm. 129. 125 Glycerius war von Konstantinopel nie als Kaiser anerkannt worden, s.  o. Anm. 112; dort auch zu Nepos’ Regierungsantritt Mitte 474 n. Chr. Gei­serich scheint 476 n. Chr. mit Orestes, dem letzten Heermeister in Italien (der seinen Sohn Romulus 475 n. Chr. zum Kaiser gemacht hatte; s. auch o. S. 14  f. die Herrschertabelle) ein Abkommen geschlossen zu haben (Paul. Diac. ´ski 2010, 118, 15,7; missverstanden von Kosin Anm. 122), das wahrscheinlich die Bestimmungen des Vertrages von 474 n. Chr. übernahm; zudem ging es dabei wohl um den westlichen Kaiserthron. 126 Wir wissen auch nicht, mit wem genau der Kaiser den (formell durch Eide gesicherten, s. Procop. BV 1,9,23) Vertrag schloss: mit den Vandalen und ihrem König oder mit Geiserich und seinen (legitimen) Nachfolgern? Letzteres hätte dem Kaiser eine Interventionsmöglichkeit im Falle einer späteren Usurpation gegeben, wofür die 530 n. Chr. zwischen Gelimer und Justinian vor dem Krieg ausgetauschten Botschaften (s. u. Kap. VII 3) sprechen könnten. 127 S. o. Kap. V 3. Von diesen außerafrikanischen Ansprüchen – die Balearen, Korsika, Sardinien, und Sizilien (s. Abb. 6) – war nur Sizilien niemals vollständig oder auch nur großteils in vandalischem Besitz gewesen und wurde auch bereits 476 n. Chr. wieder abgetreten, s. u. 128 Vict. Vit. 1,51: in Karthago sollte es wieder katholischen Gottesdienst geben; der Bischof Karthagos allerdings blieb verbannt. 129 Henning 1999, 58 – 64; Szidat 2010, 344. Vom rechtlichen Standpunkt aus hatte Romulus (s.  o. Anm. 125), der nur durch den Usurpator Basiliskos (s.  o. Kap. IV 6) anerkannt worden war, aller-

V  Geiserichs afrikanisches Königreich

dings gegenüber Iulius Nepos (reg. 474 – 480) geringere Legitimität. Nepos aber war seit 475 n. Chr. auf Dalmatien beschränkt, während es in Italien nun keinen Kaiser mehr gab (Malch. Frag. 14). 130 Vgl. auch CIL X 7232 (Marsala): fines inter Vandalos et Gothos. 491 n. Chr. musste auch dieses Gebiet von den Vandalen wieder abgetreten werden (s. u. Anm. VII 31), kam dann aber als Mitgift der Amala­frida (und gehörte bis zum Ende) wieder zum Vandalenreich, s. u. Anm. VII 38. 131 Seit der Verlobung Hunerichs, s.  o. Kap. IV 2.

V Geiserichs afrikanisches Königreich 1 Vict. Vit. 1,13: Disponens quoque singulas quasque provincias, sibi Byzacenam, Abaritanam atque Getuliam et partem Numidiae reservavit, exercitui vero Zeugitanam vel Proconsularem funiculo hereditatis divisit, Valentiniano adhuc imperatore reliquas licet iam exterminatas provincias defendente. Vgl. hierzu Abb. 5; zum „erblichen Besitz“ s. weiter unten. 2 Vict. Vit. 3,30. 59  f.; vgl. Vössing (ed.) 2011, Anm. 38. Dass dies auch Quodv. Prom. 3,45 (provincia Abaritana) tat, hat Modéran 2011, 251  f. gezeigt. 3 Da Tripolitanien nicht genannt wird, jedoch wenig später eindeutig Teil des Vandalenreiches war (Vict. Vit. 1,23), könnte es hier in der Proconsularis inbegriffen sein, wie dies vor der Provinzreform Kaiser Diokletians auch verwaltungstechnisch gewesen war. Möglich ist aber auch, dass die Provinz von Geiserich erst nach der Eroberung Roms, zusammen mit den anderen kaiserlichen Provinzen Africas, in Besitz genommen wurde (s. u.). 4 Aurès: Morizot 1990; Modéran 2009. Gätulien: M ­ odéran 2011, 253 – 255; vgl. Abb. 5. 5 Dies wird durch Novell. Val. 13,1 bewiesen (21. Juni 445). Zu Tripolitanien s.  o. Anm. 3. 6 434 n. Chr.: Vössing 2012, 217  f. (zu Possid. Vita Aug. 28,10). 439 n. Chr.: Dies geht aus Salv. Gub. 6,12,69 hervor, wo nichts von einer Eroberung Cirtas steht, nur von vandalischen Reitern vor den Toren. Der dortige Bischof Honoratus Antoninus (PAC I, 75) hat also seinen Trostbrief (Gennad. 96; PL 50, 567) von 437 n. Chr. an den von Geiserich verfolgten Arcadius (s. u. Anm. 120) nicht unter vandalischer Herrschaft geschrieben. 7 Die königliche Familie wird bei Victor nicht erwähnt, ist mit dem „Für-sich-Behalten“ (1,13) aber mitgemeint; vgl. Procop. BV 1,5,11, wo Hunerich und Gento gesondert genannt werden,

allerdings als Nutznießer der Enteignung von Privatleuten. 8 Dass es nach 442 in den vandalischen Landes­ teilen auch außerhalb des Kerngebietes zu Enteignungen gekommen war, zeigt Novell. Val. 34,3 (451 n. Chr.): Es wurden auch Land­ besitzer der Byzacena entschädigt. 9 Vgl. z.  B. Sacharja 2,5; metonymisch wird auch dieser Besitzanteil selbst als funiculus hereditatis bezeichnet (Deuteronomium 32,8  f.; Iosua 17,14; 19,8  f.). 10 Chronik I 16,18; so etwa A. Schwarcz: The Settlement of the Vandals in North Africa, in: Merrills (Hg.) 2004, 49 – 57, hier 54. 11 Vgl. Vict. Vit. 3,70 (dazu Vössing [ed.] 2011, Anm. 392); s. insbes. die (bei Victor häufig zitierten) „Klagelieder des Jeremias“ (2,8); in dieselbe Richtung gehen Amos 7,17 und Reges II 21,13. 12 ‚Biblische Gewaltherrscher‘: Vict. Vit. 1,22 (dazu Vössing [ed.] 2011, Anm. 54); sortes Wandalorum: Vict. Vit. 2,39; 3,4; dagegen 1,22 zum Rest Africas, in dem der Zugriff der vandalischen Macht deutlich geringer war; zur Religions- und Kirchenpolitik s. u. Kap. V 5 mit Anm. 117. Zur Steuerfreiheit s. u. 13 Procop. BV 1,5,12 – 14; 2,8,5 (Kataster); 2,14,8  f. (erblicher Besitz). Dass Prokop hier nicht zwischen Kerngebiet und dem Rest Africas unterscheidet, ist erklärlich; er will an dieser Stelle nicht (wie Victor) die vandalische Inbesitznahme Africas, sondern nur die Leiden der Afrikaner beschreiben; Differenzierungen waren da unnötig. 14 Auf die Theorien zuletzt von J. Durliat und W. Goffart (1990) und die umfangreiche Literatur kann hier nicht näher eingegangen werden; s. J. Durliat, Cité, impôt et intégration des barbares, in: Pohl (Hg.) 1997, 153 – 180; J. H. W. G. Liebeschuetz, Cities, taxes and the accommodation of the barbarians. The ­theories of Durliat and Goffart, ebd. 135 – 152: Y. Modéran, L’établissement territorial des Vandales en Afrique, in: Afrique vandale 2002, 87 – 122; zuletzt Porena / Rivière (Hg.) 2012 mit den Beiträgen insbes. von W. Goffart, Y. Modéran und P. Tedescho. 15 Vössing (ed.) 2011, Anm. 38; vgl. auch Anm. 86. Der Bagradas (heute Oued Medjerda, s. Abb. 11) ist der wichtigste Fluss der Proconsularis. 16 Bei einer Modellrechnung (15 000 × 50 ha) kommt Courtois 1955, 132, Anm. 9 und 279, Anm. 9 zu dem Ergebnis, dass allein der dem König zugefallene Domänenbesitz der Proconsularis als Fläche ausgereicht hätte. Der aber wurde nur dort der ‚Verteilungsmasse‘ zugeschlagen, wo es zur Arrondierung des Siedlungsgebietes (s. u.) notwendig war; die fortdauernde Existenz von königlichen Gütern in der Proconsularis zeigt

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Anmerkungen

etwa Vict. Vit. 1,17,44. ‚Kaum mehr als 10 000‘: s. u. Kap. V 2. 17 S. auch u. Kap. V 3 mit Anm. 96. 18 Vgl. z.  B. Rossiter 1990. Zu archäologischen Indizien für eine Neuorganisation des ländlichen Raumes um Karthago s. Leone 2007, 132. Dass auch die Stadthäuser der enteigneten Landbesitzer an die Vandalen gingen (anders etwa Schmidt 1942, 72), ist nirgends direkt bezeugt, ergibt sich aber aus Vict. Vit. 1,14; Sidon. Carm. 5,58 – 60 und Procop. BV 1,5,11: Die Enteigneten hatten nur die Wahl zwischen Flucht oder ‚Versklavung‘, womit gemeint sein dürfte, dass sie nur als Verwalter ihrer eigenen Güter und insofern im Hausstand der neuen Herren bleiben durften (s. u. Anm. 94. Das aber passt nicht zu einer Wahrung ihrer Besitztitel in den Städten. 19 Vict. Vit. 1,45. 48 (zur Verwaltung mittels römischen Personals s. auch u. Kap. V 3); ‚Tausendschaften‘: s.  o. Kap. III 2 und u. V 3; ‚als Herren, nicht als Bauern‘ s.  o. Kap. II 1 mit Anm. 14; s. auch u. Kap. V 2. 20 ‚Römische Oberschicht‘: s. u. Kap. V 6; ‚Bischof‘: s.  o. Anm. IV 28 und Kap. VII 1 mit Anm. 6; ‚Enteignungen‘: s. z.  B. Vita Fulg. 1. 21 Zitat: s.  o. Anm. III 41. Plin. Nat. 1,29  f. (dazu De­sanges, ed. 1980, 276 – 328) summiert für Africa östlich des Flusses Ampsaga (der Grenze zu Mauretanien) 516 Siedlungsgemeinschaften, die Rom unterstanden; hier sind allerdings auch Stämme ohne Zentralort mitgezählt. Diese Zahl wird sich im Laufe der Jahrhunderte noch erhöht haben; zur Blüte des Städtewesens im vorvandalischen Africa s. z.  B. Lepelley 1989; ders., La cité africaine tardive, in: Krause /W   itschel (Hg.) 2006, 13 – 31, hier 14 – 19; Leone 2007, 35 – 39; Sears 2007. Laut Evagr. 4,18 soll Justinian nach 534 n. Chr. 150 afrikanische Städte wiederaufgebaut und befestigt haben. 22 Zur Lage der Häfen s. Abb. 11. Für die Keramikproduktion der Vandalenzeit s. u. Anm. VII 45 23 Um 60 n. Chr. sollen sich sechs Großgrundbesitzer die Hälfte der Africa Proconsularis geteilt haben; Nero ließ sie hinrichten, ihr Besitz wurde konfisziert und damit kaiserlich: Plin. Nat. 18,35; zum Umfang der kaiserlichen Domänen der Proconsularis und der Byzacena s. Cod. Theod. 11,28,13 (422 n. Chr.). 24 Vgl. den Überblick bei Lepelley 1989. 25 Für jeden Kaiser war die (auch für die Plebs bezahlbare) Versorgung Roms eine Verpflichtung, die er, ohne Unruhen zu provozieren, nicht vernachlässigen konnte. 26 Vgl. oben Anm. IV 78. Bei Engpässen musste der Kaiser allerdings auf dem freien Markt dazukaufen.

27 Zuletzt Leone 2007; Bockmann 2013, 176 – 178. 28 Leone 2007, 133  f. ‚Geiserich und die Kaufleute‘: s. u. Anm. VII 4  f. 29 Die archäologischen Quellen lassen sogar in einigen Gegenden der Proconsularis eine Intensivierung der Landwirtschaft und eine Aufwertung der Besiedlung vermuten: s. Leone 2007, 132  f.; Dossey 2010, 62 – 88. 30 So schon Schmidt 1942, 72; 152. 31 Die ursprüngliche ungefähre Gleichwertigkeit eines großen Teils der sortes (vgl. auch u. Anm. 40) wird sich allerdings nicht lange gehalten haben. Zur Gesellschaft der Römer im vandalischen Africa s. u. Kap. V 6. 32 Vict. Vit. 1,19; 2,14 .  28; 3,30; s. auch Diesner 1966a; Maier 2005, 161 – 164. 33 S. u. Kap. V 5, zur Rechtsprechung s. u. Kap. V 6. 34 BV 1,8,12. Zu Thrasamunds Ehe mit Amalafrida s. u. Kap. VII 2. 35 Vgl. hierzu Procop. BV 1,4,26. 13,3. 21,6, wo klar wird, worin dieser Dienst (therapeia) bestehen ­konnte. 36 Procop. BP 2,25,28 (Heruler); BG 4,26,12 im Gegensatz zu Procop. BV 1,23,3; BG 3,11,31 (Diener römischer Soldaten). Einen bislang übersehenen Beleg für die Vandalen liefert Procop. BV 2,15,4: Die Knechte, von denen hier die Rede ist, werden sofort zum Kampf geführt, zusammen mit vandalischen Kriegern; es handelt sich offenbar nicht um Sklaven, sondern um vandalische (Kriegs-) Knechte; hierzu unten Anm. VIII 2. 37 Der Gote Godas gehörte zu den ‚Knechten‘, hatte sich aber im Dienst König Gelimers so bewährt, dass dieser ihm den Oberbefehl über Sardinien anvertraute: Procop. BV 1,10,25  f. und u. Anm. 78. 38 S. o. Kap. III 2 und u. Anm. VII 80. 39 Das Zahlenverhältnis Herren / Knechte bei der Ansiedlung ist unbekannt; jedenfalls waren Letztere nicht in der Unterzahl. 40 Nobiles: Vict. Vit. 2,14; zur Zeit Gelimers: 1,9,8 (‚aristoi‘); 2,6,4. Allerdings werden sie für die Ansiedlungsphase weder in Vict. Vit. 1,13 noch in Procop.1,5,12 als eigene Kategorie genannt. Das heißt zwar nicht, dass sie gleichgestellt waren, ein struktureller Vorrang ist jedoch zumindest nicht erkennbar; dies dürfte eine erhebliche Machteinbuße gegenüber der früheren Zeit gewesen sein; vgl. unten Kap. V 3 zur Adelsopposition unter Geiserich. 41 Maier 2005, 161 – 164. Die spätere Bedeutung ‚Graf‘ wäre hier noch gänzlich fehl am Platz; zu den römischen comites (comitatus ist der spätantike Kaiserhof), s. Demandt 2007, 276  f. Im Einzelfall (Vict. Vit. 1,19, dazu Vössing [ed.] 2011, Anm. 49  f.) kann die Unterscheidung zwischen

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römischem und vandalischem comes schwierig sein. Mit anderer Akzentuierung konnten die königlichen Helfer auch ‚dem Haus [des Königs] Dienende‘ (domestici) oder ‚Diener des Königs‘ (ministri regis) genannt werden: s. Diesner 1966a; diese Bezeichnungen sprechen für dauerhafte Dienste, während unter den comites wohl auch solche waren, die nur von Fall zu Fall eingesetzt wurden (vgl. Vict. Vit. 2,14.28; 3,30). 42 Vict. Vit. 2,14: et comites … et nobiles; 1,19: praesentibus episcopis atque domesticis suis. In 2,10 spricht er von den „Getreiderationen und Besoldungen“ der Hofbediensteten. 43 Hier ist der in 1,47 wegen seiner Glaubensstärke gefeierte archimimus (Chef einer Schauspieltruppe; vgl. Hugoniot 2008, 67; Vössing [ed.] 2011, Anm. 100) Masculas zu nennen, offenbar ein Romane, der aber am Hof Geiserichs agierte. Überhaupt war die Hofgesellschaft sicher gemischt, s. u. Kap. V 6. 44 Vict. Vit. 3,3 – 3,14 (24. Februar 484); der Titel Rex (Hunirix) Vandalorum et Alanorum (3,3) findet sich auch in Vict. Vit. 3,39, einem kurz zuvor erlassenen königlichen Edikt (20. Mai 483). Dass der Königsname (anders als sonst bei Victor) in der nicht-latinisierten Form ‚Hunirix‘ gegeben wird, kann als zusätzlicher Hinweis auf die Authentizität gelten, s. Wolfram 1967, 80  f. 45 Dass sich der König – wie der Kaiser – dominus (‚Herr‘) nannte und nennen ließ (vgl. F. M. Clover, Timekeeping and Dyarchy in Vandal Africa, in: Afrique vandale 2003, 45 – 63, hier 50 – 59), beruhte auf der im Vertrag 442 zugesicherten Selbständigkeit der Vandalenherrschaft; die zugehörigen Romanen waren jetzt dem neuen dominus wie früher dem Kaiser unterstellt. Was jedoch nicht übernommen wurde, war die Bindung auch des spätantiken Kaisertums an den populus Romanus (vgl. Pabst 1997, 199 – 201); der vandalische ‚Herr‘ war nur der König seiner gens. 46 Überliefert ist der Titel Vandalorum rex auch in Laterc. 2 (458), und zwar bereits für Geiserich (für sich genommen ist dies allerdings kein Beweis, da ein Anachronismus nicht auszuschließen ist). Zur Zuverlässigkeit des Überlieferten s. Heuberger 1929, 93 – 105; Wolfram 1967, 79 – 87. 47 Reimitz 1999, 566 vertritt diese Auffassung, ohne sie jedoch zu begründen. 48 S. o. Anm. II 67. 49 S. o. Anm. II 85. Zur Sprache der Vandalen s. u. Kap. V 6. 50 Francovich Onesti 2002, 179 – 181. 51 S. o. Kap. II 3. Dass alle 429 n. Chr. nach Africa gekommenen Barbaren in den Vandalen gewissermaßen aufgingen, sagt ausdrücklich Procop. BV 1,5,20  f.

52 Drac. Romul. 5,33 – 37. Bachrach 1973, 57  f. versucht vergeblich, dieses Zeugnis zu eliminieren, um die Bedeutung der Alanen in Africa zu erhalten (s. auch Pohl 2005, 80  f., der mit Berufung auf Bachrach von der „politischen Rolle der alanischen Identität“ spricht). Tatsächlich lebten sie wohl – von Namen abgesehen – nur im Königstitel weiter (s. u. Anm. 54). 53 Procop. BV 1,2,2; 1,2,5 (zur gemeinsamen gotischen Sprache); 1,3,1 („Alanen sind gotisch“). Immer wieder auflebende Spekulationen über die Kennzeichnungen der Pferdekruppe in vandalenzeitlichen Reitermosaiken (s. u. Anm. 172), die alanisch-sarmatisch sein könnten (zuletzt wieder Kouznetsov / Lebe­dynsky 2007, 40), entbehren jeder Grundlage; derartige Zeichen finden sich auch schon in römischer Zeit, s. López Monte­ agudo 1992; Blanchard-Lemée u.  a. 1995, 198, Fg. 145. 54 Procop. BV 1,24,3; s. auch Fiebiger / Schmidt 1917, 37, Nr. 51, dazu Wolfram 1967, 80  f.; Conant 2012, 42. Deshalb legte sich Justinian nach seinem Sieg als Beinamen nicht nur Vandalicus, sondern auch Alanicus zu: Cod. Iust. 1,27,1 pr.; vor diesem Hintergrund ist auch Novell. Iust. 30,11,2 zu erklären. Königstitel leben aber prinzipiell länger als ihre politische Bedeutung. 55 Ein Quellenbeleg für die Verbindung von Königspalast und Byrsa-Hügel (dem Zentrum des karthagischen Straßensystems, s. Abb. 8, Nr. 24; vgl. auch Ladjimi Sebaï 2005) ist Sidon. Carm. 2,350  f. Zur Lokalisierung des Palastes vgl. zuletzt die Diskussion bei Ben Abed / Duval 2000, 189 – 191; Bockmann 2013, 47 – 52. Vgl. auch o. Anm. IV 42. 56 Vom Hafen: Vict. Vit. 3,32; von Süden: Procop. BV 1,20,21. S. auch u. Anm. 161. 57 Procop. BV 1,21,1 – 6 (vgl. unten Anm. VII 92). 58 Vgl. zuletzt Bockmann 2013, 50. 59 ‚Andere Hasdingen?‘: vgl. Vict. Vit. 1,43; ‚Verwaltung‘: Vict. Vit. 1,22; dass sich Procop. BV 2,14,37; Aed. 6,5,9 und Anth. Lat. (380 Riese) alle auf dieselbe (in byzantinischer Zeit der Jungfrau Maria geweihte) Kirche beziehen, ist durchaus wahrscheinlich, vgl. dazu Ennabli 1997, 40. Natürlich gab es auch königliche Landsitze (z.  B. Procop. BV 1,17,9, der insbes. die Gartenkultur lobt), s. Courtois 1955, 250, der allerdings Hermione (s. u. Anm. VII 87) dazu zählt. 60 Zur Zeit Hunerichs gab es jedenfalls noch bewusst unrömische Repräsentationsformen, s. u. Kap. V 6. 61 S. o. Kap. IV 2. 62 Prosp. Chron. 1348 (442 n. Chr.). 63 S. o. Kap. V 1 zur Landverteilung mit Anm. 40.

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Anmerkungen

64 Procop. BV 2,9,10. In 1,9,8 allerdings berichtet der Autor von der Unterstützung der ‚Besten‘ für Gelimers Umsturz; dieselbe Formulierung findet sich aber auch in 2,24,6, wo es nicht um soziale, sondern nur um Qualitätsunterschiede geht (in diesem Sinn auch BV 1,17,3. 18,6; 2,3,14 .  4,32), sodass es auch in 1,9,8 um die militärische Elite gehen dürfte. 65 Procop. BV 1,6,24; 1,10,25; 1,11,23. 66 S. o. Kap. IV 2; ‚Tausendschaften‘: Procop BV 1, 11,23; 2,3,8; nur unter dieser Voraussetzung ist auch 1,5,18 (der Titel chiliarchos / millenarius ist hier allerdings nicht militärisch, s. u. Kap. V 3) und Vict. Vit. 1,2 zu verstehen; ‚schlechter gerüstet‘: Procop. BP 2,25,27  f. 67 Procop. BV 1,19,27; ferner s.  o. Kap. II 1 mit Anm. 7 und u. VII 3. 68 S. u. Kap. V 7; zur Größe des Heeres s.  o. Kap. III 2 und u. Anm. VII 80. Zur Flotte s.  o. Kap. IV 5. 69 Vict. Vit. 1,13. 70 S. u. Kap. V 3. 71 S. u. Kap. V 7 mit Abb. 10. 72 ‚Ganz Africa‘: vgl. Vict. Vit. 2,41. Dies zeigt auch die Herkunft der Bischöfe beim Religionsgespräch von 484 n. Chr. (s. Not. prov.; dazu Modéran 2006a), zu dem auch diejenigen der mauretanischen Provinzen nach Karthago kamen, nicht jedoch die der Tingitana, die schon in römischer Zeit zu Spanien gehört hatte (s.  o. Anm. III 28). 73 S. o. Kap. IV 4. 74 S. o. Kap. IV 7. mit Anm. 125. Zitat: Vict. Vit. 1,13. 75 S. o. Kap. IV 5 mit Anm. 74. Zitat: Procop. BV 2,13,42. 76 Zum vandalischen Sardinien s. Lulliri / Bonaria 1986, 23 – 53; Pergola 1989; Aiello 2008; A, Ibba, I Vandali in Sardegna, in: Piras (Hg.) 2010, 385 – 425; ‚Verbannungen‘: Vict. Vit. 2,23 (482 / 483 n. Chr.); Vita Fulg. 17 (wohl 508 n. Chr. oder wenig später). Dies hatte große Auswirkung auf die Christianisierung und die kirchliche Entwicklung der Insel, s. Mastino 1999. 77 S. u. Kap. V 7 mit Anm. 187. 78 Zum Abfall dieses Gefolgsmanns (der Konstantinopel zu Hilfe rief), auf den Gelimer mit der Entsendung eines großen Heeres reagierte, s. Procop. BV 1,10,25 – 1,11,1; 1,11,22  f.   14,9. 24,1 (und u. Kap. VII 3). Die Leichtigkeit, mit der Godas, Gelimers ‚Knecht‘ und sein Statthalter auf Sardinien, die Seiten wechselte und sich zum König machte, spricht gegen eine vandalische Besatzung; er stützte sich offenbar auf seine eigenen (gotischen?) Soldaten; anders Merrills / Miles 2010, 136  f. 79 S. o. Anm. IV 61 und Anm. 96. ‚Gleich nach 439‘: s.  o. Anm. III 66; ‚Etappe‘: s.  o. Kap. III 5; IV 4 und

6. Zum vandalischen Sizilien vgl. Saitta 1989; Kislinger 1994; Mazza 1997 / 98; Goltz 1997 / 98; Clover 1999; Nicolaye 2010. Bezeichnenderweise zeigt die Archäologie Siziliens keine besonderen römischen Befestigungen dieser Zeit (s. zuletzt Merrils / Miles 2010, 130  f.); es bestand offenbar gar nicht die Gefahr einer vandalischen Übernahme. 80 Dazu oben Kap. IV 7 81 S. u. Kap. VII 2 mit Anm. 38. 82 Dies zeigen Not. prov. Sardinia 4; 7  f. und Vict. Vit. 3,19. 83 Procop. BV 2,5,2 – 4. 7 – 9. Zum vandalischen Korsika s. Pergola 1982. 84 Vita Fulg. 1  f.; dazu Vössing 2006, 524 – 526. ­Thelepte: s. Abb. 11; zur Bedeutung der Stadt s. Cod. Iust. 1,27,2,1a. 85 Chastagnol / Duval 1984; Duval 1984; Clover 1982; Clover 1986; CIL VIII 10516; 11528; Weßel 2003, 31 – 34. Zur römischen Oberschicht vgl. generell Overbeck 1973, 22 – 38; zuletzt Conant 2012, 130 – 146. 86 Prokonsul: Vict. Vit. 3,27; s. auch die Subscriptio zu Drac. Rom. 5 für Dracontius’ Tätigkeit an seinem Gericht (s. u. Anm. 159); noch Luxurius erwähnt im 6. Jh. karthagische Anwälte: Anth. Lat. 335 (340 Riese). Seine Residenz hatte der Proconsul allerdings aufgeben müssen, s.  o. Kap. V 3. Dass in Vict. Vit. 3,13 die alten Provinzstatthalter auftauchen, ist kein Argument; hier werden römische Gesetze zitiert, die aber offenbar keine Anwendung fanden; s. Vössing (ed.) 2011, Anm. 255  f. 87 Die vandalenzeitliche Benennung Mauretania maior (Vict. Vit. 3. 29) für die alte Mauretaniae Caesariensis (s. Abb. 3) erfordert eine Mauretania minor, wohl die alte M. Sitifensis und der Westteil Numidiens; wie der Rest Numidiens genannt oder aufgeteilt wurde, wissen wir nicht; s. Modéran 2011, 267 – 269. 88 Zu den Tablettes Albertini, (ed. Chr. Courtois u.  a., Paris 1952), s. zuletzt J. P. Conant, Literacy and Private Documentation in Vandal North Africa: The Case of the Albertini Tablets, in: Merrills (Hg.) 2004, 199 – 224 und Weßel 2003 (zum Recht); ‚Kronzeuge‘: Diesner 1967, 349; die Datierung erfolgt nach den Königsjahren Gunthamunds (dominus rex). 89 Vict. Vict. 1,22; Procop. BV 2,4,33  f. 90 Einen Chef des ‚Hauses‘ (maior domus) nennt Gennad. 98. Der vandalische praepositus regni (sein Amt war eine Neuschöpfung; vgl. Schmidt 1942, 175  f.; Gil Egea 1998, 276 – 279 und 321; Maier 2005, 168): Vict. Vit. 2,42  f. (er ließ sich wie ein hoher römischer Beamter mit ‚Deine Magnifizenz‘ ansprechen). Zu den vandalischen

V  Geiserichs afrikanisches Königreich

Namen der beiden bekannten praepositi s. Francovich Onesti 2002, 163 (Hunerich hatte Heldica, den sein Vater installiert hatte, im Streit um die Nachfolge [s. Vict. Vit. 2,15; dazu unten Kap. VII 1] hinrichten und durch Obad ersetzen lassen). 91 Vict. Vit. 2,3  f.  38  f.; 3,3 – 14 (hier 7 – 13 zur Kenntnis römischer Archivalien), ferner, vielleicht in Paraphrasierung, 2,3 – 5; 3,19; 3,20. Dazu Heuberger 1929; Vismara 1972. Vgl. zuletzt V. Aiello: Che fine ha fatto l’elite‘ burocratica romana nel regno dei Vandali, in: Lizzi Testa (Hg.) 2006, 15 – 40; seine These, die Edikte würden zeigen, dass der Text von Vict. Vit. in byzantinischer Zeit eine erhebliche Überarbeitung erfahren hat, ist wenig überzeugend. 92 Bonifatius, ein Romane aus der Byzacena, war nominell wohl nur einer der königlichen Schreiber (Procop. BV 2,4,33: grammateus), tatsächlich vertraute ihm Gelimer aber nicht nur die Einziehung des Vermögens der 533 hingerichteten Romanen an (s. u. Anm. 160), sondern auch die Rettung des Vandalenschatzes (s. u. Anm. VII 104). 93 S. o. Anm. 78. 94 Vict. Vit. 1,30 spricht von servi (s. auch 1,14), und die vollständige Verfügungsgewalt über sie (1,32  f.   33 .  35. 44. 48) rechtfertigt das; andererseits konnten römische servi nicht heiraten (s. 1,30). 95 Vict. Vit. 1,30: fuit hic Wandalus de illis, quos millenarios vocant (in 1,35 ist nur der Reichtum eines millenarius erkennbar); ‚Heer‘ 1,13; ‚Vandalen‘ insgesamt: 2,39; 3,4; Procop. BV 1,5,12. Auf das Problem der millenarii bei den Goten kann hier nicht eingegangen werden. 96 Zur Trennung von vandalischer und römischer Rechtsprechung s. u. Kap. V 6. 97 S. o. Kap. II 3. 98 Dies war nicht immer so gewesen, s.  o. Kap. V 3. Zu Geiserichs Söhnen s.  o. Anm. IV 15. 99 Zur Nachfolge vgl. (neben Courtois 1955, 238 – 242; Diesner 1966, 114  f.) insbes. Claude 1974; Merrills 2010. 100 Vict. Vit. 2,12  f. (ohne Datierung); Procop. BV 1,7,29 (testamentarische Verfügung) und Iord. Get. 169 (ante obitum suum). 101 Uninformiert über die Verwandtenmorde Hunerichs ist Iord. Get. 169, der diese Regelung als Grund für fehlende Thronstreitigkeiten der Vandalen nennt. 102 Es ist also nicht nur unnötig, sondern zerstört diesen Zusammenhang, wenn man die Regelung gegen die Quellen auf 442 n. Chr. verlegt, wie dies etwa Wolfram 1994, 246 tut („um weitere innere Kriege zu vermeiden“ – dabei war der Krieg

einer des Adels, kein Familienzwist gewesen). Auch Merrills 2010, 141 votiert ohne überzeugende Begründung für 442 n. Chr. 103 Zum Tod Gentos (nach 468 und vor 477 n. Chr.) s. Procop. BV 1,6,24. 8,1. 104 Vor dem Hintergrund von Hunerichs Hochzeitsdatum 462 n. Chr. (s.  o. Anm. IV 69) war er höchstens 14 Jahre alt. Hunerichs Geburtsjahr ist unbekannt, lässt sich aber insofern ungefähr erschließen, als er zwei jüngere Brüder hatte, deren jüngerer (Theodoros) spätestens einige Jahre vor dem Übergang nach Africa geboren wurde (s.  o. Anm. II 107 und Abb. 11). 105 Vict. Vit. 2,13: constitutio Geiserici; Procop. BV 1,16,13: nomos. 106 Laterc. 3  f. (458); s.  o. Anm. IV 121. 107 Vict. Vit. 2,12 – 15; dazu Vössing 2014 a. 108 Zur Diskussion über die Herkunft dieser Senioratserbfolge (im keltischen Kulturkreis als Tanistry bekannt) vgl. schon Claude 1974, der sich zu Recht gegen eine Entlehnung von den Mauren ausspricht. Bei den Ostgoten scheint es einen derart starke Tradition zur Nachfolgeregelung nicht gegeben zu haben, wie die Wahlmöglichkeiten Theoderichs zeigen (s. Hartmann 2009, 30). Vgl. auch Procop. BV 1,16,13: Belisar hoffte durch den Hinweis auf Gelimers Missachtung des Nachfolgegesetzes Geiserichs eine propagandistische Wirkung zu erzielen: Es war mehr als ein Regelverstoß, es war ein Traditionsbruch. 109 Gunthamund (484 – 496 n. Chr.) und Thrasamund (496 – 523 n. Chr.) wurden, so ergibt sich aus dieser Interpretation, nach Hilderich in den 460er Jahren geboren (zur Eheschließung Hunerichs und Eudocias 461 / 62 n. Chr. s.  o. Anm. IV 68). 110 S. o. Kap. III 3. 111 Vgl. dazu Blänsdorf 1990, 326 – 328. 112 Salv. Gub. 7,22,94 – 99 mit dem Zitat von Paulus’ 2. Korintherbrief (7,2). 113 So zu Recht Schmidt 1942, 173. Zur Zerstörung s.  o. Kap. III 5. 114 Zerstörung der Prachtstraße (platea, via) der Caelestis: Vict. Vit. 1,8; Quodv. Prom. 3,38,44; seine ungewöhnliche Formulierung sine memoria sui („ohne Erinnerung an sich selbst“) könnte darauf hindeuten, dass die Aedes Memoriae (vgl. auch Vict. Vit. 3,17; zu Lokalisierungsversuchen vgl. Ennabli 1997, 100 – 102) damit irgendwie in Verbindung stand. ‚Darbietungen beim Caelestis-Tempel‘: Aug. Civ. 2,4; 2,26; vgl. auch 7,26; dazu Weismann 1972, 126; 151. Hurst 1999 lokalisiert den Tempel hypothetisch, aber mit Gründen auf dem Hügel ­Koudiat el Hobsia, oberhalb, d.  h. westlich des Hafens (s. Abb. 8). 115 Zur Diskussion vgl. A. Placanica: La Cristianità africana tra ‚Arrianus fuore‘ e ‚subreptiones

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174

Anmerkungen

Acephalorum‘, in: Delogu (Hg.) 1998, 181 – 242; Heather 2007a; A. Schwarcz, Religion und ethnische Identität im Vandalenreich, in: Berndt / Steinacher (Hg.) 2008, 49 – 58. 116 Y.

Modéran kann seine Annahme, Geiserich habe „unmittelbar nach seinem Sieg bereits einen langfristigen Plan zur systematischen Ausmerzung des Katholizismus“ gehabt (Afrika und die Verfolgung durch die Wandalen, in: Pietri [Hg.], 2001, 264 – 299, hier 272) nicht belegen.

117 Zur

Vertreibung des Quodvultdeus nach Neapel (Vict. Vit. 1,15) s. Nazzaro 2001; generell s. Vict. Vit. 1,13 – 15 (dazu Vössing [ed.] 2011, Anm. 43); 1,17  f.   22  f.   39; s. auch 1,29 zum Verbot, freiwerdende Bischofssitze wieder zu besetzen. Victors Position ist parteiisch, es geht ihm nicht darum, Differenzierungen und Entwicklungen kenntlich zu machen; er stellt alles als Vorgeschichte des großen Konflikts unter Hunerich (s. u. Kap. VII 1) dar. Die Aktionen selbst sind aber (soweit man sie aus dem falschen Zusammenhang lösen kann) durchaus zuverlässig überliefert.

118 454 n. Chr. kam er dem Kaiser mit der Zulassung eines neuen Bischofs in Karthago (Deogratias) entgegen, s.  o. Anm. IV 28 zu Vict. Vit. 1,24; s. auch o. Kap. IV 7 zum Vertrag von 474 n. Chr. 119 Zur

Tracht s. u. Kap. V 6. Vict. Vit. 1,43 lässt Geiserich mit dem Konversionsgebot einem dringenden Rat der arianischen Bischöfe nachkommen, aber die geforderte Entscheidung dürfte auch aus Sicht des Königs in der Logik seines Herrschaftsanspruches gelegen haben.

120 Vgl.

Vict. Vit. 1,19  f. zu Sebastianus (s.  o. Anm. III 70 und IV 26) und 2,9 (s. u. Kap. V 6), wo deutlich wird, dass die Konversion des gesamten Hofes auch in Hunerichs Zeit noch nicht durchgesetzt war. Vgl. dagegen das harte Vorgehen gegen fünf aus Spanien stammende Römer an seinem Hof: Arcadius (s.  o. Anm. 6), Probus, Paschasius, Eutycianus und Paulillus, die nach ihrer Verweigerung der Konversion enteignet, verbannt und schließlich, nach einem Rückkehrversuch, mit Ausnahme des Paulillus hingerichtet wurden: Prosp. Chron. 1329; Gennad. 96.

121 Wir kennen nur sechs Bischöfe namentlich: die aus Vict. Vit. bekannten beiden Patriarchen Iucundus und Cyrila (von dem wir zusätzlich erfahren, dass seine Muttersprache nicht Latein war, s. u. Kap. V 6), Antonius (Vict. Vit. 3,42 – 46 . 53  f.), den aus der Vita Fulg. 21 bekannten Pinta (gegen den Fulg. Rusp. Adversus Pintam gerichtet ist), Barbas / Barbus (Vict. Tun. 82, zu 500 n. Chr.; s. auch Consularia Italica, in: MGH, AA, Bd. IX [1892], 269) sowie Vilinant (s. Lackner 1972). Für eine genauere Auseinandersetzung mit der Literatur (beginnend mit

Papencordt 1837, 109 – 118; Görres 1893 und Giesecke 1939, 174 – 187) s. Vössing 2014a. 122 S. u. Kap. V 6. 123 Dass arianische Soldateneinheiten unter Umständen von ihren episcopi begleitet wurden (‚Militärbischöfe‘, ‚Feldkapläne‘ oder wie sonst man sie – mehr oder weniger anachronistisch – bezeichnen will), ist durch Possid. Vita Aug. 17,7  f. (vgl. Mathisen 1999, 177 – 181) bezeugt. 124 In Karthago wurden sämtliche Basiliken innerhalb der Mauern (Duval 1993; Ennabli 1997, 31 – 42; Di Stefano 2009, 59 – 68; Bockmann 2013, 105 – 116) arianisch, anders als die – vielfach für Begräbnisse genutzten – Kirchen vor der Stadt, s. Vict. Vit. 15  f. (dazu Lancel 1989). Von diesen blieb zumindest die Faustus-Basilika und die der Novae (aber vielleicht auch andere) bei den Katholiken. Erstere wurde (nach dem Verlust der Bischofskirche, der Basilica Restituta, s. Ennabli 1997, 29 – 31) Sitz des Quodvultdeus bzw. (ab 454 n. Chr.) des Deogratias (der hier die nach der Eroberung Roms verschleppten und von ihm ausgelösten Römer unterbrachte, Vict. Vit. 1,25); manche identifizieren sie mit der Damous-el-­ Karita-Basilika (Abb. 8, Nr. 4). Arianisch wurden u. a. die Basilica Maiorum (für die Heiligen Perpetua und Felicitas, s. Vict. Vit. 1,9, Nr. 2 in Abb. 8) und die beiden Cyprian-Basiliken der Stadt (Vict. Vit. 1,16; die Stätte seiner Hinrichtung wird oft mit der Basilika Bir Ftouha identifiziert; vgl. Ennabli 1997, 26; Leone 2007, 105  f.; Nr. 1 in Abb. 8; zu seiner Begräbniskirche nahe an der Küste – Abb. 8, Nr. 3 – vgl. Aug. Conf. 5,8,15 mit Procop. BV 1,21,17). Leone 2007, 155 geht aufgrund eines Missverständnisses von Vict. Vit. 1,9 von ihrer Zerstörung aus. 125 Hängt hiermit vielleicht auch das offenbar vollständige Fehlen arianischer Klöster in Africa zusammen? 126 Sein Patriarchen-Titel wurde von katholischer Seite als nur vom König verschafft nicht anerkannt, s. Vict. Vit. 2,54. 127 Vgl. hierzu Vict. Vit. 1,44 (suus presbyter mit Bezug auf den erwachsenen Königssohn Theuderich; dazu unten Kap. VII 1). Allerdings berichtet Vict. Vit. 3,29  f. auch vom (fehlgeschlagenen) Versuch der arianischen Kirche, in Tipasa einen Bischof zu installieren. 128 Victor spricht generell vom arianischen Klerus, als würde er dem König gehören (z.  B. 2,16; 3,2; s. auch Vita Fulg. 21), natürlich eine Polemik, die jedoch von einem realen Phänomen ausgeht. 129 Stattdessen gibt es nur unerbetene (und unwillkommene) Ratschläge Thrasamunds an Theoderich den Großen, der sich in den Augen des Vandalen in religionspolitischer Hinsicht offenbar zu ausgleichend verhielt (Cassiod. Var. 5,43,3).

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130 Vgl.

Vict. Vit. 2,43; 3,19. Das Werk selbst ist ein Beleg dafür, dass es in Africa noch unter Gunthamund Hoffnungen auf Hilfe aus dem Osten gab (s. Vict. Vit. 3,68 mit Vössing [ed.] 2011, 18). 131 Vgl. Weismann 1972; zum Schicksal der karthagischen Theaterbauten s.  o. Kap. V 5. 132 Procop. BV 2,6,8 (zu dieser Stelle, die wesentlich beitrug zur problematischen Vorstellung der Dekadenz der ‚späten‘ Vandalen, s. Vössing 2015). Amphitheater und Circus in Karthago waren 439 n. Chr. unbeschädigt geblieben, nur der Circus scheint aber dauerhaft genutzt worden zu sein, s. Bockmann 2013, 62  f.); zu Tierhetzen s. Vict. Vit. 2,16; 3,27; Anth. Lat. 348 (353 Riese; dazu Desanges 2006, 134 – 136); zur Welt der Pferderennbahn (von Prokop eigens hervorgehoben) s. auch die späten Zeugnisse des Luxurius: Anth. Lat. 288, 315 und 322  f. (293, 320 und 327  f. Riese); vgl. Stevens 1988. König Gelimer legte Wert auf seine eigene Sangeskunst und begleitete sich mit einem Saiteninstrument (Procop. BV 2,6,33). 133 S. o. Anm. 43. 134 Vgl. z.  B. F. M. Clover: The Symbiosis of Roman and Vandals in Africa (1989), wieder in: ders. 1993, Nr. X; Hen 2007, 74 – 93; Berndt 2007a, 295; Merrills / Miles 2010, 213 – 219 („Education, Education, Education“); für Brown 2012, 32  f. sind vandalisch-römische Spannungen nur eine Auseinandersetzung von „local Romaness against central Romaness“; Conant 2012, 142 spricht vom „rapid pace of Vandal acculturation to the norms of late Roman society“. Häufig wird dabei vom letzten Jahrzehnt der Vandalenherrschaft auf frühere Phasen rückgeschlossen. 135 Der politische Kontext wird unten (Kap. VI) gesondert betrachtet. 136 S. u. Kap. VI zum gemeinsamen Kommunikationsraum des Imperium Romanum. Erst unter Justinian wurde neben Latein auch Griechisch als Amtssprache im Osten zugelassen (vgl. Ioh. Lyd. Mag. 3,42). 137 So etwa Berndt 2007, 236. 138 Zur Frage der vandalischen Spezifika des Gotischen s. Francovich Onesti 2002, 195 – 202; Reichert 2009 (auch zu den vandalisch-gotischen Namen in Africa). 139 Ps.-Aug. Coll. Pasc. 15,114; dazu zuletzt Tiefenbach 1991; Francovich Onesti 2002, 137 – 139; Reichert 2009, 112 – 115. Laut Evagr. 4,17 soll Gelimer beim Triumphzug in Konstantinopel das berühmte „Alles ist eitel“ (Kohelet 1,2) gotisch zitiert haben; da Evagr. aber nur aus Procop. BV 2,9,11 schöpft, ist dies nur eine (wahrscheinliche) Vermutung des Autors. 140 Vict. Vict. 2,55; zur Disputation von 484 n. Chr. s.  o. Anm. VII 21 und Vössing 2014.

141 Der Name Cyrila ist wohl eine griechisch-germanische Hybridbildung, s. Francovich Onesti 2002, 151; Reichert 2009, 64  f. (der allerdings Vict. Vit. 2,55 missversteht) hält auch eine rein gotische Bildung für möglich. Jedenfalls gibt es keinerlei Bezüge zur Berbersprache, was die These Costanzas (1964), derzufolge Cyrila hier in der Tradition einheimischer, in Widerstand zur lateinischen Kultur Roms stehender, berbersprachlicher Stammesidentitäten steht, grundlos erscheinen lässt. Auf Costanza bezieht sich offenbar Wolfram 1994, 251, für den Cyrila „ein einheimischer Provinziale“ war. 142 Howe 2007, 165; Haubrichs 2012, 20 – 27. Eine Bestätigung hierfür bietet Ps.-Aug. Coll. Pasc. 15,101 (wohl noch später im 5. Jh.), dazu unten Anm. VII 48. 143 Die Epigramme sind offenbar am Ende der Vandalenherrschaft zusammengestellt worden, vgl. Vössing 1993. 144 Anth. Lat. 279 (285 Riese): Inter ‚eils‘ goticum ‚scapia matzia ia drincan‘ / non audet quisquam dignos edicere versus; zum Hintergrund s. Chalon etc. 1985, 208  f.; Conant 2012, 63  f.; Vössing 2015. Zur sprachlichen Gestalt der gotischen Worte s. die entsprechenden Einträge in Köbler 1989; Francovich Onesti 2002, 140 – 143; Reichert 2009, 49  f.; Haubrichs 2012, 34  f. 145 Anth. Lat. 206 (215 Riese) an König Hilderich: Vandali-rice potens … (= mächtiger rîka der Vandalen), dazu Chalon u.  a. 1985, 242 – 247; Francovich Onesti 2002, 143f.; 191. 146 Und zwar wahrscheinlich schon in der späteren Geiserich-Zeit, jedenfalls aber unter Hunerich. Zwar kennen wir das Geburtsjahr des Dracontius nicht, zur Zeit seiner Einkerkerung (spätestens in den früheren 490er Jahren) hatte er jedoch schon eine beachtliche Schriftstellerkarriere hinter sich, war also sicher nicht jünger als 20, wahrscheinlich nicht jünger als 30 Jahre alt. Zu seiner Anwaltstätigkeit s. u. Anm. 86. 147 Drac. Rom. 1, praef. 13 – 15: qui fugatas Africanae reddis urbi litteras, barbaris qui Romulidas iungis auditorio. Das Präsens (reddis, iungis) ist sicher nicht so zu verstehen, dass Felicianus diese Leistung erst in der Gegenwart, nicht bereits zu Dracontius’ Schulzeit vollbrachte. 148 Drac. Rom. 1, praef. 1  f.   4 . 8 . 12  f. 149 Vgl. Stoehr-Monjou 2005; Simons 2005, 369  f.; V ­ össing 2015. 150 Drac. Laud. 2,60 – 110. 151 Vgl. zuletzt Hen 2007, 72 und Anm. 54; M ­ errills / ­Miles 2010, 215; Conant 2012, 55. 152 Dies ist wohl auch Vict. Vit. 2,13 hinsichtlich der Bildung des ältesten Theuderich-Sohnes zu entnehmen, wobei die besondere Betonung

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Anmerkungen

darauf hindeutet, dass dies in der vandalischen Oberschicht keineswegs üblich war. 153 S. o. Anm. 51. 154 S. o. Kap. V 5. 155 S. o. Kap. V 1; ‚Unterworfene‘: Vict. Vit. 3,3. 156 ‚Römisches Recht‘: s.  o. Kap. V 3; ‚Kataster: s.  o. Anm. 13. 157 H. Nelsen, in: RGA 5, 1984, 42 – 57; ab 506 n. Chr. gab es mit der Lex Romana Visigothorum auch eine westgotische Rechtssammlung (große Teile des Cod. Theod. enthaltend) für die Beziehungen der Romanen untereinander; s. auch die Lex Burgundionum (um 500 n. Chr.), ed. L. R. von Salis, MGH, Leges nationum Germanicarum 2,1 (1892). 158 Vössing 1997, 380 – 387; s. auch Fulg. Aet., ein Werk, das auch durch die Deklamationspraxis bestimmt ist (dazu Hays 2002, wenn auch mit abweichender Datierung). 159 Subscriptio zu Drac. Rom. 5: Bouquet (ed.) 1995, 160 (24  f. zur schwierigen Datierung): controversia statuae viri fortis, quam dixit in Gargilianis thermis Blossius Emilius Dracontius … Zur schwierigen Lokalisierung der Gargilius-Thermen s. Ennabli 1997, 43  f.; ‚Unterricht‘: vgl. Quodv. Temp. barb. II 4,1  f. mit einer ähnlichen Deklamation. 160 S. insbes. Drac., Fulg. (Aet., Myth., Virg.cont.) und Anth. Lat. Es zeigt sich aber auch an der Härte, mit der Gelimer 533 n. Chr. gegen – offenbar vermögende – Hilderich-Freunde in dieser Schicht vorging: Vict. Tun. 117 (zu 533 n. Chr.: nobiles Africae provinciae, die hingerichtet und enteignet wurden; dazu Mal. 18,57, 459, der von synklêtikoi spricht, Mitgliedern der senatorischen Oberschicht); vgl. darauf die bezeichnenderweise literarisch verschlüsselte Reaktion in Anth. Lat. 336  f. (341  f. Riese); dazu Vössing 1993, Anm. 5. 161 S. o. Kap. V 3. ‚Gargilius-Thermen‘: s.  o. Anm. 159. Immer wieder taucht in den topographischen Diskussionen eine sog. platea maritima als zweites Forum der Stadt in der Nähe der Häfen auf, zuletzt bei Leone 2013, 66 – 68, die den Begriff auf Aug. Conf. 6,9,14 zurückführt (dort ist aber nur vom tribunal die Rede, vgl. Vössing 1997, 357  f.), und bei Bockmann 2013, 48, der ihn irrtümlich auf Vict. Vit. zurückführt (der aber kennt nur eine platea nova, s. u. Anm. VII 17). Überhaupt bedeutet platea ‚Straße‘, nicht ‚Platz‘, und auch die karthagische platea maritima (Aug. Civ. 16,8) wird ein Lungomare oder eine Straße am Hafen gewesen sein. Die Existenz eines Handelsforums am Hafen ist dennoch gesichert: Procop. Aed. 6,5,10 lokalisiert es aber leider nicht genauer. Anth. Lat. 248 (254 Riese) spricht nach wie vor von einem Forum als dem Ort der gerichtlichen Auseinandersetzungen; das könnte aber metonymisch sein.

162 Vict.

Vit. 2,8  f.; bestritten wird die Interpretation als vandalischer Habitus (im Sinn einer Zugehörigkeit zur gens Vandalorum) vor allem von Ph. v. Rummel, ‚Habitus Vandalorum‘. Zur Frage nach einer gruppenspezifischen Kleidung der Vandalen in Nord­afrika, in: Afrique vandale 2002, 131 – 141; ders. 2007, 183 – 189; zustimmend dazu etwa Halsall 2007, 326; R. Steinacher, Gruppen und Identitäten, in: Berndt / Steinacher (Hg.) 2008, 241 – 259, hier 253; dagegen (und für einen Bezug auf vandalische Tracht) argumentiert Bierbrauer 2006, 214 – 216; s. auch Vössing (ed.) 2011, Anm. 127 – 129 und insbes. W. Liebeschuetz, Habitus Barbarus: Did barbarians look different from Romans? In: ­Porena / Rivière (Hg.) 2012, 13 – 28. 163 Tertullian, De pallio 4,1 (hier im Gegensatz zur griechischen Tracht); dazu Vössing 1997, 315  f. 164 Vgl. hierzu v. Rummel 2007, 159 – 161. 165 Selbst die Vandalen scheinen ab dem späteren 5. Jh. weitgehend beigabenlos bestattet worden zu sein (also auch ohne Waffen), entsprechend den Grabsitten ihrer Umwelt, was zeigen würde, dass diese Trachtbestandteile sich bei ihnen als distinktive Zeichen irgendwann überlebt haben. Allerdings sollte die insgesamt bislang nur einstellige Zahl gesicherter Grabinventare mit Beigaben aus der Vandalenzeit vorsichtig machen. 166 Der habitus barbarus wird mit dem „Aussehen dieses Stammes“ (species illius gentis), also der Vandalen, gleichgesetzt (Vict. Vit. 2,9). Entscheidend ist, dass Victor das Bestehen eines habitus barbarus der Hofbediensteten gar nicht als solches berichtet oder kommentiert, sondern nur wegen der ihn logisch voraussetzenden Martyrien erwähnt. Er spricht auch nicht kritisch von einem Zwang, diese Tracht anzulegen. Tatsächlich wurde man ja zu einer Karriere am Königshof sicher nicht gezwungen: wer sie wählte, wählte auch die entsprechende Kleidung. Halsall 2007, 326 geht fälschlicherweise von einer Kritik Victors am habitus barbarus aus (und beruft sich dabei zu Unrecht auf v. Rummel). 167 In diese Richtung geht die Interpretation v. Rummels (s.  o. Anm. 162). 168 Zu den Grabfunden s. König 1981; zuletzt Eger 2012, 286 – 322; er betont (gegen die Interpretation v. Rummels 2007, s. insbes. 263 – 267) die Plausibilität einer gentilen Interpretation. 169 S. auch o. Anm. II 80; zum völkerkundlichen Vergleich s. Wenskus 1977, 261, Anm. 784: „Gerade die Haartracht ist in der Regel der am stärksten ethnisch betonte Teil der Tracht.“ 170 Vict. Vit. 2,9. Dass diese Verschärfung nur von Frauen berichtet wird, könnte auf ihren hohen Anteil bei den Bestraften und auf weitergehende Entehrungen bei der Exekution (Entblößung?

V  Geiserichs afrikanisches Königreich

Hierzu vgl. auch Vict. Vit. 1,24  f.) hindeuten; jedenfalls zeigt es, dass die römischen Bediensteten des Königs mit ihren ganzen Familien im Prinzip Vandalen werden sollten. 171 Species illius gentis: Vict. Vit. 2,9; ‚niedere Knechte‘: s.  o. Kap. V 2; ‚Konversionszwang‘: s. auch Vict. Vit. 2,10 mit anschließenden Maßnahmen mit demselben Ziel. 172 Es stammt von einem Mosaik aus Bordj Djedid bei Karthago, s. Ausstellungskatalog 2009, 237, Nr. 156. Zur Diskussion vgl. Duval 2002; v. Rummel 2007, 231 – 245, der hier keinen habitus barbarus sieht (die von ihm angeführten Parallelen für die Barttracht beziehen sich aber nur auf ‚Vollbärte‘). 173 Das 1870 in der Basilica gefundene Grabmosaik hat nur in einer Zeichnung überlebt, s. Christern 1976, 83 mit Taf. 22 d; König 1981, 329  f.; die Inschrift, ILAlg I 1 3424, liefert die ersten beiden Buchstaben des Namens (Ge…) des Toten, sein Geburtsjahr (anno VII domini nostri regis Trasamundi) und sein Sterbedatum; v. Rummel 2007, 211  f. vergleicht die Kleidung mit der des Chlamydatus auf dem Diptychon von Monza (Stilicho?); dessen kleiner Sohn wird dort aber gerade ohne jedes militarische Attribut dargestellt. 174 Zur Przeworsk-Kultur s.  o. Kap. II 1. 175 Dies zeigt Vict. Vit. 2,8  f. (s.  o.): Nur eine kleine Gruppe der Romanen trägt vandalische Tracht; s. auch o. Anm. 165. 176 Olymp. Frag. 24, dazu Lütkenhaus 1998, 80, Anm. 98. 177 Für Africa s. hierzu zuletzt etwa v. Rummel 2008, 168  f.; vgl. auch A. Leone: L’inhumazione in ‚spazio urbano‘ a Cartagine tra V e VII secolo d. C., in: Afrique vandale 2002, 233 – 248; dies. 2007, 159 – 161. Für Vergleiche s. aber z.  B. einige Aufsätze in Lizzi Testa (Hg.) 2006 und in Krause /W   itschel (Hg.) 2006. 178 ‚Beigabenlose Bestattungen‘: s.  o. Anm. 165; ‚Thrasamunds Diadem‘ erscheint auf Münzen (s.  o. Anm. IV 12); ‚Gelimers Chlamys‘: Procop. BV 2,9,10,12. Zur Bedeutung des Diadems als antikes monarchisches Abzeichen s. z.  B. Amm. 20,4,17  f.; 29,5,20. Zur Frage, welche Tracht auf den Königsmünzen getragen wird, s. De Gaetano 2009, 346  f. 179 S. o. zu Drac. Rom. 1, praef. 1  f.   4 . 8. 12  f. und Vict. Vit. 2,13. 180 Zur literarischen Panegyrik unter Thrasamund s. Vössing 2015. Dass Anth. Lat 371 (376. Riese), V. 1 (Regia festa canam solemnibus annua votis) ohne den Hintergrund tatsächlicher Feiern einer Art dies imperii gedichtet wurde, scheint unwahrscheinlich. 181 Fiebiger / Schmidt 1917.

182 S.

u. Kap. VII 3. spricht von Maurousioi (z.  B. BV 1,8,5; 1,25,5  f. überliefert eine Art römische wie van­ dalische Investitur der maurischen Verbündeten); im Lateinischen ist diese Form selten (s. aber z.  B. Claud. 28,104); zur Tradition der römischen ­Mauri-Klischees s. Gaggero 1990; Conant 2012, 252 – 261. 184 Modéran 1989; ders. 2003, 392 – 396, 460 – 463; R. Rebuffat, Les peuples du nord du Maroc, in: ­Briand-Ponsart / Modéran (Hg.) 2011, 63 – 86. 185 So v. Rummel 2012, 448: „Unterstützung zahlreicher maurischer Stämme“. 186 Sidon. Carm. 5,389  f.; Prisc. Frag. 38,1; Procop. BV 1,5,21  f. 187 Procop. BV 2,13,42 – 45 berichtet hier von einer byzantinischen Expedition gegen die Mauren Sardiniens, die sich nach dem Ende der Vandalenherrschaft offenbar als Herren ihres Teils der Insel fühlten. Dies lässt sich mit den in Cod. Iust. 1,27,2,3 (534 n. Chr.) und in Greg. M. Epist. 4,23  f.; 11,23 genannten barbaricini verbinden, ein Ausdruck, mit dem die benachbarten Sarden wohl diesen kriegstüchtigen, räuberischen (und nicht christianisierten) maurischen Stamm bezeichneten. Prokops Angabe wird allerdings nicht selten bezweifelt, zuletzt von Merrills / Miles 2010, 137, die eine Ansiedlung mit Frauen und Kindern für unvereinbar mit einer Deportation von Aufständischen halten. Dies scheint übertrieben, zumal wir keine Einzelheiten kennen und Sicherungsaufgaben auf Sardinien für einen Maurenstamm nicht attraktiv gewesen sein dürften. Die Verbannung der Mauren fand sicher erst nach 468 n. Chr. statt, s.  o. Kap. V 3. 188 S. o. Kap. III 1. Aiello 2004, 726 spricht von Geiserichs Strategie der Limessicherung durch befestigte Orte, kann dies aber nicht belegen. 189 Zur Zerstörung der Stadtmauern s. Procop. Aed. 6,5,3 – 5 . 7  f.; 6,6,2 – 6; Nic. 15,27; für Karthago s. auch Procop. BV 1,21,11 – 13; 1,23,20  f. Zu den Re­staurierungen der Zeit Justinians vgl. auch Evagr. 4,18 und u. Anm. VIII 14. 190 Vgl. Procop. BV 2,11,9  f. 191 Die Christianisierung einiger Maurenstämme ist bezeugt (s. z.  B. Vict. Vit. 1,36; s. ferner Camps 1984; Desanges 1996; Modéran 2003, 523 – 430; A. Blackhurst, The House of Nubel: Rebels or Players? in: Merrills [Hg.] 2004, 59 – 75, hier 65; 75 Conant 2012, 267 – 269), aber meist nicht sicher datiert. Spekulativ sind die Annahmen, sie sei durch die Katholikenverfolgung Hunerichs (s. u. Kap. VI 1) infolge beispielhafter Martyrien verstärkt worden (so Beltrán Torreira 1990, 385 – 389), oder die maurischen Aufstände unter Hunerich seien durch diese seine Kirchen183 Prokop

177

178

Anmerkungen

politik erst ausgelöst worden (Modéran 2003, 405 – 412). 192 Sie basiert auf Courtois 1955, 334 (oft wiederholt, z.  B. bei Wolfram 1994, 243 und Castritius 2007, 111), kombiniert aber Angaben aus mindestens 100 Jahren zu einem synchronen Bild. Hinzu kommt das Spekulative mancher Lokalisierung, s. Nr. 6: An Capsa dachte Courtois vor allem wegen des in Vict. Vit. 1,35 bezeugten Namens des Fürsten (Capsur oder Capsus); für andere Möglichkeiten s. aber Lancel (ed.) 2002, 290, Anm. 81.

VI  Geiserich und Rom 1 Oros. 3,20,12; natürlich spielt hier Orosius’ geschichtstheologisches Beweisziel (s.  o. Anm. II 99) eine Rolle. 2 Er starb am 24. oder am 25. Januar 477: Lancel (ed.) 2002, 294, Anm. 113. 3 Zu Theoderichs Nachleben (er war im Mittelalter durchaus umstritten, trotz der Dietrich-vonBern-­Sage und der Verehrung Karls des Großen) und seinem erst frühneuzeitlichen Renommee s. zuletzt Goltz 2008, 4 – 14; Ausbüttel 2012, 156 – 160. 4 Vgl. auch Iord. Get. 168: „Geiserich … war ein Mann von mäßiger Größe; er hinkte, weil er einmal vom Pferd gefallen war. Er war ein gründlicher Denker, doch alles andere als gesprächig, Luxus galt ihm als verächtlich, im Zorn konnte er sehr wütend werden; er war habgierig, voll Arglist, wenn es darum ging, die Barbaren zu gewinnen, und geschickt beim Sähen von Zwietracht, um Feindseligkeit zu erregen.“ 5 Erst der Vertrag von 474 sollte ausdrücklich dauerhaft gelten, also unabhängig vom Schicksal der Unterzeichner (s.  o. Kap. IV 7). Geiserichs Vertragstreue hatte allerdings auch zu Lebzeiten seiner Partner eine gewichtige Ausnahme: die Eroberung Karthagos (s.  o. Kap. III 5). 6 S. o. Kap. V 1; ‚Vertrag mit Maiorianus‘: s.  o. Kap. IV 4. 7 Die Rettung der Alanen 419 n. Chr. (s.  o. Kap. III 2) ist insofern kein Gegenbeispiel, als diese allein nicht mehr lebensfähig waren und bald in den Vandalen aufgingen (s.  o. Kap. V 3); s. auch u. Anm. 9. 8 S. o. Anm. II 70 und III 16; vgl. auch Oros. 7,43,13 – 16. 9 Immerhin gab es den Versuch Gelimers, den Königsschatz (und wohl auch sich selbst) zu den Westgoten zu bringen (s. u. Kap. VII 3); wäre dies gelungen, hätten sich die Vandalen wohl zu einer ähnlichen Unterordnung bereitfinden müssen wie 419 n. Chr. die Alanen und Silingen (s.  o.

Kap. II 3). Vgl. auch die Preisgabe der Vandalenherrschaft Gelimers 531 n. Chr. durch Amalaswintha (die Regentin im Ostgotenreich nach dem Tod ihres Vaters Theoderich): Sie verweigerte den vandalischen Gesandten auf Justinians Forderung hin eine Audienz (Mal. 18,57, 460) und erlaubte dem Heer Belisars, sich auf Sizilien zu verproviantieren (Procop. BV 1,14,5 – 6). Allerdings hatte sie zu dieser Zeit schon Furcht vor den eigenen Leuten, gegen die sie sich durch eine Allianz mit Justinian zu sichern hoffte. 10 Den besten Überblick bietet hier Conant 2012, 29 – 43 (s. dort auch generell das Kap. 2, „Flight and Communication“, 67 – 129, zu Reisen und Warenaustausch zwischen Africa und dem Imperium Romanum); vgl. auch Becker 2013. 11 Vgl. Merrills/Miles 2010, 148 – 159; zur Keramikproduktion vgl. auch u. Anm. VII 45. 12 S. o. Kap. V 1 und 2. 13 So z.  B. Goffart 2006, 53. 14 S. o. Kap. V 7.

VII Die weitere Entwicklung des



Vandalenreichs und sein Untergang

1 Dass es außer Hilderich noch einen zweiten Sohn gab, zeigt Vict. Vit. 2,12. Zum Datum ihrer Heirat (462 n. Chr.) s.  o. Anm. IV 69. 472 n. Chr. hatte Eudocia (noch unter Geiserich) Hunerich und Africa allerdings in Richtung Jerusalem verlassen, wo sie kurz darauf gestorben war. Dass sie zu diesem Zeitpunkt 16 Jahre mit Hunerich verheiratet war (so Theoph. 5964; Zon. 13,25; Nic. 15,12), basiert auf der irrigen Annahme, ihre Ehe sei bald nach der Entführung nach Karthago geschlossen worden. 2 Vict. Vit. 1,30 – 38; 2,4 . 26 – 28. 3 Procop. BV 1,8,5; Aed. 6,7,6; Morizot 1990; Modéran 2003, 405 – 413; Modéran 2009, 349 – 353. 4 Hunerich war dem Kaiser (und auch den Romanen Africas) weit entgegengekommen: s. Vict. Vit. 2,1 (Gottesdienste in der Proconsularis) und insbes. Malch. Frag. 17 (13 Cresci; dort zur Datierung: 477 / 478 n. Chr.): Verzicht Hunerichs auf alle Ansprüche hinsichtlich der oströmischen Konfiskationen von Vermögenswerten der Eudocia (Leo hatte offenbar deren Mitgift nach ihrem Verlassen Africas 472 n. Chr., s.  o. Anm. 1 und  IV 72, wieder eingezogen). Hinzu kam der Verzicht auf im Zuge des früheren Krieges (wohl 468 n. Chr.) von Leo konfiszierte Vermögen vandalischer Kauffahrer. Weitere Punkte werden erwähnt, aber nicht benannt. 5 Beide Streitpunkte waren beim Vertragsschluss von 474 n. Chr. offenbar nicht aufgelöst, sondern ausgespart worden.

VII  Die weitere Entwicklung des Vandalenreichs und sein Untergang

6 Laterc. 8 (459); Vict. Vit. 2,2; Vict. Tun. (463 n. Chr.), mit falschem Datum. 7 Möglich ist aber darüber hinaus, dass Hunerich auch für seine geplante Lösung der Nachfolgefrage (s. u.) auf ein ‚herzliches‘ Einvernehmen mit Konstantinopel setzte. 8 Vict. Vit. 2,6 zeigt, dass er in Karthago nicht sehr bekannt war; s. auch PAC I, 362. 9 Zum ‚Henotikon‘, einem entsprechenden Edikt Zenons (482 n. Chr.), s. P. Maraval, Die Rezeption des Chalcedonense im Osten des Reiches, in: Pietri (Hg.) 2001, 120 – 157; Chr. Fraisse-Coué, Die zunehmende Entfremdung zwischen Ost und West (451 – 518); ebd., 158 – 210, hier 179 – 199; Feld 2005, 287 – 296; Kosin´ski 2010, 125 – 146; Kötter 2013, 61 – 68; ‚Freund‘: Malch. Frag. 17 (13 Cresci). 10 S. insbes. Vict. Vit. 2,17. 11 Victor spricht von der Sicherheit des Königs, die ihm dann die Verfolgung ermöglichte (2,17). Dies erweckt den – sicher falschen – Eindruck, Hune­ rich habe sie von Anfang an geplant (s. auch u. Anm. 19). Der Autor selbst (3,19, s. u.) belegt zudem, dass die Nachfolgefrage während Hunerichs ganzer Regierungszeit virulent blieb. Vgl. auch u. Anm. 13. 12 Vict. Vit. 2,12 – 14 (vgl. auch 1,44). 13 Geilarith Gentos ältester Sohn Godagis wurde verbannt (Vict. Vit. 2,14) und starb noch unter Hune­rich. Auch Gunthamund und Thrasamund wurden „verfolgt“ (Vict. Vit. 2,12), jedoch nach Hunerichs Tod nacheinander König der Vandalen. Ihr Überleben ist für Merrills 2010, 143 – 148 die Basis, von der aus er die Bedeutung der Nachfolgefrage für Hunerich leugnet; Victor habe sie erfunden, um Hunerich zu diskreditieren; in Wirklichkeit habe dieser sich nur gegen die Bedrohung durch Theuderichs Familie zur Wehr gesetzt. Aber konnte Victor vor einem informierten Publikum derart ‚fabulieren‘? Auch bleibt unklar, warum es für Hunerich stärker delegitimierend gewesen sein soll, für die Nachfolge seines Sohnes gekämpft zu haben als eine große (die Königsfamilie und die arianische Kirche umfassende) innervandalische Opposition unterdrückt zu haben. 14 Das ‚Henotikon‘ von 482 n. Chr. (s.  o. Anm. 9) hat diese Verbindung zwar geschwächt, aber nicht unterbrochen. 15 Vict. Vit. 2,1. 16 Vict. Vit. 1,44; 2,13. Die Identität der beiden hier erwähnten in Königsnähe lebenden hochrangigen Priester mit diesem Namen ist nicht bezeugt, jedoch anzunehmen 17 Vict. Vit. 2,13; als Ort der Hinrichtung wird die ‚neue Straße‘ angegeben (platea nova; zur

möglichen Lokalisierung s. Vössing [ed.] 2011, Anm. 136). Zu vandalischen Hinrichtungen generell s. Vict. Vit. 3,31  f. 18 Vict. Vit. 2,17. 19 Vict. Vit. 2,17, dazu oben Anm. III 15. Die Begründung in 2,11 ist nicht historisch, sondern theologisch, s. Vössing (ed.) 2011, 169, Anm. 130. 20 Bereits bei Görres 1893 ist beides kombiniert: „wir wissen nicht …“ (48) und „der wilde Religionshass“ (51) des „arianische[n] ‚Torquemada‘“ (56). 21 ‚Säuberungen‘: Vict. Vit. 2,8 – 10. 23; ‚Deportationen‘: VICT. VIT. 2,26 – 37; ‚erzwungene Disputation‘: Vict. Vit. 2,53 – 55; hierfür wurde das „Buch des katholischen Glaubens“ verfasst (Vict. Vit. 2,56 – 101), hierzu Howe 2007, 35 und (theologisch) Heil 2011, 251 – 258; ‚Edikt‘: s. o. Anm. V 44. 22 Gesandtschaften, die den König um Mäßigung gebeten hatten, mussten erfolglos, ja brüskiert abreisen: Vict. Vit. 2,38; 3,32 (da unterschiedliche Legaten genannt werden, handelt es sich wohl um zwei verschiedene Anlässe, jedoch dasselbe Ziel); vgl. auch Evagr. 3,20. 23 ‚Drohungen‘: So ist wohl Hunerichs Angebot an die Katholiken in Vict. Vit. 3,17 – 19 zu verstehen, das beweist, dass seine Kirchenpolitik bis zuletzt auf die Nachfolge Hilderichs abzielte; ‚Religionspolitik Hilderichs‘: s. das nächste Kap.; ‚Beteiligung der arianischen Kirche‘: Vict. Vit. 3,42. 24 Ob Hunerich bei den nobiles und den comites (s.  o. Kap. V 2), die ihm sein Vater auf dem Totenbett teilweise ausdrücklich empfohlen hatte, erfolgreicher war, ist zweifelhaft. Zunächst hatte er jedenfalls auch in diesem Kreis harten Widerstand zu brechen: Es gab öffentliche Folterungen und Hinrichtungen. Auch Heldica, den Geiserich zum Vorsteher der Reichsverwaltung gemacht hatte, ließ er hinrichten (Vict. Vit. 2,14f.); Teile der Elite fühlten sich offenbar an das Gesetz des alten Königs gebunden. 25 Während die Bischöfe nur verbannt wurden, ging man gegen einzelne Laien mit brutaler Härte vor – mit öffentlichen Demütigungen, Folterungen, Verschleppungen, Hinrichtungen: Vict. Vit. 3,21 – 30. Das Laterankonzil vom 13. März 487 n. Chr. beschäftigte sich mit der Frage, wie mit den freiwillig oder erzwungenermaßen in Africa Übergetretenen und Wiedergetauften – die Gefahr war offenbar vorbei – zu verfahren sei (ohne dass eine Größenordnung der Fälle erkennbar würde): Mansi 1759 – 1798, Bd. VII, 1171 – 1174; Epistolae Romanorum Pontificum, I, ed. A. Thiel, Braunsberg 1868, 259 – 261. Zur Diskussion um die Aussage der umstrittenen Not. prov. s. Vössing 2014a.

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Anmerkungen

26 Brown 2012, 402 ist der Meinung, die afrikanische Stadtelite sei (ohne Begeisterung) arianisch geworden. Alles, was wir wissen (s. z.  B. die Verbindungen der afrikanischen Literaten zur katholischen Hierarchie), spricht aber dagegen. Im Gebiet der sortes Vandalorum dürfte die romanische Elite ohnehin weitgehend verschwunden sein (s.  o. Kap. V 1). 27 Hunerich starb am 22. Dezember 484: Laterc. 4; 7 (458). 28 Dies war es wohl, was Fulgentius (Virg.cont. 83,4 – 5) von einer „neuen Herrschaft der Liebe“ sprechen ließ (s. auch u. Anm. 32 und Vössing 2015 generell zum Verhältnis des Fulgentius zur Vandalenherrschaft). Jedenfalls war der Konversionsdruck unter Gunthamund beendet, s.  o. Anm. 25. 29 Laterc. 9  f. (459) zum 10. August 494; Vict. Tun. 50 (479 n. Chr.) spricht irrig von der „sofortigen“ Rückkehr aller verbannten Bischöfe. Nur Eugenios hatte schon 487 n. Chr. zurückkehren dürfen: Laterc. 8 (459). Dass Gunthamund Kirchen außerhalb des vandalischen Kerngebiets zurückgab, dürfte damit zusammenhängen, dass diese weitgehend ungenutzt geblieben waren. 30 Auf entsprechende Zwangsmaßnahmen bezieht sich wohl Procop. BV 1,8,7. Offenbar blieb auch Geiserichs generelles Verbot, neue Bischöfe zu weihen, weiterhin in Kraft, auch in der Regierungszeit Thrasamunds (Vita Fulg. Rusp. 10; 13  f.; 17  f.). 31 Während Odoaker noch unter Geiserich den Vandalen, die den Nordwestteil der Insel besetzt hielten, Abgaben versprochen hatte (Vict. Vit. 1,14, dazu oben Anm. IV 122), änderte sich das 491 n. Chr.: Gunthamund musste um Frieden bitten und jeglichen Anspruch auf die Insel aufgeben (Cassiod. Chron. 1327); wahrscheinlich blieb ihm angesichts des Vordringens der Mauren in Africa keine andere Wahl. Zum vandalischen Sizilien s.  o. Kap. V 3. 32 Drac. Satisf. 214 („überall liegen die Mauren geschlagen darnieder“) ist natürlich nur Panegyrik. Fulg. Myth. Prol., ed. Helm, 5,7 – 16 und 6,1 – 3 beschreibt den Ablauf solcher Maureneinfälle (die Bevölkerung sucht in befestigten Gehöften Schutz) und die Reaktion der vandalischen Reiter, deren Eintreffen die Mauren oft gar nicht abwarteten. Dass es die Ankunft des Königs (domini regis) ist, die die eingefallenen gentes vertreibt, passt – in Kombination mit Fulg. Virg. cont., ed. Helm, 83,4 – 5, wo der Beginn einer neuen (Königs-)Herrschaft beschrieben wird (s.  o. Anm. 28) – gut zu den ersten Regierungsjahren Gunthamunds (vgl. oben Anm. V 88), während eine Datierung in byzantinische Zeit (Hays 2003) auf komplizierte Zusatzannahmen angewiesen

ist; Wolff 2013, 9 und 2013, 10 favorisiert die Herrschaft Thrasamunds, deren Beschreibung als novus dominatus caritatis (s.  o. Anm. 28) jedoch schwerer zu erklären ist. Vgl. auch die Diskussion bei Venuti 2009, 190  f. 33 Zu den Maurenkämpfen Gunthamunds s. Procop. BV 1,8,7; Genaueres bietet Vita Fulg. 5  f.: den Raum südlich von Thelepte, um 490 n. Chr. (da Fulgentius’ Eintritt ins Kloster auf 485 / 486 zu datieren ist, s. Vössing 2006; anders Modéran 2003, 552 und Laporte 2005, 276). Der Raum südlich von Theveste (Tébessa, s. Abb. 11) war dagegen unter Gunthamund noch unter vandalischer Kontrolle (s.  o. Anm. V 88), was sich dann aber bald änderte, denn die Tablettes Albertini wurden offenbar im Boden verborgen. Theveste selbst blieb dagegen noch einige Jahre ein vandalischer Vorposten, s.  o. Anm. V 173. 34 Vgl. oben Kap. V 7. Die Oberschicht floh, die Landbevölkerung arrangierte sich mit den Mauren bzw. schloss sich ihnen an. Zu dieser ‚Retribalisierung‘ s. Modéran 2003, 554 – 561. 35 Vict. Vit. 3,68. In diesen Zusammenhang gehört auch Dracontius’ Lobgedicht auf einen ‚fremden Herrn‘, höchstwahrscheinlich Kaiser Zenon, das ihn unter Gunthamund ins Gefängnis brachte (s. Drac. Satif. 93  f.; zur Diskussion dazu s. Vössing 2015). 36 Laterc. 11  f.; 14 (459); Procop. 1,8,7; er regierte vom 3. Oktober 496 bis zum 7. Juni 523; die abweichende Datierung von Schmidt 1942, 111, Anm. 3 (3. September 496) basiert auf der Angabe, dass Gunthamund nach dem Rückruf der katholischen Bischöfe am 10. August 494 n. Chr. (s.  o. Anm. 29) noch 2 Jahre und 1 Monat regierte; aber damit sind (wie oft bei derartigen Angaben) volle Monate + x gemeint. 37 Procop. BV 1,8,11  f. Zur Unterscheidung s.  o. Kap. V 2. Zu ihrem Schicksal (sie haben Africa wohl nach wenigen Jahren wieder verlassen) s. Vössing 2014b. 38 Procop. BV 1,8,13; zur Eheschließung s. auch Cass­ iod. Var. 5,43, Iord. Get. 299; zu Lilybaeum s. zuletzt Caliri 2007; Gelarda 2011. Lilybaeum blieb bis zum Ende der Vandalen in ihrem Besitz, s. Procop. BV 2,5,12; ‚Gunthamund‘: s.  o. Anm. 31. 39 Marc. Chron. (508 n. Chr.); Cassiod. Var. 1,15,2 (falls hierher gehörend). Zum guten Verhältnis der Vandalen zu Anastasios s. Procop. BV 1,8,14. 40 Cassiod. Var. 5,43  f. 41 Cassiod. Var. 5,43,3 dürfte ein Hinweis auf religionspolitische Differenzen sein. 42 Zu ihm s. zuletzt Sánchez Medina 2008. In den 540er Jahren beherrschte er zeitweise die gesamte Byzacena.

VII  Die weitere Entwicklung des Vandalenreichs und sein Untergang

43 Procop. BV 1,8,15 – 29; dazu Modéran 2003, 139  f.; Vössing 2010, 199  f. Später kam es zum Verlust von Leptis Magna durch die Laguatan (von Procop.‚Leuathen‘, von Coripp. auch ‚Ilaguas‘ genannt), das vollkommen entvölkert und erst von Justinian wieder befestigt und besiedelt wurde, s. Procop. Aed. 6,4,6; dazu Modéran 2003, 290. 44 Vita Fulg. 20  f.; Fulg. Rusp. Tras.; vgl. auch (mit anderer Perspektive) Steinacher 2011. 45 Vgl. Leone 2003, 269 – 273; Bonifay 2004, 480 – 482; Dossey 2010, 63 – 69. Zwar ist es schwierig, die afrikanische Keramik-Produktion mit historischen Entwicklungen zu korrelieren; fest steht aber, dass es auf’s Ganze gesehen bis ins 6. Jh. hinein keinen Einbruch gab. 46 Näheres hierzu s.  o. Kap. V 6 und Vössing 2015. 47 Hierzu Vössing 2015. 48 Fulg. Rusp. Tras. 1,2,2 (rex barbarus – gens barbarica – inscitia als vernacula proprietas). Eine wichtige Parallele ist Ps.-Aug. Coll. Pasc. 15, 101, wo Africa als Teil der Barbaria bezeichnet wird, womit nichts anderes gemeint ist, als dass dort (seit der Vandalenherrschaft) eine andere (‚barbarische‘) Sprachkultur herrschte als in der Romania; s. dazu Vössing 2008, 195 – 197 und Vössing 2015. 49 Thrasamund war am 7. Juni gestorben: Laterc. 12; 14  f. (459); vgl. auch Procop. BV 1,9,1; Vict. Tun. 106 (523 n. Chr.); Iord. Get. 170; Isid. Chron. Got. 395, 475. 50 In Procop. BV 2,5,7 – 10 ist von dem aus Italien stammenden Apollinarius die Rede, der als junger Mann nach Africa kam, von Hilderich reich beschenkt wurde, dann nach dessen Sturz nach Konstantinopel ging, um Justinian zum Eingreifen zu bewegen. Schließlich erhielt er im Vandalenkrieg mehrere Kommandos. Diese Karriere ist schwer vorstellbar, falls er nicht schon unter Hilderich militärische Erfahrung gesammelt hatte. Dieser hatte also wohl auch das Heer für Romanen geöffnet. 51 Wie dies von Theoderichs Tochter Amalaswintha und ihrem Sohn Athalarich (König der Ostgoten ab 526 n. Chr.) gesagt wurde; Procop. BV 1,14,5 – 6; BG 1,2,6  f., vgl. Hartmann 2009, 31; Goltz 2011, 242  f. 52 Procop. BV 1,9,5 bezeichnet ihn als Justinians Gastfreund; für eine Vergeiselung in Konstantinopel, von der Paul. Diac. Rom. 16,7 spricht, fehlen dagegen die Voraussetzungen. 53 Vita Fulg. 21 zeigt, dass Fulgentius schon irgendwann zwischen 515 und 520 n. Chr. ein Umschwung in der vandalischen Religionspolitik absehbar war.

54 Vict. Tun. 106 (523 n. Chr., s. auch Isid. Chron. Got. 396, S. 475) überliefert, Hilderich habe den Bruch des Eides durch ein Vorziehen seiner Maßnahmen (vor seine offizielle Thronbesteigung) umgangen. Dort und bei Procop. BV 1,9,3 (vgl. auch Cassiod. Var. 9,1 von 427 n.) ist auch Amalafridas Versuch beschrieben, Hilderich mit Gewalt (und maurischer Unterstützung) von seinem Kurswechsel abzubringen; er endete mit der Inhaftierung Amalafridas, in der sie nicht mehr lange lebte; dazu Vössing 2014b. 55 „Martial der Vandalen“ (s. zuletzt Wasyl 2011 Kap. III. 2.: „the Martial of the Vandals“ ), eine allerdings missverständliche Formulierung, da das Gros der Gedichte ganz ohne sie auskommt. Hierzu und zu den Ausnahmen s. Vössing 2015. 56 Gelimers Behauptung, ‚das Volk der Vandalen‘ habe ihn zum König eingesetzt (s. u.), ist natürlich kein belastbares Argument. 57 Castritius 2007, 133 u.  a. Am weitesten gehen in dieser Hinsicht Merrills / Miles 2010, 59 und 201  f., für die der vandalische Staat unter Hilderich zum Katholizismus konvertierte. Das ist sicher falsch. Keine einzige unserer Quellen berichtet von einer solchen sensationellen Wendung. 58 Vielleicht hat der Ausdruck ecclesiae catholicae per Africam constitutae libertatem restituens (Vita Fulg. 25) hier in die Irre geführt. In der Praxis könnte es so gewesen sein, dass Kirchen, die nicht von den Arianern genutzt wurden, den Katholiken zur Nutzung überlassen wurden. Bonifatius: Laterc. 16 (459); Vict. Tun. 106 (523 n. Chr.); zur Rückkehr der Bischöfe s. auch Vita Fulg. 26. Das erste (und einzige) gesamtafrikanische Konzil der Vandalenzeit fand im Februar 525 n. Chr. in Karthago statt (Munier [ed.] 1974, 273 – 278; dazu Kaiser 2007, 97 – 114; Vössing 2014b). Zum Kirchenbau s. ILTun 620 in Furnos Maius (in der Proconsularis, was eine Abkehr von der Abgrenzung des Gebiets der sortes Vandalorum darstellen könnte); die Datierung ist nicht ganz klar: Courtois 1955, 125; 382 (Nr. 125): „vers 525“; Merrills, Miles 2010, 201: 528 n. Chr. (ohne Begründung). 59 Franken: s.  o. Anm. II 105; Burgunder: s. Heil 2011, 57 – 65 (Kap. 5 zum Unterschied zu Africa); Westgoten: Kampers 2008, 182 –187. 60 ‚Verwurzelung‘: s. die Entstehung der vielen hundert afrikanischen ‚Landbistümer‘ bereits im 4. Jh.; vgl. dazu zuletzt Dossey 2010, 125 – 144; ‚Verbindungen‘: s. o. Anm. VI 10. 61 S. o. Kap. V 7. 62 S. o. Anm. 58. 63 Coripp. Ioh. 3,198 – 264; 262 – 264. Antalas hatte wahrscheinlich irgendwo südlich von Cillium gelagert (s. Abb. 11), war den vandalischen Rei-

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Anmerkungen

tern zunächst ausgewichen, hatte dann aber die unvorsichtig agierenden vandalischen Truppen überfallen. Nur ihr Kern war mit Hoamer entkommen. ‚Achill der Vandalen‘: Procop. BV 1,9,3. 64 Sein Vater Geilarith (s. Abb. 7), jüngerer Bruder von Gunthamund und Thrasamund, war 523 n. Chr., bei Hilderichs Regierungsantritt, entweder schon tot oder jünger als Hilderich gewesen; jedenfalls war er nicht mehr am Leben, als Gelimer König wurde (15. Juni 530: Laterc. 15, 459). 65 Procop. BV 1,9,8; wenn Gelimer später vom „Volk“ (ethnos, das griechische Pendant zu gens) der Vandalen spricht (1,9,21), könnte das auf eine Heeresversammlung deuten, die er ausnahmsweise zur Legitimierung seiner Position abhalten ließ, oder eine bloße Behauptung sein. Eine Tradition hatte diese Funktion der Heeresversammlung im afrikanischen Königreich jedenfalls nicht, was die zweite Möglichkeit wahrscheinlicher macht. 66 Anth. Lat. 206 (215 Riese); s. Abb. 7. 67 Sonst hätte Gelimer die beiden infrage kommenden Nachfolgekandidaten, die Neffen Hilderichs, sicher nicht nur inhaftiert, sondern hingerichtet. 68 ‚Kerker‘: Procop. BV 1,17,12; vgl. auch 2,5,8; Vict. Tun. 115 (531 n. Chr.). ‚Flucht‘: Procop. BV 2,5,8; Zach. HE 9,17b. 69 ‚Königsfamilie‘: Procop. BV 1,9,14; 1,17,11  f. (Hoamer war schon zuvor im Kerker gestorben). Erstaunlicherweise blieben Hilderichs eigene (offenbar noch kleine) Söhne am Leben: Procop. BV 2,9,13; ‚römische Oberschicht‘: Vict. Tun. 117 (533 n. Chr.); Mal. 18,57, 459 (s.  o. Anm. II 58). 70 S. zuletzt Ladich 2013, 41 – 44. 71 Procop. BV 1,9,10 – 13. Was die Briefe bei Prokop (dessen BV Mitte des 6. Jh. verfasst wurde, jedoch auf zeitnahen Aufzeichnungen beruhte: s. Evans 1996) betrifft ist davon auszugehen, dass ihre ‚Botschaft‘ verlässlich ist, die Formulierungen dagegen den Stilwillen des Autor widerspiegeln; s. hierzu Taragna 2001, 110 – 112; 133  f. Dieser bei Prokop bezeugte Brief ist nicht vereinbar mit Mal. 18,57, 459 (ein in vielen Punkten fehlerhafter Passus), wo Justinian, von Hilderich um Hilfe gebeten, eine Gesandtschaft Gelimers, die seine Empfehlungen bringen will, brüskiert. 72 Procop. BV 1,9,15 – 19. ‚Verschärfung der Haft‘: 1,9,14. Zur Relevanz des Friedensvertrages s.  o. Anm. IV 126 und u. Anm. 73. 73 Prokop. BV 1,9,20 – 23. Dass er die Rechtmäßigkeit seines Aufstandes mit Hilderichs bevorstehendem Bruch von Geiserichs Thronfolgeregelung verteidigte (1.9.20  f.), dürfte darauf hindeuten, dass Justinians Interpretation des Vertrages von 474 n. Chr. nicht völlig grundlos war.

74 So z.  B. Mazal 2001, 129: Pohl 2005, 80 und 83; sie übernehmen damit die Vorwürfe Gelimers (Procop. BV 2,6,27). 75 ‚Fehlende Pläne‘: Procop. BV 1,10,2 – 18. Dass er in Aed. 1,1,8 ein großangelegtes imperiales Restaurationsprogramm postuliert, hängt mit dem panegyrischen Charakter dieser Schrift zusammen, ist gegenüber der Darstellung im BV aber sekundär. ‚Wohlstand‘: Berndt / Steinnacher 2006, 603; ‚innenpolitische Gründe‘: Merrills / Miles 2010, 229  f. 76 Procop. BV 1,9,19. 10,24; Iord. Get. 171. 77 Procop. BV 1,9,24 – 26; zur Problematik der apologetischen Darstellung Prokops an dieser Stelle (was Belisars Abberufung von der Front und den Friedensschluss mit den Persern angeht) s. zuletzt Börm 2007, 306  f.; 329; ‚Anhänger Hilderichs‘: Procop. BV 2,5,8; Zach. HE 9,17b; ‚Beratungen‘: BV 1,10,7 – 21; zur afrikanischen Expedition des Belisar (und Prokops Darstellung) s. insbes. Cameron 1985, 171 – 187; Petrikovitz 1991, Rubin, Bd. II, 1 – 31; Evans 1996, 126 – 133; Hughes 2009, 81 – 110; Leppin 2011, 150 – 157. 78 Procop. BV 1,12  f.; seine Teilnahme: 1,12,3; 1,14,3; zu den Schiffen s. 1,11,13 – 16; zu den Kriegsschiffen s.  o. Kap. IV 5. 79 Procop. BV 1,11,2 (in 4 – 9 werden die Offiziere genannt); hinzu kamen noch 400 Heruler, 600 Hunnen (berittene Bogenschützen) sowie die berittene Leibtruppe Belisars (1,11,11 . 19; 1,19,23). Insgesamt waren es also 17 000 – 18 000 Soldaten, darunter mehr als ein Drittel Reiter. 80 S. o. Kap. III 2. Die Zahl dürfte sich in Africa noch verringert haben: Laut Procop. BV 1,14,9 waren 533 n. Chr. nur 5000 vandalische Krieger für einen Einsatz außerhalb Africas verfügbar; tatsächlich musste Gelimer gleichzeitig einen Maurenkrieg führen: s. u. Anm. 87. 81 Procop. BV 1,14,3. Informanten: Procop. BV 2,5,8; Zach. HE 9,17b; ‚Stärke des vandalischen Heeres‘: s.  o. Kap. III 2 und V 3. 82 Sardinien: Procop. BV 1,11,23 .  14,9. Zum Aufstand s. auch o. Anm. V 78; Tripolitanien: Procop. BV 1,10,24 (Anführer war ein Afrikaner namens Pudentius). 83 Procop. BV 1,14,2  f. (Zitat 1,14,3): 1,15,20. 84 Caput Vada (s. Abb. 11): Procop. BV 1,14,7; Coripp. Ioh. 1,369 (Caput Vadorum); hier ließ Justinian dann zur Erinnerung eine Stadt errichten: Procop. Aed. 6,6,8 – 16. Für eine bloße Demonstration der Stärke war die Aktion entschieden zu aufwändig; anders insbes. Meier 2003, 175 – 180 (richtig ist, dass man noch keinerlei Pläne für ein byzantinisches Africa, geschweige denn für die ‚Restauration‘ des römischen Westens hatte). Justinians Brief an die Vandalen (der sie nie erreichte), in dem den Vandalen für die Absetzung

VII  Die weitere Entwicklung des Vandalenreichs und sein Untergang

des „Tyrannen“ Gelimer Frieden und Freiheit versprochen wurde, konnte schon deshalb keine wesentliche Funktion bei dem Unternehmen haben, weil man seine Expedierung weitgehend dem Zufall überließ (Procop. BV 1,16,12 – 15). 85 Procop. BV 1,16,1 . 11  f. (s. Abb. 11); 1,17,6; s. auch 1,21,9  f. zur späteren Situation in Karthago. 86 Zur ‚Befreiung Africas‘ und ihren unterschiedlichen Facetten s. u. Kap. VIII. 87 Gelimer war – ein Zeichen seiner Ahnungslosigkeit – gar nicht in Karthago, sondern an einem nicht identifizierten Ort im Landesinneren (Hermione in der Byzacena), vier Tagesmärsche von der Küste entfernt (Procop. BV 1,14,10. 17,4), und zwar im Zusammenhang mit Einfällen von Mauren (s. Zach. HE 9,17c); als Sommerresidenz (so Courtois 1955, 250. Anm. 5) wäre ein Ort im Inneren der Byzacena jedenfalls denkbar schlecht geeignet gewesen. 88 Prokops Entfernungsangabe (BV 1,16,16) von 70 Stadien (also ca. 12,5 km, s. D. Feissel, Les itinéraires de Procope et la métrologie de l’Antiquité tardive, in: Afrique vandale 2002, 383 – 400) bezieht sich wohl auf die Stadtgrenze. Eine detaillierte (aber nicht durchweg gesicherte) Rekonstruktion des Geschehens bei Hughes 2009, 87 – 97. 89 Es gab drei vandalische Heeresteile: Gelimer selbst war den Byzantinern gefolgt; sein Bruder Ammatas (dessen Tod ihn dann schwer erschütterte) sollte von vorn angreifen (was er zu früh tat), und sein Neffe Gibamund sollte Belisar mit 2000 Vandalen von links angreifen (Procop. BV 1,18,1). Courtois 1955, 403  f. gibt zu Recht Prokop gegenüber Vict. Tun. 118 (534 n. Chr.: ‚Gibamund war ein Bruder Gunthimers und Gelimers‘) bei der Verwandtschaftsbezeichnung den Vorrang. 90 Hinzu kam eine Führungsschwäche Gelimers in Schocksituationen: Procop. BV 1,19,29 (Anblick seines getöteten Bruders), wie später auch in Tricamarum: 2,3,14 (Tod des Tzazon), 2,3,15 (Angriff der Fußsoldaten auf das vandalische Lager, s. u. Anm. 100). 91 Procop. BV 2,4,34. Theudis (reg. 531 – 548 n. Chr.) hatte ein Militärbündnis mit Gelimer abgelehnt; denn als die vandalischen Gesandten bei ihm ein- trafen, wusste er schon (anders als diese), dass Karthago gefallen war: Procop.BV 1,24,7 – 18. 92 Procop. BV 1,20,1  f.   17 . 21; 1,21,11: Belisar rückte am Nachmittag des 14. September vor Karthago und einen Tag später in Schlachtordnung in die Stadt ein, stellte aber fest, dass die wenigen zurückge­bliebenen Vandalen sich in die Kirchen geflüchtet hatten. Offenbar waren auch sie von Gelimers Aufgabe der Stadt überrascht worden und hatten keine Fluchtschiffe vorbereitet. Das

als Gelimers Siegesmahl schon vorbereitete Essen im Königssaal (der Delphix), das nun angeblich von Belisar genossen wurde (so BV 1,21,1 – 8), wird heute immer gern hervorgehoben, müsste aber zwei Tage alt gewesen sein (vgl. 1,20,1. 17). Hintergrund der Anekdote war wohl lediglich die Inbesitznahme des königlichen Bankettsaals durch Belisar. 93 Procop. BV 1,20,3 – 9. Zur Stadtmauer Karthagos s. Procop. Aed. 6,5,8. 94 ‚Botschaft an Tzazon‘: Procop. BV 1,25,10 – 18; ‚Ebene von Bulla‘: 1,19,32 (zur Lokalisierung s. u.). BV 1,25,21: Die aus Sardinien herbeigerufenen Vandalen unter Tzazon gingen nach zwei Tagen Fahrt „an der Grenze von Numidien und Mauretanien“ an Land. Zur Lokalisierung s. Vössing 2014b. 95 Procop. BV 1,25,1 – 9 (auch zur Art, wie Mauren Bündnisse schlossen, und zu ihrer abwartenden Haltung gegenüber Belisar, dem sie Unterstützung versprachen, aber nicht leisteten). 96 Procop. BV 2,1,1 – 7; dass die Vandalen die Wasserleitung kappten, weist auf ihre Marschrichtung; sie hatten, zunächst von Westen kommend, die byzantinische Armee offenbar weit im Süden umgangen; vgl. N. Duval, in: Afrique vandale 2002, 42. Procop. BV 2,1,8 zeigt, dass es in Karthago auch bei den Romanen noch Anhänger der Vandalen gab; zu denken ist etwa an all die, die im Dienst des Königs gestanden hatten. 97 Die Schlacht (Procop. BV 2,2  f.; ein militärhistorischer Kommentar bei Hughes 2009, 100 – 106) ist datiert (2,3,27  f.), der Ort, 140 Stadien von Karthago entfernt (ca. 25 km, vgl. dazu oben Anm. 88), aber nicht identifiziert. 98 Procop. BV 2,2,8. 99 Dieser ist von zahlreichen Belagerungen geprägt, in denen sich die Byzantiner an befestigten Städten abarbeiten mussten, die teilweise von Goten und Römern gemeinsam verteidigt wurden; dies beginnt schon bei der Belagerung Neapels (Procop. BG 1,8). 100 Procop. BV 2,3,18 (was sicher nicht untertrieben ist). Auch hier spielte individuelles Versagen eine Rolle (s.  o. Anm. 90). Dass die Römer in der Unterzahl waren (so Knaepen 2001, 399), ist ein Missverständnis von BV 2,3,17. Sie fühlten sich nicht stark genug, das vandalische Lager sofort anzugreifen, weil es in einiger Entfernung lag, d.  h. zum Angriff nur die Reiter zur Verfügung standen; die (und nur die) waren den vandalischen Reitern (die nur 800 Mann verloren hatten und ansonsten ins Lager zurückgekehrt waren) unterlegen. Dann aber waren die byzantinischen Fußsoldaten vom Schlachtfeld herangekommen, und nun gab Gelimer alles verloren; tatsächlich

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Anmerkungen

waren die Vandalen jetzt zahlenmäßig unterlegen, wie schon in der Schlacht. 101 Procop. BV 2,4,1 – 4. Laut Hughes 2009, 105 hatte Gelimer nach der Schlacht nicht mehr die Autorität, seine Krieger hinter sich zu bringen. Angesichts der aussichtslosen Lage der Vandalen und ihrer keineswegs vollständigen Niederlage muss man dies aber bezweifeln. 102 Procop. BV 2,3,20. 4,15 – 8. 103 Procop. BV 2,4,26  f.   32. 104 Procop. BV 2,4,32. 35 – 38. Zu Bonifatius s.  o. Anm. V 92. 105 Procop. BV 2,4,27 (die „in der Nähe des Gipfels gelegene alte Stadt Medeos“ hilft uns auch nicht weiter). Auffällig ist, dass Prokop nicht präziser sagt, an welchem ‚Rand‘ Numidiens der Berg lag. Vermutlich hatte er selbst kaum präzise Informationen. Seine Formulierung legt zwar nahe, dass es sich um die von der Proconsularis abgewandte Grenze handelte, aber das ist unwahrscheinlich (s. u.). 106 Courtois 1955, 184, Anm. 1; so z.  B. auch Mazal 2001, 133; Castritius 2007, 160; ‚zwischen Bulla Regia und Thabraca‘: Desanges 1959. Zur Orientierung s. Abb. 11. 107 Procop. BV 2,4,27. 6,2. 108 M’Charek 1999 und 2001. ‚Kontaktzone‘: Procop. BV 1.25.1. 16. Zur Orientierung s. Abb. 11. 109 Procop. BV 1,19,32; 1,25,1. 16. Bulla Mensa ist aus Ptolemaios’ Geographie bekannt, s. M’Charek 1999, Anm. 11. 110 Zu den gleichwohl vorhandenen Schwierigkeiten der ‚Table de Jugurtha‘-These s. Vössing 2014b; Ursache ist Prokops mangelnde Ortskenntnis; den Umkreis Karthagos hat er wahrscheinlich nie verlassen. 111 Procop. BV 2,7,1; zu Pharas’ Aktionen s. 2,6,1 – 3.; vgl. auch 1,11,11; 2,4,29. 112 Procop. BV 2,7,3 – 12. 113 Der gesamte Briefwechsel Pharas / Gelimer (Procop. BV 2,6), der der Kapitulation vorausging, ist verdächtig, was Form und Inhalt angeht, s. Schmidt, 1942, 141 Anm. 2; Knaepen 2001, 401, Anm.70. Die selbstgedichteten Lieder Gelimers (2,6,30. 33) haben zu allerlei modernen Konstruktionen geführt, s. dazu Vössing 2015. 114 Procop. BV 2,9,1 – 16; zu den Feierlichkeiten des Triumphes von 534 n. Chr. (bei denen sich auch der ‚eigentliche‘ Sieger Belisar vor dem Kaiser zu Boden werfen musste), s. Procop. BV 2,9,13  f.; Evagr. 4,17; dazu Downey 1960, 87 – 91; Meier 2003, 162 – 165; Leppin 2011, 156  f.; Börm 2013; ‚wie versprochen‘: BV 2,7,10  f.; Siegerbeinamen: Cod. Iust. 1,27,1 pr. (zu Africanus s.  o. Anm. IV 77).

115 Procop.

BV 2,5,1 – 10. Von Septem (heute Ceuta) wird in 2,5,6 nur gesagt, dass Belisar die Festung besetzen ließ, nicht aber, wer sie zuletzt in Besitz hatte (die Westgoten?); zur neuen Fortifizierung s. Aed. 6,7,14.

116 Procop.

BV 2,5,11 – 25, dazu oben Anm. VI 9.

VIII „Befreiung Africas“ oder

Zerstörung einer vandalischen Perspektive?

1 Procop. BV 2,14,8 – 10. 17; dazu Y. Modéran, L’établissement territorial des Vandales en Afrique, in: Afrique vandale 2002, 87 – 122, hier 115 – 122. 2 Procop. BV 2,14,18 . 15,3  f. Den 500 ‚Rückkehrern‘ schlossen sich weitere ca. 500 vandalische Krieger an, denen es in Africa gelungen war, der Deportation zu entgehen, sowie „eine große Menge“ von vandalischen „Knechten“ (zu ihnen s.  o. Kap. V 2 mit Anm. 36), die offenbar – anders als die Krieger – nicht deportiert worden waren; ohne diese ging von ihnen aus byzantinischer Sicht wenig Gefahr aus, und ihre große Zahl hätte die Logistik der Deportation erschwert. 3 Zur Revolte des Guntharith (Guntharis) s. Procop. BV 2,15,3 – 5; 2,25  f.; Coripp. Ioh. 3,428 – 433; 4,222 – 228; Marc. Chron. II auct. (547 n. Chr.); Iord. Rom. 384; dazu PLRE III A, 574 – 576; Rubin 1995, 47−49. 4 Procop. BV 2,25,10; 2,26; 2,28,1 – 40; Coripp. Ioh. 4,229 –242 .  367 – 369. 425 – 428; 6,70 – 73; Vict. Tun. 136 (546 n. Chr.). Zu den ‚dunklen Jahren‘ der byzantinischen Herrschaft in Africa s. Vössing 2010, 205 – 216. 5 Einleitung zur Konstitution Tanta (O. Behrends u.  a., Corpus Iuris Civilis, II, Heidelberg 1995, 73); ‚Befreiung‘: Cod. Iust. 1,27,1,1 . 6 (534 n. Chr.). Zur noch spürbaren Überraschung Justinians über die Schnelligkeit des Erfolges s. Meier 2003, 180. Generell zur ‚afrikanischen‘ Propaganda Justinians vgl. Conant 2012, 307 – 309. 6 So Coripp. Ioh. 3,28 – 33; vgl. damit aber den pessimistischen Schlusssatz in Procop. BV 2,28,52. 7 Procop. BV 1,16,2 – 8; 1,20,19  f. Dass Justinians offener Brief an die Vandalen (Procop. BV 1,16,13  f.) dagegen nur die Befreiung vom Usurpator Gelimer als Ziel nennt, ist verständlich; ging es doch darum, einen Versuch der Spaltung des Widerstands zu unternehmen. Knaepen 2001, 390  f. macht Prokop unnötigerweise zum Schöpfer dieser doppelten Rhetorik.

IX  Warum es heute noch ‚Vandalen‘ gibt – Namen und Schimpfwörter

8 Procop. Aed. 6,6,1 – 7; BV 1,17,8; Hunericopolis: Not. prov. Byzacena, 107. Generell zu den römischen Stadtmauern in Africa s.  o. Anm. V 189. 9 Vgl. hierzu Prokops Schilderung eines insofern typischen vandalischen Feldzugs gegen tripolitanische Mauren (in den letzten Regierungsjahren Thrasamunds) und des despektierlichen Desinteresses der Vandalen an den afrikanischen Städten außerhalb ihres Kernbereichs zeigt: BV 1,8,17 – 25 . 29 (dazu Evagr. 4,15). S. auch generell oben Kap. V 6. 10 Procop. BV 1,20,1 . 21 zum festlichen Einzug, den die Karthager Belisar bereiten wollten. 11 Procop. BV 1,23,1 – 4. Gut möglich, dass man die unter Hilderich stark gelockerte religiöse Repression im Gebiet der sortes Vandalorum (s.  o. Anm. VII 58) nicht wieder aufgenommen hatte. 12 Dies galt zum einen für das Verhältnis zu den Mauren (auf deren Unterstützung man nicht angewiesen zu sein glaubte; man hielt sie vielmehr für leicht besiegbare Gegner), zum zweiten für die finanziellen Notwendigkeiten eines Söldnerheeres (dieses sich selbst zu überlassen, musste katastrophale Folgen haben) und zum dritten für die Missachtung der alten städtischen Oberschicht Africas, s. Vössing 2010. 13 Deren Christianisierung war ein nicht zu übersehendes Zeichen dieser Allianz, s. hierzu zuletzt Y. Modéran, Die Kirchen und die byzantinische Rückeroberung: Afrika, in: Pietri (Hg.) 2001, 749 – 766, hier 761 – 765; M. A. Handley, Disputing the End of African Christianity, in: Merrills (Hg.) 2004, 291 – 310, hier 297 – 300. 14 Zur Rolle dieser Region, wo um 646 n. Chr. eine Entscheidungsschlacht gegen die arabischen Eroberer stattfand, bei der Usurpation des Exarchen Gregorios s. Diehl 1896, II, 554 – 562. Generell zum byzantinischen Festungsbau in Africa s. Pringle 1981; P. Trousset, Les limites sud de la réoccupation byzantine, in: Afrique vandale 2002, 143 – 150; Modéran 2003, 596 – 604; Conant 2012, Kap. 4, insbes. 249  f. und 332  f. 15 Anders offenbar Y. Modéran, ‚Le plus délicat des peuples et le plus malheureux‘. Vandales et Maures en Afrique, in: Berndt / Steinacher (Hg.) 2008, 213- 225, hier 225, ohne dass deutlich wird, was eine „africanisation“ der Herrschaft (die er schon unter Geiserich vollendet sieht), ohne dass Mauren und afrikanische Romanen beteiligt waren, bedeuten könnte. 16 Das Wort ist hier nicht zufällig gewählt, sondern wegen seiner Herkunft von barbarus, s. u. Kap. IX. 17 Vgl. z.  B. Böhme 2009.

IX Warum es heute noch ‚Vandalen‘ gibt –



Namen und Schimpfwörter

1 R. Solé, Le nom de la rose, in: Le Monde, 16. Sep. 2008, 30. 2 Lund 1998, 40 – 85; Bleckmann 2009, 15 – 23. 3 Pohl 2004; zur Francia, dem schwer zu bestimmenden (weil wechselnden) Siedlungsgebiet fränkischer Stämme (östlich des Rheins, nördlich des Mains), s. zuletzt Nonn 2010, 15 – 35. 4 ‚Kein gemeinsamer Germanenname‘: vgl. in Procop. BV 2,6,15 den Brief des Herulers Pharas an Gelimer („Auch ich bin ein Barbar“). Zu den Langobarden s.  o. Anm. II 78. Zum Fehlen einer Historia Vandalorum s.  o. Kap. VII 2.; sie hätte wohl auf Traditionen rekurriert, wie sie in Tacitus’ Germania (2,2) oder Plin. Nat. 4,99 greifbar sind. 5 Cicero, De finibus bonorum 2,49; ‚Römer als Barbaren‘: s. z.  B. Plin. Nat. 29,14. 6 Vgl. z.  B. Lund 1990, 16  f. Bezogen auf die Vandalen zeigt dies etwa Drac. Rom. 1 praef. (dazu oben Kap. V 6). 7 Vgl. schon Tacitus’ Germania 18 – 20; an diese Vorstellung knüpfte auch Salvian in Bezug auf die (mittlerweile christlichen) Barbaren seiner Zeit an, s.  o. Anm. II 96 und V 112. 8 ‚Frühzeit‘: Plautus, Asinaria, Prolog 11; ‚Selbstbezeichnung‘: Opelt / Speyer 1985, 880  f.; ‚für die Vandalen‘: s.  o. Kap. V 6. 9 Den Namen ‚Berber‘ erhielten die Mauren von den Arabern, die das lateinische barbari im Ohr hatten (z.  B. Aug. Civ. 16,6; Epist. 220,7; Vita Fulg. 5), mit dem die Römer alle wenig assimilierten libyschen Stämme Africas bezeichneten; s. auch Opelt 1982 / 83; Manthke 1996; Zarini 2005; s. auch u. Anm. 12; ‚bei Freunden vermieden‘: So legitimiert Cassiod. die Ostgotenherrschaft Theoderichs (z.  B. Var. 3,17: ‚Römische Sitte gegen barbaries‘; dazu Vössing 2015); s. auch Sidon. Epist. 8,3,3. 10 Dauge 1981, 437 summiert alle literarischen Qualifikationen der Barbaren: in ca 70 % ist entweder von ihrer feritas, ihrer ferocia oder ihrem furor belli die Rede. 11 Zur römischen Ikonographie der Barbaren und der Barbarensiege s. Schneider 1985; zuletzt Heitz 2009; weitere Literatur bei v. Rummel 2007, 197. 12 Für die Vandalen s. Novell. Val. 1,2; 9; 13; 34; generell vgl. Rugullis 1992, 129 – 133; Ohnacker 2003, 42 – 46; 76 – 80 (eine Darstellung, die typisch ist für die Beschränkung auf das negative Barbarenbild literarischer Texte). Für Greg. Tur. dagegen scheint barbari zuweilen eine generelle

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Anmerkungen

Bezeichnung für Soldaten gewesen zu sein, s. Hist. 4,35. 48. 13 Vgl. v. Wartburgs Französisches Etymologisches Wörterbuch (I, 248a), das Diccionario Crítico Etimológico Castellano e Hispánico (I, 655a) und das Dictionnaire Historique de la langue française (4. Aufl. 2012, 481); für Hinweise danke ich Christian Schmitt. Die vulgärlateinische Phase dieser Wortgeschichte ist allerdings erschlossen, nicht belegt. 14 Vgl. Fulg. Rusp. Tras. 1,2,2. 15 Man betrachte etwa die Antrittsvorlesung von Barthélémy Latomus am Collège de France (1534): „Jede Bildung in Literatur, jede geistige Eleganz ging durch die gotische und vandalische Barbarei (babaries) zugrunde“ (Latomus, Deux discours inauguraux, éd. par L. Bakelants, Brüssel 1951, 30  f.); furor teutonicus (wegen des Zuges der Kimbern und Teutonen gegen Italien am Ende des 2. Jh. v. Chr.): Lucanus 1,255  f.; Florus’ Geschichtsabriss spricht von ihrer berühmten unbesiegbaren Wut (1,38); ‚furor Teutonicus im Mittelalter‘, namentlich nach der Schlacht von Bouvines (1214): Valance 2013, 18  f. 16 H.B. Grégoire, Rapport sur les destructions opérées par le vandalisme (1 – 3, erschienen am 31. August 1794, 29. Oktober und 14. Dezember

1795), in: ders.: Œuvres. Bd. II, Paris 1857, 256 – 278; 321 – 357. Dazu Michel 1988, 35 – 41; Demandt 1997, 13 – 19; zuletzt Merrills 2009 (mit Literatur). 17 Auf ihm etwa basierte der Vandalenname im früheren schwedischen Königstitel, s. Steinacher 2002, zuletzt Donecker / Steinacher 2009. 18 Der Begriff des ‚gotischen Stils‘ wurde von Giorgio Vasari (1511 – 1574) geprägt, als negativer Ausdruck für ‚barbarische‘ Qualität im Gegensatz zur klassischen antiken Ästhetik (s. Binding 2000, 15  f.); Theoderich ‚der Große‘: s.  o. Anm. VI 3. 19 Die Ausnahmen beruhten auf dem oben (Anm. 17) erwähnten Missverständnis. Schlesien ‚entdeckte‘ seine vandalische Vorgeschichte (als Silingia, wohlgemerkt eine Neuschöpfung) erst im 19. Jh. 20 S. o. Kap. IV 3. Prokop ist die Basis für H. Grotius, Historia Gothorum, Vandalorum et Langobardorum, Amsterdam 1655 und für den ersten großen franz. Victor-Kommentar von T. Ruinart (Amsterdam 1699). 21 „Nos somos alanos, / e celtas e suevos, / mas non castellanos“: E. Pondal, Poesía galega completa, III, hg. v. M. Ferreiro, Santiago de Compostela 2002, 371. Vgl. Abb. 1.

Quellen und Literatur Quellensammlungen CIL: Corpus Inscriptionum Latinarum, bislang 17 Bde. (I–XVII), Berlin 1853 ff. COD I: Conciliorum Oecumenicorum Decreta / Dekrete der ökumenischen Konzilien; hg. v. J. Wohlmuth, Bd. I: Konzilien des ersten Jahrtausends (griech. / lat. / dt.), Paderborn 1998 ILAlg: Inscriptions latines de l’Algérie; I; ed. St. Gsell, Paris 1922; Bd. II 1 – 3, 1957 – 2003 ILS: Inscriptiones Latinae Selectae; ed. H. Dessau; 3 Bde., Berlin 1892 – 1916 ILTun: Inscriptions latines de la Tunisie, Paris 1944 MGH, AA: Monumenta Germaniae Historica, Scriptores: Auctores antiquissimi; 15 Bde. MGH, SS: Monumenta Germaniae Historica, Scriptores; 182 Bde. (inklusive AA) PG: Patrologia cursus completus, series Graeca, J. P. Migne u.  a. (ed.); 161 Bde. PL: Patrologiae cursus completus, series Latina, J. P. Migne u.  a. (ed.); 221 Bde.

Antike Werke mit Kurzbeschreibung der Autoren Ammianus Marcellinus [Amm.]: Bedeutender lateinischer Geschichtsschreiber des späten 4. Jhs. n. Chr. Lebte zeitweise in Rom. In 31 Büchern Res gestae, mit denen er an Tacitus’ Geschichte der flavischen Kaiser (Historiae) anknüpfte, behandelte er die Zeit von 98 bis 378 n. Chr. Erhalten sind nur die Bücher 15 ff., für die Zeit von 353 bis 378 (‚Gotenschlacht‘ von Adrianopel). Sein Werk ist eine wichtige Quelle für die Geschichte der Goten im Römischen Reich des 4. Jhs. W. Seyfahrt u.  a. (ed.), Leipzig 1978.

Anthologia Salmasiana [Anth. Lat.]: Umfangreiche spätantike Sammlung von Epigrammen aus dem vandalischen Karthago des 6. Jhs., benannt nach ihrem frühneuzeitlichen Besitzer Claude de Saumaise (1588 – 1653); mit den meisten Gedichten ist hier Luxurius vertreten. Seit dem 18. Jh. wird die Sammlung oft Anthologia Latina genannt, obwohl dieser Name auch für eine größere moderne Anthologie benutzt wird. D. R. Shackleton Bailey (ed.), Leipzig 1982; die größere Anthologia Latina: A. Riese u.  a. (ed.), 5 Bde., Leipzig ²1894 – ²1906; die Anthologia Salmasiana hier in Bd. I 1 (²1894), mit anderer Zählung der Gedichte.

Augustinus [Aug.]: Bedeutendster lateinischer Kirchenvater, geb. 354 in Numidien (Thagaste), gest.

430 n. Chr. in Hippo Regius, während der Belagerung durch die Vandalen. Neben einer Vielzahl theologischer Schriften, darunter die Confessiones [Conf.] und der berühmte Gottesstaat, eine negative Geschichtstheologie vor dem Hintergrund der Eroberung Roms durch die Westgoten im Jahre 410 n. Chr. (De Civitate Dei [Civ.]), verfasste er zahlreiche Briefe [Epist.]. Aufgrund seiner Bedeutung und Berühmtheit wurden ihm später auch Werke anderer Autoren zugeschrieben (s. u. Pseudo-Augustinus). Sein Leben beschrieb Possidius (s. u.). Civ.: B. Dombart, A. Kalb (ed.), Leipzig 41929; Epist.: A. Goldbacher (ed.), 5 Bde., Wien u.  a. 1895 – 1923; Epist. 1*–29*: J. Divjak (ed.), Paris 1987 (mit franz. Übers. und Kommentar verschiedener Autoren).

Candidus / Kandidos [Cand.]: Griechischer Geschichtsschreiber des späten 5. Jhs. Er stammte aus Isaurien und diente prominenten Landsleuten als Sekretär. Sein Geschichtswerk behandelte in drei Büchern die Regierungszeit der Kaiser Leo und Zenon (457 – 491 n. Chr.); es ist nur in Form eines frühmittelalterlichen Auszugs (in Photios’ Bibliothek) erhalten. R. C. Blockley (ed.), 1983, The Fragmentary Classicising Historians of the Later Roman Empire, Bd. II. Eunapius, Olympiodorus, Priscus and Malchus. Text, Translation and Historiographical Notes, Liverpool, 464 – 473 (mit Kommentar und engl. Übers.).

Cassiodorus [Cassiod.]: Schriftsteller, Gelehrter und Staatsmann im spätantiken Italien. Unter dem Ostgotenkönig Theoderich (reg. 493 – 526 n. Chr.) und bis ca. 540 n. Chr. war er hoher Beamter und veröffentlichte später in zwölf Büchern unter dem Titel Variae [Var.] die von ihm verfassten Amtsschreiben und Urkunden; erhalten ist auch seine Weltchronik [Chron.]. Seine im Auftrag Theoderichs begonnene Gotengeschichte ist verloren (s. u. Jordanes). Chron.: Th. Mommsen (ed.), in: MGH, AA, Bd. XI (1893), 120 – 161; Var.: A. J. Fridh (ed.), Turnhout 1973.

Cedrenus (Georgios Kedrenos) [Cedr.]: Byzantinischer Geschichtsschreiber, der um 1100 n. Chr. eine Weltchronik verfasste, in der er frühere (uns verlorene) Historiker oft wörtlich zitierte. I. Bekker (ed.), 2 Bde. Bonn 1838 – 1839, wieder in: PG 121 – 122 (1884, 1889).

Chronica Gallica [Chron. Gall.]: So werden spätantike Chroniken aus Gallien bezeichnet, namentlich die bis 452 n. Chr. [Chron. Gall 452] und die bis 511 n. Chr. [Chron. Gall. 511] reichenden Chroniken.

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Quellen und Literatur

Th. Mommsen (ed.), in: MGH, AA, Bd. IX (1892), 646 – 666; R. Burgess (ed.), in: Mathisen / Shanzer (ed.), 2001, 52 – 100.

Claudianus [Claud.]: Erfolgreicher Dichter und Panegyriker am Hof des Honorius (reg. 395 – 423 n. Chr.), der häufig auch dessen Heermeister Stilicho verherrlichte. Seine Gedichte sind eine wichtige Quelle für das Jahrzehnt nach der Reichsteilung 395 n. Chr. Th. Birt (ed.), in: MGH, AA, Bd. X (1892); J. B. Hall (ed.), Leipzig 1985.

Codex Iustinianus [Cod. Iust.]: Eine von Kaiser Justinian 528 in Auftrag gegebene und 534 n. Chr. in zweiter Auflage veröffentlichte Gesetzessammlung, die in 12 Büchern alle gültigen Kaisergesetze des Gesamt­reiches seit Kaiser Hadrian (reg. 117 – 138 n. Chr.) enthalten sollte. P. Krueger (ed.), Corpus Iuris Civilis, Bd. II, Berlin 9 1915.

Codex Theodosianus [Cod. Theod.]: Älteste offizielle (nur teilweise erhaltene) römische Gesetzessammlung, die Kaiser Theodosius II. (reg. 408 – 450 n. Chr.) und sein Cousin Valentinian III. (reg. 425 – 455 n. Chr.) 438 n. Chr. in Kraft setzten. Sie enthält die Kaiser­erlasse seit 312 n. Chr., insgesamt über 2500. Th. Mommsen, P. Krueger (ed.), Berlin 1905.

Corippus [Coripp.]: Der lateinische Dichter und Grammatiker Flavius Cresconius Corippus (oder Gorippus, s. Riedlberger 2010) aus dem spätantiken Karthago ging nach 540 n. Chr. als Hofbeamter zum byzantinischen Kaiser. Er verfasste ein Lobgedicht auf den byzantinischen General Iohannes und seine Feldzüge in Nordafrika in den Jahren 546 – 548 n. Chr (Iohannis [Ioh.]). J. Diggle, F. R. D. Goodyear (ed.), Cambridge 1970; Ioh. 8: P. Riedlberger (ed.), Groningen 2010 (mit dt. Übers. und Kommentar).

Dexippos [Dexipp.]: Bedeutender griechischsprachiger Historiker und Politiker aus der Oberschicht Athens (starb um 275 n. Chr.). Seine nur fragmentarisch erhaltene Chronik reicht bis ca. 270 n. Chr. Sie wurde von Eunapios (s. u. Zosimos) fortgesetzt. G. Martin (ed.), Tübingen 2006 (mit dt. Übers. und Kommentar).

Dracontius [Drac.]: Lateinischer Dichter und Redner aus dem Karthago des späten 5. Jhs. n. Chr. Zeitweise war er (unter König Gunthamund, reg. 484 – 496 n. Chr.) inhaftiert. Er verfasste zehn hexametrische Gedichte unter dem Titel Romulea [Rom.], ein an Gunthamund gerichtetes Abbittegedicht (Satisfactio [Satisf.]) und als Hauptwerk eine Schrift über das Gotteslob (De laudibus Dei [Laud.]). Laud. und Satisf.: Moussy, Camus (ed.), 1985 / 1988; Rom. 1 – 5: J. Bouquet (ed.), Dracontius: La tragédie

d’Oreste. Poèmes profanes I–V, Paris 1995 (mit Kommentar und franz. Übers.); Rom. 6 – 10: E. Wolff (ed.) 1996, Dracontius: Poèmes profanes VI–X, Paris 1996 (mit Kommentar und franz. Übers.).

Evagrios (Scholastikos) [Evagr.]: Aus Syrien stammender Rhetor und Jurist des 6. Jhs., zeitweilig ­Sekretär des Patriarchen von Antiochia. Er verfasste eine Kirchengeschichte (das letzte bedeutende antike Werk dieser Gattung, das erhalten ist) für die Zeit von 428 – 594 n. Chr. J. Bidez, L. Parmentier (ed.), London 1898; A. Hübner (ed.), 2 Bde., Turnhout 2007, 2008 (mit dt. Übers. und Kommentar); engl. Übers. mit Kommentar: M. Whitby, Liverpool 2000.

Fredegar (Fredegarius Scholasticus) [Fred.]: Verfasser einer frühmittelalterlichen lateinischen Chronik seit Erschaffung der Welt, besonders wichtig für die Geschichte des Frankenreiches im 7. Jh. B. Krusch (ed.), in: MGH, SS rerum Merovingicarum Bd. II, 1888, 1 – 193.

(Fabius Claudius Gordianus) Fulgentius [Fulg.]: Autor literarischer und philologischer Werke aus dem Africa (wohl Karthago) des späten 5. Jhs., zur Unterscheidung vom gleichnamigen Bischof von Ruspe (s. u.) oft „der Mythograph“ genannt. Neben einer Weltgeschichte (De aetatibus mundi et hominis [Aet.]) verfasste er unter anderem eine christliche Interpretation der paganen Mythen (Mythologiae [Myth.]) und eine christliche Deutung von Vergils Aeneis (Expositio Virgilianae continentiae secundum philosophos moralis [Virg. cont.]). R. Helm (ed.), Leipzig 1898 (zitiert wird nach den Seitenzahlen dieser Ausgabe); Virg. cont.: E. Wolff (ed.), Villeneuve d’Ascq 2009 (mit Kommentar und franz. Übers.); Myth.: E. Wolff, Ph. Dain (ed.), Villeneuve d’Ascq 2013 (mit Kommentar und franz. Übers.).

Fulgentius (Ruspensis) [Fulg. Rusp.]: 468 n. Chr. in Thelepte (Provinz Byzacena) geborener Sohn einer afrikanischen Senatorenfamilie, dann Mönch, Klostergründer und Bischof von Ruspae (Provinz Byzacena). Nach der Bischofweihe wurde er 508 von König Thrasamund (reg. 496 – 523) nach Cagliari (Sardinien) verbannt, von wo er um 515 kurzzeitig zurückgerufen wurde, um mit dem König Gespräche über Religion zu führen. Unter König Hilderich (reg. 523 – 530) durfte er 523 endgültig nach Africa und Ruspae zurückkehren, wo er 533 starb. Er war, in der Nachfolge des Augustinus, der bedeutendste afrikanische Theologe; seine Hauptgegner waren Pelagianer und Arianer. Eine Reihe von Traktaten (darunter eine Schrift An König Thrasamund, Ad Trasamundum regem [Tras.]), Briefen [Epist.] und Predigten sowie eine zeitgenössische Lebensbeschreibung (s. u. Vita Fulg.) sind erhalten. J. Fraipont (ed.), 2 Bde., Turnhout 1968.

Antike Werke mit Kurzbeschreibung der Autoren

Gennadius [Gennad.]: Priester und Autor aus Marseille in der zweiten Hälfte des 5. Jhs. Verfasste unter anderem eine Schrift Berühmte Männer (De viris illustribus), mit der er das gleichnamige Werk des Hieronymus fortsetzte. E. C. Richardson (ed.), Leipzig 1896; W. Herding (ed.), Leipzig 1924.

Gregor [Greg. Tur.]: Schriftsteller, Hagiograph und Bischof von Tours aus der 2. Hälfte des 6. Jhs. Seine Zehn Bücher Geschichten [Hist.] stellen eine auf das Frankenreich konzentrierte Universalgeschichte dar, die bis zu den fränkischen Königen des 6. Jhs. reicht. B. Krusch, W. Levison (ed.), in: MGH, SS rerum Merovingicarum, Bd. I 1, ²1951.

Gregor der Große [Greg. M.]: Römischer Politiker, dann Mönch und Schriftsteller, schließlich Papst (590 – 604 n. Chr.) und der letzte der großen lateinischen Kirchenlehrer des Altertums. Zu seinen zahlreichen Werken gehören über 800 Briefe [Epist.] und vier Bände Dialoge über Leben und Wundertaten der italischen Heiligen (Dialogi de vita et miraculis patrum Italicorum [Dial.]). Epist.: D. Norberg (ed.), 2 Bde., Wien 1982; Dial.: A. de Vogüé (ed.), 3 Bde., Paris 1978 – 1980 (mit franz. Übers.).

Hieronymus [Hier.]: Berühmter Gelehrter und Theologe, 347 – 420 n. Chr. Von seinen zahlreichen Werken (darunter die lateinische Übersetzung des Alten Testamentes, die sog. Vulgata) sind seine Bearbeitung und Fortführung (bis 378 n. Chr.) der Chronik des Eusebios [Chron.] und seine Briefe [Epist.] von besonderem historischen Interesse. Chron.: R. Helm (ed.), Berlin 1956, ³1984; Epist.: I. Hilberg (ed.), 3 Bde. Wien u.  a. 1910 – 1918, ²1996.

Hydatius [Hydat.]: Aus Spanien stammender lateinischer Chronist und Bischof des 5. Jhs. n. Chr. Seine Chronik reicht bis etwa 468 n. Chr. Zählung nach MGH, AA, Bd. XI, 1894, 13 – 36; R. W. Burgess (ed.), Oxford 1993 (mit engl. Übers. und Kommentar).

(Iohannes) Antiochenos [Ioh. Ant.]: Byzantinischer Beamter und Chronist aus Antiochia, der eine Weltchronik verfasste, die wohl bis zur Regierungszeit von Kaiser Anastasios (reg. 491 – 518 n. Chr.) reichte (ed. Mariev). Sie ist nur fragmentarisch erhalten. Das Werk fand spätere Ergänzer und Fortsetzer bis zum Jahre 610. Manche halten diese späteren Fragmente für (durch die Tradition veränderte) Teile des Originals, dessen Autor dann im frühen 7. Jh. gelebt hätte (ed. Roberto). U. Roberto (ed.), Berlin 2005 (mit ital. Übers.); ­S. Mariev, Berlin /  New York 2008 (mit engl. Übers.).

Johannes Lydus [Ioh. Lyd.]: Aus Lydien stammender byzantinischer Beamter und Schriftsteller des

6. Jhs. n. Chr. Er verfasste eine Reihe literarischer Werke in griechischer und lateinischer Sprache, die mehrheitlich verloren sind. Erhalten ist unter anderem die Schrift Über die Ämter des römischen Staates (De magistratibus [Mag.]), die wichtige Informationen über die kaiserliche Verwaltung liefert. Unter Kaiser Justinian wurde er zum Rhetorikprofessor in Konstantinopel (Mag. 3,29). M. Dubuisson / J. Schamp (ed.), Paris 2006 (mit franz. Übers. und Kommentar).

Jordanes [Iord.]: Lateinischer Historiker gotischer Herkunft (gest. 551 als Bischof von Croton). Er exzerpierte und erweiterte die – heute verlorene – Gotengeschichte Cassiodors (s.  o.), wobei er sich teilweise von politischen Interessen leiten ließ [Get.]. Er schrieb auch eine Zusammenfassung der römischen Geschichte [Rom.] Th. Mommsen (ed.), in: MGH, AA, Bd. V 1 (1882); Get.: F. Giunta, A. Grillone (ed.), Roma 1991; E. Bartolini (ed.), Milano 1999.

Isidor von Sevilla [Isid.]: Lateinischer Schriftsteller und Bischof von Sevilla (Tod 636 n. Chr.). Er schrieb unter anderem eine Enzyklopädie, eine Gotenchronik [Chron. Got.] und eine Historia ­Gothorum Wandalorum Sueborum [Got.]. Chron. fot.: Th. Mommsen (ed.), in: MGH, AA, Bd. XI, 1894, 424 – 481; fot.: ebd. 268 – 303; C. Rodríguez  Alonso (ed.), León 1975 (mit span. Übers.).

Laterculus regum Wandalorum et Alanorum [Laterc.]: Eine von Th. Mommsen so benannte listenartige Chronik, die sich auf das Vandalenreich konzentriert. Sie stellt wohl eine spätere, afrikanische Bearbeitung der Prosper-Chronik dar (s.  o.), die offizielle Dokumente des Vandalenreiches nutzte, jedoch nach seinem Ende verfasst wurde. Th. Mommsen (ed.), in: MGH, AA, Bd. XIII (1898), 458 – 460.

(Johannes) Malalas [Mal.]: Griechischer Rhetor und Beamter des Byzantinischen Reiches (geb. ca. 490) aus Antiochia. Er schrieb zur Zeit Justinians eine bis 563 reichende unkritisch kompilierende Weltchronik (Chronographia); sie ist die älteste ihrer Art, die erhalten ist. I. Thurn (ed.), Berlin 2000 (mit der Seitenangabe der Edition von L. Dindorf, Bonn 1831)

Malchus [Malch.]: Historiker des späten 5. und 6. Jhs. aus Philadelphia in Syrien. Er verfasste unter anderem eine Byzantinische Geschichte, mit der er an das Geschichtswerk des Priskos (s. u.) anschloss und die Zeit bis zum Tod des weströmischen Kaisers Iulius Nepos (480 n. Chr.) in sieben Büchern behandelte; erhalten sind nur Fragmente. Zählung nach Blockley (ed.), 1983 (s. oben Cand.), 404 – 462; L. R. Cresci (ed.), Neapel 1982 (mit ital. Übers. und Kommentar).

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Quellen und Literatur

Marcellinus Comes [Marc.]: Kanzler des späteren Kaisers Justinian (reg. 527 – 565 n. Chr.) und Verfasser einer lateinischen Chronik in der Fortsetzung des Eusebios und des Hieronymus, zunächst bis zum Jahre 518 [Chron.], dann in zweiter Auflage bis 534 [Chron. II]. Das Werk wurde dann von unbekannter Hand bis 548 fortgesetzt [Chron. II auct.]. Th. Mommsen (ed.), in: MGH, AA, Bd. XI (1894), 60 – 108; Croke 1995: engl. Übers. und Kommentar.

(Flavius) Merobaudes [Merobaud.]: Weströmischer Heermeister (magister militum) Mitte des 5. Jhs., Dichter von Carmina [Carm.] und Redner. Er verherrlichte den später (454 n. Chr.) ermordeten römischen Heermeister Aëtius [Paneg.]. F. Vollmer (ed.), in: MGH, AA, Bd. XIV (1905), 1 – 20; Clover 1971: engl. Übers. und Kommentar.

Nikephoros [Nic.]: Byzantinischer Priester, Mönch und Gelehrter des 13. / 14. Jhs. n. Chr. Sein Hauptwerk ist eine Kirchengeschichte in 18 Büchern, die bis 610 n. Chr. reicht (die letzte bedeutsame, die in antiker Tradition verfasst wurde). PG 145 – 147 (1865).

Notitia dignitatum [Not. Dig.]: Lateinisches Staatshandbuch aus dem früheren 5. Jh. Es enthält Listen der höchsten Ämter in Heer und Verwaltung des Ostreiches [Orientis] und des Westreiches [Occidentis]. O. Seeck (ed.), Berlin 1876.

Notitia provinciarum et civitatum Africae [Not. prov.]: Bischofsliste von 484 n. Chr., entstanden im Zusammenhang mit dem arianisch-katholischen Streitgespräch jenes Jahres. Die hierin genannten Bischöfe gehörten zum Vandalenreich. S. Lancel, (ed.) 2002, 251 – 272 (mit franz. Übers. und Kommentar).

Novellae Iustinianae / Theodosianae / Valentinianae [Novell. Iust. / Theod. /V   al.]: Gesetze, die von den Kaisern Justinian (reg. 527 – 565 n. Chr.), Theodosius II. (408 – 450 n. Chr.) und Valentinian III. (425 – 455 n. Chr.) nach dem 438 n. Chr. publizierten Codex Theodosianus (s.  o.) bzw., im Fall Justinians, nach 534 n. Chr. (s.  o.: Codex Iustinianus) erlassen wurden. Novell. Iust.: R. Schoell, G. Kroll (ed.), Corpus Iuris Civilis, Bd. III, Berlin 61954; Novell. Theod. und Novell. Val.: P. M. Meyer (ed.), Leges Novellae ad Theodosianum pertinentes, Berlin 21954, 1 – 154.

Olympiodor von Theben [Olymp.]: Wichtiger spätantiker Geschichtsschreiber des 5. Jhs., der in 22 Büchern die Zeit 407 – 425 n. Chr. darstellte, konzentriert auf den römischen Westen. Den Ausgangspunkt bildete wohl die Rheinüberquerung der Alanen, Sueben und Vandalen am 31. Dezem-

ber 306. Nur Fragmente seines Werkes sind erhalten, s. u. Zosimos. Blockley (ed.), 1983, 152 – 220.

(Paulus) Orosius [Oros.]: Priester und Kirchenschriftsteller des frühen 5. Jhs. 414 n. Chr. floh er aus Bracara (heute Braga, Portugal) nach Africa zu Augustinus (s.  o.). In Africa schrieb er sein Hauptwerk, die erste christliche Weltgeschichte, von Adam bis 417 n. Chr. reichend (Historia adversum paganos). A. Lippold (ed.), Milano 1976 (mit Kommentar und ital. Übers.: G. Chiarini); M.-P. Arnaud-Lindet (ed.), 3 Bde., Paris 1990, 1991 (mit Kommentar und franz. Übers.).

Paulus Diaconus [Paul. Diac.]: Autor und Mönch langobardischer Herkunft. Im Italien des späten 8. Jhs. verfasste er eine Römische Geschichte [Rom.] über die Zeit von 364 – 565 n. Chr. und eine Geschichte der Langobarden [Lang.]. Rom.: H. Droysen (ed.), in: MGH, AA, Bd. II (1879) 6 – 224; Lang.: L. Bethmann, G. Waitz (ed.), in: MGH, SS rerum Langobardicarum et Italicarum saec. VI–IX (1878), 12 – 187; L. Capo (ed.), Milano 1992 (mit ital. Übers.).

Paulinus von Nola [Paulin.]: Lateinischer Kirchenvater aus reicher Senatorenfamilie (Statthalter von Kampanien), von dem Briefe [Epist.] und Dichtungen erhalten sind. Er starb 431 n. Chr. als Bischof von Nola. W. Hartel (ed.), Wien u.  a. 1894, ²1999.

Plinius der Ältere [Plin.]: Römischer Offizier, Verwaltungsexperte und Enzyklopädist des 1. Jhs. n. Chr. Sein berühmtestes Werk ist die sog. Naturgeschichte (Naturalis historia [Nat.]), in der er um 50 n. Chr. in 37 Büchern das antike Wissen über die dingliche und die naturwissenschaftliche Welt der Antike katalogisierte, wozu auch die Geographie gehört (Nat. 5 beschreibt Africa). L. von Jan, K. Mayhoff (ed.), 6 Bde., Stuttgart 1892 – 1909; R. König, G. Winkler (ed.), 37 Bde., ²1990 – 2004 (mit dt. Übers. und Kommentar); Nat. 5: J. Desanges (ed.), 1980 (mit franz. Übers. und Kommentar).

Possidius [Possid.]: Kirchenschriftsteller im spätantiken Africa, Bischof von Calama in der afrikanischen Provinz Proconsularis, Freund und Biograph Augustins (Vita Augustini [Vita Aug.]), bevor er 437 n. Chr. von den Vandalen vertrieben wurde. W. Geerlings (ed.), Paderborn 2005 (mit dt. Übers. und Kommentar).

Priskos / Priscus [Prisc.]: Griechischer Geschichtsschreiber des 5. Jhs., Teilnehmer einer Gesandtschaft des Kaisers Theodosius II. an Attila (449 n. Chr.). Sein bis 474 n. Chr. reichendes Geschichtswerk ist verloren, nur Fragmente sind erhalten.

Antike Werke mit Kurzbeschreibung der Autoren

Blockley (ed.), 1983 (s. oben Cand.), 222 – 400.

Prokopios [Procop.]: Griechischer Geschichtsschreiber und Jurist des 6. Jhs., geboren um 500 in Caesarea Maritima (Palästina). Er begleitete Belisar, den Feldherrn Kaiser Justinians (reg. 527 – 565), als Mitglied seines Stabes auf seinen Feldzügen gegen Perser, Vandalen und Goten, die er dann um die Mitte des Jahrhunderts zu einem Geschichtswerk verarbeitete (Bella). Dieses Hauptwerk wird unterteilt in Bellum Persicum (BP), Bellum Vandalicum [BV] und Bellum Gothicum [BG]. Der Autor verfasste unter anderem auch eine Lobschrift auf den Kaiser als Bauherrn: De aedificiis [Aed.]. Nach Justinians Tod veröffentlichte er eine sehr kritische Geheimgeschichte (Anekdota [HA]) von dessen Regierungszeit. J. Haury, G. Wirth (ed.), 4 Bde., Leipzig 1962 – 1964.

Prosper Tiro [Prosp.]: Theologe, Chronist und zeitweise päpstlicher Berater aus Aquitanien. Bis ca. 440 n. Chr. lebte er in Südgallien, danach in Rom, wo er seine Chronik (Epitoma Chronicon) verfasste und später bis zum Jahr 455 n. Chr. aktualisierte [Chron. und Chron. add. I–III]. Sie wurde später bis 523 n. Chr. fortgeführt; diese Version wird nach dem Standort der Handschrift in Kopenhagen Consularia Hafniensia genannt; Th. Mommsen edierte sie unter dem Namen Additamenta ad Prosperum Havniensia und Auctuarium Prosperi Havniense [Prosp. Addit. und Prosp. Auct.]. Chron. und Chron. add.: Th. Mommsen (ed.), in: MGH, AA, Bd. IX (1892), 385 – 499; Addit. und Auct.: MGH, AA, Bd. IX (1892), 298 – 339.

Pseudo-Augustinus [Ps.-Aug.]: Unter diesem Autorennamen wurden zahlreiche Werke zusammengefasst, die nicht von Augustinus (s.  o.) stammen, sondern ihm nur wegen seiner Prominenz zugeschrieben wurden. Hierzu zählt das Streitgespräch Augustins mit Pascentius (Collatio Augustini cum Pascentio [Coll. Pasc.]), das eine reale Situation zum Ausgangspunkt hat (Aug. Epist. 238,3 – 9; Possid. Vita Aug. 17,1), jedoch ein fiktives Gespräch schildert. Der anonyme Autor schrieb im späten 5. Jh. n. Chr., um die Katholiken in ihrer Auseinandersetzung mit den Arianern zu stärken. H. Müller u.  a. (ed.), Wien 2008, 73 – 121.

Quodvultdeus [Quodv.]: Schüler Augustins und ab 437 n. Chr. Bischof von Karthago. Er verfasste neben Briefen und Predigten auch ein Werk über die Zusagen und Vorhersagen Gottes (De promissionibus et praedicationibus dei [Prom.]). 439 n. Chr. wurde er nach der vandalischen Eroberung Karthagos vertrieben; er lebte bis 454 n. Chr. in Neapel. Zugeschrieben werden ihm auch zwei Predigten über Die Zeit der Barbaren, die im Zusammenhang mit der Eroberung Africas gehalten wurden (De tempore barbarico [Temp. barb.]).

R. Braun (ed.), Turnhout 1976; Temp. Barb.: Kalkman 1964 (Edition mit engl. Übers. und Kommentar); Prom.: R. Braun. (ed.), Paris 1964 (mit franz. Übers. und Kommentar).

Salvianus [Salv.]: Lateinischer Kirchenschriftsteller des 5. Jhs. Er verfasste sein Hauptwerk Die göttliche Weltenlenkung (De gubernatione dei [Gub.]) als Priester in Marseille um 440 n. Chr. Die Siege der Barbaren über das Römische Reich stellte er dabei teils als Strafe Gottes, teils als Folge ihrer größeren Frömmigkeit dar. C. Halm (ed.), in: MGH, AA, Bd. I (1877), 1 – 108; F. Pauly (ed.), Wien 1883; I. Lagarrigue (ed.), 2 Bde., Paris 1971, 1975 (mit franz. Übers. und Kommentar).

Sidonius Apollinaris [Sidon.]: Lateinischer Dichter (u.  a. von Carmina [Carm.]) und Redner aus der gallischen Aristokratie (ca. 430 – 480 n. Chr.). Er war Schwiegersohn des späteren Kaisers Avitus, Lobredner verschiedener Kaiser (Avitus: Carm. 6  f.; Maiorianus: Carm. 4  f.; Anthemius: Carm. 1  f.) und Bischof von Clairmont-Ferrand, das er bis 474 / 75 n. Chr. gegen den Westgotenkönig Eurich zu verteidigen suchte. Nach kurzer Gefangenschaft wurde er von diesem wieder freigelassen und verfasste auch eine Lobrede auf den König. Neben Reden und Gedichten sind auch neun Bücher Briefe (Epistulae [Epist.]) erhalten. Chr. Luetjohann (ed.), in: MGH, AA, Bd. VIII (1887); A. Loyen (ed.), 3 Bde., Paris 1960, 1970 (mit franz. Übers. und Kommentar).

Theophanes [Theoph.]: Byzantinischer Hofbeamter und Priester im 8. und früheren 9. Jh. Er verfasste eine Weltchronik für die Jahre 284 / 85 bis 813 n. Chr. C. de Boor (ed.), 2 Bde. Leipzig, 1883, 1885; Mango, Scott 1997 (engl. Übers. und Kommentar).

Victor Vitensis [Vict. Vit.]: Autor und afrikanischer Bischof, geb. in der Stadt Vita oder Vite in Africa. Zwischen 487 und 489 n. Chr. veröffentlichte er eine Geschichte der vandalischen Kirchenverfolgung in Africa unter König Geiserich und König Hunerich (Historia Persecutiones Africanae Provinciae). Lancel (ed.), 2002 (mit franz. Übers. und Kommentar); Vössing (ed.), 2011 (mit dt. Übers. und Kommentar).

Victor von Tunnuna [Vict. Tun.]: Bischof der afrikanischen (unlokalisierten) Stadt Tunnuna im 6. Jh. 555 n. Chr. wurde er von Justinian aufgrund des theologischen ‚Dreikapitelstreits‘ nach Alexandria, 564 nach Konstantinopel verbannt, wo er in der Nachfolge Prospers (s.  o.) eine Chronik für den Zeitraum 444 – 566 n. Chr. verfasste, konzentriert auf Africa und die Kirchengeschichte. C. Cardelle de Hartmann (ed.), Turnhout 2001; A. Placa­n ica (ed.), Florenz 1997 (mit ital. Übers. und Kommentar).

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Quellen und Literatur

Vita Fulgentii [Vita Fulg.]: Lebensbeschreibung des afrikanischen Bischof und Mönchs Fulgentius (468 – 533 n. Chr.), der von König Thrasamund nach Sardinien verbannt wurde, unter König Hilderich jedoch zurückkehren konnte. Bei Exil und Rückkehr wurde er von dem afrikanischen Diakon Ferrandus begleitet, der neben verschiedenen anderen theologischen und kanonistischen Werken wohl auch die Vita Fulg. verfasste. G. Lapeyre (ed.), Paris 1929 (mit franz. Übers. und Kommentar).

Zacharias (Scholasticus / Rhetor) [Zach.]: In Gaza, Alex­andria und Beirut ausgebildeter Literat und Jurist des späten 5. Jhs., der schließlich in Konstantinopel als Rechtsanwalt arbeitete, bevor er Bischof von Mytilene auf Lesbos wurde; er starb um die Mitte des 6. Jhs. Unter seinen Schriften befindet sich eine bedeutende, allerdings nur in syrischen Exzerpten erhaltene sog. Kirchengeschichte (HE), die Teil einer Art Weltchronik (bis zum Jahr 569) eines unbekannten Autors der Zeit Justininans war und die eine wichtige Quelle für Evagrios (s.  o.) darstellte. E. W. Brooks (ed.), Paris 1919, 1921; lat. Übers.: ders., Paris 1924.

(Johannes) Zonaras [Zon.]: Geschichtsschreiber und Jurist am byzantinischen Kaiserhof des 12. Jhs. Er verfasste eine umfangreiche Weltchronik, die auf heute teilweise verlorenen Quellen basiert. L. Dindorf (ed.), 6 Bde., Leipzig 1868 – 1875.

Zosimos [Zos.]: Griechischer Geschichtsschreiber, der um 500 n. Chr. eine Neue Geschichte Roms in sechs Büchern verfasste, die Zeit von Augustus bis zum Jahr 410 behandelnd, wo das Werk abbricht. Ihm lagen wichtige Werke der spätantiken Historiographie vor, besonders die des Eunapios von Sardes (für die Zeit von 270 – 404 n. Chr.) und, für Buch 5 und 6, des Olympiodor (s.  o.). Zos. 5  f.: F. Paschoud (ed.), Paris 1986, 1989 (mit franz. Übers. und Kommentar).

Literaturverzeichnis Zeitschriften werden gemäß L’Annee Philologique abgekürzt. Lexika werden in der folgenden Weise abgekürzt: DNP: Der Neue Pauly. Enzyklopädie der Antike; hg. v. H. Cancik / H. Schneider; 16 Bde., Stuttgart, Weimar 1996 – 2003. EncBerb: Encyclopédie berbère; hg. v. G. Camps u.  a.; Bd. I–XXIX, Aix-en-Provence 1984 – 2008; Bd. XXX ff., Leuven 2010 ff.

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Verzeichnis der Abbildungen Die Eroberung Roms durch die Vandalen (455 n. Chr.), Holzstich um 1865 (Heinrich Leutemann); akg-images  2 Synopse der Herrscher und Feldherren zur Zeit der Vandalen, 406 – 534  14/ 15 Abb. 1 Spanien von 411 bis 416 n. Chr.  23 Abb. 2 Die Straße von Gibraltar  38 Abb. 3 Der Westen des Römischen Reiches im 4. Jh. n. Chr., Zeichnung auf der Grundlage des Historischen Atlas der antiken Welt; Der Neue Pauly – Suppl.-Bd. 3, 2007, S. 225  40 Abb. 4 Der Vandalenzug in Africa und die Ansiedlung von 435 n. Chr.  42 Abb. 5 Das Vandalenreich nach dem Vertrag von 442 n. Chr.  52 Abb. 6 Das ‚Seereich‘ der Vandalen  66 Abb. 7 Die Königsfamilie der Hasdingen  76 Abb. 8 Der Stadtplan des spätantiken Karthago  95 Abb. 9 Darstellung eines vandalischen Knabens; Nachzeichnung eines Mosaiks aus Tébessa (Algerien), 508 n. Chr; Christern 1976, Taf. 22 d  106 Abb. 10 Maurenreiche in Africa  109 Abb. 11 Das Vandalenreich in der Endphase (433 / 434 n. Chr.)  134 Abb. 12 Die sogenannte Table de Jugurtha (Kalaat ­ enan); Photo Verf.  138 S

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Index der Namen und Orte (moderne Namen in Klammern) Abaritana  75 Ad Decimum  134, 138, 203 Ad Fratres  Anm. III 29 Addax  Anm. II 67 Adrianopel  12, 17, 188 Ägypten  70; Anm. II 10 Aëtius  14, 46, 54, 56, 57, 61, 63, 202; Anm. III 45, 74, 75; IV 28, 30, 37 Africa Proconsularis  41, 43, 45, 46, 48, 50, 75, 77, 78, 79, 80, 102, 124, 129, 202; Anm. V 3, 15, 16, 23, 29, 105 Alarich  15, 18, 20, 23, 24, 30, 139, 202; Anm. II 24 Algeciras  38 Alicante  61; Anm. IV 62 Altava  41; Anm. III 31 Amalafrida  82, 89, 125, 128, 203; Anm. IV 130; V 34; VII 54 Amalaswintha  139; Anm. VI 9; VII 51 Ambri  Anm. II 78 Ammatas  Anm. VII 89 Ampsaga (Oued Rhummel)  43; Anm. V 21 Anastasios (Kaiser)  14, 126; Anm. IV 89; VII 39 Andalusien  22, 25, 26, 27, 31, 41, 68, 202 Ansilas  Anm. III 72 Antalas  126, 130, 142; Anm. VII 63 Anthemios  14, 66, 67, 70; Anm. IV 84, 85, 86, 92, 109 Antonius  Anm. V 121 Apollinarius  Anm. VII 50 Apulien  Anm. IV 119 Aquitanien  25, 26, 191, 202 Arcadius  14; Anm. V 6, 120 Ardabur  14, 67, 71 Areobinda  14; Anm. III 72 Ariadne  67; Anm. IV 89 Arintheus  Anm. III 72 Arius  32 Arles (Arelate)  20, 56; Anm. IV 64 Aspar  14, 39, 44, 45, 46, 48, 49, 60, 66, 67, 69, 70, 71, 112, 202; Anm. III 40, 43, 44, 72, 74; IV 54, 82, 87, 99, 111 Assi  Anm. II 78 Asterius  25, 26; Anm. II 71, 72 Athalarich  15, 139; Anm. VII 51 Athaulf  15, 23, 107, 202; Anm. II 65 Attila  Anm. 191; Anm. IV 24 Augustinus  34, 38, 43, 44, 188, 189, 191, 202; Anm. III 20

Aurelian (Kaiser)  57; Anm. II 10 Aurès (Aurasius Mons)  50, 75, 76, 119; Anm. V 4 Avitus (Kaiser)  14, 56, 57, 59; Anm. IV 33, 52 Baetica  22, 27, 38; Anm. III 16 Bagradas (Oued Medjerda)  78, 79; Anm. V 15 Balearen  27, 60, 89, 139, 202, 203; Anm. II 57; IV 127 Barbas / Barbus  Anm. V 121 Basiliskos  14, 67, 68, 69, 70, 71, 72, 73, 81, 88, 203; Anm. IV 90, 94, 96, 107, 108, 114, 120, 129 Belisar 9, 14, 57, 73, 85, 86, 132, 133, 134, 135, 136, 137, 139, 140, 141, 142, 203; Anm. V 108; VI 9; VII 77, 79, 89, 92, 95, 114, 115; VIII 10 Bleda  Anm. IV 55 Bonifatius (Bischof)  129; Anm. VII 58 Bonifatius (Heermeister)  14, 20, 26, 34, 35, 36, 37, 39, 41, 44, 45, 76, 202; Anm. III 4, 6, 9, 10, 11, 13, 14, 70 Bonifatius (Vertrauter Gelimers)  137; Anm. V 92; VII 1 Bordeaux  24 Bordj Djedid  Anm. V 172 Bracara (Braga)  Anm. II 71, 99 Britannien  19, 118 Bruttium  Anm. IV 119 Bug  11 Bulla (?)  135, 137; Anm. VII 94 Bulla Mensa  137, 138; Anm. VII 109 Bulla Regia  137; Anm. VII 106 Byzacena  50, 75, 77, 79, 90, 125, 129, 130, 133, 141, 202, 203; Anm. V 8, 23; VII 42, 87 Caesar  145 Caesarea (Cherchell)  42, 139, 191 Capsa  Anm. V 192 Caput Vada (Ras Kaboudia)  133, 203; Anm. VII 84 Cartagena  22, 27, 112, 202; Anm. IV 62 Cassiodor  29, 34, 188 Castinus  14, 26, 31, 32, 39, 68, 202; Anm. II 107; III 11 Chlodwig  32; Anm. II 105 Cillium  Anm. VII 63 Cirta (Constantine)  43, 45, 76; Anm. III 33, 52; V6 Clupea  80 Constans (Kaiser)  20, 21; Anm. II 45 Constantinus (III.)  19, 20, 21, 22; Anm. II 42, 43, 45, 59 Constantius (Kaiser)  14, 24, 26; Anm. III 18

Index der Namen und Orte

Corippus  189; Anm. III 36 Cyrila  99, 122; Anm. V 121, 141 Dakien  12, 18; Anm. II 4 Dalmatien  61, 73; Anm. IV 119, 129 Darius  Anm. III 20 Deogratias  56; Anm. IV 28; V 118, 124 Diokletian  Anm. V 3 Dnjestr  11 Donau  12, 13, 16, 61, 105; Anm. II 18, 24; IV 118 Dracontius  85, 100, 101, 102, 103, 189; Anm. V 86, 146, 147; VII 35 Elbe  Anm. II 1 Epirus  Anm. IV 119 Ermanarich  17 Eudocia  53, 54, 57, 58, 63, 118, 128, 203; Anm. IV 69, 72; V 109; VII 1, 4 Eudoxia  57, 58; Anm. IV 20, 48 Eugenios  103, 104, 120, 203; Anm. VII 29 Eurich  15, 102, 192 Eutycianus  Anm. V 120 Fastidiosus  Anm. I 13 Felicianus  100, 101; Anm. V 147 Felix  14, 26, 34, 35 Fredbalus  Anm. II 67 Fulgentius von Ruspe  90, 126, 127, 128, 189, 192, 203; Anm. VII 28, 33, 53 Gaetulia  75, 76; Anm. V 4 Galaecia  22, 25, 31, 149; Anm. II 71 Galbio  35; Anm. III 7 Galla Placidia  26, 44, 107; Anm. II 61, 65; IV 72 Gaudentius  54, 63 Geilarith  Anm. VII 13, 64 Gelimer (außer Kap. VII 3)  15, 86, 88, 91, 107, 130, 141, 142, 203; Anm. IV 77, 126; V 37, 40, 64, 78, 92, 108, 132, 139, 160, 178; VI 9; VII 56, 57, 65, 67; VIII 7 Gento  53, 69, 92, 93, 121, 130; Anm. IV 15, 69; V 7, 103; VII 13 Georgios Kedrenos  72, 74, 188 Germania I  Anm. II 32 Germanien  17, 18 Germanus  Anm. III 72 Gerontius  20, 21, 22, 23, 28, 34, 37; Anm. II 41, 42, 45, 46, 57 Gibamund  Anm. VII 89 Gibraltar  10, 24, 27, 38, 79, 96, 118, 202 Glycerius  14; Anm. IV 112, 125 Goar  Anm. II 35 Godagis  Anm. VII 13

Godas  Anm. V 37, 78 Godegisel  15, 28, 87, 202; Anm. II 18, 48 Gregorios  Anm. VIII 14 Gunderich  15, 25, 28, 32, 33, 35, 84, 87, 114; Anm. II 67, 79, 82, 83, 105 Gunthamund (außer Kap. VII 1)  15, 89, 90, 107, 125, 189, 202, 203; Anm. I 13; V 88, 109, 130; VII 36, 64 Guntharith  Anm. VIII 3 Gunthimer  Anm. VII 89 Hadrumetum (Sousse)  80, 133, 141 Heldica  Anm. V 90; VII 24 Heraclianus  37; Anm. III 18; IV 5 Herakleios  203; Anm. IV 96, 104 Hermione  Anm. V 59; VII 87 Hieronymus  18, 189, 190 Hilderich (außer Kap. VII 2)  15, 92, 93, 108, 121, 123, 131, 132, 133, 141, 142, 143, 189, 192, 203; Anm. IV 14; V 109, 160; VII 1, 23, 71, 73, 77; VIII 11 Hippo Regius (Bône / Annaba)  41, 43, 44, 45, 46, 80, 135, 137, 188, 202, 203; Anm. III 33, 48, 52 Hoamer  130, 131; Anm. VII 63, 69 Honoratus Antoninus  Anm. V 6 Honorius (Kaiser)  13, 14, 24, 26, 188; Anm. II 45, 61, 65, 67; III 18 Hunerich (außer VII 1)  15, 51, 53, 54, 55, 57, 58, 63, 64, 84, 92, 93, 103, 107, 114, 128, 130, 141, 192; Anm. IV 14, 15, 26, 69, 131; V 7, 44, 60, 90, 98, 104, 109, 117, 120, 146, 191 Hydatius  21, 22, 33, 34, 38, 56, 190; Anm. II 55, 82; IV 26 Illici (Elche)  Anm. IV 62 Illyrikum  Anm. II 17; IV 79 Inobindus  Anm. III 72 Isaurien  72, 188 Italien  18, 19, 20, 23, 24, 26, 35, 37, 46, 48, 50, 56, 57, 59, 61, 62, 63, 64, 71, 74, 78, 80, 89, 107, 111, 124, 126, 136, 188, 191, 203; Anm. III 18; IV 90, 119, 125, 129; VII 50 Iucundus  122; Anm. V 121 Iulia Traducta  38; Anm. III 22 Iulius Nepos  14, 71, 190; Anm. IV 112, 124, 125, 129 Jendouba  137 Jerusalem  57, 58; Anm. IV 43; VII 1 Johannes (Flottenführer)  69 Johannes ,der Armenier‘  136, 137 Jordanes  29, 34, 188, 190 Jovinus  Anm. II 59 Justinian (Kaiser)  14, 58, 73, 107, 11, 116, 130, 131, 132, 133, 139, 140, 143, 189, 190, 191, 192;

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Index der Namen und Orte

Anm. IV 77, 126; V 21, 54, 136; VI 9; VII 43, 50, 52, 71, 73, 84; VIII 5, 7 Kabaon  126 Kalabrien  24; Anm. IV 119 Kampanien  60, 191; Anm. IV 119 Kap Bon  68, 69, 70, 71, 112, 133, 203; Anm. IV 94 Karpaten  11, 12 Karthago  9, 43, 44, 45, 46, 47 - 49, 51, 52, 53, 56, 58, 62, 63, 64, 68, 72, 79, 82, 89, 90, 93, 94, 95, 96, 100, 102, 103, 119, 123, 126, 127, 129, 131, 132, 133, 134, 135, 136, 141, 188, 189, 192, 202, 203; Anm. III 33, 55, 56, 63; IV 28, 128, 132; V 18, 124, 132; VI 5; VII 58, 91, 92 – Basiliken  95; Anm. IV 132 – Hafen  64, 80, 95; Anm. III 55 – Königspalast  85, 86, 92; Anm. IV 42; V 55 – Stadtmauer  95; Anm. III 55; V 189; VII 93 Konstantin (Kaiser)  32; Anm. II 105 Konstantinopel  58, 68, 69, 71, 72, 73, 86, 128, 131, 132, 139, 190, 192; Anm. III 71; IV 56, 74, 113, 128; 131, 132, 139; Anm. II 103; III 71; IV 37; V 139; VIII 50, 52 Korsika  60, 88, 89, 139, 203; Anm. IV 58, 127; V 83 Koudiat el Hobsia  Anm. V 114 Leo (Papst)  57 Leo I. (Kaiser)  14, 60, 63, 65, 67, 68, 70, 71, 74, 188; Anm. IV 54, 71, 74, 82, 85, 105, 110; VII 4 Leontia  70 Leptis Magna  Anm. VII 43 Leptis Minor  80 Libyen  Anm. I 2 Lilybaeum  74, 89, 125, 126; Anm. VII 38 Lukanien  Anm. IV 119 Lusitania  22 Luxurius  128, 188; Anm. V 86 Mainz  19; Anm. II 32 Maiorianus (Kaiser)  14, 59, 60, 61, 62, 65, 68, 114, 192, 203; Anm. IV 54, 56, 60, 61, 65, 79; VI 6 Malchus von Philadelphia  72, 199, 188, 190 Marc Aurel  12 Marcellinus (Heermeister)  14, 61, 64, 68, 89; Anm. IV 61, 74, 79, 96, 112 Marcus  Anm. IV 100 Markian (Kaiser)  14, 60, 67; Anm. III 43; IV 55, 84 Marokko  Anm. I 2 Marsus  Anm. IV 104 Masculas  Anm. V 43 Mauretania Maior  90; Anm. V 87 Mauretania Minor  90; Anm. V 87 Mauretania Tingitana  39, 41; Anm. III 14, 27; V 72

Mauretanien  38, 41, 98, 108, 129, 139, 202; Anm. II 75; III 31; VII 94 Mavortius  35; Anm. III 7 Maximianus  Anm. II 25 Maximus  21; Anm. II 44, 50, 57; IV 39 Medeos  Anm. VII 105 Merobaudes  190; Anm. IV 17 Messianus  Anm. IV 52 Narbonne  24 Neapel  190, 192; Anm. IV 127; VII 99 Neapolis (Nabeul)  80, 133 Nepotianus  14; Anm. IV 112 Netze  11 Nicopolis  Anm. IV 113 Novatus von Sitifis  Anm. III 52 Numidien  41, 43, 46, 50, 51, 75, 76, 77, 80, 90, 129, 136, 137, 188, 202; Anm. V 87; VII 94, 105 Oageis  130, 131 Obad  Anm. V 90 Oder  11 Odoaker  73, 74, 89, 203; Anm. IV 122, 123; VII 31 (Anicius) Olybrius  14, 63, 71; Anm. IV 37, 70, 73, 110 Olympiodor  21, 188, 191, 192 Orosius  21, 31, 111, 191; Anm. II 58, 99; VI 1 Palästina  18, 191 Palladius  57; Anm. IV 37 Pannonien  Anm. II 29 Papua  137 Paschasius  Anm. V 120 Patricius  67, 70, 72; Anm. IV 107 Paulillus  Anm. V 120 Paulus Diaconus  29, 191 Peloponnes  Anm. IV 85 Petronius Maximus  14, 56, 57, 202 Pharas  138, 139; Anm. VII 111, 113 Phylarchos  Anm. IV 83, 85 Pinta  Anm. V 121 Placideius  103 Placidia  54, 57, 58, 63, 119; Anm. IV 37 Portus Magnus (Oran)  Anm. III 29 Possidius von Calama  34, 76, 188, 191; Anm. III 52 Priskos  / Priscus  56, 188, 190, 191; Anm. IV 69, 71, 73, 96, 105 Probus  Anm. V 120 Prokop  34, 39, 50, 54, 57, 69, 72, 73, 78, 79, 82, 85, 88, 91, 96, 128, 130, 131, 132, 133, 134, 136, 137, 138, 141, 149, 191; Anm. II 79, 107; III 36; IV 73, 96, 97, 120; V 13, 132, 187; VII 71, 77, 88, 89, 105, 110; VIII 7, 9

Index der Namen und Orte

Prosper Tiro  34, 35, 191; Anm. III 11, 12 Przeworsk  11 Ptolemaios  Anm. VII 109 Pudentius  Anm. VII 82 Pyrenäen  19, 21, 24, 202; Anm. II 34 Quodvultdeus  45, 47, 94, 192; Anm. III 63; V 117, 124 Radagais  18, 19 Raos  Anm. II 4 Raptos  Anm. II 4 Ravenna  8, 26, 35, 45, 50, 51, 55, 62, 126, 202; Anm. II 71 Remistus  Anm. IV 52 Renatus Frigeridus 21 Respendial  Anm. II 48 Rhein  9, 11, 17, 18, 19, 22, 85, 114, 145, 148, 149, 191, 202; Anm. II 32, 35, 40; IX 3 Rikimer  59, 60, 62, 63, 66, 67, 71; Anm. IV 61, 109, 110, 112 Rom  8, 23, 51, 55-60, 62, 63, 88,149, 188, 189, 191, 202; Anm. II 44; IV 109 Romulus (Kaiser)  14, 74; Anm. IV 125, 129 Salvian von Marseille  31; 192; Anm. IX 7 Sanoex  35; Anm. III 7, 13 Sardinien  46, 48, 60, 64, 88, 89, 91, 108, 133, 134, 135, 139, 189, 192, 203; Anm. III 66; IV 74, 119, 127; V 37, 76, 78, 187; VII 82, 94 Schlesien  Anm. II 18 Sebastianus  Anm. III 70; IV 26; V 120 Segisvult  35, 37 Septem (Ceuta) Anm. III 22; VII 115 Severus  72, 73, 119; Anm. IV 117 Sevilla  27, 190; Anm. II 76, 83 Sidonius Apollinaris  56, 192 Sizilien  46, 48, 60, 61, 62, 63, 64, 68, 73, 74, 88, 89, 124, 132, 139, 202, 203; Anm. II 65, 69, 72, 74; IV 60, 61, 73, 74, 79, 96, 119, 127; V 79; VII 31 Stilicho  12, 14, 16, 18, 20, 188; Anm. II 9, 37, 40; III 18 Sudeten  Anm. II 18 Sufetula (Sbeitla)  142 Sullectum  80, 133 Table de Jugurtha  138; Anm. VII 110 Tacitus  145, 188; Anm. II 3 Tarifa  27, 38; Anm. III 22 Tarraconensis  23, 24; Anm. II 57; IV 51

Tarragona (Tarraco)  26; Anm. II 50 Tatianos  Anm. IV 83 Thabraca (Tabarka)  80, 137; Anm. VII 106 Theiss  Anm. II 18 Thelepte  90, 189; Anm. V 84; VII 33 Theoderich der Große  14, 15, 82, 89, 111, 112, 126, 148, 188, 203; Anm. V 129; VI 3, 9; IX 9, 18 Theoderich I.  15, 26, 47; Anm. IV 26 Theoderich II.  15; Anm. IV 31 Theoderich Strabo  14, 71; Anm. IV 111, 118 Theodoros  Anm. II 107; V 104 Theodosius (Kaiser)  13, 17, 32; Anm. IV 72 Theodosius II. (Kaiser)  14, 44, 48, 189, 191 Theuderich  92, 93, 121, 122; Anm. II 107; IV 15; V 127, 152; VII 13 Theudis  15, 135, 137; Anm. VII 91 Theveste (Tébessa)  90, 105; Anm. VII 33 Thrakien  71; Anm. IV 118 Thrasamund (außer Kap. VII 2)  15, 107, 189, 192; Anm. V 34, 109, 129, 178, 180, 203; VII 13, 30, 32; VIII 9 Thukydides  Anm. IV 81 Tingi (Tanger)  Anm. III 22, 29 Tipasa  Anm. V 127 Totila  Anm. IV 44 Toulouse  24, 55, 56 Tricamarum  136, 139, 203; Anm. VII 90 Tripolitanien  70, 76, 129, 133, 203; Anm. IV 96, 104, 106; V 3, 5; VII 82 Trygetius  Anm. III 50 Tzazon  133, 135, 203; Anm. VII 90, 94 Valentinian III. (Kaiser)  15, 26, 44, 49, 53, 54, 56, 57, 58, 61, 63, 75, 113, 189, 191, 202, 203; Anm. IV 41, 72 Valia  15, 24, 202; Anm. II 62 Verina  69 Victor von Vita  34, 38, 39, 42, 47, 50, 72, 73, 75, 76, 77, 78, 79, 84, 87, 88, 91, 103, 104, 105, 120, 122, 123, 149, 192; Anm. III 36; IV 119; V 7, 13, 117, 166; VII 11, 13 Vilinant  Anm. V 121 Wulfila  32 Zenon (Kaiser)  14, 67, 71, 72, 73, 88, 89, 120, 188, 203; Anm. IV 88, 103, 107, 108, 112; VII 9, 35 Zeugitana  75, 78 Zosimos  189, 191, 192; Anm. II 33

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Zeittafel (s. auch die Synopse der Herrscher und Machthaber zur Zeit der Vandalen, S. 14  f.) 406 �������� Alanen, Sueben und Vandalen überqueren am Jahresende den Rhein und fallen in Gallien ein. 409 ��������� Alanen, Sueben und Vandalen überqueren die Pyrenäen. 410 ��������� In einer verlustreichen Schlacht gegen fränkische Foederaten-Soldaten fällt der Vandalenkönig Godegisel; die Vandalen (Hasdingen) überleben dank der Hilfe der Alanen. 410 ��������� Alarich erobert mit den Westgoten Rom. 412 ��������� Aufteilung Spaniens unter den eingedrungenen gentes (s. S. 23, Abb. 1). 415 ��������� Die Westgoten ziehen unter Athaulf von Südgallien nach Spanien. 416 / 417 ����� Die Westgoten treten unter ihrem König Valia in römischen Dienst und greifen erfolgreich Alanen und silingische Vandalen an. Letztere gehen als eigenständige gens unter, die Alanen unterstellen sich den hasdingischen Vandalen. 418 ��������� Die Westgoten werden von den Römern aus Spanien abgezogen und in Aquitanien angesiedelt. 420 ��������� Die Vandalen setzen sich in Andalusien fest. 422 ��������� Der römische General Castinus kann die Vandalen in Andalusien zernieren, verliert aber eine Feldschlacht gegen sie und muss sich in den Norden Spaniens zurückziehen. 425 ��������� Die Vandalen beginnen (mit Plünderungszügen zu den Balearen und nach Mauretanien) erste maritime Unternehmungen und erobern die Hafenstadt Cartagena. 428 ��������� König Gunthamund stirbt; Nachfolger wird sein Halbbruder Geiserich. 429 ��������� Die Vandalen (mitsamt Resten der Alanen) überqueren im Mai die Straße von Gibraltar.

430 ��������� Bonifatius gelingt es in Africa nicht, die Vandalen in einer Feldschlacht zu besiegen. Er muss sich im Juni nach Hippo ­Regius zurückziehen, das 14 Monate lang belagert wird; in dieser Zeit (28. Aug.) stirbt Augustinus, der Bischof der Stadt. 431 ��������� Der oströmische General Aspar kommt mit Truppen nach Africa, und die Vandalen geben im August die Belagerung auf. Aspar und Bonifatius können die Vandalen aber nicht besiegen. 434 ��������� Aspar beginnt im Januar sein Konsulat in Karthago. Die Einwohner von Hippo Regius verlassen die Stadt, die anschließend von den Vandalen okkupiert wird. 435 ��������� Ravenna schließt im Februar einen Vertrag mit den Vandalen, die in Numidien Siedlungsland mit der Hauptstadt Hippo Regius erhalten (s. S. 42, Abb. 4). 439 ��������� Die Vandalen nehmen Karthago ein (19. Okt.). 442 ��������� Ravenna schließt mit den Vandalen einen Vertrag: Nach einer Teilung Africas erhalten sie die fruchtbaren Kerngebiete, darunter die Provinzen Proconsularis und Byzacena (s. S. 52, Abb. 5). 454 ��������� Aëtius, der oberste General des Westens, wird im September von Kaiser Valentinian III. in Rom ermordet. 455 ��������� Im März wird Valentinian III. in Rom ermordet, und Petronius Maximus okkupiert die Kaiserwürde. Im Juni erobert Geiserich die Stadt und lässt sie 14 Tage lang plündern. 456 ��������� Beginn der Angriffe der Vandalen auf die Küsten Süditaliens und Siziliens. 460 ��������� Maiorianus, seit 457 weströmischer Kaiser, scheitert in Spanien mit dem Versuch eines kombinierten Land- und Seeangriffs auf das Vandalenreich. 462 ��������� Hunerich heiratet Eudocia, die Tochter des Kaisers Valentinian III.

Zeittafel

468 ��������� Der oströmische General Basiliskos scheitert am Kap Bon mit einem Flottenangriff auf Karthago. 470 ��������� Ein oströmisches Heer unter Herakleios wird in Tripolitanien an Land gesetzt, um das Vandalenreich anzugreifen, muss sich aber zurückziehen. 474 ��������� Der oströmische Kaiser Zenon schließt mit Geiserich einen unbefristeten Frieden, in dem den Vandalen Africa, die Balearen, Korsika, Sardinien und Sizilien zugesprochen werden. 476 ��������� Odoaker setzt den letzten weströmischen Kaiser in Italien ab und lässt sich zum rex Italiae ausrufen. Geiserich überlässt ihm gegen Tributzahlungen den Großteil Siziliens. 477 – 484 ��� Herrschaftszeit von König Hunerich, beginnend am 24. / 25. Jan. 481 ��������� Hunerich erlaubt die Wahl eines katholischen Bischofs in Karthago (Eugenios). Wenig später beginnen seine kirchenpolitischen Kampfmaßnahmen, zunächst eine Entfernung aller Katholiken vom Königshof, dann Massendeportationen karthagischer Kleriker (482). 482 ��������� Im Juni erlässt Kaiser Zenon ein Edikt, das eine Einigung zwischen Anhängern und Gegnern des Konzils von Chalkedon (451 n. Chr.) herbeiführen soll, das sog. Henotikon. Tatsächlich führt es zu einem Schisma zwischen der östlichen und der westlichen Kirche, das bis 518 n. Chr. dauert; die Kirche in Africa steht auf der Seite des Westens. 484 ��������� Hunerich erlässt nach einem erzwungenen Religionsgespräch in Karthago ein Edikt (24. Feb.), das allen Katholiken des Reiches unter Androhung schwerer Strafen die Konversion befiehlt.

484 – 496 ��� Herrschaftszeit von König Gunthamund, beginnend am 22. Dez. 487 ��������� Der katholische Bischof Eugenios darf an seinen Sitz (Karthago) zurückkehren. 496 – 523 ��� Herrschaftszeit von König Thrasamund, beginnend am 3. Okt. 500 ��������� Thrasamund heiratet Amalafrida, die verwitwete Schwester des Ostgotenkönigs Theoderich. 508 ��������� Thrasamund verbannt in diesem Jahr (oder etwas später) zahlreiche Bischöfe aus der Byzacena, davon ca. 60 (darunter Fulgentius) nach Sardinien. 523 – 530 �� Herrschaftszeit von König Hilderich, beginnend am 7. Juni. 525 ��������� In Karthago tagt die erste gesamtafrikanische Synode der katholischen Bischöfe Africas seit Beginn der Vandalenherrschaft. 530 – 533 �� Gelimer entmachtet Hilderich samt seinen Anhängern und herrscht ab dem 15. Juni als König. 533 ��������� Die byzantinische Invasionsarmee unter General Belisar geht im Hochsommer in Caput Vada an Land und gewinnt bei Karthago (Ad Decimum) eine Schlacht gegen Gelimer. Am 15. Sept. zieht Belisar in Karthago ein. Im Dez. siegt Belisars Armee in einer Entscheidungsschlacht bei Tricama- rum gegen die Vandalen unter Gelimer und seinem Bruder Tzazon, der fällt. 534 ��������� Gelimer flieht zunächst nach Hippo Regius, dann auf den Berg Papua, wo er sich nach dreimonatiger Belagerung ergibt. Im Sommer kehrt Belisar nach Konstantinopel zurück. Gelimer wird dort mit seiner Familie und anderen Vandalen im Triumphzug mitgeführt. 546 ��������� Die letzten vandalischen Krieger werden aus Africa nach Konstantinopel deportiert.

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Dank Frau Julia Rietsch habe ich für die kompetente Betreuung bei der WBG, Darmstadt zu danken. Für vielfältige Unterstützung, namentlich bei der Erstellung der Karten und des Index, danke ich herzlich Janico Albrecht, Bonn.